Umsatzsteuer-News, Ausgabe 8, August 2014

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Umsatzsteuer-News, Ausgabe 8, August 2014
www.pwc.de/de/steuern/umsatzsteuerberatung.jhtml
Aktuelles rund um das
Umsatzsteuerrecht
Umsatzsteuer-News
Ausgabe 8,
August 2014
Inhalt
Vom Europäischen Gerichtshof............................................................................................ 1
EuGH spezifiziert die Voraussetzungen für Vorsteuerausschluss
wegen Steuerhinterziehung .................................................................................................. 1
Aus der Gesetzgebung.......................................................................................................... 2
„Kroatien-Gesetz“: geänderte Regelungen zum Reverse-Charge-Verfahren und
Weichenstellung für 2015 .................................................................................................... 2
Aus der Rechtsprechung ...................................................................................................... 3
Teilweiser Verzicht auf die Steuerbefreiung für einzelne Flächen
eines Mietobjekts ................................................................................................................. 3
Überlassung von Sportanlagen gegen Zahlung von Mitgliedsbeiträgen ............................ 4
Keine Vorsteuerkorrektur bei grenzüberschreitender Rabattgewährung .......................... 4
Vorsteuervergütungsverfahren: Begriff des im Ausland
ansässigen Unternehmers ....................................................................................................5
Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage bei Leistungen an einen voll
vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer?...................................................................... 6
Aus dem Ausland ................................................................................................................. 6
Malaysia: Einführung einer Mehrwertsteuer ...................................................................... 6
Tschechien: Einführung eines weiteren ermäßigten Steuersatzes?.....................................7
Ihre Ansprechpartner ...........................................................................................................7
Bestellung und Abbestellung ................................................................................................7
Vom Europäischen Gerichtshof
EuGH spezifiziert die Voraussetzungen für
Vorsteuerausschluss wegen Steuerhinterziehung
In einer Anzahl von Urteilen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH)
bereits entschieden: Ein an einem Mehrwertsteuerbetrug beteiligter Unternehmer kann den Vorsteuerabzug nicht geltend machen. Was allerdings
der EuGH unter einem Steuerbetrug oder einer Steuerhinterziehung
versteht, ist noch nicht völlig klar. In einem neuen Urteil definiert der
EuGH den Begriff näher.
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens führte Waren aus einem Drittland in Italien ein;
auf der Zollanmeldung war vermerkt, dass die Waren für ein Steuerlager bestimmt
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waren. Daher wurde zu diesem Zeitpunkt keine Einfuhrmehrwertsteuer (EMwSt)
erhoben. Obwohl der Lagerhalter den Eingang der Waren vermerkte, trafen die Waren
dort niemals physisch ein. Daher wurde die EMwSt mit Strafzuschlag nacherhoben,
obwohl die Klägerin infolge des Umstands, dass die Waren der Steuerlagerregelung
entzogen worden waren, die EMwSt bereits anderweitig – im Wege des Reverse-ChargeVerfahrens – bezahlt hatte. Die nacherhobene EMwSt sollte dem italienischen Fiskus
zufolge nicht als Vorsteuer wieder abziehbar sein.
Der EuGH war der Auffassung, dass eine erneute Zahlung der schon im Reverse-ChargeVerfahren entrichteten Steuer ohne die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs nicht mit dem
Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer vereinbar sei, wenn keine Steuerhinterziehung oder versuchte Steuerhinterziehung vorliege. Die Zahlung im Reverse-ChargeVerfahren sei zwar verspätet erfolgt, nach Auffassung des EuGH stellt eine verspätete
Zahlung bei Fehlen eines versuchten Betrugs oder Schädigung des Haushalts des Staates
aber nur einen formalen Verstoß dar, der das Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug nicht infrage stellen könne. Mit einer Steuerhinterziehung könne eine verspätete
Zahlung für sich genommen nicht gleichgesetzt werden. Damit sollte der Vorsteuerabzug
zumindest nicht lediglich wegen fahrlässiger verspäteter Zahlung der Steuer ausgeschlossen werden dürfen.
Fundstelle: EuGH C-272/13 „Equoland“, Urteil vom 17. Juli 2014, aufrufbar unter
curia.europa.eu
Aus der Gesetzgebung
„Kroatien-Gesetz“: geänderte Regelungen zum
Reverse-Charge-Verfahren und Weichenstellung
für 2015
Nach Verkündung im Bundesgesetzblatt am 30. Juli 2014 sind die meisten
Änderungen durch das „Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts
an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher
Vorschriften“ (kurz: „Kroatien-Gesetz“) am Folgetag in Kraft getreten.
Das Gesetz enthält zahlreiche umsatzsteuerliche Änderungen sowie eine
Altfallregelung für die Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen. Der
Anwendungsbereich des Reverse-Charge-Verfahrens wird erweitert und es
werden wichtige Voraussetzungen für die anstehenden Änderungen der
Besteuerung der Kommunikationsdienstleistungen ab 2015 geschaffen.
Vom 1. Oktober 2014 an wird das Reverse-Charge-Verfahren (Abzugsverfahren) auf die
Lieferung von Tablet-Computern, Spielekonsolen und zahlreichen Metallen erweitert,
was in der Praxis zu Abgrenzungsproblemen führen dürfte. Das Reverse-ChargeVerfahren für Bauleistungen und Gebäudereinigungsleistungen soll sich zum selben
Zeitpunkt wieder weitgehend (doch mit einigen wichtigen Unterschieden) nach der
Rechtslage richten, wie sie bis einschließlich 14. Februar 2014 galt. Das hat zur Folge,
dass für im Jahr 2014 erbrachte Bauleistungen und Gebäudereinigungsleistungen drei
verschiedene Regelungen Anwendung finden. Eine – anscheinend nur für Bauleistungsfälle geschaffene – Altfallregelung erlaubt es der Finanzverwaltung, für vor dem
15. Februar 2014 erbrachte Leistungen gegebenenfalls die Umsatzsteuer beim leistenden
Unternehmer nachzuerheben, sollte der Leistungsempfänger unter Hinweis auf die
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die abgeführte Umsatzsteuer vom Fiskus zurückverlangen. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat die letztere Regelung in
einem Schreiben bereits näher erläutert.
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Das Gesetz sieht auch Vorkehrungen für die 2015 anstehende Neuregelung des
Leistungsorts der Kommunikationsdienstleistungen (Telekommunikationsleistungen,
Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie auf elektronischem Weg erbrachte
sonstige Leistungen) vor. Neben der Leistungsortsregelung selbst werden zum Beispiel
Bestimmungen zum Verfahren der Abgabe einer Umsatzsteuererklärung für einen
(beziehungsweise aus einem) anderen EU-Mitgliedsstaat ebenso in das Umsatzsteuergesetz eingefügt wie die sogenannte „Branchenlösung“, die für sonstige Leistungen, die
über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht werden,
unter bestimmten weiteren Voraussetzungen eine Leistungskommission fingiert. Diese
Vorschriften treten am 1. Januar 2015 in Kraft.
Weitere Neuregelungen zum 1. Januar 2015 betreffen zum Beispiel die Einführung des
ermäßigten Steuersatzes für Hörbücher und Steuerbefreiungen für Eingliederungsleistungen und Maßnahmen der Arbeitsförderung. Über die umsatzsteuerlichen
Änderungen durch das „Kroatien-Gesetz“ werden wir Sie in zwei Ausgaben unseres
Newsflashs Umsatzsteuer aktuell eingehender informieren – zum einen über die
Regelungen für Bauleistungen und Gebäudereinigungsleistungen und zum anderen
über die weiteren Neuregelungen.
Fundstellen: Bundesgesetzblatt I 2014, 1266 (1285), abrufbar unter
www.bundesgesetzblatt.de; BMF-Schreiben vom 31. Juli 2014, abrufbar
unter www.bundesfinanzministerium.de
Aus der Rechtsprechung
Teilweiser Verzicht auf die Steuerbefreiung
für einzelne Flächen eines Mietobjekts
Der Verzicht auf die Steuerbefreiung von Grundstücksvermietungsleistungen ist auch als Teiloption möglich, kann also auf bestimmte Teile
des Grundstücks oder Gebäudes beschränkt werden. In einem neuen Urteil
befasst der Bundesfinanzhof (BFH) sich mit der Frage, ob eine Teiloption,
die auf einzelne Räume bezogen ist, einzelne abgrenzbare Funktionsbereiche der Gebäudefläche voraussetzt.
Die Klägerin erwarb ein bebautes Grundstück und sanierte das Gebäude. Während die
Gebäudefläche überwiegend für den Betrieb eines Studentenwohnheims genutzt wurde,
wurden die beiden unteren Stockwerke jeweils für ein Bistro und ein Büro genutzt. Die
Mieterin des Büros nutzte dieses zwar ganz überwiegend für steuerpflichtige Zwecke.
Ein Raum wurde allerdings zur Hälfte auch für umsatzsteuerfreie Zwecke genutzt. Das
Finanzamt wollte die Teiloption nur in Hinblick auf das Bistro anerkennen und kürzte
entsprechend die Vorsteuer.
Der BFH entschied, dass die Klägerin den Verzicht auf die Steuerbefreiung auch teilweise ausüben durfte. Er könne auch für einzelne Flächen eines Mietobjekts wirksam
sein, wenn diese Teilflächen eindeutig bestimmbar seien; dabei könnten die baulichen
Gegebenheiten des vermieteten Grundstücks – etwa die Räume des Mietobjekts – zu
berücksichtigen sein. Demgegenüber seien Teilflächen eines Raumes im Regelfall nicht
hinreichend abgrenzbar. Für einen Teilverzicht sei kein abgrenzbarer Funktionsbereich
erforderlich, der Gegenstand eines eigenständigen Mietvertrags sein könnte. Nach
alldem kann sich ein Teilverzicht auch auf einzelne Räume beziehen.
Fundstelle: BFH V R 27/13, Urteil vom 24. April 2014, abrufbar unter
www.bundesfinanzhof.de
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Überlassung von Sportanlagen gegen
Zahlung von Mitgliedsbeiträgen
Ein Verein überließ seinen Mitgliedern die für die Ausübung des Radsports nötige Infrastruktur (z. B. Trainingsgeräte) und ermöglichte ihnen
die Teilnahme an Wettkämpfen, Trainingsfahrten und sonstigen Sportveranstaltungen. Seine Mitgliedsbeiträge waren nicht kostendeckend, im
Übrigen finanzierte sich der Verein unter anderem durch Zuschüsse von
Dachverbänden und Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie durch
Spenden. Der Bundesfinanzhof (BFH) machte Ausführungen über die
Steuerbarkeit dieser Leistungen, die Bemessungsgrundlage, eine mögliche
Steuerbefreiung und die mögliche Anwendung des ermäßigten Steuersatzes.
Der BFH bekräftigte seine Rechtsprechung, dass ein Verein an seine Mitglieder auch
entgegen der Verwaltungsauffassung steuerbare Leistungen erbringen könne. Diese
Verwaltungsauffassung sieht vor, dass (z. B. für alle Mitglieder gleich hohe oder gleichmäßig errechnete) „echte Mitgliederbeiträge“ mangels eines Leistungsaustauschs
umsatzsteuerlich gegenstandslos seien. Ein Verein, der seinen Mitgliedern dauerhaft
Sportanlagen und damit verbundene Vorteile zur Verfügung stelle, erbringe entgeltliche
Leistungen, die die Mitglieder zum Beispiel durch ihre Jahresbeiträge vergüten, ohne
dass es für die Steuerbarkeit darauf ankomme, ob der Verein auf Verlangen seiner Mitglieder gezielt Leistungen erbringt. Die Finanzverwaltung geht bislang im Wesentlichen
nur dann von einem umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch aus, wenn ein Verein für
Leistungen, die den Sonderbelangen seiner Mitglieder dienen, Beiträge entsprechend der
tatsächlichen oder vermuteten Inanspruchnahme erhebt.
Der BFH führte aus, dass sich das Entgelt für die Leistungen unter Umständen nicht
allein aus den Mitgliedsbeiträgen zusammensetze. Wenn zum Beispiel die öffentliche
Hand Sportvereine subventioniere, die steuerbare Leistungen gegenüber ihren Mitgliedern als individuelle Leistungsempfänger erbringen, könne es sich bei den Subventionen um ein Entgelt von dritter Seite handeln, für das der Sportverein steuerpflichtig sei. Davon könne etwa dann auszugehen sein, wenn die Mitgliederbeiträge
im Hinblick auf Zuwendungen Dritter nicht kostendeckend kalkuliert würden.
Ob die Leistungen teilweise steuerfrei waren, konnte der BFH nicht abschließend
entscheiden. Soweit das nicht der Fall sei, könnten die Leistungen des Sportvereins dem
ermäßigten Steuersatz unterliegen, wenn die Überlassung von Sportanlagen die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs erfüllte. Hierbei sei aber auch eine Wettbewerbsprüfung
vorzunehmen, da Sportanlagen in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen
Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer überlassen werden. Hierzu
und zu weiteren Fragen hat das Finanzgericht noch Feststellungen zu treffen.
Fundstelle: BFH V R 4/13, Urteil vom 20. März 2014, abrufbar unter
www.bundesfinanzhof.de
Keine Vorsteuerkorrektur bei
grenzüberschreitender Rabattgewährung
Gewährt in einer Leistungskette ein Unternehmer einem anderen Unternehmer, mit dem er selbst keine Leistungsbeziehungen unterhält, eine
Rückvergütung (etwa ein Hersteller über den Großhändler hinweg einem
Einzelhändler), so hat der erstere Unternehmer die Ausgangssteuer, der
letztere seinen Vorsteuerabzug anzupassen. Der Bundesfinanzhof (BFH)
hatte sich mit der Frage zu befassen, ob das auch dann gilt, wenn der
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rabattgewährende Unternehmer im Rahmen der Lieferkette eine innergemeinschaftliche Lieferung nach Deutschland ausführt.
Ein in Großbritannien ansässiger Großhändler (A) lieferte im Wege einer innergemeinschaftlichen Lieferung Prozessoren an ein Konzernunternehmen B nach
Deutschland, das die Waren wiederum an eine ebenfalls in Deutschland ansässige
Gesellschaft im Organkreis des Organträgers C lieferte. A gewährte C eine als „Maßnahme einer außerordentlichen Preisanpassung“ bezeichnete Rückvergütung. Das
Finanzamt wollte daraufhin die Vorsteuer des C kürzen. Der BFH entschied jedoch,
dass es für eine Minderung der Vorsteuer in diesem Falle keine Rechtsgrundlage gab.
Derjenige Umsatz, dessen Bemessungsgrundlage sich nachträglich ändern hätte können,
sei der des A an B gewesen. Die betreffende Lieferung war aber weder in Deutschland
steuerbar, noch war sie (da eine innergemeinschaftliche Lieferung) steuerpflichtig. Die
Vorsteuerberichtigung setze aber einen im Inland steuerpflichtigen Umsatz voraus.
Fundstelle: BFH XI R 25/12, Urteil vom 5. Juni 2014, abrufbar unter
www.bundesfinanzhof.de
Vorsteuervergütungsverfahren: Begriff des
im Ausland ansässigen Unternehmers
Die Vorschrift des § 59 UStDV regelt wichtige Voraussetzungen des
Vorsteuervergütungsverfahrens sowohl für EU-Unternehmer als auch
für Drittlandsunternehmer. Eine dieser Voraussetzungen ist, dass der
Antragsteller nicht im Inland ansässig sein darf. Das ist unter anderem
dann der Fall, wenn er – wie die Vorschrift es vorsieht – im Inland „[keine]
Betriebsstätte hat“ (nach der bis zum 31. Dezember 2009 geltenden
Fassung: „[keine] Zweigniederlassung hat“). Ein Unternehmer mit als
Zweigniederlassung eingetragener Repräsentanz ohne Ausgangsumsätze
in Deutschland hatte darum seine Vorsteuer im Veranlagungswege geltend
gemacht. Das Finanzamt lehnte dies unter Hinweis auf das Vorsteuervergütungsverfahren ab.
Der Bundesfinanzhof (BFH) befand: Der deutsche Verordnungsgeber hatte in den
Streitjahren die unionsrechtlichen Voraussetzungen einer Ansässigkeit im Inland nicht
zutreffend umgesetzt. Sowohl der Begriff der Betriebsstätte als auch der Begriff der
Zweigniederlassung setzen in richtlinienkonformer Auslegung demnach voraus, dass
von der betreffenden Einrichtung Umsätze bewirkt wurden. Das sei ausweislich der eingereichten Umsatzsteuererklärungen aber nicht der Fall gewesen, sodass der Unternehmer als nicht in Deutschland ansässig zu behandeln gewesen sei mit der Folge, dass
das Vorsteuervergütungsverfahren Anwendung hätte finden müssen. Ob Umsätze
beabsichtigt gewesen seien, sei ohne Bedeutung. Da (offenbar) Vergütungsanträge für
die betreffenden Zeiträume wegen Fristablaufs nicht mehr eingereicht werden konnten,
sei es aber denkbar, den Vorsteuerabzug im Streitfall im Wege eines Billigkeitsverfahrens
zu gewähren, weil die Klägerin aufgrund des Wortlauts der Vorschrift davon ausgehen
konnte, dass eine Zweigniederlassung bzw. eine Betriebsstätte für die Ansässigkeit im
Inland ausreichend war, und somit für sich das Vorsteuervergütungsverfahren ausschloss.
Fundstelle: BFH V R 50/13, Urteil vom 5. Juni 2014, abrufbar unter
www.bundesfinanzhof.de
Umsatzsteuer-News Ausgabe 8, August 2014
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Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage bei
Leistungen an einen voll vorsteuerabzugsberechtigten
Unternehmer?
Um Steuerausfälle zu vermeiden, kann die Umsatzsteuer für Leistungen an
bestimmte nahestehende Personen nach einer Mindestbemessungsgrundlage zu berechnen sein, die sich im Wesentlichen nach dem Selbstkostenpreis richtet. Diese Regelung ist sinnvoll, wenn Leistungen an nicht
oder nicht voll vorsteuerabzugsberechtigte Abnehmer erbracht werden.
Ihre Sinnhaftigkeit versteht sich jedoch dann nicht von selbst, wenn der
Abnehmer ein voll vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer ist. Der
Bundesfinanzhof (BFH) hatte nun Gelegenheit, zu dieser Streitfrage, die
bereits seit vielen Jahren debattiert wird, Stellung zu nehmen.
In einem Urteil aus dem Jahr 2012 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH)
entschieden: Wird zwischen zwei voll vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern
ein künstlich hoher oder niedriger Preis vereinbart, so findet auf dieser Stufe keine
Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung statt. Erst bei einem Endverbraucher oder
bei einem nur zu einem Pro-rata-Steuerabzug berechtigten Unternehmer könne ein
solcher Preis zu einem Steuerausfall führen. Als abweichende nationale Maßnahme zur
Verhütung von Steuerhinterziehungen und -umgehungen sei, so der BFH, die Vorschrift
über die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage eng auszulegen und dürfe nur
angewendet werden, soweit dies hierfür unbedingt erforderlich sei. Allerdings könne
nach früherer Rechtsprechung des BFH selbst im Falle der Leistung an voll vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer dann eine solche Gefahr bestehen, wenn der betreffende
Eingangsumsatz einer Berichtigung nach § 15a UStG unterliege: Denn die Berichtigung
bezieht sich auf den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers und erfolgt somit ebenfalls auf Grundlage des Entgelts für den Eingangsumsatz. Wenigstens im Streitfall kam
eine solche Berichtigung aber ohnehin nicht in Betracht, sodass der BFH die Anwendung
der Mindestbemessungsgrundlage verwarf.
Darüber hinaus macht der BFH in seinem Urteil Ausführungen zum Entstehungszeitpunkt überhöht ausgewiesener Umsatzsteuer: Im Streitfall hatte der leistende Unternehmer überhöhte Umsatzsteuer auf der Rechnung ausgewiesen – allerdings erst dadurch, dass er Jahre nach Leistungserbringung die ursprüngliche Rechnung änderte. Der
BFH entschied, dass die Steuer entgegen der Verwaltungsauffassung nicht bereits zur
Zeit der Leistungserbringung geschuldet wurde, sondern erst im Voranmeldungszeitraum, in dem die Rechnungsänderung erfolgt war.
Fundstellen: BFH XI R 44/12, Urteil vom 5. Juni 2014, abrufbar unter
www.bundesfinanzhof.de; EuGH C‑621/10 und C‑129/11 „Balkan and Sea Property“,
Urteil vom 26. April 2012, abrufbar unter curia.europa.eu
Aus dem Ausland
Malaysia: Einführung einer Mehrwertsteuer
Malaysia plant zum 1. April 2015 die Einführung einer Mehrwertsteuer
zum Steuersatz von 6 Prozent. Die Steuer soll auf alle Lieferungen und
sonstige Leistungen sowie auf die Einfuhr von Waren und Dienstleistungen
erhoben werden, die nicht ausdrücklich steuerbefreit sind.
Die Vorsteuer auf Lieferungen oder sonstige Leistungen ist grundsätzlich abziehbar. Es
wird zwischen steuerfreien Leistungen unterschieden, die den Vorsteuerabzug zulassen,
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Umsatzsteuer-News Ausgabe 8, August 2014
und solchen, bei denen das nicht der Fall ist. Zu Ersteren sollen unter anderem die
Lieferung von Lebensmitteln, internationale Transportleistungen, die Lieferung von
behandeltem Wasser sowie eine Anzahl von Dienstleistungen zählen, die außerhalb
Malaysias erbracht werden. Nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen sollen unter
anderem Finanz- und Bildungsleistungen sowie die Lieferung von Grundstücken und
Gebäuden, die zu bestimmten Zwecken genutzt werden. Eine Registrierungsschwelle
von 500.000 Ringgit ist vorgesehen.
Tschechien: Einführung eines weiteren
ermäßigten Steuersatzes?
Dem tschechischen Parlament liegt ein Gesetzentwurf vor, wonach ein
neuer ermäßigter Steuersatz von 10 Prozent eingeführt werden soll.
Der neue Steuersatz soll Anwendung auf bestimmte Bücher (nicht aber auf E-Books),
Medikamente für humanmedizinische Anwendungen und Lebensmittel finden. Seine
Einführung ist bislang zum 1. Januar 2015 vorgesehen.
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