Inkassowirtschaft 17_18 April 2016

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Inkassowirtschaft 17_18 April 2016
AUSGABE 17/18
DAS MAGAZIN DES BDIU
Inkasso
APRIL 2016
Wirtschaft
Verantwortung
für Wirtschaft
und Verbraucher
Der Bundesverband
Deutscher Inkasso-Unternehmen
feiert Geburtstag
Interview ||
Eine Zeitreise durch die Geschichte des Forderungsmanagements
Meinung ||
Der BDIU steht für Dialog und eine seriöse Berufsausübung
www.inkassowir tschaft.de
S O F T W A R E
Wir gratulieren dem
BDIU zu 60 Jahren
verantwortungsvoller
Verbandsarbeit!
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verantwortungsvolles Inkasso
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IMPRESSUM
Herausgeber
Bundesverband Deutscher
Inkasso-Unternehmen e. V.
Friedrichstraße 50-55 || 10117 Berlin
Telefon 030.206 07 36-0
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Eingetragen im Vereinsregister Berlin,
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Chefredaktion Marco Weber
Redaktion Kay Uwe Berg,
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Konzept + Gestaltung Nolte | Kommunikation
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Hamburg (S. 29); picture alliance/dpa: Rainer
Jensen (S. 26); BMJ/Werner Schuering (S. 4);
Bauer Verlag (S. 25); Marco Weber (S. 30-31)
EDITORIAL
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,
Inkassounternehmen sind ein Stützpfeiler der deutschen Volkswirtschaft. Gut 5 Milliarden Euro pro Jahr
führen die Mitgliedsunternehmen des BDIU durch ihre
Rechtsdienstleistung ihren Auftraggebern an berechtigten Forderungen wieder zurück. Dieses Geld sichert
millionenfach wirtschaftliche Existenzen – von Unternehmen und Verbrauchern gleichermaßen.
Sprachrohr der Inkassowirtschaft ist der BDIU. Er ist so
facettenreich wie die Branche und umfasst von EinMann- oder Ein-Frau-Unternehmen über familiär geführte kleinere und mittelgroße Firmen bis hin zu europaweit aufgestellten Finanzdienstleistungskonzernen jede Menge engagierte Unternehmer, die eine
gemeinsame Intention eint: für einen fairen Ausgleich
zwischen den berechtigten Interessen von Gläubigern
und den nicht minder berechtigten Interessen der betroffenen Verbraucher zu sorgen.
In diesem Jahr wird der BDIU 60. Das wollen wir feiern.
Mit einer Festveranstaltung im Museum für Kommunikation in Berlin – denn gutes Inkasso funktioniert nur
mit guter und verständlicher Kommunikation. Und mit
dieser Ausgabe der »Inkassowirtschaft«, die damit auch
eine Festschrift ist: Sie blickt zurück auf erfolgreiche
sechs Jahrzehnte Inkasso. Und sie wirft einen Blick in die
Wolfgang Spitz (rechts) und Kay Uwe Berg
Zukunft, auf die Herausforderungen, die unsere Branche
weiter beschäftigen werden. Denn die Geschichte der
Inkassowirtschaft ist wahrlich noch nicht zu Ende erzählt. Sie hat eigentlich gerade erst begonnen.
Wir wünschen Ihnen eine informative und nicht minder unterhaltsame Lektüre.
Ihre
Wolfgang Spitz
Präsident des BDIU
Kay Uwe Berg
Hauptgeschäftsführer des BDIU
Inhalt
GRUSSWORTE
EUROPA
Glückwunsch zu »60 Jahre Verantwortung«
Verantwortung für Europa
Bundesjustizminister Heiko Maas und
Rita Hornung, Geschäftsführerin
der Marianne von Weizsäcker Stiftung
Dr. Andreas Bücker über die Interessenvertretung
auf internationalem Level
30
4
INTERVIEW
INTERVIEW
Inkasso in Emojis
Ein Beruf mit Verantwortung
Kay Uwe Berg beschreibt seine Arbeit in Bildern
34
BDIU-Vizepräsident Hans-Joachim Leister
blickt zurück auf sein jahrzehntelanges Engagement
8
für die Branche
REZENSION
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INTERVIEW
AUSBILDUNG
Interessen ausgleichen
Bildung macht den Meister!
VRiOLG Peter Lüttringhaus ist
der Ombudsmann des BDIU
Die Deutsche Inkasso Akademie schult
Rechtsdienstleister für ihre Aufgaben
38
16
INTERVIEW
MEINUNG
Der Seismograf der Wirtschaft
Inkasso heißt Verantwortung
Wolfgang Spitz über seine Zeit im BDIU
und als Präsident des Verbands
Kirsten Pedd erklärt, warum Selbstregulierung
für die Inkassowirtschaft wichtig ist
41
20
STATISTIK
Der BDIU in Zahlen
GESCHICHTE
44
Die Inkasso-Zeitreise
Forderungsmanagement im
Spiegel der Gesellschaft
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
STANDPUNKT
24
Verantwortung heißt für mich ...
46
3
GRUSSWORT
ch grüße alle herzlich, die in diesem Jahr das 60. Jubiläum des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen feiern. Seit sechs Jahrzehnten übernimmt
der Verband Verantwortung für die Inkassowirtschaft,
für ein professionelles Forderungsmanagement und
damit für das Funktionieren der Marktwirtschaft in
Deutschland.
I
Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen
bringt sich immer wieder erfolgreich in die politische
Debatte ein, seine Vorschläge sind konstruktiv und
pragmatisch, zum Beispiel bei der Arbeit an der EU-Datenschutzgrundverordnung und dem Insolvenzrecht.
Jetzt wollen wir das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken evaluieren. Wir wollen sehen, ob und wie sich
die neu eingeführten Regelungen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher in der Praxis bewährt
haben. Die Inkassowirtschaft soll den Gläubigern helfen,
zu ihrem Geld zu kommen. Aber es muss auch sichergestellt sein, dass auf dem Weg dahin die Schuldner
nicht immer tiefer in die roten Zahlen geraten. Es darf
nicht sein, dass einzelne Akteure mit ihrem Gebaren
Verbraucherinnen und Verbraucher schädigen und die
Inkassounternehmen dabei insgesamt in Misskredit
bringen. Ob wir die richtigen Mittel gegen die schwarzen Schafe der Branche gewählt haben, werden wir im
Zuge der Evaluierung des Gesetzes prüfen.
Der Bundesjustizminister
gratuliert dem BDIU.
Wenn wir dann im kommenden Jahr eine ausreichende Datengrundlage haben, wollen wir entscheiden, ob
wir weitere oder andere Maßnahmen brauchen oder
das bisherige Gesetz bereits ausreicht.
POLITISCHE DEBATTE
Glückwunsch
Grußbotschaft zum
60. Jubiläum des Bundes verbandes Deutscher
Inkasso-Unternehmen am
Ich freue mich, dass der BDIU bereits seine Unterstützung bei dieser Evaluation angeboten hat und wir auf
Ihre Mitwirkung zählen können. Der faire Ausgleich der
Interessen und ein wirksamer Verbraucherschutz liegen
auch im Interesse der Inkassowirtschaft. Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher darauf vertrauen können,
vor missbräuchlichen und überzogenen Forderungen
gut geschützt zu sein, werden die Inkassounternehmen im Sinne ihrer Kunden Forderungen besser und
schneller einziehen können.
Wir bauen daher auch in Zukunft auf den Rat, den Sachverstand und die Erfahrung der deutschen Inkassowirtschaft und ihres Verbandes. Ich freue mich auf die
weitere Zusammenarbeit und wünsche Ihnen ein schönes Jubiläumsfest – das findet zwar in einem Museum
statt, aber ich bin mir sicher, dass der BDIU auch bei diesem Jubiläum die Zukunft der Inkassowirtschaft fest
im Blick hat. Herzlichen Glückwünsch!
21. und 22. April 2016
in Berlin unter dem Motto
»60 Jahre Verantwor tung«
Heiko Maas
Bundesminister der Justiz
und für Verbraucherschutz
4
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
GRUSSWORT
DANKSAGUNG
Probleme
gemeinsam lösen
Inkassounternehmen sehen sich in der Verantwor tung, auch
auf individuelle Notlagen von Schuldnern einzugehen.
Eine Par tnerin dabei ist die Marianne von Weizsäcker Stiftung.
Von Rita Hornung
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
5
GRUSSWORT
chon seit über einem Vierteljahrhundert engagiert sich die Marianne von Weizsäcker Stiftung
bundesweit, um ehemals suchtkranken Menschen
bei einer Entschuldung zu helfen und ihnen die
Wiedereingliederung in den Beruf zu erleichtern. Bei
einer Suchterkrankung verlieren die Betroffenen meist
auch den Überblick über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse. Hier setzt die Stiftung gezielt an. Denn wenn es
gelingt, die Schuldverpflichtungen der ehemals Suchtkranken zu klären und ihnen gleichzeitig eine neue
berufliche Perspektive zu verschaffen, kann sich auch
der Therapieerfolg nachhaltig verfestigen. Und das ist
letztlich die beste Voraussetzung für den (Neu-)Start in
ein eigenverantwortliches Leben.
S
Die Stiftung erstellt dafür ein sorgfältig geprüftes, auf
den Einzelfall abgestimmtes und wirtschaftlich leistbares Sanierungskonzept. Den Gläubigern der Betroffenen bietet sie eine Einmalzahlung auf eine Forderung an, die ansonsten in der Regel uneinbringlich
wäre. Diese Summe ist meist deutlich höher als der Betrag, den die Gläubiger noch erhalten könnten, wenn
der Schuldner ein Verbraucherinsolvenzverfahren anstreben würde.
Rita Hornung ist Geschäftsführerin
der Marianne von Weizsäcker Stiftung.
Die »Stephan-Kommission«
In der sogenannten Stephan-Kommission haben Vertreter von Gläubiger- und von Schuldnerseite gemeinsam ein Formular erarbeitet, das außergerichtliche
Schuldenregulierungen einfacher möglich machen
soll. Der BDIU war von Anfang an Teil dieser Kommission.
Gläubiger haben ein großes Interesse daran, dass
Insolvenzfälle wirtschaftlich, also möglichst einfach,
schnell und wenig kostenintensiv, bearbeitet werden
können. Das von der Kommission erarbeitete Formular hilft Gläubigern und Inkassounternehmen, Einigungsversuche besser zu lesen und schneller zu
bearbeiten. Dadurch werden Entscheidungen der
Gläubiger schneller möglich und auch besser nachvollziehbar sein.
Diverse Schuldnerberatungen, unter anderem die
Marianne von Weizsäcker Stiftung, setzen das Formular schon seit längerer Zeit ein. Der BDIU ermuntert
seine Mitgliedsunternehmen ebenfalls dazu, das Formular zu nutzen. Einige Inkassounternehmen haben
das bereits getan – und berichten von sehr positiven
Erfahrungen.
6
Dabei ist die Stiftung stets um Transparenz und einen
fairen Interessenausgleich bemüht. Sie führt eine umfangreiche Kreditprüfung und -beurteilung durch und
nimmt den Gläubigern das nicht unerhebliche Rückzahlungsrisiko ab.
GROSSE UNTERSTÜTZUNG
Für 200 Klienten führt die Stiftung jedes Jahr eine solche außergerichtliche Schuldenregulierung durch. Die
Gläubiger sind dabei oft beeindruckend kooperativ.
Im Durchschnitt verzichten sie auf vier Fünftel ihrer
berechtigten Forderungen. Dafür erhalten sie von uns
eine Einmalzahlung.
Alleine im Jahr 2015 verzichtete die Gläubigerseite auf
insgesamt mehr als 1,4 Millionen Euro. Nur durch diese
sehr engagierte Unterstützung kann die Marianne von
Weizsäcker Stiftung überhaupt erfolgreich arbeiten.
Dafür möchten wir uns an dieser Stelle sehr herzlich
bedanken.
Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Marianne von Weizsäcker Stiftung liegt im außergerichtlichen Bereich. Wir
wollen vermeiden, dass sich ehemals Suchtkranke mit
einem Verbraucherinsolvenzverfahren zusätzlich belasten.
Ein solches Verfahren hat hohe formale Anforderungen, bringt oftmals schwer zu lösende Detailfragen mit
sich und dauert zudem so lange, dass die Betroffenen
Gefahr laufen, dabei einen Rückfall in die Sucht zu erleiden. Eine außergerichtliche Einigung ist deshalb oftmals die einzige Möglichkeit für die von uns betreuten
Menschen, eine Schuldensanierung und damit einen
wirtschaftlichen Neuanfang zu erreichen.
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
GRUSSWORT
Zu den aktuellen Teilnehmern
der Stephan-Kommission zählen:
Bundesverband Deutscher
Inkasso-Unternehmen e. V. (BDIU)
Commerzbank AG
Deutscher Anwaltverein e. V. (DAV)
Bundesagentur für Arbeit –
Inkasso-Service Recklinghausen
Marianne Freifrau von Weizsäcker,
die Frau des damaligen Bundes präsidenten, gründete 1989 die nach
Finanzamt Witten in Absprache mit
dem Bundesministerium der Finanzen
Bundesverband der Deutschen Volksbanken
und Raiffeisenbanken e. V. (BVR)
ihr benannte Stiftung. Sie hat zum Ziel,
suchtkranken Menschen die soziale
und berufliche Integration nach einer
Bundesarbeitsgemeinschaft
Schuldnerberatung e. V. (BAG-SB)
DILAB e. V., Berlin,
Beratungsstelle für Überschuldete
erfolgreichen Therapie zu erleichtern.
Arbeitskreis für Jugendhilfe e. V., Hamm
Marianne von Weizsäcker Stiftung
www.weizsaecker-stiftung.de
Damit dieser Neuanfang in ein eigenverantwortliches
Leben gelingt, wertet die Stiftung gezielt die Gründe
für die doch sehr häufige Ablehnung von wirtschaftlich
sinnvollen Plänen aus, um die gemeinsamen Verhandlungsergebnisse weiter zu verbessern und die entscheidenden Vorteile der außergerichtlichen Einigung deutlich zu machen.
Denn auch für unser Justizsystem bedeuten außergerichtliche Einigungen eine Entlastung. Gläubiger- und
Schuldnerinteressen werden im Sinne von Mediation
zu einem für beide Seiten tragbaren Ausgleich zusammengeführt. Insbesondere die Gläubiger profitieren
davon, dass die Leistungsfähigkeit des Schuldners zu
100 Prozent zu ihren Gunsten ausgeschöpft wird.
GESPRÄCHE AM RUNDEN TISCH
Vor fünf Jahren entstand durch die Arbeitsgruppe Insolvenzrecht des Deutschen Anwaltvereins ein »Runder Tisch Verbraucherinsolvenz«. An ihm trafen sich damals im Rahmen des achten Deutschen Insolvenzrechtstags verschiedene Vertreter von Gläubiger- und
Schuldnerinteressen und riefen die sogenannte Stephan-Kommission ins Leben. Ihr Ziel: den außergerichtlichen Schuldenausgleich zu stärken und gleichzeitig zu standardisieren.
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
In ausgesprochen konstruktiven Sitzungen – zunächst
unter Vorsitz des Richters a. D. und Namensgebers
Guido Stephan – wurde gemeinsam ein Formularsatz
zur außergerichtlichen Einigung erarbeitet. Die oft
empfundene Unvereinbarkeit von Schuldner- und Gläubigerinteressen tritt in diesem Verfahren hinter das gemeinsame Ziel der Effektivität. Die Grundlage für das
Gelingen dieser Zusammenarbeit ist gegenseitiges
Vertrauen.
In einem Pilotprojekt prüfen wir zurzeit gemeinsam
mit den Gläubigervertretern die Praxistauglichkeit des
Formulars. Die Schuldnerberater verpflichten sich zu
umfassenden Angaben zur wirtschaftlichen Situation
des Schuldners. Die Gläubiger verpflichten sich, den
verabredeten Verhandlungsweg nicht zu verlassen. Die
ersten Ergebnisse sind durchaus erfolgversprechend.
Deshalb möchten wir noch einmal engagiert für die
Nutzung des Formulars werben. Eine vertrauensvolle
Zusammenarbeit ist aus meiner Sicht für alle Beteiligten eine effektive und vor allem kostengünstigere Alternative.
7
INTERVIEW
Als die Computer noch größer waren. Heute passt dieselbe Informationsmenge auf einen USB-Stick.
INKASSO
Ein Beruf mit
Verantwortung
BDIU-Vizepräsident Hans-Joachim Leister ist vor über fünf
Jahrzehnten als Lehrling in das Unternehmen eingetreten,
bei dem er heute im Vorstand der Aktiengesellschaft sitzt.
Im Gespräch erklär t er, warum Inkasso unverzichtbar ist –
und wie sich die Branche im Laufe der Zeit entwickelt hat.
Interview: Marco Weber
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BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
INTERVIEW
Bürotechnik hat sich mindestens
so sehr verändert wie Inkasso.
Die Bilder zu diesem Artikel
sind aus dem Berliner Museum
für Kommunikation, wo der BDIU
Ja. Das war 1965, und ich war noch 13. In der Lehre war
ich bis 1968. In dieses Jahr fiel auch der frühe Tod des
Firmengründers Gerhard Mosiek, was einen harten Einschnitt bedeutete. Sein Sohn studierte zu dieser Zeit
noch und konnte sich nicht so stark um das Unternehmen kümmern. Daher wurde ich gebeten, der Firma
treu zu bleiben, was ich gerne getan habe. Zu diesem
Zeitpunkt bestand das Unternehmen übrigens 13 Jahre. Es wurde im selben Jahr aus der Taufe gehoben, in
dem auch der BDIU gegründet wurde.
im April 2016 seinen 60. Geburtstag
feiert.
err Leister, Sie sind jetzt seit 51 Jahren im
selben Beruf und sogar im selben Unternehmen tätig. In unserer schnelllebigen
Wirtschaft von heute kann man sich das
kaum noch vorstellen. Wie kam es dazu?
H
Diese Frage habe ich mir im Laufe der Jahrzehnte auch
oft gestellt. Tatsächlich kam es dadurch zustande, dass
ich mich immer wieder vor neue interessante Aufgaben gestellt sah und die Verantwortung zunahm. Das
hat dazu geführt, dass ich dabeigeblieben bin.
Was treibt Sie an als Inkassounternehmer? Was sind
die Werte, die Sie vertreten?
Zunächst einmal verstehen wir uns als klassischen
Dienstleister. Es mag schönere Berufe und interessantere Tätigkeiten geben als das Schreiben von Mahnungen, Verfügen von Vollstreckungsaufträgen, das Buchen von Zahlungen und Versenden von Abrechnungen. Aber es ist eine Aufgabe, in der wir Verantwortung
dafür tragen, dass auch dieser Teilbereich der Wirtschaft funktioniert, damit die Gläubiger selbst nicht in
eine Schieflage geraten und insolvent werden, weil sie
ihre Rechnungen nicht bezahlen können.
Mich treibt auch an, dazu beizutragen, dass Inkasso mit
redlichen und lauteren Mitteln erfolgt. Inkassounternehmen werden Werte in Milliardenhöhe anvertraut.
Dass dies auch weiterhin geschieht, erfordert neben
der Verantwortung gegenüber dem Auftraggeber für
eine korrekte Sachbearbeitung und Abrechnung
eingezogener Gelder den fairen Umgang mit dem
zahlungspflichtigen Schuldner und natürlich auch die
Verantwortung gegenüber dem Mitarbeiter im Unternehmen.
Der Mitarbeiter, der Sie selbst einmal waren. Sie
sind ja schon als Lehrling ins Inkassounternehmen
eingestiegen.
InkassoWirtschaft || APRIL 2016
Damals war es noch gleichzeitig Inkassounternehmen und Auskunftei. Auch der BDIU wurde als Verband der Inkasso- und Auskunftei-Unternehmen
gegründet.
Das eine hängt ja sehr stark mit dem anderen zusammen. Früher war das gemeinsame Angebot von Inkasso und Auskunftei eine durchaus übliche Kombination.
Viele Kunden kamen über die Auskünfte zum Inkasso
oder umgekehrt. Im 19. Jahrhundert sollen schlechte
beziehungsweise ungenaue Auskünfte mit der Folge
offener Forderungen ja sogar die Inkassotätigkeit begründet haben.
Hat sich das Bild von Inkassounternehmen im Laufe
der Jahre verändert?
Inkasso war schon immer etwas exotisch. Das muss
man einfach sagen. Viele Freunde und Bekannte waren
erst einmal erstaunt oder irritiert, wenn sie hörten, dass
man in einem Inkassounternehmen arbeitet. Sie konnten sich gar nicht vorstellen, dass dahinter ein großer
und seriöser Berufsstand stand beziehungsweise steht.
Allerdings hat sich das im Laufe der Jahrzehnte nach
und nach zum Positiven hin entwickelt. Viele, die früher
noch die Nase rümpften, zum Beispiel Banken oder
Versicherungen, bedienen sich heute ganz selbstverständlich dieser Rechtsdienstleistung, um ihre großen
Forderungsbestände in professionelle Hände zu geben
und bearbeiten zu lassen.
Gewandelt hat sich auch vor allem das Verhältnis der
Inkassobranche zur Öffentlichkeit und den Medien.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit fand in den ersten
Jahrzehnten des Verbandslebens so gut wie gar nicht
statt. Interviews waren Teufelszeug und möglichst zu
vermeiden.
Ein Journalist auf einer Jahreshauptversammlung musste sofort die Räumlichkeiten verlassen. Inkassopräsident
Kurt Weckert führte Ende der 80er-Jahre als Erster Pressekonferenzen ein, die von Ulf Giebel als Präsident weiterentwickelt wurden und heute mit zwei Terminen im
Jahr einen Stammplatz im Terminkalender der Journalisten haben. Über seriöse und erfolgreiche Inkassoarbeit zunehmend öffentlich zu sprechen, hat das Bild
der Inkassounternehmen und ihre Akzeptanz in der Tat
erheblich verändert.
9
INTERVIEW
Gehen wir noch mal einen Schritt zurück. Was war
Anfang der 70er-Jahre für die Branche und Ihr Unternehmen spannend?
Da fällt mir vor allem die technische Entwicklung ein.
Als ich meine Lehre begann, saßen wir noch an Schreibmaschinen, kämpften mit Durchschlagpapier und TippEx flüssig. Meine erste Handlung war das Drucken von
Briefbögen per »hauseigener« Druckmaschine. Tuben
mit Druckerschwärze gelangten auf Walzen, durch Matrizen auf Papier und leider auch die Kleidung. So hat
es angefangen.
In den 70ern kam dann der erste Computer – er beschrieb optisch Kontenblätter und speicherte die Daten
gleichzeitig in Magnetstreifen, ähnlich der heutigen
EC-Karte. In diesen Magnetstreifen waren dann Forderung und Kosten gespeichert, Zahlungen wurden hierauf gebucht, die Werte auf FiBu-Konten übertragen
und später abgerechnet. Mit den Kontenblättern wurde auch gemahnt, indem eine »Maske« mit Mahntext
daraufgelegt und damit zusammen kopiert wurde.
Diese technische Entwicklung zu begleiten, war besonders spannend – gar keine Frage. Und als wir dann den
ersten Computer mit Bildschirm bekamen, der nicht
mehr mit Magnetkonten arbeitete, sondern mit FestWechselplatten, habe ich begonnen zu programmieren.
Als Autodidakt?
Als Autodidakt. Ich besuchte Lehrgänge bei Nixdorf.
Sodann hatte ich drei Monate Programmierunterstützung durch einen Mitarbeiter der Vertriebsgesellschaft,
und anschließend wurde ich »freigelassen« und strickte Programme von der Datenerfassung bis zum Jahresabschluss in »Cobol«. Später das Ganze noch einmal in
BASIC. Es war ein schönes Hobby und eine willkommene Abwechslung. Erst 2014 haben wir die hauseigene
Software endgültig durch eine Standardsoftware ersetzt.
Ein »Spiegel«-Artikel von 1992 zeigt ein Foto aus
Ihrem Unternehmen, auf dem sich ein Mitarbeiter
hochreckt, um eine Akte aus einer riesigen Registratur zu ziehen, die ihn um mindestens einen Kopf
überragt.
Ja, unsere Registratur war damals 130 Quadratmeter
groß. Da war alles noch in Hängeakten. Das hat sich inzwischen sehr verändert.
Gibt’s noch viel Papier?
Das Papier verschwindet nach und nach. Es gibt noch
alte Akten, sie werden für die Bearbeitung aber kaum
noch benötigt, da seit 2006 alle ein- und ausgehende
Post im System ist.
10
Die Registratur ist, bei gleichzeitiger Zunahme der
Akten, immer kleiner geworden, was bei den heutigen
Mietpreisen nicht unangenehm ist.
Funktioniert durch die bessere Technik die Inkassotätigkeit besser?
Das ist einer der großen Vorteile. Alle, die berechtigt
sind, haben Zugriff und nicht nur derjenige, der den
Vorgang auf dem Schreibtisch hat. Akten können nicht
mehr »verlegt« werden. Kopien lassen sich aus dem
System versenden. Auch gegenüber dem Kunden hat
sich die Flexibilität gegenüber »früher« verbessert.
Alles ist transparenter geworden. Teilweise werden die
Daten jede Nacht mit dem Kunden ausgetauscht. So
weiß der Stromlieferant morgens, was tags zuvor gelaufen ist, und kann seine Entscheidung treffen, zum
Beispiel einen Stromzähler wieder freizuschalten. So
wird Inkassodienstleistung für viele Firmen erst interessant und nutzbar.
Und was ist mit der Zahlungsmoral? Bedeutet
schnellere Kommunikation auch schnellere Zahlungen?
Nicht generell. Derjenige, der sein Kontokorrent schonen und sich ein wenig Kredit einräumen wollte, zahlt
jetzt vielleicht schneller. Aber es gibt ja viele Gründe,
warum nicht gezahlt wird. Das geht von Vergessen, Bewusst-nicht-Zahlen über desolate wirtschaftliche Verhältnisse bis hin zu berechtigten oder unberechtigten
Einwendungen. Hieran hat sich aus meiner Sicht nicht
viel geändert.
Gibt es heute mehr Konsumschulden?
Ich kann das nicht so beobachten. Es wurde immer
schon gerne über Versandhäuser bestellt und Reisen
auf Raten gebucht. Der Zugang zum Konsum ist durch
das Internet einfacher – aber dadurch ergeben sich
nicht zwangsläufig mehr Inkassofälle. Viele Internetanbieter führen im Hintergrund während eines Bestellvorgangs Abfragen bei Auskunfteien durch, die das
Prozedere steuern. Im Ergebnis bedeutet dies für diejenigen Besteller, die eine schlechtere Bonität haben,
dass sie Lieferungen nur auf Vorkasse erhalten. Durch
solche Kontrollmechanismen werden Außenstände
vermieden beziehungsweise reduziert.
Aber dass die Schuldner durchaus jünger werden, ist
zu beobachten. Neben Kleidung gibt man heute Geld
für Handys, Spielekonsolen und IT aus – diese Kauffreude auch jüngerer Menschen hat es natürlich vor 30,
40 Jahren in der Form noch nicht gegeben.
Ich hoffe, dass der Wirtschaft – wenn die Datenschutzgrundverordnung der EU Gesetz wird – diese Schutzmöglichkeiten erhalten bleiben.
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
INTERVIEW
BDIU-Vizepräsident
Hans-Joachim Leister,
Vorstand der Universal
Inkasso AG, engagiert
sich für einen seriösen
Berufsstand.
Schon 1989 wurde auf der Jahreshauptversammlung über die Reform der Insolvenzordnung gesprochen. In Kraft trat sie dann im wiedervereinten Deutschland viel später, nämlich 1999. Neu war,
dass jetzt auch Verbraucher eine Restschuldbefreiung erlangen konnten. Wie war das für die Gläubiger?
Natürlich war der Gedanke zunächst fremd: Restschuldbefreiung für Privatpersonen, warum das denn? Als die
Reform in Kraft trat, stand als Leitgedanke noch die
bestmögliche Gläubigerbefriedigung im Vordergrund.
Das, muss man heute leider feststellen, ist nicht ganz
aufgegangen. Heute geht es darum, den Betroffenen
so schnell wie möglich durch das Verfahren zu bringen.
Bürokratieabbau ist dabei sehr hilfreich und senkt die
Kosten aller Verfahrensbeteiligten. Verunsicherung und
Ärger schaffen in erster Linie die Insolvenzanfechtungen mit der Folge, dass bereits eingezogene und mit
dem Kunden abgerechnete Gelder vom Verwalter zurückgefordert werden, der sie für die Kosten des Verfahrens und die Insolvenzgläubiger insgesamt verwendet und verteilt. Rechtssicherheit sieht anders aus, und
ich hoffe auf die anstehende Reform des Gesetzes.
Vom Verfahrensmissbrauch durch »clevere« Schuldner
einmal abgesehen, ist die Idee, die hinter dem Verfah-
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
ren steht, aber richtig. Es gibt nicht nur Betrüger, sondern viele aus den unterschiedlichsten Gründen in Not
geratene Menschen, denen auf diesem Wege zu einem
Neuanfang verholfen wird. Wir Inkassos sollten dabei
nicht vergessen, dass wir ohne das Verfahren wahrscheinlich auch keine beziehungsweise keine vollständige Realisierung der Forderung erreichen würden.
Zurück zu Ihrer Karriere: 1977 war ein deutlicher
Einschnitt. Da haben Sie die Einzelprokura im Unternehmen bekommen und sind stiller Gesellschafter geworden. Wie kam es dazu?
Dr. Wolfgang Mosiek, der Sohn des Firmengründers,
hatte sich als Anwalt niedergelassen und wollte die
restlichen Anteile als stiller Gesellschafter verkaufen.
Diese Gelegenheit fasste ich beim Schopf und erwarb
zunächst 10 Prozent.
Ich wollte ja im Unternehmen tätig bleiben, dann aber
unter der Voraussetzung, mehr unternehmerische Verantwortung zu übernehmen. Der damalige Besitzer
Heribert Burgstaller erteilte mir Prokura und gab mir
die Möglichkeit der Beteiligung. Für mich, inzwischen
verheiratet und mit zwei Kindern, ein weiterer Grund
dafür, im Unternehmen zu bleiben.
11
INTERVIEW
Großrechner wie dieser standen in
den 70er-Jahren in vielen Büros.
Sie erleichterten Arbeiten, die vorher
von Hand geleistet werden mussten.
12
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
INTERVIEW
1989 wurde die Einzelfirma in die Universal Inkasso
und Auskunftei GmbH umgewandelt mit Ihnen und
Heribert Burgstaller als Geschäftsführern.
Für die Umwandlung gab es verschiedene Gründe. Für
mich war dies in zweierlei Hinsicht bedeutend: Ich
wurde – neben Herrn Burgstaller – Geschäftsführer und
hatte ab dann die Möglichkeit, Gesellschaftsanteile zu
erwerben. Als Herr Burgstaller 1996 in den Ruhestand
ging, habe ich die Firma als alleiniger Geschäftsführer
und Gesellschafter fortgeführt.
Ein wichtiges Datum war der 25. April 1998. Da sind
Sie von der Mitgliederversammlung des BDIU ins
Präsidium und gleich zum Vizepräsidenten gewählt
worden.
Durch Dr. Wolfgang Mosiek – er war von 1973 bis 1974
Präsident und danach viele Jahre Geschäftsführer des
BDIU – hatte ich schon frühzeitig einen engen Draht
zum Präsidium und dem Verband, der damals noch
eine überschaubare Größe hatte. Ich engagierte mich
unter anderem bei dem Vorläufer der heutigen Arbeitskreise.
Dieser »AK« war nicht allen zugänglich, wir tauschten
uns auf privater Ebene aus, und mancher Verantwortliche des Verbands hielt das für »konspirativ«. Allerdings entstanden so viele Verbesserungsvorschläge für
den BDIU – und letztlich sind aus dieser Idee die heutigen vier regionalen Arbeitskreise in Nord, Süd, West
und Ost entstanden. Außerdem nahm ich an Seminaren des BDIU teil und besuchte schon seit Mitte der
70er-Jahre regelmäßig die Jahreshauptversammlungen.
Im April 1998 wurde ich auf Vorschlag des Präsidiums
in dieses Gremium gewählt.
Ihr Unternehmen ist bereits 1956 in den BDIU eingetreten und gehört damit zu den Gründungsmitgliedern. Wie wichtig ist die Mitgliedschaft für ein
Inkassounternehmen in einem Verband wie dem
BDIU?
Die Mitgliedschaft ist aus meiner Sicht extrem wichtig,
weil sie als ein Gütesiegel wahrgenommen wird. Der
Verband übt eine freiwillige Selbstkontrolle aus. Jedes
Unternehmen, das sich dem BDIU anschließt, unterstellt sich den Regeln. Das bedeutet im Umkehrschluss:
Wer dies nicht möchte oder dagegen verstößt, scheidet aus oder wird ausgeschlossen. Beides ist in den
vergangenen zwei Jahrzehnten in einigen Fällen geschehen.
Hinzu kommt, dass viele, insbesondere namhafte potenzielle Auftraggeber darauf achten, dass das Inkassounternehmen ihrer Wahl auch dem BDIU angehört.
Sie assoziieren damit korrekte Vorgehensweisen im
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
13
INTERVIEW
Umgang miteinander und mit dem Schuldner und
dass sie selbst – die Auftraggeber – nicht in der Zeitung
mit den vier Buchstaben landen. Sie haben zudem die
Möglichkeit, sich im Streitfall an den BDIU bis hin zur
Inanspruchnahme der Schlichtungsstelle zu richten.
Seit 1994 ist Peter Lüttringhaus, Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht Bremen, Ombudsmann des BDIU
und vermittelt in strittigen Fragen. Diese Kriterien sind
bei der Auswahl des Inkassodienstleisters nicht zu unterschätzen.
Die Mitgliedschaft war auch schon vor 60 Jahren wichtig. Aber durch die wachsende Zahl der Mitglieder und
die allgemein zunehmende Inanspruchnahme von
Rechtsdienstleistung durch Inkassounternehmen – wir
können von inzwischen über 500.000 Auftraggebern
ausgehen – ist natürlich auch die Bedeutung des BDIU
enorm gewachsen.
Diese wachsende Bedeutung zeigt sich auch im
Wandel der Gesetzgebung. Als Sie angefangen haben, galt für Inkassounternehmen noch das Rechtsberatungsgesetz. 2008 wurde es abgelöst durch
das Rechtsdienstleistungsgesetz, das erst vor drei
Jahren in einer Novelle weitere Konkretisierungen
zur Inkassotätigkeit gebracht hat und dabei erstmals die Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten
auf Gesetzesebene regelt. Wie haben Sie diesen
Wandel wahrgenommen?
Ich möchte nicht sentimental sein, aber ich empfand
die Einführung des Rechtsdienstleistungsgesetzes persönlich als Anerkennung meiner Inkassotätigkeit und
natürlich die der Branche insgesamt. Nach meiner Beobachtung folgte diese gesetzliche Maßnahme der vorangegangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts, die die Tätigkeit explizit als Rechtsdienstleistung einstufte und der
Arbeit eines Rechtsanwalts in Teilen gleichstellte.
Endlich wurden auch die Inkassokosten »legalisiert«
und das RVG als Richtschnur bestimmt.
Und alleine die Tatsache, dass wir jetzt auch Mahnbescheide beantragen dürfen, hat die Branche insgesamt
aufgewertet und in ein neues Licht gerückt.
Für die Inkassounternehmen war die Einführung dieses Gesetzes ein Meilenstein. Ich war durchaus stolz auf
diese Entwicklung, zu der der BDIU nicht unmaßgeblich beigetragen hat – durch seine Öffentlichkeitsarbeit, durch sein Eintreten für seriöses Inkasso und seine
Kompetenz bei der Teilnahme an den entscheidenden
Anhörungen zu diesem Gesetzesvorhaben.
Und das haben Sie an vorderster Stelle mit begleitet. 2003/2004 waren Sie sogar Präsident des BDIU.
Wie war das?
14
Das war sehr aufregend. Der gewählte Präsident war
von seinem Amt zurückgetreten. Die Entscheidung
wurde mir sehr plötzlich abverlangt, aber dafür sind
Vizepräsidenten letztlich gewählt.
Es war ja auch die Zeit, als mit Brigitte Zypries zum
ersten Mal eine Bundesjustizministerin zu unserer Jahreshauptversammlung kam, 2004 in Potsdam. Für uns
war das ein großer Erfolg, denn es zeigte sich einmal
mehr, dass die Politik unsere offene Kommunikation
honorierte, was auch im Grußwort der Ministerin, dem
Besuch der Aussteller und den sich anschließenden
Gesprächen deutlich wurde.
Wie war das Verhältnis zu anderen Organen der
Rechtspflege? In Ihrer Zeit als Interimspräsident
sprachen Sie ein Grußwort beim Bayerischen Gerichtsvollzieherbund zu dessen 100-jährigem Bestehen. Damals gab es ja durchaus Meinungsverschiedenheiten mit den Gerichtsvollziehern …
Richtig. Zu dieser Zeit arbeiteten die Gerichtsvollzieher
an einem neuen Berufsbild. Sie strebten unter anderem
die Übernahme außergerichtlicher Inkassotätigkeit an,
wie sie in verschiedenen Nachbarstaaten praktiziert
wird. Die Inkassobranche sah darin nicht nur eine »drohende« Konkurrenz, sondern vor allem eine nicht unerhebliche Interessenkollision. Warum sollte man den
Gerichtsvollzieher einer solchen Situation aussetzen?
Ein Organ der Rechtspflege mit weitreichenden Befugnissen wie Pfändung, Sicherstellung, Zwangsräumung
sollte nun – möglicherweise gleichzeitig – mit einem
Vollstreckungsauftrag eines Inkassounternehmens und
in einer eigenen Inkassoangelegenheit beim Schuldner vor der Tür stehen? Das konnten wir uns so nicht
vorstellen.
Später hat sich durch die Reform der Sachaufklärung
der Aufgabenbereich der Gerichtsvollzieher verändert
und erweitert. Die Zusammenarbeit zwischen den Berufsgruppen hat sich durch intensiven Austausch –
Bettina Vonhöne mit dem Gerichtsvollzieher-Ausschuss
des BDIU und natürlich Wolfgang Spitz sei Dank – aus
meiner Sicht stark verbessert bis hin zur gemeinsamen
Erarbeitung praktikabler Formularlösungen.
2009 kam es zur Gründung der Deutschen Inkasso
Akademie (DIA), die Sie ganz wesentlich mit begleitet haben. Was war Ziel dieses neuen unternehmerischen Standbeins des BDIU?
Die Aus- und Weiterbildung der Inkassounternehmer
und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist nach unserer Satzung Kernaufgabe des BDIU und dient der
Qualitätssicherung. Sie sollte nicht nur nebenbei laufen, sondern auf eine breitere Basis gestellt werden.
Mit Dr. Andreas Bücker als Geschäftsführer und Europaexperten mit Blick über den Tellerrand und Anett
Bremert als der Seele der DIA ist das Vorhaben auf ei-
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
INTERVIEW
Arbeiten von unterwegs: dank Mobiltelefon seit den 90er-Jahren möglich.
nem guten Weg. Die Ausgliederung hatte auch einen
steuerlichen Aspekt: Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb des Verbandes nahm Ausmaße an, die der Rechtsform eines e. V. abträglich waren und Umsatz- und
Körperschaftssteuerpflicht über alles hätte bedeuten
können.
Wir wollten unsere Aufgaben als berufsständischer Vertreter weiterhin als eingetragener Verein wahrnehmen
und Ministerien und Verbänden in Diskussionen und
Anhörungen nicht als Kapitalgesellschaft gegenüberstehen.
Jetzt, im April 2016, geht Ihre Zeit im Präsidium zu
Ende. Wenn Sie ein Fazit ziehen: Was haben Sie erreicht, worauf blicken Sie gerne zurück?
Als ich ins Präsidium eintrat, hatten wir eine kleine
Geschäftsstelle in Hamburg und wenig Personal. Die
Aufgaben des BDIU wurden durch den Geschäftsführer
Dr. Carsten Ohle wahrgenommen und auf die Präsidiumsmitglieder verteilt.
Der Arbeitsaufwand des Einzelnen war ungleich höher,
als das heute der Fall ist, wenn man den persönlichen
Einsatz von Wolfgang Spitz einmal ausnimmt.
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
Die Geschäfte des BDIU werden heute professionell
und erfolgreich durch den Hauptgeschäftsführer Kay
Uwe Berg mit einer stattlichen, höchst kompetenten
Mannschaft in Berlin an der Friedrichstraße geführt. Die
gestiegene Anzahl der Mitglieder und ihr zu Recht hoher Anspruch an den BDIU, die Aufmerksamkeit durch
Politik, Öffentlichkeit und Verbraucherschutz, die Entwicklung der Gesetzgebung, auch der europäischen,
und die Anforderungen an das Beschwerdemanagement machten dies erforderlich.
Als Kaufmann habe ich mich im Präsidium überwiegend mit kaufmännischen Dingen befasst. Das waren
im Laufe der Zeit Buchhaltungs-, Haushalts-, IT-, Personal-, Mitgliedsbeitrags- und Steuerthemen, die unter
anderem zur Gründung der Deutschen Inkasso Akademie führten. Nach Gründung der DIA habe ich die Aktivitäten als Gesellschaftervertreter mit begleitet.
Worauf ich gerne zurückblicke? Dies ist in erster Linie
die kollegiale, vertrauensvolle, man kann sagen freundschaftliche Zusammenarbeit im Präsidium. Bei aller
Kontroverse in der Sache kamen wir fast immer zu einem guten und einvernehmlichen Ergebnis und haben, den gestiegenen Anforderungen entsprechend,
einiges auf den Weg gebracht. Das hat mir Freude gemacht und wird mir fehlen.
15
AUSBILDUNG
Die Deutsche
Inkasso Akademie (DIA)
Inkassorelevante Rechtsprechung und Geschäftsprozesse unterliegen einem permanenten Wandel. Genau hierauf nimmt das Bildungsangebot
der DIA in einzigartiger Weise Rücksicht. Als eine
100-prozentige Tochtergesellschaft des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen e. V.
(BDIU) legt die DIA den Schwerpunkt der Aus- und
Weiterbildung auf inkassorelevante Themenfelder wie Schuldrecht, Kostenrecht, Telefoninkasso
oder Zwangsvollstreckung. Damit ist die DIA maßgeblicher Bildungspartner aller BDIU-Mitgliedsunternehmen für die verbandsseitig geforderte
ständige berufliche Weiterbildung.
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juristischen Kenntnissen eine Kombination aus kaufmännischem,
psychologischem und technischem Know-how. Nur so gelingt
der Spagat zwischen wir tschaftlichem Erfolg und den hohen
recht lichen und ethischen Anforderungen dieses Berufs.
16
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
AUSBILDUNG
eit 60 Jahren ist der BDIU als Spitzenverband der
deutschen Inkassowirtschaft erster Ansprechpartner bei Fragen der branchenspezifischen Berufsaus- und -weiterbildung. Die Entwicklung des
Bildungsportfolios unter dem Dach des BDIU spiegelt
die steigenden wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und
regulativen Erwartungen an die Branche wider. So definiert das Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlichen Notwendigkeiten, gesellschaftlichen Erwartungen,
technischen Möglichkeiten und politisch-regulativem
Rahmen seit jeher die mit der Tätigkeit als Inkassounternehmer einhergehenden spezifischen Berufsanforderungen.
S
INKASSO SETZT SACHKUNDE VORAUS
Auch der Gesetzgeber erkennt die hohe Komplexität
der Inkassodienstleistung und die damit einhergehenden Anforderungen an, indem er die Tätigkeit unter
einen behördlichen Erlaubnisvorbehalt stellt. Bis 2008
war dieser im Rechtsberatungsgesetz geregelt. Dieses
hatte aber einen entscheidenden Nachteil: Hinsichtlich
der Anforderungen für die Zulassung blieben die relevanten Rechtsquellen unspezifisch und gingen über
unbestimmte Rechtsbegriffe kaum hinaus. Bei der Feststellung der Sachkunde eines angehenden Inkassounternehmers galt das Amtsermittlungsprinzip. Im Zweifel wurden von den zuständigen Erlaubnisbehörden –
in der Regel den Landgerichten – Sachkundeprüfungen
durchgeführt oder delegiert.
Schon früh griffen die zuständigen Behörden daher auf
die Expertise und Erfahrung des Branchenverbandes
zurück. Gemeinsam wurden so Standards festgelegt,
anhand derer sich die notwendige Sachkunde bemessen und beurteilen ließ. Durch den sich verstetigenden
Austausch zwischen Erlaubnisbehörden und Verband
wuchsen auch Vertrauen und Wertschätzung. Der BDIU
entschied sich darum Anfang der 90er-Jahre dazu, eigene Sachkundelehrgänge (SKL) anzubieten, und ergänzte damit sein Berufsbildungsportfolio. Zur reinen
Weiterbildung, die bis dahin entweder von erfahrenen
Verbandsmitgliedern ausgeübt wurde oder in Kooperation mit externen Bildungsträgern erfolgte, kam die
berufliche Grundlagenausbildung im Rahmen des SKL.
DER BDIU SETZT MASSSTÄBE,
BERÄT UND BILDET AUS
Die ersten Sachkundeprüfungen nahm der BDIU am
1. und 2. Juli 1994 ab. Die Prüflinge legten eine schriftliche Klausur und eine mündliche Prüfung ab. Prüfungsgegenstand waren das materielle Recht (BGB, HGB, Gesellschaftsrecht), das Verfahrensrecht (ZPO), das Vollstreckungsrecht, das Kostenrecht (Inkassokosten, GKG,
GVKostG, BRAGO) und das Berufsrecht (RBerG und AVOs).
Durch das Rechtsdienstleistungsgesetz (2008) erfolgte
eine Reform der rechtlichen Verankerung. Während
sich an der Erlaubnispflicht und den zuständigen Behörden durch die neue rechtliche Grundlage wenig än-
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
derte, wurden die Anforderungen, an welche die Erlaubnis geknüpft ist, erstmalig im Gesetz konkretisiert,
grundsätzlich aber nicht erweitert. Voraussetzung für die
Registrierung als Inkassodienstleister bleibt die nachgewiesene theoretische Sachkunde in den Bereichen
des bürgerlichen Rechts, des Handels-, Wertpapier- und
Gesellschaftsrechts, des Zivilprozessrechts einschließlich des Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrechts
sowie des Kostenrechts. Hinzu kommt – ähnlich wie
zuvor im Rahmen des Rechtsberatungsgesetzes – die
nachgewiesene praktische Sachkenntnis beziehungsweise Arbeitserfahrung. Damit brachte der Gesetzgeber die in Zusammenarbeit von BDIU und Behörden
erarbeiteten und auch vom Bundesverfassungsgericht
in einem Urteil anerkannten Anforderungen an Inkassounternehmer erstmals in Gesetzesform.
INKASSO IN DER BERUFLICHEN PRAXIS
Jedem sollte allerdings klar sein: Um die Inkassorechtsdienstleistung erfolgreich und verantwortlich ausführen zu können, ist weiter gehende Sachkenntnis, insbesondere kaufmännische und betriebswirtschaftliche
Expertise, unerlässlich. Von der Geschäftsanbahnung
über die Kostenkalkulation, den Vertragsschluss bis zur
Geschäftsabwicklung ist es ein langer Weg. Auch Kenntnisse aus den Bereichen Marketing, Unternehmensorganisation und Buchhaltung sind nicht nur ein nützliches Zubrot, sondern stellen eine Säule erfolgreichen
Wirtschaftens dar. Auch hier gilt: Stillstand ist (wirtschaftlicher) Tod.
Genau wie die Geschäftsprozesse unterliegen die berufsrelevante Rechtsprechung und die Gesetzgebung
einem permanenten Wandel. Der zunehmende transnationale Handel wirft im Bereich des Forderungsmanagements neue rechtliche Problemfelder auf. Grenzüberschreitende Transaktionen bringen grenzüberschreitende Schuldverhältnisse. Rein nationale Rechtskenntnis ist nicht länger ausreichend. Spätestens in den
90ern trat neben den nationalen Gesetzgeber die supranationale Europäische Union. Und letztlich wird auch
die nationale Rechtsmaterie komplexer. Das beginnt
bei augenscheinlich trivialen Rechtsfragen, wie den
Impressumspflichten im Internet oder den aus verschiedenen Gesetzen resultierenden neuen Berufspflichten
für Inkassounternehmer, und endet bei diffizilen und
bis heute nicht abschließend geklärten Fragen des Datenschutzes. Auch die obligatorischen Rechtskenntnisse reichen also kaum aus und sollten darum viel
mehr als beispielhafte Auflistung und als absolut notwendiges Mindestwissen verstanden werden.
AN DER SCHNITTSTELLE VON
RECHT, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT
Das Anforderungsbild des Inkassounternehmers ist genauso facettenreich und multidimensional wie die
Kundschaft. Je mehr offene Rechnungen anfallen, umso dünner wird das Seil, auf dem Firmen balancieren.
Damit sie nicht abstürzen, haben Betriebe die Möglich-
17
AUSBILDUNG
keit, nach einer Balancierstange zu greifen – dem Inkassounternehmen. Der Inkassounternehmer selbst hat
auf mehreren Ebenen eine Scharnierfunktion inne. Er
vermittelt zwischen dem säumigen Zahler und dem
Gläubiger, sowohl im Interesse des Auftraggebers als
eben auch unter Berücksichtigung von Person und Situation des Schuldners. Durch die Rückführung eigentlich
verloren gegangenen Kapitals in den Wirtschaftskreislauf haben Inkassodienstleister eine volkswirtschaftliche und so letztlich gesamtgesellschaftliche Bedeutung. Dafür müssen sie neben rein rechtlichem Wissen
über betriebswirtschaftliche Kenntnisse und psychologisches Know-how verfügen. Nur mit Empathie, Verständnis und ausgeprägter Kommunikationsfähigkeit
ist der Beruf ausführbar. All das wird niemandem in die
Wiege gelegt. Vielmehr stehen Menschen, die sich für
eine Karriere in der Inkassowirtschaft entscheiden, vor
einem lebenslangen Lernprozess, in dem sich ständig
neue Wissenslücken auftun und bereits Erlerntes infrage gestellt wird.
DIE DIA: BILDUNG AM PULS DER ZEIT
Genau dieser Umstand veranlasste den BDIU 2009, die
Aus- und Fortbildung der Inkassowirtschaft in Form
der Tochtergesellschaft Deutsche Inkasso Akademie
GmbH (DIA) auszulagern und weiter auszubauen.
Durch die Neustrukturierung hat der BDIU sein Aus- und
Weiterbildungsportfolio erweitert und wendet sich
gleichzeitig neuen Zielgruppen zu. Ob fachliche Weiterbildung, die Qualifikation zum Inkassounternehmer
oder die Entwicklung zur Führungskraft – das Berufsbildungskonzept der DIA orientiert sich eng an den aktuellen Bedürfnissen der Branche. Außerdem richten
sich die DIA-Seminare auch an Mitarbeiter aus inkassoverwandten Berufszweigen, wie dem Kredit- und Risikomanagement, Factoring und Justiziariat.
Das Bildungsprogramm bringt Teilnehmer auf den
neuesten Stand und berücksichtigt Trends und Entwicklungen in und um Inkasso und Forderungsmanagement.
Gleichzeitig nimmt die DIA Rücksicht auf die hohen
Anforderungen an die Flexibilität, Freiheit und Mobilität der Branche. Mit dem derzeit im Entstehen begriffenen modularen Sachkundelehrgang (mSKL) bietet
die DIA ein weiteres zeitgemäßes Ausbildungsformat
für angehende Inkassounternehmer an, welches als individuell gestaltbares Weiterbildungstool auch erfahrene Inkassomanager und Fachkräfte anspricht. Durch
den modularen Aufbau des neuen SKL sind die einzelnen und bewährten Inhalte frei buchbar. Da sämtliche
Module flexibel und zeitlich entzerrt belegt werden
können, ist der mSKL an die individuellen Bedürfnisse
und Zeitbudgets der Teilnehmer anpassbar. Der Druck,
den gesamten Lehrgang in acht Monaten absolvieren
zu müssen, entfällt. Dennoch steht jedem Teilnehmer
die Möglichkeit offen, an den regelmäßig stattfindenden Endprüfungen teilzunehmen. Analog zu modernen Studiengängen hat die DIA in Kooperation mit
den Dozenten ein Credit-Point-System erarbeitet. Je-
18
des Modul bringt den Teilnehmern eine gewisse Anzahl an Punkten. Wer die erforderlichen Punkte innerhalb von zwei Jahren gesammelt hat, wird zur SKLPrüfung zugelassen. Ein weiterer und aus wirtschaftlicher Sicht nicht unwichtiger Vorteil: Es ist möglich,
die Kosten für den SKL über mehrere Jahre zu verbuchen.
FLEXIBILITÄT BEI GLEICHBLEIBENDEN
QUALITÄTSSTANDARDS
Der hohe Qualitätsstandard der DIA-Berufsaus- und
-weiterbildung wird durch diese Flexibilisierungen weiter gefestigt. Die Lerninhalte des mSKL sind dieselben
wie im seit zwei Jahrzehnten erfolgreichen Sachkundelehrgang. Um das gesetzlich geforderte Grundlagenwissen zu erlangen, muss man alle Module dieses
Kurses besuchen. Alle anderen können Kursmodule
nach Belieben belegen und sich so individuell aus dem
umfassenden Fundus dieses Themenbereiches weiterbilden. Damit ist der mSKL eher ein SKL plus.
Und dank der jahrzehntelangen engen Kooperation
mit den Zulassungsbehörden, der Justizverwaltung
und den Bundes- und Landesjustizministerien sowie
der Zusammenarbeit mit renommierten Dozenten aus
Justiz und Verwaltung ist eine bundesweite Anerkennung der Lehrgänge nahezu garantiert: In der letzten
Dekade wurden die Nachweise der theoretischen Sachkunde durch Zeugnisse des BDIU von den zuständigen
Behörden jedenfalls zu 100 Prozent anerkannt.
VERANTWORTUNG IN DER
INKASSOBRANCHE HEISST AUCH: STETS AUF
DEM NEUESTEN STAND SEIN!
Eine fundierte Berufsaus- und -weiterbildung ist nicht
nur für den individuellen Inkassounternehmer essenziell. Wenn schon nicht rechtlich verankert, so sollte
eine Pflicht zur stetigen beruflichen Weiterbildung zumindest dem Selbstverständnis und Berufsethos der
Branche entspringen. Genaue Rechtskenntnis – von
europäischen Richtlinien und Verordnungen über nationale Gesetze bis hin zu aktuellen Gerichtsurteilen –
sollte für die gesamte Branche eine Selbstverständlichkeit sein.
Hier trennt sich die Spreu vom Weizen oder der seriöse
vom unseriösen Inkassounternehmer. Um es mit den
Worten von Frank Michael Goebel, Vorsitzendem Richter am OLG Koblenz und dort unter anderem Vorsitzender des Kostenrechtssenates und seit gut zehn Jahren Lehrgangsleiter, Dozent und Prüfungsvorsitzender
im Sachkundelehrgang des BDIU, zu sagen: »In der Debatte um die Regulierung von Inkassounternehmen
wird über Kostenfragen und Informationspflichten gesprochen. Dem gegenüber steht die viel wichtigere
Frage nach tatsächlicher staatlicher Aufsicht zu den Berufspflichten und der Qualität der Leistung von Inkassounternehmen. Dass einer hochwertigen Fortbildung
signifikante Bedeutung für die Seriosität und Qualität
der Inkassobranche zukommt, muss dabei in den Blick
genommen werden.«
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Die Inkassowirtschaft || APRIL 2016
19
MEINUNG
Die Juristin Kirsten Pedd
steht für einen offenen
Austausch über die Arbeit
von Inkassounternehmen.
SELBSTREGULIERUNG
Inkasso heißt
Verantwortung
Die Mitgliedschaft im BDIU hat sich über die Jahre den Ruf
erarbeitet, ein Qualitätssiegel für seriöse Inkassotätigkeit zu sein.
Ihrer Verantwor tung für die Belange ihrer Auftraggeber und der
betroffenen Verbraucher kommen die Inkassounternehmen des
BDIU dadurch nach, dass sie sich einer konsequenten und strengen
Selbstregulierung unterwerfen. Das ist die Voraussetzung, damit
der BDIU die Interessen der Branche bestmöglich ver treten kann.
Von Kirsten Pedd
20
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
MEINUNG
»
Wir sind sowohl Partner der
Wirtschaft als auch der Kunden
unserer Mandanten. Als Bindeglied
zwischen diesen beiden Parteien
haben wir eine besonders wichtige
Rolle wahrzunehmen.
ein, auch den Mitgliedern und den Funktionsträgern des BDIU bleibt natürlich die mediale
Berichterstattung zu den »schwarzen Schafen« der Inkassobranche nicht verborgen. Wie
auch, denn sie ist – mal mehr, mal weniger, aber fast
regelmäßig – Inhalt diverser Veröffentlichungen.
N
Fast immer wird sehr plastisch anhand eines Einzelschicksals von vermeintlichem oder tatsächlichem Fehlverhalten eines »Inkassounternehmens« berichtet. Oft
wird aus solchen Einzelfällen ein generelles Statement
abgeleitet, das seine Rechtfertigung daraus zieht, dass
man vom Einzelnen vermeintlich auf das Gesamte
schließen darf, ganz nach dem »Grundsatz«: Wenn es
einer macht, machen es alle. Keiner käme auf die Idee,
diese »Formel« auf andere Branchen anzuwenden, in
deren Mitte sich mit Sicherheit auch der eine oder andere befindet, der nicht adäquat handelt.
IN DER AUSSENWAHRNEHMUNG
WIRD VIELES VERMISCHT
Nun ist es in Zusammenhang mit der Inkassobranche
zusätzlich oft noch so, dass über die berichtet wird, die
tatsächlich kein Inkasso ausüben dürften, weil sie die
gesetzlichen Rahmenbedingungen schlicht nicht erfüllen. Oder es sind Unternehmen, die in Anwendung
ihrer Tätigkeit geltendes Recht ignorieren oder zu ihren
Gunsten zu weit auslegen – also Unternehmen, deren
Handeln der BDIU selber aufs Schärfste ablehnt und Allianzen sucht, um ein derartiges Treiben zu unterbinden. Das ist ein langer Weg, aber wir gehen ihn weiter.
Der Dialog, den wir bisher mit sehr vielen darüber
geführt haben, lässt uns optimistisch in die Zukunft
sehen.
Der BDIU begreift sich als selbstregulierender Verband.
Das bedeutet, er sorgt dafür, dass solche Unternehmen
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
erst gar nicht Mitglieder werden. Darüber hinaus hat
er die Möglichkeiten, diejenigen Mitglieder, von denen
bekannt wird, dass sie sich nicht satzungskonform verhalten, auszuschließen, was er bereits mehrfach in die
Tat umgesetzt hat. Die Mitgliedschaft im BDIU gilt als
Qualitätsmerkmal – und das soll so bleiben. Das ist Ansporn und Verpflichtung gleichermaßen.
SELBSTVERPFLICHTUNG
ZU REGULÄREM VERHALTEN
Das Präsidium des BDIU nimmt sich bei Aufnahmeanträgen viel Zeit für die Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Mitgliedschaft erfüllt sind. Ein beeindruckender Internetauftritt oder die Verlockung eines Mitgliedsbeitrages waren, sind und werden niemals Ausschlag
geben für ein positives Votum des Präsidiums.
Und es kommt sogar vor, dass dieses Votum von der
Lebens- und Berufserfahrung der Präsidiumsmitglieder getragen wird, sodass erkennbare Differenzen zwischen unserer Berufsauffassung und derjenigen des
Antragstellers dazu führen, dass mit »nein« gestimmt
wird.
Die Satzung des BDIU legt dafür klare und strenge
Maßstäbe an. Die Pflichten für BDIU-Mitglieder gehen
über die gesetzlichen Mindestregeln für Rechtsdienstleister hinaus und stellen eine bewusste Selbstbindung
der Verbandsmitglieder bei der Berufsausübung dar.
Jedes Mitglied hat seinen Beruf redlich, gewissenhaft
und ordnungsgemäß auszuüben und die ihm anvertrauten Mandate in sachlich angemessener Weise unter Wahrung der Rechte der Schuldner zu vertreten. Erkennt ein Mitglied, dass einzuziehende Forderungen
ganz oder teilweise rechtsunwirksam oder auf sittenwidrige Weise zustande gekommen sind, so darf es für
den Auftraggeber bei deren Einziehung nicht tätig
werden.
Wir prüfen vor jeder Aufnahme, ob das Unternehmen
sich an diese strengen Maßstäbe hält und ob es Hinweise gibt, dass es in der Vergangenheit gegen diese Regeln verstoßen hat. Auch tatsächliches oder vermeintliches Fehlverhalten bestehender Mitgliedsunternehmen wird stets einer genauen Prüfung unterzogen.
INTERNE SANKTIONIERUNG
ALS SCHARFES SCHWERT
Nun muss man realistisch sein. Der Verband ist natürlich nicht dazu in der Lage, als Revision für fast 600 Unternehmen zu agieren – unabhängig davon, dass er
das weder kapazitär könnte noch darf. Aber er kann
und muss dann aktiv werden, wenn ihm über Beschwerden von Schuldnern oder sonstigen Personen bekannt
wird, dass es prüfungsrelevante Sachverhalte gibt.
Die Satzung gibt hierfür klare Schritte vor, die mit der
Einholung einer Stellungnahme des Mitglieds beginnen
und mit dem Ausschluss enden können. Dazwischen
21
MEINUNG
»
Mein Motto lautet: ›Ich möchte
etwas bewegen und bewirken‹ –
das hoffe ich zukünftig für die
Inkassobranche im BDIU als deren
Präsidentin intensivieren zu können.
Zur Autorin
Kirsten Pedd ist zugelassene Rechtsanwältin und
arbeitet seit 1997 in der Inkassobranche. Schon seit
15 Jahren engagiert sie sich in verschiedenen Funktionen im BDIU – zunächst im Rechtsausschuss des
Verbands, der sich mit rechtlichen und gesetzgeberischen Fragen beschäftigt.
Dabei hat sie sich auch für die Aus- und Weiterbildung
im Inkasso engagiert, indem sie unter anderem Praktikerschulungen im Insolvenzrecht gab. Seit 2008 ist
Pedd Mitglied im Präsidium des BDIU und zeichnet
für die Themen Recht und Compliance verantwortlich.
Im April 2016 kandidiert sie für das Amt der BDIUPräsidentin – sie wäre damit in der 60-jährigen Verbandsgeschichte die erste Frau an der Spitze der
deutschen Inkassowirtschaft. Gesprächsbereitschaft
und Zuverlässigkeit sind die wichtigsten Themen, die
sie mit ihrer Kandidatur verbindet, wie sie sagt:
»Ich möchte Präsidentin werden, um so durch mein
Engagement weiterhin meinen Beitrag dazu zu leisten, unsere Branche zu stärken. Ich habe in den letzten Jahren durch meine Arbeit als Präsidiumsmitglied erfahren, dass ein offener Austausch – auch
und gerade mit unseren Kritikern – zu einem besseren Verständnis unseres Business führt und damit
Vertrauen schaffen kann. Gleichzeitig ist in diesen
Gesprächen ein gesundes Selbstbewusstsein wichtig – in der festen Überzeugung, eine gute, seriöse
und notwendige Dienstleistung für die Wirtschaft
und für die öffentliche Hand zu erbringen.
liegen häufig Gespräche und Besuche beim Mitgliedsunternehmen, Rücksprachen beim Beschwerdeführer,
Einschaltung des verbandsinternen Rechtsausschusses oder des Ombudsmanns und final die weitere Entscheidung einer Ahndung des Verhaltens.
Damit nutzt der Verband insgesamt deutlich mehr und
schärfere Sanktionsmöglichkeiten, als es aktuell die
aufsichtsführenden Registrierungsbehörden bei unseriös agierenden Firmen machen, die Forderungen einziehen, es aber gar nicht dürften. Klar ist: Inkasso ist
beileibe kein rechtsfreier Raum. Schon die Aufnahme
der Tätigkeit ist vom Vorliegen gesetzlich vorgeschriebener Voraussetzungen abhängig und ihre Ausführung unterliegt geltendem Recht.
WIR WERDEN AN UNSEREN
EIGENEN ANSPRÜCHEN GEMESSEN
Der BDIU ist in Sachen Selbstregulierung nach innen
strenger, als der nun geneigte Kritiker vielleicht glaubt,
denn er wird an diesem Verhalten gemessen – und die
im Verband organisierte Branche ebenfalls. Der BDIU
ist überzeugt davon, dass diese Selbstregulierung ein
probates Mittel ist, um den Verband optimal zu führen
und seine Mitglieder bestmöglich zu vertreten.
Darüber hinaus ist der BDIU aber auch dialogbereit
und kritikfähig, zum Beispiel wenn es darum geht, absolut legale Inkassomaßnahmen zu diskutieren, die
trotz rechtlicher Zulässigkeit kritisiert werden – aus
nachvollziehbaren Gründen oder schlicht ideologisch
intendiert.
Am Anfang stehen für uns immer das Gespräch und
zumindest der Versuch, die Zusammenhänge zu verstehen.
Die Mitglieder des Inkassoverbands und alle meine ehrenamtlich tätigen Kolleginnen und Kollegen gehen
gern in eine kritische Diskussion, die fair geführt wird.
Ihnen ist ein auf Tatsachen basierender und zielorientierter Austausch wichtig. Nur der hilft übrigens auch
denen, für die sich Politik, Verbraucherschutz und die
Presse einsetzen wollen, nämlich den Verbrauchern.
»Tue Gutes und rede darüber.« Das gilt auch für uns als
Branche und Verband. Wir werden über unsere Selbstregulierung zukünftig mehr kommunizieren und auch
diesbezüglich transparenter werden. Das hilft dann
auch Dritten, ihre Wahrnehmung von der Inkassobranche sachlicher einzuordnen.
Wir sind sowohl Partner der Wirtschaft als auch der
Kunden unserer Mandanten. Als Bindeglied zwischen
diesen beiden Parteien haben wir eine besonders
wichtige Rolle wahrzunehmen. Das ist Chance und
Verpflichtung zugleich. Mein Motto lautet: ›Ich möchte etwas bewegen und bewirken‹ – das hoffe ich zukünftig für die Inkassobranche im BDIU als deren
Präsidentin intensivieren zu können.«
22
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
RUBRIK
Muss. Ich. Wissen.
Grundlagen, Expertenwissen, Hintergründe.
Die Deutsche Inkasso Akademie ist Ihr Weiter
Fundierte Ausbildung und praxisnahe Weiterbildungen –
DIA – DEUTSCHE INKASSO AKADEMIE
w w w. i n k a s s o a k a d e m i e . d e
Die Inkassowirtschaft || APRIL 2016
23
GESCHICHTE
RÜCKBLICK
Die Inkasso-Zeitreise
Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU)
feier t Gebur tstag. Seit nunmehr 60 Jahren ver tritt er die
Interessen der Inkassowir tschaft, eines Wir tschaftszweigs voller
Tradition und Geschichte. Das Jubiläum nehmen wir zum Anlass,
einen Ritt durch die Vergangenheit der Inkassobranche zu wagen.
Wie hat sich das Forderungsmanagement veränder t?
Und was war sonst noch wichtig? Aber der Reihe nach …
Als in den 20er-Jahren
Hyperinflation die
Wirtschaft schwächte,
setzten viele Firmen auf
die Hilfe von Inkassounternehmen.
1860
1870
1880
1890
1900
1910
AM ANFANG WAR DAS GELD
Inkasso, also das Einziehen fremder Forderungen, gibt
es wahrscheinlich schon so lange, wie Menschen Handel
treiben und Geld dafür benutzen. Will man an die Anfänge von Inkasso als Wirtschaftszweig gelangen, muss
man in Deutschland freilich nicht ganz so weit in der
Zeit zurückreisen. Vor gut 150 Jahren war Vertrauen
das Stichwort, weshalb Firmen die Dienste der neuen
Auskunfteibüros nachfragten. Sie wollten auf Nummer
sicher gehen – und Verträge nur mit zahlungskräftigen
Partnern abschließen.
Namen wie Schimmelpfeng, Creditreform oder Bürgel
hatten schon zu Zeiten der deutschen Reichsgründung
einen guten Klang in den Ohren von Unternehmern.
Die Büros boten meistens auch den Einzug von überfälligen Forderungen an, und daraus erwuchs schnell
ein eigener Sektor: die Inkassodienstleister. Arbeitsteilung hatte es zuvor schon durch die fortschreitende In-
24
1920
1930
1940
Antwort per Post:
Anfang der 1950erführte die Branche
eine erste Marktumfrage durch die den kräftigen
Wirtschaftsaufschwung spiegelbildlich zeigte.
dustrialisierung gegeben. Jetzt übertrug sie sich auch
auf das – zwar noch nicht so bezeichnete, aber im Entstehen begriffene – Forderungsmanagement.
Machen wir einen Zeitsprung in die 1920er-Jahre. Golden sollen sie gewesen sein, aber neben Zeiten des wirtschaftlichen Wohlstands gab es auch Phasen von Massenarbeitslosigkeit und Hyperinflation. Umso wichtiger
waren Inkassodienstleistungen. Die Branche unterstützte den notwendigen Liquiditätsfluss in der Wirtschaft
und konzentrierte sich dabei zunehmend auf den Einzug ausgeklagter, titulierter Forderungen. Mehr Aufgaben hieß aber auch, dass es mehr Regeln bedurfte.
In den 30er-Jahren schließlich kam das »Gesetz zur Verhütung von Missbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung«. Ein sperriger Name, der allerdings für Inkassounternehmen Fortschritte brachte: Inkasso wird
allgemein als Rechtsberatung erfasst und unter einen
Erlaubniszwang gestellt.
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
GESCHICHTE
AUFBRUCHSTIMMUNG
IM WIRTSCHAFTSWUNDERLAND
In den 50er-Jahren ging es mit der Wirtschaft in Westdeutschland steil nach oben. Der Massenkonsum hielt
Einzug und ermöglichte zugleich eine Individualisierung des Lebens. Neu war beispielsweise die Langspielplatte aus Vinyl. Auf einmal konnte man Musik frei nach
Wahl in den eigenen vier Wänden genießen! Das fanden
viele Deutsche eigentlich unfassbar, manche waren
noch traumatisiert durch den Krieg und die schweren
Entbehrungen der Zeit danach – der materielle Genuss
bot für die Westdeutschen daher auch eine Art der Befreiung. Heute mag man schmunzeln über Nierentische
und Heimatfilme, die kulturellen Insignien der Wiederaufbaujahre, aber
sie standen eben auch
für die Sehnsucht nach
Heimat, nach Liebe und
Treue, schlicht der heilen Welt, die in der Nazibarbarei noch zehn
Jahre zuvor den meisten unerreichbar fern
erschienen war.
sener Inkassobüros«. In Berlin, Essen, Frankfurt am Main
und München bildeten sich bald ähnliche Vereine. Sie
wollten gegenüber der Justiz, den Behörden und der
Öffentlichkeit gemeinsame Interessen vertreten – und
weil das in einer bundesweiten Organisation noch besser funktioniert, wollte man sich zusammenschließen.
Am 21. April 1956 war es dann so weit: Der Bundesverband Deutscher Inkasso- und Auskunftei-Unternehmen wurde im Vereinsregister beim Amtsgericht
Hamburg eingetragen.
Schon zwei Jahre später folgte ein weiterer Meilenstein
der Inkassogeschichte: 1958 trat das neue Rechtsberatungsgesetz in Kraft. Damit einher ging eine Anerkennung der nach diesem Gesetz erlaubnispflichtigen Berufe – die Anerkennung des Berufsstandes Inkasso!
DIE ZAHLUNGSSTRÖME FLIESSEN
1954 führte der BDIU-Vorgänger »Verband zugelassener Inkassobüros« eine Branchenumfrage durch. Zehn
Inkassobüros »aus sämtlichen Ländern des Bundesgebiets einschl. Westberlin« (das Saarland war damals
noch nicht dabei) teilten mit, wie viel Geld sie für ihre
Schon gewusst? Der
BDIU und die »Bravo«
haben mit 1956 ihr Geburtsjahr gemeinsam.
1950
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Die Swinging Fifties
waren auch für
die Inkassowirtschaft
eine bewegende Zeit.
1954
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1956
1957
Aber nicht alle dachten so. Schon damals gab es auch
die »jungen Wilden«, die gegen dieses Bild des beschaulichen Idylls rebellierten, für die Rock-’n’-Roll-Stars wie
Bill Haley oder Elvis Presley die Ikonen ihrer Jugend waren. Im selben Jahr, in dem der BDIU gegründet wurde,
erschien auch die erste Ausgabe einer neuen Zeitschrift, in der viele Eltern bald nichts weniger als den
»Untergang des Abendlandes« sahen. Für die Jugend
dagegen waren Magazine wie die »Bravo« ein Ausdruck von Individualität und Freiheit und der Sehnsucht nach einem westlichen Lebensgefühl.
Auftraggeber von Schuldnern eingezogen hatten. Die
Zahlen zeigen spiegelbildlich den rasanten Wirtschaftsaufschwung und wie wichtig Inkassounternehmen dafür offenbar waren:
A BDIU IS BORN!
Nach dem Krieg organisierte sich in Deutschland die
Inkassowirtschaft neu, vor allem auf dem Gebiet der
späteren Bundesrepublik war das der Fall. In Hamburg
taten sich einige Unternehmer zusammen und gründeten am 17. September 1949 den »Verband zugelas-
Das ergibt einen jährlichen Durchschnitt von 639.027,63
DM, die die Inkassounternehmen den Gläubigern damals an Liquidität wieder zurückführten. Im Unterschied
zu heute, wo Inkassounternehmen vor allem im vorgerichtlichen Bereich aktiv sind, bearbeiteten die Firmen
damals in aller Regel ausgeklagte Forderungen (sie
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
1950
1951
220.853,85 DM
459.426,70 DM
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895.971,39 DM
1953
979.858,88 DM
1958
1959
25
GESCHICHTE
machten 62,4 Prozent der eingezogenen Gelder aus).
8,1 Prozent waren Forderungen gegen Schuldner, die
bereits den sogenannten Offenbarungseid geleistet
hatten.
Die Meldungen der Inkassounternehmen wurden alle
per Post an die Geschäftsstelle des BDIU-Vorgängers
nach Hamburg geschickt. Briefe, mit denen die Inkassounternehmen ihre Zahlen meldeten, waren alle frankiert mit Marken der neuen Deutschen Bundespost –
gerade einmal 4 Pfennig kostete diese »Drucksache zur
ermäßigten Gebühr« damals. Es war die Zeit, als sich
die Inkassounternehmen noch »mit vorzüglicher kollegialer Hochachtung« voneinander verabschiedeten.
Auf den Hamburger Poststempeln
gab es ein ungewöhnliches Piktogramm, das einen Mann zeigte, der
sich selbst im Spiegel betrachtete,
begleitet von folgendem Text: »Kritik
am Staate steht Dir zu, doch denk
daran, der Staat bist Du!« Das war Teil
von Kampagnen Anfang der 50erJahre, mit denen die Bürger der noch
jungen Bundesrepublik die Grund-
Weltöffentlichkeit an der Bernauer Straße rüber in den
Westen – in eine, wie man das damals allmählich wahrnahm, völlig andere Welt. Ost- und Westdeutschland
hatten sich schon länger stark auseinanderentwickelt.
DIE AUSKUNFTEIEN GEHEN
EINEN EIGENEN WEG
Das Ideal des »Wohlstands für alle« war für den Westen
kein Dauerzustand. Als die BRD Ende der 60er-Jahre
erstmals in eine Rezession rutschte, wurden Inkassodienstleistungen für die Unternehmen noch wichtiger.
Private und gewerbliche Schuldner zahlten ihre Rechnungen dramatisch schlechter, und rein kaufmännische
Mahnverfahren waren oft wirkungslos. Noch schlimmer: Auch die gerichtliche Titulierung von Forderungen
und anschließende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen
liefen immer öfter ins Leere – dabei waren sie ohnehin
schon sehr zeit- und kostenintensiv für die Gläubiger.
Ihnen bot sich aber eine gute Alternative: Vorgerichtliche Inkassodienste waren vergleichsweise kostengünstig und versprachen schnelleren Erfolg, gleichzei-
Ab 1961 war die Grenze
durch Deutschland
dicht – und auch die
Wirtschaft entwickelte
sich stark auseinander.
1960
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1965
züge von Demokratie erklärt bekommen sollten. Ein
Spruch, der allerdings auch heute durchaus wieder Aktualität hat.
VON MAUERN UND SATELLITEN
Dieses Bild brannte sich in die Köpfe ein: Am 15. August
1961 springt der 19-jährige Hans Conrad Schumann
über einen Stacheldraht vom sowjetischen in den französischen Sektor Berlins. Der Unteroffizier hatte sich
erst kurz vorher freiwillig für den Dienst in der Hauptstadt der DDR gemeldet.
In der Nacht vom 12. auf den 13. August bekommt seine Truppe auf einmal scharfe Munition ausgehändigt,
besteigt Lkws und soll mit Stacheldraht Westberlin abriegeln. Schumann ist mittendrin und hält den Druck
nicht aus. Auf seine Landsleute schießen will er nicht,
und so springt er wenig später unter den Augen der
26
1966
1967
1968
1969
tig gewannen klassische Wirtschaftsinformationen als
präventives Instrument gegen Zahlungsausfälle weiter
an Bedeutung. Gute Zeiten für den Bundesverband
Deutscher Inkasso- und Auskunftei-Unternehmen also,
sollte man meinen. Der starke Bedeutungszuwachs
beider Sparten des Verbandes verlangte jedoch nach
einer weiteren Spezialisierung der Interessenwahrnehmung.
Da war es nur logisch, dass sich die Organisation auf
die Vertretung der Interessen der Inkassowirtschaft
konzentrierte. 1966 gingen die Auskunfteien einen eigenen Weg, und der Verband heißt seitdem Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen.
Parallel dazu vollzog sich auch eine wichtige Aufgabenverlagerung der Branche: Immer bedeutender
wurde jetzt der Einzug kaufmännisch bereits ausgemahnter, aber (noch) nicht titulierter Forderungen –
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
GESCHICHTE
was ganz nebenbei dazu führte, dass die Justiz entlastet wurde und also ebenfalls durch die Tätigkeit der Inkassodienstleister profitierte.
NEUE SYMBOLE UND GROSSE GESTEN
Anfang der 70er-Jahre entspannte Willy Brandts Ostpolitik das Verhältnis beider deutscher Staaten. Der
Kniefall des westdeutschen Bundeskanzlers vor dem
Ehrenmal des Warschauer Ghettos fiel in die Zeit der
großen Gesten. Als Brandt 1970 Erfurt besuchte – zum
ersten deutsch-deutschen Gipfeltreffen –, wurde er
von der Bevölkerung begeistert empfangen. Die DDR
modernisierte sich, man wollte sich weltoffen zeigen.
Ganz besonders war dabei der Sommer 1973. 8 Millionen Menschen kamen zu den »Weltfestspielen der Jugend« nach Ostberlin, und trotz Überwachung durch
die Staatssicherheit gab es viele Begegnungen zwischen jungen Leuten aus dem In- und Ausland, die noch
lange nachwirken sollten. Dazu passte das Logo, unter
dem das Fest stattfand: Es war zeitgemäß und sah irgendwie nach Flower Power und westlichem Lebens-
dererkennbar ist dieses Zeichen, und viele fragen sich:
Was soll es darstellen? Einen Menschen, der die Arme
ausbreitet? Eine aufblühende Blume oder einen Baum?
Oder am Ende gar eine Münze, die in einen Automatenschlitz rollt …?
Die Wahrheit ist leider ziemlich banal. Im Begleitschreiben an das Verbandspräsidium, das über das neue Logo
abstimmen sollte, heißt es, das Zeichen »symbolisiert
die Buchstaben V und I für Verband und Inkasso-Unternehmen«. Gedacht war das übrigens nicht nur für den
BDIU selbst: »Gleichzeitig soll sämtlichen Mitgliedern
gestattet werden, dieses Zeichen zum Ausdruck ihrer
Mitgliedschaft in unserem Verband anzuwenden.« Und
so wird es auch heute noch verwendet. Die grafisch abgewandelten Buchstaben V und I haben sich etabliert
als eine Art Gütesiegel für seriöse Inkassotätigkeit.
GRUNDSATZENTSCHEIDUNGEN
Warum will ich Mitglied in einem Verband sein? Diese
Frage stellt sich jedes Inkassounternehmen, bevor es
einen Antrag zur Aufnahme in den BDIU abschickt. Die
Antwort darauf hat sich im Laufe der Jahre verändert.
Aufbruchstimmung in
der DDR bei den Weltfestspielen der Jugend
1973 – im selben Jahr gab
sich der BDIU das noch
heute bekannte Logo.
1970
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1973
1974
gefühl aus. Vielleicht kommt es daher, dass dieses Festival bald als »Woodstock des Ostens« bekannt war.
Und als 1974 dann auch noch Jürgen Sparwasser die
DDR-Elf zum Sieg gegen die Fußballauswahl der BRD
schoss, sah es für einen Moment so aus, als triumphiere
tatsächlich die angebliche »Überlegenheit des Sozialismus«.
Große Gesten gab es auch beim BDIU: 1973 verpasste
sich der Verband ein neues Logo. Ein neues Logo? Ach
was: Überhaupt ein Logo! Er hatte zu dem Zeitpunkt
nämlich gar keines, die Briefköpfe zierte der Verbandsname in gefetteten Druckbuchstaben, und ein solcher
Außenauftritt war alles andere als zeitgemäß. Daher
beauftragte Verbandsgeschäftsführer Dr. Mosiek eine
Agentur, die dem Inkassoverband das passende Zeichen zuordnen sollte. Ergebnis war das noch heute
verwendete Symbol mit dem Kreis und den darunter
befindlichen beiden Halbbögen. Individuell und wie-
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
1975
1976
1977
1978
1979
Am Anfang waren es vor allem die Kontaktpflege und
der fachliche Austausch untereinander, die Firmen durch
die gemeinsame Organisation intensivieren wollten.
Mehr und mehr rückte aber ein weiterer Verbandszweck
in den Vordergrund: nämlich die Wahrung der eigenen
Berufsinteressen bei gleichzeitiger Ausgestaltung eines klaren Berufsbilds des Inkassounternehmers. 1979
verständigten sich die BDIU-Mitglieder auf die wegweisenden »Grundsätze für die Berufsausübung zugelassener Inkassounternehmen in der Bundesrepublik
Deutschland und West-Berlin«. Deren Einhaltung wird
unmissverständlich als Voraussetzung für eine Verbandsmitgliedschaft definiert. Gleichzeitig ist in der
Satzung geregelt, dass ein Verstoß gegen diese Grundsätze zum Ausschluss aus dem BDIU führen kann.
Diese Grundsätze hat der BDIU in der Folge im Interesse der Branche immer weiter ausdefiniert und klarer
strukturiert, bis hin zu dem gestaffelten Beschwerde-
27
GESCHICHTE
und Sanktionsinstrumentarium, dem sich heute jedes
Inkassounternehmen, das Mitglied im BDIU ist, automatisch unterwirft. Ein weiteres wichtiges Instrumentarium kam Anfang der 90er-Jahre hinzu: der Ombudsmann. Er vermittelt unbürokratisch bei strittigen Fällen.
umfrage zur Zahlungsmoral vorstellte, geschah das an
einem historischen Ort in Berlin-Mitte: Nur zwei Minuten Fußweg entfernt hatte fast auf den Tag genau fünf
Jahre zuvor DDR-Politbüromitglied Günter Schabowski,
ebenfalls auf einer Pressekonferenz, den Fall der Berliner Mauer verkündet.
»NO FUTURE« FÜR DEN RECHTSBEISTAND
Die 80er-Jahre waren Zeiten des Umbruchs – für Westund Ostdeutschland genauso wie für die Inkassounternehmen als Branche.
Viel hatte sich seitdem getan: Reisefreiheit, freie Wahlen, Wirtschafts- und Währungsunion, (West-)Deutschland wurde Fußballweltmeister und schließlich im
Herbst 1990 Wiedervereinigung mit Helmut Kohl als
Kanzler. Jede Menge Aufbauarbeit war in der Folgezeit
im Osten vonnöten – aus Sicht der Neu-Bundesbürger
bestanden zunächst allerdings nur wenige der Verheißungen aus Wendezeit und Einheitsprozess den
Realitätstest. »Aufschwung Ost« war ein Thema dieser
BDIU-Pressekonferenz: Und das hieß eben auch steigende Insolvenzen, hohe Arbeitslosigkeit und sich verschlechternde Zahlungsmoral. Für die Wirtschaft in den
neuen Ländern waren daher Inkassounternehmen eine
wichtige Stütze, um berechtigte Forderungen durchzusetzen. Und es war auch eine neue Gründerzeit: Viele
Am Anfang des Jahrzehnts erklingt ein juristischer Paukenschlag: Der Rechtsbeistand alten Rechts, der auch
Inkassotätigkeiten durchführen durfte, wird abgeschafft. Außerdem darf Inkassounternehmen ab jetzt
nur noch die Erlaubnis zur außergerichtlichen Einziehung erteilt werden. Für den Rechtsbeistand hieß es
also – ähnlich wie bei vielen jungen Leuten in der BRD
damals – »No Future«. Nicht so aber für die Uhren diesseits und jenseits der innerdeutschen Grenze: Sie wurden am Sonntag, den 6. April 1980, um eine Stunde in
die Zukunft versetzt – die Sommerzeit war da.
1980 begann die
Sommerzeit –
Start in ein
Jahrzehnt
der Umbrüche.
1980
1982
1984
1986
1988
Weltmeister im
Einheitsjahr:
Ein Land feiert
gemeinsam.
1990
Zwischen den Staaten herrschte wegen Kaltem Krieg
und Nachrüstung ein eisiges Klima. Da wirkte es fast wie
ein zarter Frühlingshauch, als am 24. April 1982 im englischen Harrogate eine Abiturientin aus dem Saarland mit
bravem Kleidchen und weißer Gitarre über »Ein bisschen
Frieden« sang und damit den Grand Prix Eurovision de
la Chanson gewann. Schon bald sollte sich auch die
politische Großwetterlage aufhellen: Ab 1985 machten
Gorbatschows Glasnost und Perestroika Hoffnung auf
politische Veränderungen im Osten, das Wettrüsten
fand ein Ende, und DDR-Bürger wagten es, montags auf
die Straße zu gehen, um Reformen in ihrem Land einzufordern. Ein »Wind of Change« kündigte sich an …
INKASSO-DEUTSCHLAND
WÄCHST ZUSAMMEN
Als am 10. November 1994 der BDIU zum ersten Mal
auf einer Pressekonferenz Ergebnisse einer Mitglieder-
28
1992
1994
1996
1998
junge Inkassounternehmen entstanden auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Sie halfen dabei, zwei unterschiedliche Rechtssysteme zusammenzubringen und
einen neuen Verwaltungsapparat aufzubauen – damit
zusammenwachsen konnte, was zusammengehört.
UNTERWEGS NACH EUROPA
Am 7. Februar 1992 kamen in der kleinen niederländischen Stadt Maastricht Staats- und Regierungschefs
aus den Mitgliedsländern der Europäischen Gemeinschaft zusammen, um – nach langjährigen Verhandlungen – ihre Unterschrift unter ein wegweisendes Dokument zu setzen: den Vertrag über die Europäische
Union (EU). Darin verpflichteten sich die Länder zu
einer stärkeren wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit. Außerdem wurde ein Fahrplan zur Einführung einer Wirtschafts- und Währungsunion verabschiedet – sozusagen die Geburtsstunde des Euro, der
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
GESCHICHTE
aber damals noch keinen Namen hatte. Für die Inkassowirtschaft war klar: Wenn schon die Staaten stärker
zusammenarbeiten, dann müssen das die Inkassounternehmen auf dem Kontinent erst recht. Es brauchte
also eine starke Interessenvertretung und Organisation
der Branche auf europäischer Ebene. 1993 führte das
nicht zuletzt auf Bestreben des BDIU zur Gründung der
Federation of European National Collection Associations (FENCA). Inzwischen stellt das Gründungsmitglied BDIU mit Andreas Aumüller den Präsidenten dieses europäischen Inkassodachverbands, und seit 2014
befindet sich sogar die Verwaltung der FENCA in Berlin,
organisiert und gemanagt durch den deutschen Inkassoverband. Europa, das ist für den BDIU eben unbedingt auch eine Frage der Verantwortung.
COMPUTERCHAOS UND PRIVATE PLEITEN
Am 31. Dezember 1999 warfen viele Menschen ihren
Computern bange Blicke zu. Der Millenniumsfehler bereitete Sorgen. Als einige der Programme geschrieben
wurden, hatte man nämlich noch nicht an die Jahrtausendwende gedacht. Der Einfachheit halber – und um
Rechenkapazitäten besser auszunutzen – wurden bei
WIR SIND RECHTSDIENSTLEISTER!
»Wir sind Papst!«, titelte die »Bild«-Zeitung am 20. April
2005, nachdem zum ersten Mal seit 1523 ein Deutscher
den Heiligen Stuhl in Rom bestiegen hatte. Noch im selben Jahr kam Benedikt XVI. zum Weltjugendtag nach
Deutschland, wo ihm eine Welle der Begeisterung entgegenbrandete. Überhaupt lief es gut für das Ansehen
der Deutschen. Als 2006 hierzulande die Fußballweltmeisterschaft ausgetragen wurde, zeigten sich die Menschen gut gelaunt und zugänglich unter dem Motto
»Die Welt zu Gast bei Freunden«. Der fröhliche, sympathische Deutsche – ungewohnt war das, und dieses
weltoffene Fußballfest hat viele im Ausland tief beeindruckt. Auch für die Inkassounternehmen tat sich im
ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends viel in Sachen
Anerkennung: Sie wurden Rechtsdienstleister. Dahinter steckt mehr als nur ein Wort. Denn mit dem neuen
Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), das 2008 in Kraft
trat, waren Kompetenzerweiterungen für die Branche
verbunden. Zum Beispiel dürfen Inkassodienstleister
jetzt auch das gerichtliche Mahnverfahren durchführen – und können ihren Auftraggebern einen noch umfassenderen Service anbieten.
Y2K:
Auch im neuen
Jahrtausend
rechnen die
Computer weiter.
2000
Jubiläum in Berlin:
Der BDIU feiert
Geburtstag!
2002
2004
2006
2008
den Jahreszahlen nur die letzten beiden Ziffern verwendet. Auf den 31.12.99 folgte also der 01.01.00 – was
den Rechner auf einen Schlag um 100 Jahre in die Vergangenheit versetzt hätte. Viele befürchteten Fehlermeldungen und Computercrashs – mit erheblichen
wirtschaftlichen Folgen. Sorgen hatten 1999 auch viele
Gläubiger. Denn die neue Insolvenzordnung ermöglichte es jetzt erstmals überschuldeten Privatpersonen,
eine Restschuldbefreiung anzustreben. Hätten Gläubiger unter diesen Umständen dann überhaupt noch
Chancen, zu einer Befriedigung ihrer berechtigten Interessen zu gelangen? Schwierige Frage, und bis heute
heißt es in den meisten Fällen: Geht ein Schuldner in
ein Verbraucherinsolvenzverfahren, dann sieht ein
Gläubiger in aller Regel so gut wie nichts von seinen
Forderungen mehr wieder. Besser dagegen erging es
all denen, die am 1. Januar 2000 besorgt auf ihre Computer blickten – denn die funktionierten im neuen
Jahrtausend noch genauso gut wie am Tag zuvor.
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
2010
2012
2014
2016
KLARSTELLUNG ZU INKASSOKOSTEN
2013 kam es zu Neuformulierungen im Rechtsdienstleistungsgesetz. Diese regeln klar: Die Kosten für außergerichtliche Inkassodienstleistungen sind bis zur Höhe der einem Rechtsanwalt nach den Vorschriften des
Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zustehenden Vergütung erstattungsfähig. Außerdem müssen Inkassodienstleister von nun an klar definierte Darlegungsund Informationspflichten erfüllen.
Der Vorteil: Inkassounternehmer können sich bei der
Erstattungsfähigkeit von vorgerichtlichen Inkassokosten gegenüber Verbrauchern nun direkt auf ein Gesetz
beziehen.
Das neu formulierte Rechtsdienstleistungsgesetz ist
damit ein Fortschritt hin zu mehr Transparenz für Inkassounternehmen sowie für deren Auftraggeber und
die Verbraucher.
29
EUROPA
INTERESSENVERTRETUNG
Verantwortung
für Europa
Die Datenschutzgrundverordnung zeigt:
Immer mehr Entscheidungen, die die Arbeit
von Inkassounternehmen betreffen, werden
in Brüssel getroffen. Daher ist es für die
Branche unverzichtbar, auch auf dem
europäischen Parkett Flagge zu zeigen.
Der Dachverband FENCA bündelt die
Interessen des Forderungsmanagements
auf dem Kontinent.
Von Dr. Andreas Bücker,
Director European Affairs,
FENCA
30
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
EUROPA
uropa wächst zusammen. Sicher, momentan
sieht es nicht danach aus. In Zeiten, in denen die
Flüchtlingskrise die Regierungen unseres Kontinents in Atem hält und Schengen und seine
freien Grenzen infrage gestellt erscheinen, und durch
die Turbulenzen, durch welche die Wirtschaft Europas
insgesamt, seine Gemeinschaftswährung Euro und das
finanziell fast zusammengebrochene Griechenland
gehen, scheinen Gemeinschaftssinn und Miteinander
der Europäer fern. Von einem möglichen »Brexit« ganz
zu schweigen.
E
Doch dieser – sicher nicht falsche – Eindruck darf nicht
die Sicht auf eine andere Tatsache verstellen: Die Integration der Mitgliedstaaten der Europäischen Union
geht weiter voran, und die Erfolgsgeschichte dieser Institution, welche die historisch längste Periode von
wirtschaftlichem Wohlstand und Frieden auf unserem
Kontinent garantiert hat, wird weitergeschrieben werden.
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
EUROPA STEHT FÜR FORTSCHRITT
Trotz der aktuellen politischen Probleme arbeiten die
Europäische Kommission und das Europäische Parlament gemeinsam mit dem Europäischen Rat weiter an
den Rahmenbedingungen zur Modernisierung, Öffnung und Optimierung des zweitgrößten Binnenmarktes der Welt sowie der Sicherung der seit der Gründung
der Europäischen Gemeinschaft im Jahr 1957 erreichten sozialen Errungenschaften. Dafür stehen nicht zuletzt die aktuellen Flaggschiff-Initiativen der Entwicklung eines Digital Single Market oder der Errichtung
der Kapitalmarktunion.
Dazu kommt eine Großzahl an Gesetzen zu allen möglichen Bereichen und Wirtschaftszweigen aus Brüssel,
die als Verordnungen oder Richtlinien in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen umgesetzt und implementiert
werden müssen. Das betrifft selbstverständlich auch
und vor allem die Inkassowirtschaft in Deutschland
wie in den anderen Ländern der EU.
31
EUROPA
Der BDIU hat sehr früh erkannt, dass ein Engagement
auf europäischem Parkett nicht nur wünschenswert,
sondern absolut notwendig ist, damit die Interessen
des Forderungsmanagements in Deutschland, aber
nicht nur dort, entsprechend vertreten und berücksichtigt werden können. Als Konsequenz dieser Erkenntnis
wurde am 15. Januar 1993 mit der FENCA (Federation of
European National Collection Associations) ein europäischer Dachverband gegründet, wobei der BDIU zu
den Gründungsmitgliedern und Initiatoren der ersten
Stunde gehörte.
ENGAGEMENT FÜR DIE BELANGE
DER BRANCHE
Seither hat der BDIU weiter europäische Verantwortung übernommen und viel zur Arbeit und zum Erfolg
der FENCA beigetragen, die in der Zwischenzeit auf
21 Mitglieder angewachsen ist, von denen 17 die nationalen Inkassoverbände von EU-Staaten sind. BDIUVertreter haben viele Jahre lang in den Gremien der
FENCA gewirkt, vor allem im Board of Directors.
Die FENCA und ihre Mitgliedsverbände haben für die
Branche gemeinsam mit dem BDIU einige entscheidende europäische Projekte entwickelt und umgesetzt,
und das war auch der Kontext, in dem ich zum ersten
Mal mit dem BDIU und der FENCA zusammengearbeitet habe. So hat der BDIU eine von 2012 bis 2014 gemeinsam mit den FENCA-Mitgliedsverbänden CSA aus
dem Vereinigten Königreich, IVÖ aus Österreich und
PZW aus Polen gebildete und von der Europäischen
Kommission finanziell geförderte Partnerschaft geleitet. Deren Ziel war die Erstellung von Seminarkonzepten zum Datenschutz im Forderungsmanagement vor
dem Hintergrund der europäischen Datenschutzgrundverordnung. Ein Konzept, von dem der BDIU und seine
Mitglieder in den nächsten Monaten, wenn es um die
praktische Anwendung dieses Gesetzes in Deutschland geht, sehr profitieren werden.
HILFE BEI GRENZÜBERSCHREITENDEM
INKASSO
Im Jahr 2013 war der BDIU gemeinsam mit der FENCA
dann sogar Dienstleister der Europäischen Kommission. Nachdem sich der Verband erfolgreich auf eine
entsprechende Ausschreibung beworben hatte, haben
unter seiner Leitung ein Team aus BDIU-Mitarbeitern
und einer Handvoll weiterer Experten den »Praxisbezogenen Leitfaden zum grenzüberschreitenden Bonitäts- und Forderungsmanagement« entwickelt.
Ziel dieses Leitfadens, der in sämtlichen offiziellen
Sprachen der Europäischen Union erhältlich ist, ist es,
kleine und mittlere Unternehmen bei der Durchsetzung grenzüberschreitender Forderungen zu unterstützen. Die Kommission hat den Leitfaden vielfach
eingesetzt, nicht zuletzt bei einer Reihe von Veranstaltungen zur Unterstützung und Förderung von Inkassounternehmen in jedem einzelnen EU-Mitgliedstaat.
32
SYNERGIEN FÜR DIE AUSSENDARSTELLUNG
Doch es ist nicht allein die Gremien- und Projektarbeit,
über die sich der BDIU bei der FENCA engagiert. Ganz
im Gegenteil: Das Engagement hat sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren noch intensiviert. Zunächst
hat mit Andreas Aumüller ein langjähriges Mitglied des
BDIU-Präsidiums im September 2013 die Präsidentschaft der FENCA übernommen, nachdem der bereits
im FENCA-Board aktiv gewesen war.
Den größten und sicherlich einschneidendsten Schritt
hat der BDIU im Jahr 2014 unternommen. Um die wirtschaftliche und administrative Kraft der FENCA zu optimieren, hat der deutsche Inkassoverband sich großzügigerweise dazu bereit erklärt, die FENCA mit in die
eigenen Büroräume der Geschäftsstelle in der Friedrichstraße in Berlin aufzunehmen.
Die entstandenen Synergien sind leicht nachzuvollziehen: Neben der Professionalisierung der Außendarstellung der FENCA durch die Unterstützung der Kommunikationsabteilung des BDIU hat der Verband auch
mit dafür gesorgt, dass die FENCA mit Marisa Krischer
als europapolitischer Referentin auch personell bestens aufgestellt ist.
SICHTBAR AUF DEM BRÜSSELER PARKETT
Was das Brüsseler Parkett angeht, so habe ich das Glück
und Vergnügen, für die FENCA seit Oktober 2014 als
Lobbyist tätig zu sein und die politischen Interessen
der Inkassowirtschaft in Europa zu vertreten. Und auch
bei dieser Tätigkeit sind die enge Zusammenarbeit
mit und die Unterstützung durch den BDIU ein großes
Asset, nicht zuletzt die langjährige Erfahrung, die der
BDIU seinerseits hinsichtlich der Lobbyarbeit auf nationaler Ebene aufweisen kann.
Grundsätzlich gelten in Brüssel auch die gleichen Gesetze, was politische Kommunikation angeht, wie in
Berlin. Der Hauptunterschied: Man hat es potenziell
mit politischen Vertretern aus 28 Ländern zu tun und
spricht mit Repräsentanten anderer europäischer Dachverbände, die ebenfalls bis zu 28 nationale Mitglieder
vertreten. Ein Weiteres ist die schiere Zahl. Geht man
in Berlin von ungefähr 5.000 Interessenvertretern aus,
gibt es für Brüssel Annahmen in einer Größenordnung,
die von 15.000 bis hin zu 25.000 Lobbyisten reicht.
LOBBYARBEIT UND DER RUF,
DER IHR VORAUSEILT …
Hinzu kommt, dass EU-Lobbyisten weit stärker in ein
schlechtes Licht gestellt werden als diejenigen, die auf
nationaler Ebene tätig sind. Dieses Phänomen spiegelt
sich vielfach in nationalen Medien wider: Lobbyisten
im eigenen Land werden zwar kritisiert; denjenigen jedoch, die in Brüssel arbeiten, wird oftmals eine nahezu
unbegrenzte Einflussnahme auf die Gesetzgebung von
Europäischer Kommission und Europäischem Parlament nachgesagt.
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
EUROPA
Als anschauliches Beispiel mag dafür die kombinierte
und koordinierte Lobbyarbeit des BDIU und der FENCA
zur europäischen Datenschutzgrundverordnung dienen, die nach nahezu vierjährigen Verhandlungen am
15. Dezember 2015 beschlossen wurde.
Ohne an dieser Stelle in Einzelheiten gehen zu wollen,
hatten die verschiedenen Entwürfe der Verordnung,
wären sie so beschlossen worden, das Potenzial, die
Inkassowirtschaft und Auskunfteien in Europa sowie
deren zugrunde liegende Geschäftsmodelle stark zu
beeinträchtigen oder gar ganz unmöglich zu machen.
Die Voraussetzungen konnten nicht schlechter sein:
Denn wenn schon Lobbyisten generell einen schlechten Ruf in Brüssel genießen, kann man sich vorstellen,
welches Image Lobbyisten, die sich für Inkasso einsetzen, bei einem Gegenüber erzeugen – einem Sektor,
der auch europaweit per se nicht den besten Ruf hat.
INKASSO IST AUCH IN EUROPA
UNVERZICHTBAR
Dabei konnte die FENCA nun denselben Ansatz verfolgen, den auch der BDIU auf nationaler Ebene vertritt,
nämlich: Anstatt sich zu verstecken und eher entschuldigend über Inkasso zu sprechen, hat die FENCA den
wirtschaftlichen Beitrag des europäischen Forderungsmanagements in den Mittelpunkt gestellt und insbesondere die Nutzen der von den FENCA-Mitgliedern
angebotenen Dienstleistung in den Vordergrund gestellt.
In Gesprächen mit Vertretern der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments sowie mit
Vertretern anderer europäischer Dachverbände lag der
Fokus auf der Tatsache, dass die FENCA 75 Prozent aller Inkassounternehmen in Europa vertritt, was einem
Marktanteil von 80 Prozent in der Europäischen Union
entspricht.
Darüber hinaus beschäftigt der Sektor, dessen Dienstleistungen von 5 Millionen Kunden genutzt werden,
über 75.000 Mitarbeiter und führt EU-weit zwischen 45
und 55 Milliarden Euro an Außenständen wieder in den
Wirtschaftskreislauf ein, um die Liquidität vor allem
von Mikro-, kleinen und mittleren Unternehmen abzusichern.
Mit dieser proaktiven Strategie hatte es die FENCA erreicht, dass die Notwendigkeit der Dienstleistung Inkasso von vielen ihrer Gesprächspartner gesehen wurde
und das Argument, dass durch die neuen Datenschutzregelungen Inkasso als Geschäftsfeld nicht unmöglich
gemacht werden darf, verstanden wurde.
Ohne Probleme wurde die FENCA darüber hinaus als
Mitglied in die Industry Coalition for Data Protection
(ICDP) aufgenommen, eine der wirkungsstärksten Interessenallianzen in Brüssel bei der Lobbyarbeit zur
Datenschutzgrundverordnung.
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
ÜBERZEUGUNGSARBEIT NATIONAL
UND INTERNATIONAL
Flankiert wurde die Arbeit der FENCA durch Aktivitäten
ihrer nationalen Verbände, insbesondere des BDIU auf
deutscher Ebene durch erfolgreiche Kommunikation
gegenüber dem Bundesinnenministerium. Dabei waren Argumente und Vorgehen jeweils abgestimmt und
wechselseitig aufeinander bezogen.
Den Lohn dieser Zusammenarbeit konnten BDIU und
FENCA gemeinsam auf einer Veranstaltung im Oktober
in Straßburg ernten. In einem persönlichen Gespräch
mit Jan Philipp Albrecht, einem der Hauptakteure seitens des Europäischen Parlaments bei der Datenschutzgrundverordnung, wurde deutlich, dass die gemeinsam von beiden Verbänden vorgebrachten Argumente
gegen die ursprünglichen, potenziell gefährlichen Fassungen der Datenschutzgrundverordnung von Albrecht
verstanden und geteilt wurden.
Das Ergebnis ist bekannt: Die verabschiedete Fassung
des Gesetzes mag nicht perfekt sein, sie ist jedoch so
formuliert, dass der Forderungsmanagementsektor in
Deutschland wie in den anderen EU-28-Staaten gut
damit leben kann. Für den BDIU und die FENCA steht
nun an, die Transposition der Verordnung zu begleiten,
und auch diese Aufgabe wird gemeinsam gelingen.
Die Federation of European National Collection Associations wurde am 15. Januar 1993 als Non-ProfitDachorganisation nationaler Inkassoverbände gegründet. Der BDIU ist Gründungsmitglied. Die FENCA
beobachtet die europäischen Gesetzgebungsvorhaben und bewertet sie auf ihre Relevanz für die Inkassobranche. Sie formuliert Stellungnahmen zu inkassorelevanten Gesetzgebungsvorhaben und nimmt
an Anhörungen im Laufe des Gesetzgebungsprozesses teil. Als europäischer Dachverband der Inkassobranche unterstützt sie ihre nationalen Mitgliedsverbände in allen Fragen von europäischer Relevanz,
zum Beispiel bei der Auslegung und Anwendung von
EU-Richtlinien und EU-Verordnungen.
Seit 2014 unterstützt der BDIU die FENCA bei ihren
administrativen Aufgaben durch seine Geschäftsstelle in Berlin. Dazu gehört auch die Organisation
der Jahreskongresse des Europaverbandes. 2016 lädt
die FENCA zu ihrem Weltkongress in die deutsche
Hauptstadt. Die Veranstaltung, zu der 250 internationale Branchenexperten erwartet werden, findet vom
21. bis 24. September statt – anmelden kann man
sich schon jetzt über die Webseite des Europaverbandes, auf der auch weitere aktuelle Informationen
zum Kongress abrufbar sind:
www.fenca.eu
33
INTERVIEW
Inkasso in Emojis
ls Hauptgeschäftsführer des BDIU führen
Sie viele Gespräche im politischen Berlin,
sowohl mit anderen Verbänden als auch
mit Vertretern der Politik. Wie bereiten Sie
sich auf einen wichtigen Termin vor?
A
Wie entspannen Sie sich in der Freizeit?
Mit welchen Charaktereigenschaften würden Sie
sich selbst beschreiben?
Als Sie das erste Mal die Bezeichnung »Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken« gehört haben –
was ging Ihnen da durch den Kopf?
Sie sind Anwalt und haben lange Zeit als Pressesprecher eines Verbandes gearbeitet, waren sogar
im Präsidium des Bundesverbandes deutscher Pressesprecher. Kommunikation ist also ein wichtiges
Thema für Sie. Wie sollten Inkassounternehmen Ihrer Meinung nach kommunizieren, zum Beispiel mit
der Öffentlichkeit?
Wie würde eine Welt ohne Inkassounternehmen
aussehen?
Der BDIU wird 60. Was wünschen Sie dem Verband
zum Geburtstag?
Wie fanden Sie dieses Interview?
, nein, besser
, alles Quatsch, natürlich:
Und wie mit Schuldnern?
Inkassounternehmen werden manchmal von Verbraucherschützern kritisiert. Sie als Vertreter des
BDIU suchen den Dialog mit den Verbraucherzentralen und stellen sich der Kritik. Wie würden Sie
das aktuelle Verhältnis von Inkassoverband und
Verbraucherlobby beschreiben?
Mal , mal . Die Bandbreite geht (nach
meinem Eindruck auf beiden Seiten) von
über
bis hin zu
.
Sie sind verheiratet und haben zwei kleine Töchter.
Was denkt Ihre Familie über Ihren Beruf?
, manchmal sicher auch:
34
Bis zu seiner Berufung zum
Geschäftsführer des BDIU war
Rechtsanwalt Kay Uwe Berg
für den Deutschen Führungskräfteverband (ULA) tätig.
2014 ist er zum Hauptgeschäftsführer des
BDIU ernannt worden. Er ist Gründungsmitglied des Bundesverbands deutscher Pressesprecher (BdP) und war dort von 2006 bis
2013 Mitglied im Bundesvorstand. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der weiteren
Entwicklung seriöser Inkassostrukturen in
Deutschland, in Europa und über die internationale Organisation der FENCA (Federation of European National Collection Associations) auch in der ganzen Welt und dementsprechend in der Bekämpfung unseriöser
Inkassounternehmen. Er begleitet Gesetzgebungsvorhaben in Deutschland und Europa und steht der Politik als gefragter Ansprechpartner zur Verfügung.
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
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Wider eines paneuropäischen Code of Conduct und die
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Inkassowirtschaft || APRIL 2016
Berlin | 2016
35
REZENSION
TRICKREICH
Der Literat
als listiger Schuldner
Honoré de Balzac schrieb einst einen Ratgeber, wie Schuldner
ihre Gläubiger möglichst fantasievoll austricksen können –
was aber vielleicht doch nicht ganz so ernst gemeint war.
eit gut 150 Jahren gibt es Inkassounternehmen
in Deutschland. Doch schlaue Schuldner, die
mit cleveren Tricks versuchen, ihren Gläubigern
ein Schnippchen zu schlagen, gibt es schon viel
länger. Einer von ihnen, der daraus eine wahre Kunst
gemacht hat, war Honoré de Balzac. Der Literat und
Poet, Genussmensch und Lebemann führte ein schillerndes Leben in den gutbürgerlichen Pariser Salons
und Hinterzimmern des 19. Jahrhunderts, war bei
Männern und insbesondere bei Frauen mehr als beliebt und dennoch stets auf der Flucht vor seinen Gläubigern.
S
Das berühmt-berüchtigte Schuldengefängnis SaintePélagie in der Rue de la Clef in Paris schwebte zeit seines Lebens wie ein Damoklesschwert über ihm, die
Furcht vor seinen Gläubigern und noch mehr vor den
französischen Gerichtsvollziehern bestimmte sein Handeln und war ihm Antrieb und Drohung zugleich.
Balzacs »Handbuch des Handelsrechts« war denn auch
weniger Ratgeber als vielmehr Satire. Und natürlich
wusste er ziemlich genau, was er tat, als er in zehn
kompakt verfassten Lektionen »Die Kunst, seine Schulden zu zahlen und seine Gläubiger zu befriedigen,
ohne auch nur einen Sou selbst aus der Tasche zu nehmen«, aufschrieb.
EIN BRISANTES THEMA
Das Buch ist uns zufällig in die Hände gefallen – und
hat gleich für einige Aufregung gesorgt. Was, wenn es
von den falschen Leuten gelesen wird? Handelt es sich
hier möglicherweise um einen Frontalangriff auf unseren Berufsstand – verfasst von einem der größten Den-
36
ker französischer Sprache? Das galt es zu klären, und
so stürzten wir uns in fast schon balzacscher Betriebsamkeit in die Lektüre – und verfielen angesichts der
Brisanz des Themas einem ähnlich hohen Kaffeekonsum wie der geschätzte Literat. Balzac verfasste seine
Romane und Geschichten, deren vorab gezahlten Honorare er längst ausgegeben hatte, nämlich mit solcher Besessenheit, dass er, um sich von früh bis spät in
die Nacht wach halten und arbeiten zu können, angeblich 50 Espressi pro Tag trank.
Für den Umgang mit Gläubigern hat Balzac eine einfache Faustregel parat: Bring ihn dazu, dass er um
dein Wohlergehen »besorgt« ist. Schließlich will er dein
Geld. »Wenn Ihnen [dem Schuldner] vielleicht der Einfall kommen sollte, diese Leute [die Gläubiger] zu bezahlen, dann würden Sie dieses Interesse ganz und gar
vernichten.« Einem Gläubiger sein Geld zurückzahlen
hieße »den Handel töten«.
Es scheint nur folgerichtig, dass beispielsweise der
Schuldner im Restaurant, also der Zechpreller, moralisch gar nicht mal so verwerflich handelt, wie der naive
und zahlungswillige Durchschnittsbürger bisher annehmen musste. Immerhin lockt der Zechpreller durch
seinen Heißhunger und Appetit andere – zahlende –
Gäste an und steigert somit sogar noch den Umsatz
des Gastwirtes.
»MACHE GLÄUBIGER ZU FREUNDEN«
Zu gänzlich verantwortungslosem Umgang mit Schulden ruft Balzac keineswegs auf: Wer einigermaßen
Grundsätze habe, der müsse seine Schulden zahlen.
Aber eben nur auf die eine oder andere Art – mit Geld
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
REZENSION
oder ohne. Grundsätzlich rät der Autor den – sagen
wir – nonmonetären Ausweg aus der Schuld. Man solle
aus Gläubigern Freunde machen. Und zwar die Art von
Freunden, die den Schuldner wirklich lieben und die
zum Beweis dieser Liebe stets bereit sind, neue Kredite
oder zumindest Zahlungsaufschübe zu gewähren. Da
der enge Freund ohnehin nicht dazu tendiere, sich eine
Schuld verbriefen zu lassen – was der geübte Schuldner auch stets vermeiden sollte –, würden Zeit, Geduld
und Ausdauer auf der Schuldnerseite die Tilgung ganz
von allein übernehmen. Entweder durch des Schuldners liebstes Rechtsmittel – die Verjährung – oder aber
ganz trivial durch das Ableben einer der Vertragsparteien. Diese Praxis des Zeitschindens dürfte dem einen
oder anderen Leser durchaus bekannt vorkommen.
Das Buch
Honoré de Balzac
»Die Kunst, seine Schulden zu zahlen«
Gebundene Ausgabe
Verlag J. G. Hoof
3. Auflage 2012
ISBN 978-3-936345-05-6
Und gesetzt den Fall, der Gläubiger besteht partout auf
Zahlung, hat Balzac eine einfache Lösung in petto. Man
solle schlicht eine oder mehrere Schulden in eine oder
mehrere andere Schulden verwandeln.
Eben getreu dem Motto: »Je mehr Schulden man hat,
desto mehr Kredit hat man.« Diese letzte Art der Tilgung – Balzac nennt sie Schiebung – mag den aufmerksamen Beobachter an die jüngste Staatsschuldenkrise
in Europa erinnern. Vielleicht hat ja der eine oder andere Finanzminister Balzacs Ratgeber gelesen.
FAZIT
Berücksichtigt man die persönliche Lebenslage Balzacs
und versteht das Augenzwinkern, mit dem das Buch
geschrieben wurde, stellt es eine durchaus bereichernde Lektüre dar. Nicht nur für Gläubiger, Schuldner und
Inkassodienstleister.
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
37
INTERVIEW
OMBUDSMANN
Interessen ausgleichen
Beim Inkasso treffen die Interessen der Gläubiger und die
Interessen der säumigen Zahler aufeinander – und das
verursacht manchmal ernstere Konflikte. Peter Lüttringhaus,
Ombudsmann des BDIU, vermittelt unbürokratisch, damit beim
Forderungs management Streit nicht eskalier t.
38
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
INTERVIEW
»
Der Forderungseinzug ist hoch sensibel. Schon kleine Versehen
können große Folgen zeitigen:
Mit dem Ombudsmannverfahren
bietet der BDIU einen schnellen und
kostengünstigen Weg, aufgetretene
Misshelligkeiten zu beseitigen.
H
err Lüttringhaus, warum braucht der Inkassoverband einen Ombudsmann?
Die Einrichtung eines Beschwerdemanagements, wie
man den Ombudsmann auch neudeutsch bezeichnen
könnte, ist für einen Verband, dessen Mitglieder sich
im Bereich der Rechtsdienstleistung bewegen, von
fundamentaler Bedeutung.
Lassen Sie mich das an zwei kleinen Beispielen erläutern: Inkasso bedeutet Beitreibung fremder Forderungen bei Schuldnern, die diese Forderungen nicht bezahlt haben. Damit ist ein Konflikt vorprogrammiert:
Die meisten Schuldner sind der Meinung, dass sie gute
Gründe haben, die Forderung nicht auszugleichen. Sie
bezweifeln – vermeintlich zu Recht – Grund und Höhe
oder deren Fälligkeit. Sie sehen sich aufgrund ihrer beengten wirtschaftlichen Verhältnisse zur Zahlung außerstande und können oftmals geltend machen, dass
die Notlage sie, zum Beispiel wegen Krankheit oder Arbeitslosigkeit, unverschuldet getroffen hat.
Demgegenüber ist das Inkassounternehmen seinem
Mandanten gegenüber verpflichtet, alles Notwendige
zur Durchsetzung der Forderung zu unternehmen. Zudem kostet Inkasso als Rechtsdienstleistung Geld. Geld,
das der Schuldner ebenfalls entrichten soll und muss,
wenn er mit seiner Zahlung im Verzug war.
Es liegt also in der Natur dieses Interessengegensatzes,
dass es auf beiden Seiten zu Störungen in der Kommunikation kommen kann, die den Konflikt aus der Sach-
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
ebene hinausgleiten lassen und zu lösungsfeindlichen
Blockaden führen. Der Schuldner sieht vermeintliche
Geldschneider am Werk, die seine Not noch größer machen, und der Inkassounternehmer nimmt den Schuldner aufgrund dessen Verhaltens nunmehr als zahlungsunwillig (und nicht zahlungsunfähig) wahr.
Entweder reißt die Kommunikation nun ab, oder sie
wird von Schuldnerseite oftmals mit einer Verve geführt, die den Weg zu vernünftigen Lösungen verbaut.
Die Konsequenz aus dieser Blockade ist dann für den Inkassounternehmer die Einleitung des Mahnverfahrens,
das – und hier offenbart sich das ganze Dilemma – die
vom Schuldner zu tragende Last noch mehr erhöht.
Hier kann das vom BDIU eingerichtete Beschwerdemanagement in Gestalt des Ombudsmannes helfen,
die Situation zu deeskalieren, und den Konflikt wieder
auf eine lösungsorientierte Sachebene zurückführen.
Darüber hinaus darf nicht verkannt werden, dass überall, wo Menschen arbeiten, Fehler gemacht werden, also auch im Inkasso. Das können Missverständnisse aus
dem Verhältnis zum Mandanten sein, weil dieser zum
Beispiel eine Stundungsabrede mit dem Schuldner ungenau übermittelt hat, oder ein trotz aller Sorgfalt entstandenes Bearbeitungsversehen in der Sachbehandlung. Da es sich beim Forderungseinzug um einen hochsensiblen Bereich handelt, können hier kleine Versehen
große Folgen zeitigen: Der redliche Schuldner sieht
sich schlimmstenfalls in seiner Kreditwürdigkeit beeinträchtigt.
Bestehen dann unterschiedliche Auffassungen über die
Verantwortlichkeit, ist eine Klärung oftmals nur durch
eine kostspielige und zeitraubende gerichtliche Auseinandersetzung zu erreichen. Auch hier eröffnet der
BDIU mit dem Ombudsmannverfahren einen schnellen und kostengünstigen Weg, die aufgetretenen Misshelligkeiten zu beseitigen.
Im Sinne der Erhaltung einer funktionsfähigen Rechtspflege ist es also auf der einen Seite unbedingt erforderlich, dass ein Verband von Inkassounternehmen
aktiv ein justizressourcenschonendes Beschwerdemanagement vorhält. In Bezug auf das Ansehen und den
Gewinn des Vertrauens beim rechtssuchenden Publikum erweist sich der Ombudsmann auf der anderen
Seite als exzellentes Instrument zur Dokumentation
einer glaubhaften Konfliktlösungsbereitschaft von Inkassounternehmern.
Der Claim des BDIU lautet »Inkasso heißt Verantwortung«. Was sagt denn ein Ombudsmann dazu,
und was bedeutet Verantwortung aus Ihrer Sicht?
Dieses Leitziel ist meines Erachtens gut gewählt und
inhaltlich treffend. Inkasso berührt fundamentale Interessen des Schuldners. Es tangiert ihn nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern kann auch Auswirkungen
39
INTERVIEW
Peter Lüttringhaus ist
Vorsitzender Richter am
Oberlandesgericht Bremen
und schlichtet unter anderem
im Wege der gerichtlichen
Mediation. Bereits seit über
zwei Jahrzehnten sitzt er als
BDIU-Ombudsmann auch
der Schlichtungsstelle der
Inkassowirtschaft vor.
auf seine Bonität, seine Kreditwürdigkeit haben. Hier
ist verantwortungsvolles Handeln aufseiten des Inkassounternehmens gefragt, was bei der zu fordernden
Sorgfalt in der Sachbearbeitung beginnt und beim gewissenhaften Umgang mit den erhobenen Daten nicht
endet.
Ein Verband wie der BDIU, der den größten Teil der bundesdeutschen Inkassounternehmer vertritt, muss einerseits bei seinen Mitgliedern die Erkenntnis für dieses
verantwortungsvolle Handeln wachhalten und andererseits die Wahrnehmung der Verantwortung durch die
Mitglieder beobachten und gegebenenfalls regelnd
eingreifen.
Der BDIU trägt also mit an der Verantwortung seiner
Mitglieder, was den verantwortungsvollen Umgang
mit Schuldnern und natürlich auch mit den eigenen
Mandanten betrifft.
Dieser Verantwortung wird der Verband unter anderem schon dadurch gerecht, dass er eine führende Rolle bei der Ausbildung von Berufseinsteigern übernommen hat – Stichwort: Sachkundelehrgang –, dass er über
die Deutsche Inkasso Akademie stetig auf die Fort- und
Weiterbildung seiner Mitglieder hinwirkt, seinen Mitgliedern Wohlverhaltensmaßregeln auferlegt – Stichwort: Code of Conduct – und dass er mit dem sogenann-
40
ten Prüfungsausschuss einen Kontrollmechanismus
geschaffen hat, der ein etwaiges verantwortungsloses
Verhalten von Mitgliedern auch ahndet.
Gerade die erwähnten selbst auferlegten Verhaltensmaßstäbe sind die Orientierungsmarken, die die
Schlichtung von Konflikten durch den Ombudsmann
begleiten.
Was wünscht ein Ombudsmann dem Inkassoverband zu seinem 60. Geburtstag?
Ich wünsche dem Verband natürlich, dass er auch über
den Jahrestag hinaus wächst, blüht und gedeiht. Insbesondere wünsche ich mir, dass er den vor Jahren eingeschlagenen Weg der selbstkritischen Eigenbeobachtung fortsetzt und nicht beim erreichten Status quo
verharrt. Auch Inkasso nimmt an gesellschaftlichen
und technischen Veränderungen teil, und hier ist es
unbedingt notwendig, ständig zu prüfen, ob man in
der Wahrnehmung seiner eben beschriebenen Verantwortung noch den State of the Art gewährleistet.
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
INTERVIEW
ENGAGIERT
Inkasso als Seismograf
der Wirtschaft
Kommunikation zur Arbeit von Inkassounternehmen und
Professionalisierung in der Verbandsarbeit – das waren
zwei wichtige Themen für Wolfgang Spitz, der seit 2008
Präsident des BDIU ist. Im Inter view blickt der Jurist auf
drei Jahrzehnte Engagement für den BDIU zurück.
H
err Spitz, nach acht Jahren als Präsident
scheiden Sie im April 2016 aus Ihrem Amt
aus. Was waren die wichtigsten Themen,
die Sie in dieser Zeit vorangebracht haben?
Da fällt mir zunächst das Thema Öffentlichkeitsarbeit
ein. Inkassounternehmen haben bei vielen Journalisten nicht unbedingt den allerbesten Ruf. Gerechtfertigt
ist das nicht. Aber dass viele Journalisten viele Jahre
ein eher schlechtes Bild über unsere Branche hatten, lag
zu einem nicht unerheblichen Teil auch darin begründet, dass die Inkassowirtschaft zu wenig nach außen
gegangen ist. Wenn man über einen Beruf oder sogar
eine ganze Branche nichts Konkretes weiß, wenn man
keine Vorstellung davon hat, welche Personen, welche
Frauen und Männer in diesem Berufszweig aktiv sind,
dann bietet das eine Projektionsfläche, auf der sich Vorurteile ausbreiten und negative Voreinstellungen sogar
noch verstärken können.
Das lag sicherlich auch daran, dass einige Inkassounternehmen in der Vergangenheit nicht immer nur gute
Erfahrungen mit den Medien gemacht haben. Inkasso
ist oft erst dann ein Thema für Journalisten, wenn irgendetwas beim Einzug von Forderungen nicht regulär abläuft. Das kommt nicht besonders oft vor, wie
man an zwei Zahlen gut ablesen kann, die ich in diesem
Zusammenhang gerne nenne: Fast 20 Millionen außergerichtliche Mahnungen bearbeiten die Mitgliedsunternehmen des BDIU pro Jahr. In den letzten zwölf
Monaten sind aber nur rund 500 Beschwerden beim
BDIU über die Arbeitsweise unserer Mitglieder eingegangen. Das zeigt: In den meisten Fällen funktioniert
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
Inkasso völlig ohne Probleme. Aber wo Menschen arbeiten, da können eben auch Fehler passieren – wer
wollte das bestreiten? Und beim Inkasso, wo es um unbezahlte Rechnungen geht und damit oft auch private,
wirtschaftliche und sehr individuelle persönliche Schicksale eine Rolle spielen, können solche Fehler beim Forderungseinzug dann auch manchmal recht gravierende Folgen nach sich ziehen. Dessen sind wir uns bewusst, übrigens auch, indem wir unsere Mitarbeiter
gerade auch für solche Dinge sensibilisieren. Inkasso,
das ist ein Job, den man nur mit Empathie und Einfühlung in die Bedürfnisse und individuelle Situation des
jeweiligen Gegenübers erfolgreich erledigen kann.
Jedenfalls heißt das für das Bild der Branche in den Medien, dass viele Inkassounternehmen die Erfahrung gemacht haben, in Negativberichten vorzukommen. Und
einige haben dadurch den Eindruck gewonnen, dass
Journalisten ausschließlich negativ über Inkassounternehmen berichten wollen – woraus viele Branchenunternehmen und auch der Verband selbst lange Zeit die
Konsequenz gezogen haben, nur gelegentlich oder
sogar gar nicht mit den Medien zu reden.
Das war sicherlich falsch und hat eher dazu geführt, ein
bestehendes Negativbild noch zu verstärken.
Mir war es wichtig, den Dialog mit den Medien zu suchen. Damit sich die Öffentlichkeit selbst ein Bild davon machen kann, was Inkassounternehmen leisten
und welchen wichtigen Beitrag zum Funktionieren unserer Volkswirtschaft sie leisten. Die Pressekonferenzen, die wir zweimal pro Jahr geben, sind dafür ein sehr
41
INTERVIEW
wichtiges Instrument. Denn hier liefern wir Informationen, die die Öffentlichkeit und insbesondere auch
Wirtschaftsjournalisten brauchen, nämlich: Wie entwickelt sich die Zahlungsmoral im Land, und was sind
die Gründe, warum einige Verbraucher und einige Unternehmen ihre Rechnungen nicht wie vereinbart begleichen? Das sind Informationen, die in dieser Form
nur die Inkassounternehmen liefern können. Ich habe
dafür gerne das Bild eines Seismografen verwendet.
Inkassounternehmen bearbeiten Aufträge von über
500.000 Auftraggebern aller Branchen – vom Handwerk über den Handel bis hin zur Dienstleistungswirtschaft. Dabei führen sie pro Jahr gut 5 Milliarden Euro
dem Wirtschaftskreislauf wieder zurück. Erschütterungen beim Zahlungsverhalten bemerken sie sofort. Sie
sind damit also so etwas wie ein Seismograf der Wirtschaft. Und wenn dieser Seismograf ausschlägt, dann
sollten wir als Branchenverband BDIU eben auch die
Öffentlichkeit darüber informieren.
Welche Themen waren Ihnen in der Öffentlichkeitsarbeit wichtig?
Zum einen natürlich, ein realistisches Bild über die Tätigkeit und die Bedeutung von Inkassounternehmen
für die Wirtschaft zu vermitteln. Zum anderen aber
auch der Blick auf die Gesellschaft. Ein Beispiel dafür
ist das Thema Jugendverschuldung. Dass immer mehr
junge Menschen bereits Schulden haben, ist ein bedenkliches Signal für die Zukunft – vor allem, wenn
man die Gründe dafür beleuchtet. Oft liegt es nämlich
an mangelnder Bildung in einem gerade für den Alltag
sehr wichtigen Bereich: Ich meine die Finanzkompetenz. Dieses Thema hat insbesondere meine Kollegin
und Vizepräsidentin Marion Kremer aufgegriffen, mit
der ich die Pressekonferenzen ja auch immer gemeinsam durchgeführt habe. Mir war es darüber hinaus ein
Anliegen, auf die wachsende Verschuldung Älterer hinzuweisen. Hier deutet sich ein Problem an, das unsere
Gesellschaft in Zukunft noch sehr beschäftigen wird.
als Präsident war nicht die eines Vorturners, der alleine
sagt, wo es langgehen sollte. Den offenen Meinungsaustausch habe ich stets geschätzt. Die Mitglieder des
Präsidiums kommen ja aus unterschiedlichen Unternehmen. Am Markt sind wir Konkurrenten. Aber wenn
wir im Präsidium zusammenarbeiten, treten wir für eine gemeinsame Sache ein. Natürlich hat es oft Diskussionen gegeben und darunter gab es auch den einen
oder anderen harten Meinungsaustausch – das gehört
dazu. Am Ende aber haben wir immer zu einer gemeinsamen Position gefunden.
Diese Gemeinsamkeit hat den Boden für Erfolge in unserer politischen Arbeit gelegt. In der Zeit, in der ich mich
für den BDIU engagiert habe, hat es große Veränderungen für die Branche gegeben. Die Politik sieht uns
heute in einer gewachsenen Rolle. Waren wir zunächst
in den Augen vieler Politiker vor allem Gewerbebetriebe, die sich auf den Einzug von Forderungen spezialisiert
haben, sind wir heute laut Gesetz Rechtsdienstleister
und werden im Bereich des außergerichtlichen Forderungseinzugs sogar als gleichwertig zu den Rechtsanwälten gesehen. Das ist ein großer Erfolg! Dass wir uns
nicht auf diesen Erfolgen ausruhen dürfen, ist allerdings auch klar, und das haben nicht zuletzt die Diskussionen über das so unsäglich betitelte »Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken« gezeigt. Hier ist es
uns gelungen, mit Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier prominente Unterstützung zu erhalten. Als er 2014 auf unserer Jahreshauptversammlung sprach, war das für
mich ein ganz besonderer Moment: Ein ehemaliger
Präsident des Bundesverfassungsgerichts setzt sich für
die Belange von Inkassounternehmen ein; das war
schon so etwas wie ein Ritterschlag. Prof. Papier hat
dargelegt, warum Inkassounternehmen und Rechtsanwälte im Bereich des Forderungseinzugs gleichzusetzen sind – und dass es daher auch nur richtig
sein kann, wenn die gleiche Tätigkeit auch das Gleiche
kostet.
Wie war die Zusammenarbeit mit anderen Branchen?
Ein wichtiges Betätigungsfeld für jeden Branchenverband ist die politische Arbeit. Wie war das für
den BDIU? Sind Sie dabei immer auf offene Türen
und offene Ohren gestoßen?
Nicht immer, aber das hat sich über die Jahre meiner
Wahrnehmung nach erheblich gebessert. Die Politik ist
dialogbereit und will unsere Meinung zu bestimmten
Sachverhalten hören. Dahinzukommen, diese Anerkennung zu erhalten – das war eine harte und kontinuierliche Arbeit. Die im Übrigen eine Teamarbeit war – bestehend aus der Geschäftsführung, den Mitarbeitern
der Geschäftsstelle, den BDIU-Mitgliedern, die sich in
den Arbeitskreisen engagieren, sowie natürlich dem
Verbandspräsidium. In diesem obersten Gremium des
BDIU war es mir sehr wichtig, dass wir uns als Team verstehen und dass sich jedes Präsidiumsmitglied verantwortlich für sein jeweiliges Ressort sieht. Meine Rolle
42
Auch hier hat es ein Aufeinander-Zugehen gegeben.
Viele Branchen sind ja auf die Zusammenarbeit mit Inkassounternehmen angewiesen – und inzwischen sagen das auch viele Vertreter anderer Branchen öffentlich. Die Aktivitäten rund um das »GguG« waren dafür
ein schönes Beispiel. Hier hat uns die Vernetzung mit
anderen Interessenvertretern gegenseitig sehr genutzt. Ein wichtiger Schritt war dabei sicherlich auch
der Beitritt zum Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), der in meine Amtszeit
fiel.
Besonders hervorheben möchte ich auch den freundschaftlichen Dialog mit dem Deutschen Gerichtsvollzieher Bund. Insbesondere zu dessen Bundesvorsitzendem Walter Gietmann hat sich ein über die Jahre gewachsener vertrauensvoller Kontakt aufgebaut. Man
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
INTERVIEW
kann sich auch einfach mal anrufen und über eine
Sache miteinander unterhalten. Das schätze ich an
Gietmann sehr. Wir haben ja viele gemeinsame Themen; zum Beispiel konnten wir bei der Reform der
Sachaufklärung durch einen fairen Dialog viel erreichen. Jetzt gibt es einen praktischen Vordruck für einen
Zwangsvollstreckungsauftrag, den Inkassounternehmen nutzen können, ohne große Papiermengen mehr
bewältigen zu müssen.
Zu Beginn Ihrer Präsidentschaft haben Sie gesagt,
dass Sie Ihre Aufgabe darin sehen, den Verband
zukunftsorientiert weiterzuentwickeln. Ist das
gelungen?
Ich denke schon, dass das mir und dem Präsidium als
Team gelungen ist. Nehmen Sie die Professionalisierung der Geschäftsstelle, die unter Hauptgeschäftsführer Kay Uwe Berg heute erheblich mehr Aufgaben
schultert, als das noch vor acht Jahren der Fall war. Die
Geschäftsstelle ist deutlich aktiver in Sachen politischer Arbeit, aber auch in Sachen Öffentlichkeitsarbeit
und Marketing. Auch nach innen hat es eine weitere
Professionalisierung gegeben. Durch die Gründung
der Deutschen Inkasso Akademie ist die Aus- und Weiterbildung der Branche auf eine breitere und stabilere
Basis gestellt worden; die Sachkundelehrgänge, die
eine unverzichtbare Grundlage für die Registrierung
als Inkassodienstleister schaffen, erfreuen sich weiterhin eines großes Zuspruchs. Und mit der BDIU Card, die
im letzten Jahr eingeführt wurde, können die Mitglieder über das Berufliche hinaus auch einen zusätzlichen
Nutzen aus ihrer Mitgliedschaft bei uns ziehen.
Nimmt man Ihre Zeit im Rechtsausschuss, in den
Sie der BDIU 1986 berufen hat, und Ihre Zeit im
Präsidium, dem Sie seit 1992 als Mitglied und seit
2008 als Präsident angehören, zusammen, waren
Sie jetzt drei Jahrzehnte für den Verband aktiv. Woran werden Sie sich besonders gerne erinnern?
Das sind so viele Dinge, dass es den Platz für dieses Interview sprengen würde. Aber zwei Punkte möchte ich
besonders hervorheben. Das sind zum einen die Menschen, die ich darüber kennenlernen durfte. Es sind
viele interessante, auch menschlich gewinnbringende
Kontakte in all den Jahren entstanden, was mir eine
sehr große Freude und Ehre war. Stellvertretend für
viele möchte ich die Eheleute von Weizsäcker nennen.
Richard von Weizsäcker war Ehrengast unserer Jahreshauptversammlung im Jahr 2010, und er hat damals
eine sehr beeindruckende Rede über die Verantwortung von Inkassounternehmen auch für die Belange der
Zahlungspflichtigen gehalten. Dass wir heute unter dem
Sinnspruch »Inkasso heißt Verantwortung« 60 Jahre
BDIU feiern, ist sicherlich auch eine Folge dieser mahnenden Worte. Überhaupt schätze ich die Arbeit der
Stiftung seiner Ehefrau Marianne von Weizsäcker sehr,
sie leistet einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft.
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
Das Zweite, woran ich mich gerne erinnern werde, ist
das Thema Kommunikation, das ich ja bereits erwähnte. Ich fand es immer wichtig, offen und transparent
über die Arbeit unserer Branche zu reden. Wir müssen
uns wahrlich nicht verstecken. Insofern ist es für mich
ein schönes Signal, dass die Jahreshauptversammlung,
zu der ich aus dem Amt ausscheide, im Museum für
Kommunikation, im historischen Zeitungsviertel und
im Herzen der heutigen Bundeshauptstadt Berlin, stattfindet. Einen besseren Ort hätte ich mir nicht vorstellen
können.
43
FACTS & FIGURES
STATISTIK
Ein Wirtschaftszweig
in Zahlen
Ohne die Inkassounternehmen des BDIU würde es in der Wir tschaft
nicht rundlaufen. Die BDIU-Mitglieder helfen, dass Unternehmen das
Geld für eine erbrachte Leistung auch tatsächlich erhalten.
ZAHLUNGSMORAL-TRENDUMFRAGEN
Regelmäßig berichten die BDIU-Mitglieder, wie sich
das Zahlungsverhalten von Unternehmen und Verbrauchern entwickelt. Aktuell sieht es bei der Zahlungsmoral sogar ganz gut aus.
Die Präsidenten des BDIU
von 1956 bis 2016
1956–1967
1967–1969
1969–1970
1970–1973
1973–1974
1974–1986
1986–1990
1990 –1994
1994–2002
2002 –2003
2003–2004
2004–2008
2008–2016
Heinz Windmüller
Dr. Dr. Rolf Prenger
Kurt Schwinn
Bruno Hahn
Dr. Wolfgang Mosiek
Felix Faulstich
Kurt Weckert
Erich Muchow
Ulf Giebel
Dieter Plambeck
Hans-Joachim Leister
Stephan Jender
Wolfgang Spitz
Wie hat sich das
Zahlungsverhalten verändert?
Stand: Anfang 2016 (im Vergleich zu Mitte 2015)
29 %
gebessert
61 %
unverändert
10 %
verschlechtert
Die Mitgliederentwicklung von 1956 bis 2016
600
550
500
450
400
350
300
250
200
150
100
50
0
1956
44
1966
1976
1986
1996
2006
2016
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
FACTS & FIGURES
Inkasso ist erfolgreich:
80 % Erledigungen
3,4 Mio.
15,4 Mio. Erledigungen
Übergaben ins gerichtliche Verfahren
Gesamtanzahl der
außergerichtlichen
Mahnungen: 18,8 Mio.
(bezogen auf 2011)
Pro Jahr bearbeiten Inkassounternehmen 18,8 Millionen
außergerichtliche Mahnungen. In 80 Prozent aller Fälle
sorgen sie für eine Klärung – und verhindern so kostspielige und aufwendige gerichtliche Mahnverfahren.
Das entlastet Gläubiger und die Justiz gleichermaßen.
(Stand: 2012)
Quelle: BDIU-Studie »Der Inkassomarkt in Deutschland« von 2012
500.000 Auftraggeber
5 Milliarden Euro
Gut eine halbe Million Gläubiger aus allen Wirtschaftszweigen setzen auf die Zusammenarbeit
mit Inkassounternehmen. Durch das so zurückfließende Geld werden Unternehmen finanziell stabilisiert, Insolvenzen verhindert und Millionen von
Arbeitsplätzen gesichert.
So viel Geld führen die Inkassodienstleister durch
ihre Tätigkeit pro Jahr wieder in den Wirtschaftskreislauf zurück. Auf jeden Verbraucher umgerechnet sind das 125 Euro. Das ist Geld, das die
Gläubigerfirmen sonst über höhere Preise erwirtschaften müssten. Inkassounternehmen tragen
damit zu einer echten Entlastung aller Verbraucher bei.
Das sind die Auftraggeber
der Inkassounternehmen
(Mehrfachnennungen möglich)
1
Inkassowirtschaft || APRIL 2016
Versicherungen
19
Telekommunikation
22
Energie
27
Banken
28
Groß-/Außenhandel
45
Versandhandel
46
Einzelhandel
47
Gesundheitswesen
54
Handwerk
65
Sonstige1
68
z. B. öffentliche Hand, Wohnungswirtschaft, Fitnessbranche, Dienstleister, Freiberufler
45
STANDPUNKT
Verantwortung
heißt für mich …
Die führenden Ver treter der
deutschen Inkassowir tschaft nehmen Stellung.
Wolfgang Spitz,
Präsident des BDIU
»
Marion Kremer,
Vizepräsidentin des BDIU
»
Als Inkassounternehmen tragen wir nicht nur die Verantwortung für einen fairen Interessenausgleich zwischen den Belangen von Gläubigern und säumigen
Zahlern. Wenn wir unsere Arbeit gut erledigen, dann
tragen wir auch dazu bei, dass Firmen nicht insolvent
werden, dass gut finanzierte Unternehmen Jobs
sichern und neue schaffen können und dass die Preise
für alle stabil bleiben. Und darauf bin ich stolz.
Wer Verantwortung zeigt, der bedenkt bei all seinem
Handeln die Folgen für Menschen, Wirtschaft und
Umwelt.
Hans-Joachim Leister,
Vizepräsident des BDIU
Kirsten Pedd,
Mitglied im Präsidium des BDIU
»
»
Verantwortung bedeutet Fairness, Respekt und Wertschätzung gegenüber anderen – sowohl im Job als
auch im Privaten. Ich versuche dabei stets, andere
Menschen genauso zu behandeln, wie ich selbst behandelt werden möchte.
Verantwortung bedeutet für mich, dass man zu dem
steht, was man sagt, und sein Handeln – ob geschäftlich oder privat – so ausrichtet, dass man sich auch der
Konsequenzen seines Handelns bewusst ist.
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BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
STANDPUNKT
Andreas Aumüller,
Mitglied im Präsidium des BDIU
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Thomas Kohlmeier,
Mitglied im Präsidium des BDIU
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Unser verantwortungsvolles Handeln kann die wichtigste Grundlage für unser Tun entstehen lassen: das
Vertrauen unserer Kunden – Gläubiger und Schuldner
zugleich. Wir müssen es uns in der täglichen Arbeit verdienen, mit Gesetzestreue, Transparenz, Augenmaß, Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit. Inkasso ist Verantwortung.
Macht und Verantwortung sind untrennbar miteinander verbunden – dieses Zitat von Konrad Adenauer
bringt die Sache auf den Punkt. Auf die Inkassowirtschaft bezogen heißt das für mich: den möglichst kostenschonenden Ausgleich der Interessen zwischen
Gläubigern und Schuldnern in den Mittelpunkt zu stellen und auf eine faire und lösungsorientierte Kommunikation zu achten!
Anke Blietz,
Mitglied im Präsidium des BDIU
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Inkassowirtschaft || APRIL 2016
Axel Kulick,
Schatzmeister des BDIU
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Als Inkassounternehmen übernehmen wir Verantwortung in unterschiedlichsten Bereichen. Wir tragen Verantwortung für unsere Kollegen und unsere Aufgabe.
Dabei bauen wir auf Loyalität und Sachlichkeit. Flexibilität im Handeln und Denken und Zuverlässigkeit in
ihren Aussagen zeichnen unsere Mitarbeiter aus. Verantwortung gegenüber unseren Kunden zeigen wir durch
volle Leistungsbereitschaft und Unterstützung über
das übliche Maß hinaus. Nur so schafft man Vertrauen.
Und nur so ist erfolgreiches Wirtschaften möglich.
Verantwortung bedeutet für mich erstens: Entscheidungen zu treffen, diese umzusetzen und auch dazu
zu stehen. Zweitens: andere Meinungen zu akzeptieren, durchaus kontrovers zu diskutieren, um dann im
Interesse der Sache einen Konsens oder gegebenenfalls Kompromiss zu finden. Und drittens: auch im Privatleben zu seinem Beruf zu stehen.
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