Die Inkassowirtschaft

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Die Inkassowirtschaft
Die Inkassowirtschaft
Ausgabe 5 März 2013
DAS MAGAZIN DES BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e. V.
Die falsche Regulierung
»Gesetz gegen unseriöse
Geschäftspraktiken«
Branche will wirksameren
Schutz vor schwarzen Schafen
Gerichtskosten einziehen
Die Hessen kommen
Bundesland sucht Zusammenarbeit mit seriösen Inkassounternehmen
Tipps & Tricks
Die Geschichte von
Jane und Joe
BDIU erstellt
ForderungsmanagementLeitfaden für die EU
www.inkassowirtschaft.de
Inkasso || STANDPUNKT
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
und ewig grüßt »Moskau Inkasso«. Neulich
war es mal wieder so weit auf ProSieben
in der Sendung »Galileo«. In einer angeblichen »Reportage« wurde der Trupp um
Samy, Machete und Co. als Beispiel für die
Arbeit eines ganz normalen Inkassounternehmens herangezogen. Im Stile einer
schlecht verfilmten Agenten-Story machten sie Jagd auf vermeintliche Schuldner,
löcherten Nachbarn über den Verbleib der
angeblich Zahlungspflichtigen, plusterten sich mit Drohgebärden
auf und teilten mit, ihre »Forderungen« auf jeden Fall »vollstrecken«
zu wollen. Ein hanebüchener Blödsinn war das, der den Zuschauern
da aufgetischt wurde, aber der Beitrag zeigte zumindest eines: Wie
Inkasso wirklich funktioniert, scheint für viele nach wie vor ein
Buch mit sieben Siegeln zu sein.
INHALT
Inkasso || AKTUELLES
Kaum Hinweise auf unseriöse Inkassotätigkeit
BDIU tritt BGA bei
Reform der Sachaufklärung in Kraft
Inkasso || DE JURE
Schwarze Schafe müssen noch nicht einmal mit übertriebenen
Drohgebärden gegenüber Verbrauchern auftreten. Der fast schon
»typische« Fall ist das massenweise Mahnen juristisch nicht bestehender Forderungen. Hier muss dringend vonseiten des Gesetzgebers ein Riegel vorgeschoben werden.
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INKASSOREGULIERUNG MIT
FALSCHEN MITTELN
Branche will wirksameren Schutz vor
schwarzen Schafen
Inkasso || PRAXIS
Dabei sind solche Machenschaften ein gutes Beispiel für schwarze
Schafe, die dringend vom Markt genommen werden müssen.
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GERICHTSKOSTEN EINZIEHEN
Hessen will mit seriösen Inkassounternehmen
zusammenarbeiten – Ziel: Mehreinnahmen in
Millionenhöhe
Inkasso || EUROPÄISCH
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DIE GESCHICHTE VON JANE UND JOE
Die Bundesregierung versucht das mit dem »Gesetz gegen unseriöse
Geschäftspraktiken«. Doch helfen die Maßnahmen dieses Gesetzes
wirklich? Bei kritischer Prüfung des jüngsten Entwurfs stellt sich
schnell Ernüchterung ein.
BDIU erstellt für die EU einen Leitfaden für
grenzüberschreitendes Forderungsmanagement
Inkasso || PRAXIS
Der BDIU legt daher jetzt nach und fordert ein umfangreiches
Maßnahmenpaket für wirkungsvolleren Schutz vor schwarzen Inkasso-Schafen. Mehr dazu erfahren Sie ab Seite 4 in diesem Heft.
NETT, KOOPERATIV UND VERBINDLICH
Ich wünsche Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre
Impressum
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Erfolgreich mit telefonischem Inkasso
Herausgeber Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e. V. ||
Ihr
Friedrichstraße 50-55 || 10117 Berlin || Telefon 030/206 07 36-0 ||
bdiu@inkasso.de || www.inkasso.de Registergericht Amtsgericht
Charlottenburg VR 28841 B V.i.S.d.P. Kay Uwe Berg
Kay Uwe Berg
Redaktion Marco Weber, Kay Uwe Berg Konzept + Gestaltung
Geschäftsführer Bundesverband
Deutscher Inkasso-Unternehmen
Nolte | Kommunikation Bildnachweis BDIU; Christian Ohde;
fotolia.de; iStockphoto.com; shutterstock.com
Deutsche
Inkasso Akademie
Die Weiterbildungsinstitution
der Inkassowirtschaft
www.inkassoakademie.de
Inkasso || AKTUELLES
Inkasso in Kürze
Kaum Hinweise auf
unseriöse Inkassotätigkeit
Die Bundesregierung hat keine Hinweise auf zunehmende unseriöse Inkassotätigkeit in Deutschland seit Inkrafttreten des
Rechtsdienstleistungsgesetzes im Jahr 2008. Das geht aus ihrer Antwort von Anfang Januar auf eine kleine Anfrage von
Bundestagsabgeordneten der Linksfraktion hervor (Bundestags-Drucksache 17/12018).
Nach Informationen der Landesjustizverwaltungen hat es demnach in den letzten Jahren keinen signifikanten Anstieg von
Verbraucherbeschwerden über Inkassounternehmen bei den
zuständigen Behörden gegeben. Das Gegenteil scheint der
Fall zu sein. Die hessische Justizverwaltung zum Beispiel erklärt, dass »bei 98 Prozent der Unternehmen … von einer
weitgehend beanstandungsfreien Arbeitsweise ausgegangenen
werden« könne. Ähnliche Erkenntnisse melden die Verwaltungen der anderen 15 Bundesländer.
BDIU tritt BGA bei
Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
(BDIU) ist neues Mitglied des Bundesverbandes Großhandel,
Außenhandel, Dienstleistungen e.V. (BGA). Der BGA steht als
Spitzenorganisation des Großhandels, des Außenhandels und
der unternehmensnahen Dienstleistungen für 1,1 Millionen
Beschäftigte in Deutschland, die insgesamt einen Jahresumsatz
von 1,5 Billionen Euro erwirtschaften.
»Wir freuen uns sehr, dass jetzt auch die Inkassowirtschaft
durch den BGA mitrepräsentiert wird«, erklärt Wolfgang
Spitz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher InkassoUnternehmen. »Die Arbeit von Inkassounternehmen ist unverzichtbar für die Wirtschaft, für die Justiz und für die Ver-
Reform der Sachaufklärung in Kraft
Seit 1. Januar gilt die sogenannte Reform der Sachaufklärung, mit der
Gerichtsvollziehern nun erweiter te Recherchemöglichkeiten zur
Vermögenssituation von Schuldnern zur Verfügung stehen. Gläubigern
sollen die neuen Regelungen mehr Zugriffsmöglichkeiten für ihre berechtigten Forderungen verschaffen. In der
nächsten Ausgabe der
»Inkassowirtschaft«
werden wir Sie über
erste Erfahrungen mit
der Reform sowohl
aus Sicht der Gläubigervertreter als auch
aus Sicht der Gerichtsvollzieher informieren.
braucher. Pro Jahr führen unsere Mitgliedsunternehmen rund
5 Milliarden Euro dem Wirtschaftskreislauf zu. Sie sichern die
Liquidität von Auftraggebern im Handel, im Handwerk und
in der Dienstleistungsbranche und leisten einen wichtigen
Beitrag zum Erhalt von Arbeitsplätzen und für das
Wirtschaftswachstum.«
Das Präsidium des BGA hat zudem BDIU-Präsident
Spitz per einstimmigen Beschluss in dieses höchste
Gremium des Spitzenverbandes kooptiert. Für den
BDIU wird Spitz hier gemeinsam mit weiteren wichtigen Vertretern der Wirtschaft sowohl wirtschafts-,
sozial- als auch finanzpolitische Fragen aus Sicht von
Politik und Unternehmern diskutieren und sich am
Entwurf der Leitlinien für das breite Engagement des
BGA beteiligen.
Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel,
Dienstleistungen kämpft für die Interessen des Mittelstands. Als Spitzenverband der deutschen Wirtschaft bündelt er die Kräfte von 120.000 Unternehmen in Deutschland, die alleine auf sich gestellt nicht
die Ressourcen hätten, um ihre Interessen in Berlin
und Brüssel zu Gehör zu bringen.
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Inkasso || DE JURE
GESETZ GEGEN UNSERIÖSE GESCHÄFTSPRAKTIKEN
Branche will wirksameren
Schutz vor schwarzen Schafen
SCHWARZE SCHAFE IN DER INKASSOBRANCHE SIND FÜR DIE ÜBERWÄLTIGENDE MEHRHEIT DER SERIÖS
ARBEITENDEN INKASSOUNTERNEHMEN SCHON SEIT JAHREN EIN ÄRGERNIS. ANHALTENDE MEDIEN BERICHTE ÜBER ABZOCKER UND DAS EINZIEHEN NICHT EXISTIERENDER FORDERUNGEN SCHADEN DEM
RUF DER GANZEN BRANCHE. JETZT WILL DIE BUNDESREGIERUNG GESETZLICH HANDELN. DAS »GESETZ
GEGEN UNSERIÖSE GESCHÄFTSPRAKTIKEN« SOLL DIE TÄTIGKEIT VON INKASSOUNTERNEHMEN STÄRKER
REGULIEREN.
sen oder zumindest der Gefahr solcher Verluste ausgesetzt
sind. Der BDIU ist daher nach wie vor zu einem umfassenden Dialog darüber bereit, wie unseriöse Praktiken im Bereich des Inkassowesens eingedämmt oder – besser noch –
beseitigt werden können, ohne dabei die berechtigten Belange seriöser Gewerbetreibender, aber auch die Interessen
von rund einer halben Million Auftraggeber aus allen wichtigen Wirtschaftsbereichen auf Gläubigerseite zu beeinträchtigen. Dem BDIU ist bewusst, dass eine solche Lösung
Kompromissbereitschaft auf allen Seiten, also auch aufseiten der Inkassowirtschaft erfordert. Dazu macht der BDIU
in seiner Stellungnahme zahlreiche konkrete Vorschläge.
Aus Sicht des BDIU ist es nur zu begrüßen, dass die Bundesregierung nun wirkungsvoll gegen Abzocker und unseriöse Geschäftemacher vorgehen will. Das machte der
Branchenverband dem Bundesjustizministerium (BMJ)
zuletzt Anfang März in einer umfangreichen Stellungnahme deutlich. Für Verbraucherinnen und Verbraucher, aber
auch für Unternehmen, könne so mehr Rechtssicherheit
bei der Zusammenarbeit mit seriösen Inkassodienstleistern
geschaffen werden. Schon seit Jahren fordert der BDIU
deshalb eine wirkungsvollere Aufsicht der Branche. Dafür
ist es aus Sicht des Branchenverbands unbedingt erforderlich, die zersplitterten Strukturen in der Aufsichtslandschaft
zu vereinfachen und die Möglichkeiten der Behörden zu
einer anlassbezogenen Aufsicht zu verbessern.
Wie groß ist das Problem wirklich?
Auch teilt der BDIU die Feststellung der Bundesregierung,
dass die von unseriösem Inkasso betroffenen Bürgerinnen
und Bürger erhebliche finanzielle Verluste hinnehmen müs-
In der Begründung für den vorliegenden Gesetzentwurf wird
mehrfach auf das Ergebnis einer nicht repräsentativen Erhebung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e. V.
(vzbv) und der Verbraucherzentralen der Länder verwie-
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
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Inkasso || DE JURE
sen, die am 1. Dezember 2011 vorgestellt wurde. In dieser
wurden fast 4.000 Beschwerden von Verbrauchern ausgewertet. Die Erhebung und deren Auswertung sind bereits
nach eigenem Bekunden des vzbv weder wissenschaftlich
noch repräsentativ. Der Inkasso-Erfassungsbogen des vzbv
beruhte allein auf einer Selbsteinschätzung der Verbraucher. Fast die Hälfte aller in der Studie ausgewerteten Verbraucherbeschwerden bezog sich zudem auf ein einziges
Unternehmen: die DOZ Deutsche Zentral Inkasso GmbH
in Berlin. Die Vorgänge um den Widerruf der Registrierung
der »Deutschen Zentral Inkasso« haben die vom BDIU
bemängelten Defizite des aktuellen Aufsichtsregimes in
besonders krasser Form aufgezeigt.
Im Jahr 2011 gingen beim BDIU, der 90 Prozent des Marktes vertritt, 265 Beschwerden über die dem Verband angeschlossenen Mitgliedsunternehmen ein. Im Verhältnis zu den
18,8 Millionen jährlich bearbeiteten außergerichtlichen
Mahnungen monierten mithin nur in 0,0014 Prozent der
Fälle Betroffene die Inkassotätigkeit der Mitgliedsunternehmen, wobei sich ein Großteil der Beschwerden als unbegründet herausgestellt hat.
Ursache: Abofallen und Abzockerseiten
Innerhalb von drei Monaten im Jahr 2011 hat der vzbv
4.091 Verbraucherbeschwerden gesammelt, von denen
3.671 auswertbar waren.
Zu berücksichtigen ist ferner, dass insbesondere das seit dem
1. August 2012 geltende »Buttonlösungsgesetz« dazu beigetragen hat, unseriöses Inkasso zu unterbinden. Aus einer
Pressemitteilung des vzbv vom 28. August 2012 geht hervor, dass über 90 Prozent der dem vzbv zuvor bekannten
Kostenfallen nicht mehr im Internet erreichbar oder eine
Anmeldung dort nicht mehr möglich war.
Die Zahlen der vzbv-Auswertung müssen in Relation zu
den 18,8 Millionen außergerichtlichen Mahnungen gesetzt
werden, die Inkassounternehmen jährlich bearbeiten.
Diese Zahl bezieht sich selbstverständlich ausschließlich
auf die seriösen Mandate, sodass die Anzahl der Mahnschreiben um die der vom BDIU ebenfalls als unseriös einzustufenden Inkassounternehmen zu erhöhen wäre.
Aus Sicht des BDIU sollte vor weiteren Gesetzesinitiativen
zunächst eine belastbare Evaluierung der Situation erfolgen,
an der es – so wie es die Antwort der Bundesregierung auf
die kleine Anfrage der Fraktion Die Linke »Maßnahmen
gegen unseriöses Inkasso zulasten der Verbraucherinnen
und Verbraucher« (BT-Drucksache 17/12018) vom 4. Januar
2013 erkennen lässt – bislang fehlt.
Das bedeutet, selbst wenn man alle – teils nicht auswertbaren – eingegangenen Beschwerden berücksichtigt und
in Relation zu den lediglich seriösen Mahnschreiben setzt,
in weniger als 0,022 Prozent der Inkassofälle überhaupt
eine Beschwerde erhoben wurde.
Darlegungs- und Informationspflichten
1.459 Beschwerden, mithin fast die Hälfte aller Beschwerden, gingen zudem allein über das erwähnte Unternehmen
»DOZ Deutsche Zentral Inkasso GmbH« ein – die übrigens mittlerweile nicht mehr im Rechtsdienstleistungsregister eingetragen ist und unter dem Namen »Praeda Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH« firmiert (Praeda =
lat. für Beute).
Auf das einzige im BDIU organisierte Unternehmen in der
»Top-10-Liste« entfielen 125 Beschwerden. Dies entspricht
einem Prozentanteil der von den Inkassounternehmen bearbeiteten außergerichtlichen Mahnungen von 0,00066
Prozent.
Ursache für die Beschwerden über das erwähnte BDIUMitgliedsunternehmen waren Mahnungen für einen einzigen Auftraggeber. Das Mitgliedsunternehmen hat sofort,
nachdem es die Anzeichen für die mangelnde Seriosität
dieses Auftraggebers feststellen konnte, das Mandat fristlos
gekündigt. Es hat sich ebenfalls sofort bei allen Verbrauchern, die zuvor im Auftrag dieses Mandanten angeschrieben worden waren, schriftlich entschuldigt. Nicht nur
beim vzbv, auch beim BDIU sind zahlreiche Beschwerden
zu diesem Inkassomandat eingegangen. Der BDIU hat daraufhin unverzüglich die Verbandsgremien eingeschaltet
und auf das Mitglied eingewirkt. Seither hat der BDIU
keine weitere Beschwerde mehr über das Unternehmen
verzeichnen können.
Erweiterte Darlegungs- und Informationspflichten, wie sie
der Gesetzentwurf vorsieht, sind dann zu begrüßen, wenn
sie tatsächlich für mehr Transparenz sorgen. Wenn jedoch
überschießende, nicht praktikable Informationspflichten
gefordert werden, die weder von den Gläubigern, also den
Auftraggebern aus allen Teilen der Wirtschaft, noch den Inkassounternehmen erfüllt werden können, ist dies höchst
problematisch. Das gilt insbesondere dann, wenn neue
Informationspflichten nicht dazu geeignet sind, den Verbraucher vor der Geltendmachung unberechtigter Forderungen zu schützen.
Für seriöse Inkassounternehmen ist es selbstverständlich,
dem Schuldner die Grundlagen der gegen ihn geltend gemachten Forderungen schon mit dem ersten Schreiben
mitzuteilen. Denn Aufgabe seriösen Inkassos ist gerade auch
die Mediation mit dem Ziel des Erhalts der geschäftlichen
Beziehung zwischen Gläubiger und Schuldner. Außerdem
gilt schon im Eigeninteresse des seriösen Inkassounternehmens: Unklare Angaben im (ersten) Mahnschreiben
verärgern und verwirren die Schuldner, führen zu einer
Vielzahl überflüssiger Rückfragen und damit zu einem erheblich höheren, vermeidbaren Arbeitsaufwand.
Die geforderten erweiterten Informationspflichten würden
Auftraggeber und Inkassounternehmen dazu verpflichten,
in erheblichem Umfang erweiterte Datensätze vorzuhalten, also eine Art Vorratsdatenspeicherung vorzunehmen.
Auch wenn zum Beispiel die »wesentlichen Umstände des
Vertragsschlusses« nur auf Anfrage mitzuteilen wären, wären aufseiten der Wirtschaft aufwendige Umstellungen der
Prozesse (und zwar in ausnahmslos allen Inkassofällen)
notwendig, damit solche nachträglichen Anfragen der Be-
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Inkasso || DE JURE
troffenen beantwortet werden könnten. Die Gläubiger müssten (für alle Vertragsbeziehungen, das heißt in 100 Prozent
aller Fälle) Daten hinterlegen, um – im ausgesprochen seltenen Fall der Übergabe einer Forderung an ein Inkassounternehmern und dem noch selteneren Fall einer Nachfrage
des Schuldners – dem Inkassounternehmen die notwendigen Informationen übermitteln zu können. Dem Gebot
der Datensparsamkeit liefe dies diametral zuwider.
Betreiber von »Abofallen« dagegen würden die erweiterten Informations- und Darlegungspflichten nicht darin behindern, bei Verbrauchern vermeintliche Forderungen einzuziehen. Sie werden die Informationspflichten dadurch
»erfüllen«, dass sie neben »Fantasieforderungen« auch
»Fantasieinformationen« angeben. Es besteht deshalb die
Gefahr, dass unseriös arbeitende Inkassounternehmen den
gesetzlichen Vorgaben gern nachkommen werden, um
sich so den Anschein von Seriosität zu geben. Die beabsichtigte Wirkung der vorgesehenen Informationspflichten
würde jedoch komplett verfehlt.
Höhere Bußgelder, bessere Aufsicht
Die Erweiterung der Bußgeldtatbestände und die Verzehnfachung des Höchstbetrages einer Geldbuße auf bis zu
50.000 Euro wiederum sind an sich zu begrüßen. Diese
Maßnahmen reichen allerdings nicht aus.
Es liegt nicht nur im Interesse der Verbraucher, sondern
auch aller seriösen Inkassounternehmen, wenn die Registrierungs- beziehungsweise Aufsichtsbehörden anders als
derzeit ein Eingriffsinstrumentarium und auch eine personelle Ausstattung erhielten, die sie in die Lage versetzen,
Auswüchse wirksam zu bekämpfen und schwarze Schafe
aus dem Verkehr zu ziehen.
Dafür müsste die bis zum Jahr 2007 gesetzlich geregelte
Aufsicht über Rechtsdienstleister wieder eingeführt und
anlassbezogen durchgeführt werden. Das BMJ und alle anderen Akteure konstatieren, dass es aktuell ein drastisches
Aufsichtsdefizit gegenüber Inkassounternehmen gibt. Dieser Befund ist aus Sicht des BDIU völlig zutreffend.
Der BDIU schlägt in diesem Zusammenhang vor:
die Wiedereinführung eines abgestuften Sanktionskatalogs ähnlich wie im Rechtsberatungsgesetz,
Berufspflichten in Analogie zur Berufsordnung für Rechtsanwälte oder direkt in einer neuen Berufsordnung für
Rechtsdienstleister (BOReD),
Fachaufsicht durch Landesämter für Rechtsdienstleistungsaufsicht (LAReD) oder ein Bundesamt für Rechtsdienstleistungsaufsicht (BAReD),
oder: Konzentration der Aufsicht beim Bundesjustizamt,
oder: Konzentration auf ein Gericht pro Bundesland mit
institutionalisiertem Informationsaustausch zwischen
den Bundesländern.
Der BDIU ist überzeugt: Ohne die Rückkehr zu einem gestuften Sanktionssystem im Rechtsdienstleistungsgesetz
(RDG) bleiben die Registrierungsbehörden weiterhin die
»zahnlosen Tiger«, die sie seit Einführung des RDG sind.
Bislang sind weder die Erteilung von Auflagen, Rügen
oder Weisungen, noch die Androhung des Widerrufs der
Registrierung explizit geregelt. Das muss sich ändern.
Es bedarf zudem der Einführung konkreter Berufspflichten
für Inkassodienstleister. Sie geben den Registrierungs- beziehungsweise Aufsichtsbehörden einen Maßstab, der bei
der Prüfung zu berücksichtigen ist, ob Sanktionen verhängt
werden sollen.
Die derzeit zersplitterte Aufsichtslandschaft muss dringend
neu geordnet und vor allem zentralisiert werden, damit sie
effektiver wird. Eine Beteiligung der Bundesländer, sofern
sie weiterhin für die Registrierung und/oder Aufsicht über
Inkassounternehmen zuständig sein sollen, sieht der BDIU
dabei als unerlässlich an.
Pauschale Gebührensätze
nutzen niemandem
Die geplanten streitwertunabhängigen pauschalen Gebührensätze für die Tätigkeit von Inkassounternehmen, die
durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrats erlassen werden sollen, wären verfassungswidrig. Wertunabhängige Vergütungsregeln sind systemwidrig, weil sie
sich nicht nach den Kriterien Leistung, Verantwortung und
Haftung richten, sodass ein wertabhängiges Vergütungssystem unumgänglich ist. Die geforderte Verordnungsermächtigung zugunsten des BMJ wäre vor dem Hintergrund
der Umgehung des Bundestags, aber auch des Bundesrats
höchst bedenklich.
Schwarze Schafe würden mit einer Kostendeckelung für
Inkassounternehmen nicht getroffen, während die geplanten Regelungen eine Vielzahl seriöser Inkassounternehmen,
insbesondere die kleinen Unternehmen, existenziell bedrohten.
Daneben wären Gläubiger und damit große Teile der
Wirtschaft die Benachteiligten, nicht zuletzt aber auch alle
Verbraucher, auf die steigende Preise umgelegt würden.
Zudem würde die erhebliche justizentlastende Wirkung der
Tätigkeit der Inkassounternehmen zum größten Teil wieder aufgehoben. Die Ziviljustiz könnte kollabieren, wenn
sich die heutige Zahl von rund 9 Millionen Mahnbescheidsverfahren pro Jahr um mehrere Millionen erhöhte, verdoppelte oder gar verdreifachte.
Problematisch sind auch die vom BMJ beabsichtigten Abgrenzungen durch niedrigere Pauschalvergütungen bei
»Mengeninkasso« (mehr als 100 gleichartige Forderungen)
und bei Hauptforderungen von weniger als 50 Euro. Diese
Grenzziehung ist willkürlich, intransparent und rechtsunsicher. Es sind enorme Abgrenzungsschwierigkeiten zu erwarten, zum Beispiel B2C versus B2B, Mengeninkasso
versus Einzelinkasso, Kleinforderungen versus größere
Forderungen. Ausweichbewegungen sind möglich und
sehr wahrscheinlich. Inkassounternehmen wäre es beispielsweise eröffnet, 99 gleichartige Forderungen zur Einziehung anzunehmen und entsprechend der Gesetzes-
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
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Inkasso || DE JURE
definition kein »Mengeninkasso« zu betreiben. Die Grenzziehung bei 100 Fällen »gleichartiger Forderungen« ist auch
für den Schuldner schlicht und ergreifend nicht erkennbar.
Er kann nicht nachvollziehen, ob die vom Inkassounternehmen verlangten Gebühren über dem liegen, was in dem
konkreten Fall zulässig ist.
Zudem bietet der Gesetzentwurf ein Schlupfloch für Anwälte, sich dieser Regelung nicht zu unterwerfen. Laut dem
Gesetzentwurf muss anwaltliches Inkasso nur dann nach
der oben genannten Gebührenverordnung bepreist werden,
wenn das Vertragsverhältnis mit dem Auftraggeber ausdrücklich als »Inkassomandat« bezeichnet wird.
Die derzeit üblichen Inkassokosten sind nicht überhöht.
Entscheidet sich ein Gläubiger anstelle der Einschaltung
eines Inkassounternehmens für eine rein gerichtliche Forderungsbeitreibung (Titulierung, Zwangsvollstreckung),
entstehen gerade bei niedrigen Gegenstandswerten staatlich induzierte Kosten, die zum Teil deutlich über denen
des außergerichtlichen Inkassos liegen.
Ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf für Pauschalgebühren ist auch deswegen nicht gegeben, weil schon im
bestehenden System die Obergrenze der Erstattungsfähigkeit klar definiert ist. Die Vergütungsregelungen entsprechen einer seit Jahrzehnten bis hin zum Bundesverfassungsgericht gefestigten Rechtsprechung (BVerfGE 1 BvR
1012/11), wonach Inkassokosten grundsätzlich als Verzugsschaden geltend gemacht werden. Berechnet wird die
Vergütung dem Betrag entsprechend, der den vergleichbaren Anwaltsgebühren nach RVG entspricht.
»Inkasso-Regelsätze« sind zudem ungeeignet im Kampf
gegen unseriöses Inkasso. Kriminelle Akteure richten ihr
Verhalten nicht nach Recht und Gesetz aus. Die unseriösen Inkassounternehmen werden sich auch durch entsprechende gesetzliche Regelungen nicht davon abhalten lassen, dubiose Forderungen geltend zu machen und den
Schuldnern überhöhte Kosten aufzubürden. Es stünde zu
befürchten, dass schwarze Schafe aufgrund von Mindereinnahmen dazu verleitet würden, ihre unseriösen Aktivitäten auszuweiten, um höhere Einnahmen zu erzielen. Das
wäre das Gegenteil dessen, was das Gesetz zu erreichen
versucht.
tungsrisiko. Diese Systematik ist allen beteiligten Verkehrskreisen – den Verbraucherschützern und Schuldnerberatern ebenso wie der Justiz – vertraut.
Erhöhung der Transparenz durch klare und zwingende
Anforderungen an die Terminologie in Inkassorechnungen.
Verstoß gegen zwingende Terminologie wird bußgeldund sanktionsbewehrt.
Ziel ist es, unseriöse »Geschäftemacher« durch diese klaren Regelungen abzuschrecken. Außerdem kann durch die
gesetzlich manifestierte Anlehnung an die Regelungen des
RVG eine Verringerung der Inkassokosten herbeigeführt
werden. Die Branche ist gewillt, eine gesetzliche Manifestierung der Gebühren zu erreichen, und der BDIU ist bereit, an einer konstruktiven Lösung für alle Beteiligten mitzuwirken.
Unabhängige Schiedskommission
Der BDIU regt die Schaffung einer unabhängigen »Schiedskommission Inkassovergütung« an. Sie entscheidet in Streitfällen, die auch durch das Einschalten des BDIU, der
Schuldnerberater oder der Verbraucherzentralen nicht gütlich gelöst werden können.
Die Schiedskommission könnte aus fünf bis sieben Mitgliedern bestehen:
Vorsitz: Richter
Jeweils ein Vertreter des BMJ und des Verbraucherschutzministeriums (optional)
Ein Vertreter
der Wissenschaft
Ein Vertreter des vzbv
Ein Vertreter der
Gläubiger-/
Auftraggeberseite
Die Mitglieder des BDIU
und damit 60 bis 70 Prozent der aktiven Inkassounternehmen, die über 90 Prozent des
Marktes repräsentieren, würden sich mit
ihrer Verbandsmitgliedschaft automatisch
dem Schiedsspruch der Kommission unterwerfen.
Für die seriöse Inkassowirtschaft dagegen wäre eine
scharfe Gebührendeckelung potenziell existenzgefährdend. Das Kind würde mit dem Bade ausgeschüttet.
Der BDIU schlägt dagegen folgende Lösungen bei der
Gebührensystematik vor:
Eindeutige Anknüpfung – auch hinsichtlich der Nebenforderungen – an das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz
(RVG), das streitwertabhängige Vergütungen vorsieht.
Die Bemessungskriterien für die Höhe anwaltlicher Rahmengebühren richten sich nach der Bedeutung der Angelegenheit, nach dem Umfang der Tätigkeit, nach der
rechtlichen Schwierigkeit der Tätigkeit und dem Haf-
Weitere Informationen
Die detaillierte Stellungnahme zu allen Einzelheiten der Inkassoregulierung und allen Vorschlägen des BDIU ist auf der Homepage des Verbandes zum Download erhältlich:
www.inkasso.de/_downloads/491.pdf
Die Inkassowirtschaft || MÄRZ 2013
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Inkasso || PRAXIS
GERICHTSKOSTEN EINZIEHEN
Die Hessen kommen
IN ZEITEN KNAPPER KASSEN IST DIE ÖFFENTLICHE HAND GEFORDERT, NICHT NUR IHRE AUSGABEN,
SONDERN AUCH IHRE EINNAHMEN AUF DEN PRÜFSTAND ZU STELLEN. SCHLUMMERT DOCH AUF DER
EINNAHMENSEITE NOCH SO MANCHE STILLE RESERVE, DIE SICH IN LIQUIDITÄT UMWANDELN LIESSE.
EIN GUTES BEISPIEL DAFÜR SIND NIEDER GESCHLAGENE GERICHTSKOSTEN.
Dabei handelt es sich um Forderungen, die etwa für Gerichtsverfahren entstehen, deren Verursacher aber trotz
mehrfacher Mahnungen und Vollstreckungsversuche durch
staatliche Gerichtsvollzieher nicht bezahlen. Mit der Zeit
kommen hier ordentliche Summen zustande. In Hessen
beziffert die Landesregierung den durch offene Gerichtskosten entstandenen Schaden auf 44,5 Millionen Euro –
wobei das lediglich die Summe an niedergeschlagenen Forderungen ist, die den dortigen Kassen in den Jahren 2006
bis 2008 entgangen ist. Pro Jahr kommen rund 15 Millionen Euro hinzu, die die Behörden als uneinbringbar deklarieren und somit buchhalterisch abhaken. Das entspricht
etwa 5 Prozent aller Gerichtskostenforderungen. Aber sind
diese Forderungen wirklich uneinbringbar?
Thomas Idstein sieht das anders. »Gerade aus alten Forderungen lassen sich teilweise Jahre später noch Einnahmen
für die öffentlichen Kassen realisieren«, sagt er. Und Idstein
weiß, wovon er redet. Schon seit 2003 kümmert er sich
bei der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden um deren
kommunales Forderungsmanagement.
Außenstände entstehen automatisch
Wie andere Städte auch, muss sich Wiesbaden mit hohen
monatlichen Außenständen herumschlagen. Das ist nichts
Ungewöhnliches. Außenstände hat jede Kämmerei, vermeiden lassen sie sich nicht. Neben offenen Gewerbe- und
Grundsteuern sind zum Beispiel Forderungen aus nicht
bezahlten Gebühren, Verwarn- und Bußgeldern, aber auch
aus ausstehenden Unterhaltsvorschüssen, Mieten oder
Pachtverträgen darunter zusammengefasst. So vielfältig wie
die Forderungsstruktur sind auch die Zahlungspflichtigen,
die diese Außenstände verursachen. »Kommunen können
sich im Gegensatz zur Privatwirtschaft ihre ›Kunden‹ nun
einmal nicht aussuchen«, stellt Idstein fest. »Wir haben es
sowohl mit Gutverdienern als auch mit Transferleistungsempfängern zu tun. Manche Bürgerin und mancher Bürger verfügen über eine hervorragende Zahlungsmoral, andere dagegen lassen die Forderungen der Verwaltungen
erst einmal liegen oder haben aufgrund ganz unterschiedlicher Ursachen Zahlungsschwierigkeiten. Darauf muss
sich ein effizientes Forderungsmanagement natürlich einrichten.«
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Inkasso || PRAXIS
Das Erfolgsrezept der Landeshauptstadt: Wiesbaden hat
sich sein Forderungsmanagement bei der Privatwirtschaft
»abgeguckt«. In allen Ämtern wurden die Verfahren auf
den Prüfstand gestellt. Die Stadt führte für sie eine umfassende Außenstandsbetrachtung ein, damit die Verantwortlichen stets wissen, wie viel Geld sie von ihren jeweiligen
»Kunden« noch zu bekommen haben. Jetzt werden die
Einnahmen aller Ämter konsequent überwacht und zentral verbucht. Am Ende entschied sich die Verwaltung dazu, sämtliche Zahlungsvorgänge und deren Überwachung
zu zentralisieren und die Informationen aus den einzelnen
Ämtern miteinander zu vernetzen. Dazu gehört auch ein
genaues Nachhalten der Zahlungsfristen. Gerät eine Forderung ins Soll, werden heute sofort genau aufeinander abgestimmte Mahnvorgänge aktiviert, um Ansprüche konsequent geltend zu machen.
Bereits damit gelang es der Wiesbadener Verwaltung, ihre
monatlichen Außenstände erheblich zu reduzieren. Aber
den Verantwortlichen war klar, dass es mit dem Neujustieren der internen Stellschrauben alleine nicht getan war.
»Wir suchten auch Unterstützung von außen«, so Idstein,
»das heißt von Unternehmen, die sich auf den Einzug von
Forderungen spezialisiert haben.« Die Verwaltung suchte
also die Kooperation mit Inkassounternehmen – selbstverständlich nicht ohne zuvor die Rahmenbedingungen mit
den zuständigen Datenschutzbeauftragten genau zu besprechen. Inzwischen unterstützen Inkassounternehmen
die Verwaltung zum Beispiel bei der Bonitätsüberprüfung,
um Zahlungsausfälle bereits im Vorfeld kostenintensiver
Beitreibungsmaßnahmen zu reduzieren, oder um die Werthaltigkeit von Forderungen zu bestimmen. Damit kann die
Behörde bereits im Vorfeld besser beurteilen, wie erfolgversprechend sich ein nochmaliges Nachfassen bei einer
Forderung gestalten würde; also letztlich die Frage beantworten: Wie vermeide ich, dass ich gutes Geld dem
schlechten hinterherwerfe? Außerdem helfen Inkassounternehmen der Stadt bei der Adressrecherche. Und sie
werden selbst aktiv: Bei niedergeschlagenen Altforderungen, deren Vollstreckung bislang fruchtlos geblieben ist,
übernehmen sie im Auftrag der Kommune die erneute
schriftliche Schuldneransprache, vereinbaren Teil-, Ratenoder Komplettzahlungen und erzielen so zusätzliche Einnahmen für die Stadt.
erörterte man mehrere Jahre die Möglichkeit, Inkassounternehmen als Verwaltungshelfer der Gerichtskassen einzusetzen. Die Debatte verlief durchaus
kontrovers. Ob man mit einem solchen
Schritt denn nicht den eigenen Beamten die Arbeit wegnehmen würde?
Würde die Weitergabe der Anschriften von zahlungspflichtigen Schuldnern nicht gegen den Datenschutz
verstoßen? Und wie wäre es zu gewährleisten, dass die VertragspartT H O M A S ID
ner stets seriös und zuverlässig arST EI N kä m
pf t in W ie sb
ge ge n kn ap
ad en
pe K as se n.
beiten?
Alle Fragen wurden sorgfältig geprüft und die Argumente gegeneinander abgewogen. Hilfreich waren dabei Erfahrungen aus anderen Bundesländern. Das Nachbarland Baden-Württemberg hatte bereits
2009 ein Pilotprojekt gestartet, bei dem ein Inkassounternehmen mit dem Einzug von Justizforderungen beauftragt
wurde. Das Projekt war erfolgreich und realisierte bislang
eine siebenstellige Summe an zusätzlichen Geldeingängen.
2010 wurde es sogar mit dem deutschen Innovationspreis
des Fachmagazins »Behördenspiegel« in der Kategorie »Verwaltungsmodernisierung« ausgezeichnet.
Inkasso lernen
Schätzungen gehen davon aus, dass
sich die Außenstände der Städte und
Gemeinden in Deutschland inzwischen auf fast 20 Milliarden Euro angehäuft haben. Eine Entspannung der Situation ist nicht in Sicht. Einnahmedefizite und Schuldenbremsen zwingen Kommunen zum Sparen, vielerorts herrscht
bereits Haushaltsnotstand. Immer mehr Kämmerer denken daher
konkret über alternative Einnahmekonzepte nach. Wie der Artikel
beschreibt, bietet die Zusammenarbeit mit Inkassounternehmen
hier konkrete Chancen.
Mit diesem Maßnahmenpaket ist es Wiesbaden gelungen,
innerhalb von zehn Jahren seine monatlichen Außenstände
von rund 50 Millionen Euro auf unter 40 Millionen Euro
zu drücken. Außerdem konnte die Stadt rund 7 Millionen
Euro an zusätzlichen Einnahmen gleich zu Beginn der
Einführung des Forderungsmanagements realisieren.
Allerdings müssen die Beteiligten dabei viele Punkte beachten, die das Inkasso für
Kommunen vom regulären Inkasso unterscheiden – angefangen beim Datenschutz bis
hin zu Besonderheiten bei der
Entstehung von Forderungen
und den Maßnahmen, sie zu
realisieren.
Ein Erfolg, der auch von anderen Verwaltungen registriert
wurde. Denn wenn die öffentliche Hand eines reichlich
zur Verfügung hat, dann sind es knappe Kassen. Die Bereitschaft, neue Wege zur Generierung von Einnahmen zu
gehen, wächst. Deutschlandweit debattieren Kommunen
und öffentliche Verwaltungen das Thema »externes Inkasso«. So auch die Politik im Bundesland Hessen. Hier
In welchen Bereichen der öffentlichen Verwaltung private Inkassounternehmen tätig werden können und wie dieses kommunale
Inkasso in der Praxis funktioniert, erläutert ein Seminar der Deutschen Inkasso Akademie (DIA). Die nächste Veranstaltung findet
am 20. Juni in Köln statt, weitere Termine sind in Vorbereitung. Nähere Informationen gibt es direkt bei der DIA, Kontakt über:
www.inkassoakademie.de.
Mehrere Millionen Euro eingespart
Die Inkassowirtschaft || MÄRZ 2013
9
Inkasso || PRAXIS
Pilotprojekt im Südwesten
»Wir haben in Baden-Württemberg sehr erfolgreich niedergeschlagene Forderungen für die Justiz eingezogen«,
berichtet Sven Schneider, der das Projekt »Forderungsmanagement für die Justiz« von Beginn an bei dem Unternehmen arvato infoscore betreut. »Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich die Lebensumstände von Schuldnern nach
einer zeitlichen Erholungsphase teilweise ändern und
dann in einer beachtlichen Größenordnung auch wieder
Realisierungschancen bestehen.« Dazu hat sein Unternehmen mehrere Zehntausend solcher Altforderungen neu
betrachtet und einer Bonitätsbewertung unterworfen. Es
ging um notleidende Gerichts-, Notar- und Registerkosten. »So konnten wir die Schuldner identifizieren, die inzwischen wieder leistungsfähig geworden sind«, berichtet
Schneider. Daraufhin ist das Inkassounternehmen – ausschließlich auf schriftlichem und telefonischem Weg, wie
Schneider betont – auf die Schuldner zugegangen, um mit
ihnen in einen Dialog einzutreten. Ziel war es, die Zahlungspflichtigen zu motivieren, die gegen sie gerichtete
Forderung auszugleichen. Das Inkassounternehmen hatte
dabei die Möglichkeit, flexibel zu reagieren. Es konnte den
säumigen Zahlern zum Beispiel individuell auf ihre persönliche Situation angepasste Ratenzahlungen anbieten.
Bereits dadurch ließen sich für die öffentlichen Kassen Einnahmen erzielen. Aber auch den weiteren Zahlungsprozess hat das Unternehmen konsequent überwacht. »Dabei
verstehen wir unsere Rolle als Mittlerfunktion. Das heißt
zum Beispiel, wenn eine Rate einmal nicht rechtzeitig
kommt, suchen wir schnell wieder den Kontakt, um die
Ursachen herauszufinden und gemeinsam zu einer Lösung
zu kommen.«
In Fällen, in denen eine erneute Vollstreckung Aussicht auf Erfolg verspricht,
hat arvato infoscore der Landesoberkasse eine entsprechende Empfehlung
ausgesprochen, damit gegebenenfalls
Gerichtsvollzieher wieder tätig werden
können. »Als Inkassounternehmen dürfen und wollen wir keine hoheitlichen
Aufgaben übernehmen«, so Schneider,
»und wir wollen selbstverständlich
auch den Gerichtsvollziehern nicht in
ihrem unbestrittenen Kernbereich Tätigkeiten wegnehmen. Die Landesoberkasse in Baden-Württemberg war
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genüber unserem Haus weisungsbefugt. Unser Ziel war und ist es, dass
alle Beteiligten – die Privatwirtschaft genauso wie die
staatlichen Stellen – ihre eigenen Kompetenzen so einbringen können, dass die Justizforderungen möglichst umfassend, sachgemäß und möglichst schnell realisiert werden
können.«
Top-Priorität Datenschutz
Wichtig bei dem Projekt war es auch, die Datenweitergabe
so sparsam wie nur irgend möglich zu halten. Das Inkassounternehmen wurde nur mit den Hinweisen versorgt, die
absolut erforderlich waren, um die säumigen Zahler über
die Höhe und die Art der gegen sie gerichteten Forderung
zu informieren. »Wir erhalten selbstverständlich keinerlei
Einsicht in sensible Justizakten«, so Schneider. Die Behörden haben lediglich die Forderungshöhe, die Bezeichnung
der Forderung und die Kontaktdaten des Schuldners an das
Inkassounternehmen weitergegeben. Eine Vermischung
dieser Daten mit eigenen Informationen war arvato infoscore zudem streng untersagt. »Wir haben daher die Informationen der Behörden klar von unserem übrigen Datenbestand abgetrennt«, so Schneider. Dem Datenschutz sei
stets Genüge geleistet worden. Zudem sei der Landesdatenschutzbeauftragte bei der Konzeption und Bewertung
des Projekts einbezogen worden und habe zu keinem Zeitpunkt Einwände gegen das Verfahren erhoben. Schneiders
Fazit: »Das Projekt war erfolgreich, und das für alle Beteiligten. Die Justiz hat Mehreinnahmen erzielt aus Forderungen, die sie eigentlich bereits abgeschrieben hatte. Viele
Forderungen konnten – zum Teil nach Jahren – endlich einer Klärung zugeführt werden, und das auch im Interesse
der säumigen Zahler.« Von dieser beispielhaften Zusammenarbeit könnten also auch andere Bundesländer profitieren,
findet Schneider.
Die Politik in Hessen hat sich nicht zuletzt wegen des guten Verlaufs des baden-württembergischen Justiz-Inkassos
dazu entschieden, jetzt auch in Hessen den dortigen Gerichtskassen die Zusammenarbeit mit externen Inkassodienstleistern zu ermöglichen. Im November 2012 verabschiedete der Landtag mit den Stimmen von CDU und
FDP eine Novelle des hessischen Justizkostengesetzes. Diese hat unter anderem zum Ziel, »private, auf Forderungen
spezialisierte Unternehmen« mit dem Einziehen niedergeschlagener Gerichtsforderungen beauftragen zu können.
Ähnlich wie in der Landeshauptstadt Wiesbaden sollen
Inkassounternehmen im Falle von niedergeschlagenen
Forderungen die Gerichtskassen bei der Adressrecherche
und »beim Aufspüren von pfändbaren Vermögenswerten«
unterstützen. Außerdem können die Inkassounternehmen
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
10
Inkasso || PRAXIS
zur Kontaktaufnahme mit Schuldnern beauftragt werden,
die dann in aller Regel ausschließlich schriftlich erfolgen
wird. »Eine Delegation hoheitlicher Befugnisse erfolgt
nicht«, stellt die Landesregierung klar.
Bergs Verband hat den Gesetzgebungsprozess in Hessen
genau verfolgt. Zwar hätte sich der BDIU durchaus noch
weitergehende Schritte für die Gerichtskassen vorstellen
können. So sei die Notwendigkeit einer Einschränkung
der Zusammenarbeit ausschließlich auf niedergeschlagene
Externes Wissen nutzen
In der Begründung des Gesetzesentwurfs erklärt die Regierung, warum sie diesen Schritt für erforderlich hält:
»Die Zugriffsmöglichkeiten der Gerichtskassen als Vollstreckungsstelle auf private Vermögenswerte oder eine neue
Anschrift infolge Wohnsitzwechsels beschränken sich auf
freiwillige Angaben der Kostenschuldnerinnen und Kostenschuldner und die Eintragungen in die Einwohnermeldeamtsdateien«, heißt es da. Künftig sollen nun also auch
private Unternehmen als sogenannte Verwaltungshelfer in
diesem Bereich tätig werden können. Diese sollen, sofern
sie ihnen bekannt sind, Informationen zu früheren Anschriften der Zahlungspflichtigen zur Verfügung stellen.
Ein drängendes Problem, richten sich doch viele der fraglichen Forderungen gegen Schuldner, deren Briefe mit
dem postalischen Vermerk »unbekannt verzogen« zurück
beim Absender landeten. Durch den Abgleich mit Datenpools von Auskunfteien und Recherchediensten versprechen sich die Behörden hier neue Zugriffsmöglichkeiten.
Außerdem wollen die Kassen die Daten ihrer Schuldner
mit sogenannten Negativinformationen der Wirtschaft abgleichen – also zum Beispiel herausfinden, ob die betreffende Person bereits bei anderen Verträgen auffällig geworden ist, somit Rechnungen nicht wie vereinbart bezahlt hat. »Dadurch lassen sich Rückschlüsse auf die Fähigkeit und Bereitschaft ziehen, ob sich eine berechtigte
Forderung tatsächlich gegenüber der jeweiligen Person
durchsetzen lässt«, erläutert Kay Uwe Berg vom Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU). »Für
die Kassen eröffnet sich ein neuer Entscheidungsweg, ob
ein wiederholter Zugriff überhaupt Sinn macht oder am
Ende nur Kosten entstehen, ohne dass eine realistische
Chance besteht, dass der jeweilige Schuldner auch wirklich eine Zahlung leisten wird.«
Die Inkassowirtschaft || MÄRZ 2013
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Inkasso || PRAXIS
Forderungen nach Auffassung der Spitzenorganisation der
deutschen Inkassowirtschaft nicht zwingend erforderlich.
Zum Beispiel sei es Kommunen auch heute schon unter
bestimmten Voraussetzungen erlaubt, beim Einzug ausstehender Unterhaltsvorschusszahlungen mit den Unternehmen der Branche zu kooperieren. Auch dies sei eine Zusammenarbeit, die im Interesse der Allgemeinheit liege.
Letztlich aber begrüßt Berg das Gesetz ganz ausdrücklich.
»Inkassounternehmen erbringen eine für die Wirtschaft
und für die Bürgerinnen und Bürger unverzichtbare Dienstleistung«, begründet er. In der Zusammenarbeit mit den
Gerichtskassen könnten Inkassounternehmen nun »ihre
unbestreitbare Expertise beim Forderungseinzug in den
Dienst der Steuerzahler stellen und dazu beitragen, wichtige öffentliche Aufgaben zu finanzieren«.
Der Schritt der Hessen ist wohlüberlegt. Insbesondere was den
Datenschutz anbelangt, wurde
der Gesetzentwurf mehrfach auf
Herz und Nieren geprüft. Alle
Regelungen entwickelte man
im Einvernehmen und in Abstimmung mit dem hessischen
Datenschutzbeauftragten, wie
die Landesregierung betont.
Bedenken, dass mit diesem
Schritt den eigenen Beamten
Aufgabenbereiche entzogen
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drücklich nicht. Erst wenn die
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eigenen Mahnanstrengungen bis hin zur Vollstreckung
durch Gerichtsvollzieher fruchtlos geblieben und die
Forderungen durch die Behörden niedergeschlagen sind,
soll eine Beauftragung externer Dienstleister überhaupt
erst in Erwägung gezogen werden können. Privates und
staatliches Forderungsmanagement würden sich also ergänzen.
Kein Kostenrisiko
Was für die positive Entscheidung sicherlich auch nicht
ganz unwesentlich war: Dem Land entstehen durch die
Zusammenarbeit mit Inkassounternehmen keine zusätzlichen Kosten. Denn die Unternehmen werden ausschließlich auf Provisionsbasis bezahlt. Wie hoch diese Provision
ausfallen wird – Verhandlungssache. Aber in jedem Fall
bedeutet es, dass auch das Inkassounternehmen nur dann
verdient, wenn der säumige Zahler tatsächlich seine offene
Forderung ausgleicht. Bleiben auch die Bemühungen des
privaten Unternehmens erfolglos, dann hat es dafür auf eigene Kosten gearbeitet, eine Weiterberechnung seiner
Aufwendungen an das Land und damit die Steuerzahler
erfolgt nicht.
Vorteile verspricht man sich auch durch den zu erwartenden Erfahrungsaustausch beider Seiten. Das Beispiel der
Landeshauptstadt Wiesbaden belegt: In der Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand erfahren Inkassounternehmen aus erster Hand, wie Prozesse in der öffentlichen
Verwaltung ablaufen. Die Behörden ihrerseits lernen, »wie
ein professionelles Forderungsmanagement in der privaten
Wirtschaft heutzutage funktioniert«, so BDIU-Geschäftsführer Berg. »Sie können Prozesse auswerten und prüfen,
ob es sinnvoll ist, sie äquivalent auch auf das Forderungsmanagement der Verwaltungen zu übertragen. Ich bin mir
absolut sicher, dass durch diesen Erfahrungsaustausch
weitere Optimierungspotenziale in den Verwaltungen erschlossen werden können, die dann auch zusätzliche Einnahmeverbesserungen zur Folge haben werden.«
Großes Einnahmepotenzial
Die Landesregierung ist ohnehin überzeugt, dass mit dem
neuen Gesetz »die Einnahmesituation hinsichtlich bisher
nicht beitreibbarer Forderungen signifikant verbessert werden kann«, nicht zuletzt aufgrund der guten Erfahrungen
in Baden-Württemberg. Konkrete Ziele nennt sie auch. Alleine für die Altforderungen aus den Jahren 2006 bis 2008
seien Zahlungen in einer Spanne »zwischen 3,3 Millionen
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
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Inkasso || PRAXIS
und 8,9 Millionen Euro« möglich. BDIU-Geschäftsführer
Berg hält solche Summen für »sportlich, aber nicht völlig
utopisch«. Allerdings warnt er vor überzogenen Erwartungen. »Die Forderungen, die Inkassounternehmen hier einziehen sollen, dürften schwierig zu bearbeiten sein«, sagt er.
Gerade bei Altforderungen sei es notwendig, einen größeren Zeithorizont mit einzukalkulieren, da sich die betroffenen Personen oft in finanziellen Schwierigkeiten befänden, aus denen sie sich in der Regel nur langsam erholten.
»Wenn schnelle und durchgreifende Erfolge erreichbar
wären, dann hätten es die Gerichtskassen mit ihren eigenen Mitteln bereits geschafft.«
Hessen hat sich zunächst auf eine Pilotphase von drei Jahren eingestellt. Danach soll das Projekt evaluiert und entschieden werden, wie es weitergehen könnte. Was aber,
wenn nach dieser Zeit nicht die gewünschte Zielsumme
zusammenkäme, sondern stattdessen »nur« zwei oder drei
Millionen Euro? »Auch ein solches Ergebnis wäre doch
immer noch ein sehr stattlicher Erfolg«, ist Berg überzeugt,
»und auf lange Sicht, da habe ich aufgrund der übrigen Erfahrung in der Inkassowirtschaft keine Zweifel, sind durchaus höhere Rückzahlungserträge drin. Ich wünsche den
Beteiligten in Hessen daher viel Erfolg und einen langen
Atem. Die Steuerzahler werden sich über die zusätzlichen
Einnahmen freuen.«
Verkaufen oder einziehen lassen?
Beim externen Forderungsmanagement für Kommunen
haben sich in Deutschland zwei verschiedene Varianten
etabliert. Die eine ist bekannt als »Wiesbadener Lösung«.
Wie in dem Artikel beschrieben, übernehmen Inkassounternehmen dabei die Rolle als Verwaltungshelfer der Behörden. Sie unterstützen die öffentliche Hand bei der Recherche zu zahlungsgestörten Forderungen, nehmen Bonitätsbewertungen vor und schreiben gegebenenfalls die
betreffenden Personen direkt an – wenn die Forderungen
zuvor durch die Verwaltung niedergeschlagen wurden.
Die andere Variante ist bekannt als das »Modell MarzahnHellersdorf«, benannt nach dem gleichnamigen Berliner
Bezirk. Auch hier geht es um niedergeschlagene Forderungen. Allerdings entschied sich in diesem Fall die Kommune
zum Verkauf. Gegen einen gewissen Abschlag, der in Verhandlungen mit bietenden Inkassounternehmen erörtert
werden musste, trat die Verwaltung des Bezirks ein Paket
von uneinbringbaren privatrechtlichen Forderungen aus
offenen Miet- und Pachtverträgen an einen Inkassodienstleister ab. Das Unternehmen konnte diese Forderungen
nun auf eigene Rechnung einbringen. Wie auch bei der
»Wiesbadener Lösung« sprachen die Verantwortlichen in
der Verwaltung die einzelnen Schritte zuvor detailliert mit
dem zuständigen Landesdatenschutzbeauftragten ab. Dabei wurde sichergestellt, dass das privatwirtschaftliche
Unternehmen nur die allernötigsten Daten zu
den Forderungen erhielt. Beim »Modell
Marzahn-Hellersdorf« waren das
die entsprechenden Aktenzeichen, die Forderungshöhe
und die letzte bekannte
Adresse des Zahlungspflichti-
gen. Bevor der Bezirk diesen Schritt vollführte, unterrichtete er zunächst noch schriftlich die säumigen Zahler darüber. Kurz darauf meldete sich das Inkassounternehmen
per Brief bei ihnen und wies sie darauf hin, dass Zahlungen
jetzt nur noch an das Unternehmen zu richten seien.
Wichtig beim Modell des Berliner Bezirks: Den Schuldnern
entstanden keine Zusatzkosten durch den Forderungsverkauf. Das Inkassounternehmen durfte die Forderung nur bis
maximal 100 Prozent der offenen Rechnungssumme geltend
machen. Tatsächlich war es dazu in der Lage, nun auch
Vergleiche und Ratenzahlungen einzugehen, was letztlich
den säumigen Zahlern sogar entgegenkam. Der Bezirk wiederum war zuvor dazu verpflichtet gewesen, die Forderung
in jedem Fall zu 100 Prozent einzuholen – und das ist, wie
die Erfahrung zeigt, gerade bei Schuldnern mit nachhaltigen
Zahlungsproblemen in der Praxis so gut wie unmöglich.
Forderungen verkaufen oder sie durch einen Verwaltungshelfer einziehen lassen, welches Modell ist in der Praxis
besser? Das wird wohl jede Kommune für sich selbst entscheiden müssen. Fest steht, dass in beiden Fällen – sowohl bei der »Wiesbadener Lösung« als auch beim »Modell
Marzahn-Hellersdorf« – zusätzliche Einnahmen in
die öffentlichen Kassen
fließen.
Externes Inkasso bringt Kommunen Extra-Einnahmen
Die Inkassowirtschaft || MÄRZ 2013
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Inkasso || EUROPÄISCH
GRENZÜBERSCHREITEND HANDEL TREIBEN
Die Geschichte von Jane und Joe
DER BDIU HAT GEMEINSAM MIT DEM EUROPÄISCHEN INKASSOVERBAND FENCA UND MEHREREN
BDIU-MITGLIEDSUNTERNEHMEN EINEN LEITFADEN FÜR DAS GRENZÜBERSCHREITENDE FORDERUNGS MANAGEMENT ERSTELLT. AUFTRAGGEBER IST DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION. HINTERGRUND: DIE EU WILL
DEN LEITFADEN KLEINEN UND MITTLEREN UNTERNEHMEN ALS WEGWEISER AN DIE HAND GEBEN, WIE
SIE IHR FORDERUNGSMANAGEMENT BEI GRENZÜBERSCHREITENDEN GESCHÄFTEN AUFBAUEN KÖNNEN.
Der europäische Binnenmarkt ist zwar einer der größten
der Welt. Trotzdem stehen viele kleine und mittlere Unternehmen vor konkreten Handelshemmnissen. Ein drängendes Problem. Fast 600 Millionen Euro schreiben Unternehmen pro Jahr unnötigerweise ab, weil Kunden im
Ausland nicht zahlen. Kulturelle und rechtliche Unterschiede in den Zielländern der Unternehmen unterscheiden sich zum Teil beträchtlich gegenüber den Regelungen
im Inland. Hinzu kommt oftmals die Sprachbarriere. Die
Unsicherheit ist groß, ob und wann Kunden aus dem Ausland die Rechnungen bezahlen werden. Viele Unternehmen fühlen sich daher überfordert, wie sie im Falle von
Zahlungsverzug oder einem drohenden Forderungsausfall
konkret vorgehen sollten und welche Vorkehrungen getroffen werden können,
um alsbald nach
Vertragsschluss
die Zahlung
des Kunden zu
erreichen.
Dies hat oft zur
Folge, dass fällige
Rechnungen gegenüber ausländischen Geschäftspartnern nicht oder nur schleppend geltend
gemacht werden und viel wirtschaftliches Potenzial verlorengeht. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen entscheiden sich sogar häufig, erst gar
nicht ins Ausland zu liefern, aus Angst, auf ihren Ansprüchen am Ende sitzen zu bleiben.
Für die Europäische
Kommission ist das
kein haltbarer Zustand. Sie
will konkrete Unterstützung liefern, damit
auch Unternehmen, die über kein internationales Netz-
werk im Forderungsmanagement verfügen, die Vorzüge
des europäischen Binnenmarktes für sich und für ihr unternehmerisches Wachstum nutzen können.
Gemeinsame Leitlinien
Ein vom Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen
geführtes Konsortium bewarb sich daher gemeinsam mit
dem europäischen Inkassodachverband FENCA und den
BDIU-Mitgliedsunternehmen EURO-Inkasso, infoscore
Forderungsmanagement und EOS um einen Dienstleistungsauftrag der Europäischen Kommission zur – wie es
im bürokratisch anmutenden Sprachgebrauch der Ausschreibung hieß – »Ausarbeitung von praxisbezogenen
Leitlinien betreffend die Verwaltung von grenzüberschreitenden Krediten und Forderungen«.
»Ziel dieses Leitfadens ist es, vor allem kleinen und mittleren Unternehmen viele praktische Hilfestellungen an die
Hand zu geben, damit sie grenzüberschreitende Vertragsschlüsse besser managen und den Einzug dadurch entstehender Forderungen leichter handhaben können«, berichten Daniela Gaub und Inga Leffers. Die beiden verantworteten beim BDIU die Ausarbeitung der »Guidelines« – ein
Projekt, das die beteiligten Konsortialpartner immerhin in
einer Rekordzeit von nur zehn Wochen stemmen mussten.
Das Team teilte die Arbeit an den einzelnen Abschnitten
des Leitfadens untereinander auf. Anschließend lief alles
beim Projektkoordinator BDIU zusammen. Die Vorgaben
vonseiten der Europäischen Kommission waren sehr hoch.
Zwei Ansatzpunkte verfolgte das Konsortium dabei: Zunächst ging es darum, Unternehmen zu verdeutlichen, wie
sie Zahlungsausfälle vermeiden können. »Bereits durch das
richtige Formulieren von Angeboten, die korrekte und
schnelle Rechnungsstellung und Maßnahmen beim internen Management kann viel erreicht werden, sodass es erst
gar nicht zum Zahlungsverzug kommt«, sagt Daniela Gaub.
In einem zweiten Schritt erklären die Guidelines, welche
Wege Unternehmen gehen können, falls dann doch Zah-
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
14
Inkasso || EUROPÄISCH
lungsschwierigkeiten bei den grenzüberschreitenden Forderungsangelegenheiten eintreten. »Wir stellen den Lesern
die verschiedenen Möglichkeiten zum Forderungseinzug
vor«, so Inga Leffers, »zum Beispiel die Option, wie man
zunächst selbst aktiv werden kann, wie sich europäische
Verfahren beim Forderungseinzug nutzen lassen und auf
welche Art und Weise Dritte, wie zum Beispiel Inkassounternehmen, mit dem Einzug von Forderungen beauftragt werden können.«
Jane und Joe verkaufen Kindertische
So erklären die neuen »Practice-based guidelines on crossborders credit and claims management« in einfachen und
nachvollziehbaren Schritten, wie Forderungen entstehen
und worauf Unternehmen achten sollten, damit sie das
Geld für eine erbrachte Leistung auch tatsächlich erhalten.
BDIU und Partner entschieden sich bei der Realisierung der
Guidelines für eine chronologische Darstellung. Die Guidelines beleuchten den typischen Lebenszyklus einer Forderung von Anfang bis Ende. Damit das Ganze möglichst
plastisch und verständlich ist, stellten die Autoren das fiktive
junge Unternehmerpaar Jane und Joe in den Mittelpunkt.
Jane und Joe handeln mit Waren für Kinder wie Kleidung
oder spezielle Möbelstücke. Diese Waren sind auch für
Kunden aus dem europäischen Ausland sehr interessant.
Roter Faden der Guidelines ist ein Auftrag, den Jane und
Joe erfüllen möchten. Eine privat geführte Grundschule in
einem anderen EU-Mitgliedsland will ihre Mensa neu einrichten und bestellt dafür bei Jane und Joe 50 Kindertische
aus Kiefernholz, 200 Kinderstühle, ebenfalls aus Kiefernholz, und 50 Tischdecken mit einem Harry-Potter-Motiv.
Dieser Auftrag ist für Jane und Joe vergleichsweise umfangreich: Er könnte ihrem kleinen Unternehmen einen
großen Umsatz bescheren, daher wollen sie ihn unbedingt
ausführen. Andererseits bringt er auch Risiken mit sich,
denn wenn sie die Forderung aus diesem Auftrag nicht
realisieren können, brächte das signifikante finanzielle Verluste mit sich. Daher wollen sie lieber auf Nummer sicher
gehen.
Risiken bedenken und senken
Am Anfang wird verdeutlicht, welche Aspekte ihr Unternehmen bereits vor der Erstellung eines Angebots berücksichtigen muss. »Zum Beispiel holen Jane und Joe Bonitätsinformationen über die Grundschule ein, die Rückschlüsse auf deren Zahlungsfähigkeit liefern«, sagt Inga
Leffers. Anschließend werden die für die Angebotserstellung relevanten Aspekte erläutert. Das fängt bei ganz einfachen Punkten an wie Hinweisen zur Benennung der Vertragspartner. Außerdem liefern die Guidelines Ratschläge,
was zum Beispiel bei Verbraucherverträgen zu beachten
ist. In diesem Zusammenhang sind korrekt ausformulierte
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) wichtig, in die
beispielsweise der Einfachheit halber das eigene nationale
Recht und/oder die Zuständigkeit der eigenen nationalen
ABIT
Alles klar?
Die Inkassowirtschaft || MÄRZ 2013
15
Inkasso || EUROPÄISCH
Gerichte bestimmt und in den Vertrag mit einbezogen
werden können.
Das Beispiel der Möbellieferung von Jane und Joe wird in
den Guidelines nun weiter durchgespielt. Im nächsten Kapitel sind die Waren bereits geliefert, jetzt gilt es, die dazugehörige Rechnung zu schreiben. Der Leitfaden liefert
dafür eine Beispielrechnung, aus der ersichtlich ist, auf welche Einzelheiten Unternehmen dabei achten sollten. Die
Beispielrechnung ist bereits in Briefform angelegt und bedient sich der Daten aus dem Beispielangebot. Alle einzelnen Punkte der Rechnung werden übersichtlich erläutert, etwa dass die Steuernummer des liefernden Unternehmens auf der Rechnung anzugeben ist sowie die vorgesehene beziehungsweise vereinbarte Zahlungsart.
Die Guidelines beschreiben genau, wie daraufhin Zahlungseingänge überwacht werden, um so möglichst schnell auf
Unregelmäßigkeiten bei der Zahlung der Rechnung aufmerksam zu werden. Der Leitfaden stellt an dieser Stelle
mögliche Arbeitsabläufe zum internen Monitoring vor.
»Es empfiehlt sich, eine Kundendatenbank anzulegen, die
alle relevanten Informationen der Kunden enthält, wie
zum Beispiel die Adresse, Bankverbindung und Kontaktdaten«, beschreibt Daniela Gaub. »Um den Überblick über
bereits gestellte Rechnungen zu behalten, ist es ebenfalls
ratsam, ein elektronisches System zur Verwaltung der
Rechnungen zu verwenden. Noch offene Posten sollten
regelmäßig überwacht werden. Im System kann festgelegt
werden, dass kurz bevor das festgelegte Zahlungsziel ausläuft, automatisch eine Zahlungserinnerung an den Kunden
gesendet wird, die freundlich an die noch offene Rechnung
erinnert. Wie eine solche Zahlungserinnerung konkret
aussehen kann, wird im Leitfaden ebenfalls beschrieben.«
Kunde zahlt trotzdem nicht
Doch auch die schönste Zahlungserinnerung nützt nichts,
wenn der Kunde einfach nicht zahlt. »In den Guidelines
zeigen wir, dass es nun ganz verschiedene Möglichkeiten
gibt, erneut auf den Kunden zuzugehen«, erklärt Daniela
Gaub. »Dabei ist durchaus auch Kreativität gefragt neben
dem erforderlichen Fingerspitzengefühl. Denn Jane und
Joe aus unserem Beispiel wollen ihren Kunden ja nicht verlieren. Eine Grundschule auf der Liste zufriedener Auftraggeber ist für sie ein gutes Marketingargument, wenn es
darum geht, Kindermöbel an andere Kunden zu verkaufen.« Die Guidelines liefern nun mehrere Möglichkeiten.
Denkbar wäre zum Beispiel, eine Kundenzufriedenheitsumfrage durchzuführen und den Auftraggeber dabei an
die ausstehende Zahlung zu erinnern. Wie eine klassische
Mahnung aussieht, stellt der Leitfaden ebenfalls vor. »Oft
hilft es aber auch, einfach mal zum Telefonhörer zu greifen«, sagt Gaub. »Im persönlichen Gespräch lassen sich Zahlungsschwierigkeiten direkter und offener ansprechen, als es allein auf dem
schriftlichen Weg möglich
ist.«
Aber manchmal ist auch das nicht erfolgreich. Was nun?
Noch einmal den Kunden an seine Pflicht erinnern? Zweioder dreimal mag das ja sinnvoll sein, doch irgendwann
sind zusätzliche Mahnschreiben das Papier nicht mehr
wert, auf dem sie erstellt werden. Im konkreten Beispiel
hat die Grundschule immer noch nicht gezahlt. Jetzt ist die
Beauftragung von Dritten ein gangbarer nächster Schritt.
»Inkassounternehmen sind auf den Einzug von Forderungen spezialisiert. Jane und Joe können nun einen solchen
Experten hinzuziehen, damit er ihre Interessen wirkungsvoll vertritt«, erklärt Gaub. Besonders für kleine Unternehmen ist ein solcher Schritt empfehlenswert. Sie haben in
der Regel keine eigene Mahnabteilung. Jede weitere Bemühung würde sie zum einen von ihrem Kerngeschäft ablenken. Zum anderen würden für sie nur noch weitere Kosten entstehen, und es wäre völlig ungewiss, ob sie überhaupt zu einem Erfolg führen könnten. »Gerade kleine
Unternehmen können nicht ihr gesamtes Mahnwesen aus
eigener Kraft stemmen«, fügt Gaub hinzu. »Ein neutraler
Dritter hat zudem den Vorteil, dass die Kundenbeziehung
nicht noch weiter strapaziert wird. Außerdem verfügen externe Dienstleister sowohl im kaufmännischen als auch im
juristischen Bereich über weitaus größere Expertise im
Forderungseinzug. Sie haben erfahrungsgemäß viel höhere
Chancen, eine notleidende Forderung zu realisieren.«
Ist allerdings abzusehen, dass der Kunde auch nach diesen
Schritten beziehungsweise von Anfang an nicht zahlungswillig ist, ist oft ein Streit vor Gericht unausweichlich. In
diesen Fällen ist oftmals die Beauftragung eines Rechtsanwalts sinnvoll. »Hierbei gilt jedoch zu prüfen, welche Kosten damit verbunden sind«, so Gaub.
Schließlich besteht für Jane und Joe noch die Möglichkeit,
die Forderung direkt vor Gericht geltend zu machen. Die
Guidelines enthalten eine Anleitung zu den verschiedenen
Verfahren, die dabei auf nationaler und europäischer Ebene durchgeführt werden können.
Veröffentlichung in ganz Europa
Ende Februar war für den BDIU und das begleitende Konsortium die Abgabefrist für den Leitfaden. Derzeit wird
der Ratgeber von der Europäischen Kommission in die 23
offiziellen Amtssprachen der EU übersetzt und anschließend auf folgender Webseite veröffentlicht:
http://ec.europa.eu/enterprise/policies/sme/
business-environment/cross-border-enforcement/
index_en.htm
Bis 2014 soll der Leitfaden nun in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten in begleitenden Seminaren vorgestellt werden. In
Berlin findet das von der EU-Kommission organisierte Seminar am 23. Mai 2013 statt. Darüber hinaus soll auf der
Webseite umfassendes Material zur Verfügung gestellt werden, mit dem der grenzüberschreitende Forderungseinzug
im Unterricht aufbereitet werden kann.
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
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Inkasso || ANZEIGE
FERBER-SOFTWARE
Miteinander sprechen.
WAS SIND DIE THEMEN, DIE FÜR UNSERE KUNDEN VON HOHER WICHTIGKEIT SIND? WELCHE
HERAUSFORDERUNGEN BESCHÄFTIGEN DIE GRÜNDER EINES INKASSOUNTERNEHMENS? WAS SIND
DIE ENTSCHEIDUNGSGRUNDLAGEN FÜR IM EUROPÄISCHEN RAUM AGIERENDE UNTERNEHMEN?
Miteinander sprechen.
Anforderungen verstehen.
Unsere Kunden sind unsere Entwicklungspartner. Das ist
für uns keine Floskel, sondern Handlungsmaxime. Der
Anwenderbeirat, ein von der Gesamtheit der Anwender
gewähltes Gremium, nimmt Ideen und Anforderungen
seitens der Kunden auf, bewertet diese und leitet sie an uns
weiter. Auch umgekehrt ist der Anwenderbeirat ein wichtiger Ansprechpartner für uns, wenn es um fachliche oder
strategische Fragen bei der Weiterentwicklung von IKAROS
geht. Zudem hat jeder Kunde auf dem jährlich stattfindenden Anwendertreffen die Möglichkeit, sich direkt mit Kolleginnen und Kollegen sowie mit unseren Mitarbeitern
auszutauschen.
Kommunikation mit unseren Kunden und interne Kommunikation nehmen bei Ferber-Software einen hohen Stellenwert ein. Nur so können wir mit Stolz berichten, dass unsere
IT-Projekte, seien es Software-Einführungen, Migrationen,
Updates etc. zur vollsten Zufriedenheit aller Beteiligten erfüllt werden – nicht nur in-time und in-budget.
Sie konnten der Reform der Sachaufklärung durch den
Einsatz unseres Textpakets pro in diesem Jahr gelassen entgegensehen? Die in Zusammenarbeit mit RiOLG
Frank-Michael Goebel entwickelte Lösung ist nur ein
Beispiel dafür, wie wir ein breit gefächertes Netzwerk mit
Spezialisten der Branche in Ihrem Interesse nutzen.
Miteinander sprechen.
Lösungen bieten.
Täglich erreichen uns Anfragen sowohl von Existenzgründern als auch von Umsteigern. Die Themen Finanzierung
und Liquidität stehen dabei neben den fachlichen Herausforderungen im Mittelpunkt. Wir haben mit den Interessenten über Möglichkeiten gesprochen und bieten – neben dem
traditionellen Lizenzkauf – ganz neu IKAROS zur Miete
an. Ab sofort können alle Editionen von IKAROS gemietet
werden. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Als Anwender nutzen Sie den vollen Funktionsumfang von IKAROS,
Sie erhalten die Liquidität Ihres Unternehmens, Sie können mit monatlichen Mietkosten kalkulierbar planen und
Sie können sich auf unsere Software-Pflege und unseren
Support verlassen, die im Mietpreis bereits enthalten sind.
Einzelheiten besprechen wir gern mit Ihnen persönlich.
Miteinander sprechen.
Grenzen überschreiten.
Unsere Wurzeln liegen in Deutschland. Und somit in der
Mitte Europas. Die eng zusammenhängenden Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Ländern nutzen wir als Option,
uns auch in den europäischen Märkten zu etablieren. Gleichzeitig möchten wir unsere Kunden unterstützen, die über
die Grenzen von Deutschland hinaus agieren. Daher freuen
wir uns, mit der Gründung unserer Tochtergesellschaft
Ferber-Software France in Orléans einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg gemacht zu haben, IKAROS
verstärkt international auszurichten. Bei der Entwicklung
des neuen Software-Produkts IKAROS France werden
unsere französischen Kollegen und unsere französischen
Anwender einen wichtigen Beitrag leisten. So fand im Januar dieses Jahres bereits das erste Anwendertreffen von
Ferber-Software France mit über 40 Teilnehmern und vier
Ausstellern erfolgreich statt.
Die Expertise, die wir als Softwarehersteller
mit den Anforderungen unserer Nachbarn
erlangen, werden wir für weitere interessante
Projekte gemeinsam mit unseren Kunden
nutzen.
Miteinander sprechen.
Wir freuen uns auf Sie.
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KOMMUNIKATION IST ERFOLGSFAKTOR NUMMER EINS IM FORDERUNGSMANAGEMENT. NUR WER
OFFEN UND FAIR MITEINANDER SPRICHT, KANN TRAGBARE ZAHLUNGSVEREINBARUNGEN TREFFEN
UND ERREICHEN, DASS GLÄUBIGER BEI FÄLLIGEN FORDERUNGEN ZU IHREM GUTEN RECHT KOMMEN.
STEFFEN KOWALSKI TRAINIERT SEIT VIELEN JAHREN DAMIT BEFASSTE MITARBEITER. IM INTERVIEW
VERRÄT ER, WORAUF UNTERNEHMEN BEIM TELEFONISCHEN KONTAKT ACHTEN SOLLTEN.
Steffen Kowalski ist
Berater, Coach und
Trainer, Fachmann
für Forderungs management (FUW),
Kuratoriumsmitglied
im Bundesverband für
Credit-Management
(BvCM), Fachbuch autor und Referent
zu den Themen
Telefon-Inkasso,
Credit Management
und Forderungs management.
Herr Kowalski, welchen Stellenwert nimmt die telefonische Schuldneransprache im Vergleich zu anderen Formen der Mahnbearbeitung ein?
STEFFEN KOWALSKI | Das Bewusstsein für ein professionelles Forderungsmanagement ist in den letzten Jahren
deutlich gestiegen. Dabei spielt das telefonische Inkasso
mittlerweile eine wichtige Rolle. Im persönlichen Gespräch
kann sofort reagiert werden, es lassen sich nachhaltige Vereinbarungen treffen. Ein gut vorbereitetes und durchgeführtes Telefoninkasso kann daher durchaus effektiver und effizienter sein als das Versenden von Standard-Mahnbriefen.
Im direkten Gespräch kann eine persönliche Bindung zum
Schuldner aufgebaut werden, und man bekommt ein besseres Bild von seiner Glaubwürdigkeit und Zahlungsbereitschaft. Somit führt das Gespräch zu einem konkreten und
verbindlichen Ergebnis. Es ist auch kostenschonend und
höchst effektiv. Damit wird die Liquidität des Unternehmens deutlich verbessert und die Kundenbeziehung bleibt
erhalten.
Wichtig ist jedoch auch der Zeitpunkt des ersten Anrufs.
Schnelles Reagieren ist nötig. Die Erfahrung zeigt: Bei einem zeitnahen Mahn-Call können im ersten Schritt Realisierungsquoten von 50 bis 70 Prozent erreicht werden.
Welche Fähigkeiten braucht man, um Telefoninkasso durchzuführen? Wie sollte ein Telefonat aufgebaut sein?
STEFFEN KOWALSKI | Nett, freundlich und kooperativ, jedoch mit verbindlicher Fragestellung und Gesprächsführung, so sollte ein Mahntelefonat aufgebaut sein. Es bringt
nichts, einfach draufloszutelefonieren, ohne die wichtigsten Grundregeln der Kommunikation, Rhetorik und des
menschlichen Verhaltens zu kennen.
Der Erfolg hängt von zwei Dingen ab: vom kommunikativen Geschick des Anrufers und von der richtigen strategischen Vorgehensweise. Spezielle Kenntnisse der Kommunikation und Rhetorik sind ebenso wichtig wie die Kenntnis
rechtlicher Hintergründe, vom gerichtlichen Mahnverfahren bis zum Datenschutz.
Wichtig ist auch ein gut durchdachter Gesprächsleitfaden,
um mit dem Schuldner ohne große Ablenkung eine tragfähige Zahlungsvereinbarung zu erarbeiten.
Gibt es Dos and Don'ts bei der Schuldneransprache?
Was raten Sie Ihren Kunden?
STEFFEN KOWALSKI | Man sollte immer fair und offen miteinander umgehen. Es bringt nichts, dem Schuldner sein
»Fehlverhalten« vorzuwerfen. Formulierungen wie: »Sie
haben die Forderung immer noch nicht gezahlt« sind kontraproduktiv. Auch geschlossene Fragen wie: »Haben Sie
unsere Mahnung/Rechnung denn nicht erhalten?«, sind
nicht zielführend. Sie sind für den Schuldner eher eine hervorragende Vorlage, sich der Verantwortung zu entziehen.
Druck erzeugt Gegendruck. Gespräche, die von oben herab
und mit vielen Drohungen und Ängsten geführt werden,
bringen niemandem etwas.
Es gibt noch viele weitere Punkte: Wie zum Beispiel die
optimale Vereinbarung einer Ratenzahlung, die Bonitätsprüfung und die Einhaltung des Datenschutzes. Wenn
Unternehmen das Telefoninkasso einführen oder optimieren möchten, sollte zunächst der Geschäftsprozess dazu
existieren, um Gesprächsergebnisse wie Ratenzahlung, Lastschrift oder Sondervereinbarung darin abzubilden. Ferner
empfehle ich unter anderem auch ein Regelwerk für die
Anrufer, um im Gespräch mit entsprechender Kompetenz
ausgestattet zu sein.
Unbeglichene Rechnungen nachzuhaken betrifft
einen sensiblen Bereich. Das Einhalten des Schutzes
der persönlichen Daten der Schuldner ist unabdingbar. Wie kann man bei einem Anruf Vertraulichkeit
sicherstellen und dies dem Gesprächspartner vermitteln?
STEFFEN KOWALSKI | Wichtig ist am Gesprächsanfang die
Legitimation mittels des sogenannten Datenabgleichs. Mit
BDIU || Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
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Tragfähige Vereinbarungen treffen
Die Inkassoakademie bietet viele Seminare, in denen die telefonische Kontaktaufnahme mit
Schuldnern praxisnah erprobt werden kann. Teilnehmer tauschen eigene Erfahrungen aus
Gesprächssituationen aus, lernen Gesprächstechniken und erproben diese direkt im Seminar
in Übungen. Checklisten mit konkreten Handlungsempfehlungen liefern Tipps für die tägliche Arbeit. Die Seminare richten sich sowohl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von
Inkassounternehmen wie an alle Firmen, die mit der praktischen Bearbeitung von vorgerichtlichen und gerichtlichen Mahnverfahren befasst sind.
Aktuelle Termine und Angebote unter: www.inkassoakademie.de
geschickter Fragestellung erfolgt immer die
Prüfung der Identität durch Abgleich der aktuellen Anschrift und des Geburtsdatums. Da
mittlerweile bei vielen Unternehmen diese Art
der Authentifizierung üblich ist, gibt es auch
selten Probleme damit. Ferner empfehle ich
auch eine eindeutige Regelung bei Vollmachten und Betreuern.
Wie sollte man in schwierigen Situationen
reagieren? Nicht jeder Schuldner, der telefonischen Kontakt mit einem Inkassounternehmen bekommt, wird darüber
erfreut sein …
STEFFEN KOWALSKI | Wir alle kennen den
Spruch: Bei Geld hört die Freundschaft auf.
Von daher kommt es auch vor, dass vereinzelt Gespräche emotional eskalieren können.
Dies ist jedoch abhängig vom Forderungsportfolio. Bankkunden reagieren oftmals anders als Schuldner von Energieversorgern. Deshalb sind
permanente Schulungen und Coachings für die Mitarbeiter unabdingbar. Die Anrufer versuchen beruhigend, psychologisch und deeskalierend das Gespräch in die richtige
Richtung zu lenken. Aber auch anschließende Stressbewältigungsmethoden gehören zum erfolgreichen Telefoninkasso.
Die Privatverschuldung hat zugenommen, es gibt
immer mehr Verbraucherinsolvenzen. Hat sich Ihrer Erfahrung nach die Zahlungsmoral verändert,
und welchen Einfluss hat das auf den telefonischen
Schuldnerkontakt?
STEFFEN KOWALSKI | Viele Privatschuldner informieren
sich mittlerweile im Internet und bei Schuldnerberatungsstellen über ihre Rechte und vermeintliche Nichtzahlungsstrategien. Sie hoffen auf eine erfolgreiche Einschüchterungsstrategie beim Anrufer wie: »Bei mir ist
nichts pfändbar. Ich habe die Vermögensauskunft abgegeben. Oder dann mach ich Insolvenz.« Dem begegnen wir
mit unserer speziell entwickelten Methodik der Schuldnergesprächsführung.
Sie coachen sowohl kleine und mittelständische
Unternehmen als auch Mitarbeiter aus der Inkassowirtschaft. Wie bewerten Sie dabei aus Ihrer Erfahrung heraus die Rolle von Inkassounternehmen?
STEFFEN KOWALSKI | Bleiben die eigenen Bemühungen im
betrieblichen Mahnwesen ohne Erfolg, ist eine konsequente und zeitnahe Weiterverfolgung der Forderung wichtig.
Die Unternehmen sollten sich dann nicht scheuen, die
Forderungen an einen Inkassodienstleister zu übergeben.
Ein Großteil der Schuldner zeigt sich dann im Inkassotelefonat einsichtig und zahlungswillig. Hier kommt es dann
zu angemessenen Ratenzahlungsvereinbarungen, die dann
optimal extern überwacht und bearbeitet werden. Die
Buchhaltung wird somit auch entlastet und kann sich wieder aufs Kerngeschäft konzentrieren.
Vielen Dank für das Gespräch.
Die Inkassowirtschaft || MÄRZ 2013
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Inkasso || RUBRIK?
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