Rosige Aussichten für Beschäftigte im Holzbau

Transcription

Rosige Aussichten für Beschäftigte im Holzbau
Best Practice 9
Rosige Aussichten für
Beschäftigte im Holzbau
In den letzten 15 Jahren hat sich der Anteil von Holzbauten an der Gesamtheit aller gebauten Objekte fast ver­
doppelt. Um den Nachwuchs bei den Fachleuten zu sichern, will der Branchenverband die Arbeitsbedingungen
den unterschiedlichen Bedürfnissen von jüngeren und älteren Mitarbeitenden anpassen.
Text: Daniela Diener
Wer glaubt, Holzbaufachleute seien Schreiner, irrt:
Es sind Zimmerleute, also jene Handwerker, die
Holzbauten herstellen und montieren oder bestehende Gebäude energieeffizient sanieren.
Auch wer glaubt, der hiesige Holzbau befände sich,
so wie viele andere Produktionsbranchen, in der Krise, befindet sich auf dem Holzweg, denn die Branche
ist im Aufschwung. Der Zentralpräsident des Verbands Holzbau Schweiz, Hans Rupli, prophezeit ihr
gar eine rosige Zukunft. «Der Marktanteil steigt
kontinuierlich. Wir befinden uns in einer grossen
Entwicklung, was unsere Dienst- und Bauleistungs­
angebote anbelangt.» Tatsächlich hat der traditionelle Baustoff Holz in jüngster Zeit eine regelrechte
Wiedergeburt erlebt.
Mehrgeschossige Holzbauten versus Chalet
Ausschlaggebend hierfür sind zwei Gründe: Zum einen haben sich die Bausysteme und die Fertigungsmethoden beim Holzbau in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren stark entwickelt. Siebzig Prozent eines
Ältere Mitarbeitende verfügen über viel Berufserfahrung, …
Einfamilienhauses aus Holz können heute in der
Werkstatt vorgefertigt werden. Auf der Baustelle sind
dann die Aussenwand-, Geschossdecken- und Dach­
elemente in der Regel schon in einem Tag montiert.
Es handelt sich dabei, wie Rupli betont, aber nicht um
Fertighäuser aus dem Katalog. «In der Schweiz hat jeder Bauherr seine individuellen Wünsche. Er kann
sich nicht mit einem Haus identifizieren, das genau
gleich aussieht wie das seines Nachbarn.» Mit der
computergesteuerten Fertigungstechnologie lassen
sich individuelle Bauteile praktisch ebenso schnell
und ökonomisch produzieren wie bei einer Massenfertigung. Heute werden bis zu sechsgeschossige, topmoderne Holzbauten errichtet, die – abgesehen vom
Baumaterial – nichts mehr mit dem traditionellen
Holzchalet in den Bergen gemein haben.
Der zweite Grund für die steigende Nachfrage: Das
Bauen mit Holz ist nachhaltig und CO2-neutral. In Anbetracht der von der Klimapolitik definierten Ziele
spielt die Baubranche eine entscheidende Rolle. Denn
die Gesamtheit der Gebäude in der Schweiz ➜
… während Jüngere körperlich oft belastbarer sind.
business 1/11
10 Best Practice Der moderne Holzbau: Vom individuellen Minergiehaus …
verbrauchen ungefähr 50 Prozent des gesamten nationalen Energiebedarfs. «Der Holzbau ist somit optimal
im Markt positioniert», resümiert Rupli.
Den Status des «Handwerkers» verbessern
Die rosigen Aussichten sieht Rupli allerdings getrübt,
wenn er an die Entwicklung bei den Arbeitskräften
denkt. «Wollen wir auf dem Markt mehr Volumen absetzen, brauchen wir künftig mehr Personal. Und genau
da stehen wir vor grossen Herausforderungen.» Laut
Prognosen reduzieren sich die Zahlen bei den Schulabgängen im schweizerischen Durchschnitt um etwa 7
bis 10 Prozent bis 2016. Der Wettbewerb um gute Nachwuchsarbeitskräfte verschärft sich. Auch sind in den
letzten Jahren viele Zimmerleute in den Dienstleistungssektor abgewandert. «Die heutigen Jungen gehen oft
lieber ins Büro als auf die Baustelle», bedauert Rupli.
Und was ist mit den Älteren? Die sind beim Holzbau im
… über den elegant sanierten Altbau …
Gegensatz zu anderen Branchen sehr dünn gesät. Tatsächlich sind 60 Prozent aller Beschäftigten zwischen 20
und 30 Jahre alt. Zwischen 31 und 40 Jahren sind es nur
noch 21 Prozent, zwischen 60 und 65 gar bloss noch 1
Prozent. «Ein grosser Teil der Leute wandern genau in
dem Alter ab, in dem sie am produktivsten sind.» Dafür
nennt Rupli verschiedene Gründe: etwa die Tatsache,
dass Holzbau bei den Berufsunfällen immer noch als Risikobranche eingestuft wird, obschon sich hier die Unfälle stark reduziert haben. Die Sicherheitsmassnahmen
wurden markant verbessert. Auch die weitgehende Verlagerung der Bauleistungen von der Baustelle ins Werk
hat die Sicherheit und Qualität der Arbeit erhöht.
Fähigkeiten optimal nutzen
Um ältere Mitarbeitende stärker an die Branche zu binden und den Nachwuchs zu fördern, hat sich Holzbau
Schweiz für das Pilotprojekt Generationenmanage-
In Kürze
Holzbau Schweiz
Holzbau Schweiz ist die Arbeitgeberorganisation der Holzbaubranche. Sie vertritt rund 1000
Holzbauunternehmen in der Deutschschweiz und im Tessin. Der Verband setzt sich unter
anderem ein für Aus- und Weiterbildung, Arbeitssicherheit und Gesundheits­prävention, Rechtsberatung sowie Branchenpolitik. Der Zentralsitz des Verbandes befindet sich in Zürich,
Zentralpräsident ist Hans Rupli.
Mit Unterstützung von Helsana führt Holzbau Schweiz als erster Branchenverband ein GeneraHans Rupli
Zentralpräsident Holzbau
Schweiz
business 1/11
tionenmanagement für seine Mitglieder ein. Derzeit läuft ein Pilotprojekt in fünf Betrieben.
Mehr Infos über www.holzbau-schweiz.ch.
… bis zum mehrgeschossigen Objekt.
ment Holzbau entschieden. In Zusammenarbeit mit
den Gesundheitsmanagern von Helsana wird analysiert, wie sich die Fähigkeiten von jüngeren und älteren Arbeitskräften am besten nutzen lassen.
Da Zimmerleute praktisch ausschliesslich im Team arbeiten, empfiehlt der Verband den Betrieben eine optimale Durchmischung von Jung und Alt. Dabei können
ältere Mitarbeiter eher im Werk, jüngere auf der Baustelle eingesetzt werden. Wer auf der Baustelle arbeitet,
muss höhere körperliche Belastung ertragen – eine Anforderung, die jüngere Mitarbeitende besser erfüllen.
In der Werkstatt hingegen helfen Hebemaschinen den
älteren Mitarbeitenden, schwere Gewichte zu tragen.
Zudem sind sie hier nicht der Witterung ausgesetzt.
Der Vorteil der Älteren: Sie sind oft zuverlässiger, teamfähiger und dem Betrieb gegenüber loyaler. «Jeder
muss am richtigen Platz sein, von seinem Know-how,
seiner Leistungsfähigkeit und seinem Alter her.» Der
Verband will den Betrieben auch zeigen, in welchen
Bereichen sie die Fähigkeiten ihrer älteren Mitarbeitenden am besten einsetzen: etwa im Innenausbau, im
Sanierungsbereich oder im Treppenbau. Hier sind die
körperlichen Belastungen weniger hoch, dafür ist viel
Berufserfahrung gefordert.
Nachhaltigkeit von A bis Z
Schliesslich will der Verband das Ausbildungsangebot
erweitern und auf die verschiedenen Lebensphasen abstimmen. Der Vierzigjährige soll sich etwa so weiterbilden, dass er auch noch mit sechzig in der Branche
bleiben kann. «Damit signalisieren wir auch den jün-
geren Mitarbeitenden: In dieser Branche kannst du problemlos bis zur Pensionierung arbeiten», erklärt Rupli.
Das Konzept der Nachhaltigkeit, das in der Forstwirtschaft seinen Ursprung hat und sich durch die gesamte
Holzverarbeitung durchziehe, müsse der Betrieb auch
in seiner Personalpolitik umsetzen, fordert der engagierte Zentralpräsident. Dafür braucht es Arbeits- und
Laufbahnmodelle, mit denen jeder Mitarbeitende seine
individuelle Karriere gemeinsam mit dem Betrieb bis
zur Pensionierung plant und so das Beste für sich und
das Unternehmen herausholt.
Für die Umsetzung sieht Rupli allerdings einen langen
Weg vor sich. «Das Ganze ist nicht einfach», sagt er,
«wir haben noch viel Hausaufgaben zu erledigen.»
Doch ist er nicht einer, der das Brett da bohrt, wo es am
dünnsten ist. Gleich fünf Betriebe konnte er für das Pilotprojekt «Generationenmanagement Holzbau» gewinnen. Diese beginnen nun, unter Anleitung von
Helsana, die definierten Ziele umzusetzen.
■
Weitere Informationen
Der demografische Wandel führt zu einem
Mangel an qualifizierten Mitarbeitenden –
das Generationenmanagement von Helsana
hilft Unternehmen, rechtzeitig zu handeln.
www.helsana.ch/generationen
business 1/11