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queer-travel.net Ein Sonderheft von & Ausgabe 2/2012 Kurztrips Reisenews Argentinien Kaltstart Tango in Buenos Aires und Roadtrip durch Patagonien Wintertouren für Abenteuerlustige INHALT LIEBE LESERINNEN UND LESER, wenn es in Europa kalt und regnerisch wird, beginnt auf der Südhalbkugel das Frühjahr, die ideale Reisezeit also für Länder wie Argentinien. In Buenos Aires beleben sich die Straßencafés und auf der Plaza Dorrego im Tangokiez San Telmo trifft sich Alt und Jung zum Schwof im Außenraum. Vom Obelisken auf der Avenida 9 de Julio, dem Wahrzeichen im Herzen der Stadt, ist das Viertel nicht weit entfernt. Dass zwei Männer, wie auf unserem Cover, miteinander tanzen, ist in der vom Machismo geprägten argentinischen Gesellschaft nicht so ungewöhnlich. Der Tanz wird hier zum Sinnbild von Kampf und Wettstreit. Dass Schwule, Lesben und Trans* gleichgeschlechtlich Tango tanzen, ist hingegen ein noch junges Konzept für die Stadt am Río de la Plata. Statt im warmen Süden lässt sich der Winter aber auch gut in Regionen mit viel Schnee verbringen. Hauptsache, man ist warm eingepackt und bewegt sich dabei ordentlich. Es muss ja nicht immer nur beim Après-Ski sein … Ein paar Inspirationen dafür sollen euch die Themen in der vorliegenden Ausgabe geben. Man kann natürlich auch einfach gemütlich zu Hause auf dem Sofa bleiben und nur den Mauszeiger über den Bildschirm bewegen – auf unserem OnlinePortal queer-travel.net, etwa von den Events zu den Reiseberichten und wieder zurück. Ob mit oder ohne Bewegung: Wir wünschen euch einen ereignisreichen Winter! Elke Koepping & Tobias Sauer, Redaktion QUEER TRAVEL AMSTERDAM S. 28 PALMA DE MALLORCA S. 26 KALTSTART WINTERTOUREN FÜR FRAUEN & ABTAUCHEN IN DEN ALPEN S. 18 MAGAZIN S. 4 FAKTENCHECK ARGENTINIEN TITELTHEMA S. 16 ARGENTINIEN MEINUNG S. 30 Foto: istock/holgs S. 8 Schwule und lesbische Reisende machen überwiegend gute Erfahrungen im achtgrößten Land der Welt. Elke Koepping genoss Kultur- und Nachtleben im Ballungsraum der Hauptstadt Buenos Aires und Urs Küenzi begab sich mit Astrid Weiske auf einen abenteuerlichen Trip durch das dünn besiedelte Patagonien. Queer TraveL 2/2012 3 Fotos: WienTourismus/Peter Rigaud MAGAZIN Mehr Welt IGLTA erweitert Webangebot Wohin soll die nächste Reise führen? In die nähere Umgebung, nach Europa oder Übersee? Die International Gay and Lesbian Travel Association (IGLTA) hat ihre Website runderneuert und bietet Erholungssuchenden gebündelte Informationen zu schwullesbischen Reiseangeboten und Homoorganisationen weltweit. Gezielt gesucht werden kann nicht nur nach Informationen über Urlaubsregionen, sondern auch nach speziellen Reiseformen wie Städtetrips, Kreuzfahrten, Inselurlaub oder Wellness. Über die Website bieten einige Unternehmen auch Sonderangebote an, die direkt gebucht werden können. Insgesamt verzeichnet das Portal Kontaktadressen aus über 80 Ländern. Der Schwerpunkt liegt allerdings eher auf Europa und Amerika, also den Ländern, in denen die IGLTA über zahlreiche Mitglieder verfügt. Ideal, um sich beim Surfen für den nächsten Urlaub inspirieren zu lassen. tos lgbt.travel Mehr Wien Neues Infoportal Foto: istock/sack Wien liegt im Trend: Erstmals konnte die Stadt an der Donau im Jahr 2011 mehr als fünf Millionen Besucherinnen und Besucher begrüßen. Speziell an queere Reisende richtet sich die Website gayinvienna.com. Entwickler Bernd Seiser (Foto unten re.) bietet vor allem tagesaktuelle Tipps an, die die Tourismus-Information nicht liefert. Dort sind zum Beispiel Ausgehmöglichkeiten für Schwule zu finden, etwa der Club Why Not im 1. Bezirk, Lesbenbars wie das Inside und Orte, die auch für Transgender eine offene Atmosphäre bieten, wie die Bar Blue Angels. Darüber hinaus informiert die Seite punktuell über touristische Highlights der Stadt, zum Beispiel den Naschmarkt, in dessen Umgebung sich auch die schwullesbische Szene Wiens findet. Nicht alle 19 verfügbaren Kategorien sind derzeit gleich gut bestückt, Infos für Regenbogenfamilien etwa fehlen noch weitestgehend. Die Seite ist zunächst auf Englisch verfügbar, eine deutsche Übersetzung und Versionen fürs Handy sind in der Mache. Von der bisherigen Resonanz ist Bernd Seiser begeistert: In rund zwei Monaten hat das Portal über 3.300 Fans bei Facebook gewonnen, bei stark steigender Tendenz. tos Foto: WienTourismus/Peter Rigaud Foto: gayinvienna.com gayinvienna.com 4 Queer TraveL 2/2012 Mehr Gewinne! Keine Lust auf London, Wien, Paris? QUEER TRAVEL und Ebab verlosen ein Wochenende für zwei Personen in Berlin unter queer-travel.net MAGAZIN Koffer-Tratsch Diesmal mit: New York, Hawaii, San Francisco: Von April bis Juni war Frank Christian Marx in den USA unterwegs, um seinen Film „Männer zum Knutschen“ (ab dem 6. September im Kino) zu promoten. Mit Erfolg: Sieben Preise konnte das Team um den aus Trier stammenden Berliner inzwischen einheimsen. Gerade zurück vom Flughafen, lotst QUEER TRAVEL den gut gelaunten Schauspieler, Regisseur und Produzenten zum KofferTratsch. Dein neuer Film spielt in Berlin, beim amerikanischen Publikum kam das super an. Warum hat Berlin so einen guten Ruf im Ausland? Wenn du in Amerika bist, kannst du nicht auf der Straße trinken und die Kneipen machen um zwei Uhr nachts zu. In Berlin kannst du nächtelang durchfeiern, du kannst tragen, was du willst, du kannst sein, wer du bist. Gibt es etwas, was dir anderswo besser gefällt als in Berlin? In Berlin wird sehr viel gelabert. Es heißt oft: „Ja, wir müssten unbedingt mal was machen, ich hab ’ne ganz tolle Idee.“ Und dabei bleibt es dann. Ich habe den Eindruck, im Ausland wird mehr umgesetzt. In San Francisco hatten wir eine Idee für einen Kurzfilm. Von einem Tag auf den anderen sind wir einfach mit drei Leuten in eine Wohnung gefahren und haben gedreht. Dieser Pragmatismus gefällt mir gut. Du warst jetzt drei Monate am Stück unterwegs. Packst du deinen Koffer schon automatisch? Mein großes Ziel war, gar nicht zu packen und nur mit einer Umhängetasche ins Flugzeug zu steigen. Aber Fotos: priva t Frank Christian Marx, Berlin entekrossfilm.com „Männer zum Knutschen“ ab 6.9. im Kino dann dachte ich: Scheiße, du musst noch den Rasierer, Ladekabel, den Laptop einpacken, Pressehefte, DVDs – plötzlich hatte ich doch drei Koffer voll. Was ist immer dabei? Immer wenn ich ins Warme fliege, nehme ich T-Shirts mit V-Ausschnitt mit. Dann mein iPad, weil ich immer sehr viel lese, wenn ich nicht so viel zu tun habe, wie zum Beispiel im Flugzeug. Mein Glücks-Talisman muss dabei sein, das ist eine Messingmünze, die mir meine Mutter geschenkt hat. Und mein Rasierer, mit dem ich meinen Bart in Form bringe. Im Ausland bin ich dann immer der bärtige Berliner. Kriegst du so deine Rollen? Wenn du in New York oder San Francisco sagst: „Ich komme aus Berlin“, dann drehen die durch, nicht nur wegen der Stadt, sondern auch, weil es dann schnell heißt: „You’re nasty“, so versaut! Kannst du den Ansprüchen ans Versaute gerecht werden? Ein Gentleman schweigt und genießt. Gibt es ein Homo-Accessoire, das du immer dabeihast? Einen Dildo oder so? Ne. Aber auf dem Rückweg aus San Francisco nach Deutschland hatte ich für einen Freund einen Fleshjack dabei, so ein Sexspielzeug. Am Security Check hat der Beamte die Ver- packung gesehen und gefürchtet, da könnte etwas Explosives drin sein. Dann ging es los wie im Werbespot mit Harpe Kerkeling, wo die Kassiererin ruft: „Jutta, was kosten die Kondome?“ Der Beamte hat das Ding hochgehalten und eine Beamtin sehr laut gefragt: „Was ist denn das?“ Haben alle zu dir geguckt? Ja. Peinlich! Hast du ein Lieblingsmitbringsel? Ich bin ein alberner Souvenir-Käufer, kaufe auch gerne mal einen Koala-Bleistift-Anspitzer. Oder ein Glas mit der Brooklyn Bridge drauf, oh Gott! Du bist ein Souvenir-Shop-Opfer? Ja, in New York habe ich Freunde getroffen, denen habe schon einen Koffer mit Zeug nach Hause mitgegeben, damit ich mehr kaufen kann! Was machst du, um nach einer langen Reise wieder runterzukommen? Im Sommer geht das in Berlin wundervoll. Am liebsten fahr ich dazu an einen See. Und ansonsten auf meinem Balkon, im Prenzlauer Berg. Hast du einen Lieblingssee? Den Bärensee, ist doch klar, oder? tos Queer TraveL 2/2012 5 MAGAZIN Mehr Sicherheit? Foto: Imago/Itar-Tass Grüne: Auswärtiges Amt informiert ungenügend Demonstration von Schwulen und Lesben in Russland: Das Auswärtige Amt informiert über Gefahrengebiete weltweit – nicht ausführlich genug, meinen die Grünen. Reisende haben die Möglichkeit, sich vor Reiseantritt beim Auswärtigen Amt über mögliche Sicherheitsrisiken und Gefahrengebiete zu informieren. Aktuelles Beispiel: Russland. Das Amt hat auf seiner Website Hinweise über die neue Gesetzgebung aufgenommen, die für „Homo-Propaganda“ Geldstrafen vorsieht. Den Grünen geht die Informationspraxis des Amtes allerdings nicht weit genug. Sie kritisieren, dass bei einigen Staaten der Hinweis auf Verbote von Homosexualität fehle. Unklar bleibe auch, welche Handlung welche Strafe auslösen könne. Grünen-Sprecher Volker Beck sagte gegenüber QUEER TRAVEL, die Hinweise seien „nicht Fisch, nicht Fleisch“. Er fordert: Die Informationen müssten systematischer bereitgestellt werden, benötigt würden auch Verhaltenshinweise und Kontaktangaben für den Notfall. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes entgegnete, Angaben für „bestimmte Gruppen“ könnten lediglich fallweise aufgenommen werden, da die Reisehinweise nur eine Basisinformation darstellten. Wer sichergehen möchte, keine Länder mit homophober Gesetzgebung zu besuchen, sollte zusätzlich die Übersichtskarte „Lesben- und Schwulenrechte in der Welt“ der ILGA zurate ziehen. tos auswaertiges-amt.de; ilga.org MAGAZIN App-solut queer? Viele Reise-Apps ignorieren Lesben und Schwule Pack The Bag Für wen? Verpeilte Spätpacker, die beim Dingein-den-Koffer-Werfen die Hälfte vergessen. Einfach vorgefertigte Packlisten übernehmen, anpassen und abhaken. Queer-Faktor: Gar nicht. Gegenstände wie Gleitmittel, Kondome und alles andere aus dem sexuellen Umfeld bleiben ausgespart. Kategorien und Gegenstände können allerdings nach Belieben hinzugefügt werden und bleiben dann dauerhaft gespeichert. Fazit: Die Erweiterbarkeit macht das eingeschränkte Spektrum der aufgeführten Utensilien wieder wett. Die App sieht außerdem gut aus, funktioniert ohne Internetverbindung und ist kostenlos. Culture Crossing Für wen? Kurzurlauber, die die lokalen Benimmregeln nicht kennen. Auf Englisch enthält die App für über 165 Länder Tipps in neun Kategorien, darunter Augenkontakt, Gender und Berührungen. Queer-Faktor: So gut wie gar nicht. Wer wissen will, ob Küssen in der Öffentlichkeit okay ist, findet keine Infos. In einigen Fällen wird darüber informiert, dass Homosexualität illegal ist oder Körperkontakt nicht gern gesehen wird, vollständig sind die Listen aber nicht. Fazit: In jedem Reiseführer finden sich bessere Infos. Wenigstens ist die App kostenlos und funktioniert auch ohne Internetzugang. Flirta Für wen? Alle, die am Strand Traummann oder Traumfrau gesehen haben und in der Landessprache losbaggern wollen. Gewählt werden kann aus 300 Sätzen in 44 Sprachen. Beispiel: „Ich habe mich mit Eis bekleckert. Könntest du es von mir lecken?“ Queer-Faktor: Nicht besonders. Die sexuelle Orientierung kann nicht eingestellt werden. Lesben müssen deshalb „Flirten für Jungen“ auswählen, Schwule entsprechend „Flirten für Mädchen“. Fazit: Vielleicht ziehen Baggersprüche der billigen Kategorie besser, als man glaubt. Falls nicht: Körbe übersetzt die App auch. Funktioniert auch ohne Internetzugang. Preis: 4,99 Euro. tos 3 Tage inkl. F, 2 Nächte und L rühstück inz-Ca rd Linz.verändert, €96,- hautnah p im Doro Person ppelz imme r Party, Shopping, Relaxen in einer Stadt, die so gar nicht ins Österreich Klischee passt. Die Kulturhauptstadt Europas hat an ihrem internationalen Flair auch nach dem Jahr 2009 nichts eingebüßt. Die Stadt und Ihre Bewohner zeigen sich weiterhin von Ihrer kreativsten Seite. Die Hauptstadt Oberösterreichs, ist bekannt dafür, hip, trendy und am Puls der Zeit zu sein. Besonders in den letzten 20 Jahren hat sich Linz zum innovativen Kultur- und Naturmekka entwickelt. Linz greift Trends auf, verbindet Neues und Zeitgenössisches in harmonischer Symbiose und die Zukunft wird hier zum Greifen nahe. Das macht Linz nicht nur spannend, herausfordernd und innovativ, sondern vor allem eines: sehr schwul. Apropos, die Gay Szene ist in Linz überschaubar, dafür aber abwechslungsreich. Auch abseits des nächtlichen Treibens hat Linz für Schwule einiges zu bieten: Unter dem Motto „Linz verändert“ ist die Landeshauptstadt Schauplatz für Kunst, Geschichte, Wissenschaft und Architektur vom Feinsten. Wer dann kulturgesättigt ist, für den darf ein ausführliches Shopping-Erlebnis in einem Gay-Hotspot nicht fehlen. Lassen Sie sich überraschen bei Ihrem Linz-Wochenende ab € 96,- pro Person im Doppelzimmer im 3* oder 4* Hotel inkl. Frühstück und 3-Tages Linz-Card, mit der Sie die öffentlichen Verkehrsmittel inkludiert haben, alle Linzer Museen, die Auffahrt auf den Pöstlingberg und sogar einen Restaurantgutschein, wie viele andere Vergünstigungen für die individuelle Stadterkundung. Buchung und Information: Tourist Information Linz, Hauptplatz 1, 4020 Linz Tel. +43 732 7070 2009, tourist.info@linz.at www.linz.at/tourismus I www.linz-tourismus.info www.gay-in-linz.at LINZ TOURISMUS argentinien Kaum ein Land hat in den letzten Jahren so viele positive Schlagzeilen in Sachen Homorechte gemacht wie Argentinien. Auch als Urlaubsziel wird es bei Schwulen und Lesben zusehends beliebter. Wir fanden ein paar Gründe, warum. Foto: Javier Fuentes TITELTHEMA TITELTHEMA buenos aires Evita-Skulptur von Alejandro Marmo, Foto: Celeste Lafourcade Eine Diva mit Taktgefühl Text von ELKE KOEPPING it ihren 20 Fahrstreifen auf 140 Metern gilt die Avenida 9 de Julio in Buenos Aires als breiteste Straße der Welt. Die Prachtstraße, für deren Bau seit den dreißiger Jahren eine regelrechte Schneise in die Stadt geschlagen wurde, ist nach dem argentinischen Unabhängigkeitstag benannt, dem 9. Juli 1816. Seit rund einem Jahr thronen dort, ganz in der Nähe des Obelisken, zwei gigantische Evita-Bildnisse über der Straße, die lächelnd den M „ Homophobie und Diskriminierung sind mit Identitätsgesetz und Homoehe nicht auf einen Schlag vorbei. Aber es ist eine Botschaft an die Gesellschaft, dass die Regierung hinter uns steht. Erste Veränderungen sind deutlich spürbar. “ Verkehrslärm und das Geknäule aus altersschwachen Bussen und schwarz-gelben Funktaxis ignorieren. Die amtierende Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner ließ sie im Spätsommer 2011 am höchsten Gebäude der Straße anbringen, dem Ministerio de Desarrollo Social (Ministerium für Arbeit, Soziales und Frauen). Hier, vor dem Ministerium, hielt Evita ihre letzte Rede, anlässlich der Wiederwahl ihres Mannes Juan Perón zum argenti- nischen Präsidenten. Nur wenige Monate später, am 26. Juli 1952, starb sie. Im Sommer 2012 jährte sich ihr Todestag nun zum 60. Mal. Emotional, um nicht zu sagen: irrational ist das Verhältnis vieler Argentinierinnen und Argentinier zu Eva Perón bis heute, ungebrochen ihre Popularität. Nur wenige sind in der Lage, sie als skrupellose politische Einflussnehmerin an der Seite ihres Mannes zu hinterfragen – das demokratische Regierungsmodell ist noch zu jung und die politische Bildung in weiten Teilen der Bevölkerung ungenügend. So nimmt es nicht weiter wunder, dass Cristina Kirchner sich und ihren verstorbenen Ehemann Néstor wiederholt als die „wahren Erben von Evita und Juan Perón“ verstanden wissen will. Sicher, sie gehört der heute noch existierenden Peronistischen Partei an, die unter veränderten politischen Vorzeichen regiert. Dennoch ist es in europäischen Augen ein erstaunlicher Vorgang, wenn eine demokratisch gewählte Präsidentin eine Militärregierung mit deutlich faschistoiden Zügen als historische Bezugsgröße wählt. Alles im Namen des Populismus – über gewisse Widersprüche sieht man in Argentinien dabei durchaus großzügig hinweg. „Kirchner wird als die neue Evita gefeiert und die Opposition von der Bevölkerung nicht als notwendige demokratische Kraft wahrgenommen, sondern als regierungszersetzend.“ Gabriela Waisman, die sieben Jahre lang auf eigenes Risiko das schwullesbische Filmfestival in Buenos Aires organisierte, warnt vor einem wachsenden Fundamentalismus im Land. „Die Leute sind nach der langen Zeit der Militärdiktatur einfach nicht in der Lage, sich politisch und historisch zu verorten und danach zu handeln.“ Die Freelancerin gab 2010, trotz eines großen Publikumserfolgs und weltweiter Anerkennung, das Festival auf. Aufgrund der chaotischen Vergabepraxis von Fördermitteln erhielt sie nahezu keinerlei institutionelle Unterstützung im eigenen Lande, während sie paradoxerweise immer wieder als für die Kultur der Stadt unverzichtbare Persönlichkeit ausgezeichnet wurde. „Die Stadt ist seit dem Staatsbankrott im Jahr 2001 infrastrukturell stark heruntergekommen. Selbst Leute mit guter Ausbildung haben Probleme, ihr Auskommen zu finden. Es gibt keinerlei Stabilität auf dem Arbeitsmarkt, die Bildungsdefizite wachsen. Die Korruption von Behörden und in Regierungskreisen ist immens, während sich die Medien überwiegend in Regierungshand befinden.“ Dennoch sieht sie das Engagement der Präsidentin für LGBTI-Belange im Lande positiv. Wie viele andere auch ist sie der Auffassung, dass die Bewegung ohne diese heute längst nicht dort stünde, wo sie sich befindet. „Es ist schon irre, wenn man bedenkt, dass Argentinien vor 30 Jahren noch eine Militärdiktatur war – und jetzt haben wir die gleichgeschlechtliche Ehe!“, erzählt Alejandro Nasif Salum. Er ist der Sprecher der Federación Argentina LGBT, des Dachverbandes aller Homoinitiativen des Landes, dem heute mehr als 60 Organisationen angehören. Im Jahr 2010 wurde per Gesetz die gleichgeschlechtliche Ehe nicht nur ermöglicht, sondern der Hetero-Ehe in allen rechtlichen Belangen gleichgestellt. Zuletzt wurde im Mai dieses Jahres eines der weltweit progressivsten Gesetze in Sachen Genderidentität vom Parlament verabschiedet. Es ermög- Queer TraveL 2/2012 9 TITELTHEMA Fotos: Javier Fuentes (o.), privat (mi.), Astrid Weiske (re. u.), wikimedia commons/ Pablo Dodda (li. u.) Tango und Fußball: die beiden großen argentinischen Leidenschaften. Das Fußballstadion der „Boca Juniors“ (unten) heißt im Volksmund liebevoll „La Bombonera“ – die Pralinenschachtel. Der jung verstorbene Tangosänger Carlos Gardel gilt als Volksheld – genau wie Evita. WANN? Patagonien: September bis März. Buenos Aires: ist immer eine Reise wert, von April bis August ist es aber kühl bis nasskalt. Palacio Alsina, Monserrat Adolfo Alsina 940 freitags, schwullesbisch Beste Party: facebook.com/ fiesta.dorothy?ref=ts WO? Pink Point, Schwullesbische Touristeninformation Mo–Fr 10–17 Uhr, Sa 10–13 Uhr, Av. de Mayo 1370, Palacio Barolo, 10. Stock, Zi. 261 pinkpointbuenosaires.com CRUISEN Reserva Ecológica, Puerto Madero Av. Int. H. M. Giralt Schwullesbische Stadtpläne: mapabsasgay.com.ar (auch lesbisch) gmaps360.com (eher schwul) thegayguide.com.ar WIE? Europäischen Großstädten vergleichbar liberal, zahlreiche Ausgehmöglichkeiten und „gayfriendly“ Hotels SCHWUL Cocoliche, Centro Rivadavia 878 freitags u. samstags cocoliche.net Bahrein, Centro Lavalle 345 freitags u. samstags bahreinba.com 10 Queer TraveL 2/2012 LESBISCH Fiesta Jolie, Palermo Uriarte 1254 mittwochs ab 21 Uhr facebook.com/groups/ fiestaybarjolie/ María, San Telmo Balcarce 563 freitags ab 2 Uhr Sitges, Palermo Av. Córdoba 4119 mittwochs bis sonntags schwullesbische Bar sitgesonline.com.ar CAFÉS Pride Café, San Telmo studentisch, schwullesbisch Balcarce 869, 11–20 Uhr Las Violetas, Almagro trad. Confitería, Av. Rivadavia 3899 lasvioletas.com Confitería La Ideal, Centro trad. Confitería, Suipacha 380/4 confiteriaideal.com licht die Änderung des Geschlechts auf der Geburtsurkunde und damit in allen Passdokumenten im Rahmen eines reinen Verwaltungsaktes. Ohne medizinische Untersuchung, ohne psychologische Beratung und vor allem: ohne Gerichtsverfahren. Es wirkt beinahe so, als hätte Argentinien nach der langen Zeit der Diktatur einiges nachzuholen in Gleichstellungsfragen und holte dies nun alles auf einen Schlag nach. Jungen Aktivistinnen und Aktivisten wie dem erst 28-jährigen Alejandro merkt man eine regelrechte Aufbruchsstimmung an, eine Offenheit für Neues. „Klar sind Homophobie und Diskriminierung damit nicht auf einen Schlag vorbei“, sagt er. „TransgenderFrauen, besonders im Sexgewerbe, werden immer noch von der Polizei drangsaliert. Aber es ist eine tolle Botschaft an die Gesellschaft, dass die Regierung hinter uns steht. Erste Veränderungen sind deutlich zu spüren.“ Derzeit werben auch argentinische Tourismusbehörden und Reiseveranstalter massiv um die Homo-Zielgruppe. Rund ein Fünftel aller Reisenden, die 2008 Argentinien besucht haben, sollen laut einer Studie der Tourismusbehörde von Buenos Aires schwul, lesbisch, bi- oder trans* gewesen sein. Umgerechnet wären das etwa 900.000 Menschen. Mar del Plata am Südatlantik, südöstlich von Buenos Aires gelegen, gilt mit seinem 20 Kilometer langen Strand als schwules Urlaubsmekka. Mendoza, die Weinanbauregion des Landes, ist seit 17 Jahren Veranstaltungsort eines gigantischen schwullesbischen Weinfestes mit Kür eines schwulen Weinkönigs und einer Drag-Wein-Queen. Und in Bariloche soll in diesem Jahr die erste schwullesbische Skiwoche stattfinden. Darüber hinaus bietet Patagonien außergewöhnliche Naturerlebnisse, die bei der schwullesbischen Zielgruppe gut ankommen – so mutmaßen zumindest die Tourismusexperten. Der genannten Studie zufolge zieht es jedoch nur 30 Prozent der LGBTI-Besu- ESSEN Las Cabras, Palermo trad. arg. Küche zu günstigen Preisen, Fitz Roy 1795 La Brigada, San Telmo trad. Parilla (Fleisch vom Grill) Estados Unidos 465 SHOPPEN Markthalle, San Telmo Mercado de San Telmo mercadodesantelmo.com Flohmarkt, San Telmo sonntags: Plaza Dorrego Friedhof La Recoleta Azcuénaga, Ecke Quintana Evitas Grab OPER Teatro Colón, Centro Cerrito 628 teatrocolon.org.ar Weitere Artikel über Argentinen: queer-travel.net DIE COVERMODELS QUEER TANGO dienstags, San Telmo Buenos Aires Club, Perú 571 tangoqueer.com freitags, Centro La Marshàll @ El Beso, Riobamba 416 lamarshallmilonga.com.ar Festival 19.–25. November 2012 festivaltangoqueer.com.ar AUSFLÜGE Tigre-Delta: ab Bahnhof Retiro 1 Stunde Fahrzeit Montevideo (Uruguay): ab Hafen Dársena Norte mit der Fähre EVITA Museo Evita, Palermo Lafinur 2988 www.museoevita.org ALEJANDRO FIGLIOLO (links) unterrichtet Tango in Buenos Aires und weltweit. Er verfügt über eine Ausbildung im zeitgenössischen Tanz und arbeitet als Choreograf. alejandrofigliolo.com.ar SERGIO SEGURA (rechts) unterrichtet Tango in New York, wo er u. a. das erste „Open Role Tango Festival“ (14.–21.10.12) ausrichtet. openroletango.com TITELTHEMA cherinnen und Besucher ins Landesinnere, 70 Prozent blieben hingegen in der Hauptstadt. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn die derzeitige Aufbruchsstimmung in der schwullesbischen Szene ist gerade in Buenos Aires zu spüren. Die europäischste aller südamerikanischen Großstädte lockt darüber hinaus mit gut erreichbaren Naherholungsgebieten wie dem Tigre-Delta und einem aufregenden Nachtleben. Wer vorhat, sich ausführlich dem Clubbing zu widmen, sollte allerdings eine gute Kondition mitbringen: Die Argentinierinnen und Argentinier sind ein spätes Abendessen gewöhnt, das durchaus bis Mitternacht dauern kann. Vor zwei Uhr nachts läuft in den Clubs gar nichts. Neben einer guten Zahl eher mainstreamiger schwuler Clubs treffen sich Männer auch im Cocoliche und Bahrein. Das Cocoliche ist für Freunde elektronischer Tanzmusik ein Muss. Es ist ein sehr kleiner, dunkler und leicht verruchter Ort, in dem internationale Top Acts auflegen, wie sie aus dem Berghain in Berlin bekannt sind. Das Bahrein spielt ebenfalls Techno und hat freitags und samstags – bei eher jungem Altersdurchschnitt – einen hohen Schwulenanteil. Wie in vielen anderen Städten weltweit auch sind Lesben in der Öffentlichkeit weniger sichtbar als Schwule. Feste Locations zum Ausgehen gibt es kaum, ein Großteil der Termine für Lesbenpartys wird nur über Facebook bekannt gegeben. Eine sorgfältige Recherche der Clubnächte im Vorfeld der Reise ist also angeraten. Mit günstigen Getränken und eher familiärer Atmosphäre bei undergroundig-rockiger Musik lockt die Fiesta Jolie mittwochs, eine der wenigen Partys, die schon vor Mitternacht starten. Nicht entgehen lassen sollten sich Clubgängerinnen die Frauenparty María, die freitags in San Telmo stattfindet. Gegen drei Uhr nachts wird der Laden urplötzlich krachend voll und eine unüberschaubare Masse dicht gedrängt stehender Frauen zwischen 25 und 35 swingt zu mainstreamigen Latinorhythmen, so dass es schier unmöglich ist, sich dieser Feierstimmung zu entziehen. Der Tanz jedoch, für den Argentinien schlechthin steht, der Tango – von der UNESCO im Jahr 2009 zum Weltkulturerbe erklärt –, gilt in argentinischen Schwulen- und Lesbenkreisen als Teil der konservativen Geschlechterordnung. Der Tango Argentino zementiert in seinen Rollenzuschreibungen Männlichkeit und Weiblichkeit auf eine Weise, die einem liberalen Gesellschaftsmodell konträr entgegensteht. Und die konservative Masse der Tanzenden verweigert sich in den etablierten Veranstaltungen einer Aufweichung der Regeln. Gleichgeschlechtliche Paare fliegen nach wie vor aus traditionellen Tanzveranstaltungen heraus, doch auch hier zeichnet sich eine Öffnung nach außen ab: Professionelle schwule Tänzer und lesbische Tänzerinnen engagieren sich für die stetige Etablierung einer Queertangoszene. Auch die Regierung sichert Veranstaltungen wie dem Queer Tango Festival ihre Unterstützung zu. Noch ist die queere Tangogemeinde etwas kleiner als in vergleichbaren europäischen Städten, doch sie ist im Wachsen begriffen. Ob es gelingt, all diesen Anfängen, sei es im Tango oder auf der Straße, eine solide gesellschaftliche Basis zu verschaffen, wird sich zeigen. Fotos: Javier Fuentes (ganz o., unten li. u. re.), Astrid Weiske (m. re.) Foto: Torsten Moebis ELKE KOEPPING tanzt zwar seit 15 Jahren Tango, war aber noch nie in Buenos Aires. Ihr Aufenthalt wurde über eine Pressereise der argentinischen Tourismusbehörde ermöglicht. Mega-Tanztempel: der Palacio Alsina (oben) in einem alten Industriebau ist der größte Club der Stadt. Einen Besuch im Teatro Colón (links) sollten Opernfans nicht verpassen. TITELTHEMA Naturromantik: Sonnenaufgang bei Bariloche (oben) und relaxen am Fuße des Fitz Roy (links). Unten: Astrid Weiske und Urs Küenzi reisten im Dezember 2011 drei Wochen durch Patagonien Unterwegs mit Butch Cassidy und Sundance Kid Text von URS KÜENZI Fotos von ASTRID WEISKE UND URS KÜENZI onnenaufgänge über verschneiten rosaroten Bergen am Horizont einer hügeligen Steppenlandschaft, durch den sich mäandernd die Straße zieht. Ständig „WOW! WOW! WOW!“ ausrufend aus dem Mietwagen steigen, staunen, fotografieren und sich versichern, dass das alles echt ist. Gauchos reiten am Straßenrand. Guanacos, die für Argentinien typischen, wild lebenden Lamas, unzählige Hasen und hühnerartige, hysterische Vögel hüpfen herum. Kopfsprünge in kaltes, klares, tiefblaues Wasser von Bergseen. Wanderungen über Geröllfelder und durch knorrige Tannenwälder. Dabei Rossbremsen mit Grasbüscheln abwehrend, als würde man Buße tun. Eins sein mit sich und der Natur. Patagonien hat mich dahin gebracht, wo andere wohl durch jahrelange Meditation hinkommen. Ein anderes Fazit ist angesichts der überwältigenden Natureindrücke und der sich jagenden Höhepunkte kaum möglich. Das in angemessene Worte zu Queer TraveL 2/2012 fassen schafft nur ein Literat S 12 wie Bruce Chatwin, der den Süden Argentiniens in seinem Buch „In Patagonien“ hervorragend beschreibt. Patagonien hat mir auch Astrid Weiske nahegebracht. Die Berliner Tangolehrerin lernte ich in Buenos Aires auf einer Queer Milonga kennen und erzählte ihr von meinen Reiseplänen. Kurzerhand beschlossen wir, gemeinsam loszuziehen. Immer mit der Möglichkeit im Hinterkopf, alleine weiterzureisen, sollten wir uns nicht verstehen oder woanders hin wollen. Wir wussten nur, dass wir gut drei Wochen Zeit hatten. Natürlich dachte ich, das ist mal wieder typisch Urs, ausgerechnet mit einer Butch auf Reisen zu gehen anstatt mit einem heißblütigen Porteño. Aber Letztere verlassen ihre Stadt sowieso nur, um ins benachbarte Tigre oder nach Mar del Plata zu fahren, dem argentinischen Pendant zum Ballermann. Alles außerhalb von Buenos Aires erscheint den Hafenbewohnern suspekt und vor allem: zu kalt. Kalt war es glücklicherweise selten, denn erstens reisten wir im Hochsommer und zweitens herrschte gerade eine Hitzewelle. Dennoch waren wir TITELTHEMA Naturgewalten im Nationalpark Los Glaciares, der Teil des UNESCOWeltnaturerbes ist: Während der Fitz Roy, der „rauchende Berg“, sich schweigend in Wolken hüllt, knackt und knarzt der Gletscher Perito Moreno (rechts). In der Pinguinkolonie Punta Tombo, südlich von Trelew. Rund 500.000 MagellanPinguine leben hier. froh um warme Kleidung, denn in den Anden wechselt das Wetter manchmal im Minutentakt zwischen sommerlichen und fast winterlichen Temperaturen. Der Himmel von Vulkanasche verschleiert, apokalyptische Visionen. Eine Sesselliftfahrt auf eine Bergkuppe, steile Abhänge, die dich taumeln lassen. Winde, in die man sich hineinlehnen kann, in Gegenden ohne Spuren von Zivilisation. Das Gefühl, gänzlich von reinster Natur umgeben zu sein. Tränen der Rührung nahe inmitten von Tausenden watschelnden und quäkenden Pinguinen zu knien. Einem Killerwal zuzusehen, wie er eine Robbe vom Strand schnappt, als wär’s ein Buffet. Das Gefühl, in einem Tierfilm zu sein. Unsere Reise führte uns zuerst nach Bariloche, ein rund 1.500 Kilometer südwestlich von Buenos Aires gelegenes Städchen, das aussieht wie die misslungene Kopie eines Schweizer Bergdorfes. Wunderschön ist aber die Seenlandschaft rundum. Doch warum war die Luft so diesig? Tatsächlich spuckte der 93 Kilometer nordwestlich in Chile gelegene Vulkan Puyehue Asche. Je nach Windrichtung überzog ein apokalyptischer grauer Schleier den Himmel. Eine erste Wanderung führte uns zum Refugio Frey, einer Berghütte, vor der ein paar langhaarige Kletterfritzen versuchten, zwei Mädels zu beeindrucken. Wir unterhielten uns lieber mit anderen Wanderern bzw. Wanderinnen, die auch nicht wie Outdoor-Fanatiker aussahen. Als offensichtlich Schwuler und Lesbe fühlten wir uns nie komisch. Wir waren auch nicht die einzigen Homos unterwegs, vor allem Lesbenpaaren sind wir öfter über den Weg gelaufen. Die Einheimischen waren jederzeit gastfreundlich und zuvorkommend, ganz anders als in mancher europäischen Provinz. Nach der langen Wanderung fielen wir im Hostel erschöpft ins Bett. Wenn Astrid nur nicht so schnarchen würde! Und wenn ich bloß nicht so ein Morgenmuffel wäre! Klar gab es zwischen uns kleine Reibereien. Die Queer TraveL 2/2012 taten dem Vergnügen aber keinen 13 TITELTHEMA San Miguel de Tucuman Resistencia Achtung Guanacos: eine der typischen unasphaltierten Straßen im Hinterland Mendoza BUENOS AIRES Río de la Plata San Carlos de Bariloche Zu Besuch auf einer Estancia (Landgut) bei El Calafate Península Valdés Los Altares Trelew El Chaltén Fitz Roy PATAGONIA Perito Moreno El Calafate TIERRA DEL FUEGO Foto: Karin Schupp Cabo de Hornos Auch im Hinterland bekennt die argentinische Homobewegung deutlich Farbe: Graffiti am Bahnhof von Trelew Rund 200 Kilometer südlich von Bariloche: Blick auf Cholila, wo Butch Cassidy und Sundance Kid längere Zeit lebten 14 Abbruch. Patagonien war viel zu beeindruckend, als dass wir uns mit Kleinigkeiten aufgehalten hätten. Also setzten wir noch einen obendrauf und mieteten in Bariloche für eine Woche ein Auto, um einmal quer durchs Land zur Península Valdés am Atlantik und zurück zu brettern. Astrid, die ganz dem Klischee entsprechend auch Motorrad fährt, raste zu meinem Schrecken tatsächlich drauflos. So blieb mir vor allem auf den häufig unasphaltierten Schotterstraßen manchmal das Herz stehen. Die Fahrt durch die Provinz Chubut führte über steppenartige Ebenen und durch wilde Canyons. Am Atlantik angekommen, entdeckten wir in Trelew das Hotel Touring Club mit seinem kolonialen Charme. In dessen altmodischer Brasserie hing ein Steckbrief: „Wanted: Butch Cassidy“. Jetzt war klar, wer wir beide waren: Butch Cassidy und Sundance Kid, die legendären Bank- und Zugräuber, die Patagonien um 1900 unsicher machten. Doch so viel Zeit wie die beiden hatten wir nicht. Außerdem war der Queer TraveL 2/2012 Tank fast leer. In Patagonien kommt es selbst in größeren Städten wie Trelew zu Benzin-Engpässen, was kilometerlange Warteschlangen bedeuten kann. Nach zwei Stunden Anstehen füllten wir endlich den Tank und traten etwas bang die Rückreise nach Bariloche an. Auf halbem Weg, den Benzinzeiger schon wieder auf Rot, kamen wir spätnachts in Los Altares an, wo es glücklicherweise Benzin gab. Vollkommen ohne Gedanken, nur noch staunend, auf einem Gipfel sitzen – gerade fliegt ein Kondor so nah vorüber, dass seine Federn einzeln zu sehen sind. Am Fuß des Fitz Roy stehen, einem der schönsten Berge der Welt (und das schreibt ein Schweizer!). Stundenlang dem Schauspiel der um diesen Gipfel flutenden und wirbelnden Wolken zuschauen. Dem himmelblauen Gletscher Perito Moreno zuhören, wie er knarzt und knorzt und wie dann und wann ein riesiger Eisbrocken donnernd in den Lago Argentino fällt. Zurück in Bariloche, beschlossen wir, angesichts der enormen Distanz ins 1.500 Kilometer südlich gelegene El Calafate mit dem Bus zu reisen. Dort, im Nationalpark BARILOCHE UND UMGEBUNG Hier gibt es zahlreiche Seen, die zum Baden einladen, und Wandermöglichkeiten für jedes Niveau. Übernachten: Condor de los Andes Günstiges, einfaches Hostel, zentral gelegen mit freundlichem Service. Da sie auch ein Hostel in El Chaltén betreiben, kann man bereits in Bariloche reservieren. condordelosandes.com Wandern: Halbinsel Llao Llao Einfache Wanderung (2–3 Stunden), tiefblaues Wasser, spektakuläre Sicht auf Berge. Einfach mit dem Bus zu erreichen. TRELEW Guter Ausgangspunkt für Ausflüge nach Punta Tombo und zur Península Valdés Übernachten: Hotel Touring Club Altes, koloniales Hotel mit schöner Brasserie. touringpatagonia.com.ar PENÍNSULA VALDÉS Am Puerto Piramides gibt es zahlreiche Übernachtungsmöglichkeiten und einen schönen Strand. Die Touristeninformation hat eine Hotelliste. In der Hochsaison empfiehlt es sich, vor Anreise zu reservieren. EL CHALTÉN Ganz im Süden in den Anden gelegenes Bergdorf. Von hier aus kann man zahlreiche Wanderungen unternehmen. Für Geübte: Die Wanderung an den Fuß des Fitz Roy nicht verpassen. Dauer ca. 6–8 Stunden. Übernachten: Condor de los Andes Unbedingt vorher reservieren, da El Chaltén vor allem in der Hochsaison schnell ausgebucht ist. condordelosandes.com Euer Urlaub ist unsere Leidenschaft Weitere Artikel über Argentinien: queer-travel.net Urlaub ist, wenn man sich um nichts kümmern muss. Deshalb bekommt Ihr bei uns alles, was Ihr für Euren Urlaub braucht! Ausgangspunkt der ersten Wanderung: Refugio Lynch bei Bariloche Los Glaciares, standen wir endlich vor dem Gletscher Perito Moreno, der zum UNESCO-Weltnaturerbe gehört. Da El Calafate sonst nicht viel zu bieten hat, fuhren wir direkt nach El Chaltén weiter, einem Dorf am Fuß des wolkenumwehten Berges Fitz Roy, der deswegen auch Cerro Chaltén genannt wird, „rauchender Berg“. Hier kann man unzählige Wanderungen für jedes Niveau unternehmen. Ein letztes Mal schwelgten wir in der von Menschen fast unberührten Natur und genossen die vielfältigen Stimmungen des Lichts, bevor wir an Silvester, um eine Freundschaft reicher, wieder an unserem Ausgangspunkt im rund 3.000 Kilometer entfernten Buenos Aires landeten. URS KÜENZI ist Kunsttheoretiker und freier Kurator. Seit 2007 betreibt er in Berlin den Kunstraum Substitut. Er reiste im Dezember 2011 mit Astrid Weiske durch den Süden Argentiniens. - Urlaubs-Pauschalreisen - Preisvergleiche aller namhaften Veranstalter - Linien-und Charterflüge - Hotel und Mietwagen - Kreuzfahrten - DB-Fahrkarten - Reiseversicherungen Infos, Beratung & Buchung: Michael Bärsch michael.baersch@hapag-lloyd-reisebuero.de 12159 Berlin (Friedenau), Rheinstr. 9 Tel: 030-8500050 / Fax: 030-85000525 www.hapag-lloyd-reisebuero.de/berlin7 FAKTENCHECK Argentinien zahlenreich 17,8 Im Jahr 2008 waren laut einer Studie der Tourismusbehörde Prozent aller Besucherinnen und Besucher des Landes schwul oder lesbisch. 6. Queer Tango Festival in Buenos Aires findet vom 19.–25. November 2012 statt. Das 4 Butch Cassidy und Jahre Sundance Kid waren sesshaft: 1901 ließen sie sich in Cholila in Patagonien nieder, setzten ihre Raubzüge ab 1905 jedoch wieder fort. Vom 3.–8. September 2012 findet mit der Fiesta de la Nieve Gay Mal in Bariloche zum ein schwullesbisches Ski-Wochenende statt. 1. In Punta Tombo in Patagonien leben 500.000 Magellan-Pinguine. Darunter zahlreiche gleichgeschlechtliche Brutpaare. 55 zu 0 Stimmen gab es im Senat für die Einführung des Gesetzes, das die Änderung des Geschlechts auf der Geburtsurkunde erlaubt. 300 Infos zusammengestellt von Elke Koepping Rund Jahre alt sind die ältesten Kakteen im Nationalpark Los Cardones bei Salta. Sie können 3 Meter hoch werden. Bei der Vendimia Gay in Mendoza werden am 9. März 2013 Mal zum eine Drag-Wein-Queen und ein schwuler Weinkönig gekürt. 18. 2.697 Von Juli 2010 bis Juli 2011 gab es gleichgeschlechtliche Eheschließungen. KALT start Ob von null auf hundert mit dem Huskyschlitten durch Lappland oder Eistauchen in Frankreich: Etwas Mut zum Experiment sollte man für diese Wintertouren mitbringen iStock/jpa1999 WINTERTOUREN Schneeköniginnen Fotos: Weiberhof (Bild links), 8seasons4women (rechts) Winterreisen für Frauen Abstand vom stressigen Alltag: winterliche Idylle auf dem Weiberhof, Südsteiermark (Österreich) Wildnis pur im Blockhüttencamp in Lappland. Vor dem Saunieren wird bei der Gewinnung des Eiswassers selbst Hand angelegt. Text von DANA MÜLLER er Winter ist kalt, nass und dunkel, trotzdem begeistern sich viele Menschen geradezu für Winterurlaube: Ski fahren, schneewandern, Iglus bauen. Einige Agenturen bieten sogar gezielt Reisen für reine Frauengruppen an. QUEER TRAVEL fragte nach: Woher kommt die rätselhafte Faszination für Kälte, Schnee und Eis? Melissa* fährt Langlaufski, seitdem sie denken kann. Schon mit drei Jahren stand sie auf den Brettern. Früher war sie den ganzen Tag auf den Skiern unterwegs und legte dabei schon mal 50 Kilometer zurück. Heute reichen ihr auch vier Stunden und 20 Kilometer. Sie fährt jedes Jahr Ende Februar für eine Woche nach Österreich in die Berge. „Wenn richtig Schneesturm ist und total viel Wind weht, dann macht das auch keinen Spaß“, sagt sie. „Ich mag Kälte überhaupt nicht. Das steht zwar meinem Hobby entgegen, aber das Skifahren gleicht das wieder aus“. Winterurlaub bedeutet für sie vor allem eins: Energie tanken. „Wann ich glücklich bin? Das sind komischerweise diese Momente, wenn ich im Schnee rumrutsche und es bergab geht. Wenn ich so richtig auf der Strecke entlangpesen kann, die Sonne scheint und es knallhell ist, das ist einfach toll“. Sie gerät dabei regelrecht ins Schwärmen. D *Name von der Redaktion geändert Aktivurlaub im Schnee: Körperliche Bewegung bei Schnee und Minusgraden in der Natur – was soll daran toll sein? Mehr als gedacht, wie unsere Autorin Dana Müller herausfand. Ganz sicher wäre sie da in Sachen Winteraktivurlaub auch ein Fall für Kiru Weidner und Gudrun Queitsch von der Reiseagentur Alpinkreativ. Mit den beiden und mit Schneeschuhen an den Füßen geht es in eisige Höhen in Südtirol. Während für den Langlauf Loipen vonnöten sind, also von Menschenhand präparierte Strecken, die es mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden gibt, kommt man mit Schneeschuhen in Regionen, die mit den Skiern nie zu erreichen wären. Abgesehen davon, dass für das Schneeschuhwandern kein langjähriges Training nötig ist. Kiru erklärt kurz die Schritttechnik, danach heißt es: Schuhe an, los geht’s. Kiru ist Wanderleiterin, Heilpraktikerin und einiges mehr. Doch ihre wahre Passion sind die Berge. „Mir geht in den Bergen das Herz auf. Da wird der Kopf frei und leicht. Und der Alltag ist einfach 2.000 Meter weiter unten.“ Die Wanderungen gehen bis über die Baumgrenze, dort gibt es nur noch Felsen, Schnee und Wind – und vielleicht ein paar Schneehühner oder -hasen. Für sie ein befreiendes Gefühl von Weite. „Wenn es im Winter –15 Grad Celsius sind, dann spürt man diese Freiheit.“ Im frisch gefallenen Schnee, der noch keine anderen Fußspuren trägt, geht sie mit ihren sechs bis zehn Mitreisenden durch die unberührte Alpenlandschaft, Gletscherblick und Eisskulpturen an gefrorenen Bergbächen inklusive. Bei Übernachtungen in Berghütten kommt obendrauf noch echte Bilderbuchromantik. „Wenn es dunkel wird, dann sieht man die Sterne noch stärker leuchten als im Sommer. Auch der Himmel kriegt eine ganz andere Leuchtkraft mit dem Schnee. Und wenn der Vollmond auf den Schnee scheint, das ist ein Licht – das ist unglaublich“, sagt Kiru. Und spätestens wenn man sich in der Berghütte abends mit seiner Liebsten unter die Bettdecke kuschelt und gemeinsam den Mond anheult, vergisst wohl jede die eisige Kälte draußen vor der Tür. Katharina Koch-Hartke und Johanna Heinrich von der Reiseagentur 8seasons4 women bewegen sich mit ihrem Angebot in einer ganz anderen Region: Sie locken mit Aktivurlaub Frauen nach Nordschweden. Vor einigen Jahren zog es die beiden unabhängig voneinander nach Lappland. Dort begegneten sie sich und entdeckten nicht nur ihre Leidenschaft füreinander, sondern Queer TraveL 2/2012 19 Fotos: Alpinkreativ (oben, li. u. re. Mitte) WINTERTOUREN WANN? Wintersaison Mitteleuropa: ca. November–März Wintersaison Nordeuropa: ca. November–April KLEIDUNG Langlauf: atmungsaktiv, nicht zu warm einpacken wegen der Bewegung. Hundeschlitten: möglichst warm, dicke Winterstiefel. LITERATUR Thomas Gut Mushing – Hundeschlittenfahren Christian Schneeweiß Schneeschuhgehen GRUPPENREISEN FÜR FRAUEN 8seasons4women.de alpinkreativ.de frida-frauenreisen.de lapplandreisetours.de frauenunterwegs.de womentravel.ch weiberhof.at WAS NOCH Lappland: Laut NASA soll die Intensität des Polarlichts im Jahr 2012 ihren vorläufigen Höhepunkt erreichen. Sichtungen in nordeuropäischen Regionen sind im Frühjahr und Herbst am häufigsten. Weitere Artikel: queer-travel.net Fotos: 8seasons4women (unten, mitte, rechts) Schneeschuhwandern mit Blick auf die Dolomiten im Gsiesertal, Südtirol (Bild oben) und im Val Müstair im Schweizer Nationalpark, Engadin Als Hauptdarstellerin im Jack-LondonAbenteuer: Mit dem selbst gelenkten Huskyschlitten der Sonne entgegenzufahren sorgt für kalte Nasen, aber glänzende Augen. 20 Queer TraveL 2/2012 auch für den dünn besiedelten Landstrich mit dem unendlichen Horizont. „Hier gibt es noch sehr viel Wildnis und sehr wenig Zivilisation – also Natur pur“, beschreibt Katharina ihre Wahlheimat. „Man hat hier oben ein ganz anderes Gefühl von Weite“, ergänzt sie. Die beiden Reiseleiterinnen, die seit zwei Jahren miteinander verpartnert sind, nehmen im Winter Frauengruppen mit auf Hundeschlitten-Abenteuertouren. Die Gruppen mit drei bis sechs Teilnehmerinnen sind angenehm klein und schon am zweiten Tag sind die Mitreisenden in der Lage, die Huskys selbst zu lenken. Oder sie bieten eine Silvestertour unter dem Motto „Lichtwandern“, bei der die mögliche Sichtung der Nord- oder Polarlichter den Höhepunkt darstellt. Bei der Leuchterscheinung, die sich in der Atmosphäre abspielt, entfaltet sich besonders am nächtlichen Himmel Lapplands ein regelrechtes Lichtspektakel, das Form, Position und Leuchtkraft beständig verändert. Geschlafen wird in einem Wildniscamp aus Blockhütten, wobei ganz archaisch das Holz selbst gehackt wird, bevor die Teilnehmerinnen sich am Lagerfeuer wärmen dürfen. „Man kann entspannen oder aktiv sein, ganz wie man möchte.“ Katharina erzählt, dass viele Mitreisende es als angenehm empfänden, solche Aktivitäten ganz ohne Männer vorzunehmen, um sich im Urlaub nicht in Kämpfen gegen traditionelle Rollenverteilungen aufzureiben. Ihrer Einschätzung nach liegt der lesbische Anteil an solchen Reisen um die 60 Prozent, was sich wohl positiv auf neue Bekanntschaften auswirken dürfte. Ein nicht unerfreulicher Nebeneffekt der Kälte: Man muss näher zusammenrücken … Diese organisierten Angebote sind in der Regel nicht gerade für das kleine Portmonee gedacht, doch bietet sich für Touren in unwegsame Regionen kaum eine Alternative, schon aus Gründen der Sorge um das eigene Wohl. Bei Individualtouren im Schnee kommen ohnehin erhöhte Kosten auf die Urlauberin zu, allein Unterkunft und Skilift summieren sich in beliebten Winterurlaubsregionen. Da bewegen sich die Reisekosten um etwa 900 Euro für einen Zeitraum von rund einer Woche, die die fachkundige Tourleitung der FrauenreiseAgenturen mit einschließen, jedoch nicht die An- und Abreise, wahrlich noch nicht in der Luxuskategorie. DANA MÜLLER liebt ausgefallene Trips. Ob mit dem Rucksack in Sansibar oder dem Fahrrad auf Pilgertour – solange die Berliner Journalistin unterwegs ist, ist sie in ihrem Element. Gern auf Reisen? Wir auch! … und immer sichtbar schwullesbisch! Kreta: Notfalls gayfriendly Thailand: Wasser für die Elefanten Valencia: Kunst in allen Gassen Ägypten: Urlaub undercover Manchester: Wie in „Queer as Folk“ Madrid: Partys und Picassos Namibia: Im Jeep durch die Wüste Brighton: Englands schwule Hauptstadt Santa Fe: Entspannte Diva Florianópolis: Tolerante Sonneninsel Gran Canaria: Cruisen und Aalen Mythos Lesbos: Was ist dran? Alle Infos unter www.queer-travel.net DIE SCHWULLESBISCHEN REISESEITEN Tignes Foto: Monical Dalmasso, Tignes Développement WINTERTOUREN Abtauchen in den Alpen WINTERTOUREN Linke Seite: Schnee satt – als eines der höchsten Skigebiete Europas garantiert das französische Tignes im Winter gute Skibedingungen. Diese Seite: Kein Zurück mehr! Unser Autor Carsten Bauhaus vor dem Eintauchen in den eiskalten Lac de Tignes. Text von Carsten Bauhaus Fotos: Ines Wittklotz L icht! Dort, weit hinten, sieht man ein Loch in der dicken Eisdecke! Aber wie dort hinkommen? So müssen sich die letzten Sekunden eines Ertrinkenden anfühlen. Ich aber atme weiter ruhig durch das Mundstück meiner Sauerstoffmaske. Oder versuche es zumindest. Panik ist jetzt nicht erlaubt. Dicht hinter mir gibt mir mein Tauchguide Alban ein Gefühl von Sicherheit. Alles wird gut. Und ich beginne ihn zu genießen, meinen Trip ins eiskalte Ungewisse. Ins Wasser geht es in Tignes, rund 160 Kilometer östlich von Grenoble. Tignes ist eines dieser künstlichen Skiresorts in den französischen Alpen. Wie mit dem Fingerzeig Gottes ausgesucht, haben die Franzosen an idealen Orten Retortenstädte aus dem Boden gestampft. Auch Tignes bietet, wie alle diese „Stations“, wenig Flair, aber beste Pistenbedingungen. Wer Frankreich als Skidestination wählt, dem geht es nicht um Alpenromantik, er kommt vor allem wegen des Sports. Meist führen die Pisten direkt in die Skiorte hinein. Die letzte Abfahrt des Tages endet so direkt vor dem eigenen Skikeller. Nicht wenige der Stations können mit Superlativen um sich werfen. Savoyen ist eine Region für Size-Queens: Um den Titel „größtes Skigebiet der Welt“ rangeln sich Portes du Soleil und Trois Vallées. Val Thorens prahlt, mit seinen 2.300 Höhenmetern höchster Skiort Europas zu sein. Tignes liegt nur schlappe 200 Meter tiefer. Stolz ist man hier darauf, 2013 schon zum vierten Mal die Extremsportveranstaltung Winter X Games auszutragen. Beim Superpipe oder Slopestyle zeigen Freestyler im eigens dafür angelegten Snowpark ihre waghalsigen Skiund Snowboardpirouetten. Immer nur rauf und runter? Langweilig! Skiresorts müssen mehr bieten – zum Beispiel Eistauchen. Carsten Bauhaus hat sich in Tignes fallen lassen ins eiskalte Abenteuer. Die sportlichen Möglichkeiten von Tignes ziehen vor allem junge Leute an. „Familien sind bei uns falsch“, so die offensive Position von Pressesprecherin Stéphanie Aillet. Als sie hört, dass ich für einen queeren Verlag arbeite, läuft sie zur Höchstform auf: „Mehrere Jahre hatten wir die European Gay Ski Week zu Gast“, prahlt sie. Die allerdings hat Tignes inzwischen an Alpe d’Huez verloren – zu ihrem großen Bedauern. 2013 aber wird diese Scharte ausgewetzt: Tignes ist Austragungsort des European Snow Pride (siehe Infoteil). Auch die Imagebroschüren von Tignes kommen alles andere als bieder daher: Ein muskelbepackter Kerl zieht nackt eingeschirrt eine Fetisch-Domina den Berg herunter. Inhaltlich zwar klar hetereosexuell, ästhetisch aber eindeutig gay. Spießig ist was anderes. Die Konkurrenz der Alpenskiresorts ist hart: Nicht nur in der Werbung versuchen sich die Orte voneinander abzuheben. Neben dem Snowpark und den vielen Off-Pisten bietet Tignes als besondere Attraktion Eistauchen im nahen Lac de Tignes an. Nach vier Tagen immer wieder rauf und runter finde auch ich, dass es Zeit für eine Abwechslung ist. Warum also nicht mal was ganz neues ausprobieren? Eistauchen – das klingt abgefahren. Vor der kleinen Holzhütte am Rande des Sees warten schon unsere Guides auf uns. Die Zeit vertreiben sie sich mit Herumflachsen. Der blonde Alban ist für mich bestimmt. Als er hört, dass ich noch nie zuvor getaucht habe, tut er erschrocken. Angst ist offensichtlich ein essenzieller Bestandteil des Vergnügens. Alban selbst leitet seit neun Jahren die kleine Tauchschule. Das muss als Erfahrung für uns beide reichen, finde ich. Nachdem ich umständlich in den Neoprenanzug gequetscht worden bin, werde ich rüber ans Loch geführt. Inzwischen bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob Eistauchen unbedingt Bestandteil meiner Biografie sein muss. An ein Zurück ist jetzt aber nicht mehr zu denken. Langsam tauche ich in das eiskalte Queer TraveL 2/2012 23 Fotos: Alban Michon / Tignes Développement, re. u.: Monica Dalmasso, Tignes Développement WINTERTOUREN Magische Farben unter Wasser: Weil das Eis nicht überall gleich dick ist, erscheint das Licht fast irreal. 24 Queer TraveL 2/2012 dazu bildet das dumpfe Geräusch des Sauerstoffgeräts. Ansonsten herrscht Totenstille. Fast intim ist es hier unten. Kleine Luftbläschen kleben dicht unter der Eisdecke. Alban zeigt mir, wie man sie mit den Fingern zum Tanzen bringt. Die ganze Zeit bleiben wir relativ dicht unter dem Eis. Ganz zum Schluss lässt mich Alban doch noch einmal frei. Ganz alleine darf ich tiefer tauchen, sehe Felsen und Algenwuchs am Grund des Sees. An den Fingern wird es jetzt doch ganz allmählich kalt. Kein Wunder: Ganze drei Grad ist der See warm. Der Rest des Körpers aber scheint immer noch gut geschützt – auch als wir nach 20 Minuten wieder auftauchen. Die Rückkehr in die Welt dort oben fühlt sich an wie eine kleine Wiedergeburt. Den ganzen Rest des Tages bin ich euphorisiert. Der Ausflug in die gefahrvolle Tiefe hat meine Gehirnchemie auf Hochtouren gebracht. Das Stammhirn, das kein Denken kennt, meldet Todesgefahr und lässt Adrenalin ausschütten. Das hoffentlich intelligentere Großhirn muss tapfer dagegenhalten und die Sache durchziehen. Schließlich besteht beim Eistauchen nicht wirklich eine Gefahr – oder? Der eigentliche Trip passiert – wie so oft – im Kopf. CARSTEN BAUHAUS Angst verbrennt mächtig Kalorien. Nach überstandenem Eistauchen schmeckte Carsten Bauhaus das traditionelle Raclette in gemütlicher Runde umso besser. Foto: Stefan Schwenke Nass ab. 20 Minuten lang werde ich hier unten gefangen sein. Von hinten spüre ich Alban, der mich sanft führt. Vor meiner Taucherbrille taucht seine Hand auf: Das „Okay“-Zeichen. Ich antworte wie verabredet mit der gleichen Geste: Noch scheint tatsächlich alles okay. Von draußen hat es ausgesehen, als würde man in ein dunkles, schwarzes Loch eintauchen. Hier unten aber stellt sich alles ganz anders dar: Licht und Farben zeichnen ein psychedelisches Bild. Strahlendes Blau geht in schimmerndes Grün über – daneben flackern unendlich viele Facetten von Weiß und Grau. Offensichtlich ist die Eisschicht nicht überall gleichmäßig dick. Den Soundtrack Genf Anzeige Grenoble Turin Tignes Arosa Gay Skiweek – Schweiz WANN? Von Dezember bis April bieten sich aufgrund der Höhenlage in Tignes beste Skibedingungen. Von Ende Juni bis Anfang September gibt es Sommerski-Möglichkeiten. Events: Winter X Games vom 20.–22. März 2013, direkt im Anschluss vom 23.–30. März 2013 European Snow Pride. Infos: europeansnowpride.com Der Schweizer Wintersportort Arosa lädt nächsten Winter bereits zum neunten Mal zur Gay Skiweek. Vom 6. bis 13. Januar 2013 werden wieder Gäste aus der ganzen Welt erwartet, um eine Woche lang Gay Winter-Fun zu erleben und feiern. Arosa gilt als schneesicherer Ort, der aufgrund der Toplage von der Sonne verwöhnt wird und vom Wind verschont bleibt. Kein Wunder also, wurde aus dem kleinen Anlass von einst heute eines der beliebtesten Winter Pride Festivals Europas! Auch dieses Jahr heißt es wieder: Pulverschnee-Pisten bei traumhaftem Wetter genießen und dann im Liegestuhl auf der Tschuggenhütte entspannen. Natürlich ist Arosa auch für nicht Skifahrer geeignet: wunderschöne Wanderwege, Schlitteln, Berg-Spa und Pferdekutsche sind nur ein paar Alternativen. Legendär sind auch die Apres-Ski und Party-Abende. Zu den Programmhighlights der Arosa Gay Skiweek 2013 zählen unter anderen das klassische Konzert in der Dorfkirche, die Poolparty, der Fondueabend mit Nachtschlitteln und das „Drag-Queen Race“. Insgesamt bieten 10 gay-friendly Partnerhotels und mehrere Ferienwohnungen Unterkunft für jedes Budget und jeden Wunsch. Mehr dazu findest Du schon jetzt auf unserer Website: www.gayskiweek.ch WO? Rund 160 Kilometer östlich von Grenoble bildet Tignes zusammen mit Val d’Isère das Skigebiet Espace Killy: 133 Pisten mit einer Gesamtlänge von rund 300 Kilometern. WAS? Eistauchen bietet die École de plongée sous glace de Tignes direkt am Lac de Tignes an. Infos: tignesplongee.com WIE? Schon von 2008 bis 2010 war Tignes Gastgeber der European Gay Ski Week. Auf die Bedürfnisse eines queeren Publikums sind Hotels, Bars und Clubs bestens eingestellt. ESSEN Le Garttalu (deftige savoyische Küche, Raclette und Fondue) Le Chalet Bouvier (traditionelle französische Küche) Le Table en Montagne (französische Küche und regionale Spezialitäten) GAY-only Ski Hotel WOHNEN Ecrin du Val Claret (3 Sterne), www.ecrinduvalclaret.com ALLES WEITERE tignes.net (Tourismus-Info) Weitere Artikel unter queer-travel.net Foto: Urs Küenzi 15 moderne Zimmer, direkt gegenüber der Gondelbahn zur , Österreichs größtem Skigebiet. Inmitten der herrlichen Bergwelt Tirols gelegen und nur ca. 1 Std. von München entfernt. Mautfrei über die A93, Ausfahrt Kufstein-Süd oder auch mit dem Zug erreichbar. 3 für 2 Special 23.09. - 27.10.2012 3 Nächte zum Preis von 2 - nur mit Vorab-Reservierung! Superskiwochen 08.12. - 22.12.2012 z.B. 4 Nächte 3 Tage Skipass mit Skipass für die Skiwelt Wilder Kaiser ab pro Pers. 239,- Haus Romeo z Blaiken 71 z 6351 Scheffau z Tirol/Österreich Telefon 0043 5358 431310 z Email info@hausromeo.at Regenbogen on ice: 2008-2010 war die European Gay Ski Week in Tignes zu Gast, im März 2013 garantiert der European Snow Pride Spaß bei der Abfahrt und beim Après-Ski. 3 Fotos: Lothar Henke (u.), Robert Niedermeier (li. u. Mitte) TAGE IN … Viel zu entdecken: Abseits vom Ballermann locken in Palma nicht nur entspannte schwule und lesbische Restaurants wie das Coto (o.), sondern auch Kathedrale und Meer. Palma de Mallorca SHOPPEN Auf der Einkaufsmeile Borne, die sich von der Kathedrale in Hafennähe bis zur Plaza Rey Juan Carlos ausdehnt, präsentiert sich Luxus im Überfluss – in Gestalt weltbekannter Modemarken. Hipper ist es im eigentlichen Hotspot Palmas zwischen den Plazas Mercat und Major. Vintage-Mode der heimischen Designerin Marga Mayol steht etwa im Piel de Gallina neben Labels wie Drykorn zur Auswahl. Ein paar kleine Läden weiter, im Addict, finden alle Geschlechter TrendMode aus ganz Europa. Tipp: Nach heimischen Modeprodukten fragen. SCHWUL UNTERWEGS Palma ist kein schrilles Ibiza, doch aufregende Abwechslung zum Alltag bietet auch die Metropole der Balearen. Die meisten Schwulen-Lokale finden sich in Palma auf oder parallel zur Calle Juan Miró. Männerlo- 26 Queer TraveL 2/2012 3 6 Dezent statt schrill! Mehrere Millionen deutsche Touristen besuchen jedes Jahr Mallorca. Die Inselhauptstadt Palma beeindruckt mit der mächtigen Kathedrale Le Seu (1), die fast direkt am Meer liegt und sich im See der Parkanlage vor dem Gotteshaus spiegelt. Doch Palma bietet neben Postkartenklischees auch die Vielfalt einer Großstadt. Robert Niedermeier stellt die manchmal versteckten schwullesbischen Seiten der 400.000Einwohner-Metropole vor. Altstadt 5 7 1 4 2 kale überwiegen, Frauen ist manchmal der Zutritt verwehrt, zum Beispiel in der Schwulensauna Aries (2 ). Nur für Männer öffnet auch das Dark auf Klingel-Order seine Pforten. Eine kleine Bar offeriert gekühltes Bier, hinten vergnügen sich Abenteuerlustige im abgedunkelten Bereich. Techno- und Electro-Sounds huldigen Schwule und halbnackte Bisexuelle im Club La Demence (3 ). Der Club residierte zuvor in einem Industriegebiet im Nordosten Palmas und zog jetzt in die Nähe des Hafens. Populär ist die Schwulen-Disko Euphoria (4 ). LESBISCH UNTERWEGS In der eher alternativen Bar Flexas (5 ) inmitten des Trend-Viertels Sa Gerrería treffen Schwule und Lesben in trauter Gemeinsamkeit bei Tapas und Wein aufeinander. Frauen bleiben in der Lesbenbar ISI-Pub (6 ) unter sich. Beliebt ist auch das Coto (7 ), das mit kunterbunter Einrichtung und gutem Essen besticht. Sportliche Frauen mit einem Hang zur Spiritualität sollten sich unbedingt bei Evelyn Maria Augustin (raumgold.com) melden. Die deutsche Mallorca-Residentin, selbst mit einer Frau liiert, bietet geführte Wandertouren an. Das Ziel: die energetischen Hotspots der Insel. UMGEBUNG Die Gipfel des Tramuntana-Gebirges erheben sich bis auf 1.500 Meter über den blauen Meeresspiegel und sind sogar von Palma aus sichtbar. Schroffe Felsen, grüne Auen und magisch anmutende Nebelbänke lohnen einen Ausflug. Und weil Mallorca nicht Ibiza ist, gilt die Devise: Dezent statt schrill. Weitere Städtetrips: queer-travel.net Robert Niedermeier gefällt an der kulturreichen Inselhauptstadt Palma der Kontrast zwischen alternativer Subkultur und zur Schau gestelltem Luxus. Fotos: Daphne Channa Horn (li.), Mediabank ATCB (u.) Fotzocredit Fotos: Bump Bar (u.), iStock/Elisabeth Aardema (re.) 3 TAGE IN … Mehr Brücken als in Venedig überspannen die zahllosen Grachten. Nie weit vom Wasser entfernt sind die Bars und Clubs – wie hier das eher schwule Bump (re. u.). Höhepunkt des Gay Pride: Tausende jubeln bei der Kanalparade Aktivistinnen und Aktivisten auf den Schiffen zu. Amsterdam Auf allen Kanälen 3 7 2 6 4 5 1 Trotz des politischen Rechtsrucks der Niederlande und des Aufstiegs des Populisten Geert Wilders steht Amsterdams Ruf als eine der offensten Städte Europas wie in Stein gemeißelt. Dem regen Partyleben der Hauptstadt hat die abnehmende Toleranz des Landes keinen Abbruch getan. Hauptverkehrsmittel im Zentrum sind „Fietsen“, Fahrräder – mit ihnen ist alles entspannt zu erreichen. Gut für die Umwelt und gut, um schwullesbische und queere Hotspots zu erkunden. LESBISCH UNTERWEGS Eine lesbische Institution ist die Bar Vivelavie (1 ), die seit 31 Jahren Frauen und Freunde begeistert. Die mittlerweile meist gemischten Partys ziehen mit Vorliebe durch die Stadt – dazu gehört die schicke Girlesque ebenso wie die stylische Rumour Has It, auf der jungsche Hipster jeder Orientierung miteinander feiern. Wer seine Zwanziger hinter sich gelassen hat, sollte sich an einem dritten Samstag zur Garbo For Women aufmachen. Die Veranstaltung steigt im 28 Queer TraveL 2/2012 Strand West am Ufer der Ij, die die Stadt mit dem Ijsselmeer im Osten und der Nordsee im Westen verbindet. Ab vom Mainstream etabliert sich eine aufstrebende queere Szene – Festivals wie Queeristan oder Partyreihen wie WTF im besetzten Haus Vrankrijk (2 ) sprechen ein politisch linkes Publikum an. In diesem Umfeld tummeln sich auch die Getto Girls zur gleichnamigen Party in der Getto Bar (3 ). SCHWUL UNTERWEGS Das schwule Leben sammelt sich in und um die Reguliersdwarsstraat, die in den letzten Jahren aus einer kleinen Krise herausgefunden hat. Nach einem nachmittäglichen Lunch im berühmten Downtown (4 ), offen bis 20 Uhr, lockt die Reality Bar, ein Hotspot der schwulen surinamischen und latin Community. Das Café Soho, eine der größten Gay Bars Amsterdams, und das ehemalige Exit, das als Club NyX (5 ) im September frisch eröffnet, laden zum Chillen und Tanzen ein. Wenige Straßen weiter liegt das Bump (6 ), das 2011 zur besten schwullesbischen Location gewählt wurde. Queerer geht es bei der sonntäglichen Party De Trut zu, bei der Heterosexuelle explizit unerwünscht sind – eine Tradition, die bis in die frühen Achtziger reicht. Aus den Gewinnen der Partys unterstützt das Kollektiv queere, schwule und lesbische Organisationen und Aktionen. Generell lohnt ein Besuch beim Infokiosk Pink Point am Homomonument (7 ). KANALPARADE Ein absolutes Highlight ist die Kanalparade während des Gay Pride. Vor 16 Jahren nahm die ihren Anfang, 2012 schipperten bereits 80 Boote über die Grachten. Am Rand jubeln reihenweise Besucherinnen und Besucher den aufgerüschten Schiffern zu, im Rahmenprogramm gibt es Ausstellungen, Führungen und Sportveranstaltungen. Mehr geht nicht. Weitere Städtetrips: queer-travel.net Tania Witte liebt drop und stroopwafels, dünne Waffeln mit Karamell. „Amsterdam will mit dem Rad erkundet werden, mit dem eigenen oder auf Stangen und Gepäckträgern netter Menschen – immer im Damensitz!“ Foto: Risk Hazekamp GRACHTEN Amsterdam wird von befahrbaren Wasserwegen durchzogen, die insgesamt eine Länge von 80 Kilometern haben. Sie fließen in mehreren Ringen durch die gesamte Innenstadt – zwangsläufig hat Amsterdam dreimal so viele Brücken wie Venedig und bietet nicht weniger Charme. Grachtenrundfahrten abseits der Touristenboote haben einen eingebauten Romantikfaktor und taugen perfekt als Beziehungsstifter. Cityhostel BERLIN sheep sle e p 12 % discount with this advertisement! st breakfa FREE towel F R E E nen li FREE -lan w E E R F -RLQWKH H[SHULHQFH tz r Pla lie e m har tsda . Po kpoint C Gate n i 3 M Chec nburg de in. Cityhostel Berlin 2 M n. Bran i Glinkastraße 5-7 | 10117 Berlin M 6 www.cityhostel-berlin.com reservation@cityhostel-berlin.com +49 (0)30 23 88 66 850 tanzen, essen, trinken, schlafen, shoppen, daten … Events, Karten und vieles mehr … Monatliche Aktualisierung – 24.000 Einträge in 143 Ländern weltweit machen ihn zum berühmtesten Reiseführer für schwule Männer. www.spartacusworld.com Verfügbar im iTunes-Store. Für mehr Information: spartacusworld.com/iphone-app iPhone is © Apple Inc. All rights reserved photos: © KIERKO + GNETWORK360 SINGLE room from 42 d TWIN room from 48 d DORM BED from 13 d MEINUNG NUR KURZ, aber Bovec ist stark geblieben und hat die der gefälligen Behauptung gefolgt sind, Lesben dem homofreundlichen Zeitgeist widerstanden. Der slo- und Schwule seien deutlich konsum- und reisefreudiger wenische Touristenort nahe der italienischen und öster- als ihre heterosexuellen Nachbarn. Seitdem bemüht sich reichischen Grenze hatte in seinem aktuellen Sommer- selbst das kleinste Kaff mit besonders homofreundlichen katalog einen neuen Slogan eingeführt: „Homosexuals Programmen um die vermeintlich betuchte Klientel. Es unwanted“, daneben als Piktogramm die jeweils mit- ist jetzt nur noch eine Frage der Zeit, bis auch sie einander verbundenen weiblichen und männlichen herausgefunden haben, dass hier das Geld auch nicht Geschlechterzeichen durchkreuzt. Doch die tapfere Ges- lockerer sitzt als anderswo. Die Werbeindustrie musste vor Jahren schon ihre speziellen te hat den Sommer nicht überPR-Programme einstellen, als lebt, nach öffentlichen Protesten Elmar Kraushaar herauskam, dass Lesben und musste das FremdenverkehrsSchwule als richtungsweisender amt der Stadt die Warnung wieTestmarkt doch nichts taugen. der streichen. Denn eines sollen Und doch wollen wir auf die aus Bovec jetzt auch lernen: den „gayfriendly“-Trend nicht Mehr Geld bringt angeblich die mehr verzichten. Wir wissen es gegenteilige Losung, und die zu schätzen, dass wir ein Dopheißt „gayfriendly“. pelbett bekommen, wenn wir Was immer das auch heißen mag, dieses „gayfriendly“, es hat sich durchgesetzt, in gleichgeschlechtlich auftauchen. Dabei verfluchen wir vielen Touristenregionen weltweit locken Hotels, Bars insgeheim unsere Anspruchslosigkeit und dass wir und Restaurants mit dieser Empfehlung und einem de- schon bereit sind, Qualitätsurteile für etwas zu verteizenten Regenbogenaufkleber nebendran. Werden auch len, was eigentlich völlig selbstverständlich ist. Deshalb Lesben und Schwule hier bedient und nicht gleich wie- sollten wir alle auf den Tag hinarbeiten, an dem uns der vor die Tür gesetzt? Gibt es besonders geschmack- kein „gayfriendly“ mehr von Hotel- und Restauranttüren voll eingerichtete Suiten oder zickige Menüs mit viel entgegenblinkt. Chichi? Gehört ein Darkroom mit zur Hotelanlage oder sind alle Toiletten unisex? Ist gar die Hotelchefin ’ne Lesbe und sind all die attraktiven Kellner schwul? Nichts Genaues weiß man nicht, nur so viel: „Gayfriendly“ heißt gar nichts. Jeder kann sich das an die Eingangspforte pappen und fast niemand kontrolliert, was dahintersteckt. Einzig in den USA erstellt die LGBT- ELMAR KRAUSHAAR lebt in Berlin. Der Journalist und Autor Organisation „Human Rights Campaign“ alljährlich ei- schreibt seit nunmehr 17 Jahren nen „Corporate Quality Index“, der das lesbisch- für die taz die Kolumne „Der schwule Entgegenkommen der Unternehmen bewertet. homosexuelle Mann“. Seine letzte Buchveröffentlichung: „Freddy Ansonsten gilt die Devise: Hauptsache es bringt Quinn – Ein unwahrscheinliches Geld. Und die Tourismusbranche gehörte zu den ersten, Leben“ (2011). IMPRESSUM QUEER TRAVEL erscheint deutschlandweit in einer Auflage von 100.000 Exemplaren als Sonderveröffentlichung der Zeitschriften SIEGESSÄULE Queer Berlin, L-MAG Magazin für Lesben und DU&ICH Das schwule Magazin sowie in freier Verteilung. QUEER TRAVEL ist Medienpartner der ITB Berlin. VERLAG Special Media SDL GmbH, Ritterstr. 3, 10969 Berlin, Tel.: (030) 23 55 39-0 HERAUS GEBERINNEN Gudrun Fertig, Manuela Kay REDAKTION Elke Koepping (V.i.S.d.P.) (elke.koepping@queer-travel.net), Tobias Sauer, Manuela Kay Foto: Sven Gebert Bitte recht gayfriendly! GRAFIK Katharina Zettl ONLINE Philip Eicker (online@queer-travel.net) COVERFOTO Gerardo Azar, Buenos Aires (gerazar@hotmail.com) ANZEIGEN Sabina Saracevic (sabina.saracevic@specialmedia.info) ILLUSTRATIONEN S. 16/17, 30 Eléonore Roedel (ro-edel.de) DRUCK Möller Druck, Berlin CREATIVE DIRECTOR ONLINE Gudrun Fertig Nein. Das arktische Eis schmilzt infolge der Erderwärmung immer schneller. Diesen einzigartigen Lebensraum müssen wir schützen. Und das ist nur einer von vielen Gründen, warum wir Ihre Unterstützung als Fördermitglied brauchen. Jetzt mitmachen s unter www.greenpeace.de / arktis (c) Beltra / Greenpeace Einzelfall?