Duftmassaker_2009 - fiona-K
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DUFTMASSAKER Die Parfümindustrie in den Fängen der Kommerzialisierung Zürcher Hochschule der Künste / Vertiefung Industrial Design Dozent: Ruedi Widmer / VID-Thesis / Frühlingssemester 2009 Eingereicht von: Fiona Knecht Rütistrasse 14 / 8903 Birmensdorf 044 737 14 49 / info@fiona-k.ch Zürich / 20.2.2009 INHALTSVERZEICHNIS EINLEITUNG S. 2 Aus: 2.1.2009, Erinnerung GESCHICHTE S. 3 26.12.2008, Die Erscheinung der Zeit DUFT S. 4 Aus: 6.2.2009, Die richtige Aura FLAKON S. 6 26.1.2009, Gewichtsstemmen in der Parfümabteilung MARKE S. 8 29.1.2009, 8 88 DARSTELLUNG S. 10 Aus: 29.12.2008, Duftmassaker PERSPEKTIVEN S. 11 28.1.2009, Vom Parfüm als Schmuck QUELLEN S. 15 ANHANG S. 17 1 „Der Geruchssinn erregt die empfindsame Seele, die sich den ihr angetragenen Gefühlen nicht entziehen kann, gerade wegen der Flüchtigkeit seiner Eindrücke – ein beklagenswerter Tribut an die Durchdringungskraft der Düfte“ (Corbin, S. 115). „Gewiss vermag das Parfum uns in gewissen Momenten die Pforten zu Traumwelten zu öffnen; doch es ist doch vor allem geheimer Mitwisser unserer verwegensten Phantasien und Wünsche“ (Guerlain, S. 3). EINLEITUNG Die tägliche Konfrontation mit Sinnlichkeit und Luxus, hat mich schon immer fasziniert und ich glaube, dass die Parfümindustrie eine Meisterin im bewussten Spiel mit menschlichen Sehnsüchten ist. Diese Arbeit ist ein Versuch, in die Welt der luxuriösen Düfte einzutauchen und die Regeln und Schemata derer erfolgreichen Vermarktung kritisch zu durchleuchten. Im Hintergrund steht die Sinnlichkeit, welche ich als Zusammenspiel konkreter Sinneswahrnehmungen mit persönlichen Assoziationen und Erfahrungen verstehe und die Suche nach bewusst evozierter Sinnlichkeit und deren mediale und formale Konstruktion. Die Thematisierung von Luxus1 rückte im Prozess des Schreibens immer mehr in den Fokus. Während meiner Recherchen und Beobachtungen begann ich dem Ruf der Parfümindustrie in Bezug auf Luxus immer kritischer gegenüber zu stehen. Zentral ist die Frage, welche Bedeutung das Parfüm in der modernen Zeit hat und ob der Begriff „Luxus“ überhaupt noch auf diese Industrie zutrifft. Meine Annäherung ist in fünf Themenfelder gegliedert, die im Zusammenspiel ausschlaggebend für den Erfolg eines Parfüms sind. Gestützt durch historische Fakten und aktuelle Beispiele werden Geschichte, Duft, Flakon, Marke und Darstellung betrachtet und analysiert. Um den Blickwinkel zu erweitern, wird der Text durch persönliche Eindrücke und Erfahrungen, die mit der Rezeption und dem Kauf von Parfüms verbunden sind, ergänzt. Meine Beobachtungen hielt ich in einem Journal fest, welches als Anhang der Arbeit beiliegt. Die Textauszüge wurden thematisch intuitiv ausgewählt und loten die Grenzen von Erfolgen und Fehlschlägen in der konstruierten Welt der Düfte aus. Durch eine essayistische Herangehensweise erhoffe ich mir eine Dekonstruktion oder Demaskierung jener Welt, die durch ihre oberflächliche Perfektion fasziniert. Als Inspiration und Denkanstoss dienten mir Bücher, welche sich auf poetische Weise mit Wahrnehmung und Umschreibung von Gerüchen oder sinnlichen Qualitäten befassen. Deshalb wird die Arbeit von Zitaten aus der Literatur begleitet, welche im thematischen Zusammenhang mit dem geschriebenen Text stehen. Da ich immer wieder Bezug auf diverse Plakate, Werbekampagnen und Fotografien nehme, wird der Text durch Abbildungen ergänzt. Aus: 2.1.2009, Erinnerung: „...Meistens kommt die Erinnerung erst mit dem Duft. So reflektiert meine kleine Parfümsammlung mehr als 10 Jahre meines Lebens. Beigleitet von Jean Paul Gaultiers „Classique“, habe ich mein Design-Studium begonnen. Es ist ein pudrig blumiger Duft, der sich wie schwere, wärmende Watte um den Körper schmiegt. Perfekt um sich in den dunklen Wintertagen, wenn die Räumlichkeiten der Werkstätten kalt und feucht scheinen, in eine Illusion von kindlicher Geborgenheit zu flüchten. Ganz anders im Sommer, da hat „Classique“ nichts verloren. Mit „Die Kaskaden von Empfindungen, Farben und Eindrücken, die das Gehirn beim Auftreten bestimmter Düfte aus dem Unterbewusstsein hervorholt, haben eines gemeinsam - das längst Vergessene ist so nah an das Geruchsempfinden gekoppelt, dass es anderweitig kaum erinnerbar ist“ (Paul/ Bethge 2003, S. 50). 1 Luxus [lat. luxus = verrenkt u. viell. eigtl. = Abweichung vom Geraden, Norma len] wird hier nicht als reiner Akt der Verschwendung betrachetet, sondern als ein exklusiv zugängliches Privileg. 2 den ersten schwachen Sonnenstrahlen im April verbinden sich Düfte, wie Amor von Cacharel mit dem typisch leichten Geruch des Frühlings, der eine latente Euphorie wachruft. Vielleicht ist es kein Zufall, dass ich mich mit diesem Duft zum ersten Mal verliebte. Das faszinierende an Düften ist, dass sie mit Emotionen eine lebenslange Verbindung eingehen, die weder verblasst noch betrübt werden kann. Die Welt der Gerüche ist intimer als jene der Bilder oder der Klänge, denn wir können erfahrene Dufterlebnisse nicht beschreiben oder weitergeben und das macht sie zu persönlichen Schätzen.“ Foto: Fiona Knecht, 2008 Cacharel Amor „Aus Schneidern wurden Modeschöpfer, aus finsteren Werkstätten wuchsen glänzende Modehäuser hervor. Coco Chanel war die erste, die ihren Modekreationen ein Parfum Chanel No. 5, der seit langem weltweit meistverkaufte Duft - zur Seite stellte. Und alle anderen, Couturiers, Uhrenoder Zigarrenmacher, folgten ihr“ (Heller, 1994). Fotograf unbekannt Yves Saint Laurent Opium Anzeige in Massiv 11/2004 GESCHICHTE Der französische Begriff Parfüm leitet sich aus dem lateinischen Begriffspaar per (durch) und fumum (Rauch) ab und verweist auf den Weihrauch als dessen Ursprung. Vor 5000 Jahren verbrannten die Babylonier duftende Kräuter und Hölzer und erhofften sich „durch den Rauch“ eine Brücke zur Götterwelt zu erschaffen. Obwohl in frühen Kulturen das zelebrieren von Düften gesellschaftlich etabliert war, wurde der Grundstein für das moderne Parfüm erst im 16. Jahrhundert in Grasse (Frankreich) gelegt. Die chemische Errungenschaft hochprozentigen Alkohol herzustellen und die zunehmende Spezialisierung und Verfeinerung in der Duftgewinnung läuteten den Siegeszug des modernen Parfüms ein. Was einst zur Parfümierung von Lederwaren und zur Kaschierung körperlicher Ausdünstungen diente, entwickelte sich später zum individuellen Ausdrucksmittel von Hygiene und persönlichem Stil. Um 1900 eröffnete sich der Parfümindustrie ein breiter Fächer an synthetischen Düften, darunter Nachahmungen von Vanille, Moschus, Veilchen und die grosse Familie der Aldehyde2. Inspiriert von den Errungenschaften der modernen Chemie, kreierten die Parfümeure zu Beginn des 20. Jahrhunderts Düfte, welche als Klassiker in die Geschichte eingingen. Einige davon sind heute noch erhältlich, darunter Parfüms wie Chanel Nr 5, Shalimar von Guerlain und Joy von Patou. Nach dem zweiten Weltkrieg waren Luxus und Verwöhnung gefragt. Darauf reagierte Frankreich mit dezenten Düften, wie Miss Dior von Dior und L’Air du Temps von Nina Ricci. Die grosse „Parfüm-Bombe“3 platzte jedoch erst in den 70ern und brachte eine Welle neuartiger Düfte, darunter auch Opium von Yves Saint Laurent auf den Markt. In den 80ern dominierten Kreationen wie Obsession (Calvin Klein), Poison (Dior) oder Joop! Femme. Trotz Sensationserfolgen wie Angel, L’eau d’Issey und Trésor erstickten immer mehr Neuheiten in der enormen Vielfalt der angebotenen Düfte. Mittlerweile versuchen Modedesigner, Kosmetikmarken und bald auch jeder Popstar ihre 2 3 Aldehyde sind organ. Verbindungen, die durch Oxidation von Alkoholen entstehen. Sie dienen als Basis für eine breite Palette künstlicher Riechstoffe. Quelle: Brockhaus (2005). Mit diesem Ausdruck umschreibe ich die überraschend plötzliche Vergrösserung des Angebotes in kurzer Zeit. 3 Eigenmarke mit der Plazierung eines Duftes zu stärken. Obwohl sich von 200 Neukreationen gerade mal 5% länger als 2 Jahre, 3% länger als 3 Jahre auf dem Markt behaupten können4, ist das Geschäft mit der Sinnlichkeit dermassen lukrativ, dass sich ein Einstieg lohnt. Karl Lagerfeld sagte: „Es gibt keinen Luxus ohne Parfüm“. Diese Aussage scheint berechtigt, obwohl der effektive Materialwert eines Parfüms bei wenigen Franken liegt. 26.12.2008, Die Erscheinung der Zeit: „Nina Riccis L’air du temps, dem es nach dem zweiten Weltkrieg gelang, die gequälten Gemüter mit der Botschaft von Ruhe und Frieden zu verwöhnen, feiert seinen 60. Geburtstag. Der kunstvolle Flakon von Marc Lalique, dem Sohn des berühmten Glaskünstlers und Schmuckdesigners René Lalique, zeigt zwei Tauben, welche sich auf einer rund geschwungenen Kristall-Säule liebkosen. Sie bringen die Botschaft von Frieden, welche mit dem sanften Duft fragiler Blüten und wärmenden Hölzern gekonnt unterstrichen wird. Der Klassiker wird seit den 90ern mit Engeln in zierlicher Frauengestalt beworben. 5 Durch gezielten Lichteinsatz und dezente Unschärfe strahlen die Fotografien wie eine Vision von Ruhe und Geborgenheit. Es scheint, als wäre die Zeit stehengeblieben damit der Fotograf, in diesem Fall Jean-Paptiste Mondino, ohne Stress den optimalen Bildausschnitt suchen konnte um die Illusion zu perfektionieren. Nach über einem halben Jahrhundert Erfolgsgeschichte wagt es Nina Ricci diesen sinnlichen Traum in flüssiges Schwarz zu tauchen. Die limitierte Jubiläumsausgabe aus schwarzem Glas verwundert und fasziniert. Helle Reflexionen auf der glänzenden Oberfläche erschweren die optische Trennung von Tauben und Flakon und lassen die Formen, wie flüssiger Latex, zu einer unwirklichen Skulptur verfliessen. Nur die Flügel der Tauben sind grob erkennbar. Der schwarze Engel widerspricht der gesamten Philosophie, mit welcher Nina Ricci seit 60 Jahren um den Duft wirbt und gerade das macht ihn attraktiv genug, die Sonderedition in der Pariser Gallerie Laffayette oder in weltweit exklusiven Design-Geschäften anzubieten. Obwohl ausser der schwarzen Farbe des Glases nichts verändert wurde, ist sich der moderne Konsument bewusst, dass Seltenheit, kombiniert mit dem Ausdruck stilvoller Eleganz ihren stolzen Preis hat. Da gipfelt das Geschäft mit dem Luxus in einer Ekstase des reinen Prestige. Eine Hinterfragung dieser Entwicklung ist insofern irrelevant, als dass eben dieser Wandel vom erschwinglichen Konsumgut zum Kunstobjekt dem ursprünglichen Zweck dient und die Markenidentität und somit auch den Umsatz stärkt.“ Foto: Jean-Paptiste Mondino, 2003 Nina Ricci L‘Air de Temps, Anzeige in Lounge 11/2008 „Etwas merkwürdiges ist es, dass es für „nicht riechen“ kein Wort gibt. Wir sagen „taub“, „stumm“, „blind“, aber wir haben kein Wort, kein normalsprachliches jedenfalls, für einen, der nichts riechen kann, und kein Wort für eine Rose, die „stumm“ bleibt“ (Bachmann, S. 11) DUFT Beim Versuch, einen Duft zu beschreiben werden wir uns schlagartig der Grenzen der Sprache bewusst. Das Problem des unvorhandenen Vokabulars tritt auch beim Diskurs über Design auf. Der Unterschied zwischen der flüchtigen Form eines Duftes und der visuellen Erschei4 5 Die Zahlen stammen aus einer Studie der Fragrance Foundation UK (2007). Steffen, Nicole (2008): L’Air du Temps. The icon fragrance. 4 Foto: Sebastiao Salgado, 1991 Duftherstellung in Grasse Du, 10/1991 „Wie zu Tode erschreckte Augen lagen sie für eine Sekunde auf der Oberfläche und erbleichten in dem Moment, da der Spatel sie unterrührte und das warme Fett sie umschloss. Und fast im selben Moment waren sie auch schon erschlaft und verwelkt, und offenbar kam der Tod so rasch über sie, dass ihnen gar keine andere Wahl mehr blieb, als ihren letzten duftenden Seufzer eben jedem Medium einzuhauchen, das sie ertränkte“ (Süskind, S. 221). Foto: Marc Steinmetz, 2002 Roman Kaiser bei Givaudan In Spiegel 4/2003 nung eines Objektes ist, dass Ersteres im wörtlichen Sinne unfassbar ist und stärker mit Emotionen einhergeht. Heute ist wissenschaftlich belegt, dass der Teil des Gehirns, in welchem olfaktorische Reize verarbeitet werden, nur spärlich mit jenem Bereich verknüpft ist, in welchem Sprachprozesse organisiert sind.6 Darum bedient sich die Parfüm-Werbung oft der reinen Bildsprache. Der Biophysiker Luca Turin behauptet, dass unsere Nase fähig ist, neue Düfte zu erlernen. Als Argument dient ihm das Phänomen, dass wir synthetisch erzeugte Duftmoleküle erkennen und einordnen können, was nach dem Prinzip der Evolutionstheorie nicht möglich sein dürfte.7 Ob der Geruchssinn, im Gegensatz zu allen anderen Sinnesorganen erweiterbar ist, konnte bis jetzt nicht bewiesen werden. Wir sind also nicht in der Lage, Gerüche präzise in Worte zu fassen und werden gleichzeitig mit einer immer vielfältigeren synthetischen Geruchswelt konfrontiert. Seit dem 18. Jahrhundert beglückt uns die Chemie regelmässig mit neuen, duftenden Errungenschaften. Obwohl sich die Duftgewinnung vom privilegierten Traditions-Handwerk in Frankreich zu einer internationalen Wissenschaft entwickelt hat, werden manche Essenzen immer noch mit dem ursprünglichen Verfahren gewonnen. Auf einzigartig poetische und präzise Weise gelingt es Patrick Süskind in seinem Roman „Das Parfüm“, jene traditionellen Verfahren der Duftgewinnung zu beschreiben. Die Hauptfigur, Jean-Paptiste Grenouille, erlernt in Paris ätherische Öle durch Wasserdampfdestillation zu gewinnen oder durch Kaltpressung zerkleinerten Orangenschalen wertvolle Zitrusdüfte zu entlocken. Seine Reise führt Grenouille nach Grasse, wo er die hohe Kunst der Enfleurage erlernt8, welche heute noch für die Gewinnung von Jasmin-Extrakten für Chanel 5 verwendet wird. Da diese Techniken sehr aufwendig und kostspielig sind, werden für moderne Parfüms über 95% aller Duftessenzen chemisch synthetisiert. Ein neuer Duft besteht aus durchschnittlich 30 bis 80 Geruchstoffen. Seit den 50ern ist Grasse nicht mehr die Welthauptstadt des Parfüms. Was einst wie ein gut gehütetes Geheimnis nur an diesem Ort gelehrt und praktiziert wurde, wird heute weltweit von sechs grossen Duftherstellern dominiert: International Flavors & Fragrances (USA), Givaudan (Schweiz), Quest International (Grossbritannien), Firmenich (Schweiz), Symrise (Deutschland) und Takasago (Japan). Die gigantischen Duftfabrikanten setzten zusammen jährlich mehr als 10 Milliarden Dollar um.9 Dabei geht es nicht nur um die Duftherstellung für luxuriöse Parfüms, sondern auch um Kosmetika, Raumatmosphäre und Produktmarketing. Persönlich spannend finde ich jene Düfte, welche das Klischee des wohlriechenden Parfüms sprengen und neue Wege einschlagen. So präsentiert uns die Demeter Fragrance Library aus New York Duftessenzen mit der Aufschrift „Snow“, „Dirt“, „Lobster“ oder 6 7 8 9 vgl. Holz, Peter (2005), Die Sprache des Parfüms. S.10 f. vgl. Burr, Chandler (2008), Die Nase des Ketzers. Süskind, Patrick (1985), Das Parfum. S. 123 ff. und S. 219. Diese Angabe stammt von Burr, Chandler (2003). Es ist davon auszugehen, dass dieser Umsatz heute höher liegt, da allein Givaudan im Jahr 2008 einen Rekordumsatz von 4 Mrd. Franken erwirtschaften konnte. 5 „Denn die Menschen konnten die Augen zumachen vor der Grösse, vor dem Schrecklichen, vor der Schönheit und die Ohren verschliessen vor Melodien oder betörenden Worten. Aber sie konnten sich nicht dem Duft entziehen. Denn der Duft war ein Bruder des Atems“ (Süskind, S. 198). „Mushroom“.10 Die Möglichkeit Atmosphären künstlich zu prägen macht das Geschäft mit dem Duft finanziell attraktiv und unerschöpflich. Im Alltag kommen wir mit immer mehr olfaktorisch manipulierten Produkten in Kontakt. So sind nicht nur Kosmetika und Haushalts- und Lebensmittel parfümiert, sondern Bäckereien mit dem künstlichen Duft frischer Brötchen,11 Occasionen mit dem typischen Fabrikgeruch von Neuwagen und Reisebüros mit dezenter Karibikluft versehen.12 Aus: 6.2.2009, Die richtige Aura: „Ich sass in der zweithintersten Reihe des Vortragssaals des Museums für Gestaltung als Christian Jaquet mit seiner Rede über Marco Clivios neu erschienenes Buch „Verborgene Gestaltung“ meinen müden Hirnzellen einen Denkanstoss gab: „Man kommt als Original auf die Welt und stirbt als Kopie.“ Das Zitat stammte nicht von Clivio sondern vom Dichter Edward Young und liess mich über die Herausforderung nachdenken, seinem individuellen Duft treu zu bleiben, bzw. diesen überhaupt zu finden. Die starke Bindung zwischen Mutter und Kind manifestiert sich in der Einprägung und Verinnerlichung des individuellen Geruches. Schon bald vermischt sich der kindliche Duft mit allem, was ihn umgibt und mit der Zeit erstickt unsere Individualität in einer Parfümwolke, welche nicht durch Instinkte sondern durch medial erzeugte Sinnlichkeit beeinflusst wird. Wir glauben zu wissen, welcher Duft zu uns passt ohne die Nase entscheiden zu lassen und bewegen uns bei der Suche in einem durch das momentane Angebot vorgegebenen Rahmen. Soll der Duft zu Unterstreichung der Persönlichkeit dienen, so sollte er auf die individuellen Ausdünstungen abgestimmt sein...“ „(...) kramte in ihrem Ledetäschchen, blickte suchend hinein und zog unter einem Taschentuch, das sie zuerst zutage gefördert, einkleines, silbernes Crayon hervor, dünn und zerbrechlich, ein Galanteriesächelchen, zu ernsthafter Tätigkeit kaum zu gebrauchen“ (Mann, S. 457). FLAKON Mit der Entwicklung in Alkohol gelöster Duftstoffe begann im 18. Jahrhundert die Blütezeit eines Gewerbes, welches sich auf die Herstellung von Gefässen für diese kostbaren Essenzen spezialisierte. Die detaillierten Flakons aus bemaltem Porzellan, Glas oder edlen Metallen zeugen von grosser Kreativität und präziser Handwerkskunst. Im Preis hoch gehandelt wurden sie von gut betuchten Damen an öffentlichen Anlässen am Handgelenk getragen. Zwischen Form, Farbe und Thematik der gestalteten Gefässe bestand kein Bezug zum duftenden Inhalt. Während die veredelten Fläschchen lange der höfischen Gesellschaft vorbehalten waren, kamen im 19. Jahrhundert auch für ein bürgerliches Budget erschwingliche Parfüms auf den Markt. Schmuck und Parfüm gingen lange Zeit Hand in Hand. So spielte René Lalique (1860-1945), der zum Inbegriff der Goldschmiedekunst des Jugendstils wurde, eine massgebende Rolle bei der Entstehung des Parfüm-Flakons aus Pressglas. 13Als sich die serielle Flaschenproduktion durchzusetzen begann, 10 11 12 13 Museum für Gestaltung (2007), Nature Design. S.280. vgl. Garlinski, Bojarek (1991), Grasse. S. 57. Bochard, Silke (1999), in ihrer Dissertation über Gerüche im Design. Press|glas: durch Pressen flüssiger Glasschmelze in eine Form gefertigtes Glas[gefäß]. Quelle: Duden (2003). 6 Foto: Fiona Knecht, 2009 Jean Paul Gaultier Classique, Parfüm und Bodylotion „Die Ästhetisierung unserer Realität besteht in erster Linie in einer extensiven Präsentation von Materialität“ (Böhme, S. 51). spezialisierte sich Lalique auf die Übertragung seiner Erfahrung mit der hohen Handwerkskunst auf industrielle Fertigungsweisen in der Glasproduktion. Seine Kreationen waren prägend für diverse ParfümFlakons. Noch heute findet man Formen, die durch seine Arbeiten inspiriert sind14 oder wie im Falle von Jean Paul Gaultiers „Classique“ direkt von einem Entwurf von Lalique übernommen wurde. Experimentierfreudig und offen gegenüber neuen Materialien ist die Parfümindustrie leider nicht. Die industrielle Glasverarbeitung ist verhältnismässig kostengünstig und Glas hat eine Wertigkeit, die dem zum Verschleissmaterial degradierten Kunststoff in vielen Aspekten voraus ist. Haptik, Gewicht, Klang, Transparenz, Glanz und Reflexion lassen uns Glas als wertvoll und kostbar erscheinen und wecken Assoziationen von Kristall, Edelsteinen oder Eis. Der Flakon mutiert zum Schmuckstück. Nicht verwunderlich ist daher, dass die meisten Parfüms traditionsgemäss in einem gläsernen Gefäss daherkommen. Ausnahmen bilden wenige Kreationen wie „Rush“ von Gucci, „in Motion“ von Hugo Boss oder „le feu“ von Issey Miyake, welche hauptsächlich Kunststoff einsetzten. Da der Flakon das einzig greifbare an einem Parfüm ist, haben seine visuelle Erscheinung und seine haptischen Eigenschaften einen prägenden Einfluss auf den Markterfolg. Nach der Beeinflussung durch die Werbung ist das Design des Flakons massgebend, ob sich der Konsument mit dem Duft identifizieren kann. Ist das Gefäss optisch ansprechend, wird er automatisch einer haptischen und funktionalen Prüfung unterzogen, bevor das eigentliche Produkt, der Duft, sich entfalten kann. Anders als bei der Verpackung von Produkten, die eine herstellungs- oder traditionsbedingte Form aufweisen, wird man bei der Gestaltung eines Parfümflakons mit dem ästhetischen Problem der Kongruenz von Form und Inhalt konfrontiert. Der gegebene Inhalt ist immer flüssig, gibt also keine Form vor, und dennoch sollte der Flakon den olfaktorischen Charakter des Duftes wiedergeben. Darum wird im Briefing an den Designer die „Form des Duftes“ klar beschrieben und eine nachvollziehbare Umsetzung eben dieser Form erwartet. Zusätzlich muss der gestaltete Flakon nicht nur den Inhalt, sondern auch die Sprache und Werte der Marke oder des Modehauses repräsentieren. 26.1.2009, Gewichtsstemmen in der Parfümabteilung: „Erste Schulwoche ZHdK15 in einem Kurs über Designtheorien kommt das Thema „Funktionalität im Design“ zum ersten Mal auf. Damals hätte ich nicht gedacht, dass sich dieses Begriffspaar an meine Schuhsohle haften und mich fortan begleiten würde. Dennoch werde ich mich hüten, im folgenden eine Position zwischen Louis Sullivans Ausspruch „form follows function“ und den bunten Alessi-Produkten im Globus einzunehmen, weil der Versuch den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Trotzdem möchte ich das Problem der Funktionalität anhand eines Parfüm-Flakons beschreiben. 14 15 Die Flakons der Düfte „Anna Sui“, „Love“ und „Dreams“ von Anna Sui sind aus Pressglas und Laliques Entwürfen nachempfunden. Damals noch HGKZ , Modul: Theorie/Konzeption I bei Nicole Kind und Franziska Nyffenegger 7 Bei meinen Recherchen in der Parfümerie-Abteilung fiel mir auf, dass manche Düfte nicht nur die Sinne betören sondern gleichsam die Muskulatur anregen. Gucci verfolgt eine Design-Strategie, die sich der Tradition des Parfüms entfremdet, in sich aber durchaus stimmig ist. Süssliche, frische und herbe Essenzen entfalten sich in einem Gleichgewicht, das von klassischer und zeitgemässer Eleganz zeugt. In einem grossen, gläsernen Quader eingeschlossen wirkt die Flüssigkeit, wie eine wertvolle Essenz aus Bernstein und Honig, die in einem Eisblock den Gezeiten trotzt. Es ist dieses Objekt, das „Eau de Parfum“ von Gucci, dessen Fotografie wie eine Ikone auf schwarzem Hintergrund das Titelbild des Buches „Package Design now!“ ziert. Der perfekt ausgeleuchtete Glaskörper erscheint unumstösslich wie der Fels von Gibraltar aber klar wie ein Bergkristall. Gekonnt täuscht uns die Fotografie über die vielen Tücken und Unstimmigkeiten des Objektes hinweg. Sowohl die Typographie als auch der funktional unerlässliche Schlauch im Innern des Flakons wurden wegretuschiert. Die Anmutung des Objektes lässt eine fast geschlossene Aussenform vermuten. Verständlich ist die Irritation, wenn man den Flakon zum ersten Mal dreidimensional sieht und erkennt, dass der Grundkörper ein Kubus, der Deckel jedoch ein Zylinder ist. Hat man diesen ersten Schock überwunden und die Hand nach dem Objekt ausgestreckt, kommt die Einsicht, dass die monumentale Wirkung kein visueller Schwindel ist. Die Benutzung wird zur ergonomischen Herausforderung. Nicht nur das enorme Gewicht des Flakons, sondern auch die Distanz zwischen Sprühkopf und Objektboden, machen es kleinen Frauenhänden schwierig, den Sprühapparat mit einer Hand zu bedienen. Durch den übertriebenen Materialeinsatz, entfernt sich das Produkt vollständig von den Ursprüngen des Parfüms als portables Duftaccessoire und sichert sich gleichsam als monumentales Luxusobjekt seinen Platz im Rampenlicht. Damit wird klar, wie stark der funktionale Aspekt des Parfüms gegenüber seinem Repräsentationswert in den Hintergrund rücken kann. Offen bleibt die Frage, ob nicht genau dieser Repräsentationswert die eigentliche Funktion eines Parfüms ist.“ Foto: Lloyd (+ co), 2003 Gucci Eau de Parfum, Cover von Package Design Now! MARKE Foto: Chris Doyle 2007 Gucci by Gucci Anzeige in Vogue 11/2007 Im Zusammenhang mit Werbung taucht der englische Begriff „Branding“ auf. Dieser kommt vom amerikanischen Ritual, Kühen oder Schafen mit einem heissen Eisen einen Stempel ins Fell zu brennen, um die Wiedererkennung des persönlichen Besitzes zu garantieren.16 In der Produktwelt ist der Wert der Marke direkt auf den Verkaufspreis übertragbar. Sichtbar gemacht wird die Marke durch visuelle Hilfsmittel, wie Logo, Typographie, Farbschema, Designsprache, Plazierung und Service. Der eigentliche Wert entsteht aber nicht durch die visuelle Erscheinung, sondern durch die Konnotationen, die sie auslöst. Heute ist man geteilter Meinung über den Bezug zwischen Marke und Produkt. Was früher als Stempel betrachtet wurde um 16 vgl. Pavitt, Jane (Hrsg.) (2001), Brand.New. S. 21. 8 „Ein Parfüm muss einen Schock auslösen, das heisst nicht nur angenehm sein für die Sinne, sondern eine ästhetische Form haben, die den Geist anspricht: verführen im umfassenden Sinne“ (Garlinski, S. 108). einem neuen Produkt Erfolg zu garantieren, wird heute aus der umgekehrten Perspektive betrachtet, wonach die Vergrösserung der Produktpalette dazu dient, die Markenidentität zu stärken.17 Die Parfümindustrie ist dafür repräsentativ, da die Düfte hauptsächlich zur wirtschaftlichen Stärkung und Festigung der Popularität eines Modehauses oder Kosmetiklabels dienen. Dank der grossen Differenz zwischen Produktionskosten und Verkaufspreis lockt das Geschäft mit hohen Gewinnmargen. Mehrjährige Erfahrungswerte mit einem „Brand“ sind ausschlaggebend für den Erfolg einer Neulancierung, der wiederum die Erhaltung des Markenwertes garantiert. Deshalb ist die Werbung bei vielen Marken der grösste Kostenpunkt. Je höher das Werbebudget, desto erfolgreicher und langlebiger das Produkt. Der Grossverteiler Marionnaud18 bietet in seinen europaweit über 1200 Filialen nur Düfte bekannter Marken an oder Neulancierungen, die mit ihren Kampagnen genügend Aufmerksamkeit erregen.19 Durch die emotionalen Botschaften einer Marke, identifiziert sich der Konsument bereits mit dem Duft, bevor er ihn testet. Entspricht dieser den persönlichen Vorstellungen eines guten Parfüms, wird er gekauft.20 Trotz psychologisch geschickt angelegter Werbekampagnen hindert uns der Geruchsinn oft daran, nach einer anfänglich euphorischen Begeisterung, ein Parfüm ein zweites Mal zu kaufen. Dies ist auch der Grund, warum durch aufwendige Kampagnen aufgebauschte Düfte zuerst einen enormen Umsatz erzielen und nach zwei Jahren bereits vollständig von der Bildfläche verschwunden sind. 29.1.2009, 8 88: „Während meiner Recherchen bin ich immer wieder auf die Marke „Comme des Garçons“ gestossen, welche eine ungebrochene Faszination auf mich ausübte. Geprägt wurde diese Liebe gewiss durch die Abbildungen der Werbekampagnen, welche anstelle makelloser Körper und erotischer Frauenblicke, Asphalt, Motorenöl, Kaugummi oder Hundeschnauzen abbilden21. Auch der silberne Flakon strahlte eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf mich aus. Die Umgebung spiegelt sich auf dem Gefäss, das wie ein Stück geschmolzenes Zink auf dem Asphalt liegt und gleichsam in seiner Tropfenform nur soweit abstrahiert ist, dass es die Assoziation von einem Flachmann wachruft. Ebenfalls untypisch für einen Parfüm-Flakon ist der kompromisslose Verzicht auf Transparenz. Warum mich ein Mix aus Alkoholismus und extra-terrestrischem Design anspricht? Vielleicht, weil ich stets auf der Suche nach Individualismus und Abgrenzung meines Stils gegenüber gesellschaftlicher Normen bin. Doch schon allein mit dieser Aussage über mich, integriere ich mich in die grosse Masse der vermeintlichen Individualisten...“ Foto: Jeff Mermelstein, 2003 Comme des Garçons 2, Anzeige in Women‘s Wear Daily 8/2003 17 18 19 20 21 vgl. Heller, Andreas (1994), der sich mit der Diversifizierung der Produktpalette von Konzernen, wie Louis Vuitton, Dior und Yves Saint Laurent auseinandersetzt. Der französische Grosskonzern Marionnaud ist neben seinem deutschen Konku renten Douglas Marktführer in Europa. vgl. Manz, Vivianne (2003), Cindy für alle. vgl. Busch, Barbara (2003), die den Einfluss von Werbung und Flakon auf den Kaufentscheid analysiert. Bezieht sich auf die Anzeige für comme des garçons 2 (2003), Art Direktor Ronnie Cook Newhouse. 9 DARSTELLUNG Foto: Ali Mahdavi, 2008 Thierry Mugler Angel, Anzeige in Bolero 2/2009 Foto: Jean-Paptiste Mondino, 2003 Jean Paul Gaultier Le Male, Anzeige in Massiv 4/2005 Mitte des 19. Jahrhunderts legten Zeichnungen von in Gärten sitzenden, eleganten Damen den Grundstein für die Parfümwerbung in den Printmedien. Trotz der zunehmenden Verbreitung der Fotografie, bediente sich die Parfümwerbung bis in die Sechziger neben raren Fotocollagen, hauptsächlich illustrativer Methoden, die von hoher Qualität, und durch aktuelle künstlerische Strömungen22, beeinflusst waren. Selten versuchte die Bildsprache eine olfaktorische Vorstellung des Duftes zu transportieren, sondern weckte durch die Darstellung sinnlicher Traumwelten, menschlicher Idealbilder und erotischer Fantasien unsere Sehnsüchte. Durch die Liberalisierung der Sechziger-Generation wurden Sexualität, Sinnlichkeit und Erotik als aufstrebende Sprache der Werbung gesellschaftlich akzeptiert. Mit dem „Platzen der grossen Parfümbombe“ in den 70ern, versuchten diverse Neulancierungen mit schockierend lasziven Werbekampagnen die Aufmerksamkeit der Bevölkerung für sich zu gewinnen. Ein erfolgreiches Beispiel für diese Taktik ist „Opium“ von Yves Saint Laurent, in dessen Anzeige sich ein Model genüsslich auf einem fernöstlichen Diwan räkelt. Neben dem abgebildeten Flakon der Satz: Opium- pour celles qui s’adonnent à Yves Saint Laurent. Dieses Bild ungestillter Gelüste nach „Opium“ wurde bis heute weiterverwendet und durch Models wie Sophie Dahl und Kate Moss verkörpert. Im Kontrast dazu bedient sich das gestalterische Konzept für „Angel“ von Thierry Mugler unterkühlter Weiblichkeit zwischen hellblau-silbernen Kristallen. Auf dem Umschlag der aktuellen Ausgabe von Bolero findet man in Hochglanz-Druck das Gesicht von Naomi Watts, die im Pailletten-besetzten Abendkleid zwischen stahlblauen Eissternen liegt. In den 90ern erreichte Calvin Klein durch den kompromisslosen Einsatz von schwarz-weiss Fotografien einen hohen Eigenwert und schaffte es dennoch, innerhalb der Marke verschieden Zielgruppen zu bedienen.23 Zwei sehr gelungene Kampagnen auf der Seite der Herren-Parfüms sind „Cool Water“ von Davidoff, das mit nackter Männerhaut wirbt, die im kühlen Nass Erfrischung sucht oder „Le Male“ von Jean Paul Gaultier, das mit der Inszenierung von androgynen Matrosen zum rätseln anregt und dadurch einen hohen Wiedererkennungswert erreicht. Der Duft zur Eigenmarke liegt im Trend und so ist es nicht verwunderlich, dass von Britney Spears über Paris Hilton bis Jennifer Lopez, bald jeder grosse oder kleine Stern als Duftkomposition im Parfümregal auftaucht. Wer kein eigenes Parfüm herausgibt, unterstützt den Erfolg der grossen Marken mit seiner Prominenz. Die Neuerscheinung „Diamonds“ von Emporio Armani wirbt mit Beyoncé24 in der weiblichen und Josh Hartnett in der männlichen Rolle. Wenn man sich mit Duft, Werbung und Erfolg befasst, leuchtet ein 22 23 24 U.A. haben Salvador Dali oder Andy Wahrhol Anzeigen für bekannte Parfüms entworfen. „Eternety“ für familiäre Geborgenheit, „Escape“ für individuelle Abenteuer, „CK one“ mit Kate Moss für lässig unbeschwerte Jugend. Im Werbespot interpretiert die R&B Sängerin „Diamonds are a girls best friend“. 10 Foto: Fiona Knecht, 2009 Chanel Nr 5 als 35 cm hohes Monument in der Manor Vitrine Name wie ein Stern hoch über allen andern: Chanel Nr 5. Unvorstellbar, diese duftende Ikone, die sich nun schon ein halbes Jahrhundert von der grossen Masse abhebt, zu umgehen. Seit Marilyn Monroe 1954 öffentlich erklärt hatte, sie trage im Bett nichts, ausser einem Tropfen Chanel Nr 5 auf der Haut, war der Aufstieg des Duftes besiegelt. Mit umfänglichen Kampagnen, bei welchen Stars, wie Carole Bouquet, Catherine Deneuve oder Nicole Kidman, die Plakatwände schmückten, konnte sich Chanel bis heute seinen Thron bewahren. 25 2002 drehte Baz Luhrmann für Chanel den aufwendigsten und teuersten Werbespot aller Zeiten. Trotz grossem Budget wird es für neue Düfte immer schwieriger, sich in der Masse des Angebotes zu behaupten, egal wie glamourös deren mediale Präsenz ist. Inszeniert nach den höchsten Künsten der Werbefotografie werden Traumbilder erzeugt und Sehnsüchte geweckt und manchmal gelingt es sogar, das Produkt in eine mysteriöse Aura zu hüllen. Leider verschwindet diese Aura, sobald man den Duft in den Regalen der Realität wiederfindet. Aus: 29.12.2008, Duftmassaker: „...Im Denner gipfelt das nachweihnachtliche Duftmassaker in einer rot-weissen Exekution von ausgewählten Parfüms. Jedem Designer, jedem Werbefachmann, jedem Individuum mit Sinn für Ästhetik muss es das Herz zerreissen, die Parfümschachteln, wild gemischt in einem Meer aus rot-weissen Etiquetten ertrinken zu sehen. Denner überall Denner, 50% oder 20% und dann nochmals 20% darauf und noch ein ganz kleines Denner darunter. Die Verpackungen sind bis zur Unkenntlichkeit mit Rabattschildern zugeklebt. Wem dies nicht genügt um sich von einem eindeutigen Schnäppchen begeistern zu lassen, dem weisen die vielen roten Aktionsschilder rund um die eingepferchten Parfüms den Weg. Doch das Konzept geht auf. Ein Parfüm nach dem anderen findet seinen Weg übers Beförderungsband via Kasse in die Einkaufstüte. Wo ist das versprochene Erlebnis geblieben? Welchen Reiz hat das Produkt auf den Konsumenten, wenn man es seiner Ästhetik beraubt? An diesem Punkt schwindet der Zauber um den Duft. Die Seifenblase ist geplatzt und damit fast alle Werte mit welchen das Luxusgut um seine Kundschaft wirbt. Das gesparte Geld scheint den Selbstbetrug für den Konsumenten zu legitimieren. Mit einem Lächeln platziert er die neue Errungenschaft auf dem Spiegelschrank im Bad, stets mit dem befriedigenden Gedanken immerhin ein Stück fein duftender Markenidentität zu einem Schnäppchenpreis erworben zu haben.“ „Weil aber das wahre Gesicht dieses photographischen Schöpfertums die Reklame oder die Assoziation ist, darum ihr rechtmässiger Gegenpart die Entlarvung oder die Konstruktion“ (Benjamin, S. 62). PERSPEKTIVEN Früher wurde das Parfüm hauptsächlich zur Aufwertung der eigenen Körperausdünstungen verwendet, was dem Träger ein Gefühl von gesellschaftlicher Sicherheit, Individualität und Attraktivität gab. Das Gefäss hatte die Aufgabe, die wertvollen Duftessenzen in seinem 25 vgl. Döring, Jürgen (2005), Parfum. S. 107. 11 Foto: Fiona Knecht, 2009 Parfümpräsentation in der Import Parfumerie „Sie kreierten Kunstwerke. Wenn es kein Kunstwerk war, musste es verschwinden, denn die Kundschaft besass damals einen strengen und aufgeklärten Geschmack. Heute haben sich die Geschicke der Parfümerie gewandelt. Es gibt zwar noch einige mehr potentielle als aktive Parfümeure, aber es gibt keine Meister mehr. Es bleiben nur Geschäftsleute übrig“ (Roudnit-ska, S. 74). Innern zu bewahren, vor Verunreinigung und Verdunstung zu schützen. Obwohl der Flakon oft von hohem ästhetischem und materiellem Wert war, musste er sich dem exklusiven Inhalt unterordnen. Die duftende Essenz war der Kern des Produktes. Heute orientiert sich der Preis eines Parfüms nicht mehr an seinem Inhalt sondern am Wert der Marke, die es repräsentiert. Das Parfüm ist zu einem Kind der „ästhetischen Ökonomie“ geworden26, da es sich nicht auf eine Bedürfnisbefriedigung des Menschen ausrichtet, sondern ein Verlangen nach Schönheit evoziert. Die Qualität des Duftes und seine Entfaltungsstufen rücken zunehmend in den Hintergrund. Angesichts der ökonomisch begründeten Flut an gekonnt beworbenen Plagiaten, droht eine ganze Luxusindustrie in sich selbst zu ersticken. Im Fachhandel ringen Hunderte von Parfüms nebeneinander um Aufmerksamkeit. Die Sinnlichkeit geht verloren. Ein Ausweg ist die Spezialisierung, welche mit einem Rückzug zur Exklusivität und Individualität einhergeht. Klar, es gibt sie noch, die Meisterwerke der Parfümerie, Kunstwerke, die uns erst nach geduldigem Warten mit ihrer vollständigen, molekularen Entfaltung belohnen. Diese seltenen Kreationen sind die vergessenen Überreste des wahren duftenden Luxus’, entworfen von Meistern der Parfümerie. Sie sind authentisch. Doch gestaltet sich die Suche nach authentischen Parfüms ebenso schwierig, wie die Unterscheidung zwischen wahrer Kunst und schönem Kunstwerk. Der schleichende Verlust der wahren Kunst, gekoppelt mit der Kommerzialisierung von Luxus scheint das Problem der Duftindustrie zu sein. Durch die Globalisierung wurde die Mehrheit der traditionellen Parfümerien zu internationalen Grosskonzernen, was sich immer schwerer mit Luxus vereinbaren lässt. Die Kommerzialisierung der Produkte beraubt den Luxus seiner Exklusivität, ohne die er nicht existieren kann. Das Geschäft mit der duftenden Sinnlichkeit ist ein gutes Beispiel für die Auflösung des Luxus im Kommerz, angetrieben durch ökonomische Grundsätze und ausgeführt nach den höchsten Künsten des Produktmarketings. Trotz wiederholten Versuchen dieser Entwicklung entgegenzuwirken, verzettelt sich die Parfümindustrie zunehmend in ihrer konstruierten Welt. Karl Lagerfeld sagte einst: „Es gibt keinen Luxus ohne Parfüm.“ Ich beginne an dieser Aussage zu zweifeln, wenn ich seinen neusten Duft zwischen all den anderen Parfüms im Regal versinken sehe. Hier möchte ich eine Brücke zwischen der gesellschaftlichen Positionierung von Parfüm und jener von Schmuck schlagen. Beide Kunsthandwerke wurden mit den Möglichkeiten technischer Reproduzierbarkeit konfrontiert. Die Juweliere haben es geschafft, die Exklusivität ihres Handwerkes trotz der Konkurrenz durch Industrieschmuck zu erhalten, was eine klare Trennung zwischen Kunsthandwerk und Kommerz zur Folge hatte. Warum misslang der Duftindustrie das, was die Juweliere stets bewahrt haben? Die Parfümindustrie war von den technischen Möglichkeiten und der synthetischen Duftgewinnung 26 Böhme, Gernot (1927), beschreibt die „ästhetische Ökonomie“ als eine Phase des Kapitalismus, bei welcher die Selbstinszenierung, die sich von der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse abhebt, zunehmend an Relevanz gewinnt. S.62 f. 12 dermassen fasziniert, dass sie das Handwerk vernachlässigte und die edlen Essenzen durch synthetische Plagiate ersetzten. Angetrieben von möglichst lukrativer Expansion ist es dem ehemaligen Luxussegment kaum noch möglich, sich auf das ursprüngliche Kunsthandwerk zurück zu besinnen. Die meisten modernen Parfümeure werden von technischen Hilfsmitteln geleitet, wodurch viele Parfüm-Kreationen ihrer duftenden Seele beraubt werden. Die einstige Parfümmetropole Grasse liegt im Sterben, was eine Rückkehr zum Ursprung des Parfüms unmöglich macht. Neue duftende Kunstwerke sind rar und selbst wenn sie ihren Weg in die Geschäfte finden, so gehen sie meist unerkannt in der Vielzahl ihrer Konkurrenten zu Grunde. Foto: o. A. Comme des Garçons 8 88 In style100 6/2008 „Dass Gelb die symbolische Farbe des Neides ist, hängt mit dem Gelb des Goldes zusammen: das Gold ist das Glanzvolle und Schöne, dessen Anblick Genuss bereitet - aber einen sozusagen objektiven Genuss, der sich subjektiv sogleich in Habenwollen und Scheelsucht umsetzt“ (Simmel, S. 244). 28.1.2009, Vom Parfüm als Schmuck: „Dass ich mich selbst manchmal mit einem ironischen Lächeln als Schmuck-Fetischistin bezeichne, hätte mir eigentlich eine Warnung sein müssen, mich auf das Thema Luxus und Parfüm einzulassen. Nichts desto trotz hielt ich meine Nase an jeden Flakon, der für mich historisch oder visuell interessant schien. Immer tiefer wagte ich mich in eine Welt aus Traum und Verlangen. So kam der Zufall, dass ich mich an demselben Tag, an welchem ich Georg Simmels „Psychologie des Schmuckes“ lesen würde, zum zweiten Mal verliebte (Das erste Mal war meine 4 jährige Affäre mit Jean-Paul Gaultiers „Classique“). Georg Simmel fragt sich über den Sinn des Schmuckes. Ich glaube, Parfüm ist der Schmuck der Seele und folgt einem ähnlichen Prinzip, wie Simmel es in seinem Text beschreibt. Wie kommt es, dass man sich immer dann in eine Duftwolke hüllt, wenn man vor hat, sich in Gesellschaft zu begeben? Bewusst oder unbewusst, die Nase nimmt stets Notiz von der Duftnote des Gegenübers und bewusst oder unbewusst möchten wir unser Gegenüber beeindrucken, ja wenn möglich sogar neidisch werden lassen. Schmuck bewerkstelligt dies auf einer rein visuellen Ebene, die sich auf die Haltung unseres Gegenübers auswirkt und somit unser Selbstgefühl steigern kann. Beim Parfüm ist es ähnlich, kann sich die Nase dem Duft ja nicht entziehen, so wie die Augen sich schliessen können. Riechen wir gut, bewegen wir uns sicherer in unserem gesellschaftlichen Umfeld. Der Exzess dieser Sicherheit ist das seltene aber begehrenswerte Lob unseres Parfüms von einem Gegenüber, vor allem dann, wenn es ehrlich gemeint ist. Was hat meine zweite Liebe nun mit Georg Simmels Überlegungen zu tun? Das Parfüm „Comme des Garçons“ 8 88, wirbt damit, den imaginären Duft von Gold zu verkörpern, also eine eindeutige Parallele zwischen dem edlen Metall des Schmuckes und dem persönlichen Duft zu erschaffen. Hätte ich das alles nicht gewusst, wäre ich nie auf die Idee gekommen, daran zu riechen. Doch mein Schicksal ist besiegelt. Ich habe mich verliebt. 8 88 ist nicht so süsslich und schwer, wie meine erste Affäre „Classique“ und dennoch rund und voll, wie ein Tropfen edlen Weines. Durch den Mix aus dumpfen Holznoten, edlen Gewürzen, schweren Blumen und einer dezenten Weihrauchnote gelingt die Romantisierung des Edelmetalles. Dieser Duft war reifer und runder als meine 4-jährige Affäre und ich war bereit für ihn. Ob mich meine Affinität zu Schmuck, geschicktes Marketing oder 13 reiner Zufall zu diesem Duft trieb, werde ich nie beurteilen können. Seltsam bleibt die Tatsache, dass Gold von Simmel als Ursprung der Farbe des Neides und gleichzeitig als Subjekt menschlicher Begierde beschrieben wird, während ich seinem imaginären Duft verfalle.“ 14 QUELLEN Eigenständige Werke: Böhme, Gernot (1927/1995): Atmosphäre. Frankfurt am Main. Suhrkamp Verlag. Clivio, Franco (2009): Verborgene Gestaltung. Basel. Birkhäuser Verlag AG. Corbin, Alain (1984): Pesthauch und Blütenduft. Eine Geschichte des Geruchs. Berlin. Verlag Klaus Wagenbach. Döring, Jürgen (2005): Parfum. Ästhetik und Verführung. München. Prestel Verlag. Guerlain (o. J): Guerlain. Secrets de parfumeur. Paris. O.V. Holz, Peter (2005): Die Sprache des Parfüms. Eine empirische Untersuchung zur Grammatik, Metaphorik und Poetizität des Parfümwerbetextes. Hamburg. Dr. Kovac. Kozak, Gisela und Wiedemann, Julius (2008): Package design now! Köln. Taschen GmbH. Mann, Thomas (1924/2008): Der Zauberberg. Berlin. S. Fischer Verlag. Museum für Gestaltung Zürich (2007): Nature Design. Von Inspiration und Innovation. Baden. Lars Müller Publishers. Pavitt, Jane (Hrsg.) (2001): Brand.New. Starke Marken. München. Knesebeck GmbH & Co Verlag. Simmel, Georg (1873/2008): Individualismus der modernen Zeit. Frankfurt am Main. Suhrkamp Verlag. Süskind, Patrick (1985/1994): Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders. Zürich. Diogenes Verlag AG. Walter, Benjamin (1963/1977): Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt am Main. Suhrkamp Verlag. Aufsätze in Zeitschriften: Bachmann, Dieter (2003): Editorial. In: Du. Nr. 10: S. 11-13. Busch, Barbara (2003): The scent of advertising. In: Global Cosmetic Industry. Nr. 171/Jun: S. 24 – 30. Garlinski, Bojarek (1991): Grasse. Stadt der Düfte und der Noten. In: Du. Nr. 10: S. 54-59, 93, 99, 103 und 108. Paul, P./ Bethge, R. (2003): Feuerwerk der Düfte. In: Spiegel special Nr. 4, S. 50 – 52. Peschke, Marc (2005): Glitzerndes Getue. In: Design Report. Nr. 3: S. 62 - 63. Roudnitska, Edmond (1991): Die Kunst des Parfums. In: Du. Nr. 10: S. 70 - 77. Steffen, Nicole (2008): L’Air du Temps. The icon fragrance. In: Lounge. Black Design. Nr. 34: S. 58 - 61. Beiträge aus dem Internet: Bochard, Silke (1999): Raumbeduftung. Konsumrausch im parfümierten Paradies? http:// www.silke-bochat.de/olfaktorik/7-raum. Zugriff: 31.1.2009. Boom, Cathy (2008): Comme des Garcons. Expect the unexpected. In: Stylemag.net. http:// www.stylemag-online.net. Zugriff: 28.1.2009. 15 Burr, Chandler (2003): Die Nase des Ketzers. In: NZZ Folio 06/03 – Die Düfte. http:// www.nzzfolio.ch. Zugriff: 18.11.2008. Fragrance Foundation UK (2007): Market Research. http://www.fragrancefoundation.org. uk/market-research.htm. Zugriff: 4.12.2008. Heller, Andreas (1994): Wer die Fäden zieht. Multikonzern und Exklusivartikel: ein Gegensatz? In: NZZ Folio 12/94 – Luxus. http://www.nzzfolio.ch. Zugriff: 29.1.2009. Hug, Anatol (2009): Parfums. Luxusprodukte aus billigen Essenzen. Fernsehbeitrag in: Kassensturz vom 10.2.2009 ausgestrahlt auf SF 1. http://www.sf.tv/sf1/kassensturz/index. php. Zugriff: 11.2.2009. Manz, Viviane (2003): Cindy für alle. In: NZZ Folio 06/03 – Die Düfte. http://www.nzzfolio. ch. Zugriff: 18.11.2008. 16 ANHANG 26.12.2008, Die Erscheinung der Zeit: Nina Riccis L’air du temps, dem es nach dem zweiten Weltkrieg gelang, die gequälten Gemüter mit der Botschaft von Ruhe und Frieden zu verwöhnen, feiert seinen 60. Geburtstag. Der kunstvolle Flakon von Marc Lalique, dem Sohn des berühmten Glaskünstlers und Schmuckdesigners René Lalique, zeigt zwei Tauben, welche sich auf einer rund geschwungenen Kristall-Säule liebkosen. Sie bringen die Botschaft von Frieden, welche mit dem sanften Duft fragiler Blüten (Veilchen, Yasmin, Rose, Lilie) und wärmenden Hölzern (Rosen-, Zeder- und Sandelholz) gekonnt unterstrichen wird. Der Klassiker wird seit den 90ern mit Engeln in zierlicher Frauengestalt beworben. Durch gezielten Lichteinsatz und dezente Unschärfe strahlen die Fotografien wie eine Vision von Ruhe und Geborgenheit. Es scheint, als wäre die Zeit stehengeblieben damit der Fotograf, in diesem Fall Jean-Paptiste Mondino, ohne Stress den optimalen Bildausschnitt suchen konnte um die Illusion zu perfektionieren. Nach über einem halben Jahrhundert Erfolgsgeschichte wagt es Nina Ricci diesen sinnlichen Traum in flüssiges Schwarz zu tauchen. Die limitierte Jubiläumsausgabe aus schwarzem Glas verwundert und fasziniert. Helle Reflexionen auf der glänzenden Oberfläche erschweren die optische Trennung von Tauben und Flakon und lassen die Formen, wie flüssiger Latex, zu einer unwirklichen Skulptur verfliessen. Nur die Flügel der Tauben sind grob erkennbar. Der schwarze Engel widerspricht der gesamten Philosophie, mit welcher Nina Ricci seit 60 Jahren um den Duft wirbt und gerade das macht ihn attraktiv genug, die Sonderedition in der Pariser Gallerie Laffayette oder in weltweit exklusiven Design-Geschäften anzubieten. Obwohl ausser der schwarzen Farbe des Glases nichts verändert wurde, ist sich der moderne Konsument bewusst, dass Seltenheit, kombiniert mit dem Ausdruck stilvoller Eleganz ihren stolzen Preis hat. Da gipfelt das Geschäft mit dem Luxus in einer Ekstase des reinen Prestige. Eine Hinterfragung dieser Entwicklung ist insofern irrelevant, als dass eben dieser Wandel vom erschwinglichen Konsumgut zum Kunstobjekt dem ursprünglichen Zweck dient und die Markenidentität und somit auch den Umsatz stärkt. 29.12.2008, Duftmassaker: Die Weihnachtszeit. Die alljährliche Blüte der Duftindustrie geht einher mit allerlei bekannten Weihnachtsbräuchen. Heisse Marroni und gebrannte Mandeln ziehen einen süsslichen Duftfaden durch die Bahnhofstrasse, der sich mancherorts mit dem beissend würzigen Dampf von Glühwein vermischt. Doch die wohligen Gerüche täuschen uns nicht über die nervöse Ausstrahlung der unzähligen Passanten, die eiligen Schrittes auf der Jagt nach den letzten Weihnachtseinkäufen sind, hinweg. Am 24. Dezember gipfelt das hektische Treiben in einem letzten energieverzehrenden Ausbruch. Danach stirbt die Bahnhofstrasse aus. Wer sich nach den besinnlichen Familienfeierlichkeiten erneut an den Ort des letzten Kraftaktes wagt, traut seinen Augen nicht. Egal wie fantasievoll verpackt oder wie aufwendig präsentiert sie einst strahlten, der Rotstift verschont keine Objekte. Unter seinen Opfern befinden sich auch diverse Parfüms. Sie haben es nicht geschafft, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen. Einige von ihnen haben vielleicht zwei Jahre überlebt, wenige sogar 3 Jahre. Doch nun sind sie alle dicht zusammengepfercht in einem grossen Korb mit der Aufschrift „SALE! 20%- 50%“. Sie werden von Schnäppchenjägern brutal von der einen Seite zur anderen gestapelt, gehen in der Masse unter und kommen in einer anderen Ecke wieder ans Tageslicht. Nur die Klassiker, die waren Ikonen der Parfümindustrie, die sich schon seit Jahren bewähren, werden von diesem Massaker verschont. Marionnaud, Import Parfümerie, Manor, Globus, Jelmoli, kein Geschäft kann sich dem alljährlichen Ausverkauf entziehen aber der visuelle Höhepunkt kommt in unseren Nationalfarben daher: Im Denner gipfelt das nachweihnachtliche Duftmassaker in einer rot-weissen Exekution von ausgewählten Parfüms. Jedem Designer, jedem Werbefachmann, jedem Individuum mit Sinn für Ästhetik muss es das Herz zerreissen, die Parfümschachteln, wild gemischt in einem Meer aus rot-weissen Etiquetten ertrinken zu sehen. Denner überall Denner, 50% oder 20% und dann nochmals 20% darauf und noch ein ganz kleines Denner darunter. Die Verpackungen sind bis zur Unkenntlichkeit mit Rabattschildern zugeklebt. Wem dies nicht genügt um sich von einem eindeutigen Schnäppchen begeistern zu lassen, dem weisen die vielen roten Aktionsschilder rund um die eingepferchten Parfüms den Weg. Doch das Konzept geht auf. Ein Parfüm nach dem anderen findet seinen Weg übers Beförderungsband via Kasse in die Einkaufstüte. Wo ist das versprochene Erlebnis geblieben? Welchen Reiz hat das Produkt auf den Konsumenten, wenn man es seiner Ästhetik beraubt? An diesem Punkt schwindet der Zauber um den Duft. Die Seifenblase ist geplatzt und damit fast alle Werte mit welchen das Luxusgut um seine Kundschaft wirbt. Das gesparte Geld scheint den Selbstbetrug für den Konsumenten zu legitimieren. Mit einem Lächeln platziert er die neue Errungenschaft auf dem Spiegelschrank im Bad, stets mit dem befriedigenden 17 Gedanken immerhin ein Stück fein duftender Markenidentität zu einem Schnäppchenpreis erworben zu haben. 2.1.2009, Erinnerung: Gerüche sind nur oberflächlich oder über umfängliche methaphorische Exkurse in Worte zu fassen und dennoch ruft ein einziger Duft oft ganze Erinnerungswelten hervor. So lässt mich der süsslich schwere Duft von Vanille-Zucker nicht, wie angenommen, an die gleichnamige Orchidee denken, sondern zieht den modrigen Geruch von nassem, leicht mit Schnee bedecktem Laub mit sich, den ich nach einem langen Waldspaziergang noch an den Schuhen trage. Beim öffnen der Haustür schmeichelt mir die warme, vom Dunst gebackener Äpfel durchströmte Luft aus dem Backofen in den Nasenhöhlen und lässt mein Herz höher schlagen. Der dampfend heisse Kuchen wird leicht mit VanilleZucker bestreut. Kurz vor dem Karamelisieren erstarrt der Zucker zu kleinen, gläsernen Punkten und verleit dem Gebäck einen zauberhaften Glanz. Mein Leibgericht ist fertig. Meistens kommt die Erinnerung erst mit dem Duft. So reflektiert meine kleine Parfümsammlung mehr als 10 Jahre meines Lebens. Beigleitet von Jean Paul Gaultiers „Classique“, habe ich mein Design-Studium begonnen. Es ist ein pudrig blumiger Duft, der sich wie schwere, wärmende Watte um den Körper schmiegt. Perfekt um sich in den dunklen Wintertagen, wenn die Räumlichkeiten der Werkstätten kalt und feucht scheinen, in eine Illusion von kindlicher Geborgenheit zu flüchten. Ganz anders im Sommer, da hat „Classique“ nichts verloren. Mit den ersten schwachen Sonnenstrahlen im April verbinden sich Düfte, wie Amor von Cacharel mit dem typisch leichten Geruch des Frühlings, der eine latente Euphorie wachruft. Vielleicht ist es kein Zufall, dass ich mich mit diesem Duft zum ersten Mal verliebte. Das faszinierende an Düften ist, dass sie mit Emotionen eine lebenslange Verbindung eingehen, die weder verblasst noch betrübt werden kann. Die Welt der Gerüche ist intimer als jene der Bilder oder der Klänge, denn wir können erfahrene Dufterlebnisse nicht beschreiben oder weitergeben und das macht sie zu persönlichen Schätzen. 12.1.2009, Übersinnlichkeit: Heute habe ich mir vorgenommen, den ganzen Tag zu recherchieren, wie sich Duft und Flakon zu einander verhalten, ob es Parallelen bei der Gestaltung gibt, oder ob der Versuch um jeden Preis aufzufallen, die visuelle Umsetzung des duftenden Inhalts dominiert. Ausgesucht für diesen sinnlichen Exkurs habe ich die drei Parfümerien Import Parfümerie, Marionnaud und Coop Parfümerie im Einkaufszentrum Sihlcity. Ausgerüstet mit sorgfältig beschrifteten Papierstreifen, abgepackt in kleine Plastiksäcke, machte ich mich auf die Jagt nach unvergleichlichen olfaktorischen Erlebnissen. Die Ernüchterung in der Import Parfümerie kam überraschend schnell. Nach einem anfänglich enthusiastischen „drauf-los-schnüffeln“ bin ich immer mehr in einer Kakophonie aus ätzenden Essenzen und einem Meer glitzernden Flakons ertrunken. Der Verlust der Fähigkeit, gute Düfte in diesem sinnlichen Chaos zu erkennen, war frustrierend und spannend zugleich. So ging die Erblindung der Nase mit der zunehmenden Überreizung des Sehnervs einher. Wenn ich diesen unangenehmen Zustand nun als „Übersinnlichkeit“ bezeichne, so ist mir zwar klar, dass der Begriff nicht in diesen Kontext gehört aber er scheint dennoch zu diesem verwirrenden Zustand zu passen. Obwohl ich das Zusammenspiel von Flakon und Inhalt nur sehr oberflächlich untersuchen konnte, so zeigte sich früh, dass diese Versuchsanordnung meine Sinne überfordern würde. Es war mir absolut unmöglich, mich olfaktorisch zurecht zu finden, woraus die Frage entstand, wie sich wohl der suchende Konsument angesichts dieser „Übersinnlichkeit“ verhält? Es bleibt ihm wohl nichts weiteres übrig, als sich auf bekannte Markenwerte oder visuelle Vorlieben zu stützen, da er sich nach mehreren Duftproben nicht mehr auf sein Riechorgan verlassen kann. Wenn Form und Farbe der Flakons halbwegs zuverlässig interpretiert werden, besteht immer noch die Möglichkeit einen passablen Duft zu finden. 23.1.2009, Chanel Nr. 5: Wenn man sich in die Welt der Duftkreationen wagt, leuchtet ein Name wie ein Stern hoch über allen andern: Chanel Nr 5. Unvorstellbar, diese Ikone, die Königin aller Parfüms, die sich seit über einem halben Jahrhundert auf fast schon übersinnliche Weise von der grossen Masse abhebt, zu umgehen. Seit Marilyn Monroe 1954 öffentlich erklärt hatte, sie trage im Bett nichts ausser einem Tropfen Chanel Nr 5 auf der Haut, war der Aufstieg des Duftes besiegelt. Mit geschickten Werbekampagnen, bei welchen bekannte Gesichter, darunter Catherine Deneuve, Carole Bouquet oder Nicole Kidman, die Plakatwände schmückten, konnte sich Chanel bis heute seinen Thron bewaren. Baz Luhrmann drehte für Chanel 2002 den wohl aufwendigsten Werbespot aller Zeiten in der Sprache des bildgewaltigen, kitschigen Musik-Films Moulin Rouge (2001). Eine pompös inszenierte, märchenhafte Illusion zwischen Luxus und Verführung vermittelt ein 18 unerreichbares Lebensgefühl und verbindet dies mit einer geschickten Inszenierung des Chanel-Logos. Darin spielt Nicole Kidman die glamouröse Diva, die dank einer zufälligen Bekanntschaft für eine Nacht aus ihrem gläsernen Käfig ausbricht und sich der wahren Romantik hingibt. Danach muss sie zurück in die oberflächliche Welt des Rums um ihr Leben für die Öffentlichkeit fortzuführen. Was war, scheint vergessen. Erst der letzte Satz des verlassenen Liebenden macht klar, um welches Produkt es sich handelt: „Yes, she forgot me. I know, I will not. Her kiss, her smile, her Perfume.“ Noch während diesen Worten wirft Nicole Kidman einen verführerischen Blick über ihre linke Schulter in die Ferne, wo ihr Geliebter ist. An ihrem Rücken hängt eine Lange diamantbesetzte Kette mit einem glitzernden Anhänger, der in den Fokus des Betrachters rückt. Im Blitzlicht der Kameras strahlt das Chanel 5 Emblem aus Diamanten und macht die Botschaft deutlich. Freeze. 26.1.2009, Gewichtsstemmen in der Parfümabteilung: Erste Schulwoche ZHdK in einem Kurs über Designtheorien kommt das Thema „Funktionalität im Design“ zum ersten Mal auf. Damals hätte ich nicht gedacht, dass sich dieses Begriffspaar an meine Schuhsohle haften und mich fortan begleiten würde. Dennoch werde ich mich hüten, im folgenden eine Position zwischen Louis Sullivans Ausspruch „form follows function“ und den bunten Alessi-Produkten im Globus einzunehmen, weil der Versuch den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Trotzdem möchte ich das Problem der Funktionalität anhand eines Parfüm-Flakons beschreiben. Bei meinen Recherchen in der Parfümerie-Abteilung fiel mir auf, dass manche Düfte nicht nur die Sinne betören sondern gleichsam die Muskulatur anregen. Gucci verfolgt eine Design-Strategie, die sich der Tradition des Parfüms entfremdet, in sich aber durchaus stimmig ist. Süssliche, frische und herbe Essenzen entfalten sich in einem Gleichgewicht, das von klassischer und zeitgemässer Eleganz zeugt. In einem grossen, gläsernen Quader eingeschlossen wirkt die Flüssigkeit, wie eine wertvolle Essenz aus Bernstein und Honig, die in einem Eisblock den Gezeiten trotzt. Es ist dieses Objekt, das „Eau de Parfüm“ von Gucci, dessen Fotografie wie eine Ikone auf schwarzem Hintergrund das Titelbild des Buches „Package Design now!“ ziert. Der perfekt ausgeleuchtete Glaskörper erscheint unumstösslich wie der Fels von Gibraltar aber klar wie ein Bergkristall. Gekonnt täuscht uns die Fotografie über die vielen Tücken und Unstimmigkeiten des Objektes hinweg. Sowohl die Typographie als auch der funktional unerlässliche Schlauch im Innern des Flakons wurden wegretuschiert. Die Anmutung des Objektes lässt eine fast geschlossene Aussenform vermuten. Verständlich ist die Irritation, wenn man den Flakon zum ersten Mal dreidimensional sieht und erkennt, dass der Grundkörper ein Kubus, der Deckel jedoch ein Zylinder ist. Hat man diesen ersten Schock überwunden und die Hand nach dem Objekt ausgestreckt, kommt die Einsicht, dass die monumentale Wirkung kein visueller Schwindel ist. Die Benutzung wird zur ergonomischen Herausforderung. Nicht nur das enorme Gewicht des Flakons, sondern auch die Distanz zwischen Sprühkopf und Objektboden, machen es kleinen Frauenhänden schwierig, den Sprühapparat mit einer Hand zu bedienen. Durch den übertriebenen Materialeinsatz, entfernt sich das Produkt vollständig von den Ursprüngen des Parfüms als portables Duftaccessoire und sichert sich gleichsam als monumentales Luxusobjekt seinen Platz im Rampenlicht. Damit wird klar, wie stark der funktionale Aspekt des Parfüms gegenüber seinem Repräsentationswert in den Hintergrund rücken kann. Offen bleibt die Frage, ob nicht genau dieser Repräsentationswert die eigentliche Funktion eines Parfüms ist. 26.1.2009, Der Luxus im Chaos: Obwohl Parfüms übergreifend als Luxusgüter beschrieben werden, so ist bei näherer Betrachtung dieser Luxus nicht für jede Duftkreation zutreffend. Wo beginnt eigentlich der Luxus und wo endet er? Am einfachsten erscheint es den Luxus anhand des Verkaufspreises eines Duftes zu bestimmen. Doch welchen Preis muss man für ein Parfüm bezahlen, das sich vom Durchschnitt abhebt? Ist Chanel Nr 5 mit 180 Franken für 100 ml schon teuer genug um sich Luxusgut zu nennen? Oder muss es zumindest Clive Christian (600 Franken für 50 ml) sein? Oder darf ein Parfüm erst dann als Luxusgut bezeichnet werden, wenn es als limitiertes Objekt in einer Galerie versteigert wird? Und wie umschreibt man die vielen bunten Parfüms, die dicht neben einander in den Regalen von Marionnaud oder der Import Parfümerie um Aufmerksamkeit ringen? Obwohl sie sich preislich unterscheiden, erweckt keines von ihnen einen luxuriösen Eindruck. Luxus braucht also nicht nur einen bestimmten Preis, er braucht auch Platz und Licht um erfolgreich repräsentiert zu werden. So gelingt die Inszenierung des Luxuriösen in der hellen, grossflächigen Osswald Parfümerie doch schon wesentlich besser. Dort im Regal findet man auch Düfte wie Chanel No 5 und muss sich wieder fragen, ob diese jetzt das Prädikat luxuriös verdienen, nur weil ihnen ausreichend Platz zur Verfügung steht oder ob sie hier 19 fehl am Platz sind. Eine Hinterfragung von Luxus drängt sich hier dermassen auf, dass ich mich gezwungen sehe, dieses Thema wieder aufzugreifen...später. 28.1.2009, Vom Parfüm als Schmuck: Dass ich mich selbst manchmal mit einem ironischen Lächeln als Schmuck-Fetischistin bezeichne, hätte mir eigentlich eine Warnung sein müssen, mich auf das Thema Luxus und Parfüm einzulassen. Nichts desto trotz hielt ich meine Nase an jeden Flakon, der für mich historisch oder visuell interessant schien. Immer tiefer wagte ich mich in eine Welt aus Traum und Verlangen. So kam der Zufall, dass ich mich an demselben Tag, an welchem ich Georg Simmels „Psychologie des Schmuckes“ lesen würde, zum zweiten Mal verliebte (Das erste Mal war meine 4 jährige Affäre mit Jean-Paul Gaultiers „Classique“). Georg Simmel fragt sich über den Sinn des Schmuckes. Ich glaube, Parfüm ist der Schmuck der Seele und folgt einem ähnlichen Prinzip, wie Simmel es in seinem Text beschreibt. Wie kommt es, dass man sich immer dann in eine Duftwolke hüllt, wenn man vor hat, sich in Gesellschaft zu begeben? Bewusst oder unbewusst, die Nase nimmt stets Notiz von der Duftnote des Gegenübers und bewusst oder unbewusst möchten wir unser Gegenüber beeindrucken, ja wenn möglich sogar neidisch werden lassen. Schmuck bewerkstelligt dies auf einer rein visuellen Ebene, die sich auf die Haltung unseres Gegenübers auswirkt und somit unser Selbstgefühl steigern kann. Beim Parfüm ist es ähnlich, kann sich die Nase dem Duft ja nicht entziehen, so wie die Augen sich schliessen können. Riechen wir gut, bewegen wir uns sicherer in unserem gesellschaftlichen Umfeld. Der Exzess dieser Sicherheit ist das seltene aber begehrenswerte Lob unseres Parfüms von einem Gegenüber, vor allem dann, wenn es ehrlich gemeint ist. Was hat meine zweite Liebe nun mit Georg Simmels Überlegungen zu tun? Das Parfüm „Comme des Garçons“ 8 88, wirbt damit, den imaginären Duft von Gold zu verkörpern, also eine eindeutige Parallele zwischen dem edlen Metall des Schmuckes und dem persönlichen Duft zu erschaffen. Hätte ich das alles nicht gewusst, wäre ich nie auf die Idee gekommen, daran zu riechen. Doch mein Schicksal ist besiegelt. Ich habe mich verliebt. 8 88 ist nicht so süsslich und schwer, wie meine erste Affäre „Classique“ und dennoch rund und voll, wie ein Tropfen edlen Weines. Durch den Mix aus dumpfen Holznoten, edlen Gewürzen, schweren Blumen und einer dezenten Weihrauchnote gelingt die Romantisierung des Edelmetalles. Dieser Duft war reifer und runder als meine 4-jährige Affäre und ich war bereit für ihn. Ob mich meine Affinität zu Schmuck, geschicktes Marketing oder reiner Zufall zu diesem Duft trieb, werde ich nie beurteilen können. Seltsam bleibt die Tatsache, dass Gold von Simmel als Ursprung der Farbe des Neides und gleichzeitig als Subjekt menschlicher Begierde beschrieben wird, während ich seinem imaginären Duft verfalle. 29.1.2009, 8 88: Während meiner Recherchen bin ich immer wieder auf die Marke „Comme des Garçons“ gestossen, welche eine ungebrochene Faszination auf mich ausübte. Geprägt wurde diese Liebe gewiss durch die Abbildungen der Werbekampagnen, welche anstelle makelloser Körper und erotischer Frauenblicke, Asphalt, Motorenöl, Kaugummi oder Hundeschnauzen abbilden. Auch der silberne Flakon strahlte eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf mich aus. Die Umgebung spiegelt sich auf dem Gefäss, das wie ein Stück geschmolzenes Zink auf dem Asphalt liegt und gleichsam in seiner Tropfenform nur soweit abstrahiert ist, dass es die Assoziation von einem Flachmann wachruft. Ebenfalls untypisch für einen Parfüm-Flakon ist der kompromisslose Verzicht auf Transparenz. Warum mich ein Mix aus Alkoholismus und extra-terrestrischem Design anspricht? Vielleicht, weil ich stets auf der Suche nach Individualismus und Abgrenzung meines Stils gegenüber gesellschaftlicher Normen bin. Doch schon allein mit dieser Aussage über mich, integriere ich mich in die grosse Masse der vermeintlichen Individualisten. Immer noch begeistert von der unkonventionellen Markenidentität holte ich ein ParfümMuster hervor, das ich bei der Lancierung der „Comme des Garçons“ Kollektion für den schwedischen Mode-Giganten H&M erhalten hatte. Der Name: 8 88, die Inspiration: den „imaginären Duft von Gold zu kreieren“. Ein kleiner Spritzer auf die durchblutete Unterseite meines Handgelenkes genügte um mich an der Zuverlässigkeit meines Instinktes zu erfreuen. Eine Neue Liebe war geboren. Schon bald jedoch sollte sich herausstellen, dass diese Liebe ihren Preis hatte. 8 88 war in keinem Parfümerie-Discounter zu finden und so zog es mich zum ersten Mal in die prachtvollen Räumlichkeiten der Osswald Parfümerie an der Bahnhofstrasse. Bis dahin habe ich immer versucht mich mit meiner latenten Enttäuschung über die chaotische Präsentation der edlen Flakons in den Fachgeschäften mit dem Argument des Mangels an Ladenfläche hinweg zu trösten. Wider meiner Erwartungen repräsentierte Osswald das Gefühl von Luxus und Prestige schon beim eintreten. Wie eine Rolex beim Juwelier wurde mir 8 88 20 präsentiert und der Duft schien sich in dieser glamourösen Umgebung noch besser zu entfalten als an meinem Handgelenk. Die Versuchung mit einem lockeren Lächeln 170.hinzulegen und das Parfüm in einer Osswald Tragtasche auf die Strasse zu tragen, flackerte kurz auf. Ohne Tragtasche verliess ich das Geschäft. ...wenn diese Arbeit beendet ist, werde ich mir als Belohnung 8 88 kaufen. 30.1.2009, Von Gross und Klein: Sie stehen im Jelmolie ganz zu oberst auf den gläsernen Regalen oder auch im Manor in den mit Neon-Schein durchleuchteten Schaukästen. Jedesmal betrachte ich sie, fasziniert durch ihre Grösse und den überdimensionalen Aufwand an Inhalt und Material. Die Monster-Parfümflaschen. Ob sie wirklich 5dl bis 1.5 Liter reine Parfümessenz in sich tragen, ist zweitrangig. Ob man sie überhaupt zum Versprühen eines Duftes benutzen kann ebenfalls. Schliesslich dienen diese kolossalen Objekte der reinen Repräsentation ihrer handlicheren Brüder und Schwestern. Sie irritieren durch den immensen Materialeinsatz, der ein enormes Gewicht vermuten lässt. Sie faszinieren, weil sie wie unerreichbare Stars im Rampenlicht des Warenhauses, zum anfassen nahe vor uns stehen. Sie funktionieren, weil wir getrieben durch diese Faszination zum nächsten Regal laufen und uns ihre Brüder und Schwestern genauer betrachten. Mit der Überdimensionierung von Gegenständen wird im Design schon lange gearbeitet. Die Irritation, die diese Monster hervorrufen, sind faszinierend und erschreckend und wenn sie einem interessanten Konzept entsprungen sind, veranlassen sie uns manchmal zum nachdenken. Die Parfümindustrie hat sich aber nicht nur dieser Methode erfolgreich bemächtigt sondern auch des Gegenteils: Der Miniatur. Obwohl bekannte Design-Objekte wie die Zitronenpresse von Philipp Starck, fast alle Automodelle oder die Vitra-Design Stühle als Miniaturen zum sammeln angeboten werden, ist der Zweck einer Miniatur meistens praktisch veranlagt. Kleine Objekte sind oft günstig und platzsparend. Die Parfümminiaturen sind jedoch reine Sammelobjekte, ohne den Anspruch, den Konsumenten zu philosophischen Interpretationen zu bewegen. Sie sind niedlich und oft limitiert und das allein genügt um verhältnismässig horrende Preise von jenen zu verlangen, die ihrem kindlichen Charme verfallen sind. So hat sich die Parfümindustrie erfolgreich allen räumlichen Dimensionen bemächtigt, in denen sich Produkte bewegen können, ohne sich dafür mit moralischen Argumenten zu rechtfertigen. Denn leider sind es nicht wie, oft im Design, die Klassiker, welche es verdient haben, als Miniaturen oder Kolosse geehrt zu werden, sondern schlichtweg alle Düfte, deren Marketingmanager auf die Idee kamen, noch mehr Geld mit ihrer Lancierung zu verdienen. 2.2.2009, Gion in Zürich: Die Bahnhofstrasse, Paradeplatz, Zürichs Wahrzeichen des Luxus und Knotenpunkt für Reichtum und Macht. Der Parfümeriediscounter Marionnaud hat sich auch hier, zwischen Tommy Hilfiger und dem neu eröffneten Cashmere House erfolgreich eingenistet, gleich vis à vis der Traditionskonditorei Sprüngli. Schräg gegenüber befindet sich die Luxusparfümerie Osswald, die sich mit „exklusiven Duftkreationen“ gegenüber dem Discounter abgrenzt und gekonnt behauptet. Das soll das Zentrum des Zürcher Luxus sein? Für mich war Luxus stets mit dem Begriff Exklusivität verbunden, der sich aus dem lateinischen Wort „excludere“ (ausschliessen) ableitet und somit auf dem gezielten Ausschluss der Öffentlichkeit beruht. Wo finde ich heute noch Exklusivität in Zürich? Auch wenn in bestimmten Boutiquen oder in edlen Restaurants die Preise gewaltige Dimensionen annehmen können, so ist keines dieser Lokale im wörtlichen Sinne exklusiv. Die Lokale sind öffentlich und für jeden mit grossem oder kleinem Portemonnaie zugänglich, da man dessen Inhalt nicht auf den ersten Blick erahnen kann. Manchmal erschweren uns Gästelisten den Zutritt in einen Club oder unser Stammbau hindert uns daran, einer bestimmten Zunft beizutreten. Aber im Prinzip ist Zürich offenes Terrain für jeden, der ausreichend Geld oder Neugierde besitzt. Bis jetzt habe ich erst an einem Ort wahre Exklusivität erfahren: In Gion, einem Stadtviertel in Kyoto, Japan. Wir Schweizer sind es uns nicht gewohnt, mitten in einer Grossstadt durch die Gassen zu schlendern, zwischen edlen Lokalen, die duftende Köstlichkeiten bereiten, süssen Wein ausschenken und in welchen sich zahlreiche Gäste vergnügen, ohne nur zu einem einzigen dieser verführerischen Orte Zugang zu haben. Wo Licht brennt, da findet ein Fest statt. Man hört das Lachen, sieht die anmutigen Gesten der singenden Geishas als Silhouetten durch die Papierwände schimmern. Das Leben pulsiert, doch die Strassen sind leer. Kaum öffnet sich eine, dieser mysteriösen, verschlossenen Türen steht schon eine Limousine bereit, um die austretenden Gäste vor neugierigen Blicken zu bewahren. 21 Man fühlt sich alleine und ausgeschlossen und schlendert mit hängendem Kopf durch die dunklen Gassen nach Hause. Warum gelang an diesem Ort die konsequente Erhaltung der wahren Exklusivität, während sie sich in fast allen Grossstädten im öffentlichen Geldrausch auflöst? Antworten darauf würde ich bestimmt in kulturhistorischen Texten über Japan finden oder einfach mit dem Begriff der Tradition umschreiben. Luxus und Tradition hängen stärker zusammen, als man zuerst meinen könnte. Sie nähren sich gegenseitig und schaukeln sich hoch. Ein gutes Beispiel dafür ist das Traditionsunternehmen Louis Vuitton, das zu einem Inbegriff von Luxus wurde. Der Adel der Neuzeit hebt sich nicht durch Tradition, sondern durch exzessive ökonomische Verschwendung vom normalen Bürger ab. Gleichzeitig ist dieser ökonomische Grundgedanke ausschlaggebend für den Verlust der wahren Exklusivität, welche früher mit Tradition, Gesellschaftlicher Zuordnung und Akzeptanz verbunden war. Heute zählt jede Brieftasche, egal wie klein sie ist, solange sie ihren Inhalt der vermeintlichen Exklusivität widmet. 3.2.2009, Der moderne Narziss: „Warum benutzt du Parfüm?“, frage ich meine Freundin. Sie ist nicht die erste Person, der ich diese Frage stelle, aber ihre Antwort deckt sich ziemlich gut mit denen der anderen: „Damit ich gut rieche und mich besser fühle.“ Immer wieder wird klar: Die moderne Frau parfümiert sich um sich selbst in einen Duft zu hüllen, der ihr ein angenehmes Gefühl suggeriert und nicht etwa, weil sie sich schmutzig fühlt oder nach einer anderen Identität strebt. Der Wohlgeruch als Balsam für die Nase und somit zur Erheiterung und Verwöhnung der eigenen Seele. Beflügelt durch den wohlriechenden Duft schwebt die Frau in einer Wolke aus sinnlicher Selbstverliebtheit durch den Raum. Sie fühlt sich schön und begehrenswert, weil die Gerüche positive Emotionen hervorrufen. Ohne diese emotionale Verbindung wäre es kaum erstrebenswert, sich „für sich selbst“ zu parfümieren. Darf man Frauen, die sich oft und hingebungsvoll parfümieren als moderne Narzissten bezeichnen, weil sie sich für sich selbst parfümieren? Würde Parfüm dem reinen Zweck persönlicher Bereicherung dienen, wäre dessen Wahl nicht von Marken, Vorbildern und Werbung, sondern allein durch die Nase geprägt. Obwohl wir mit den Düften uns selbst verwöhnen wollen, ist dies nur durch positive Konnotationen möglich, welche mit dem bestimmten Parfüm verbunden sind. Diese Sinnesverknüpfungen werden oft nicht bewusst wahrgenommen und das emotionale Erlebnis wird als reines, duftendes Glücksgefühl eingestuft. So sind wir im Glauben uns nur für uns selbst zu parfümieren und merken dabei nicht, dass die Steigerung unsrer Befindlichkeit unterbewusst von unseren individuellen Erfahrungen abhängig ist. Ohne Assoziationen kann sich Parfüm nicht in seiner vollständigen Sinnlichkeit entfalten und bleibt schlichtweg nur ein guter Duft. 4.2.2009: Der Antagonismus des Parfüms: Der Antagonismus des Parfüms beginnt bereits bei der Tatsache, dass die meisten Parfüms als Geschenke gekauft werden. Die Parfümindustrie hat sich darauf spezialisiert, die Konsumenten, besonders in der Weihnachtszeit mit originellen Verpackungen und verhältnismässig preiswerten Geschenkboxen zu Spontankäufen zu verführen. Dies hat zur Folge, dass sich im Dezember hunderte verzweifelte beste Freundinnen, inspirationslose Verehrer oder routinierte Hausfrauen durch die Parfümabteilungen wühlen um den passenden Duft für ihre Liebsten zu finden. Meistens gibt es den Duft gleich mit der passenden Bodylotion oder dem Duschgel als attraktives Geschenkset. Gleichermassen gibt es nichts Schwierigeres, als aus dem Überangebot von Düften, jenen herauszufinden, der sich olfaktorisch am effektivsten mit den Ausdünstungen des Beschenkten vermischt. Einen Duft zu verschenken ist so riskant, wie sich mit einer dicken Portion Schinken in die Höhle des Löwen zu begeben, glücklicher Weise aber bei weitem nicht so gefährlich. Denn nur die wenigsten Produkt, müssen dermassen exakt auf den Träger abgestimmt sein, wie Parfüms. Klar, die meisten Parfüms riechen gut und sind deshalb auch angenehm zu tragen. Aber wenn man mit dem Duft seine Persönlichkeit dezent unterstreichen oder herausheben möchte, so genügt es nicht, zum nächst besten Flakon zu greifen. Die Nase lässt sich weder verschliessen noch lassen sich Gerüche ignorieren oder ausblenden und ein Duft, der nicht zu seinem Träger passt, wird unausweichlich enttarnt. Warum hat sich eine Industrie, die sich auf die künstliche Bereicherung der olfaktorischen Aura konzentriert, ausgerechnet auf den Verkauf von Geschenkartikeln spezialisiert? An diesem Punkt begegnet man dem Antagonismus des Parfüms. Ein Produkt, dass sich so stark dem persönlichem Geschmack und Empfinden unterordnen muss, versucht seine Benutzer ausgerechnet als Geschenk zu erreichen. Ganz nach der Devise: Bunt verpackt ist halb gewonnen. Glücklicherweise sind moderne Nasen nicht mehr so wählerisch, wie 22 es zur Blütezeit der Parfümindustrie der Fall war und können sich auch an einem unreifen oder synthetischen Duft erfreuen. Und notfalls lassen sich Parfüms auch als Raumspray verwenden. 6.2.2009, Die richtige Aura Die richtige Aura: „Ich sass in der zweithintersten Reihe des Vortragssaals des Museums für Gestaltung als Christian Jaquet mit seiner Rede über Marco Clivios neu erschienenes Buch „Verborgene Gestaltung“ meinen müden Hirnzellen einen Denkanstoss gab: „Man kommt als Original auf die Welt und stirbt als Kopie.“ Das Zitat stammte nicht von Clivio sondern vom Dichter Edward Young und liess mich über die Herausforderung nachdenken, seinem individuellen Duft treu zu bleiben, bzw. diesen überhaupt zu finden. Die starke Bindung zwischen Mutter und Kind manifestiert sich in der Einprägung und Verinnerlichung des individuellen Geruches. Schon bald vermischt sich der kindliche Duft mit allem, was ihn umgibt und mit der Zeit erstickt unsere Individualität in einer Parfümwolke, welche nicht durch Instinkte sondern durch medial erzeugte Sinnlichkeit beeinflusst wird. Wir glauben zu wissen, welcher Duft zu uns passt ohne die Nase entscheiden zu lassen und bewegen uns bei der Suche in einem durch das momentane Angebot vorgegebenen Rahmen. Soll der Duft zu Unterstreichung der Persönlichkeit dienen, so sollte er auf die individuellen Ausdünstungen abgestimmt sein. Deshalb ist es in arabischen Ländern schon seit langer Zeit üblich, dass sich jede Dame von hohem Stande, ihren persönlichen Duft zusammenstellt und diesem den Rest ihres Lebens treu blieb. Auch der passende Flakon wird einmalig entworfen und von Hand hergestellt. Sagen erzählen, dass der Scheich seine Geliebten des Nachts nur an ihrem Duft erkannte. Die traditionellen Parfümerien haben sich bis heute im arabischen Raum mit diesem Konzept bewährt, während sich der europäische Mark an soziologischen und demographischen Zielgruppen orientiert. So bedienen wir uns kurzerhand der olfaktorischen Kopie von Cindy Crawfords duftendem Idealbild, als nach unserem charakteristischen Parfüm zu suchen oder uns schlichtweg auf unseren eigenen Duft zu verlassen. Fürchten wir uns vor der eigenen Aura, dass wir uns in fremde Düfte hüllen oder sind wir uns gar nicht bewusst, dass uns unser Parfüm nur zu einer olfaktorischen Kopie diverser Parfümkonsumenten macht? Glücklicherweise verhalten sich die duftenden Essenzen auf jeder Haut anders, was uns immerhin ein geringes Mass an Individualität garantiert. 11.2.2009, Schnee: Es schneit. Seit drei Tagen erscheint die Welt in zuckersüsse, glitzernde Watte gehüllt. Was manche jetzt noch nicht glauben können, behaupten andere bereits hervorgesagt zu haben. „Es riecht nach Schnee.“ Besitzt unsere Nase tatsächlich ungeahnte meteorologische Fähigkeiten oder ist dies nur eine Redensart? Ich benutze diesen Ausdruck oft, im ehrlichen Glauben ich könne den Schnee riechen. Tatsache ist, dass ich ihn nicht einmal bewusst erschnüffeln kann, wenn er bereits vor mir liegt. Der Geruch des Schnees ist, wie jener des Wassers aus dem er besteht, kaum wahrnehmbar. Da er uns aber nie in seiner reinen Form begegnet, sondern sich immer mit allerlei anderen Sinneseindrücken verbindet, wird es möglich seine diversen Facetten zu unterscheiden. So riecht der Schnee, den wir auf einem nächtlichen Spatziergang auf dem Üetliberg begehen, dumpfer und voller als jener Schnee, der strahlend hell auf dem Dach eines Ferienhauses liegt. In Verbrüderung mit den warmen Sonnenstrahlen vermag uns dieser sogar in der Nase zu kitzeln. In der Stadt, wo die grauen Überreste der schönen Kristalle an den Strassenrändern auf ihr Ende warten, riecht der Schnee abstossend und vermischt sich mit den Dämpfen von Abgasen, Salz und Dreck. Doch wie riecht Schnee pur? Für mich hat frischer Schnee den dezent mineralischen Geruch von Leitungswasser, mit einem Schuss Bergkristall. Wer schon einmal über Nacht Edelsteine in Wasser eingelegt hat, weiss, von was ich spreche. Roman Kaiser, Geruchsforscher für den Schweizer Duft-Giganten Givaudan, ist einer der wenigen Menschen, die Nuancierungen des Schnees abstrahieren und unterscheiden können. Ein Privileg, um das ich ihn tausendfach beneide, obwohl meine Nase noch nicht „erblindet“ ist. Wir leben in einer gemachten Welt und versuchen uns zwischen den künstlichen Duftmolekülen zurecht zu finden. Auf die zunehmende Verkümmerung unseres Geruchorgans reagiert die Chemie mit immer intensiveren Geruchsstoffen. Es entsteht ein Teufelskreis, der uns schlussendlich einer unsrer Sinne beraubt und für niemanden einen Vorteil bietet. Schade. Übrig bleibt die Hoffnung, dass unsere Nachfahren wenigstens noch die Möglichkeit haben werden Schnee zu sehen, wenn sie ihn schon nicht riechen können. 23