Urteile 2 Neues zum SGB II Neue Alg II

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Urteile 2 Neues zum SGB II Neue Alg II
SOZIAL
INFO
3/2012
Urteile
2
Neues zum SGB II
Neue Alg II-Anträge 2013?
Lernförderung (BuT) erweitert definiert
Keine Änderung der Alg II-Bewilligungspraxis wegen
verfassungsrechtlicher Bedenken des SG Berlin
SGB II-Rechtsansprüche werden regelmäßig nicht umgesetzt
Immer mehr Darlehen für Alg II-Berechtigte
Neue Rechtsauffassungen der BA
Unterkunftskosten in NRW
Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien für das SGB II
Regelbedarfsstufen sollen ab Januar 2013 steigen
Müssen eBay-Erlöse angegeben werden?
JobcenterLeaks: „Berichte aus erster Hand“
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SGB III
Maßnahmen gegen Pflegekräftemangel
Geschäftsanweisung der BA zum SGB I und X
Mindestlohn für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen in Kraft
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Sonstige Rechtsbereiche
Künstlersozialversicherung 2013
Änderungen bei PKH und Beratungshilfe geplant
Zuschussrente ab 2013 fraglich
Umsetzung der „Blue Card-Richtlinie“
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Aktuelles
Deutscher Städte- und Gemeindebund fordert Agenda 2020
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Analysen
IAB: Übergänge von Alg II-Beziehern in die erste Sanktion
IAB: Wirkung von Arbeitsgelegenheiten im SGB II
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Literaturtipps / Links
Rezension: „Das erfolgreiche Vorstellungsgespräch“ (Duden-Ratgeber) 23
Rezension: „Professionelles Bewerber“ (Duden-Ratgeber)
23
Einrichtungen stellen sich vor
frauenberatungsstelle düsseldorf e.V.: 30 Jahre von und für Frauen
24
ArbeitslosenZentrum Düsseldorf
www.zwd.de/azd
URTEILE SGB II
Modernisierungsvereinbarung auch ohne Zustimmung des Jobcenters
§ 22 Abs. 1, S. 2 SGB II a.F. ist
nicht analog anwendbar, wenn sich die
Miete eines in akzeptablen Wohnverhältnissen lebenden Hilfebedürftigen
während des Leistungsbezuges dadurch erhöht, dass er mit dem Vermieter eine Modernisierungsvereinbarung schließt, nach der die Kosten auf
ihn umgelegt werden.
Im entschiedenen Fall hatten die Alg
II-berechtigten Kläger ohne vorherige
Einschaltung des Jobcenters mit ihrer
Vermieterin eine Modernisierungsvereinbarung geschlossen. Gegenstand war
eine komplette Modernisierung des Bades, das „zwar voll gebrauchsfähig“ sei,
„den heutigen Wohnbedürfnissen und
Anforderungen“ aber nicht mehr entspreche, „auf Wunsch des Mieters“. Im
Gegenzug verlangte die Vermieterin einen monatlichen Mietzuschlag in Höhe
von 29,27 EUR. Das Jobcenter hatte die
Übernahme der zusätzlichen Kosten abgelehnt und wurde von den Vorinstanzen bestätigt. Im Kern ging es also um
die Frage, ob in dieser Fallgestaltung vergleichbar mit einem Umzug - eine
Zustimmung des Jobcenters erforderlich
gewesen wäre. Aus der Mieterhöhung
ergebe sich kein höherer Leistungsanspruch, weil die zusätzlichen Aufwendungen der Badmodernisierung in entsprechender Anwendung des § 22 Abs. 1,
S. 2 SGB II nicht zu erbringen seien. Diese Regelung sei „planwidrig“ unvollständig. Wie die vorliegende, keineswegs außergewöhnliche Konstellation zeige, könne es auch dadurch zu einer vom Gesetzgeber unerwünschten Erhöhung der
Unterkunftskosten kommen, dass ein mit
qualitativ ausreichendem Wohnraum versorgter Leistungsberechtigter mit seinem
Vermieter eine Modernisierung vereinbare. Dass es vor der Badmodernisierung bereits zu einer gesundheitsgefährdenden Schimmelbildung gekommen
wäre, hätten die Klägerinnen nicht geltend gemacht.
Vor dem BSG waren die Kläger aber
nun erfolgreich. Es entschied, dass eine
analoge Anwendung der Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 1, S. 2 SGB II
zum Nachteil der Klägerinnen nicht
möglich ist , weil eine planwidrige Regelungslücke nicht vorliegt. Nach dem
systematischen Zusammenhang des §
22 Abs. 1 S.2 SGB II mit § 22 Abs. 2
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S.1 SGB II a.F. ist nur bei einer Mieterhöhung durch Umzug eine Vorabklärung durch den Leistungsberechtigten
und entsprechende Zusicherungsverpflichtung des SGB II-Trägers gesetzlich
vorgesehen. Insofern kann auch die
weitreichende Konsequenz des von den
Vorinstanzen hier analog herangezogenen § 22 Abs. 1, S. 2 SGB II mit einer
Kostenbegrenzung auf die bisherigen
Unterkunftskosten ohne jeglichen (befristeten) Bestandschutz nur bei einem
nicht genehmigten Umzug mit erhöhten Mietkosten greifen. Auch den Gesetzesmaterialien kann nicht entnommen werden, dass von dem Grundsatz
der Übernahme der mietvertraglich vereinbarten tatsächlichen Kosten innerhalb
der kommunalen Angemessenheitsgrenzen bereits bei (einvernehmlichen)
Mieterhöhungen aus sonstigen Gründen
abgewichen werden sollte. Werden die
angemessenen Unterkunftskosten durch
die Modernisierung überschritten, verbleibt es bei dem flexibleren, Zumutbarkeitserwägungen berücksichtigenden
Kostensenkungsverfahren des § 22 Abs.
1, S. 3 SGB II, das hier jedoch nicht
eingeleitet wurde.
BSG, Urteil vom 23.08.2012,
B 4 AS 32/12 R
Angemessene
Eigenheimgröße nach
Auszug der Kinder
In den Fällen, in denen sich die Personenzahl verringert hat, weil die erwachsen gewordenen Kinder das
selbstgenutzte Eigenheim der Eltern
verlassen haben, ist von einer Reduktion der Wohnfläche abzusehen.
SG Aurich, Urteil vom
11.01.2012, S 15 AS 63/10
Keine Vermietung an sich selbst
In Schleswig-Holstein ist als abstrakt
angemessene Wohnungsgröße für einen Zweipersonenhaushalt eine
Wohnfläche von 60 qm zu berücksichtigen. Wohnraumförderrechtliche Sonderregelungen, die auf persönliche
Lebensverhältnisse Bezug nehmen,
sind bei der Bestimmung der Wohnungsgröße für die abstrakte Angemessenheitsprüfung nicht zu berücksichtigen. Dies gilt auch im Hinblick
auf Regelungen, die in SchleswigHolstein die Vergabe von Wohnungen
an Alleinerziehende bis zu einer Größe von 70 qm zulassen.
Ein Bezieher von SGB II-Leistungen
hatte für seinen Gewerbebetrieb Geschäftsräume angemietet. Er schloss
sodann mit sich selbst einen Mietvertrag über einen von ihm bewohnten
Teil der Fläche. Diese Miete sollte höher als die Gesamtkosten der Geschäftsräume sein. Das Jobcenter
zahlte aber nur einen anteiligen Betrag als Unterkunftskosten. Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos.
Nach Auffassung der Richter hätte der
mit sich selbst geschlossene Mietvertrag keine Zahlungspflicht begründet.
Ein Vertrag könne nämlich nur zwischen verschiedenen Personen geschlossen werden. Es bestehe daher
nur ein Anspruch auf eine anteilige
Übernahme der Gesamtkosten.
BSG, Urteil vom 22.08.2012,
B 14 AS 13/12
LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom
09.05.2012, L 5 AS 412/09
Kein Wohnraummehrbedarf
für Alleinerziehende
SOZIAL INFO 3/2012
URTEILE SGB II
Keine kopfteiligen KdU bei Sanktion eines BG-Mitglieds
Waren die Kosten der Unterkunft
und Heizung angemessen oder als
unangemessene trotzdem zu übernehmen und bestand die dreiköpfige
Bedarfsgemeinschaft fort, ist für die
Anwendung des Kopfteilprinzips in dieser Zeit ausnahmsweise dann kein
Raum, wenn dem dritten Mitglied der
Bedarfsgemeinschaft auf der Grundlage eines bestandskräftigen Sanktionsbescheids der Anspruch auf KdU
entzogen wurde.
Die Entscheidung des LSG hat vor
allem Bedeutung für die in der Praxis
nicht seltenen Fälle, in denen die Eltern noch mit ihren volljährigen, aber
unter 25 Jahre alten Kindern zusammenleben. Bei einer Sanktion des
U25, die in die anteiligen Kosten der
Unterkunft hineingreift, müssen die
Eltern die Sanktion gegen das volljährige Kind mit „ausbaden“. Das LSG
argumentiert gegen diese Form der
Sippenhaft u.a. wie folgt:
Der Anrechnung des auf das volljährige Kind entfallenden Kopfteils als
fiktivem Anteil zulasten der Eltern steht
entgegen, dass dann ihre (tatsächlichen) Aufwendungen nicht mehr gedeckt sind. Damit wird die durch die
Aufteilung nach Kopfanteilen verfolgte Zielsetzung konterkariert. Denn die
Aufteilung rechtfertigt sich nicht nur
daraus, dass die Wohnung gemeinsam mit anderen Personen genutzt
wird, sondern dass der aktuell bestehende Unterkunftsbedarf gerade mehrerer Personen gedeckt wird. Mit dem
anteiligen Wegfall bei der Übernahme der Aufwendungen kommt es aber
es zu einer (vorübergehenden) Unterdeckung eines bisher durch die
gemeinsame Nutzung dieser Wohnung gedeckten Bedarfs und Anspruchs, da die Verpflichtung der Leistungsberechtigten zur Zahlung der
KdU im Außenverhältnis unverändert
fortbesteht (vgl. zu den Auswirkungen
von Sanktionen auf andere Leistungsberechtigte in der Bedarfsgemeinschaft Geiger info also 2010, 3).
Ist mit der Anrechnung des Kopfteils
eine Lücke im eigenen Bedarf der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entstanden, wird ihnen (mittelbar) ein Fehlverhalten zugerechnet, auf
SOZIAL INFO 3/2012
das sie jedenfalls bei über 18jährigen
Mitgliedern ihrer Bedarfsgemeinschaft
grundsätzlich keinen rechtlich relevanten Einfluss haben. Eine Auflösung der
Bedarfsgemeinschaft entspricht nicht
den mit den speziellen Bestimmungen
für diesen Personenkreis verfolgten
wirtschaftlichen und pädagogisch wirkenden Absichten.
Die Auswirkungen auf (die) andere(n)
Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft widerspricht auch dem personenbezogenen Charakter der Sanktion. Sanktionen nach § 31 SGB II a.F. haben den
Zweck, einen Pflichtverstoß zu ahnden
und/oder unzureichenden Bemühungen
zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit
entgegenzuwirken. Sie richten sich deshalb sinnfällig nur gegen die Person, die
sich pflicht- oder sozialwidrig verhalten
hat. Noch deutlicher ist das bei den
strengeren Sanktionen gegen jüngere
Erwachsene bis zur Vollendung des 25.
Lebensjahres, die einen erzieherischen
Effekt erreichen sollen.
Gehören wie hier im Leistungszeitraum minderjährige Kinder der Bedarfsgemeinschaft an, widerspricht
jedenfalls dann die Unterdeckung der
KdU durch Anrechnung eines fiktiven
Kopfanteils auch deren besonderem
Bedarf. Müsste der Kopfanteil des
sanktionierten Mitglieds von den übrigen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft übernommen und aus dem
Regelbedarf bestritten werden, engen
sich die grundsätzlich verbliebenen
Handlungsspielräume noch einmal
zusätzlich ein.
Bei Berücksichtigung des fiktiven
Kopfanteils in diesen und vergleichbaren Fällen würde mittelbar nicht nur
der individuelle Anspruch auf Deckung
der tatsächlichen/angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung unterlaufen. Darüber hinaus
wäre der Leistungsträger der wirtschaftliche Nutznießer der Sanktion zulasten der anderen Leistungsberechtigten der Bedarfsgemeinschaft.
Diese würden durch den ungedeckten Anteil an KdU mit Schulden belastet und/oder der auf eine bestimmte
Wohnung mit angemessenen Aufwendungen gerichtete Wohnbedarf wäre
gefährdet.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage wurde Revision zugelassen.
LSG NRW
NRW,, Urteil vom
22.03.2012, L 6 AS 1589/10
Nachsendeauftrag als Umzugskosten
Die im Zusammenhang mit einem
durch den kommunalen Träger veranlassten Umzug entstehenden Kosten für die Erteilung eines Postnachsendeauftrags sind als Umzugskosten
im Sinne des § 22 Abs. 3 S. 1 Hs. 1
SGB II a. F. erstattungsfähig.
Im entschiedenen Fall ging es um
durch einen Postnachsendeauftrag entstandene Kosten in Höhe von 15,20
EUR. Der Umzug war durch das Jobcenter veranlasst worden. Zwar müssten erwerbsfähige Hilfebedürftige alle
Möglichkeiten zur (Beendigung oder)
Verringerung von Hilfebedürftigkeit
ausschöpfen und es stelle sich daher
grundsätzlich die Frage, ob es einem
über eine Telefonflatrate verfügenden
Hilfebedürftigen zumutbar ist, Freunde, Bekannte, Behörden und Firmen
telefonisch von seiner Adressänderung
zu unterrichten, ohne darüber hinaus
einen Postnachsendeauftrag zu erteilen. Die postalische Erreichbarkeit werde in der Übergangszeit des Wohnungswechsels durch eine fernmündliche oder schriftliche Unterrichtung der
Betroffenen indes nicht in gleicher
Weise wie durch einen Postnachsendeauftrag gewährleistet.
SG Mannheim, Urteil vom
12.12.2011, S 10 AS 4474/10
3
URTEILE SGB II
Konkretisierung der
Angemessenheit von
Heizkosten nur mit validem
Datenmaterial
Ist für die Ermittlung der konkreten
Angemessenheit der Heizkosten keinerlei valides Datenmaterial ersichtlich, ist
es im Rahmen des einstweiligen
Rechtsschutzes trotz eines offenkundig
unwirtschaftlichen Heizverhaltens geboten, die tatsächlichen Heizkosten des
Antragstellers zu berücksichtigen.
Im entschiedenen Fall wurde eine
70 qm große 3-Zimmer-Wohnung mittels Gaseinzelöfen und elektrischen Radiatoren beheizt. Die monatlichen Abschläge für die Heizkosten beliefen sich
auf 312 EUR. Das Jobcenter hatte im
Vorfeld zur Kostensenkung aufgefordert und war nicht mehr bereit, diese
Kosten als angemessen anzuerkennen.
Eine Beurteilung des durch das Jobcenter beauftragten Energieberatungszentrums kam zu dem Ergebnis, dass
der extrem hohe Energieverbrauch des
Antragstellers im Wesentlichen durch
sein falsches Heizungs- und Lüftungsverhalten verursacht sei.
Das Sozialgericht verurteilte das
Jobcenter im Eilverfahren trotzdem
zur Übernahme der tatsächlichen
Heizkosten. Denn das Jobcenter hatte
die für angemessen erachteten Heizkosten unter Zugrundelegung des
Stuttgarter Heizspiegels ermittelt. Dieser bietet aber - genauso wie der bundesweite Heizspiegel - keine Grundlage für die Bemessung der Angemessenheit von Heizkosten in Form von
Stromkosten. Entsprechende Daten
sind in den Heizspiegel nicht eingeflossen. Auch sei zweifelhaft, ob die
Daten des Heizspiegels für Erdgas,
welche anhand Daten zentral beheizter Wohnungen ermittelt worden sind,
eine Grundlage für die Festlegung
einer Angemessenheitsgrenze der
Heizkosten bei der Nutzung von Gaseinzelöfen bieten können, zumal in
der Energieverbrauchsanalyse auch
bestätigt wurde, dass die Wärmeerzeugung durch Gaseinzelöfen sehr
verlustbehaftet ist.
SG Stuttgart,
Beschluss vom 22.06.2012
S 18 AS 2968/12 ER
4
SG Mainz gegen Rechtsprechung
des BSG zu KdU
1. Die Konkretisierung des Angemessenheitsbegriffs des § 22 Abs. 1, S.
1 SGB II durch die Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (BSG) zum
„schlüssigen Konzept“ ist nicht mit
dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1
Grundgesetz (GG) in Verbindung
mit dem Sozialstaatsprinzip des Art.
20 Abs. 1 GG vereinbar, wie es im
Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010 (Az.
1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/
09) näher bestimmt worden ist.
2. Für eine Bestimmung des unterkunftsbezogenen Existenzminimums
durch am einfachen Wohnstandard
orientierte Mietobergrenzen fehlt es
an einer den prozeduralen Anforderungen des BVerfG genügenden
und hinreichend bestimmten parlamentsgesetzlichen Grundlage.
3. Die Kammer konkretisiert den Angemessenheitsbegriff deshalb nach
Maßgabe des Grundsatzes der verfassungskonformen Auslegung in
der Weise, dass unangemessen im
Sinne des § 22 Abs. 1, S. 1 SGB II
lediglich Kosten der Unterkunft
sind, die deutlich über den üblichen
Unterkunftskosten für der Größe
und Struktur nach vergleichbare
Haushalte im geografischen Vergleichsraum liegen.
Das SG Mainz wendet sich mit seiner sehr ausführlich begründeten Entscheidung (die Urteilsabschrift umfasst
41 Seiten) gegen die bisherige Rechtsprechung des BSG zur Frage der Bestimmung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung. Es wirft
dem BSG u.a. vor, das Urteil des
BVerfG vom 9.2.2010 im Zuge der
Weiterentwicklung seiner Rechtsprechung zum § 22 Abs. 1, S. 1 SGB II
bislang nicht rezipiert zu haben. In den
Entscheidungen, welche nach dem
9.2.2010 zum Angemessenheitsbegriff
nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II ergangen
sind, findet eine Auseinandersetzung mit
dem Urteil des BVerfG nicht statt.
Das Sozialgericht hat zwar keine
Vorlage beim BVerfG beschlossen,
wegen der Abweichung von der BSGRechtsprechung und der grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aber
Berufung zugelassen. Die Entscheidung ist im Internet unter http://
snipurl.com/24jbkya veröffentlicht.
SG Mainz, Urteil vom
08.06.2012, S 17 AS 1452/09
Angemessene Heizkosten
Aus dem Höchstwert des Heizkostenspiegels, multipliziert mit der angemessenen Wohnfläche, ergibt sich
der Grenzwert als Indiz für nicht angemessene Heizkosten.
Weil aktuell nur Heizkostenspiegel
vergangener Jahre vorliegen, können
nur abgelaufene Abrechnungsjahre
der Angemessenheitsprüfung unterzogen werden und darauf aufbauend
eine Aufforderung zur Kostensenkung
für aktuelle Abrechnungszeiträume
erteilt werden.
Wenn nach Übernahme erheblicher
Heizkosten das Heizmaterial aktuell zur
Neige geht (hier im Februar Heizöl für
ein Einfamilienhaus), kann die Behör-
de analog § 22 Abs. 8 SGB II ein Darlehen anbieten. Gegebenenfalls,
insbesondere wenn Anhaltspunkte für
einen höheren Leistungsanspruch bestehen (z.B. Witterung, Heizstoffpreise) ist auch eine vorläufige Leistung
nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m.
§ 328 Abs. 1 Nr. 1 SGB III oder ein
Vorschuss nach § 42 SGB I denkbar.
Ein Verwaltungsakt zur Aufrechnung
eines Darlehens mit der laufenden Leistung nach § 42a Abs. 2 SGB II fällt nicht
unter § 39 Nr. 1 SGB II. Widerspruch
und Klage gegen diesen Verwaltungsakt haben aufschiebende Wirkung.
LSG Bayern, Beschluss vom
27.04.2012, L 7 AS 241/12 B ER
SOZIAL INFO 3/2012
URTEILE SGB II
Anrechnung von Spesen als Einkommen
Vom Arbeitgeber gezahlte Vergütungen zu Verpflegungsmehraufwendungen, Verpflegungszuschüsse oder
Spesen können in Höhe des steuerlich privilegierten Rahmens gemäß
§ 11 Abs. 3 SGB II a.F. anrechnungsfrei bleiben.
Die Antragsteller (Vater, Mutter,
Kind) beantragten Leistungen als sog.
Aufstocker. Der Vater war als Fernfahrer berufstätig und zwar regelmäßig von Sonntagabend bis Samstagmittag, teilweise auch übers Wochenende. Er erhielt ein Bruttoentgelt
1.390,00 EUR und zusätzlich Vergütungen für Sonn-, Feiertags-, Nachtund Samstagsarbeit nach gesonderter Vereinbarung im Arbeitsvertrag
und Reisekosten nach den jeweiligen
Betriebsvereinbarungen. Den Leistungsantrag lehnte das beklagte Jobcenter ab, weil keine Hilfebedürftig-
keit bestehe. Bei der Leistungsberechnung setzte es die Vergütungen für
Verpflegungsmehraufwendungen als
Einkommen an.
Nach erfolgloser Klage beim Sozialgericht hat der 3. Senat in seinem
Urteil einerseits entschieden, dass vom
Arbeitgeber gezahlte Vergütungen zu
Verpflegungsmehraufwendungen, Verpflegungszuschüsse oder Spesen
zweckbestimmte Einnahmen im Sinne
von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst a SGB II
a.F. sein und in Höhe des steuerlich
privilegierten Rahmens gemäß § 11
Abs. 3 SGB II a.F. anrechnungsfrei bleiben können. Bereits begrifflich können
Einnahmen (hier: Zahlungen des Arbeitgebers) nicht unter abzugsfähige
Ausgaben im Sinne von § 11 Abs. 2,
S. 1 Nr. 5 SGB 2 a.F. gefasst werden.
Andererseits ist für die vom Arbeitgeber als zweckbestimmte Einnahmen im
Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst a
SGB II a.F. gewährten Spesen oder
Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen der Nachweis ihrer
zweckentsprechenden Verwendung
geboten. Wenn die vom Arbeitgeber
gewährten Spesen oder Vergütungen
für Verpflegungsmehraufwendungen
nicht zweckentsprechend verwandt
werden, sind sie als Einkommen zu
behandeln. Das Einkommen ist dann
nur um die die Pauschale in Höhe von
6,00 EUR nach Maßgabe des seit 1.
Januar 2008 geltenden § 6 Abs. 3 ALG
II-V zu bereinigen.
LSG Sachsen, Urteil vom
19.01.2012, L 3 AS 820/10
(Gegen das Urteil ist Revision beim
BSG eingelegt worden unter B 4 AS
27/12 R.)
Keine Absetzung von Aufwendungen für Business-Kleidung
und Friseurbesuche vom Einkommen
Im entschiedenen Fall hatte die Klägerin eine Halbtagsbeschäftigung bei
der Deutschen Vermögensberatung
AG aufgenommen. Das Jobcenter
bewilligte Alg II, berücksichtigte bei der
Einkommensanrechnung aber keine
Aufwendungen für Business-Kleidung
und Friseurbesuche als Abzugsposten.
Das BSG hat die Auffassung der Vorinstanzen bestätigt, dass für den Leistungsanspruch der Klägerin kein über
die zugebilligten Pauschalen hinausgehender Absetzbetrag für Business-Kleidung und Friseurbesuche in Ansatz
gebracht werden kann. Grundsätzlich
ist die für das SGB II maßgebende Vorschrift gegenüber der steuerrechtlichen Regelung für die sog. Werbungskosten enger, weil nur die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen
notwendigen Aufwendungen berücksichtigt werden können, während das
Steuerrecht es genügen lässt, dass die
SOZIAL INFO 3/2012
fraglichen Ausgaben durch den Beruf
des Steuerpflichtigen veranlasst sind.
Auf dieser Grundlage können die fraglichen Aufwendungen - entsprechend
der Sichtweise im Steuerrecht - nicht
als mit der Erzielung des Einkommens
notwendig verbundene Aufwendungen
anerkannt werden. Hinsichtlich der Aufwendungen für Bekleidung gilt, dass nur
die typische Berufskleidung als Abzugsposten berücksichtigungsfähig ist. Merkmal der typischen Berufskleidung ist
entweder ihre Unterscheidungsfunktion oder ihre Schutzfunktion. Beide
Funktionen treffen auf die BusinessKleidung nicht zu. Im Ergebnis nichts
anderes gilt hinsichtlich der Aufwendungen für Friseurbesuche, denn
hierbei handelt es sich um sog. gemischte Aufwendungen, die zugleich
dem privaten und beruflichen Lebensbereich zugeordnet werden können
und grundsätzlich durch die Regelleistung abgedeckt werden.
Eine über die steuerrechtlichen
Grundsätze hinausgehende Berücksichtigung von Aufwendungen ist
allerdings nach der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts geboten,
wenn dieses durch das zentrale Anliegen des SGB II, den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bei der
Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen, gefordert wird. Insoweit war hier aber zu
berücksichtigen, dass für die von der
Klägerin geltend gemachten Aufwendungen grundsätzlich die Eingliederungsleistungen des SGB II zur Verfügung stehen. Ob der Klägerin insoweit ein weitergehender Leistungsanspruch zusteht, konnte der Senat
schon in Ermangelung einer Verwaltungsentscheidung des Beklagten nicht
entscheiden.
BSG, Urteil vom 19.06.2012,
B 4 AS 163/11
5
URTEILE SGB II
Entschädigungszahlungen
wegen Verletzung eines
Persönlichkeitsrechtes sind
anrechnungsfrei
Entschädigungszahlungen für einen
Nichtvermögensschaden wegen Missachtung der spezifischen Rechte als
Schwerbehinderter im Bewerbungsverfahren sind von der Berücksichtigung als Einkommen gemäß § 11 Abs.
3 Nr. 2 SGB II a.F. grundsätzlich ausgenommen. Das Sozialhilferecht hat
den Begriff der Entschädigung wegen
immaterieller Schäden stets weit ausgelegt und hierunter auch Entschädigungen wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts subsumiert. Der Gesetzgeber des SGB II wollte mit der
Regelung in § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II
a.F. an diese historische Entwicklung
im Sozialhilferecht anknüpfen.
Im entschiedenen Fall hatte ein
Schwerbehinderter aus verschiedenen
Vergleichen in arbeitsgerichtlichen Verfahren Entschädigungen in Höhe von
rund 16.700 EUR erhalten, weil seine
Bewerbungen bei mehreren öffentlichrechtlichen Körperschaften abgelehnt
worden seien, ohne dabei seinen Status als Schwerbehinderter hinreichend
zu berücksichtigen.
Einkommensanrechnung bei
gemischten Bedarfsgemeinschaften
Arbeitslosengeld II ist bei der Bewilligung von Sozialhilfe nicht als Partnereinkommen zu berücksichtigen.
Beziehen neben dem Leistungsberechtigten nach dem SGB XII die übrigen Mitglieder der gemischten Bedarfsgemeinschaft Alg II nach dem
SGB II, dürfte es zwar in der Regel
nicht zu einer Berücksichtigung von
Einkommen nach § 43 Abs. 1 SGB
XII kommen; sollte jedoch - etwa im
Hinblick auf großzügigere Erwerbstätigenfreibeträge nach § 30 SGB II dennoch ein Einkommensüberschuss
verbleiben - denkbar insbesondere bei
aus zwei Personen bestehenden gemischten Bedarfsgemeinschaften - gilt
der Grundsatz, dass die Berechnung
der Sozialhilfeleistung nach Maßgabe des SGB XII nicht dazu führen darf,
dass Einkommen, das nach der Zielsetzung des SGB II geschont werden
soll, gleichwohl zugunsten der dem
SGB XII unterworfenen Personen verwertet werden muss.
BSG, Urteil vom 09.06.2011,
B 8 SO 20/09 R
BSG, Urteil vom 23.08.2012,
B 14 AS 164/11 R
Zinsen aus Schmerzensgeld
sind anrechenbares
Einkommen
Eine mit lebenslangem Nießbrauch
der Eltern belastete Immobilie gilt nicht
grundsätzlich als nicht verwertbar.
Denn eine derartige Belastung schließt
eine Verwertung etwa in Form einer
Beleihung nicht aus.
Die im SGB II normierte Freistellung
von Schmerzensgeld beim zu berücksichtigenden Einkommen erstreckt sich
nicht auf die aus Schmerzensgeldzahlungen erzielten Zinsen. Zum einen hat
das BSG schon in anderem Zusammenhang entschieden, dass Kapitalzinsen
auch dann nicht als sonstige zweckbestimmte Einnahmen von der Berücksichtigung als Einkommen freizustellen
sind, wenn es sich bei dem verzinsten
Kapital um Schonvermögen handelt.
Der Rechtsprechung des BGH ist zudem
zu entnehmen, dass der Einsatz der aus
dem Vermögensstamm fließenden
Früchte nicht als besondere Härte eingestuft werden kann.
BSG, Urteil vom 12.07.2012,
B 14 AS 158/11 R
BSG, Urteil vom 23.08.2012,
B 14 AS 103/11 R
Verwertung einer mit
Nießbrauch belasteten
Wohnung durch Beleihung
6
Kein Ausgleich bei
Verlustgeschäften
Der Ausgleich positiver Einnahmen
mit Verlusten aus Vermietung ist im
SGB II nicht zulässig.
Im entschiedenen Fall wandten sich
die Kläger gegen die Ablehnung von
Alg II wegen fehlender Hilfebedürftigkeit. Die Familie hatte beim Jobcenter vorgetragen, dass sie zwar über
positive Einnahmen (Arbeitsentgelt,
Krankengeld und Kindergeld) verfüge, diese jedoch zum größten Teil mit
Verlusten aus der Vermietung zweier
Immobilien verrechnet werden müssten. Wenn das Gesetz diesen Verlustausgleich ausschließe, sei dies als verfassungswidrig anzusehen.
Diesem Vortrag hatte sich die Behörde nicht angeschlossen und das
Einkommen ungemindert berücksichtigt. Das Sozialgericht bestätigte diese
Entscheidung. Es verwies darauf, dass
die maßgebliche Bestimmung, die sich
in einer Verordnung zum SGB II befindet, einen Verlustausgleich sogar
ausdrücklich verbiete. Es könne offen
bleiben, ob diese Vorschrift verfassungswidrig ist, denn die von den Klägern begehrte Berücksichtigung von
Verlusten setze voraus, dass das SGB
II diese Vorgehensweise ausdrücklich
zulasse. Dies sei jedoch nicht der Fall.
Durch den Ausschluss des Verlustausgleichs solle verhindert werden, dass
Hilfeempfänger auf Kosten der Allgemeinheit längerfristig verlustträchtigen
Tätigkeiten nachgingen. Auch im Hinblick auf den Bedarfsdeckungsgrundsatz des SGB II bestünden nach Auffassung der Kammer keine Bedenken
an der Entscheidung des Jobcenters,
da den Klägern die Einnahmen zur
Bestreitung ihres Lebensunterhalts tatsächlich zur Verfügung standen.
SG Mainz, Urteil vom
12.07.2012, S 16 AS 325/10
SOZIAL INFO 3/2012
URTEILE SGB II
Berücksichtigung eines vom Großvater angelegten Sparbuchs
1. Die Hilfebedürftigkeit eines minderjährigen Leistungsberechtigten
nach dem SGB II entfällt nicht
dadurch, dass er Kontoinhaber eines von seinem Großvater zu seinen Gunsten angelegten Sparbuches mit der vertraglich vereinbarten Maßgabe ist, dass das Sparbuch
frühestens mit Vollendung des 14.
Lebensjahres bei einer Kündigungsfrist von 4 Jahren - mithin
zum Eintritt seiner Volljährigkeit hätte gekündigt werden können
und er erst mit Eintritt der Volljährigkeit über das Sparvermögen
hätte verfügen können und dürfen.
2. Der Leistungsberechtigte hat nach
Rückgabe des Sparbuchs an den
Großvater keinen Anspruch auf
Herausgabe des Sparbuches aus
ungerechtfertigter Bereicherung
gegen seinen Großvater in dem
Alleinerziehend auch bei
gelegentlicher Betreuung
durch Großeltern im selben
Haus
Der Mehrbedarf für Alleinerziehende gem. § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II
darf nicht versagt werden, weil der
Elternteil des minderjährigen Kindes
mit weiteren Familienangehörigen
(Großeltern, Geschwister) zusammenlebt, die gelegentlich und zeitlich
begrenzt Unterstützung leisten und
Freiräume eröffnen, aber nicht maßgeblich an der Pflege und Erziehung
des Kindes beteiligt sind.
Die Aufwendungen u.a. mit der
Notwendigkeit einer zeitweisen
„Fremdbetreuung“ rechtfertigen es,
bei der Auslegung des Begriffs der
„alleinigen Sorge“ auf den zeitlichen
Umfang der tatsächlichen und regelmäßigen Betreuung in der - neben
der Schule oder Kindertageseinrichtung - verbleibenden Betreuungszeit
durch den Elternteil und das Fehlen
einer nachhaltigen Unterstützung
durch andere Personen abzustellen.
BSG, Urteil vom 23.08.2012,
B 4 AS 167/11 R
SOZIAL INFO 3/2012
Fall, dass der Leistungsberechtigte
zur Beseitigung seiner Hilfebedürftigkeit seitens des Jobcenters dazu
veranlasst wird, über das Sparbuch
bereits vor Eintritt der Volljährigkeit zu verfügen und seinen Lebensunterhalt hieraus zu bestreiten;
denn der Großvater wäre in diesem Falle berechtigt gewesen, das
dem Berechtigten geschenkte und
übergebene Sparbuch zurückzufordern, weil die Schenkung unter
einer Auflage erfolgt und die Auflage nicht vollzogen ist, wenn der
Berechtigte entgegen der Auflage
vorzeitig das Sparvermögen zum
Bestreiten seines Lebensunterhaltes zu verwenden beabsichtigt.
LSG Niedersachsen-Bremen,
Urteil vom 23.04.2012,
L 9 AS 695/08
Keine Anrechnung von
Notkredit
Kein Anspruch auf Schulgeld
für private Waldorfschule
Jobcenter sind nicht verpflichtet, das
Schulgeld für den Besuch einer allgemeinbildenden Privatschule (hier: 90
EUR pro Monat) zu übernehmen. Der
Bedarf an Schulbildung wird durch die
unentgeltlichen öffentlichen Regelschulen ausreichend gedeckt. Zusätzliche Bildungsleistungen kommen nur ergänzend in Betracht, z. B. für die Schülerbeförderung, für die Mittagsverpflegung, für Gegenstände der persönlichen Schulausstattung (Schulranzen
usw.) und für vorübergehend notwendigen Nachhilfeunterricht.
Die Kosten der schulischen Ausbildung an der Waldorf-Schule können
auch nicht nach § 11b Abs. 1, S. 1 Nr.
5 SGB II als eine mit der Erzielung des
Einkommens verbundene notwendige
Ausgabe geltend machen. Denn die
Pflicht zur Zahlung des Schulgeldes ist
nicht durch den Bezug von Kindergeld
bedingt und das Schulgeld hat auch
keinen Werbungskostencharakter.
SG Berlin, Urteil vv.. 12.06.2012,
S 172 AS 3565/11
Erbringen Dritte Zuwendungen zur
Substituierung einer vom SGB II-Leistungsträger rechtswidrig verweigerten
Leistung, die an eine Rückzahlungsverpflichtung durch den Leistungsberechtigten für den Fall der Nachzahlung des Leistungsträgers geknüpft
sind, sind diese Zuwendungen kein
Einkommen im Sinne des SGB II.
BSG, Urteil vom 20.12.2011,
B 4 AS 46/11 R
BSG: Regelbedarfe jetzt verfassungsgemäß
Es bestand kein Anlass, das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1, S. 1
GG auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG zur Vereinbarkeit
von § 19 Abs. 1, S. 1, § 20 Abs. 1 und Abs. 2, S. 1 SGB II (neue
Fassung) mit Art 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art 20 Abs. 1 GG
einzuholen. Die Höhe des Regelbedarfes für Alleinstehende ist vom
Gesetzgeber für die Zeit ab 1.1.2011 nicht in verfassungswidriger Weise
zu niedrig festgesetzt worden. Die in Teilen des Schrifttums sowie im
Vorlagebeschluss des SG Berlin vom 25.4.2012 gegen die Verfassungsmäßigkeit vorgebrachten Argumente können nicht überzeugen.
BSG, Urteil vom 12.07.2012 - B 14 AS 153/11 R
7
URTEILE SGB II
BuT-Lernförderung auch für
Ganztagsschüler möglich
1. Der Besuch einer Ganztagsschule
schließt einen Anspruch auf eine
ergänzende angemessene Lernförderung nach § 28 SGB II nicht
aus, wenn diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach
den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen
Lernziele zu erreichen.
2. Für die Gewährung einer ergänzenden angemessenen Lernförderung im Sinne von § 28 Abs. 5
SGB II ist in jedem Einzelfall eine
individuelle Prüfung erforderlich
und eine auf das Schuljahresende
bezogene prognostische Einschätzung unter Einbeziehung der schulischen Förderangebote zu treffen.
SG Speyer
Speyer,, Beschluss vom
27.03.212, S 6 AS 362/12 ER
BuT auch für Babyschwimmkurs
Die in § 28 Abs. 7 SGB II genannten
Leistungen stellen zwar eine abschließende Aufzählung der Teilhabemöglichkeiten dar, sind aber begrifflich so weit
und offen, dass erhebliche Spielräume
für die Einbeziehung vielfältiger Aktivitäten bestehen. Es werden allerdings nur
institutionell organisierte Teilhabeformen
begünstigt und nicht individuelle Aktivitäten mit der Familie wie z.B. der gemeinsame Besuch des Zoos, des Freibades oder des Museums.
Bei der sozialen und kulturellen Teilhabe von Kindern unter drei Jahren
ist die Einbeziehung der Eltern notwendig (z.B. Babyschwimmen, Babymassage, Prager-Eltern-Kind-Programm, Eltern-Kind-Turnen etc.). Für
diese Altersgruppe sind außerdem
auch solche Angebote nach § 28 Abs.
7 SGB II zu finanzieren, die sich vorrangig an die Eltern richten, um deren Erziehungskompetenz zu stärken
(z.B. Veranstaltungen von Elternschulen). Diese Aktivitäten sind nach § 28
Abs. 7 SGB II zu fördern, da sich die
vom Gesetz angestrebte Chancengleichheit und Bildungsteilhabe der
Kinder umso besser entfalten kann, je
früher Eltern in der Erziehung unterstützt werden.
Eine für einen Babyschwimmkurs anfallende Kursgebühr ist nach § 28 Abs.
7 SGB II förderungsfähig, obwohl sich
die Vorschrift ihrem Wortlaut nach auf
„Mitgliedsbeiträge“ bezieht. Denn der
Begriff „Mitgliedsbeitrag“ ist hier nicht
formaljuristisch in dem Sinne zu verstehen, dass nur die Mitgliedschaft in eingetragenen Vereinen und Verbänden
in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und
Geselligkeit gefördert werden soll, da
nur diese nach ihren Beitragsordnungen Mitgliedsbeiträge erheben können.
Vielmehr ist der Begriff nach Auffassung
der erkennenden Kammer nach dem
dargestellten Sinn und Zweck der Vorschrift weit, im Sinne sämtlicher Gebühren und Beiträge für institutionell organisierte Aktivitäten in den genannten Bereichen, zu verstehen. Die Angebote
müssen somit nicht zwingend von eingetragenen Vereinen und Verbänden,
sondern können auch von kommerziellen Anbietern erbracht werden.
SG Darmstadt, Urteil vom
27.03.2012, S 1 AS 1217/11
Bewerbungskosten in EGV
In dem Eingliederungsverwaltungsakt muss genau bestimmt sein, welche Leistungen die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person zur Eingliederung in Arbeit erhält. Die Leistungen
sind danach individuell und eindeutig
unter Benennung der für die Gewährung maßgeblichen Gründe festzulegen, wobei gefordert wird, dass dies
in der Eingliederungsvereinbarung
bzw. dem Eingliederungsverwaltungsakt genau bestimmt sein muss. Die
bloße Nennung der Fördermöglichkeit - Erstattung von Bewerbungskosten nach Maßgabe des § 16 Abs. 1
SGB II i.V.m. § 45 SGB III - wird nach
dieser Rechtsauffassung nicht als ausreichend angesehen.
Im entschiedenen Fall ging es um
abgelehnte Prozesskostenhilfe. Mit dem
8
Jobcenter war eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande gekommen.
Daraufhin hatte das Jobcenter die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt erlassen. Ziel war eine Arbeitsaufnahme und die Verringerung
bzw. die Beendigung der Hilfebedürftigkeit des Klägers. Der Beklagte verpflichtete sich unter anderem dazu,
dem Kläger Vermittlungsvorschläge zu
unterbreiten, sobald eine geeignete
Stelle vorhanden sei, ferner ihn in ihr
Bewerbungsangebot im virtuellen Arbeitsmarkt aufzunehmen, ihn bei seiner Bewerbungsaktivität bzw. seinen Bewerbungsbemühungen durch finanzielle Leistungen zu unterstützen. Der
Kläger wurde von dem Beklagten verpflichtet, sich auf Vermittlungsvorschläge des Beklagten zeitnah zu bewerben
und im Turnus von vier Wochen
mindestens acht Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse vorzulegen. Hiergegen hatte der Arbeitslose Widerspruch mit der Begründung
eingelegt, die Verpflichtung innerhalb
von vier Wochen acht Bewerbungen für
sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse nachweisen zu müssen, sei zu schematisch und in dieser
Form nicht zulässig. Der Widerspruch
wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das Sozialgericht hatte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, woraufhin der Kläger Beschwerde einlegte: weder das Jobcenter noch
das Sozialgericht hätten die Umstände
des Einzelfalls berücksichtigt.
LSG NRW
NRW,, Beschluss vom
27.06.2012, L 19 AS 923/12 B
SOZIAL INFO 3/2012
URTEILE SGB II
Kein Mehrbedarf für
Nahrungsergänzungsmittel
Kein Mehrbedarf für
Rechtsliteratur
Nahrungsergänzungsmittel sind
zwar Lebensmittel, die dazu bestimmt
sind, die allgemeine Ernährung zu
ergänzen. Sie begründen jedoch keinen Mehrbedarf im Sinne des § 21
Abs. 5 SGB II. Denn es handelt sich
nicht um kostenaufwändige Ernährung, die aus medizinischen Gründen
erforderlich ist.
Bei den Kosten für Anschaffung von
Rechtsliteratur handelt es sich nicht um
einen unabweisbaren, laufenden Bedarf gem. § 24 Abs. 1 SGB II
Das LSG erläutert weiter, dass Gegenstand eines Mehrbedarfs nach
§ 21 Abs. 5 SGB II nicht der finanzielle Aufwand für nicht verschreibungspflichtige Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel sein könne. Einen solchen Mehrbedarf, wie der Kläger ihn geltend macht, sehe das SGB
II nicht vor. Der Kläger habe einen Anspruch auf Versorgung mit notwendigen Arzneimitteln gegen seine Krankenkasse. Kosten für medizinisch nicht
notwendige Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel seien von der
Regelleistung gedeckt und müssten aus
dieser finanziert werden.
LSG Niedersachsen-Bremen,
Urteil vom 28.02.2012,
L 9 AS 585/08
Ein Bezieher von SGB II-Leistungen
wollte von der ARGE einen Sonderbedarf in Höhe von 1.318 EUR zur Anschaffung von Rechtsliteratur haben.
Diese sei notwendig, um sich gegen
die verhängten Sanktionen und Eingliederungsvereinbarungen zur Wehr setzen zu können. Er müsse den Widerstand gegen das „menschenverachtende Hartz-IV-System“ auf dem Rechtsweg austragen. Er müsse sich auch nicht
auf Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt verweisen lassen. Die benötigte rechtswissenschaftliche Literatur sei
unabweisbar zur Verteidigung seiner
Menschen- und Grundrechte.
Nach Auffassung des Landessozialgerichts liegt im vorliegenden Fall kein
unabweisbarer, besonderer Bedarf vor,
der für ein menschenwürdiges Existenzminimum erforderlich sei. Deshalb
müsse die gewünschte Literatur aus der
Regelleistung finanziert werden.
LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom
21.06.2012, L 5 AS 322/10
Leistungsausschluss für
Ungarn
Der Leistungsausschluss des § 7
Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist für Arbeitssuchende ungarischer Staatsangehörigkeit europarechtskonform (Anschluss an Urteil des LSG BadenWürttemberg v. 16.05.2012, L 3 AS
1477/11).
Auch eine geringfügige Beschäftigung lässt den Leistungsausschluss entfallen, es sei denn, sie ist völlig untergeordnet und unwesentlich, was bei
einer wöchentlichen Arbeitszeit von 7,5
Stunden und einem monatlichen Verdienst von 100 EUR nicht angenommen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom
19.10.2010, B 14 AS 23/10 R).
LSG BadenWürttemberg
Baden-Württemberg
Württemberg,,
Beschluss vom 08.08.2012,
L 13 AS 2355/12 ER-B
SOZIAL INFO 3/2012
Kein unabweisbarer Bedarf
für Umgangsrecht mit
Ehegatten
Der Schutz des Rechtes auf ein eheliches Zusammenleben nach Art. 6
Abs. 1 GG ist nicht geeignet, einen
unabweisbaren, laufenden Mehrbedarf i.S.d. § 21 Abs. 6 SGB II für Besuchsreisen eines Leistungsempfängers zu seinem im Ausland lebenden
Ehegatten zu begründen.
Vielmehr müssen sich die Ehegatten auf die ausländer- und verfassungsrechtlich zulässigen Möglichkeiten zur Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Zuzug verweisen lassen. Hierbei entstehende
wirtschaftliche Schwierigkeiten begründen keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.
Im entschiedenen Fall hatte ein Leistungsberechtigter die Übernahme der
Kosten für Besuchsreisen zu seiner in
China lebenden Ehefrau chinesischer
Staatsangehörigkeit beantragt. Der
Bestand der Ehe und Familie sei gefährdet. Zur Aufrechterhaltung von Ehe
und Familie sei daher eine baldige
Reise nach China dringend notwendig.
LSG Hessen, Urteil vom
06.07.2012,
L 7 AS 275/12 B ER
Ehegattennachzug möglich
Familienangehörige deutscher Erwerbsfähiger sind nicht von dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2
Nr. 1 SGB II betroffen. Der tatsächliche Regelungszweck des Leistungsausschlusses von EU-Bürgern in den
ersten drei Monaten ihres - voraussetzungslosen - Aufenthalts ist zur Rechtfertigung des Eingriffs in Art. 6 Abs. 1
GG bei einem Familiennachzug nicht
geeignet. Somit ist aufgrund des Regelungszwecks und der Schutzfunktion
des Art. 6 Abs. 1 GG zu konstatieren,
dass der Leistungsausschluss des § 7
Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II keine Anwendung auf den Kläger findet, der
im Wege des Ehegattennachzugs zu
seiner deutschen Ehefrau in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist.
SG Berlin, Urteil vv.. 18.01.2012
18.01.2012,,
S 173 AS 38287/10
Bestattungskosten bei Alg IIAnspruch
Der im 9. Kapitel des SGB XII geregelte Anspruch auf Übernahme der
Bestattungskosten nach § 74 SGB XII
ist nicht ausgeschlossen, wenn Grundsicherungsleistungen nach dem SGB
II bezogen werden. Denn nach § 5
Abs. 2 SGB II, § 21 SGB XII sind für
Leistungsberechtigte nach dem SGB
II nur Leistungen nach dem Dritten
Kapitel des SGB XII ausgeschlossen.
LSG Sachsen-Anhalt,
Beschluss vom 18.07.2012,
L 2 AS 33/12 B
9
URTEILE SGB II
1 USA-Flug pro Jahr für Umgangsrecht
Der Umfang der Übernahme von
Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts eines Empfängers von
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II mit seinem in den USA lebenden Kind durch
das zuständige Jobcenter bestimmt sich
nach den Umständen des Einzelfalles.
Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann dabei auf die Kosten
abgestellt werden, die von einem
Durchschnittsverdiener aufgewendet
würden. Anhand dieses Maßstabes ist
bei einer durch größere Entfernung
geprägten Beziehung, der Einbeziehung des Umstandes, dass drei weitere Kinder vorhanden sind und der
Möglichkeit der Kontaktaufnahme über
Videokonferenzsoftware auch bei einem siebenjährigen Kind eine persönliche Ausübung des Umgangsrechts nur
einmal im Jahr zu finanzieren.
Der Antragsteller hat mit seiner geschiedenen Ehefrau die gemeinsame
Sorge über den siebenjährigen Sohn.
Durch die Eltern wurde eine Vereinbarung getroffen, dass der Antragsteller
unter bestimmten Bedingungen an
jeweils sieben Tagen im Quartal das
Umgangsrecht in den USA ausüben
darf, wo die Mutter mit dem Kind seit
2009 wohnt. Zuvor war sie 2007 nach
Berlin umgezogen, wo der Sozialhilfeträger die Kosten einer monatlichen
Ausübung des Umgangsrechts übernommen hatte. Nach dem Umzug in
die USA wurden die Kosten zunächst
nicht übernommen. Durch Beschluss
vom 24.11.2010 verpflichtete der 1.
Senat des Landessozialgerichts (L 1 SO
133/10 B ER) das Jobcenter, die Kosten für zwei Besuche innerhalb der
nächsten sechs Monate zu übernehmen.
Im Januar 2012 fand ein weiterer Besuch statt, dessen Kosten von rund 1000
EUR vom Jobcenter getragen wurden.
Die Kosten für eine weitere Reise im
April 2012 verweigerte das Jobcenter.
Zu Recht, wie das Sozialgericht Koblenz
und der 3. Senat des Landessozialgerichts entschieden. Insbesondere unter
Berücksichtigung einer seit längerer Zeit
bestehenden erheblichen örtlichen Entfernung zwischen dem Vater und seinem Sohn, des Umstandes, dass die von
ihm geforderte jährliche viermalige
Ausübung des Umgangsrechts einen
Einsatz von rund 35% des Einkommens
eines Durchschnittsverdieners ausmachen würde, der Möglichkeiten einer
elektronischen Bildübertragung und der
Erwägung, dass durch so häufige Besuche der Umgang mit seinen anderen
Kindern zu stark eingeschränkt werden
könnte, sei nur eine jährliche Besuchsreise angemessen. Zudem hatte der
Antragsteller die begehrte Reise bereits
aufgrund eines Kredits durchgeführt, so
dass keine Eilbedürftigkeit mehr bestand.
LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss
vom 20.06.2012, Aktenzeichen
L 3 AS 210/12 B ER
Vorsicht beim Sprachgebrauch
Sanktionsregeln sind
verfassungskonform
1. Die Sanktionsregelungen der §§ 31
ff. SGB II in der ab 01.04.2011
geltenden Fassung verstoßen nicht
gegen das aus Art. 1 GG i.V.m.
Art. 20 Abs. 1 GG hergeleitete
menschenwürdige Existenzminimum. Das Grundgesetz gewährleistet keinen von Mitwirkungsobliegenheiten und Eigenaktivitäten
unabhängigen Anspruch auf Sicherheit eines Leistungsniveaus.
2. Auch eine vollständige Sanktionierung über einen längeren Zeitraum
führt nicht dazu, dass die §§ 31 ff
SGB II (2011) in die Verfassungswidrigkeit „hineinwachsen“. Der
Gesetzgeber stellt mit differenzierten Regelungen z. B. über die Gewährung (ergänzender) Sachleistungen oder geldwerter Leistungen eine
„letzte Grundversorgung“ sicher.
SG Landshut, Beschluss vom
07.05.2012, S 10 AS 259/12 ER
10
Die wiederholte Bezeichnung der
langjährigen Wohnpartnerin gegenüber
dem Grundsicherungsträger (Jobcenter)
als „Lebensgefährtin“ spricht gegen das
Vorliegen einer bloßen Wohngemeinschaft und für eine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft.
SG Karlsruhe, Urteil vom
26.06.2012, S 4 AS 3038/11
Bagatellbeträge im
Eilverfahren
Der Widerspruch gegen eine Tilgungsbestimmung im Darlehensbescheid hat aufschiebende Wirkung, da
§ 39 SGB II („sofortige Vollziehbarkeit“) keine Anwendung findet auf Aufrechnungen. Die Fälligkeit der Tilgung
eines Darlehens berührt nur den Auszahlungsanspruch, nicht aber den
Leistungsanspruch an sich.
Wird um Leistungen gestritten, deren Höhe fünf Prozent der monatlichen Regelleistung (bei einem Regelbedarf von 374 EUR entspricht dies
18,70 EUR) nicht übersteigt, lösen
regelmäßig unzureichende Leistungen
des Leistungsträgers noch keine existenzielle, d.h. akute wirtschaftliche
Notlage aus, der mit Mitteln des gerichtlichen Eilrechtsschutzes begegnen
ist. Der Antragsteller ist dann auf die
Durchführung des Hauptsacheverfahrens zu verweisen.
LSG Sachsen-Anhalt,
Urteil vom 27.12.2011,
L 5 AS 473/11 B ER
LSG Sachsen-Anhalt,
Beschluss vom 06.08.2012,
L 5 AS 339/12 B ER
Widerspruch gegen
Aufrechnungsbescheid hat
aufschiebende Wirkung
SOZIAL INFO 3/2012
URTEILE SGB II / SGB III
Kein Rechtsschutzinteresse für 20-Cent-Klage
Für einen Leistungsberechtigten,
der mit seiner Klage ausschließlich die
Verletzung der Rundungsregelung
nach § 41 Abs. 2 SGB II a.F. geltend
macht, besteht jedoch kein (allgemeines) Rechtsschutzbedürfnis.
Bei dem Verfahren ging es um einen Anspruch in Höhe von 20 Cent,
der sich allein aus Rundungsdifferenzen bei der Berechnung des Alg II ergeben würde. Das Jobcenter hatte der
Klägerin Leistungen in Höhe von
624,80 EUR (Regelleistung und Mehrbedarf für werdende Mütter in Höhe
von 376,50 EUR sowie Kosten für
Unterkunft und Heizung in Höhe von
248,30 EUR; später korrigiert auf
249,24 EUR) bewilligt. Mit ihrem Widerspruch machte sie (anwaltlich vertreten) die mangelnde Begründung
des Bescheides und die unzutreffende Anwendung der Rundungsregelung des § 41 Abs. 2 SGB II geltend.
Das Jobcenter hielt eine Auf- und Abrundung hinsichtlich der KdU nicht für
statthaft. Insoweit seien gemäß § 22
Abs. 1 SGB II die tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit sie
angemessen seien.
Der hiergegen gerichteten Klage hat
das Sozialgericht stattgegeben. Regelbedarf und Mehrbedarf einerseits und
Kosten der Unterkunft andererseits seien getrennt zu runden. Daraus ergebe sich eine Aufrundung von 376,50
Keine Sperrzeit trotz
Aufhebungsvertrag
Es tritt keine Sperrzeit ein, wenn der
Arbeitnehmer nach arbeitgeberseitiger Kündigung einen Aufhebungsvertrag schließt, wenn die Arbeitgeberkündigung rechtmäßig gewesen wäre
und die gewährte Abfindung den Betrag nach § 1a KSchG nicht übersteigt.
LSG BadenWürttemberg
Baden-Württemberg
Württemberg,,
Urteil vom 19.10.2011,
L 3 AL 5078/10
SOZIAL INFO 3/2012
EUR auf 377 EUR und eine Abrundung
der Kosten der Unterkunft und Heizung
auf 248 EUR und mithin ein Leistungsanspruch in Höhe von 20 Cent. Das
Landessozialgericht hat die Berufung
des Beklagten zurückgewiesen. Die
Klage sei zulässig. Allein ein geringer
Streitwert lasse das Rechtsschutzinteresse nicht entfallen. Ausgehend von
dem um 94 Cent erhöhten Betrag für
die KdU hat es einen zusätzlichen Leistungsbetrag von 26 Cent ermittelt;
wobei es eine Rundung erst beim Gesamtbetrag der Leistungen als angezeigt ansah. Der Gesamtanspruch in
Höhe von 625,74 EUR sei nach § 41
Abs. 2 SGB II auf einen vollen Eurobetrag um 0,26 EUR auf 626 EUR aufzurunden. Dies wirkte sich auf die Entscheidung des Landessozialgerichts
nicht aus, weil nur der Beklagte Berufung eingelegt hatte.
Mit der Revision macht das beklagte
Jobcenter geltend, für die Klage auf einen Bagatellbetrag bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Der möglicherweise
bestehende Anspruch stehe in keinem
Verhältnis zu den Kosten für die Bereithaltung der Justiz. Zudem würde ein
vernünftig und rational handelnder Beteiligter keinen Rechtsanwalt beauftragen und so zusätzlich ein Kostenrisiko
eingehen.
Arbeitslosengeld bis
Vorlesungsbeginn
Ein Student im ersten Semester
kann in der Zeit bis zur ersten Vorlesung einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben.
Im entschiedenen Fall hatte eine
Arbeitslose im Wintersemester 2010/
2011 an der Fachhochschule Trier
ein Studium angetreten. Das Wintersemester begann mit der Immatrikulation
(Einschreibung)
am
01.09.2010, die erste Einführungsveranstaltung fand jedoch erst am
27.09.2010 statt. Für den Zeitraum
dazwischen meldete sich die Klägerin
bei der Agentur für Arbeit arbeitslos
und beantragte die Bewilligung von
Arbeitslosengeld. Die Behörde lehnte
diesen Antrag ab und verwies darauf,
dass die Klägerin durch die Immatrikulation am 01.09.2010 den Status
einer Studentin erworben habe und
aus diesem Grund dem Arbeitsmarkt
nicht zur Verfügung stehe. Das Sozialgesetzbuch stelle die Vermutung auf,
dass ein eingeschriebener Student
dem Arbeitsmarkt nicht wie ein Arbeitnehmer zur Verfügung stehe, sondern
nur sozialversicherungsfreie Beschäftigungen aufnehmen könne. Diese
gesetzliche Vermutung habe die Klägerin vorliegend nicht widerlegt.
Begehrt der Antragsteller im Wege
des einstweiligen Rechtsschutzes die
vorläufige Bewilligung von Arbeitslosengeld, so fehlt es regelmäßig am
Anordnungsgrund, wenn der Antragsteller nicht glaubhaft macht, zuvor
erfolglos einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)
gestellt zu haben.
Das SG vertrat jedoch die Ansicht,
dass nicht allein auf die Immatrikulation abgestellt werden könne. Zu beachten sei, dass die Klägerin in dem umstrittenen Zeitraum mit ihrem Studium
faktisch noch gar nicht begonnen hatte. Bis zum Beginn der Einführungsveranstaltungen am 27.09.2010 war
sie daher noch frei von jeder studentischen Verpflichtung. Sie musste z. B.
keine Vorlesungen vor- oder nachbereiten, keinen Stoff für Klausuren lernen oder Praktika absolvieren. Daher
stand sie dem Arbeitsmarkt bis zum
26.09.2010 wie ein normaler Arbeitnehmer zur Verfügung. Die gesetzliche Vermutung dürfte nach Ansicht des
Gerichts somit im Fall der Klägerin
widerlegt sein. Anders zu beurteilen
wäre die Situation, wenn es sich um
eine vorlesungsfreie Zeit zwischen den
Semestern eines laufenden Studiums
gehandelt hätte.
SG Heilbronn Beschluss vom
02.08.2012, S 7 AL 4417/11 ER
SG Mainz, Urteil vom
31.07.2012, S 4 AL 314/10
BSG, Urteil vom 12.07.2012,
B 14 AS 35/12 R
Eilverfahren bei Alg I
11
URTEILE SOZIALRECHT / NEUES ZUM SGB II
Asylbewerberleistungen verfassungswidrig
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass die
Regelungen zu den Grundleistungen
in Form der Geldleistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz mit dem
Grundrecht auf Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG unvereinbar sind. Die Höhe dieser Geldleistungen ist evident unzureichend,
weil sie seit 1993 trotz erheblicher
Preissteigerungen in Deutschland nicht
verändert worden ist. Zudem ist die
Höhe der Geldleistungen weder nachvollziehbar berechnet worden noch ist
eine realitätsgerechte, am Bedarf orientierte und insofern aktuell existenzsichernde Berechnung ersichtlich.
Der Gesetzgeber ist verpflichtet,
unverzüglich für den Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes eine Neuregelung zur Sicherung
des menschenwürdigen Existenzminimums zu treffen. Bis zu deren Inkrafttreten hat das Bundesverfassungsgericht angesichts der existenzsichernden
Bedeutung der Grundleistungen eine
Übergangsregelung getroffen. Danach
ist ab dem 1. Januar 2011 die Höhe
der Geldleistungen auch im Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes entsprechend den
Grundlagen der Regelungen für den
Bereich des SGB II und SGB XII zu berechnen. Dies gilt rückwirkend für nicht
bestandskräftig festgesetzte Leistungen
ab 2011 und im Übrigen für die Zukunft, bis der Gesetzgeber seiner Pflicht
zur Neuregelung nachgekommen ist.
Die Leistungen betrugen bisher rund
225 EUR pro Monat, wovon 41 EUR
als Taschengeldbetrag und 184 EUR
als Bar- oder Sachleistung gewährt
wurden. Nach der Entscheidung des
BVerfG müssen Asylbewerber deutlich
höhere Leistungen erhalten. Die Bundesländer haben sich zwischenzeitlich
darauf geeinigt, übergangsweise Leistungen in Höhe von 346 EUR monatlich (für Alleinstehende) zu zahlen.
Somit ist zumindest eine bundesweit
einheitliche Anwendung gewährleistet.
Jugendliche über 15 Jahre sollen 271
EUR (statt bisher 200 EUR) erhalten.
Über die endgültige Höhe der Leistungen entscheidet noch der Bund.
BVerfG
erfG,, Urteil vom 18.07.2012,
1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11
Lernförderung (BuT)
erweitert definiert
Im letzten SOZIAL-INFO (2/2012,
S. 5) hatten wir auf den Beschluss des
Landessozialgerichts NiedersachsenBremen hingewiesen, mit dem die im
Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets (BuT) möglichen Lernförderung
auch auf Fälle ausgedehnt wurde, in
denen die Versetzung nicht gefährdet
ist, aber im Bereich der Rechtschreibung
nur ein unterdurchschnittliches Leistungsvermögen vorliegt.
Das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW
(MAIS) hat unter Verweis auf die Rechtsprechung nun seine Rechtsauffassung
geändert und die Kriterien für die
Lernförderung wie folgt geöffnet:
„Auch Schülerinnen und Schüler,
die formal nicht versetzungsgefährdet
sind, sollen Zugang zur Lernförderung
erhalten. Damit fallen die bisherigen
Einschränkungen bei Gesamtschulen,
Förderschulen, Schuleingangsphase
usw. weg. Es ist eine Entscheidung im
Einzelfall zu treffen.
Zudem wird auch die Erreichung
eines höheren Lernniveaus gefördert,
das der Verbesserung der Chancen
auf dem Ausbildungsmarkt, der weiteren Entwicklung im Beruf und damit
der Fähigkeit dient, später den Lebensunterhalt aus eigenen Kräften bestreiten zu können.
Die bislang in der Arbeitshilfe „Bildungs- und Teilhabepaket“ enthaltenen Beschränkungen zu
Herstellung der Sprachfähigkeit,
r Lese-/Rechtschreibschwäche und
Dyskalkulie,
r Erreichen einer besseren Schulformempfehlung,
r Schuleingangsphase, Förderschulen und Gesamtschulen
führen nicht mehr von vornherein
zu einem Ausschlussgrund. Vielmehr
ist stets eine Entscheidung im Einzelfall zu treffen.“
r
Neue Alg II-Anträge 2013?
Die BA arbeitet an einer neuen Version der Alg II-Anträge, die übersichtlicher, lesbarer und damit insgesamt
bürgerfreundlicher gestaltet werden
sollen. Harald Thome hat den derzeitigen Entwicklungsstand des Hauptantragsformulars, der Anlage EK und der
Anlage KdU veröffentlicht unter
www
.harald-thome.de/download.
www.harald-thome.de/download.
Das Vorhaben ist zu begrüßen und
es bleibt zu hoffen, dass bis Mitte
2013, wenn die Formulare in ihrer
endgültigen Form vorliegen sollen,
12
noch weitere Verbesserungen eingeflossen sind, z.B. eine Abfrage zum
Bildungs- und Teilhabepaket direkt im
Hauptantrag auf Alg II.
Im Herbst 2013 soll dann auch „Allegro“ die leidige, bisher eingesetzte
A2LL-Software der BA ablösen. „Allegro“ soll dann von allen Jobcentern,
mit Ausnahme der Optionskommunen, eingesetzt werden. Berater und
Betroffene hoffen, dass dann nicht nur
die Antragsformulare, sondern auch
die Bescheide nachvollziehbarer und
bürgerfreundlicher sein werden.
Die Arbeitshilfe des MAIS soll „zu gegebener Zeit“ angepasst werden. Übergangsweise soll der Arbeitshilfe ein modifizierter Zusatzfragebogen „Lernförderung“ beigefügt werden, der die veränderte Rechtsauffassung berücksichtigt.
SOZIAL INFO 3/2012
NEUES ZUM SGB II
Keine Änderung der Alg II-Bewilligungspraxis
wegen verfassungsrechtlicher Bedenken
des SG Berlin
Das SG Berlin hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfe zur
Prüfung vorgelegt (vgl. SOZIAL INFO
2/2012, S.5). Das Gericht hat in seinem Beschluss vom 25. 04.2012 (S 55
AS 9238/12) die Auffassung vertreten,
dass die seit dem 01.01.2011 geltenden Regelbedarfe nach dem SGB
II/SGB XII gegen das Grundrecht auf
Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verstoßen.
Dem BVerfG wurde ein Vorlagebeschluss zur Frage der Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe zur Prüfung
vorgelegt.
In einer HEGA verweist die BA darauf, dass das BSG zwischenzeitlich mit
Urteil vom 12. 07.2012 (B 14 AS 153/
11 R; vgl. Hinweis in diesem SOZIAL
INFO
INFO) unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Vorlagebeschluss des SG
Berlin die Höhe der Regelbedarfe nach
dem SGB II/SGB XII für die Zeit ab dem
01.01.2011 als verfassungskonform
bestätigt. Bis zu einer Entscheidung des
BVerfG über die Vorlage des SG Berlin besteht daher nach Ansicht der BA
keine Veranlassung, die derzeitige Bewilligungspraxis zu ändern; insbesondere sind
r
r
r
die Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes weiterhin endgültig zu bewilligen (keine vorläufige Entscheidung gem. § 40 Abs.
2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 328 SGB
III),
Widersprüche gegen die Höhe des
Regelbedarfs als unbegründet zurückzuweisen (keine Ruhendstellung),
Anträge auf Überprüfung der Regelbedarfshöhe abzulehnen.
Die HEGA wurde veröffentlicht unter
http://snipurl.com/24prrjv
SGB II-Rechtsansprüche
werden regelmäßig nicht
umgesetzt
Vor dem Hintergrund der Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 2010,
dass die Regelleistungen des SGB II
nicht verfassungskonform sind, hat das
Diakonische Werk der EKD bundesweit 110 Beratungsstellen befragt, die
Erfahrungen aus der Beratung von Alg
II-Berechtigten zusammengetragen
und die Ergebnisse veröffentlicht. Es
zeigt sich, dass nicht nur die willkürlichen Abschläge bei der Ermittlung des
Regelsatzes 2010 zu einer dauerhaften Unterschreitung des Existenzminimums führen. Auch der Regelsatz sowie die Ansprüche auf einmalige oder
personenbezogene Leistungen sind
für viele Leistungsberechtigte nicht
gesichert. Das gilt ebenso für eine gute
Beratung in den Jobcentern oder die
Einlösung persönlicher Integrationsansprüche etwa durch Fördermaßnahmen oder zielgruppenspezifische Ansprache. Diese Situation hat sich durch
viele Rechtsänderungen in 2010/11
verschärft, die mit der Neubemessung
der Regelsätze und dem Bildungs- und
Teilhabepaket am 30.03.2011 in
Kraft traten. SGB-II-Rechtsansprüche
werden regelmäßig nicht umgesetzt.
Die Diakonie veröffentlichte das
40seitige Positionspapier unter
http://snipurl.com/246pqyk
Immer mehr Darlehen für Alg II-Berechtigte
Alg II-Berechtigte können unter bestimmten Voraussetzungen ein Darlehen erhalten. Typische Beispiele sind
die Darlehen zur Deckung eines ein
vom Regelbedarf umfassten und nach
den Umständen unabweisbaren Bedarfs (§ 24 Abs. 1 SGB II - Abweichende Erbringung von Leistungen).
Häufige Anwendungsfälle sind Darlehen zur Begleichung von Stromschulden oder für die Neuanschaffung von
Haushaltsgeräten.
Wie u.a. SpiegelONLINE unter Berufung auf eine bisher nicht veröffentlichte Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit berichtet hat, haben
Anzahl und Höhe der in der Regel zinsSOZIAL INFO 3/2012
losen Darlehen im Jahr 2011 einen
neuen Höchststand erreicht. Mit einer
Darlehenssumme von insgesamt rund
5 Mio. EUR pro Monat wurde im Jahr
2011 eine Steigerung gegenüber dem
Vorjahr von 25 % verzeichnet.
Im Durchschnitt mussten im Jahr
2011 jeden Monat rund 18.400 Bedarfsgemeinschaften ein Darlehen beantragen. Der durchschnittliche Darlehensbetrag beträgt damit rechnerisch
etwa 270 EUR. Zum Vergleich: 2010
gab es nur 15.300 Darlehensanträge; im Jahr 2007 waren es nur 9.800.
Die BA erklärt sich die gestiegene
Anzahl von Darlehensanträgen mit ei-
ner gewachsenen Kenntnis der Alg IIBerechtigten über ihre Rechtsansprüche. Einer der häufigsten Gründe sind
Darlehen für Stromschulden zur Vermeidung einer Zählersperre. Trotzdem
wurde nach Recherchen des ARD-Magazins „Report Mainz“ im Jahr 2011
bei 200.000 Bedarfsgemeinschaften
der Strom vom Energieversorgungsunternehmen abgestellt. Hintergrund
dürfte der Umstand sein, dass die gestiegenen Kosten für Haushaltsenergie
bei der Anpassung der Regelbedarfe
nur unzureichend berücksichtigt wurden. Einer Steigerung der Energiekostenanteile im Regelbedarf von etwa 3
bis 4 % stehen tatsächliche Preissteigerungen von rund 20 % gegenüber.
13
NEUES ZUM SGB II
Neue Rechtsauffassungen der BA
Die Bundesagentur für Arbeit hat mit
ihren neuesten Weisungen einige
Rechtsauffassungen verändert. Die bedeutsamsten Änderungen stehen in Zusammenhang mit dem Schonvermögen
zur Altersvorsorge (§ 12 SGB II).
Der Vermögensfreibetrag zur Alterssicherung in Höhe von 750 EUR/
Lebensjahr wird vom Jobcenter nur
anerkannt, wenn das Vermögen so
angelegt ist, dass es bis zum Rentenalter „unantastbar“ ist. Als Rentenalter gilt dabei das 60. Lebensjahr - ein
Ausschluss der Verwertung vor dem
60. Lebensjahr reicht also aus.
In der Praxis ergeben sich aber
immer häufiger Fallgestaltungen, in
denen ein Alg II-Berechtigter erst später als mit vollendetem 60. Lebensjahr in die Altersrente gehen kann, die
Versicherungsleistung (z.B. eine Lebensversicherung, die mit teilweisem
Verwertungsausschluss geschützt war)
aber gleichwohl schon vorher (ab 60.
Lebensjahr) fällig wird. Bisher hat die
BA dazu die Rechtsauffassung vertreten, dass dann der Vermögensfreibetrag zur Alterssicherung bei Erreichen
der Altersgrenze fiktiv abschmilzt (sog.
„1/180-Regelung“):
„Nach Erreichen der Altersgrenze
ist der geschützte Vermögensbetrag
monatlich um 1/180 zu vermindern
(180 Monate = 15 Jahre weiterer
durchschnittlicher Lebenserwartung).
Altersgrenze ist grundsätzlich der Termin, an dem die Versicherungsleistung
fällig wurde. Bei Überschreitung der
Freibeträge ist dann eine entsprechende Anrechnung auf das Arbeitslosengeld II / Sozialgeld vorzunehmen.“
In den neuesten fachlichen Hinweisen zu § 12 SGB II vom 20.08.2012
hat die BA diese Rechtsauffassung nun
aufgegeben. Nun besteht die Möglichkeit, Altersvorsorgevermögen, das
nach dem 60. Lebensjahr, aber vor
dem Eintritt in die Altersrente fällig
wird, weiterhin zu schützen, wenn es
mit einem unwiderruflichen Ausschluss
der Verwertung erneut angelegt wird
(Rz 12.20):
„Bisher privilegiertes Altersvorsorgevermögen ist daher auch weiterhin
vom Schutz des § 12 Abs. 2 Nr. 3
umfasst, wenn für die Zeit bis zum tatsächlichen Eintritt in den Ruhestand
r die bestehende Anlage verlängert
oder
r das Vermögen mit einem unwiderruflichen Verwertungsausschluss
neu angelegt wird.“
Außerdem wurde eine neue Härtefallregelung eingefügt. Hintergrund
ist der Umstand, dass es Leistungsberechtigten oft nicht möglich ist, frei
gewordenes Altersvorsorgevermögen
für eine Zeit von maximal fünf bis sieben Jahren erneut mit einer absoluten Unverwertbarkeitsklausel anzulegen. Dies ist nun als besondere Härte
im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6
SGB II anerkennbar, weil ansonsten
Ersparnisse, die für die Altersvorsorge gedacht waren, kurz vor dem Rentenalter sofort und in voller Höhe für
den laufenden Lebensunterhalt eingesetzt werden müssten. Bei der Wiederanlage der Ersparnisse muss aber der
Wille erkennbar sein, über das Vermögen erst im Ruhestand zu verfügen, z. B. durch Anlage auf einem
Festgeldkonto mit einer Laufzeit bis
zum Renteneintrittsalter (Rz 12.20a)
Eine ganze Reihe von Änderungen
gibt es auch zur Handhabung von Eingliederungsvereinbarungen (§ 15
SGB II). Die wichtigsten Änderungen
in diesem Bereich sind folgende:
Es wurde klargestellt, dass es sich
bei der Eingliederungsvereinbarung
um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag als sog. „Austauschvertrag“ im
Sinne des § 55 SGB X handelt.
14
Bei leistungsberechtigten Personen
unter 25 Jahren ist die Eingliederungsvereinbarung wegen der besonderen
Rechtsfolgenbelehrung bei Pflichtverletzungen auf den Tag vor Vollendung
des 25. Lebensjahres zu befristen.
In Anerkennung der Rechtsprechung des BSG wurde klargestellt, dass
eine Zuweisung zu einer Arbeitsgelegenheit gemäß § 16d SGB II kein
Angebot, sondern einen Verwaltungsakt darstellt.
Vor Aufnahme einer selbständigen
Tätigkeit können auch vorbereitende
Handlungen als Bemühungen in die
Eingliederungsvereinbarung aufgenommen werden.
Soweit die individuelle Handlungsstrategie auf die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit abzielt, können
auch vorbereitende Handlungen (z. B.
vorbereitende Tätigkeiten wie Finanzierungs- und Geschäftsplan, Infoveranstaltungen, etc.) in die Eingliederungsvereinbarung aufgenommen
werden.
Sollte eine bestehende Tätigkeit
nicht zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit führen oder eine selbständige
Tätigkeit nicht tragfähig sein, kann im
schon bisher auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden. In diesem Fall
sind aber mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person alle erforderlichen Leistungen zur Eingliederung in eine andere Tätigkeit (insbesondere Eigenbemühungen und die
Unterbereitung von Vermittlungsangeboten) in einer Eingliederungsvereinbarung aufzunehmen.
Sofern sich die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person weigert, eine
abgeänderte EinV zu unterschreiben,
können abweichende Regelungen innerhalb des Geltungszeitraumes der
bestehenden Eingliederungsvereinbarung nach neuer Rechtsauffassung nur
dann als Verwaltungsakt gemäß § 15
Abs. 1 Satz 6 SGB II festgesetzt werden, wenn eine Kündigung erfolgt ist.
SOZIAL INFO 3/2012
NEUES ZUM SGB II
Unterkunftskosten in NRW
Das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales NRW (MAIS) hat mit einem Erlass vom 15.08.2012 seine
Rechtsauffassung zum BSG-Urteil vom
18.05.2012 dargestellt, mit dem das
BSG entschieden hatte, dass bei der abstrakten Berechnung der Mietobergrenzen u.a. die Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB) des Landes NRW maßgeblich sind. Als angemessene Wohnungsgröße ist demnach z.B. für einen
Ein-Personen-Haushalt eine Wohnfläche
von 50 qm zu berücksichtigen (vgl.
SOZIAL INFO 2/2012, S. 2).
In dem Erlass, der zuvor mit den
kommunalen Spitzenverbänden und
Vertretern der kommunalen Grundsicherungsträger erörtert wurde, vertritt das MAIS die Ansicht, dass „von
einer vollständigen Geltung der Regelungen in Nr. 8.2 WNB auszugehen“ ist. Dies gilt insbesondere für die
Erhöhung der bisher anerkannten
Wohnfläche von 45 qm auf 50 qm,
„sowie zur Erhöhung um 15 qm für
besondere Personengruppen, z.B. Alleinerziehende.“
Die im Erlass angeführte Ziffer 8.2
WNB enthält u.a. folgende Konkretisierungen:
Da das MAIS von der „vollständigen Anwendung“ der WNG Regelungen ausgeht, eröffnen sich erfreulicherweise zumindest für die genannten Zielgruppen völlig neue Spielräume für angemessene Mietpreise!
Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass
inzwischen das BSG in einer Entscheidung für Schleswig-Holstein festgestellt
hat, dass Alleinerziehende keinen
Wohnraummehrbedarf haben (Urteil
vom 22.08.2012, B 14 AS 13/12;
auch in diesem SOZIAL INFO
INFO).
Im Übrigen vertritt das MAIS die Ansicht, dass auch bereits bestandskräftige Bescheide „von Amts wegen“ rückwirkend bis zum 01.01.2011 überprüft werden sollen. Davon können alle
profitieren, bei denen wegen Überschreitung der Mietobergenze nicht die
tatsächlichen Kosten der Unterkunft
übernommen wurden. Betroffen können aber auch Alg II-Berechtigte sein,
die z.B. Auseinandersetzungen mit dem
Jobcenter wegen unangemessener
Heiz- oder Nebenkosten hatten, da
auch hier die Angemessenheit mit der
Wohnfläche zusammenhängt.
Da das MAIS darauf hinweist, dass
nicht alle Leistungsfälle, sondern nur
diejenigen Einzelfälle überprüft werden, bei denen Anhaltspunkte für eine
Überprüfung festgestellt werden, sollten sich nicht alle Betroffenen darauf
verlassen, dass ihr Fall von Amts wegen erneut aufgegriffen wird. Im Zweifel sollte ein Überprüfungsantrag rechtzeitig bis zum 31.12.2012 gestellt werden, um den möglichen Erstattungszeitraum (rückwirkend bis 01.01.2011)
zu erfassen.
Für nicht bestandskräftige Bescheide, d.h. Bescheide, die sich bereits im
Widerspruchs- oder Klageverfahren
befinden, aber auch für bereits im Jahr
2011 gestellte Überprüfungsanträge
ist es sogar möglich, rückwirkend bis
zum 01.01.2010 Nachzahlungen
wegen nun anzuerkennender KdU/
Heizung zu erhalten.
Der Erlass des MAIS ist im Internet von
Harald Thome veröffentlicht worden:
http://snipurl.com/24r0ja4
„Ein zusätzlicher Raum oder eine
zusätzliche Wohnfläche von 15 qm ist
wegen besonderer persönlicher oder
beruflicher Bedürfnisse einer haushaltsangehörigen Person oder eines nach der
Lebenserfahrung in absehbarer Zeit zu
erwartenden zusätzlichen Raumbedarfs
zuzubilligen: z.B. jungen Ehepaaren (§
29 Nummer 7), Blinden, rollstuhlfahrenden Schwerbehinderten, Alleinerziehenden mit einem oder mehreren Kindern ab vollendetem 6. Lebensjahr.“
Erwähnenswert ist hierbei die zusätzliche Wohnfläche, die nicht nur blinden
und rollstuhlfahrenden Behinderten, sondern auch Alleinerziehenden mit einem
oder mehreren Kindern ab vollendetem
6. Lebensjahr sowie „jungen Ehepaaren“
zugebilligt wird. Zur Definition des „jungen Ehepaars“ wird Bezug genommen
auf § 29 Nr. 7 des WFNG NRW:
„Junge Ehepaare sind Verheiratete
bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres nach dem Jahr der Eheschließung, bei denen keiner der Ehegatten
das 40. Lebensjahr vollendet hat.“
SOZIAL INFO 3/2012
15
NEUES ZUM SGB II
Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien für das SGB II
Die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien
(„Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung
der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Abs. 1 Satz 2
Nr. 7 SGB V“) haben zum Ziel, ein
qualitativ hochwertiges, bundesweit
standardisiertes Verfahren für die Praxis zu etablieren, das den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit
zwischen Vertragsarzt, Krankenkasse
und Medizinischem Dienst verbessert.
Für die Frage der Arbeitsunfähigkeit
von Arbeitslosen sah die Richtlinie bisher
folgende Definition vor (§ 3 Abs. 3):
„Arbeitslose sind arbeitsunfähig, wenn
sie krankheitsbedingt nicht mehr in der
Lage sind, leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang zu verrichten, für den sie
sich bei der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestellt haben. Dabei ist es unerheblich, welcher Tätigkeit der Versicherte vor der Arbeitslosigkeit nachging.“
Für Leistungsbeziehende nach dem
SGB II gab es bisher noch keine Legaldefinition des Begriffs der Arbeitslosigkeit. Mit einer Änderung der Richtlinien soll jetzt nachgebessert werden,
wobei an den Zweck der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angeknüpft
werden soll. So soll die AU-Bescheinigung z.B. auch für den Fall gelten,
dass eine Leistung zur Eingliederung
oder eine Arbeitsgelegenheit aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrgenommen werden kann. Anders als
im SGB III müssen Alg II-Berechtigte
alle Möglichkeiten zur Beendigung
oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen, wobei die Zumutbarkeit im SGB II (§ 10) weiter gefasst ist als im SGB III (§ 140). Außerdem haben die AU-Bescheinigungen
auch noch eine Bedeutung bei Melde- oder Vorstellungsversäumnissen.
In einem neuen Abs. 3a des § 2 Richtlinien wird deshalb für Leistungsbeziehende nach dem SGB II eine eigene Definition der Arbeitsunfähigkeit eingeführt:
„“Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II
(Grundsicherung für Arbeitsuchende
16
- „Hartz IV“) beantragt haben oder
beziehen, sind arbeitsunfähig, wenn
sie krankheitsbedingt nicht in der Lage
sind, mindestens drei Stunden täglich
zu arbeiten oder an einer Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen.“
Die Definition für Leistungsberechtigte
nach dem SGB II ist auch auf Personen
anwendbar, die einer vom Jobcenter
angebotenen Arbeit oder Arbeitsgelegenheit („1-Euro-Job“) nachgehen.
Begrifflich klarstellend wird für Arbeitslosengeldberechtigte nach dem
SGB III in § 2 (Definition und Bewertungsmaßstäbe) der Absatz 3 Satz 1
wie folgt neu gefasst:
„Bezieher von Arbeitslosengeld sind
arbeitsunfähig, wenn sie krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage sind,
leichte Arbeiten in einem zeitlichen
Umfang zu verrichten, für den sie sich
bei der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestellt haben.“
Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach dem SGB II, die versicherungspflichtig beschäftigt sind
(„sog. Aufstocker“), beurteilt sich die
Arbeitsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 der
Richtlinien. Es gilt also für alle Arbeitnehmer folgende Definition:
„Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn
der Versicherte auf Grund von Krankheit seine zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr
oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. Bei der Beurteilung ist
darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret
geprägt haben. Arbeitsunfähigkeit liegt
auch vor, wenn auf Grund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für
sich allein noch keine Arbeitsunfähigkeit bedingt, absehbar ist, dass aus der
Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar hervorrufen.“
Die Änderung der Richtlinien bedarf noch der Zustimmung des Gesundheitsministeriums und tritt dann
am Tag nach der Veröffentlichung im
Bundesanzeiger in Kraft. Die Richtlinien können auf den Seiten des Gemeinsamen Bundesausschuss herunter
geladen werden (www.g-ba.de)
Regelbedarfsstufen sollen
ab Januar 2013 steigen
Die Regelbedarfssätze werden jährlich überprüft und fortgeschrieben. Das
ist im Gesetz über die Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des
Zweiten (SGB II) und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) festgelegt.
Das Bundeskabinett brachte nun einen entsprechenden Verordnungsentwurf
auf den Weg. Der Bundesrat muss noch zustimmen.
Die Regelbedarfe erhöhen sich zum 1. Januar 2013 um 2,26 Prozent.
Die Anpassung errechnet sich aus einem Misch-Index. Dieser orientiert sich
zu 70 Prozent an der Preisentwicklung für regelsatzbetreffende Güter und
Dienstleistungen. 30 Prozent errechnen sich aus der Nettolohnentwicklung.
Für die neuen Regelbedarfsstufen ab 1. Januar 2013 wurde hierbei der
Zeitraum von Juli 2011 bis Juni 2012 im Vergleich zum entsprechenden
Zeitraum des Vorjahres zugrunde gelegt.
RB-Stufe Personenkreis
1
2
3
4
5
6
Alleinlebende
Paare/Bedarfsgemeinschaften
Erwachsene im Haushalt anderer
Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahren
Kinder von 6 bis unter 14 Jahren
Kinder von 0 bis 6 Jahre
In EUR
382 € (+ 8 EUR)
345 € (+ 8 EUR)
306 € (+ 7 EUR)
289 € (+ 2 EUR)
255 € (+ 4 EUR)
224 € (+ 5 EUR)
SOZIAL INFO 3/2012
NEUES ZUM SGB II
eBay und ALG II
Müssen eBay Erlöse angegeben werden?
Ja und Nein. Man unterscheidet
zwischen Erlösen
aus dem Verkauf von Vermögensbeständen und der gewerblichen Nutzung der Handelsplattform eBay.
Verkauf von
Vermögensbeständen
Ist der Gegenstand beim Verkauf im
Besitz des ALG II Empfängers und es
wird kein Gewinn erzielt, sondern nur
der geschätzte Wert maximal eingenommen, gilt diese Transaktion als Vermögensumschichtung. Der Besitz wird als
Vermögensbestand angesehen und umgeschichtet (vgl. BSG vom 25.4.2002
– B 11 AL69/01 R). Gängiger Hausrat
oder Sachgegenstände (wie zum Beispiel Fernsehgeräte oder DVD Player)
werden meist durch den gebrauchten
Zustand zu einem niedrigeren Preis verkauft. Hier gilt also das Prinzip der
Umwandlung von Vermögen.
Beispiel:
Person A verkauft seinen drei Jahre alten Fernseher, ursprünglicher
Preis 800 EUR, für 500 EUR an Person B. Hier wird der bereits vorhandene Besitz lediglich in Geld umgewandelt und es kann deshalb nichts
als Einkommen angerechnet werden.
Eine Ausnahme können z.B. Antiquitäten wie Bilder oder Möbel bilden.
Sie können möglicherweise zu einem
höheren als ihren bisher geschätzten
Wert verkauft werden. Auktionen, bei
denen ein Gewinn erzielt wird, bilden
somit einen Sonderfall. Der in der
Praxis vielleicht nur schwer ermittelbare Gewinn würde sich aus der Differenz zwischen Verkaufserlös und
zuvor geschätztem Wert errechnen.
Zu berücksichtigen wären aber auch
noch die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen
Ausgaben (§ 11b Absatz 1 Nummer
5 SGB II) und die Versicherungspauschale (30 EUR).
Beispiel:
Person A verkauft bei eBay einen
antiken Tisch. Der zuvor geschätzte
Wert beträgt 800 EUR. Durch eine
hohe Nachfrage und viele Bieter entSOZIAL INFO 3/2012
steht letztendlich ein Verkaufspreis von
1.350 EUR. Die Berechnung des Jobcenters lautet dann wie folgt:
1.350 EUR (erzielter Preis über
eBay) abzüglich 800 EUR (geschätzter Wert) ergeben 550 EUR. Wurde
die Versicherungspauschale von 30
EUR nicht schon bei einem anderen
Einkommen berücksichtigt, verbleiben
520 EUR, von denen z.B. noch folgende „Werbungskosten“ abgesetzt
werden können:
20 EUR (Gutachten; Wertschätzung
des Tisches)
r 4,80 EUR (eBay Angebotsgebühr
für Gegenstände ab 250 EUR)
r 45 EUR (Verkaufsprovision an
eBay)
r 0,75 EUR (Galerie Plus/ eBay Bildergalerie für Möbel)
r 44,90 EUR (DHL Onlinegebühr für
den Versand/bis 31,5 kg/Maße
600x230x200cm)
r 10 EUR Verpackungsmaterialien
r 0,80 EUR für 4 km Fahrkosten mit
dem Pkw zur nächsten Post/DHL
Filiale
Es bleibt dann ein anrechenbarer
Gewinn/Einkommen von 393,75 EUR.
r
Gewerblicher Verkauf
Ein dauerhafter Handel über eBay gilt
dann als Gewerbe wenn das „normale
Maß“ überschritten wird. Wenn lediglich
eigener Besitz, der vielleicht noch aus der
Vergangenheit vorhanden ist, verkauft
wird, gilt dies üblicherweise nicht als gewerblicher Handel, sondern fällt unter
die oben beschriebene Vermögensumschichtung. Wenn allerdings regelmäßig
Neuware oder für den Wiederverkauf
gekaufte, gebrauchte Ware weiterverkauft wird, ist ein Gewerbe anzumelden.
Der Händler erwirtschaftet über eBay ein
regelmäßiges Einkommen, dessen Gewinn nach Abzug des Erwerbstätigenfreibetrags als Einkommen angerechnet
wird. Der Erwerbstätigenfreibetrag beläuft sich auf 100 EUR plus 20% (bei
einem monatlichen Einkommen bis
1.000 EUR) bzw. 100 EUR plus 10%
(bei einem Einkommen, das bei 1.000
- 1.200 EUR bzw. 1500 EUR bei Eltern
mit mindestens einem minderjährigen
Kind in der Bedarfsgemeinschaft) liegt.
Darf das Jobcenter meinen
eBay-Namen verlangen oder
in eigener Sache
recherchieren?
Die Einkommensbeziehenden müssen monatliche Angaben über den
Gewinn einreichen. Das Jobcenter
darf auch Nachweise über Einnahmen
und Ausgaben und im Zweifel auch
Kontoauszüge verlangen. Es hat aber
keinen Anspruch auf Nennung von
eBay-Username oder gar Passwort.
Denn schließlich ist ja bereits im ALG
II Hauptantrag schon die Angabe von
Telefonnummer und E-Mail-Adresse
nur freiwillig.
Das Jobcenter kann aber - auch
wenn es in der Praxis offenbar nur selten vorkommt - vom Finanzamt geeignete Informationen erhalten. Dieses
recherchiert mittels Software (Xpider)
und Sammelauskunftsersuchen bei
eBay, Amazon und anderen OnlinePlattformen, um Steuerhinterzieher zu
ermitteln. Hat ein Finanzamt den Verdacht, dass Leistungsmissbrauch besteht, darf es auch eigentlich durch
Steuergeheimnis geschützte Daten der
Arbeitsagentur und dem Jobcenter offenbaren (Bundesfinanzhof, Beschluss
vom 04.10.2007, VII B 110/07).
17
NEUES ZUM SGB II / SGB III/ SONSTIGE RECHTSBEREICHE
Maßnahmen gegen
Pflegekräftemangel
Die Bundesregierung plant ein Maßnahmenpaket gegen den Pflegekräftemangel. Kernstück soll sein, dass es
der BA ab 2013 ermöglicht werden
soll, die gesamte dreijährige Umschulungszeit zu Alten- und Krankenpflegern zu finanzieren. Nach den bisherigen Vorgabe des SGB III ist nur eine
zweijährige Förderung möglich, so
dass die Umschüler für das letzte Jahr
eine andere Finanzierungslösung suchen mussten. Einige, aber längst nicht
alle Bundesländer haben bisher die
Förderung des dritten Jahres übernommen.
Bereits 2009/2010 gab es eine
dreijährige Bundesförderung durch
das Konjunkturpaket II. Danach sollten die Länder die Förderung übernehmen. Da sich aber einige Länder
nach wie vor weigern, konkrete Zusagen zu machen, schlägt das BMAS
nun vor, der BA die Förderung zu ermöglichen. Da die BA finanziell nicht
schlecht da steht, dürfte die Finanzierung nicht das Problem sein. Sie
hat aber bereits signalisiert, dass parallel zur Finanzierung auch genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden müssten. Zur
Bekämpfung des Pflegekräftemangels
sei auch erforderlich, dass für Pflegehilfskräfte die Möglichkeit eingeräumt wird, die Ausbildung zu verkürzen.
Das Programm befindet sich noch
im Abstimmungsprozess, soll aber
noch dieses Jahr verabschiedet und
dann bis 2015 befristet werden.
Geschäftsanweisungen der BA zum SGB I und X
Die Bundesagentur für Arbeit hat ihre
Geschäftsanweisungen zum SGB I aktualisiert und im Internet veröffentlicht.
Die Geschäftsanweisungen wurden an
die aktuelle Rechtslage zum Stand
01.04.2012 angepasst.
Darüber hinaus wurden Änderungen aufgrund aktueller Rechtsprechung und klarstellende Aussagen zu
einzelnen Passagen vorgenommen.
Die Anweisungen finden sich im Internet unter
http://snipurl.com
Beraterinnen und Berater von Arbeitslosen sollten ihr Augenmerk auf die
Ausführungen zu § 14 SGB I („Beratung“) richten. Dort finden sich u.a. Informationen zu dem vom BSG entwi-
ckelten „sozialrechtlichen Herstellungsanspruch“. Dieser kann im Einzelfall
dazu dienen, Pflichtverletzungen eines
sozialen Leistungsträgers insbesondere
aus dessen Verpflichtung zur Aufklärung
(§ 13 SGB I), zur Beratung (§ 14 SGB
I) und zur Erteilung von Auskünften (§
15 SGB I) auszugleichen.
Die Geschäftsanweisungen zum
SGB X gibt es unter
http://snipurl.com/243osx4
Hier sind für Beraterinnen und Berater auch die Anlagen von Interesse,
die u.a. ein Prüfschema zur Aufhebung nach § 48 SGB X und Prüfschritte
zur Rücknahme eines rechtswidrigen
begünstigenden Verwaltungsakt nach
§ 45 SGB X enthalten.
Mindestlohn für Aus- und
Weiterbildungsdienstleistungen
in Kraft
Im letzten SOZIAL INFO (2/
2012, S. 16) wurde über den Verordnungsentwurf des BMAS berichtet,
mit dem erstmals ein Mindestlohn für
Beschäftigte im pädagogischen Bereich der Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem SGB II oder
SGB III festgesetzt wird.
Der Entwurf hat am 13.07.3012
das Bundeskabinett passiert und ist am
01.08.2012 in Kraft getreten. Laut
Pressemitteilung des BMAS profitieren
vom Mindestlohn etwa 30.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die
Mindeststundenvergütung (brutto) beträgt 12,60 EUR (alte Bundesländer)
bzw. 11,25 EUR (neue Bundesländer).
Künstlersozialversicherung
2013
Der Beitragssatz zur Künstlersozialversicherung soll 2013 von derzeit 3,9 %
auf 4,1 % angehoben werden. Dies sieht
der Entwurf der KünstlersozialabgabeVerordnung 2013 vor, die vom BMAS
an die beteiligten Verbände und Länder
versendet wurde.
Die Künstlersozialabgabe wird
durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zusammen mit dem
Bundesministerium für Finanzen für
das folgende Kalenderjahr bestimmt.
Grundlage für die Festlegung des
Abgabesatzes bilden Schätzungen des
Bedarfs für das folgende Jahr.
JobcenterLeaks:
„Berichte aus erster Hand“
JobcenterLeaks bietet Betroffenen die Möglichkeit, Erlebnisse mit dem Jobcenter anonym im Internet zu veröffentlichen. Die Seite wird betrieben von BVVLeaks e.V. i.G., die vertreten wird durch Alexander Spies. Alexander Spies
ist Mitglied der Piratenpartei und einer von 15 Abgeordneten der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin.
JobcenterLeaks ist zu erreichen unter http://jobcenterleaks.de
18
SOZIAL INFO 3/2012
SONSTIGE RECHTSBEREICHE
Änderungen bei PKH und Beratungshilfe geplant
Aus dem Bundesjustizministerium gibt
es einen Referentenentwurf, mit dem
Änderungen bei der Beratungs- und Prozesskostenhilfe umgesetzt werden sollen. Ziel ist es, die Beratungshilfe „effizienter zu gestalten“. Die in den letzten
Jahren angeblich erheblich gestiegenen
Kosten für Beratungs- und Prozesskostenhilfe, die von den Ländern getragen
werden, sollen reduziert werden. Zwar
soll zum Einen der Zugang zum Recht
auch für Bürgerinnen und Bürger mit
geringem Einkommen weiterhin gewährleistet sein, doch im Ergebnis soll
der Zugang erschwert werden, um Kosten in einer Größenordnung von 70
Mio. EUR pro Jahr einzusparen. Außerdem wird mit dem geplanten Artikelgesetz eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Einbeziehung steuerrechtlicher Angelegenheiten in die Beratungshilfe umgesetzt.
r
r
Im Bereich der Prozesskostenhilfe (PKH) sind u.a. folgende Änderungen vorgesehen:
r
r
r
Änderungen im PKH-Verfahren
sollen sicherstellen, dass die Gerichte die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für
die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (die Bedürftigkeit) umfassend
aufklären, um auf diese Weise ungerechtfertigte Prozesskostenhilfebewilligungen zu vermeiden und
der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe entgegenzuwirken. Dazu wird u.a. das
Merkmal der mutwilligen Inanspruchnahme eindeutiger definiert.
Der Freibetrag für Erwerbstätige wird
von bisher 50 Prozent auf zukünftig
25 Prozent der Regelbedarfsstufe 1
reduziert. Der Freibetrag für den
Ehegatten oder Lebenspartner des
Antragstellers soll künftig nicht mehr
dem persönlichen Freibetrag des
Antragstellers entsprechen, sondern
aus dem für ihn sozialrechtlichen geltenden Regelsatz (SGB XII) berechnet werden.
Die Ratenzahlungshöchstdauer wird
von bisher 48 Monate auf zukünftig
72 Monate verlängert. Zugleich wird
die Tabelle zur Feststellung der monatlichen Raten abgeschafft. Die monatliche Rate beträgt künftig die Hälfte des einzusetzenden Einkommens.
SOZIAL INFO 3/2012
Der Gegner des PKH-Antragstellers
soll im PKH-Verfahren Gelegenheit
erhalten, zu den Erfolgsaussichten
und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers Stellung zu
nehmen. Außerdem kann ein Termin zur Erörterung der persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse des
Antragstellers durchgeführt werden.
Bleibt der Antragsteller diesem Termin unentschuldigt fern, so wird der
Antrag abgewiesen. Zudem kann das
Gericht zukünftig Auskünfte über die
persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse des Antragstellers bei
Sozialversicherungen, Arbeitgebern
und Finanzämtern einholen und Zeugen auch zur Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse laden.
Die Prüfung der persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse des
Antragstellers kann in allen Gerichtsbarkeiten auf den Rechtspfleger bzw. dort, wo es keine Rechtspfleger gibt, auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle übertragen werden.
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Im Bereich der Beratungshilfe sind
folgende Maßnahmen vorgesehen:
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Künftig kann nicht nur wie bisher die
„Wahrnehmung der Rechte“, sondern - weitergehend - die Inanspruchnahme der Beratungshilfe als
mutwillig qualifiziert und Beratungshilfe damit ausgeschlossen werden.
Die Begriffe der Mutwilligkeit und der
Erforderlichkeit der Vertretung werden dabei im Gesetz definiert werden. Beratungshilfe soll danach zum
einen wegen Mutwilligkeit versagt
werden, wenn ein bemittelter Rechtsuchender von der Beratung oder
Vertretung durch eine Beratungsperson auf eigene Kosten absehen würde. Zum anderen sollen mit der Definition der Erforderlichkeit der Vertretung die persönlichen Fähigkeiten
des Rechtsuchenden ins Verhältnis zu
Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Rechtsangelegenheit gesetzt
werden, damit nur derjenige Beratungshilfe auch für die Vertretung
erhält, der nach der Beratung nicht
in der Lage ist, seine Angelegenheit
selbst in die Hand zu nehmen.
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Die Aufklärungsmöglichkeiten des
Gerichts zu den wirtschaftlichen
und persönlichen Verhältnissen des
Rechtsuchenden sollen - wie bei
der PKH - verbessert werden.
Es wird die Pflicht eingeführt, den
Antrag auf Beratungshilfe vor deren Gewährung zu stellen. Eine
nachträgliche Antragstellung soll
nur noch in Ausnahmefällen innerhalb einer Frist von zwei Wochen
ab Beginn der Beratungshilfetätigkeit möglich bleiben.
Es soll die Möglichkeit geregelt werden, die Bewilligung aufzuheben. U.a.
wird dem Gericht die Möglichkeit
gegeben, die Beratungshilfebewilligung von Amts wegen aufzuheben,
wenn sich herausstellt, dass die Bewilligungsvoraussetzungen anfänglich
nicht vorgelegen haben. Auch kann
eine Aufhebung auf Antrag der Beratungsperson erfolgen, wenn sich die
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Rechtsuchenden nachträglich aufgrund der Beratung oder
Vertretung erheblich verbessern.
In Abkehr vom bisherigen Vergütungsvereinbarungsverbot werden
flexiblere Vergütungsmodelle zugelassen. Neben der Möglichkeit, die
Aufhebung zu beantragen und den
Vergütungsanspruch auf eine Vereinbarung zu stützen, wird eine Verzichtsmöglichkeit (Tätigkeit pro
bono) geschaffen und speziell für
Beratungshilfefälle die Vereinbarung
eines Erfolgshonorars unter erleichterten Voraussetzungen zugelassen.
Das Beratungshilferecht soll für öffentliche Beratungsstellen auch in
anderen Ländern als den Stadtstaaten geöffnet werden (§ 12 Absatz
3 und 4 BerHG-E). Anwaltliche Beratungsstellen sollen in allen Ländern mit Vorrang vor der Beratungshilfe durch einzelne Rechtsanwälte
eingeführt werden können.
Die Beratungshilfe soll künftig in
allen rechtlichen Angelegenheiten,
somit auch den steuerrechtlichen,
erteilt werden können. Die Befugnis zur Erteilung von Beratungshilfe wird über die Anwaltschaft hinaus auf Angehörige der steuer- und
wirtschaftsberatenden Berufe sowie
auf Rentenberater erweitert.
19
SONSTIGE RECHTSBEREICHE
Zuschussrente ab 2013 fraglich
Im letzten SOZIAL INFO 2/2012
(S. 17) hatten wir über die von der
Bundesregierung geplante Rentenreform berichtet. Die ursprünglich für
Mai geplante Kabinettsabstimmung
hat überhaupt nicht stattgefunden. Das
BMAS hat stattdessen sein Konzept
noch einmal überarbeitet und einen
neuen Referentenentwurf (Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Alterssicherung - Alterssicherungsstärkungsgesetz) vorgelegt.
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Kernstück der Reform bleibt der
Vorschlag, Neurentnern ab Juli
2013 die Altersrente auf 850 EUR
aufzustocken. Profitieren können
allerdings bei weitem nicht alle von
Altersarmut Betroffene, sondern
nur diejenigen Rentner, die die sehr
hohen Zusatzvoraussetzungen von
40 Versicherungsjahren und 30
Beitragsjahren nachweisen können. Zu den Versicherungsjahren
zählen außer Beschäftigung auch
Schule, Ausbildung und Studium
sowie Krankheit oder Arbeitslosigkeit und auch Schwangerschaft und
Mutterschutz sowie Zeiten der Leistung freiwilliger Rentenbeiträge,
zum Beispiel bei Selbstständigkeit.
Von diesen Zeiten müssen 30 Jahre auf Beitragsjahre entfallen,wie
Beschäftigung oder versicherungspflichtige selbstständige Tätigkeit,
Wehr-, Zivil- und Freiwilligendienst
oder Zeiten der Kindererziehung
oder Pflege. Ab dem Jahr 2023
werden die erforderlichen Versicherungs- bzw. Beitragsjahre um
weitere 5 Jahre angehoben.
Schließlich ist bei Renteneintritt ab
2019 der Nachweis von 5 Jahren
privater Altersvorsorge erforderlich, um in den Genuss der Zuschussrente zu kommen. Die erforderlichen „Riester-Jahre“ steigen dann jährlich an. Letztendlich
(ab dem Jahr 2049) werden 35
„Riester-Jahre“ erfüllt sein müssen.
In Zusammenhang mit der Zuschussrente ist nun geplant, die Bewertung der Pflichtbeitragszeiten
ab 1992 für diejenigen, die
mindestens ein Jahr Kindererziehung oder Pflege nachweisen können, um 150 % und damit auf das
2,5fache anzuheben. Auch diese
20
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Verbesserung greift aber nur, wenn
die erforderlichen Versicherungsund Beitragsjahre nachgewiesen
werden können.
Anbieter von Riester-Renten sollen
künftig ein Produktinformationsblatt
anbieten, um es den Verbrauchern
zu erleichtern, die Angebote im
Hinblick auf die Chancen und Risiken, die Garantien und besonders
die Kosten zu vergleichen und damit gute von schlechten Angeboten zu unterscheiden.
Schließlich soll der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung zum
01.01.2013 von 19,6 % auf 19,0 %
gesenkt werden. Im Referentenentwurf war diese Beitragssenkung mit
der Zuschussrente verknüpft. Nach koalitionsinternem Streit wurden Zuschussrente und Beitragssenkung aber
wieder entkoppelt. Trotzdem soll aber
die Beitragssenkung in der Rentenversicherung, die normalerweise über
Rechtsverordnung mit Zustimmung des
Bundesrats (§ 160 SGB VI) geregelt
wird, in Gesetzesform vollzogen werden. Für das BMAS bzw. die Bundesregierung hätte dies den Vorteil, dass
die Beitragsanpassung im Rahmen eines nicht zustimmungspflichtigen Gesetzes nicht im Bundesrat scheitern
könnte. Letztlich ist aber die Rentensenkung keine Wohltat der Regierung,
sondern nur eine Detailfrage, denn
eine Senkung ist gesetzlich ohnehin
vorgesehen, weil die sog. Nachhaltigkeitsreserve der Rentenversicherung
zum Jahresende wohl bei fast 29 Mrd.
EUR liegen dürfte. Damit würde die
Reserve mehr als das 1,5fache der
Ausgaben der Rentenversicherung für
einen Monat ausmachen. Und bei
Überschreitung des Grenzwerts besteht bereits eine gesetzliche Verpflichtung, die Beiträge zu senken.
nen, so dass Altersarmut in der Breite
letztlich doch nicht vermieden wird.
Johannes Steffen von der Arbeitnehmerkammer Bremen weist in einem
Aufsatz darauf hin, dass die Bekämpfung der Altersarmut nicht auf dem
Rücken der gesetzlichen Rentenversicherung ausgetragen werden sollte.
Denn diese bekäme ein massives Legitimationsproblem, weil sich das Verhältnis von Beitrag und Leistung für die
Nicht-Zuschussberechtigten drastisch
verschlechtern würde. Der lesenswerte Beitrag findet sich unter
http://snipurl.com/24oloau.
Aber auch innerhalb der Bundesregierung gab es bereits am Tag nach
der Veröffentlichung Widerstand, u.a.
von der F.D.P. und aus CSU-Kreisen.
Klärungsbedarf besteht offenbar auch
noch bei der geplanten «Zwangsrente» für Selbstständige. Erheblicher Diskussionsbedarf besteht noch bei der
Frage, welche Formen der Altersvorsorge anerkannt werden. Außerdem
soll noch das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie abgewartet werden, mit
dem erst Ende September 2012 gerechnet wird.
Alle anderen Änderungen sollen im
Wesentlichen im Juli 2013 in Kraft treten. Ob der nun vorgelegte Entwurf
aber einmal Gesetz werden wird, darf
schon jetzt bezweifelt werden, da nicht
nur Opposition, DGB und Sozialverbände gegen den Entwurf Stellung bezogen haben. Hauptkritikpunkt sind die
hohen Zugangsvoraussetzungen, die
von nur wenigen erfüllt werden könSOZIAL INFO 3/2012
SONSTIGE RECHTSBEREICHE / AKTUELLES
Umsetzung der „Blue Card-Richtlinie“
Am 01.08.2012 ist das „Gesetz
zur Umsetzung der HochqualifiziertenRichtlinie der Europäischen Union“
(HQRLUmsG) in Kraft getreten, mit
dem die Bundesregierung die sogenannte „Blue Card-Richtlinie“ umsetzt.
Mit der „Blue Card-Richtlinie“ (Richtlinie 2009/50/EG des Rates vom
25.05.2009 über die Bedingungen
für die Einreise und den Aufenthalt von
Drittstaatsangehörigen zur Ausübung
einer hochqualifizierten Beschäftigung) wurden die Bedingungen für die
Einreise von hochqualifizierten Drittstaatsangehörigen festgelegt. Drittstaatenangehörige sind Personen, die
nicht Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaates sind. Die „Blaue Karte EU“
regelt die Rechte bezüglich des Aufenthalts sowohl in dem Mitgliedstaat,
der die Blaue Karte EU ausgestellt hat,
als auch in anderen Mitgliedstaaten.
Mit der Einführung der „Blue Card
EU“ wird ein neuer Aufenthaltstitel
nach § 19a Aufenthaltsgesetz eingeführt. Für den Erwerb der „Blue Card
EU“ ist neben einem Hochschulabschluss ein Arbeitsverhältnis erforderlich, mit dem ein Bruttojahresgehalt
von mindestens 44.000 EUR erzielt
wird. Eine Vorrangprüfung und eine
Prüfung vergleichbarer Arbeitsbedingungen durch die Bundesagentur für
Arbeit findet dann nicht mehr statt.
Für Hochqualifizierte in festgelegten Mangelberufen (Ingenieure, akademische und vergleichbare Fachkräfte der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Ärzte) gilt
eine Gehaltsgrenze von z.Z. 34.944
EUR. Auch hier wird auf die Vorrangprüfung verzichtet, eine Prüfung der
Vergleichbarkeit der Arbeitsbedingungen findet jedoch statt.
Nach 18 Monaten ermöglicht die
Blue Card, in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union umzuziehen und dort zu arbeiten, wenn
auch dort die Voraussetzungen nach
der EU-Richtlinie 2009/50/EG erfüllt
sind.
Ehegatten, Lebenspartner und Kinder von Personen, die eine Blaue Karte EU besitzen, dürfen nach Deutschland mit einreisen bzw. nachziehen.
Sie brauchen keine Kenntnisse der
deutschen Sprache nachzuweisen.
Ehegatten und Lebenspartner sind
darüber hinaus unmittelbar nach ihrer Einreise zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt (§ 29 Abs. 5
Nr. 2 Aufenthaltsgesetz).
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Absolventen deutscher Hochschulen können neben dem Studium
künftig 120 ganze beziehungsweise 240 halbe Tage arbeiten.
Bislang waren 90 ganze beziehungsweise 180 halbe Tage erlaubt.
Absolventen deutscher Hochschulen haben künftig 18 statt bislang
12 Monate Zeit, einen angemessen Arbeitsplatz zu suchen. Absolventen von Berufsausbildungen erhalten ein Jahr Zeit, um einen angemessen Arbeitsplatz zu finden.
Beide Gruppen dürfen in dieser
Suchphase uneingeschränkt arbeiten.
Absolventinnen und Absolventen
deutscher Hochschulen erhalten einen
leichteren Zugang zu einer (unbefristete) Niederlassungserlaubnis.
Das Gesetz sieht noch einige andere Erleichterungen in Zusammenhang mit der Fachkräftemigration vor.
Dazu gehört u.a.:
Deutscher Städte- und Gemeindebund fordert
Agenda 2020!
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) fordert die Bundesregierung auf, noch in dieser Legislaturperiode eine unabhängige Sachverständigenkommission zur Reform der sozialen Leistungen einzusetzen. In einer
Presserklärung fordert der DStGB „eine
grundlegende Reform des Sozialstaates, weil in einer alternden Gesellschaft
nicht immer weniger Junge für immer
mehr Ältere auch noch bessere Sozialleistungen erwirtschaften können“.
Unter anderem soll
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die Eingliederungshilfe für Behinderte reformiert und in ein Bundesleistungsgesetz überführt werden,
SOZIAL INFO 3/2012
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„der große Strauß sozialer Leistungen“
neu geordnet, auf die wirklich Bedürftigen konzentriert, entbürokratisiert
und transparent gestaltet werden,
die Eigenverantwortung und Eigenvorsorge gestärkt werden und
es einen Vorrang für Investitionen,
zum Beispiel in Bildung, vor höheren Transferleistungen geben.
Als Vorbilder werden die „Hartz
IV-Kommission“ und die „SüssmuthKommission“ zur Novellierung des Zuwanderungsrechts gesehen. Die „Resolution Agenda 2020“ ist im Internet
veröffentlicht unter
IMPRESSUM:
SOZIAL INFO 3/2012
Herausgeber: ArbeitslosenZentrum Düsseldorf eine Einrichtung der Zukunftswerkstatt Düsseldorf GmbH
Bolker Str. 14/16, 40213 Düsseldorf
Tel: 0211 / 828 949 0 Fax: 0211 / 828 949 29
E-Mail: azd@zwd.de
http://www.zwd.de/azd
Redaktion und Gestaltung:
Petra Jungen, Jürgen Lies
Namentlich gekennzeichnete
Beiträge liegen nicht in der
Verantwortung der Redaktion.
Erscheinungsweise: 4 mal jährlich
Preis: 20,- € incl. Porto/Verpackung/MwST
Bankverbindung: Stadtsparkasse Düsseldorf,
Konto-Nr.: 14007157,
BLZ: 30050110
Druck: Ordensgemeinschaft - Beschäftigungshilfe
Tel.: 0211 / 44 93 98 70
21
ANALYSEN
IAB-Forschungsbericht 11/2012:
Übergänge von ALG-II-Beziehern in die erste Sanktion
(Joachim Wolff / Andreas Moczall)
Arbeitslosengeld-II-Beziehende, die
ohne wichtigen Grund nicht mit den Jobcentern kooperieren oder sich nicht hinreichend darum bemühen, eine Erwerbsarbeit oder Ausbildung aufzunehmen,
müssen mit Sanktionen als Kürzungen
ihrer Arbeitslosengeld- II-Leistungen für
eine Dauer von drei Monaten rechnen.
Dieser Bericht stellt erstens die Ausgestaltung der Sanktionsregeln und ihre
Änderungen seit der Einführung des Sozialgesetzbuches II dar. Zweitens wird
differenziert nach verschiedenen Personengruppen beschrieben, wie rasch sie
nach ihrem Eintritt in den Arbeitslosengeld-II-Bezug erstmals sanktioniert wer-
den. Die Analysen erfolgen getrennt nach
Geschlecht und nach den Regionen
West- und Ostdeutschland. Es wird zudem
untersucht, inwieweit die Übergangsraten nach Alter, höchsten Schulabschluss,
Nationalität und unterschiedlichen familiären Gegebenheiten der Leistungsbezieher variieren.
Die Befunde verdeutlichen, dass in
allen untersuchten Personengruppen
Männer weit häufiger als Frauen von
Sanktionen betroffen sind. Ältere ab 50
Jahren werden kaum sanktioniert, während Jüngere unter 25 Jahren sehr
häufig sanktioniert werden. Dies ist auf
die besondere Konzentration von Aktivierungsbemühungen auf diese junge
Altersgruppe zurückzuführen. Ein hoher Schulabschluss ist mit einer sehr
geringen Sanktionswahrscheinlichkeit
verbunden. Die Sanktionsraten der
untersuchten Mütter von Kindern im
Alter von unter drei Jahren sind sehr
niedrig, da ALG-II-Beziehende wegen
der Betreuung von Kleinkindern nicht
der Vermittlung zur Verfügung stehen
müssen.
Kostenloser Download unter:
http://snipurl.com/2518dwa
IAB-Kurzbericht 9/2012:
Arbeitsgelegenheiten im SGB II:
Zwei Varianten mit unterschiedlicher Wirkung
(Katrin Hohmeyer / Joachim Wolff)
Arbeitsgelegenheiten sollen arbeitsmarktferne Arbeitslosengeld-II-Beziehende wieder an den Arbeitsmarkt
heranführen. Wie sie tatsächlich auf
die Beschäftigungschancen der Geförderten wirken, zeigt die Studie für die
zwei unterschiedlich ausgestalteten
Varianten des Instruments. Die Effekte der Mehraufwandsvariante (EinEuro-Jobs) und die der Entgeltvariante werden für verschiedene Personengruppen untersucht und verglichen.
Ein-Euro-Jobs können mittelfristig
die Beschäftigungs-Chancen von Alg
II-Beziehenden steigern. Deutlich höher waren aber die Beschäftigungseffekte der Arbeitsgelegenheiten in
der Entgeltvariante. Diese brachten
schnellere und größere Eingliederungserfolge als die Ein-Euro-Jobs.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse,
dass sowohl die Teilnehmerauswahl als
auch die Maßnahmegestaltung für die
Effektivität der Förderung wichtig sind.
22
An beiden Stellen gibt es Veränderungen durch das 2012 in Kraft getretene „Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“. Die „Förderung von Arbeitsverhältnissen“ (§ 16e SGB II) ersetzt
die Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante und den Beschäftigungszuschuss. Die Ein-Euro- Jobs bestehen
in veränderter Form weiter.
Der Teilnehmerkreis wird für beide Förderungen eingeschränkt, indem
erwerbsfähige Leistungsberechtigte innerhalb von fünf Jahren nur insgesamt 24 Monate in solchen Jobs gefördert werden. Die Förderzahlen
waren schon im Jahr 2011 stark rückläufig und werden voraussichtlich weiter zurückgehen, auch in Relation zum
Bestand der förderfähigen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten.
Die Förderung von Arbeitsverhältnissen richtet sich darüber hinaus ähnlich wie der Beschäftigungszu-
schuss vorher, aber anders als die Entgeltvariante - stärker an einen sehr
schwer vermittelbaren Personenkreis:
Die Förderung setzt voraus, dass
Teilnehmer langzeitarbeitslos sind und
mindestens zwei weitere in ihrer Person liegende Vermittlungshemmnisse
aufweisen. Zudem müssen sie vorher
mindestens für sechs Monate eine verstärkte vermittlerische Unterstützung
erhalten haben, nach der eine Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt - auch während der Förderung - aussichtslos erscheint.
Für Ein-Euro-Jobs gilt nun, dass
Unter-25-Jährige nicht mehr unmittelbar nach Antragstellung auf SGBII-Leistungen in Arbeitsgelegenheiten
vermittelt werden müssen, soweit sich
keine Ausbildung oder Arbeit für sie
finden lässt.
Download unter:
http://snipurl.com/2518mxr
SOZIAL INFO 3/2012
REZENSIONEN / LITERATURTIPPS / LINKS
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flateratefähig und von montags bis donnerstags zwischen 8.00 und 20.00 Uhr erreichbar.
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Rente
030 221 911 001
Unfallversicherung/Ehrenamt
030 221 911 002
Arbeitsmarktpolitik und -förderung
030 221 911 003
Arbeitsrecht
030 221 911 004
Teilzeit, Altersteilzeit, Minijobs
030 221 911 005
Infos für Menschen mit Behinderungen
030 221 911 006
Europäischer Sozialfonds/Soziales Europa 030 221 911 007
Mitarbeiterkapitalbeteiligung
030 221 911 008
Informationen zum Bildungspaket
030 221 911 009
Gehörlosen-/Hörgeschädigten-Service - info.gehoerlos@bmas.bund.de
Schreibtelefon
030 221 911 016
Fax
030 221 911 017
Gebärdentelefon - gebaerdentelefon@sip.bmas.buergerservice-bund.de
SOZIAL INFO 3/2012
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EINRICHTUNGEN STELLEN SICH VOR
30 Jahre von und für Frauen
Die Frauenberatungsstelle ist ein gemeinnützigerund mildtätiger Verein
, der konfessionell und
ungebunden ist. Die Angebote richten sich an alle Frauen, insbesondere wenn sie
Gewalt erlebt haben.
Allgegenwärtig gibt es Angriffe auf die Würde, die körperliche Unversehrtheit und das Leben von Frauen. Oft variieren die Formen der Gewalt je nach Alter, kultureller Herkunft, körperlicher bzw. psychischer Behinderung und/oder geschlechtlicher Orientierung. Das Erleben und der Umgang mit dieser
Gewalt sind subjektiv und somit unterschiedlich. Objektiv ist jedoch die Beeinträchtigung des alltäglichen Lebens der (betroffenen) Frauen durch die Gewalt. Objektiv bleibt auch das Bedürfnis aller Opfer
nach adäquater, d.h. parteilicher und vor allem würdevoller Unterstützung.
parteipolitisch
Die Frauenberatungsstelle bietet individuelle Beratung und Unterstützung, Krisenintervention, Selbsthilfe- und angeleitete Gruppen sowie Bildungsangebote an. Ebenfalls gehören MultiplikatorInnenarbeit,
Koordination von und Mitarbeit bei Arbeitskreisen/Netzwerken, Präventions- und Aufklärungsveranstaltungen etc. zu den Aufgabenfeldern des multiprofessionelle
n und mulitkulturellen Teams von
Fachberaterinnen.
Die Räumlichkeiten sind barrierefrei und exklusiv für Frauen.
Persönliche Beratung ist nach Absprache (auch kurzfristig) möglich. Die Beratung ist
kostenfrei, die Beraterinnen unterliegen der Schweigepflicht
.
Neben der allgemeinen
anonym
und
gibt es spezialisierte Angebote für:
Frauenberatung/Clearingstelle
x
vergewaltigte Frauen
,
x
Frauen, die in ihrer Kindheit sexualisierte Gewalt erlebt haben
,
x
Frauen in Gewaltbeziehung
,
x
Opfer von Frauenhandel
und
x
Lesben
±
±
Telefonische Beratung (0211 68 68 54)
Frauen-Krisentelefon (0211 68 68 54)
± 22
Täglich von 10
±
Montag und Mittwoch: 14 18 Uhr
Uhr
±
Dienstag, Donnerstag und Freitag: 10 14 Uhr
Seit dem 1. April 2012 gibt es die Interventionsstelle gegen
Häusliche Gewalt als Projekt der frauenberatungsstelle
düsseldorf e.V..
Hier erhalten alle Opfer von Häuslicher Gewalt zeitnahe
psycho-soziale Hilfen nach einem entsprechenden Polizeieinsatz.
Außer der öffentlichen Förderung ist die Arbeit, vor allem die Projektarbeit, von Spenden und Bußgeldern abhängig.
Spendenkonto: Postbank s
Esen, Nr. 7629 431, BLZ 360 100 43
frauenberatungsstelle düsseldorf e.V.
Ackerstraße 144 (im Hof), 40233 Düsseldorf 0211
24
± 68 68 54
www.frauenberatungsstelle.de
SOZIAL INFO 3/2012