DOWNLOAD MAGAZIN Z Ausgabe Mai 2016

Transcription

DOWNLOAD MAGAZIN Z Ausgabe Mai 2016
DIE SUBSTANZ DES STILS
Interior Design 2016
7
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ZU TISCH BESUCH VON CH A RLIE CH A P LIN
ZENIT HOL Z IS T HIP
DESTINATION DISKOBUCH T, GRÖNL A ND
STADT-DESTILLAT T EL AV I V- JA F FA
ZEUG GESICH TSM ASK EN
HINTERGRUND DIMORE S T UDIO F ÜR F ENDI
IM GESPRÄCH PAT RICI A URQUIOL A
ZÄSUR MEINUNGEN UND BEOBACH T UNGEN
Charakterstücke
FA RBV E RL ÄUF E , N Ä H T E , W INK E L UND
PROPOR T IONEN – DE TA IL S M ACHEN EIN
MÖBE L UN V E R W ECHSE L B A R
Seite 2 6
MAI 2016
38
40
44
49
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DER CHANEL MOMENT
www.chanel.com
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p.c. studio - photo tommaso sartori
MAXALTO IST EINE MARKE VON B&B ITALIA. KOLLEKTION VON ANTONIO CITTERIO KOORDINIERT. WWW.MAXALTO.IT
AGENTUR EINRICHTER MARCO LUTZ - T. +41 44 970 25 10 - MARCO.LUTZ@EINRICHTER.CH
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7
ZEUG
Maskiert
E I N E G E S I C H T S M A S K E I S T W E I T M E H R A L S N U R E I N S C H N Ö D E S P F L E G E P R O D U K T.
S I E I S T E IN E M Ö G L I C H K E I T, D E N A N F O R D E R U N G E N D E R W E LT F Ü R K U R Z E Z E I T Z U E N T R IN N E N
Tex t M A L E N A R U D E R
N OC H
MEHR
MASKE
Sensai: Die «Cellular
Performance Lifting
Radiance 3D Mask»
pflegt den Hals gleich mit.
Nuxe: Pigmentflecken
wirkt die «Splendieuse»Maske entgegen.
Dior: Entwässern
und straffen mit der
«Satin Revitalizing
Firming Mask».
F o t o J O N A S M A R GU E T
Die Gesichtsmaske hat innerhalb der breiten
Palette an Pflegeprodukten eine besondere Position
inne. Mit einer solchen Beauty-Behandlung zieht
man sich heraus aus dem Alltag, weil man das
Gesicht, das man der Welt sonst zeigt, verdeckt, man
verfremdet es, versteckt sich – nicht umsonst ist die
mit einer Gesichtsmaske hässlich oder unkenntlich
gemachte Frau ein gern anzutreffendes Motiv in
genderdiskutablen Film- und Comicproduktionen.
Mit traditionellen Quark- und GurkenscheibenAufstrich haben die heutigen Masken nichts mehr
Estée Lauder
gemein. So erinnert die «Advanced Night Repair
Concentrated Recovery Powerfoil Mask» von Estée
Lauder viel eher an eine Ritterrüstung denn an
etwas, das man zur Not auch essen könnte. Sie ist
ein mit Wirkstoffen vollgepumpter Schutzschild
für gestresste Frauen, hinter dem sie nach 10 Minuten
Einwirkzeit äusserlich verschönert und hoffentlich
innerlich erholt wieder auftauchen.
«Advanced Night Repair Concentrated Recovery
Powerfoil Mask» (vier Stück für 120 Fr.), von Estée Lauder
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Escale Time Zone.
Z
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INTERIOR DESIGN
INHALT
Seite 14, Produkte:
Edle Rucksäcke.
Seite 44, Destination: Spärliche
Zivilisation und überwältigende Natur
in Grönland.
Seite 24, Im Gespräch: Designerin
Patricia Urquiola.
4 4 — DE S T IN AT ION
Diskobucht
Im Westen Grönlands trifft man auf Gletscher,
Fischkutter und Schlittenhunde. Und ab und an
auch auf einen der wenigen Insulaner
ZÄSUR
ZEITGEIST
2 7— BA RBA R A V INK EN / BICE CURIGER
2 8 — RICH A RD K ÄGI / M A L EN A RUDER
2 9 — M AT EO K RIE S / BE T T IN A KÖHL ER
3 0 — SA R A H IL L ENBERGER
4 9 — S TA D T- DE S T IL L AT
Tel Aviv-Jaffa
Wo einst das Rotlicht und der Drogenhandel
zu Hause waren, blüht heute die kreative Szene.
Ein Streifzug durch Süd-Tel-Aviv und Jaffa
10 — NEUE S AUS DER SCH W EIZ
13 — NEUE S AUS DER W ELT
14 — PRODUK T E
16 — SCHÖNHEI T
2 0 — HIN T E R GRUND
Eklektische Eleganz
Das Designer-Duo Dimore Studio mischt bei
seinen Interieurs gekonnt Stile, Epochen und
Materialien. Ein Besuch im Palazzo Fendi
ZUGABE
2 4 — IM GE SP R ÄCH
5 2 — IMPRE SSUM / BE ZUGSQ UEL L EN
5 3 — ZU TAT
5 4 — Z I TAT
Patricia Urquiola
Die spanische Architektin und Designerin
über die italienische Möbelindustrie,
seelischen Trost und einen Tag auf dem Sofa
Seite 26, Im Bilde: Möbel und
Wohnaccessoires (Informationen
zum Bild auf Seite 36).
2 6 — IM BIL DE
Detailansicht
Manche Einrichtungsgegenstände entblössen
auf den zweiten Blick ungeahnte Finessen
FOTOS: DOUGLAS MANDRY, NICOLE BACHMANN, FRANÇOISE SALAMÍ, PD
3 8 — Z U T ISCH
Charlie Chaplin
Der Schauspieler liebte den Anblick
schwangerer Frauen und zeugte elf Kinder
4 0 — Z E NI T
Aus den Wäldern
Holz steht für Natürlichkeit und Tradition,
ist aber auch ein vielschichtiger Werkstoff mit
hohen ästhetischen Qualitäten
Seite 20, Hintergrund: Emiliano
Salci (links) und Britt Moran
sind Dimore Studio.
Mai 2016
Seite 40, Zenit: Organische Form,
computergesteuerte Verarbeitung
– Holzstuhl «Osso» von Ronan und
Erwan Bouroullec für Mattiazzi.
10
Z
ZEITGEIST
NEUES AUS DER SCH W EIZ
ACCESSOIRES
DESIGN
Mach es wie die Orangen
Kultureller Austausch
Als Kind mögen sich einige so wie die
Schreibende gefragt haben, was wohl
das Besondere an den mit buntem Papier umwickelten Orangen sein mag.
Im Internet findet man heute die Antwort: Ursprünglich sollte die Verpackung Fäulnisansteckung in den Kisten verhindern, bald diente sie aber
mehr der Schönheit – und als Sammelobjekt. Die Zürcher Seidendruckerei
Fabric Frontline hat nun das Foulard
«Tarocco» kreiert, welches den Druck
eines solchen Papierchens aufnimmt
und so auch Menschen die Chance
gibt, sich ebenso hübsch wie die Südfrüchte einzuwickeln. (rud.)
Seit 400 Jahren lebt man in der japanischen Stadt Arita von der Porzellanherstellung – jedoch nicht mehr so gut
wie noch im 17. Jahrhundert. In den
letzten Jahren mussten aufgrund konjunktureller Schwankungen viele Töpfereien ihre Tore schliessen. Um dem
Verlust des lokalen Handwerks entgegenzuwirken, hat die zuständige Präfektur ein Projekt ins Leben gerufen,
bei dem 16 internationale Gestalter
mit Produzenten aus Arita zusammenarbeiten – unter ihnen auch das Zürcher Duo Kueng Caputo. Die Resultate
sind umwerfend und bald auch in der
Schweiz erhältlich. (das.)
fabricfrontline.ch
Gesichtsspray «Rose» (ab 18 Fr.),
von Idil Botanicals.
BEAUTY
Regionale Naturkosmetik
Letzigraben 156, Zürich
Neben Vintagemöbeln, Heimtextilien
und Wohnaccessoires hat der Concept-Store Idil neu auch die vegane
Naturkosmetiklinie «Idil Botanicals»
im Angebot. Die Öle und Sprays für
Gesicht und Körper sowie Masken
wurden alle von Ladenbesitzerin
Nazan Schnapp kreiert und sind im
Shop oder online erhältlich. (rud.)
2016arita.com
idilbotanicals.com
MODE
Foulard «Tarocco», Seiden-Twill
(330 Fr.), von Fabric Frontline.
Genfer Fingerring mit Uhr, um 1790,
an der Basler Schau «Watch This!».
AUSSTELLUNG
Genfer Uhren am Rhein
Museum für Geschichte, Basel,
bis 28. August 2016
Das 200-Jahre-Jubiläum des Kantons
Genf lässt auch Basel nicht kalt. Eine
Ausstellung im Museum für Geschichte huldigt der Rhonestadt zumindest
im Kleinen: mit Uhren aus dem 17. bis
19. Jahrhundert. Anhand von 65 Exponaten und an Multimedia-Stationen
erfahren Besucher viel über die Kunstfertigkeit in der Zunft, das technische
Raffinement und die Formenvielfalt
von Uhren vergangener Epochen –
eine spannende Zeitreise. (fzo.)
hmb.ch/museum-geschichte
HOTEL
Slow Fashion für den Pool
Beitrag von Kueng Caputo zur
Kollektion «2016/» von Arita.
SHOP
The View
Via Guidino 29, Lugano Paradiso
In alter Frische
Bucherer in neuem Kleid
Seit der Gründung von Bucherer 1888
steht das Stammhaus des Familienunternehmens am Schwanenplatz.
Nach 18 Monaten Rundumerneuerung
wird die Schmuck- und Uhrenauswahl,
darunter das grösste Rolex-Angebot
der Schweiz, jetzt in warmem, hellem
Ambiente präsentiert. (rud.)
bucherer.com
Collier, 18 K Roségold, 3 AkoyaPerlen (950 Fr.), von Bucherer.
Neckholder-Badeanzug (270 Fr.),
von Nathalie Schweizer.
Viele Entwürfe von Schweizer Designern lassen sich in die Kategorie
«Slow Fashion» einordnen: Fair produziert in der Region oder im nahen
Ausland, zeichnen sie sich durch ihre
optische und technische Langlebigkeit
aus. Nathalie Schweizers schön gemachte, tragbare Bademode etwa wird
in Zürich entworfen und in Italien produziert. In ihr macht man nicht nur in
dieser, sondern auch in den nächsten
Saisons eine gute Figur. (kid.)
nathalieschweizer.ch
Das Sprichwort «Was lange währt,
wird endlich gut» ist im vorliegenden
Fall nicht angebracht. Denn der Sessel
«Take a Line for a Walk» von Alfredo
Häberli war schon gut, als er ihn 2003
für Moroso entworfen hat. Dennoch
lancieren der Schweizer Designer und
der italienische Möbelproduzent neue
Versionen des Sitzmöbels, die nicht
minder überzeugen. (das.)
moroso.it
Sessel «Take a Line for a Walk»,
2016, Alfredo Häberli für Moroso.
Mai 2016
Junior-Suite (ab 680 Fr.
pro Nacht) mit Aussicht.
Hoch über Lugano thront das frisch
eröffnete Fünf-Sterne-Hotel The View.
Und weil ein schöner Seeblick nur die
halbe Miete ist, residiert der Gast in
einer von 16 Junior-Suiten (oder Suiten mit Butler-Service), deren Interieurs mit dem Stil einer Luxusjacht
spielen. Hier stimmt vieles, 700 Quadratmeter Spa, Mailänder Spitzenküche – nur das puristische Frühstück
will dem Ortsteil Paradiso, wo das
Hotel liegt, nicht entsprechen. (fzo.)
theviewlugano.com
FOTOS: ANJA WURM, PD
Schwanenplatz 5, Luzern
SCHAFFHAUSEN
AIR SHOW.
Join the conversation on
#B_Original.
Big Pilot’s Watch TOP GUN.
Ref. 5020: Das Können eines Jet-Piloten zeigt
sich besonders bei einer Flugshow – während
tausende Blicke seine Manöver verfolgen. Gleiches gilt für diese Uhr. Auch sie zeigt bei genauer Betrachtung besondere Qualitäten: Das
extrem robuste, 46 Millimeter messende Keramikgehäuse überzeugt mit höchster Kratzfestigkeit, während das aus 311 Komponenten
bestehende IWC-Manufakturkaliber 51111 zuverlässig Energie für sieben Tage Gangdauer
bereitstellt. So ist diese Uhr ein Ausnahmekönner, der sowohl über den Wolken als auch am
Handgelenk mit atemberaubenden Fertigkeiten
IWC . E N G I N E E R E D FO R M E N .
fasziniert.
Mechanisches Uhrwerk, Automatischer Pellaton-Aufzug,
Manufakturkaliber 51111, Gangreserve nach Vollaufzug 7 Tage,
Stoppvorrichtung, Verschraubte Krone, Saphirglas, gewölbt,
Gangreserveanzeige, Datumsanzeige, Zentrumsekunde mit
beidseitig entspiegelt, Wasserdicht 6 bar, Durchmesser 46 mm
IWC Schaffhausen Boutique Zürich
Bahnhofstrasse 61, 8001 Zürich
Tel. 044 211 00 55
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SOFT DREAM SECTIONAL SOFA
design by Antonio Citterio
FLEXFORM
www.flexform.it
Z
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ZEITGEIST
NEUES AUS DER W ELT
Zusammenarbeit mit renommierten
Gestaltern wie etwa Patricia Urquiola,
Jasper Morrison, Hella Jongerius oder
Ronan und Erwan Bouroullec entsteht. Produziert werden deren Entwürfe 45 Kilometer ausserhalb von
Barcelona – bei Sonnenschein. (das.)
DESIGN
Adel verpflichtet
HOTEL
Generator
Mauritskade 57, Amsterdam
Fedora «Duke Rix» (etwa 130 Fr.),
von Mühlbauer.
ACCESSOIRES
Genetisch gesehen hatte er keine
Wahl: Alessandro Sarfatti, der das
junge Leuchten-Label Astep aus der
Taufe gehoben hat, ist der Sohn der
Gründer von Luceplan und der Enkel
von Gino Sarfatti, der als einer der bedeutendsten Lampen-Gestalter überhaupt gilt. Und seine Arbeit überzeugt:
Die LED-Leuchte «Candela» von Francisco Gomez Paz wird mit Bioethanol
betrieben, wobei aus der Flamme
Elektrizität generiert wird. (das.)
kettal.com
Chinesen von Welt
astep.design
Eingeweihte nennen sie «Gen»: Die
Hostels der Kette «Generator» mit
Lokalitäten in Paris, Venedig oder
Hamburg und jetzt auch im trendigen
Osten Amsterdams. Wobei «Hostel» in
diesem Falle klar zu kurz greift. Das
Ambiente im hundertjährigen Backsteingebäude, in dem einst das Wissenschaftsdepartement der Uni angesiedelt war, ist unvergleichlich: Der
Hörsaal wurde zur Chill-out-Lounge,
in der ehemaligen Bibliothek finden
neu Privatanlässe statt, und im Heizkeller gibt es eine «geheime» Bar. Die
maximal 564 Gäste freut es. (ols.)
generatorhostels.com
Subtile Extravaganz
Die österreichische Hut-Manufaktur
Mühlbauer, nach wie vor stationiert in
Wiens Innenstadt, versorgt schon seit
ihrer Gründung 1903 internationale
Köpfe mit klassischen oder ausgefallenen Hüten. Die aktuelle Sommerkollektion «Easy Metal» bedient beide
Bedürfnisse, wenn auch extravagantere Gemüter zugegebenermassen nur
beim ganz genauen Hinsehen befriedigt werden: Einige der schlicht anmutenden Modelle aus Schilf, Stroh
und Jute sind mit leicht metallischem
Glanz versehen. (rud.)
«Valet», von Stellar Works.
Leuchte «Candela», von Francisco
Gomez Paz für Astep.
Zu Hause ist Stellar Works zwar in
Hongkong, aber gearbeitet wird beim
Möbelproduzenten sehr international:
Zu den Handwerkern aus Schanghai
gesellen sich Techniker aus Frankreich und Japan sowie Gestalter aus
aller Welt. Für die «Valet Collection»
hat man sich mit dem New Yorker Architekten David Rockwell zusammengetan und Mobiliar entworfen, das in
Peking wie Paris begeistert. (das.)
Fünfzig Jahre an der frischen Luft
Dover Street Market
Es gibt bestimmt weniger lukrative
Märkte für Gartenstühle als Spanien.
Doch mit gutem Wetter allein lässt
sich noch lange kein Outdoor-MöbelUnternehmen aufbauen und über
fünfzig Jahre erfolgreich unterhalten.
Vielmehr setzt Kettal seit 1966 auf
qualitativ hochwertiges Mobiliar und
eine klare Formensprache, die in
18–22 Haymarket, SW1Y 4DG London
SCHMUCK
Traumfänger
FOTOS: PD
Der berühmte, in London von der
japanischen Marke Comme des Garçons gegründete Concept-Store Dover
Street Market ist bekannt für clusterartig angelegte Modewelten, welche
Universen spannender Kreateure
präsentieren. Nach Ablegern in Tokio,
Peking und New York ist das Mutterhaus selbst umgezogen: von der Dover
Street in ein grösseres Gebäude im
Haymarket-Quartier. (kid.)
doverstreetmarket.com
Sneaker, Leder (425 Fr.),
von Salvatore Ferragamo.
Schnürsenkel sind so etwas von 2015
– der eilige Mensch von heute schlüpft
in Slip-on-Sneakers. Diese Saison
sind die praktischen Schuhe ein grosses Modethema. Besonders edel ist
das aus verschiedenfarbigem Leder
geflochtene Herren-Modell des Florentiner Traditionshauses Salvatore
Ferragamo. (rud.)
ferragamo.com
SHOP
stellarworks.com
muehlbauer.at
Schnelle Sache
Café im Amsterdamer «Gen»-Hostel.
«Crystal Jellies», Kristallglas,
Silber (je 320 Fr.), von Lobmeyr.
Die «Crystal Jellies» von Lobmeyr,
edle, von Hand geschliffene und
polierte Kristallglas-Anhänger mit
kaleidoskopischen Effekten, sind von
Lüstern inspiriert und in Zürich etwa
bei Limited Stock erhältlich. (kid.)
Gartenstuhl «Stampa», von Ronan
und Erwan Bouroullec für Kettal.
Mai 2016
lobmeyr.at
Die Taschenabteilung des neuen
Dover Street Market in London.
ZEITGEIST
14
Z
RÜCKENDECK UNG
« S P O R T S W E A R D E L U X E » H AT D E R M Ä N N E R M O D E Z U A N H A LT E N D E M A U F S C H W U N G V E R H O L F E N .
IN DE R E DE L-V E R S IO N S IN D NIC H T N U R S N E A K E R S H E I S S B E GE H R T, S ON DE R N A U C H S P O R T I V E R U C K S Ä C K E
Re dak tion K I M DA N G
F o t o s D O U G L A S M A N DR Y
A
Gipfelstürmer
Das 1896 eingeführte
«Monogram»-Canvas
von Louis Vuitton in
der «Ultralight»Version für Herren,
weich und faltbar.
Rucksack, Canvas
(1960 Fr.), von
Louis Vuitton
B
Streiflicht
Seit 2008 kreiert
Givenchy-Kreativchef
Riccardo Tisci auch
Männermode: Edle
Streetwear, die von
Fans wie etwa Kanye
West geliebt wird.
«Rider Backpack»,
Nylon (etwa
1300 Fr.),
von Givenchy
D
Neo-Klassiker
Schlicht im Schnitt,
aber aus bestem
Leder und «made
in Italy».
C
Softie
Bei Bottega Veneta
zählt das Austüfteln
neuer Techniken in
der Lederverarbeitung
zur Markenkultur.
Was hier wie Nylon
aussieht, ist echtes
Kalbsleder.
Rucksack,
Hirschleder
(1340 Fr.),
von Tod’s
Rucksack,
gequiltetes
Kalbsleder
(3530 Fr.), von
Bottega Veneta
Produkte
Boutique Jaeger-leCoultre
Bahnhofstrasse 32, Zürich
Rendez-Vous Moon
Carmen Chaplin, Schauspielerin und Regisseu
urin
Open a whole new world
ZEITGEIST
16
Z
Äussere Werte
In welcher Branche könnte wohl das Aussehen wichtiger sein als in der Kosmetikindustrie? Gerade
Parfumflakons sind oft wahre Kunstwerke. Häufig steckt ein bekannter Name hinter dem Design der Flasche
Tex t M A L E N A R U D E R
1
Helvetisch
Das Kollektiv
«Atelier Oï» aus
La Neuveville
kreierte diese
neu interpretierte
Amphore.
«Le Gemme
Imperiali
– Splendia»,
EdP, 350 Fr.,
von Bulgari
2
Il lus t r a t i o n A L I C E T Y E
Vielseitig
Industriedesigner
Yves Béhar, auch
ein Schweizer,
schuf neben
Flakons die
neuen RivellaFlaschen.
«Luna Rossa
Eau Sport»,
EdT, ab 96 Fr.,
von Prada
«Deluxe-Gesichtsbehandlung» von Cellcosmet
Das Kosmetikangebot in Apotheken nimmt zu, fühlt man sich doch
weniger hedonistisch denn gesundheitsbewusst, wenn man ein
solches in Anspruch nimmt. Selbst wenn es zwei Stunden dauert –
so lange wird man während der «Deluxe-Gesichtsbehandlung»
von der Schweizer Marke Cellcosmet verwöhnt. Hauptsächlich
zumindest, das Ausreinigen der Haut ist wie immer weniger
angenehm. Sonst aber geniesst man das wechselnde Auftragen von
auf den Hauttyp abgestimmten Peelings, Tonics, Masken und die
Kalt-warm-Kompressen in bester Kneippscher Manier. Besonders
hervorzuheben: die Augenbehandlung «Cellective Pro Collagen
Eye». In den Einwirk-Pausen gibt es eine Hand- und Fussmassage.
Der Lohn dieser «Mühen» ist ein strahlender Teint.
Behandlung «Swiss Deluxe» (120 min 290 Fr.), von Cellcosmet,
Toppharm-Apotheke am Paradeplatz, Poststrasse 6, Zürich
Schönheit
3
Erfolgreich
Der Deutsche
Peter Schmidt
entwarf den
Flakon für
den HerrenVerkaufsschlager.
«Cool Water –
Exotic Summer
Edition», EdT,
45 Fr., von
Davidoff
4
Ikonisch
Eine Frau mit
Massai-Ketten
inspirierte den
französischen
Designer Hervé
van der Straeten.
«J’adore –
Eau Lumière»,
EdT, ab
110 Fr.,
von Dior
Wie riecht denn das?
«Das macht Appetit auf etwas Süsses.» – «Zuerst sehr
schwer. Aber ganz, ganz weit hinten rieche ich auch etwas
Frisches. Und Hölzer.» – «Neulich in der Oper.» – «Angel
von Thierry Mugler.» – «Zu Besuch in einem Cabaret
in St. Petersburg.» – «Vanille und Caramel.» – «Ein Tag
auf der Chilbi, und die Zuckerwatte wäre um ein Haar
angebrannt.» – «Wenn das eine Blume wäre, dann eine
Orchidee.» – «Türkischer Honig und Wassermelonenglace.»
«Angel Muse», Eau de Parfum (78 Fr. für 50 ml),
Gourmand-Vetiver, Kopfnote: Grapefruit, rote Beeren,
Herznote: Haselnusscrème, Basisnote: Vetiver,
Patschuli, von Mugler
LEGENDS LIVE FOREVER
EL PRIMERO
I Chronomaster 1969
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www.zenith-watches.com
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IM PORTRÄT
Z
19
B&B Italia
N A C H D E M E R E IN N E U E S P R O D U K T IO N S V E R F A H R E N E N T W I C K E LT H AT T E , G R Ü N D E T E
P I E R O A M B R O GI O B U S N E L L I V O R F Ü N F Z I G J A H R E N E IN U N T E R N E H M E N , D A S I N DI E D E S I GN - G E S C H I C H T E E IN GI N G .
DAS ENT WICK LUNGSL ABOR IS T SEINEM SOHN ABER EBENSO W ICHTIG W IE DAS FIRMENA RCHIV
Tex t DAV I D S T R E I F F C O R T I
FIRMENNAME
B & B I TA L I A – DA S U N T E R N E H M E N
Gr ünder
CEO
P I E R O A M BR O GI O B U S N E L L I
GI O R GI O BU SN E L L I
Geschäf t s felder
Mar ken
M i t ar bei t er
19 6 6
500
DESIGNPRO JEK T E , MÖBEL UND ACCESSOIRES
B&B ITAL IA UND M A X ALTO
A us zeichnungen
Gr ündungsjahr
E xpor tquote
78 PROZENT
C O M PA S S O D ’O R O (19 7 9 , 19 8 4 , 19 8 7, 19 8 9)
M E I S T V E R K A U F T E S P R ODU K T 2 0 15
1972
Sofa «Ray»
von Antonio Citterio
Der Hauptsitz von B&B Italia in Novedrate wurde
1971 von Renzo Piano und Richard Rogers entworfen.
Das spektakuläre Gebäude gilt als lebensgrosser
Prototyp und Versuchsanstalt für das Pariser Centre
Pompidou, mit dem die beiden Architekten ein paar
Jahre später Weltruhm erlangen sollten.
Neben dem Streben nach qualitativ
hochwertigen, langlebigen und ästhetisch wegweisenden Produkten
versucht man bei B&B Italia auch
in der Kommunikation Akzente zu
setzen – ohne Scheu vor provokativen Werbekampagnen. Für die
Lancierung des Sofas «Le Bambole»
von Mario Bellini beauf tragte man
1972 beispielsweise den bekannten
Modefotografen Oliviero Toscani.
Seine Bilder der leicht bekleideten
Andy-Warhol-Muse Donna Jordan
sorgten für grosses Aufsehen.
INNOVATION
Das Unternehmen gründet auf einer
Innovation: In den sechziger Jahren
entwickelte Busnelli eine Spritzgusstechnik, um Sitzmöbel aus
kaltgeschäumtem Polyurethan herzustellen. Dies ermöglichte neue
Formen und eine auf industriellen
Prozessen basierende Produktion –
ein Kontrast zur handwerklich geprägten Möbelherstellung Italiens.
Gegr ünde t w ur de B & B I t alia 19 6 6 nach einem Tr e f f en z w i schen
P ier o A mbr ogio Busnell i (19 2 6 – 2 0 14 ) und C esar e C as si na als C & B
I t a l i a . 19 7 3 ü b e r n a h m B u s n e l l i d i e F i r m e n an t e i l e v o n C as s i n a u n d
t au f t e die F ir ma um . S cher zend gab er an , das er s t e B s t ehe f ür
d i e b e i d e n B an k e n , d i e i h m das G e l d f ü r d i e Ü b e r n a h m e g e l i e h e n
haben . Ta t sächl ich s t eh t B & B jedoch f ür Busnelli & Busnelli .
Longseller (seit 1997) ist hingegen das Sofa
«Charles» von Antonio Citterio.
800 Fachhändler
in 79 Ländern
BESITZVERHÄLTNISSE
Sofa «Lombrico» (1967), von
Marco Zanuso.
2015 erzielte B&B
Italia einen Umsatz
von 170 Mio. €.
Nachdem B&B Italia fast 50 Jahre
lang mehrheitlich von Piero Ambrogio Busnelli und seinen Söhnen
selbst geführt wurde, ging man
letztes Jahr eine Partnerschaft mit
der auf Designunternehmen spezialisierten italienischen Investmentfirma Investindustrial ein, die
nun Mehrheitsgesellschafter des
Möbelherstellers ist. Davon erhofft man sich die notwendige
Unterstützung, um weltweit weiter
zu wachsen und in neue Märkte
zu expandieren. CEO bleibt Giorgio
Busnelli, der älteste Sohn des
Gründers, der selbst bereits seit
mehr als vierzig Jahren im Unternehmen tätig ist.
Frauenanteil Mitarbeiter
3 5 %
Hauptsitz
FOTOS: PD
JUNGE IKONE:
T ISCH «TOBI-ISHI»
(2 012)
Novedrate
1
2
Produktionsstätten
1 Novedrate (Region Como)
Polstermöbel und Ergänzungsteile
2 Misinto (Region Monza und Brianza)
Aufbewahrungssysteme
Misinto (Region Monza und Brianza)
Holzmöbel von Maxalto
Mai 2016
Sessel «Husk» (2011),
von Patricia Urquiola.
HINTERGRUND
20
Z
TEXT K I M D A N G
Behagliche Grandezza
Zeitgenössisch, eklek tisch, zeitlos und bunt – mit
diesen At tributen umschreibt Brit t Moran den Stil
von Dimore Studio, dem Design-Büro, das er mit
seinem Geschäf tspar tner Emiliano Salci 20 0 3 in
Mailand gegründet hat. Der blonde Amerikaner
sitzt in einem Plüschsessel im Palazzo Privé im
Palazzo Fendi in Rom. Das VIP-Apar tment bietet
Raum, um besondere Gäste und Freunde des Hauses zu empfangen. Es ist ein luxuriöser Rückzugsor t mit spezieller Atmosphäre.
Der frisch renovier te Palast ist das neue
Vorzeigeobjek t der italienischen Luxus-Maison
Fendi. Nebst der zweigeschossigen Boutique mit
dazugehörigem Fell-Atelier, dem eigenen Boutique-Hotel und dem Restaurant Zuma in den oberen Geschossen verbirgt sich im Palazzo Fendi
auch das Design-Bijou Palazzo Privé: Im zylindrischen Glaslif t gleitet man von der Boutique eine
Etage höher. Angekommen im piano nobile, taucht
man in eine andere Welt ein. Während im Store
protzige Hochglanzästhetik mit rotem Marmor
und Wänden aus Traver tin vorherrscht, empfängt
einen beim Betreten des Palazzo Privé eine Atmosphäre von Intimität und Wohnlichkeit. Schlammgraue Wandtäferungen kontrastieren mit dem
dunkel lasier ten Fischgrat-Parket t des länglichen
Raumes mit ovalem Grundriss. Von der türkisfarbenen Decke hängt eine spek takuläre Lichtskulptur aus Neonröhren; eine römische Statue lädt
zum Näher treten ein, hin zu Giò Pontis «Day Bed»
aus den siebziger Jahren, das auf einem marokkanischen Teppich in leuchtendem Rot placier t
ist. Man fühlt sich ein bisschen wie in ein Filmset
versetzt, inspirier t von Kubrick und Visconti: stilisier te Welten mit dem ver trauten Flair vergangener Zeiten.
Im geräumigen Wohnzimmer sitzt Moran in einem nierenförmigen «Lady Armchair» von Marco
Zanuso und erzählt von der Zusammenarbeit mit
Fendi. Der Sohn eines Fussboden-Unternehmers
aus Nor th Carolina ist der ruhige Pol des Duos.
Nach einem Italienaufenthalt blieb er als Englischlehrer in Mailand hängen. Sein exaltierter Partner
Emiliano Salci stammt aus Arezzo in der Toskana
OBEN Die beiden Köpfe
hinter Dimore Studio,
Emiliano Salci (links)
und Britt Moran, in
der Umkleide von
Fendis Palazzo Privé.
Paravent und Day-Bed
sind Entwürfe des
Mailänder Designbüros.
Dimore Studio
FOTOS: PD
Das Designer-Duo Dimore Studio richtet auf der ganzen Welt Häuser, Modeboutiquen, Restaurants
und Hotels ein. Sein Markenzeichen sind Interieurs mit einem eklektischen Mix aus Neu und Alt. Im
frisch renovier ten Palazzo Fendi haben die Mailänder ein exklusives VIP-Apar tment ausgestat tet
Z
21
HINTERGRUND
Moran und Salci
pflegen eine
grosse Vorliebe für
Materialien, die
aussehen, als
hätten sie schon
einiges erlebt.
und ist ein Modeliebhaber, der sich gerne in Männerröcke oder
andere auffällige Kreationen von Comme des Garçons oder Prada kleidet. In jungen Jahren verwandelte Salci das väterliche
Möbelgeschäf t in einen Concept-Store mit einer kuratier ten
Auswahl von zeitgenössischen Designobjekten. Als Ar t-Director beim Möbelhersteller Cappellini arbeitete er später mit
Designergrössen wie Jasper Morrison und Tom Dixon. Durch
ein gemeinsames Projekt fanden Moran und Brit t zusammen und
beschlossen 2003, fortan beruflich einen gemeinsamen Weg zu
gehen. 2006 bezogen sie ein altes, stat tliches Apartment an der
Via Solferino 11, das sie als Wohn- und auch Arbeitssitz nutzten.
Heute ist die mit tlerweile 27-köpfige Belegschaf t im benachbarten Gebäude untergebracht, das Apartment dient als Showroom der eigenen Möbelgalerie Dimore Gallery.
Mit Einrichtungen für Privathäuser sind Moran und Salci
gross geworden – ihren heutigen Er folg begründen sie durch
die Tatsache, dass Dimore Studio stets viel Glück mit der Presse hat te. Die vielen Publikationen seien die beste Werbung.
Derzeit sind rund zwanzig Projek te am Laufen, zwei Drit tel
davon Privatresidenzen, darunter auch eine Villa am Zürichsee. Doch es sind Vorzeigeobjek te wie die Shops von Aesop
und Cire Trudon in Paris, das Restaurant Pump Room in Ian
Schragers Public Hotel in Chicago oder das Hotel Casa Fayet te
in Guadalajara, welche den Namen Dimore bekannt gemacht
haben. In Mailand, der Heimatstadt des Studios, können Fans
gleich mehrere Interieurs des Designer-Duos besuchen: Das
neue Geschäf t der Kosmetikmarke Aesop beim Corso Magenta hat mit seinen petrolblauen Kacheln und Vitrinen mit abgerundeten Alu-Rahmen das Flair der dreissiger Jahre. Pompöser
ist das «Grand Hotel et de Milan» an der Via Manzoni, zurückhaltender die Boutique von Herrenkonfek tionär Boglioli. Das Roof-Top-Restaurant
Ceresio 7 ist nicht nur wegen seiner Aussicht
und des Pools einen Besuch wer t, sondern auch
wegen der Räumlichkeiten, bis hin zu den schön
dekorier ten Toilet ten.
Das Fendi-Apar tment sei ein einfacher Job
gewesen, sagt Moran. Nicht nur liebe Dimore
Studio Projek te mit historischen Hintergründen,
auch hät ten die Auf traggeber, Accessoire-Chefin
Silvia Fendi und CEO Pietro Beccari, ihnen beim
Einrichten prak tisch freie Hand gelassen. Die Zusammenarbeit mit Fendi begann 2014, als Dimore
Studio für eine Ausstellung an der «Design Miami» engagier t wurde. Der Auf trag: Möbelstücke
für ein fik tives römisches Apar tment zu ent werfen. Mit dieser «Roman Lounge» präsentier te
Dimore Studio seine Interpretation des idealen
modernen Fendi-Apar tments.
In Miami noch auf einer neutralen Ausstellungsfläche präsentier t, haben diese Unikate –
viele aus t ypischen Fendi-Materialien wie Leder
und Fell – nun ihr gebührendes Zuhause im Palazzo Fendi gefunden: die Lichtskulptur im Entrée
oder das von alten, dreieckigen Fendi-Schals inspirier te Büchergestell aus Glas und Metall, das
im Salon als Raumtrenner zwischen dem Wohnund Essbereich dient. Liebling vieler Besucher
ist aber das Day-Bed, das mit geschorenem
Nerz bezogen ist – Tierschützer haben es schwer
im Palazzo des weltbesten Pelz-Anbieters. Es
thront in der Umkleide, einem kleinen Eckzimmer
mit Blick auf die lebhaf te Via Condot ti. Neben
Meret Oppenheims «Traccia»-Tisch mit Vogelbeinen, einem seidenbespannten Paravent von
Dimore Studio und einem Chinoiserie-Schrank
von 18 0 0 unterstreicht es bestens den Esprit der
Marke Fendi: luxuriöse Modernität, mit Bezügen
in die Vergangenheit.
Der grosse Esstisch, auch ein Ent wur f von
Moran und Salci für Fendi, wurde von Fratelli
Levaggi produzier t. Die Firma stammt aus dem
ligurischen Chiavari, der Stadt, die Giò Ponti
einst zum Stuhl «Superleggera» inspirier t hat.
Ponti zählt zu den Idolen des Designer-Duos,
wie weitere berühmte italienische Designer
des 20. Jahrhunder ts, et wa Carlo Scarpa oder
Carlo Mollino. «Italien hat das grosse Glück, sehr
viel gutes Design bieten zu können. Nebst dem
of fensichtlichen phantastischen Architek turerbe
OBEN LINKS Im Salon
mit Blick auf die
Via Condotti trennt
ein Glasregal von
Dimore Studio den
Wohn- vom Essbereich.
RECHTS Technische
Notwendigkeiten wie
Heizkörper werden
elegant verborgen.
Dimore Studio
Palazzo Fendi
An der Kreuzung von Roms
berühmter Luxus-Einkaufsstrasse
Via Condotti mit der Via del
Corso und der Via Tomacelli
erstrahlt seit einigen Monaten der
Palazzo Fendi in neuem Kleid.
Auf fünf Etagen des Gebäudes aus
dem 17. Jahrhundert beherbergt
der einstige Fendi-Hauptsitz nun
das grösste Eigengeschäft mit
dazugehörigem Pelzatelier, ein
VIP-Apartment, um spezielle
Kunden zu empfangen, sowie ein
Fendi-Boutique-Hotel und das
Restaurant Zuma. (kid.)
fendi.com
HINTERGRUND
22
dieser Nation hat auch das Industriedesign der
vierziger und fünfziger Jahre die ganze Welt geprägt», so Moran.
Dimore Studio ver wendet gerne Elemente der
Vergangenheit und interpretier t diese zusammen
mit zeitgenössischem Design, um ein Interieur für
heute zu kreieren. «Wir versuchen stets, eine gute
Balance zwischen historischen Stücken, VintageMöbeln und Zeitgenössischem zu finden, damit
die Einrichtung nicht altmodisch oder museal
wirk t», so Moran. Zum Zanuso-Sessel von 1951
gesellt sich et wa ein geometrisches Tischchen
aus verschiedenen Marmoren, ein neuer Ent wur f
des kanadischen Duos Oeuf fice.
Nebst der Fusion eklektischer Fundstücke aus
diversen Stilepochen und Ländern – von Antiquitäten aus Afrika über Vintage-Stücke unbekannter Herkunf t bis hin zu Ent würfen von Design-Ikonen des 20. Jahrhunder ts – ist die Spezialität von
Dimore Studio eine Farbpalet te, die man am besten mit «Vintage-Töne» beschreiben kann. «Diese
Töne vermit teln ein historisches Gefühl», erklär t
Moran. «Die Leute scheinen sich gut mit solchen
Elementen identifizieren zu können. Sie kommen
ihnen ver traut vor.» Die Wandtäferung im Salon
des Palazzo Privé ist beispielsweise in einem eigenwilligen Graugrün gestrichen, das an chinesische Seladon-Vasen erinner t. Moran und Salci
pflegen auch eine Vorliebe für Materialien, die
wirken, als hät ten sie schon einiges erlebt. Die
Käfigelemente aus oxidier tem Messing, die technische Apparate wie Heizung oder elek trische
Anschlüsse verdecken, wirken wie Bambus-Täferungen aus Metall. Zusammen mit den Palmen
verleihen sie dem Raum et was E xotisches. «Mit
unserer Vorstellung von vergangenen Epochen
versuchen wir Atmosphären zu kreieren», sagt
Moran, «auch wenn sie historisch nicht korrek t
sind.» Beim VIP-Apar tment von Fendi war es
die Phantasie eines Ar t-déco-Interieurs der
dreissiger Jahre.
Für die eigene Präsentation in den Räumen
der Dimore Galler y zum diesjährigen Mailänder
Möbelsalon wurden die sechziger und siebziger
Jahre auf dramatische Ar t inszenier t und unterlegt mit einem stimmungsvollen Musik teppich,
von David Bowie bis hin zu epischen Film-Soundtracks. Emotionale Raumerlebnisse wie diese
sind charakteristisch für Dimore Studio. In ihrer
Möbelgalerie findet man neben Eigenent wür fen
und Objekten anderer zeitgenössischer Designer
auch Vintage-Stücke, deren genauer Ursprung
unbekannt ist. «Das macht doch gutes Design
aus», so Moran. «Es muss nicht mit einem wichtigen Namen verbunden sein. Viel wichtiger als
die historische Relevanz eines Stückes sind doch
seine Schönheit und Funk tionalität.» Diese Haltung ist t ypisch für Dimore Studio. Die Interieurs
von Moran und Salci er wecken trotz einem wilden
Stilmix und dem Hang für Mondänes et was Vertrautes, fast Heimeliges. Den Namen ihrer Firma
haben die beiden schliesslich nicht von ungefähr
ausgewählt: Das italienische Wor t dimora steht
für «Wohnsitz» und «Zuhause».
«Wir suchen
stets eine gute
Balance zwischen
historischen
Stücken, VintageMöbeln und
Zeitgenössischem.»
Britt Moran
Dimore Studio
Z
OBEN LINKS Besucher
werden im Entrée
unter anderem von
einer römischen
Statue und einem
«Day Bed» von Giò
Ponti begrüsst.
OBEN Die NeonlichtSkulptur «Vertical
Light» entwarf
Dimore Studio für
Fendis Ausstellung
«Roman Lounge»
während der DesignMiami 2014.
UNTEN Entwurfsskizze
des Regals aus
Metall und Glas,
das im Salon als
Raumtrenner dient.
Es steckt kein Geheimnis
hinter einer Girard-Perregaux,
nur über zwei Jahrhunderte Handwerkskunst
und ein klares Bekenntnis zur Perfektion.
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IM GESPRÄCH
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Z
Patricia Urquiola
Die spanische Architektin führt in Mailand ein Studio mit über fünfzig Mitarbeitenden, entwirft Möbel, Produkte
sowie Interieurs und ist seit kurzem auch noch Art-Direktorin des italienischen Möbelherstellers Cassina
INTERVIEW D AV I D S T R E I F F C O R T I
Während über Architektur gewöhnlich
im Kulturteil einer Zeitung berichtet wird,
landen Designthemen meist im Lifestyle.
Halten Sie diese Einordnung für legitim?
Bereits die alten Griechen betrachteten die Architektur als wichtigste
aller Künste. Dagegen ist Produktdesign eine relativ junge Disziplin. Zwar
werden seit Beginn der Menschheitsgeschichte Werkzeuge erfunden, um
uns das Leben zu erleichtern, doch akademisch behandelt und gedeutet
wird Design erst seit dem Zweiten Weltkrieg. Es gibt einen grossen Graben
in der Formalisierung der beiden Disziplinen. In Bezug auf den Entwurf
gibt es für mich jedoch keinen Unterschied. Der Prozess ist derselbe. Es
ändern sich nur der Massstab und die involvierten Berufsgruppen.
Was kann,
darf oder muss
Design?
Design sollte Lösungen für
existierende Probleme oder
unerwartete Verbesserungen liefern.
In welcher Situation ist Farbe
unangemessen? Nie, ich bin nicht chromophobisch. Farben bilden eine unendliche
Palette, zu der sogar das Fehlen von Farbe beiträgt.
Was möchten Sie mit Ihrer
Arbeit bezwecken?
Den Menschen einen Dienst
erweisen. Sie ein bisschen
glücklicher machen und mit
seelischem Trost versorgen.
Sie sind unglaublich produktiv
und scheinen ständig in
Bewegung zu sein. Verbringen Sie
auch einmal einen ganzen Tag
auf dem Sofa und lesen ein Buch?
Was muss ein Gebäude, Raum oder Objekt aufweisen, damit es Ihr Interesse weckt?
Eine unbeschreibliche Empfindung, die sich aus vielen verschiedenen Elementen ergibt:
einem Sinn für den Ort, die Zeit, die Grösse, Proportionen, Empathie und die Gegenwart.
FOTOS: PD
Ja. Ich bin durchaus fähig, einen Gang runterzuschalten. Und ich habe das Glück, dass viele Dinge,
die ich zu meinem persönlichen Vergnügen mache, auch Teil meines beruflichen Alltags sind.
IM GESPRÄCH
Z
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An europäischen Designschulen studieren mehr Frauen als Männer.
Weshalb stehen so wenige von ihnen danach im Rampenlicht?
Vielleicht, weil es mehr männliche Unternehmer, Manager und Techniker gibt. Ich
glaube, dies ist eine Sache der Kommunikationsfähigkeit. Jeder muss einen eigenen
Weg finden, diese unter Beweis zu stellen. Es hilft, wenn man für Leute und Firmen
arbeiten kann, die man mag und denen man sich nahe fühlt.
Sie sind Architektin und Designerin.
Inwiefern befruchten sich bei Ihnen
Architektur- und Designprojekte?
Der Lehnsessel
«Gender», den
Patricia Urquiola
für Cassina entworfen hat, wurde
am diesjährigen
Salone del Mobile
vorgestellt.
Du denkst vielleicht, dein Entwurf sei perfekt. Aber
du weisst erst wirklich, ob er funktioniert, wenn du
ihn in einem Lebensraum verwendest.
In der italienischen Möbelindustrie
spricht man seit Jahren von einer
Man kann auf gute Weise Krise. Weshalb blicken Sie dennoch
wachsen, wenn man seine
Hausaufgaben gut macht. optimistisch in die Zukunft?
Aber man darf dabei
nicht das kleinste Detail
vernachlässigen. Es ist
wichtig, dass man sich
als global operierendes
Unternehmen betrachtet,
das in Italien zu Hause ist,
und nicht als italienische
Marke, die Möbel
exportiert. Das sind
zwei unterschiedliche
Denkweisen.
Welche Form der Zusammenarbeit schätzen
Sie mehr – eine diplomatisch-harmonische
Beziehung oder eine offene Auseinandersetzung?
Urquiola hat als neue
Art-Direktorin von
Cassina gleich das
modulare Sofa «Beam»
entwickelt.
Ich bin sehr direkt. Aber nur zum Wohle des Projekts und meiner Kunden.
Welche Impulse braucht ein Unternehmen wie Cassina mit einer
neunzigjährigen Geschichte und unzähligen Lizenzen für Möbelklassiker?
Es geht darum, kein Risiko zu scheuen. Das ist Teil der DNA
von Cassina – ebenso wie Diversität und der starke
Forschungsdrang. Wir sollten mit der Reedition der vielen
Schätze in unserem Archiv fortfahren, gleichzeitig aber auch
neues Terrain beschreiten – wir sind kein Museum!
Gewöhnlich werden Sie
gelobt und gefeiert. Wie
reagieren Sie auf Kritik?
Man kann von beiden Ausdrucksformen eine Menge
lernen. Wir sind sieben Milliarden Menschen auf diesem
Planeten. Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich,
gleichzeitig aber auch wie ähnlich wir sind. Man kann es nicht allen recht machen, aber
es ist wichtig, sich selbst zufriedenzustellen, um auch andere glücklich machen zu können.
Patricia Urquiola
26
IM BILDE
Detailverliebt
FOTOS N I C O L E B A C H M A N N
REDAKTION UND STYLING A L E L I L E A L F Ü R S T U DI O L A R D O
FOTO-ASSISTENZ P H I L IP L E U T E R T
STYLING-ASSISTENZ A N D R I M Ü L L E R F Ü R S T U DIO L A R D O
LOCATION Z W I C K Y- S U E D. C H / K R A F T W E R K1
OBEN Sideboard «Mono-Sideboard 640» (2975 fr.) BENJAMIN THUT für THUT MÖBEL bei WOHNBEDARF,
Stehleuchte «Tam Tam P3» (688 fr.) FABIEN DUMAS für MARSE T bei NEUMARK T 17, Beistelltisch «Vier» (1019 fr.) PHILIPP MAINZER
für E15 bei NEUMARK T 17, Glasvase FOSCARINI ( privatbesitz), Papierobjekt «Uros Origami» (118 fr.) CASSINA bei TEO JAKOB,
Sessel «637 Utrecht» (3746 fr.) GERRIT T. RIE T VELD für CASSINA bei NEUMARK T 17
SEITE 31 Vase «Stan» (195 fr .) EDITION NIKOL AS KERL bei NEUMARK T 17, Flasche (240 fr .) TAPIO WIRKK AL A für IIT TAL A bei HOLM,
Porzellandose (64 fr .) THERESE MÜLLER bei LIMITED STOCK, Tischleuchte «Lampadina» (98 fr .) ACHILLE CASTIGLIONI für FLOS bei NEUMARK T 17,
Teller «Cosmic Diner Moon» (68 fr .) DIESEL LIVING bei TEO JAKOB, Vase «Soap Bubble» (450 fr .) PER LÜTKEN für HOLMEGA ARD bei NORD 3
Design
Z
ZÄSUR
WELTORDNUNG
Gartomania
Tex t B A R B A R A V I N K E N
Il lus t r a t i o n J E A N - M I C H E L T I X I E R
Aus einem Trend scheint eine Epidemie zu
werden: unbändige Sehnsucht, ja Sucht
nach dem Gar ten. Alle Leute, die man gerade trif f t, haben in den Ferien, sei es auf
dem Lande, sei es in der Stadt, im Gar ten
gearbeitet und dabei alles – den ganzen
nervigen, grauen Alltag – in der Erde wühlend hinter sich gelassen. Andere legen
stilgerecht ausgerüstet einen Gar ten an
oder lassen anlegen. Man stückelt Parkgelände zusammen, fähr t nach London, um
Rosen auszusuchen, und überlegt, wo man
die Magnolie placier t und wie die Palme
über die Mauern hinweg grüsst. Meine eine
Nachbarin träumt davon, dem steinigen
Trot toir vor dem Stadthaus einen blühenden
– und sei er auch nur wenige Zentimeter
breit – Vorgar ten mit Malven abzutrotzen.
Leuchtende Blumenkissen auf Steinmauern
zu zaubern, kostet eine andere den Schlaf.
Man kocht sein Ratatouille aus selbstangebautem Gemüse. Das Olivenöl wird aus
der eigenen Ernte gepresst, Marmelade aus
handverlesenen Früchten des Pflaumenbaumes vor dem Haus eingekocht. Ein Kräutergär tlein blüht auf fast jedem Balkon;
Wintergär ten sind die Lieblings-Büroräume, Häuser haben sich tendenziell in Orangerien verwandelt. Parfums heissen «Un
jardin sur le Nil», «. . . sur le toit» oder
«. . . en méditerranée», Bars verheissen
Blumen des Bösen, Baumarktket ten versprechen, die Gär ten der Welt in den Hinterhof zu holen. Mit deck chairs hat man das
Aussen bereits seit Jahrzehnten nach innen
geholt, nun werden Gar tenmöbel der Belle
Epoque zu Wohnzimmermöbeln, und ein
Zimmer ohne Hängemat te ist undenkbar.
Der Stadtraum ist keine steinige, asphaltgraue Angelegenheit mehr. Man zieht
nicht raus ins Grüne, sondern holt es hinein. Das Pariser Musée du quai Branly stellt
mit einer phantastisch bewachsenen Fassade allen Steinprunk der Nachbarschaf t in
den Schat ten, jede Einkaufspassage, die
et was auf sich hält, vermit telt Ahnungen
von Dschungel. Auch in Paris ver wandeln
sich stillgelegte Viaduk te in wuchernde
Promenaden, in New York werden Hochbahn-Trassees zum High-Line-Park. Üppig
gedeihen dor t wild ausgesäte Pflanzen zwischen luxuriösen Holzliegen. Und city life
findet sowieso auf dem Dachgar ten stat t.
Am liebsten sollte die ganze Welt zum Garten werden, überall soll es spriessen, grünen, blühen. Mit ten in Bern hat man die
hängenden Gär ten der Semiramis entdeckt.
Bei ihr liegt vielleicht ein Schlüssel zur rasenden Gar tenlust vergraben.
Soweit man weiss, wurden die babylonischen Gär ten, raf finier t bewässer te
Terrassen- und Dachgär ten am Ufer des
Euphrat, für die aus dem grünen Persien
stammende Gat tin Nebukadnezars II. angelegt. Überliefer t sind die sagenhaf ten Gärten durch die Griechen, die in ihren Städten
keine Parks hat ten und deshalb, über wältigt von der grünen Pracht, ein Welt wunder
ausmachten. Trösten sollten sie die lustwandelnde Herrscherin in ihrer exotischen
Üppigkeit über die Wüste, die sie umgab.
So ist die Gar tensucht vielleicht ein Symptom dafür, dass wir einer Wüste, Steinwüste, Alltagswüste des grauen Einerleis
und der Langeweile zu ent fliehen suchen.
Die Wüste, die Yonville, das todlangweilige
Kaf f in der Normandie, für Madame Bovar y
war, versuchte Emma mit einem hängenden
Ziergär tchen in eine Oase zu ver wandeln.
Unsere Gar tenlust lässt auf eine ziemlich
wüstenhaf te, ver wüstete Welt schliessen,
gegen die wir Gär ten als Gegenor te zum
Blühen und Grünen bringen.
B A R B A R A V IN K E N is t P r o fes sor in f ür A llgemeine
L i t e r a t u r w i s s e n s ch a f t u n d R o m a n i s ch e
P hi l o l ogie an der L M U i n M ünchen . E in br ei t es
P ub l i ku m er r eich t e sie m i t ihr en Über legungen
zur deu t schen F am i lienpol i t ik und zur M ode .
AUS DEM AUGENWINK EL
Tex t und F o t o gr a f ie BI C E C U R I G E R
Schönheit und Wahrheit
BI C E C U R I GE R is t k üns t ler ische Dir ek t or in der F onda t ion V incen t van Gogh
A r les und C he f r edak t or in der K uns t publ ik a t ion «Par ke t t » .
Z u vor w ar sie w ähr end 2 0 Jahr en K ur a t or in am K uns t haus Z ür ich .
27
ZÄSUR
Mit der Axt zurück zur Natur
Tex t R I C H A R D K Ä G I
Il lus t r a t i on G R A F I L U
Ein neuer Begriff geistert durch die Nachhaltigkeitsszene: Urban Farming.
Unser Autor ist dafür – auch, weil er ein Fan von Ä xten ist
Das Beil schwebt einen winzigen Moment
fast schwerelos am höchsten Punk t des
Schwunges, den mein fester Grif f ihm auf­
zwingt. Sonnenstrahlen blitzen an der
handgeschmiedeten Schneide auf, ich pa­
cke den per fek t in den Händen liegenden
hölzernen Schaf t noch stärker und dresche
die Spaltax t mit grösster Wucht auf das
hochkant vor mir liegende Stück Buchen­
stamm. Das keilförmige A x tprofil schneidet
in das Holz wie in But ter, krachend und
split ternd teilt sich der solide Block in
wegfliegende Scheite. Was für ein wunder­
bares Werkzeug! Die Meisterschmiede der
schwedischen Firma Gränsfors Bruk belie­
fern seit über hunder t Jahren Holzfäller
vom Amazonas bis Sibirien. Jedes Beil
trägt die Initialen des Schmieds, der es von
Hand fer tigte. Repräsentieren Uhrmacher
Schweizer Handwerkskunst, dann sind
A x tschmiede das skandinavische Pendant.
Ich liebe ar tisanal hergestelltes Werk­
zeug! Und richtiges Handwerk. Ein Begrif f,
der genau das meint , wofür er steht. In
unserer immer stärker technisier ten Welt
mit tler weile ein rarer, of t missbrauchter
Begrif f. Meine Recherchen über Holzbe­
arbeitung führ ten auch zur Beschaf fung
einer Jagdax t der schwedischen Manu­
fak tur Karesuando Kniven. Sie würde sich
tref flich dafür eignen, die talentlosen Golf­
spieler zu skalpieren, die bei schönem
Wet ter regelmässig ihre Bälle vom Golf­
plat z gegenüber an meine Hausfassade
und in den Gar ten pfef fern. Of fenbar ist
dor t die Plat zreife im Bingo zu gewinnen.
Die A x t ist klein und handlich, mit polier­
ter, messerschar fer Schneide und wunder­
schönem Stiel aus gemaser tem Birkenholz.
Zivilisier tere Anwendungen sind Holz klein
hacken für das Campingfeuer, Gar ten­
büsche stut zen oder Rinderknochen zer­
hauen für den Kalbsfond.
Eigenhändig für das Küchenfeuer Holz
spalten ist mein Beitrag zum Urban Far­
ming – ein Begrif f, der seit kurzem durch
die Nachhaltigkeitsszene geister t. Zudem
erspar t es mir Kraf tmaschinen aller Ar t ,
und auch die Dame von gegenüber schaut
mir gerne dabei zu. Bienenstöcke oder
grunzende Pata­Negra­Schweine im Gar­
ten würden die mir (noch) wohlgesinnten
Nachbarn vermutlich über fordern. Die dar­
aus resultierende Missstimmung würde
bloss weiteren Wirkungsfeldern meiner
Ä x tesammlung Tür und Tor öf fnen. Schon
länger folge ich – auch ohne Hipster­Bar t ,
karier tes Hemd und Hosenträger – dem
«Leaf to root»­Ansatz, da wird Gemüse und
Obst samt Wurzeln und Blät tern ver wer­
tet , was insbesondere bei Karot ten und
Randen sinnvoll ist. Ebenfalls aus Gross­
britannien schwappte die «Nose to tail»­
Bewegung auf den Kontinent ; alles wird
aufgegessen, von der Zunge und der Backe
der Kuh bis hin zum Sauschwänzchen (die­
ses schmeck t frit tier t übrigens allerköst­
lichst!). Diese Strömungen verdeutlichen
bestens unsere Sehnsucht zurück zum
Einfachen und Guten. Und zur Natur, ohne
ihr dreinzureden. Denn kaum eine andere
Instanz ist so unbeeinflussbar.
Dem Hunger, den diese fas t schon
philosophischen Gedanken zweifellos her­
vorrufen, begegne ich mit folgendem, den
obens tehenden Erkenntnissen Respek t
zollenden Rezept , für das man nichts wei­
ter braucht als ein grosses S teak , et was
Fleur de Sel und natürlich meine Gränsfors
Bruk . Und so geht ’s: Im Wald Feuerholz
hacken, ein zünf tiges Feuer ent fachen
und herunterbrennen lassen. Sobald die
Glut mit einer feinen weissgrauen Asche­
schicht überzogen ist , lege ich mein S teak
direk t darauf, drehe es nach einigen Minu­
ten um und grilliere es fer tig. Keine Ban­
ge, es bleibt kaum Asche daran haf ten.
Et was Fleur de Sel darauf, fer tig. Einen
besseren Grilliergeschmack gibt es nicht .
Der untenstehende Link führ t Sie zum Feu­
er­Video und zum Rezept eines köstlichen
Brotes, das ebenfalls in der Glut gebacken
wird und weder Knetmaschine noch Back­
stein benötigt .
R I C H A R D K Ä GI i s t F ood­ Scou t bei Globus .
A u f der Suche nach dem w ah r ha f t Gu t en
r ei s t er f ür d i e Delicatessa um die ganze
Wel t . In for mat ionen, A dressen und R e zep t e
au f gl obus .ch /de /delica t es sa / f oodscou t
STILK RITIK
Der geschminkte Mann
Tex t M A L E N A R U D E R
Schminksachen sind nur für Mädchen, allen Gender­
diskussionen zum Trotz. Nur das sogenannt schöne Ge­
schlecht hat anscheinend Musse, sich mit dekorativer
Kosmetik den Alltag zu erschweren: Lippenstif t muss
ständig kontrolliert werden und hinterlässt Spuren, Na­
gellack verzeiht keine Aktivitäten, die übers Zehnfinger­
system hinausgehen. Bis zur Industrialisierung putzen
sich auch Männer heraus und kultivieren eine dekora­
tive Zurschaustellung des Laisser­faire. Erst im 19. Jahr­
hundert justiert sich das Bild des zurückhaltend geklei­
deten Mannes, der optische Repräsentationspflichten
der aufgerüschten Frau an seiner Seite aufbürdet.
Dieses Rollenbild wandelt sich. Ganz vorsichtig
wagen sich einige Marken an Männer­Make­up, etwa
Concealer, die Augenringe und Rötungen mildern sollen.
Auch Puder oder Fluids gegen Glanz sind in Ausnahme­
fällen gesellschaf tlich geduldet, an Hochzeiten zum Bei­
spiel, wenn das für Bilder veranschlagte Budget es
rechtfertigt, der Natur nachzuhelfen. Auch wegen des
Bilder­Hypes im Internet verlangen immer mehr Männer
nach Foto­Filtern fürs echte Leben. Lippenstif t, Lid­
schat ten und Nagellack bleiben aber fest in Frauenhand.
28
ÜBERTRIEBEN Make-up
für Männer ist
ein aufkommender
Trend. Nagellack
samt Zigarette ist
dann aber doch
ein bisschen viel
des Guten.
FOTO: @THEMARCJACOBS / INSTAGRAM
Modedesigner Marc Jacobs setzt nun mit dem Hashtag
#MalePolish auf der Online­Plat tform Instagram einen
Gegentrend, er zeigt mit kurzen, lackierten Nägeln, dass
Maskulinität Farbe verträgt. Leider lässt er sich immer
mit Zigaret te zwischen den gepflegten Fingern ablich­
ten – heutzutage eine so rebellische Pose, dass sein
Auf trit t ins Paradiesvogel­Aussenseitertum abgleitet.
M A L E N A R U D E R lei t e t das Magaz i n « Z » und schr eib t
über M ode , S ch muck und S chönhei t . S ie i n t er es sier t s ich
nich t nur f ür das , w as M enschen t r agen , s on der n vor allem
da f ür, w ar um s ie e s t un .
ZÄSUR
M AT E O K R IE S , K uns t his t or iker und Dir ek t or des
V i t r a - De sign - M useums in Weil am R hein ,
beschä f t ig t sich m i t Designge sch ich t e und der
ge s t al t e t en Gegen w ar t .
Goethes Gestell
Tex t M AT E O K R I E S
FOTO: MARC EGGIMANN © VITRA
Wenn von Design-Ikonen die Rede ist, sind
zumeist Stühle gemeint. Die Folge ist, dass
kaum eine Homestor y heute noch ohne
sorgfältig placier te Vintage-Kunststof fmöbel auskommt, die den immergleichen
Räumen einen Anstrich von Historie und
Patina verleihen sollen. Ich möchte an dieser Stelle eine Lanze brechen für ein anderes unterschätztes Möbelgenre: das Regal,
in der Schweiz auch Gestell genannt.
«Gestell» sagt schon alles: Es handelt
sich um ein bescheidenes, dienendes Möbel, und gerade darin liegt seine Bedeutung. Man betrachte nur die legendäre
Wohnregalwand der Nachkriegszeit – hier
wurde der gesamte Hausstand ausgestellt,
von Fotoalben über das geerbte Porzellan
bis hin zum Röhrenfernseher. Dann kamen
Designer und machten aus dem Gestell
eine Gestaltungsaufgabe: Charles und Ray
Eames bildeten ihr «ESU»-Regal ihrem
eigenen, legendären Haus nach, so dass
man sich mit dem Regal ein Stück kalifornische Mid-Centur y-Architek tur ins Haus
holt. Dieter Rams ent war f mit seinem Regal
«6 0 6» ein minimalistisches Wunder werk,
auch wenn man sich bei jedem Aufbauversuch Hautquetschungen zuzieht. Das
«String»-Regal von Lasse Strinning wiederum besteht aus einfachen Metallleitern,
in die man Tablare einhängt – eine Demon-
ORDNUNGSHÜTER Das Regal als Abbild
unseres Gehirns: Modell «ESU» von Charles
und Ray Eames.
stration des skandinavischen Pragmatismus. Vor einigen Jahren sah ich eine kleine
Ausstellung des Designers Mar tino Gamper in der Londoner Serpentine Galler y, bei
der dieser auf verschiedenen bekannten
Regalent wür fen unterschiedlichste Sammlungen arrangier t hat te. Er zeigte damit
eindrücklich, wie Regale aus den darin bewahr ten Dingen ein Bild machen – und dass
es of t erst die Dinge sind, die das Regal
zum Leben er wecken.
Das Interieur und das schwierige
Selbstverständliche
gie und zweifelhaf ter Dämmmaterialien.
Wir heizen alle Räume stat t zwei oder drei,
und wir heizen sie immer, stat t einmal zu
sagen: Her mit dem Pullover. Was in der
Villa Kunterbunt natürlich selbst verständlich ist.
Selbst verständlich. Inszenierungen von
Interieurs werden uns durch Websites und
Magazine nähergebracht. Als Barometer
für heutige Vorstellungen vom Wohnen sind
sie vom selbst verständlichen Mix, von
der Widersprüchlichkeit unserer Realität
of t weit ent fernt. Sie sind, trotz allen
Beschwörungen von postindustrieller und
lebensstilorientier ter Alltäglichkeit, vor
allem eins: sich selbst bespiegelnde, arrangier te Panoramen. Wo sind Komplexität
und Widerspruch geblieben, von denen der
FOTO: JAN SMAGA & ANETA GRZESZYKOWSKA © ŁUKASZ
GORCZYCA & MICHAŁ KACZYNSKI, RASTER GALLERY 2004
Spontan würde man meinen, in einer Villa
Kunterbunt zu leben, wünschten sich viele.
Und die Mehrzahl träume davon, frei, unbeschwer t und in gewisser Weise naiv, das
Haus, die eigene Lebenswelt so einrichten
zu können, «wide-wide-wie sie mir gefällt».
Vielleicht ist es aber auch ganz anders.
Anders. Denn eine Villa Kunterbunt
setzt halt voraus, dass man auch für Pferd
und Af fe die Tür of fen hält. Ganz abgesehen davon, dass die Villa in ihrer schludrigen Bauweise sehr, sehr weit vom Minergiestandard ent fernt ist. In dieser Hinsicht
haben es Pferd und Af fe gut, sie kuscheln
sich in ihr Fell! Aber wir, wir haben vergessen, dass es auch andere Möglichkeiten
der Wärmeerzeugung gibt ausser durch
den euphorischen Verbrauch fremder Ener-
«Plan», Jan Smaga, 2003 (mit Aneta Grzeszykowska).
29
Das beeindruckendste E xemplar begegnete mir aber, als ich kürzlich das Goethehaus in Weimar besuchte. Das Regal in
Goethes Arbeitszimmer ist eine Kombination aus Lesepult , Ablagefächern und
Schubladen und scheint die ganze Komplexität des Goetheschen Denkens in ein
Objek t zu bannen. Es sieht aus wie die
analoge Version eines Outlook-Ordners, in
dessen Fächer der Benut zer jederzeit
Dinge verschieben und sor tieren kann.
Hier zeigt sich die eigentliche Bedeutung
des Regals: Es ist weniger Objek t als Ordnungssystem, es hilf t uns, unser Leben und
unsere Gedanken zu sor tieren. Wenn der
Stuhl ein Abbild unseres Körpers ist , ist
das Regal ein Abbild unseres Gehirns. Es
ist eine Architek tur unseres Wissens, aber
auch ein Display unserer Identität: Hier
zeigen wir, was uns wichtig ist, ob unsere
Lektüreliste, gesammelter Krimskrams,
Ordnung oder Unordnung.
Das Angenehme am Regal ist, dass es
hinter dieser Bedeutung of t zurücktrit t. Ich
kenne viele sogenannte Kreative, bei denen noch immer das «Billy»-Regal von Ikea
an den Wänden herumsteht – weil ihnen
das darin Aufbewahr te eben wichtiger
ist als das Regal selbst. Architek ten wie
Le Corbusier bauten das Regal auch gerne
gleich ganz in ihre Gebäude ein, damit die
Dinge darin und die Möbel daneben besser
zur Geltung kamen.
Das Regal ist eben doch nur das, was
der Schweizer dazu sagt: ein Gestell. Aber
es ist das Gestell unseres Lebens.
Tex t BE T T I N A KÖ H L E R
«Ich hab ein Haus – ein kunterbuntes
Haus, ein Äffchen und ein Pferd,
die schauen dort zum Fenster raus»
amerikanische Architekt Rober t Venturi in
seinem 19 6 6 erstmals erschienenen Buch
sprach? Auch die neueren Tendenzen zu
dunkler Opulenz, kupfrig schimmernden
Lichtquellen, zu Tex til und Farbe, wie sie
am letzten Salone del Mobile in Mailand
beobachtbar waren, werden in jeweils geschlossene Welten integrier t.
Vielleicht existier t ja eine – wie es
der deutsche Schrif tsteller und Philosoph
Reinhard Knodt nennt – ästhetische Korrespondenz zwischen den technisch ferngesteuer ten, hermetischen Komfor tinseln
unserer Wohnungen und den eingefrorenen
Bildwelten des Designs. Und insofern, so
könnte man nun in einer weiteren Volte
schliessen, hat sich die Villa Kunterbunt in
den letzten Jahrzehnten in eine Metapher
ver wandelt: eine Metapher für den Verlust
an «gesellschaf tsbezogenen Utopien des
Designs, darunter solche der Beschränkung und Bescheidenheit», so der deutsche
Gestaltungstheoretiker Ger t Selle.
Ob Rober t Venturi, Reinhard Knodt
und Ger t Selle in der Villa Kunterbunt leben
wollten, weiss ich nicht. Aber es wäre
sicherlich eine lustige WG.
B E T T IN A KÖ H L E R , K uns t his t or iker in , spann t in
ihr er A r bei t über A rchi t ek t ur, Innenar chi t ek t ur
un d M o de eine Br ücke z w ischen t heor e t ischen
K on zep t en und pr ak t i scher Vor gehens w eis e .
ZÄSUR
Tägliches Brot
Tex t un d Illus t r a t ion S A R A H I L L E N BE R G E R
Über die Nachteile, welche die digitale Unmittelbarkeit
für Kreative mit sich bringt
Der Alltag ist für viele Künstler ihre wichtigste Inspirationsquelle. Paul Smith hat
es in seinem wunderbaren Buch «A to Z»
auf den Punk t gebracht: «You can find
inspiration in any thing, and if you can’t,
look again.» Wie recht er hat! Auch wenn
es natürlich hilf t, wenn man seinen Alltag
in London, Paris oder Tokio verbringt wie
der britische Designer.
Während meines Studiums im London
der späten neunziger Jahre habe ich mir angewöhnt, das Haus nie ohne eine geladene
Kamera zu verlassen. Heute macht jeder mit
seinem Handy ständig Schnappschüsse,
aber damals war das et was Ungewöhnliches. Mit meiner kleinen schwarzen Minox
35 GT bin ich durch die Stadt gelaufen und
habe alles fotografier t, was mir halbwegs
interessant vorkam. Beliebte Sujets waren:
Schreibfehler auf Schildern («Sorr y, we’re
open!»), Hausrat auf Gehwegen, schlafende
Menschen in der Underground und charmant verfasste Vermisstenanzeigen auf
Pinnwänden in meiner Universität.
Of t habe ich erst nach dem Ent wickeln des
Films Tage später wirklich entdeck t, was
ich fotografier t hat te. Auf einer Serie von
Bildern, die ich an einer Strassenecke in
Camden Town gemacht hat te, sah ich et wa,
dass eines der vorbeifahrenden Fahrzeuge
beim Anhalten vor der roten Ampel mit dem
komplet ten Rumpf et wa 45 Grad in der Luf t
gestanden hat te!
Diese Überraschungsmomente beim
Durchblät tern der Abzüge vermisse ich
heute, in diesen Zeiten der digitalen Unmittelbarkeit. Es muss ja nicht immer gleich
ein Mordfall zutage kommen wie in Antonionis Filmklassiker «Blow-Up». Aber über
ein paar harmlos-uner war tete Momente
würde ich mich auch schon freuen.
SA R AH IL L ENBERGER bewegt sich in ihren Werken
z w ischen K uns t und Design . O f t se t z t sie
A l l t ag s g e g e n s t än d e i n e i n e n ü b e r r as ch e n d e n
K on t ex t . Im Magaz i n « Z » gib t die gebür t ige
M ünchner in und Wahlber liner in E inb l ick i n ihr e
Bil der- und Gedanken w el t .
30
32
IM BILDE
OBEN Beistelltisch «Prismatic Table» (422 fr.) ISAMU NOGUCHI bei VITR A , Vase «Ruutu» (279 fr.) RONAN UND ERWAN BOUROULLEC
für IIT TAL A bei HOLM, Porzellandose (150 fr.) DEREK WILSON bei LIMITED STOCK , Vase (290 fr.) TORTUS COPENHAGEN bei LIMITED STOCK ,
Glasschale «8», Vintage von 1958 (2200 fr.) TIMO SARPANE VA für IIT TAL A bei NORD 3
Design
Z
Z
33
OBEN Stuhl «Wiggle Side Chair» (794 fr.) FR ANK GEHRY für VITR A
L INKS Stuhl «Plywood LCW» (1297 fr.) CHARLES UND R AY E AMES bei VITR A
UN T EN Sessel «620» (etwa 4125 fr.) DIE TER R AMS für VITSŒ bei VITSŒ, Bürotisch «840 Stadera», Version «Beton» (2976 fr.)
FR ANCO ALBINI für CASSINA bei NEUMARK T 17, Teller «Cosmic Diner Sun» (89 fr.) DIESEL LIVING bei TEO JAKOB,
Stuhl «Belleville» (660 fr.) RONAN UND ERWAN BOUROULLEC für VITR A , Hocker «Wiggle Stool» (434 fr.) FR ANK GEHRY für VITR A ,
Tischleuchte «Seam Two» (609 fr.) MARK HOLMES für E15 bei NEUMARK T 17
Design
36
IM BILDE
Z
VORHERIGE DOPPEL SEIT E Tisch «Oskar» (6482 fr.) VINCENT VAN DUYSEN
für B&B ITALIA bei TEO JAKOB, Sessel «Diamond Chair» (2214 fr.)
HARRY BERTOIA für KNOLL INTERNATIONAL bei NEUMARK T 17,
Stuhl «Tabu Naked Wood» (620 fr.) EUGENI QUITLLE T für ALIAS bei TEO JAKOB,
Beistelltisch «Shimmer» (1580 fr.) PATRICIA URQUIOL A für GL AS ITALIA
bei ARTIANA , Hocker «Cork Family», Modell «B» (440 fr.) JASPER MORRISON für
VITR A bei TEO JAKOB, Tischleuchte, Vintage sechziger Jahre, Schweden (900 fr.)
bei NORD 3, Vasen «Soap Bubble» (je 450 fr.) PER LÜTKEN für HOLMEGA ARD
bei NORD 3, Glasvase (38 fr.) bei ARTIANA , Flasche (240 fr.) TAPIO WIRKK AL A
für IIT TAL A bei HOLM, Glasdose (68 fr.) bei ARTIANA
L INKS Schüssel und Schalen 4er-Set «Ultima Thule» (je 60 fr.) TAPIO WIRKK AL A
für IIT TAL A bei HOLM, Tischleuchte «Elmetto» (220 fr.) MARTINELLI LUCE
bei ARTIANA , Vase «Bel Air Test Tube» (290 fr.) JONATHAN ADLER bei
TEO JAKOB, Edelstahldose «Precious Container» (166 fr.) ILSE CR AWFORD für
GEORG JENSEN bei HOLM
UN T EN Stehleuchte «A805» (1991 fr.) ALVAR A ALTO für ARTEK
bei WOHNBEDARF
RECH T E SEIT E Stehleuchte «A810» (etwa 2037 fr.) ALVAR A ALTO für ARTEK ,
Paravent «Screen 100» (2117 fr.) ALVAR A ALTO für ARTEK bei TEO JAKOB,
Glasschale, Beistelltisch «Gray» (580 fr.) GERVASONI bei ARTIANA , Liege «Carta
Collection» (preis auf anfrage) SHIGERU BAN für WB FORM bei WOHNBEDARF,
Drehstuhl «KG001 Rival Chair» (etwa 675 fr.) KONSTANTIN GRCIC für ARTEK ,
Vase «Bel Air Test Tube» (290 fr.) JONATHAN ADLER bei TEO JAKOB, Vintage von
1958 (2200 fr.) TIMO SARPANE VA für IIT TAL A bei NORD 3, Couchtisch «Flower»
(1151 fr.) CHRISTINE SCHWARZER für SWEDESE bei HOLM
INHA LTSV ER ZEICHNIS Tischleuchte «Hexx» (500 fr.) DIESEL LIVING
bei TEO JAKOB, Teller «Cosmic Diner Venus» (856 fr.) DIESEL LIVING bei
TEO JAKOB, Vase «Soap Bubble» (450 fr.) PER LÜTKEN für HOLMEGA ARD
bei NORD 3, Glasvase, Vintage von 1958 (2200 fr.) TIMO SARPANE VA
für IIT TAL A bei NORD 3, Teller (28 fr.) bei ARTIANA
A RCHITONIC Sämtliche Informationen zu den verschiedenen Ausführungen,
Grössen, Farben, Preisen und Bezugsquellen der hier gezeigten Möbel und
Wohnaccessoires findet man bei Architonic. Die Online-Plattform ist das weltweit
führende Recherchewerkzeug für Architektur- und Designprodukte im PremiumSegment. Die Datenbank enthält mehr als 200 000 Produkte von 1500 Marken
und über 6000 Designern. 16 Millionen Architekten, Innenarchitekten
und Design-Liebhaber verwenden Architonic jährlich als Orientierungshilfe.
Seit 2015 ist Architonic Teil der NZZ-Mediengruppe; architonic.com
Design
Z
IM BILDE
37
38
ZU TISCH
Z
Auf ein Glas mit
Charlie Chaplin
A
B
C
E
D
G
H
F
A
C
B
Charles Spencer
Chaplin jr.,
Charlie Chaplin
genannt, erblickt
am 16. April 1889
das Licht der
Welt – vermutlich
in London.
Fassung aus Bakelit
(19 Fr.), bei Edition
Populaire
Die berühmteste
Szene des SlapstickKomikers: Der
Tanz mit der
Weltkugel in der
Nazi-Parodie «Der
grosse Diktator»
von 1940, seinem
ersten Tonfilm.
Wolfram-Glühbirne
«Globe», Ø 11 cm
(21 Fr.), bei Edition
Populaire
D&E
Zwischen 1910 und
1912 geht Chaplin
mit einer Gruppe
von Pantomimen
in Amerika auf
Tour. So entdeckt
ihn die dortige
Filmindustrie.
Lupe, um 1940,
Horn und Knochen
(340 Fr.), bei
Two Rooms
Chaplins Mutter
Hannah Harriet
Chaplin ist
Tänzerin und
Sängerin, sein
Vater, Charles
Chaplin sr.,
Sänger und
Entertainer.
Glasvasen «Josef»
(je 68 Fr.),
bei Raum 49
F
G
«Das Zucken einer
Augenbraue, und
sei es noch so
unscheinbar, kann
mehr ausdrücken
als hundert
Worte.»
Teller «Base»,
Porzellan (24 Fr.),
von Piet Boon
für Serax, bei
Edition Populaire
H
Nach zahlreichen
Affären und drei
gescheiterten Ehen
trifft Chaplin die
Schauspielerin
Oona O’Neill. Sie
heiraten 1944, die
Ehe hält bis zu
Chaplins Tod 1977.
Kerzenhalter
(je 60 Fr.), von
Jens Quistgaard,
bei Raum 49
I
Wiederholt muss
sich Chaplin
gerichtlich gegen
Schauspieler
wehren, die ihn
kopieren.
Handgefertigte
Glasteller
(je 19 Fr.),
bei Artiana
J
Am bekanntesten
ist Chaplin als
«Tramp» mit
überweiten
Klamotten,
watschelndem
Gang – und den
Manieren eines
Gentlemans.
Servicewagen
(662 Fr.), von
Herbert Hirche,
bei Raum 49
1915 wird den
Amerikanern vom
«Motion Picture
Magazine» die
Krankheit
«Chaplinitis»
diagnostiziert.
Kerzenhalter,
Gusseisen
(65 Fr.), von
Jens Quistgaard,
bei Raum 49
ZU TISCH
Z
39
Tex t M A L E N A R U DE R
F o t o s N I C O L E B A C H M A N N S t y l i ng A L E L I L E A L F Ü R S T U DI O L A R D O
Setzen Sie sich doch, Herr Chaplin, bei einem so umtriebigen Leben kann man schon
einmal müde werden. Unzählige Auftritte, fast vierzig Filme, vier Ehen, elf Kinder und seit
diesem April auch noch ein eigenes Museum am Genfersee – wir gratulieren!
I
R
J
P
Q
K
L
M
N
S
O
T
U
K
L&M
Acht Kinder
bekamen Oona
und Charlie.
«Mama liebte es,
Kinder zu haben,
und Papa liebte
es, sie schwanger
zu sehen», so
Geraldine Chaplin,
eine der Töchter.
Teller (35 Fr.),
von Wedgwood,
bei Globus
N&O
«Filmemacher
sollten bedenken,
dass man ihnen
am Tag des
Jüngsten Gerichts
all ihre Filme
wieder vorspielen
wird.»
Aus erster Ehe
hat Chaplin zwei
Söhne. 1945
erkannte er nach
einem Prozess
die Vaterschaft
einer unehelichen
Tochter an.
Gabel (Fr. 10.90)
und Glas
«Amuse Bouche»
(Fr. 3.90), beides
bei Globus
Becher und
Schälchen,
Keramik aus Japan
(ab 45 Fr.),
bei Raum 49
P
Q
Während der
McCarthy-Ära
wird Chaplin, der
in den USA lebt,
kommunistischer
Machenschaften
verdächtigt. 1952
zieht er deshalb
nach Europa.
Tischleuchte
«Elmetto»
(220 Fr.),
bei Artiana
R
Chaplins Vater
starb 1901 an den
Folgen seiner
Alkoholsucht, die
Mutter wurde
psychisch krank
– Charlie und sein
Halbbruder waren
früh auf sich
allein gestellt.
Rotweinkelch
(je Fr. 2.90),
bei Globus
Charlie Chaplin
S
Nicht nur als
Komiker, auch
als Schauspieler,
Komponist,
Drehbuchautor,
Regisseur und
Produzent wird
Chaplin berühmt.
Giesskanne,
massives Messing
(1500 Fr.), von
Werkstätte
Carl Auböck
U
T
Den typischen
Schnurrbart legt
sich Chaplin
zu, um älter zu
wirken. Um seine
Mimik nicht zu
verdecken, wählte
er einen sehr
kleinen Schnauz.
Löffel, Porzellan
(9 Fr.), bei Edition
Populaire
«Arbeiten heisst
leben, und ich
liebe es zu leben!»
Grillpfanne
«Yakiyaki»,
Gusseisen (320 Fr.),
bei Limited Stock
Im Dezember
1952 bezieht die
Familie Chaplin
das Anwesen
Manoir de Ban bei
Corsier-sur-Vevey,
den heutigen
Sitz des Museums
«Chaplin’s
World».
Tischtuch
«Ebba» (Fr. 99.90),
bei Globus
ZENIT
40
Z
Der Wald im Wohnzimmer
Holz ist heute mindestens so hip wie heimelig – ob in Form eines einfachen Stuhls oder eines
ganzen Opernhauses, es nährt die Sehnsucht nach Ursprünglichkeit, Natur und einer ökologischen
Lebensweise. Doch Holz ist auch ein Werkstoff mit hohen konstruktiven und ästhetischen
Qualitäten, der gerade in der Schweiz auf sehr vielfältige Art und Weise Verwendung findet
TEXT D AV I D S T R E I F F C O R T I
Es passt in eine Zeit, in der selbst unter Städtern ein buschiger Vollbart
mehr gilt als eine glattrasierte Wange, dass ein Werkstoff ins Rampenlicht
rückt, den die Pfahlbauer bereits im 5. Jahrtausend vor Christus verwen­
det haben. Holz ist unprätentiös, urtümlich, ehrlich, sinnlich und aus den
gestalterischen Disziplinen nicht mehr wegzudenken. Man sieht es an
Möbelmessen schon seit einiger Zeit wieder in unterschiedlichsten
Formen und Farben: bald filigran verarbeitet, bald überraschend kom­
biniert, bald bieder, bald skulptural, derzeit aber vor allem naturbelassen,
rau, archaisch. Zusammengenommen kommen so Jahr für Jahr ein paar
Kubikmeter Buche, Eiche, Esche, Nuss­ oder Kirschbaum dazu – und mit
den Hölzern eine Reihe von renommierten Gestaltern wie Konstantin
Grcic, David Chipperfield oder Ronan und Erwan Bouroullec, die sich mit
dem Naturmaterial auseinandersetzen. Sie schwärmen ebenso von dessen
vielfältiger Verwendbarkeit wie von den konstruktiven Qualitäten, der
eigenständigen Ästhetik und der Wärme, die es ausstrahlt.
Die Produkte, die daraus hervorgehen, stillen das Bedürfnis einer
wachsenden Kundschaft. Denn Holz beruhigt als klimaneutraler,
nachwachsender Rohstoff unser Gewissen und weist Merkmale auf, über
die nur wenige andere Materialien verfügen: eine lebendige Benutzer­
oberfläche, ein haptisches Erlebnis, einen individuellen Ausdruck, einen
guten Geruch und nicht zuletzt einen sichtbaren Alterungsprozess, was
ihm eine menschliche Dimension verleiht. Holz trifft aber auch deshalb
den Nerv der Zeit, weil es oft noch von Hand oder mit Sägezähnen und
dem Hobelmesser verarbeitet wird – in Prozessen, die selbst für Laien
nachvollziehbar sind und damit einen willkommenen Kontrast zu einer
zunehmend digitalisierten, unnahbaren Welt bilden.
Wohl kaum jemand verkörpert diese Eigenschaften besser als eine
Möbelmanufaktur, die in den Hallen einer ehemaligen Glarner Textil­
druckerei, umringt von hohen Bergen, seit über hundert Jahren wider­
standsfähiges Buchenholz aus dem Jura zu hochwertigen, zeitlosen Stüh­
len verarbeitet – und dies grösstenteils in Handarbeit. Das Klischee der
stehengebliebenen Zeit muss man jedoch nicht bedienen, wenn man über
Horgenglarus spricht. Denn ausser dem Fabrikgebäude von 1840 ist hier
nicht viel stehen geblieben. Man hat nur erhalten, was noch immer funk­
tioniert. Zum Beispiel Biegemaschinen, die seit Jahrzehnten zuverlässig
ihren Dienst verrichten. Oder Schreiner, Ingenieure und Polsterer, die
Holz
GANZ OBEN Buchenwald
in voller Pracht.
OBEN Einsatz einer
computergesteuerten
Maschine in der
Möbelmanufaktur von
Horgenglarus.
RECHTS Die Stühle
von Horgenglarus
werden in Handarbeit
gebeizt.
FOTOS: MARTIN RUEGNER / MASTERFILE, PD
Z
ihr ganzes Produktionswissen einbringen und
jüngere Kollegen anleiten, damit jährlich über
24 000 Stühle produziert und in alle Welt verschickt werden können. Mit sichtlichem Stolz
und einer beeindruckenden Ruhe inspizieren
sie das Holz, schneiden es zu, bedampfen es in
einem altertümlichen Ofen, um es dann zu einer
Zarge zu biegen, die mit der Sitzfläche verleimt
und verpresst wird. Bei der Montage der einzelnen Teile, beim Beizen, Lackieren und Schleifen
geht man nicht minder sorgfältig ans Werk – so,
wie man es hier bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert getan hat.
«Das ist keine Show, kein Ballenberg», sagt
Marco Wenger, der Geschäftsführer des Traditionsunternehmens. Von einer Verklärung des
Handwerks möchte er nichts wissen. «Wir sind
wirtschaftlich im Denken und leisten uns keinen
Prozess aus romantischen Gründen», sagt der
gelernte Schreiner, Holztechniker und Betriebswirt. Hand angelegt wird nur, wenn es auch Sinn
ergibt. Den Rest erledigt eine computergesteuerte Maschine: Computerized Numerical Control
(CNC). «Die CNC-Technologie hat die Branche
revolutioniert», sagt Wenger. Mit der Präzision
und Geschwindigkeit, mit der diese Maschinen
sägen, fräsen oder bohren, kann es auch ein erfahrener Handwerker nicht aufnehmen. Zudem
schaffen die Geräte es durch ihre Beweglichkeit
und die Computerprogramme, die sie mit digitalen Plänen und Informationen füttern, Formen
und Radien zu bearbeiten, die am Reissbrett und
an der Werkbank kaum zu realisieren wären.
Doch längst nicht für jeden Arbeitsschritt ist es
sinnvoll, eine CNC-Maschine einzusetzen. Gerade bei einem solch lebendigen Material wie
Holz ist es unabdingbar, dass ein menschliches
Auge kontrolliert, welche Bretter und Abschnitte sich für welche Verwendung eignen.
«Mich fasziniert, dass man aus so etwas
Rohem und Natürlichem wie Holz etwas so Präzises und Elegantes wie diese Stühle machen
kann», sagt Wenger. Und an genau diesen Eigenschaften liegt ihm viel. Der Tendenz, Holz in
immer rudimentäreren Formen, rauerem Ausdruck und gröberen Dimensionen zu präsentieren, möchte er deswegen nicht nachgeben. Bei
Horgenglarus wird Holz aufgrund seiner konstruktiven Qualität geschätzt, es ist nicht einfach nur eine Ober- oder Projektionsfläche. So
zeigt man die sonst oft in Schwarz gehaltenen
Stühle zwar immer öfter auch naturbelassen,
doch von Marketingkonzepten wie dem ChaletChic ist man weit entfernt. Vielmehr rüsten
sich im Glarnerland Architekten und Gestalter
wie Gigon Guyer, Max Dudler oder Frédéric
Dedelley mit Mobiliar für ihre Projekte aus. Beständigkeit und schlichte, zeitlose Formen werden einem schnelllebigen Trend deshalb vorgezogen. Schliesslich sitzen nicht nur die Gäste
der Zürcher «Kronenhalle» auf Mobiliar aus
dem Glarnerland, sondern auch die Vereinigte
Bundesversammlung – und dies seit 1902. Wenn
Wenger auf Möbelmessen gelobt wird, er habe
mit seiner Firma den Zeitgeist getroffen, sei ihm
deswegen ein Schmunzeln erlaubt.
Im Zusammenhang mit Holz von einem
Trend zu sprechen, klingt denn auch tatsächlich
etwas eigenartig. Schliesslich wurde das Naturmaterial bereits in der Jungsteinzeit nicht nur
als Brennstoff oder zur Herstellung von Werkzeugen, sondern auch als konstruktiver Baustoff
verwendet. Die Architektur in den Berggebieten
der Schweiz ist bis heute stark von Holzbauten
geprägt, und selbst im städtischen Raum erleben
wir nicht die erste hölzerne Renaissance seit der
Industrialisierung. Der gegenwärtig spürbare
Boom für den Werkstoff Holz sei bereits die
ZENIT
41
LINKS Radikal –
Sessel «Medici» von
Konstantin Grcic
für Mattiazzi.
RECHTS Nur dank
Computertechnologie
realisierbar: Stuhl
«Osso» von Ronan
und Erwan Bouroullec
für Mattiazzi.
UNTEN Konstantin
Grcic mit seinem
Stuhl «Chair B»
von BD Barcelona.
zweite Welle in der Schweiz, schreibt etwa
Kunsthistorikerin Katrin Künzi in einem Essay
für den Sammelband «Holz: Stoff oder Form».
Nachdem in den dreissiger Jahren des letzten
Jahrhunderts einige Anstrengungen unternommen worden seien, mit der Durchführung von
technischen Versuchen, Architekturwettbewerben und Publikationen zum Thema die Branche
in praktischer und wissenschaftlicher Hinsicht
weiterzubringen, sei Holz anlässlich der Landesausstellung 1939 gar zum «Rohstoff der Nation»
erhoben worden und in Form von Holzpavillons
auch entsprechend zum Einsatz gekommen.
Holz
Allerdings hielt das Hoch nicht ewig an. Im
Design entdeckte man die gestalterischen und
produktionstechnischen Möglichkeiten von
Kunststoff, was in den siebziger und achtziger
Jahren zeitweise in wahre Plastic-Orgien ausartete, die gut in eine Phase passten, die von
einer Faszination für die Massenproduktion
und einem Geist postmoderner Rebellion geprägt war. In der Baubranche setzte man hingegen immer stärker auf Beton, Stahl und Aluminium, teilweise aus wirtschaftlichen, aber
auch aus Gründen eines Imagewandels. «Man
sah im Holz ein sperriges, technisch schwer
42
ZENIT
Menge des
Holzes, das jährlich
in Schweizer
Wäldern wächst,
in Kubikmetern.
Der gesamte jährliche Holzverbrauch
in der Schweiz beläuft sich auf rund
11 Millionen Kubikmeter (5 Mio. davon
stammen aus heimischen Wäldern).
Von der Gesamtmenge wird gut die
Hälfte als Energieholz genutzt, 20 Prozent entfallen auf Papier und Karton
und gut 3 Prozent auf Landwirtschaft
und Gartenbau – so dass der stoffliche
Holz-Endverbrauch rund 27 Prozent
oder 3 047 300 Kubikmeter ausmacht.
Steigerung des
Holzeinsatzes bei
Mehrfamilienhäusern
in der Schweiz im
Vergleich zu 2009.
31 10 73
PROZENT
Holzwaren 5,7%
STOFFLICHER HOLZ-ENDVERBRAUCH
IN DER SCHWEIZ (2012)
Im Überblick
Anteil an der
gesamten Fläche
der Schweiz,
der heute mit Wald
bedeckt ist.
Z
MILLIONEN
Seit Thonet im 19. Jahrhundert
die ersten Bugholzstühle
produzierte, haben sich die
Möglichkeiten, Holz in den
Dienst von Form und Funktion
zu stellen, vervielfältigt.
Verpackung
14,3%
Möbel und
Innenausbau
30,7%
Quelle: Berner Fachhochschule / Institut
für Holzbau, Tragwerke und Architektur
PROZENT
berechenbares Baumaterial für einfache oder
temporäre Bauten ohne architektonische Reprä­
sentationskraft», schreibt Künzi.
Dass dem heute nicht mehr so ist, hat be­
stimmt ebenso stark mit einem gesteigerten
Umweltbewusstsein und einer Sehnsucht nach
Urtümlichkeit wie mit einem gewissen Über­
druss an allzu makellosen und künstlichen
Oberflächen zu tun. Doch die neu entflammte
Faszination für Holz allein psychologisch oder
formalästhetisch zu deuten, greift zu kurz. Vor
allem in Bezug auf jene, die damit arbeiten.
«Es sind nicht zuletzt die positiven techni­
schen Eigenschaften, die Holz zu einem vielsei­
tig eingesetzten Werkstoff machen», sagt Prof.
Dr. Heiko Thömen von der Berner Fachhoch­
schule Architektur, Holz und Bau (BFH-AHB).
Diese seien unter anderem seine hohe Trag­
fähigkeit bei relativ geringem Gewicht oder die
guten Wärmedämm­Eigenschaften aufgrund
seiner zellulären Mikrostruktur und geringen
Dichte. Da sein Potenzial jedoch noch lange
nicht ausgeschöpft sei, werde mit Hochdruck
an einer Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten
des natürlichen Rohstoffs gearbeitet, erklärt
Thömen.
An der BFH in Biel, wo Architekten, Inge­
nieure und Holztechniker ausgebildet werden,
aber auch angewandte Forschung und Entwick­
lung betrieben wird, zielt man dabei vor allem
auf die Optimierung der Holzeigenschaften. «Es
gibt beeindruckende Fortschritte, sei es durch
gezielte Funktionalisierung von Holz auf chemi­
scher oder mikroskopischer Ebene oder bezüg­
lich Verbindungen mit anderen Materialien»,
sagt Thömen. Funktionalisierung bedeutet
nichts anderes, als dass man durch gezielte Ein­
griffe den inhomogenen Rohstoff Holz homo­
genisiert, vermeintliche Schwächen ausmerzt
und einen Holzwerkstoff schafft, der über neue
Eigenschaften verfügt, die dann wiederum com­
putergestützt berechnet werden können.
Holz ist also längst nicht mehr nur einfach
jenes warme, grüne und urtümliche Natur­
material, als das es häufig wahrgenommen wird.
Holzmöbel, die massiv aussehen, können heute
verblüffend leicht und flexibel sein – scheinbar
Fragiles entpuppt sich hingegen nicht selten
als hart und solid. Man arbeitet mit der Ver­
dichtung von Weichholz, Verbindungsteilen, die
sich verflüssigen und in die Poren des Holzes
eindringen, oder mit Holzwerkstoffen wie MDF
und Verbundplatten. Während Fachleute der
BFH derzeit versuchen, Holz mit wasserab­
weisenden und UV­beständigen Eigenschaften
auszustatten, beschäftigt man sich an der ETH
Zürich schon seit längerer Zeit mit der Entwick­
lung von magnetischem oder nichtbrennbarem
Holz. Manche Möbelhersteller gehen so weit,
dass sie Holzpartikel wie Späne und Fasern
Holz
Bauwesen
46,9%
Holz im
Aussenbereich
2,4%
mit Kunststoff zu sogenanntem Wood­Plastic­
Composites vermischen, um mit einem flüssi­
gen Ausgangsmaterial arbeiten zu können, das
die Anwendung von Gussverfahren erlaubt.
Weil die dabei entstehenden Bauteile jedoch
bezüglich Haptik und Erscheinung eher den
Kunststoffen zuzuordnen seien, hätten solche
Verfahren noch keinen signifikanten Einfluss
auf das Design von Holzmöbeln, sagt Thömen.
Im Gegensatz dazu wirkt sich der technolo­
gische Fortschritt hinsichtlich der Verarbeitung
von Holz durchaus auf die Gestaltung aus. Seit
Michael Thonet Mitte des 19. Jahrhunderts die
ersten Bugholzstühle produzierte, haben sich
die Möglichkeiten, Holz in den Dienst von Form
und Funktion zu stellen, vervielfältigt. Neben
traditionellen Verfahren wie dem Dampfbiegen
oder Schichtverleimen, die auch heute noch ak­
tuell sind, kommen vor allem computergesteu­
erte Maschinen zum Einsatz. Die CNC­gestütz­
te Fertigung, die sich mittlerweile über sämtli­
che Bereiche der möbelproduzierenden Branche
erstreckt, hat nicht nur viele Prozesse rationali­
siert und beschleunigt, sondern auch eine Frei­
heit hinsichtlich Formgebung und Gestaltung
geschaffen, die früher nicht vorstellbar war.
Diese Möglichkeiten in Verbindung mit einer
handwerklichen Perfektion beflügeln die Phan­
tasien mancher Gestalter.
Die Entwicklung im Umgang mit Holz
beschränkt sich allerdings nicht auf Möbel.
Mindestens so einschneidend sind die techni­
schen Fortschritte in Bezug auf die Architektur.
Wer einen Blick in Gegenwart und Zukunft des
Holzbaus werfen möchte, kann dies in Gossau
(SG) tun. Auf dem Erlenhof, etwas ausserhalb
der Gemeinde, unterhalten die Blumer­Leh­
mann AG und ihre Schwesterfirmen nicht nur
eine Sägerei, eine Produktion für Holzpellets
und ein eigenes Kraftwerk, sondern auch eine 60
Meter lange CNC-Maschine, für die eigens eine
Halle gebaut werden musste. Auf dem ausladen­
den Areal fertigt man komplette Schulhäuser aus
Holz, die auf der Baustelle innerhalb eines ein­
zigen Tages passgenau montiert werden können.
Grosses Potenzial sieht Katharina Lehmann, die
Verwaltungsratspräsidentin des Familienunter­
OBEN Golfklubhaus
«Haesley-Nine
Bridges» im
südkoreanischen
Yeoju von
Shigeru Ban mit
Blumer-Lehmann.
UNTEN Arbeiten am
Skelett-Tragwerk
des Tamedia-Gebäudes
in Zürich von
Shigeru Ban und
Blumer-Lehmann.
Z
ZENIT
nehmens, zudem bei Mehrfamilienhäusern und
ganzen Siedlungen aus Holz, die seit einiger Zeit
auch den städtischen Raum zurückerobern. Das
liegt nicht nur an den Brandschutzvorschriften,
die vor gut zehn Jahren gelockert wurden, wo­
durch mehrgeschossige Holzbauten überhaupt
möglich wurden, sondern ebenso sehr an den
konstruktiven und verarbeitungstechnischen
Qualitäten des Materials. «Der Holzbau besitzt
einen hohen Vorfertigungsgrad, braucht keine
Austrocknungszeit, geht schnell voran und
verfügt über eine Leichtigkeit, die besonders für
Aufstockungen interessant ist», sagt Lehmann.
So offenkundig die Vorzüge des Baustoffs
sind, grösseres Aufsehen erregen vor allem
öffentliche Bauten wie Opernhäuser, Botschaf­
ten oder Geschäftssitze für grosse Medienkon­
zerne, die plötzlich in Holz statt Stein daherkom­
men. Dabei hilft es, wenn hinter dem Entwurf
bekannte Architekten wie Herzog & de Meuron,
Norman Foster oder Shigeru Ban stecken. Dies
lenkt nicht nur die Aufmerksamkeit eines brei­
ten Publikums auf das sinnliche Baumaterial,
sondern verleiht auch jenen wichtige Impulse,
die für die Entwicklung der entsprechenden
Konstruktionen beziehungsweise die technische
Umsetzung der architektonischen Entwürfe zu­
ständig sind – und dies sind nicht selten und
besonders in komplexen Fällen die Ingenieure
und Zimmerleute von Blumer­Lehmann.
«Die Auseinandersetzung mit dem Material
und den Konstruktionen hat in den letzten
Jahren eine grosse Tiefe bekommen», sagt Leh­
mann. Gerade der japanische Architekt Shigeru
Ban geht weit über die formalen Aspekte des
Holzbaus hinaus. Bei ihm übernimmt Holz nicht
einfach nur eine Hüll­ oder Schutzfunktion, son­
dern bildet das Tragwerk. Zudem macht er die
Struktur eines Gebäudes zu einem sichtbaren
Teil der Architektur, was einerseits spektakuläre
Ausdrucksformen schafft, andererseits aber auch
die vielfältigen Möglichkeiten von Holz sichtbar
macht. Vor allem für freie, organische Formen
eigne sich dieses hervorragend, weil man aus
Jörg Boner
Der Gestalter Jörg Boner (*1968)
absolvierte vor seinem Design­
studium eine Schreinerlehre. Seit
2001 führt er ein eigenes Studio in
Zürich und hat bereits zahlreiche
Produkte und Projekte in Holz
realisiert – u. a. für Atelier Pfister,
Dadadum und Wogg. Ausserdem
ist Boner in der Jury des Prix Lignum,
mit dem der Dachverband der Holz­
wirtschaft alle drei Jahre den innova­
tiven, hochwertigen und zukunftswei­
senden Einsatz von Holz auszeichnet.
FOTOS: MILO KELLER, THOMAS ROHNER, ST. GALLEN / LIGNUM, PD
joergboner.ch
Holz ziemlich schnell und einfach verschiedenste
Geometrien herausfräsen könne, während man
für dieselben Bauteile in Beton zuerst eine Nega­
tivform brauche und dieselben Prozesse in Stahl
sehr teuer seien, erklärt Lehmann. Shigeru Bans
Entscheidung, das Centre Pompidou in Metz
oder den neuen Hauptsitz von Swatch in Holz zu
bauen, hat demnach mindestens so sehr mit den
verarbeitungstechnischen und wirtschaftlichen
wie mit den ästhetischen oder umweltbezogenen
Qualitäten des Materials zu tun.
Die Argumente für den Werkstoff Holz sind
die gleichen, ob es um Design oder Architektur
geht: «Holz liegt im Trend», sagt Lehmann, «weil
es sympathisch, nachhaltig, umweltfreundlich
und der einzige Rohstoff ist, über den die
Schweiz verfügt.» Ohne die Entwicklung zahl­
reicher Holzwerkstoffe in den letzten Jahren und
den Einzug der EDV in den Produktionsprozess
wären Bauprojekte wie jene von Shigeru Ban je­
doch nicht möglich. Holz wird dadurch homoge­
ner und berechenbarer, während die Computer­
technologie es ermöglicht, komplexe dreidimen­
sionale Strukturen zu zeichnen, zu fräsen, zu
fertigen und vorzumontieren – je digitaler die
Welt, desto freier der Entwurf, so Lehmann.
Doch auch wenn man heute mithilfe einer
Software dreidimensionale Pläne anfertigt und
Daten direkt an die Holzverarbeitungsmaschine
überträgt, kommt ein Gebäude nicht einfach
per Knopfdruck aus der Maschine. Neben einer
sorgfältigen Planungsarbeit, die beim Holzbau
ein sehr umfassendes konstruktives Verständnis
voraussetzt, wird auch noch viel Hand angelegt.
Dieser Spagat zwischen traditionellem Hand­
werk und modernster Fertigung fasziniert Mö­
belproduzenten und Holzbauunternehmen glei­
chermassen. Und vielleicht ist diese Verbindung
der Grund dafür, weshalb Holz seine Sinnlich­
keit auch im Zeitalter der technischen Repro­
duzierbarkeit nicht verliert – vorausgesetzt, man
kann es bezüglich Aussehen und Haptik noch
mit Holz assoziieren, egal ob es als Vollbart oder
als rasierte Wange daherkommt.
UNTEN Opernhaus
aus Holz: Das
Kilden Performing
Arts Center
in Kristiansand,
Norwegen, von
ALA Architects
mit Blumer-Lehmann.
Weshalb arbeiten Sie gerne mit Holz?
Jörg Boner Holz ist heimtückisch, das
gefällt mir an diesem Werkstoff. Es
lassen sich nicht einfach allgemeine
Datenblätter zu seinen jeweiligen
Eigenschaften erstellen. Viel zu stark
werden Qualität, Aufbau, physikali­
sche und farbliche Eigenschaften
über klimatische, ortsspezifische und
andere Bedingungen gesteuert und
beeinflusst. Das zieht sich weiter in
die Bearbeitung. Was bei einem Stück
funktioniert, muss beim nächsten in
keiner Art und Weise funktionieren.
Diese Individualität gefällt mir. Holz
ist ein launisches Material.
Welche Vorteile besitzt Holz gegenüber anderen Werkstoffen aus gestalterischer und konstruktiver Sicht?
JB Seine Vielfältigkeit. Es ist beinahe
so, dass jede Holzart ein eigenes Mate­
rial darstellt, das sich sehr klar von
anderen Holzarten abgrenzt.
Jörg Boner mit dem «Wogg 50».
43
Welche Nachteile weist Holz auf?
JB Holz muss man ernten. Es muss
wachsen. Man muss es aus dem Wald
bringen. Es muss aufgeschnitten
werden. Die Prozesse sind lang. Das
hat Auswirkungen auf den Preis. Der
Holz
Kostendruck ist enorm, und man
muss sehr erfinderisch sein, wenn
man die Holzproduktion, die ja
per se regional ist, auch in der Region
behalten will.
Inwiefern hat sich die Arbeit mit
Holz aufgrund neuer Verarbeitungstechnologien und Holzwerkstoffe
in den letzten Jahren verändert?
JB Da ist ein grosser und vielver­
sprechender Wandel im Gange. Holz
und die digitale Produktion nähern
sich einander immer mehr an. Darin
liegt viel Potenzial.
Welche Technologien und
Materialien in Zusammenhang
mit Holz sind für Ihre Arbeit von
besonderem Interesse?
JB Ich mag eine relativ alte Technik
sehr gerne, die Verformung durch
abgesperrtes Holz. Dazu braucht
es Werkzeuge, das heisst Formen.
Dieses Vorgehen erinnert an den
Kunststoffspritzguss. Wenn sich
nun die werkzeugbasierte Fertigung
mit neuen holzartigen Komposit­
Materialien noch näher dem Kunst­
stoffspritzguss annähert, dann wird
es abermals spannender.
Hat das auch einen Einfluss auf
Ihre Entwurfsprozesse und die
Formensprache?
JB Auf jeden Fall. Leider muss in der
Möbelbranche im Moment alles so
aussehen wie in den sechziger und
siebziger Jahren. Aber das werden
wir auch noch überstehen. Vielleicht
wird die Zeit danach einmal reif
für eine Formensprache, die wieder
etwas mit der Art und Weise der
Produktion zu tun hat.
Wie erklären Sie sich den nun schon
seit einigen Jahren anhaltenden
Holz-Boom im Bereich Design und
Architektur?
JB Holz verspricht Authentizität, es
wird mit Wärme assoziiert, und ihm
wird ein guter ökologischer Fussab­
druck attestiert. Offensichtlich sehnt
sich die Gesellschaft nach diesen
drei Attributen. Alle diese tollen
Eigenschaften können jedoch sehr
schnell ins Gegenteil kippen. Denn
die Sache geht nur auf, wenn Holz
regional bleibt. Wenn es also auch
dort verarbeitet und genutzt wird, wo
es wächst.
Interview: David Streiff Corti
44
Z
DESTINATION
Diskobucht
Tex t un d F o t o s F R A N Ç O I S E S A L A M Í
I M N AT U R PA R A DI E S G R Ö N L A N D F Ü H LT S I C H D E R M E N S C H W IN Z I G A N G E S I C H T S D E R
DI M E N S I O N E N , DI E S I C H I M L A N D U N T E R D E R M I T T E R N A C H T S S O N N E E R Ö F F N E N
Kalaallit Nunaat – so nennen die Grönländer ihr Heimatland – bedeutet in der Sprache der Inuit «Land der Menschen». Und doch
leben dort auf einer Fläche, so gross wie Westeuropa, weniger
Leute als in Lugano. Auf Dänisch wiederum heisst Grönland
«grünes Land» – obwohl die grösste Insel der Welt zu 80 Prozent
mit Eis bedeckt ist. Ein Land der Widersprüche? Mitnichten.
Als Erik der Rote im Jahr 982 die Südspitze Grönlands entdeckte,
betrat er tatsächlich üppiges Weideland. Damals ahnten die Wikinger nicht, dass sich Grönland über 24 Breitengrade in den Norden
erstreckt. Erst später schafften sie es in die eisige Welt der heutigen Diskobucht nördlich des Polarkreises.
Am Ostrand dieser Bucht liegt Ilulissat, die drittgrösste Stadt
der Insel mit 4491 Einwohnern und fast so vielen Schlittenhunden.
Bunte Häuser aus der Kolonialzeit, zwei markante Öltanks und ein
vereister Hafen mit unzähligen Fischkuttern prägen das Ortsbild.
Unweit von hier fliesst der Jakobshavn Isbræ mit einer Geschwindigkeit von 14 Kilometern pro Jahr ins Meer. Er ist nicht nur der
schnellste, sondern auch der produktivste Eisstrom der Welt: An
seiner Gletscherfront bricht jährlich das dreifache Volumen des
Aletschgletschers ab. Auf markierten Wanderwegen lässt sich das
Reich der Eisberge entlang des Ilulissat-Eisfjords, der 2004 zum
Weltnaturerbe der Unesco ernannt wurde, erkunden. Gigantische
Eisschlösser, die bekanntlich nur ihre Spitze zeigen, ragen aus
dem Meer und bersten zuweilen auseinander.
Nur ein Rundflug kann das Erlebte übertreffen: Vom Kleinflugzeug aus eröffnet sich die volle Dimension einer spektakulären
Gletscherwelt, die sich in der weissen Unendlichkeit des Inlandeises verliert. Zwischen den Siedlungen gibt es keine Strassen. Ein
Weiterkommen ist nur per Flugzeug, Helikopter oder Schiff möglich. Die Bootsfahrt zur hundert Kilometer entfernten Diskoinsel,
bekannt für ihre Pflanzenvielfalt, dauert rund vier Stunden.
Qeqertarsuaq ist mit 871 Seelen die einzige Stadt auf einer Insel,
die so gross ist wie Korsika. Die rötlichen Basaltberge kontrastieren mit der gleissenden Eiskappe, die sie bedeckt. Es ist der einzige
Ort in ganz Grönland, wo Touristen auch im Sommer das Abenteuer einer Schlittenhundefahrt erleben können.
«Gib mir Schnee, gib mir Hunde, und den Rest kannst du
behalten», lautet ein Zitat des Polarforschers Knud Rasmussen, der
vor hundert Jahren auf seinen Thule-Expeditionen die Kultur der
Polarinuit in Nordgrönland erforschte und in dessen Geburtshaus
sich heute das Ilulissat-Museum befindet. Rasmussens Worte
vermitteln eindrücklich, wie die Inuit in dieser unwirtlichen, gar
menschenfeindlichen Gegend überlebt haben. Und sie belegen,
dass Grönland eben doch ein Land für Menschen ist.
IN F O R M AT ION
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G R Ö N L A N D (K A L A A L L I T N U N A AT )
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B e s t e R eis e zei t J U N – S E PT
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−4
9° C
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Grönland
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55 984
GR E E N L A N D.C O M
46
DESTINATION
Z
Wenige Touristen verlieren sich auf die Diskoinsel. Wer dennoch hinreist, kann sich ganzjährig
von Schlittenhunden in hohem Tempo über das Gelände und über Gletscherspalten ziehen
lassen. Die 96-Seelen-Siedlung Ilimanaq an der Diskobucht zählt gar mehr Hunde denn Menschen.
Grönland
Z
DESTINATION
In Ilulissat, mit 4491 Einwohnern drittgrösste Stadt Grönlands, machen viele Kreuzfahrtschiffe
halt – sofern der Hafen eisbergfrei ist. Und wer im nahegelegenen Hotel Arctic absteigt, dem
nördlichsten Viersternehotel der Welt, der geniesst atemberaubende Blicke auf die Diskobucht.
Grönland
47
Exklusive Eigentumswohnungen in Davos
Perspektivenwechsel
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InterContinental Davos ist
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Als gäbe es kein Morgen
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DE R Z E I T E IN F R IS C H E R W IN D D U R C H DIE B A U F Ä L L IGE N A C HB A R S C H A F T. L O K A L E MI T E IN E R P O L I T I S C H E N A GE N D A S IN D
S O S E L B S T V E R S TÄ N DL IC H W IE F L Ü C H T L IN GE A L S P E R S ON A L U N D V E G A N E S P E IS E N
Tex t und F o t o s M A R T I N A S T R U L
1909 begannen die ersten jüdischen Familien im angrenzenden
Sandland des über 3000 Jahre alten Hafens in Jaffa, eine Stadt zu
erbauen, die sie Alt-Neuland nannten oder auf Hebräisch: Tel Aviv.
Innert Kürze verwandelte sich die Stadt am Mittelmeer zum
Zentrum des weltlichen Judentums. Hier gibt es keine offiziellen
Stadtbezirke. Man unterteilt lediglich in Nord-, Zentral-, Süd-TelAviv und Jaffa. Waren es einst der Bauhaus-gesäumte Norden und
die Stadtmitte, welche die Bohemians Israels anzogen, wurden
diese in den letzten Jahren – aufgrund der rasant steigenden
Mietpreise – vermehrt nach Süd-Tel-Aviv und Jaffa gedrängt.
Durch die Renovierung des alten Hafens in Jaffa wurde rund um
den Flohmarkt eine Welle der Gentrifizierung losgetreten, welche
den vernachlässigten Süden zwar aufwertet, aber auch da die
Mieten rapide ansteigen lässt.
Seit der Protestwelle gegen die hohen Lebenskosten im Juli
2011 ist in Süd-Tel-Aviv eine Vielzahl kreativer Freiräume entstanden, die der Weissen Stadt Farbe ins Gesicht zaubert. Noch weiter
südlich, auf dem Flohmarkt mitten in der pittoresken Altstadt
Jaffas, reihen sich hippe Designershops zwischen die Trouvaillen
der Trödelläden, und lauschige Cafés laden zum Verweilen ein.
Eine Vielzahl neuer Lokale sorgt für Farbtupfer im lebhaften
Wirrwarr aus Alt und Neu. Hier verwandeln sich die Cafés abends
in Bars und sorgen dafür, dass diese Gegend auch nachts ein
beliebter Treffpunkt bleibt.
Bevor der heruntergekommene Charme des Südens ganz der
Gentrifizierung zum Opfer fällt, entwickeln sich Jaffa und SüdTel-Aviv weiterhin zu einem einzigartigen Schmelztiegel, der die
Agenda der Linken, Palästinenser, Flüchtlinge und derjenigen der
LGBT-Szene in Form eines lebhaften Aktivismus nach aussen
trägt. Die Stadt verführt zwar noch immer zur Illusion des «als
gäbe es kein Morgen», doch die hohen Unterhaltskosten und die
Unberechenbarkeit des Nahostkonflikts zwingen die Menschen
zu einem Gesinnungswandel. Aus einer Notwendigkeit heraus
verbindet Tel Aviv hemmungslosen Hedonismus mit politischem
Engagement zu einem Lebensgefühl, das derzeit auf mehr Nachhaltigkeit abzielt und dabei unwiderstehlich inspirierend ist.
Süd-Tel-Aviv und Jaffa
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SHOPPING
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SHALMA ROAD
02
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KULTUR
04 – Jaffa Art Salon
04 Galerie
Jaffa Art Salon
Die Kuratoren des Jaffa
Art Salon gehören zu
den Pionieren, wenn es
darum geht, palästinensische Kunst einer
israelischen Öffentlichkeit zugänglich zu
machen. In der Galerie
am Hafen gibt es nebst
Kunstwerken auch
Malzubehör und Postkarten zu kaufen.
06 Flohmarkt
07 Delikatessen
08 Einkaufen
Jaffa Flea Market
Perfekt für VintageFreunde und Liebhaber
von Kitsch: Angesichts
der orientalischen
Trödel-Trouvaillen auf
dem Flohmarkt von
Jaffa nahe der pittoresken Altstadt sitzt Touristen und Einheimischen das Geld locker
in der Tasche. Offen
Sonntag bis Freitag.
Levinsky Market
Der Levinsky Market
ist das Pendant des
bekannteren ShukHaCarmel-Marktes im
Zentrum der Stadt.
Freitags versüssen sich
Süd-Tel-Aviver hier das
Wochenende: Gewürze,
Datteln, Antipasti und
Co. betören Nase und
Auge gleichermassen.
Ecke HaAliya Street /
HaTachana
Das lauschige Quartier
Neve Tzedek in Strandnähe ist perfekt für
einen Shopping-Tag mit
Stopp im umgebauten
alten Bahnhof von
Tel Aviv. Zwischen alten
Bahnwagen findet sich
eine gute Auswahl an
Kleider- und Designläden mit israelischer
Handschrift.
Olei Zion / Margoza Street
Levinsky Street
hatachana.co.il
«Kuli Alma»
jaffaartsalon.com
07 – Levinsky Market
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FLO RE NTIN STREET
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STREET
08
DR E
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Tel Aviv ist eine weltberühmte Partystadt. Im Süden feiert man
im «Kuli Alma» (kulialma.com), dem In-Place schlechthin: Hinter
einer Metalltüre eröffnet sich ein zweistöckiges Bar-ClubGelände, wo Visuals und Graffiti so selbstverständlich sind wie
Kunstausstellungen. Oder in The Block (block-club.com),
einem Underground-Club: Hochstehender Sound trifft hier
donnerstagnachts auf Electro-freundliche Nachteulen.
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ILLUSTRATION: GIULIO MIGLIETTA
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Nanuchka
Die liebevoll zubereitete georgische Küche
begeistert, hier zeigt
sich die Vielfalt von
Tel Avivs veganem
Grossangebot: Jeder
Besuch wird hier
zum Happening, und
nicht selten tanzt
jemand auf der Bar.
SR
A la Rampa
Das «A la Rampa»,
versteckt in einer Seitenstrasse, zelebriert
Gemüse und «israelisiert» kulinarische
Klassiker: so auch das
Tiramisu, das mit
Labane (Frischkäse)
genauso gut schmeckt
wie das Original mit
Mascarpone.
II
Dallal
Food-Porn auf Weltklasseniveau: Die
Nachspeisen sind
unwiderstehlich, genau
wie der Hamburger,
der im Brioche-Teig
serviert und in der
hauseigenen Bäckerei
um die Ecke gebacken
wird.
N ST
REET
03 Georgisch und vegan
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02 Vegetarisch und hip
HAA
01 Salzig und süss
05 Theater
Nalaga’at
Bestechend und innovativ: Im Nalaga’at in
Jaffa sorgen taubblinde
Schauspieler für unvergessliches Theater,
das sein Publikum
dank Tourneen über
die Landesgrenzen
hinaus begeistert.
NORD-SÜD-DISKREPANZ
Um das Nord-Süd-Gefälle Tel Avivs nachzuempfinden, empfiehlt sich
ein Abstecher in den Norden oder eine Bauhaus-Tour durch die sogenannte
Weisse Stadt. Auch als Audio-Guide in verschiedenen Sprachen
erhältlich; Informationen auf bauhaus-center.com
nalagaat.org.il/en
Im Viertel Neve Tzedek
Süd-Tel-Aviv und Jaffa
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Strassenszene mit Synagoge
06 – Flohmarkt in Jaffa
E IN TAG IM L EBE N VON OR LY CHE N , 4 6 , UND
E L I E L I YA HU, 3 9 , C A F É- BE SI T Z E R
SCHLAFEN
09 Beste Lage in Jaffa
Market House
Hier schläft man auf den Überresten
einer byzantinischen Kapelle aus
dem 8. Jahrhundert, in der Lobby
lassen sich die Ruinen durch einen
Glasboden betrachten. Auf eindrückliche Weise interpretiert das Hotel,
das zu Israels bekannter BoutiqueHotel-Kette «Atlas Hotels» gehört,
Jaffas gegenwärtigen Zeitgeist im
Kontrast zwischen Alt und Neu.
08 – Boutique im HaTachana
HILFREICH
IN RESTAURANTS empfiehlt es
sich, immer zu reservieren.
TRINKGELDER sind in Restaurants,
Bars und Cafés üblich, 10 bis 20 Prozent
gelten als angemessen.
IN TAXIS sollte man sich stets
vergewissern, dass der Taxameter läuft.
Bei Touristen wittern die Fahrer oft
leicht verdientes Geld. Im Streitfall die
Taxinummer notieren.
atlas.co.il/market-house-hotel-tel-aviv-israel/
Street-Art
Orly, Gastronomin und Feministin mit syrischjemenitischen Wurzeln, und Eli, gelernter Koch
irakischer Abstammung, setzen sich als politische Aktivisten für die Gleichstellung aller
Bevölkerungsgruppen ein. Wenn ihr Café Albi,
auf Arabisch «mein Herz», um acht Uhr morgens öffnet, haben Orly und Eli bereits das
Küchenpersonal instruiert. Stammkunden
schlagen ihre Laptops auf oder tratschen über
eine bekannte Drag-Queen, die am Tag zuvor
hier Gast war. Draussen passiert ein orthodoxer
Jude die Vitrine des Lokals, hinter ihm tritt
ein Mädchen im Minirock und mit rasierten
Schläfen ein. Orly und Eli rauchen und planen
einen weiteren langen Arbeitstag, der bis zwölf
Uhr nachts dauert. Freizeit kennen sie nicht,
denn das «Albi» ist nicht einfach ein Lokal: Es
ist eine Herzensangelegenheit. Ein Zufluchtsort
für Flüchtlinge, Palästinenser und Obdachlose,
die hier gratis verköstigt werden – ein Auffangbecken all jener, die sich gegen die herrschenden Missstände in Israel einsetzen.
facebook.com/cafealbi
TRINKEN
12 – Hummus
09 – Hotel Market House
Café Albi
10 Hafenerlebnis
11 Multifunktional
Container
Die meisten Restaurants im neuen Hafen
Jaffas sind Touristenfallen, der «Container»
ist eine Ausnahme. Ein
perfekter Ort für einen
Apéro bei Sonnenuntergang mit Blick auf die
bunten Fischerboote.
Eine solide Bistroküche
und gelegentliche
Jam-Sessions runden
das Hafenerlebnis ab.
Puaa
Eine Institution auf
dem Flohmarktgelände:
Puaa Ladijensky, einst
Blumenverkäuferin,
beschloss vor 16 Jahren, nebst Sträussen
auch Tee anzubieten.
Dank grosser Nachfrage eröffnete sie bald
ihr eigenes Geschäft.
Heute ist das «Puaa»
neben Café und
Restaurant vor allem
eine beliebte Bar.
container.org.il
rol.co.il/sites/eng/puaa
SPEZIALITÄTEN
12 Der Klassiker
13 Dessert
14 Für Hungrige
15 Mit geheimer Zutat
Abu Hassan
Seit 1971 wird in diesem
arabischen Familienbetrieb hausgemachter
Hummus aufgetischt,
für viele Einheimische
gilt er als der beste der
Stadt überhaupt. Das
Kichererbsenmus wird
traditionsgemäss mit
Pita-Brot und Pickles
serviert.
Motran
«Knafeh» ist ein aus
dünnen Kadaif-Nudeln
(Engelshaarnudeln),
Frischkäse und Zuckersirup hergestellte orientalische süsse Spezialität. Israeli sind sich
einig: Bei «Motran»
in Jaffa schmeckt sie
am besten.
Dr. Shakshuka
Hier wird vom «Dr.»
das beliebte israelische
Gericht «Shakshuka»,
pochierte Eier in Tomatensauce, in diversen
Variationen serviert.
Auch lecker hier: Kebab
mit Kalb- oder Geflügelfleisch, in Israel
«Shawarma» genannt.
Lion Vbanav
Die besten «Bureka»,
Blätterteigtaschen mit
diversen Füllungen,
gibt es bei «Lion
Vbanav» in Jaffa. Der
Geheimtipp des beliebten Bureka-Bäckers:
Anstelle von Margarine
wird hier Rapsöl
verwendet.
Yefet Street 99
shakshuka.rest.co.il
Olei Zion Street 17, Jaffa
HaDolphin Street 1
Süd-Tel-Aviv und Jaffa
EWIGE
BAUSTELLE
Letzten Sommer haben in
Tel Aviv die Bauarbeiten
für das städtische Tramund S-Bahn-Netz Light Rail
begonnen. Optimisten
rechnen mit einer Fertigstellung im Jahr 2021,
Pessimisten prophezeien
die Inbetriebnahme erst
um 2025.
Strandleben
ZUGABE
52
Z
ZU GEWINNEN
Unbeschwer t die Sonne geniessen
1
2
4
3
GE W I N N E N S I E E I N E S V O N 2 2 L A N C A S T E R - S E T S À 2 3 0 F R A N K E N
1
E A U DE T O I L E T T E « L E PA R F U M S OL A I R E », 10 0 M L
2
« I N SHO W E R S E L F TA N L O T I O N », 2 0 0 M L
3
« S U N BE A U T Y DR Y T O U C H O I L S P F 5 0 », 15 0 M L
4
« S U N C O N T RO L F AC E F L U I D SP F 5 0 », 3 0 M L
Teilnahme schlus s
2 9 . M A I 2 0 16
zu- gew innen @ nz z .ch
Die Marke Lancaster, die 1946
unter der Sonne der franzö­
sischen Riviera gegründet wur­
de, feiert dieses Jahr ihren
70. Geburtstag. Seit sieben
Jahrzehnten hat sie eine Mis­
sion: Die Zeit anzuhalten. Um
diesen Traum zu verwirkli­
chen, wird beständig geforscht.
Im Bereich des Sonnenschut­
zes überzeugt Lancaster dieses
Jahr mit der Einführung der
patentierten «Full-Light-Technologie». Diese zielt auf 100
Prozent des heute bekannten
Lichtspektrums ab: UVA, UVB,
sichtbares Licht und Infrarot.
Verlost wird ein Sonnen-Duftund-Pflege-Set. Es enthält zwei
Sonnenschutzprodukte, welche
mit der neuen Technologie
entwickelt wurden: das «Sun
Beauty Dry Touch Oil SPF 50»
und das «Sun Control Face
Fluid SPF 50». Um vorzu­
bräunen, empfiehlt sich die «In
Shower Self Tan Lotion». Ab­
gerundet wird das Set durch
das neue Eau de Toilette «Le
Parfum Solaire», dessen Duft
von der legendären Lancaster­
Sonnenpflege inspiriert ist und
das ohne Angst vor Fleckenbildung in der Sonne getragen
werden kann.
Um zu gewinnen, schicken Sie
eine E-Mail mit Ihrem Namen
und Ihrer kompletten Adresse
an zu­gewinnen@nzz.ch.
Viel Glück!
Mi tarbei tende der N Z Z-Mediengruppe sind zur
Teilnahme am Wet tbewerb nicht berechtigt .
Aus den richtigen Einsendungen werden eine
Woche nach Erscheinen des Magazins in der
Redak tion die 2 2 L ose gezogen. Die Gewinner
werden schrif tlich benachrichtigt . Mit der
Teilnahme am Wet tbewerb erklären Sie sich
dami t einvers tanden, dass die Neue Zürcher
Zei tung AG alle für die Durchführung und
A bwicklung des Wet tbewerbs er forderlichen
Daten erhebt und diese für den Zei traum des
Wet tbewerbs speicher t . Ausserdem erklären
Sie sich dami t einvers tanden, dass Ihre Daten
für Marketingz wecke, zur Kundenpflege
und für personalisier te Werbung ver wendet
werden dür fen. Die Daten können zu diesen
Zwecken auch innerhalb der NZ Z-Mediengruppe
wei tergegeben und ver wendet werden.
Die Gewinnerlis ten werden nicht öf fentlich
publizier t . Der Recht sweg is t ausgeschlossen,
Mehr fachteilnahmen werden gelöscht .
Teilnahmeschluss für den Wet tbewerb is t
der 2 9 . 5 . 2 016 . Danach eintref fende E-Mails
werden nicht mehr berücksicht igt .
IMPRESSUM
Z – Die Substanz des Stils
is t ein Magazin der N Z Z
Chefredak tion
F elix E . Müller (fem.)
Nicole A l thaus (na.)
Redak tionelle Leitung
Malena Ruder (rud.)
Redak tion
Rober to Zimmermann (roz.)
(Ressor tlei tung S til / Z )
K im Dang (kid.)
Chris tina Hubbeling (chu.)
A nna Kaminsk y (aky.)
Peter Keller (kep.)
Oliver Schmuki (ols.)
David S treif f Cor ti (das.)
F lorian Zobl (fzo.)
Autoren
Bice Curiger, Sarah Illenberger,
Richard Kägi, Bet tina Köhler,
Mateo K ries, Manfred Paps t ,
Françoise Salamí, Mar tina S trul,
Barbara V inken
Ar t-Direction
Claudio Gmür (clg.)
L ayout
A lexandra Kojic (akc.)
Jürg S tur zenegger
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Eveline Roth (evr.)
Bildredak tion
A nton J. Erni (aje.)
Korrek torat
Eva Koenig, Barbara S tuppia
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Projek t verant wor tung
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Projek tleitung
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Mai 2016
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Davidof f
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Dior
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Givenchy
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Globus
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Holm
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Knoll
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Limited Stock
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Louis Vuit ton
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Mugler
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Neumark t 17
www.neumarkt17.ch
Nord3
www.nord3.ch
Prada
www.prada.com
Raum 4 9
www.raum49.ch
Teo Jakob
www.teojakob.ch
Tod’s
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Toppharm-Apotheke, Paradeplat z
www.toppharm.ch
Two Rooms
www.tworooms.ch
Vitra
www.vitra.com
Vitsœ
www.vitsoe.com
Wohnbedarf
www.wohnbedarf.com
Werkstät te Carl Auböck
www.werkstaette-carlauboeck.at
Z
ZUTAT
53
Granatapfel
(P U N I C A G R A N AT U M )
EINE F RUCH T MIT ASK E TISCHEM CHA R A K T ER M ACH T SICH UNEN TBEHRL ICH
Tex t C H R I S T I N A H U BB E L I N G
F o t o N I C O L E B AC H M A N N
S t y l i ng A L E L I L E A L F Ü R S T U DI O L A R D O
Il lus t r a t i on P E T E R J A M E S F I E L D
Wer die süssen Kerne des Granatapfels
kosten will, muss sich zuerst durch
eine steinharte Schale kämpfen. In der
mittelalterlichen Symbolik stand der
Granatapfel daher sinnbildlich für
Askese und repräsentierte zugleich die
Kirche sowie den Priesterstand. Auch
heute hat der Granatapfel mit Verzicht
zu tun: Beim Detoxen (Entgiften), der
modernen Form von Askese, ist die
Frucht für viele dank ihrer gesunden
Wirkung auf den Körper unentbehrlich: Sie enthält grössere Mengen von
Flavonoiden, wirkt antioxidativ, ist
reich an Kalium und verfügt zudem
über Vitamin C, Kalzium und Eisen.
Aber nicht nur im gesundheitsbewussten Umfeld sind die Kerne des Granatapfels, diese tiefroten, schillernden
Perlen, allgegenwärtig: Keine Lifestyle-Cuisine, die derzeit nicht auf die
kleinen, knackigen Kerne setzt. Man
streut sie über warme oder kalte Gerichte und verleiht diesen damit eine
süss-saure, leicht exotische Note.
Eine Wissenschaft für sich ist das
Herauslösen dieser Kerne. Die einen
schwören auf die Wassermethode, bei
welcher der Granatapfel halbiert wird
und die Kerne in einer mit kaltem Wasser gefüllten Schüssel mithilfe eines
spitzen Messers herausgelöst werden.
Andere bevorzugen die Klopftechnik.
Dabei wird mit einem Holzlöffel sanft
auf die Schale des halbierten Apfels geklopft, bis alle Kerne herausgefallen
sind. So oder so bleibt der Weg zum
Genuss eine diffizile Angelegenheit.
Edamame-Granatapfel-Salat
Panna cotta mit Granatapfel
Zutaten für 4 Personen
25 g Sesamsamen, je 45 g Sonnenblumenund Kürbiskerne, Kerne von 2 Granatäpfeln,
200 g Edamame-Bohnen (TK), 2 Stengel
Stangensellerie, in Streifen geschnitten,
1 EL frischer Koriander, abgezupft,
Saft von 1–2 Limetten, Salz, Pfeffer
Zutaten für 4 Personen
5 dl Vollrahm, 1 dl Milch, 2 EL Zucker,
1 Vanilleschote, 3 Blatt Gelatine, in kaltem
Wasser eingeweicht, Kerne von
1 Granatapfel, 1 Handvoll Minze, gehackt
Zubereitung
Rahm, Milch, Zucker, Vanilleschote und herausgekratztes Mark zehn Minuten köcheln.
Durch ein Sieb in eine Schüssel giessen.
Gelatine ausdrücken, dazugeben, gut verrühren. In vier Dessertförmchen füllen und zugedeckt mindestens vier Stunden kühl stellen.
Vor dem Servieren stürzen, Granatapfelkerne
und die Minze darüber verteilen.
Zubereitung
Samen und Körner in einer beschichteten
Pfanne bei mittlerer Hitze rösten. Mit Granatapfelkernen, aufgetauten Edamame-Bohnen, Selleriestreifen und Koriander in einer
Schüssel vermischen. Limettensaft darüberträufeln, mit Salz und Pfeffer würzen.
Warmer Bohnensalat mit Pesto und Granatapfelkernen
Zutaten für 4 Personen. Für das Pesto: 50 g Pinienkerne, 100 g Basilikum, 1 dl Olivenöl, 1 Knoblauchzehe, gepresst, 50 g Parmesan, gerieben, Salz, Pfeffer.
Für den Salat: 600 g frischer Spinat, 1 Zwiebel, 3 EL Olivenöl, 800 g weisse Bohnen (Dose), 1 Zitrone, 20 g Kürbiskerne, Kerne von 1 Granatapfel
1. Für die Sauce Pinienkerne
rösten, mit klein geschnittenem
Basilikum, Öl und Knoblauch in den
Cutter geben, fein hacken. Käse
untermischen, salzen und pfeffern.
2. Den Spinat waschen, die dicken
Stengel entfernen, etwas abtropfen
lassen. Die Zwiebel hacken und
im Olivenöl andünsten. Den Spinat
dazugeben und einfallen lassen.
3. Das Pesto unter den Spinat
mischen. Die Dosenbohnen abtropfen
lassen, beifügen, alles erwärmen.
Nach Belieben mit Salz und Pfeffer
abschmecken.
4. Das Spinat-Bohnen-Gericht
auf vier Tellern anrichten. Vor
dem Servieren die Kürbis- und
Granatapfelkerne auf die Portionen
verteilen. Mit Reibkäse servieren.
54
Z
ZUGABE
ZITAT
A us ge s uch t un d ko m men t ier t v o n M A N F R E D PA P S T
” AN LEUTE,
bei
denen
eine schöne
Handschrift
schon
DES
EIN
VORZUG
B r i e f e s
IS T,
sind am
schwersten
BRIEFE
zu schreiben.
“
Friedrich Hebbel (1813 – 1863),
deutscher Dramatiker
Glückliche Menschen sind im Reinen mit sich selber. Nicht ohne Grund sind
sie mit ihrer Gestalt vergnügt. Was immer sie tragen: Es steht ihnen. Ihre
Stimme gehört so selbstverständlich zu ihnen wie ihre Handschrif t. Anders
die Zerrissenen! Ihnen ist jedes Wort peinlich, das sie sagen, und sie schämen
sich ihrer Kleidung und Schrif t. Sie wären gerne anders, als sie sind.
Zu diesen Zweiflern zählte der Dramatiker und Lyriker Friedrich Hebbel.
Seine Tragödien haben Staub angesetzt, aber in seinen aphoristischen
Tagebüchern begegnet er uns als moderner Psychologe. Er betrachtet sein
Unglück mit Verstand und setzt damit Heiterkeit in uns frei.
Meine Welt. Meine Karte.
crbasel
Das bin ich, Cosmopolit und Besitzer einer Cornèrcard Miles & More.
Für alle und alles die passende Karte.
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