Quarks _Carne
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Quarks _Carne
Westdeutscher Rundfunk Köln Appellhofplatz 1 50667 Köln Tel.: 0221 220-3682 Fax: 0221 220-8676 Carne Vale oder die Lust am Fleisch E-Mail: quarks@wdr.de www.quarks.de Script zur wdr-Sendereihe Quarks & Co Inhalt Inhalt 4 Skandal ums Fleisch 8 Krank durch Fleisch? 12 Der Quarks-Fleischtest 16 Vegetarier und Fleischesser 19 Ökofleisch: Billiger geht es nicht 22 Fleisch ist nicht gleich Fleisch 25 Grillen, Brutzeln, Braten Carne Vale Die Lust am Fleisch Carne Vale oder: Fleisch ist in Verruf gekommen: Ob Gewichtsbetrug durch Wasser im Fleisch, Medikamenten-Rückstände, minderwertige Schlachtabfälle oder zuletzt Gammelfleisch – immer wieder erschüttert ein neuer Fleischskandal das Vertrauen der Verbraucher. Allein seit Herbst vergangenen Jahres sind mehr als 300 Tonnen verdorbenes Fleisch bei Produzenten und Händlern aufgetaucht. Kein Wunder, dass viele Menschen sagen: Carne vale – Fleisch, lebe wohl. Quarks & Co zeigt eine Chronik des schlechten Geschmacks, erklärt, woran man verdorbenes Fleisch erkennen kann, was passiert, wenn man es verzehrt, und wie gesundheitsschädlich Gammelfleisch wirklich ist. Drei Experten machen für Quarks & Co den Frischetest und versuchen, den Unterschied zwischen einem Öko-Schnitzel und einem BilligSchnitzel zu schmecken. Quarks & Co geht außerdem der Frage nach, ob Vegetarier tatsächlich gesünder leben als Fleischesser. Herausgeber: Westdeutscher Rundfunk Köln; verantwortlich: Öffentlichkeitsarbeit; Text: Ilka aus der Mark, Katrin Krieft, Tara Libert, Martin Rosenberg; Redaktion: Tilman Wolff/Claudia Heiss; Copyright: wdr, März 2007; Gestaltung: Designbureau Kremer & Mahler, Köln Bildnachweis: alle Bilder Freeze wdr 2007 außer Titel – großes Bild: foodcollection; S. 8 rechts: ddp; S. 9/10/11: Mauritius Weitere Informationen, Lesetipps und interessante Links finden Sie auf unseren Internetseiten. Klicken Sie uns an: www.quarks.de Gammelfleisch im Kühlhaus – mehrfach wiederverwendet Skandal ums Fleisch Etikettenschwindel bundesweit Seit 2005 erschüttert eine Reihe von Fleischskandalen die Bundesrepublik. Gammelfleisch ist seitdem in aller Munde – einen tragischen Höhepunkt erreichte die Serie im September 2006 mit dem Selbstmord eines Großhändlers aus Bayern, in dessen Hallen mehrere Tonnen fauler Ware gefunden wurden. Doch die Kette der Skandale reißt nicht ab: Im Januar 2007 steht in Gelsenkirchen ein Fleischgroßhändler vor Gericht, bei dem Kontrolleure ein Jahr zuvor 60 Tonnen verdorbenes Fleisch entdeckt hatten: Putenhackfleisch und Roastbeef, dessen Haltbarkeitsdatum zum Teil um mehr als ein Jahr abgelaufen war. Der Händler hatte es mit falschen Etiketten neu ausgezeichnet und weiterverkauft, obwohl es teilweise verdorben war und schon einen ekelhaften Geruch verströmte. Das Gammelfleisch wurde in Düsseldorf, Neuss und Hattingen gefunden, auch in anderen Bundesländern. Der Skandal weitete sich immer mehr aus: Mehr als 200 Tonnen überlagertes Fleisch fanden die Behörden in den folgenden Tagen und Wochen bundesweit – in Troisdorf zum Beispiel eine Tonne falsch etikettiertes Fleisch, 4 dessen Haltbarkeitsdatum seit mehr als einem Jahr abgelaufen war. Es war verdorben und verschimmelt – aber es stammte nicht aus Gelsenkirchen. Die Etikettenfälschung scheint kein Einzelfall zu sein. Pfusch mit Tradition: Antibiotika im Fleisch Die Panscherei mit dem Produkt Fleisch ist nicht neu: Schon im Jahr 1980 zeigte das Fernsehmagazin Monitor die Stallapotheke eines Rinderzüchters – sie war voll mit Antibiotika und anderen Medikamenten, die zwar schon damals nicht für die Mast zugelassen waren, aber trotzdem ohne Probleme in der Apotheke oder auf dem Schwarzmarkt besorgt werden konnten. Der Handel mit solchen Medikamenten blühte: bei einem einzigen Tierarzt fanden Ermittler Vorräte an Antibiotika, die ausgereicht hätten, um den gesamten Jahresbedarf der Bewohner in der damaligen Bundesrepublik zu decken. Aber aufgeflogen war der Schwindel nur, weil Apotheker Alarm schlugen: Massenweise war nach Medikamenten ohne Rezept gefragt worden. Antibiotika im Fleisch werden bei Analysen immer wieder gefunden Skandal ums Fleisch Keime in jedem dritten Schnitzel Die Gesetze wurden härter. Heute sind Antibiotika im Stall verboten. Als Medikamente zur Bekämpfung von Krankheiten sind sie aber immer noch erlaubt, wenn auch unter strengen Auflagen. Dennoch finden sich immer wieder resistente Keime in den Fleischproben. Auch hier sind die Aufdecker nicht unbedingt die Behörden: Die Zeitschrift Öko-Test hat im März 2005 sogar in jedem dritten untersuchten Schnitzel Keime gefunden, die Resistenzen entwickelt hatten. Und zwar gleich gegen mehrere Wirkstoffe – ein Zeichen dafür, dass in großem Stil gegen die Vorschriften verstoßen wurde und Antibiotika oft im Einsatz waren. der Neunziger, dass Wissenschaftler herausfanden, warum: BSE ist vermutlich entstanden, weil Rinder mit Schlachtabfällen gefüttert wurden, die nicht genügend sterilisiert worden waren. Dadurch konnte sich der Erreger der Schafskrankheit Scrapies (Traberkrankheit) umbauen und in das Gehirn von Kühen eindringen. Obwohl die EU den Handel mit britischem Rindfleisch verbot und seitdem auch keine tierischen Eiweiße mehr ins Tierfutter gemischt werden dürfen, tritt am 26.11.2000 der erste BSE-Fall auch in Deutschland auf. Bislang der folgenreichste Skandal, der entstand, weil Fleisch möglichst billig und in möglichst großen Mengen produziert werden sollte. Ekelfleisch im Kühlregal Die Rache der Natur an der britischen Küche: BSE Einer der größten Skandale ums Fleisch war in den neunziger Jahren das Auftreten von BSE: Schon Mitte der achtziger Jahre wurden in England die ersten Kühe verrückt. Es dauerte noch bis Anfang Eine neue Gammelfleisch-Serie kam im Oktober 2005: Schlachtabfälle tauchen in Kühlhäusern auf, in denen Lebensmittel gelagert werden. Es stellt sich heraus, dass Schwindler in großen Mengen Schlachtabfälle neu bezeichnet und als normale Ware verkauft haben. Fleischreste, die höchstens 5 Fleischabfälle, nicht mehr zum Verzehr geeignet: unerkannt in die Suppe Vergammeltes Fleisch im Döner – da fällt’s kaum auf Skandal ums Fleisch als Tierfutter geeignet sind, landen so in der Nahrungskette – mindestens 2.000 Tonnen, schätzt der Zoll. Eigentlich müssten die Schlachtabfälle in Tierkörperverwertungsanlagen entsorgt werden. Doch dafür müssen die Schlachthöfe Geld zahlen – da ist es kein Wunder, dass korrupte Händler auf die Idee kommen, diese Kosten durch Fälschen von Papieren einzusparen. In Gummibärchen und Vitamintabletten Den verarbeiteten Lebensmitteln, vor allem Würsten, Leberkäse und anderen Mischprodukten, sieht man sowieso nichts mehr an. Bevor die Behörden reagieren konnten, war der größte Teil des Ekelfleischs schon auf den Tellern der Verbraucher gelandet: in Tortellini, Hühnersuppen und Hühnernuggets, auf Pizza und als Gelatine, in Gummibärchen, Schokoküssen und Dessertcremes, sogar in den Hüllen von Vitamintabletten. Und auch bei diesem Skandal waren es nicht die systematischen Lebensmittelkontrollen, die ihn auffliegen ließen. Es waren Zollbeamte, denen aufgefallen war, dass LKWs mit verdächtiger Ware die Grenzen überquerten. Die deklarierten Mengen stimmten nicht. 6 Auftauen und als Frischware verkaufen Im November 2005 ging wieder ein neuer Fleischskandal durch die Zeitungen. Ein Zerlegebetrieb im niedersächsischen Lastrup im Kreis Oldenburg hatte tiefgefrorenes Fleisch von Puten und Hühnern unsachgemäß aufgetaut und als Frischware in den Handel gebracht. Sogar Fleisch, das wegen Beanstandungen zurückgeschickt wurde, wurde auf diesem Wege erneut verkauft. Auch dieser Schwindel zog Kreise: Gut 20 Tonnen Fleisch beschlagnahmte das niedersächsische Landwirtschaftsministerium in den beiden Betrieben der Firma. Dazu kamen etwa 20 weitere Zwischenhändler in Nordrhein-Westfalen, Bremen, Berlin und Süddeutschland. Etwa die Hälfte der Proben, die das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) untersuchte, war bereits verdorben oder zumindest ranzig. Fleisch stank zum Himmel Mindestens 5 Tonnen des vergammelten Fleisches waren in Nordrhein-Westfalen gelandet. Davon fanden die Veterinäruntersuchungsämter 2,2 Ton- nen Putenbrust, Putenschenkel und Gänsehals wieder: bei Großhändlern, in Metzgereien, Restaurants und Pizzerien. Die verdorbenen Anteile waren kaum noch zum Verzehr geeignet: Ein Teil des sichergestellten Geflügelfleisches war so vergammelt, dass es zum Himmel stank, wie das Landesamt für Verbraucherschutz formulierte: „Wer das Fleisch gegessen hätte, dem wäre übel geworden, er hätte sich erbrochen.“ Alle Jahre wieder... Im Sommer 2006 geht der nächste große Fall durch die Schlagzeilen, und das Muster klingt schon bekannt: zunächst fliegt durch einen Zufall eine betrügerische Masche auf, dann werden die Kontrollen zeitweise verschärft – und im ganzen Land taucht plötzlich vergammeltes Fleisch auf. In diesem Fall ging es um überlagertes Dönerfleisch. Mehrere Tonnen Döner-Spieße und Geflügelfleisch werden nach einem anonymen Hinweis bei einem bundesweit tätigen Großhändler in München beschlagnahmt. Das Mindesthaltbarkeitsdatum der Lebensmittel ist um bis zu vier Jahre überschritten. Der Fall machte bundesweit Schlagzeilen, und der Inhaber der Firma erhängte sich in seinem Keller. Auch bei einer Fleischzentrale im niederbayerischen Metten wird Fleisch beschlagnahmt. Verräterische Aufzeichnungen Wie gehabt, zieht der Skandal seine Kreise. Beinahe täglich kommen in Jahr 2006 Meldungen über entdecktes Gammelfleisch. Auch in NRW wird tonnenweise Fleisch beschlagnahmt. Innerhalb von drei Wochen summiert sich die Menge des gefundenen Gammelfleisches auf 1.500 Tonnen, und selbst die Industrie schätzt, dass insgesamt die zehnfache Menge unterwegs sein dürfte. Auch in diesem Fall war es nicht die systematische Arbeit der Lebensmittelkontrolleure, die den Stein ins Rollen brachte. Diesmal war es ein Tipp von einem ehemaligen Schlachtergesellen, der seine Aufzeichnungen über die dunklen Machenschaften einer beteiligten Firma in einem Koffer im Wald verloren hatte. 7 Links: Eklig, aber nicht unbedingt krankmachend: Gammelfleisch Mitte: Eine eingefärbte Mikroskopaufnahme zeigt das Bakterium Salmonella Rechts: Rasterelektronenaufnahme des Bakteriums Campylobacter jejuni Krank durch Fleisch? Verwesung gehört zum guten Geschmack Eigentlich ist alles tote Fleisch Gammelfleisch. Denn sofort nach dem Schlachten beginnen körpereigene Enzyme, die zu Lebzeiten noch für den Stoffwechsel verantwortlich waren, das Gewebe zu zersetzen – die Verwesung setzt ein. Allerdings bezeichnet man diesen Prozess bei Schlachtvieh anfangs noch als Reifung – ohne einen gewissen Grad von Verwesung ist das Fleisch gar nicht genießbar. Je nach Temperatur und Qualität des Fleisches dauert dieser Prozess ein bis drei Wochen lang. Dabei wird das Fleisch durch das Aufbrechen der Fasern zarter und schmackhafter. Bei längerem Abhängen und höheren Temperaturen setzen Fäulnisprozesse ein – bei Wild sind selbst diese erwünscht und ihre Folgen für den Geschmack werden als Hautgoût bezeichnet. Hier liegt aber auch die Grenze: Kenner lieben das Hautgoût, andere ekeln sich davor. Durch scharfe Gewürze und pikante Saucen wird der Geschmack oft abgedeckt. Bakterien überstehen auch die Kühlung Wird das Fleisch tiefgekühlt, kann es geraume Zeit in diesem Stadium bleiben, sofern es fachgerecht eingefroren wird. 18 Monate Haltbarkeit sind durch- 8 aus möglich – bei längerer Lagerung trocknet das Fleisch aus, es wird zäh und verliert den Geschmack. Zu Gammelfleisch wird überalterte Ware, wenn auch noch Lücken in der Kühlkette entstehen und Schäden wie Gefrierbrand auftreten oder die enthaltenen Fettanteile ranzig werden. Solche Schäden machen das Fleisch zwar ungenießbar – gesundheitsgefährdend wird es dadurch aber noch nicht. Wirkliche Gefahr aber droht von Bakterien, die im Fleisch enthalten sein können – und oft auch längere Phasen der Kühlung überstehen. Salmonellen Salmonellen gehören zu den Bakterien, die am häufigsten Erkrankungen bei Menschen auslösen: Das Robert-Koch-Institut registrierte im Jahr 2006 in Deutschland über 52.000 Fälle von Salmonellose, einer meldepflichtigen, von Salmonellen verursachten infektiösen Magen-DarmErkrankung. Sie äußert sich durch Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Fieber und Durchfall, die mehrere Tage anhalten. Kleinkinder, ältere Menschen und Menschen mit Immunschwäche sind besonders gefährdet, denn bei ihnen kann der Durchfall rasch zu einer lebensgefährlichen Austrocknung des Körpers führen. Krank durch Fleisch? Salmonellen werden von Nutztieren wie Hühnern und Schweinen auf den Menschen übertragen – die Tiere bleiben dabei gesund, und man sieht ihnen auch nicht an, dass sie die Salmonellen haben. Die Züchter haben deshalb auch wenig Interesse daran, gegen Salmonellen in ihren Ställen vorzugehen. Daher sind Salmonellen in der Massentierhaltung sehr weit verbreitet: das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) fand Salmonellen in ungefähr jedem 6. Masthähnchenstall in Deutschland. Campylobacter jejuni Ähnlich wie Salmonellen finden sich auch Bakterien vom Typ Campylobacter in Nutztierställen, und sie sind ähnlich häufig für Krankheiten verantwortlich: 2006 registrierte das Robert-KochInstitut fast 52.000 Fälle von CampylobacterInfektionen. Typische Symptome einer Campylobacter-Infektion sind Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen, Erbrechen, Durchfälle und heftige Bauchschmerzen. Eine Diagnose wird dadurch erschwert, dass die Symptome oft nicht sofort, sondern erst bis zu 8 Tage nach der Infektion auftreten können – eine eindeutige Zuordnung zu dem Krankheitserreger liegt dann nicht auf der Hand. Escherichia coli (EHEC) Ein anderer häufiger Krankheitserreger, der Fleischprodukte besiedelt, ist das Escherichia-coliBakterium. Es gehört zu den normalen Bewohnern des Rinderdarms. Über Kotpartikel, die bei der Schlachtung am Fleisch haften bleiben, kann es aber – zum Beispiel über rohes Hackfleisch – beim Menschen landen. Besonders gefährlich sind die sogenannten EHEC-Stämme (Enterohämorrhagische Escherichia Coli). Sie können blutige Dickdarm-Entzündungen verursachen (das sogenannte Hämolytisch-urämische Syndrom), die im schlimmsten Fall zum Nierenversagen führen können und damit eine lebenslange Dialyse notwendig machen. Bei Kleinkindern, alten und abwehrgeschwächten Menschen kann eine Infektion auch tödlich verlaufen. Tückischerweise kann die Erkrankung eine zeitlang ohne Symptome verlaufen. In dieser Zeit – etwa 1 bis 3 Wochen lang – scheidet der Patient die Erreger aus, ohne etwas zu bemerken. Dadurch können sich dann auch andere Menschen in der näheren Umgebung anstecken. 9 Links: Mikroskopaufnahme eines E. coli-Bakteriums Mitte: Eingefärbte Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme eines Botulinum-Bakteriums Rechts: Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme Staphylococcus aureus Krank durch Fleisch? Clostridien Clostridien sind Bakterien, die sich ohne Sauerstoff vermehren. Sie lösen nicht selbst Krankheiten aus, sondern sie bilden Gifte – wie zum Beispiel das Botulinum-Toxin des Clostridium botulinum, das die Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln blockiert. Es ist schon in kleinen Mengen tödlich und wird immer wieder als mögliche Biowaffe ins Gespräch gebracht. Auch zum Beseitigen von Falten wird es eingesetzt, denn es lähmt die Gesichtsmuskulatur (eingesetzt in sogenannten Botox-Injektionen). In der Vergangenheit war das Botulinum-Toxin immer wieder Verursacher von Fleischvergiftungen, es bildete sich insbesondere in Konservendosen. Heute ist die Gefahr bei industriell hergestellten Konserven nicht mehr so groß, man findet Botulinum-Fälle aber gelegentlich bei Hausschlachtungen und selbst hergestellten Konserven. Befallene Dosen kann man an dem ausgewölbten Deckel erkennen. Wenn dann auch noch beim Öffnen eklig stinkende Gase entweichen, sollte man die Dose sofort entsorgen. 10 Das Clostridium perfringens tritt häufig auf, wenn Fleisch längere Zeit warmgehalten wird. Das Gift bildet sich erst, wenn die Bakterien in den Dünndarm gewandert sind. Tückisch ist, dass die Sporen auch hohe Temperaturen längere Zeit überleben können – bei 100 Grad halten sie sich noch bis zu 60 Minuten. eine Blutvergiftung (Sepsis) verursachen. Staphylokokken bilden auch Gifte, die Übelkeit und Erbrechen hervorrufen können. Sie sind auch deshalb gefährlich, weil sie schnell Resistenzen gegen Antibiotika bilden können – manche von ihnen lassen sich mittlerweile mit Antibiotika gar nicht mehr bekämpfen. ! Die Flüssigkeit, die beim Auftauen von gefrorenem Fleisch entsteht, kann Krankheitskeime enthalten. Verwenden Sie diese Flüssigkeit nicht weiter und bringen Sie sie nicht in Kontakt mit anderen Lebensmitteln. ! Lagern Sie auch rohe und bereits gegarte Lebensmittel getrennt! ! Wer sich im Umgang mit Fleisch und Fleischprodukten vor Infektionen schützen möchte, sollte einige Grundregeln einhalten. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit empfiehlt zur Vermeidung einer Lebensmittelvergiftung folgende Vorkehrungen: Die zubereiteten Speisen sollten verbraucht und nicht über längere Zeit warm gehalten werden! ! Waschen Sie sich die Hände, wenn Sie Lebensmittel, die Krankheitskeime enthalten könnten zubereitet haben. Auch Arbeitsflächen und Geräte sollten Sie nach jedem Arbeitsgang gründlich reinigen! ! Achten Sie auf Mindesthaltbarkeitsdatum, Verbrauchsfristen und Lagerungsbedingungen. Diese Angaben finden Sie auf der Verpackung. ! ! Kaufen Sie leicht verderbliche Lebensmittel zuletzt oder verwenden Sie eine Kühltasche. Kaufen Sie nur Mengen, die Sie in kurzer Zeit verbrauchen können. Mit zunehmender Füllung steigt die Temperatur im Kühlschrank an. Bleiben Reste von zubereiteten Speisen, sollten Sie sie bis zum späteren Verzehr kühl lagern. Häufig werden Reste nur aufgewärmt. Um die Aufnahme von Krankheitskeimen zu vermeiden, sollten auch Reste gründlich erhitzt werden! Staphylococcus aureus Einer der Krankheitserreger, die im Laufe des Verarbeitungsprozesses oft ins Fleisch gelangen, ist das Bakterium Staphylococcus aureus. Es ist bei Menschen und Tieren auf Haut und Schleimhäuten weit verbreitet und fühlt sich bei einer Temperatur zwischen 30 °C und 37 °C am wohlsten – auf Fleisch findet es deshalb ideale Wachstumsbedingungen. Durch schlechte hygienische Bedingungen – wenn zum Beispiel Mitarbeiter in der Wurstfabrik ohne Handschuhe und mit ungewaschenen Händen mit dem Fleisch in Berührung kommen – gelangt es in die Wurst. Gerät es in offene Wunden, können Infektionen und Abszesse entstehen; im Körper kann das Bakterium Lungenentzündungen, Harnwegsinfektionen oder sogar Tipps für sicheres Fleisch 11 Links: Einen Tag oder eine Woche alt? Bio oder nicht Bio? Auch für Profis nicht leicht auseinanderzuhalten Mitte: Der Hausfrau irrt sich, wenn sie denkt, dass frisches Fleisch zarter ist als älteres Rechts: Ein PH-Wert im sauren Bereich schützt das Fleisch vor Keimen Der Quarks-Fleischtest Im Quarks-Fleischtest gab es zwei Durchgänge. Zuerst ein Frischevergleich: einen Tag altes Fleisch tritt an gegen eine Woche altes Fleisch. Danach konkurrierte Fleisch vom Biometzger mit Fleisch aus konventioneller Produktion. Geholfen haben uns unsere Probanden Inge Novobrada (Hausfrau), Roland Brandtner (Koch), und Heinz Jüngst (Wissenschaftler am Institut für Tierwissenschaften an der Uni Bonn). Ihnen danken wir an dieser Stelle ganz herzlich. TEST 1: FRISCHEVERGLEICH Wir kaufen Schweinenacken in zwei unterschiedlichen Frischegraden. Eine Woche alt und einen Tag alt. Beide Stücke sind genießbar und beide sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Wir markieren das ältere Fleisch mit einem grünen, das frische Fleisch mit einem gelben Fähnchen. Dann stellen wir unsere Testpersonen auf die Probe – zuerst die erfahrene Haufrau. 12 Die Hausfrau Inge Novobrada kennt sich gut aus mit der Qualität von Lebensmitteln. Schließlich kocht sie regelmäßig für ihr Kinder und Enkelkinder. Doch auf den ersten Blick tippt Inge falsch: Sie fühlt einen Schmierfilm auf dem frischen Stück Fleisch und denkt deshalb, es müsse sich dabei um das ältere handeln. Logisch wäre dagegen, wenn nicht das frische, sondern das ältere Fleisch einen Schmierfilm hätte – weil der Zersetzungsprozess schon fortgeschritten ist. Möglich, dass unsere frische Fleischprobe einen ungewöhnlich hohen PH-Wert hat. Das würde den Schmierfilm erklären. Beim Anbraten bemerkt die Hausfrau, dass das Stück mit dem grünen Fähnchen flacher in der Pfanne liegt und ist kurz davor, ihre Meinung zu ändern. Zwar gibt es keine wissenschaftlichere Erklärung dafür, warum das ältere Stück flacher in der Pfanne liegen könnte, als das frische. Vielleicht liegt es sogar daran, dass der Metzger die Teststücke jeweils etwas anders geschnitten hat. Dennoch hätte Inge auf diese Eingebung hören sollen. Doch bei der Geschmacksprobe wechselt Inge wieder zu ihrer allerersten, falschen Ein- Der Quarks-Fleischtest schätzung: Das Fleisch mit der gelben Fahne würde zarter schmecken, aber irgendwie auch komisch, befindet sie. Tatsache ist: Besser schmecken müsste das ältere Fleisch mit der grünen Fahne, weil darin die Aromastoffe mehr Zeit hatten, sich zu entwickeln. Aber das hat Inge wohl durcheinander gebracht. Es kann auch sein, dass der geschmackliche, eigentlich unlogische Eindruck, durch die unterschiedlichen Tiere zustande kommt. Denn jedes Schwein schmeckt anders. PH-Wert Der PH-Wert beschreibt die Konzentration von Wasserstoff in einer Substanz. Vom Wasserstoff hängt es ab, ob die Substanz im chemischen Sinne sauer, neutral oder basisch ist. Der Koch Koch Roland Brandtner, Küchenchef in einem großen Hotel in Köln, tippt auf Anhieb richtig: Der grünlich angelaufene Knochen und das gelblichere Fett verraten ihm sofort das ältere Stück Fleisch. Auch die etwas wabbeligere Konsistenz ist für ihn ein klares Indiz für das ältere Fleisch. Er rät sogar fast auf den Tag genau das Alter der beiden Fleischstücke. Beeindruckend! Der Wissenschaftler Heinz Jüngst ist promovierter Landwirt und Fachmann für Fleischqualität, er arbeitet am Institut für Fleischwissenschaften der Universität Bonn. Er geht die Sache systematisch an: Er misst den PH-Wert der beiden Fleischstücke. Direkt nach der Schlachtung ist der PH-Wert in der Regel relativ hoch und. Nach 24 Stunden wird der PH-Wert kleiner. Auf diesem Niveau bleibt er dann ein paar Tage. Das wirkt sterilisierend – je niedriger der PHWert, desto saurer das Fleisch und desto weniger Keime sammeln sich darauf an. Nach ein paar Tagen geht der PH-Wert aber in der Regel wieder hoch, vom sauren in den neutralen Bereich. Deshalb verdirbt das Fleisch ab jetzt auch schneller. Verwunderlich also, dass der Wissenschaftler bei unserer frischen Fleischprobe einen 13 Links: Die Hausfrau bemerkt, dass das Biofleisch beim Anbraten weniger schrumpft Mitte: Die Farbe beim Biofleisch ist weniger kräftig, stellt der Koch fest Rechts: Eigentlich müsste konventionelles Fleisch weniger Wasser binden als Biofleisch – in unserem Test ist es genau umgekehrt Der Quarks-Fleischtest höheren PH-Wert misst als bei der eine Woche alten Probe. Deshalb tippt er falsch: Er glaubt, das Fleisch mit der gelben Fahne sei das ältere. Die Erklärung für seinen falschen Tipp: Die Teststücke stammen von zwei verschiedenen Schweinen. Das beeinflusst den PH-Wert, und zwar noch stärker als der Frischegrad. Es gibt Schweine, deren Fleisch nie den sauren Bereich erreicht. Das hängt vom Milchsäure-Gehalt im Blut zum Zeitpunkt der Schlachtung ab. Je mehr sich das Tier vor der Schlachtung bewegt hat, desto weniger Milchsäure hat es im Blut und desto höher ist der PH-Wert. Für die Qualität des Fleisches ist das nicht gut – ein hoher PH-Wert macht das Fleisch zäh. Deshalb lassen einige Bauern ihre Schweine zwischen Transport und Schlachtung ein bis zwei Stunden ruhen. TEST 2: BIO-SCHNITZEL GEGEN KONVENTIONELLES SCHNITZEL Diesmal kaufen wir Schnitzel vom Schwein, einmal im Supermarkt und einmal beim Biometzger. Wir markieren das Supermarkt-Schnitzel mit einem blauen, das Biofleisch mit einem roten Fähnchen. Und dann geht unser Test vor vorne los. 14 Die Hausfrau Inge rät zunächst falsch. Sie sieht an dem Fleischstück mit dem blauen Fähnchen eine festere Faserung, die sie als typisch Bio deutet. Beim Anbraten bemerkt sie, dass das Stück, das sie für Bio gehalten hat, in der Pfanne schrumpft, also viel Wasser verliert. Deshalb ändert sie ihre Meinung – und liegt damit goldrichtig! Allerdings kann man aus diesem Testergebnis nicht generell schließen, dass Biofleisch in der Pfanne grundsätzlich weniger schrumpft als konventionelles Fleisch. Bio ist nämlich auch nicht gleich Bio! Es gibt zu viele Einflussfaktoren (individuelle Merkmale des Tieres, Zustand vor der Schlachtung, Fütterung, Haltung, Rasse), und nicht jedes BioLabel hat die gleichen Kriterien. Wer Biofleisch kauft, sollte sich beim Händler genau über die Bedingungen bei Zucht, Haltung und Schlachtung informieren. Der Koch Roland hat beim Schnitzeltest auf Anhieb einen richtigen Verdacht. Die kräftigere Rotfärbung des konventionellen Stücks könnte durch Futterzu- sätze wie Karotin zustande kommen, meint er. Dagegen sähe das andere Schnitzel von der Farbe her naturbelassener aus und deute deshalb auf Bio hin. Wäre er mal bei der These geblieben! Denn danach kommt der Geschmackstest. Das konventionelle Stück schmeckt intensiverer, was Roland gefällt und ihn auf die falsche Fährte führt: Er hält das Supermarktschnitzel für Biofleisch – und liegt damit daneben! Der Wissenschaftler Versuch kommt aber genau das heraus, was der Wissenschaftler nicht erwartet hat: Das Biofleisch bindet weniger Wasser, der Wasserrand um das Fleischpüree ist also größer. Deshalb rät Heinz falsch: Er folgert, dass die Fleischprobe anscheinend nicht von einer alten Schweinerasse stammt – und liegt damit daneben. Vielleicht waren andere Effekte im Spiel: Zustand vor der Schlachtung, Fütterung, Haltung, Rasse. Denn schließlich gilt auch bei Biofleisch: Jedes Schwein ist anders. Heinz vom Institut für Fleischwissenschaften hat folgende These: Biofleisch stammt häufig von älteren Rassen. Das bedeutet: fetteres und dadurch saftigeres Fleisch. Solches Fleisch müsste Wasser besser binden können. Deshalb testet er das Wasserbindungsvermögen unserer beiden Teststücke. Er püriert jeweils das rohe Fleisch, legt es auf trockenes Filterpapier und presst die Fleischprobe fünf Minuten lang zwischen zwei Glasplatten zusammen. In diesen fünf Minuten bildet sich um das kleine Fleischhäufchen ein Wasserrand – wenn viel Wasser aus dem Fleisch austritt, ist er groß, wenn wenig Wasser austritt, ist der Wasserrand entsprechend kleiner. Bei unserem 15 Links: Die Zwillinge Janah und Sarah Mitte: Finden die Expertinnen die Vegetarierin? Rechts: Köpergröße und Gewicht ergeben den Body Mass Index Janah Sarah Vegetarier und Fleischesser Auf der Suche nach der Vegetarierin Ist Fleisch gesund, oder sollte man besser als Vegetarier leben? Darüber wird seit Jahrzehnten gestritten, oft ideologisch und ohne konkretes Ergebnis. Eine große Vergleichsstudie hat bei gleichem Lebensstil kaum Unterschiede gefunden, eine andere weist Fleischessern ein größeres Risiko für Darmkrebs nach. Was auch immer gesünder sein sollte – Quarks & Co wollte wissen, ob es überhaupt einen individuellen Unterschied gibt, der sich im Körper von Vegetariern und Fleischessern zeigt: Können Ernährungswissenschaftler und Ärzte beide Ernährungstypen an ihren medizinischen Werten wie Blutdruck, Gewicht oder Blutbild erkennen? Wir haben den Test gemacht. Die Testpersonen Wir haben ein verwechselbares Paar um Mithilfe gebeten: Janah und Sarah, beide Schülerinnen, beide 19 Jahre alt – sind eineiige Zwillinge. Ihre Gene unterscheiden sich also nicht, und daher sollte ihr Stoffwechsel grundsätzlich sehr ähnlich ablaufen. Darüber hinaus haben sie ähnliche Hobbys und Lebensgewohnheiten. Doch in einem 16 Punkt gibt es einen Unterschied: Janah, im rosa T-Shirt, ist seit ihrem zehnten Lebensjahr Vegetarierin, Sarah isst dagegen regelmäßig Fleisch. Vegetarier und Fleischesser Vegetarierin hat den höheren Blutdruck. Die Ernährungswissenschaftlerinnen liegen bei ihrer ersten Einschätzung daneben. Body-Mass-Index (BMI) Der Body-Mass-Index (BMI) ist ein berechneter Messwert, der angibt, ob eine Person normalgewichtig, oder eher unter- oder übergewichtig ist. Er erfasst nicht nur das reine Gewicht, sondern berechnet sich aus Die Expertinnen Ein erfahrenes Team, die Ernährungsmedizinerin Dr. Ute Gola und die Ernährungswissenschaftlerin Christiane Schulz hatten einen Tag Zeit, um die Vegetarierin auszumachen. Der Testablauf Die Expertinnen haben die verschiedenen medizinischen Untersuchungen in vier Kategorien eingeteilt. Nach jedem Test geben sie ihre Einschätzung ab: eine Karotte für die mutmaßliche Vegetarierin, eine Wurst für die mögliche Fleischesserin. Die erste Kategorie: BLUTDRUCK Bei großen Reihenuntersuchungen haben Fleischesser tendenziell einen erhöhten Blutdruck. Bei den Zwillingen ist es jedoch umgekehrt: Janah, die Die zweite Kategorie: KÖRPERFETT UND MUSKELMASSE der Körpergröße und dem Gewicht nach folgender Formel: Body Mass Index = Körpergewicht (in kg) ÷ (Körpergröße (in m) x Beim nächsten Punkt – Größe und Gewicht – wissen die Expertinnen aus Erfahrung, dass Menschen, die Fleisch essen, meist schwerer sind und mehr Körperfett haben. Um das an den Zwillingen zu testen, errechnet Christiane Schulz aus Körpergewicht und Größe den so genannten BodyMass-Index (BMI). Anschließend bestimmt ihre Teamkollegin Fett-, Wasser- und Muskelanteil der Zwillinge. Und tatsächlich hat Janah, die Vegetarierin, einen BMI von 22,6. Ihre Fleisch essende Schwester kommt auf einen BMI von 25,3. Bei Sarah ist auch der Körperfettanteil größer, dafür besitzt sie aber auch mehr Muskelmasse. Die Expertinnen vergeben an sie eine Wurst – und liegen diesmal richtig. Körpergröße (in m)) Als normalgewichtig gelten Personen mit einem BMI zwischen ca. 20 und 25. Unter 20 spricht man von Untergewicht, oberhalb von 25 von Übergewicht und ab 30 von starkem Übergewicht. Die dritte Kategorie: BLUTWERTE Das Blut ist auch verräterisch: an einer genauen Blutuntersuchung sehen die Wissenschaftlerinnen, wie es bei den Zwillingen mit verschiedenen Nährstoffen aussieht. Beispiel Vitamine: beide Expertinnen erwarten, dass bei der Vegetarierin die Werte für Vitamin C, Vitamin E, sowie Beta-Carotin, Lycopin und Folsäure höher sind. Diese Stoffe kommen in Obst, Gemüse und Vollkorngetreide vor, und erfahrungsgemäß essen Vegetarier davon mehr. Sie gleichen damit die Kalorien aus, die ihnen fehlen, wenn 17 Links: Der Vitamingehalt im Blut der Zwillinge ist – bis auf Vitamin E – typisch für Fleischesser (grün) einerseits und Vegetarier (rot) andererseits Rechts: Die Expertinnen entscheiden sich richtig Vegetarier und Fleischesser sie das Fleisch weglassen. Ein anderes Vitamin, das Vitamin B12, kommt dagegen fast nur in tierischen Lebensmitteln vor. Zum Beispiel in Fleisch, vor allem in der Leber, aber auch in Fisch, Käse oder Eiern. Das Ergebnis ist für die Wissenschaftler eindeutig. Der rosa Zwilling hat die höheren Werte bei den meisten Vitaminen. Die Ausnahmen: Vitamin E und Vitamin B12. Dass die Verhältnisse bei Vitamin B12 umgedreht sind, hatten sie erwartet. Daher passen nur die Werte des Vitamin E nicht ins Bild. Insgesamt sind sich die Expertinnen bei ihrem Votum für Janah als Vegetarierin sicher. Die vierte Kategorie: NÄHRSTOFFE IN DEN ZELLEN Mit einem neuen Test haben es die Ernährungswissenschaftlerinnen auf die Zellen der Mundschleimhaut abgesehen. Damit können sie herausfinden, welche Nährstoffe tatsächlich in den Körperzellen ankommen. Zum Beispiel Vitamin C, das bei der Vegetarierin mehr vorhanden sein sollte. Die Unterschiede zwischen den Zwillingen sind diesmal extrem klein. Der Messwert bei Sarah, der 18 Fleischesserin, liegt nur minimal unter dem ihrer Schwester, doch auch diesmal werden Karotte und Wurst richtig vergeben. Das Ergebnis Beim Stand von 3 zu 1 fällt es den Ernährungsexpertinnen leicht, eine abschließende Einschätzung abzugeben. Anhand ihrer Untersuchungen tippen sie richtig: Janah ist die Vegetarierin, Sarah isst Fleisch. Ökofleisch: Billiger geht es nicht Ököfleisch Handarbeit im Ökostall schlägt sich auf den Preis nieder Ein Schweineschnitzel im Supermarkt kostet rund sieben Euro pro Kilo – eines, das nach den Richtlinien der ökologischen Landwirtschaft produziert wurde, ist rund doppelt so teuer. Wie kommt dieser Unterschied zustande? Der Preis für ein Schnitzel setzt sich aus unterschiedlichen Faktoren zusammen: den Kosten für die Aufzucht der Schweine, den Kosten für das Schlachten und Zerlegen und auch den Kosten für den Verkauf. Quarks & Co. hat die Kosten am Beispiel des ökologischen Bauernhofs Stautenhof in Willich nachrecherchiert. Kurzes Leben für billige Schnitzel Bauer Christoph Leiders hält 80 Zuchtsauen und 270 Mastschweine. Im Jahr kann er etwa 1.000 Schweine schlachten und 500 Ferkel weiterverkaufen. Er rechnet für das Futter der Schweine – das ausschließlich aus ökologischem Anbau stammen darf – 120 Euro im Laufe eines Schweinelebens. Gebäude, Stroh, Heizung und Wasser kosten pro Schwein 67 Euro. Für jedes verkaufte Schwein kalkuliert der Bauer noch 2,5 Arbeitsstunden der Mitarbeiter, die sich um die Schweine kümmern. Insgesamt ergeben sich 2,49 Euro pro Kilo, die ein schlachtreifes Schwein einbringen muss, um die bis dahin entstandenen Kosten zu decken. Konventionelle Züchter müssen ihre Schweine für deutlich weniger Geld abgeben. 1,43 Euro bekommen sie pro Kilo Lebendgewicht. Das geht nur mit Massentierhaltung, konventionellem Futter und chemischen Mitteln wie Antibiotika. Die Schweine werden früher geschlachtet und verbrauchen weniger Futter. Statt auf Stroh stehen sie auf pflegeleichten Kunststoffböden mit Spalten, durch die die Exkremente hindurch fallen. Die flüssige Gülle kann wesentlich einfacher entsorgt werden. Konventionelle schlachten im Akkord Der nächste Kostenfaktor ist die Schlachtung. Ökobauer Leiders hat vor ein paar Jahren extra ein neues Schlachthaus gebaut. Dort schlachtet er jeden Samstag 20 Schweine. Personal, 19 Gesundes Stroh für die Schweine, und der Bauer mistet selbst: das macht die Öko-Schnitzel teurer Auch für Ökofleisch müssen Tiere sterben Ökofleisch: Billiger geht es nicht Energie und Infrastruktur schlagen sich mit 35 Euro pro Schwein nieder – bei einem durchschnittlichen Schlachtgewicht von 96 Kilogramm pro Schwein macht das weitere 37 Cent, die er auf den Kilopreis aufschlagen muss. Insgesamt also bis hierhin 2,86 Euro. Konventionelle Schlachthäuser schaffen es, im Durchschnitt für 23 Cent pro Kilo zu schlachten. Auch hier macht es die Menge: Wie ein Industriebetrieb müssen die Bänder möglichst lange laufen, denn jeder Stillstand kostet Geld. Tausende von Schweinen werden jeden Tag geschlachtet – nur so können sich große Schlachtbetriebe rentieren. stehen zum Beispiel durch Kohlendioxid-Emissionen (Treibhauseffekt) und durch die Verschmutzung von Wasser mit Phosphaten, Nitraten und Pflanzenschutzmitteln. Für diese Schäden muss die Allgemeinheit bezahlen, deshalb tauchen die Kosten im Erzeugerpreis eines Schnitzels nicht auf. Bei der ökologischen Produktion fallen diese Kosten in weit geringerem Umfang an, weil Ökobauern zum Beispiel beim Futteranbau auf Spritzmittel und Mineraldünger verzichten. Das IÖW hat ausgerechnet, um wie viel teurer ein konventionelles Schnitzel sein müsste, wenn man die Kosten für die Beseitigung der Umweltschäden auf den Kilopreis umlegt: Es müsste dann um 47,3 Cent pro Kilo teu- Wie das geschlachtete Schwein zerlegt wird, wirkt sich ebenfalls auf die Kosten aus. Nur etwa zwei Drittel des Schweins kann der Metzger überhaupt verwenden, etwa für Schinken oder für Würste, die weniger Geld bringen. Der Rest sind Knochen und Schlachtabfälle, die in der Tierkörperverwertung entsorgt werden. Auch dafür muss der Bauer wieder zahlen. Insgesamt wird das Schnitzelfleisch durch diese Kosten um 2,74 Euro teurer und würde hier schon 5,60 Euro pro Kilo kosten. Konventionelle Zerlegebetriebe schaffen es, die Kosten bei 47 Cent zu halten. Auch Verkaufen kostet Geld Der Ökobauer in Willich verkauft sein Fleisch direkt ab Hof, drei Mitarbeiterinnen im Laden kümmern sich um die Kunden. Und die Angestellten kosten Geld, genauso wie Gebäude und Wasser, Strom und Heizung. Alles in allem erreicht das Schnitzel bei Bauer Leiders so einen Ladenpreis von 14,50 Euro pro Kilo. In der konventionellen Verwertungskette dagegen schlagen Vertrieb und Verkauf nur mit 4,87 Euro pro Kilo Schnitzel zu Buche. Insgesamt kann das konventionelle Schnitzel daher schon für 7 Euro pro Kilo im Supermarkt angeboten werden. Massentierhaltung Umweltbelastung: Konventionelle überlassen das dem Staat Allerdings sind bei diesen Berechnungen nicht alle Faktoren berücksichtigt: Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) rechnet vor, dass der Preisunterschied zwischen Ökofleisch und konventionellem Schweinefleisch auch dadurch zustande kommt, dass die Kosten für Umweltschäden durch konventionelle Schweinezucht nicht eingerechnet werden. Umweltschäden ent- Konventionelle Erzeuger beschweren sich oft, dass die Kunden einfach nicht bereit seien, mehr Geld für Lebensmittel zu zahlen – sie würden so zu einer quasi-industriellen Massenproduktion gezwungen. Sie könnten recht haben: 1980 musste ein Industriearbeiter noch 47 Minuten arbeiten, um ein Kilo Schweinefleisch zu verdienen. Im Jahr 2004 waren es nur noch 26 Minuten – fast die Hälfte. So gesehen kostet ein Ökoschnitzel heute ungefähr so viel wie vor 25 Jahren ein konventionelles. Öko-Landwirtschaft 8,40 Kostenfaktor Verkauf Kostenfaktor Zerlegen Kostenfaktor Schlachten Euro pro Kilo Lebendgewicht Kostenfaktor Verkauf 4,87 2,74 Kostenfaktor Zerlegen 0,47 0,23 1,43 0,37 Kostenfaktor Schlachten 2,49 Euro pro Kilo Lebendgewicht in Euro 20 rer sein, das Ökoschnitzel nur um 1,6 Cent. Die Preisdifferenz würde sich dadurch etwas zugunsten des Ökofleisches verschieben. in Euro 21 Marmorierung weist auf einen guten Geschmack hin Fleisch ist nicht gleich Fleisch Fleisch Wie man Qualität sehen kann Fleisch oder nicht Fleisch – dazu gibt es meist klare Ansichten: Vegetarier und Veganer auf der einen, überzeugte Fleischesser auf der anderen Seite. Weitaus schwerer fällt hingegen die Entscheidung, welches Fleisch es denn sein soll. Denn egal ob Rind, Schwein oder Geflügel: Fleisch ist nicht gleich Fleisch, bei der Qualität gibt es erhebliche Unterschiede. Deshalb lohnt bereits im Supermarkt ein kritischer Blick. Denn wie gut der Sonntagsbraten tatsächlich schmeckt, entscheidet sich schon beim Kauf an der Fleischtheke. Eine erste Orientierung gibt die Farbe des Fleisches: Während Schwein und Geflügel helle Fleischsorten sind und deshalb eine rosa Farbe haben sollten, zeichnet sich gutes Rindfleisch durch seine dunkelrosa bis kirschrote Farbe aus. Marmorierung weist auf guten Geschmack Bereits mit bloßem Auge gut zu erkennen ist die so genannte Marmorierung des Fleisches. Dabei wird das Muskelfleisch von vielen feinen, 22 möglichst weißen Fettäderchen durchzogen. Beim Garen und Braten verbessert ein höherer intramuskulärer Fettgehalt den Geschmack des Fleisches, indem er es zart und saftig hält. Je marmorierter das Fleisch, desto besser ist also der Geschmack. Je höher umgekehrt der Muskelfleischanteil ist, desto magerer ist das Fleisch. Ohne die weiße Marmorierung lässt allerdings nach der Zubereitung der Geschmack nach. Fleisch aus ökologischer Landwirtschaft war früher meist mehr von Fettäderchen durchzogen. Heute jedoch wird es oft ebenfalls in der mageren Variante angeboten – weil die Kunden eben lieber mageres Fleisch kaufen. Für den Verbraucher an der Fleischtheke ist Öko-Fleisch deshalb weder optisch noch geschmacklich zu unterscheiden. Feine Muskelfasern, feines Fleisch Ein weiteres Merkmal für die Qualität von Fleisch ist die Beschaffenheit der Muskelfasern. Diese sollten möglichst schlank sein. Züchter werden jedoch meist nach dem Gewicht der Muskeln ihres Schlachtviehs und nicht nach deren Beschaffenheit bezahlt: Je größer die Vorsicht ist bei blassem, weichem und nässenden Fleisch geboten ist nicht gleich Fleisch Keulen, desto höher der erzielte Preis. Die Anzahl der Muskelzellen eines Rinds ist jedoch mit der Geburt bereits festgelegt. Werden die Schlachttiere dicker, bekommen sie also nicht mehr Muskelfasern sondern nur dickere. „Die Folge ist grobfaseriges Fleisch mit schlechter sensorischer Qualität“, erklärt Friedrich Weißmann von der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft. Je feiner die Muskelfasern, desto feiner ist das Fleisch. Störung zum PSE-Effekt führen: Innerhalb einer Stunde nach der Schlachtung, wenn die Fleischtemperatur noch deutlich über 35 °C liegt, reichert sich im Muskelgewebe zu schnell Milchsäure an. Der pH-Wert fällt deshalb schon kurz nach der Schlachtung unter 5,6. Für eine gute Qualität ist es jedoch erwünscht, dass sich das Fleisch diesem Wert erst über mehrere Stunden hinweg langsam annähert. Geschieht dies zu schnell, so führt das dazu, dass die Zellmembranen reißen: Die Muskelzellen können dann kein Wasser mehr binden. Finger weg von blassem Fleisch! Vorsicht ist bei blassem, weichem und nässendem Fleisch geboten, das bereits in der Theke in seinem eigenen Saft liegt. Dieses Fleisch schrumpft dann beim Erhitzen in der Pfanne besonders stark und bekommt einen zähen, faden Geschmack. Die Ursache für dieses so genannte PSE-Fleisch (für Pale, Soft, Exudative) liegt in der Art der Tierzucht, die sich an den Wünschen des Verbrauchers orientiert. Denn je magerer die Tiere gezüchtet wurden, desto mehr stieg auch die genetisch bedingte Stressempfindlichkeit. Die damit verbundenen Störungen können als Folge einer Stoffwechsel- Die Folgen sind eine blasse Farbe, eine weiche Oberfläche und erhöhte Wässerigkeit des Fleisches; nach der Zubereitung wird es dadurch weniger zart. Um dieses Fleisch zu meiden, sollte deshalb beim Einkaufen auf frischen Glanz und einen trockenen, rötlich-rosa Anschnitt ohne Pfützenbildung geachtet werden. Auch dunkles, festes und zu trockenes Fleisch kann Genießern den Appetit verderben. Ursache für diesen DFD-Effekt (von dark, firm, dry) sind die oft langen Transporte der Tiere zum Schlachthof: Die damit verbundenen Belastungen wie Angst oder Rangkämpfe der Tiere 23 Dunkles, festes und trockenes Fleisch kann Genießern den Appetit verderben Das Gelingen des Bratens hängt wesentlich vom Fleisch ab Grillen, Brutzeln, Braten Grillen, Brutzeln... erschöpfen die Reserven des Kohlenhydrats Glykogen, das in den Muskeln als Energieträger für Bewegungen dient. Durch einen Mangel an Glykogen reichert sich nach der Schlachtung dann zu wenig Milchsäure an. In diesem Fall erhält das Fleisch also nicht eine zu schnelle, sondern zu geringe Säuerung. Der pH-Wert verharrt noch Stunden nach der Schlachtung konstant bei Werten über 6,4. In diesem Milieu bleibt jedoch teilweise die Zellatmung aktiv. Sauerstoff, der in das Fleisch eindringt, wird somit schnell verbraucht. Die Aufrötung des Fleisches wird dadurch verhindert und das Fleisch bleibt unappetitlich dunkel. Wie aus Fleisch ein Gaumenschmaus wird Ob der Sonntagsbraten gelingt, liegt nicht immer nur am Koch. Auch die Auswahl des Fleisches ist wichtig. Gutes Fleisch sollte vor allem eines sein: gut abgehangen. Denn durch das Abhängen setzt die so genannte Fleischreifung ein. Und die ist wesentlich dafür verantwortlich, ob der Braten später zäh wird oder nicht. Denaturieren bedeutet, dass sich die Struktur von Biomolekülen, etwa Eiweißen, unwiederbringlich ändert. Das bekannteste Beispiel ist das Eiweiß im Hühnerei: Es wird beim Kochen fest, weil sich der räumliche Aufbau der Proteinmoleküle geändert hat. Der ursprüngliche, flüssige Zustand kann nicht mehr hergestellt werden. Gesteuerte Verwesung Fleisch besteht hauptsächlich aus Proteinen (also Eiweiß), Fett und Wasser. Eines der Hauptproteine im Fleisch ist das so genannte Kollagen. Es verleiht dem Fleisch normalerweise als Bindegewebe zwischen den Muskelfasern Stabilität und Stoßfestigkeit. Es besteht aus Fasern, die im Fleisch ein Gitternetz bilden. Damit Menschen das Fleisch gut verdauen können, muss dieses Kollagennetz aufgelöst werden, die Eiweiße müssen denaturieren. Kollagen Kollagen ist das wesentliche Strukturprotein des Bindegewebes. Es besteht aus einzelnen Fäden, von denen jeweils drei Fäden zu einer Faser zusammengewickelt sind. Die dichte Wicklung ist auch ausschlaggebend für die enorme Zugfestigkeit von Kollagenfasern: die Fasern können Gewichte bis zum Zehntausendfachen ihres Eigengewichtes tragen. 24 Denaturieren Hier kommt die Fleischreifung ins Spiel – eigentlich nichts anderes als Verwesung. Kurz nach dem Schlachten setzt sie schon ein, ausgelöst durch Bakterien. Während dieses Prozesses entsteht im Muskelfleisch Milchsäure. Diese Säure beginnt, die Kollagennetze des Bindegewebes aufzulösen, das Fleisch wird dadurch zarter. Wenn vom Abhängen die Rede ist, spricht man also von der langsamen Verwesung, die das Fleisch erst richtig bekömmlich macht. Rindfleisch muss 15 bis 21 Tage abgehangen sein, Schwein vier bis fünf Tage, bei Geflügel reicht in der Regel 1 Tag. Dabei sind diese Zeitangaben stark von Alter und Rasse des Tieres und der Temperatur abhängig. Ideal ist ein kühler Raum mit einer Temperatur von sieben bis zehn Grad Celsius. Ist das Fleisch nicht richtig abgehangen, wird es nicht schön zart und saftig. 25 Faser Marinaden machen Fleisch so richtig sauer – und zart Das Bindegewebe verleiht Muskelfasern Stabilität und Stoßfestigkeit. Es muss zerstört werden, damit Fleisch genießbar wird Faserbündel Fibrillen Grillen, Brutzeln, Braten Marinade löst das zähe Fleisch Die Reifung kann man auch künstlich fördern: zum Beispiel mit einer Marinade. Beim Marinieren arbeitet man mit Säure, die das Kollagen-Eiweiß schon vor dem Kochen denaturiert. Essig, Wein oder Säfte sind traditionelle Marinaden. Aus Asien stammt ein Fischrezept, bei dem der Fisch nur durch Säure gegart wird. Eine Marinade aus Zitronensaft denaturiert das Eiweiß vollkommen. Nach einer Weile ist der Fisch durchgegart – ohne jemals auf dem Herd gewesen zu sein. Das geht aber nur bei Fisch, denn Fisch enthält sehr viel weniger Bindegewebe als Geflügel-, Rind- oder Schweinefleisch. Eine weitere Möglichkeit, Fleisch zart zu machen, ist das Zusetzen von Enzymen. Bestimmte Früchte wie Ananas, Feigen und Papayas haben Enzyme, die Proteine zersetzen können, so genannte proteolytische Enzyme. So wickeln zum Beispiel die Indios in Südamerika ihre Fleischstücke in Papayablätter ein, um es zart zu machen. Die Enzyme sind auch in den frischen Säften der Früchte enthalten, mit denen man das Fleisch marinieren kann. Wer die Enzyme im gesamten Fleisch wirken lassen will, kann die Säfte auch direkt mit einer Spritze in das Fleisch injizieren. Dabei geht auch das Aroma der Früchte auf das Fleisch über. 26 Enzyme Ein Enzym ist ein Eiweiß, das eine bestimmte chemische oder biochemische Reaktion unterstützt. Das Bindegewebe wegschmelzen Auch das Grillen, Braten und Brutzeln auf dem Herd oder im Ofen sorgt letztlich dafür, dass Eiweiße zerfallen. Je nach Anteil des Bindegewebes im Fleisch müssen aber unterschiedliche Temperaturen und Garzeiten eingehalten werden. Der Bindegewebsgehalt des Fleisches ist von Tier zu Tier unterschiedlich. So haben Fische kaum Bindegewebe, denn das Wasser trägt ihr Gewicht, ihr Körper muss selbst nicht so viel Stützmasse aufbringen. Dagegen sind Rücken und Keulen von Kühen oder Schweinen stark von Kollagen durchsetzt, denn Laufen kostet mehr Kraft als das Schwimmen und zusätzlich müssen Lebewesen, die auf dem Land leben, noch ihr Eigengewicht tragen. Zusätzlich ist der Bindegewebsgehalt beim Tier aber je nach Körperteil verschieden. So sind bei einer Pute der Hals und die Flügel stark mit Bindegewebe durchsetzt, weil diese Muskeln stark benutzt werden. Die Brust hingegen enthält meist kaum Bindegewebe. Je weniger Kollagen, desto kürzer ist die Bratzeit – wenn bindegewebsarmes Fleisch zu lange der Hitze ausgesetzt ist, wird es trocken. Deshalb muss man verschiedene Fleischstücke auch unterschiedlich zubereiten – es gibt Fleisch zum Kurzbraten wie Filet oder Steak, und Fleisch, das erst nach langer Zeit im Ofen richtig mürbe wird, etwa ein durchwachsenes Stück aus dem Nacken. sehr hohe Temperaturen (rund 140 °C), weshalb in vielen Rezepten empfohlen wird, den Braten zunächst in der Pfanne scharf anzubraten um ihn danach bei niedrigen Temperaturen im Ofen weiterzugaren. Eine chemiche Reaktion macht den Geschmack Fleisch enthält immer auch Fett, und das trägt Aromastoffe in sich. Aromen entwickeln sich aber auch beim Braten, Grillen oder Backen, und zwar durch die so genannte Maillard-Reaktion. Bei der Maillard-Reaktion entstehen aus Aminosäuren, Kohlenhydraten und Zucker Verbindungen, die für den typischen Geschmack und Duft von gebratenem Fleisch verantwortlich sind. Dazu bilden sich auch Pigmente, die dem gebratenen Fleisch die braune Farbe geben. Benannt wurde die Reaktion nach dem französischen Chemiker Louis Camille Maillard, der um 1912 mit diesen Verbindungen experimentierte. Die Maillard-Reaktion benötigt 27