Anduin 93

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Anduin 93
ANDUIN 93
Inhaltsverzeichnis
ANDUIN 93 BEST OF ANDUIN
VORWORT
IMPRESSUM
Anduin
Fanzine für phantastische Spiele
T. Heinig
Stuckstraße 6
82319 Starnberg
leserbriefe@anduin.de
Homepage www.anduin.de
Ausgabe Nr. 93, Dezember 2007
Herausgeber Blue Tree Publishing
Chefredakteur T. Heinig
Lektorat T. Heinig
Autoren G. Hanrahan, F. Lelke, C. Böddicker, L. Perner, C. Maser, L. Becker, M.
Johanus, D. Schumacher, C. Eikmeier, P.
Heinig, C. Hölch, N. Hüttinger, T. Heinig
Eigentlich ist das Titelthema dieser Anduin ja irreführend gewählt. Die hier enthaltenen
Artikel sind nicht unbedingt die besten, die wir bisher in unserem Magazin veröffentlicht
haben. Aber zumindest gehören sie zu den Besten – und haben mir ganz persönlich aus
dem einen oder anderem Grund gut gefallen.
Nun geht es mit der Anduin nach längerer Pause weiter. Eine der letzten Ausgaben vor
dieser Pause war die „Best of Old“ – mit einer Sammlung der besten Artikel aus jener Zeit,
bevor die Anduin im Internet erschien. Und da lag es nahe, als Startzeichen für den Neubeginn eine ähnliche Ausgabe mit Artikeln aus der Internetzeit zu machen. Sie dient der
Redaktion zum warm werden und soll neuen Lesern einen Überblick darüber geben, was
man in der Anduin so finden konnte und wird. Okay, wir haben auf Rezensionen verzichtet,
aber der Fokus der Anduin lag eben immer schon auf spielbarem bzw. beim Spiel behilflichen Material.
Langjährige Leser werden dieser Anduin nicht viel Neues entnehmen können – außer
dem Bastelbogen für den Würfelkalender 2008. Dafür steht die nächste Ausgabe ja schon
in den Startlöchern. Mit völlig neuem Material. Wer rechtzeitig informiert werden will kann
sich auf unserer Seite für den Newsletter eintragen.
Liebe Grüße, Euer Tommy
Titelbild T. Heinig
Zeichner E. Cole, M. Krieger, S. Gormley,
C. Böddicker, C. Peeters, D. Kufner, U.
Mayer, M. Buyken, S. Koerner, T. Heinig
Hinweise Die Artikel in dieser Ausgabe stellen die Meinung der einzelnen
Autoren dar und müssen nicht mit der
Meinung der Redaktion übereinstimmen. Die Redaktion distanziert sich von
Internetseiten mit verfassungswidrigen, radikalen oder pornographischen
Inhalten.
Die meisten in dieser Ausgabe genannten Produkte sind Warenzeichen ihrer
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Antworten auf häufige Fragen zur
Anduin findet Ihr auf unserer Homepage. Außerdem könnt Ihr Euch hier für
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© 2007 Anduin
www.anduin.de - kostenlos und unabhängig
INHALT
Rubriken
2 Vorwort, Inhalt und Impressum
Abenteuer
3
36
43
54
97
Trügerische Gewässer
Ein Abenteuer für Blue Planet
Die Superpille
Ein Liverollenspielabenteuer für 15 Spieler
Der Vampirinquisitor
Ein universelles Horro-Abenteuer
Wandertag
Noch ein universelles Horror-Abenteuer
Der Geisterpirat
Ein Piratenabenteuer für das Schwarze Auge
Lesen & Spielen
19
23
27
69
73
80
86
114
Wasser
Vom Überleben im und ohne…
Rancher, Rinder und Revolver
Das Leben der Cowboys
Greensilver
Das Skelett einer Western Stadt
Grusel im Rollenspiel
Spielleitertipps: Platzende Augen oder Gänsehaut?
Wahrnehmung
Spielleitertipps: Wahrnehmungen besser ins Spiel einbauen
Voodoo
Mythos und Wirklichkeit
Religion in der Fiktion
Ein Blick auf das Thema Religion im Spiel
2008W12
Der Würfelkalender für das Jahr 2008
Kurzgeschichten & Comics
7 7 Halleluja
89 Deborah
115 Ritter und Magier
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Trügerische Gewässer
TRÜGERISCHE
GEWÄSSER
EIN ABENTEUER FÜR BLUE PLANET
TEXT: GARETH HANRAHAN
ÜBERSETZUNG: TOMMY HEINIG
ILLUSTRATION: EVAN LOLE
KARTE: TOMMY HEINIG
Einleitung
Das vorliegende Abenteuer „Trügerische
Gewässer“ für das Spielsystem Blue Planet
bietet Intrigen, Kämpfe, Rätsel und Diplomatie. Es ist daher etwas kompliziert in der
Struktur, aber wir versuchen, dem Spielleiter
das Leben so einfach wie möglich zu machen. Aus diesem Grund geben wir zunächst
einen Überblick über das Abenteuer und die
beteiligten Personen. In den weiteren Kapiteln werden diese Informationen ausgebaut
und vertieft. Und ganz am Ende fassen wir
die Handlung noch einmal zusammen, damit
wirklich alles klar ist. Das Abenteuer an sich
ist sehr frei gestaltet, so dass der Spielleiter
selbst entscheiden kann, welchen Weg das
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Abenteuer gehen soll. Zudem wurde auf
Passagen verzichtet, die den Spielern direkt
vorgelesen werden können. Es werden vorgefertigte Charaktere verwendet, weshalb
es schwer sein dürfte, das Abenteuer ohne
starke Veränderungen in eine laufende Kampagne einzubauen. Dafür ist es als abwechslungsreiche Kurzkampagne ideal geeignet,
um Spieler in die Welt von Blue Planet einzuführen.
Das Abenteuer spielt hauptsächlich auf einer einzelnen Forschungsstation, der Sable
Bay Oceanographic Installation (auch bekannt als GEO Station 32). Das oberste Deck
der Station schwimmt in den Gewässern der
Sable Bay und der Rest ist auf dem Meeres-
boden befestigt, tief unter der Wasseroberfläche.
Offiziell besteht Station 32 lediglich für Forschungszwecke. Wissenschaftler nehmen
Wasserproben, schürfen auf dem Meeresboden, zeichnen die Gezeiten auf und fangen
und untersuchen natürliche Lebensformen.
Aber Station 32 befindet sich auch in Sensorreichweite einiger Konzernniederlassungen,
darunter „Lebensraum“, der Haupt-Stadtstaat von Hannover Industries. Die Station
zeichnet heimlich den Kommunikationsverkehr der Kons auf, und ihre Drohnen geraten
auf den Jagden nach Meerestieren häufig
„versehentlich“ recht nah an Fahrzeuge und
Einrichtungen der Kons. Kurz gesagt, Station
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Trügerische Gewässer
DAS A B E NT E U ER IN 5 M IN U TEN
Die folgende Passage ist als Übersicht für alle
gedacht, die Blue Planet nicht kennen bzw.
das Abenteuer noch einmal zusammengefasst
haben wollen. In der Systemvorstellung in
dieser Ausgabe der Anduin kann man mehr
über den Hintergrund erfahren.
Blue Planet ist ein sci-fi Rollenspiel, das
versucht, einen sehr realen futuristischen Hintergrund zu beschreiben. Es ist nicht so sehr
eine space opera wie z.B. „Star Wars“ und
wesentlich härter. Im Grunde handelt alles
von einer Wasserwelt namens Poseidon. Das
Poseidonsystem ist mit dem Sonnensystem
der Erde durch ein Wurmloch verbunden. Das
Wurmloch und Poseidon wurden ungefähr
ein Jahrhundert vor den Ereignissen in diesem
Abenteuer entdeckt. Ein Kolonieschiff, die
Cousteau, wurde damals entsandt, um eine
erste Siedlung der Menscheit auf Poseidon
zu gründen. Dann verfiel die Erde in Anarchie,
und zwar durch eine genetisch konstruierte
Seuche, „Die Fäule“ genannt, welche die Feldfrüchte vernichtete. Nur die Anstrengungen
der Global Ecology Organisation, einer
starken Weltregierung gebildet von der UN
um Die Fäule zu bekämpfen, und der Konzernstaaten (grundsätzlich cyberpunkähnliche
Konzerne) brachten die Menschheit durch das
Chaos. Erst nachdem Die Fäule bekämpft war
und sich die Erde erholt hatte, konnten neue
Schiffe durch das Wurmloch nach Poseidon
entsandt werden.
Einer der Konzerne, Hannover Industries,
hat nun eine große Firmenstadt, genannt
Lebensraum, auf der Wasserwelt erbaut. Die
Spielercharaktere sind ein Teil der Besatzung
einer GEO Wissenschaftsstation in der Nähe
von Lebensraum. Diese Station ist auch ein
geheimer militärischer Lauschposten, um die
Konzerne auszuspionieren. Für den Fall, dass
ein Krieg ausbricht, ist die Station mit Smart
Torpedos ausgerüstet.
Der Captain der Station, Kiyamote, will einen
32 ist ein großes Ärgernis für die Konzerne
von Poseidon, versteckt sich hinter der respektablen Maske der unschuldigen Wissenschaft doch ein Spionagenetzwerk. Nur für
den Fall, dass die Konzerne jemals aggressiv
werden sollten, ist die Station übrigens mit
einer Anzahl versteckter Torpedos und einer
Anti-Flugzeug-Kanone ausgestattet…
Die Spieler-Charaktere sind sechs hochrangige Mitglieder des Stabes an Bord von
Station 32. Einige von ihnen wissen von dem
geheimen Zweck der Station, andere sind
ahnungslos, wieder andere sind Konzernspione. In diesem Szenario geht es darum, auf
wen man sich verlassen kann und dass jeder
seinen Preis hat. Die Charaktere werden zuwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
Krieg. Er ließ Informationen über die Torpedos an einen SC, Tsung-Li, durchsickern, die
einst zu Hannover gehörte. Sie reichte die
Information an Hannover weiter und Hannover an Erich Kalbe, einen Spion, der eine
Terroristenzelle der Eingeborenen infiltriert.
Kalbe entschied sich, die Torpedos von der
Station zu stehlen.
Das Szenario beginnt damit, dass fünf der
SCs, Alan Baum (militärischer Bursche), Faith
Tourmalene (wissenschaftliche Leiterin und
antimilitärisch), Tsung-Li (Schachfigur von
Hannover), Feyd Al Ulmarj (Soldat der GEO)
und Vlad Olyah (fauler Wissenschaftler und
Eingeborenensympathisant) den letzten
Spielercharakter, Marta Grosse befragen, welche ihr Jumpcraft auf der Station notlanden
musste. Marta ist ein geheimer Medienrekorder (alles, was sie erlebt wird auf der Erde in
einem TV-Programm ausgestrahlt).
Dann stehlen einige Eingeborene die Torpedos während eines Sturms (Stichwort
„Kampfszene und Feuergefecht“). Sie
schaffen dies mit Hilfe von Überbrückungsmodulen, welche dem Torpedocomputer
vorgaukeln, alles wäre eine Simulation. Die
SCs müssen die Torpedos wiederbeschaffen.
Ihre beste Spur ist das nah gelegene Eingeborenendorf Circumstance. Hier müssen sie mit
einem ganzen Dorf von Leuten klarkommen,
von denen ihnen kein einziger traut.
Gleichzeitig entbrennt ein Streit zwischen
Kalbe und den Terroristen. Diese wollen die
Torpedos so schnell wie möglich einsetzen.
Er wird angeschossen und flieht. Sobald er
sich in einer Höhle verkrochen hat, sendet er
einen Notruf und warnt Hannover, dass die
Torpedos außer seiner Kontrolle sind.
Hannover zerbombt Circumstance. Die Terroristen sind dadurch verärgert und starten
die Torpedos. Die SCs müssen die Torpedos
verfolgen und Lebensraum retten – falls sie
denken, dass der Konzern dies wert ist.
nächst kaum Fortschritte machen, und während das Szenario andauert, sollten sie mehr
und mehr paranoid werden. Der Ozean ist ein
sauberer und einfacher Ort – es sind die Menschen, die das Töten kompliziert machen.
Hintergrund
Die Spannungen zwischen der GEO und
den Konzernen sind bereits seit Jahren gewachsen. Jeder Funke könnte einen Krieg
auslösen. Das Problem ist, dass in diesen
Tagen Kriege im Auge der Öffentlichkeit ausgefochten werden. Der Angreifer wird in Ungnade fallen. Der Unterschied zwischen der
faschistischen Regierung der GEO, welche
unschuldige und Arbeitsplätze schaffende
Konzerne unterdrückt, und der heldenhaften
GEO, welche Sünder und Ökologie zerstörende MegaKons bekämpft, ist eine Frage
des Standpunktes.
Bestimmte Elemente innerhalb des GEO
Militärs warten nur auf diesen Funken, eine
Entschuldigung, um den Kampf gegen die
Konzerne aufzunehmen. Der Captain von
Station 32, Walter Kiyamote, ist ein altes
Schlachtross und er will diesen Funken liefern.
Er ließ Informationen über die wahre Natur
von Station 32 zu Hannover durchsickern, in
der Hoffnung, dass Hannover dumm genug
wäre, etwas dagegen zu unternehmen. Hannover nahm den Köder an – indirekt.
Erich Kalbe ist ein verdeckter Angestellter
von Hannover. Er infiltriert eine Terroristengruppe der Eingeborenen, getarnt als GEO
Agent, und versucht, mehr über den Terrorismus der Eingeborenen herauszufinden.
Er leitete diese Informationen weiter zu
seiner Gruppe. Und er arbeitete einen Plan
für die Eingeborenen aus, wie diese die geheimen Waffenbestände der Station stehlen
könnten. Er benutzt also die Eingeborenen
um die Drecksarbeit auf der Station zu erledigen. Wenn der Plan funktioniert, ist die Station waffenlos und damit neutralisiert. Wenn
er misslingt, wird die GEO einen Krieg gegen
die Eingeborenen beginnen, die ihre Station angegriffen haben. Ein Umstand, der die
Konzerne nicht im Geringsten stören würde.
So hätte Kiyamote nicht nur keinen Krieg
angezettelt, er hätte seine Smart Torpedos
an eine Bande von barbarischen Stammesmännern verloren. Er kann beim GEO Militär
nicht „offiziell“ um eine Wiederbeschaffung
bitten, weil er versucht, einen Krieg zu beginnen. Und die meisten in der Militärhierarchie
würden seine Methoden nicht gut heißen.
Er muss also benutzen was er hat, um das
Problem zu lösen, bevor es wirklich kritisch
wird.
Charaktere
Eine ausführliche Beschreibung der Charaktere findet sich im Anhang zum Aushändigen an die Spieler. Wir wollen dem Spielleiter
aber die einzelnen Personen dennoch bereits hier kurz vorstellen. Um einen tieferen
Einblick zu erhalten, sollte man aber auch die
Beschreibungen im Anhang lesen.
Commander Alan Baum
Der stellvertretende Kommandant von
Station 32, ein militärischer Karrieremann, ist
standfest und ruhig. Ihm fehlen die schnellen
taktischen Reaktionen um einen guten Kommandanten an der Front abzugeben, aber
er hat eine spinnenartige Geduld und eine
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Trügerische Gewässer
Vlad Olyah
Ein Xenobiologe und auf der Soldliste von
verschiedenen Aktivistengruppen der Eingeborenen. Er überlässt ihnen Tipps über GEO
Bewegungen und Einrichtungen, und sie
bezahlen ihn mit dem umfassenden Wissen,
dass die Eingeborenen über Poseidons Ökologie während mehrerer Dekaden gesammelt
haben. Er wurde zur Taucher-Osmoform (er
kann unter Wasser atmen) modifiziert
Marta Grosse
Die Pilotin des Jumpcraft. Sie war eine Konzernagentin, ein Jahr zuvor, bevor sie aufflog.
Sie steht jetzt unter Vertrag bei einer Mediengruppe namens „Life + Scan Poseidon“.
Alles, was sie erlebt wird aufgezeichnet und
einem Millionenpublikum auf der Erde vorgespielt. Sie wurde zur Taucher-Osmoform (sie
kann unter Wasser atmen) modifiziert
Überblick
Wenn das Szenario beginnt, befinden sich
alle Spielercharaktere in der oberen Sektion
von Station 32 und befragen Marta Grosse;
sie landete ihr Jumpcraft mit Fehlfunktion
vor einer halben Stunde, bevor alles beginnt.
Gleichzeitig, von den SCs unbemerkt, nähert
sich ein Terroristenteam der Station.
Die Saboteure der Eingeborenen attackieren die Station in der Hoffnung den geheimen Waffenvorrat zu stehlen. Sie haben
eines der U-Boote der Station gekidnappt
und rammen es in die unteren Decks; diese
werden teilweise geflutet. Nun bemerken
auch die Charaktere den Angriff.
außerordentliche Geschicklichkeit bei Gedankenspielen, die ihn an die Spitze des GEO
Nachrichtendienstes bringen werden. Er ist
loyal gegenüber Captain Kiyamote, aber dieser hat ihm nichts Definitives von seinem Plan
anvertraut. Er wurde zur Taucher-Osmoform
(er kann unter Wasser atmen) modifiziert.
Dr. Faith Tourmalene
Der Kopf der Wissenschaftler auf Station
32. Sie ist eine Xenobiologin und nicht sehr
glücklich darüber, dass ihre Erkundungsdrohnen für die Spionage abgestellt werden. Sie
und Mr. Baum streiten sich seit Monaten und
die Anspannung auf der Station hat sich dadurch erhöht.
Dr. Tsung-Li
Ein Hannover-Maulwurf, getarnt als Ozeawww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
nografin, bei der GEO. Sie wurde in einer chaotischen Freien Zone auf der Erde geboren
und von Hannover gerettet. Eine nette Person, aber loyal gegenüber ihrer „Familie“ bei
Hannover. Kiyamote weiß, dass sie eine Spionin ist, und ließ diese Informationen auch an
Tsung-Li durchsickern.
Lieutenant Feyd Al Umarj
Ein GEO Soldat und Baums rechte Hand. Offiziell ist er als Laborassistent auf der Station.
Tatsächlich aber würde er direkt an der Front
eingesetzt werden, sollten die Kons gegen
die Station vorgehen. Er ließ sein Nervensystem neu verdrahten und ist vollgestopft mit
Implantaten. Und er nimmt den Mythos des
GEO Supersoldaten sehr ernst. Er wurde zur
Taucher-Osmoform (er kann unter Wasser
atmen) modifiziert.
Einer der Eingeborenen schließt das Energiesystem der Station kurz. Es geht hoch und
die Computer und Kommunikationssysteme
versagen. Er befestigt auch eine Haftmine
am Fusionsreaktor, um ihren Rückzug zu decken.
Die Charaktere sind hauptsächlich auf ihre
eigenen Einfälle angewiesen. Die Explosion
und die Überflutung töten viele der Besatzungsmitglieder. Die Terroristen jagen dann
die Kommando-Crew und stehlen die Smart
Torpedos. Kiyamote verlangt, dass die SCs
die Terroristen verfolgen und beweisen, dass
Hannover hinter dem Angriff steckt. Er will
seinen Krieg…
Die Charaktere könnten die Eingeborenen
zu ihrem Dorf verfolgen oder warten bis die
Kommunikation wieder läuft. Kiyamote verzweifelt immer mehr und versucht die Situation noch in für ihn günstigere Bahnen zu
lenken.
Gleichzeitig entscheiden sich die Terroristen dafür, die Torpedos auf Lebensraum
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Trügerische Gewässer
abzufeuern. Kalbe protestiert und ein Kampf
bricht aus. Er flieht und sendet später einen
Notruf. Wenn Hannover von dem Angriff erfährt (durch die SCs oder durch Kalbes Notruf), entsenden sie ein Kampf-Jumpcraft,
welches das Dorf der Siedler, Circumstance,
ausradieren soll.
Die Terroristen starten einen Smart-Torpedo auf eine neue Unterwasser-Arkologie an
der Küste von Lebensraum. Die SCs müssen
sich entscheiden, ob sie einen Krieg verhindern wollen und herausfinden, wie man einen hochmodernen militärischen Torpedo
stoppt.
Aufbau der Station
Station 32 ist eine recht neue Einrichtung,
eine der wenigen Stationen der AnemonenKlasse auf Poseidon. Sie besteht aus zwei
Teilen. Die obere Sektion schwimmt auf der
Meeresoberfläche. Die untere Sektion ist
durch Pylonen, tief in den Felsboden getrieben, auf dem Meeresgrund verankert. Einige
Kabel, inklusive einer Fahrstuhl-Einrichtung,
verbinden beide. Die Station verfügt über
eine Landeplattform für Jumpcrafts, ein
kleines Dock, Luftschleusen, einer Satellitenverbindung und wird durch einen kleinen
Fusionsreaktor in der unteren Sektion mit
Energie versorgt.
Es befinden sich 15 Crewmitglieder auf der
Station; bis zu zwölf können gleichzeitig auf
verschiedenen Erkundungs-Missionen sein.
Zehn der Besatzungsmitglieder sind Wissenschaftler, der Rest gehört zum Militär.
Die Station kann bis zu 50 Leute versorgen,
aber der Stab wurde noch nicht derart vergrößert.
Die oberen Decks
Sie bestehen aus drei Teilen. Zunächst ist
da die Haupthülle, eine annähernd hemisphärische Struktur, bedeckt mit Verbindungsgängen und Röhren – wie eine Ölbohrinsel die
um einen Football gewickelt wurde. Neben
Werkstätten und Frachtkammern befinden
sich die Crewquartiere und der Lagerraum
in der Haupthülle. Die Satellitenverbindung
krönt die Haupthülle.
Die innere Sektion ist ein kleiner Block innerhalb des Hauptrumpfes. Einige Hydrauliken und Gyroskope, befestigt an der Haupthülle, stützen die innere Hülle und wirken
der Wellenbewegung entgegen. Dadurch
bleibt der innere Rumpf auch im schlimmsten Sturm völlig ruhig. Hier befinden sich
Labore und Kommandozentren, sowie die
Landeplattform und die Quartiere des Commanders.
Zum Schluss umgibt noch der Schwimmwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
ring die Haupthülle. Er besteht aus einem
massiven Ring aus biotechnischem superschwimmkräftigem Gel, welches sich in massiven zylindrischen Rohren befindet. Das Gel
kann hin und her gepumpt werden, um die
Balance zu halten. Es gibt ein kleines Dock
inmitten des Schwimmrings.
Die Kabel
Die oberen und unteren Decks sind durch
Kabel miteinander verbunden. Es gibt sechzehn dieser Kabel; sie bestehen aus nahezu
unzerstörbaren Karbonverbindungen. Vier
dieser Verbindungskabel würden genügen,
um die Station sicher zusammenzuhalten,
so dass sie eine vierfache Sicherheit bieten.
Mehrere Energie- und Datenleitungen werden ebenfalls durch die Kabel geführt.
Es gibt einen Fahrstuhl, um die zwei Sektionen zu verbinden. Dieser Lift ist eine
hohle, flexible Plastikröhre, bestehend aus
Myomerringen. Unter Strom gesetzt, ziehen
sich diese Ringe zusammen, so dass darin befindliche Objekte den Schacht entlang „gedrückt“ werden. Dieses System funktioniert
unabhängig vom Winkel des Schachtes und
kommt mit vielen verschiedenen Arten von
Last klar. Die Kabel sind 400 Meter lang und
können bis zu 425 Meter gestreckt werden.
Die unteren Decks
Im Gegensatz zu dem recht offenen und
luftigen Aufbau der oberen Decks sind die
unteren klaustrophobisch eng und heiß. Der
Druck, der auf der dicken Hülle lastet, lässt
die Struktur ächzen wie ein gequältes Tier.
Das konstante Brummen des Fusionsreaktors und das Knarren der Verbindungskabel
zerren an den Nerven der Besatzung in den
unteren Decks. Es ist kein schöner Ort.
An den vier Ecken der Sektion befinden
sich die Pylonen, gewaltige massive Metallbolzen, tief in den Felsboden getrieben. Am
oberen Ende der Pylonen sind Luftschleusen.
Die gesamte Station kann von Ort zu Ort bewegt werden, indem die Pylonen aus dem
Fels gelöst werden und Schlepp-U-Boote an
den Luftschleusen andocken. Das Geologieteam hat ein Labor um Pylon B errichtet und
nimmt dort Gesteinsproben.
Das Zentrum der unteren Decks ist eine
Kuppel, welche den Fusionsreaktor beinhaltet. Umgeben ist diese Kuppel von Laboren,
Frachtkammern, Pumpstationen und einem
Tank für natürliche Lebensformen. Hier befindet sich auch ein Dock für U-Boote.
Wissenschaft
Die vier Wissenschaftsteams der Station
arbeiten in den folgenden Bereichen:
Die Ozeanografen zeichnen Gezeiten und
Wetter in der Sable Bay-Region auf. Sie achten auch auf den Einfluss auf das Gewässer
durch die Entwicklung von Hannovers Konzernstadt Lebensraum.
Das Team der Exobiologen ist ein Teil der
massiv vorangetriebenen Erforschung und
Katalogisierung von Poseidons vielfältiger
Ökologie. Es verfügt über eine Flotte von automatischen und ferngesteuerten Drohnen.
Zusätzlich besitzen sie einen Tank in den unteren Decks, in dem lebende Spezies gesammelt werden.
Das Geologieteam examiniert den Meeresboden und Mineralablagerungen. Nebenher
verdingen sich die Geologen als Prospektoren.
Die Astronomen nutzen den Vorteil, dass
Station 32 mitten im Ozean liegt, fernab von
Quellen für Interferenzen. Sie scannen das
Spektrum von Poseidons Sonne.
Militär
Das GEO Militär benutzt Station 32 als eine
verdeckte Basis, um Aktivitäten in der Sable Bay aufzuzeichnen. Lebensraum ist das
Hauptziel der Observation, obwohl die GEO
versucht, alles im Auge zu behalten.
Über spezielle Satellitenverbindungen werden die Konzernübertragungen abgefangen.
Der Computer der Station fährt ständig fortgeschrittene Dekodieralgorithmen, bei dem
Versuch, kodierte Signale zu entschlüsseln.
Die Erkundungsdrohnen der Exobiologen
werden oft abgeordert, um Hannover auszuspionieren. Zwei militärische Abfang-U-Boote
sind in den unteren Docks versteckt, ebenso
ein Dutzend schwerer Smart Torpedos. Auch
eine Anti-Flugzeug-Kanone ist in den Hydrauliken der inneren Sektion versteckt.
Die Smart Torpedos
Diese spielen eine zentrale Rolle in dem
Szenario. Sie sind brandneu, die Krönung
des Sortiments taktischer Waffen der GEO.
Es sind drei Meter lange Geschosse mit verbessertem KI-Leitsystem. Die Smart Torpedos sind abgeschirmt gegen ECM (Electronic Counter Measures) und EMP (Electro
Magnetic Pulse) und intelligent genug, um
feindlichem Feuer auszuweichen und Angriffspläne zu erstellen. Sie können auf verschiedenste Art bestückt werden, von einfachen hochexplosiven bis hin zu nuklearen
Sprengköpfen. Mehr dazu im Handout 1 weiter hintem im Abenteuer.
Kalbe verfügt über das Icebreaker-Programm von Hannover Industries, welches die
Torpedocodes knacken kann. Dies ermöglicht
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Trügerische Gewässer
den Terroristen die Torpedos zu benutzen.
Kiyamotes MIGRÄNE
Captain Kiyamote litt unter schrecklichen
Kopfschmerzen, verursacht durch Stress. Einer der SCs, Vlad Olyah, hat ihn daraufhin mit
einem einheimischen Seetang-Extrakt versorgt, welches die Kopfschmerzen kurierte.
Was niemand von ihnen weiß: Überdosierung
des Extraktes verursacht akute Paranoia und
Schizophrenie. Eine Analyse des Seetangs in
den Laboren wird das zeigen – und könnte zu
Verdächtigungen Olyahs führen.
Marta Grosse
Sie weiß nicht, was mit ihr in den letzten
Wochen passiert ist. Der Spielleiter kann sie
nach seinen Anforderungen an die Handlung einsetzen und manipulieren. Sie ist aller
Wahrscheinlichkeit nach ein unwissender
Diener einer größeren Macht – sie könnte
etwa unterbewusste Befehle in ihrem Kopf
gespeichert haben, die nur auf einen Auslöser warten. Wenn es nötig werden sollte, die
SCs in eine bestimmte Richtung zu „schubsen“, ist Marta eine gute Wahl. Sie kann von
Hannover oder der GEO einer Gehirnwäsche
unterzogen worden sein, je nachdem, was
man braucht.
Das Szenario
beginnt
1. Alarm
Es ist Abenddämmerung und vor 30 Minuten stürzte Marta Grosses Jumpcraft beinahe auf der Landeplattform ab. Während zwei
Mitglieder des technischen Teams das beschädigte Jumpcraft reparieren, treffen sich
der außer Dienst befindliche Wissenschaftsstab (Tourmalene, Olyah, Tsung-Li), der Militärstab (Baum, Al Umarj) und Kiyamote mit
Marta Grosse in der Kantine. Draußen beginnt gerade ein Sturm und der dunkle Himmel
ist durch die Fenster sichtbar. Starke Wellen
schwemmen über den wogenden Schwimmring und brechen sich an der Hülle.
Lass‘ die Charaktere für eine Weile reden.
Kiyamote ist gegenüber Grosse misstrauisch,
im Glauben, sie sei ein Spion von Hannover. Irgendwann bekommt er starke Kopfschmerzen und verlässt die Kantine, um sich
in seinem Quartier auszuruhen. Vorher wird
er Baum noch anhalten, Grosse weiter zu befragen.
Während des Gesprächs verkündet der
Computer: „Unterseeboot Solstice nähert
sich. Andockvorgang in 5 Minuten. Wissenschaftlicher Stab, bitte innerhalb von fünfwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
zehn Minuten in den unteren Decks melden.“ Falls irgendwer fragt: die Solstice ist
das größte U-Boot des Xenobiologenteams.
Es war wieder einmal unterwegs, um die östliche Bucht zu erkunden. Die Ansage wird bei
drei Minuten wiederholt, dann noch einmal
bei einer.
Wenn die Terroristen die Luftschleuse sprengen, verkündet der Computer: „Explosion
entdeckt. Luftschleuse beschädigt. Versiegelung von Sektion eins.“
Die Solstice wurde jedoch von den Terroristen der Eingeborenen gekapert. Es ist ein
Dutzend von ihnen an Bord. Keiner von ihnen
hat ein echtes militärisches Training hinter
sich, außer den notdürftigen Einführungen
von Kalbe, aber sie sind erfahrene Jäger und
arbeiten mit einem gut vorbereiteten Plan,
der darin besteht, das U-Boot in das Dock zu
rammen, dann die Luftschleusen aufzusprengen, das untere Deck zu stürmen und die Torpedos zu stehlen.
Hoffentlich tun die SCs etwas. Falls nicht,
brüllt Kiyamote sie an. Die SCs hören Rufe
und Schreie über die Kommunikationskanäle
der Station, als die Terroristen die wissenschaftliche Crew töten und das Sicherheitsteam bekämpfen. Die Charaktere müssen
zu den unteren Decks kommen. Sie könnten
schwimmen (aber Tourmalene und Tsung-Li
müssten sich erst in Taucheranzüge begeben und Sauerstoffflaschen aufziehen, da
sie nicht unter Wasser atmen können). Außerdem wäre da noch der Fahrstuhl, aber die
Terroristen werden so schnell wie möglich
die Energie abdrehen.
Wenn der Countdown bei 30 Sekunden
ist, verlassen die Terroristen das Boot. Der
Computer warnt „Unidentifizierte Objekte
im Wasser. Kollisionsalarm! Kollisionsalarm!“
Das U-Boot beschleunigt und rammt die Station. Die innere Sektion wird durch die Hydrauliken völlig ruhig gehalten, aber die Charaktere sehen die Hülle erbeben. „Hüllenbruch!
Unteres Deck, Dock eins. Hüllenbruch!“
Während acht Terroristen das untere Deck
sichern, bringt einer eine Bombe am Fusionsreaktor an, und die anderen drei beginnen,
die Torpedos zu stehlen. Kalbes EisbrecherProgramm und seine Geräte schalten die Torpedos in den Simulationsmodus, was die KI
von den Navigations- und Armierungssystemen abkoppelt, dann den Simulationsoutput
der KI abfängt und zur Navigation dirigiert.
HAND O UT: TO RPED O
Systemübersicht
Der Kingfisher Mark IV Smart Torpedo (im
weiteren Text kurz als Torpedo bezeichnet)
ist ein fortgeschrittenes autonomes Langstrecken-Sprengkopfträgersystem der Marine.
Der Torpedo ist 5,2m lang und wiegt 360kg.
Das Gehäuse besteht aus einer bioplastischen
Schale, entsprechend den FeldwaffenSpezifikationen der GEO. Der Torpedo wird
von dreifach abgesicherten industriellen
Zellen mit Energie versorgt. Er benutzt einen
Magneto-Hydrodynamischen Strahlantrieb
mit verbesserten Stealthfähigkeiten und
Sonardämpfung. Das Gehäuse absorbiert
Radarstrahlen.
Sprengkopf
Der Torpedo kann mit einer Vielzahl von
Standardsprengköpfen bestückt werden, von
der panzerbrechenden Anti-U-Boot und AntiSchiff-Bestückung bis zu Hochexplosivsprengköpfen für Massenschaden oder thermonuklearen Sprengköpfen. Die Sprengkopfladung
und das Detonationsprofil können in einer
entsprechenden Waffenanlage geändert
werden.
Computer und
Künstliche Intelligenz
Der Torpedo verfügt über einen taktischen
Computer, programmiert mit der taktischen
Intelligenz Kingfisher XI. Dieser KI wird eine
Zielprioritäten-Liste zugewiesen und sie
versucht, die Terminierung des Zieles mit der
höchstmöglichen Priorität sicherzustellen. Die
KI ist in der Lage, eine Vielzahl von Manövern
und Taktiken zu erstellen, inklusive Ausweichmuster, Finten und Präzisionsmanöver.
Darüber hinaus verfügt jeder Torpedo über
ein Kurzstrecken-Mikrowellen-Kommunikationssystem (Reichweite 1km) und mehrere
Kingfisher IV-Torpedos werden ihre taktische
Intelligenz miteinander verbinden und automatisch koordinierte Angriffe durchführen.
Der Torpedo ist mit einem Simulationsmodus
ausgestattet, welcher die KI vom Antrieb und
den Sensorsystemen trennt. Es wird dringend
empfohlen, den Torpedos alle verfügbaren
taktischen Daten mindestens zwölf Stunden
vor dem Start einzugeben und mehrere Simulationen zu fahren, um sicherzustellen, dass
das taktische Neural-Netz gut abgestimmt ist.
Einsatz
Der Torpedo kann von jeder gefluteten
Lagerbucht gestartet werden und an jedem
Standard-Hardpoint angebracht werden. Er
hat eine Extremreichweite von 400km, aber
Effektivität kann nur innerhalb von 250km garantiert werden. Der Torpedo ist vorbereitet
mit einer kompletten Karte der Erde und 36%
von Poseidon.
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Trügerische Gewässer
(zuzüglich der Anzahl, die die SCs niedergemacht haben) oder verwundet, die anderen
geflohen.
Wenn die Spieler einen Terroristen verschont haben, können sie ihn ausfragen. Sein
Name ist Hiro Makenzei, ein 21jähriger Eingeborener. Vlad Olyah erkennt ihn als Einwohner des Dorfes Circumstance. Hiro glaubt
leidenschaftlich daran, dass die Konzerne Poseidon töten und es die Pflicht derer ist, die
den Planeten lieben, alles zu tun, was nötig
ist, um die Gewässer vom Makel der Neuankömmlinge zu säubern. Er wird behaupten,
die Eingeborenen haben den Anschlag selbst
geplant, und sein bestes tun, um Kalbes Existenz zu verheimlichen. Hiro weiß nicht, wo
die Basis der Terroristen zur Zeit ist – sie
wechselt regelmäßig den Standort.
Die Terroristen setzen daraufhin die Torpedos aus, um sie zu ihrer Basis in der Bucht zu
bringen.
Ein weiterer Terrorist beginnt, das elektrische System zu sabotieren. Wird er nicht
gestoppt, überwindet er die Sicherheitskontrollen und zerstört die Schaltungen für
den Computer und die Kommunikation. Es
gibt zwar Ersatzteile und Backups, aber es
braucht Zeit sie zu aktivieren.
Die Terroristen tragen billige, massenproduzierte schwarze Taucheranzüge ohne
besondere Kennzeichen. Bewaffnet sind sie
mit Harpunen oder Handfeuerwaffen. Sie
wirken nicht wie ein Konzernteam, aber ihre
Vorgehensweise erinnert Feyd oder Baum an
Sicherheitstaktiken von Konzernen. Wenn
möglich, sorge dafür, dass sich Vlad und einer der Eingeborenen treffen, und lass sie
nicht auf ihn schießen (Vlads Freund Almis ist
einer der Terroristen).
Vorausgesetzt, die SCs schaffen es zu den
unteren Decks, gibt es ein kurzes Feuergefecht. Wichtig ist dabei, dass einigen Terroristen die Flucht gelingt und mindestens vier
Torpedos gestartet werden. Gestalte den
Kampf so klaustrophobisch und spannend
wie möglich – die unteren Decks sind ein Labyrinth von Tanks, Röhren, Frachtkammern
und Maschinerie. Während des Kampfes
werden die Terroristen die zwei militärischen
U-Boote ausschalten und jeden Torpedo beschädigen, den sie nicht zu ihrer Basis starten
können.
Die Terroristen haben durchschnittliche
Attribute. Sie haben eine Feuerwaffen-Fertigkeit von 65% und benutzen kleinkalibrige
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Handfeuerwaffen mit Schadenswerten von
1/15 2/40 3/65 4/85 5/95 6/100 und Standardmunition (Grad 2). Zwei von ihnen (Troel und
Cobb) haben Feuerwaffen auf 75% und tragen Sturmgewehre (1/5 2/20 3/40 4/60 5/75
6/90 7/100; Grad 6 panzerbrechende Munition, aber nur wenige Magazine). Dazu haben
die Terroristen ein halbes Dutzend kleiner
Granaten untereinander aufgeteilt.
Sobald mindestens vier Torpedos gestohlen wurden, bringt ein Terrorist eine kleine
Haftmine am Gehäuse des Fusionsreaktors
an. Dann flieht er. Ein Hydrofoil wartet einige
Kilometer entfernt auf die Terroristen, östlich der Station.
Die Haftmine zu entschärfen wäre nun
eine gute Idee für sie Spieler. Wenn die SCs
sie nicht bemerken, lass Dr. Chambers vom
Geologenteam in Pylon B überleben und
es den Spielern berichten. Die Mine zu entschärfen erfordert eine Probe auf den Wert
„Demolitions“. Die Mine ist nicht sehr empfindlich, so dass man den betreffenden Teil
des Gehäuses herausschneiden und aus der
Station befördern kann, sollte sich niemand
zutrauen, die Mine zu entschärfen.
2. Nachwirkungen
Wenn die Terroristen geflohen sind, bleibt
es den Charakteren überlassen, die Überreste der Station zu untersuchen. Von den elf
Besatzungsmitgliedern, die bei dem Angriff
an Bord waren, sind fünf tot (drei Militärs,
zwei Wissenschaftler) und der Rest verwundet (plus evtl. verletzte SCs). Die Crew der
Solstice (vier Xenobiologen) wird vermisst.
Von dem Dutzend Angreifer sind sechs tot
Hiro (oder eine Leiche, falls alle getötet
wurden) hat eines von Kalbes Geräten zur
Torpedomanipulation dabei. Es ist ein ziemlich hoch entwickelter Apparat. Bei einer Untersuchung stellt sich heraus, dass es aus Teilen besteht, welche von Hannover Industries
gefertigt wurden. Es schaltet den Torpedo
in den Simulationsmodus und führt die Simulationsdaten dann in die Navigationselektronik. Wenn einer der Wissenschaftler das
Gerät in den Laboren genauer untersucht, so
stellt er fest, dass das Gehäuse einige mikroskopische Ablagerungen von Naylor‘s Kelp
aufweist (Anmerkung des Übersetzers: Kelp
= eine Art Seetang). Naylor‘s Kelp wächst nur
auf Riffen (die Terroristenbasis ist in den Riffen südöstlich von Circumstance versteckt).
Der Sturm trifft die Station nun mit voller
Kraft. Die Kabel knirschen und knacken, die
obere Sektion wird auf zwölf Meter hohen
Wellen hoch und runter geschleudert. Das
Geologenteam und die überlebenden Techniker arbeiten hart, um den Hüllenbruch zu
reparieren. Der Bug der Solstice ist in einem
Trümmerteil des Hauptdocks verkeilt und
das Cockpit eines der beiden militärischen
U-Boote wurde von Kugeln zersiebt. Das
stationseigene Jumpcraft ist unterwegs in
der Nähe von Haven (eine längere Flugzeit
entfernt). Die einzigen funktionstüchtigen
Fahrzeuge sind das wissenschaftliche U-Boot
Zenith und Marta Grosses Jumpcraft. Die Zenith ist momentan im Dock eingemottet und
es würde eine Stunde dauern, sie bereit zu
machen. Die Treibstoffleitungen des Jumpcraft wurden repariert und es ist aufgetankt.
Selbst wenn die SCs die Kommsysteme
retten konnten wird Kiyamote noch keine
Hilfe rufen. Er ist tatsächlich sehr glücklich
mit diesem Ausgang der Ereignisse – solange er die Terroristen dazu bringen kann, die
Torpedos gegen Hannover zu benutzen. Er
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Trügerische Gewässer
will, dass die Torpedos benutzt werden, um
einen Krieg anzuzetteln – aber er kann dies
nicht offen tun. Stattdessen entsendet er
die Spielercharaktere, um die Torpedos zu
finden und zurückzuholen, in der Hoffnung,
sie versagen. Wenn nötig, lügt er die SCs an
und erzählt ihnen, dass eine Einheit GEO Soldaten auf dem Weg ist, aber sie die gestohlenen Torpedos so schnell wie möglich finden
müssen.
3. TorpedoJagd
Vorausgesetzt, die Charaktere missachten
nicht Kiyamotes Befehle, bekommen sie den
Job, die Smart Torpedos zu lokalisieren. Gib
den Spielern nun das Handout 1, die Beschreibung der Torpedos. Dann lass sie ihr Problem
angehen.
Die Torpedos wurden programmiert, sich
nach Nordosten zu bewegen; zu einem Punkt
in der Bucht, ungefähr 5km von der Basis entfernt. Dort werden sie abgeschaltet und eingesammelt. Die Torpedos starteten zunächst
in Richtung Süden, aber ihr späterer Kurs
wurde durch die Kurzstreckensensoren von
Station 32 verfolgt. Ihr endgültiges Ziel ist
in Kalbes Überbrückungsgerät einprogrammiert.
Der Sturm stört die Satellitenbilder und es
sind keine GEO Fahrzeuge oder Jumpcrafts in
der Nähe. Da die Kommrelais nicht funktionieren sind alle SCs auf tragbare Kommgeräte
mit einer Reichweite von 10km angewiesen.
Kiyamote warnt sie, dass sich das nächste
Relais in Lebensraum befindet und Hannover
die Übertragungen überwachen wird.
Die Charaktere passen alle in das Forschungs-U-Boot Zenith oder sie nehmen Martas Jumpcraft oder sie teilen sich auf. Teilen
sie sich auf, sollte man sie darauf hinweisen,
dass sie nur durch ihre Kommgeräte in Kontakt bleiben können.
Sollten die Spieler aber keine Idee haben,
wie sie weiterkommen könnten, kehrt eine
der automatischen Erkundungsdrohnen zurück. Diese hat einige Fotos mitgebracht. Auf
diesen ist ein verwundeter Polypod zu sehen.
Er treibt im Wasser, ungefähr zwölf Kilometer von der Station entfernt. Der Polypod
hat sich an einen beschädigten Torpedo geklammert (er versuchte das unbekannte Objekt zu fressen). Haben die Spieler nicht den
Hinweis aus Kalbes Gerät gefunden, können
sie den Torpedo aus der Umklammerung des
immer noch gefährlichen Tieres bekommen.
Dann finden sie die Blackbox des Torpedos
und können so den genauen Kurs ausfindig
machen.
Während sich die SCs fortbewegen solltest
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Du die Reiseszenen möglichst stimmungsvoll
beschreiben: male das enge, dunkle Innere des U-Bootes aus, das trübe Wasser, das
unglaubliche Wildnisleben, das den Ozean
füllt, und so weiter. Das Jumpcraft wird in
den schnellen Winden von Seite zu Seite geschleudert, der Regen trommelt gegen das
Verdeck wie Kugelhagel, die Spieler erleben
die riesige Dünung des Ozeans und die aufragenden schwarzen Wolken. Lass sie Poseidon riechen und schmecken.
4. Das Dorf
Die nächste Siedlung vom Rendezvouspunkt der Torpedos aus ist das Dorf Circumstance. Dieses ist eine kleine Siedlung der Eingeborenen von etwa 200 Leuten (Hinweis:
Diese Version von Circumstance unterscheidet sich von den Beschreibungen im Quellenbuch). Das Dorf wurde auf Plattformen und
Baumhäusern errichtet, eingebunden in die
massiven Stämme eines großen Mangrovenwaldes. Die Insel selbst ist ein Irrgarten von
Baumstämmen und Schlingpflanzen. Es gibt
wenige Anzeichen für moderne Technologie;
einige der Boote wurden mit Plastikteilen
repariert und es befindet sich ein einzelner Scheinwerfer auf der Landungsbrücke.
Wenn die SCs die Landungsbrücke untersuchen, finden sie zwei beschädigte Kisten mit
dem Hannover-Logo darauf. Diese Kisten enthielten die Komponenten für die Überbrückungsgeräte. Sie wurden vor einigen Tagen
angeschwemmt. Zuvor wurden sie natürlich
von Hannover Agenten im Ozean an einer
Stelle ausgesetzt, an der die Strömung die
Kisten nach Circumstance treibt, damit Kalbe
sie finden konnte. Es gibt auf der Insel keine
Landeplattform für Jumpcrafts.
An der Landungsbrücke sind einige Fischerboote fest vertäut, von den Sturmwellen hin
und her bewegt. Der ganze Wald zittert im
Wind. Viele Dorfbewohner suchen Unterschlupf vor dem Sturm in den am meisten
geschützten Häusern. Die Ankunft der Charaktere wird bemerkt, aber sie werden nicht
begrüßt bevor sie eins der Häuser betreten.
Die Dorfältesten werden zu den Charakteren sprechen. Ihnen wird Unterschlupf
vor dem Sturm angeboten, aber nicht mehr.
Die Dorfbewohner werden nicht über die
Terroristen reden (die meisten wissen eh
nichts). Sie werden ihr Mitleid ausdrücken,
wenn ihnen von dem Angriff auf die Station
erzählt wird, und von den Schandtaten der
Hannover Industriellen reden. Der Sprecher
des Dorfes heißt Marhaud. Er ist ein Eingeborener der zweiten Generation und extrem
alt. Er hat mehr Seltsames und Leid gesehen
als er ertragen kann, und will nur Frieden. Er
ZEITLEISTE
Auf Poseidon hat der Tag 30 Stunden.
Bevor das Szenario beginnt
Die Eingeborenen kapern die Solstice.
Marta Grosses Jumpcraft hat einen
Defekt an einer Treibstoff-Leitung, aber
schafft es, auf Station 32 zu landen.
Tag 1, 26:00 – Abenddämmerung
Grosse wird von den SCs befragt. Der
Sturm beginnt.
Tag 1, 26:15 – Abenddämmerung
Die Terroristen greifen die Station an
Tag 1, 26:25 – Abenddämmerung
Die Torpedos wurden gestohlen. Die
Eingeborenen ziehen sich zu einem
Hydrofoil zurück.
Tag 1, 27:00 – Nacht
Der Sturm verschlimmert sich. Die SCs
sollen die Torpedos zurückzuholen.
Tag 1, 30:00 – Mitternacht
Kalbe und die Terroristen streiten.
Kalbe wird angeschossen und flieht.
Tag 2, 01:00 – Nacht
Kalbe sendet seinen Notruf.
Tag 2, 02:30 – Nacht
Kampf-Jumpcraft startet in
Lebensraum.
Tag 2, 03:45 – Nacht
Circumstance wird zerstört.
Tag 2, 05:00 – Morgengrauen
Die Torpedos werden gestartet.
Tag 2, 07:00 – Morgengrauen
Die Torpedos erreichen Drakon II
bei Lebensraum.
misstraut Außenseitern und wertet das Leben jedes einzelnen Eingeborenen höher als
jede Anzahl von Außenseitern.
Vlad Olyahs Eingeborenenfreundin Jessica hält sich im Dorf auf. Sie ist in der Krankenstube. Sobald sie hört, dass Außenseiter
angekommen sind, läuft sie los, um Vlad zu
treffen. In der Krankenstube liegt einer der
Terroristen, welcher bei dem Anschlag auf
Station 32 verletzt wurde – Almis. Die medizinischen Techniken der Eingeborenen sind
recht primitiv. Sicher kann ihr Freund Vlad
helfen? Die Erste-Hilfe-Pakete auf der Zenith
oder in Martas Jumpcraft umfassen die nötigen Dinge.
Diese Szene sollte ein moralisches Dilemma
für Vlad sein, und für jeden den er einweiht.
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Trügerische Gewässer
Die militärischen SCs wollen Almis sicherlich
verhören, um die Terroristenbasis zu finden.
Vlad wird an die medizinischen Vorräte herankommen müssen, ohne dass Almis Rolle
in dem Angriff aufgedeckt wird.
5. Der Notruf
Währendessen, in der Terroristenbasis,
streiten Kalbe und die Terroristen. Die Eingeborenen sind überwältigt vom Erfolg des
Anschlages und machttrunken. Sie haben
beschlossen, schnell zu handeln und die Torpedos auf Hannover abzuschießen. Es gibt
da eine neue Unterwasser-Arkologie, welche
ein lohnendes Ziel wäre.
Kalbe, als Undercoveragent von Hannover,
ist nicht besonders glücklich mit diesem Plan.
Ein Streitgespräch beginnt und artet in einen
Schusswechsel aus. Verwundet flieht Kalbe
in einem Hydrofoil. Er lässt es aber bei den
Riffen auf Grund laufen und kriecht in eine
kleine Höhle im Fels, um sich vor seinen Häschern und dem Sturm zu schützen. Dann
sendet er einen Notruf auf Englisch, Deutsch,
Chinesisch und Interspec. Diese Transmission
wird von den SCs empfangen.
„Mayday, mayday. Hier ist… Erich Kalbe.
Ich bin auf Grund gelaufen, in der Nähe von
Big Rock… vier Grad fünfunddreißig Minuten
Süd und fünf Grad Ost… Füge jetzt GPS Daten auf dem niedrigen Kanal hinzu… Ich bin
auf Grund gelaufen und verletzt. Ich brauche
dringend Hilfe… bitte.“
Auf dem besagten niedrigeren Kanal übermittelt Kalbe Daten für das Global Positioning System. Wenn die Charaktere diese
Daten durch den Navigationscomputer jagen, zeigt er ihnen Kalbes genaue Position
auf den Riffen. Der Computer weist auch auf
Anomalien in dem Signal hin. Sollte einer der
Wissenschaftler das Signal analysieren, findet er heraus, dass eine Textbotschaft zwischen den GPS Pulsen verschlüsselt wurde.
Die Nachricht lautet:
+++ EING HABEN DICKEN FISCH ÜBERNOMMEN +++ START AUF ARK BALD +++
TARNUNG AUFGEFLOGEN +++ HILFE +++
Wenn die Charaktere auf die Nachricht
antworten, wird Kalbes Signal im Verlauf des
Gesprächs immer schwächer. Kalbe bittet die
SCs dringend darum, ihn zu retten und tritt
als GEO Beobachter auf, der durch den Sturm
in Schwierigkeiten geraten ist. Falls die SCs
die Torpedos erwähnen, behauptet er, drei
(oder vier) merkwürdige Objekte durch das
Wasser schwimmen gesehen zu haben –
nahe dem Ort, an dem er auf Grund lief. Nach
einer Weile wird das Signal schwach, und es
sind nur noch die Pulse des GPS zu hören.
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6. Lebensraum
Möglicherweise entscheiden sich die Charaktere, Hannover Industries Konzernstadt
aufzusuchen. Lebensraum ist eine der größten Städte auf Poseidon, ein Bienenstock
voller Aktivität. Hannover verliert langsam
seine Bestände auf der Erde und versucht
krampfhaft, Lebensraum zu erweitern um
die Tausende von Hannovers Bürgern unterzubringen, welche in den nächsten Jahren
durch das Wurmloch kommen werden.
Wenn die SCs Lebensraum erreichen, sehen
sie die massige neue Unterwasser-Arkologie,
Drakon II, in den Tiefen des Ozeans glitzern.
Lebensraum ist eine Festung aus Stahl und
Polymer, eingebettet in den lebenden Fels
der Insel. Ihre schimmernden Wände halten
dem konstanten Ansturm der Wellen stand.
Der Kopf von Lebensraum ist Werner
Keinz. Ihm ist die wahre Natur von Station
32 bekannt, aber er ist gegen ein Eingreifen.
Stattdessen empfahl er, die Sicherheit in der
Stadt zu erhöhen. Er wurde aber von dem
paranoiden Aufsichtsrat überstimmt. Keinz
wird sich mit den Charakteren treffen, wenn
sie in Lebensraum landen und sich vorstellen.
Er wird zwar nicht Hannovers Verwicklung in
den Anschlag enthüllen, jedoch medizinische
Unterstützung anbieten. Fragen sie ihn nach
den Überbrückungsgeräten und den Kisten
auf dem Dock in Circumstance, wird er ihnen
erzählen, dass eine Schiffsladung elektronischer Komponenten auf See verloren gegangen sei.
Halten sich die Charaktere in Lebensraum
auf, wenn Kalbes kodierte Übertragung
empfangen wird, werden sie eine schnelle
VTOL Luftambulanz (Anmerkung: VTOL, Vertical Take Off/Landing = Senkrechtstarter und
-lander) starten sehen… gefolgt von einem
militärischen Jumpcraft. Kalbes kodierte
Übertragung teilte Hannover mit, dass die
Eingeborenen (EING) die Torpedos (DICKEN
FISCH) haben und gegen die neue Arkologie
(ARK) einsetzen wollen. Leider hat er vergessen zu erwähnen, dass der Standort der
Terroristenbasis gewechselt hat. Das militärische Jumpcraft ist auf dem Weg, das Dorf
Circumstance auszulöschen…
7. Brennender Himmel
Sind die SCs gerade in Circumstance, oder
in der Nähe davon, nachdem Kalbes Nachricht von Hannover erhalten wurde, bekommen sie den Angriff vielleicht mit. Hannover
will sichergehen, dass die Torpedos nicht auf
die Arkologie losgelassen werden und ihre
Beziehung zu Kalbe geheim bleibt – also wollen sie das Dorf, durch den Sturm gedeckt,
ausradieren.
Das Jumpcraft rast aus den Wolken heraus
und öffnet die Waffenschächte. Raketen,
versehen mit einem auf Wasserstoff basierenden Gel, explodieren über dem Mangrovenwald, verwandeln ihn in ein Inferno. Ein
gewaltiger Kugelhagel regnet den Strand herunter, zerschmettert die Landungsbrücke in
Holzsplitter. Das Wasser färbt sich blutrot.
Alle SCs in dem Dorf sind in akuter Gefahr.
Die Konzernmänner schießen nicht direkt auf
Nicht-Eingeborene, aber das Dorf ist immer
noch ein Schlachtfeld, also sehr gefährlich
für sie SCs.
Diese Szene dient hauptsächlich dazu, der
Motivation der Terroristen, die Torpedos
abzufeuern, mehr Kraft zu verleihen. Sie ist
auch recht brutal und sollte die Gefühle der
Spieler über die Moral der Eingeborenen
durcheinander bringen. Hannover hat das
Dorf ausradiert, sind die Eingeborenen so
nicht berechtigt die Arkologie hochzujagen?
8. Rettung
Wenn die SCs Kalbe retten wollen, leiten
sie die von ihm übermittelten GPS Koordinaten zu einem sturmgepeitschten Korallenriff. Das seichte Wasser um das Riff herum
ist voll von Naylor‘s Kelp. Aus der Luft kann
das Wrack eines kleinen Einmann-Hydrofoils
ausgemacht werden. Kalbe ist momentan
in einer kleinen Höhle gefangen, denn eine
Steinschlange hat sein Blut gewittert und
wartet nun in dem seichten Wasser vor der
Höhlenöffnung.
Sobald die Schlange vertrieben oder getötet wurde, kann Kalbe geborgen werden.
Leider zu spät – er ist bereits tot. Ihm wurde
mehrmals in den Rücken geschossen und er
ist durch die Verletzungen verblutet. Kalbe
ist gekleidet wie ein Eingeborener, aber hat
Hundemarken und eine ID des GEO Militärs
dabei. Zusätzlich wurde ihm ein Computer
implantiert. Wenn ein Charakter diesen mit
einem anderen Computer verbindet, entdeckt das Team Schemazeichnungen der
Überbrückungsgeräte, eine lange Liste von
Namen und Kontakten von Eingeborenen, die
in terroristische Aktivitäten involviert sind,
und einiges an Software und Dokumenten
von Hannover Industries. Diese Hinweise legen den Verdacht nahe, dass Kalbe ein Spion
war, entweder für GEO oder Hannover.
Ebenso finden die SCs im Computer eine
Karte, die den genauen Standort der Terroristenbasis aufweist – und den berechneten
Kurs der Torpedos.
9. Das Riff
Die Terroristenbasis ist ein einigermaßen
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Trügerische Gewässer
wasserdichtes Gebilde, gebaut aus geborgenen Überresten der Cousteau. Sie ist wenig mehr als eine schwimmende Garage und
Werkstatt. Sie kann von U-Booten angetaut
werden. Zur Zeit ist die Basis an einer Seite
des Riffes festgemacht.
Von den ehemals zwölf Terroristen, die die
Station 32 angriffen, leben nur noch vier:
Troels wurde zum Führer der Zelle, nachdem Kalbe sie verraten hat. Er ist noch zurückhaltend, was ihre weiteren Aktionen
betrifft.
Cobb hasst die Konzerne und will die Smart
Torpedos sofort starten.
Asta willigt in alles ein, was Cobb sagt.
Peter weiß es zwar nicht, aber er hatte eine
Begegnung mit den Ureinwohnern vor sechs
Monaten. Das aus der Gedächtnislöschung
entstandene emotionale Trauma hat ihn extrem labil gemacht.
Kommen die SCs an, bevor Circumstance
ausgelöscht wurde, streiten die Terroristen
immer noch über den Einsatz der Torpedos.
Diese wurden scharfgemacht und der Computer in den Simulationsmodus geschaltet.
Ihnen wurde Drakon II als Primärziel einprogrammiert. Alles, was jetzt noch nötig ist um
sie zu starten ist das Umlegen eines einzigen
Schalters.
Die Terroristen werden die Torpedos sofort
starten, wenn sie von der Zerstörung Circumstances hören. Sie haben eine Satellitenverbindung in ihrer Basis und bemerken die Infrarotspuren des Infernos. Troels wird dann
dem Willen der anderen nachgeben und die
Torpedos werden losgelassen.
Das Eingreifen der Charaktere an dieser
Stelle hängt davon ab, wann sie herkommen.
Wenn die SCs sehr effizient waren, kann man
diese Szene als Finale aufbauen und die Spieler müssen den Torpedostart verhindern.
Kommen die SCs an, nachdem Circumstance
vernichtet wurde, sind die Torpedos bereits
unterwegs, ebenso sind Cobb und Asta verschwunden.
10. Auf Station 32
Während den ganzen Ereignissen wurde
die Station im Ansatz repariert. Kiyamote
will, dass die Eingeborenen einen Krieg mit
Hannover beginnen. Er hat nun ein GEO Angriffsteam zur Seite, aber kann sie nur auf
sehr begrenzte Weise einsetzen.
Benutze Kiyamote, um die SCs zu bedrängen und irrezuleiten. Er versucht sie unter
Druck zu setzen. Er ist mittlerweile auch ein
wenig verrückt, dank des Seetangextrakts. Er
macht sich Sorgen, dass Hannover die Torpewww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
dos entdeckt und die Sache auf die GEO zurückführt. Attackiert Hannover eine Station
der GEO und startet einen Krieg – gut. Gerät
Hannover in einen Krieg mit den Eingeborenen, in welchen die GEO eingreifen kann –
gut. Fängt Hannover gefährliche Terroristen,
welche mit illegalen GEO Waffen ausgerüstet
sind – nicht gut.
11. Finale
Wenn alles nach Plan läuft, sollten die SCs
in diesem letzten Abschnitt die Torpedos
durch die Sable Bay verfolgen während der
Sturm nachlässt. Die Torpedos sind schneller
als die Zenith, aber das Jumpcraft kann mit
ihnen Schritt halten. Die Torpedos sind intel-
ligent und können selbst Taktiken und Pläne
erstellen. Sie kommunizieren untereinander
mit Übertragungen durch KurzstreckenMikrowellen und koordinieren ihre Bewegungen. Ein Torpedo wird sich selbst opfern,
um einem anderen das Durchkommen zum
Ziel zu ermöglichen.
Wenn du mehr chaotische Elemente benötigst, kann Kiyamote ein Kampf-Jumpcraft
mit GEO Truppen losschicken. Diesen gegenüber behauptet er, Terroristen hätten
das Fahrzeug der SCs gekapert und diese
müssten zerstört werden.
Wenn die Charaktere Lebensraum alarmieren werden sechs militärische U-Boote
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versuchen, die Torpedos abzufangen. Wenn
die U-Boote allerdings in Reichweite sind,
haben die Smart Torpedos die Arkologie fast
erreicht. Heldenhafte SCs, die auf dahinzischende Torpedos springen, oder Meisterschüsse, die die Überbrückungselektronik
zerstören sind mögliche Enden.
Kiyamote besitzt Codes, mit denen man
die Torpedos sofort detonieren lassen kann,
aber er wird sie nicht preisgeben. Er will einen Krieg. Ein schönes Ende wäre eine Debatte zwischen Kiyamote und den SCs – wie
er ihnen darlegt, wie nötig es ist, dass die
GEO die Kontrolle über Poseidon erhält. Es
würde Baums Glauben völlig auf den Kopf
stellen und allen SCs ermöglichen, ihre eigene Sicht der Dinge vorzubringen.
Versagen die Spieler, brechen einer oder
mehrere Torpedos durch Lebensraums Verteidigungen und zerstören Drakon II größtenteils. Je nachdem wie viele Warnungen
Lebensraum bekommen hat, sterben 50 bis
1.000 Menschen. Dieses Desaster wird sicherlich die Spannungen zwischen GEO und Hannover Industries erhöhen und kann eventuell
sogar der Funke sein, den Kiyamote will.
Haben die Spieler Erfolg, werden die Torpedos gestoppt oder zerstört bevor sie
Lebensraum erreichen. Die SCs haben eine
Katastrophe verhindert oder Poseidon dem
kapitalistischen Ökoraub der Konzerne ausgeliefert – abhängig vom Standpunkt. Vergiss nicht Marta Grosses Aufzeichnungen in
dem Durcheinander. Ihre Beweise werden
den Standpunkt der Medien auf der Erde gegenüber den Geschehnissen bestimmen.
Anhang
NSC
Captain Walter Kiyamote
Der Captain von Station 32 hat Angst vor
Chaos. Er will Ordnung und Stabilität und
glaubt dass die zügellose Gier der Konzerne
die Menschheit ruinieren wird. Poseidon ist
eine Chance eine neue Weltordnung zu etablieren. Die neuen Möglichkeiten durch Long
John können erst realisiert werden, wenn die
Welt stabil und kontrolliert ist. Kiyamote weiß
sehr wohl, wie gespannt die Beziehungen
zwischen der GEO und den Konzernen sind
und ist bereit, seine Karriere zu opfern, um sicherzugehen dass die GEO das Richtige tut.
Sein Plan ist nicht der Beste und der Angriff
der Terroristen bringt ihn aus seiner Balance.
Er tappt genauso wie die SCs im Dunkeln
während des einleitenden Abschnittes des
Szenarios. Wenn er realisiert, dass die Eingeborenen als der benötigte Funke benutzt
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werden können, tut er alles in seiner Macht
stehende damit der Angriff auf Hannover erfolgreich ist.
Erich Kalbe
Als Hannovers Spion in der Terroristenbewegung der Eingeborenen ist Kalbe ein Teil
eines langfristigen Planes, das Netzwerk
der Eingeborenen-Widerstandszellen zu zerschlagen. Er tritt als verdeckter GEO Agent
auf, entsendet um die Eingeborenen in Untergrundtechniken zu unterrichten. Er hat
Informationen über die Widerstandsbewegung gesammelt und verfügt über eine lange
Liste von Kontakten.
Wenn die Information über die wahre Natur
von Station 32 zu ihm durchsickert, entscheidet er sich dafür, das Vertrauen der Eingeborenen zu gewinnen indem er einen Anschlag
organisiert. Er hat niemals erwartet, dass die
Eingeborenen so erfolgreich sein würden –
oder so bereit, Lebensraum anzugreifen.
Werner Keinz
Das Oberhaupt von Lebensraum. Als Diplomat versuchte er, eine Brücke zur GEO
auf Poseidon zu bauen. Er weiß, wie lebenswichtig die Kolonie für Hannover Industries‘
Zukunft ist und fühlt sich als Architekt und
Verteidiger dieser Zukunft. Hannover hat ihm
diese Sache anvertraut.
Troels
Der Führer der Eingeborenen. Troels fühlte
sich immer von Kalbe überschattet, aber er
ist ein sehr ruhiger und vernünftiger Mann,
und ließ sich nie von seiner Eifersucht überwältigen. Nach Kalbes Verrat ist er an der
Spitze und die anderen Eingeborenen schreien nach Blut. Troels ist für einen Eingeborenen ziemlich gut gebildet und kann mit den
SCs argumentieren. Trotzdem will er, dass
die Konzerne und Außenseiter von Poseidon
verschwinden und würde für seine Ziele töten.
SpielleiterTIPPS
•Spiele möglichst drastisch aus, dass
Kiyamote einen Krieg will und auch aufgrund der Einnahme einer pflanzlichen
Droge sehr labil ist.
•Verstärke die Tatsache, dass die Hälfte
der SCs sich gegenseitig hasst und keiner von ihnen wirklich weiß, was sie tun,
durch geschickte Bemerkungen.
•Baue einen gewaltigen Sturm von der
Sorte ein, für die Poseidon berühmt ist.
•Versuche die unglaubliche und phantastische Vegetation und das Tierleben
stimmungsvoll zu beschreiben und
geschickt einzusetzen.
•Es gibt ein Handout mit Details zu den
Torpedos und eine Karte. Alles andere
ist recht frei.
Blue Planet
Blue Planet ist ein Science-Fiction Rollenspiel, das vor einigen Jahren vom amerikanischen Verlag Fantasy Flight Games
herausgegeben wurde. Für alle, die das (ausgezeichnete) Setting nicht kennen, hier eine
kurze Zusammenfassung:
Es ist das Jahr 2199. Vor über einem Jahrhundert wurde ein Wurmloch am Rande unseres Sonnensystems entdeckt, welches zum
Lambda Serpentin-System führt. Dort wurde
eine bewohnbare Wasserwelt entdeckt. Ein
großes Kolonieschiff, die UNSS Cousteau,
wurde im Jahre 2086 losgeschickt, mit einer
Crew genetisch modifizierter Kolonisten.
Anno 2090 mutierte ein gentechnisch erschaffender Virus, entworfen um einen die
Reisfelder bedrohenden Pilz zu töten, und
stürzte sich von Pflanzenspezies zu Pflanzenspezies und zerstörte die Nahrungsversorgung der Erde. Dem Chaos der Fäule
waren nationale Regierungen nicht gewachsen. Ganze Regionen wurden verwüstet, als
randalierende Massen sich gegen andere
wandten. In einem verzweifelten Versuch,
die Menschheit zu retten, übertrug die UN
ultimative legale und regierende Gewalt an
die neu erschaffende Global Ecology Organisation. Die GEO steckte große Mengen Geld
in die Forschung, und erschuf ihre eigenen
Friedenshüter um Ordnung durchzusetzen.
Anderswo auf der Erde wandten sich die
Leute an die Konzerne, welche die Privatarmeen und Ressourcen hatten, um das Chaos durchzustehen. Die GEO, auf Ressourcen
drängend, erkannte den legalen Stand der
Konzernstaaten an. Territorien außerhalb
der schützenden Schirmherrschaft der GEO
oder der Konzerne, verfielen in apokalyptische, chaotische freie Zonen. Die Fäule und
das nachfolgende Chaos rissen die Erde für
30 Jahre auseinander und der Wiederaufbau
dauerte fast genauso lang. Die GEO erklärte
sich zur neuen Weltregierung de facto und
verweigerte es, die Autorität an die UN oder
nationale Regierungen zurückzugeben. Es
war ein GEO Schiff, das 2172 zum Wurmloch
reiste, um den Kontakt mit der Kolonie auf
Poseidon wieder aufzunehmen.
Die Kolonisten haben sich dem Leben auf
der Wasserwelt angepasst und ihre Technologie aufgegeben, als sie sie nicht mehr
reparieren konnten. Die GEO begann, den
Planeten systematisch zu erforschen und zu
kolonisieren, und genauso taten es die KonSeite 12
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Trügerische Gewässer
zernstaaten. Die Entdeckung eines xenosilikaten Erzes im Jahre 2185 löste massive Kolonisationsbemühungen aus. Dieses Erz, mit
dem Spitznamen Long John, machte die Gentechnik sehr viel einfacher und billiger. Doch
vor allem konnte Long John benutzt werden,
um menschliche Zellen wieder aufzubauen.
Unsterblichkeit…
Die Fäule-Jahre lehrten der Menschheit,
dass man für das Leben kämpfen muss. Das
Verlangen nach Unsterblichkeit hat die Konzerne dazu gebracht, massiven Bergbau auf
Poseidon zu betreiben. Einige fürchten, dass
die empfindliche Balance der Wasserwelt
durch den starken Zustrom von Kolonisten
und Industrie gestört wird. Die GEO beobachtet die rebellischen Konzerne genau und eine
Spaltung in den höchsten Kreisen der Regierung bahnt sich an. Die GEO mag ein Relikt
aus einer vergangenen Zeit sein… Oder die
einzige Macht, die stark genug ist, um die
Menschheit vor ihrer eigenen Gier zu retten.
Charaktere
Alan Baum
GEO Militär
Alter: 39
Geburtsdatum: 3. April 2160
Rang: Commander
Position: Stellvertretender Kommandant /
Taktischer Offizier, GEO Station 32
Deine Großeltern erzählten dir vom Horror
der Fäule-Jahre, als die Erde durch Anarchie
und Krieg verdorben war. Sie lehrten dich
Respekt vor der Global Ecology Organisation, der einzigen Regierung, die es mit dem
Chaos aufnahm und die Erde rettete. Voll von
Enthusiasmus und dem Wunsch zu dienen
bist du dem GEO Militär beigetreten. Da lehrte man dich, dass dieser Horror und dieses
Chaos wiederkommen könnten.
Die habgierigen Konzerne, deren genetische Schlamperei Die Fäule verursachte sind immer noch da. Der Großteil der
Menschheit stolpert immer noch blind herum und ihm kann noch nicht die Wahl über
ihr eigenes Schicksal zugetraut werden. Nur
unter der Führung und dem Management
der GEO kann die Menschheit gedeihen. Du
hast diese Bürde akzeptiert. Du wirst ein Teil
der Elite sein, die die Menschheit auf den
richtigen Pfad bringt, die das Schicksal der
Rasse schmiedet.
Du bist GEO Station 32 zugeteilt, auf der
Wasserwelt Poseidon. Station 32 wurde
als wissenschaftliche Einrichtung entworfen, um die unverdorbene Wasserwelt zu
kartographieren und zu erforschen. Nur
einige Kilometer von der Station entfernt
liegt die Stadt Lebensraum, eine Stadt im
Alleinbesitz des Konzerns Hannover Industries. Hannover ist der erste Konzern, der
seinen Sitz auf der Erde löst und sein bestes
versucht, seine Klauen tief in Poseidon zu
graben.
Die geheime Aufgabe von Station 32 ist es,
Hannovers Aktivitäten auf Poseidon zu observieren und sich auf den unabwendbaren
Tag vorzubereiten, wenn die GEO Poseidon
und die Erde bereinigen wird von den überholten und selbstsüchtigen Konzernen, die
so viel Kummer und Leid verursachten in ihrer zügellosen Jagd nach Profit. Station 32 ist
geschützt durch ein Dutzend fortschrittlicher
Smart-Torpedos und eine Anti-Flugzeug-Kanone. Du verfügst auch über ein Paar militärische Abfang-U-Boote, welche mit den Torpedos in der unteren Sektion untergebracht
wurden.
Du wurdest im militärischen Nachrichtendienst ausgebildet. Du hast Jahre damit
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verbracht, abgefangenen Übertragungen
zu lauschen und psychologische Profile zu
analysieren. Jetzt lauschst du den Stimmen
von Lebensraum und formst Pläne in deinem Geist. Du kannst die GEO Stoßtruppen
sehen, du kannst dir vorstellen, wie die monolithischen Konzerntürme brennen… Du
bereitest dich auf diesen Tag vor, an dem du
die Weisheit der GEO zu den unterdrückten
Lohnsklaven der Konzerne bringen wirst.
Du bist ein Karriereoffizier, glaubst dass die
GEO die beste Hoffnung für eine neue, bessere Ordnung ist. Du bist fanatisch loyal gegenüber der GEO und erscheinst den anderen
oft als eine Art Beinahe-Faschist. Sicherlich
betrachtest du dich nicht als solchen, aber
Erziehung und Training haben dich gelehrt,
dass der großen Mehrheit der Leute keine so
sensiblen Entscheidungen zugetraut werden
kann und dass Kontrolle lebenswichtig ist.
Du siehst die Konzerne als den Feind, aber
hast eine sehr militärische Geisteseinstellung. Poseidon ist für dich lediglich eine weitere Zuweisung, ein weiterer sechs MonatsAbschnitt des Dienstes. Du hast die Station
kaum verlassen und warst niemals draußen
in den Tiefen, außer auf Manövern.
Der weitere Stab auf Station 32
Captain Kiyamote
Dein kommandierender Offizier. Er teilt
viele deiner Ansichten und du kommst gut
mit ihm aus. Dennoch hat er dich im Zaum
gehalten und davon abgehalten, jemals auch
nur daran zu denken, gegen Hannover vorzugehen. Seit kurzem ist er sehr reizbar und du
hast immer mehr die Leitung über die Crew
übernommen.
Dr. Faith Tourmalene
Du verstehst, warum Station 32 einen
vollständigen wissenschaftlichen Stab hat.
Die GEO muss die militärischen Aspekte der
Station decken. Trotzdem magst du es nicht,
eine Basis mit Zivilisten zu teilen. Tourmalene
ist der Kopf der Wissenschaftler und gehört
zu der Art ungehemmter Wissenschaftler
welche Die Fäule verursachten. Du kannst
sie nicht leiden und versuchst die Unterbrechungen der wirklichen Arbeit von Station 32
durch die Wissenschaftler auf ein Minimum
zu reduzieren.
Dr. Tsung-Li
Sie war 12 Jahre lang ein Bürger und Angestellter von Hannover und du verdächtigst
sie, ihnen gegenüber immer noch loyal zu
sein. Sie ist eine Ozeanografin und verbringt
zuviel Zeit außerhalb der Station, um sie unter voller Beobachtung zu halten. Du hast
gehofft, ihr Quartier zu verwanzen, aber Kiyamote verbat es. Du misstraust ihr immer
noch und wartest auf Anzeichen von Ärger.
Seite 13
ANDUIN 93
Trügerische Gewässer
Lieutenant Feyd Al-Umarj
Du bist ein militärischer Offizier. Er ist ein
GEO Soldat. Du machst die Pläne. Er führt sie
aus. Er hofft auf eine Verlegung zu den Elite Peacekeeper Divisionen. Du bezweifelst,
dass er dazu die Fähigkeiten mitbringt, aber
du unterstützt ihn und treibst ihn weiter an.
Dr. Vlad Olyah
Ein Xenobiologe. Er ist der Wissenschaftler mit dem du am Besten auskommst. Er ist
aufrichtig daran interessiert, eine gute Atmosphäre auf der Station zu erhalten. In seiner
Gegenwart (und dank seiner stets guten Laune) kannst Du dich etwas entspannen, obwohl du gelegentlich besorgt bist, er könnte
schlecht für die Disziplin sein.
Faith Tourmalene
GEO Wissenschaftlerin
Alter: 43
Geburtsdatum: 27. September 2156
Rang: Doktorin der Xenobiologie
Position: Wissenschaftliche Leiterin, GEO
Station 32
Du wurdest auf einem Transport unterwegs zum Mars geboren. Deine Eltern waren
beide Ingenieure und du verbrachtest deine
Kindheit damit, von einer Raumstation zur
nächsten zu ziehen, von einer überkuppelten
Marsstadt oder Terraforming-Einrichtung zur
nächsten. Du wurdest in den Schlaf gelullt
von den Geräuschen atmosphärischer Prozessoren und Lebenserhaltungssystemen.
Als du acht warst, hast du zum ersten
Mal die Erde besucht. Du sahst sie mit den
Augen eines Kindes, welches niemals zuvor
einen Ort gesehen hat, wo das Leben auf
natürliche Weise gedeiht, wo die Luft nicht
aus einer Aufbereitungsanlage kommt. Die
reine unerfahrene Überschwänglichkeit des
Lebens, die Wunder der lebenden Dinge –
es war überwältigend. Du schworst eine
Wissenschaftlerin zu werden, eine Biologin.
Dann, im Jahre 2174, kontaktierte die UNSS
Admiral Perry wieder die Poseidon-Kolonie
und kehrte mit einer Unmenge wissenschaftlicher Daten zurück. Da warst auf dem College und wurdest in die Untersuchung dieser Daten einbezogen. Du wurdest eine der
führenden Experten der natürlichen Lebensformen Poseidons. Vor fünfzehn Jahren, im
Jahre 2187, hast du dich in den kyrogenischen
Freezer gelegt und die sechs Monate lange
Reise zu Poseidon angetreten.
Poseidon war eine größere Offenbarung
als dein erster Besuch auf der Erde. Der Planet hat eine wilde, pulsierende Ökologie.
Seine Biologie ist der der Erde dermaßen
ähnlich, dass die meisten Wissenschaftler
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glauben, Material wurde von der einen Welt
auf die andere übertragen (und einige nehmen das mysteriöse Wurmloch als Beweis
für eine kosmische Konstruktion von Aliens),
aber Poseidon ist dennoch eine völlig andere Welt. Menschen sind hier absolut nicht an
der Spitze der Nahrungskette. Es gibt Kreaturen draußen in den Ozeanen, welche ein
U-Boot verschlingen könnten, so wie man
eine Erdnuss isst. Biologie auf Poseidon, das
bedeutet nicht, in einem Labor auf einen Objektträger unter dem Mikroskop zu schauen;
es bedeutet, in die Tiefen vorzudringen und
zu überleben.
Deshalb ist Station 32 für dich der
schlechteste Ort in der Galaxis. Du warst
ekstatisch, als deine Verlegung zur Station
durchkam. Die Station befindet sich mitten
in der Sable Bay, einem reichhaltigen und
interessanten Gebiet. Du hast erwartet,
die Station sei ein aktives Zentrum der Wissenschaft. Ist sie nicht. Sie ist ein geheimer
Horchposten des GEO Militärs, gegen die
Konzernstadt Lebensraum gerichtet. Dein
Team fragt sich warum die Erkundungsdrohnen immer wieder vom Kurs abweichen – es
ist dir nicht gestattet, ihnen zu sagen, dass
das Militär die Drohnen benutzt, um Lebensraum auszuspionieren. Deine Computerzeit
ist beschränkt, weil der Computer auch benutzt wird, um abgefangene Übertragungen
zu dekodieren. Das Schlimmste von allem ist,
dass dein Lagerplatz in der unteren Sektion
halbiert wurde, weil die Militärs da unten
Waffen lagern.
schaftler als Ablenkung von der wirklichen
Arbeit. Seit kurzem weigert er sich, dich
überhaupt zu treffen.
Commander Alan Baum
Kiyamotes kleiner Mann, eine ärgerliche faschistische Militärmarionette, besessen von
der GEO und Regelungen. Du hasst Baum
und machst dir ein großes Vergnügen daraus,
mit ihm zu streiten. Du hast geschworen, ihm
das Leben zur Hölle zu machen und sichergestellt, dass dies jeder weiß.
Dr. Tsung-Li
Eine der Ozeanografinnen. Eine gute Technikerin, aber sie hat nicht den Antrieb und die
Überzeugung, die du dir wünscht. Kiyamote
hatte Probleme mit ihr in der Vergangenheit
und dir angeordnet, sie wann immer möglich
auf der Station zu lassen. Du hast ihn ignoriert.
Lieutenant Feyd Al-Umarj
Ein abscheuliches Wesen – Feyd ist der
Commander der Marines. Er ist eine genetisch
modifizierte Killermaschine, nicht mehr.
Beunruhigenderweise sitzt du für eine
Weile auf der Station fest. Du bist ein recht
bekannte Xenobiologin, so dass deine Anwesenheit hier die Station wie ein echtes
wissenschaftliches Institut aussehen lässt.
Du hast überlegt, deine eigene Reputation
zu sabotieren, um da raus zu kommen, aber
das wäre verrückt. Du tröstest dich mit langen Feldausflügen in den Tiefen (welche
hier draußen atemberaubend und faszinierend sind) und langen und bitteren Streitgesprächen mit Alan Baum.
Du hast ein immenses Verlangen nach Leben und bist unglaublich engagiert in Biologie und Wissenschaft. Du leitest dein Team
von der Front aus, treibst sie zu neuen Ebenen der Unerreichbarkeit. Du willst die Militärs nicht auf der Station und würdest beinahe alles tun, um sie loszuwerden oder in
Misskredit zu bringen.
Der weitere Stab auf Station 32
Captain Kiyamote
Der wirkliche Leiter der Station. Kiyamote
ist recht ruhig, aber höllisch halsstarrig, und
betrachtet dich und die anderen WissenSeite 14
ANDUIN 93
Trügerische Gewässer
Dr. Vlad Olyah
Vlad gibt dir Rätsel auf. Er ist wahrscheinlich
der netteste und der am besten aussehende
Mann auf der Station und kommt mit allen
gut aus, sogar mit Baum. Er hat auch große
Fortschritte in der Xenobiologie gemacht, jeden übertreffend. Allerdings ist seine Arbeit
schlampig und seine früheren Werke sind
nicht gerade begeisternd. Er verbringt eine
Menge Zeit auf Erkundungen.
Tsung-Li
GEO Wissenschaftlerin
Alter: 32
Geburtsdatum: im Jahre 2168
Rang: Doktorin der Ozeanografie
Position: Ozeanografisches Team, GEO
Station 32
Du bist ein Teil der Crew auf GEO Station
32, einer wissenschaftlichen Station in der
Mitte der Sable Bay auf Poseidon. Poseidon
ist eine schöne, wundervolle Welt. Der Ozean endet hier niemals, eine Unendlichkeit
aus blau, welche neunzig Prozent des Planeten bedeckt, eines magisches Gewebe
aus Strömungen und Gezeiten, ein lebendes,
atmendes Tier. Der Ozean ist lebendig, und
singt dich jede Nacht in den Schlaf.
Der Ozean, und die Drogen. Wenn du die
Drogen nicht nimmst, dann träumst du. Du
träumst von Zuhause.
Manche Leute glauben, die Erde sei schön.
Manche Leute glauben, dass die Jahre der
Fäule vorbei sind, dass die Erde wieder aufgebaut wurde und der Horror vorbei ist. Sie
liegen falsch. Es gibt Orte auf der Erde, welche nie aus dem Chaos aufgetaucht sind. Die
GEO hat sie in eine Ecke gefegt und sie die
Freien Zonen genannt. Sie sind frei, die GEO
ist für nichts verantwortlich, was in ihnen
passiert.
Du wurdest in einer solchen Freien Zone
geboren. Du hast deine Familie nie gekannt.
Du denkst, sie wurden von Banditen getötet,
die die befestigte Stadt ausraubten… oder
sie könnten auch Banditen gewesen sein. Du
weißt es nicht. Du wurdest aus einem Haufen Leichen ausgegraben, von Aasgeiern,
die dich am nächsten Marktkauf gegen eine
Tankfüllung Diesel und eine Schachtel Munition eingetauscht haben. Du wurdest von
Händlern aufgenommen und hast wie ein
Sklave gearbeitet sobald du alt genug warst,
um laufen zu können.
Als du fünfzehn warst nahmen dich deine
Besitzer mit auf eine lange Reise, zur Grenze
der Freien Zone. Dort, am Meeresufer wartend, war ein erstaunliches silbernes Jumpcraft, die Leute von außerhalb der Zone. Du
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nahmst dein Leben in die Hand und hast dich
von deinen Herren befreit, und die anderen
Leute angebettelt, dich mitzunehmen. Sie
waren ein Konzernstab von Hannover Industries. Deine Besitzer hatten ihnen erzählt,
dass ein Jumpcraft von Hannover in der Zone
abgestürzt ist. Als herauskam, dass deine
Herren logen, nahmen dich die Konzernmänner mit ihnen.
Das war vor langer Zeit. Du bist Hannover
Industries beigetreten und dort für zwölf
Jahre geblieben und hast dort studiert. Die
Wasserwelt von Poseidon interessierte dich,
also wurdest du eine Ozeanografin. Du hast
die Schrecken der Freien Zone China hinter
dir gelassen. Du wirst Hannover immer dankbar sein, dass sie dir ein neues Leben gaben,
aber der Vertrag der GEO gefiel dir besser
und nun bist du ein Teil der GEO Station 32.
Du redest nicht viel über dein vergangenes
Leben. Du hast gelernt, dich anzupassen und
bist allgemein ziemlich ruhig. Du glaubst
nicht, dass irgendjemand vermutet, hinter
deiner sanften Ausdrucksweise stecke eine
Straßenkämpferin die Messerstechereien
und Schießereien in der Freien Zone überlebte. Es gefällt dir, auf Station 32 zu arbeiten,
aber in der Vergangenheit hast du auch die
nahe Hannover Industries-Konzernstadt
Lebensraum besucht, wo du verschiedene
Freunde hast – unter Ihnen auch Gerhig. In
letzter Zeit durftest Du die Station seltener
als sonst verlassen.
Station. Sie ist eine sehr nette und positive
Person, und mag Baum noch viel weniger als
du. Ihre Streitgespräche sind legendär.
Lieutenant Feyd Al-Umarj
Ein Labortechniker. Er scheint normal genug, aber deine alten Kampfinstinkte sagen
dir, sich vor ihm in Acht zu nehmen.
Dr. Vlad Olyah
Ein Xenobiologe wie Faith und ein wirklich charmanter Mann. Er ist wahrscheinlich
dein bester Freund auf der Station und der
einzige, der etwas mehr über deinen Hintergrund weiß. Er verbringt eine Menge Zeit auf
Erkundungen.
Luther Gerhig
Du kennst ihn von deiner Zeit bei Hannover, auf der Erde. Jetzt ist er ein Betriebsverwalter in Lebensraum. Du hast die Infos über
die Torpedos auf der Station an ihn weitergeleitet. Er hat sie dann an Hannovers Sicher-
Kürzlich hast du versteckte Dateien im
Computerkern entdeckt, welche offenbaren,
dass es auf der Station eine geheime Ladung
Torpedos in der unteren Sektion gibt. Du hast
diese Information an deinen Freund Gerhig
weitergegeben. Die Spannungen zwischen
der GEO und Hannover erhöhen sich ständig… Der Gedanke, dass Lebensraum angegriffen wird, jagt dir Angst ein. Du weißt, was
Kriege hervorbringen: die Freien Zonen…
Der weitere Stab auf Station 32
Captain Kiyamote
Der Captain der Station. Du hast nie persönlich mit ihm gesprochen.
Commander Alan Baum
Der Leiter der Sicherheit. Er ist ziemlich
hochnäsig und streng. Du kommst nicht sehr
gut aus mit ihm. Aus irgendeinem Grund ist
die Station wirklich gut bewaffnet. Du fragst
dich, was genau Baums Rolle dabei ist. Du
vermutest dass die GEO plant, die Station
als eine Startplattform in einem Konflikt mit
Hannover einzusetzen (ein schrecklicher
Gedanke).
Dr. Faith Tourmalene
Die Leiterin der Wissenschaft auf der
Seite 15
ANDUIN 93
Trügerische Gewässer
heit weitergegeben. Die werden sich damit
befassen. Du fühlst dich ein wenig schlecht,
ein Geheimnis wie dieses weiterzugeben.
Vlad Olyah
GEO Wissenschaftler
Alter: 31
Geburtsdatum: 28. August 2168
Rang: Doktor der Xenobiologie
Position: Mitglied des Xenobiologischen
Teams, GEO Station 32
Du warst schon immer ein Wissenschaftsbalg. Deine Familie steckt seit Generationen
in weißen Mänteln, bezahlt von der GEO.
Du bist in Arkologien und auf Forschungsstationen wie dieser aufgewachsen und der
Geruch von Konservierungs- und Desinfektionsmitteln bringen Kindheitserinnerungen
zurück. Du hast noch nie viel Antrieb besessen, aber du weißt genug über die inneren
Abläufe und die Bürokratie des GEO Wissenschaftsministeriums dass du es geschafft
hast, klarzukommen.
Als dir eine Position auf Poseidon angeboten wurde, hast du fröhlich angenommen.
Die Erde ist schlicht und einfach ein Wrack. Es
gibt dort nichts neues, während der größte
Teil Poseidons immer noch auf keiner Landkarte verzeichnet ist. Du wurdest der GEO
Station 32 zugeteilt, einer wissenschaftlichen
Installation der Anemonen-Klasse, mitten in
der Sable Bay.
Nun, sobald du angekommen bist, hast
du bemerkt, dass da was nicht stimmt. Die
Station hat einen lächerlich großen Sicherheitsstab. Du warst immer sehr nahbar und
freundlich, und du hast nicht lange gebraucht,
um dahinter zu kommen, was vor sich geht.
Station 32 ist halb Wissenschaftsstation, halb
Horchposten. Die Militärcrew verbringt ihre
Zeit damit, die nahe Konzernstadt Lebensraum auszuspionieren… was hauptsächlich
bedeutet, dass du an der Front bist, wenn
die Schießerei beginnt.
Du hast dich entschlossen einen
Weg zu finden, dich so gut wie
möglich herauszuhalten. Und
der beste Weg das zu tun ist,
möglichst oft auf Feldexpeditionen und Erkundungen zu sein.
Du hast dich schnell mit einigen
Eingeborenen angefreundet. Die
Eingeborenen haben jahrzehntelang
auf Poseidon gelebt und kennen den Planeten genau. Du dachtest, du könntest mit
einem ziemlich guten Tausch durchkommen – die Eingeborenen sagen
dir, wo du neue Spezies finden
kannst und sie geben dir die
Erkenntnisse aus einem Jahrhundert, in dem sie mit der Natur
in Harmonie gelebt haben… und als
Gegenleistung versorgst du sie mit Hightechgütern und Luxusartikeln von der Erde. Perfekt…
Außer dass du ihnen zu nahe gekommen
bist. Nach Jahren, in denen du immer den
einfachsten Weg gewählt hast, hat dich
die Erfahrung sehr verändert, mit den Eingeborenen zu arbeiten, um auf den rauen
Ozeanen zu überleben. Jetzt sympathisierst du mit den Eingeborenen, welche
oftmals vertrieben werden, um Platz für
Konzernbergbau oder GEO Besiedlung
zu schaffen.
Die Eingeborenen kennen die Welt
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viel besser als jeder Außenseiter, und sie wissen, wie viel Schaden sie ertragen kann. Poseidon ist kurz davor, zurückzuschlagen…
Du hast beides vor dem Rest der Crew
verheimlicht, deine kleine xenobiologische
Schlamperei und die wachsende Freundschaft zu den Eingeborenen, und du bist
immer noch jedemanns Liebling auf der Station. Aber da draußen, in den Tiefen, bei denen, die mit dem Ozean wirklich leben – das
ist der Ort, an dem du dich lebendig fühlst.
Der weitere Stab auf Station 32
Captain Kiyamote
Der Captain der Station. Er hat eine Menge
Stress (du weißt nicht warum). Du hast ihn
heimlich mit diesem eingeborenen Seetangextrakt versorgt, das Kopfschmerzen kuriert.
Es wurde bis jetzt noch nicht wissenschaftlich getestet, aber die Eingeborenen schwören darauf und es wirkt bei Kiyamote.
Commander Alan Baum
Alan ist der Karriereoffizier schlechthin und
er hat einen Glauben in die GEO, der an eine
Religion erinnert. Du hast versucht, ihn etwas
zu lockerer zu machen, aber es ist schwierig.
Dr. Faith Tourmalene
Die wissenschaftliche Leiterin auf der Station. Sie ist eine Sklaventreiberin und sie hasst
die Militärs wirklich. Sie streitet sich viel mit
Baum.
Dr. Tsung-Li
Niemand sonst auf der Station weiß es,
aber Li wuchs in einer Freien Zone auf der
Erde auf. Sie hatte eine höllische Zeit bis sie
von Hannover gerettet wurde als sie eine
Teenagerin war. Sie ist noch mit einigen bei
Hannover befreundet.
Lieutenant Feyd Al-Umarj
Angeblich ein Labortechniker, aber er gehört so offensichtlich zum Militär dass es
schmerzt. Er ist okay wenn er ruhig ist, aber
das Kind wurde geboren, um zu töten.
Jessica
Sie war eine der ersten Eingeborenen,
die du getroffen hast. Ihr ganzes Leben
verbrachte sie in der Wildnis, sie hatte nie
irgendeine formelle Erziehung oder Ausbildung – aber sie ist die geistreichste und einfallsreichste Frau die du kennst. Du bist halb
in sie verliebt, aber die Eingeborenen sind
vorsichtig im Umgang mit Neuankömmlinge.
Almis
Er ist dein hauptsächlicher „Handelspartner“ beim Tausch von xenobiologischen Informationen gegen Technik. Er besitzt sein
eigenes U-Boot und reist viel. Er weiß sehr
gut über die Ereignisse in der Sable Bay Bescheid.
Seite 16
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Trügerische Gewässer
Marta Grosse
Unabhängig
Alter: 35 (geschätzt)
Geburtsdatum: unbekannt
Rang: Keiner
Position: Abenteurerin und Pilotin
Du kannst dich nicht an viel von deinem
Leben erinnern. Du warst, als du viel jünger
warst, eine Konzernattentäterin und Auftragsmord-Spezialistin. Du denkst, du hast
für McCleod Securities gearbeitet, einem
Konzern der aus Geheimkriegen und Terrorismus eine boomende professionelle Industrie
gemacht hat. Es ist schwierig, so weit zurückzudenken… vor Boston.
Boston. Der 3. November 2191. Du musst
etwas falsch gemacht haben oder von etwas erfahren haben, was du nicht wissen
solltest – weil deine Arbeitgeber hinter dir
her waren. Sie hetzten einen Slamhound auf
dich, einem genetisch modifizierten Hund
mit einer Ladung Sprengstoff. Was von dir
übrig war, wurde zu einem Privatkrankenhaus geflogen. Sie setzten dich wieder zusammen (zwei Jahre in einem biostärkenden
Gel schwimmen, zwei Jahre voller Chirurgie
und nanotechnischer Rekonstruktion), aber
du warst noch immer in Gefahr. Und nach
allem diese medizinischen Rechnungen, über
drei Millionen an Schulden. Noch dazu hatten das Trauma und die Rekonstruktion dein
Gehirn so durcheinander gebracht, dass du
dich nicht mehr an die Kontakte und Leute
erinnern konntest, die dich vielleicht aus dem
Ärger hätten herausholen können.
Als also „Life + Scan Poseidon“, eine Mediengruppe, dir einen Vertrag und ein Ticket
nach Poseidon anboten, musstest du ja sagen. Sie verdrahteten dich mit einem implantierten Sinnesrekorder. Alles was du tust,
alles was du fühlst wird aufgezeichnet. Dein
Rekorder kann zwei Tage deiner Erfahrungen
speichern, dann musst du es alles in einen
Computer downloaden. Deine Aufzeichnungen werden zur Erde übertragen, bearbeitet, retuschiert, und eine Milliarde Leute
fühlen deine Haut von innen. „Life + Scan
Poseidon“, die Nervenkitzel, die Stürze und
Liebschaften einer gaunerischen Abenteurerin an der neuen Grenze. Jemanden wie
dich, ausgebildet nicht gesehen zu werden,
macht es krank, zu wissen, dass Millionen
von Leuten alles was du tust beobachten
und fühlen. Man erwartet von dir, dein
Leben auf möglichst interessante Weise
zu riskieren, um die Quoten hochzuhalten.
Solange du nicht an den Rekorder denkst,
ist es okay – Risiko ist dein Geschäft… aber
manchmal kannst du die Augen in deinem
Kopf fühlen, und dann bist du nahe dran, ihn
zu verlieren.
Du bist auch besorgt, dass wer auch immer
dich in Boston beinahe getötet hat, wieder
hinter dir her sein könnte. Du denkst, es war
McCleod, aber es kann auch ein anderer Konzern gewesen sein, oder jemand, der eine
Verbindung zu einem deiner Ziele hatte (und
es gib eine Menge von ihnen). In deinen wilderen, paranoideren Momenten fragst du
dich, ob das eine echte Erinnerung ist. Du
verbrachtest zwei Jahre in tiefem Schlaf,
viel Zeit für jemanden, um dir Zeug in deinen
Geist zu implantieren.
Was kommt als nächstes beim gesendeten Suizid? Es gibt Gerüchte über eine aktive
Terroristenzelle in der Sable Bay-Region. Die
Hannover Industries-Konzernstadt Lebensraum ist in der Nähe. „Life + Scan“ sagte,
du sollst dich dort mal umschauen. Du bist
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BLUE PLANET
Blue Planet ist ein Science Fiction Rollenspielsystem, das in einer zweiten Edition
vor einigen Jahren von Fantasy Flight
Games veröffentlicht wurde. Das Setting
zeichnet sich durch seinen Pseudo-Realismus und seine Härte aus. Im Gegensatz
zu beispielsweise Star Wars bevölkert
keine Schar niedlicher bis ekelhafter
außerirdischer Rassen den Weltraum.
Statt dessen geht in Blue Planet um das
Überleben im scheinbaren Paradies, um
skrupellose Konzerne und Umweltzerstörung. Das verwendete Synergy System ist
einfach und bietet dennoch die erforderliche Tiefe um das Setting umsetzen
zu können. Ausführlicher haben wir das
System in der Anduin 70 vorgestellt. Man
bekommt auch heute noch in manchen
Läden und auf eBay die Regelbücher.
in deinem Jumpcraft losgeflogen, aber über
der Sable Bay platzte eine Spritleitung. Du
hast es geschafft, auf GEO Station 32 zu landen, einer wissenschaftlichen Station die in
der Bucht schwimmt. Dein Jumpcraft wurde
beschlagnahmt und ein schnatternder Haufen von Wissenschaftlern und Sicherheitsleuten ist dabei, dich zu verhören.
Zeit zu lächeln, für deine Zuschauer auf der
Erde…
Feyd Al-Umarj
GEO Militär
Alter: 24
Geburtsdatum: 1. Mai 2175
Rang: Lieutenant
Position: Soldat (12te Offworld Rangers),
zurzeit GEO Station 32 zugeteilt
Du bist ein GEO Soldat.
Das bedeutet, du bist ein Beschützer der
Menschheit, ein heroischer Verteidiger von
Recht und Ordnung. Es bedeutet, du bist ein
Angehöriger eines Elitekaders überlegener
Soldaten, genetisch und kybernetisch verstärkt um besser zu sein; schneller und stärSeite 17
ANDUIN 93
Trügerische Gewässer
ker als alles andere. Die besten der GEO sind
die Stoßtruppen, gottesgleiche Supermenschen. Nur die leistungsfähigsten und am
meisten entschlossenen schaffen es zu den
Stoßtruppen. Nur die, die sich der beinahe
völligen neuronalen Neuverdrahtung und Bioformung unterziehen, welche die Stoßtruppen unaufhaltsam und unschlagbar machen.
Du willst diesen Rang, diesen Ruhm so
sehr, dass du ihn beinahe schmecken kannst.
Du musst dich selbst beweisen. Immer schon
seit du als Kind die GEO Soldaten in Holos
gesehen hast, zuhause in Burroughs auf dem
Mars, wolltest du einer von ihnen sein. Du
hast dich seitdem selbst bis zum Limit angetrieben, sehnsüchtig zu beweisen, dass du
der Beste bist. Als sich dein Körper als zu beschränkt herausstellte, hast du ihn verändern
und verstärken lassen. Du hast deine Heimat
mit fünfzehn verlassen, um eine Militärschule
auf der Erde zu besuchen und bist an deinem
achtzehnten Geburtstag den GEO Marines
beigetreten. Deine Zuteilung nach Poseidon
hat dich mit Freude erfüllt. Poseidon ist die
heiße Zone, der Ort an dem die GEO am wenigsten ausgedehnt ist und die Spannungen
am größten sind. Die Stoßtruppen in Fort Solitude, Kingstone, und auf Prosperity Station
sind Legenden in der Heimat. Beweise mit
diesem Auftrag, dass du den Erwartungen
entsprichst, und du kannst dich ihnen anschließen.
Station 32 befindet sich in der Mitte der Sable Bay. Offiziell ist es eine wissenschaftliche
Station. Sie zeichnet die Gezeiten und Strömungen auf, und jagt sonderbaren Fischen
hinterher. In Wirklichkeit ist Station 32 auch
ein militärischer Horchposten und beobachtet Konzernaktivitäten, insbesondere aber
die Konzernstadt Lebensraum von Hannover
Industries.
Es war eine merkwürdige Zuordnung. Um
den Schein zu wahren, Station 32 sei eine rein
wissenschaftliche Einrichtung, wurdest du als
Laborassistent getarnt. Einige Angehörige
des wissenschaftlichen Stabes wissen nicht,
was vor sich geht, also musst du dich wie ein
Laborassistent verhalten. Es ist nicht wirklich
etwas, zu dem du ausgebildet wurdest, und
du bist unruhig und fühlst dich unbehaglich.
Einige Aspekte machen dir Spaß, wie zum Beispiel die Jagd nach verschiedenen Spezies mit
dem xenobiologischen Team. Der Anblick der
Lebensformen Poseidons war oft erregend,
aber das kann den abstumpfenden und klaustrophobischen Dienstablauf auf Station 32
nicht wettmachen. Du wurdest zum Kampf
ausgebildet, nicht um Teströhren zu sortieren. Du hast dich selbst dabei ertappt, wie du
dir wünschst, die Konzerne würden endlich
etwas tun, so dass du dich in einem echtem
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Feuergefecht beweisen kannst.
Die meiste Zeit über bist du wie ein kleiner
Welpe, der viel zuviel über Feuerwaffen weiß.
Es ist amüsant, wie du so eifrig versuchst,
mitten in die Geschehnisse zu kommen, und
du erscheinst meistens als weit zu heftig.
Aber Du weißt, dass Du in Deinem eigentlichen Gebiet, mitten in einem Feuergefecht,
ein wahrer Profi bist.
Der weitere Stab auf Station 32
Captain Kiyamote
Dein kommandierender Offizier. Er ist ein
guter Kommandant, aber du hast nicht die
Geduld für Wartespiele dieser Länge. Du
weißt, dass es seine Beurteilung über dich
ist, die zählt. Deshalb versuchst du ihn zu beeindrucken.
Commander Alan Baum
Baum ist der taktische Offizier. Er ist ein
guter Mann, aber seine Ergebenheit zu den
Prinzipien der GEO blendet ihn, und er neigt
dazu, viel mit denen zu streiten, die ihm nicht
zustimmen.
Dr. Faith Tourmalene
Die Leiterin des wissenschaftlichen Teams.
Sie streitet viel mit Baum. Du hast nicht viel
Kontakt mir ihr.
Dr. Tsung-Li
Eine Ozeanografin. Einiges an der Art, wie
sie sich bewegt, lässt dich Glauben, sie habe
Kampferfahrung.
Dr. Vlad Olyah
Ein netter Junge und guter Spaßmacher.
Trotzdem kannst du dir nicht erlauben, dich
zu sehr gehen zu lassen – nicht während Captain Kiyamote dich beobachtet. 
Seite 18
ANDUIN 93
Wasser
WASSER
VOM ÜBERLEBEN IM UND OHNE…
TEXT: TOMMY HEINIG
Zu viel Wasser
Passend zum vorhergehenden Abenteuer
habe ich mich auf die Suche nach ein paar Informationen zum Thema „Überleben unter
Wasser“ gemacht. Erwartet bitte keine Doktorarbeit, aber vielleicht ist ja die eine oder
andere Information für Eure Kampagne –
selbstverständlich auch außerhalb von Blue
Planet – nützlich.
Atmung unter Wasser
Komprimierte Luft
Die auf den ersten Blick einfachste Möglichkeit unter Wasser zu atmen ist, die Atemluft
in komprimierter Form mitzunehmen. Diese
Methode hat aber ihre offensichtlichen und
versteckten Nachteile. Der offensichtlichste
Nachteil ist die begrenzte Tauchdauer. Moderne Tauchgeräte, die die unverbrauchte
ausgeatmete Luft in den Sauerstoffvorrat
zurückgeben, haben eine Einsatzdauer von
etwa 35 Stunden. Da der menschliche Körper
aber mehr Gas genötigt um die Lungen zu
füllen, je tiefer unter Wasser er sich befindet,
kann diese Zeit auch wesentlich kürzer sein.
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Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass
für verschiedene Tauchtiefen unterschiedliche Gasgemische zur Verfügung stehen
müssen. Je tiefer ein Mensch taucht, desto
weniger reinen Sauerstoff benötigt er. Eine
höhere Sauerstoffkonzentration kann aber
toxisch wirken, und neben Halluzinationen
auch Bewußtlosigkeit und im schlimmsten
Fall sogar den Herzstillstand verursachen.
Zudem werden die Gase ja in komprimierter Form in den Organismus geführt.
Verändert sich der Druck aber beim Auftauchen zu schnell, so breiten sich die Gase aus
und es entstehen Bläschen im Blutkreislauf.
Das ist nicht nur schmerzhaft und löst starke
Krämpfe aus, sondern kann ebenfalls zum
Tod führen. Beim Auftauchen muss dabei ab
einer Tiefe von etwa 30 Metern eine Wartepause alle 10 Meter eingelegt werden. Die
Gase lösen sich dann, ohne dass Luftbläschen im Blut entstehen. Tiefseetaucher, die
auf den Druck in einer bestimmten Tiefe eingestellt wurden, müssen sogar wochenlang
in Dekompressionskammern an den Luftdruck über Wasser angepasst werden. Eine
wichtige Tatsache in diesem Zusammenhang
sei noch erwähnt: Taucher explodieren nicht,
wenn sie zu schnell auftauchen – auch wenn
man dies so in einigen typischen Hollywoodfilmen sehen kann.
Genetische Veränderungen
Heutzutage noch nicht möglich, aber theoretisch denkbar ist eine genetische oder
cybernetische Anpassung des Organismus
an ein Leben unter Wasser. Bedenkt man die
vielen Nachteile und Einschränkungen, die
komprimierte Luft mit sich bringt, ist diese
Lösung für Rollenspiele in der Zukunft natürlich naheliegend.
In Blue Planet beispielsweise können
künstliche Kiemen, kollabierende Lungen
oder druckausgleichende Venensysteme
den Spielern das Leben unter Wasser stark
erleichtern.
Wasserdruck
Der Unterschied im Luftdruck zwischen
dem Weltall und der Erde auf Meereshöhe beträgt eine Atmosphäre (etwa 7Kg pro
6,5cm2). Da Wasser dichter ist als Luft ist
dies auch der Unterschied zwischen der
Meereshöhe unter 10 Meter unter der Wasseroberfläche. Mit jeden zehn weiteren MeSeite 19
ANDUIN 93
Wasser
Dieser Artikel ist in der Anduin Nummer 70
erschienen.
Wasser viel weiter ausdehnen – Wale beispielsweise können sich mit extrem tiefen
Gesängen über Tausend Kilometer miteinander verständigen.
tern kommt eine weitere Atmoisphäre hinzu.
Damit kann man sich leicht ausrechnen, dass
z.B. in 1.500 Metern unter dem Meer der
Druck schon über 1 Tonne beträgt.
Nebenbei sei bemerkt, dass natürlich auch
Explosionen und damit Druckwellen sich
unter Wasser viel weiter ausbreiten und ein
höheres Schadenpotential haben als über
Wasser.
QUE L L E
Ein U-Boot, das für solche Tiefen nicht
ausgelegt ist, wird einfach durch den enormen Druck wie eine leere Getränkedose
zusammengedrückt. Natürlich kann man das
U-Boot im Inneren unter Druck setzen (und
die Mannschaft an diesen Druck gewöhnen),
doch dann explodiert man eben beim Aufsteigen, wenn der Aussendruck abnimmt.
Es gibt zwei Ansätze, an dieses Problem
heranzugehen: Der erste ist, im Inneren des
Tauchbootes den gleichen Druck aufrechtzuerhalten, wie er an der Waseroberfläche
herrscht. Dazu muss die Hülle natürlich so gebaut sein, dass sie enormen Druck standhalten kann. Personen an Bord könnten ohne
Probleme ab- und auftauchen. Schwieriger
wird es, wenn man das Boot verlassen möchte, da hierfür spezielle Schleusen nötig wären, die einen Druckausgleich herbeiführen.
Sollte einmal die Hülle beschädigt werden,
so würde das Wasser mit hohem Druck ins
Innere schießen und das Boot würde Gefahr
laufen, zerdrückt zu werden.
Der zweite Ansatz ist, den Innendruck dem
Außendruck anzupassen. In einer solchen
Konstruktion könnten die Personen durch
einfache Becken an der Unterseite ins Wasser gelangen, denn der Luftdruck im Inneren
würde das Eindringen des Wassers verhindern. Sollte hier eine Beschädigung an der
Hülle auftreten, würde das Wasser nur bis
zur Höhe des Lecks einlaufen – ohne erhöhten Druck. Allerdings dauert die Gewöhnung
an einen solchen Druck mehrere Stunden
und wie schon oben erwähnt ist für ein Auftauchen zur Oberfläche eine Dekompression
nötig, die Tage oder Wochen dauern kann.
Sinne unter Wasser
Hören
Dank der höheren Dichte von Waser gegenüber der Luft können sich Schallwellen
hier vier mal schneller ausbreiten. Die meisten Landlebenwesen orten die Quelle einer
Schallwelle durch die Zeitdifferenz, zwischen
dem Erreichen der beiden Ohren. Durch die
höhere Geschwindigkeit unter Wasser ist diese Ortung aber nur sehr schwer möglich.
Zudem können sich Schallwellen unter
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Sehen
Bereits nach wenigen Meter unter der
Wasseroberfläche werden die warmen Farbtöne des Lichts herausgefiltert und die Lichtstärke beginnt abzunehmen. In Salzwasser
mit leichter Strömung dringen nach etwa 60
Metern nur noch die höheren Ferquenzen
durch (Blau- und Violettöne), nach etwa 200
Metern ist kein Licht mehr messbar. Dadurch
sinkt die Sichtweite natürlich enorm unter
Wasser. Lichtquellen sind normalerweise
auch weniger weit sichtbar als über Wasser.
In schlammigen Wasser kann schon nach
wenigen Dezimetern die Sicht komplett verdeckt sein.
Wassertemperatur
Die Wassertemperaturen im Meer können
sehr unterschiedlich sein – von Werten weit
über 30° Celsius in den Tropen bis zur Eisdecke an den Polen. Dank des hohen Drucks tief
unter der Wasseroberfläche kann das Wasser
aber auch Temperaturen unter dem Gefrierpunkt annehmen.
Der menschliche Körper kann in 4° Celsius
warmen Wasser etwa 10 Minuten aushalkten,
bevor der Kälteschock einsetzt. Die Körpertemperatur beginnt drastisch zu fallen. Jede
Minute länger im Wasser ist lebengefährlich.
Im Meer gibt es verschiedene Temperaturschichten, zwischen denen der Unterschied
mehrere Grad Celsius betragen kann. Bei
sehr extremen Unterschieden können die
Schichten mit dem menschlichen Auge erkennbar sein.
Gezeiten
Gezeiten entstehen durch eine Kombination aus der Gravitation des Mondes und der
Sonne und den Fliekräften des Planeten. Es
entstehen Gezeitenwellen, unter denen sich
der Planet dank der Rotation dreht. Auf der
Erde gibt es eine große Anzahl an unterschiedlichen Gezeitenmustern, doch meist
gibt es zwei Wasserhochstände und zwei
Tiefstände täglich. Der Unterschied zwischen
diesen beiden Ständen kann wenige Dezimeter oder aber mehrere Meter betragen.
Strömungen
Durch die Rotation des Planeten, verschiedene Temperaturschichten und Winde entstehen Strömungen, die ganz entscheidend
das Klima beeinflussen können. Die Temperatur im Zentrum einer Strömung kann sich
zudem stark von der der Randgebiete unterscheiden. Warme Strömungen sorgen meist
für ein angenehmes Klima, bergen aber die
Energie um tropische Stürme auszulösen.
In der Schifffahrt sind die Strömungen zur
Navigation sehr wichtig und natürlich können sie geschickt genutzt, die Fahrtzeit und
den Rohstoffverbrauch stark beeinflussen.
Es gibt auch vertikale Strömungen, die für
einen Austausch der verschiedenen Wasserschichten sorgen. In Strömungen, die
nährstoffreiches Wasser aus den Tiefen des
Meeres an die Oberfläche bringen, ist die
Artenvielfalt meist besonders hoch und der
Fischfang sehr erfolgsversprechend.
Wellen entstehen durch den Einfluss der
Winde auf das Wasser. Sie können tausende
Kilometer zurücklegen. In tiefen Gewässern
formen Wellen hügelartige Wellen und Täler,
deren Höhenunterschied im Extremfall Dutzende Meter betragen kann. In flachen Gewässern kollidiert die Energie der Welle mit
dem Meeresgrund und hebt sie höher.
Lange flache Hindernisse unter der Wasseroberfläche können Wellen die Energie
nehmen und sie in ungefährliche kleine Wellen verwandeln. Kurze und steile Hindernisse
aber schaukeln die Welle schlagartig auf und
sorgen für spektauläre und extrem hohe
Wellen.
Die Wellenenergie verteilt sich unter der
Wasseroberfläche etwa so weit wie die
Wellenberge hoch sind. Dadurch ist es in
seichteren Gewässern auch unter der Wasseroberfläche sehr gefährlich, während im
tiefen Ozean kaum etwas von dem Sturm
und der Wellenenergie zu spüren ist.
Zu wenig Wasser
Genau so schädlich wie zu viel Wasser ist
für den menschlichen Organismus zu wenig
Wasser. Ein gesunder Mensch kann ohne
feste Nahrung notfalls einige Wochen überleben, ohne Wasser aber nur einige Tage.
Ohne Wasser wird die Situation also gerade
bei heißem Wetter schnell lebensbedrohlich.
Doch selbst wenn endlich man Wasser gefunden hat, drohen dank Verunreinigungen
noch Gefahren.
Wassermangel
Der Mensch besteht zu etwa 70% aus WasSeite 20
ANDUIN 93
Wasser
ser. Ein Flüssigkeitsverlust von:
•2% löst normalerweise Durst aus (nicht
bei trockenem Wind oder im Gebirge)
•5% schränkt die Denk- und Leistungsfähigkeit erheblich ein.
•10% kann bereits tödlich sein.
Doch lange bevor die Organe versagen
kann Wassermangel auch schon indirekt
(z.B. durch Fehlentscheidungen) umbringen. Es macht daher wenig Sinn Wasser zu
rationieren und es ist blanker Wahnsinn – im
Glauben man werde schon irgendwo etwas
Trinkbares finden – ohne Wasservorrat in
loszugehen. Symptome einer Dehydration
(Wassermangel) sind z.B.
•„Kneifprobe“: In den Unterarm kneifen
und Hautfalte hochziehen. Bleibt die
Hautfalte stehen wird es kritisch.
•Dunkler Urin (kann auch Anzeige von
Krankheiten sein)
•Anschwellende Zunge
•Seh- und Sprachstörungen
Wasserverlust vermeiden
Wie oben erwähnt ist eine Rationierung
des Wasser nur sehr bedingt sinnvoll, da
durch eine zu knappe Wasserzufuhr das
Denk- und Urteilsvermögen eingeschränkt
wird. Sicher sollte man die Wassermenge pro
Tag und Person auf ein sinnvolles Maß (etwa
3 Liter) beschränken, aber ebenso sinnvoll
ist es, den Verlust von Wasser zu vermeiden.
Dazu einige Tipps:
•Schwitzen sollte vermieden werden.
Anstrengende Arbeiten oder Märsche
werden am besten in den Schatten oder
noch besser in die Nacht verlegt.
•Kleidung sollte lang, hell und locker sein.
•Man sollte sich gut vor Wind schützen,
da Wind erheblich die Verdunstung
fördert.
•Außer saftigem Obst keine Nahrung
mehr zu sich nehmen, vor allem keine eiweißhaltigen Nahrungsmittel (z.B. Fisch,
Nüsse) und kein Fett. Diese Binden bei
der Verdauung das Wasser.
•Keinen Alkohol trinken und nicht rauchen!
•Niemals Salzwasser oder Urin trinken –
beides bringt das osmotisches Gleichgewicht durcheinander und das kann
tödlich sein.
Wasser finden
Fließende Gewässer
Fließende Gewässer sind als Wasserquelle
natürlich optimal. Je schneller sie fließen, je
kälter sie sind, je klarer sie scheinen, je hochwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
gelegener sie sind, desto besser. Trotzdem
ist es empfehlenswert auch dieses Wasser
aufzubereiten (siehe untern)! Man weißt nie,
was oberhalb der Entnahmestelle im Bach
liegt. Vorsicht, wenn am und im Wasser weder Pflanzen noch Tiere leben! Das ist kein
gutes Zeichen!
Stehende Gewässer
Sie sind Tummelplätze für alles mögliche
Getier. In manchen Gebieten machen nur
kleinere Tiere Probleme (Blutegel, Giardia,
Bakterien, Viren etc.), in anderen Gegenden
aber können diese Tiere ganz schön groß
werden (Krokodile, Flußpferde …). Das Wasser in stehenden Gewässern ist grundsätzlich
immer gut aufzubereiten und hier ist besonders auf Warnzeichen (keine Pflanzen am
Ufer, Tiere meiden die Wasserstelle, etc.) zu
achten.
Grundwasser
Grundwasser ist nicht das Erste, an was
man denken sollte um an Wasser zu kommen. Für Grundwasser muss man immer graben. Und das ist eine mühselige Arbeit und es
ist nicht gesagt, dass man wirklich an Wasser
gelangt, da das Grundwasser meistens ziemlich tief liegt.
Befindet man sich aber in der Nähe eines
Meeres findet man meist gutes Trinkwasser wenige Kilometer weit von der Küste
entfernt. Gute Chancen an Grundwasser zu
kommen, hat man zudem in ausgetrockneten Flussbetten (Außenkurven), in Senken
und an Bergfüßen.
Es reicht meist einen halben Meter bis einen Meter tief zu graben um auf schwere
feuchte Erde zu stoßen. Hat man dann noch
kein Wasser gefunden, ist die Mühe an dieser
Stelle wahrscheinlich umsonst. In kurzer Zeit
wird sich dann in der Grube Wasser sammeln.
Nun kann das klare Wasser vorsichtig abgeschöpft werden.
Blättergrube
Ein großes Loch graben und Äste mit saftigen Blättern hineinlegen. In die Mitte auf
die Blätter ein Gefäß stellen und darüber eine
Plastikfolie befestigen (mit Steinen, Ästen,
Sand), die die Zweige nicht berührt. Direkt
über dem Gefäß einen faustgroßen Stein auf
die Folie legen. Nach ein paar Stunden hat
sich der Becher mit Kondenswasser gefüllt.
Erdgrube
Ähnlich wie die Blättergrube funktioniert
die Erdgrube: man spannt ein wasserundurchlässiges Tuch über eine Erdgrube, damit
sich bei Sonneneinstrahlung der Innenraum
erwärmt und das im Boden enthaltene Was-
ser verdunstet. Es schlägt sich an der Folie
nieder, läuft an ihr entlang zur Mitte, die mit
einem Stein beschwert ist und tropft schließlich in ein darunter gestelltes Behältnis.
Regen
Regenwasser ist natürlich eine einfache
Quelle um an Wasser zu gelangen – alles was
man tun muss ist das Wasser aufzufangen.
Gut dafür geeignet sind wasserundurchlässige Stoffe. Es gibt mehrere Methoden Regenwasser aufzufangen.
•Die wohl einfachste Lösung Regenwasser zu sammeln, ist einen Behälter
zu nehmen und ihn in ein kleines Loch
zu setzen, so dass er nicht umkippen
kann und dann zu warten bis er voll mit
Regenwasser ist. Allerdings funktioniert
das nur, wenn es reichlich regnet. Wenn
es nur nieselt sollte man auf die anderen
Methoden umsteigen.
•Man gräbt ein größeres Loch und legt
einen wasserundurchlässigen Stoff
möglichst großflächig hinein. Regnet es
nun, fängt sich das Wasser in der Mitte.
Schmutzpartikel wie Staub und Erde
sollten sich nach einer kurzen Wartezeit
am Boden absetzen, so dass man das
Wasser einfach abschöpfen kann.
•Sollte man nicht über ein so großes
Stück Stoff verfügen kann man das Wasser auch über eine Schräge (ein Holzbrett, ein aufgespanntes Taschentuch,
etc.) in einen Behälter laufen lassen.
Regen ist im Prinzip destilliertes Wasser,
d.h. es enthält kaum Mineralien und Salze.
Bevor man Regenwasser trinkt sollte man
ein paar Kieselsteine in das Wasser geben
und es ein paar Stunden stehen lassen, damit sich ein paar Mineralien im Wasser anreichern können.
Schnee
Schnee und Eis sollten immer vollständig
geschmolzen werden, bevor man sie zu sich
nimmt. Schnee ist relativ einfach zu schmelzen, im Gegensatz zu Eis. Bevor man also
Eis schmilzt, schmilzt man lieber Schnee, dadurch spart man viel an Brennstoff. Schnee
ist auch nur Wasser das von oben kommt
also auch gilt auch hier, versuchen Sie Salze
dazuzugeben oder etwas nebenbei zu essen.
Ansonsten gilt für Schnee das gleiche wie für
Regenwasser: es ist sehr arm an Salzen und
Mineralien.
Tau
Tau aufzufangen, ist zwar nicht die optimale Methode um an Wasser zu kommen, aber
sie ist immer noch besser als kein Wasser zu
gewinnen.
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Wasser
Man legt über Nacht ein Tuch breitflächig
auf eine Wiese. Am nächsten Morgen kann
das Tuch über einem Behälter ausgepresst
werden. Effektiver ist es, morgens ein Tuch
über Wiesen zu ziehen und das gesammlte
Wasser von Zeit zu Zeit in einen Behälter zu
pressen.
Abwasser, Urin, Meerwasser
Dieses Wasser muss destilliert werden,
sonst kann es unter Umständen tödlich wirken. Wenn ein Topf und genügend Brennstoff zur Verfügung stehen bringt man Wasser zum Kochen, deckt den Topf mit einem
sauberem Tuch ab und presst das Tuch regelmäßig aus. Weitere Tipps zum Reinigen von
Wasser findet man weiter unten.
Baumsaft
Im Frühjahr stehen die Bäume unter erhöhtem Wasserdruck, da sie das Öffnen der
Knospen vorbereiten. In dieser Zeit kann
man mit einer einfachen Methode Trinkwasser gewinnen, das sogar Mineralien, Vitamine und Zucker enthält. Man schneidet die
Rinde des Baumes fischgrätenförmig etwa
einen Zentimeter tief ein. Am unteren Ende
der Hauptrinne treibt man einen Span in das
Holz, damit sich das herausrinnende Wasser
sammeln und am Span entlang laufen kann.
Wurzeln
Gerade in heißen Gebieten enthalten tiefer gelegene Wurzeln von Pflanzen oft einen
Wasservorrat. Ebenso verhält es sich mit den
Stämmen von Kakteen, die oft das Wasser
unter ihrer dicken Außenhaut speichern. Allerdings sollte dieses Wasser nicht direkt getrunken, sondern zuvor gereinigt werden.
Wasser reinigen
Verseuchtes Wasser zu trinken ist noch
gefährlicher als gar kein Wasser zu trinken.
Wenn Wasser knapp ist, wäre ein ansonsten
harmloser Durchfall, ausgelöst durch Amöben oder Bakterien der sichere Tod. Selbst
wenn man den daraus resultierenden Wasserverlust noch ausgleichen kann, können
die kleinen Biester einem trotzdem den
Rest geben. Nicht umsonst starben in vielen
Kriegen und Katastrophen mehr Menschen
an verseuchtem Wasser als an Kampfhandlungen oder durch die Katastrophen selbst.
Schwebeteilchen entfernen
Bevor man das Wasser weiter behandelt
sollte es von Schwebeteilchen gereinigt werden. Dazu lässt man das Wasser durch ein
Taschentuch, einen Kaffeefilter o.ä. laufen.
Damit sind grobe Schmutzpartikel bereits
aus dem Wasser entfernt.
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Abkochen
Das Wasser sollte man mindestens 10 Minuten sprudelnd kochen lassen. Das dabei
entstehende Kondenswasser kann aufgefangen und wieder verwendet werden. Der
Vorteil besteht darin, dass mit einer relativ
einfachen Methode nahezu alle Viren und
Bakterien abgetötet werden können. Aber
man benötigt Brennmaterial und ein feuerfestes Behältnis. Und man kann das Wasser
nicht sofort trinken, es muss erst abkühlen.
Zudem ist das Wasser nicht lange lagerbar,
es sollte innerhalb eines Tages verbraucht
werden. Im Hochgebirge liegt die Siedetemperatur dank niedrigerem Luftdruck tiefer
und man erreicht beim Abkochen keine 100°C
mehr. Hier sollten andere Methoden zum
Reinigen des Wassers verwendet werden.
Mechanischer Filter
Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Filtern:
Membranfilter und Absorptionsfilter. Erstere
funktionieren wie ein Netz und filtern so weitestgehend Bakterien aus. Viren aber sind so
klein, dass sie durch das Netz hindurchkommen können. Die meisten Viren werden aber
dennoch herausgefiltert, da sie an größeren
Teilchen hängen. Typische Membranfilter
sind aus Keramik, oft mit Silberbeschichtung.
Ein großer Nachteil der Keramikfilter ist – neben der Unfähigkeit Viren zurückzuhalten –
die hohe Frostempfindlichkeit.
Absorptionsfilter arbeiten anders – sie
„saugen“ wie ein Schwamm alles auf, was an
Chemikalien, Bakterien und Viren im Wasser
vorhanden ist. Allerdings klappt das nur, bis
sie voll sind und der Filter gewechselt werden muss. Üblicherweise sind sie mit Aktivkohle gefüllt. Es muss aber gesagt werden,
dass selbst neue Aktivkohlefilter nicht hundertprozentig alle Verunreinigungen filtern
können. Da keines der beiden Filterverfahren
volle Sicherheit gewähren kann bietet sich
eine Kombination aus mechanischem Filter
und chemischer Entkeimung an.
Chemische Mittel
Das chemisches Entkeimen hilft nur bei
vorgefiltertem Wasser, da größere Bakterienkolonien das Entkeimungsmittel leicht
überfordern. Fast alle Entkeimungsmittel
sind mehr oder weniger giftig. Man sollte daher mit ihnen entkeimtes Wasser nach Möglichkeit nicht monatelang trinken.
Silberionen
Schon im Mittelalter füllte man das Trinkwasser in Silbergefäße (wenn man es sich
leisten konnte), da die sich auslösenden Silberionen Keime abtöten und die Neubildung
über einen längeren Zeitraum hemmen.
Heutzutage gibt es Silberionen flüssig und in
Tablettenform. Sie sind geschmacksneutral,
umweltfreundlich und gesundheitlich auch
auf Dauer unbedenklich. Leider ist aber die
Einwirkzeit relativ lange (2 bis 4 Stunden)
und sie wirken nur bedingt gegen Viren.
Chlor
Chlor wirkt sehr schnell, fügt dem Wasser
aber einen Beigeschmack zu. In niedriger
Konzentration ist Chlor gesundheitlich unbedenklich, aber in höherer Dosis treten Vergiftungserscheinungen auf. Chlor wirkt sehr
schnell (15 Minuten), verflüchtig sich aber
mit der Zeit.
Jod
Jod ist in Konzentrationen in denen es eine
reinigende Wirkung hat gesundheitsschädlich – im Notfall ist es aber besser als verseuchtes Wasser zu trinken. Es wirkt ähnlich
schnell wie Chlor, hat aber eine etwas langsamere Einwirkzeit (30 Minuten).
Mehl
Ein einfaches Mittel um dreckiges Wasser
zu reinigen ist Mehl. Es wird auf die Wasseroberfläche gestreut. Das Mehl sinkt zu Boden
und nimmt dabei Schmutzpartikel mit. Einige Stunden später kann man das gereinigte
Wasser abschöpfen. Natürlich ist diese Methode aber nicht so gründlich wie die zuvor
genannten.
Destillation
Dies ist eine sehr effektive Methode
Schmutzwasser zu reinigen, denn die meisten Chemikalien lassen sich dadurch vom
Wasser trennen. Das Schmutzwasser wird in
einem Behälter gekocht (dadurch wird auch
der Großteil der Bakterien abgetötet). In den
Wasserdampf wird eine schräge Fläche (ein
flacher Stein, eine Folie, ein Stück Blech, etc.)
gehalten, an der das Wasser kondensieren
kann. Das Wasser läuft dann die Schräge hinab in einen Behälter. Mit dieser Methode
lässt sich sogar Meerwasser entsalzen, doch
das ist auch gleich das Problem dieser Methode, denn dem Wasser werden sämtliche
Mineralien entzogen. Man muss also entweder eine Prise Salz auf einen Liter Wasser zugeben oder man legt ein paar saubere Kieselsteine in das Wasser. Das destillierte Wasser
ist so aggressiv, dass es sofort die Mineralien
aus den Steinen löst. Man kann auch im Extremfall seinen eigenen Urin mit der Destillationsmethode zurückgewinnen, allerdings
enthält dieser die Chemikalie Ammoniak,
die sich nicht durch Destillation vom Wasser
trennen lässt. Ammoniak ist ein Zellgift und
dadurch schädlich für den Körper, der versuchen wird, das Gift mit noch mehr Urin auszuscheiden. Auf Dauer erhält man also eine
negative Wasserbilanz! 
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Rancher, Rinder und Revolver
RANCHER, RINDER
UND REVOLVER
DAS LEBEN DER COWBOYS
TEXT: LARS PERNER
Einleitung
Cowboy – jemand der gegen Bares mit
fremder Leute Vieh arbeitet und das ständig
auf dem Rücken seines Pferdes.
Ihre Glanzzeit hatten die Cowboys zwischen 1866 und 1886. Nachdem der amerikanische Bürgerkrieg beendet war, stieg der
Bedarf nach Rindfleisch in den östlichen Bundesstaaten sprunghaft an. Ebenfalls sprunghaft stieg der Preis für ein Rind an. Zahlte man
vor dem Krieg noch 3 Dollar je Rind waren es
1866 bereits bis zu 40 Dollar. Es wurden Leute
benötigt, die das Vieh beaufsichtigten, wenn
es graste. Die Eisenbahn hatte sich noch
nicht sehr weit in den Westen vorgeschoben
und so brauchte man Cowboys, die zweimal
im Jahr das Vieh zusammentrieben und es zu
den Verladestationen brachten.
Nach dem Krieg waren viele Soldaten arbeitslos geworden und viele wurden Cowboys, aber auch Herren aus der feineren
Gesellschaft zog es auf der Suche nach
Abenteuern in den Westen. Fast jeder siebte
Cowboy war ein aus der Sklaverei befreiter
Afro-Amerikaner; und auch Indianer waren
gar nicht so selten unter den Cowboys anzutreffen. Die Cowgirls der Wildwest-Shows
gab es leider gar nicht. Im ausgehenden 19.
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Jahrhundert wurde zwar von den Frauen erwartet, dass sie genauso hart arbeiteten wie
die Männer – was sie auch taten. Aber sie
hatten sich damenhaft zu kleiden und zu benehmen. Im Damensattel mit einem weiten,
langen Kleid über die Weiden zu galoppieren war dann auch der besten Reiterin nicht
möglich.
Die Ranch
Ein Cowboy war – nach heutigen Begriffen
– ein Saisonarbeiter. Immer auf Arbeitssuche
zogen sie von einer Ranch zur nächsten. So
war er eigentlich nie richtig irgendwo zu
Hause. Für einen kargen Monatslohn von
ungefähr 30 Dollar und bei freier Kost und
Logis war ein Cowboy aber doch immer stets
loyal gegenüber seinem Arbeitgeber. Diese
Loyalität brachte manchen auch schnell an
den Rand des Abgrunds, wie den legendären
„Billy the Kid“.
Die Ranch selber konnte ziemlich riesig
(bis zu 2.500 m² und damit so groß wie das
Saarland) aber auch nahezu winzig sein. Was
jede Ranch aber zumindest brauchte waren
ein Haus für den Rancher und seine Familie
sowie eine Wasserquelle. Dazu kamen dann
noch verschiedene Nebengebäude. So war
manchmal die Küche in einem separaten Gebäude. Es gab Unterkünfte für die Cowboys,
eine Schmiede um Pferde zu beschlagen und
Werkzeuge zu reparieren. Natürlich durften
auch Pferdeställe und Koppeln nicht fehlen.
Die Koppeln waren meist rund angelegt, so
konnten die Pferde nicht in Ecken gedrängt
werden und sich verletzen. Ärmere Rancher
konnten sich nur einfache Gebäude aus Holzbalken oder sogar nur Grassoden leisten.
Reichere lebten dagegen in wahren Palästen mit kunstvoll verzierten Möbeln und
Silbergeschirr. Die Unterkünfte der Cowboys
waren aber meist die selben, egal ob der
Rancher arm oder reich war. Eine einfache
Hütte, deren einziger Raum getrennt war
in einen Küchen- und Essbereich und einen
Schlafbereich. In den nördlicher gelegenen
Ranchs gab es zumeist auch einen einfachen
Ofen, der ein wenig Wärme in der kälteren
Jahreszeit spendete. Schränke wären unnütz
gewesen. Was ein Cowboy besass, passte an
die Wandhaken über seinem Bett. In dieser
Hütte war es meist düster, da nur Öllampen
ein wenig Licht spendeten. Einziger Lichtblick war meist ein Bild einer Tänzerin – ein
einfacher Vorläufer der Pin-Ups. Alle hockten
dicht gedrängt nebeneinander. Zur Zeit der
Viehtriebe wurde dies dann noch schlimmer.
Oft roch es in den Cowboy-Unterkünften
genauso stark wie in den Ställen. Da Glücksspiele verboten waren, vertrieben sich die
Cowboys ihre wenige freie Zeit mit Schach
(ja wirklich) oder Domino.
Die Kühe
Die Rasse, mit der die Cowboys arbeiteten,
waren die sehr robusten und genügsamen
Longhornrinder. Leider war die Zucht dieser
Tiere nicht einfach und so blieben sie meist
halb wild, was den Umgang mit ihnen erschwerte. Die größte Gefahr ging jedoch von
den namensgebenden Hörnern aus. Der Abstand zwischen den Hörnerspitzen konnte
durchaus 2 m und mehr betragen. Ein rasend
gewordenes Rind war mit diesen Waffen ein
ernstzunehmender Gegner. Immerhin wog
ein junger Bulle bereits fast 350 kg. Ein ausgewachsenes Tier erreichte das doppelte
dieses Gewichts.
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Rancher, Rinder und Revolver
Die wichtigsten Tiere der Herde waren die
Leitochsen. Diese führten die Herde durch
die Prärie und in die Pferche der Verladestationen. Jungrinder wurden als Greenhorn und
Tenderfoot bezeichnet. Begriffe, die auch für
unerfahrene Neulinge auf der Ranch benutzt
wurden.
Das Pferd
Ein Cowboy ohne Pferd? Unvorstellbar.
Und doch besassen die wenigsten Cowboys
ein eigenes Pferd. Die gut ausgebildeten
Tiere gehörten meist den Ranchern.
Mustangs – die wilden Präriepferde- mussten jedoch erst gefangen und zugeritten
werden. Das war nicht jedermanns Sache
und Cowboys, welche ein Talent dafür hatten, reisten von Ranch zu Ranch und liessen
sich jedes gezähmte Tier gut bezahlen. Nicht
jedes Pferd war gleich gut. Manche konnten
gut schwimmen, andere wiederum kamen in
der Dunkelheit besonders gut zurecht. Das
beste Pferd war aber das Cattle-Horse. Dank
dieser Pferde gelang es dem Cowboy einzelne Tiere von der Herde zu trennen, um diese
dann mit Brandzeichen zu versehen.
Die Arbeit des Cowboys mit den Pferden
ist auch in der heutigen Zeit ein beliebter
Sport – neben dem Rodeo (Zureiten) auch
das Cattle-Penning (Trennen einzelner Tiere
von der Herde).
Ein Cowboy musste bis zu 15 Stunden täglich auf dem Rücken des Pferdes verbringen.
Diese Belastung hielten Reiter und Pferd nur
aus, wenn ein sehr guter Sattel benutzt wurde. Gute Sättel kosteten zwischen 30 und
300 Dollar, hielten dann aber auch über Jahrzehnte hinweg. Im Vergleich zu normalen
Sätteln waren die Steigbügel eines Cowboysattels länger und oft mit Leder verkleidet,
um die Füße des Reiters zu schützen. Der Sattel war mit mehreren Schichten Leder überzogen. Die Unterlage bestand aus Holz und
Metall und verteilte das Gewicht des Reiters
vom Rückgrat auf die Schultern des Pferdes,
was besser für das Pferd war. Und das Pferd
hatte einiges zu tragen. Neben dem Reiter
und dem Sattel, der bis zu 18 kg wiegen konnte, wurden am Sattel weitere Ausrüstung in
Satteltaschen verstaut oder mit Lederriemen
festgemacht.
Das Lasso
Ein Cowboy war ein Meister im Flechten.
Für die tägliche Arbeit waren Seile ein unentbehrliches Hilfsmittel. Kleine Seile zum
Befestigen von Gegenständen, als Zügel,
Hutbänder oder Peitschen. Doch zuallererst
brauchte ein Cowboy das wohl bekannteste
Seil – das Lasso. Es dauerte schon einige Zeit
ehe man dieses 18m lange Seil aus Leder oder
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Hanf geflochten hatte. Schleifte ein Cowboy
sein Lasso beim Reiten hinter sich her, hatte
das nichts mit Unachtsamkeit zu tun. Neue
Lassos waren sehr steif und wurden so geschmeidig gemacht.
Kleidung
„Drunter“ trug der Cowboy Tag und Nacht
lange, einteilige Unterwäsche. Nur wenn es
zu warm war, verzichtete er auf dieses Kleidungsstück. Darüber waren zunächst Wollhosen der letzte Schrei. Da diese aber sehr
schnell zerschlissen, waren sie meist mit Flicken übersät. Am Gesäss und der Innenseite
der Schenkel waren die Hosen mit Leder verstärkt. Der Deutsche Levi Strauss hatte dann
die zündende Idee. Eigentlich verkaufte er
Wagenplanen. Doch dieser Stoff eignete sich
hervorragend für nahezu unverwüstliche Arbeitshosen. Schon bald wurde das Segeltuch
dann durch einen Baumwollstoff ersetzt, der
noch strapazierfähiger war – das indigoblaue
Denim. Mit Kupfernieten besetzt, welche die
Nähte verstärkten, wurden diese Hosen ein
Renner in der Textilbranche und natürlich bei
den Cowboys.
Ergänzend zu den Hosen wurden sogenannte Chaps getragen. Diese ledernen Röhren umschlossen die Beine des Cowboys und
schützten so zusätzlich. Es gab enge und weite Chaps, die wie Flügel von den Beinen abstanden. Cowboys bezeichneten die Chaps
auch als Leggins oder Shotguns.
Die bunten und prächtig verzierten
Hemden, die Cowboys in Filmen und Shows
tragen, wurden von den „echten“ nie getragen. Es waren eher einfarbige Kleidungsstücke, höchstens ab und an kariert oder
gestreift.
Jacken waren für die Arbeit im Sattel sehr
unpraktisch. Daher zogen viele Cowboys eine
Weste über das Hemd. Sie ließ die Arme frei
und behinderte so nicht. Die Westen waren
innen wie aussen mit Taschen besetzt. Dort
konnten all die kleinen Dinge verstaut werden, die ein Cowboy ständig brauchte – ein
kleines Messer, ein Paar Münzen, ein Tabaksbeutel.
Ein universelles Kleidungsstück war das
Halstuch – eigentlich nur ein einfaches viereckiges Stück Baumwollstoff. Meist wurde
es als Dreieckstuch geknotet um den Hals
getragen. So konnte der Cowboy es schnell
als Staubschutz vor das Gesicht ziehen, was
das Atmen erleichterte. Aber es diente auch
als Taschentuch. Man konnte damit Wunden
verbinden und es als Filter benutzen, um den
gröbsten Schmutz aus dem Wasser zu bekommen.
Zu den kostbarsten Kleidungsstücken
zählten der Hut und die Stiefel. Ein Hut kostete zwischen 3 und 15 Dollar. Er wurde aus
dunklem Filz hergestellt. Eine breite Krempe schützte vor Sonne aber auch Regen.
Der Hut wurde aber nicht nur getragen. Er
diente als Wassereimer, Fliegenklatsche und
Fächer, um die Glut des Lagerfeuers wieder
zu entfachen. Der bekannteste Hut ist sicher
der nach dem gleichnamigen Hutmacher benannte Stetson. Sein Erkennungsmerkmal
war die hohe Hutkrone. Der Hut wurde oft
individuell von den Cowboys „verziert“ –
Einbuchtungen in der Hutkrone oder darum
geflochtene Bänder. Auch ein Kinnriemen
fehlte nie, wie schnell konnte ein Windstoß
den Hut wegwehen.
Das teuerste und bestgehütetste Kleidungsstück eines Cowboys waren aber zweifelsohne seine Stiefel. 10 bis 25 Dollar musste
man für ein gutes Paar Stiefel hinblättern.
Viele Cowboys behielten sie daher auch beim
Schlafen an. Der typische Cowboystiefel
hat auch heute noch hohe Absätze, damit
man nicht aus den Steigbügeln rutscht. Außerdem läuft er nach vorn spitz zu. So kam
der Cowboy leichter in die Steigbügel. Damit
keine Steinchen in die Stiefel gelangen konnten, hatten sie einen langen Schaft und lagen
eng am Unterschenkel an. Die Stiefel waren
robust, wetterfest und unverzichtbares Arbeitsmittel. Mit Stickereien verzierte Prunkstiefel waren eher die Ausnahme.
An den Stiefeln wurden mit Riemen die
Sporen befestigt. Die Dornen der Spornrädchen waren immer stumpf. Nur ein Cowboy,
der unfähig war, mit Tieren umzugehen,
fügte damit seinem Pferd Wunden zu. Bei
der Arbeit benutzte ein Cowboy einfache
Sporen. Um in der Stadt aber Eindruck zu machen, hatte er meist auch ein Paar silberne,
verzierte Sporen.
Außer den oben genannten Kleidungsstücke besaß ein Cowboy außerdem noch
einen langen gefütterten Mantel als Regenschutz und Stulpenhandschuhe als Schutz
bei der Arbeit mit dem Lasso.
Roundup
Der Cowboy war ein Gelegenheitsarbeiter
und Herumlungerer. Diesen Eindruck könnte
man jedenfalls bekommen, wenn man nicht
um die harte Arbeit weiß.
Tatsächlich gab es für Cowboys im Sommer und Winter wenig zu tun. Sie hielten
sich auf der Ranch auf, halfen dort mit und
kümmerten sich um ihre Ausrüstung. Im
Frühjahr und Herbst war dann Schluss mit
diesem langweiligen Leben. Die Cowboys
ritten zum „Roundup“. Die Rinder grasten
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Rancher, Rinder und Revolver
konnte dieser Platz an der Spitze sehr gefährlich werden.
ohne Behinderung durch Zäune auf den weiten Weideflächen. Dabei mischten sich sehr
oft die Herden verschiedener Rancher. Beim
Roundup mussten nun die Rinder eingefangen werden. Anhand der Brandzeichen wurden sie Ihrem Besitzer zugeordnet und gezählt; neue Kälber wurden gebrändet. Dabei
ging es nicht immer mit rechten Dingen zu;
und auch manche Rancher versuchten sich
auf Kosten anderer zu bereichern. Manche
Ranch und ihr zugehöriges Brandzeichen war
landesweit bekannt. Aber alle Brandzeichen
konnte sich kein Cowboy merken. Deshalb
gab es Bücher, in denen die Brandzeichen aller Rancher verzeichnet waren. Um ein Kalb
zu bränden, musste es zuerst vom Mutterrind getrennt werden. Die Kühe reagierten
dabei meist sehr aggressiv, so dass dies keine einfache Arbeit war. Dann wurde das Kalb
neben dem Feuer zu Boden gedrückt und mit
dem glühenden Eisen gebrändet. Eine eingespielte Gruppe konnte so bis zu 100 Kälber in
der Stunde mit Brandzeichen versehen.
Waren die Rinder zusammengetrieben
begann der bis zu 1.600 km lange Treck zu
den Verladebahnhöfen. Damals reichten die
Bahnlinien nicht so weit in den Westen hinein. Und die Endstationen wie Abilene und
Dodge City in Kansas wurden so zu Anlaufstellen für die Viehtrecks. Die Wege – auch
als Trails bezeichnet -, die dabei von den Herden eingeschlagen wurden, änderten sich
über Jahre hinweg nicht. Ein berühmter Trail
war der Chisholm-Trail. Dieser führte aus dem
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südlichen Texas über mehrere Flüsse wie den
Colorado River mitten durch das Indian Territory nach Kansas.
Auf dem Weg nach Norden
Auf einem Viehtrieb blieb nicht viel Zeit für
Vergnügungen. Doch es gab sie. Es wurde
Domino oder Karten gespielt. Messerwerfen
und Lassowettbewerbe wurden veranstaltet.
Das spätere Rodeo hatte seinen Ursprung in
den Reiterspielen auf Pferden oder Ochsen.
Alkohol und Glücksspiele waren jedoch während des Trecks streng verboten. So blieb
als einziges Genussmittel der Tabak übrig.
Besonders beliebt waren Schnupf- oder Kautabak. Diese Sorten konnten während der
Arbeit geschnupft oder gekaut werden. War
etwas mehr Muße gegeben, dann drehte
sich der Cowboy aber auch gerne seine eigene Zigarette. Teilte ein Cowboy seine Zigarette mit jemanden, so tat dieser gut daran,
dies nicht abzulehnen. Der eben noch sehr
freundliche Cowboy war dann nämlich über
die Unhöflichkeit des Fremden zutiefst beleidigt und konnte das sehr eindrucksvoll auch
beweisen.
Der wichtigste und bestbezahlteste Mann
– er erhielt immerhin 125 Dollar im Monat –
war der Treckführer, der Trail Boss. Er organisierte die Arbeit der einzelnen Cowboys,
richtete über die kleinen und grossen Streitigkeiten und ritt der Herde voraus. Damit
hatte er es zwar besser als die Cowboys, die
hinterherritten, doch kam Panik in die Herde,
Der Koch kümmerte sich um den Küchenwagen mit den Vorräten und hatte dafür zu
sorgen, dass die Männer satt und zufrieden
waren. Oft war er auch der „Doktor“ des
Trecks. Diese Arbeit übernahmen oft ältere,
erfahrene Cowboys, die aber nicht mehr fit
genug für die harte Arbeit waren. Immerhin
erhielt ein Koch 50 Dollar im Monat. Was
immer noch mehr war, als die 30 Dollar für
einen einfachen Cowboy. Erfahrenere Cowboys ritten meist an den Seiten der Herde.
Sie hatten dafür zu sorgen, dass die Herde
die Richtung einhielt und immer in langsamer
Bewegung war. Machten sie ihre Arbeit gut,
legte die Herde ca. 25 km täglich zurück.
Auch versprengte Tiere mussten von ihnen
oft wieder zur Herde zurückgetrieben werden. Die unbeliebteste Position wurde von
unerfahreneren Cowboys besetzt. Ganz am
Ende der Herde waren sie stets in die von der
Herde aufgewirbelte Staubwolke gehüllt.
Auch sie hatten dafür zu sorgen, dass die
Herde zusammenblieb und weitertrottete.
Greenhorns wurden als Wrangler eingesetzt.
Diese Cowboys kümmerten sich um die Remuda – die Herde Ersatzpferde – und gingen
dem Koch zur Hand.
Die Cowboys waren immer hungrig. Reichliches und einigermassen gutes Essen war
wichtig, um den Viehtrieb zu überstehen.
Dabei war ein Cowboy aber genügsam. Brot,
Bohnen und Fleisch als Hauptnahrung dazu
manchmal Dörrobst, Zuckersirup oder Wild –
viel mehr gab es nicht zu essen. Getrunken
wurde nur Wasser. Dem Essen wurde sehr
gern Chili zugegeben, um den Geschmack
des oft schon nicht mehr ganz so frischen
Fleisches zu überdecken.
Abenteuerliche Reise?
Langweilig und eintönig war das Leben
während des Viehtrecks sicher nicht. Aber
auf viele „Abenteuer“ konnte ein Cowboy eigentlich verzichten. Wölfe, die die
Rinder oder Pferde angriffen, waren noch
die kleinste Gefahr. Geriet die Herde in Panik (z.B. bei schlechtem Wetter mit Blitz
und Donner) dann konnte man von der rasenden Herde totgetrampelt werden. Wer
nicht schwimmen konnte, hatte meist bei
der Überquerung der reissenden Flüsse verloren. Und auch sonst bestand eine hohe
Wahrscheinlichkeit von Schlangen gebissen
zu werden. Konnte die Schlange nicht zubeissen, erschreckte sie aber das Pferd, welches
den Reiter abwarf oder schlimmer noch,
wenn dieser am Steigbügel hängen blieb, zu
Tode schleifen konnte. Das Gewehr oder der
Revolver waren daher ständige Begleiter.
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Rancher, Rinder und Revolver
Die Sprache der Waffen verstanden meist
auch nur die Viehdiebe, die leider sehr häufig waren. Einen Revolver konnte sich jeder
Cowboy leisten. Er war mit ungefähr 30 Dollar billiger als der Sattel. Aber nur so aus Spaß
schoss ein Cowboy nicht. Denn leider war die
Munition sehr teuer. Daher wurden die Patronenhülsen wieder eingesammelt und die
Kugeln sogar selber gegossen.
Der Schluss
der Reise
Die Cowboys waren immer wieder froh,
wenn sie und die Herde die Endpunkte ihres
Trecks heil erreichten. Die Verladebahnhöfe
bestanden meist nur aus der Bahnstation
und einigen Zelten. Doch entwickelten sich
viele im Laufe der Zeit zu richtigen Städten,
mit Banken und Hotels. Bevor es aber mit
den Vergnügungen losging, mussten die
Rinder zuerst verkauft werden. Der Gewinn
war enorm. Ein Rind, das im südlichen Texas
1 oder 2 Dollar Wert war, wurde hier nun für
30 bis 40 Dollar verkauft. Diese Preise waren
jedoch nur in den ersten 20 Jahren nach dem
Bürgerkrieg durchsetzbar, später normalisierte sich der Preis wieder.
Aus dem Erlös erhielten die Cowboys dann
auch ihren Lohn für ihre Arbeit. Für mehr als 2
Monate waren das dann 100 Dollar und mehr
auf einmal. Die Städte halfen den Cowboys
nur zu gern beim Ausgeben dieser Summen.
Zuerst zog es den Cowboy zum Barbier.
Eine Rasur, ein Haarschnitt und ein heisses
Bad mit Seife. Nichts konnte wichtiger sein.
Danach musste er sich neu einkleiden. Die
während des Viehtriebs oft nicht einmal
abgelegte Kleidung war nicht mehr zu gebrauchen. Frisch gewaschen und gekleidet,
stürzte man sich ins Vergnügen. Im Saloon
wurde nun der lang entbehrte Alkohol (das
Glas Whiskey zu 12, Bier für 10 Cents) getrunken und die restlichen Dollars bei Glücksspielen verjubelt. Doch nicht nur zum Saufen
und Spielen kam ein Cowboy in den Saloon.
Nach den einsamen Nächten des Viehtriebs
suchten die Cowboys etwas weibliche Gesellschaft und fanden diese auch hier. Die
Kombination aus Schnaps und Glücksspiel
konnte schnell zu einer Schiesserei führen.
Viele Städte verboten jedoch das Tragen von
Schusswaffen in Saloons und tatsächlich kam
es seltener zu Schiessereien als es in Filmen
dargestellt wird. Nach einigen vergnüglichen
Tagen ritten die Cowboys dann, falls der Arbeitsvertrag nicht beendet war, entweder
wieder zurück zur Ranch oder aber begaben
sich auf die Suche nach einer neuen Anstellung.
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Das Ende
Die Arbeit als Cowboy
forderte ganzen Einsatz
und niemand konnte lange diese Arbeit ausführen.
Viele ehemalige Cowboys
heirateten und gründeten
vom Ersparten ihre eigene
Ranch oder begannen eine
„normale“ Tätigkeit in einer Stadt. So mancher wurde zum Gesetzlosen und
überfiel Banken und Züge,
was ein Einkommen von
mehreren Hundert Dollar
im Jahr bedeutete – Verfolgungswahn inklusive. Einige Cowboys schlugen sich
auch auf die „richtige“ Seite des Gesetzes und wurden Sheriff und verdienten
so auch mehrere Hundert
Dollar im Jahr (ca. 100 $
monatlich als Sheriff oder
75 $ als Hilfssheriff) – ein
ruhiger Schlaf und hohes
Ansehen in der Bevölkerung inklusive.
Das endgültige
Ende
Langsam aber unaufhaltsam ging mit dem Rinderboom auch die Zeit
der Cowboys zu Ende. Die
nachlassende Nachfrage einerseits und das
zu hohe Angebot an Rindfleisch waren aber
nicht alleine dafür verantwortlich.
Zwar gab es damals noch kein BSE aber
schon Rinderseuchen. Kansas schloss seine
Grenzen für texanische Rinder, weil diese
auch die Seuche auf die Milchkühe der dort
ansässigen Farmer übertragen konnte. Das
war teilweise auch nicht mehr nötig, da die
Eisenbahn immer weiter in den Westen und
Süden vorstieß und so die Trails verkürzte.
Am meisten trug vielleicht das „Heimstättengesetz“ zum Niedergang der traditionellen
Rinderzucht bei. Nach diesem Gesetz konnte man herrenloses Land in Besitz nehmen,
soweit man darauf eine Farm errichtete
und 5 Jahre lang 65 ha Land beackerte. Die
Farmen schossen wie Pilze aus dem Boden.
Die Herden wurden trotzdem über das Land
getrieben. Die Farmer setzten sich mit Stacheldrahtzäunen zur Wehr und engten so
die Weideflächen ein und erschwerten den
Viehtrieb. Den Rinderzüchtern stellten sich
nun nicht bloß die von der Regierung nicht
beachteten Indianer entgegen, sondern USBürger mit Rechten, die gegen die Züchter
auch durchgesetzt wurden.
Die Cowboys wurden nicht mehr benötigt – sie starben aus. Abenteuer und Freiheit
– danach sehnt sich aber jeder Mensch und
diese Dinge wurden mit den Cowboys in Verbindung gebracht. Und so leben sie romantisch verklärt oder als schießwütige Outlaws
in Romanen, Filmen oder Wild-West-Shows
weiter.
Begriffe
Boot Hill - “Hügel der Stiefel” = Friedhof
Bronc – undressiertes Pferd
Buckaroo – andere Bezeichnung für Cowboy
Corral – umzäunte Koppel
Dogie – andere Bezeichnung für Kalb
Java – Kaffee
Maverick – Kalb ohne Brandzeichen
Prairie Strawberries – Bohnen
Remuda – eine Herde Reservepferde
Stampede – in Panik geratene Rinderherde
Outlaw – unzähmbares Pferd
Vaquero – mexikanischer Cowboy 
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Greensilver
GREENSILVER
EIN ABENTEUERHINTERGRUND FÜR WESTERN SZENARIEN
TEXT: CHRISTOPH MASER
ILLUSTRATION: CHANTAL PEETERS
KARTE: TOMMY HEINIG
Die Stadt
Greensilver ist etwa 6000 Einwohner groß und hat etwas von einer
Großstadt. Eingebettet in unendliche Weiten unheimlich fruchtbaren
Landes umfasst das Gemeindegebiet mehrere duzend Farmer, zwei
große Anwesen mit mehreren Zehntausend Tieren und eine Eisenmiene, die allerdings nicht so ertragreich ist. Der wahre Reichtum
der Gegend ist sein fruchtbares Land, wobei schon mehrere Farmer
über das Erdöl schimpfen mussten, dass Teile ihres Landes vollkommen unbrauchbar gemacht hat. Aber vielleicht findet sich ja für dieses
Problem in absehbarer Zeit auch noch eine Lösung. Ein Eisenbahnanschluss, eine Eisengießerei und eine Niederlassung der Western Pacific Union sind neben der Landwirtschaft die Haupteinkommen der
Stadt. Die vierteljährigen Viehauktionen, die jedes Mal Tausende in
die Stadt locken, sind die Highlights des Jahres. Ansonsten trifft man
stets viele Cowboys und Reisende in der Stadt, hält hier doch der Zug,
der den Kontinent durchquert, für drei Stunden.
Laden sehr gut läuft, ist man bereits dabei, den Dachboden auszubauen, um dort weiteren Schlafplatz zu schaffen. Der Schankraum im
Erdgeschoss fasst gute 100 Leute, hat eine Bühne, auf der manchmal
Tänzerinnen auftreten können, eine große Theke mit einem Spiegel
und einem Flaschenregal dahinter, einem Klavier neben der Bühne
und diversen Tischen und Stühlen. An den Wänden hängen Jagdtrophäen, über die so mancher Gast die eine oder andere Anekdote zu
berichten weis und eine Hand voll Photographien, die alle Aufnahmen
von den großen Viehauktionen oder Eisenbahnen zeigen. Ein Schuppen, in dem Gäste des Hauses ihre Pferde unterstellen können und in
dem der Wirt allerlei Zeug hat, befindet sich direkt hinter dem Haus.
1. Saloon/ Hotel
Neben dem Bahnhof und der Kirche ist der Saloon das größte Gebäude der Stadt. Ca. 40 m breit und 15 m tief mit drei Stockwerken, inklusive Erdgeschoss, wirkt dieses Gebäude ohnehin schon imposant,
wären da nicht noch die zwei großen Balkone, die die Front des ersten und zweiten Stocks zieren, das mit Schiefer gedeckte Giebeldach
und den alten Turm mit der großen Uhr, die zu jeder vollen Stunde die
leider total verstimmte Melodie von „My Bonny is over the Ocean“
bimmelt. Da der Saloon bis vor knapp fünf Jahren Sitz der Western
Pacific Union, einer nicht unbedeutenden Transkontinentalhandelsgesellschaft war, wirkt der ganz Bau pompöser als es sich für einen
Saloon eigentlich schickt. Das Erdgeschoss ist aus Stein gebaut, alle
Fenster in allen Stockwerken sind verglast (bis auf das gleich links neben dem Eingang, das vor einem Monat zu Bruch ging. Seitdem ist es
vernagelt), das Balkongitter ist fein gedrechselt und das ganze Haus
ist perfekt gestrichen. Der Eingang, über dem ein Schild auf das Hotel
aufmerksam macht, liegt in einem kleinen einstöckigen Vorbau, der
erste Stock wird nahezu ganz vom Schankraum, einer Küche, in der
ein kleiner, französischstämmiger Koch herrscht und wirklich gutes
Essen zubereitet, einem Speisesalon für die vornehmeren Hotelgäste
und einem Lagerraum eingenommen. Besonders belustigt viele Gäste, das der Donnerbalken nicht hinten im Hof als extra Häuschen,
sondern direkt an die Hofwand gebaut ist und vier Leute gleichzeitig
aufnehmen kann.
Im ersten Stock befinden sich 12 Hoteldoppelzimmer für etwas zahlungskräftigere Kundschaft, die man des öfteren in der Stadt sehen
kann, ein Gemeinschaftsbaderaum, natürlich getrennt nach Männlein und Weiblein und ein kleines Aufenthaltszimmer, in dem sich die
reisenden Damen vergnügen können, während sich die Herren am
Abend wohl eher noch im Speisesalon eine Zigarre und den ein oder
anderen Drink schmecken lassen. Im zweiten Stock wohnen nun der
Wirt und seine Frau, der Knecht und die Schankhilfe. Desweiteren gibt
es noch einen Schlafsaal, in dem sich gut zehn Leute zur Ruhe legen
können, sowie 4 Einzellzimmer mit niedrigen Komfort. Nachdem der
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Greensilver
2. Sheriffbüro
Dieser fast quadratische Bau entspricht genau dem Bild eines Wild West Gebäudes, das
wir haben. Einstöckig, mit einer überdachten
Veranda, ganz aus Holz (abgesehen von dem
Zellenblock mit seinen 3 Zellen für je 8 Leute.
Der ist nämlich aus Stein) und einem Schild
mit schwarzer Schrift: Sheriff-Office. An den
Hauswänden kleben Steckbriefe und die eine
oder andere Bekanntmachung an die Gemeinde. Das Innere des Büros ist eher zweckmäßig und nüchtern, mit einem Schreibtisch
für den Sheriff, einem für die seine zwei Helfer, einem verschlossenen Waffenschrank
und einem Schrank, in dem so allerlei liegt,
was ein Sheriff so eben benötigt.
Dass das Sheriffbüro gegenüber der Bank
liegt, ist kein Zufall.
3. Kolonialwarenladen
Auch hier haben wir ein typischen Holzhaus aus dem Wilden Westen. Eine Veranda,
auf der das frische Gemüse angeboten wir
und einen Kaufraum, der aus einer Theke mit
dahinter liegenden Regalwänden besteht.
Überall im Raum stehen Körbe mit Waren die
sich ebenso in den Regalen finden lassen. Im
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Schaufenster, durch das man über das Gemüse hinweg sehen kann, hat der Inhaber,
dessen Namen auch mit weiser Farbe auf
das Schaufenster gepinselt wurde, kann man
eine Pyramide aus aufgeschichteten Bohnendosen bewundern, die je nach Jahreszeit entweder mit ein paar Frühlingsblumen, einem
Bündel goldbraunen Weizen, ein paar bunte
Herbstblätter oder Strohsternen verziert
wurde. Die Dosenpyramide steht übrigens
schon seit dem Tag, als der Vater des jetzigen
Inhabers de Laden vor fast 40 Jahren eröffnet hat. So gesehen sind diese Dosen inzwischen eine echte Attraktion geworden und
ebenso ungenießbar.
Hinter dem Verkaufsraum wohnt der Inhaber mit seiner Familie. Neben dem Haus steht
ein Zweispänner, mit dem der Sohn einmal in
der Woche die umliegenden Farmen abfährt,
um zu kaufen und zu verkaufen.
Ach ja, besonders zu empfehlen sind übrigens die Honigbonbons, die Mutter des
Inhabers selber zubereitet und die so süß
und klebrig schmecken, dass jedermann begeistert aufseufzt, wenn er seine Zähne wieder auseinander bekommen hat!
4. Kirche
Die Kirche ist ein großes Gebäude, etwa 45
m lang, 15 breit und inklusive Spitzdach 6 m
hoch. Boden und Wände sind aus Holz, das
Dach ist mit Schiefer gedeckt, das Fundament
und die ersten 20 cm vom Boden gesehen
sind aus Stein. Das Holz ist weiß gestrichen,
allerdings bröckelt schon an manchen Stellen die Farbe. Über dem Türrahmen, in dem
eine ebenfalls weise Flügeltüre mit Messingtürknäufen ihren Dienst tut, steht in verschlungenen Buchstaben: Allein Gott sie Ehre!
Über diesem Spruch befindet sich ein ca
1 m großes kreisrundes Fenster (eine sog
Rosette), das mit bunten Glas ausgelegt ist.
Links und recht in den Kirchenwänden finden
sich ebenfalls Fenster, die allerdings viereckig und mit normalem Glas ausgelegt sind.
In der Rückwand sind dann wiederum vier
große, ca 2 m hohe Fenster eingelassen, die
ebenfalls bunt verglast sind. Das innere der
Kirche ist sehr schlicht. Links und rechts vom
Durchgang aus stehen schmucklose Holzbänke. Nur die vorderste Bank weis ein paar
Verzierungen auf. Hier sitzen während eines
Gottesdienstes die Familien des Pfarrers, des
Richters und des Bürgermeisters.
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Greensilver
Der Alters ist ein unauffälliger viereckiger
Kasten, der stets mit einer großen, weisen
Decke überdeckt ist. Eine Bibel und ständig
frische Blumen sind der einzige Alterschmuck.
In einer Ecke brennt ein Ewiges Licht in einer
roten Laterne, das vor ein paar Jahren von
einer unglücklichen Witwe als Grablicht für
verstorbene Gemeindemitglieder gespendet wurde, und seitdem angezündet wird,
wenn ein Gemeindemitglied im Streben liegt
(In diesem Fall ist es das Kind des Schmiedes
(siehe 11)).
Bei genauen Hinsehen kann man sehen,
dass über dem Altar wohl einmal jemand angefangen hat, ein Bild zu malen, aber bis auf
die leichte Kohlenskizze einer Hand mit Apfel, des dazugehörigen Armes und einer sich
windenden Schlange ist davon nicht mehr
viel zu sehen.
Der Pfarrer, der mit seiner Familie im Haus
neben der Kirche wohnt, kann dazu nur erzählen, dass vor 4 Jahren ein fahrender
Künstler angefangen hätte, den Sündenfall
(1 Moses, 3) zu malen. Er sei aber schon nach
einem Tag mit dem für Farben zur Verfügung
gestellten Geld durchgebrannt.
Hinter der Kirche steht noch ein einfacher,
unverschalter Glockenturm, der mit seinen
ca 10 Metern das höchste Gebäude in der
Stadt darstellt.
5. Bank
Direkt gegenüber vom Sheriffbüro steht
die einzige Bank in der Stadt. Sie ist komplett
aus Stein erbaut. Nur das Dach ist aus Holz.
Da auf ihr stets eine größere Menge Geld der
Viehbarone und Geschäftsleute der Stadt lagert, gilt sie als eine der best gesichertsten
der Gegend. Der Schalterraum hat zwei
Schalter (Allerdings neben dem Direktor, der
die meiste Zeit im Hinterzimmer arbeitet, nur
einen festen Angestellten). Der Safe steht
im Zimmer des Direktors, der den Schlüssel
nach eigenen Angaben tagsüber im Büro
immer um den Hals trägt und ihn Nachts an
nach eigenen Aussagen „dem sichersten Ort
überhaupt“ anvertraut. Wo der ist, hat er
aber noch keinem gesagt.
6. Barbier
Genauso wie der größte Teil der Häuser in
Greensilver ist auch das Haus des Barbiers ein
typisches Wildwesthaus. Einstöckig aus Holz
mit einer Veranda, einem Flachdach, einer
großen Fensterscheibe, durch die man ins
den Laden sehen kann und auf der „Barbier!
Rasur, Schnitt und Parfühm“ steht! (Parfühm
steht da wirklich, aber wen interessiert schon
Rechtschraipung). Der Laden innen ist sehr
zweckmäßig ausgestattet mit einem Tisch
und ein paar Stühlen, an dem die Wartenden
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Zeitung lesen können, zwei Barbierstühlen
die vor einem großen Spiegel stehen unter
dem sich wiederum ein kleiner Tisch befindet, auf dem allerlei Pinsel, Döschen, Cremetuben und dergleichen steht. Neben dem
Spiegel findet sich auch noch ein Schrank, in
dem ein paar Handtücher liegen. Eine Schüssel mit kaltem Wasser und ein Zinnkrug mit
warmen Wasser, das die Frau des Barbiers in
der Wohnung hinter dem Laden erhitzt, setehen ebenfalls in Griffweite.
Eine Rasur kostet 4 Cent und läuft folgendermaßen ab: Zuerst wird das Gesicht mit
einer Mischung aus Kampfer und Methol eingeschmiert, um alle Bakterien ab zu töten.
Dann tunkt man den Pinsel in eine Schmierlauge, dann in Seifenpulver und schäumt den
ganzen Menschen kräftig da ein, wo man
auch rasieren möchte. Dann kommt die Sache mit dem Messer, wobei natürlich öfters
an einem Lederband nachgeschärft wird. Ist
dann das Gesicht entstoppelt und bartlos,
kommt erneut die Kampfer/Methol-Creme,
die noch mal alles desinfizieren soll und ziemlich auf der gereizten Haut brennt.
Um diesen Brennreiz zu mildern kommt
dann ein in warmes, feuchtes Handtuch für
ca 30 Sec, dann noch für 10 Sec ein kaltes,
feuchtes Handtuch aufs Gesicht. Wenn man
das überlebt hat, werden etwaige Schnitte,
die das Rasiermesser verursacht hat, zugeätzt (ich habe leider nicht rausbekommen,
aus was dieses Mittel ist, aber es funktioniert!) und Furunkel oder eitrige Stellen im
Gesicht werden mal schnell eben aufgeschnitten, ausgedrückt und dann mit Brandwein desinfiziert.
Dann kommt eine große Ladung Puder ins
Gesicht und diverse Duftwässerchen hinterher, dass man stinkt wie ein Iltis! Und fertig
ist die Rasur. Das Ganze dauert ungefähr 5-7
Minuten.
Haare werden natürlich auch geschnitten,
sowohl Damen als auch Herren und in einer
Ecke führt der Herr Barbier sogar ein paar
Sorten Parfüm und Rasierwasser, die er gegen eine stolze Summe in kleine Flacons umfüllt und verkauft.
7. Doktor
Auch der Doc von Greensilver wohnt in einen typischen Wildwesthaus, nur das es ungemein groß ist. Ein Teil wird von seiner Praxis eingenommen, der größte Teil von seiner
Wohnung und zwei Zimmer, die er sich nachträglich hat anbauen lassen, beherbergen
die Sammlung des Mediziners. Aber alles der
Reihe nach. In seiner Praxis steht mitten im
Raum der an ein Monster aus Stahl und Leder
erinnernde Arztstuhl, über dem eine große
Petroleumlampe hängt. An den drei Wänden,
an denen es keine dezent verhängten Fenster
gibt, stehen Regale und Schränke, in denen
sich Bücher, diverse Fachzeitschriften und
böse aussehende Instrumente befinden. Ein
Tisch mit dem, was er am nötigsten braucht,
steht neben dem Arztstuhl. Ein großes Kruzifix aus Holz, diverse Zeichnungen des
menschlichen Körpers (Natürlich sittsam
verhüllt) und eine Stickerei, auf der zu lesen
steht: „Danket dem Herren, der uns erlöset
hat vom Schmerz und uns geführet hat aus
stinkender Hölle“ (Das war eine Dankesgabe
eines Patienten) Im übrigens riecht es in der
Praxis unangenehm nach Branntwein, der
zum desinfizieren benötigt wird.
Die Wohnung des Herren Doktors ist stilvoll leingerichtet. Wahrscheinlicher wird es
aber sein, dass man irgendwann die Sammlung des Mediziners zu sehen bekommt,
denn in den zwei, abgedunkelten Zimmern
neben seiner Praxis befinden sich in grob
zusammengezimmerten Regale diverse
Glaskolben, in denen Vögel, Ratten, Schlangen, Insekten und auch das eine oder andere Teil eines Menschen in Alkohol eingelegt
zu sehen ist. Stolz der Sammlung ist neben
einem Daumen (Linke Hand), einem Stück
Innerei (Blinddarm) und einem kompletten
Fuß inklusive eingewachsener Zehennägel
ein menschliches Gehirn, das er einem vor
knapp 5 Jahren Gehängtem abgenommen
hat. (Es gab damals einen kleinen Aufstand
darum, weil jemand die für Gotteswidrig gehalten hat, aber diese Wogen glätteten sich
schnell wieder)
Der Doktor zeigt seine Sammlung gerne
jedem, der sie sehen möchte und den er für
würdig, bzw demütig genug hält.
8. Sattler
Die Werkstatt des Sattlers befindet sich in
einem Stall direkt neben seinem Wohnhaus.
Der hintere Teil dieses Stalles beherbergt
noch die Pferde der Nachbarn, so dass es
auch im vorderen Teil, in dem der Sattler
seine Arbeitsplatz hat, nach Stall und Leder
riecht. Aber das sollte nur Memmen mit
feiner Nase stören. Überall über den Balken
hängen Lederstücke, -schnüre oder – fetzen.
In einer großen Kiste in einer Ecke sind Holzschablonen angeordnet, auf einem der vielen
großen Tischen, auf denen Messer, Schaber,
Alen, Locher und der dergleichen umherfliegen, steht eine kleine Schatulle mit Eisennieten und Beschlägen. Auf einem „Holzpferdekörper“ liegen ein paar noch nasse Sättel,
um in form geschlagen zu werden.
Neben dem Sattler selber arbeitet noch ein
Gehilfe und der ca 15 Jährige Sohn des Sattlers in dem Stall. Noch muss der Sattler alles
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Greensilver
mer und Zangen in allen möglichen Formen
und Größen und ein großer Haufen Kohle.
Vor der Werkstatt stehen einige Kübel mit
Wasser, um das heiße Eisen ab zu kühlen und
um die Pferde seiner Kunden zu tränken.
Der Schmied verdient sein Geld vor allem
damit, Pferde neu zu beschlagen oder Wagen zu reparieren. Aber er ist durchaus in
der Lage, auch feineres zu Schmieden (Damit
sind keine Urwerke oder solches gemeint,
sondern eher Schilder, kleinere Schmuckstücke oder Ketten)
Leider ist der kleine Sohn (5 Jahre alt) des
Schmiedes zur Zeit sehr schwer krank (Daher
brennt auch die Sterbekerze in der Kirche),
so dass er ziemlich abgelenkt, niedergeschlagen und ein bisschen gereizt ist. Allerdings
kommt auf Geheiß des Herren Doktors mit
dem Zug nächste Woche Medizin aus der
Großstadt, die vielleicht helfen könnte.
12. Bahnhof
mit der Hand nähen, aber er hat sich schon
eine Nähmaschine bestellt, die die Stiche
selber setzt, wenn man kurbelt. Die kommt
aber erst zur neuen Viehauktion. Die Auftragslage ist zur Zeit ziemlich gut, weil einer
der Viehbarone seine Herde wieder erweitert und deshalb neue Jungs angestellt hat,
die alle einen Sattel brauchen. Der Chef zahlt
das nämlich. Allerdings muss in jeden Sattel
sein Brandemblem rein, aber das geht schon.
Wer also einen Sattel haben will, muss schon
etwa zwei Monate Geduld haben.
9. Stadthalle
Einst, als die Stadt noch bei weitem nicht
so groß war, die Gemeindescheune, ist dieses
Gebäude nun umgebaut worden. In dem
großen, hölzernen bau finden nun einmal im
Jahr die Aufführung der Theatergruppe (unter der Leitung der Lehrerin) statt, ein wöchentlicher Tanzabend am Freitag, diverse
Feste wie Erntedank, Kirchweih oder Veranstaltungen im Rahmen der Viehauktionen
statt. Platz finden in dem Gebäude wohl an
die 300 Leute, allerdings kann man ja auf
die Straße davor ausweichen, sollten mehr
kommen. Trotz diverser Verschönerungen
sieht man der Stadthalle noch sehr genau an,
was sie einmal war und unter dem Dach ist
nach wie vor der Heuboden eingebaut, den
junge Liebespaare zu ihrem Tummelplatz erkoren haben. (So kann es vorkommen, dass
manchmal in der Nacht der Pfarrer begleitet
von Bürgermeister und anderen Gemeindemitgliedern mit ähnlich hohen Moralvorstellungen eine Razzia im Sündenpfuhl Heutenne
durchführen. Denn „ein Babylon hat keinen
Platz in unserer Stadt!“)
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10. Schule
Das Klassenzimmer, aus dem die Schule
besteht, ist an das Wohnhaus der Lehrerin
angebaut worden und bietet ca 50 Kindern
Platz. Nachdem Greensilver eigentlich mehr
Kinder hat aber sich nur eine Lehrerin leisten
kann, sind im eigentlich Schulgebäude nur
die größeren Kinder untergebracht. Alle 6 bis
9 Jährigen werden von der Frau des Pfarrers
in der Kirche im Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet. Wenn dann das Kind 10
geworden ist, wechselt es in die große Klasse der 10 bis 14 Jährigen über. Dieses große
Klassenzimmer ist, wie schon gesagt, an das
Wohnhaus der Lehrerin angebaut worden.
Eine große Schiefertafel, ein Lehrerpult, Tische und Bänke für die Schüler und einige
Karten und Zeichnungen von Tieren der Umgebung an der Wand sind die einzigen Einrichtungsgegenstände im Raum. Sollte man
einmal nach Schulschluss (Unterricht von
9:00 bis 16:00 Uhr! Pause von 12:00 bis 14:00
Uhr) durch ein Fenster blicken, so kann man
die Lehrerin beim korrigieren an ihrem Pult
sitzen sehen und hinter ihr einen Schüler/
Schülerin, die noch zur Strafe etwas an die
Tafel schreiben muss. (Beliebtester Satz ist:
Ich darf den Mädchen nicht unter den Rock
schauen!)
11. Stallung/ Schmied
Die Werkstatt des Schmiedes liegt gegenüber seines Wohnhauses. Hier hat er sich im
Hinterhof neben einem Stall, in dessen Obergeschoss sein Knecht und sein Geselle leben,
seine Schmiede eingerichtet. In der Mitte
befindet sich eine große Esse mit Blasebalg,
mehrere verschieden große Ambosse, Ham-
Das Bahnhofsgebäude von Greensilver ist
für die Größe der Stadt ziemlich beeindruckend. Fast 50 m lang und 15 breit, mit einer
Fahrkartenhalle, einer Wartehalle für Passagiere der 2.+3. Klasse und einem Wartesalon
für Passagiere der 1. Klasse, und einem großen Areal für Güterabfertigung. Größter Stolz
des Bahnhofes ist eine Uhr mit etwa ca 2 m
Durchmesser, die unter dem Dachfirst thront
und allem Manschen der Stadt stets die richtige Zeit sagen kann. (Geschenkt wurde diese
Uhr der Stadt übrigens von der Western Pacific Union) Erbaut wurde der Bahnhof vor erst
knapp 7 Jahren, als bekannt wurde, dass der
Transkontinentalzug, der von Westen nach
Osten verkehrt, an Greensilver vorbei kommen würde. Als dann auch noch die Stadt
als Haltepunkt zum Neubefüllen der Lokomotive erkoren wurde, eine Prozedur, die ca
3 Stunden dauert, war man über die Passagiere und das Geld, was sie mit sich brachten
natürlich erfreut. Montag Mittag kommt der
Zug aus Osten, Donnerstag Mittag der Zug
aus Westen
13. Eisengießerei
Dieser Betrieb existiert erst für diese Szenarienstadt, die ab ca. 1860 Verwendung findet. Davor ist es technisch gar nicht möglich,
was dort geschieht (der erste Gussofen wurde 1851 in Bochum gebaut! Natürlich muss
dies nur in einer historischen Kampagne berücksichtig werden. Steampunk heißt nicht
umsonst so!)
Die Eisengießerei als Fabrik zu bezeichnen,
ist nicht ganz richtig, und doch ist es nicht
ganz falsch. Fast 150 Mann finden dort als
Gießer, Kutscher, Treiber, Schreiber oder einfacher Handlanger Arbeit. Schmelzofen und
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Greensilver
Gussformen befinden sich auf dem Hof.
Hergestellt werden vor allem Eisenbahnteile wie Achsen und Räder, aber auch die
eine oder andere Kanone, wenn der Auftrag
ergeht.
Das in dem Hochofen erhitzte Eisen wird
in die Gussformen geleitet, die sich in einer
Grube befinden. In diese wird vor dem Guss
die Formen gestellt und die Grube wird zugeschüttet. Der Trocknungsprozess, also die
Zeit, die der Guss braucht, um auszuhärten,
kann bis zu 2 Tage dauern, in der die ganzen
Tagelöhner entweder anderweitig beschäftigt (Die Ware muss ja in die Lagerhalle oder
in den Zug gebracht, Gussformen gesäubert,
Kohle geschaufelt werden…) oder gar nicht
erst bezahlt werden. Nachdem der Guss trocken geworden ist (also hart), müssen die
Gussformen wieder ausgegraben werden.
Das dürfen die ungelernten Arbeiter machen.
Nachdem meistens an bis zu zehn großen
Formen gegossen wird, dauert dieses Ausgraben und bergen des Gutes bis zu einem
weiteren Tag. Dann kommen die Treiber an
die Arbeit, die das Gut begutachten, etwaige
Schäden feststellen und in Handarbeit Gussrahmen und Grate entfernen dürfen.
Nachdem die Ware einmal pro Monat per
Zug abtransportiert werden, ist die Lagerhalle zu Ende des Monats immer gut voll. Derselbe Zug, der die Ware holt, bringt auch immer
gleich den Kohlenvorrat, der für den Hochofen benötigt wird.
Natürlich werden auch Pfannen, Töpfe und
anderes Kleinzeug hergestellt, allerdings
liegt der Hauptverdienst in den großen Eisenbahnteilen.
14. Bürgermeisterhaus
und Büro
Nachdem bei dem Brand vor zehn Jahren
das Rathaus abgebrannt ist, hat man beschlossen, es bald möglichst wieder neu auf
zu bauen. Der Bürgermeister hat indessen
das Erdgeschoss seines Hauses zur Verfügung gestellt, um die Zeit bis zum Neubau zu
überbrücken, da seine Frau und er (alle Kinder aus dem Haus), ein zweistöckiges Haus
gar nicht benötigen. Das ist jetzt wie gesagt
10 Jahre her und ein Neubau des Rathauses
ist nicht in Sicht.
Der zweistöckige Holzbau sieht von außen nach Wohlstand aus. Sauber gestrichen,
ordentlich gebaut und perfekt instand gehalten. Auch in seinem Inneren kann er sich
sehen lassen. Gutbürgerlich eingerichtet und
blitzsauber.
Das Büro des Bürgermeisters geht zur
Hauptstraße hinaus. Ein dunkelroter Teppich
und ein schwerer, dunkler Schreibtisch, von
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dem der Bürgermeister gerne behauptet, er
wäre in Europa gefertigt und über den großen Teich gekommen, wo ihn sein Großvater
vor knapp einem halben Jahrhundert gekauft
habe (stimmt so nicht, der Großvater des
Bürgermeisters hat ihn in Jersey bei einem
Schreiner in Auftrage gegeben, aber solange keiner den Schreibtisch hochhebt und
das Meisterabzeichen am Boden des linken
Tischbeines sieht, ist der Gegenbeweis für diese Geschichte nicht gegeben), schwere rote
Samtvorhänge, die bis zum Boden reichen,
ein ebenfalls dunkles Holzregal mit Büchern
und zwei Bilder, die alle röhrende Hirsche vor
Bergpanoramen zeigen, dominieren das Zimmer. Da fallen die beiden kleinen Armsessel
vor dem Schreibtisch gar nicht so auf. Der
Bürgermeister hingegen sitzt stets in seinem
etwas abgeschabten braunen Ledersessel.
Oh, und natürlich steht in einer Ecke des Zimmers ein Büste von George Washington.
15. Die Western Pacific
Union
Das letzte Gebäude, das noch schnell Erwähnung finden soll, ist das Büro der Western
Pacific Union, einer großen, Amerikaumfassenden Handelsvereinigung mit Hauptsitz
in Chicago. Hier in Greensilver kümmert sich
das Handelshaus vor allem um den Handel
und den Transport der großen Viehherden,
ein nicht unlukratives Geschäft. Außerdem
hat man auch noch seine Finger in der Eisengießerei.
Das Büro und die zwei großen Lagerhallen sind vor etwa 5 Jahren direkt neben de
Gleise gebaut worden, nachdem das alte Gebäude (jetzt der Saloon) zu klein geworden
war. Um den Reichtum und die Macht des
Unternehmens darzustellen, wurde der ganze Komplex aus Backsteinen gebaut und die
Büro innen sogar teilweise mit Marmor ausgestattet. Dies hat bei einigen Bürgern von
Greensilver Missmut ausgelöst, die eigentlich
ihren Bahnhof als best aussehendes Gebäude
der Stadt haben wollten und nicht die Bürogebäude der Trading Company. Nachdem die
Western Pacific Union viel Geld nach Greensilver bringt, ist sie nicht gerade unbeliebt und
man konnte über diese Provokation gerade
noch mal hinwegsehen (vor allem, weil die
WPU die große Bahnhofsuhr gesponsert hat,
die unter dem Dach des Bahnhofes sitzt)
Das Büro für den Chef dieser Zweigstelle,
zwei Büros für die Schreiber, einen Aufenthaltsraum für die Arbeiter und zwei riesige
Lagerhallen bilden den Komplex, der mit einer Mauer umgeben ist und der Nachts von
ein paar Männern bewacht wird. Während
der großen Viehauktionen und an tagen, bevor große Herden verschickt werden sollen,
werden um den Komplex noch improvisierte Gatter und Gehege angelegt. Und wer
schon einmal 20000 Zuchtbullen und Kühe
auf engsten Raum gesehen hat, weiß, wie
es dann dort zugeht. Alle anderen können es
sich vorstellen!
Personen
Ich hoffe, ihr könnt mit diesem Stadtskelett etwas anfangen. Ändert und erweitert
nach eurem Willen. Für Spielleiter, die zu faul
zum selber denken sind oder schnell improvisieren müssen, habe ich im Anschluß noch
eine Liste der Personen angehängt, die man
in den einzelnen Gebäuden finden kann. Sie
ist alles andere als vollständig und soll euch
nur über das Gröbste retten.
Die Prominenz
Wie in jeder Gesellschaft gibt es mehrere
Arten von Menschen. Die einen putzen die
Stiefel, die anderen tragen sie. Zu letzteren
gehört eindeutig die Prominenz einer Stadt,
also die Leute, die etwas zu sagen haben,
vor denen man den Hut zieht und die gesellschaftlich etwas mehr darstellen als der
Rest.
Bürgermeister
Der liebe Bürgermeister ist meistens der
politische Kopf einer Stadt im Wilden Westen. Seine Aufgaben bestehen neben der
Verwaltung und der Sorge für seine Stadt
und seine Bürger darin, an den Viehmärkten,
Stadtfeiern oder Ehrungen für den größten geernteten Kürbis im Stadtkreis Reden
zu halten und Feiern zu organisieren. Viele
Bürgermeister sind deswegen etwas dicklicher geraten, wenn man den allgemeinen
Klitsches so glauben schenken mag. Es soll
aber auch einige Exemplare dieser Gattung
geben, die wirklich gut sind in ihrem Job, Ahnung von allem haben und eine echte Bereicherung darstellen für ihre Stadt. Vor diesen
Leuten zieht man dann den Hut nicht nur,
weil sie Bürgermeister heißen.
In kleineren Gemeinden ist das Bürgermeisteramt meist nur ein Ehrentitel und der Herr
Bürgermeister geht noch einen anderen Beruf nach, um für seinen Lebensunterhalt zu
sorgen.
Sheriff
Der Sheriffstern ist wohl das, was vielen SCs
am meisten auf das gehen wird, was unter
der Gürtelschnalle des Schnellziehholsters
zu finden ist. Denn der Mann oder die Frau,
die diesen Stern trägt, ist das Gesetz und in
unserem romantisierten Wilden Westen, in
dem jeder sofort wild losballerte, muss man
gut sein, um diesen Stern lange genug zu traSeite 31
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Greensilver
gen. Und so kam es zu der Legende des einsamen Wesens, das dafür sorgt, dass man in
der Nacht ruhig schlafen kann. Schneller mit
dem Colt als der Desperado, besser mit der
Winchester als der Indianer und stets höflich
zu allen Ma´am´s und anderen braven Bürgern in der Stadt. Angeblich soll es ja auch
die Gattung des alkoholkranken tattrigen
Sheriffs geben, der einmal ein großer Mann
gewesen ist und der seit jahrzehnten keinen
einzigen Zwischenfall mehr in seiner Stadt
hatte, allerdings kann man sicher sein, dass
sich dieser schlaffe Sack, sobald es Probleme
gibt, sofort wieder in den Mann zurück verwandelt, der er einst war und der so gestählt
ist wie der Stern auf seiner Brust! So verlangt
es zumindest die Tradition.
Der Richter
Wen der Sheriff erwischt und einbuchtet,
dem muss ja noch irgendwie Gerechtigkeit
widerfahren. Und dies ist, unter anderem,
der Job eines Richters. Er führt den Vorsitz
über das Gericht und sorgt dafür, dass jeder
Prozess reibungslos und hoffentlich gerecht
verläuft. Aber das sind nicht die einzigen
Pflichten dieses Mannes. Er ernennt und vereidigt im Consens mit dem Bürgermeister die
Beamten wie den Sheriff, führt das Geburtenbuch der Stadt (neben dem Pfarrer, der
ja Buch über kirchliche familiäre Aktivitäten
führt) und sorgt sich ebenfalls um Sicherheit
seiner Stadt.
Nachdem der Richter der einzige in einer
Stadt ist, der studiert hat, stellt er so noch
eine weitere Besonderheit dar. (Entgegen
anderslautenden Gerüchten muss nicht jeder
Arzt oder Priester studiert haben, allerdings
kann sich jeder begabte Fälscher auch eine
Richterernennungsurkunde zusammenbasteln.)
Viehbaron
Sie gibt es überall. Meistens sind es irgendwie übergewichtige Unsympathen in
schwarzen Anzügen, die eine dicke Zigarre
zwischen den Zähnen geklemmt haben, von
einem ganzen Rudel Cowboys begleitet werden, sich jede Menge Luxus leisten können
und ihn deshalb auch gerne zeigen, mit dem
Richter auf „Du und Du“ sind, den Sheriff irgendwie kontrollieren, dem Pfarrer die neue
Kirche gesponsert und jetzt als Idealchrist dastehen und der Lehrerin das sündhaft teure
Periskop aus der Großstadt mitbebracht haben. Nebenbei kontrollieren sie auch noch
fast das ganze Land um die Stadt, besitzen
mehr Vieh als die Hauptstraße Sandkörner,
geben einer ganzen Armee Cowboys arbeit
und egal was sie tun, sie werden immer noch
reicher auf kosten der anderen..
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Es gibt aber auch die sympathischeren Exemplare, irgendwo und manchmal…
Ein Viehbaron kann ein guter Auftraggeber
für die SCs sein. In vielen Western kommen
sie vor, mal als Auftraggeber und Mentor des
Lonesome Cowboys, der von Viehdieben,
Schlägern der Bahn, die durch sein Land eine
Eisenbahn bauen wollen, Indianern oder was
weiß Manitu, heimgesucht wird. Öfters jedoch sind die bösen Gegenspieler, die armen
Siedlern und Religionsgemeinschaften Land
stehlen, Städte und Siedlungen terrorisieren,
über dem Gesetz stehen und Intrigen schmieden bis zum Umfallen. In diesen Fällen, bedarf
es ein paar Jungs (und Mädels), die das Herz
und die Kanone am rechten Fleck haben, um
dem Verbrecher das Handwerk zu legen.
Priester
Angeblich war der Wilde Westen eine Zeit
voller Sünden. Und da tut es Not, dass sich
ein Mann Gottes um diese Sünder kümmert.
Die meisten Pfarrer im Wilden Westen waren Anglikaner, durften also heiraten und so
gibt es neben dem Herrn Pfarrer meistens
auch noch eine Frau Pfarrer, die tüchtig im
Gemeindeleben mitmischte, Kaffeerunde mit
gemeinsamen Bibellesen veranstaltete, die
Kinder in der Sonntagsschule unterrichtete
und die gute Seele der Gemeinde darstellte.
Vom Herrn Pfarrer hingegen wurde erwartet, dass er am Sonntag seine Messen
las (Wenn er besonders fleißig war, konnten
auch Messen am Samstag Abend, Mittwoch
Abend oder Freitag zur Sterbestunde Jesus
gelesen werden), für seine Schäfchen jederzeit zu erreichen war, Sterbebegleitung
leistete und als moralisches Vorbild in der
Gemeinde agierte. Meistens hatte so ein
Pfarrer auch studiert, führte somit ein Gemeindebuch, dass den SC in manchen Abenteuern unter Umständen eine gute Informationsquelle sein kann und kann auch sonst als
Wissens- und Informationsquelle eingesetzt
werden.
Die Arbeitskleidung anglikanischer Priester
waren zu dieser Zeit übrigens meistens ein
schwarzes Hemd mit steifen Kragen, unter
dem er ein weißes Band trug. Die Hose war
meistens aus Gründen der Würde ebenfalls
schwarz.
Neben der Verwendung als Informationsquelle und den anderen Klitsches, die so ein
armer Theologe zu erfüllen hat, kann man
ja auch mal einen Priester eine andere Rolle
in einem Abenteuer geben. Ein „Auge um
Auge, Zahn um Zahn“ oder „ Gottes Rache
liegt in den Händen seiner Jünger“ könnte
ihn ja unter Umständen veranlassen, ein paar
Revolverhelden anzuheuern, die seine arme
Gemeinde von den Banditen reinigen sollen,
die es terrorisieren. Nachdem er regelmäßig
zu seinem Bischof in der nächstens großen
Stadt fahren muss, kann er dort die Gelegenheit nutzen, um Hilfe zu holen. Außerdem
kann es ja sein, dass seine Gemeinde nicht
von etwas von dieser Welt gequält wird,
sondern von etwas anderem, größerem,
schrecklicherem und diabolischeren, als sich
ein Gotteskind je erträumen kann…
Lehrerin
Meistens ist sie jung oder extrem alt oder
manchmal sogar Mitte Vierzig, auf jeden Fall
ist sie zu 95% alleinstehend und wohnt über
ihrem Klassenzimmer (mal abgesehen, wenn
sie zufällig die Frau des Priesters ist, dann natürlich nicht)
Jeder respektiert sie, bringt sie doch den
Kindern bei, wie man liest, schreibt und ein
bisschen zählt, dass General G. A. Custer
1876 von bösen Indianern über den Haufen
geschossen wurde und eigentlich der Gute
ist und dass man Mädchen nicht unter den
Rock schaut (Das lernt man zwar auch in den
Sonntagschule, allerdings ist das ja so wichtig, dass es gar nicht schadet, wenn man das
gleich mehrmals eingetrichtert bekommt).
Manchmal spielt sie auch noch Orgel im
Gottesdienst, engagiert sich vehement am
Gemeindeleben und ist einfach da. Wie und
ob sie groß in Kontakt mit den SCs kommt,
bleibt dem SL und seiner Geschichte überlassen.
Dienstleistungsbetriebe
Jeder SC hat im Westen seine Bedürfnisse,
die irgendwie zu stillen sind. Und dafür gibt
es die Dienstleistenden…
Doc
Immer wenn der Westen wirklich wild war,
benötigt man meistens nachher einen Doc.
Und in jeder Stadt gibt es einen. Manchmal
hat man Glück und der Herr hat studiert (
Dann gehört er übrigens auch zur Prominenz
der Stadt), oder man hat eben kein so großes
Glück. Am besten hat man es dann noch,
wenn es sich um einen ehemaligen Sanitäter
aus einem der unzähligen vorangegangenen
Kriege handelt, der zwar dauernd besoffen
aber dafür nicht ganz unkundig in dem, was
er da tut, ist, und wenn man ganz viel Pech
hat, kommt, nach dem Doc gerufen, der Stallknecht, der weiß, wie die man Pferdekoliken
heilt und eingetretene Dornen aus Pferdefüßen pult, und somit die fundierteste Ausbildung in Medizin in der ganzen Gegend hat.
Dann doch lieber einfach so sterben, oder?
Meist aber hat man es mit dem Studierten
zu tun, der weiß, was er tut und dem tapSeite 32
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Greensilver
feren SC eine Versorgung angedeihen lässt,
die sich mit der Besten zu messen weiß,
die man eben 1850 zu bieten hatte. Das Herausoperieren von Kugeln verläuft übrigens
wirklich ungefähr so, wie man es aus Filmen
kennt. Zuerst wird das Opfer etwas betäubt
(wenn kein Äther zur Hand ist, dann tut es
auch Whiskey), dann halten vier starke Kerle
den Patienten (Patient kommt übrigens aus
dem Lateinischen: „Leiden, Erdulden“) an
Armen und Beinen fest und der Doc stochert
dann mit einer Kugelzange so lange in der
Eintrittswunde herum, bis er das Stück komplett verformtes Blei herausziehen kann. Das
mag übrigens bis zu 10 Minuten in Anspruch
nehmen. Dann versiegelt man die Wunde
(Verbinden oder Abbrennen), nickt sich anerkennend zu und bringt dann den inzwischen Bewusstlosen irgendwo hin, wo er in
aller Ruhe genesen oder verbluten kann (bei
letzterem Vorgang wird dann übrigens auch
irgendwann der Priester geholt).
Wirt
Und was wäre eine Stadt ohne die Oase
der Zivilisation, in der es neben einem Klavier
und Amüsement auch was zu trinken gibt,
den Saloon. Dieser ist meistens ein großer
Raum mit vier Stützbalken in der Mitte, die
eine Galerie und den ersten Stock tragen,
einem großen Kronleuchter in der Mitte, auf
dem in den meisten Western elektrische Kerzen brennen (suche den Fehler), einer Theke mit Spuckfässern und einem Spoiler (so
heißt die Stange, die ca 15 cm über dem Boden an der Theke angebracht ist und auf die
man seine Stiefel stellen kann) und natürlich
einem großen Spiegel, der immer zu Bruch
geht, wenn eine Schlägerei anfängt (hier ein
kleiner Hinweis: Eine ca. 7 m2 große Spiegelfläche, wie sie hinter so einem Tresen hängt,
kostet ungefähr so viel, wie ein Cowboy in
einem Jahr verdient! Also Vorsicht mit den
geworfenen Flaschen, Guys!).
Der Wirt, der hinter diesen Tresen und somit in den Saloon gehört, ist entweder klein
und dick und manchmal in irgendeine Sauerei
verwickelt oder ein rothaariger Ire oder alles
zusammen. Auf jeden Fall liebt er seinen Laden und wird dafür Sorgen, dass andere ihn
mit Sorgfalt und Liebe besuchen. Ach ja, meistens steht er übrigens hinter seiner Theke
und poliert Gläser mit seinem Schürzenzipfel.
Er stellt eine der Hauptinformationsquelle
in der Stadt dar, wenn es um legale Informationen geht, die einen SC interessieren
könnten, bietet ein Zimmer oder zumindest
einen Whiskey und kann in einem Abenteuer
auf so unterschiedlichste Art und Weise eine
Rolle spielen, dass man ihm eigentlich gleich
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eine ganze Seite widmen könnte. Tue ich
aber nicht, denkt selber!
Tänzerinnen
„Vierzig Tage schon ging es westwärts und
das einzige weibliche, was wir gesehen haben, waren unsere Pferde!“ (ein Schelm, wer
Böses bei diesem (nicht ganz vollständigen)
Zitat denkt). „Und dann dieser Laden mit
dem Besten, was Gott uns Männern zu bieten hatte, den Mädchen!“
Sie ziehen von Kleinstadt zu Kleinstadt
oder sind Dauerattraktion in den Saloons
der Großstädte. Sie tanzen und singen und
manchmal machen sie auch noch andere Sachen. Sie heißen alle Betsi, Clara oder, wenn
es sich um eine Hauptdarstellerin handelt,
Maria. Mindestens eine von ihnen ist eine
mexikanische Gringa und eine ist „die Chef“.
Die Chef ist dann meistens deutlich älter,
deutlich unförmiger und ein echt liebes Aas!
Bekleidet, wenn sie es denn sind, sind sie
mit langen Röcken, die man gut hochheben
kann, um dem Publikum das Tanzbein zu präsentieren, und Korsetts.
Wieweit den Tänzerinnen Platz in einem
Szenario eingeräumt wird, bleibt dem SL
überlassen, aber sie bieten eine ganze Menge an Möglichkeiten, angefangen von amourösen Liebesabenteuern, über Entführungen
der Liebsten bis hin zum klassischen „Ich bin
eine russische Spionin, Cowboy!“
Der Pianist
Er ist der Dritte im Saloonbunde. Entweder
begleitet er die Tänzerinnen oder macht nebenher Musik. Seine Hauptaufgabe in einem
Saloon, scheint es zu sein, sich um das Ambiente zu kümmern. Das Klavier ist meistens eh
mechanisch, und so sitzt der Pianist vor dem
ohnehin alleine spielenden Kasten, trägt eine
Weste und eine Melone und drückt hin und
wieder eine Taste (oder er spielt selber, das
soll es ja auch geben!)
Chinesischer Wäscher/Koch
Es gibt ihn in den größeren Städten und
keiner Berufsgruppe wird mehr Unrecht
nachgesagt, als ihnen, den Chinesischen
Selbstständigen. Natürlich gibt es einige
schwarze Schafe, die ihre Suppe und ihre
Wäsche im selben Bottich kochen, aber das
sind nicht alle!
Meistens leben, wohnen, arbeiten und
bedienen sie ihre Gäste in einem großen langen Raum, in dem ganz hinten die fremde
Wäsche von den Frauen gewalkt, gebügelt,
gedampft und gestärkt wird, in der Mitte von
der Großmutter, der die Gicht in die Knochen
gefahren ist, eine gute Suppe zubereitet, die
dann ganz vorne im Raum den Gästen ser-
viert wird. Meistens übernimmt diesen Job
einer der alten Herren der Familie oder die
Kinder oder ein junges Mädchen, weil alle
arbeitsfähigen Erwachsenen gerade als Tagelöhner Schiffe be- und entladen, Kartoffeln
ernten oder einen Schienenstrang durch die
Wüste legen.
Irgendwie kann in diesen ganzen Läden
keiner ein „R“ aussprechen, außer den gut
aussehenden Hauptdarstellerinnen, die es zu
retten gilt…
Einen Chinesen als Freund zu haben, wird
für die SCs nicht nur den Zugang zu endlosen
chinesischen Weisheiten darstellen, sondern
auch eine gute Suppe bedeuten (und wenn
der Meister endlich die Schnauze von bettelnden SCs voll hat, kann er sogar den Onkel
Chang aus China nachholen, der die SCs in
die Kunst der fernöstlichen Kampfsportarten
einweist - In diesem Zusammenhang sei mir
noch schnell ein Zitat erlaubt: „Gott segne
Samuel Colt, denn sein Werk macht uns alle
gleich!“)
Schmied
Er beschlägt Pferde, fertigt Hufeisen und
Nägel und macht all die anderen Arbeiten,
die mal eben anfallen können. Meistens
hat er auch noch einen Stall neben seiner
Schmiede, in der Fremde ihre Tiere gegen
einen geringen Obolus unterstellen können.
Nachdem ein Schmied im Wilden Westen keine Waffen anfertigt oder verbessern kann,
– dafür gibt es den Büchsenmacher-, wird er
wohl anders als im Fantasygenre ein nicht
so häufig frequentierter Mensch sein. Trotzdem sollte es für ihn Gelegenheiten geben,
an den SCs Geld zu verdienen, sie es, dass es
ein Pferd neu zu beschlagen gilt, eine Achse
gebrochen ist oder man aus unerfindlichen
Gründen mal eben zwei Pfund Nägel benötigt, der Schmied ist ja da!
Meistens ist der Schmied groß, kräftig
mit einem unbekleideten, muskulösen, vor
Schweiß glänzendem Oberkörper und, interessanterweise fast so oft wie der Wirt, ein
Ire!
Der Undertaker
Dieser Herr ist äußert unbeliebt, wenn
man seine Dienste persönlich in Anspruch
nehmen muss, wobei der direkte Kunde zu
keiner großen Gefühlsregung mehr fähig
sein sollte. Undertaker (dt. Beerdigungsunternehmer) sind entweder alleinstehende
Männer in schwarzen Anzügen mit zu großen Nasen und einen Geier auf der Schulter
oder normale Unternehmer mittleren Alters
mit einer Frau, drei bis vier Kindern die sich
um dieses Stadium eines Lebenslaufes kümmern.
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Greensilver
QUE L L E
Dieser Artikel erschien in Ausgabe 76 der
Anduin.
Eigentlich wünscht man keinem SC, diesem Mann begegnen zu müssen, allerdings
kann ein „Totengräber“ auch anders in ein
Abenteuer eingebunden werden, z.B. als Informationsquelle.
Gerade in einem Horrorhintergrund wie
z.B. Deadlands ist ein Mann, der sich viel auf
dem Friedhof aufhält, eine interessante Auskunftsquelle, wenn es um frisch erstandene
Untote geht. Aber auch in anderen Szenarien
könnte er interessante Informationen liefern,
wie z.B. die Tatsache, dass der Sarg, in dem
der am gestrigen Tag angeblich hingerichtete Bandit begraben wurde, überraschend
leicht war und ein Poltern wie von Steinen
darin zu hören war, aber der Sheriff jegliche
nähere Untersuchung verboten hat…
Beamter aus Bank
oder Telegrafenamt
In dieser Berufsgruppe haben wir wohl
den undankbarsten im Wilden Westen. Die
Angestellten der Banken, Telegraphenämter,
Bahnhöfe und all dieser Etablissements spielen im Leben einer Wild West Abenteuergruppe wohl nur eine sekundäre Rolle. Entweder sie verkaufen eine Fahrkarte, tippen
sich beim telegraphieren einen Wolf, werden
von den SCs überfallen und müssen das Geld
rausrücken, müssen den SCs alles über den
Überfall berichten, müssen die SCs aus dem
Büro ihres Chefs rausschmeißen und nebenher noch einen würdigen Anblick bieten.
Kein leichtes Leben als Angestellter!
Meistens tragen sie Uniformen ihrer Firma, also blau als Bahnmann, schwarz in einer
Bank oder anders woanders.
Krämerladenbesitzer
Dieser Mann und dessen Frau versorgen
die Stadt und die SCs mit allem, was man so
zum täglichen Überleben benötigt. Kaffeetasse und – Kanne, Blechtopf für die abendlichen Bohnen mit Speck, Seil, Munition,
wenn es sich um einen Mienenbedarfshandel handelt dann auch Dynamit, Zündschnur,
Kleidung, Stiefel, Schaufel und Spitzhacke,
Schleifstein, Satteltaschen, Decken, Besteck,
vielleicht einen alten Sattel, den ein bankrotter Goldschürfer als Zahlungsmittel zurücklassen musste (in das Futter der linken
Seitentasche ist eine Besitzurkunde für einen
Claim nordwärts eingenäht, den einige Leute
unbedingt haben wollen und auch vor Mord
nicht zurückschrecken) und anderes.
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Der Krämer ist entweder an die 60 Jahre
alt und hört schlecht, oder aber noch ziemlich jung und hat das Geschäft gerade eben
erst von seinem Vater übernommen, der den
Laden abgeben musste, weil er sehr schlecht
hört.
Ausgefallenes, wertvolles oder spezielles
wird sich in diesem Laden nicht finden lassen,
aber wer seine Grundausrüstung wieder einmal erneuern oder aufstocken möchte, der
ist in diesem Laden richtig.
Die Ausstattung
In jeder Stadt gibt es Personen, die es einfach geben muss, ansonsten wäre es keine
typische Stadt des wilden Westens. Sie erfüllen eigentlich keinen großen Zweck, die
verkaufen nichts, stehlen vielleicht oder geben Anlass zur Prügelei, zum Gespräch oder
lassen sich auf den einen oder anderen Drink
einladen, zu einem Kartenspiel überreden
oder dienen in irgend einer Weise der Atmosphäre einer Stadt.
Cowboy
Gerade in Städten, in denen viel mit Vieh
gehandelt wird oder große Auktionen stattfinden, kann man diese rauen Gesellen treffen, die im Saloon ihre Dollars versaufen, verhuren oder verzechen und immer Lust auf
ein kleines Spiel, einen Drink, ein gutes Lied,
einen Nebenjob oder eine Schlägerei haben.
Cowboys können aber auch im Dienste
eines Gegners der SCs stehen und somit deren direkte Kontrahenten darstellen. Nachdem jedes Kind weiß, wie so einer auszusehen hat, spare ich mir jegliches weiteres
Wort.
Goldgräber
Auch diese Herren sind ein einziges Klischee. Wenn sie sich mal aus ihren Claim
herauswagen, dann tragen sie schmutzige,
heruntergekommene Kleider, haben einen
Beutel Gold bei sich, für den sie ein halbes
Jahr geschuftet haben, führen einen Esel an
einem Strick hinter sich her. Sie versorgen
sich mit den nötigsten an Material und den
Rest ihres Goldes versaufen, verhuren und
verspielen in einer Woche, um dann wieder in
ihre Berge zurück zu gehen. Manchmal werden sie auch ausgeraubt, niedergeschlagen,
überfallen, beim Kartenspiel abgezockt,…
Auf jeden Fall sind nicht viele wirklich reich
geworden mit dem, was sie machen. Goldgräber können ein Aufhänger für ein Abenteuer sein. Vielleicht bitten sie die SCs um Hilfe oder aber die SCs sollen nach einem sehen,
der jetzt schon seit Wochen nicht mehr in der
Stadt war… Möglichkeiten gibt es viele.
Outlaw
Normalerweise halten sich diese subversiven Elemente nur dann in einer Stadt auf,
wenn es sich bei der Stadt um eine Verbrechersiedlung handelt, in die der korrupte Sheriff alle Outlaws der Gegend geladen hat, um
mit ihnen ein großes Ding zu drehen, oder sie
sind inkognito, verbreiten etwas Angst und
Schrecken und ziehen dann ab, nachdem
alles weggesoffen ist, jedes Mädchen jeden
Namen kennt und sie mal kurz den Safe der
Bank gecheckt haben. Manchmal ist es aber
nur ein Outlaw, der die Stadt auskundschaften soll, ein Soloding plant, sein Mädchen
mal wieder sehen will oder ziemlich bald an
einem Strick baumeln wird. Wie diese Herren
aussehen, ist so unterschiedlich, wie der Stil,
den sie sich zu eigen gemacht haben.
Moses, der Führer
einer religiösen Minderheit
Wenn ein solcher Charakter in einem Film
auftaucht, heißt er zu 90% Moses oder Abraham. Er ist Gemeindevorsteher einer religiösen Sekte, die ihr Gemeindehaus auf dem
Grund bauen, den jemand anderes eigentlich
wollte und nun Gewalt anwendet, um diese
religiösen Siedler von dort zu vertreiben.
Obwohl die meisten dieser Religionsgemeinschaften heute auf dem Sektenindex stehen
würden, ist es in den Filmen immer eine rechtschaffende Aufgabe, ihnen zu helfen. Moses
ist meistens schon etwas älter, ein bisschen
gebrechlich, trägt die Kluft seiner Gemeinde,
wird immer von seinen Töchtern und einem
Bruder begleitet und begegnet den SCs zu
99% das erste mal in dieser Konstellation,
wenn sie aus den Krämerladen kommen, den
Laden beladen wollen und dabei von den
Cowboys des bösen Viehbarons angemacht
werden. Und nun führt eines zum anderen
und so weiter!
Der Indianer
Den gibt es in jeder Stadt, den Indianer, der
immer überall zu sein scheint, stets unheimlich wirkt und über den so manche böse Geschichte oder Gerücht im Umlauf ist! Warum
er eigentlich da ist, weiß keiner so genau,
aber entweder bereitet er den Überfall seiner roten Brüder auf die Stadt vor, will sich
an einem Mörder seines Volkes rächen. Folgt
seinem Totemgeist bis hierher und wartet
nun auf etwas, ist ein berühmter Söldner und
Spurenleser und wartet auf einen Job oder
sucht einfach Arbeit. So ein Indianer gibt jede
Menge interessanten Abenteuerstoff ab.
Als Freund der SCs, der sie darüber Informiert, dass die Geister unruhig sind oder
als Gegenspieler, der es auf den Kopf einer
der SCs abgesehen hat oder auf jemand,
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den sie beschützen müssen. Und welchen
Gewissenskonflikt erliegen dann die SCs,
wenn sie einsehen müssen, dass der von ihnen beschützte ehrenwerte Herr ein Mörder
und Schlächter ist und der Indianer nur seine toten Brüder rächen will. Aber kann man
einem Indianer erlauben, edles weises Blut
zu vergießen! Immerhin waren es doch nur
Indianer…
Das Greenhorn
Gestärktes Hemd, feiner Anzug, Zylinder,
eine Reisetasche unterm Arm, so ist das typische Greenhorn! Manchmal fallen sie auch
etwas ärmer gekleidet aus! Gemein bleibt ihnen, dass sie in ihrer Umgebung auffallen wie
die bunten Hunde und somit natürlich jede
Menge Spott und böswillige Aufmerksam
ernten. Diese Neuen haben es nicht leicht
im Wilden Westen und sind sicher dankbar,
wenn irgendein erfahrener Hase sich ihrer
annimmt. Eine kleine Starthilfe wäre es ja
schon, wenn ein SC mit ihnen zum Einkaufen
geht, ihnen ein paar anständige Kleider aussucht und ihnen erzählt, was der Unterschied
zwischen dem europäischen auf dem Pferd
sitzen und dem ist, was man im Wilden Westen reiten nennt. Wenn man dann noch ein
oder zweimal ein paar Leute verprügelt, die
über den eigenen Schützling Witze gerissen
haben und klar und man deutlich macht, dass
man sich persönlich um das Wohl dieses Mr.
hier kümmert, hat man schnell unendliche
Dankbarkeit und, wer weiß, irgendwann vielleicht mal auch Nutzen aus seiner menschlichen Wohltat gewonnen.
Der Falschspieler
Drei Sachen zeichnen einen Falschspieler
aus: Erstens, er kann Karten eindrucksvoll
mischen! Zweitens hat er immer irgendwo
weite Ärmel oder ein anderes Versteck für
seine Karten! Drittens: Er hasst Teer und Federn! Und eine Sache zeichnet einen guten
aus: Er lebt noch! Und das ist in einem Land
nicht so sicher, in dem raue Sitten herrschen
und keiner gerne über den Tisch gezogen
wird. Falschspieler suchen überall das Spiel,
beherrschen meist mehrere Duzend meisterhaft und machen sich aus dem Staub, bis
man bemerkt, dass sie eigentlich beschissen
haben. Kleinere Trick wie Ersatzkarten (nicht
so brauchbar beim Poker - man braucht nicht
immer ein Ass!) in irgendwelchen Geheimtaschen, ein Spiegel an guter Stelle angebracht
oder viele Kartenmischtricks helfen da ungemein. Nur erwischen lassen, sollte er sich
niemals!
Jimmy
Es gibt nicht nur einen, sondern meist
gleich eine ganze Armee dieser Jimmys.
Denn Jimmy ist der Sammelbegriff für all die
12 Jährigen Bälger, die entweder Zeitungen
verkaufen, Botenjungen sind, Stiefel putzen,
Taschendiebe sind, dem Gemüsehändler Äp-
fel klauen, dem Schmied im Stall helfen, vor
irgendwelchen Läden rumlungern, Sonntags
in die Sonntagsschule müssen und andauernd kleinen Mädchen unter den Rock schauen. Und wenn sie mal nicht Jimmy heißen,
dann Joey!
Egal ob die SCs nun kinderlieb sind oder
nicht, sie werden sicher öfters so einem Jimmy begegnen, der nach getanem Job immer
seine schmutzige Hand aufhält, mit der anderen seine Kappe gezogen hat und nun auf
einen kleinen Obolus der SCs hoffen. Und eigentlich haben sie sich den ja auch verdient,
all diese Jimmys, denn ohne sie wäre der Westen viel langsamer, langweiliger und einfach
nicht so wild!
Der zahnlose Alte
im Schaukelstuhl
Zugegeben, seine dramatische Bedeutung
in einem Abenteuer wird wahrscheinlich nicht
so groß sein, und die SCs werden ihn wahrscheinlich nicht viel sprechen (es sei denn, sie
benötigen Auskunft über lang Vergangenes),
doch gehört er zu einem typischen Westernstadtbild genauso dazu wie all die anderen.
Gemeint ist der zahnlose alte Mann, der um
High Noon in einem quietschenden Schaukelstuhl auf einer Veranda steht und, egal was
passiert, kichert. Manchmal wird wer irgendwann, wenn es ganz unangenehm wird, von
seiner Tochter ins Haus geschoben, aber meistens sitzt er eben dort draußen, kichert und
erzählt jedem, der es wissen will, dass die
Winter im 18. Jahrhundert noch „so arschkalt
waren, dass die Pferde beim Pissen mit ihrem
Strahl am Boden festgefroren sind!“
Auch sonst wird er vielleicht noch die eine
oder andere Episode aus seinem Leben, eine
Beschwerde über das verweichlichte 19 Jahrhundert oder einen guten Tipp zur Hand haben.
Der Mexikaner am Bahnhof
Ehre wem Ehre gebührt und auch wenn
dieser Gringo doch meistes nur Ambiente in
einer solchen Westernstadt ist, so muss auch
er erwähnt werden. Es gibt nämlich immer
mindesten einen Mexikaner pro Stadt, der
einen Strohhut und einen bunten Poncho
trägt, und nichts macht, als in der Sonne zu
liegen und zu faulenzen.
Manchmal ist dieser Mann, der nach jedem
Satz „Si Senor“ sagt, ein Spitzel der Desparados, ein berühmter Messerwerfer, der keine
Lust mehr hat auf seinen Job aber von den
SCs zu einen Eintreten für die Gute Sache bewogen werden kann oder er ist einfach nur
jemand, der das Leben genießen kann und
leider permanent von irgendwelchen Rüpeln
angepöbelt wird. 
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Seite 35
ANDUIN 93
Die Superpille
DIE SUPERPILLE
EIN LIVEROLLENSPIEL FÜR 15 SPIELER
TEXT: PETI HEINIG, TOMMY HEINIG
ILLUSTRATION: MAXX KRIEGER
Vorwort
Das folgende Indoor-Live wurde für 13 bis
15 Spieler und 1 bis 2 Spielleiter geschrieben. Ein Regelwerk wurde nicht verwendet
– eventuell unklare Situationen wurden mit
dem Spiel „Papier, Stein, Schere“ geklärt. Bei
unserem Testspiel hat es sich als recht chaotisch aber auch lustig und spannend erwiesen. Ich wünsche Euch daher viel Spaß beim
Nachspielen und würde mich über
Eure Kommentare und Anregungen per E-Mail freuen.
werden, in denen keine Spielhandlungen
stattfinden dürfen.
Alle weiteren Informationen sind bei den
Charakteren zu finden bzw. müssen bei Bedarf von der Spielleitung improvisiert werden. Generell sollten die Spieler darauf hingewiesen werden, sich bei allen Fragen oder
unklaren Punkten an die Spielleitung zu
wenden.
Handlung
Übersicht
Im Haus eines reichen Wissenschaftlers, der Kollegen eingeladen hat, die er nur über das Internet kennt, will er diesem erlesenen
Kreis seine neue Wunderpille vorstellen, die einen Menschen in einen Superman verwandeln kann. Er
will eigentlich nur Anerkennung und
wissenschaftlichen Austausch, doch
leider sind bei weitem nicht alle Anwesenden auch wirklich Wissenschaftler…
Der Schauplatz
Am besten ist es, wenn zwei getrennte und über einen kurzen Gang
verbundene Räume verfügbar sind. Ein
Raum sollte etwas größer sein und dient
als Speiseraum, in dem sich die Wissenschaftler treffen und die meiste Zeit über aufhalten.
Wir haben bei unserem Spiel in diesem Raum
einen Sektempfang abgehalten. Danach wurde die Wunderpille durch Kraftübungen demonstriert und anschließend der Abend gemütlich mit Konversation und einem kleinen
Buffet weitergeführt. Der zweite Raum darf
kleiner sein, denn er soll das Arbeitszimmer
von Prof. Dr. Crosworth darstellen. Hier steht
auch der Safe, in dem sich die Geheimformel
für die Wunderpille befindet.
Die Handlung findet in den USA und dort
in einer einsam gelegenen Villa statt. Außer
den beiden oben genannten Räumen sollten
alle eventuell am Schauplatz vorhandenen
weiteren Räume zu offplay-Bereichen erklärt
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Weniger Spieler
Sollten nicht genügend Spieler für alle Charaktere gefunden werden, so kann man auf
Dr. Maria Lieschen und auf Prof. Terry Hornsworth verzichten.
Ausrüstung
Für das Spiel werden einige Gegenstände
benötigt. Dabei ist es egal, ob man diese nur
als Zettel darstellt, sie bastelt oder reale Gegenstände verwendet. Das hängt mehr von
den persönlichen Vorlieben und natürlich
den Möglichkeiten der Spielleitung ab. Die
genaue Ausrüstung ist bei den Charakteren
zu finden. In unserem Spiel haben wir beispielsweise den Safe nur durch einen beklebten Schuhkarton dargestellt, während
die Kamera eine echte Sofortbildkamera war
(daher die Fotos hier im Artikel…).
Charaktere
Prof. Dr. Crosworth
Hintergrund
Du bist Prof. Dr. Harry Crosworth, ein
Wissenschaftler, der sich dem Gebiet
der Biochemie gewidmet hat. Seit zehn
Jahren lebst Du relativ abgeschieden in
einem kleinen Anwesen und arbeitest
an Deinem großen Traum: der Superpille. Im letzten Monat ist Dir zusammen
mit Deinem fleißigen Assistenten Dr.
Larry Ozborth endlich gelungen, eine
Substanz zu entdecken, die ohne
Nebenwirkungen die Reflexe, die
Körperkraft und die Sinne eines Menschen erheblich erhöht. Im Laufe der
Forschung hast Du kaum das Haus
verlassen, aber dennoch in den virtuellen Treffpunkten des Internet
viele andere Wissenschaftler kennengelernt. Zwar hast Du nichts
gegen den finanziellen Segen, den
die Superpille Dir bringen wird
(besonders Deine Frau Isabelle sehnt sich schon lange nach
einem Leben in Wohlstand), aber
eigentlich möchtest Du Respekt
von anderen Wissenschaftlern.
Deshalb hast Du auch eine ganze Reihe
von hochrangigen Wissenschaftlern eingeladen, um ihnen die Superpille vorzuführen
und Dich mit ihnen darüber auszutauschen.
Eher zufällig hast Du von einem neuen Computerchip erfahren, über den sich die anderen Wissenschaftler gelegentlich unterhalten haben. Zu gerne würdest Du mehr davon
erfahren. Vielleicht hast Du ja Glück und einer
der anderen bringt sogar einen Prototypen
mit. Jedenfalls hast Du Dir fest vorgenommen, nach dem Chip herumzufragen. Die Geheimformel zur Herstellung Deiner Superpille
wird in einem Safe sicher aufbewahrt. Leider
hast Du es nicht so mit Zahlen und hast Dir
deshalb den Code notiert – allerdings musst
Du aus Sicherheitsgründen auf die beiden
letzten Zahlen jeweils 2 hinzuaddieren. Der
echte Code ist 5-2-9-3-5, auf Deinem Zettel
aber steht 5-2-9-1-3. Seit etwa einem Jahr
Seite 36
ANDUIN 93
Die Superpille
hast Du eine Liebesbeziehung mit Eurem
hübschen und schüchternen Dienstmädchen Tania. Deine Frau weiß davon nicht
und natürlich auch Dr. Ozborth nicht. Deine
Liebe zu Isabelle ist bereits vor längerer Zeit
eingeschlafen, als Du bemerkt hast, dass sie
sich mehr für Luxus als für Dich oder Deine
Arbeit interessiert. Deshalb hast Du ihr auch
den Code nicht verraten, mit dem sich der
Safe öffnen lässt. Aber Tania bewahrt eine
Kopie des Codes bei sich auf. Sie würde Dich
niemals betrügen und etwas aus dem Safe
entfernen. Du musst Dich jede halbe Stunde
einmal unbeobachtet mit Tania treffen, um Eurem Liebesverhältnis nachzugehen.
QU ELLE
Dieses Liverollenspielszenario wurde in
der Anduin 77 veröffentlicht.
ter der Tarnidentität eines gewissen Dr. Larry Ozborth den Biochemiker Prof. Dr. Harry
Crosworth zu überwachen. Du selber bist auf
dem Gebiet der Biochemie ebenfalls bewandert und so ist es ein leichtes, dem Professor
und seinem Anwesen als Assistent zu dienen.
Hauptsächlich sollst Du den Professor und
seine Entdeckungen vor dem
Besonderheiten
Deine Kindheit hast Du im Nahen
Osten verbracht. Als Außenseiter
wurdest Du dort oftmals mit dem
Schimpfwort „Mullah“ angeredet
und verprügelt. Du hasst Deine
Kindheit und obwohl Du heute ein
ruhiger und umgänglicher Mensch
bist, reagierst Du immer noch auf
dieses Schimpfwort. Sollte jemals
wieder jemand wagen, Dich so
zu nennen, wirst Du ihm zeigen,
was in Dir steckt. Dein Hass ist so
groß, dass Du auch vor Gewalt
nicht zurückschrecken würdest
– allerdings ist eine Schlägerei
vor allen Leuten kaum die passende Aktion, um Respekt zu
erlangen. Notfalls lässt Du Dir
ein wenig Zeit, um unbemerkt
Deinen Hass ausleben zu können.
Ausrüstung
• Packung mit 10 Superpillen
• Zahlencode für den Safe
Tipps von der Spielleitung
Du bist ein ruhiger, sachlicher Typ, der gerne über seine Arbeit und die Leistungen anderer redet. Dich interessiert alles, was mit
Wissenschaft zu tun hat. Seit Jahren bist Du
das erste Mal wieder unter vielen anderen
Wissenschaftlern und auch wenn Du die meisten nicht kennst, freust Du Dich schon auf
den wissenschaftlichen Austausch. Relativ
früh im Spiel wirst Du Deinen Gästen an Dr.
Ozborth die Leistung der Superpille demonstrieren.
Dr. Larry Ozborth
Hintergrund
Du bist Jonathan O‘Rey, ein englischer Geheimagent des MI6. Dein Auftrag ist es, unwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
in die Hände zu bekommen. Zumindest von
einem, nämlich dem Agenten Crow, weißt
Du sehr genau, dass er ein Agent des CIA ist.
Kurz vor dem Treffen ist zudem eine Nachricht aus dem Hauptquartier in London angekommen – leider ist sie jedoch beschädigt
und Du hast keine Zeit mehr, rückzufragen.
Eventuelle Unklarheiten musst Du nun in eigener Verantwortung selber klären.
Besonderheiten
Vor diesem Auftrag warst Du längere Zeit
im Militär. Dort wurdest Du ohne Dein Wissen per Gehirnwäsche zum Killer ausgebildet. Der in Dir schlummernde Killer wird
aktiviert, wenn Dir ein rotes Tuch,
Blatt Papier oder ähnliches direkt
vor die Augen gehalten wird. Sobald das passiert wirst Du für 15
Sekunden (die Gehirnwäsche hat
glücklicherweise im Laufe der Jahre nachgelassen) versuchen, jede
Frau in Deiner Nähe zu erschießen.
Dass Du nur eine Betäubungspistole hast, spielt dabei keine Rolle.
Ausrüstung
•
Betäubungs-Pistole
•Auftragsnotiz
Tipps von der Spielleitung
Zugriff anderer Nachrichtendienste
und Diebe schützen. Der Professor ist ein
sehr ruhiger und auf seine Arbeit versteifter
Mensch, der seit Jahren das Haus nicht verlassen hat. Du wohnst ebenfalls in dem Anwesen. Ansonsten leben hier noch die Frau
des Professors, Lady Isabelle Crosworth und
das Zimmermädchen Tania Mondieu. Während der Arbeit an einer Superpille kühlte das
Verhältnis zwischen Prof. Crosworth und seiner Frau spürbar ab, doch nun gelang endlich
der wissenschaftliche Durchbruch. Ihr habt
eine Substanz entdeckt, die ohne Nebenwirkungen die Reflexe, die Körperkraft und die
Sinne eines Menschen erheblich erhöht. Nun
hat der Professor eine ganze Reihe von hochrangigen Wissenschaftlern eingeladen, um
ihnen die Superpille vorzuführen und sich mit
ihnen darüber auszutauschen. So recht passt
Dir das nicht in den Plan, weil Du Angst hast,
dass sich Geheimagenten einschleichen, um
an diese militärisch höchst interessante Pille
Am unauffälligsten ist, wenn Du
den schüchternen Assistenten an der
Seite des genialen Professors spielst.
Relativ früh im Spiel wirst Du zusammen mit dem Professor eine Demonstration der Superpille machen. Dafür
hast Du bereits eine schwere Hantel
vorbereitet, die Du kaum heben kannst.
Nach Einnahme der Superpille kannst
Du mit ihr sogar jonglieren.
Dr. Natasha Owanowa
Hintergrund
Du bist eine russische Superdiebin, die sich
auf ein Treffen von Wissenschaftlern eingeschlichen hat. Natürlich hast Du eigentlich
keinen Doktortitel, aber er ließ sich ebenso
leicht klauen, wie nahezu alles andere. Die
Beute, auf die Du es dieses Mal abgesehen
hast, ist eine geheime chemische Formel, mit
der sich Wunderpillen herstellen lassen. Diese Pillen machen einen Menschen unglaublich stark und geschickt. Die Käuferliste ist
lang und dieser Job wird Dir reichlich Geld
einbringen. Bei den wissenschaftlichen Trotteln sollte es kein Problem darstellen, bald
mit der Beute das Haus zu verlassen, obwohl
diese in einem Safe gelagert wird. Nun musst
Du nur noch den Code zum Safe in Erfahrung
bringen. Dafür hast Du einen Trumpf in der
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ANDUIN 93
Die Superpille
Hand: Du besitzt einen streng geheimen
Bauplan, den Du eventuell im Tausch gegen
den Zugangscode einsetzen kannst. Warum
solltest Du Dich verdächtig machen und nach
dem Code forschen, wenn diese Aufgabe
auch jemand anderes übernehmen könnte?
Such einfach unauffällig jemanden, der an
dem Bauplan interessiert sein könnte. Und
schließlich hast Du noch einen Tipp bekommen, dass ein Wissenschaftler mit dem Vornamen Larry oder Terry oder so ähnlich (die
Telefonverbindung nach Russland war sehr
schlecht) per Gehirnwäsche manipuliert wurde und dass man ihm Befehle geben kann,
die er ohne zu zögern ausführt. Allerdings
muss man dazu einen Schlüsselreiz auf ihn
ausüben. Welchen weißt Du leider nicht, aber
vielleicht findest Du ja was raus?
Ausrüstung
• Bauplan für ein technisches Gerät
Tipps von der Spielleitung
Man wird nicht zur Superdiebin, in dem
man sich gierig auf die Beute stürzt, ohne
nachzudenken. Spiele die anwesenden Wissenschaftlertrottel gegeneinander aus und
versuche Dein Wissen zu nutzen, um an den
Inhalt des Safes zu gelangen. Aber Achtung:
vielleicht ist Dir auch ein getarnter Ermittler
auf der Spur. Sei vorsichtig!
Prof. Dr. Mordimchow
Hintergrund
Du bist ein russischer Geheimagent auf der
Suche nach der Superdiebin Natasha Owanowa. Ihre Spur führte Dich bereits um die
halbe Welt, doch jetzt bist Du Ihr so nahe wie
nie zuvor. Ihr befindet Euch beide als Wissenschaftler getarnt auf einem Treffen. Angeblich soll hier wohl ein neues Medikament
vorgestellt werden. Was genau Owanowa
hier sucht weißt Du nicht, aber Deine Aufgabe ist es, sie festzunehmen. Ganz so einfach
wird das nur leider nicht, weil Dir Deine Waffe
am Flughafen abgenommen wurde. Auf die
Schnelle konntest Du Dir keinen Ersatz besorgen. Du hoffst, dass Du improvisieren kannst,
solltest Du wirklich in die Lage kommen, eine
Waffe zu benötigen. Das zweite Hindernis
ist, dass Du kaum jemanden auf dem Wissenschaftlertreffen abführen kannst, ohne einen
Beweis zu haben. Daher musst Du Owanowa
am besten auf frischer Tat ertappen. Sorge
auf alle Fälle für mindestens zwei Zeugen
der Tat oder für einen anderen deutlichen
Beweis, sonst ist die Verhaftung misslungen.
Owanowa würde so schnell wieder frei kommen und wäre gewarnt. Das darf auf keinen
Fall geschehen. Eine andere Sache macht Dir
ebenfalls Sorgen: Es gibt noch weitere Perwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
sonen, die keine Wissenschaftler sind auf diesem Treffen. Du
weißt mit hoher Sicherheit,
dass dieser Dr. Dangermond
eigentlich ein englischer
MI6 Agent ist und dieser Dr.
Müller ein deutscher BND
Agent. Zumindest Dangermond arbeitet unter einer
falschen Identität, sein eigentlicher Nachname ist
Morth. Du kennst ihn von
früher und kannst ihn auf
Euer letztem Abenteuer
ansprechen. Aus Deiner
Erfahrung weißt Du
aber, dass einige Geheimagenten einer Gehirnwäsche unterzogen worden sind. Hält
man ihnen ein rotes
Tuch oder ein rotes
Blatt Papier direkt
vor die Augen, so
offenbaren sie ihre wahre
Identität. Gesundheitlich bist Du leider leicht
angeschlagen und musst zur Zeit ein Medikament einnehmen. Jede volle Stunde musst
Du zwei Tabeletten schlucken.
Ausrüstung
• Dein Medikament
Tipps von der Spielleitung
Eigentlich sollte alles einfach sein, doch
nun hast Du mit lauter Schwierigkeiten zu
kämpfen. Besonders die feindlichen Geheimagenten machen Dir Probleme. Was mag
wohl Ihr Auftrag sein?
Prof. Dangermond
Hintergrund
Du bist ein amerikanischer Agent des CIA
auf geheimer Mission. Momentan arbeitest
Du unter der Tarnidentität eines Wissenschaftlers, der sich auf einer Fachtagung
zum Thema Biochemie befindet. Angeblich
soll hier eine Superpille vorgestellt werden,
welche die körperlichen Attribute eines
Menschen erhöhen kann. Dein eigentlicher
Auftrag ist es, von anderen anwesenden
Agenten die nötigen Bauteile für ein streng
geheimes Gerät zu erhalten, dieses zusammenzusetzen und dann an einen gewissen
Agenten Crow übergeben. Zum Zusammensetzen sind insgesamt vier Teile nötig: drei
verschiedene Bauteile und ein Bauplan. Beachte, dass nicht alle anderen anwesenden
Agenten ebenfalls Amerikaner sein müssen.
Tipps von der Spielleitung
Versuche möglichst
bald in unauffälligen Gesprächen
herauszufinden, wer Bauteile bei sich trägt.
Versuche diese Bauteile zu erhalten, um
anschließend über den Bauplan das Gerät
zusammenbauen zu können. Denke daran,
dass Du getarnt vorgehen musst, Du darfst
also nicht zu auffällig oder aggressiv wirken.
Dr. Tomas Crow
Hintergrund
Du bist ein amerikanischer Agent des CIA
auf geheimer Mission. Momentan arbeitest
Du unter der Tarnidentität eines Wissenschaftlers, der sich auf einer Fachtagung
zum Thema Biochemie befindet. Angeblich
soll hier eine Superpille vorgestellt werden,
welche die körperlichen Attribute eines Menschen erhöhen kann. Deine Aufgabe ist von
höchster Brisanz, denn Du hast den Auftrag,
alle Anwesenden zu töten. Dies kann Dir aber
nur mit Hilfe einer neu entwickelten Superwaffe gelingen. Leider ist diese Waffe nicht
komplett zusammengesetzt, da es zu auffällig gewesen wäre, sie hier offen mit auf die
Tagung zu nehmen. Du hast nur ein Bauteil
für die Waffe, das Du einem gewissen Dangermond geben sollst. Er wird es im Laufe der
Tagung mit den anderen Bauteilen zusammensetzen und Dir die fertige Waffe wieder
geben. Dabei ist zu beachten, dass Dangemond eigentlich ein feindlicher Agent ist, der
unter Hypnose steht. Solange das so bleibt
steht Deinem Auftrag nichts im Wege. Naja,
fast nichts. Da wäre noch Lady Crosworth,
Seite 38
ANDUIN 93
Die Superpille
die Ehefrau des gastgebenden Wissenschaftlers. Ihr beide hattet vor einigen Jahren eine
hitzige Affäre und seit dem hängst Du ihr immer noch nach. Sie ist die einzige, um die es
Dir leid tut, wenn Du alle umbringen musst.
Aber vielleicht ergibt sich ja wenigstens die
Gelegenheit für ein intimes Treffen? Oh und
dann wäre da noch Dein sekundäres Missionsziel. Angeblich trägt ein gewisser Dr. Müller einen neuen Superchip bei sich. Du sollst
ihn ihm abnehmen und wirst später von
einem Agenten angesprochen, dem Du den
Chip aushändigen sollst.
Ausrüstung
• Ein streng geheimes Bauteil
• Eine Betäubungspistole
Tipps von der Spielleitung
Vom Charakter her bist Du arrogant und
vorlaut, was Dir schon manchen Ärger eingebracht hat. Du hast viel zu tun an diesem
Abend und musst mehrere Sachen gleichzeitig erledigen. Vergiss dabei nicht, dass
die Superwaffe höchste Priorität hat. Dein
Verlangen nach der Frau des Hauses ist aber
sehr groß. Wenn es irgendwie geht, versuche
Kontakt mit ihr aufzunehmen und ein paar
Minuten mit ihr alleine zu sein.
Dr. Müller
Hintergrund
Du bist ein deutscher Agent des BND auf
geheimer Mission. Momentan arbeitest Du
unter der Tarnidentität eines Wissenschaftlers, der sich auf
einer Fachtagung zum Thema Biochemie
befindet. Angeblich soll hier eine Superpille vorgestellt werden, welche die körperlichen Attribute eines Menschen erhöhen
kann. Der Erfinder dieser Superpille ist Prof.
Dr. Crosworth, der Gastgeber des heutigen
Abends. Er lebt zusammen mit seiner Frau
Isabelle, seinem Assistenten Dr. Ozborth und
dem Hausmädchen Tania. Die Formel der
Zusammensetzung der Superpille bewahrt
Croswoth in einem Safe auf, der mit einer
fünfstelligen Kombination gesichert ist. Deine Aufgabe ist es, ein Foto von der Formel zu
machen. Leider war es Dir aber nicht möglich,
eine Kamera mit auf die Tagung zu nehmen,
was doch sehr ärgerlich ist. Noch hast Du die
Hoffnung auf einen erfolgreichen Abschluss
Deiner Mission aber nicht aufgegeben, denn
Du hast entdeckt, dass noch ein anderer
Agent anwesend ist. Dr. Dangermond ist eigentlich Agent Morth vom MI6. Vielleicht hat
er ja eine Kamera dabei. Man kann ja mal vorsichtig der Sache nachgehen, aber Achtung:
er ist immerhin ein feindlicher Agent.
Tipps von der Spielleitung
Du bist ein lebenslustiger und offener Typ
und magst Aufträge wie diesen, wenn Du unter Menschen bist. Die Tatsache, dass Du keine Kamera hast beunruhigt Dich nicht, man
wird schon eine auftreiben können. Zur Not
kannst Du die Formel ja auch mit Bleistift und
Papier abschreiben.
Tania Mondieu
Hintergrund
Du bist eine französische
Geheimagentin, die sich seit
etwas zwei Jahren getarnt als
Hausmädchen bei einem gewissen Prof. Dr. Crosworth
befindet. Dein Auftrag ist
es, auf den Professor zu
achten und ihn vor anderen Geheimagenten und
Dieben zu schützen. Immerhin ist er Biochemiker und entwickelt eine
Superpille mit der sich
der ideale und nahezu
unbesiegbare Soldat
herstellen lässt. Nach
anfänglicher Abneigung hast Du die
lebenswerte und
ruhige Art des Professors schätzen
gelernt. Besonders sein Ergeiz,
Respekt von anderen Wissenschaftler zu erlangen und seine Begeiste-
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rungsfähigkeit haben dazu beigetragen, dass
Du Dich in ihn verliebt hast. Seit einem Jahr
etwas habt Ihr eine heiße und geheime Beziehung, von der sein Assistent Ozborth und
natürlich vor allem seine Frau Isabelle nichts
erfahren dürfen. Der Professor vertraut Dir
so sehr, dass er Dir sogar den Zugangscode
zu seinem Safe gegeben hat, in dem er die
Formel zur Herstellung der Superpille aufbewahrt. Am heutigen Abend sind Deine Fähigkeiten besonders gefordert, denn nach
jahrelanger Isolation in seinem Haus hat der
Professor etliche Wissenschaftler eingeladen, um seine Superpille vorzustellen. Dies
ist die ideale Gelegenheit für Diebe, an die
Formel oder die Pillen zu gelangen. Als wäre
das nicht schlimm genug weißt Du, dass sich
fremde Agenten unter die Gäste gemischt
haben. Ihnen musst Du unbedingt ein streng
geheimes Gerät abnehmen, das aus mehreren Bauteilen zusammengebaut ist. Bringe es
an Dich und verstecke es an einem sicheren
Ort, zum Beispiel dem Safe.
Ausrüstung
• Zugangscode zum Safe
Tipps von der Spielleitung
Deine Liebe zum Professor ist sehr stark
und er hat Andeutungen gemacht, sich mit
Dir abzusetzen, sobald er mit der Superpille Geld verdient hat. Bis dahin darf seine
Frau nichts von Eurer Beziehung merken.
Du musst aber trotzdem mindestens einmal
pro halber Stunde alleine mit dem Professor
sein…
Dr. Mi-Lian
Hintergrund
Du bist ein chinesischer Geheimgent auf
geheimer Mission. Momentan arbeitest Du
unter der Tarnidentität eines Wissenschaftlers, der sich auf einer Fachtagung zum Thema Biochemie befindet. Angeblich soll hier
eine Superpille vorgestellt werden, welche
die körperlichen Attribute eines Menschen
erhöhen kann. Dein Auftrag ist es, ohne
dass Deine Tarnung auffliegt, eine Probe bestehend aus mindestens zwei dieser Superpillen zu ergattern und diese am Ende der
wissenschaftlichen Tagung aus dem Haus zu
schmuggeln. Dein Auftrag sollte eigentlich
reine Routine sein, auch weil Du ein streng
geheimes Bauteil mit Dir führst, das Du an
einen feindlichen Agenten namens Hornsworth weitergeben sollst. Vielleicht kann
man es gut als Tauschbasis verwenden. Leider befinden sich aber scheinbar noch andere Agenten auf der Tagung, denn zumindest
von dem angeblichen Dr. Dangermond weißt
Du sicher, dass er eigentlich ein englischer
Seite 39
ANDUIN 93
Die Superpille
Agent namens Morth ist.
Ausrüstung:
• Ein streng geheimes Bauteil
Tipps von der Spielleitung
Du bist ein erfahrener Agent, der nur wegen seiner bedachten Handlungen bekannt
ist. Versuche ruhig die Situation zu analysieren und dann, wenn die Gefahr am geringsten ist, zuzuschlagen. Nutze Dein Wissen
gut.
Dr. Crowne
Hintergrund
Du bist ein englischer Journalist namens
Peter Gywnsworth, der seit Jahren uninteressante Berichte für wissenschaftliche Zeitungen schreibt. Dir ist aber klar, dass auch
in der Wissenschaft Bedarf nach Klatsch besteht und hoffst, mit einer Skandalmeldung
auf Dich aufmerksam machen zu können. Aus
diesem Grund bist Du auch auf ein Treffen
von Wissenschaftlern zum Thema Biochemie
angereist und hast Dich unter falscher Identität unter die anderen Gäste gemischt. Eingeladen hat ein gewisser Professor Doktor
Crosworth auf sein Anwesen, um dort seine
neueste Erfindung vorzustellen. Dabei handelt es sich um eine Superpille, die einen Menschen zu einem kraftstrotzenden Supermann
verwandeln kann. Dich interessiert diese Pille
nur am Rande, denn Du weißt, dass Crosworths Erzfeind Dr. Crown ebenfalls anwesend
ist. Dieser hat es seit Jahren auf die Ehefrau
Lady Isabelle von Crosworth abgesehen – ein
Skandal ist zum Greifen nah. Zudem ist hier
noch etwas anderes merkwürdig. Dir kommt
es so vor, als wären noch andere Gäste außer
Dir nicht das, was sie wirklich vorgeben. Beweisen kannst Du es (noch) nicht, aber Dein
Gespür hat Dich noch nie betrogen.
Besonderheiten
Du hast eine (Dir leider nicht bewußte) Geistesstörung. Sie macht Dich glauben, dass Du
der einzige Mensch unter lauter Aliens bist,
sobald die Farbe rot Dein gesamtes Blickfeld
erfüllt. Du weißt auch schon ein paar Wörter
dieser Außerirdischen. „Bullabill“ heißt „Ich
muss Dich leider töten!“, „Mullah“ heißt
„Schlaf mit mir!“ und „Hommuni“ heißt
„Lebe in Frieden!“.
Ausrüstung
• Eine Sofortbildkamera
Tipps von der Spielleitung
Du bist frustriert, nach so vielen Jahren immer noch ein unbekannter Schreiberling zu
sein, dem keiner einen wirklichen Artikel zutraut. Zudem wirkst Du auf viele Menschen
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leicht verrückt und durchgeknallt. Das mag
auch an Deinem Charakter liegen, denn Du
bist manchmal verletzend und eine diplomatische Niete. Versuche diese Seite auszuspielen und halte Dir immer vor Augen, dass Du
auf der Suche nach einem Skandal bist.
Prof. Dr. Crown
Hintergrund
Du bist seit vielen Jahren Wissenschaftler. Dabei interessiert Dich die Wissenschaft
kaum. Du bist es nur geworden, um einer
Frau zu imponieren. Nur schade, dass diese
sich damals für einen anderen entschieden
hat. Seit dem hasst Du Prof. Dr. Crosworth
über alles. Zu seiner Ehefrau Lady Isabelle
aber hast Du immer noch starke Gefühle.
Nun ist endlich Deine Zeit gekommen. Du
bist im Hause der Crosworths, wo der Professor seine neueste lächerliche Erfindung
präsentieren will. Es handelt sich wohl um
irgendwelche Pillen. Aus Erfahrung weißt
Du, dass Crosworth aus Aberglaube stets
nur eine Abschrift seiner Forschungen aufbewahrt und zwar in seinem Safe. Wenn es Dir
gelingen sollte, die Formel für seine Pille zu
zerstören, dann hättest Du ihm und seinem
Ansehen ernsthaften Schaden zugefügt.
Dies ist aber nur ein Teil Deines Plans. Du hast
nämlich auch in Erfahrung bringen können,
dass der Lüstling seit Monaten eine geheime
Beziehung zu seinem Hausmädchen Tania
laufen hat. Wenn Du dies Isabelle beweisen
könntest, dann würde sie bestimmt zu Dir zurückkehren und den Verlierer sausen lassen.
Bei der Suche nach belastenden Tatsachen
ist Dir aber auch zu Ohren gekommen, dass
sich mindestens zwei Geheimagenten auf
dem Treffen befinden, die scheinbar versuchen werden, eine Superwaffe zusammenzubauen. Angeblich soll damit noch während
des Treffens ein Wissenschaftler ermordet
werden. Natürlich befürchtest Du nun, dass
Du das Ziel sein könntest und Dich Crosworth
so entgültig ausschalten möchte.
Tipps von der Spielleitung
Du bist wie besessen von Lady Isabelle und
möchtest alles tun, um sie für Dich zu gewinnen. Dein eigenes Leben dafür zu opfern ist
die Sache aber auch nicht wert. Dein vorrangiges Ziel ist es erst einmal, Crosworth zu
schaden, indem Du seine Formeln zerstörst
und einen Beweis für seine Liebschaften findest.
Lady Corsworth
Hintergrund
Du bist die Ehefrau von Prof. Dr. Crosworth,
einem zwar fähigen aber zurückgezogen le-
benden Biochemiker, der es trotz seiner Erfindung noch immer nicht geschafft hat, Geld
damit zu machen. Die ersten Jahre Eurer Ehe
dachtest Du noch, ein wenig Zeit abwarten
zu müssen, damit er endlich ein Vermögen
anhäuft. Doch inzwischen hast Du die Hoffnung aufgeben. Du siehst in ihn nur noch
einen Verlierer und bist momentan nur mit
ihm zusammen, um den Schein in der Öffentlichkeit zu wahren. Seit Monaten habt Ihr
zum ersten Mal wieder Gäste im Haus. Dein
nichtsnutziger Ehemann will seine neueste
Erfindung, eine Superpille, die den idealen
Sportler aus einem Durchschnittsmann machen kann, seinen Kollegen vorstellen. Du
willst damit etwas ganz anders. Die Formel
für die Pille lagert im Safe, doch Du hast den
Code dazu nicht. Diesen gilt es aufzutreiben
und dann die Formel in dem Chaos des Gästeempfangs zu entwenden. Nach dem Treffen
wirst Du mit den wichtigsten Habseligkeiten
aus dem Haus verschwinden und die Formel
meistbietend verkaufen. Dein Ziel – ein Leben im Wohlstand – ist so nahe wie nie zuvor,
nur darfst Du jetzt keinen Fehler machen. Leider befindet sich aber auch Dr. Crow auf dem
Empfang, mit dem Du vor längerer Zeit eine
Affäre hattest. Zwar ist er immer sehr gutaussehend, aber wenn Du Dich zu sehr mit ihm
abgibst, gefährdest Du Dein Ziel. Gesundheitlich bist Du leider leicht angeschlagen und
musst zur Zeit ein Medikament einnehmen.
Jede volle Stunde musst Du zwei Tabeletten
schlucken.
Ausrüstung
• Dein Medikament
Besonderheiten
Die Farbe rot hat Dir schon immer viel bedeutet. Sollte es geschehen, dass diese Farbe
Dein gesamtes Blickfeld ausfüllt, so kommen
starke Erinnerungen an Deine Liebesnacht
mit Crow hoch. Du musst Dich dann möglichst schnell zu ihm begeben und ihn anbaggern und mit Flirtsprüchen sein Interesse
wecken.
Tipps von der Spielleitung
Eigentlich kann nicht mehr viel schiefgehen. Du musst nur den Code zum Safe in Erfahrung bringen und die Formel klauen. Crow
ist zwar ein richtiger Mann, aber er steht Dir
nur im Weg. Ignoriere ihn und falls er Dich
ansprechen sollte, lasse ihn eiskalt abblitzen.
Hoffentlich siehst Du an dem Abend nicht
rot…
Prof. Hornsworth
Hintergrund
Du bist ein amerikanischer Agent des CIA
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ANDUIN 93
Die Superpille
Handout: Auftrag Dr. Ozborth
Handout: Auftrag Dr. Goldmann
Handout: Die Formel
Das Zahlenfeld
Handout: Der Bauplan
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Seite 41
ANDUIN 93
Die Superpille
auf geheimer Mission. Momentan arbeitest
Du unter der Tarnidentität eines Wissenschaftlers, der sich auf einer Fachtagung
zum Thema Biochemie befindet. Angeblich
soll hier eine Superpille vorgestellt werden,
welche die körperlichen Attribute eines Menschen erhöhen kann. Dein Auftrag ist es, auf
keinen Fall Deine Tarnung fallen zu lassen. Du
sollst die Lage auf dem Treffen beobachten
und vor allem ein bestimmtes Bauteil von
einem der Wissenschaftler erhalten, das Du
mit einem Bauteil kombinieren kannst, das
Du bei Dir trägst. Beide Teile sollst Du dann
an einen Agenten namens Dangermond übergeben. Eigentlich ein einfacher Auftrag, nur
leider kommt Dir die Sache etwas merkwürdig vor. Du hast von Dangermond noch nie
etwas gehört. Angeblich befindet sich aber
noch ein anderer getarnter CIA Agent auf
dem Treffen. Vielleicht weiß dieser ja mehr.
Auf jeden Fall solltest Du herausfinden, wer
dieser Dangermond wirklich ist.
http://www.kleine-helden.de
Besonderheiten
Du wurdest bei einem üblen Auftrag in
der ehemaligen DDR einer Gehirnwäsche
unterzogen worden. Seit diesem Tag hast Du
eine starke Abneigung allem gegenüber, das
deutsch ist. Durch die Gehirnwäsche wirst
Du eine Minute lang jeden Befehl annehmen
und ihn ausführen, der Dir geben wird. Auslöser dieser Gedankenkontrolle ist ein rotes
Blatt Papier, das Dir direkt vor die Augen gehalten wird.
Ausrüstung
• Ein streng geheimes Bauteil
Tipps von der Spielleitung
Sollte Dir jemand ein rotes Blatt Papier
vor Augen halten, so verändert sich grundsätzlich nichts an Dir. Aber jeder Befehl und
jeder Bitte, die an Dich gerichtet ist, wirst Du
sofort und ohne zu zögern ausführen. Dabei
wirst Du Dein eigenes Leben nicht unnötig
riskieren. Bedenke, dass der Zustand nur
eine Minute lang anhält. Ansonsten solltest
Du versuchen, schnell an das zweite Bauteil
zu gelangen und beide Teile erst dann an
Dangermond weiterzugeben, wenn Du sicher bist, ihm trauen zu können.
Dr. Goldmann
Hintergrund
Du bist ein englischer Agent des MI6 auf
geheimer Mission. Momentan arbeitest Du
unter der Tarnidentität eines Wissenschaftlers, der sich auf einer Fachtagung zum Thema Biochemie befindet. Angeblich soll hier
eine Superpille vorgestellt werden, welche
die körperlichen Attribute eines Menschen
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erhöhen kann. Dein Auftrag ist es, möglichst
unerkannt zu bleiben und dabei einen anderen Agenten des MI6 retten. Leider war aber
die Missionsbeschreibung unvollständig und
hat einige Lücken aufgewiesen. Für eine
Rückfrage war keine Zeit mehr, so dass Du
Dich mit dem durchschlagen musst, was Du
hast. Du weißt daher nicht, welche Rolle der
andere Agent spielt, welches Geschlecht er
hat oder was genau mit ihm geschehen ist.
Ausrüstung
• Rotes Blatt Papier
• Missionsbeschreibung
Tipps von der Spielleitung
Sie sollten eigentlich anhand des Namens
schnell herausfinden können, wer in der
Missionsbeschreibung gemeint ist. So viele
Gäste, deren Namen auf „orth“ endet kann
es ja nicht geben. Wenn Sie wissen, wer gemeint ist, erlösen Sie ihn aus seiner Hypnose.
Denken Sie daran, dass er ein Agent des MI6
sein muss. Es könnte sein, dass man ihnen
unangenehme Fragen stellt, wenn Sie dem
falschen Gast unhöflicherweise mit einem
Blatt Papier die Sicht versperren.
Dr. Lieschen
Hintergrund
Du bist eine anerkannte Forscherin auf
dem Gebiet neuraler Netze (Entwicklung von
Superchips). Durch diverse Internetforen
hast Du vor einigen Monaten den sympathischen Prof. Dr. Crosworth kennengelernt,
der seines Zeichens ein Genie auf dem Gebiet
der Biochemie ist. Nun wurdest Du auf einen
Empfang von ihm eingeladen, auf dem er
seine neueste Entdeckung vorstellen möchte. Leider ist Dir aber im Internet auch eine
unliebsame Entdeckung gelungen. Scheinbar
arbeitet ein anderes Forschungsteam ebenfalls so wie Du an einem neuen Superchip.
Diese Scharlatane müssen eindeutig bei Dir
und Deinem Team Informationsdiebstahl
begangen haben, sonst könnten sie niemals
so weit sein. Angeblich hat einer der Wissenschaftler auf der Tagung einen Prototypen
dieses Chips dabei. Diesen willst Du unbedingt an Dich bringen, um ihn dann in Ruhe
mit Deiner Arbeit vergleichen zu können.
Ausrüstung
• Ein Taschentuch mit
Betäubungsmittel
Tipps von der Spielleitung
Eigentlich willst Du niemanden etwas zu
leide tun, aber Deine Arbeit ist Dir heilig. Finde heraus, wer den Chip besitzt und bringe
ihn an Dich. Nutze Dein Wissen gut.
Schlusswort
Wer Gefallen an dieser Art von Liverollenspiel – oder Partyspiel – gefunden hat, der
findet in der kommenden Ausgabe der Anduin weiteres Material.
Wir wünschen Euch viel Spaß beim Ausspielen der Rollen und hoffen, dass Euer Spiel
nicht zu chaotisch wird… 
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ANDUIN 93
Der Vampirinquisitor
DER VAMPIRINQUISITOR
EIN UNIVERSELLES ABENTEUER FÜR 3 BIS 6 HELDEN
TEXT: FLORIAN LELKE
ILLUSTRATION: STUART GORMLEY
KARTEN: TOMMY HEINIG
Vorwort
Das folgende Abenteuer ist eines der beiden Siegerabenteuer unseres Abenteuerwettbewerbs zum Thema „Vampire“. Ziel
des Wettbewerbs war es, ein Abenteuer zu
schreiben, in dem Vampire nicht unbedingt
in ihrer klassischen Rolle vorkommen und
das nicht an ein bestimmtes Rollenspiel gebunden ist. Wer als Spielleiter Vampire in
seiner Cthulhu 1000 AD Kampagne zulassen
möchte, dem bietet sich hier die Möglichkeit,
die Spieler einmal mit der Frage, ob Monster
immer Monster sind, zu überraschen. Aber
natürlich eignet sich das Spiel auch für alle
gängigen Fantasysysteme. Und mit ein bißchen Arbeit kann man es auch in jeder Jetztzeit-Kampagne spielen. Aber nun genug der
Vorrede, beginnen wir mit dem Abenteuer…
Einige Worte
im Voraus
Prolog
Seid gegrüßt Inquisitor Baron von Dagart.
Unsere Späher legten Indizien vor, welche
unsere Organisation zu weiterem Handeln
veranlasst. In dem kleinen Ort Sweethart
wird seit längerem eine Spendenaktion von
Blut unter den Bewohnern durchgeführt. Unsere Informanten berichten, dass dieses Blut
aber keineswegs in den öffentlichen Krankenhäusern sondern in einer nahe gelegenen
Abtei landet. Dies lässt vermuten, dass die
Mönche dort einigen von den Unsrigen Obhut gewähren. Dieses ketzerische Verhalten
verstößt gegen den Kodex des Servate Dignitas Inmortum unserer Inquisition:
„Befreiet Euch von den moralischen Fesseln der Sterblichen und folget den Bedürfnissen Eurer Art, um durch diese erhaltene
Macht eines Vampirs würdig zu sein.“
Herr Graf von Dagart, findet heraus, ob
dort wirklich Ketzer ihre Identität leugnen
und durch ihre freiwillige Unterjochung gegenüber den Sterblichen die Würde aller der
Unsrigen beschmutzen. Solltet Ihr fündig
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ANDUIN 93
Der Vampirinquisitor
werden, habt Ihr freie Hand in der Vollstreckung der Strafe der Vampirinquisition: Tod
durch das Licht der Sonne.
Hochachtungsvoll
Großinquisitor Folgath III
PS: Handelt mit List, denn ein Haus des
Gottes der Sterblichen ist kein gefahrloser
Ort für einen Vampir.
Nachdem der rechtmäßige Empfänger des
Briefes diesen gelesen hatte, hielt er ihn über
eine Nachttischkerze. Ein billiges Hotelzimmer
wurde in loderndes Licht getaucht. Anschließend warf der Inquisitor den Brief auf ein Bett,
worin er sich kurz zuvor noch mit einer Prostituierten vergnügt hatte. Sie lag noch immer
dort. Trotz der vielen Schminke war sie blass
und ihre leblosen Augen blickten zur Zimmerdecke. Man sah deutlich an ihrem Hals die zwei
Stellen, wo ihr das Leben ausgesaugt worden
war.
„Danke Süße, du hast mir Kraft für meinen
nächsten Auftrag gegeben“, meinte der Inquisitor zu der Leiche und verließ das Zimmer,
als das blutdurchtränkte Bettlaken endlich in
Flammen aufging.
Werter Spielleiter
Nach diesem schauerlichen Auftakt möchte ich Sie etwas beruhigen. Dieses Abenteuer
soll weniger ein bluttriefender Horrorschocker werden, sondern ich will vielmehr ein
kontroverses Thema bei den Vampiren ansprechen. Das Weltbild unserer Helden über
die Vampire kann ich zwar nicht umkrempeln,
doch ich bin schon zufrieden, wenn sie nach
dieser Geschichte noch mal kurz nachdenken, bevor sie mit dem Holzstab zustoßen.
Nun zu der Frage, ob der „Vampirinquisitor“ für Ihr Rollenspielsystem und Ihre
–gruppe geeignet ist. Die Antwort: Keine
Ahnung, aber vielleicht hilft es die Ansprüche
des Abenteuers zu erläutern! Unser Örtchen
Sweethart hat nur zwei Ansprüche: Er sollte
in einem Flusstal oder an der Küste gelegen
sein. Und der Weinanbau sollte dort klimatisch möglich sein. In Punkto Zeit bzw. technischem Level ist das späte Mittelalter ideal,
doch auch andere Epochen sind möglich, da
bekanntlicherweise Mönche eher in spartanischer Abgeschiedenheit leben und nicht
unbedingt die neueste Handygeneration haben wollen. Schön wäre es, wenn als Religion
ein christlicher Glaube vorherrschen würde,
doch mit etwas Flexibilität kann es z.B. auch
in einem Praiostempel o.ä. spielen. Für unsere Helden gibt es nur eine Einschränkung: Bitte keine Vampire! Doch nun wollen wir den
Herrn Inquisitor Baron von Dagart seinen Job
machen lassen…
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Ein Auftrag im
Letzten Tropfen
Heldeninformation
Der Herbst hat Einzug gehalten in Eure Lande – besser gesagt in die Lande, wo es Eure
rastlosen Wanderseelen zufällig gerade hinverschlagen hat. Seit Tagen folgt Ihr einem
Pfad neben einem spärlich besiedelten Flusslauf, welcher sich gemächlich zwischen den
Hügeln hindurchschlängelt. Der Herbst taucht
die Bäume in ihr buntes Kleid und dort wo
Wein angebaut wird, klettern Menschen mit
Kiepen an den Hängen entlang, um die überreifen Trauben zu ernten. So schön die klare
Herbstluft und die Zeit der Ernte doch ist, Euch
Wanderer zwingen die kürzer werdenden Tage
zur früheren Suche nach einer Bleibe für die
Nacht. Bald ist es wieder so weit, dann taucht
die Sonne hinter die Hügel und lässt ihre Schatten stetig wachsen.
Lang seit Ihr an keiner Siedlung vorbeigekommen, doch ein kleines Pfeilschild mit der
Aufschrift: „Zur Schenke zum Letzten Tropfen“ macht Hoffnung und lässt Euch Eure trockenen Kehlen spüren. Ungeduldig erwartet
Ihr nach jeder Wegbiegung die versprochene
Gastwirtschaft zu erblicken. Doch nur ein Kloster, welches auf der anderen Flussseite auf
einem Felsen thront, ist in weiter Ferne am
blutroten Horizont zu erkennen. Ihr fürchtet
schon das Schild hält den durstigen Wanderer
zum Narren, als Euer schmaler Pfad auf eine
Handelsstraße stößt, die über eine mächtige
Steinbrücke führt. Hinter der Brücke steht ein
beschauliches Gasthaus mit einem tropfenSeite 44
ANDUIN 93
Der Vampirinquisitor
ähnlichen Holzschild. Warmes Licht und das
fröhliche Gemurmel der Gäste laden Euch zur
Einkehr ein.
Die Helden erwartet eine gesellschaftliche
Mischung: Bauern und Händler, Wanderer
und Stammgäste, Tagelöhner und Edelleute.
Alle sitzen friedlich beieinander und reden
über allerlei. Wenn unsere Helden sich zum
bleiben entschließen, beschreiben Sie das
Treiben liebevoll und detailliert. Bald werden
die Helden feststellen, dass ein entscheidendes Detail für eine Kneipenszene fehlt:
Niemand trinkt Alkohol und es scheint keiner
welchen bestellen zu wollen. Spätestens,
wenn die Helden selbst welchen ordern,
werden sie vom Wirt persönlich über dieses
Mysterium aufgeklärt: „Haha, ich habe meiner Kneipe schon den richtigen Namen gegeben. Wir haben den besten Tropfen weit und
breit. Nicht umsonst kommen sie von weit
her, um den heiligen Rotwein der Klosterwinzerei Sweethart zu kosten. Doch Mönche haben so ihre Eigenarten. Sie nehmen es wohl
mit der Todsünde „Maßlosigkeit“ sehr genau, denn sie gönnen meinen Gästen nur ein
Fässchen pro Tag und auf dieses warten wir
jeden Abend. Etwas müssen die Herren sich
noch gedulden, denn der gute Mönch trifft
mit seiner Kutsche erst nach Dämmerung
ein. Doch eine Möglichkeit gibt es noch, an
den begehrten Wein heranzukommen…“,
meint der Wirt spöttisch und zeigt auf ein
Plakat an der Tür.
Zeigen Sie den Helden das Plakat von
Doktor Nadelhart. Den Helden bleibt wohl
nichts weiter übrig, als sich in Geduld zu
üben, wenn sie ohne Blutverlust an Alkohol
herankommen möchten. Erwähnen Sie während der Wartezeit beiläufig einen Mann in
schwarzer Lederkleidung und einem roten
Kapuzenumhang, welcher sich nicht zu amüsieren scheint sondern eine dienstliche Miene aufgesetzt hat und die Helden interessiert
mustert.
Spielleiterinformation
Soweit, so gut! Hier soll es mit unserem
Abenteuer richtig losgehen! Der Herr Vampirinquisitor Baron von Dagart hat sich den
Tipp seines Chefs mit List und Tücke vorzugehen zu Herzen genommen und so wartet
er auf naive Glücksritter wie unsere Helden,
die ihm für etwas Geld und eine kleine Lügengeschichte einen Großteil der Arbeit
abnehmen. Ein Kloster – ein Ort Gottes,
wo es vor heiligen Insignien wie Kruzifixen,
Weihwasser u.ä. nur so wimmelt, ist wahrlich kein angenehmer und gefahrloser Ort
für einen Vampir. Deshalb sucht er erst einmal jemanden, welcher ihm einen Überblick
vom Kloster verschafft und das Versteck der
abtrünnigen Vampire auskundschaftet. Seine
Geschichte, die er unseren Helden auftischt,
ist es fast nicht würdig, als Lügengeschichte
bezeichnet zu werden, wäre da nicht die eine
kleine aber entscheidende Wahrheitsverdrehung: Der Herr Inquisitor gibt sich nicht als
Vampirinquisitor sondern als Vertreter der
Heiligen Inquisition aus! Die Helden sollen zu
diesem Zeitpunkt nicht die geringste Ahnung
haben, dass ihr Gegenüber selber ein Vampir
ist. Damit sind die Bösewichte für unsere Helden vorerst ausgemacht: Die Vampire im Kloster oder auch die Mönche selbst. Erwähnen
Sie außerdem, dass ihr Auftraggeber einen
auffälligen, goldenen Ring trägt, worin die
Buchstaben S.D.I. eingraviert sind. Mit einer
großzügigen Entlohnung (Sie entscheiden,
was unter großzügig zu verstehen ist) und
folgendem rhetorischem Kraftakt versucht
er unsere Helden für sich zu gewinnen:
Heldeninformation
„Seid gegrüßt werte Wanderer. Mein Instinkt
sagt mir, dass Ihr rechtschaffende, wissbegierige und abenteuerdurstige Leute seid. Genau
der Menschenschlag, den ich suche, welchem
ich vertraue und für den ich Arbeit habe. Darf
ich mich vorstellen? Ich bin Inquisitor Baron
von Dagart, ein inoffizieller Bewahrer der Ordnung und ein Wächter gegen das Ketzerturm.
Sind die Herren an einem inoffiziellen Auftrag
im Dienste von Recht und Ordnung, im Dienste der Heiligen Inquisition interessiert? Gegen
großzügige Bezahlung versteht sich!
Ich habe bedauerlicherweise einen Verdacht, welcher höchst unangenehm für die
Kirche werden könnte, sollte dieser sich bewahrheiten. Doch wenn er unbegründet ist,
wäre dies für die Inquisition recht peinlich,
die Kirche, ihren eigenen Auftraggeber, der
Ketzerei zu beschuldigen. Deshalb sollt Ihr als
Späher dienen. Ihr sollt herausfinden, ob sich
im Kloster Sweethart [macht eine Pause, um
die Spannung zu heben] Vampire aufhalten –
schlimmer, ob dort Mönche dem Bösen huldigen. Seid ihr dabei?“
Unsere Helden werden sich hoffentlich auf
den Auftrag einlassen… und damit auf das
Abenteuer. Sollten sie skeptisch sein, erhöht
ihr Auftraggeber die Entlohnung oder verspricht als Mitglied der Inquisition in anderer
Weise den Helden Gutes zu tun. Nachdem er
die Hälfte der Entlohnung den Helden überreicht hat, fährt er mit Details fort:
„Ich benötige außer dem genauen Ort, wo
sich die untoten Kreaturen aufhalten, einen
detaillierten Grundriss des Klosters mit allen
Räumlichkeiten und ihrer Nutzungsart. Ich
brauche wohl nicht zu sagen, dass Euch dort
niemand, außer der Herrgott sehen darf, denn
Eure Vorstellungskraft reicht bei weitem nicht
aus zu erahnen, was vom Teufel Besessene mit
ihren Opfern anstellen. Glaubt mir, ich weiß wovon ich rede. Ich dulde auch keine Selbstjustiz
Eurerseits. Allein die Inquisition hat das Recht
zum Handeln. Schickt mir morgen Abend Eure
Ergebnisse. Heftet diesen Zettel [Schieben Sie
den Spielern einen leeren Zettel zu] einfach unter den Wagen, der diese Schänke täglich mit
ihrem Wein beliefert. Ich werde Euch auf diese
Weise ebenfalls eine Nachricht mit neuen Anweisungen zukommen lassen.“
Die Helden müssen einen Plan haben, wie
sie in das Kloster hineingelangen. Dazu erzählt der Inquisitor, dass das Kloster eine geschlossene Anlage ist und das man nur durch
das einzige Haupttor hinein gelangen kann.
Schön wäre es natürlich, wenn die Helden
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ANDUIN 93
Der Vampirinquisitor
selber auf die Idee kommen, als blinder Passagier mit dem Wagen der heutigen Weinlieferung mitzufahren. Notfalls muss halt der
Inquisitor diese „geniale“ Idee andeuten.
Wenn unsere Helden ihn auf diese ominöse
Blutspendenaktion ansprechen, so meint der
Herr Inquisitor: „Gut beobachtet, deshalb
sind wir hellhörig geworden.“
Nun bleibt unseren Hobbyinquisitoren
nichts anderes übrig, als bei einem Glas frischem Flusswasser auf die nächste Weinlieferung zu warten… damit es endlich losgehen kann.
Das PROJEKT
‚Wein für Leben‘
Heldeninformation
Ein langer Wagen, gezogen von einem stämmigen Pferd, holpert durch die Dämmerung.
Eine Person mit grauer Wollkutte zieht die
Zügel, so dass der Wagen direkt vor der Schenke zum stehen kommt. Die Ladefläche ist von
einem Stoffzelt vor neugierigen Blicken geschützt. Schnell verschwindet der Mönch darin und holt ein eisenbeschlagenes Eichenfass
hervor. Unter freudigem Raunen der Gäste betritt er schweigend die Schenke.
Die Helden haben genug Zeit, auf, unter
oder in das Fuhrwerk zu schlüpfen. Es befinden sich dort genügend Fässer, die als
provisorisches Versteck für 3 Leute dienen
können, um einem flüchtigen Blick von außen zu entgehen oder die Helden verstecken
sich gleich in den leeren Fässern. Nach kurzer
Zeit setzt sich das Fuhrwerk in Bewegung
und macht vor der Steinbrücke kehrt. Noch
länger können sie die Gestalt des Inquisitors
erkennen, der hinausgetreten ist, um sich
stumm und mit starrem Blick von ihnen zu
verabschieden. Etwa eine halbe Stunde rumpelt der Wagen in der Dunkelheit über die gepflasterte Straße, bis mehrere Lichter durch
die Löcher der Wagenplane glitzern. Sollte
man einen Blick nach draußen wagen, so
kann man ein Schild erkennen: „Willkommen
im schönen Ort Sweethart“. Unbeirrt folgt
der Wagen der schmalen Hauptstraße, doch
plötzlich hält er an einem Haus an.
Nur, wenn die Helden einen Blick nach
draußen wagen, können sie die folgenden
Geschehnisse sehen, andernfalls können sie
nur lauschen. An der Hauswand hängt dasselbe Plakat, wie in der Schenke und darunter ein weiteres Holzschild.
Der Mönch betätigt viermal hintereinander
den Türklopfer, welcher wie eine Schlange geformt ist, die sich um einen Stab schlängelt.
Ein älterer Mann in einem weißen, mit Blutwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
spritzern verzierten Kittel öffnet die Tür: „Guten Abend Bruder Gerdian, wir brauchen noch
kein neues Fässchen Wein. Wartet, ich hole die
heutigen Konserven.“ Ohne auch nur ein Wort
gesagt zu haben, legt der Mönch mehrere Lederbeutel in den Wagen und besteigt wieder
den Kutschbock.
Spielleiterinformation
Um Ihnen alle Karten auf den Tisch zu legen: Das Kloster Sweethart ist im folgenden
Anklagepunkt der Inquisition schuldig: Ja, sie
beherbergen Vampire, aber nein, sie frönen
nicht dem Teufel. Denn diese Vampire, die unter der Obhut der Mönche leben, müssen die
Gebote Gottes ebenso einhalten, wie jeder
andere gute Christ. Allem voran das 5. Gebot:
„Du sollst nicht töten“. Dumm ist nur, dass es
in der Natur der Vampire liegt dieses zu tun.
Wie auch anders sollten sie denn satt werden. Um diesem Bedürfnis nachzukommen,
haben die Mönche von Sweethart dieses kreative Projekt ins Leben gerufen. Der Arzt, welcher den Spendern mit einer neuen Methode
(der Spritze) das Blut entnimmt, ist ebenfalls
eingeweiht und natürlich an diesem Projekt
beteiligt. Er hat sogar ein persönliches Interesse daran, da seine eigene Tochter Amina
zu den Nutznießern seiner Arbeit gehört. Die
Mönche haben nur eine Sache, mit der sie die
Leute zu dieser Tat der Nächstenliebe bewegen können: Ihren exzellenten Klosterwein.
Den „Letzten Tropfen“ beliefern die Mönche
nicht aus finanziellen Gründen, sondern eher
um etwas Werbung und Appetit für ihr Projekt zu machen. Außerdem brauchen sie ja
einen Vorwand, um täglich runter ins Dorf
zu kommen und die frischen Blutkonserven
abzuholen. Da kommt die Todsünde „Maßlosigkeit“ als Vorwand geraderecht, um täglich
nur mit einem Fass rauszurücken. Selbst den
Herrn Doktor Nadelhart kann man kaum bezüchtigen, dem Volke zum Alkoholismus zu
verhelfen. Ist es nicht nachgewiesen, dass
ein Schlückchen Rotwein dem Herztode
vorbeugt? Den einzigen Vorwurf, den man
diesem Gespann machen kann, ist, dass sie
den Leuten nicht die Wahrheit sagen, wo diese Blutspenden hingehen. Aber das Volk ist
wohl noch nicht reif für die Wahrheit.
Nach diesem kleinen Abstecher ist es Zeit
sich wieder den Problemchen der Helden zu
widmen, die sich ja gerade zwischen dem
Wein verstecken. Machen Sie den Halt beim
Doktor Nadelhart möglichst spannend. Die
Helden sollen denken, gerade noch einmal
der Entdeckung entgangen zu sein. Aber im
Enteffekt sollen sie ja das Kloster erreichen.
Die kritischste Situation für unsere Mitfahrer
entsteht, wenn der Mönch die neuen Blutkonserven in den Wagen legt.
Heldeninformation
Begleitet von der Bitte des Arztes, doch seinen „Nachtengel Amina“ zu grüßen, setzt sich
der Wagen abermals in Bewegung. Schon bald
lässt er den Ort und damit seine beruhigenden
Lichter hinter sich. Nur das Geklapper der Hufe
über das Steinpflaster sagt Euch, dass Ihr noch
immer auf der Hauptstraße seid. Als auch
dieses erlischt, macht der Wagen eine scharfe
Rechtskurve und es geht steil bergauf. Nach
unzähligen Serpentinen hört Ihr das Knarren
vom Öffnen eines großen Tores… und ein Glockenschlag ruft zum Nachtgebet.
Eine Nacht im
Kloster Sweethart
Spielleiterinformation
Für den folgenden Teil des Abenteuers ist
Ihre Flexibilität als Spielleiter gefragt, da die
Helden relativ freie Hand haben wie sie ihren
Auftrag erfüllen. Es wird wohl darauf hinaus
laufen, dass sie auf leisen Sohlen und im Verborgenem durch die verschiedenen Räume
des Klosters schleichen und das allnächtliche
Treiben der Mönche und ihrer fragwürdigen
Gäste beobachten.
Nutzen Sie den Grundrissplan und die ausführlichen Raumbeschreibungen im Anhang,
damit es für unsere Helden anschaulich wird,
wo sie sich befinden. Ideal wäre es, wenn
Sie einen (anfangs nur grob gezeichneten)
Grundriss des Klosters auf ein DIN A3 Blatt
zeichnen, so dass die Spieler mit Figuren o.
ä. die Bewegungen ihrer Helden veranschaulichen können. Sie übernehmen natürlich die
Handlungen und Bewegungen (sprich die Figuren) der 14 Klosterbewohner (4 Mönche,
1 Abt und 9 Vampire). Je mehr die Helden
von den Räumlichkeiten des Klosters im Laufe der Nacht erkunden, desto mehr soll der
Grundriss von Ihnen erweitert und detailliert
werden.
Nun ist außerdem Ihre Fähigkeit gefragt,
die Spannung für unsere Helden hoch zu
halten und mit der Angst zu spielen jederzeit entdeckt zu werden. Verlangen Sie deshalb Proben auf Schleichen, Verstecken etc..
Unsere Helden sollen in der Tat irgendwann
von den Mönchen entdeckt werden, doch
erst, wenn sie dem Auftrag des Vampirinquisitors nachgekommen sind, indem sie einen
handgezeichneten Plan des Klosters mit dem
Vampirversteck an den Wagen geheftet haben. Sie sollen also erst mit den Mönchen ins
Gespräch kommen und die Wahrheit erfahren, wenn es praktisch zu spät ist.
Ein Gespräch mit den Mönchen ist sowieso
nur sehr eingeschränkt möglich, da diese ein
Seite 46
ANDUIN 93
Der Vampirinquisitor
Schweigegelübde abgelegt haben und nur
in einem Raum (dem Palatorium Nr. I. 4) ein
normales Gespräch führen dürfen. Ansonsten beschränken sich ihre Äußerungen auf
Gebete, das Lesen Heiliger Schriften (lateinisches Gebrabbel) oder auf das Singen im
Mönchschor. Die Vampire haben dieses Gelübde nicht abgelegt, allerdings sind sie auch
nicht gerade redselig.
Doch nun laßt uns in das einzigartige Ambiente des Klosters Sweethart eintauchen
und das nächtliche Treiben der Bewohner
beobachten. Das wäre: 1. Nachtgebet in der
Kirche (I. 9) 2. Wagen entladen 3. Speisen im
Refektorium (I. 7) 4. jedem seine kleinen Arbeiten.
Heldeninformation
Die Helden werden wohl erst einmal aufatmen, wenn sich die Mönche nicht sofort zum
Entladen auf den Wagen stürzen, sondern
nach dem Abspannen des Pferdes eilig dem
Rufe der Glocke folgen, um in der Kirche die
Nachtmesse abzuhalten. Sollten unsere Helden ihnen unbemerkt folgen, können sie
alle Bewohner der Abtei in der Kirche vorfinden. Die 4 Mönche und der Abt sitzen im
östlichen Teil der Kirche auf einem hölzernen
Chorgestühl und halten dort ihre Messe ab.
9 weitere Personen tragen jedoch nicht die
typische graue Kutte sondern eine schwarze Robe. Diese gehen in den abgetrennten
Westteil der Kirche, wo sie in absoluter Finsternis sich auf den Steinboden zur Messe
niederknien.
Nach einer Weile ist die Messe anscheinend
beendet, denn wie die Ameisen schwärmen
sie aus den Türen des Gotteshauses. Während sich die Mönche in ihre Zellen im westlichen Teil zurückziehen, streben die schwarzen Roben über den Kreuzgang hinweg. Sie
scheinen eher durch die dunklen Gänge zu
gleiten, so schnell nähern sie sich dem Stall,
um die Wagenfracht an sich zu nehmen. Still
verschwinden sie alle im großen Gebäude gegenüber (I. 7).
Was die Helden erblicken, sollten sie es
wagen durch die bleiverglasten Fenster zu
schauen, lässt keinen Zweifel mehr an den
Anschuldigungen des Inquisitors. Gierig
schütten sie den Inhalt der Konserven vom
Doktor in sich hinein. Ihre überlangen Eckzähne verbeißen sich regelrecht in die Behälter
und an ihrem Kinn fließt die rote Flüssigkeit
ebenfalls hinab, bis sie sich mit dem Schwarz
ihrer Robe vereinigt.
Als ob ihr Rausch abrupt befriedigt sei und
sie wieder die Kontrolle über sich selbst erlangt haben, beseitigen sie die Spuren und
schwärmen erneut aus. Doch diesmal scheiwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
nen sie kein gemeinsames Ziel zu haben.
Viele holen sich Kiepen aus der Winzerei (I.
7), um in den nahegelegenen Weinhängen zu
arbeiten, andere jäten Unkraut im Kräutergarten des Kreuzganges (I. 16). So streicht die
Nacht dahin und als sich der erste Schimmer
am Osthimmel zeigt, beenden sie ihre Arbeit
und verschwinden in der Kirche oder in den
Keller der Winzerei. Dann tritt für kurze Zeit
Ruhe im Kloster Sweethart ein, solange bis
sich die Mönche zur Frühmesse aufmachen.
Spielleiterinformation
Nach der ersten Nacht im Kloster sollen
unsere Helden wissen, dass dort tatsächlich
Vampire ihr „Unwesen“ treiben. Sie sollen
außerdem mitbekommen, in welchen Gebäuden diese bei Tageslicht Unterschlupf finden
(im Weinkeller und im Westteil der Kirche).
Doch die genauen Eingänge zum Vampirversteck, sollten unsere Helden erst nach einer
gründlichen Untersuchung der jeweiligen
Räumlichkeiten finden, was nur bei Tages-
licht möglich ist:
Im Weinkeller befindet sich ein Durchgang
zum Vampirversteck hinter einem mannshohen Eichenfass an der Westwand. Mit einem
Stab, der an der Rückwand des Fasses befestigt ist, kann man es wieder vor den Durchgang rollen.
Der Eingang im Vampirchor ist nur bei
gründlicher Untersuchung des Steinbodens
der Kirche auszumachen. Dort kann eine
Platte mit einem Ring hochgehoben werden,
damit man in den Gang darunter schlüpfen
kann.
Auch wenn die Spieler noch vor lauter Tatendrang strotzen mögen, ihre Helden hatten einen anstrengenden Wandertag und
eine nervenzerreißende Nacht hinter sich
und werden todmüde sein. Wo sie sich für ein
Nickerchen zurückziehen, bleibt den Helden
überlassen.
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ANDUIN 93
Der Vampirinquisitor
Nicht jeder
Vampir ist ein
hoffnungsloser
Fall
Spielleiterinformation
Nachdem sich die Helden eine kleine Ruhepause gegönnt haben, bleibt ihnen der ganze
Tag, um die Eingänge zum Vampirversteck zu
erkunden und dafür zu sorgen, dass ihr Auftraggeber ihre neuen Erkenntnisse erfährt.
Planmäßig sollten sie die Nachricht wie abgesprochen am Fuhrwerk befestigen, damit der
Mönch sie bei seiner abendlichen Kneipentour austrägt. Ein persönliches Treffen mit
dem Inquisitor ist ebenfalls möglich, doch
anschließend sollen die Helden (wie auch immer) mit den Mönchen in Kontakt kommen.
Erst wenn der Wagen losgefahren ist und
sie somit den Auftrag des Vampirinquisitors
erfüllt haben, soll der Aufenthalt der Helden
von den Mönchen oder den Vampiren entdeckt werden. Wodurch sie auffliegen, bleibt
Ihnen als Spielleiter überlassen. Vielleicht
schmeißt ein tollpatschiger Held ein eisernes
Kruzifix von der Wand, ein Raum wird ausspioniert, wo jemand drin ist, das lautlose
heranschweben eines Vampirs wird im Vampirchor überhört, etc..
Heldeninformation
Unsere Helden werden keineswegs gelyncht, sondern ruhig und friedlich gebeten
mitzukommen. Im Palatorium (I. 4) werden
sie vor der gesamten Mannschaft zur Rede
gestellt. Einer der Mönche, ein glatzköpfiger
Mann reiferen Alters ergreift das Wort:
„Der Herr sei mit Euch werte Eindringlinge.
Ich bin Abt Ledorion. Ich vermag zwar nicht zu
wissen was Ihr hier wollt, doch redlicher Natur
wird es weniger sein, denn sonst hätten die
Herren wohl am Haupttor um Einlass gebeten.
Wir hätten Euch wohl mit Gottes Segen ein
Brot in die Hände gedrückt und anschließend
weggeschickt. Nun ist es leider zu spät und Ihr
wisst was hier vor sich geht. Ihr werdet Euch sicher fragen was dies für ein Ort Gottes ist, wo
solch gottlose Kreaturen Unterschlupf finden.
Ich will es Euch erklären, in der Hoffnung, dass
Ihr doch redlichere Leute seid als es den ersten
Anschein hat und Ihr uns nicht verratet. Der
Volksmund, ja sogar meine Kirche bezeichnet
sie als Teufels Gehilfen, Blutsauger, Wesen der
Nacht. Jeder kennt Geschichten von ihren Taten, wie sie nachts kommen, um den redlichen
Menschen das Leben auszusaugen, keinerlei
Reue zeigen und sich an dem Nächsten laben.
Deshalb werden sie von der Inquisition gejagt.
Ich leugne nicht, dass die heilige Inquisition
uns vor ihnen beschützen muss. Doch gibt es
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nicht auch unter den Lebenden Heilige und
Mörder? Warum sollte diese Vielfalt nach dem
Tode verloren gehen? Die Lebenden scheren
die Untoten über einen Kamm und die heilige Inquisition fragt nicht erst lange, wenn sie
einen zu fassen bekommt. Viele unserer Vampire haben eine traurige Lebensgeschichte und
verdienen eine Chance. Die kleine Amina zum
Beispiel [er legt seine Hand auf den Kopf eines
jungen Mädchens] wurde von einem Vampir
überfallen, als sie einen Botengang für ihren
Vater, einem Doktor, machte. Ich gebe zu, die
Vorraussetzungen für einen Vampir nach den
Geboten Gottes zu leben… ähm sagen wir
besser zu handeln, sind denkbar ungünstig.
Die Natur hat in ihnen die unstillbare Begierde
nach Blut erschaffen, welche es ihnen schwer
macht das 5. Gebot einzuhalten. Außerdem
verleiht dieser Lebenssaft den Vampiren große
körperliche Fähigkeiten, große Macht, je mehr
und je frischer sie ihn zu sich nehmen. Somit ist
die Versuchung groß. Die Vampire, welche wir
in unserem Hause dulden, widerstehen dieser
Versuchung. Sie entsagen dieser unendlichen
Macht, welche sie erlangen könnten, nur um
nach den Geboten des Herren zu leben… und
der Herr hat schon vielen von ihnen vergeben
und sie erneut aufgenommen. Alle Vampire,
welche zu uns kommen, durchleben eine gewisse Zeit der Reinigung. Sie arbeiten und
ernähren sich von dem Zeitpunkt an nur von
Spender- oder Tierblut. Erst wenn sie ganz sicher sind von ihren früheren Sünden gereinigt
worden zu sein, vollziehen wir das Ritual der
Resankturierung. Der Vampir trinkt geweihtes Wasser. Nur wenn der Herr ihn erneut
aufnimmt, verbrennt das Wasser ihn nicht zu
Staub. Als Zeichen der vollzogenen Resankturierung tragen sie ab sofort das Symbol des
Herren auf ihrer nackten Haut und sie dürfen von nun an die Kirche betreten.“ [Einige
der Vampire holen ein silbernes Kreuz unter
ihrer Kutte hervor]. Woher wir das Blut nehmen, möchte ich nicht offen legen, doch ich
schwöre beim Herren, dass niemand zu Schaden kommt. Ich bitte Euch uns nicht zu verraten, denn…“
Anschließend vergessen alle ihr Gelübde
und reden wild durcheinander, bis der Abt
seine Hand hebt und wortlos zurück ins Palatorium zur Beratung bittet. Vorwurfsvoll
blicken die Mönche die Vampire an und verlangen eine Erklärung. Diese bestreiten vehement, etwas mit dem Mord zu tun zu haben,
doch so recht überzeugen, lassen sich die
Mönche nicht. Sie verlangen zu wissen, wo
jeder Vampir vergangene Nacht gewesen ist.
Einzig und allein die Helden können ihnen ein
Alibi geben, da sie die Vampire ja die ganze
Nacht bei ihrer Arbeit im Kloster beobachtet haben und von dem Vorwurf des Mordes
reinwaschen können.
Die Worte des Abtes Ledorion werden durch
ein lautes Pochen am Haupttor unterbrochen.
Der Mönch Gerdian, welcher mit dem Wagen
seine abendliche Runde zur Stadt gemacht
hat, schlägt ungeduldig an das eisenbeschlagene Holz. Er ist so aufgeregt, dass er sogar
sein Schweigegelübde vergisst und laut nach
Abt Ledorion ruft.
Es bleibt den Helden überlassen, die beträchtliche Belohnung zu kassieren, weiter
zu ziehen und damit den Rollenspielabend
zu beenden. Im Letzten Tropfen ist die Stimmung jedenfalls mies, da ihr abendliches
Weinfass nicht angekommen ist. Die andere
Möglichkeit wäre zuzugeben, dass sie für
die falsche Seite „gekämpft“ haben und
den Mönchen alles offen zulegen. Dies sollte
schon ein längerer Vortrag der Helden sein.
„Bruder Ledorion, Brüder etwas fürchterliches ist geschehen, Doktor Nadelhart wurde
ermordet. Doch es kommt noch schrecklicher,
wie es scheint, wurde der Doktor von einem
Vampir ausgesaugt!“
Spielleiterinformation
Dies war nicht das Werk der Vampire im
Kloster sondern natürlich von unserem Herrn
Vampirinquisitors Baron Dagart. Er war in
der Zwischenzeit nicht untätig und hat in der
letzten Nacht den ersten Schritt vollzogen,
dieses System der moralischen Vampirbeherbergung zu zerstören. Dabei war er ziemlich
selbstsicher und hat die Leiche des Doktors
gar nicht aus der Praxis verschwinden lassen,
da heute sowieso Sonntag und damit Ruhetag ist. Der Inquisitor ist der Meinung, bis zur
folgenden Nacht die Angelegenheit erledigt
zu haben. Nun ist er bestens durch den Brief
der Helden über das Versteck der Vampire informiert und wird in der kommenden Nacht
dem Kloster einen Besuch abstatten. Dabei
stören ihn natürlich unsere Helden und deshalb hat er eine Nachricht an den Wagen geheftet, welche sie weglocken soll.
„Ihr habt diesen Auftrag zu meiner vollsten
Zufriedenheit erfüllt. Ich habe die zweite Hälfte der Belohnung beim Wirt im Letzten Tropfen hinterlegt. Verschwindet noch heute aus
dieser Gegend, damit unsere Zusammenarbeit
nicht publik wird. Die Heilige Inquisition dankt
für Eure Hilfe.“
So langsam sollten unsere Helden stutzig
werden und an der Seriosität, der Identität
oder zumindest der moralischen Grundlage
ihres Auftraggebers zweifeln.
Heldeninformation
Nachdem die Helden den wahren Grund
des Besuches im Kloster Sweethart gebeichSeite 48
ANDUIN 93
Der Vampirinquisitor
tet haben (vorher hatte sich einfach auch
noch nicht die Gelegenheit ergeben), blicken
die Helden in angstvolle Gesichter und die
Stirn des Abtes ist von lauter Sorgenfalten
durchfurcht. Sofort fragt er nach, mit welchen Insignien sich der angebliche Inquisitor
ausgewiesen hat. Die Helden sollten sich an
den Ring mit den Kürzel „S.D.I.“ erinnern.
Wortlos verschwinden einige Mönche in der
Bibliothek (I. 5) und durchstöbern staubige
Bücher. Nach einer ganzen Weile wird das
Gefundene präsentiert. Ein alter Schinken
über verbotene Geheimbünde, ketzerische
Organisationen und verdeckte Interessensgruppen wird auf den Tisch im Palatorium
gelegt.
S.D.I. (vermutlich lateinisches Kürzel für Servate Dignitas Inmortum, was übersetzt lautet:
Bewahret die Ehre der Untoten)
Er ist die mächtigste Organisation bei den
Vampiren und doch ist ihre Existenz bei den
Lebenden umstritten, keineswegs jedoch ihre
Methoden. Wir wissen von vereinzelten Fällen, wo diese Organisation bei ihresgleichen,
regelrechte Exekutionen vollzogen hat. Diese
Vampire wurden vor Sonnenaufgang draußen
gefesselt, bis das Sonnenlicht ihnen den Tod
gab. Wir vermuten, dass die Opfer ihre Identität verleugneten, indem sie sich weigerten
Menschen als ihre Nahrung anzusehen und weiter nach den christlichen Moralvorstellungen
der Sterblichen lebten. Nach der Ansicht der
S.D.I. beschmutzen diese somit die Würde der
ihrigen. So hat sich diese Organisation bei den
Untoten den Spitznamen Vampirinquisition
zugezogen. Nicht zu Unrecht, denn ihr Gegenstück bei den Lebenden, die Heilige Inquisition,
hat gleiche Methoden und Ziele und sie beruft
sich auf eine ähnliche Existenzberechtigung.
Rein theoretisch wäre eine Zusammenarbeit
dieser beiden Organisationen sinnvoll, doch
zweifellos auch paradox.
Man kann vermuten, dass nur sehr mächtige
Vampire ihre Exekutive sind. Ihre Opfer haben
wenig Chancen, denn sie verzichten durch
ihre Aufnahme von frischem Blut freiwillig auf
Macht und körperlichen Fähigkeiten und besiegeln so ihr Schicksal.
Dies dürfte einige Fragen beantworten,
einige mordverdächtige Vampire entlasten
und noch einige Sorgenfalten auf des Abtes
zerfurchter Stirn entstehen lassen. Denn
wohl noch in dieser Nacht wird das Kloster
Sweethart Besuch bekommen…
Besuch von der
Unheiligen
Inquisition
Spielleiterinformation
Nun beginnt der actionreiche Part des
Abenteuers. Alle gegen den Vampirinquisitor!
Sie meinen, dass dies ungerecht sei? Stimmt,
„alle“ haben nämlich wenig Chancen im Vergleich zu den Fähigkeiten dieses machtvollen
Handlangers des S.D.I.:
• er hat so viel Kraft wie vier starke
Männer zusammen
• er hat derart schnelle Reaktionsfähigkeiten und Reflexe, dass er
Schusswaffen ausweichen kann
• er kann in völliger Dunkelheit sehen
• er hat natürlich die Fähigkeit zu
fliegen und
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Seite 49
ANDUIN 93
Der Vampirinquisitor
• er kann sich in die Gestalt einer kleinen Fledermaus verwandeln.
Die Vampire von Sweethart dagegen können nur etwas über der Erde schweben und
haben eine stark verbesserte Nachtsicht.
Dafür ist unser Inquisitor aber allergisch auf
heilige Insignien wie Kruzifixe oder gegenüber geweihten Orten (z.B. die Kirche des
Klosters oder Kapitelsaal). Sie rauben ihm
einen gewissen Prozentsatz seiner Macht.
Dies kann von 5% (wenn man sein Holzkreuz
unter der Kutte hervorholt) bis zu 95% gehen (wenn man ihn über den Kirchenaltar
spannt). Gegenüber Weihwasser ist der Inquisitor besonders empfindlich, dieses ruft
wie das Sonnenlicht Verbrennungen hervor.
Er hat es außerdem nicht so mit dem Material
„Holz“. Während Wunden, die durch Metallschwerter verursacht werden, unnatürlich
schnell verheilen, hat er mit einem Holzsplitter im Fuß lange zu kämpfen. Er scheut sich
auch davor, aus Holztüren Kleinholz zu machen, obwohl er es kräftemäßig problemlos
könnte. Lieber krabbelt er als Fledermaus
durch den Türspalt hindurch oder hechtet
sich durch das Bleiglasfenster. Gegen Feuer
ist er aber anfällig, auch wenn beträchtlich
mehr von seinem Körper in Flammen aufgehen muss, bis er hinüber ist, als es bei normal
Sterblichen der Fall ist.
Wie unsere Helden diesem Ungetüm begegnen, bleibt ihrer Kreativität in Vampirbekämpfungsstrategie überlassen. Mögen sie
Weihwassereimer auf Türrahmen postieren,
heilige Spritzpistolen basteln oder Kruzifixe
in Wurfsterne umfunktionieren. Wie gesagt,
es liegt an den Helden, aber es soll Ihre Aufgabe sein das Kloster Sweethart so zu beschreiben und zu gestalten, dass es eine gute
Arena abgibt. Nutzen Sie deshalb die Ortsbeschreibung im Anhang. Wichtig sei noch
einmal zu erwähnen, dass in der Schlafzelle
des Abtes sämtliche Schlüssel des Klosters
zu finden sind.
Die folgenden Ausführungen des Kampfes
gegen den Inquisitor sollen nur ein Vorschlag
sein, wie er ablaufen könnte. Möglicherweise reagieren die Helden so, dass sie nicht
mehr passen. Doch als Spielleiter sollten Sie
das ganze so hinbekommen, dass ein Großteil der Klostervampire gerettet wird und der
Vampirinquisitor entweder tot oder für den
laufenden Tag im Kloster eingesperrt verweilen muss.
Heldeninformation
Nur langsam quälend verstreicht die Nacht.
Die Bewohner der Abtei lassen sich aber nicht
aus der Ruhe bringen und so halten alle die
Messe wie gewohnt ab, die Vampire gehen ihren nächtlichen Arbeiten an den Weinhängen
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nach und die Mönche genehmigen sich die übliche Nachtruhe. Somit haben die Bewohner
dem Angriff des Vampirinquisitors auch so viel
entgegenzusetzen wie David dem Goliath. Dieser kommt eine Stunde vor Sonnenaufgang,
wenn unsere Helden vom langen Warten schon
müde sind.
Die Strategie des Inquisitors ist es, sich
lautlos jeden einzelnen vorzunehmen. Für
die Klostervampire hat er vor, sie mit Ketten
an ihre eigenen Weinreben zu fesseln. So
sollen sie den vorgeschriebenen Sonnentod
der Vampirinquisition erleiden. Das er sie
noch vorher knebelt, dient nur der Diskretion gegenüber dem Angriff für den nächsten.
Unsere Helden wundern sich nur, wenn sie
immer mehr Vampire vermissen. Wenn sie
sich zum handeln entschließen und diese
suchen wollen, nimmt der Inquisitor sich die
Lebenden vor. Das einzige Indiz, dass das
Kloster Besuch bekommen hat, ist das unruhige Schnauben des Pferdes, welches die
Anwesenheit einer gottlosen Kreatur spürt.
Die Mönche erwischt er zum großen Teil in
ihren Schlafzellen, solange er noch im Verborgenem arbeiten kann. Lautlos durch das
Fenster kommt er schwebend, verriegelt von
innen die Tür und widmet sich seinem Opfer.
Größtenteils vermeidet er es, die Mönche
zu töten, sondern setzt sie wie auch immer
matt. Er will ja nur verhindern, dass die Vampire von ihnen vor Sonnenaufgang von den
Weinreben befreit werden. Doch er hat auch
keinerlei Skrupel, einen Mann Gottes zu seinem Boss zu schicken.
Wenn er auf die Helden trifft, ist er erst
überrascht, sie noch dort vorzufinden und
dass sie die Seite gewechselt haben. Doch
dann juckt es ihn auch, einen kleinen, triumphalen Vortrag über seine Sache zu halten:
„Ihr hättet lieber das Geld nehmen und verschwinden sollen. Dies ist nicht Euer Kampf,
sondern eine Angelegenheit unter den Vampiren. Nehmt es nicht persönlich, dass ich
Euch benutzt habe. Ich habe Euch keineswegs
belogen sondern nur ein wichtiges Detail ausgelassen. Weil Ihr mir gut gedient habt, gebe
ich Euch noch eine letzte Chance zu verschwinden. Wollt Ihr Euer Leben für einen Haufen
Untoter opfern? Diese Vampire, diese moralischen Schoßhündchen der Mönche sind Ketzer. Sie leugnen ihre Identität, indem sie sich
immer noch an die Moralvorstellungen der
Sterblichen halten und durch ihre freiwillige
Unterjochung beschmutzen sie die Würde aller der Unsrigen. Seht sie doch an wie erbärmlich ihre Fähigkeiten sind, dabei könnten sie so
machtvolle Wesen sein. Wir Vampire stehen
über den Menschen, so wie Ihr über den Tieren
steht. Wenn diese Ketzer meinen, ihr christ-
licher Gott würde sie aufnehmen, sie retten, so
sollen sie sich doch von der Nacht verabschieden. Wir werden sehen, ob sie in der Welt der
Lebenden existieren können!“
Der Kampf soll kurz und schmerzlos werden. Der Inquisitor überwältigt die Helden
und sperrt sie ein oder fesselt sie mit den
übrig gebliebenen Ketten von den Vampiren,
befördert sie ins Reich der Träume – macht sie
also irgendwie unschädlich, damit er sich der
Suche nach den restlichen Klostervampiren
widmen kann. Entweder können sich die Helden selber befreien oder jemand anderes tut
es. Nun sollten die Helden zur Offensive übergehen. Zeit spielt jetzt eine große Rolle, denn
der erste rötliche Schimmer zeigt sich bereits
am östlichen Horizont. Die Helden können
nur mit einer List gegen den Vampirinquisitor
gewinnen. Wenn sie ihn in irgendeinen Raum
einsperren, kann er leicht durch Fenster oder
Türritzen (in Fledermausgestalt) entkommen. Am einfachsten wäre es, ihn in dem
Vampirversteck einzusperren, wenn er dort
gerade nach weiteren „Ketzern“ sucht. Das
Fass vor dem Eingang des Versteckes könnte
so präpariert werden, dass er es nicht mehr
zu Seite rollen kann. Doch schwieriger ist es
den anderen Ausgang im Vampirchor zu blockieren. Dort befindet sich eine Steinplatte,
die er hochstemmen kann. Nur mit vereinten
Kräften können die Helden ihn eine Zeit lang
aufhalten, indem sie sich drauf stellen oder
Möbelstücke darüber rücken. Doch mit etwas kreativem Denken können die Helden
den Ausgang ganz leicht blockieren: Direkt
darüber befindet sich der Glockenturm des
Klosters. Er wurde extra mit dicken Tüchern
abgedunkelt, damit die Vampire sich auch
tagsüber im Vampirchor aufhalten können.
Wenn man diese Abdunkelung entfernt, reflektiert die Glocke beim Läuten die ersten
Sonnenstrahlen direkt auf den Ausgang des
Vampirverstecks. Auch nur ein Versuch eines
Vampirs dort hinaus zu gelangen, endet mit
schwersten Verbrennungen, wenn nicht mit
dem Tode. Anschließend sollten unsere Helden schleunigst die Klostervampire von ihren Fesseln an den Weinreben befreien und
sie ins Dunkle bringen. Da die Weinhänge
wesentlich tiefer liegen als der Kirchturm,
bekommt er natürlich auch etwas später
die Morgensonne ab. Dieses „etwas später“
muss für die Befreiung reichen.
Spielleiterinformation
Wenn unsere Helden nun glauben: „Toll das
war’s, wir haben die guten Vampire gerettet,
den bösen Vampir besiegt und das Abenteuer geschafft!“, da haben sie sich gründlich getäuscht, denn wie sollten sie den ahnen, von
wem sie als nächstes Besuch bekommen…
Seite 50
ANDUIN 93
Der Vampirinquisitor
Besuch von der
Heiligen
Inquisition
Spielleiterinformation
Dass das Kloster Sweethart erneut durch
einen Besuch Schwierigkeiten bekommt,
war von dem Herrn Vampirinquisitor nicht
geplant, obwohl er indirekt dafür verantwortlich ist. Es war allzu leichtsinnig von ihm
einen angesehenen Doktor in typischer Vampirmanier zu töten, ohne danach die Spuren
zu beseitigen. Als erstes hat der Mönch Gerdian dieses Verbrechen entdeckt und ist Hals
über Kopf zurück ins Kloster geeilt. Doch dies
wurde von einigen Dorfbewohnern gesehen
und so wurde das Verbrechen publik. Die
Sweetharter Ordnungshüter verständigten
den nächsten Bischof und dieser wiederum
schickte seine Exekutive zum Ort des Geschehens: Die Heilige Inquisition! Dies alles
geschah allein im Laufe der vergangenen
Nacht, denn Angst beflügelt bekanntlich. So
ist es den Herren Inquisitoren auch möglich,
am nächsten Morgen an die Tore des Klosters zu pochen, während seine Bewohner
sich noch die Wunden vom letzten Inquisitionsbesuch lecken.
Heldeninformation
„Im Namen der Heiligen Inquisition, autorisiert vom Papst, ist es Eure Pflicht uns Einlass
zugewähren und Rede und Antwort zu stehen!“
Nachdem Abt Ledorion der ersten Forderung nachgekommen ist und ein Dutzend
bewaffneter Reiter den Innenhof füllt, steigt
ein Mann in schwarzer Lederkluft, einem Kapuzenumhang und einen Dreieckshut von
seinem Rappen:
„Ich bin Inquisitor Wolfhart, eingesetzt vom
hiesigen Bischof, um in dieser Region das Gesetz der Kirche durchzusetzen. Im nahe gelegenem Orte Sweethart ist der angesehene
Doktor Nadelhart ermordet worden. Wenn
man die Art das Mordes betrachtet, kommt
der Verdacht auf, dass er von einem Wesen des
Teufels, von einem Untoten begangen wurde.
Mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen, dass
die Bewohner dieses Klosters in äußerst zweifelhafter Art mit diesem Arzt verkehrt haben.
Außerdem haben wir Zeugen, welche beteuern, einen Mönch vergangenen Abend am Ort
des Geschehens gesehen zu haben. Uns liegt es
fern, Euch, als Diener des Herren, einer solch
grausamen Tat zu beschuldigen, doch in Anbetracht des Tatherganges ist es unsere Pflicht
dieses Kloster unter Arrest zu stellen, seine
Räumlichkeiten zu durchsuchen und seine Bewohner zu verhören.“
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Spielleiterinformation
Heilige Sch…, was sollen unsere Helden
jetzt tun? Es ist unmöglich die Klostervampire bei Tage unbemerkt aus dem Kloster zu
schmuggeln und bis zum Einbruch der Dunkelheit hat die Inquisition ihre Razzia schon
zigmal durchgeführt. Damit die Mönche nicht
bei ihrer Vernehmung das 8. Gebot brechen
(Du sollst nicht falsch Zeugnis geben wider
deinem Nächsten), berufen sie sich gleich
auf ihr Schweigegelübde und sind damit fein
raus. Doch unsere Helden haben die schwierige Aufgabe eine kleine Lügengeschichte
zu erfinden, welche die Inquisition ihnen abkauft und die die Klostervampire rettet.
Schlau wäre es natürlich, wenn sie Inquisitor gegen Inquisitor hetzen! Sollten die Helden es nicht geschafft haben, den Vampirinquisitor zu töten, sondern nur einzusperren,
können sie Inquisitor Wolfhart einfach zum
„Versteck“ des Kollegen Baron Dagart führen. Dazu müssen sie sich aber eine hübsche
Geschichte ausdenken, welche den Aufenthalt eines Vampirs im Kloster erklärt. Zum
Beispiel wollte der Vampir die Blutkonserven
des Doktors plündern, doch dank dem beherzten Eingreifen der Mönche wurde dieser
böse Vampir gefangen. Die Helden können
dann die Hände in den Schoß legen und dem
Kampf der Inquisitoren bestaunen.
Heldeninformation
Mit großen Armbrüsten, welche mit daumendicken Holzstäben bestückt sind, mit Spießen aus purem Silber und mit schweren Kruzifixen bewaffnet tritt die Heilige Inquisition
in den Kampf. Der Vampir wehrt sich mit unglaublicher Schnelligkeit, doch in dieser Enge
und gegen solche Übermacht erleidet er bald
schwere Treffer. Mit unzähligen Wunden und
von drei Holzstäben durchbohrt verlassen ihn
seine übermenschlichen Kräfte. Er kniet zu Boden, um den finalen Stoß ins Herz zu empfangen. Doch leider kommen ihm noch die Worte:
„Hier verstecken sich noch weitere von meiner
Art!“, über die Lippen, bevor er mit einem
schadenfreudigen Lächeln zu Staub zerfällt.
Spielleiterinformation
Dieser Kampf der Inquisitionen findet, wie
gesagt nur statt, wenn der Vampirinquisitor
von den Helden nicht getötet sondern eingesperrt wurde. Doch auch dieser Zwischenfall
verbessert die Lage der Klostervampire nicht,
er verschafft ihnen nur etwas Zeit. Anschließend wird das Kloster weiter akribisch unter
Wolfharts Leitung untersucht und je nach
Versteck der Vampire (evtl. Speisekammer
oder Sakristei) ist es absehbar, wann diese
Räumlichkeit an der Reihe ist. Trotz vieler Ablenkungsversuche der Helden und Mönche
kann die Klostervampire von Sweethart nur
noch ein Wunder retten…
Das Wunder von
Sweethart
Heldeninformation
Ganz langsam geschieht es, so dass man die
Veränderung anfangs gar nicht bemerkt. Dann
hat man das Gefühl, dass um einen herum etwas nicht stimmt. Wenn man begriffen hat,
was es ist, so blickt man bereits zum Himmel
hinauf und sieht es: Im makellosen Rund der
Sonne hat sich eine Delle gebildet und stetig
weiter frisst dieses schwarze Etwas den Tag
auf. Schon kommt Abt Ledorion zu Euch gelaufen und ignoriert sein Schweigegelübde: „Der
Herr hat unsere Gebete erhört, der Herr hält
seine schützende Hand über die Vampire von
Sweethart! Nun liegt es an uns, alles für eine
Flucht unserer Vampire vorzubereiten. Wir haben etwa 20 Minuten bis zur totalen Finsternis
Zeit, dann hat uns der Herr 3 Minuten gewährt,
um unser Wunder zu vollbringen und die Vampire aus dem Kloster zu schleusen.“
Spielleiterinformation
Auf die Helden wartet eine große Logistikaufgabe. Innerhalb von 3 Minuten müssen
die Vampire aus ihrem Versteck irgendwo
im Kloster, unbemerkt von den Inquisitoren,
zu einem sonnensicheren Ort außerhalb des
Klosters gebracht werden. Mit einer unorganisierten Flucht kommen unsere Vampire
in 3 Minuten nicht weit. Da es in der Nähe
nur Weinberge gibt, sind die Verstecke auch
äußerst spärlich. Ganz zu Schweigen, dass
dies unbemerkt von den Inquisitoren geschehen soll. Die Inquisitoren sind ja auch
nicht doof, sie können sich ja denken, dass
die Kreaturen der Nacht diese Gelegenheit
zur Flucht nutzen werden. Doch wenn sie
von den Mönchen in einen dunklen Keller
geschickt werden, bemerken sie dieses Himmelsphänomen anfangs gar nicht. Die aussichtsreichste Strategie ist es, die Vampire in
den Lastkahn zu bringen und sie im dunklen
Stauraum des Kahns einzuquartieren, wo
sonst die Fässer oder Lebensmittel Platz finden. Dieser Lastkahn liegt ja 300 Meter tiefer
geduldig vor Anker und kann leicht einige
Meilen flussabwärts gebracht werden. Da es
mit den Flugkünsten unserer Vampire nicht
weit her ist, muss der Holzkran im Lagerhaus
(I. 3) in Dienst genommen werden, um den
Höhenunterschied zu überwinden. Damit die
Vampire unbemerkt in den Lagerraum des
Klosters geschleust werden können, wäre
eine Verkleidung als Mönch oder eine Ablenkung der Inquisitoren hilfreich. Der Kahn
als Fluchtmöglichkeit ist, wie gesagt, nur die
Seite 51
ANDUIN 93
Was Dir der Penner erzählt
Ideallösung, wenn die Spieler andere plausible Möglichkeiten finden, ist dies auch okay.
Zum Beispiel können die geflüchteten Vampire mit dem Wagen wieder rechtzeitig vor
Tagesanbruch Nr. 2 eingesammelt werden.
Doch dieser Wagen muss auf alle Fälle „vampirlos“ die Kontrollen, der am Tor Wache stehenden Inquisitoren, passieren.
Heldeninformation
Sind die Vampire erst einmal außerhalb der
Klostermauern versteckt, so kann die Abtei
Sweethart ruhig von den Inquisitoren beliebig oft durchsucht oder umgekrempelt werden. Wenn selbst die beharrliche Inquisition
am Abend aufgibt und abzieht, werden sie
freundlich mit einer guten Flasche Klosterwein und einem Segen verabschiedet. Mit
den giftigen Worten: “Ich rieche, dass ihr irgendetwas verheimlicht, aber ich kann Euch
nichts nachweisen!“, besteigt Inquisitor
Wolfhart sein Pferd und galoppiert wütend
die Weinhänge hinunter.
An diesem Abend findet im Palatorium des
Klosters Sweethart etwas statt, was man ein
Fest nennen würde, wenn man es mit den
üblichen Abenden vergleicht. Ein Fässchen
Wein vom besten Jahrgang wird geopfert,
ein Bewohner des Ziegenstalls muss sein Leben hingeben und eine Parzelle des Gartens
wird gerodet. So bekommen die Mönche
einen extradicken Gemüseeintopf, die Vampire frisches Ziegenblut und unsere Helden
ein großes Kotelett.
Einige Worte
zum Schluss
Epilog
Noch lange bleibt Abt Ledorion nach der
Nachtmette in der Kirche und kniet vor dem Altar nieder: „Oh Herr, vielleicht tun wir unrecht,
wenn wir Vampire zu guten Christen erziehen
wollen. Ist es nicht weniger eine Tat der Nächstenliebe, wenn wir sie mit ihrer Nahrung versorgen, sondern eher eine selbstsüchtige Tat?
Denn wir müssen diese Vampire nicht mehr
fürchten. Sie jedoch bringen ein weit größeres Opfer. Sie opfern ihre Macht, ihre Freiheit,
indem sie sich Deinen Geboten unterwerfen.
Sie opfern ihre Identität und werden zu Ausgestoßenen. Aber Herr, Du belohnst Opferbereitschaft und Entbehrung und sind somit diese
Vampire vielleicht seliger als wir Lebenden?
Was ist, wenn sie irgendwann begreifen, dass
ihr Opfer zu groß war oder wenn wir sie nicht
mehr versorgen können? Dann müssen wir uns
wieder fürchten und Du mußt uns behüten!“
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Werter Leser
Sollten Sie gerade erzürnt über mein Werk
sein, was ich mir doch erlauben würde, Vampire unter den Segen des Herren zu stellen,
so erlauben Sie mir folgendes Zitat aus anerkannter Quelle auszusprechen, bevor ich der
Ketzerei für schuldig erachtet werde: „…
Den haben sie an das Holz gehängt und getötet. Den hat Gott auferweckt am dritten Tag
und hat ihn erscheinen lassen, [..] nachdem
er auferstanden war von den Toten. Und er
hat uns geboten, dem Volk zu predigen und
zu bezeugen, dass er von Gott bestimmt ist
zum Richter der Lebenden und der Toten.
Von diesem bezeugen alle Propheten, dass
durch seinen Namen alle, die an ihn glauben,
Vergebung der Sünden empfangen sollen.“
[Apg,10,39-43]
Ich hoffe Ihr hattet verdammt viel Spaß mit
meinem Abenteuer!
Appendix
I. Erdgeschoss
1. Pferdeschuppen
Das Eckhaus des Klosters hat nur grob behauene Steinwände und einen hölzernen, offenen Dachstuhl. Ein zweiflügliges Tor ist extra verbreitert worden, damit der Wagen der
Abtei, welcher die Weinfässer hinunter zum
Dorf bringt, dort vor der Witterung Schutz
finden kann. Zwei großzügige Pferdeboxen
befinden sich im Stall, worin in der einen ein
stämmiger aber friedvoller Kaltblüter steht
und in der anderen wurde genügend Stroh
eingelagert, damit der Gute problemlos
durch den Winter kommt. An der gegenüberliegenden Wand wird das Pferdegeschirr
aufgehängt.
2. Werkstatt
Ein beeindruckendes Rippenkreuzgewölbe, gestützt von drei lieblich verzierten Säulen, prägen das Bild des Erdgeschosses. Teilweise ist das Deckengewölbe schwarz von
dem Ruß einer Schmiede. Doch der Raum ist
ebenfalls eine Zimmerei, Wagenserei, Steinmetzerei – kurzum ein Raum des Handwerks,
denn selbst ist der Mönch.
3. Lagerraum
Die Steinwände sind kaum zu sehen vor
lauter Kaminholz und Kisten. Nach Osten hin
befindet sich eine Tür, wo ein Holzkran an einer Schiene hinaus geschoben werden kann.
Der Kran ragt über eine senkrecht abfallende
Felswand, wo 300 Meter tiefer sich der Fluss
entlang schlängelt. Ein alter Lastkahn hat
dort seinen Ankerplatz, damit die Abtei sich
mit dem wenigen versorgen kann, was sie
FO RUM
Die Anduin hat ein Forum zur Diskussion
über die erschienenen Ausgaben und zur
Planung der kommenden im ehemaligen
GroFaFo, das jetzt unter dem Namen
Tanelorn läuft. Wer mag, kann uns dort
ja mal besuchen und einen Kommentar
hinterlassen
www.tanelorn.net
von Fremden benötigt.
4. Palatorium
Dieser bescheidene, schmucklose Raum
ist der einzige Ort, in dem die Mönche nicht
an Ihr Schweigegelübde gebunden sind und
über persönliche Dinge „palavern“ dürfen.
Die Einrichtung besteht aus einem abgewetzten Holztisch mit einigen Schemeln
drum herum, die den Aufenthalt „angenehm“ machen sollen.
5. Bibliothek
Der Schatz eines jeden Klosters ist seine Bibliothek. So ist es auch im Kloster Sweethart:
Speckige, überdimensionierte Bücher von
heiligen Schriften, verwachste Schriftrollen
von allerlei Urkundlichem und Stammbäumen, verblichene Karten herrschaftlicher
Besitztümer oder geheime Rezepturen von
Heilmitteln, Weinen etc. türmen sich wohl
sortiert bis zur Zimmerdecke. Eine Leiter ermöglicht es auch an die oberen Reihen zu
kommen.
6. Sakristei
Ketzerische Zungen nennen diesen Raum
die „heilige Abstellkammer“, doch ist sie
ebenso notwendig, wie das Kreuz über dem
Altar. Wo sonst sollen denn der Weihrauchspender, das Geschirr zum Abendmahl, die
Prozessionsinsignien, Kerzen, Weihwasserbehälter, etc. gehortet werden, wenn nicht
in dieser dunklen Kammer.
7. Mönchsrefektorium
Der Speiseraum der Mönche mit seiner
doppelten Geschosshöhe und seinem verzierten Rippenkreuzgewölbe ist nach der
Kirche selbst das prunkvollste Gebäude. Vier
buntgetönte Bleiglasfenster in gotischen
Spitzbögen lassen den Raum im Sonnenlicht
in unzähligen Farben schimmern. Zentral ist
ein schwerer Eichentisch mit Stühlen aufgebaut, an dem sich die Mönche nach dem Mittagsgebet, der Lectio Mensea, zum Speisen
niederlassen.
8. Küche und Speisekammer
Ein enges, verrauchtes, fensterloses Kabuff, in dem der tägliche Haferschleim, KarSeite 52
ANDUIN 93
Der Vampirinquisitor
QUE L L E
Dieses Abenteuer erschien in der Anduin
Nummer 81. Es ist eines der Siegerabenteuer der Abenteuerwettbewerbe, die
von der Redaktion der Anduin in unregelmäßigen Abständen ausgeschrieben
wurden.
Neben extra für die Anduin geschriebenen
Abenteuern findet Ihr in unserem Magazin
auch Abenteuer aus anderen Fanzines und
aus dem Englischen übersetzte Abenteuer. Eine Übersicht über alle bisher erschienenen Abenteuer (zumindest deren
Titel und Autoren) findet Ihr auf unserer
Homepage.
toffelbrei oder Gemüseeintopf bereitet wird.
Doch das Fleisch eines vierbeinigen Haustieres, hat dieser Ort noch nie gesehen, denn
den Mönchen ist es untersagt solch eine
Speise zu sich zu nehmen. Direkt daneben
liegt die Speisekammer, in der all solche Leckereien haltbar aufbewahrt werden.
9. Kirche
Die Kirche bildet mit einem Lang- und einem
Querhaus die Form eines Kreuzes. Das Langhaus mit seinem Mittelschiff von doppelter
Geschosshöhe wird von zwei Seitenschiffen
einfacher Höhe eingerahmt. Das Dach ist ein
Kreuzgewölbe von schlichter Schönheit. Wo
sich Lang- und Querhaus kreuzen, befindet
sich das Chorgestühl der Mönche, welches
zur Absys, dem abgerundeten Altarraum
offen ist. Kostbare Buntglasfenster erhellen
die Kirche, die ihren gestalterischen Höhepunkt im Altarraum in einem riesigen Kreuz
finden. Der Westteil des Langhauses ist nachträglich durch eine verzierte Holzwand abgetrennt worden, um einen separaten Teil für
die Vampire zu haben („Vampirchor“). Dutzende Kerzen bilden auch tagsüber die einzige Lichtquelle, da die Fenster mit schweren
Vorhängen verdeckt wurden. Am Boden fällt
eine Steinplatte auf, die einen Eisenring hat.
Wenn man diese hochhebt, offenbart sich der
Durchgang zum Vampirversteck. Direkt über
dem Eingang ist ein schmaler, bescheidener
Glocketurm, welcher die Klosterbewohner
zum Gebet ruft. Doch auch dieser wurde mit
schwerem Stoff abgehangen. Nur ein Loch,
durch welches das Tau zum Läuten der Glocke durchgesteckt ist, befindet sich im Stoff.
10. Winzerei
Hier ist der Ort, an dem der berühmte Klosterwein entsteht. Unzählige Kiepen hängen
an der Wand, worin die guten Trauben an den
sonnenverwöhnten Hängen südlich der Klosteranlage gesammelt werden. Eine riesige
Traubenpresse beansprucht den meisten
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Platz des Raumes, mit dem auch der letzte
Saft aus den Trauben gepresst wird und für
lange Zeit erst mal in Eichenfässern landet.
Eine Bodenklappe mit einem Seilzug darüber
ist der Eingang für die Fässer zum darunter
liegenden Weinkeller.
11. Ziegenstall
Wohl der belebteste Ort dieser Einrichtung
ist das Winterquartier für die Ziegen. Während sie im Sommer auf den kargen Bergweiden Auslauf haben, müssen sie im Winter mit
diesem Gewölbe vorlieb nehmen, dessen Decke von zahlreichen Künstlern vergangener
Tage bemalt wurde. Doch die Ziegen interessiert nur das warme Stroh, welches auf dem
liebevoll bearbeiteten Mosaikboden ausgebreitet wurde… und die Mönche interessiert
die nahrhafte Milch der Ziegen.
12. Waschraum
Bei der Reinlichkeit der Mönche darf natürlich auch keine Einrichtung fehlen, wo
man sich den Schmutz der Welt vom Leibe
waschen kann. Vom Brunnen im Kreuzgang
wird das Wasser mühevoll über einem Kamin erwärmt, um dem Mönch das sündhafte
Vergnügen eines heißen Bades zu gönnen.
Außerdem befinget sich an der Ostseite ein
luftgespülter Abort.
13. Gästeraum
Gastfreundschaft wird auch im Kloster
Sweethart groß geschrieben. Meist ist es
ein Kirchenvertreter höheren Ranges, welcher den Luxus eines permanent geheizten
Raumes in Anspruch nimmt. Nur wenn ein
Mönch erkrankt, ist es ihm erlaubt, in dieses
„Luxusappartement“ (Federbett, Öllampe,
Kamin und Glasfenster) vorrübergehend einzuziehen.
14. Mönchzellen
Die Einrichtung besteht aus einem Strohbett, einer Bibel als Kopfkissen und einem
Kruzifix an der Wand.
15. Abtzelle
(Siehe Mönchzelle) Es hängt hier außerdem noch ein Schlüsselbrett mit Schlüsseln
aller Räumlichkeiten an der Wand.
16. Kreuzgang
Das Zentrum dieses Klosters ist unzweifelhaft der Kreuzgang und das Zentrum des
Kreuzganges ist ein lieblich gestalteter Ziehbrunnen, der 300 Meter tief in den puren Fels
geht, bis man endlich auf Wasser stößt. Der
Innenhof besteht aus vier kleinen Kräutergärten, welche die Bewohner in unermüdlicher Arbeit pflegen. Die Nord- und Ostseite
umrahmt den Kreuzgang mit einem über-
dachten Wandelgang, zu dem unzählige, verzierte Säulen die Grenze bilden.
II. Die Kellergewölbe
1. Weinkeller
Über eine Treppe gelangt man in den Weinkeller. In diesem Gewölbe lagert in Fässern
unterschiedlichster Größe (vom „ein Mann“
Fass bis zu Ungetümen mit 10000 Litern
Fassungsvermögen) der begehrte Tropfen.
Manche Fässer haben eine zentimeterdicke
Staubschicht und andere wiederum scheinen
gerade erst eingelagert worden zu sein. Alle
Fässer werden über eine Seilwinde durch
eine Öffnung in der Gewölbedecke aus der
Winzerei hinab gelassen.
2. Vampirversteck
Der Raum, in dem sich die Vampire tagsüber aufhalten, ist nur zu erreichen, wenn
man das mannshohe Fass an der Westwand
des Weinkellers zur Seite rollt. Dann offenbart sich ein kleiner Durchgang, in dem die Vampire, ähnlich bescheiden wie ihre Gastgeber,
hausen. Ein hölzernes Kreuz, welches wohl
ganz untypisch für eine solche Örtlichkeit ist,
schmückt die Südwand des Verstecks.
3. Verbindungsgang
Den Herren Vampiren soll es natürlich auch
gegönnt sein den Herrgott anzubeten und
so wurde nachträglich ein schmaler, unterirdischer Tunnel in den Fels gehauen, welcher
direkt zum Vampirchor führt.
III. obere Stockwerke
1. Schreibstube
Wenn das erste Sonnenlicht über die östlichen Hügel scheint, ist dies der ideale Ort,
um der typischen Arbeit der Mönche nachzugehen. Unermüdlich werden Schriften in
gestochener Handschrift vervielfältigt, übersetzt oder mit kunstvollen Bildern versehen.
Doch nachts muss dem Auge das Licht der
unzähligen Kerzen zur Arbeit reichen.
2. Bibliothek II
Da die Bibliothek im Erdgeschoss bereits
aus allen Nähten platzt, findet sie in diesem
Raum ihre Fortsetzung.
3. Kapitelsaal
Zahlreiche Stühle stehen wohlgeordnet
in Reih und Glied, damit man im Sitzen den
Worten des vortragenden Mönchs lauschen
kann. Hier werden Texte aus der Bibel, meist
vom Abt persönlich, laut vorgetragen, um
dem Laienmönch, dem Besucher oder auch
dem Untoten die Botschaft des Herren zu
vermitteln. 
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Wandertag
WANDERTAG
EIN UNIVERSELLES HORRORABENTEUER IM SCHWARZWALD
TEXT: CHRISTIAN BÖDDICKER
KARTEN: CHRISTIAN BÖDDICKER
Liebe Wandervögel, unsere diesjährige Kulturreise wird uns in
den schönen Schwarzwald im Großherzogtum Baden führen. Ich habe ein reichhaltiges und kulturell erbauliches Programm
zusammengestellt, das hoffentlich Ihren
geschätzten Geschmack treffen wird.
Wir werden am 1. Mai am hiesigen Bahnhof unsere Reise antreten und gegen Abend
in der schönen Münsterstadt Freiburg im
Breisgau eintreffen. Von dort reisen wir
tags darauf, nach einer ausgiebigen Besichtigung von Stadt und Münster in das nahe
gelegene Staufen, die Stadt von Goethes
Faust. Auch hier erwartet sie kulturelle Erbauung und eine ausgiebige Besichtigung
von Stadt und Burg. Abends beziehen wir
dann Quartier im unteren Münstertal. Eine
Besichtigung des Klosters St. Trudpert sowie eine Überraschung für Ohren, Auge und
Gaumen erwartet Sie am nächsten Tag.
Nach all diesem Sinnesschmaus huldigen
wir am nächsten Tage unserem treuen Vereinsmotto „Des Schusters Rappen lieben
wir!“ und beginnen unsere Wanderung
durch die Täler des Münstertals hin zum
Belchen, dem schönsten und dritthöchsten
Berg des Schwarzwalds. Über den Haldenhof wo wir nächtigen werden, marschieren
wir zu einem alten Silberbergwerk im so
genannten Teufelsgrund, wo uns mit etwas
Glück eine Besichtigung der hochinteressanten Einrichtung erwartet. Tags darauf
geht es zurück nach Freiburg, von wo wir
dann schweren Herzens unsere Heimreise
antreten werden.
Liebe Wandervögel, leider sind die Plätze
begrenzt. Wenn Sie sich dieses erbauliche
Vergnügen nicht entgehen lassen wollen,
melden Sie sich schnell und verbindlich bei
mir an und seien Sie am 1. Mai bitte pünktlich am Bahnhof (die genaue Abreisezeit
wird Ihnen noch mitgeteilt). Bitte vergessen Sie auch nicht den Unkostenbeitrag
von 60,- Mark auf das Vereinskonto einzuzahlen.
Mit fröhlichem Wandersgruß
Gerhard Kamper
Vorsitzender des
Kulturvereins Wandervögel
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Vorspiel
Vorwort
Schon zum zweiten Mal hatten wir unsere
Leser aufgefordert, ein Abenteuer zu einem
bestimmten Thema einzusenden. Im Jahr
2003 war dies „Ungeahnte Schrecken“. Das
System und der eigentliche Inhalt war nicht
vorgegeben.
Gewonnen hat das Abenteuer „Wandertag“ von Christian Böddicker. Ursprünglich
für Midgard 1880 gedacht, ist es nun ein
systemunabhängiges Horrorabenteuer. Am
besten zu Spielen um die Jahrhundertwende, aber auch in Fantasykampagnen oder der
Jetztzeit spielbar. Hinweise dazu findet ihr
am Ende des Abenteuers.
Besonders gefallen hat uns der sich langsam aufbauende Schrecken und die detaillierte Ausarbeitung inklusive der Bilder und
Karten. Aber seht einfach selbst…
Einleitung
Es ist Anfang September. Sollten die meisten Menschen dieser Tatsache auch recht
gleichgültig gegenüberstehen, so gilt dies
mit Sicherheit nicht für die Mitglieder des
„Kulturvereins Wandervögel e.V.“ aus Berlin1. Für diese, heißt es nämlich, dass ihr lang
ersehnter Jahresausflug in greifbare Nähe
rückt. Wie jedes Jahr hat Gerhard Kamper,
Vorsitzender und Mitgründer des Vereins,
keine Mühen gescheut, ein sowohl kulturell,
als auch sportlich interessantes Programm
auf die Beine zu stellen. Seit Wochen raten und spekulieren die Mitglieder welches
Ziel dieses Jahr auserkoren wurde. Die verschmitzten, rätselhaften Andeutungen die
Herr Gerhard2 hin und wieder fallen lässt, helfen wenig bei der allgemeinen Spekulation,
sollen sie auch nicht. Also heißt es warten bis
der ersehnte Brief mit der Einladung in den
Postkasten fliegt und dann schnell anmelden
solange es noch Plätze gibt…
Überblick für den Spielleiter
Wandertag ist von seinem Aufbau her ein
klassisches Horror-Rollenspiel. Es beginnt
alles sehr ruhig und gelassen. Eine muntere,
fröhliche Wandergruppe aus der Hauptstadt
macht Urlaub im schönen Schwarzwald. Das
Wetter scheint perfekt zu sein, die Stimmung
ist ausgelassen, der Wein vorzüglich, der
Schwarzwälder Schinken vortrefflich und jeden Tag gibt es Neues zu sehen und Interessantes zu lernen. Nichts trübt die Stimmung
und auch ein aufziehendes Gewitter kann die
tolle Stimmung in der Gruppe nicht verderben. Bis plötzlich das Grauen zuschlägt. Ein
kleines Mädchen, das sich anscheinend im
Wald verirrte, stößt unerwartet auf die feiernde Gruppe. Man beschließt, das Mädchen
alsbald möglich ins Dorf zurückzubringen.
Am nächsten Morgen werden die Charaktere
dazu bestimmt, das völlig verwirrte und unter leichtem Schock stehende Mädchen ins
ca. 10 km entfernte Dorf zu begleiten. Dort
stellt sich plötzlich heraus, dass auch Anna,
die Schwester des Mädchens, verschwunden ist. Ein Suchtrupp wird gebildet und
mit einem Ochsenkarren geht es zurück zur
Wanderhütte. Schon beim Heranfahren an
die Hütte bemerkt man den Rauchgeruch
und kurz darauf sieht man Rauch und Flammen, aus dem Wald schlagen. Ein fürchterlicher, unerklärlicher Unfall scheint hier statt
gefunden zu haben. Die Hütte ist bis auf die
Grundmauern abgebrannt und an einigen
Stellen züngeln noch die Flammen. Von dem
Rest der Wandersgruppe fehlt jede Spur. In
der Hütte findet man später die Leichen einiger Kameraden, weitere übel zugerichtete
Leichen finden sich in einem nahe gelegenen
verlassenen Bauernhaus. Glockengeläut aus
dem Tal lässt die Teilnehmer des Suchtrupps
zusammenschrecken und eiligst wieder aufbrechen. Im Tal hat sich ein Massaker ereignet, die kleine Anna, ihre Mutter und eine
herbeigerufene Hebamme wurden in der
Nacht in ihrem Haus verstümmelt. Das Dorf
versinkt im Schrecken. Die Charakter finden
auf ihrer Suche nach Überlebenden ihrer
einst munteren Truppe, das herrenlose und
verwundete Pferd des Försters und kurz darauf den toten Förster selbst. Die Eintragung
in seinem Notizbuch führt sie auf eine Fährte,
ein Fremder wohnt seit einigen Tagen in der
1 Der Spielleiter kann hier natürlich eine beliebige Stadt wählen in welcher seine Charaktere
beheimatet sind.
2 Die Wandervögel reden sich kameradschaftlich mit Vornamen an, selbstredend wird dabei
der Anstand gewahrt, ein Fräulein, Frau bzw.
Herr dem jeweiligem Namen voranzustellen.
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Wandertag
alten Köhlerhütte. Dort angekommen findet man eine vor kurzem verlassene Hütte.
Doch eine nähere Durchsuchung bestätigt
den grausigen Verdacht, im Keller findet sich
ein Raum mit alten, geheimnisvollen Büchern
und hinter einem Bretterverschlag vier vermisste Frauen der Wandergruppe. Indizien
verdichten sich, dass ein fürchterliches, gottloses Opferritual durchgeführt werden soll.
Mit diesem Wissen eilen die Charaktere ihrem Schicksal und dem Ende des Abenteuers
auf dem Scharfenstein entgegen…
Zwischen Realität
und Fantasy
Dieses Abenteuer entführt die Charaktere
in die Tiefe des südlichen Schwarzwalds. Bewusst bewegt sich dieses Abenteuer auf der
schmalen Grenze zwischen Realität und Fantasy. Die meisten Orte, Gebäude und Lokalitäten die hier beschrieben werden existieren
tatsächlich und man kann vieles auf einer
guten Karte der entsprechenden Gegend finden. An manchen Stellen jedoch finden sich
auch kleine Abweichungen von der Realität
oder Geschichte. Die ein oder andere Straße mag im beschriebenen Zeitrahmen noch
nicht existiert haben. Die ein oder andere Institution übernahm vielleicht nicht die Aufgabe, die sie in diesem Abenteuer übernimmt.
Doch dies sollte niemanden stören, Ziel ist
der Spaß und natürlich das Grauen, aber
nicht die geschichtliche Unanfechtbarkeit
der beschriebenen fantastischen Realität.
Ein Wort an den Spielleiter
Horrorrollenspiele sind anders, als die meisten anderen Rollenspiele. Das Interessante
bei Horrorspielen ist nicht unbedingt das Lösen komplizierter Rätsel oder das Beschaffen
eines tollen magischen Gegenstandes. Wichtig ist einzig und allein die Stimmung. Dem
Spielleiter fällt daher die wichtige Aufgabe
zu, jeweils für die richtige Stimmung zu sorgen. Am Anfang dieses Abenteuers bedeutet
das, den Spielern ein Gefühl der Sicherheit
zu geben. Was auch immer passiert und
die Spieler aufhorchen lässt, entpuppt sich
schnell als etwas ganz natürliches und unbedeutendes. Es geht ums Wandern und nicht
um Abenteuer, oder? Irgendwann wird auch
der misstrauischste Spieler kapiert haben,
dass diesmal einfach nichts passiert. Wenn
sich dieses Gefühl dann endlich eingestellt
hat und die Spieler sich im Spielen ihrer Rolle
gefunden haben und lustige Lieder singend,
ihre Bratwurst in das Lagerfeuer halten,
ist die richtige Zeit gekommen: Das Grauen
bricht urplötzlich über die Spieler herein, zu
einem Zeitpunkt wo sie es (hoffentlich) gar
nicht mehr erwarten. Dann kommt es Schlag
auf Schlag. Ein Grauen jagt das nächste. Keiwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
ner kommt mehr zur Ruhe. Furcht, eine misstrauische Stimmung und unverständliche Ereignisse kommen zusammen.
Deine Aufgabe, lieber Spielleiter, ist es
diese Stimmung Wirklichkeit werden zu lassen. Wichtig ist nicht der genaue Zeitplan
und auch nicht, dass dem hier beschriebenen Handlungsstrang akribisch gefolgt wird.
Wichtig ist einzig und allein der Spaß an der
Furcht. Wenn etwas stört oder nicht passt,
lass es weg. Improvisiere. Ergänze. Mach mit
diesem Abenteuer was du willst, Hauptsache ist doch: Sie haben Angst, und du deinen
Spaß.
Nicht vergessen: Wir sind auf einem Wanderausflug. Niemand nimmt eine Waffe mit
auf einen Wanderausflug. Was sollen denn
da die Leute denken. Ein Taschenmesser
oder ein kleiner Jagddolch? Ok, das ist chic,
aber sonst nichts. Keine Ausrede erlaubt!
Freiburg
Münster
Freiburg, die heimliche Hauptstadt des
südlichen Schwarzwalds, mit ihrem beeindruckenden Münster, ist immer einen Besuch wert. Daher starten die Wandervögel
ihren Ausflug hier. Nach der Quartiernahme
im traditionsreichen Gasthaus „Zum Bären“,
gehen einzelne Gruppen auf eigene Faust
los, um die abendliche Stimmung in der Stadt
zu genießen. Wer nicht aufpasst und sich wie
ein Hans-guck-in-die-Luft durch die Gassen
der Stadt bewegt (weil er vielleicht die alten
Häuser bewundert), wird bald in einem der
vielen „Bächle“3 stehen, welche die ganze
Stadt durchziehen.
Früh am nächsten Morgen findet eine interessante Stadtführung statt. Professor Matthias Fittkau, Professor für Geschichte an der
Freiburger Albert-Ludwig-Universität und
ein alter Bekannter von Gerhard Kamper,
lässt sich die Ehre nicht nehmen, die illustre
Truppe durch das morgendliche Freiburg zu
führen. Ausgiebigst erläutert er den Interessierten die wichtigen und unwichtigen Ereignisse der Geschichte dieser Stadt. Wichtige
Ziele der Tour sind: Das Rathaus, die alte
Bibliothek, das Kornhaus, einige Gassen mit
prächtigen Bürgerhäusern und natürlich die
beeindruckenden Gebäude des erzbischöflichen Ordinariats.
Gegen 16.00 Uhr führt er die Gruppe dann
zum prachtvollen Freiburger Münster, welches als Wahrzeichen der Stadt diese weithin
überragt. Vikar Max Mössner erwartet die
Gruppe schon und führt sie durch das Münster. Er spricht viel über die Bedeutung dieser
heiligen Stätte für die gesamte Region und
den Sitz des bischöflichen Ordinariats hier
in Freiburg und geht natürlich auch auf die
baugeschichtliche Bedeutung des Baus ein
(siehe Anhang).
Zum Abschluss der Führung werden die
Teilnehmer eingeladen, den Turm des Münsters zu besteigen um den Rundblick über die
Stadt zu genießen. Am Turmaufstieg angekommen ist deutlich ein lautes Hämmern aus
3 Die Bächle sind kleine Kanäle, die links und
rechts der Strassen verlaufen. Diese kleinen
Wasserläufe sorgten im Mittelalter dafür, dass
Dreck und Unrat aus der Stadt geschwemmt
wurden. Sie sind etwa 20 cm tief und ebenso
breit. Das Wasser in ihnen ist jedoch selten
höher als 10 cm. Für nasse Füße langt es jedoch
allemal.
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Wandertag
den Kellerräumen des Münsters zu hören.
Darauf angesprochen erklärt Vikar Mössner,
dass vor einigen Tagen bei Reparaturarbeiten
im Keller, ein geheimer zugemauerter Raum
entdeckt wurde. Dieser war seit dem späten
Mittelalter nicht mehr betreten worden. In
dem Raum fand man ein menschliches Skelett, welches an der östlichen Wand angekettet war. Interessant waren vor allem die
Sammlung alter Schriften die sich in Regalen
und Truhen fanden. Natürlich würde er den
Interessieren gerne die Ausgrabungsstätte
zeigen, aber bedauerlicherweise ist der Verantwortliche der Ausgrabung, Vikar Johann
Seiler, seit Montag nicht mehr zur Arbeit erschienen. Ohne dessen Zustimmung darf er
die Ausgrabungsstätte leider nicht betreten,
geschweige denn eine Gruppe Gäste dorthin
führen. Um Johann Seilers Gesundheit ist es
leider nicht sehr gut bestellt, seit seiner Kindheit leidet der arme Mann an einem furchtbaren chronischen Hustenleiden, daher kann
man auch nicht genau sagen, wann Vikar Seiler wieder bei der Arbeit erscheint.
Nach diesem anstrengenden Tag werden
die Reisenden froh sein, dass bei ihrer Ankunft im Gasthaus ein gedeckter Tisch mit
deftigem Essen bereit steht. Der Abend zieht
sich noch lange hin bis die Ersten ins Bett gehen. Der Wirt lässt es sich dann gegen späteren Abend auch nicht nehmen, sich noch ein
bis zwei Stunden zu den Verbliebenen dazu
zu gesellen. Die zwei Flaschen Kirschwasser
und Obstler, die er bei dieser Gelegenheit
mitbringt, gehen dabei aufs Haus.
Hintergrund für den SL
Die Stadtführung dient nur der Atmosphäre. Interessant für das Abenteuer ist nur die
Entdeckung der alten Gruft, der Name Seiler
und das Verschwinden des kränklichen Vikars.
gebildeter, guter Deutscher könnte diese
Stadt, bei dem Goethes Faust seinen schauerlichen Tod fand, bei einem Besuch des südlichen Schwarzwalds auslassen. Am Bahnhof
erwartet Joachim Weiss die Truppe. Nach
einer kurzen, aber freundlichen Begrüßung,
führt er die Mannschaft durch die beschauliche Kleinstadt. Als stolzes Kind seiner Stadt
erläutert er vieles aus der ereignisreichen Geschichte der Stadt und zeigt seinen Gästen
die historischen Gebäude (siehe Anhang).
Das Mittagessen wird im Gasthof „Löwen“
eingenommen, in dem 1539 Goethes Faust
seinen Tod fand (Oberlehrer Binski, Kassenwart des Vereins, lässt es sich an dieser Stelle
nicht nehmen, ein längeres Stück aus dem
Faust zu rezitieren). Das Ende der Führung
ist der Spaziergang auf die nahe gelegene
Burgruine der Staufer. Der 18.00 Uhr Abendzug ins Münstertal wird rechtzeitig erreicht
und nach kurzer Fahrt endet die Zugstrecke
im unteren Münstertal.
Hintergrund für den SL
Der Abschnitt über Staufen hat an sich
nichts mit dem folgenden Abenteuer zu tun.
Er gilt nur der Ablenkung. Die Spieler sollen
sich ja sicher fühlen.
Ein schöner Abend
Das heutige Quartier, der Gasthof „Zur
Post“, liegt direkt am Bahnhof. Die Wirtsleute warten schon auf ihre Gäste und winken
der näher kommenden Truppe fröhlich zu.
Für den Abend verspricht Gerhard Kamper,
mit verschmitztem Lächeln, eine kleine Überraschung. Dies lässt natürlich sofort eine
wilde Diskussion entbrennen, was diesem
alten Schlitzohr wieder eingefallen ist. Nach
einem ausgiebigen und wohlschmeckenden
Essen ist es dann soweit, eine Trachtengruppe aus dem Münstertal führt für die Gäste
einige Tänze der Region auf. Am Ende der
Vorführung werden die Gäste zum Mittanzen
animiert und der eine oder andere mutige
Wanderer wird dieser Aufforderung sicher-
lich nicht widerstehen können. Während der
ganzen Zeit sind die Gäste wohl versorgt mit
Kaiserstühler Rotburgunder, Rothaus Bier
und Münstertäler Obstbränden. Gegen 1.00
Uhr Nachts gehen auch die letzten Wandervögel mehr oder weniger leicht taumelnd in
die weichen Betten.
Hintergrund für den SL
Der Abend dient der Stimmung, bei knapper Zeit kann er einfach übersprungen werden.
St. Trudpert
Ein Mönch und seine Frauen
6.30 Uhr, das Mysterium wiederholt sich:
Gerhard Kamper läuft gut gelaunt singend
durch die Gänge des Gasthofs, um seine
Wanderer mit einem fröhlichen Morgenlied
zu wecken. Auch nach dem guten Frühstück,
sind einige Wandervögel noch ziemlich deutlich von dem Fest der letzten Nacht gezeichnet. Doch Jammern hilft nicht; die Kutschen,
die die Gruppe zu ihrem nächsten Ziel bringen sollen, stehen schon auf dem Hof bereit.
Es handelt sich hierbei um sehr „rustikale“
Gefährte. Heuwagen auf die provisorisch einige Sitzbänke montiert wurden. Pferde und
Wagen sind hübsch mit bunten Bändern und
Feldblumen geschmückt und auf den Bänken
liegen dicke Wolldecken, um das Sitzen so
angenehm wie möglich zu machen. Zum Leidwesen einiger Kirschwasser-Geschädigter
der letzten Nacht, stimmt Gerhard Kamper,
kaum, dass die Wagen den Hof des Gasthofs
verlassen, ein fröhliches Wanderlied an. Die
Ehre eines wahren Wandervogels gebietet es
natürlich sofort in dieses mit einzustimmen.
Fröhlich gelaunt erreicht das Gespann
nach ca. einer Stunde das Kloster Trudpert
im oberen Münstertal. Die fröhliche Gruppe
wird von einer Nonne des Ordens durch die
öffentlich zugänglichen Teile des Klosters geführt. Ein kleiner geschichtlicher Abriss des
Staufen
Stadt des Faust
Um 6.30 Uhr weckt Gerhard Kamper die
gesamte Wandertruppe4. Nach einem kurzen, aber kräftigen Frühstück, bricht die
Gruppe auf, um den 8.00 Uhr Zug nach Staufen zu erreichen. Nach kurzer, ereignisloser
Fahrt erreicht die Reisegruppe Staufen. Kein
4 Es gilt als eines der Mysterien des Wandervögel e.V. wie es Gerhard Kamper immer wieder
schafft, nachts der feuchtfröhliche Letzte und
morgens der gutgelaunte Erste zu sein.
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Wandertag
Klosters und selbstverständlich die Geschichte des heiligen St. Trudpert gehören mit zum
Programm (siehe Anhang). Die katholischen
Mitglieder der Gruppe bekommen anschließend die Möglichkeit in der Kapelle des Klosters zu beten.
Kurz vor dem Aufbruch lässt Gerhard Kamper beiläufig die Bemerkung fallen, langsam
wäre es aber Zeit aufzubrechen, man wolle
doch nicht die äußerst geschmackvolle Überraschung des heutigen Abends verpassen,
oder? Sofort beginnen wieder die wildesten
Spekulationen.
Hintergrund für den SL
Die Besichtigung dieses Klosters ist heute
ein muss für jeden Touristen. Um 1880 kann
man es jedoch als große Ehre ansehen, wenn
man die Möglichkeit zu einer Besichtigung
bekommt. Dies ist einer der Gründe, warum
die Ausflüge, die Gerhard Kamper organisiert,
so beliebt sind, er schafft es immer wieder,
das Unmögliche möglich zu machen. Wichtig
für das Spiel ist nur, dass die Schwestern die
klerikale Gewalt
im
Münstertal
verkörpern. Bei
Bedarf kann man
hier, durch die
Schwestern bzw.
die Klosterbücherei, an Informationen über die
Geschichte des
Tals oder andere
Dinge gelangen (dies sollte bei den Ausführungen der Führerin klar werden). Vom Kloster zum Ortsteil Spielweg sind es ca. 15 km.
Die Weinprobe
Es ist etwa 17.00 Uhr als die mit singenden
Touristen beladenen Wagen in den Ortsteil
Spielweg einbiegen. Hier im letzten Winkel
des Münstertals definiert sich das Zentrum
des Ortes durch eine kleine Kirche, ein kleines Schulhaus und das „Wirtshaus zum Spielweg“. Auch hier wird der Trupp aus Berlin
schon erwartet. Im gemütlichen, schattigen
Garten wurden drei große Tische aufgebaut
und liebevoll geschmückt. Rustikale Holzbretter, massives Besteck und überraschend
viele Gläser zieren zudem die Tische. Mägde
und Knechte bringen das Gepäck auf die Zimmer, während der Wirt seine Gäste begrüßt
und ihnen zuerst einmal ein WillkommensSchnäpschen serviert. Den Wandersleuten
wird nun die Gelegenheit gegeben, sich kurz
frisch zu machen. Gerhard Kamper bittet seine Leute pünktlich um 18.00 Uhr zum Essen
zu erscheinen.
Kurz nachdem sich alle versammelt haben,
lässt Gerhard Kamper die Katze aus dem Sack.
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Es ist ihm mit Hilfe des Wirtes, dem er hiermit
noch einmal herzlich dankt, gelungen, einen
bekannten Winzer vom nahe gelegenen Kaiserstuhl zu einer Weinprobe zu laden. Am
heutigen Abend wird jeder die Möglichkeit
haben von einem wahren Experten die Kunst
des Weintrinkens zu lernen. Hiermit übergibt
er das Wort an Friedrich Schindler, welcher
nach kurzer Begrüßung einen Vortrag hält
über die badische Weinregion, den hier angebauten Wein und die Kunst des Weinkelterns.
Um den Vortrag nicht zu trocken werden
zu lassen, werden an den entsprechenden
Stellen, wenn es um bestimmte Weinsorten
geht, die entsprechenden Weine auch ausgeschenkt.
(Charaktere, die an dieser Veranstaltung
ernsthaft teilnehmen und sie nicht nur als
eine billige Gelegenheit zum Zechen sehen,
erhalten anschließend die Fertigkeit „Weinkunde“ mit 20% Erfolgschance (siehe Anhang)). Am Ende der Veranstaltung haben
die Gäste die einmalige Gelegenheit eine Bestellung direkt bei Winzer Schindler aufzugeben (Vorauszahlung). Die Flaschen werden
an den Freiburger Bahnhof geliefert und an
der Gepäckaufbewahrung auf den Namen
Kamper hinterlegt.
Noch spät am Abend sitzt die Runde gemütlich im Freien und singt gemeinsam einige Volkslieder bzw. lauscht den Geschichten
und Sagen des Schwarzwaldes, vorgetragen
von Herrn Gerhard. Der Seelsorger der Gemeinde, Pfarrer Michael Pfaff, lässt es sich
nicht nehmen der fröhlichen Gruppe seine
Aufwartung zu machen. Er heißt Sie alle
recht herzlich im Spielweg willkommen und
lädt die Katholiken der Gemeinschaft bei dieser Gelegenheit gleich zum Gottesdienst am
nächsten Tag ein. Eine Einladung die Gerhard
Kamper natürlich sofort annimmt und dem
Pfarrer dafür herzlichst dankt.
Als der Pfarrer, einem Gläschen Wein in
Ehren nie abgeneigt, noch gemütlich in der
Runde sitzt und einige Geschichten aus der
Umgebung des Münstertals5 erzählt, kommt
Peter Volk, einen kleinen Handkarren mit
zwei Milchkannen schiebend, den Weg zum
Gasthof hochgelaufen. Pfarrer Pfaff, gerade
mit einer seinen Anekdoten am Ende, grüßt
ihn und fragt den Bauern, ob es seiner Anna
denn wieder besser gehe und ob sie ihren
Schnupfen auskuriert hätte. Er würde sich
freuen die Familie am Sonntag wieder gesund in der Kirche zu sehen. Mit einem Gruß
an die Frau und die beiden Töchter verabschiedet er sich von Peter. Peter Volk macht
einen recht zurückhaltenden Eindruck. Er ist
sehr kurz angebunden, so als wäre ihm ein
Gespräch oder die Gesellschaft der Fremden
unangenehm.
Hintergrund für den SL
Bis zu diesem Zeitpunkt sollte auch der
misstrauischste Spieler kapiert haben, dass in
diesem „Abenteuer“ einfach nichts passiert.
Es gibt keine Geheimnisse zu ergründen und
nichts Schreckliches zu entdecken. Es ist einfach nur ein Wanderausflug! Also entspannt
euch.
Kirchgang am Sonntag
Am Sonntag versammelt sich fast das ganze Dorf und sicherlich auch alle Katholiken
der lustigen Wandergruppe zum Kirchgang
(Für die Protestanten der Wandervögel organisiert Heinrich Müller, im Kirchenvorstand
der evangelischen Gemeinde Wannsee, eine
Bibelstunde im Garten des Gasthofs). Die
Dorfbewohner tragen ihre Sonntagstracht,
fast ausschließlich farbenfrohe Trachten
mit bunten Bändern, bestickten Schürzen
und prächtigen Hüten. Für die Touristen
aus Berlin sicherlich eine der Attraktionen
dieser Wanderung. Natürlich begrüßt Pfarrer Pfaff die Gäste aus Berlin zu Beginn des
Gottesdienst und wünscht ihnen frohe Tage
im schönen Münstertal. Am Ende des Gottesdienstes verabschiedet er sich natürlich
persönlich von der Wandergruppe. Kurz zuvor kann ein aufmerksamer Charakter beobachten, wie Pfarrer Pfaff sich kurz mit Peter
Volk und seiner Frau unterhält (die Töchter
sind nicht anwesend!). Sollte ein Charakter
zufällig das Gespräch belauschen, so hört er,
wie sich der Pfarrer nach dem Befinden der
Töchter erkundigt. Offensichtlich hat sich die
junge Anna bei ihrer Schwester Maria angesteckt und konnte daher nicht mit zum Kirchgang gehen. Die Mutter macht einen recht
niedergeschlagenen Eindruck, als würde sie
sich Sorgen um das Wohl ihrer Kinder machen. Dennoch, einen Arzt oder andere Hilfe
lehnt die Familie Volk strikt ab (nicht nötig,
zu teuer, nur eine kleine Erkältung…).
Hintergrund für den SL
Anna ist zu diesem Zeitpunkt seit etwa
3 Tagen verschwunden. Vater und Mutter
glauben, dass Anna weggelaufen sei, um
sich mit einem Mann zu treffen. Die Mutter
hatte vor einigen Tagen von einer Nachbarin
erfahren, dass Anna sich heimlich mit einem
jungen Mann trifft der nicht aus der Gegend
kommt. Die Nachbarin sah beide Händchen
haltend am oberen Weiher sitzen. Am Morgen nach einem heftigen Streit, bei dem
es auch einige Ohrfeigen setzte, war Anna
5 Die Geschichte des heiligen St. Trudpert
bleibt den Gästen hierbei auf gar keinen Fall
erspart.
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Wandertag
plötzlich verschwunden. Maria, die im selben
Zimmer schlief wie ihre Schwester, bekam
nur mit, dass diese mitten in der Nacht das
Zimmer verlies dachte sich aber nichts dabei
und schlief wieder ein. Peter Volk streift seit
diesem Tag öfters durch die nähere Umgebung und hält nach einem fremden Mann
mittleren Alters bzw. nach Anna Ausschau.
Er fürchtet jedoch um den Ruf seiner Familie und erzählte vorerst niemandem von
dem Verschwinden seiner Tochter. Das Verschwinden der 15-jährigen Maria beunruhigt
die Familie natürlich noch mehr. Die Mutter
vermutet zurecht, dass Maria losgezogen ist,
um ihre geliebte Schwester zu suchen.
Das Wandern ist
des Müllers Lust
Kaum sind die Kirchgänger wieder zurück,
wird es ernst. Nach den vergangenen müßigen Tagen steht nun die erste große Wanderung bevor. An einer großen Wanderkarte die
im Gasthaus aushängt, erklärt Herr Gerhard
grob die geplante Wanderung der nächsten
Tage: Vom Spielweg aus geht es zuerst zum
Scharfenstein, wo man die erste Nacht verbringt. Am nächsten Tag geht die Wanderung
aufs Wiedener-Eck und nach einer zünftigen
Vesper von dort aus weiter an den Fuß des
Belchens (laut Gerhard der schönste, wenn
auch nicht höchste Berg des Schwarzwalds).
Tags darauf wird dann der Belchen bestiegen
und am Abend dürfen sich dann alle, nach
den Strapazen der Wanderung, auf ein vorzügliches Abendessen bei der Familie Botz
im Berggasthaus Haldenhof freuen. Im Haldenhof wird man dann zwei Nächte bleiben,
um seine Kräfte aufzufüllen und noch etwas
den kulinarischen Genüssen des Schwarzwaldes zu frönen. Am Morgen des 5. Tages
wandert man zum Teufelsgrund im unteren
Münstertal wo ein Silberbergwerk auf eine
Besichtigung wartet. Nach einer weiteren
Nacht geht es dann mit dem Zug zurück nach
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Freiburg und von dort aus mit dem Nachtzug
nach Berlin.
Nach dem kurzen Vortrag von Herrn Gerhard geht es auch sofort los: Vom „Gasthaus
zum Spielweg“ aus, geht es über Schotterwege und kleine Pfade die sanften Hügel des
Schwarzwaldes empor. Schon nach kurzer
Zeit lässt die muntere Schar, von den schmalen Wegen einmal abgesehen, die letzten Zeichen der Zivilisation hinter sich. Das Wetter
ist perfekt, nicht zu heiß und nicht zu kalt. An
einem kleinen natürlichen See umgeben von
großen Tannen und Fichten rastet man, um
ein kleine Vesper einzunehmen. In der Ferne
sieht man eine eindrucksvolle Felsnadel aus
dem Meer der Bäume aufragen, Gerhard
Kamper erklärt bei Gelegenheit, dass es sich
hierbei um das Ziel der heutigen Wanderung
handelt, den Scharfenstein. Die Hütte in der
man übernachten wird, befindet sich direkt
am Fuße des Felsens. Kurz vor dem Erreichen
der Hütte, sieht man beim Überqueren einer
größeren Wiese in ein Tal hinunter, in dem ein
kleines Bauernhaus erkennbar ist. Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass das Haus einen
recht verlassenen Eindruck macht. Kurz darauf kommt die Scharfensteinhütte in Sicht.
Hintergrund für den SL
Das Bauernhaus, das man am Ende der
Wanderung sieht, ist das, in dem später die
drei Leichen der Wandergruppe gefunden
werden.
Die Scharfensteinhütte
Gegen Abend erreicht die Truppe die Scharfensteinhütte etwa 150 m Luftlinie vom Fuße
des Scharfenstein-Felsens entfernt. Auch
durch die dichten Bäume kann man von hier
aus deutlich die steile Felswand des Scharfensteins erkennen, der von hier aus steil in
den Himmel ragt. Das Gepäck der Wanderer
befindet sich bereits in der Hütte. Es wurde
mit einem Gespann, über eine steile Schotterstraße heraufgefahren, welche das obere
Münstertal mit dem Wiedener-Eck verbindet,
von wo aus sich die Straße dann ins benachbarte Wiesental schlängelt. Im Bullerofen der
Hütte brennt ein kleines Feuer und verbreitet
mollige Wärme. Die Hütte besteht aus einem
Hauptraum und einer 4 m2 großen Küche. Direkt vor der Hütte steht ein aus einem Baumstamm gehauener Brunnen. Gleich daneben
befindet sich eine überdachte Grillstelle, um
die auf einfachen Bänken (=halbierte Baumstämme mit vier kurzen Stützfüßen) etwa 20
Personen bequem Platz finden. Hinter dem
Haus steht ein Klosetthäuschen und ein kleiner 5 m2 großer Holzschuppen (verschiedene kleine und große Holzstücke, sowie eine
Axt).
Während sich die Wanderer noch häuslich
einrichten, kommt Förster Thomas Schrodi
mit seinem gescheckten Gaul die kurze Stichstrasse vom Hauptweg herunter geritten,
um die Gäste zu begrüßen. Er unterlässt es
nicht, deutlich darauf hinzuweisen, dass man
sich mit offenem Feuer in Acht nehmen muss
und dass man keinen Müll in den Wald werfen darf. Falls man plane, auf den Felsen zu
steigen, solle man sich oben in Acht nehmen,
da es keine Sicherung gibt und ein Sturz aus
dieser Höhe mit Sicherheit tödlich endet.
Hintergrund für den SL
Je nach Moralvorstellung der jeweiligen
Zeit und Zusammensetzung der Wandergruppe kann es hier zu einem Problem kommen: Nur ein Raum, aber Männer und Frauen
in der Gruppe?!? (Eine Lösung wäre ein Vorhang aus Decken zu spannen, ein anderer,
dass alle Männer draußen schlafen).
Eine leuchtende Nacht
Am Schein des Lagerfeuers sitzt die Gruppe
noch lange zusammen, singt Volkslieder oder
hört sich Sagen und Geschichten über die Gegend an (vorgetragen von Herrn Gerhard).
Um etwa 22.30 Uhr beschließt man, sich zur
Ruhe zu legen, um am nächsten Morgen früh
aufbrechen zu können. In der Nacht verspürt
einer der Charaktere den Drang, schleunigst
ein gewisses Örtchen aufzusuchen. Als er
erleichtert zur Hütte zurückkehrt, sieht er
plötzlich ein sonderbares Leuchten am Himmel. Die Spitze des Scharfensteins scheint in
den unterschiedlichsten Farben zu leuchten.
Nach etwa 30 Minuten erschallt ein entfernter Schreckensschrei, kurz darauf erlischt das
Leuchten ohne irgend welche Spuren zu hinterlassen.
Hintergrund für den SL
In dieser Nacht vollzieht Seiler sein erstes
Ritual. Von seinem Wahn völlig gefangen,
opfert er Anna in einem Ritualmord und beschwört dadurch einen hilfreichen Dämon.
Diese Szene wird von Maria beobachtet,
die jedoch vor lauter Angst unfähig ist, ihrer
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ANDUIN 93
Wandertag
Schwester zu helfen. Anna selbst steht unter
Einfluss von Alkohol und anderen betäubenden Drogen und bekommt von dem ganzen
Geschehen nichts mit. Der Schreckensschrei
stammt von Maria, die anschließend in Panik
davon rennt. Seiler ist nach der Beschwörung
völlig geschwächt und kann sich daher nicht
sofort um Maria kümmern und der beschworene Dämon handelt nicht ohne konkreten
Befehl. Damit es wie ein Unfall aussieht wirft
Seiler Annas Leiche später einen der Straße
abgewandte Felsvorsprung hinunter, wo
die Leiche später von Peter Volk gefunden
wird. Ein Aufstieg auf den Scharfenstein in
der Nacht, ohne den Weg zu kennen, ist völlig undenkbar. Gesunder Menschenverstand
reicht aus, um dies zu erkennen. Sollte es
ein Charakter dennoch versuchen, wird er
sich zwangsläufig verlaufen und frühestens
am Morgen wieder zur Hütte zurückfinden.
Wird Gerhard Kamper mit diesen Phänomenen konfrontiert, kommt er am Ende zu der
Überzeugung, dass es sich um einen Streich
einiger jugendlicher Dorfbewohner handelt,
die den Städtern etwas Angst einjagen wollen (die anderen Gruppenmitglieder schließen sich dieser Meinung an).
Spaziergang auf
den Scharfenstein
Über Nacht sind dunkle Wolken aufgezogen und versprechen ein baldiges Gewitter oder zumindest einen heftigen Regen.
Gerhard Kamper beschließt nach kurzer
Rücksprache mit seiner Truppe, die für heute geplante Wanderung an den Belchen abzusagen. Mangelnde Schutzmöglichkeiten
auf der Strecke und die Tatsache, dass ab
heute jeder sein Gepäck selbst tragen muss,
sprechen dafür die Wanderung auf morgen
zu verschieben und heute nur einen kleinen
Spaziergang in der Gegend zu unternehmen.
Ein Spaziergang auf den Scharfenstein (eigentlich nicht geplant) bietet sich hier an.
Über schmale Pfade geht es an der rechten
Seite des Felsens stetig bergauf. Der Weg
führt durch Wald und Wiesen immer höher
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den Felsen hinauf nach etwa 45 Minuten ist
der Gipfel erreicht und ein phantastischer
Blick über weite Teile des Münstertals öffnet
sich dem Betrachter. Ein 3 m großes Holzkreuz, mit Eisenstreben stabilisiert, ziert
den Gipfel. In natürlichen, durch Witterung
entstandenen Mulden, die die Kuppe des Felsens überziehen, liegen noch die Blätter des
letzten Herbstes und einige Reisigreste. Herr
Gerhard drängt schon nach kurzem Aufenthalt auf dem Felsen zum baldigen Aufbruch,
da er dem Wetter nicht traut.
Hintergrund für den SL
Auf den ersten Blick sind keine Spuren des
nächtlichen Geschehens zu erkennen. Charaktere, die sich hier gezielt umsehen (vielleicht wegen der Lichter oder dem Schrei der
letzten Nacht) finden einige verstreut liegende rußige Felsbrocken. Es scheint, als hätte
jemand die Steine eines Lagerfeuers über
die ganze nähere Umgebung verteilt. Sollte
sich jemand die einzelnen Mulden genauer
anschauen, so findet er in einer der größeren
Mulden in der Nähe des Kreuzes, unter dem
alten Laub und Reisig, Rußreste. Die Leiche
Annas kann von dieser Stelle aus übrigens
nicht entdeckt werden.
Ein Grillabend mit Schrecken
Am Nachmittag setzt plötzlich ein heftiges
Gewitter ein. Die nächsten Stunden verbringen die Wanderer in der Hütte und warten
auf ein Nachlassen des Regens. Als dieser
schwächer wird, beschließt man ein Lagerfeuer an der überdachten Feuerstelle anzufachen. Bei warmem Feuer und schmackhaften
Grillwürsten, vergisst jeder schnell das ungemütliche Wetter. Die Stimmung steigt und
nach kurzer Zeit tönen lustige Lieder durch
den Wald.
Plötzlich hört einer der Charaktere laute
Geräusche. Etwas großes kommt lautstark
auf den Feuerplatz zu. Die Geräusche kommen vom Hang der direkt von der Hütte zur
Straße hoch führt und es kommt immer näher. Plötzlich stürzt ein schmutziges etwa 15-
jähriges Mädchen in den Schein des Feuers.
Völlig verängstigt, die dreckigen Kleider an
vielen Stellen zerrissen, schaut es sich in Panik um und kann sich nicht so recht entscheiden, ob es zum Feuer kommen oder lieber
wegrennen soll.
Hintergrund für den SL
Das Mädchen ist die kleine Maria (was aber
vorerst niemand weiß). Sie ist völlig verstört
und lässt anfangs niemanden näher kommen. Einer der Anwesenden (am besten eine
Frau) sollte sich sehr vorsichtig und einfühlsam dem Mädchen nähern. Sobald Maria in
den Armen eines der Helfer liegt, bricht sie
zusammen, schluchzt nur noch und kann
nur noch vor sich her stammeln. Sie reagiert
nicht auf Fragen, sondern stammelt immer
wieder die selben Sachen vor sich her (bitte
in Münstertäler Dialekt vortragen ;-): „geh
nicht zu ihm… der ist böse… bleib weg….
komm Heim zu uns… bitte…. Mama ist ganz
verzweifelt… sie ist dir bestimmt nicht mehr
böse… der Lackaffe ist nicht gut für dich…
der liebt dich doch nicht…. komm zurück…
ich bin so traurig“. In ihrer Schürze findet
sich das Poesiealbum von Anna Volk (siehe
Anhang). Ein Arzt oder Heilkundiger wird sofort feststellen, dass Maria einen schweren
Schock hat und so schnell wie möglich ins
Dorf gebracht werden sollte.
Das Poesiealbum
der Anna Volk
Die meisten Seiten des Poesiealbums sind
bereits vollgeschrieben. Die üblichen Gedichte, Sprüche und religiös und moralisch angehauchten Weisheiten überziehen die Seiten.
Hintergrund für den SL
Bis auf die letzte Seite ist das hier Geschriebene völlig uninteressant. Auf der letzten
Seite jedoch findet sich ein Liebesgedicht
von einem gewissen Johannes (siehe Anhang). Die Schrift unterscheidet sich stark
von der Schrift, in der die anderen Gedichte
und Sprüche geschrieben wurden. Sie deutet
darauf hin, dass der Verfasser des Gedichts
häufiges Schreiben gewöhnt ist. Auch das
Fehlen von Schreibfehlern oder schlechter
Grammatik könnte auffallen.
Marias Heimkehr
Da es in der Nacht nicht möglich ist, zum
Dorf zurück zu kehren, kümmern sich die
Frauen der Wandergruppe um das Mädchen.
Maria, völlig erschöpft, fällt nach kurzer Zeit
in einen unruhigen Schlaf. Am Morgen werden einige aus der Gruppe ausgewählt, um
Maria ins Dorf zu bringen. Maria ist nicht bei
Sinnen und muss daher die ganze Zeit getragen werden, sie reagiert nicht auf Fragen
und stammelt immer nur wieder dieselben
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ANDUIN 93
Wandertag
zusammenhangslose Dinge. Die kleine Gruppe braucht etwa eine Stunde, um das Dorf
über die steile Straße zu erreichen. Jeder im
Dorf kann den Charakteren sagen, dass es
sich bei dem kleinen Mädchen um Maria Volk
handelt. Das Mädchen wird sofort zum Hof
der Volks gebracht, der etwa 5 Minuten vom
Dorfkern entfernt liegt. Die Mutter ist völlig
verzweifelt und mit den Nerven fertig. Berta
Schill, die Hebamme des Dorfes (und somit
die medizinische Kompetenz des Dorfes), wir
geholt, um sich um Tochter und Mutter zu
kümmern. Peter Volk gesteht nun dass seine
beiden Töchter verschwunden waren, Maria
seit 2 Tagen und Anna seit 5 Tagen. Er sucht
schon seit einigen Tagen nach den beiden,
konnte sie aber bisher nicht finden. Wegen
der Schande hat er nichts gesagt.
Hintergrund für den SL
Der Spielleiter sollte dafür sorgen, dass es
die Charaktere sind, die mit Maria ins Dorf
geschickt werden. Sollte sich einer oder
mehrere Charaktere strikt weigern, ist es die
Aufgabe des Spielleiters diesen zumindest
während des Überfalls auf die Hütte von selbiger fern zuhalten.
Die Suche
nach Anna
Man beschließt sofort einen Suchtrupp zu
bilden, der die Gegend um den Scharfenstein nach Anna absuchen soll. Die Glocke der
kleinen Dorfkirche ruft die Männer des Dorfes zusammen und nach einiger Zeit, es ist
derweil später Nachmittag, quälen sich zwei
Pferdewagen mit insgesamt 15 Mann plus
den Charakteren die steile Straße Richtung
Scharfenstein hoch. Die Wagen brauchen für
die Strecke etwa 90 Minuten. Kurz vor erreichen der Hütte riecht jemand Rauch, irgendwo scheint ein großes Feuer zu brennen. In
diesem Moment umfahren die Wagen den
Scharfenstein und sehen eine große Rauchsäule aus dem Wald gen Himmel steigen, an
genau der Stelle, an der die Hütte stehen
muss. An der Hütte angekommen, steht die
Hütte tatsächlich in Flammen. Das Feuer
muss schon seit ca. 1-2 Stunden brennen. Es
ist niemand zu sehen. Die Männer versuchen
sofort das Feuer zu löschen, was sich aber
als recht mühsam erweist, da man keine vernünftigen Hilfsmittel dafür bei sich hat. Das
bisschen Wasser aus dem Brunnen ist wie
ein Tropfen auf den sprichwörtlichen heißen
Stein. Man beschließt daher, das noch stark
brennende Feuer abbrennen zu lassen und
schützt die Umgebung vor Funkenflug.
Peter Volk ist über die Verzögerung wenig
erfreut, drängt darauf, die Suche nach Anna
endlich zu beginnen, solange es noch hell ist.
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Er verlässt mit zwei Freunden die restliche
Gruppe, um zumindest die nähere Umgebung abzusuchen. Die restlichen Männer reichen auch vollkommen aus, um das Feuer in
Schach zu halten.
Einem der Bauern fällt bei Zeiten auf, dass
Forstmeister Schrodi nicht bei der Suchtruppe ist und auch das Feuer anscheinend nicht
bemerkt hat. Dies ist besonders deshalb sonderbar, da von seiner Forsthütte aus dieser
Teil des Waldes ganz gut zu sehen ist. Da er
gestern auch nicht im Dorf war, nimmt man
an, dass er die Nacht über in seiner Hütte verbrachte, was nicht ungewöhnlich für ihn ist.
Aber vielleicht hat er ja das Feuer gesehen
und ist schon auf dem Weg ins Dorf, um Hilfe
zu holen?
Nach einiger Zeit (es wird bereits dämmrig)
kommt einer der Bauern auf die Idee, dass es
im alten Schärle-Hof noch Schaufeln und Eimer geben könnte, mit denen man das Feuer
besser löschen könnte. Eine kleine Gruppe
von Männern eilt daraufhin den kleinen Weg,
der an der Scharfensteinhütte vorbeiführt,
zu dem verlassenen Bauernhof hinunter, um
Schaufeln und Eimer zu holen.
Hintergrund für den SL
Wenn das Feuer später einigermaßen heruntergebrannt ist und die Hitze es zulässt,
findet man einige verkohlte Leichen in den
Überresten des Hauses. Eine genauere Untersuchung offenbart, dass es sich ausschließlich um Männer handelt. Von den Frauen der
Wandergruppe fehlt weiterhin jede Spur. Der
Spielleiter kann diesen Fund zu einer zeitlich
passenden Gelegenheit einbauen (anfangs
ist die Hitze zu groß, um die Hütte zu betreten).
Annas Leiche
Kaum sind die Männer verschwunden,
kommt Peter Volk mit seinen beiden Begleitern die Stichstrasse vom Hauptweg herunter marschiert. In seinen Armen trägt er die
zerschundene Leiche einer jungen Frau, seine
Anna. Volks Gesicht ist wie versteinert, seine
von Tränen geröteten Augen starren vor sich
hin und er spricht kein unnötiges Wort. Einer
seiner Begleiter berichtet, dass sie Anna auf
der Westseite des Scharfensteins in einer
Felsspalte fanden. Vermutlich sei sie oben
vom Plateau heruntergestürzt und dabei gestorben. Sie muss dort schon mindestens seit
Vorgestern gelegen haben. Peter Volk nimmt
zu diesem Zeitpunkt nur sehr eingeschränkt
seine Umgebung wahr. Er legt Anna auf einen der Wagen und steigt selbst hinten auf,
um bei seiner Tochter sitzen zu können. Mit
einem einfachen „Lass uns fahren“ heißt er
einem Freund die Pferde anzuspannen und
loszufahren. Die restlichen Männer bleiben
zurück, um sich um das Feuer zu kümmern
und um anschließend nach den Fremden zu
suchen.
Hintergrund für den SL
Beschaut sich eine(r) der Charaktere Annas Leiche (und hierbei sollte sie (er?) äußerst taktvoll vorgehen), so fallen einige
dunkle pfenniggroße Brandmale auf Händen
und Füßen der jungen Frau auf. Ein weiteres
und etwas größeres Mal befindet sich direkt
oberhalb des Bauchnabels (dieses Mal werden die Charaktere zu diesem Zeitpunkt aber
mit Sicherheit nicht finden, da Peter Volk
(und im Notfall alle anderen Dorfbewohner)
eine so ausgiebige „Untersuchung“ seiner
toten Tochter, sehr schnell und auch sehr rabiat unterbinden wird). Volk wird in diesem
Punkt auf keinerlei sinnvolles Argument eingehen. Taktlose bzw. übermütige Charaktere können sich an dieser Stelle eine Menge
Feinde fürs Leben machen. Wird Volk von
den Charakteren zu sehr gereizt wird er nicht
zögern sich wie ein Wahnsinniger auf einen
oder auch alle der Charaktere zu stürzen. Die
restlichen Bauern werden ihm im Zweifelsfall
natürlich helfen.
Volk will auch nicht, dass einer der Charaktere mitfährt. Das ist seine Sache. Außerdem
müssen die Fremden doch ihre vermissten
Freunde suchen, oder?
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Wandertag
Ein grausiger Fund
Die Männer kommen nach ca. 40 Minuten
völlig entsetzt den Weg hochgelaufen und
berichten, sie hätten drei verstümmelte Leichen in dem alten Bauernhof gefunden.
Im ehemaligen Wohnraum des Bauernhofs
findet man tatsächlich die verstümmelten
Leichen, dreier männlicher Mitglieder der
Wandergruppe. Keiner kann sich die Bisswunden erklären, es scheint als hätte ein Bär
(muss wohl aus der Schweiz über die Grenze
eingewandert sein) die Leichen zerfetzt. Die
Suchtruppe beschließt zur Hütte zurückzukehren, um das weitere Vorgehen zu beraten.
Einige drängen darauf die Suche nach den
Gästen aus Berlin sofort zu beginnen. Wenn
wirklich ein Bär durch die Wälder streift,
zählt vielleicht jede Minute. Andere wollen
zuerst Waffen holen, um sich gegen den „Bären“ wehren zu können; der Rest will vorerst
bei der brennenden Hütte bleiben, damit das
Feuer nicht den Wald in Brand setzt.
Hintergrund für den SL
Eine genauere Untersuchung zeigt, dass
der „Feinschmecker“ gezielt die Herzen der
Opfer verspeist hat. Der Dämon hat sich
diesen ruhigen Ort ausgesucht, um seine
grausige Speise zu sich zu nehmen. Werden
sie gezielt befragt, werden die unter Schock
stehenden Bauern (die losgeschickt wurden
um das Werkzeug zu holen) berichten, dass
das große Scheunentor halb offen stand als
sie ankamen. Die Scheune hat, wie damals
üblich, einen direkten Durchgang zum Wohnhaus. Durch Spurenlesen erkennt man auch,
dass die Opfer von draußen nach drinnen geschleift wurden. Schleifspuren von der Hütte
zum Bauernhaus lassen sich jedoch nicht finden (der Dämon flog seine Opfer auf den Hof
und zog sie dann in den Raum hinein).
Glockenläuten
Die Suchtruppe ist noch in ihre Diskussion
vertieft, (derweilen ist es späterer Abend geworden), als einer plötzlich Ruhe gebietet.
Aus dem Tal her hört man leise das Schlagen einer Kirchenglocke. Im Dorf werden
offensichtlich die verbliebenen Leute zusammengerufen. Bauer Stefan Meier meint der
Wagen mit Annas Leiche sei wohl gerade
angekommen und jetzt ruft der Pfarrer halt
die ganzen Leut‘ zusammen. Es vergeht eine
gute Stunde, als man plötzlich das tiefe, weit
entfernte Schlagen einer großen Glocke hört.
Das Geläut scheint die Bauern zu verwirren.
Es ist die große Glocke des Klosters St. Trudpert, die Alarm schlägt. Das letzte mal, dass
sie Alarm schlug, war bei der großen Sturmkatastrophe vor 15 Jahren. Etwas Schlimmes
muss passiert sein. Die brennende Hütte und
die Suche nach irgend welchen Fremden aus
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Berlin, werden plötzlich sekundär. Die Bauern fürchten um ihre Höfe und ihre Familien
und beschließen sofort aufzubrechen. Nichts
kann sie aufhalten.
Hintergrund für den SL
Im Dorf wurde der Überfall auf das Haus
der Volks entdeckt. Da es sich nach Ansicht
der Dorfbewohner eindeutig um die Tat des
Teufels handelt, schickte man augenblicklich
einen Reiter zum Kloster, um Hilfe von den
Schwestern zu erbitten.
Sollten die Charaktere versuchen die Bauern aufzuhalten, werden sie schnell feststellen, dass die Stimmung sehr gereizt ist. Argumente wirken nicht mehr. Fremde sind nicht
wichtig. Es gibt auch nicht genügend Plätze
auf dem übrigen Wagen für alle anwesenden
Personen. Sollen die Fremden doch selbst
schauen wie sie zurecht kommen. Das Dorf
und die eigene Familie sind jetzt wichtiger.
Ein Pferd im Wald
Über kurz oder lang, werden die Charaktere sich auf den Rückweg ins Dorf machen
oder sie werden die Gegend nach ihren weiterhin vermissten Freunden absuchen. Nach
einiger Zeit kommen sie an den Rand einer
größeren Wiese auf der ein gescheckter Gaul
grast. Die Charaktere erkennen den Gaul
leicht als jenen, mit dem Försters Schrodi sie
bei der Hütte besuchte. Obwohl das Pferd
einen Sattel samt Satteltasche trägt, gibt
es vom Reiter keine Spur. Nähert man sich
dem Pferd, weicht dieses verstört zurück. Es
scheint sehr scheu zu sein und jemand, der
sich etwas mit Pferden auskennt, erkennt sofort, dass es auf einem Bein lahmt. Reiten ist
ausgeschlossen, man kann das Pferd jedoch
problemlos am Zügel führen. Pferdekenner
können auch erkennen, dass das Pferd vor
einiger Zeit (maximal ein Tag) wohl sehr
schnell galoppierte und anschließend nicht
abgerieben wurde.
Hintergrund für den SL
Mit dem richtigen Verhalten und entsprechenden Proben auf Reiten bzw. Tierkunde
sollte es den Charakteren schließlich gelingen, die Zügel des Pferdes zu ergreifen und
es zu beruhigen. Untersucht man das Hinterbein des Pferdes, findet man eine üble, etwa
einen Tag alte Schnittwunde (bei panischer
Flucht an einem Felsen aufgerissen). In der
Satteltasche findet sich das Notizbuch des
Försters, ein Jagdmesser, ein Trinkschlauch
mit kaltem Tee und eine Packung mit 17
Schuss Gewehrmunition.
lerhütte am Schurlebuck??? --> Bergmann
fragen!“
Hintergrund für den SL
Im Dorf können die Charaktere schnell erfahren, wo sich die alte Köhlerhütte befindet und dass sie dem Hausmeister der Dorfschule, Andreas Bergmann, gehört. Sie steht
eigentlich leer, wird aber hin und wieder
von Waldarbeitern benutzt, die nicht jeden
Abend den steilen Weg ins Dorf runterlaufen wollen. Andreas Bergmann sagt ihnen,
dass er die Hütte unregelmäßig seit einigen
Monaten an einen Herrn aus Freiburg, der
wegen der guten Luft hier sei, vermietet. Der
Mann hat einen argen Husten und die Luft im
Schwarzwald würde ihm wohl gut tun. Ein
Küster oder so ähnlich sei er und Johann Seiler ist sein Name. Sehr netter Mann, nur halt
ein bisschen schwach auf der Brust. Seit etwa
einer Woche ist er wieder hier auf Urlaub.
Die Försterhütte
Falls die Charaktere beschlossen haben
den Gaul mitzunehmen, stellen sie nach einiger Zeit fest, dass das Pferd versucht, in eine
bestimmte Richtung zu gehen. Lassen sie sich
von dem Gaul führen, sehen sie nach einiger
Zeit eine kleine, einfache Holzhütte am Rand
des Waldes stehen. Schon von weitem sieht
man, dass die Tür der Hütte offen steht.
Die Hütte ist etwa 16 m2 groß und besteht
nur aus einem Raum. An der Ostseite der
Hütte befindet sich ein offener, überdachter
Stellplatz für zwei Pferde. Hinter dem Haus
findet man einen Holzblock, in dem eine Axt
steckt. Über der Eingangstür (außen) hängt
das große Geweih eines ehemals kapitalen
Hirsches. Auch in der Hütte finden sich viele kleine und mittelgroße, auf Holzscheiben
genagelte Geweihe, die ringsum die Wände
schmücken. Auf einem kleinen Bullerofen,
an der nördlichen Wand, steht ein verbeulter
Schrodis Tagebuch
Neben einer Menge unnützer Eintragungen, findet sich auf der letzten Seite folgender Eintrag: „komischer Fremder in KöhSeite 61
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Wandertag
Wasserkessel. Daneben steht ein mannshoher Schrank in dem sich Lebensmittel und
Essgeschirr befinden. Neben der Tür hängt
ein Gewehrständer für 5 Gewehre, in dem
sich jedoch zur Zeit keine Waffe befindet. In
der Ecke befindet sich ein mit 4 Sitzbänken
umgebener Tisch auf dem ein dickes zugeschlagenes Buch liegt. Über einer der Sitzbänke hängt ein Klappschrank mit einem
schweren Vorhängeschloss. An der östlichen
Wand steht ein noch vor kurzem benutztes
Bett, dessen Bettwäsche eine Wäsche gut
gebrauchen könnte.
Hintergrund für den SL
Bricht man das Schränkchen auf findet man
mehrere Schachteln Munition (Kugeln und
Hasenschrot) sowie Mittel und Werkzeuge
zum Waffen reinigen. Das Buch ist das Dienstbuch des Försters und enthält Aufzeichnungen über dessen Tagesarbeit (Abschüsse,
Holzungen, usw.). Sämtliche Eintragungen
sind in einem schwer verständlichen PseudoBeamten-Deutsch verfasst. Der letzte Eintrag
im Buch ist von vor 7 Tagen. Die folgenden
beiden Seiten wurden herausgerissen.
Ein Förster hängt im Baume
Untersucht man die nähere Umgebung der
Hütte, findet man keine 3 Meter vom PferdeUnterstand entfernt eine Stelle an der der
Boden aufgewühlt ist. Das Gras ist an dieser
Stelle dunkel verfärbt und eine nähere Untersuchung offenbart, dass hier eine größere
Menge Blut verspritzt wurde. Wer sucht, der
findet eine Blutspur die in den nahen Wald
hineinführt. Dort endet die Spur plötzlich.
Sucht man den Boden jedoch genauer ab,
findet man eine große Blutlache, direkt unter einem großen Ahornbaum. In etwa 3 m
Höhe hängt die zerfetzte Leiche des Försters
Schrodi im Geäst des Baumes. Sein Gesicht
zu einer Maske des Schreckens erstarrt, als
hätte er in der Sekunde des Todes den Teufel gesehen. Seine Gedärme hängen aus dem
aufgerissenen Brustkorb und es scheint sich
kein Tropfen Blut mehr im Körper des armen
Mannes zu befinden. Das doppelläufige Gewehr des Försters baumelt, sich leicht im
Wind wiegend, noch immer um dessen Hals.
Hintergrund für den SL
Auch Förster Schrodi wurde Opfer des Vikars bzw. dessen Dämons. Um seine Spuren
zu verwischen, jagte Seiler sein Monster auf
den Förster, nicht wissend, dass dessen Wissen längst aufgeschrieben wurde. Dem Körper des Opfers wurde, wie bei den anderen
Opfern im Bauernhaus auch, das Herz entrissen. Die Flinte des Försters ist ein 2-schüssiges Jagdgewehr, das in einem Lauf Schrot
im anderen normale Munition verschießen
kann.
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Ein erfolgreiches Spurenlesen auf dem
Kampfplatz vor der Hütte offenbart einen
sehr sonderbaren, schwer erkennbaren Abdruck in der Wiese. Der Abdruck erscheint
wie ein viel zu großer Fuß eines Vogels.
Ein Dorf sucht
den Mörder
Kommen die Charaktere in das Dorf, werden sie von einer hektischen Aktivität erwartet. Mehrere Pferde und Ochsen-Wagen stehen um die kleine Kirche des Dorfes herum
und werden von der Bevölkerung mit Koffern und Taschen beladen. Ein anderer, völlig
überladener Wagen auf dem Frauen und Kinder sitzen, setzt sich gerade in Bewegung.
Die gesamte Inszenierung wird von einer kleinen Gruppe Nonnen befehligt, denen man
eine gewisse Nervosität und Eile ansieht. In
einiger Entfernung von der Kirche sieht man
den Spielweg-Wirt auf einer Kiste stehen und
zu einem Haufen Männer reden. Die Männer
sind je nach Vermögen mit Gewehren, Stöcken, Jagdspeeren und Heugabeln bewaffnet und reden aufgebracht durcheinander.
Die Frauen und Kinder werden in das nahe
gelegene Kloster gebracht, damit sie in Sicherheit sind (unter Gottes Schutz). Die Männer suchen in kleinen Gruppen, jeweils aus 5
Mann bestehend, die nähere Umgebung ab.
Man sucht nach dem Untier, das zu diesem
wahnsinnigen Mord fähig war. Die wildesten
Geschichten machen die Runde. Die Suchteams suchen bis zum Einbruch der Dunkelheit und sammeln sich dann im Wirtshaus,
um die Lage zu besprechen und natürlich,
um nicht alleine zu sein.
Hintergrund für den SL
Je nach Zeit und Lust, kann der Spielleiter
an dieser Stelle einen kleinen Zwischenfall
einbauen. Vielleicht erinnert sich just in diesem Moment eine alte Frau oder einer der
Männer, dass das ganze Unglück des Dorfes
mit dem Erscheinen der Fremden aus Berlin seinen Einzug hielt?!? Der Wirt, Pfarrer
oder die Nonnen werden die aufbrausende
Volksmenge dann zwar schnell wieder unter
Kontrolle bringen, aber das schaurige Gefühl
einer aufgebrachten Volksmenge gegenüberzustehen, wird auch dem überheblichsten Charakter etwas Respekt einflößen. Ein
Bote wurde losgeschickt, um die Polizei in
Freiburg über das hier geschehene Verbrechen zu unterrichten (die Polizei trifft jedoch
erst ein, wenn alles vorüber ist).
Der Teufel geht um
Auf Nachfrage wird den Charakteren erklärt, dass in der letzten Nacht Erika & Maria
Volk, sowie die Hebamme Hedwig auf bestia-
lische Weise ermordet wurden. Man fand die
drei im Schlafzimmer der kleinen Maria. Die
Körper waren so übel zugerichtet, dass man
es gar nicht beschreiben kann (und hier auch
nicht will!). Der ganze Boden war voll Blut
und mitten in diesem Blutbad zeichnete sich
der Abdruck einer Teufelskralle ab. Die alte
Hedwig hat in ihrem Todeskampf ihren Rosenkranz fest auf die Brust gedrückt. Mit Blut
hat der Teufel dann sein Zeichen, das Zeichen
des Antichristen auf den Boden gemalt.
Hintergrund für den SL
Welche Erklärung man bekommt, hängt
stark davon ab, wen man fragt. Die tief in
ihrem (Aber-)Glauben lebenden Bauern und
vor allem deren Frauen werden die Ereignisse der letzten Nacht in etwa so wie oben
beschreiben. Der Wirt, der Pfarrer oder der
Dorfschullehrer werden versuchen eine einigermaßen rationale Erklärung zu finden
(was ihnen aber nicht so recht gelingt). Die
Schwestern des Klosters sind für Gespräche
zu beschäftigt und raten den Charakteren
sich Gott anzuvertrauen und um Beistand zu
beten.
Je nach Spielverlauf kann es auch sein, dass
die Charaktere in das Zimmer hineingelassen
werden bzw. sich eigenmächtig Zugang verschaffen. Vielleicht sind es dann ja sie, die das
etwa 20 cm durchmessende Pentagramm mit
einem Kreuz in der Mitte finden, dass Hedwig
in ihrem Todeskampf mit ihrem eigenen Blut
an die Wand des Zimmers malte. Vielleicht
fällt es ihnen auch erst auf nachdem sie bemerken, dass Hedwigs rechter Zeigefinger
mehr blutverschmiert ist als ihre anderen
Finger. Ein gelungener Wurf auf Okkultismus
lässt den Kundigen übrigens wissen, dass es
sich bei dem Zeichen um ein Bannzeichen gegen Teufel und Dämonen handelt6 und nicht
um das Zeichen des Antichristen. Können die
Charaktere die Toten untersuchen, werden
sie feststellen, dass Maria kein Herz mehr
besitzt. Die „Teufelskralle“ die sich tatsächlich schwach im geronnenen Blut abzeichnet,
erinnert stark an den sonderbaren, großen
„Vogelabdruck“ auf der Wiese vor der Försterhütte (s.o.).
Der vermisste Suchtrupp
Als es Abend wird, treffen wie verabredet
nach und nach die Suchtrupps im Wirtshaus
ein. Einige Männer stehen vor der großen
Wandkarte (vor der ein paar Tagen zuvor Gerhard Kamper seinen Wandervögeln die schö6 Der SL kann selbst bestimmen, ob es sich
hierbei um Aberglaube handelt oder ob das
Zeichen wirklich eine Wirkung auf den Dämon
hat.
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Wandertag
ne Tour durch den Schwarzwald erläuterte)
und diskutieren wo sich das Biest versteckt
halten könnte, das all dieses Unheil anrichtet. Bei keinem der Trupps war die Suche bisher erfolgreich. Keiner hat irgend etwas Sonderbares oder Ungewöhnliches beobachtet.
Sollten die Charaktere sich nicht um Förster
Schrodi gekümmert haben bzw. sollten sie
seinen schrecklichen Tod nicht mitgeteilt haben, wird er von einem der Trupps gefunden
und just in diesem Moment zum Gasthaus
gebracht.
Der Suchtrupp in dem Peter Volk war und
der die Gegend um den Scharfenstein untersucht hat, kommt ohne ihn zurück. Die Männer berichten, dass Peter sich vehement weigerte bei Einsetzen der Dunkelheit zum Dorf
zurück zu gehen. Er wolle weitersuchen und
nicht zurückkommen, bis er dieses Monstrum, was immer es sei, erledigt hat.
Kurz nach Einbruch der Dunkelheit werden die Männer feststellen, dass einer der
Suchtrupps, der die Umgebung am Preyerwald absuchen wollte, noch immer nicht
zurück ist. Einige Bauern werden anmerken,
dass die Jungs vielleicht zulange gesucht haben und nun in einer der Schutzhütten oder
der alten Köhlerhütte die Nacht verbringen.
Wenn die Charaktere die Bauern nicht überzeugen können, dass eine nächtliche Suche
nach den Vermissten angebracht ist, wird
man erst am nächsten Morgen einen Trupp
von 5 Mann losschicken, um nach den Vermissten zu suchen. Ansonsten wird jetzt eine
Truppe von Freiwilligen zusammengestellt,
die sich auf die Suche machen. Die Charaktere können sich hierfür gerne anmelden. Ein
Trupp von maximal 10 Personen verlässt dann
das Dorf und macht sich in Richtung Köhlerhütte auf (vielleicht sind die Vermissten ja
dort und außerdem liegt es eh auf dem Weg).
Natürlich nehmen die Bauern den kurzen und
steilen Weg. Fast am Ende der steilen Strecke
findet man den vermissten Suchtrupp. 4 Meter unterhalb des schmalen Pfads, liegen in
den Felsen die zerschundenen Leichen der 5
Männer7, die offensichtlich von einer wilden
Bestie überrascht und getötet wurden. Im
Lauf von Michael Künners Gewehr stecken
noch 2 ungenutzte Patronen. Wieso hat er
sein Gewehr also nicht benutzt? Wieso ist
sein Gesicht und das seiner Kameraden so
schreckverzerrt? Die bis zu diesem Zwischenfall recht mutigen Burschen aus dem Dorf
beschließen sofort ins Dorf zurück zu gehen.
Um Meldung zu machen, um Hilfe zu holen,
um das Dorf vor der Bestie zu verteidigen,
usw.; jeder Grund ist ihnen in dieser Situation
recht, um in eine sichere Umgebung zu kommen. Beschließen die Charaktere trotz des
Horrors, der dunklen Nacht und dem düstewww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
ren Wald weiter dem Pfad zu folgen, kommen sie nach etwa 15 Minuten an einen kleinen Weiher, an dessen gegenüberliegenden
Seite der dunkle Schatten einer einfachen,
nur vom Mondlicht angeleuchteten Holzhütte steht. Einige Meter hinter der Hütte lassen
sich undeutlich 2 halbrunde kuppelartige Gebilde von ca. 3-5 Metern Höhe erkennen, die
auf der freien Lichtung stehen (die beiden
alten Meiler).
Hintergrund für den SL
Zwischen Dorf und Preyerwald liegt der
Schurlebuck. Die Truppe kam an der alten
Köhlerhütte vorbei und trafen auf Vikar Seiler. Dieser konnte seine Anwesenheit leicht
erklären (Tourist) und bedankte sich natürlich
auch für die Warnung, dass ein gefährlicher
Bär die Gegend unsicher macht. Um jedoch
kein Risiko einzugehen, schickte er seinen
Dämon los, um den Suchtrupp zu vernichten.
Allen wurde dabei natürlich das Herz aus der
Brust gerissen. Man beschließt am morgigen
Tag die Suche in der Gegend der Försterhütte zu verstärken (diese liegt ein gutes Stück
vom Schurlebuck entfernt).
Die Köhlerhütte
am Schurlebuck
Die Köhlerhütte am Schurlebuck liegt etwa
30 Minuten strammen Fußmarsch entfernt
vom Scharfensteinfelsen. Vom Dorf aus
braucht man etwa 1 – 2,5 Stunden zur Hütte
(je nach Weg, Ortskenntnis und Kondition).
Der einigermaßen einfach zu gehende Weg
dauert 2,5 Stunden. Die Abkürzung dauert
etwa 1 Stunde, hier muss man jedoch über
einige Felsen klettern und der schmale Weg
führt manchmal an einem steilen bis zu 5 Meter tiefen Abriss vorbei. Jeder Führer aus dem
Dorf wird natürlich diesen Weg nehmen. Die
Hütte selbst liegt an einem kleinen Weiher
und ist von Fichten und Tannen umgeben.
Einige Meter von der Hütte entfernt stehen
zwei alte, übrig gebliebene Meiler, aus denen Gras, Unkraut und kleine Büsche sprießen. An der Südseite der Hütte befindet sich
eine Vordertür und ein kleines Fester. An der
Westseite befindet sich ein weiteres Fenster.
An die Ostseite schließt ein Werkzeugschuppen an, der durch eine innere Tür direkt aus
der Hütte betreten werden kann. Der Schuppen besitzt ein großes Scheunentor, durch
welches kleine Wagen und Werkzeuge in
den Schuppen gebracht werden können.
Die Tür ist verschlossen, das Tor von innen
verriegelt und die Fenster mit zwei Haken
gesichert. Dennoch sollte es einer geschickten bzw. kräftigen Person nicht allzu schwer
fallen, auf die ein oder andere Weise in die
Hütte zu kommen. Der Wohnraum ist ein-
fach und zweckdienlich eingerichtet (Bett,
Tisch, Bank, kleiner Herd, Kleiderschrank,
Küchenschrank). Das einzig auffällige ist ein
starker süßlich-würziger Geruch, der sich in
der ganzen Hütte verbreitet hat. Er kommt
von unzähligen Kräutern und Pflanzen, die
von der Decke und den Wänden hängen. Einige Kräuter liegen auch zum Trocknen ausgebreitet auf dem Tisch und den Bänken. Im
Küchenschrank liegen und hängen, neben
einer recht großen Zahl von Lebensmitteln
viele weitere verschiedene Kräuter, Blüten
und Wurzelstücke. Die Tür, die vom Haus in
den anschließenden Schuppen führt, ist nicht
verschlossen. Im Schuppen finden sich unter
anderem Besen, Werkzeuge des Köhlers,
gespaltenes Holz (inkl. Hackklotz und Axt),
und ein relativ großer Schubkarren. Einem
der Charaktere könnte auffallen, dass Spuren
im Erdboden der Scheune darauf hindeuten,
dass der Karren des öfteren 2 m zur Seite geschoben wurde (blockiert dann den Durchgang zur Hütte) und anschließend wieder zurück an die Stelle an der er nun steht. Hinter
dem Karren stehen einige lose Bretter an die
Wand gelehnt.
Hintergrund für den SL
Wenn die Charaktere nachts an der Köhlerhütte ankommen, wird Vikar Seiler nicht
anwesend sein. Die Hütte liegt, vom Mondlicht mal abgesehen, in völliger Dunkelheit.
An dieser Stelle sollte der SL etwas Zeit einplanen, um die richtige Stimmung zu erzeugen. Ein Knacken im Wald, plötzliche völlige
Ruhe, ein großer, dunkler Schatten, der kurz
das Licht des Mondes verdunkelt, ein Schauern, das allen Charakteren die Nackenhaare
aufstellt, ein mulmiges Gefühl, usw.. Es wird
nichts passieren, da Vikar Seiler schon aufgebrochen ist, um heute ein weiteres Opferfest
auf dem Scharfenstein zu zelebrieren, aber
7 Option: Vielleicht findet man auch nur 4 der
5 Männer ? Wo ist denn Oskar der Bäckerlehrling. War er nicht mehr bei dem Suchtrupp?
Irrt er jetzt, wahnsinnig geworden, durch den
Wald und brabbelt Unverständliches.
Seite 63
ANDUIN 93
Wandertag
QUE L L E
Dieses Horrorabenteuer erschien in der
Anduin Nummer 84.
das wissen die Charaktere zum Glück ja nicht.
Die Kräuter in der Hütte haben für Seiler einen rein medizinischen Zweck. Er erleichtert
sich damit seinen chronischen Husten (Tee,
Salben, Tinkturen, Inhalieren,…). Ein kräuterkundiger Arzt bzw. Heiler kann die einschlägige Heilwirkung der Kräuter feststellen.
Der Herd ist noch warm und in einem kleinen Topf finden sich noch Reste eines kürzlich eingenommenen Essens.
Wird der Karren zur Seite geschoben und
die Bretter entfernt, findet man eine Bodenklappe die einen Zugang zum Keller verschließt. Hinter der Klappe liegt eine alte
Erdtreppe die in einen zwei Meter tieferliegenden, dunklen Kellerraum führt.
Der geheime Keller
Im Keller offenbart sich dem Beobachter ein überraschendes Bild. Anstelle eines
Kellerraums findet sich hier ein düsteres Arbeitszimmer. An der Wand steht ein Regal
mit 10 alten Büchern, direkt daneben ein
kleiner Schreibtisch auf dem unordentlich
verschiedene Schreibutensilien liegen bzw.
in kleinen Bechern stecken. Ein dickes, sehr
alt wirkendes Buch liegt aufgeschlagen auf
dem Tisch (siehe Anhang: Die dunkle Seite
Gottes), daneben liegen mehrere Blätter
Papier, die mit kurzen, zusammenhanglosen
Sätzen, Wortgruppen und Notizen übersät
sind. Der hintere Teil des Raumes wurde mit
einer Bretterwand abgetrennt, in der sich
eine einfache Tür befindet, welche mit einem
schweren Vorhängeschloss gesichert ist. Ein
übler Geruch nach Kot und Urin dringt aus
dem Raum hinter der Bretterwand.
Hintergrund für den SL
Der Keller wurde früher von den Köhlern
zum Lagern von Kohle und Werkzeugen benutzt. Vikar Seiler entdeckte den seit Jahren
ungenutzten Keller und säuberte ihn. Anschließend richtete er hier ein geheimes Studierzimmer ein. Immer wenn er für längere
Zeit nicht anwesend war, verbarg er seine
Bücher in einer, in den Erdboden eingelassene Kiste, die er stets sorgfältig mit Erde
verbarg. (Ein erfolgreiches Spurenlesen im
hinteren Teil des Raums offenbart, dass ein
Stück des Bodens dort eine leicht andere Färbung besitzt -> darunter die Kiste (natürlich
leer, da alle Bücher jetzt im Regal stehen)).
Das Buch und die Notizen
Das auf dem Tisch liegende Buch ist sehr
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dick und schwer zu lesen. Ein Charakter, der
eine der Sprachen versteht und sich 10 Minuten Zeit nimmt, kann erkennen, dass es sich
bei der aufgeschlagenen Seite um einen Text
handelt, der sich um die Beschwörung eines
übernatürlichen Wesens dreht. Der hebräische Text handelt davon, einen Aspekt, der
die dunkle Seite Gottes repräsentiert, herbeizurufen, um sich dann mit ihm zu vereinen.
Der griechische Text philosophiert in Anmerkungen darüber, dass dieser Aspekt somit
zwar eigenständig existieren könnte, jedoch
immer an die Existenz der Ursache geknüpft
bleibt. Der lateinische Text beschreibt nun
die Durchführung dieses Zaubers in einem
komplexen Ritual: bestimmte Orte, die das
Wesen und seinen Zweck verbildlichen, einen
Fokus der das Herbeigerufene beherbergen
kann, die Lebenskraft eines Wesens, welche
die Kraft und Macht des Herbeigerufenen
bestimmt.
Die Notizen auf den einzelnen Blättern sind
von Johann Seiler. Es sind Übersetzungen
und Gedanken, die er sich beim Lesen des
Buches machte. Die Übersetzungen sind nur
Fragmente von Stellen, die schwer zu lesen
waren. Seine Gedanken sind nur Stichworte
Hintergrund für den SL
Durch die Notizen des Vikars, kann der SL
den Spielern nun genau das mitteilen, was
sie seiner Meinung nach wissen sollen. Haben die Spieler schon eine klare Idee, was
hier passiert und was sie nun tun sollten, sind
die Notizen eben nur eine recht unverständliche Bestätigung dessen, was sie eh schon
wissen. Im anderen Fall kann der SL die Spieler hier auf den rechten Weg bringen und
ihnen mehr oder wenig verständlich sagen,
was sie jetzt tun sollten und wo ihr nächstes
Ziel liegt. Seid kreativ.
Das Gefängnis
Der kleine 10 qm große Raum, birgt ein
trauriges Bild. Vier Frauen der Wandergruppe (Erika Schlüter, Marie Hölsten, Elsa Kölle,
Johanna Reich) liegen gefesselt und geknebelt auf dem strohbedeckten Boden. Die hygienischen Bedingungen sind katastrophal.
Die Frauen scheinen noch alle am Leben zu
sein, auch wenn bei einigen der Gesundheitszustand sehr kritisch wirkt. Drei der Frauen
sind bewusstlos, Erika Schlüter drängt sich
verängstigt und unter Schock stehend in die
hinterste Ecke des Gefängnisses und starrt
die Charaktere mit angsterfüllten, wahnsinnigen Augen an.
Hintergrund für den SL
Lauscht man erfolgreich an der Tür, hört
man das Rascheln von Stroh und das tiefe
Atmen von mehreren Lebewesen.
Die Charaktere müssen sehr ruhig und
einfühlsam vorgehen, um von Erika Schlüter
irgendwelche verwertbaren Informationen
zu erhalten. Erika hat große Schwierigkeiten
Wahrheit und Wahn auseinander zu halten.
Der SL sollte den Spielern das folgende Wissen möglichst zusammenhanglos und wirr
darbieten, da Erika geistig völlig am Ende ist:
Sie sah mit an, wie eine monströse Kreatur
(der Teufel) über ihre Freunde herfiel und
sie zerriss. Sie wurde vor Schreck ohnmächtig und erwachte gefesselt und geknebelt in
diesem Gefängnis, in dem sie von einem untersetzten und dauernd hustenden Mann gefangen gehalten wurde. Vor einigen Stunden
holte der Mann Fräulein Elisabeth aus dem
Gefängnis und schleifte sie nach draußen.
Die Charaktere haben jetzt wahrscheinlich
ein Problem: Einerseits sollten sie sich um
die befreundeten Frauen kümmern, die gesundheitlich sehr angeschlagen sind, unter
Schock stehen und dringend ärztliche Pflege
brauchen. Andererseits sollten sie sich beeilen auf den Scharfenstein zu kommen, um
ein weiteres Opfer zu verhindern. Wie sie
dieser Zwickmühle entkommen, ist natürlich
den Spielern überlassen.
Der Weg zum Scharfenstein
Haben die Charaktere sich die Wanderkarte im Gasthaus richtig angesehen, so wissen
sie, dass der Scharfenstein nicht weit vom
hiesigen Standort entfernt sein kann. Eine
Untersuchung der näheren Umgebung ergibt zudem deutliche Spuren auf dem Pfad,
der von der Hütte aus in südwestliche Richtung führt. Der Pfad verläuft kurze Zeit durch
den Wald und kommt dann auf eine größere
Wiese. Wenn die Charaktere aus dem Wald
heraus auf die Wiese treten, sehen sie am
südöstlichen Horizont ein schwaches rotes
Leuchten. Kurze Zeit später verändert sich
die Farbe des Leuchtens in Blau.
Hintergrund für den SL
Ein Charakter, der das Leuchten auf dem
Scharfenstein vor einigen Tagen beobachtet
hat, wird dieses Farbenspiel bestimmt erkennen. Die Charaktere sollten sich jetzt beeilen,
um das Opfer einer weiteren Frau zu verhindern. Wenn sie immer dem Leuchten nachlaufen, können sie den Scharfensteinfelsen
nicht verfehlen. Da sie den Scharfenstein von
der nordwestlichen Seite besteigen, haben
sie nur mit einem geringen Anstieg zu kämpfen.
Scharfenstein
Wenn alles wie geplant läuft, werden die
Charaktere mitten während der Beschwörung auf dem Scharfenstein ankommen. Das
Seite 64
ANDUIN 93
Wandertag
töten vernichten sie damit auch den Dämon.
Kommt keiner der Spieler auf die Idee Seiler
zu töten, kann der Spielleiter die Spielercharaktere mit folgendem Ende retten:
Bild, das sich ihnen bietet, ist erschreckend.
Ein großes Feuer, das in unnatürlich bunten
Farben leuchtet (durch Mineralien und Pflanzen erzeugt), taucht die ganze Szenerie in
schauriges Licht. Ein süßlicher, würziger Duft
liegt in der Luft und droht die Gedanken zu
vernebeln. Vikar Seiler steht neben dem Feuer und ruft beschwörend sonderbar klingende Worte einer fremden Sprache in die Luft.
Eine bewusstlose, an das große Gipfelkreuz
gebundene Frau liegt zu seinen Füßen.
Nähern sich die Charaktere dem Vikar, erleben sie eine böse Überraschung: Es beginnt
mit einem bereits bekannten Gefühl. Ein
dunkler Schatten scheint sich über die Gedanken zu legen und ein kalter Schauer läuft
einem über den Rücken. Plötzlich kracht ein
großer, schauriger Schatten aus den Wipfeln
der Bäume herab. Ein Wesen wie es nur der
Hölle entsprungen sein kann steht plötzlich
vor den geschockten Abenteurern und greift
sie an. Vikar Seiler kommentiert dies kurz
mit höhnischem Lachen und Kommentaren,
wendet sich dann aber wieder seinem Ritual
zu.
Hintergrund für den SL
Seiler ist derweilen völlig dem Wahnsinn erlegen. Aus seinem ursprünglichem Wunsch,
durch Magie seine furchtbare Krankheit
zu heilen, wurde der Wunsch unendlicher
Macht über alle Menschen. Seiler ist sich
seiner Unverwundbarkeit durch den Schutz
des Dämons völlig sicher, er wird nicht in den
Kampf eingreifen, sondern sich nach kurzer
Zeit seiner unterbrochenen Beschwörung
widmen, denn noch mehr Macht lockt ihn.
Da er seine Opfer mit starken Drogen ruhig
stellt, hat er von dieser Seite mit keinem Wiederstand zu rechnen.
Der Spielleiter sollte den Kampf mit dem
Dämon spannend gestalten. Ein Kampf bis
kurz vor den Tod eines der Charaktere ist
durchaus angemessen. Die Charaktere werden bald merken, dass sie keine Chance haben, den Kampf gegen den Dämon mit den
Waffen, die ihnen zur Verfügung stehen, zu
gewinnen. Wenn sie die Informationen aus
den Aufzeichnungen Seilers richtig interpretieren, wissen sie, dass die Existenz des Dämons in dieser Welt, vom Leben des Vikars
abhängt. Nur wenn es ihnen gelingt Seiler zu
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Deus ex machina: Plötzlich gellt ein lauter
Schuß durch die windige Nacht. Der Dämon,
der gerade seine Klauenhand erhob, um den
wehrlosen Abenteurer vor sich zu zerreißen,
wirft seinen Kopf in den Nacken und lässt
einen schaurigen Schrei entweichen. Zur selben Zeit sinkt Vikar Seiler, mit einem Blick des
fassungslosen Entsetzens auf die Knie, seine
Augen auf eine dunkle Gestalt gewandt, die
in diesem Moment aus einem nahen Gebüsch
tritt. Die Gestallt legt erneut das Gewehr an
und schießt dem wehrlosen, völlig überraschten Vikar eine Ladung Schrot mitten ins Gesicht. In diesem Moment beginnt der Dämon
sich wie wild zu schütteln, immer schneller
werden die Bewegungen, während denen
er zu schrumpfen scheint. Plötzlich ein Lichtblick und das Ungetüm ist verschwunden. An
der Stelle seines Todeskampfes, findet sich
eine unscheinbare, kleine Fledermaus deren
Gedärme aus dem offenen Körper hängen.
Peter Volk durch den Verlust seiner ganzen
Familie verzweifelt, greift sich den leblosen
Körper des Vikars und schleudert ihn den
Scharfenstein hinunter. Danach dreht er sich
kurz um und betrachtet lautlos die Abenteurer und anschließend die bewusstlose Frau
am Kreuz. Bevor jemand etwas sagen oder
unternehmen kann, macht er einen Schritt
rückwärts und stürzt sich damit in den sicheren Tod.
Nachspiel
Die Geschehnisse der letzten Tage werden
von der aus Freiburg angereisten Polizeitruppe schnell aufgeklärt. Eine Verkettung
unglücklicher Umstände war wohl Schuld
an all dem Übel, das geschah. Ganz offensichtlich kam ein Bär über die nahe gelegene
Schweizer Grenze und fiel über die ahnungslosen Wanderer her. Dabei brach, durch eine
umgefallene Öllampe verursacht, das Feuer
aus, das die Hütte verwüstete. Eine wahnsinnig gewordene Person, beging die Morde
an der Familie Volk und als Peter Volk den
wahnsinnigen Übeltäter mutig stellte, um
ihn der Polizei zu übergeben, kam es offensichtlich zu einem Kampf, in dessen Verlauf
die beiden Kämpfer unglücklich den Tod fanden. Die von den traurigen Ereignissen völlig
überforderten Besucher aus Berlin, die nach
den Ereignissen von Ungeheuern und Dämonen phantasierten, wurden der Obhut der
fähigen Ärzte der Nervenklinik „Ruhewohl“
in Emmendingen übergeben. Die Ärzte sind
zuversichtlich, dass ihre Patienten die erlitte-
ne Verwirrungen, ganz offensichtlich durch
den erlittenen Schrecken und den Verlust der
nahe stehenden Freunde verursacht, bald
überwunden haben werden.
Hintergrund für den SL
Der letzte Absatz kommt natürlich nur dann
zum Tragen, wenn die Charaktere darauf bestehen, dass die „offizielle“ Version nicht korrekt sei. Vielleicht waren es aber auch einfach
nur bewusstseinsverändernde Drogen, die
durch die Verbrennung freigesetzt wurden?
Wie auch immer: „Seien sie vernünftig, Geister und Dämonen gibt es nicht“.
Charaktere
Die Beschreibung der folgenden Charaktere und Wesen erfolgt in einer neutralen
Form, ohne Werte für ein konkretes System
zu nennen. Der Spielleiter kann sich anhand
dieser Beschreibungen, entsprechende Personen für sein jeweiliges System zusammenstellen.
Maria Volk, 14 Jahre
Maria ist ein typisches 14-jähriges Bauernmädchen aus dem Münstertal. Sie hat
4 Klassen der hiesigen Dorfschule besucht
und arbeitet tüchtig auf dem kleinen Hof
ihrer Eltern mit. Maria hat schwarze zu Zöpfen geflochtene Haare, ist schlank und recht
hübsch anzuschauen.
Ihre Schwester erzählte ihr eines Abends,
dass sie sich in einen tollen Mann verliebt
hätte und ihn heiraten will. Als Anna dann
plötzlich verschwand, lief Maria tags drauf
los, um sie zu suchen. Sie wusste durch Annas Erzählungen, wo sie sie zu suchen hatte.
Was sie an dem Abend jedoch sah war so
schrecklich, dass sie einen Schock bekam. Sie
musste aus einiger Entfernung mit ansehen
wie Johann Seiler, ihre Schwester in einem
Ritual opferte. Sie rannte in Panik davon und
traf nach einem Tag umherirren durch den
Wald durch Zufall auf die Gruppe.
Peter Volk, 40 Jahre
Peter Volk ist ein typischer Bauer dieser Gegend. Moral und Anstand sind ein wichtiges
Gut, die es zu bewahren gilt. Er ist Fremden
gegenüber verschlossen und redet nur das,
was gesagt werden muss. Seit frühester Jugend ist er an harte körperliche Arbeit gewöhnt und seit er eine Familie hat, ist seine
einzige Sorge, das nötige Geld zum Überleben zu verdienen. Dies hat sowohl seinen
Körper als auch seinen Willen gestärkt. Wenn
er sich etwas in den Kopf setzt, dann tut er es
auch. Langes Reden oder Planen sind nicht
seine Sache, was gemacht werden muss,
wird gemacht.
Seite 65
ANDUIN 93
Wandertag
stehen, ist der Dämon faktisch unbesiegbar.
Durch die Aufzeichnungen des Vikars können die Charaktere aber herausfinden, dass
die Existenz des Dämon an die Existenz des
Vikars gebunden ist. Der SL sollte eine Begegnung der Spieler mit dem Dämon bis zum
Showdown verhindern, sonst werden sie diese nicht überleben.
Anhang
Das Liebesgedicht
in Annas Poesiealbum
Liebste Anna,
In deine Augen mag ich schauen,
Und seh die schönste aller Frauen.
So lieblich bist du anzusehn,
Mit dir will ich durchs Leben gehn.
Vikar Johannes Seiler, 35 Jahre
Vikar Seiler war nie vom Schicksal verwöhnt. Obwohl seine Intelligenz schon als
Kind herausragend war, wurde er seit frühsten Jahren von einem chronischen Husten
geplagt, der ihn oft tagelang das Bett hüten
ließ. Wegen dieser Krankheit und der daraus
resultierenden körperlichen Schwäche wurde er von anderen Kindern stets gemieden
bzw. gehänselt. Auch später im Leben fand er
nie richtige Freunde und widmete sein Leben
seinen Büchern und der Religion. Schon früh
in seinem Leben interessierte er sich auch
für Bücher, die er keinem seiner Kollegen je
gezeigt hätte. Alte Bücher über Hexerei und
Magie faszinierten ihn. Zuerst dachte er eher
rational dran, diese alten Bücher könnten ein
vergessenes Wissen über wirkungsvolle Heilkräuter beinhalten, die ihm helfen könnten
seine Krankheit zu besiegen oder zumindest
die Folgen zu lindern (zumindest das letztere Ziel konnte er auch tatsächlich erreichen).
Mit der Zeit wurde er jedoch immer mehr in
den Bann der magischen Bücher gezogen. Rituale und Praktiken, die laut der alten Texte
Macht über Mensch und Tier versprachen,
berührten sein verkümmertes Innere. Sein
einschlägiges Wissen brachte ihm schon in
jungen Jahren einen ansehnlichen Posten
beim erzbischöflichen Ordinariat in Freiburg
ein. So ist es auch nicht verwunderlich, dass
er es war, dem die wichtige Aufgabe zugeteilt wurde, die zufällig entdeckte Gruft
aus dem Mittelalter zu untersuchen. Seiler kommt schon seit einigen Jahren in das
Münstertal, um Urlaub zu machen. Die gute
Luft der Tannen- und Fichtenwälder mildert
seinen Husten und hier wachsende Kräuter
und Pflanzen braucht er für seine Tinkturen
und Heiltees. Seiler wirkt äußerlich schwach
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und zerbrechlich, was durch seine Krankheit
bedingt ist. Davon abgesehen wirkt er auf
Frauen jedoch durchaus attraktiv; er ist gebildet und hat Benehmen. Dies half ihm auch,
die naive Anna zu verführen, um sie für seine
dunklen Absichten zu missbrauchen. Er lernte Anna schon vor einigen Monaten kennen
und merkte recht schnell, dass diese für den
Mann aus der großen Stadt schwärmte. Als
er ein Opfer brauchte, fiel seine Wahl daher
sofort auf das naive Kind, das bis zum Schluss
nicht wusste, was mit ihr geschah.
Seiler besitzt keine Kampffertigkeiten und
ist im Handgemenge jedem einigermaßen
geübten Kämpfer schnell unterlegen. Er verlässt sich völlig auf die Macht die er über den
Dämon hat.
Der Dämon
Der Dämon ähnelt in gewisser Weise einer
viel zu groß ge-ratenen Fledermaus. Zusätzlich zu den beiden Schwingen be-sitzt er jedoch zwei unabhängige Arme die in fürchterlichen Klauen enden. Ein breites Maul mit
spitzen Reißzähnen, runden das Bild ab. Er
kann pro Runde einen Gegner mit seinen beiden Klauen angreifen und versuchen, diesen
zu packen. Gelingen beide Angriffe, ist es ihm
gelungen, sein Opfer festzuhalten. In den
nächsten Runden wird er dann versuchen,
sein Opfer tot zu beißen.
Der Dämon ist zum Glück recht dumm.
Immer wenn er attackiert wird, wendet er
sich dem neuen Gegner zu. Hierzu lässt er
auch ein bereits gefasstes Opfer wieder frei
(ein freigelassenes Opfer braucht mindestens eine volle Kampfrunde um wieder in
den Kampf eingreifen zu können). Mit den
Mitteln, die den Charakteren zur Verfügung
Will ewig meine Lieb dir schenken,
Und nie mehr an ´ne andre denken.
Und wär das nicht nach Gottes Wille,
müßt ich vergehn in aller Stille.
Dein Johannes
Die dunkle Seite Gottes
(Zauberbuch)
Das große Buch, das aufgeschlagen auf
dem Schreibtisch im geheimen Keller der
Köhlerhütte liegt, ist wirklich sehr alt. Das
Buch ist durchgängig in einer sauberen gut
lesbaren Handschrift verfasst. Die jeweils
linke Seite enthält einen Text in hebräischer
Schrift. Die jeweils rechte Seite ist in zwei
Spalten unterteilt, von der die eine Texte in
Altgriechisch und die andere in Latein enthält. Bei den Spalten handelt es sich nicht um
Übersetzungen des Hebräischen, sondern
um Anmerkungen. Der griechische Text bezieht sich dabei auf den hebräischen Text,
der lateinische Text bezieht sich auf den hebräischen oder den griechischen Text.
Das Buch trägt den hebräischen Titel „Die
dunkle Seite Gottes“ und ist ein Zauberbuch
aus längst vergessenen Zeiten. In dieser speziellen Ausgabe wurde der Originaltext des
Buches durch die Anmerkungen zweier bedeutender Hexenmeister des Altertums und
des Mittelalters ergänzt. Der hebräische Text
handelt von einer Glaubensrichtung, nach der
Gott sowohl eine helle als auch eine dunkle
Seite besitzt. Die dunkle Seite verkörpert dabei das Böse, alles Üble und das Dämonische,
das in der Welt existiert.
Der griechische Text bezieht sich auf den
hebräischen und philosophiert über mögliche Praktiken, Nutzen aus dieser Glaubensrichtung zu ziehen. Der interessanteste Teil
ist der lateinische Text. Der Autor gibt konkrete Anweisungen, welche Arten von OpSeite 66
ANDUIN 93
Wandertag
los möglich machen, die Handlung in eine
andere Zeitperiode zu verlegen. So kann die
Geschichte ohne Änderungen für eine Chuthulu-Kampagne im Jahre 1920 genutzt werden. Selbst eine Kampagne in der Gegenwart
wäre denkbar. Moderne Kommunikationsmittel könnten jedoch den Handlungsablauf
an einigen Stellen gefährden (andererseits
funktionieren Handys im tiefsten Schwarzwald nur sehr bedingt). Kein Problem stellt
das Konvertieren der Handlung in eine Fantasy-Welt dar: Der Wandertag wird zu einer
normalen Reise; aus Münstertal wird Silbertal und aus dem Vikar ein Tempeldiener. Der
Rest funktioniert wie beschrieben.
Daten und Fakten
fern nötig sind, um einen bestimmten Effekt
zu erzielen. Er bezieht sich hierbei immer
wieder auf Textpassagen der beiden anderen
Autoren.
Inwieweit das Buch von wissbegierigen
Charakteren zum Erlernen von Zaubern genutzt werden kann und welche das sind, obliegt dem Spielleiter. Es sollte aber nicht vergessen werden, dass das Buch eigentlich der
Kirche gehört. Sie wird mit Sicherheit versuchen ihr Eigentum zurück zu bekommen, um
es anschließend auf nimmer Wiedersehen in
den Kellern des Vatikans verschwinden zu
lassen.
Möglicher Zeitablauf
1. Tag
Ankunft in Freiburg
durchkämmen die Gegend, ein
Suchtrupp wird überfallen und Leichen gefunden, Charaktere finden
Köhlerhütte, Opfer auf Scharfenstein, Showdown
10. Tag Eine Polizeitruppe aus Freiburg, die
nach den Geschehnissen der letzten Tage unverzüglich unterrichtet
wurde, erreicht den Spielweg.
Dies ist nur ein möglicher Zeitablauf. Durch
das Verhalten der Charaktere kann sich dieser mehr oder weniger stark ändern. Wenn
es der Dramaturgie des Spiels dienlich ist,
sollte der Spielleiter diesen Ablauf beliebig
ändern (ob die Opferung am 9. oder 12. Tag
stattfindet ist im Prinzip völlig egal).
2. Tag Stadtführung Freiburg, Besichtigung des Münsters
Midgard 1880
3. Tag Staufen (Stadtführung und Ruine),
Folkloreabend, Anna läuft nachts
weg
(Wissensfertigkeit, Schwierigkeit: mittel)
4. Tag St. Trutpert, Spielweg, Weinprobe
5. Tag Kirche, Wanderung zur Scharfensteinhütte, nächtliches Farbenspiel,
Opferung Annas
6. Tag Spaziergang zum Scharfenstein,
Grillabend, Maria kommt zur Gruppe, Förster wird ermordet
7. Tag Maria wird ins Dorf gebracht,
Überfall auf Hütte, Suchtrupp wird
aufgestellt und bricht gegen Abend
auf
8. Tag Überfall auf Haus der Volks, Peter
Volk findet Anna, Leichen im Bauernhaus, Glockengeläut
9. Tag Pferd des Försters und Förster
werden gefunden, Suchtrupps
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Fertigkeit: Weinkunde
Der Charakter ist in der Lage anhand von
Geschmack und Farbe einen ihm bekannten
Wein zu identifizieren. Er kennt sich mit verschiedenen Weinen aus und weiß, welcher
Wein zu welchen Gerichten passt. Er erkennt
sofort, wenn ein Wein verdorben ist z.B.
wenn er „Kork“ hat oder zu lange offen gestanden ist.
Andere Systeme
Das vorliegende Abenteuer wurde ursprünglich für das Rollenspiel Midgard 1880
entwickelt und spielt in den 80er Jahren
des 19. Jahrhunderts. Haupthandlungsort
ist das Münstertal, ein langgestrecktes Tal,
wenige Kilometer südlich von Freiburg im
Breisgau gelegen. Die abgeschiedene Lage
dieses Handlungsorts, sowie die Handlung
des Abenteuers selbst, sollten es problem-
Im folgenden einige geschichtliche Daten
und Fakten zu den Orten, die von der Wandergruppe besucht werden. Mit diesen Daten kann der Spielleiter die Stadtführungen
etwas interessanter gestalten und eine angemessene Stimmung und Atmosphäre schaffen. Schließlich sind wir ja auf einer kulturellen Ferienreise. Die Zeittafeln sind natürlich
nicht vollständig, sondern enthalten einige
interessante Daten, die ein Stadtführer vielleicht erwähnen würde und die Herr Gerhard
Kamper mit Sicherheit kennt. Der SL kann
selbst entscheiden, was er benutzen will und
was nicht.
Auszug aus der Geschichte
Freiburgs und des Münsters
„Unserer Lieben Frau“
1120 Gründung der Stadt Freiburg
1282
Rudolf von Habsburg macht Freiburg zur freien Reichsstadt
1303 Erste Erwähnung des Rathauses
1353 Erfindung des Schwarzpulvers
durch Franziskanermönch Berthold
Schwarz
1378 Das Historische Kaufhaus am Münsterplatz wird erstmals genannt
1457 Herzog Albrecht VI. stiftet am
21.September eine Universität für
Freiburg
1498 Reichstag in Freiburg
1525 Großer Bauernkrieg: Freiburg wird
besetzt
1529 Erasmus von Rotterdam wohnt für 6
Jahre in Freiburg
1564 2000 Menschen sterben an der Pest
1677 Ludwig XIV. belagert mit seinen
Truppen Freiburg und nimmt die
Stadt ein; durch Friedensvertrag von
Nimwegen geht Freiburg an Frankreich; Ausbau der Festungsanlagen
Seite 67
ANDUIN 93
Wandertag
1682 Ludwig XIV. stiftet eine zweisprachige Universität nach französischem
Vorbild
1697 Freiburg kommt wieder ins Reich
1744 Einnahme der Stadt durch die Franzosen, Zerstörung aller Festungsanlagen
1796 Franz. Revolutionstruppen besetzen
Freiburg und werden vom Heer des
Erzherzogs Karl wieder zurückgedrängt
1821 Eine päpstliche Bulle bestimmt Freiburg zum Erzbischofssitz
1845 Bau der Eisenbahnlinie Freiburg –
Offenburg
1849 Badische Revolution: Besetzung
durch preußische Bundestruppen
1885 Immatrikulation des 1000. Studenten
1900 Erstmals sind Frauen zum Studium
an der Universität zugelassen
1918 Ausruf der Revolution am 9. November auf dem Karlsplatz, Großherzog
verzichtet auf Thron, Baden wird
Republik.
Das Münster
1200 Beginn des spätromanischen Neubaus
1240 Langhausbau unter neuen Meister
aus Straßburg
1258 älteste und größte Glocke des Münstergeläuts (Hosianna)
1281 zweite Glocke
1280 Umplanung des Westturms
1354 Grundsteinlegung für den Chorneubau (Johannes von Gmünd);
1471 Fortsetzung des Chorbaus (Hans
Niesenberger aus Graz),
1510 Schließung der Gewölbe
1513 Chorweihe
Auszug aus der
Geschichte Staufens
770 1211
1248
1323
1350 1487 1524 1539 1566 1602 1632 Erste urkundliche Erwähnung der
„villa staufen in pago Brisgowe“
Erwähnung der Herren von Staufen
als Vögte des Klosters St. Trudpert
Erste urkundliche Erwähnung der
Burg Staufen
Erste urkundliche Erwähnung als
Stadt
Der schwarze Tod (Pest in ganz
Europa)
Bau der Stadtkirche St. Martin in
heutiger Grundform
Bauernaufstand in Staufen
Tod Faust‘s im Gasthaus „Löwen‘
Bau des Stadtschlosses der Herren
von Staufen (westlicher Anbau 1725)
Tod des letzten Freiherren von Staufen (das Lehen fällt an Österreich)
Im Dreißigjährigen Krieg besetzen
schwedische Truppen Staufen und
brennen die Burg nieder (seither
Ruine), danach wechselnde Besetzung der Stadt durch kaiserliche und
schwedische Truppen, Brandschatzungen und Plünderungen
1676 Errichtung des Kapuzinerklosters
(heute Goethe-Institut)
1688/89 Pfälzischer Erbfolgekrieg: Französische Truppen besetzen die Stadt
und reißen die Stadtmauer nieder
1690 Beim Abzug der französischen Truppen werden Wohnhäuser und die
Stadtkirche in Brand gesetzt
1703 Französische Soldaten plündern
Staufen, Bevölkerung wiederum im
Wald
1800 Plünderung durch französische Truppen
1848 Badische Revolution: Besetzung
Staufens durch Freischärler und Erstürmung der Stadt durch Großherzogliche Truppen (24. September),
Ende des Struve-Putsches
1870 Installierung der gusseisernen Brücke über den Neumagen
1893 Bau des städtischen Schwimmbades
Der heilige
St. Trudpert
und sein Kloster
Eremit im Münstertal, um 600: Trudpert
kommt mit seinem Bruder Rupert von Irland
nach Rom, von wo aus er zur Mission in den
Breisgau zieht, während Rupert nach Bayern
geht. Der adlige Otbertus gibt ihm Land im
Münstertal, damit er bei einer Quelle eine
cella bauen kann. Kurz darauf wird er von
zwei Knechten, die ihm bei der Kultivierung
des Landes helfen sollen, aber nicht arbeiten wollen, im Schlaf unter einer Kiefer mit
einer Axt erschlagen. Das nach seinem Tode
errichtete Kloster St. Trudpert ist das älteste
Konvent am Oberrhein (Kloster aus karolingischer Zeit, Benediktinerorden)
Bau der Kirche um 1700: Die Reliquien des
Heiligen ruhen heute in einem Schrein aus
dem Jahre 1714 in der Sakristei von St. Trudpert. Ikonographisch wird er als Eremit mit
Rosenkranz und einer Axt, der Mordwaffe,
sowie einer Kapelle und einer Kiefer im Hintergrund dargestellt. Das Kloster wurde 1806
vorübergehend aufgehoben
Karten und Skizzen
Leider gelang es mir nicht Originalkarten
aus dem Jahre 1880 zu bekommen. Als Übersichtskarte für den SL sollten die modernen
Straßenkarten jedoch allemal ausreichen. Am
besten man besucht dafür die einschlägigen
Internetseiten wie Google Maps, da man hier
sowohl Straßenkarten als auch Luftbilder bekommen kann. 
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Grusel im Rollenspiel
GRUSEL IM
ROLLENSPIEL
PLATZENDE AUGEN ODER GÄNSEHAUT?
TEXT: LEONARD BECKER
ILLUSTRATION: DANIELA KUFNER
Eine Horror-Kampagne kann ein wahres
Erlebnis sein – wenn ein paar Sachen beachtet werden. Bevor wir uns aber die „Stilmittel” des Horrors für Rollenspiele anschauen
müssen wir uns vor Augen führen, dass es
zunächst einmal zwei Wege gibt, Horror im
Rollenspiel umzusetzen; nennen wir sie den
leichten und den ernsten Horror.
Das sagt zunächst einmal nichts aus über
die Art des Horrors, sondern mehr über
die Stellung der Helden in der ganzen Sache. Beim leichten Horror sind die Helden
im Allgemeinen überlegen und es ist eher
unwahrscheinlich, dass sie in wirklich tödliche Situationen geraten könnten. Nicht
so beim ernsten Horror – hier ist die Angst
und die Tatsache, dass jeder
Schritt der letzte sein könnte,
von elementarer Bedeutung.
Beim leichten Horror wird das
Ganze meist eine lustige Splatterrunde, was eigentlich auch
immer für alle unterhaltsam
ist, aber nicht meiner Vorstellung von Horror entspricht
– Splatter halt. Im Gegensatz
dazu herrscht in ernsten Szenarien eine verzweifelte, kalte,
scheinbar hoffnungslose, triste
und düstere Stimmung vor, die
sowohl die Spielercharaktere,
als auch die Umgebung erfasst.
Ernster Horror ist zumeist auch
nicht durch viele witzige Passagen geprägt, auch wenn von
Zeit zu Zeit etwas schwarzer
Humor, Galgenhumor oder
ein makabrer Scherz durchaus
passend sein kann.
Die nächste Unterscheidung,
die nötig ist, um die Stilmittel
beschreiben zu können, ist die
in zwei Arten: Den modernen
und den gotischen Horror.
Der gotische Horror ist eigentlich von sich aus automatisch
ernst. Der moderne Horror
wird einem sehr häufig in den
Filmen unserer Zeit vorgesetzt
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(könnte da ein Zusammenhang bestehen mit
dem Namen?). Man könnte als Mittelpunkt
die Darstellung der Tatsache, dass das „Tier
Mensch” nur aus Fleisch besteht, sehen. Die
Frage ist nicht was passieren wird, sonder
wann. Hier soll die Angst also dadurch erzeugt werden, dass die Schwäche eines Einzelnen besonders hervorgehoben wird. Stilmittel sind Blut, platzende Augen und andere
Körperteile die abgehackt, zerquetscht oder
von mir aus auch aufgefressen werden (auf
gar schreckliche Weise versteht sich).
Man sieht schon worauf ich hinaus will: die
einzige von mir favorisierte Form ist die des
ernsten gotischen Horrors. Was diese Form
ausmacht ist eigentlich kurz und bündig
Subtilität. Der Schrecken präsentiert sich in
Nebel gehüllt, er trägt meist eine Maske aus
Tugend, so, dass die Helden es nicht erkennen, bis es zu spät ist und ein natürlicher Tod,
etwa durch ein gewöhnliches Messer, etwas
Erstrebenswertes sein kann.
Die Frage ist hier nicht, wie die Helden
sterben werden, sondern ob sie geistig stark
genug sind die Nacht durchzustehen. Das
Böse ist also unbekannt, unfassbar, entzieht
sich jeder Beschreibung. Dann gibt es meist
noch ein Geheimnis, dass die Helden in einen Strom widersprüchlicher Empfindungen
reißt: Zum einen wollen die Helden das düstere Geheimnis lüften, spüren aber andererseits die schreckliche Gefahr, die mit diesem
Wissen einhergeht. So erfahren
sie jeden Tag ein weiteres Stück
der Wahrheit und die Unsicherheit darüber, ob sie von ihrer
Gesinnung her tugendhaft und
gut genug sein werden um zu
überleben, steigt.
Das Böse präsentiert sich
also, im Gegensatz zum modernen Horror, wo die Gefahr sich
schnell offenbart, weil ein Entrinnen für die Helden auch mit
dem Wissen darum unmöglich
ist, beim gotischen Horror erst
sehr spät (zu spät) im wahren
Licht.
Bevor ich jetzt zu den eigentlichen Tipps für das Leiten von
Horrorszenarien
übergehe
noch eine kleiner Hinweis: Auf
Grund der Natur von ernstem
gotischen Horror spielen Geheimnisse, Mysterien und das
Unbekannte eine große Rolle,
was ein paar zusätzliche Anforderungen an den Meister stellt:
• Der Spielleiter muss wissen,
was passiert ist, wo die Hinweise sind, was an den Orten
vor sich geht, an denen sich die
Spielercharaktere gerade nicht
befinden
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Grusel im Rollenspiel
•Er muss im Kopf haben, was als nächstes
passieren wird
•Bei rätselhaften Gegebenheiten hängen
die Einzelteile eng zusammen, so, dass
ein einziges fehlendes Puzzlestück zur
Folge haben kann, dass alles zusammenbricht
• Aus all diesen Gründen ergibt sich
außerdem, dass ein Spielleiter, der ein
vorgefertigtes Szenario verwenden
möchte, sich eingehend damit auseinandergesetzt haben muss.
So genug graue Theorie, auf geht’s, lassen
wir den Spielern die Augen platzen.
WO SICH DER HORROR
ZU HAUSE FÜHLT
Der Brockhaus schreibt über den gotischen
Roman: „Charakteristisch sind der unheimlichfantastische Schauplatz des Geschehens
und die realistische Gestaltung des Dämonischen, Irrationalen und Grotesken”.
Die Landschaft
Der Horror (wenn ich von nun an einfach
nur von „Horror” spreche, so meine ich den
gotischen Horror) lebt von Gegensätzen, dies
trifft im gerade für die Landschaft zu. Um das
Ganze etwas einfacher und einleuchtender
mit Beispielen füllen zu können, ziehe ich
einfach das d20 Kampagnen-Setting „Ravenloft” als Vergleichsbasis heran. Wenn die
Spielercharaktere nun also Ravenloft zum
ersten Mal betreten wird ihnen zunächst die
atemberaubende Landschaft auffallen: Beeindruckende Gebirgsmassive, die in den blauen
Himmel hinauf ragen, einladende, dichte,
satte, grüne Wälder mit bezaubernden, grasbedeckten Lichtungen und weite Ebenen,
die mit saftigen Gräsern bedeckt sind, die
sich leicht im Wind wiegen. Wenn sich dann
nach einem anstrengenden Tag die Sonne
dem Horizont nähert und einen Bergsee, an
dem die Helden ihr Nachtlager aufschlagen
wollen, erst in goldenes Licht taucht und
dann langsam blutrot färbt merken die Helden langsam, dass etwas nicht stimmt und
eine Rast nicht ratsam ist – die Erschöpfung
gewinnt aber die Überhand.
Schließlich senkt sich die Dunkelheit wie
ein altes, schwarzes, dickes Tuch erstickend
über das Land und eine eisige Kälte erhebt
sich aus dem Boden und erfüllt die Nacht.
Das Setting
Das Setting sollte den Helden ein „etwas
ist offensichtlich falsch hier…”-Gefühl geben und allein durch den Anblick ein diffuses
Angstgefühl auslösen.
Die Helden treffen auf unheilverheißende
Burgen und Schlösser, die fast unerreichbar
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hoch über ihren Köpfen thronen und von
nahendem Unheil erzählen. Sie ziehen vorüber an einsam in der Landschaft stehenden
Türmen die einem Skelettfinger gleich in den
dunklen Nachthimmel zeigen und den Helden zuzuflüstern scheinen „kehrt um, sonst
seid ihr verloren” und treffen auf einsame,
scheinbar verlassene Herrenhäuser, die wunderbar sind in ihrer großzügigen Bauart, die
die Helden aber fast zu verschlucken scheinen. Im Inneren der Gemäuer finden sich lange, dunkle Gänge, die das Licht der Fackeln
nach einigen Metern bereits ganz verschlucken, weite, fensterlose Hallen, in denen
sich die Helden fast schon verlieren und in
denen ein Flüstern durch das Echo zu einem
unheimlichen Brüllen werden kann und Treppen, die sich fast wie in Schmerzen weit nach
oben winden.
Häufig befinden sich die Bauwerke in einem
Zustand des offensichtlichen Verfalls, der die
Helden zunächst in dem Glauben lässt, dass
das Gebäude schon lange unbewohnt ist.
Es gibt natürlich Orte, die von sich aus typisch für Horrorszenarien sind, wie die Kapelle, der Turm, das Verlies oder die Gruft.
Für die Würze werden Friedhöfe mit Nebel
gefüllt, ertönt ein dumpfes Glockenleuten
in der Ferne, sehen die Helden ein einzelnes
erleuchtetes Fenster an einem Turm und treffen auf Klöster, die bis auf ein paar Schatten,
die in der Nacht durch die verlassenen Gänge
streifen, leer sind.
Die Naturkulisse
Stürme, die den Helden ins Gesicht blasen
und sie beispielsweise von einem engen steilen Bergpfad zu wehen drohen. Gleißende
Blitze, die die Umgebung für einen kurzen
Augenblick erhellen, ohne wirklich zu zeigen,
was die Helden umgibt, und die von einem
ohrenbetäubenden Donner beantwortet
werden. Hierfür bietet sich also einfach alles
an, was den Einzelnen klein und schwach erscheinen lässt: Die Naturgewalten sollen an
der Willenskraft des Einzelnen zehren.
Das Traumhafte
Nebel und Zwielicht erzeugen Angst und
Verwirrung und lassen, wie im Traum, die
Grenzen zwischen Realem und Irrealem,
Richtigem und Falschem verschwimmen,
bis die Helden nicht mehr in der Lage sind
zwischen dem einen und dem anderen zu
unterscheiden. Wenn es mit ihnen schließlich soweit gekommen ist, kann für sie jeder
Schatten das Böse sein und jeder Windhauch
der des Teufels sein – wichtig ist nicht ob es
wirklich real ist, denn die Angst in ihrem Inneren ist es.
DIE WERKZEUGE
DES SCHRECKENS
Die Basis für den gotischen Horror ist der
Glaube daran, dass die Geschehnisse real
sind.
Detailreichtum
Hierfür ist es nötig, die Umgebung genauestens zu beschreiben: Farbe, Masse,
Oberflächenbeschaffenheit, Temperatur, Geruch, Geräusche, „wie etwas sich anfühlt”.
Die Spieler werden erst an die Welt glauben,
wenn sie diese fühlen, schmecken, riechen,
hören und deutlich vor sich sehen können.
Die Details müssen aber nichts Übernatürliches oder besonders Schreckliches an sich
haben, ein Windhauch, der durch ein Schlüsselloch streicht reicht zum Beispiel völlig.
Ausgearbeitete NSCs
Kein glaubwürdiger Charakter, mag er
auch noch so unmenschlich sein, kommt
ohne Dinge wie einer Geschichte, persönlicher Ansichten und Gewohnheiten, individueller Stärken und Schwächen und privater
Fixierungen aus. Selbstverständlich kommt
das im Spiel nicht alles zu tragen, aber dennoch fällt es auf, wenn die Spieler einen nicht
ausgearbeiteten Charakter vor sich haben.
Ein flacher Charakter wird nicht ernstgenommen und somit nicht gefürchtet.
Bekannte Umgebung
Die Idee ist die, den Schrecken durch das
Einbinden bekannter Elemente den Spielern
näher zu bringen, ihn realer zu gestalten.
Um zwei Beispiele zu nennen: Möglich sind
wohlbekannte Pflanzen, die irgendetwas an
sich zu haben scheinen, dass sie bekannt und
unbekannt zugleich scheinen lässt (wir sind
also mal wieder dabei den Spielern ein „etwas ist offensichtlich falsch hier…”-Gefühl
zu geben) oder auch so banale Dinge wie
seltsam geformte Wolken.
Isolation
Der Versuch bei den Charakteren durch Isolation dieselbe Angst zu wecken, die auch Kinder, wenn sie alleine in ihrem dunklen Zimmer
sind, vor dem Einschlafen erfüllt: „Könnte ich
mit jemandem darüber sprechen würde ich
es ertragen, aber da ist niemand…” (Bram
Stokers Dracula). Die häufigere Form ist die,
in der die Helden fern von jeglicher Zivilisation durch ihnen unbekanntes Gefilde reisen
und ganz auf sich alleine gestellt sind.
Es ist aber nicht die einzige Isolation: Eine
andere Möglichkeit ist die soziale Isolation,
beispielsweise eines Reisenden in einem
fremden Land mit einer ihm unbekannten
Sprache oder die Einsamkeit eines AusgeSeite 70
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Grusel im Rollenspiel
stoßenen. Diese Form ist eigentlich schlimmer, denn man
ist alleine unter anderen Menschen.
eher in die Kategorie langweilig passt, anwenden. Witzig (na ja, vielleicht nicht für
den Helden, aber man kann
nicht immer alle zufrieden
stellen) sind die subtileren
Anwendungsformen, bei denen sich der Betroffene nicht
sicher ist, ob er manipuliert
wurde – ob ihm beispielsweise Gedanken „eingepflanzt”
wurden -, oder ob er einfach
nur langsam beginnt verrückt zu werden…
Zufälle
Unglückliche Zufälle, wie
beispielsweise ein Windhauch,
der eine Kerze ausbläst, ein
warmes Feuer – warme Insel in
der kalten Nacht – wird durch
einen plötzlichen Regenguss
gelöscht oder der Kutscher,
der als einziger den richtigen
Weg kennt, erleidet plötzlich
einen Anfall und stirbt. Das
heißt, dass der Spielleiter Geschehnisse, die für sich alleine
nichts ungewöhnliches sind
und mit einem „Zufall” abgetan werden könnten, sich in
einem Maße häufen lässt, dass
auch den stärksten und mutigsten Held mit Angst erfüllt.
Handlung die kitzelt
Bereits am Anfang haben
wir festgehalten, dass es
wichtig ist nicht am Anfang
alles zu verraten. Der Spielleiter sollte vielmehr versuchen den Helden immer nur
einen kleinen Haken anzubieten, der sie immer tiefer ins
Verderben zieht. So taucht
ein Geist zunächst nur als
Schemen oder in Form eines
nächtlichen Klopfens an der
Schlafzimmertüre der Helden auf.
Die Wirkung lässt sich auch
hier darauf zurückführen, dass
die Helden in eine Situation geraten, in der sie nicht Herr der
Lage sind.
Fallen
Sie können dazu eingesetzt
werden Verzweiflung auszulösen und die Helden zu treffen. Allerdings müssen sie nicht unbedingt
physischer Natur sein: Im Schloss von Graf
Strahd (entspricht etwa Graf Dracula) zum
Beispiel sind die Helden nicht wirklich Gefangene sondern „Gäste”.
Die Helden könnten sich auch tiefer und
tiefer in ein dickes und klebriges Netz aus
Intrigen und hinterlistigen Täuschungen
verstricken. In meinen Augen die schönste
Variante des Kunstgriffs Falle ist die, in der
die Helden sich selbst in eine Falle hineinmanövrieren, indem sie, durch (zunächst
unbewusste) Fehler, sich eine Möglichkeit
nach der anderen versperren, bis nur noch
eine übrig bleibt, nur noch ein letzter dunkler
Weg darauf wartet als letzte Möglichkeit beschritten zu werden…
Angriffe auf den Körper
Diese Hilfsmittel ist für die Helden gedacht,
die „etwas zum Anfassen” brauchen, um daran zu glauben. Natürlich wollen wir die Helden nicht zerstören (zumindest körperlich
nicht), daher muss man mit Bedacht an den
Einsatz von physischer Gewalt gegen Helden
herangehen; wichtig ist auf jeden Fall, dass
das Ziel immer die Stimmung bleibt. Daher
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bieten sich Verletzungen wie ein verstauchter
Fußknöchel, der sich unter Umständen bei
einer Flucht als sehr unpraktisch erweisen
kann, oder ein Kratzer an der Waffenhand,
der den Kampf empfindlich erschwert, an.
Wenn es sein muss, kann man auch zu Dingen
wie plötzlich verrottenden Beinen greifen,
was natürlich wesentlich erschreckender ist.
Etwas weniger drastisch sind beispielsweise
plötzlich auftretende Wunden, bei einem
Held der gerade alleine ein schönes, warmes
und entspannendes Bad genießt. Für weibliche Helden wäre ein gelungener Scherz ein
plötzliches „sich-regen” im Bauch – trotz
der Gewissheit, 24 Stunden davor noch nicht
schwanger gewesen zu sein.
Angriffe auf den Geist
Der Geist eines Menschen (oder der eines
anderen vernunftbegabten Lebewesens) ist
das Persönlichste – die letzte Bastion, die
einem noch bleibt, wenn sich alles andere um
einen herum in einen schrecklichen Alptraum
verwandelt hat. Was liegt also für das Böse
(den Meister) näher als hier anzusetzen. Natürlich kann man so arge Formen wie die völlige Besetzung des Geistes eines Helden, was
Wieder also die oben beschriebene Variante, die
Helden im Dunkeln tappen
zu lassen und ihrer Phantasie viel Raum zu geben, den sie nach Belieben ausfüllen können. Eine scheinbar unerträgliche Spannung lässt sich noch steigern,
wenn man sich einer kleinen Auflockerung
bedient. Hierzu eignen sich Aktionen wie
ein kleiner Scherz am Rande (beispielsweise aus dem Mund eines NSCs) , eine lustige
Situation in einer sonst von Schrecken und
Unsicherheit geprägten Situation oder ein
falscher Alarm. Nach einem solchen Einwurf
sind die Helden, wenigstens für einen kurzen
Moment, entspannt, unachtsam und sorglos
– und das ist der Moment in dem mit voller
Härte zugeschlagen werden sollte.
DER UMGANG
MIT DEN WERKZEUGEN
Die Stilmittel sollten immer wohlüberlegt
eingesetzt werden, damit sie ihre volle Wirkung entfalten können.
Subtile, dezente Effekte
Das Gefühl, dass wir erzeugen möchten,
soll zunächst ganz leicht beginnen und sich
immer weiter intensivieren, bis es in einem
am besten grotesk-bizarren Höhepunkt
endet (dieser Höhepunkt wird in einer go-
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Grusel im Rollenspiel
tischen Kampagne selten ein Endkampf der
Charaktere gegen einen Bösewicht sein).
Wichtig um diese Spannung zu erzeugen
ist es Szenen extremer Gewalt zu vermeiden
und auf unrealistische Blutmassen zu verzichten. Besser sind ein paar kleine Blutspritzer auf einem Stuhl oder ein leises Geräusch
in nicht unmittelbarer Nähe der Helden, dass
sich wie Schläge mit einer Keule auf Knochen
anhört. Horror soll in Kopf stattfinden, das
bedeutet sich größtenteils auf vage Andeutungen zu beschränken – der Rest wird von
der Phantasie der Spieler besser ausgefüllt,
als es jede Beschreibung des Spielleiters
könnte.
Sparsamkeit
Ich denke, dass hier eine gute Auswahl an
Mitteln aufgelistet ist. Es gibt aber eine große
Gefahr, nämlich die, dass sich die Spieler an
die Tricks gewöhnen. Um das zu vermeiden
muss sie der Spielleiter unter allen Umständen sparsam zum Einsatz bringen, denn
wenn bei den Spielern eine Gewöhnung einsetzt, verlieren die Effekte jegliche Wirkung
und dann sieht es schlecht aus für den Horror. Das Beste zuletzt Die Mittel, die man am
liebsten mag sollten auch die sein, die man
sparsam und spät einsetzt. Außerdem hat es
wenig Sinn die Helden ständig mit dem Tod
zu konfrontieren, so lange sie noch nicht einmal ein Dorn im Auge des Bösen sind.
ANGST UND FRUSTRATION
Wenn der Spielleiter es übertreibt, werden
die Spieler irgendwann ihn und nicht den Bösewicht als ihren Feind betrachten.
Kontrolle der Helden
Der Meister sollte Sätze wie „das geht
nicht” völlig vermeiden und den Charakteren lieber die möglichen Konsequenzen ihres
Handelns aufzeigen um sie von etwas abzuhalten oder um sie in eine gewünschte Richtung zu lenken. Anders ausgedrückt: Die Charaktere und nicht die Spieler einschränken.
Selbst schuld
Eine weitere Möglichkeit keine Frustrationen bei den Spielern entstehen zu lassen, ist
die, dass der Meister den Spielern so selten
wie möglich das Gefühl gibt bestraft zu werden. Vielmehr sollte er die Spieler überzeugen selber Schuld an etwaigen Verletzungen
und an anderen unglücklichen Situationen zu
sein. Das ist besser für alle Beteiligten: Die
Spieler haben Angst, können den Meister
nicht dafür verantwortlich machen, der muss
sich nicht streiten und der Bösewicht hat Unterhaltung (ja, mein Gott, dann sind die Helden halt mal wieder gearscht, na und?!).
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Naturpotenzial ausschöpfen
Es gibt eine Effektgruppe, in die der Meister jederzeit tief hineingreifen darf: Naturkräfte, wie Regen, Schnee, Hagel, Wind,
Staubstürme, Fluten, reißende Flüsse, Vulkanausbrüche und natürlich ausgelöstes Feuer,
werden leicht von den Spielern akzeptiert
und als natürlich für ein Horrorszenario angesehen. Die Gefahr des Überdrusses oder
der Gewöhnung ist hier bei weitem nicht so
stark; vielleicht sollte man sich aber nicht
ständig in der „dunkle Wolken am Horizont
und Blitze” – Ecke bedienen, auch wenn es
natürlich verlockend ist.
Unwichtige Schlachten
gewinnen lassen
Wenn nichts klappt und sie überhaupt keine Erfolgserlebnisse haben, so werden die
Spieler mit Sicherheit Unglücklich. Deswegen hin und wieder ein paar kleinere Erfolge
einbauen und den Spielern in kleinen Scharmützeln das Gefühl geben ihrem Gegner
Schaden zuzufügen (möglicherweise steht
auch der Bösewicht hinter dem Ganzen und
versucht die Spieler in Sicherheit zu wiegen).
Dahin, wo’s wehtut
Keine Helden verkrüppeln, aber ihnen das
Wichtigste nehmen. Was ist ein Dieb wert,
dessen Hände unkontrolliert zittern, was ein
Magier, der nur noch stottert, was ein gefesselter und geknebelter Priester und was ein
Kämpfer, dem seine geliebten magischen
Waffen genommen wurden? Egal wozu man
sich entscheidet, mit übernatürliche Fertigkeiten sollte als erstes aufgeräumt werden.
Monster mit Charakter
In Ravenloft beispielsweise sind die Gegner
im Allgemeinen stärker und mächtiger als alle
Helden zusammen und dennoch besitzen sie
alle auch ihre Schwächen. Viele möchten die
Helden vor Entsetzen zittern sehen und Tote
zittern nicht. Andere spielen makabre Spiele
mit ihnen, obwohl sie jederzeit in der Lage
wären sie mit einem einzigen Gedanken niederzustrecken.
Die Charaktere sollen dadurch die ganze
Zeit über das Gefühl haben, vom Tod bedroht
zu werden, und außerdem das sichere Gefühl
haben, dass dieser sie sofort ereilen wird,
wenn sie nicht mit der größtmöglichen Vorsicht und Intelligenz vorgehen.
Isolation
Bei Isolation der Charaktere, sei es wegen einer Fallgrube, durch Flucht oder aus
welchem Grund auch immer, kann der Spielleiter die Spieler von Zeit zu Zeit wirklich in
verschiedene Räume schicken und sie so in
wirklicher Ungewissheit über das Schicksal
der anderen lassen. Vorsicht ist hier geboten,
weil die Personen zum Rollenspielen gekommen sind und nicht, um sich an den Einmachgläsern in der Speisekammer zu erfreuen.
Bei der Variante der partiellen Isolation,
beispielsweise durch eine sich plötzlich
schließende Tür, wenn sich die Charaktere
nur noch hören, aber nicht sehen können,
müssen die Spieler ihre Entscheidungen auf
Grund des Gehörten treffen, auch wenn sie
wissen, dass es nicht die Worte des Helden
sind sondern, dass diese von woanders kommen, denn die Charaktere selber können
nicht wissen, dass es nicht ihr von ihnen
getrennter Begleiter sondern vielleicht ein
Phantom ist, dass sie da ruft.
Zettel
Amüsieren kann sich der Meister auch, indem er Zettel verdeckt an einzelne Spieler
reicht, auf denen Dinge stehen können wie
„deine Fingernägel scheinen länger geworden zu sein” oder „deine Handfläche juckt”,
denn die anderen Spieler werden wissen wollen, was los ist und egal, wie der betroffene
Spieler antworten wird („nichts”, irgendeine
erfundene Antwort oder die Wahrheit) das
Vertrauen in der Gruppe wird abnehmen
und Verdächtigungen die Runde machen.
Um die Gerüchteküche am brodeln zu halten
kann der Spielleiter zusätzlich hin und wieder leere Zettel herumreichen. Ich kenne alle
Regeln Eine herrliche Methode um normale
Spieler oder solche, die meinen jede Regel
zu kennen, zu verunsichern sind neue, den
Spielern unbekannte „Rollenspielregeln”,
wie plötzliches Würfelwürfen mit anschließendem Festhalten des „Ergebnisses” – da
haben die Spieler schön was zu nagen – oder
das verdeckte Würfeln von Würfen, die sonst
immer die Spieler machen durften. Was immer man sich einfallen lässt, es sollte die nötige Dramatik enthalten, aber natürlich ohne
zu übertreiben.
KLEINIGKEITEN
ZUM SCHLUSS
Mit ein paar einfachen Kniffen kann man
eine gute Grundlage schaffen, um Horror zu
erzeugen. Man muss nicht zu drastischen
Maßnahmen, wie dem Bedecken von Tischen
mit Wachstropfen, oder dem Kultivieren von
Spinnweben greifen (mal abgesehen davon,
dass Eltern und andere Hausbesitzer so etwas
nicht besonders schätzen); es genügen Dinge
wie zum Beispiel das Dimmen des Lichts, das
Zuziehen der Vorhängen, brennende Kerzen
und düstere Hintergrundmusik, außerdem
kann man einfache Geräusche wie Türklopfen und Kratzen ruhig „live” nachahmen. 
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Wahrnehmung
WAHRNEHMUNG
TIPPS FÜR DEN SPIELLEITER
TEXT: MARCUS JOHANUS
ILLUSTRATION: URSULA MAYER
Die wichtigste Aufgabe eines Spielleiters
ist die Beschreibung der Wahrnehmungen
der Spielercharaktere. Dabei geht es nicht
nur darum, sozusagen den sensorischen Input zu erledigen. Es geht auch darum, mit
deinen Beschreibungen Atmosphäre zu erzeugen. Gerade Einsteiger scheitern oft an
dieser Aufgabe. Sie verfallen in eines der beiden extreme: Entweder sie leiten in einem
prosaischen Telegrammstil („Lichtung, Felsen, See, Frau drauf – was macht ihr?“) oder
sie verfallen ins andere extrem: Die Spieler
werden mit einer unübersichtlichen Vielzahl
von Details ihrer Spielwelt überschüttet.
Beides zeigt den gleichen Effekt: Die Atmosphäre wird gekillt, das Spiel wird fade. Versuche deswegen einen guten Mittelweg zu
finden, nicht zu viel oder zu wenig Details in
deine Erzählungen mit einfließen zu lassen.
Im Zweifelsfall ist es sogar eher besser, auf
Details zu verzichten, anstatt es mit ihnen zu
übertreiben. Zu viel Informationen langweilen die Spieler schnell und schwächen ihre
Aufmerksamkeit. Rollenspiel ist ein interaktives Spiel: Lass die Spieler ihre Umgebung
ruhig erforschen. Lass sie Fragen zu den Details stellen. So erfährst du, was ihnen wichtig ist und sie werden aktiv, was Langeweile
verhindert. Beschreibe beispielsweise ein Relief als einen grauen Steinblock mit seltsam
anmutenden Verzierungen. Das erweckt die
Neugierde deiner Spieler. Sie werden fragen,
was auf dem Relief drauf ist. Und schon hast
du ihre Aufmerksamkeit. Hättest du es gleich
beschrieben, wäre die Information bestimmt
untergegangen.
Benutze alle Sinne!
Gerade unerfahrene Spielleiter begehen
oft den Fehler, ihre Beschreibungen nur visuell zu gestalten. Aber auch als alter Hase,
muss man sich manchmal ins Gedächtnis rufen, dass die Charaktere der Spieler ja auch
Nasen, Ohren usw. besitzen. Zu oft wird den
Spielern nur erzählt, was ihre Charaktere
sehen. Das Ergebnis ist eine recht oberflächliche Spielrunde mit einem schalen Nachgeschmack von Langeweile. Den Spielern wird
es nicht ermöglicht, in das Spielgeschehen
einzutauchen und sich in die Situation ihrer
Charaktere zu versetzen. Somit bleibt auch
ihr Spiel nur an der Oberfläche, ohne dass sie
wirklich was dafür können.
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Im wirklichen Leben sehen, tasten, hören,
riechen und schmecken wir permanent. Alle
Eindrücke zusammen liefern uns erst ein
Bild von der Wirklichkeit. Das merkt man vor
allem dann, wenn mal einer der Sinne ausfällt, weil es im Raum dunkel ist oder man einen Schnupfen hat. Plötzlich kann man nichts
mehr sehen oder nichts mehr riechen und ist
ganz schön aufgeschmissen. In vielen Rollenspielrunden sind die Charaktere teilweise
in ihrer Wahrnehmung eingeschränkt, weil
nicht genug Sinne in die Beschreibungen einfließen. (Das gilt übrigens sowohl für Spielleiter als auch für Spieler.)
Vermeide den Fehler, indem du dir die Situation, in der die Charaktere deiner Spieler
stecken, bildhaft vorstellst. Versuch dich an
den Ort des Geschehen und in sie hinein zu
versetzen.
Was riechen, schmecken oder fühlen sie?
Ist die Luft feucht, wie sind die Lichtverhältnisse? Gibt es einen Geruch, der vielleicht sogar einen Hinweis bedeutet? Oder gibt es ein
unterschwelliges Geräusch? Wie fühlt sich
der Boden, auf dem ich gehe an? Vieles von
der Atmosphäre, die du als Spielleiter vermittelst, hängt von gut geschilderten Sinneseindrücken ab, die bei den Spielern Gefühle
erzeugen. Ein harte, kalter Granitboden, auf
dem die Charaktere laufen, vermittelt einen anderen Eindruck als ein weicher, vom
Tau befeuchteter Grasboden, dessen lange
Halme an den Waden kitzeln.
Natürlich darf man es auch mit diesem Tipp
nicht übertreiben. Es ist eher dem stimmungsvollen Rollenspiel abträglich, den Spielern
unentwegt die Wahrnehmungen ihrer fünf
(oder mehr?) Sinne mitzuteilen. Sie werden
mit detaillierten Informationen bombardiert,
die das Spiel nur verlangsamen. Überlege dir
am besten in jeder Szene, welcher Sinneseindruck gerade der stärkste ist.
Entscheide nach dem Kriterium, welche Atmosphäre du gerne erzeugen willst, welche
Wahrnehmung ihrer Charaktere du an die
Spieler weitergibst. Versuche nie mehr als
zwei Sinne gleichzeitig einzubringen. Auch
im wirklichen Leben konzentrierst du dich ja
aufs Sehen, Hören, Riechen, Schmecken oder
Tasten. Beispiele für Sinneswahrnehmungen,
die zur Atmosphäre beitragen können:
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Wahrnehmung
•unterschwelliges Geräusch, kaum
hörbar
•kalter Windhauch, der eine Gänsehaut über den Rücken jagt
•Nackenhaare, die sich aufstellen
•dicke, schwüle Luft (genauso: kalte,
feuchte usw.)
•süßlicher, ekelerregender Geruch
•warmer Sonnenschein
•flaues Gefühl im Magen
•würziger, appetitanregender Geruch
•knackende Geräusche unter den Füßen,
als würden Chitinpanzer von Insekten
zertreten werden (besonders effektvoll,
wenn die Charaktere gerade nichts
sehen)
Sieh und lerne!
Rollenspiel ist Entertainment! Viel zu oft
wird das vergessen. Als Spielleiter trägst du
eine große Verantwortung: Deine Spieler
schenken dir viele Stunden ihrer Lebenszeit.
Sie vertrauen sie dir an, in der Hoffnung, dass
du sie bereichern wirst. Sie wollen unterhalten werden, den Alltag vergessen und erwarten dabei von dir, dass du sie unterhalten
wirst.
Sicherlich: Du kannst diesen Anspruch
ebenfalls an die Spieler stellen. Genauso, wie
du als Spielleiter dafür verantwortlich bist,
ein Abenteuer, eine Kampagne, interessante
NSCs, tolle Szenen und spannende Aufträge
für deine Spieler vorzubereiten, sollten sie
sich Mühe geben, schöne Spielercharaktere
parat zu haben, aufregende Aktion zu vollführen und dich mit ihren Einfällen zu überraschen und zu unterhalten – kurzum: Spieler und Spielleiter sind für die Atmosphäre,
Organisation und das Entertainment einer
Rollenspielrunde gleichermaßen verantwortlich. Aber schließlich sind das hier die Spielleiter- und nicht die Spieler-Tipps, weswegen
wir uns hier mit deiner Aufgabe beschäftigen
wollen.
Entertainment ist nun aber keine leichte
Sache. Es sagt sich so leicht: Sei unterhaltsam! Amüsiere mich! Erzähle mal was! Aber
wer schon mal versucht hat auf einer Party
einen Witz zu erzählen, der wird schnell merken wie schwierig es ist, etwas zu tun, worüber andere lachen können – oder was sie wenigstens dazu bringt, dir weiter zuzuhören.
Der Schlüssel dazu, ein guter Entertainer zu
sein (und nichts anderes bist du als Spielleiter), liegt in dem, was man mit dem schönen
englischen Wort „Performance“ bezeichnet:
deine Gestik, dein theatralisches Auftreten.
Rollenspiel wird oft mit Theater, Kino oder
mit Romanen verglichen – andere Formen
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der Unterhaltung, in denen Schauspieler
oder Autoren uns in gewisser Weise mit ihrer
Performance unterhalten. Was läge also näher, als sich aus ihnen hier und da als Spielleiter ein paar Tricks abzusehen, die einem bei
der eigenen Performance in der Spielrunde
am Wohnzimmertisch oder – noch viel wichtiger – in den großen Hallen der RollenspielCons helfen können!
Deswegen lautet mein Spielleitertipp für
diese Woche: Sieh und lerne! Überlege dir
einfach, wann du das letzte Mal einen Film
gesehen und darüber die Zeit vergessen hast.
Wann hast du das letzte Mal auf eine Leinwand gestarrt und hattest dieses traurige,
wehmütige Gefühl, als der Film zu ende war?
Wann hast du das letzte Mal bei dem Auftritt
eines Entertainers Tränen gelacht und deine
alltägliche Sorgen und deinen Stress vergessen? Wann hast du das letzte Mal ein Buch
gelesen und konntest es nicht aus der Hand
legen?
Beantworte die Fragen und du hast schon
mal ein paar sehr gute Beispiele für tolles Entertainment parat. Der nächste Schritt ist, sie
zu analysieren und herauszufinden, warum
sie dir so sehr gefielen und es ihnen gelang,
deine Aufmerksamkeit zu bannen. Und letztendlich solltest du dich hemmungslos an
deinen Vorbildern bedienen und versuchen,
wichtige Elemente ihrer Performance in deiner Rollenspielrunde zu übernehmen.
Damit dies nicht trockene Theorie bleibt,
habe ich das mal beispielsweise für mich gemacht und mich an einige Performances erinnert, die mich tief beeindruckt und prächtig
gut unterhalten haben:
1. Alfred Hitchcock
Der Film ist wohl schlichtweg DAS Unterhaltungsmedium unserer Zeit. Und Hitchcock
ist – wenigstens für mich – DER Filmemacher
schlechthin. Mich beeindrucken die meisten
seiner Filme und es gibt kaum einen, der
mich nicht gut unterhalten und zudem noch
fasziniert hätte. Warum?
Hitchcock weiß allein durch seine Handlung, die sich aus der Konstellation seiner Figuren ergibt, zu faszinieren. Er blendet alles
andere aus und stellt es in den Hintergrund:
Motivationen, Informationen, Erklärungen
– alles ist nur ein Register für die Handlung.
Das beeindruckt mich. Viele Rollenspielrunden bestehen aus sehr, sehr vielen Hintergrundinformationen. Viele Spielleiter legen
mehr Wert darauf, plausible und realistische
Hintergründe zu entwickeln als spannende
Geschichten. Hitchcock macht sozusagen
das genaue Gegenteil. Er bezeichnet alles,
was nicht zur unmittelbar zur Handlung bei-
trägt, als „MacGuffin“ und streicht es aus
der Geschichte. Deswegen habe ich es mir in
meinen Spielrunden zur Aufgabe gemacht,
immer die MacGuffins zu tilgen, um meine
Spieler nicht zu langweilen.
Anstatt nun also seine Zuschauer mit Details zu langweilen, überrumpelt sie Hitchcock quasi mit Emotionen. In jedem seiner
Filme stehen die grundlegenden Gefühlsauslöser eine sehr große Rolle: Angst, Liebe,
Humor. In jedem seiner Filme gibt es eine
mitreißende Liebesgeschichte, viele kleine
Szenen, in denen es etwas zum Schmunzeln
gibt und jede Menge Elemente, die an unsere
Ängste rühren. Deswegen versuche ich stets
in meinen Rollenspielrunden genauso zu verfahren. Ich frage mich bei jeder Szene, die
entsteht, welches der drei Gefühle ich gerade am besten in den Mittelpunkt stellen kann
und versuche mit meiner Performance genau
diese hervorzurufen.
2. Michael Mittermeier
Ähem – naja, auf den ersten Blick haben
der Urvater des amerikanischen Unterhaltungskinos und dieser bayerische Kabarettist
vielleicht nicht viel gemeinsam. Auf den zweiten übrigens auch nicht. Aber es geht mir hier
auch nicht darum, eine logische Verknüpfung
herzustellen, sondern einfach nur Entertainer zu finden, die mich beeindruckten.
Mittermeier ist nicht nur ein Künstler, über
den ich in den letzten Jahren so sehr lachen
konnte, wie kaum über einen anderen: Seine
Art zu Erzählen, seine Performance, ist meiner Meinung nach einzigartig und für jeden
Spielleiter eine wichtige Lektion in Sachen
„multimediales Erzählen“. Warum?
Ganz egal, was man von Mittermeiers Humor halten mag, seine Performance ist einfach herausragend. Er schafft es auf der Bühne ohne Requisiten oder Kostüme Captain
Kirk, einen Pekinesen oder den Untergang
der Titanic zu spielen – und zwar so, dass
man als Zuschauer tatsächlich ein geistiges
Bild vor dem inneren Auge entwickelt. Mittermeier arbeitet wie kein anderer mit Kontrasten zwischen ruhigen und lauten Szenen,
mit der Modulation seiner Stimme, Gestik,
Mimik und schafft es auf einer extrem charmante Weise sein Publikum anzusprechen.
All das sind Eigenschaften, über die auch
ein guter Spielleiter verfügen sollte (Spieler
natürlich auch – aber das Problem hatten
wir ja bereits), wenn er Gefühle in den Mittelpunkt seiner Spielrunde stellen möchte
und keine kopflastigen Abenteuer leiten will,
deren Unterhaltungswert ungefähr genauso
groß ist wie eine Lesestunde aus dem großen
Brockhaus.
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ANDUIN 93
Wahrnehmung
3. Jackie Chan
Viele Rollenspielrunden bestehen zu einem
großen Teil aus Kämpfen und Stunts – aber
nur zu oft verkommen diese zu reinen Würfelorgien, die sehr abstrakt und damit auf
Dauer unbefriedigend bleiben. Also sehe ich
mir jeden Actionfilm stets sehr genau an und
frage mich hinterher, was die einzelnen Szenen eigentlich spannend gemacht hat und
wie man sie in Rollenspielrunden eigentlich
umsetzen könnte. Was hätte Arnie würfeln
müssen, um von der Deckung aus in den Gang
zu springen, drei Schüsse abzugeben, um
schließlich auf dem Bauch über den Boden
rutschen zur nächsten Deckung zu rutschen?
Wie erzähle ich das im Spiel so, dass es für
den Spieler spannend wird? Welche Faktoren
wirken noch auf die Szene ein (Beleuchtung,
Schnitt, Geräusche, Musik, Geschwindigkeit
des Films), damit sie beeindruckt?
Schließlich bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass der Meister der unterhaltsamen
Kampfszenen Jackie Chan ist. Wie kein anderer Actiondarsteller setzt er in seinen
Kampfszenen gleichzeitig Witz und Spannung um. Vor allem schafft er es, seine ganze
Umgebung in seine Kämpfe mit einzubeziehen. Die Darstellung seiner Kampfszenen ist
wahrhaftig kreativ.
Seitdem ich Jackie Chan-Filme kenne, überlege ich mir vor jedem Spielabend immer gut,
an welchen Schauplätzen es im Abenteuer zu
Kämpfen kommen kann. Ich versuche mir diese Schauplätze so genau wie möglich vorzustellen und lege viele kleine Details fest, mit
denen die Spieler später arbeiten können.
Das geht vom Kronleuchter, an dem man sich
hin und her schwingen kann bis zum Wischmop.
Dabei ist vor allem wichtig, dass du als
Spielleiter deinen Spielern auch die Gelegenheit zum Improvisieren gibst. Wenn ein Spieler eine coole oder witzige Idee für eine tolle
Aktion mit einem Gegenstand hat, den ich
mir nicht vorher ausgedacht habe, heißt es
noch lange nicht, dass dieser nicht trotzdem
da ist – wenn es sich noch halbwegs plausibel
begründen lässt.
Und man sollte seine Spieler ermutigen,
sich stimmungsvolle Beschreibungen für ihre
Aktionen im Kampf zu überlegen, was man
dadurch erreichen kann, dass man von den
Regeln abrückt und die Erzählungen betont.
Regeln sollten im Kampf nur im Hintergrund
ablaufen und ein Ergebnis der Aktionen der
Spieler sein, nicht umgekehrt. Jeder Beteiligte muss das Geschehen zunächst visualisieren können – und das kann man nur, wenn
deine Darstellung der Umgebung so plastisch
ist, wie die Performance von Michael Mitterwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
meier und die Spieler in das Geschehen so
sehr verstrickt sind, wie bei einem HitchcockFilm.
4. GURPS Cliffhangers
Naja, ein bisschen unfair, dieses Beispiel,
denn GURPS Cliffhangers ist leider eine absolute Rarität geworden. Das ist ziemlich schade, denn es ist für jeden Spielleiter meiner
Meinung nach eines der wichtigsten GURPSQuellenbücher schlechthin. Zumindest für
mich habe ich den wichtigsten Hinweis für
das Ausgestalten von Rollenspiel-Szenen in
diesem Buch gefunden:
Lass niemals nur eine Katastrophe auf einmal passieren!
Es ist das eherne Gesetz eines jeden guten,
spannenden Films, dass viele Dinge, die die
Aufmerksamkeit des Zuschauers bannen,
gleichzeitig passieren. Man sagt dazu auch,
dass der Plot sich verdichtet. Mit dem Fortschreiten des Films nimmt die Anzahl der kleinen Katastrophen, die dem Helden oder den
Helden passieren, stetig zu, bis sie schließlich
in Anzahl und Intensität den Höhepunkt erreichen.
Für eine Rollenspielrunde muss das genauso gelten, denn: Schließlich hast du nicht
einen Zuschauer, der über einen Helden auf
der Leinwand mitfiebert – du hast meistens
mindestens drei, vier, fünf oder sogar mehr
Helden in deiner Spielrunde zu sitzen, die unterhalten werden wollen.
Aus diesem Grund sind viele Spielrunden
so schrecklich langweilig: Es gibt EIN Rätsel für FÜNF Personen. Niemand würde in
einem Restaurant auf die Idee kommen, ein
Hauptgericht für die ganze Familie zu bestellen. Aber in Rollenspielrunden passiert das
ständig. Um zu vermeiden, dass die Spieler
sich langweilen, ist es als Spielleiter einfach
wichtig in jeder Szene darauf zu achten, dass
jeder etwas zutun hat. Und eigentlich sollte
sogar noch ein bisschen mehr Katastrophen
stattfinden, als Spieler an der Spielrunde teilnehmen …
5. James N. Frey
„Wie man einen verdammt guten Roman
schreibt“. Ich habe viele Bücher übers Schreiben gelesen. Aber keines hat mich so sehr –
auch als Spielleiter – beeindruckt, wie das
Buch von James Frey. Er plaudert sozusagen
als Romanautor aus dem Nähkästchen und
zieht dabei gleichzeitig alle Register seines
Faches. Das Gute an diesem Buch ist, dass es
sich damit beschäftigt, wie man spannende
und unterhaltsame Geschichten erfindet, die
die Aufmerksamkeit des Lesers bannen kön-
nen. Und genau das will man als Spielleiter.
In diesem Buch erfährt man einfach alles:
Wie man gute Charaktere erfindet, warum
eine Geschichte spannend wird und wie man
es schafft, so etwas auch tatsächlich in die
Praxis umzusetzen.
Eine der wichtigsten Regeln, die ich aus dem
Buch in meine Rollenspielrunden mitgenommen habe, ist die, dass Rollenspielcharaktere
und die Geschichten in Rollenspielrunden
eben NICHT das reale Leben abbilden: Sie
sind ein Kunstprodukt, das nicht den Gesetzen unserer realen Welt gehorchen können,
sondern einzig und allein zur Unterhaltung
des Publikums da sind.
Damit Geschichten aber unterhaltsam
sind, müssen sie ab und zu mal die Gesetzmäßigkeiten der realen Welt sprengen. Sie müssen sozusagen echter als das echte Leben
sein. Gute Charaktere und gute Geschichten
sind immer ein wenig übertrieben und alles
Mögliche – nur nicht alltäglich! (Das erinnert
wiederum an das Hitchcock-Zitat, dass keine
Hausfrau, die den ganzen Tag in der Küche
steht und Geschirr spült, nicht abends ins
Kino geht, um Hausfrauen zu sehen, die in
der Küche stehen und Geschirr spülen.)
Viele Rollenspielrunden kranken aber genau daran, dass die Spieler und vor allem der
Spielleiter nichts anderes machen, als sich
selbst und ihren Alltag in einer etwas anderen Umgebung nachzuspielen. Gute und
wirklich unterhaltsame Spielleiter versuchen
aber genau das Gegenteil zu erreichen: Sie
bieten ihren Spielern etwas, das in ihrem Alltag nicht vorkommt, entführen sie nicht nur
in andere Welten, sondern konfrontieren sie
auch mit Situationen, die in ihrem wirklichen
Leben nicht oder nur selten vorkommen.
6. Fazit
Die fünf aufgeführten Beispiele haben
nicht zum Sinn, dass du nun in die Videothek
läufst, dir Jackie Chan- oder Hitchcock-Filme
ansiehst und beim nächsten Spielabend ein
Hong-Kong-Action-Kampfsport-Suspense
Abenteuer leitest. Vielmehr will ich nur demonstrieren, wie man sich an Beispielen orientieren kann und als Spielleiter von anderen
Entertainern lernen kann, um seine eigenen
Rollenspielrunden unterhaltsamer zu gestalten.
Dabei ist besonders wichtig, dass du deinen eigenen Weg findest. Was unterhält
dich? Was macht dir Spaß? Was fasziniert
dich? Vielleicht bist du ja bei jedem Punkt
vollkommen andere Meinung als ich. Das ist
dein gutes Recht und sogar wünschenswert.
Finde deinen eigenen Weg und sieh dich bei
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ANDUIN 93
Wahrnehmung
der Suche aufmerksam um und lerne von anderen Entertainern!
Beginne immer mit dem stärksten Sinneseindruck! Es gibt im Prinzip zwei verschiedene Methoden, Dinge zu beschreiben: Vom
Detail zum Gesamteindruck und umgekehrt.
In Filmen oder Büchern findet man sehr oft
beide verwendet. Im Rollenspiel ist es meistens besser, vom Gesamteindruck zum Detail zu beschreiben. Einerseits ist das besser
für dich als Spielleiter, denn du ersparst dir
eine Menge Schwadronieren. Wenn du Glück
hast, unterbrechen dich deine Spieler in deiner Beschreibung und fragen dich nach Details, sodass aus deinem für beide Seiten anstrengenden Monolog ein (ent)spannender
Dialog werden kann. Andererseits ist es aus
dramatischen Gründen wichtig, das Erfragen
von Details an die Spieler weiterzugeben.
Immerhin musst den Spielern ja etwas zum
Erforschen lassen.
Und um die Atmosphäre zu wahren, ist es
besser mit den gröbsten und intensivsten Sinneseindruck der Charaktere zu beginnen, um
ihn auf die Spieler zu übertragen. Versuche
in den Spielern Gefühle zu wecken, indem
du eine Szene beginnst, in der du beispielsweise sengende, schweißtreibende Hitze
beschreibst. Oder Kälte, die mit kleinen Nadeln in die Haut die sticht, bis sie ganz taub
ist. Es ist wichtig, die Spieler in bestimmte
Gefühlszustände zu versetzen. So baust du
eine dichte Atmosphäre auf und bannst ihre
Aufmerksamkeit. (Denke auch immer daran
sie direkt anzusprechen, nie ihre Charaktere!
Sag nicht: „Es ist kalt.“ oder noch schlimmer:
„Deinem Charakter ist kalt.“, sondern stets:
„Dir ist kalt!“.)
Ein kleines Beispiel
„Die Schwüle Luft des Dschungels fließt
dickflüssig durch eure Lungen, sodass sie
euch eher ersticken als atmen lässt. [1]
Schweiß rinnt in breiten Bahnen eure heiße
Haut hinab und durchtränkt eure Kleidung.
[2] Äste, Zweige, rieisge Blätter, Unterholz
und Farne schlagen euch ins Gesicht, während ihr euch euren Weg durch den Urwald
bahnt. [3] Unvermittelt seht ihr einen Pfad
im Dschungel, der sich durch das Unterholz
schlängelt. [4] Er führt ein wenig hinab und
tiefer ins Unterholz, [5] verjüngt sich und an
seinem Ende könnt ihr ein paar Stufen ausfindig machen. Sie führen hinab und sind alt,
brüchig und krumm. [6]“
[1] Atmen ist als lebensnotwendiges Grundbedürfnis stets die intensivste Sinneswahrnehmung. Mit solchen Eindrücken
solltest du eine Szene beginnen.
[2] Der zweitintensivste Sinneseindruck
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– der Körper der Charaktere und alles,
was drum herum ist.
[3] Jetzt nehmen die Spieler die Umgebung
ihrer Charaktere wahr.
[4] Details der Umgebung. An dieser Stelle
würden die Spieler im Idealfall damit beginnen, Fragen über den Pfad zu stellen,
so dass die Details der Umgebung interaktiv zwischen Spielleiter und Spielern
ausgetauscht werden. Füge eine kleine
Pause in deine Erzählung ein und sieh
deine Spieler erwartungsvoll an. Regen
sie sich nicht, fahre in deiner Beschreibung fort. Nichts stört die Atmosphäre
mehr als Aufforderungen, wie: „Tut mal
was! Fragt mich! Sitzt hier nicht so rum!“
Sowas gilt es unbedingt zu vermeiden.
[5] Details der Details.
[6] Das wichtigstes Detail kommt zum
Schluss. Es ist deswegen so wichtig, weil
es den Ansatzpunkt für die Spieler birgt,
sich mit ihrer Umgebung auseinander
zu setzen. Sie können die Stufen hinab
gehen und erforschen, was an ihrem
Ende liegt
Denke vor allem auch daran, es mit Details
nicht zu übertreiben. Fangen die Spieler beispielsweise an zu fragen, ob die Umgebung
aus Zwergfarnen oder Buschfarnen besteht,
wie grün das Gras eigentlich genau ist oder
wieviel Bar der Luftdruck denn genau hat,
versuch sie in ihrem Wissensdurst lieber ein
wenig zu bremsen. Zu viele Details gehen
den Gruppenmitgliedern (und wahrscheinlich auch dir) irgendwann auf die Nerven
und fördern ein atmosphärisches Spiel nicht,
sondern töten es sogar eher ab. Dabei musst
du allerdings sehr einfühlsam vorgehen. Erstens darfst du einen wissensdurstigen Spie-
ler nicht vor den Kopf stoßen und zweitens
könnte es sein, dass er ein bestimmtes Detail
nicht aus purem Wissensdurst erfragt, sondern weil er eine bestimmte Absicht verfolgt.
Fragen die Spieler zum Beispiel danach, ob es
im Wald Lianen gibt, könnte es sein, dass sie
Fluchtwege planen, um sich im Notfall von
Baum zu Baum schwingen zu können usw.
Intensiviere die wichtigsten Sinneswahrnehmungen stets mit Mimik und Gestik.
Denk dran: Kälte, Wärme, Wind, Regen,
Schnee, Hagel, Nebel, Dunst, Morgentau,
einen romantischen Sonnenauf- oder untergang oder die zwielichtige Einöde eines
leeren Fabrikgeländes usw. kann man auch
pantomimisch darstellen! Dies unterstützt
deine Erzählung und visualisiert sie. Okay,
du sollst keine bühnenreife Pantomime hinlegen (das wäre mit Sicherheit übertrieben),
aber es lohnt sich auch für einen Spielleiter,
mal Theaterschauspielern, Kabarettisten
oder Pantomimen etwas genauer auf die
Finger zu schauen. Mach aus deiner eigenen
kleinen Pantomime am Spieltisch aber keine
Riesenshow – du bist kein Alleinunterhalter.
Streu sie lieber beiläufig ein, dann erzielt sie
viel mehr Wirkung und läuft nicht Gefahr, die
Spieler zu langweilen.
Merke: Versuche in einer Rollenspielrunde
nicht nur den Intellekt deiner Spieler (mit
Rätseln, Knobeleien, Puzzeln, strategischen
und taktischen Problemstellungen usw.) anzusprechen, sondern auch ihre Sinne und damit auch ihre Gefühle (Sehnsüchte, Ängste,
Neugierde, Misstrauen usw.). So wichtig das
auch ist, intellektuelle Herausforderungen
ins Rollenspiel zu integrieren, verzichtest du
auf die Gefühlsebene geht damit mindestens
die Hälfte des Spielspaß‘ verloren. 
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Voodoo
VOODOO
MYTHOS UND WIRKLICHKEIT
TEXT: DANIEL SCHUMACHER
ILLUSTRATION: NEWORLEANSTOURS.NET
beseelende Geist des Menschen, wird vom
Loa aus dem Körper getrieben und dieser
nimmt den so freigewordenen Platz ein. Sobald der Gläubige solcherart besessen ist, die
Voodisten vergleichen das ganze mit Pferd
und Reiter, ändert sich seine Mimik, seine
Gestik, seine Sprache, er ist nicht länger der
Mensch sondern der personifizierte Loa. Dass
die Aussicht zu einen Gott zu werden, wenn
auch nur für einen Moment und ohne dass
man sich hinterher daran erinnern könnte
(wie denn auch, ist man ja in dem Moment
ohne den eigenen Geist) eine starke Anziehungskraft auf Menschen, vor allen auf die
gesellschaftlich Niederen, ausübt ist offensichtlich und wohl der Hauptgrund warum
sich Voodoo in all seinen Variationen derart
verbreitet hat und immer mehr Anhänger findet. Der eigentliche Auslöser für die Verbreitung des Voodoos war aber der weiße Mann
der für das „neuentdeckte“ Amerika und die
Unmengen an Reichtum die ihn dort erwarteten ganz dringend eines brauchte: menschliche Arbeitskraft. Da Zuckerrohrplantagen
und Goldminen die schlechte Angewohnheit
haben, nicht von sich aus Geld auszuspucken
musste man dringend billige Arbeitskräfte
besorgen.
Voodoo ist ein sehr komplexes und vielschichtiges Gebiet und es würde zuviel Platz
beanspruchen auf alle verschiedenen Ausrichtungen einzugehen. Aus diesem Grunde behandelt dieser stark subjektive Artikel
hauptsächlich den auf Haiti praktizierten
Voodoo-Kult und geht nur am Rande auf die
Kulte in Westafrika, Mittel- und Südamerika
ein.
Voodoo verbinden die meisten mit Zombies und Schwarzmagiern, Tieropfern und ekstatischen Tanzorgien. Und sie haben Recht,
all das gehört zur Welt des Voodoo.
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Entstehung des Voodoo
Voodoo ist aber natürlich mehr als das, es
ist eine lebende und faszinierende Religion.
Würde man das Christentum als reine, weiße
Religion bezeichnen, als unschuldigen Kuss,
dann wäre Voodoo schmutzig Liebe machen.
Voodoo ist leidenschaftlich und dreckig, eine
Religion derer, die wenig haben und auch
wenig Aussicht darauf, dass sich das jemals
ändert. In Voodoozeremonien nehmen Loa,
man könnte sie als Götter bezeichnen, Besitz
vom Körper der Gläubigen, die daraufhin in
Ekstase verfallen. Ihr „Gros-bon-ange“, der
Zuerst probierte man es mit den dortigen
Indianern aus, die jedoch viel zu sehr an ihre
Freiheit und Unabhängigkeit gewöhnt waren um gute Sklaven abzugeben. Die wenigen „Wilden“ die die neu eingeschleppten
Krankheiten und die Malocherei überlebten,
begehrten immer wieder auf und sie ließen
sich einfach nicht dauerhaft unterjochen. Besonders erwähnenswert sind dabei die Ureinwohner Haitis, von denen einige den weißen
Herren entkommen konnten und sich in den
unzugänglichen Bergen durchschlugen.
Die Suche nach willigeren Arbeitskräften
führte die Weißen, Spanier und Franzosen,
zu der Sklavenküste Westafrikas (dem heutigen Benin). Dort fanden sie im König vom
Dahome einen Geschäftspartner der sie gegen den Tausch von ‚Perlen der Zivilisation‘,
also Schmuck, Waffen und Alkohol, von nun
an mit Sklaven versorgte. In jenem Teil Afrikas hatte die Sklaverei seit jeher große Tradition und es war nicht ungewöhnlich dass
Königreiche andere überfiele um an Sklaven
zu kommen, die man gut zur Ehre der GötSeite 77
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Voodoo
ter opfern konnte, aufs Feld zum beackern
oder in den Krieg schicken konnte. Und in
genau diesen Teil Afrikas liegen die Wurzeln
des Voodoo. In den verschiedenen Königreichen gab es verschiedene Varianten mit
unterschiedlichen Riten und Begriffen, doch
war es im Kern immer das gleiche. Was die
Ausbreitung des Voodoo in den Kolonien
später ungemein förderte, wenn nicht sogar
erst ermöglichte, war jedoch die Tatsache,
dass der König von Dahome am Anfang des
18. Jahrhunderts versuchte die Religion in
der Region zu vereinheitlichen, mit anderen Worten die anderen Kulte wurden bei
brutalen Tempelsäuberungen verdrängt
und das dahomeische Glaubenssystem bei
den schwächeren Nachbarn weitestgehend
durchgesetzt. Hauptabnehmer der Sklaven
war Santo Domingo, eine französische Kolonie die 1697 von den Spaniern abgetreten
worden war (die Spanier saßen jedoch immer
noch „nebenan“ in Hispaniola, der heutigen
Dominikanischen Republik während Santo
Domingo wieder den Namen trägt, den ihm
die indigenen Ureinwohner damals gabe,
Haiti). Allerdings muss man dazu sagen, dass
die ersten Sklaven schon 1517 auf die Insel kamen, kurz nachdem riesige Goldvorkommen
entdeckt wurden und Tausende von Spaniern auf der Suche nach Abenteuer und vor allen Gold auf die Insel strömten. Und schon 5
Jahre später gab es den ersten Aufstand, der
zwar blutig niedergeschlagen wurde, jedoch
einige der afrikanischen Sklaven in die Berge
trieb, wo sie auf die versteckten Ureinwohner
trafen und mit ihnen auf ihre Religionen. Die
Spanier und später die Franzosen fürchteten
die „Marrons“ wie sie genannt wurden (Marron ist eine Ableitung von einem spanischen
Wort für ein gezähmtes Tier, dass sich in ein
wildes Monstrum verwandelt). Wie viel von
den Geschichten über blutige Überfälle und
grausame Greueltaten wahr ist, bleibt fraglich, aber zumindest im Laufe der Zeit als
die Zahl der Marrons immer weiter anwuchs
und die ersten Voodoo-Priester unter ihnen
auftauchten, dürften die Weißen durchaus
Grund zur Furcht gehabt haben.
hoch, dass er durch die üblichen Überfälle
nicht mehr gedeckt werden konnte und so
entschloss sich das dahomeische Königsgeschlecht zu einer neuen Strategie und
eroberte kurzerhand ein Nachbarland nach
dem anderen. Das erste Land, das in ein Sklavenlager umfunktioniert wurde war Oudiah,
den Europäern als „Juda“ bekannt. Mindestens 10.000 Sklaven wurden jährlich an die
weißen Sklavenhändler verschachert und an
die Kolonien verteilt. In den folgenden Jahrzehnten wurden ganze Landstriche entlang
der Sklavenküste entvölkert und gleichzeitig
wurde so ein Voodookult nach dem anderen
endgültig ausgerottet. Gleichzeitig jedoch
erlebte Voodoo einen neuen Aufschwung,
denn hatte man zuvor darauf geachtet keine
Mitglieder der Oberschicht oder Priester zu
versklaven (sie wurden stattdessen immer
sofort getötet) landeten nun Prinzen und
Zauberer in den Kolonien. Und da die dahomeische Glaubenswelt ja in der Zwischenzeit
die meisten anderen verdrängt hatte, fand
sich so eine gemeinsame Basis für die Sklaven
in den Kolonien, die mit Bruchstücken der eigenen Religion vermischt wurde. Schon kurz
nach Eintreffen der ersten „Judäer“ auf Haiti
war jedenfalls von den ersten Geheimtreffen
die Rede. Andere Quellen berichten zwar
schon ein Jahrhundert vorher von den ersten
Anzeichen für Voodoo, jedoch scheint es sich
dabei um vereinzelte Ausnahmen zu handeln
während zu Beginn des 18. Jahrhunderts der
Voodoo in ganz Haiti auflebte.
Zu Beginn achtete man noch sehr darauf,
die Sklaven zu vermischen, so dass sie mit
den Sklaven aus dem näheren Umkreis möglichst wenige Gemeinsamkeiten hatten um
so geschlossenen Aufständen zu entgehen.
Zu dem gleichen Psychoterror gehörte auch
die Umbenennung der Sklaven (häufig gab
man ihnen Namen aus der römischen oder
griechischen Mythologie, die weißen Herren
fanden es wohl lustig) sowie die „übliche“
Gewalt in Form von Schlägen und Peitschenhieben.
Allerdings praktizierten nicht nur die Marrons Voodoo, auch die Sklaven in den Plantagen und Minen veranstalteten die ersten
Zeremonien und trafen sich nachts um ihren
Ritualen zu frönen.
Schon Mitte des 18. Jahrhunderts versetzte Francois Makandal die weißen Herren
in Angst und Schrecken. Er hatte den Ruf, ein
unbesiegbarer Zauberer zu sein und seiner
Magie (und seinem Giftarsenal) fielen Dutzende Franzosen zum Opfer. 1757 rief er zum
Aufstand auf und versorgte seine Getreuen
mit Schutzamuletten, die man ihm zu Ehren,
genauso wie Zaubergifte, noch heutzutage
als Makandal bezeichnet. Di Rebellion scheiterte jedoch und Makandal wurde verbrannt
und wurde zu einer Legende. Noch heute behaupten viele Haitianer, dass Makandal, der
übrigens in seiner Zeit als Sklave zum Krüppel geschlagen wurde, nicht verbrannt wurde, sondern sich in eine Fliege verwandelte
und so den Flammen entkam.
Wenn man bedenkt, dass ein Sklave normalerweise 16 Stunden am Tag unter grausamsten Bedingungen arbeiten musste und
auch noch zusätzlich für das eigene Überleben Gemüse anbauen musste ist, das eine
erstaunliche Leistung. Durchschnittlich lebte
ein Sklave etwa 10 Jahre bevor er an Hunger,
Schwäche oder Krankheit verstarb. Und auch
Während die weiße Oberschicht im Zuge
der französischen Revolution über die Unabhängigkeit nachdachte und debattierte,
hatten die Sklaven mal wieder Ähnliches im
Sinn. Die nächste Revolte begann mit der
Versammlung der Verschwörer von BoisCaiman („Krokodilwald“). Das Treffen ist zu
einer Legende geworden, bei der sich Wirk-
Jedoch war der Bedarf an Sklaven so
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Vodun war ursprünglich ein Ahnen- und
Götterkult, mit Tier- und Menschenopfern
erhoffte man sich Beistand von den Göttern,
die schon damals pflegten sich während einer Zeremonie auf ein menschliches Reittier
zu schwingen. In Haiti war Vodun, bzw. der
sich daraus entwickelnde Voodoo-Kult gleichbedeutend mit Widerstand. Und so nahm er
auch Elemente des Glaubens der Mitstreiter
auf, der indigenen Ureinwohner die zusammen mit den Marros in den Bergen hausten
und denen sich immer mehr geflüchtete Sklaven anschlossen.
nur die Fittesten überlebten die Überfahrt,
denn auf den Sklavenschiffen wurden sie systematisch gequält und ausgehungert, ihnen
sollte jeder Sinn für Widerstand buchstäblich
aus dem Leib gekloppt werden.
Dennoch kam es zu diesen Treffen und
die Sklaven fanden noch einen weiteren Ort
wo sie ihre Zeremonie abhalten konnten,
die Kirche. Durch königliches Edikt mussten
alle Sklaven getauft werden, überhaupt waren sie nach Argumentation der Weißen nur
Sklaven um so geläutert zu werden und den
Segen Gottes zu gewinnen. In der Praxis bedeutete das, dass man die Sklaven zähneknirschend an Sonn und Feiertagen freigeben
musste und sie das Recht hatten in die Kirche
zu gehen, nicht zu vergessen, die Massentaufen zu Beginn ihres Sklavendaseins.
Und so setzten die Sklaven die aufgestellten Heiligenbilder in den Kirchen mit ihren
Götterloas gleich. Aus der heiligen Jungfrau
Maria wurde Ezilie, Loa der Liebe und Schönheit, aus dem heiligen Jakob der kriegerische
Ogu und wenn sich ein Sklave in Trance vor
dem Kreuze Christi wand, war eigentlich
Gede, der Toten-Loa gemeint.
Den Franzosen waren die Treffen, „Calenda“ genannt, nicht geheuer und sie versuchten sie so gut es ging zu unterbinden.
Als die ersten Schadenszauber bekannt
wurden, schritten sie auch gleich ein, verbrannten wahllos ein paar Sklaven und sahen
die Angelegenheit als erledigt an. Doch der
Voodookult wuchs immer weiter und mit ihm
der Wiederstand.
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Voodoo
lichkeit und Märchen vermischen, aber was
auch immer damals dort geschah, es war
der Auslöser zum Aufstand der Sklaven am
14.8.1791. Unter Führung des Voodooführer
Boukman Dutty kam es überall in Haiti zu
Aufständen. Es standen etwa 40.000 Franzosen 400.000 bis 500.000 Schwarzen (30.000
Mulatten standen irgendwo dazwischen)
gegenüber, die jedoch mit ihren Gewehren
und Kanonen ganz klar gegen die ausgemergelten Massen mit ihren Macheten und bloßen Fäusten hätten gewinnen müssen. Doch
es kam anders, ob es an den Zauberkräften
oder am erstaunlichen taktischen und strategischen Genie der Führer lag (Dutty fiel bereits in den ersten zwei Monaten, jedoch traten immer neue charismatische Genies zum
Vorschein) sei dahingestellt, aber am Ende
des zwölfjährigen Befreiungskrieges konnte
Jean-Jacques Dessalines die Unabhängigkeit
Haitis verkünden.
Doch bis dahin gab es eine ganze Reihe von
Kämpfen, erst gegen die weißen Unterdrücker, dann gegen die plötzlich einfallenden
Engländer, die Haiti für sich haben wollten.
Doch unter Toussaint-Louverture konnten
auch diese abgewehrt werden und Napoleon war bereit Haiti, bzw. Santo Domingo
als unabhängig anzuerkennen. Als allerdings
Papa Toussaint kurz darauf in die spanische
Nachbarkolonie Hispaniola einmarschierte
und auch dort die Unabhängigkeit erklärte,
ließ Napoleon ihn verhaften und er starb
in einem Pariser Gefängnis, so wie es Papa
Toussaint prophezeit worden war. Sein
Nachfolger, Dessalines, wehrte dann noch
die einfallenden Truppen Napoleons ab und
damit war Haiti endlich unabhängig.
Voodooanhängern, denen man sogar Menschenopfer nachsagte, reichten reihenweise
absetzte.
Was jetzt folgte war ein bizarres Jahrhundert, in dem eine Revolution nach der anderen die Führer, die von pompösen Imitationen des Sonnenkönigs bis zu fanatischen
Aus dieser Zeit kommen auch die Geschichten die Voodoo bis heute in Misskredit
gebracht haben, Zombiebeschwörung und
Teufelsanbetung. Auch die katholische Kirche
zog in das Land ein um die Schäfchen wieder
zur Herde zurückzuführen und wo immer ein
Voodootempel gefunden wurde, ging er kurz
darauf in Flammen auf.
Interessanterweise gingen einige der Führer äußerst rabiat gegen Voodoo vor und zu
solchen Zeiten lebte Voodoo, wie die Jahre
zuvor, im Untergrund. Dann traten 1915 die
USA in Aktion. Beseelt vom üblichen Weltrettungsgedanken besetzte man kurzerhand
Haiti um den als Kannibalen und Hexen gebrandmarkten „Negern“ mit Hilfe des weißen Mannes wieder die Zivilisation nahe zu
bringen. Bis 1934 saßen US-Truppen dort und
zwangen die Bevölkerung zum Aufbau einer
Infrastruktur während Rebellen kurzerhand
erschossen wurden (und der Begriff „Rebell“
ist dabei äußerst relativ).
Als die Truppen wieder abzogen, war
schnell klar, dass der Voodooismus niemals
wirklich besiegt worden wäre, wenn er auch
seitdem stärker in den Schatten gedrängt
worden war.
Heutzutage sind fast alle Haitianer gläubige Katholiken, die brav sonntags in die Kirche
gehen, allerdings kommen sie dann gerade
von einer Voodoozeremonie zurück…
Die Voodoozeremonie
Wenden wir uns nun dem Ablauf einer solchen Zeremonie zu. Wichtigster Mann vor
Ort ist der Hungan (weibliche Hungans werden als Mambos bezeichnet), er ist quasi der
Pfarrer der Gemeinde (Societé) und kümmert
sich immerzu um das Wohl seiner Getreuen.
Diese unterstützen seinen Humfo, den Tempel, wiederum durch Abgaben in Form von
Geld und Opfertieren. Ihm zur Seite stehen
diverse Hilfskräfte, allen voran die oder der
Hunsi, der wichtigste Gehilfe während einer
Zeremonie. Houngenikons sind die Priester,
die dem Hungan direkt zur Seite stehen. Aber
auch obskure Gestalten wie der Pesavann,
ein Gehilfe, der die pseudokatholischen Rituale übernimmt, gehören dazu.
Die Hauptaufgabe des Hungans ist es,
das Miteinander der Loas und Menschen zu
gewährleisten und eine Voodoozeremonie
stellt gewissermaßen die Verbindung beider
Welten schlechthin dar.
Eine Zeremonie beginnt in der Regel mit
einer Flaggenparade, angeführt vom „Commandant general de la place“, der über die
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Seite 79
ANDUIN 93
Voodoo
QUE L L E
„Voodoo“ war das Titelthema der Anduin
85 und dieser Artikel leitete die Ausgabe
ein.
Einhaltung der Formen wacht. Während der
Zeremonie zeichnet der Laplace die Veves,
die Symbole der einzelnen Loas, auf den Boden auf um so die Loas herbeizurufen.
Aber an sich ist jede Voodoozeremonie ein
Unikat, immer neue Rituale mit immer neuen
Variationen werden „erfunden“, doch einige
Rituale haben einen festen Bestandteil.
Nach der Flaggenparade wird so zum Beispiel ein katholisches Gebet gesprochen
(der christliche Gott ist für Voodisten nichts
anderes als ihr „Bon dieu“, der Gott, der die
Loas dazu berufen hat die Welt nach seinem
Dünken zu erschaffen und für ihn zu verwalten, er steht den Menschen jedoch so weit
über, dass er sich ansonsten nicht in ihre
Belange einmischt), bei dessen Abschluss
im „Priere Guniee“ die großen Loas angerufen werden. Mit Abschluss dieses sich über
Stunden ausdehnenden Rituals beginnt die
Trommelei auf rituellen Trommeln und man
bereitet sich auf die Ankunft der Loas vor.
Jeder Loa erhält nun sein „Lieblingsgericht“,
mit anderen Worten der blutige Teil beginnt,
denn auch der nettes Loa ist kein Vegetarier.
Jedem Loa wird eine Tierart (Huhn, Ziege,
Stier), eine Fell bzw. Gefiederfarbe und eine
Tötungsart zugeordnet. Allerdings ist Haiti
eines der ärmsten Länder und so müssen sich
die Loas in der Regel mit Hühnern begnügen,
in manchen Gegenden sind die Opferungen
sogar komplett symbolisch geworden.
Das tote Tier muss noch einige weitere Rituale durchstehen, es wird mit Wasser oder
Rum übergossen, mit einem Veve bemalt
und mit allerlei Tand verziert.
Zum Zeichen, dass er das Opfer angenommen hat, fängt der Loa an, die ersten zu reiten, wobei sich der Hungan und sein Gefolge
noch verweigern, da sie ja die Zeremonie
weiterführen müssen.
Je nach Loa äußert sich die Besessenheit
anders, worauf noch eingegangen wird.
Ein Großteil des vergossenen Blutes des
Opfertieres landet im Migan, einer Mischung
aus dem Blut, Salz, Clairin (Zuckerrohrschnaps) und einigen weiteren Gewürzen
(muss ja auch schmecken).
Vom Migan erhält jeder einen Schluck und
zusammen mit den rhythmisch-hypnotischen
Trommeln soll es den Menschen helfen, den
Loa aufsitzen zu lassen. Anfangs wanken und
taumeln die Besessenen noch umher bis der
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Loa richtig aufsitzt und die Verwandlung beginnt.
Und so tanzen dann Menschen und Loas
zusammen zu der Musik.
Voodoo verfügt über eine Vielzahl von Tänzen, die den einzelnen Loas oder den altafrikanischen Königreichen zugeordnet sind,
aus denen sie ursprünglich stammen. Aber
während der Zeremonie, die zu diesem Zeitpunkt wohl eher an eine durchschnittliche
Party voller Besoffener erinnert, tanzt jeder
„seinen“ Tanz für sich allein.
Im Laufe der Zeit verlassen die Loas wieder
ihre Menschenpferde und damit ist die Zeremonie auch beendet und wir können uns nun
den einzelnen Loas zuwenden.
Die Loas
Der in gewisser Hinsicht wichtigste ist Legba, der Hüter der Schranke. Er ist es, der den
Kontakt zwischen beiden Welten ermöglicht
und deswegen wird er auch bei jeder Zeremonie als erstes angerufen. Sein Symbol ist
ein Krückstock, denn aus dem stolzen, strammen Mann aus dem afrikanischen Vodun ist
im Voodoo eine gebrechliche Gestalt geworden. Ein von Legba Besessener erlebt jedoch
dessen ganze Stärke am eigenen Leib, dem
Legba biegt dessen Glieder, bis auch das
Pferd so verkrüppelt ist wie Legba selbst.
Die Kreuzung, also die Überschneidung der
Loas mit der Menschenwelt ist im Voodoo
ein wichtiges Element und so hat jeder Humfo in der Mitte den Poteau.mitan, eine Säule,
die symbolhaft die Verbindung zu den Loas
anzeigt. Auch haben die meisten Veves ein
Kreuz als Ausgangssymbol. Allerdings geht
die Verbindung nicht nur nach oben, sondern
auch nach unten, zur Welt der Dämonen…
Damballah ist der Schlangengott und in den
Bewegungen der Wellen auf dem Meer und
den Kriechtieren in den Bäumen ist er immerzu auf der Welt präsent. Von Damabllah Besessene neigen dazu entweder auf Bäume zu
klettern oder sich in Wasseransammlungen,
egal ob eine Badewanne oder das Meer, zu
stürzen. Auch spricht Damballah im Gegensatz zu den andere Loas nicht mit den Menschen, er stößt lediglich zischende Laute aus
und doch ist er ein gern gesehener Gast bei
jeder Zeremonie, sein Segen gibt den Menschen die Kraft, die sie brauchen.
Damballahs Gegenstück ist Ayida, die Himmelsschlange. Zusammen verkörpern sie das
was im Osten als Yin und Yang bekannt ist.
Weitaus weniger entrückt vom Irdischen
ist Simbi, der als einer der Patrone der Zauberer gilt, aber auch mit Wasser in Verbindung
gebracht wird. Wie das Meer kann er ruhig
und sanft sein, doch auch launisch und alles
verschlingend.
Auch Agwe ist dem Wasser zugeordnet,
jedoch erscheint er als Admiral und von ihm
Besessene greifen schnell zur, vorsorglich
bereitgelegten, Marineuniform. Agwes größter Verdienst dürfte es jedoch sein, der Gatte
von Ezilie zu sein.
Ezilie ist die Loa der Schönheit und der Liebe, sie ist die Verkörperung des Flirts und des
Luxus. Neben ihrem Mann unterhält sie noch
lauter Affären, vor allem mit Ogu. Von Ezilie
Besessene greifen nach Schmuck und MakeUp und beginnen dann sofort mit der Flirterei. Die schönsten Männer im Humfo werden
umgarnt und zum Tanz aufgefordert.
Ogu ist der Soldaten-Loa und Feuer sein
Element. Sobald er auf seinem Menschenpferd aufsitzt verlangt er Clairin zum Trinken und auch zum Anzünden. Seiner derben
Sprache und dem Gebaren eines einfachen
Soldaten zeigen seine Herkunft. Allerdings
erscheint er in neuerer Zeit eher als General
und wird auch mit allen militärischen Ehren
begrüßt.
Der Loa für die einfachen Bauern ist Azacca. Er erscheint als einfacher Landwirt und gilt
als kleiner Bruder der wohl faszinierendsten
Gestalt des Voodoo-Pantheons, Gede.
Gede ist der Loa der Toten und ein häufiger ungebetener Gast bei einer Zeremonie.
Voodooisten glauben an die Wiedergeburt,
allerdings geht die etwas komplizierter ab
als normal. So sind oft erst noch gewisse
Rituale erforderlich. Auf jeden Fall bedeutet
der Tod zugleich den Neuanfang und so ist
Gede auch kein grimmiger Herr der Leichenhallen (oder zumindest nicht nur) sondern
auch ein Symbol für Begierde und alles was
zum Entstehen eines neuen Lebens nötig ist.
Gedes Symbol ist das gleichschenklige Kreuz
doch hat er mit der Totengräberschaufel und
einem hölzernen Phallus noch zwei weitere
Symbole, die seine beiden Seiten repräsentieren. Gede und von ihm Besessene erscheinen mit schwarzem Anzug, mindestens einer
Sonnenbrille und einem schwarzen Zylinder.
Gede giert wie kaum ein anderer nach dem
Leben, ist er erschienen beginnt er damit Obszönitäten von sich zu geben und sich über
die Schwäche und die Angst der Menschen
vor dem Tod lustig zu machen. Kaum ein Loa
genießt so viele Freiheiten wie Gede und um
auch zu gewährleisten dass es Gede ist, der
schamlos nach den Hintern der Frauen greift
und nicht etwa ein Betrüger, gibt es den Gedetest bei dem Clairin in die Augen gegossen
wird.
Es mag sicherlich beeindruckender wirken,
wenn ein indischer Yogi seinen Herzschlag
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Voodoo
verlangsamt und sich tagelang lebendig begraben lässt, ohne dadurch Schaden zu nehmen, doch wissenschaftlich erklären lässt
sich beides nicht. Denn ein normaler Mensch
würde bei Clairin in den Augen schlicht und
einfach erblinden während ein von GedeBesessener höchstens nach mehr schreit.
Aber Gede kann nicht nur spotten, er hat
auch ungeheure Weisheit und wer sich die
Zeit nimmt ihm zu zuhören und seine Obszönitäten zu überhören kann daran teilhaben
und sich sogar den ein oder anderen guten
Ratschlag einholen.
Es gibt jedoch nicht nur diese großen Loas,
sondern auch unzählige lokale Loas und noch
mehr Ahnenloas.
Und auch von den großen Loas gibt es
mehrere, zum einen unterscheidet man zwischen Rada und Petro-Loas. Rada sind hierbei
die weißen Loas, die während den gängigen
Zeremonien angerufen werden, in der Regel
sanfte und gutmütige Loas.
Beim Petro-Ritus dagegen sind die Loa
düster und voll Bitterkeit. Ezilie zeigt dann
beispielsweise die Schattenseiten der Liebe
auf, sie weint und kratzt sich die Arme blutig,
immerzu schreiend über die Ungerechtigkeit
der Welt. Aber nicht jedem Rada-Loa ist auch
ein Petro-Pendant zugeordnet und umgekehrt. So gibt es beispielsweise Marinettebois-cheche, die sich nachts in eine riesige
Schleiereule verwandelt und auf Menschenjagd geht und von ihr Besessene tanzen über
Flammen (übrigens ohne Schaden zu nehmen) und brüsten sich mit ihren (bzw. Marinettes) Untaten.
Zeremonien zu Ehren der Petro-Loa sind
jedoch eine Seltenheit, jedoch führen wohl
einige Hungans sie durch, um so die PetroLoas darum zu bitten, sich von ihre Societé
fernzuhalten. Außerdem werden sie dann angerufen wenn man sich bei dunklen Machenschaften ihrer Mithilfe versichern will, denn
kein Rada-Loa würde sich dazu herablassen
etwas Unrechtes zu unterstützen.
Allerdings kann man die Petro-Loas nicht
einfach als böse abtun, ruft man sie doch
auch dann an, wenn es darum geht, dunkle
Magie abzuwehren. Es ist wichtig zu verstehen, dass es im Voodoo kein Gut oder Böse
gibt, Voodooisten freuen sich sicher nicht
eine Werwölfin als Nachbarin zu haben aber
sie verurteile sie noch lange nicht deswegen.
Und um das ganze noch komplizierter zu
machen gibt es von den Loas auch noch verschiedene Aspekte, so gibt es einen ganzen
Gede-Clan, jeder mit seinen Eigenheiten,
die von einem bedauernswerten Gede, der
immerzu nach Ezilie schmachtet und immer
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wieder abgewiesen wird, aber auch bis zu
wahren Horrorgestalten reichen.
Der Zwillingskult
Aber nicht nur Loas werden verehrt, beim
Voodoo ist auch der Zwillingskult von Bedeutung. Das ganze geht auf die afrikanische
Zwillingsgottheit Mawu-Lisa zurück, aber
beim Voodoo werden auch irdische Zwillinge geradezu vergöttert. Für eine Familie
bedeutet das oft mehr Leid als Glück, denn
sie müssen die Zwillinge geradezu verhätscheln und ihnen jeden Wunsch erfüllen. Die
Verpflichtungen sind enorm und der Segen
kaum nachweisbar. Während zufriedene
Zwillinge ihre Familie zum Glück führen, können unzufriedene genauso Unglück über die
Familie bringen, etwa Arbeitsplatzverlust,
Krankheiten und Unfälle.
Ausklang
Nicht nur Zwillinge haben ungeahnte Kräfte, beim Voodoo kann eigentlich jeder zaubern, nur wäre kaum einer so bescheuert es
zu wagen, denn Zauberei bedeutet sich mit
ungeahnten Mächten auseinander zu setzen
und wer nicht aufpasst wird schnell selbst
zum Opfer. So bleibt die Zauberei weitestgehend den Hungans (in Form von Heil- und
Liebeszaubern, Schutz- und Abwehrzauber
sowie Bannungen böser Kräfte) und den
Bokors überlassen. Bokor könnte man mit
Schwarzmagier übersetzen, also jemand der
aus Eigennutz Magie bewirkt.
Sie handeln oft im Auftrag anderer und
sorgen dafür, dass der unliebsame Nachbar
das erhält was er verdient oder man die angestrebte Beförderung auch kriegt. Magie
dieser Art bedeutet dass man die Petro-Loas
anrufen muss und manchmal braucht man
auch noch die tatkräftige Unerstützung
dienstbarer böser Geister, etwa von Astralzombies oder gewissen niederen Loas.
Astralzombies sind Tote, die nicht nach
Guinea, dem Jenseits im Voodoo gelangen
konnten (wobei prinzipiell ja Reinkarnation
als geläufig gilt) und nun vom Hass auf alles
Lebende aufgefressen sind und immer dafür
zu haben sind, Menschen durch Auszehrung
zu töten. Wie gefährlich es werden kann,
sich mit solchen Kräften einzulassen, zeigt
folgendes Beispiel:
Ein Mann bittet einen Bokor einen Bakab
(einen gekauften Dämonen – wobei mit Dämon eben Astralzombies oder Loas gemeint
sind) auf einen Feind zu hetzen. Als Gegenleistung fordert der Bakab jedoch einen heißen
Punkt. Der unwissende Mann stimmt zu und
der Bakab erledigt den Feind. Dann stellt sich
aber heraus, dass mit dem heißen Punkt ein
Familienmitglied des Auftraggebers gemeint
REZENSIO NEN?
Normalerweise findet sich in der Anduin
immer ein Bereich mit Vorstellungen und
Bewertungen aktueller Brett- und Rollenspiele. Doch in dieser Ausgabe macht das
wenig Sinn, da wir nur alte Rezensionen
hätten wiederveröffentlichen können.
Die jedoch findet Ihr bei Interesse ohnehin
in großer Zahl auf unserer Homepage
komfortabel mit Sortier- und Suchfunktion.
www.anduin.de
Und wem das noch nicht genug ist, dem
wollen wir als Surftipp die Seite Luding
empfehlen, denn diese Datenbank
ist richtig groß und enthält unzählige
deutsch- und englischsprachige Brettspielrezensionen.
ftp.informatik.rwth-aachen.de/
luding/
war, dass nun auch ums Leben kommt. Doch
der unersättliche Bakab verlangt immer mehr
und am Ende muss sich der Auftraggeber
selbst opfern um das Leiden zu beenden.
Aber es gibt auch Geschichten von Bokors, die zum Beispiel Väter, die ihre Kinder
misshandelten, aus eigenen Antrieb heraus
bestrafen und z.B. zum „Leben“ als Zombie
verdammen.
Wie so vieles beim Voodoo ist auch das
Zombie erschaffen nicht erklärbar. Die Giftmischung, ein Pulver, mit denen die Opfer
„umgebracht“ werden, ist tödlich. Dennoch
öffnet der Bokor einige Tage nach der Beerdigung das Grab und ein Zombie kommt zum
Vorschein. Allerdings ist er keinesfall untot,
er wurde zu einem geistlosen Sklaven, der
oft an Bauern weiterverkauft wird und dort
für niedrigste Feldarbeiten eingesetzt wird.
Zu mehr sind die bedauernswerten Gestalten auch nicht mehr in der Lage. Der wissenschaftliche Erklärungsversuch lautet auch,
dass die Giftmischung die Opfer in einen klinisch toten Zustand verfallen lässt und überdies ihr Gehirn schwer schädigt.
Magie ist auch ein gutes Beispiel wie sehr
die Grenzen von Gut und Böse verwischen
können, denn einerseits würde kein RadaLoa eine Auszehrung (also das Eindringen
von Astralzombies oder Loas in einen Körper, was diesen binnen weniger Tage an
Schwäche sterben lassen würde) gut heißen,
andererseits könnte Ezilie wohl kaum dem
Ersuchen, einen Liebeszauber abzusegnen,
widerstehen, obwohl das Opfer dieses Zaubers ja eben auch ein „Opfer“ ist… 
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Religion in der Fiktion
RELIGION
IN DER FIKTION
EIN BLICK AUF DAS THEMA RELIGION IM SPIEL
TEXT: CHRISTOPH MASER
ILLUSTRATION: DANIELA KUFNER
Der Glaube an transzendente Wesen und
ihre kultische Verehrung, gemeinhin als Religion bekannt, gibt es schon seit Urzeiten. Die
ersten Tempelanlagen sind mehrere tausend
Jahre alt, der Glaube an Götter noch älter.
Transzendente Agitatoren, im folgenden
einfach als Götter bezeichnet, waren Erklärungsversuch für Unerklärliches („Was ist ein
Blitz?“), Projektionsfläche der eigenen Endlichkeit („Ich bin unvollendet als Geschöpf,
da ich Dinge nicht begreife, da ich sterblich
bin, da ich Fehler mache…“), Lösungsfrage
der eigenen Existenz („Warum bin ich?“) und
vieles anderes. Erst im Laufe der Zeit kristallisierten sich verschiedene Identitäten heraus,
wurden aus Erdgeistern, Flussdämonen und
Himmelsmanen, die alle rohen neutralen Ursprung waren, übergeordnete Götter.
Religionstheoretisch gesehen emanzipiert
sich Gottglaube im Laufe der Zeit, entwickelte sich weiter, erreichte jedoch selten
einen großen Umbruch, sondern wurde
meist durch neue Götter abgelöst,
bzw. erweitert und somit profillos.
Die römischen Besatzer
brachten ihren Götterolymp in die eroberten Gebiete und führten diese dort ein, nicht
ohne die dort bereits verehrten Götter zu ehren. Der Gott des alten Testaments wurde zu
einem neuen Gott, da er, hart gesprochen, einer Profilerneuerung unterzogen wurde. Der
hinduistische Götterpantheon wuchs, erweiterte sich um neue Götter. Der Mensch formt
die Gestalt seines Glaubens, das Göttliche die
Inhalte.
„Wenn Löwen Götter ehren würden, sähen
sie wie Löwen aus“ ist ein bekannter Spruch
eines griechischen Philosophen. Damit hat er
Recht. Religion findet sich auch heute noch
überall, in unserer Sprache, in unseren alltäglichen Ritualen, in unserer Symbolik. Wir
bemerken es nur nicht mehr. Wenn sie in
einer Welt, in der geglaubt werden
muss, einen solchen Stellenwert
hat, welche Bedeutung wird ihr
erst dort beigemessen, in der
Götter Realität sind?
Im folgenden will ich ein paar Aspekte von
Religion in einem klassischen Fantasyrollenspiel beleuchtet. Nichts ist absolut, alles ist
nur Idee, nichts ist vollendet, alles ist dazu
da, erweitert und angepasst zu werden.
ERSTENS
Ich glaube nicht an Götter!
Die Götter in einem klassische Fantasypantheon sind keine Wesen, an die man glauben
muss, um sie zu begreifen. Die Götter einer
Fantasywelt existieren, sind Tatsachen, sind
genauso real wie Dämonen, wandelnde Skelette und Feuerbälle. Sie sind irgendwo da
draußen. Diese Tatsache bestimmt die ganze
Welt. Der Satz „Ich glaube nicht an Götter“
ist daher genauso falsch und einfach outtime
wie ein „Es gibt keine Magie.“ Der Spieler
mag Agnostiker sein und die Existenz des
Transzendenten vollkommen verleugnen,
der Charakter ist es nicht, denn Götter sind
da. Ich kann nur dann nicht an die Existenz
von Göttern nicht glauben, wenn ihre Existenz nicht bewiesen ist. Ein „aufgeklärtes“
Götterverständnis und eine Emanzipation
von diesen – Ich brauche keine Götter – sind
bei fast allen Charakteren extrem unlogisch
und schlechtes Rollenspiel. Der Gelehrte, der
diese philosophische Outsiderthese vertritt,
wird viel mehr Pech haben als der Durchschnitt und wahrscheinlich wegen marxistischem Gedankengut brennen… Denn
irgendwann brennen sie alle. Selbst die
Hexe, die keine Götter, sondern die Natur
verehrt, weiß doch, dass es Götter gibt
und wird sich dementsprechend verhalten.
Der Andersgläubige (Falsches Wort in diesem Kontext im Übrigen) wird nur seinen
Gott verehren, jedoch alle anderen Götter
ehren. „Sag den Göttern, dass du nicht an
sie glaubst. Das wird sie erheitern!“ ist ein
nettes Zitat, doch nicht jede Gottheit hat
so viel Nachsicht und Humor.
Deswegen: „Ehre sie alle und ziehe nur die Aufmerksamkeit der Götter auf dich, die du auch verehren
willst.“
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ANDUIN 93
Religion in der Fiktion
Gerade in Rollenspielen mit vielen Göttern,
die jeweils einen Lebensbereich andecken,
wie z.B. DAS ist es ausgesprochen unlogisch,
den Bruder oder die Schwester seines Gottes
zu missachten, da dies zum einen die eigene
Gottheit kränken und es sich zum zweiten
mal als sehr nützlich erweisen könnte, bei
der Gottheit der Heilung ein paar Pluspunkte
auf dem Konto zu haben.
1.1.
Die Scheu vor
den Göttern
Götter sind übermächtige, unfassbare Wesen, deren Macht weit außerhalb des Vorstellungsbereich der Charakter liegt. Götter sind
nicht einfach nur lieb und durchschaubar. Einem Göttlichen zu begegnen, heißt, etwas zu
begegnen, das zu tiefst erschreckend ist, da
es der menschliche Geist nicht erfassen kann.
Man erzittert vor so viel Macht, zeigt Scheu,
fühlt sich nichtig, kommt sich klein vor. Dieses
Gefühl bei den Charakter zu erzeugen, wenn
sie mit den Göttern Kontakt haben, ist wichtig, da sonst der Respekt und die Ehrfurcht
verloren gehen. Götter sind nicht einfach nur
die Avatare, die sie uns zeigen. Die Göttin des
Krieges ist keine schöne Frau mit Zweihänder, sie zeigt sich uns nur so. Wir aber werden zu Boden geschleudert allein von so viel
Präsenz und Macht, erkennen unsere Nichtigkeit, erschaudern bei der Erkenntnis, dass
sie uns nicht einmal beachten muss, um uns
aus zu löschen. Und Götter halten sich nicht
an unsere Maßstäbe. Sie haben eigene Pläne und ihr Handeln muss alles andere als so
geartet sein, von uns verstanden zu werden.
Dafür sind sie zu mächtig und wir zu nichtig.
Wie können das Handeln der Götter niemals
nach vollziehen.
Götter haben stets einen großen Teil Dunkelheit in und an sich. Die Gläubigen werden
diese Dunkelheit nicht durchschauen können, niemals ganz. Denn solange Götter unberechenbar und ehrfurchteinflösend sind,
sind sie richtige Götter. Alles andere ist ein
bloßer Witz.
ZWEITENS
Ich will mal die Religiosität
meines Charakters ausspielen. Ich geh in den Tempel.
Meiner oben gestellten These nach ist jeder Charakter in irgend einer Weise religiös.
Die Intensität dieses Gefühls kann jedoch
variieren. Diese Religiosität sollte zumindest
eine winzige Rolle im alltäglichen Spiel inne
haben und nicht nur in Stoßgebeten gipfeln,
die man in den schlimmeren Spielsituationen
gerne mal loslässt. Wer erinnert sich nicht an
das gebet von Conan der Barbar an die Götwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
ter… So was mag ganz cool sein, aber es ist
in meinen Augen nicht wirklich sinnvoll den
Göttern zu erklären, dass dies das erste Mal
ist, dass man sie ehrt, aber jetzt gerne ein
bisschen Hilfe hätte… Gäbe es Reinkarnation, wäre meine Antwort als Gott folgende:
„Probier´s im nächsten Leben früher!“
Doch es ist zugegebener Maßen nicht
leicht, einen religiösen Charakter aus zu spielen, wenn man selber nicht viel mit dem Thema anfangen kann. Doch auch hier gibt es
Möglichkeiten, ohne zu überzeichnen oder
am Ende fanatisch zu werden.
2.1.
Das Gebet
Zu einen ist da regelmäßiges Gebet, Meditation oder Andacht. Ob sich dies am Morgen nach dem Aufstehen oder des Nachts
vor dem Schlafen vollzieht, vor jedem Kampf
oder still und alleine im Wald. Ist dieses Gebet ein nackter Schwerttanz im Mondlicht,
eine Maditaion im fernöstlichen Stil oder ein
festgelegter Text? Darf der Charakter überhaupt immer und überall beten oder muss
er sich zuerst rituell reinigen? Darf ein Gebet
nur im Tempel stattfinden? Welche Regeln
und Liturgie müssen befolgt werden?
2.2.
Der Tempelbesuch,
die Geweihten und das Opfer
Welche Rolle spiel der Tempel insgesamt
in der Religiosität des Charakters. Ist er dort
den Göttern besonders nah? Leben sie gar
dort? Ist der Tempel ein heiliges Gebäude,
oder nur ein Gebäude, in dem zufällig der
Kult ausgeübt wird? Ist man der Gottheit im
Tempel oder auf der Straße näher? Und was
ist mit den Dankesgaben an die Gottheit?
Darf nur im Tempel geopfert werden? Was
opfert ein Charakter? Einfach nur Geld und
Wertgegenstände, damit der Tempel ausgeschmückt oder die Armen versorgt werden
können, oder etwas persönliches wie ein
geschriebener Text, eine besondere, stundenlang gesuchte Blume, eine Trophäe oder
ein auf langen Reisen liebevoll geschnitztes
Holztier? Die Götter mögen große, persönliche Opfer und erfreuen sich, wie Eltern,
mehr an einem solchen Holztier als an Gold,
von dem der Charakter eh genug hat.
Welche Rollen spielen Geweihte? Sucht
der Charakter ihre Nähe, weil er von ihnen
lernen und erfahren will, sieht er in ihnen
sogar Stellvertreter der Gottheit auf Erden
oder meidet er ihre Nähe, da er sich lieber in
direkten Kontakt und Gebet zu seinem Gott
begeben möchte und dafür keinen überengagierten Novizen benötigt?
Es ist dumm an etwas nicht zu glauben,
dass man sehen kann, hatte seine Mutter
ihm immer gesagt. Als Kind war Reno
stets am Gottestag in die Vorhalle des
Tempels gegangen, um dort den Geschichten des Geweihten zu lauschen, der
aus dem leben der Heiligen und den Taten
der Gottheit erzählte. Oft war es langweilig gewesen, aber hin und wieder, wenn
der alte Geweihte zu schwach war, sein
Bett zu verlassen und einer der Jüngeren
das Erzählen übernahm, waren spannende und teils sehr blutige Geschichten
gewesen, denen er als kleiner Junge mit
glühenden Wangen gelauscht hatte. Als
er Bata geehelicht hatte, war natürlich
ein Priester gerufen worden, den Bund
zu segnen und das junge Brautpaar hatte
ein Opfer dargebracht, auf das ihre Ehe
gesegnet sein würde. Doch das erst Kind
starb noch vor der Geburt. Lange Nächte
hatte Bata des Nachts weinend neben ihm
im Bett gelegen. Dann war sein Bruder
im Krieg gefallen. Reno konnte sich aber
keinen Knecht leisten, so dass er einen
Teil seiner Tischlerei schließen musste. Als
der Krieg die Pest in die Stadt brachte,
war ihr sein bester Kunde und Batas Vater
zum Opfer gefallen. Es ging allen schlecht.
Ein Funke, dass von den Pestfeuern vor
der Mauer herübergeblasen worden war,
hatte sein Viertel in Brand gesteckt. Hilflos
hatten Reno und Bata ansehen müssen,
wie ihr Wohnhaus bis auf die Grundmauern abbrannte. Doch niemals hatte er die
Götter verflucht, doch gezweifelt. Doch
SIE verachteten ihn und seine junge Frau
nicht. Sie hatten das Haus wieder aufgebaut, schöner und größer. Der Tod ihres
Vaters hatte ihnen ein bisschen Geld beschert und die Nachfrage nach dem Brand
nach Möbeln war enorm, so dass Reno es
sich inzwischen leisten konnte, drei weiter
Knechte ein zu stellen. Es ging ihnen nicht
glanzvoll. Doch Reno war dankbar für das,
was sie hatten. Und vielleicht würde es
das Kind, das derzeit in Batas Bauch heranwuchs, besser haben als er und seine
Frau. Das möchten die Götter bewirken.
DRITTENS
Die Religion in der
Hand des Spielleiters
Spielleiter haben ein hartes Los. Immer
will man was von ihnen und wenn man das
Falsche bekommt, geht das Gejammere los.
Doch ist so ein Spielleiter unersetzlich – unersetzlich für das Spiel, die Spieler und die
Hintergrundwelt?
Und für diese Hintergrundwelt ist eine gesunde „Religionspräsenz“ ebenfalls ein bisschen unersetzlich. Deswegen sollte ein SL der
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ANDUIN 93
Religion in der Fiktion
Es war ein körperlicher Schmerz, der Arka
jäh überfiel und ihren Magen, ihr Herz
und mit voller Wucht ihre Seele zusammendrückte, dass sie fürchtete, keine
Luft mehr zu bekommen. Doch war diese
Angst, zu ersticken, war tief begraben
unter einer einzigen Empfindung, dem
Gefühl der Präsenz einer Göttin. Arka
wagte nicht, auf zu blicken, nicht wegen
der peitschenden Winde, die Sandwolken
auftürmten und auf die kauernden warfen, sondern aus der reinen Gewissheit
heraus, von diesem Anblick geblendet zu
werden. Die junge Geweihte presste ihren
Kopf auf den Boden und widerstand der
Versuchung, ihre Hände auf den Kopf zu
pressen. Die Präsenz jener Gestalt, die
die Gottheit in diesem Augenblick als ihre
Erscheinungsform gewählt hatte, verspottete Arkas Existenz. Im Angesicht der Göttin, was war sie schon anderes als Staub
und Asche, unwichtig und nichtig? Doch
die kauernde spürte kein Bedauern, kein
Verzweifeln ob ihrer eigenen Nichtigkeit,
kein anderes Gefühl als langsam aufbrausend Begeisterung und grenzenlose Liebe
für ihre Göttin. Als sie bereit dazu war,
hob sie den Kopf und formte mit den Lippen ein ´Ja´. Und dieses ´Ja´ war ein „Ja,
dir will ich mein Leben widmen, der ich
dich niemals werde begreifen können, ich,
der ich Staub und Asche bin im Vergleich
mit deiner Herrlichkeit.“
Religion ein bisschen mehr Platz geben als in
Form von Tempel und Brachialwundern. Hier
sind ein paar Ideen.
3.1.
Mögen die Götter mit dir sein
Religiöse Charaktere sollten auch für ihre
Hingabe an die Götter von diesen Belohnt
werden. Dies muss aber keinesfalls in Form
eines großen Wunders geschehen, sondern
kann sich in den kleinen Dingen des Lebens
äußern. Hier ist allerdings Vorsicht vor „Inflation“ geboten.
Für eine Gottheit ist es ein kleiner Wink, für
den Charakter vielleicht ein großer zufälliger
Glücksfall. Wie oft ist man als SL zu gnädig
mit seinen Spielern, obwohl sie es gar nicht
verdient haben. Eigentlich immer… Doch diese Gnade, die sich in Form von kleineren Gefälligkeiten wie z.B. dem Auffinden eines billigen Zimmers, eines besonders guten Weines
oder einem gut gefüllten Geltbeutel äußert,
kann man einfach einem gut gelaunten Gott
in die Schuhe schieben. Die Gottheit blickt lächelnd herab auf ihren Schützling. Wichtig ist
hierbei, dass die Charakter merken, wem sie
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die Gefälligkeit zu verdanken haben. Dies ist
mit einem kleinen Trick zu erreichen. Hat ein
Charakter Glück, klingelt ein kleines, metaphorisches Glöcklein in seinem Kopf. Betritt
er dann einen Tempel der entsprechenden
Gottheit, hört er das Klingeln wieder und der
kausale Zusammenhang ist hergestellt.
Doc nicht nur in Glück muss sich Religion
wiederspiegeln. Glauben heißt, eine Kraftquelle gefunden zu haben. Wo heillose Panik herrscht, bleibt der Gläubige ruhig, wo
Verzweiflung aufkeimt, wächst Hoffnung.
Ob sich dies in einem Bonus auf einen Attributs- oder Fertigkeitsprobe äußert oder eine
schöne Rollenspielszene ergibt, ist hierbei
sekundär.
3.2.
Religion bestimmt die Welt
Religion lebt und bestimmt die Umwelt. In
vielen Städten gibt es Tempel und ein paar
Geweihte. Das stellt dann aber meist das
komplette religiöse Ambiente der gesamten
Rollenspielwelt dar. Dabei ist es extrem einfach gerade mit kleinen Szenen viel religiöses
Ambiente und Glaubwürdigkeit in die Welt zu
bringen.
paar Kindern Geschichten. Aus den Räumen
des Tempels ertönt ein vielstimmiger Sprechchor des kleinen Ein-Mal-Eins, das sie gerade
in der Tempelschule erlernen. Ein fliegender Händler verkauft Heiligenbildchen und
Schutzamulette. An andere Stelle pflegt ein
alter Mann offensichtlich ehrenamtlich den
Klostergarten. Vor der Küche des Tempels
hat sich eine Schar Bedürftiger versammelt,
um auf das kostenlose Essen zu warten. Zwei
alte Frauen stehen beisammen und klatschen über den neuen Priester. Eine Gruppe
Kinder spielt „Der Hl St Marduc und die grünen Wichte“ und plärren dabei allerlei Heiligennamen. Ein Händler küsst überglücklich
ein religiöses Amulett, da er gerade ein sehr
gutes Geschäft abgeschlossen hat. Ein Trauerzug durchquert die Stadt. Am Hafen opfert
eine Reihe betrunkener Seeleute eine Flasche Schnaps, in dem sie es ins Meer kippen:
„Für den Herrn der Meere und all die armen
Teufel, die draußen geblieben sind.“ Eine
Reisegesellschaft beendet die Tagesreise mit
einem Gebet. Man muss nicht immer gleich
absolutes präsentieren. Kleinigkeiten wirken
oft glaubhafter.
3.2.1.
Feste Feiern
Der Jahreskalender ist übersät mit
Festen, die alle einen gewissen religiösen Hintergrund haben. Warum
werden diese nicht gefeiert. Ob ein
großes Erntedankfest auf dem Land
mit geschmückten Häusern und einem
Gottesdienst, an den sich ein Festessen
anschließt, die Taufe eines Kindes, der
Tag des heiligen St. Marduc, zu dessen
Ehren man Haus und Hof mit grünen Tannenzweigen schmückt – Marduc erschlug
einst den König der grünen Wichte…
– oder der regelmäßige, wöchentliche
Gottesdienst, es gibt unendlich viele
Möglichkeiten, froh und ausgelassen
oder andächtig und besonnen mit
den Göttern zu feiern.
3.2.2.
Präsente Szenen
Wer aufmerksam schaut, wird
viele kleine Szenen um sich
herum erkennen, in denen
Religion eine Rolle spielt. Der
Wanderprediger auf einem
Marktplatz, staub bedeckt
mit langem Bart predigt er
einer interessiert zuhörenden oder vielleicht lachenden
Menge. An andere Stelle sitzt
ein Geweihter und erzählt ein
Seite 84
ANDUIN 93
Religion in der Fiktion
3.2.3
Die Geweihten
Die Stellvertreter und Repräsentanten der
Götter auf Erden ist der Klerus. Diesen als
NSC dar zu stellen, ist eine echte Herausforderung. Leider greifen manche Spielleiter immer wieder auf bewährte Klischees zurück,
die einen Ordensbruder brutal darstellen,
versoffen machen oder zu einer absoluten
Witzfigur degradieren. Das muss nicht sein,
denn auch Geweihte sind nur Menschen, die
gerne mal einen Trinken gehen, lachen und
meist ein Leben neben dem Tempel kennen.
Viele Dorfgeweihte werden sogar meist einem Handwerk nachgehen, da es einem kleinen Dorf unmöglich ist, einen Popen samt
Tempel zu unterhalten. So kann es sein, dass
der Mann, der die Sättel der SCs repariert
auch die Abendandacht ließt, die Kinder tauft
und das Bier braut. Gerade im Mittelalter
waren Kloster nicht nur Horte des Wissens
sondern auch bekannt für ihre Produkte, die
vom Bier über Schriften bis hin zu Rädern
reichen konnte. Der SL sollte genau wie bei
allen seinen anderen NSC darauf achten, diesem ein Leben neben seiner Funktion für die
SCs zu geben. Natürlich wird ein Priester die
Helden heilen und damit wird seine Funktion
im Abenteuer beendet sein. Natürlicher und
schöner ist es aber, wenn die SCs auch erfahren, dass ihr Heiler die ihm jetzt noch verbleibende Zeit bis zum Gottesdienst damit
verbringen wird, durch den Klostergarten zu
wandern und dabei den Novizen zu zusehen,
wie sie Ballspielen. „ Ich war als Junge gar
nicht so schlecht im Ball in den Korb Spiel…
manchmal lassen mich die Jungs mitspielen,
aber *er lacht* so richtig kann ich das nicht
mehr. Die scheinen die regeln geändert zu
haben.“
Oft sind Geweihte gleichzeitig Richter und
Rechtsvollstrecker. Dies verschafft ihnen
meist gehörigen Respekt bei ihren Mitmenschen. Außerdem können die meisten Geweihten lesen und sind meist die einzigen im
Dorf, die dies können. Wer einen Brief vorgelesen haben möchte, bzw einen zu schreiben
gedenkt, ist auf die Künste des Pope angewiesen. Und wer unterrichtet die Kinder?
4.
Der Geweihte als
Spielercharakter
Ich hasse es als Spielleiter, einen Priestercharakter in der Gruppe zu haben. Denn
meist sind diese Charakter regelkonforme
Magier-Krieger mit Jähzorn auf Maximum
– „ich diene meinem Gott, du Arsch“ – ,
Heiler-Krieger – „im Namen meines Herren
werde ich dich jetzt bestrafen… aber keine
Angst vor den Schmerzen, darum kümmere
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ich mich gleich“ – oder irgendwelche Charaktergebilde mit seitenlangen Hintergrundgeschichten und Talentkombinationen, die
mich entweder erbleichen lassen – „Was
alles noch hat dein Charakter neben Bogenschießen, Okkultismus, Nahkampfhäkeln und
Ikebana gelernt? – oder mich vor die Frage
stellen: „Was willst du eigentlich in einem
Abenteuer, Priester der körperlichen Liebe?“
Inzwischen habe ich aber auch ein paar gute
Erfahrungen gemacht. Deshalb bin ich halbwegs versöhnt.
4.1.
Die Frage vor
dem Charakterbau
Eigentlich gibt es nicht die alles entscheidende Frage, sondern eine halbe Hand voll.
Die erste Frage, die ich mir stellen sollte,
wenn ich einen Priester spielen will, ist die,
warum ich eigentlich einen Priester spielen
will? Hier ist die Antwort entscheidend, denn
wenn ich Rollenspiele spiele, spiele ich eine
Rolle und keine perfekt ausgetüftelte sprechende Fertigkeitenkombination. Priestercharaktere haben ihre rollenspielerischen
Tücken und Anforderungen. Wenn mich das
nicht reizt zu spielen, dann sollte ich die Finger von diesem Charakter lassen, so meine
Meinung.
Die nächste Frage nach dem Charakterkonzept ist die Frage nach dem „Was suche ich
eigentlich in einem Abenteuer?“ Diese Frage
ist für Kriegspriester sehr einfach (XPs?) und
für fast alle anderen auch noch gut zu beantworten. Spannend wird sie aber bei einigen
Individuen. Hier sei Vorsicht angeraten, denn
es kann dann auch unendlich frustrierend
sein, wenn man feststellen muss, das der eigenen Charakter nichts kann, nichts darf und
eigentlich vollkommen grundlos im Abenteuer steht. Wer also das nächste Mal einen
Priester der Feldfruchtsegnung in einer Feldschlacht stehen sieht, möge Mitleid haben.
Die dritte Frage ist die schwerste, geht es
doch darum, ein innovatives und vor allem
spielbares Charakterkonzept zu entwickeln,
ohne einen Erzhäretiker spielen zu müssen.
4.2.
Was macht so einen
Pope eigentlich aus?
Rollenspiel heißt, eine Rolle zu spielen.
Priester zu spielen, heißt also, einen Priester zu spielen, was gar nicht so einfach ist.
Oft habe ich die Erfahrung gemacht, dass
man schnell vom Rest der Gruppe gemobbt
wird, wenn man versucht, extrem religiös zu
sein. Das ist nicht nett von der Gruppe, aber
manchmal auch verständlich. Doch auch hier
Q UELLE
„Religionen“ waren das Titelthema der
Anduin 87. Dieser Artikel ist einer der
Beiträge dieser Ausgabe.
FEIERTAGE
Eine kleine Liste evtl Feiertage. Der Spielleiter sollte stets überlegen, wie intensiv
und groß ein solches Fest wirklich in einer
Stadt oder eben in einem Dorf gefeiert
wird. Für ein Dorf wird das „Erntedankfest“ das wichtigste Fest im Jahr sein,
in der Stadt hingegen wird man diesem
nicht so viel Bedeutung zumessen. Es
muss nicht immer ein Straßenfest sein,
ein kleiner Gottesdienst, ein öffentliches
Opfer oder eine dekorierte Stadt reichen
vollkommen aus, um so ein Fest zu feiern.
·Jahreswechsel
·Fastentage
·Hochzeiten
·Taufen
·Beerdigungen
·Einsegnungsfeiern für neue Gebäude,
Vieh…
·Geburtstage
·Staatsfeiertage wie Stadtgründung,
Fürstengeburtstag,…
·Gedenktage an die Pest, Errettung
vor der Sturmflut vor 245 Jahren…
·Heiligengedenktage (besondere
Farben für einen Tag, kein Fleisch, nur
Fisch…)
Achtung: Nicht jeder Tag ist ein Feiertag
und viele Feiertage werden nicht groß
gefeiert.
TEMPELRITEN
Aus dem Lesebuch der Tempelriten
Kapitel XII
•Betritt den Tempel mit besonnenen
Absichten
•Sei rein, wenn du beschließt, weiter
als bis zu Vorhalle zu gehen. Reinheit
heißt sexuelle Enthaltung seit drei
Tagen. Reinheit heißt Absenz von
Alkohol und Völlerei seit drei Tagen.
Reinheit heißt, erkannt zu haben,
gefehlt zu haben.
•Entrichte die Gebete beim Betreten
der Vorhalle
•Zeige dich dem Priester, auf dass er
über dich richten möge
•Dann reinige deine Füße und Hände
mit Wasser im Wasser
•Betreten mit gesenktem Kopf und
voller Ehrfurcht das Heiligtum
Seite 85
ANDUIN 93
Religion in der Fiktion
P R I E S T E R A R B EIT
•Die Frau des Wirtes liegt in den Wehen,
als die SCs das Gasthaus betreten.
Kaum eine Stunde später hat der
Priester das Kind zu Welt gebracht und
muss nun die nächsten drei Tage im
Dorf bleiben, um das Balg auch noch
zu taufen. Vielleicht darf ja einer der
anderen SCs Pate werden?
•Die Charaktere treffen auf einer
Reise einem Wagen, in dem ein kleine
Gruppe Gaukler lebt. Das älteste
Mitglieder der Truppe liegt im Sterben
und möchte das letzte Mal beichten.
Die restlichen SCs müssen draußen
bleiben, als der alte Mann dem Priester
die großen Geheimnisse seines Lebens
anvertraut.
•In einem abgelegen Dorf kommt am
Abend eine alte Frau auf den Priester
zu, die vor bald 4 Monaten einen Brief
von ihrem ältesten Sohn aus der Stadt
erhalten hat. Sie kann ihn nicht lesen,
deswegen bittet sie den Priester, dem
sie das am ehesten zutraut, um Hilfe.
So kann der Mann Gottes ihr erfreut
mitteilen, dass sie Oma geworden
ist und erhält zum Dank einen guten
Schluck Obstbrand.
•Die Dorfchronik ist beim letzten Sturm
unter Wasser gesetzt worden. Der blinde Dorfpope bittet den SC-Kollegen,
ihm beim Abschreiben der beschädigten Teile zu helfen. Der Priester
entdeckt in den Chroniken etwas
seltsames.
•Ein Bauer hat ein neues Ochsengespann gekauft und bittet den vorbei
ziehenden Priester, er möge die Tiere
segnen.
•In einer kleinen Stadt ist der Geweihte
gestorben worden. Der SC-Priester, der
zufällig anwesend ist, lässt sich nach
dessen Beerdigung dazu überreden,
den nächsten Gerichtstag ab zu halten.
Und schon steht auch sein Leben auf
dem Spiel, denn einer der Angeklagten
ist mächtig genug, um schon einen
Pope ins Grab gebracht zu haben.
sind es mehr die Kleinigkeiten, die auf lange
Sicht einen Charakter spielbar, interessant
und so beliebt wie möglich halten.
• Was betet der SC-Priester? Feste
Litaneien, freie Gebet, einen Gesang?
• Wie betet er? In Stille versunken?
Nackt ums Lagerfeuer tanzend (Sehr
dämliches aussehendes Gebet übrigens)? Allein im Wald?
• Zu welchen Gelegenheiten? Nachts
oder am Tag? Vor jeder Mahlzeit,
nach jedem Kampf? Als Dank, Fürbitte oder Beschwerde?
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• Warum betet er? Inniges Bedürfnis?
Gewohnheit? Religiöses Ritual?
• Was opfert er? Seine Zeit? Alle Beutetstücke? Er legt sich kleine Questen
auf?
• Bildet sich der Priester fort? Ließt er
unterwegs in einem kleinen, abgewetzten Buch? Widerholt er leise die
99 Mal99 Psalmen, die er während
seiner Novizenzeit lernen musste
und versucht sie, jetzt stets parat zu
halten?
• Wie interagiert der Priester mit seinen Mitmenschen? Sucht er theologische Gespräche mit seinen Mitreisenden? Feiert er zu bestimmten Zeiten
Andachten oder Gottesdienste?
• Unterliegt der Priester irgendwelchen Pflichten oder Ritualen? Fastet
er regelmäßig? Lebt er sexuell enthaltsam? Muss er mindestens einmal
pro Monat in einem Tempel gewesen
sein? Muss er missionieren (Hier
Vorsicht, denn so was nervt die meisten Spieler, wenn es nicht gekonnt
und gut dosiert ausgespielt wird)?
Reinigt er stets am Abend intensiv
seine Hände mit Wasser und ölt sich
des Morgen die Schläfen ein. Ein Akt,
der gute zehn Minuten in Anspruch
nehmen kann?
Wem muss der Priester dienen? Dient er
nur seinem Gott oder ist er jedem höher gestellten Geweihten Rechenschaft und Dienst
schuldig? Muss er die Kinder und Frauen beschützen und darf er je eine Bitte abschlagen?
Gibt es einen besonderen Sprachterminus?
Verwendet der Priester bestimmte, spezifische Wörter? Spricht er nur von Gläubigen,
wo andere von Bauern oder Bürgern reden?
Hat er einen besonderen Zitatschatz, in den
er stets hineingreift?
Dieser Fragekatalog sollte noch erweitert
werden. Wichtig ist hier Kontinuität im Handeln, das schafft Glaubwürdigkeit. Und man
sollte auch nicht übertreiben. Zwei oder drei
der oben genannten Punkte mit einem guten
Charakterkonzept reichen vollkommen aus,
um glaubwürdig und interessant rüber zu
kommen.
4.3.
Was mach ich denn mit so
einem in meiner Gruppe?
Hat man einen Priester in der Gruppe,
wird alles noch mal einen Tick mehr religiös
als ohnehin schon. Und was biete ich einem
Priester-SC an außer Wunder? Hier heißt
aber der Trick für den SL: Beschäftige ihn. Du
hast einen Pope in der Gruppe, beschäftige
ihn mit spezifischen Aufgaben. Eine Traufe,
Totensegen, Heilung, eine Hochzeit,… Die
Dorfbevölkerung wird den tapferen Krieger
bewundern und ein Bier ausgeben, den Priester jedoch wird man sich nähern, ihn einbeziehen und vertrauen. Im Kasten am Rand
sind ein paar Ideen aufgelistet, was einem
Priester so alles wiederfahren kann.
Und was geschieht, wenn der Priester ein
Wunder zaubert? In dieser Frage alleine liegt
schon das Problem. Magie und Wunder sind
zwei paar Schuhe. Ein Wunder zu wirken,
sollte etwas besonderes sein und wirkungsvoller und beeindruckender als ein Zauberspruch. Dies sollte sich z.B. in der Beschreibung niederschlagen. Ein gut ausgespieltes
Wunder am Spieltisch kann viel zur Atmosphäre, zum Leumund des Priesters und zur
Charakter-Motivation des Spielers beitragen.
Einem Wunder deswegen genauso lapidar
wie einem Feuerball zu begegnen, wird diesem nicht gerecht. Was geschieht, als das
Wunder einsetzt? Was bewirkt es? Wer spürt
alles, dass etwas ganz besonderes geschehen ist? Wie spüren es die Anwesenden? Ein
wohliger Schauer? Das Gefühl, ganz tief innen
von etwas unendlich glücklich machendem
berührt worden zu sein? Vielleicht hat das
Wunder kleine Nebeneffekte und kleinere
Wunden schließen sich, das Haar eines Charakters wird die nächsten Wochen in einem
kaum wahrnehmbaren Schimmer erstrahlen
oder eine Blume wächst aus dem Steinboden? Und was spürt der Priester, wenn ihm
die absolute Nähe seines Gottes zu Teil wird?
Wird er in Tränen ausbrechen und die nächsten Stunden überwältigt von göttlicher Nähe
nur noch Stammeln und Jauchzen können?
Bietet er eine Queste an als Dank für dieses
direkte Eingreifen seiner Gottheit?
Eine Regel gilt hier immer für mich: Wo
Götter walten, da darf auch ein bisschen
Kitsch im Spiel sein.
Ausklang
Es ist keineswegs alles zu diesem Thema
gesagt worden, ja, es ist in diesem Artikel
noch nicht einmal richtig begonnen worden,
über das Thema Religion im Rollenspiel zu reden, geschweige denn über „Religion in Fiktion“. Dennoch hoffe ich, ein paar Ideen gesät
zu haben. Es liegt, wie immer, am Spielleiter
und an den Spielern, zu beschließen, was sie
davon ernten wollen, was sie neu dazu an zu
säen gedenken und welchem Gott sie ihre
D20 weihen, denn immerhin gilt ja: „Rita!!!
Guck mal, ein Satanist.“
Mögen euch die Götter gewogen sein,
so oder so. 
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ANDUIN 93
Halleluja
HALLELUJA
EINE WEIHNACHTSSATIRE
TEXT: CHRISTOPH EIKMEIER
Als ich an jenen Tag aufwachte, wusste
ich sofort, dass es ein besonderer, sogar ein
außergewöhnlicher Tag werden würde. Natürlich hatte ich nicht geahnt, wie sich dieses
Besondere äußern würde, und hätte ich es
gewusst, wäre ich sicher nicht aufgestanden.
Es fing alles an einem wunderschönen
Morgen an.
Ich träumte gerade von einem besonders
hübschen Mädchen, als die schrille Stimme
meiner Mutter in meine Träume drang.
„Gottfried!“
Schlagartig wurde ich wach. „Scheiße!“
murmelte ich und wälzte mich auf die andere Seite. Hatte ein Vierzehnjähriger nicht
mal das Recht, morgens auszuschlafen? „Nur
noch fünf Minuten“, murmelte ich schlaftrunken und schloss meine bleischweren Lider wieder.
Für genau 21 Hundertstel Sekunden. Dann
nämlich erbebte unser Haus in den Grundfesten, als meine Mutter die Tür aufstieß und
diese gegen die Wand knallte. Das Geräusch
des Blumentopfs, der durch die Erschütterung zu Boden fiel und sogleich seinen Inhalt
auf dem Teppich verbreitete, ging in dem Gepolter fast unter.
Stöhnend drehte ich mich herum und sah
meine Mutter mit einem rosa Bademantel
bekleidet im Türrahmen stehen. Ihre Füße
steckten in rosa Latschen, gelangweilt
lutschte sie an einer Zigarettenkippe. In ihrem Haar steckten seltsame Schrauben, die
sie „Lockenwickler“ nannte.
„Was willssu?“ nuschelte ich.
„Aufstehen!“ schnauzte sie. „Weihnachten. Fest der Freude.“
„Halleluja“, sagte ich.
„Häh?“
„Vergisses!“ antwortete ich und ließ mich
wieder in die Kissen fallen.
„Ich muss gleich noch mal weg“, sagte sie
und versuchte, durch das Chaos, das sich auf
meinem Fußboden befand, auf mein Bett zuzukommen. Ein sinnloses Unterfangen. Ich
zählte die Anzahl der Legosteine, auf die sie
aus Versehen trat. Bei dreiundzwanzig gab
sie auf und kehrte fluchend um. „Du solltest
auch mal wieder aufräumen!“ meinte sie.
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„Hm“, machte ich. Das letzte Mal, dass ich
das getan hatte, war vor vier Jahren gewesen. Ich wusste auch nicht, welcher Teufel
mich damals geritten hatte.
Das letzte Stück legte meine Mutter mit
einem gewagten Sprung zurück. Ich sah die
Katastrophe kommen, noch ehe sie mit einem Fuß in meinem selbstgebastelten Holzschiff landete und es unter ihren Füßen zermalmte.
„Volltreffer“, sagte ich.
Ärgerlich drehte sich meine Mutter um und
funkelte mich an. „Ich muss gleich noch mal
weg“, sagte sie. Als sie keine Antwort erhielt,
drehte sie sich um und ging aus meinem Zimmer. Als sie die Tür hinter sich zu warf, fiel
ein zweiter Blumentopf vom Regal und zersprang am Boden. Mich kümmerte es aber
nicht weiter, die Schweinerei fiel in dem übrigen Chaos nicht besonders auf.
Stöhnend wuchtete ich meine sechsundsiebzig Kilogramm Lebendgewicht hoch und
brachte mich in eine sitzende Lage. Kaum,
dass ich einen Fuß auf den Boden gesetzt
hatte, hörte ich ein leises Knirschen und spürte plötzlich Krümel zwischen meinen Zehen.
Jetzt fiel es mir wieder ein: Vergangenen
Abend hatte ich noch einen kleinen Snack
zu mir genommen und das Übriggebliebene
auf den Boden gelegt. Aber soweit ich mich
erinnerte, war da auch noch ein halbvoller
Becher Cola… Die Frage erübrigte sich, als
ich den anderen Fuß auf den Boden setzte
und mein großer Zeh durch eine ungeschickte Bewegung das Gefäß umstieß. Fasziniert
betrachtete ich die braune Flüssigkeit, die
sich prickelnd auf dem Teppich verteilte. Ich
beschloss, es später sauberzumachen und
torkelte unsicher auf das Fenster zu. Den unangenehmen Schmerz, den spitze Legoteile
verursachen, wenn sie sich ins bloße Fleisch
hineinbohren, ignorierte ich. Mit einem
Handgriff öffnete ich die Gardine und musste
gleich darauf die Augen schließen, weil mich
die Sonnenstrahlen blendeten. Gerade wollte ich mich umdrehen und dies als unwichtig
abtun, als mir erst klar wurde was das bedeutete. War nicht Weihnachten? Ich warf noch
einen kurzen Blick aus dem Fenster, um mich
von der Richtigkeit meiner Information zu
überzeugen. Und wirklich: Die Sonne stand
hoch am Himmel und strahlte, als wäre es
der letzte Tag.
„Wirklich passendes Wetter für Heiligabend“, sagte ich zu mir selbst und ging ins
Bad. Es gab kein heißes Wasser mehr, also
zog ich mich ungewaschen an. Auf dem
Rückweg in mein Zimmer fielen mir meine
grinsenden Affen-Hausschuhe auf.
„Grinst nicht so blöd!“ fuhr ich sie an, aber
sie reagierten nicht.
„Ich sagte, ihr sollt mit diesem scheißverdammten Grinsen aufhören!“ schrie ich, jedoch ohne Erfolg. Ich brauchte jemanden, an
dem ich meine Aggressionen auslassen konnte, und da kamen mir diese beiden gerade
recht. Wütend kickte ich den einen Schuh die
Treppe herunter und schleuderte den zweiten mit einem gezielten Fußtritt gegen die
Kommode, wobei ich allerdings einige Papiere und Zeitschriften mitriss. Außerdem war
der Widerstand, den der Schuh leisten würde, wohl falsch kalkuliert – jedenfalls fiel ich
von meinem eigenen Schwung angetrieben
hinten über und knallte mit dem Kopf gegen
den Boden. Als ich mich stöhnend und meinen Hinterkopf reibend aufsetzte, fiel mein
Blick auf den einen Affenschuh, der mich
unverschämt angrinste. Ich widerstand der
Versuchung, ihn kurzerhand aus dem Fenster
zu schleudern und humpelte in mein Zimmer.
Dort angelangt schmiss ich alles, was nach
Schule aussah in meinen Rucksack und lief
nach unten.
Der Küchentisch war nicht gedeckt, aber
neben dem Herd brodelte die Kaffeemaschine. Ich machte mir einen schnellen Imbiss von
einem Schokoriegel und einem Glas Limo,
dann warf ich einen Blick auf die Küchenuhr
und stellte fest, dass ich schon wieder zu später kommen würde.
„Was soll’s!“ meinte ich und lief aus dem
Haus. Auf dem Flur traf ich meine Mutter, die
gerade aus dem Bad kam und einen ziemlich verstörten Eindruck machte, als sie mich
sah.
„Gottfried! Was zum-“
Weiter kam sie nicht, denn ich hatte schon
die Haustür aufgerissen und stürmte auf die
Straße. Sofort schlug mir brodelnde Hitze
entgegen. Naja, vielleicht nicht so extrem,
aber es mussten annähernd 20° sein. „Frohes
Fest“, sagte ich sarkastisch zu mir selbst und
schüttelte den Kopf. Was konnte das für ein
Fest werden!
Seite 87
ANDUIN 93
Halleluja
Der Weg bis zur Schule war nicht weit.
Aber irgend etwas war seltsam. Es fiel mir
schon von weitem auf. Die Gebäude waren
unbeleuchtet und ich hörte keine Geräusche.
Kein lautes Rufen und Kreischen der Kleineren, nicht die gewohnten Töne der Tischtennisbälle. Als ich die Schule erreicht hatte, bewahrheiteten sich meine Befürchtungen: Der
Schulhof war leer.
„Leer?“ fragte ich mich fassungslos. Aber
das konnte doch nicht sein.
Aber es war so. So oft ich mir auch die Augen rieb und mich in den Arm kniff, der Schulhof blieb leer.
Plötzlich erblickte ich das Schild am Eingangstor, das mit einem dicken Vorhängeschloss gesichert war. „Wegen Weihnachtsferien vorübergehend geschlossen“, stand
da. Und kleiner darunter: „Wir wünschen
allen Schülern erholsame Ferien. Die Schulleitung.“
Ich konnte es im ersten Moment gar nicht
fassen. Okay, ich hatte die letzte Woche blaugemacht, aber dass ich die Weihnachtsferien
vergessen konnte! Ich, der keine Gelegenheit
ausließ, die Schule zu schwänzen!
„Mist!“ rief ich laut. „Verdammte Sch…“
Im letzten Moment konnte ich mich beherrschen. Langsam beruhigte ich mich wieder. Ich wusste nicht, wie lange ich dagestanden und das Schild angestarrt hatte, aber
schließlich wandte ich mich um und setzte
zum Rückzug an.
Zu Hause angelangt, stieß ich die Tür auf
und zog mich in mein Zimmer zurück. Da
merkte ich, wie sich ein sonderbares Gefühl
in meinem Magen ausbreitete. Sekunden
später konnte ich identifizieren. Es war im
allgemeinen als „Hunger“ bekannt. Zum
Glück hatte ich ja noch einen Vorrat höchst
nahrhafter Schokolade. Ich trat an das Bücherregal und kramte unter meinen Comicheften. Dort lagen, gut versteckt, fünfzehn
Tafeln unterschiedlicher Sorten: Alpenmilch,
Nougat, Nuss und vielem mehr. Ich griff mir
eine, biss ein Stück ab und steckte mir eine
weitere Tafel in die Tasche. Dann legte ich
wieder die Comichefte über den Rest, um sie
vor neugierigen Blicken zu schützen. Meine
Mutter sah es nicht gerne, wenn ich mich mit
Kalorien voll stopfte.
Ich war für einen Augenblick lang unaufmerksam und achtete nicht auf den Boden.
Das wurde mir sofort zum Verhängnis.
Die Blumenerde, die sich mittlerweile mit
der ausgelaufenen Cola vermischt hatte,
hatte eine braune Pampe gebildet. Und ich
Trottel trat natürlich prompt hinein. Ich hörwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
te noch eine leises „Flutsch“, da befand ich
mich auch schon mit wild rudernden Armen
in der Luft.
Ich hasse die Schwerkraft.
Im Fallen riss ich noch einige Blätter vom
Tisch, bevor ich mit einem lauten Knall auf
dem Boden aufschlug. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich eine Bewegung und sah,
wie sich die blaue Vase, ein Geschenk meiner
Tante aus Brasilien, gefährlich zur Seite neigte. „Oh, oh!“ murmelte ich. Ich rollte mich
zur Seite und streckte die Hände aus, um sie
aufzufangen. Und zum ersten Mal an jenem
Tag hatte ich Glück: Die Vase landete direkt in
meinen Händen und blieb heile. Erleichtert atmete ich auf. Anschließend richtete ich mich
auf und setzte mich auf meinen Stuhl. Zufrieden betrachtete ich die Vase. „Gutes Stück“,
sagte ich. „Hässlich ist sie ja, aber Tante Margret würde es mir nie verzeihen, wenn ich
sie nicht mehr besäße. Und die schenkt mir
immer so viel Geld zum Geburtstag!“
Ich hörte ein Geräusch und sah auf. Da bemerkte ich ein kleines Insekt, das durch das
halb geöffnete Fenster hereingeflogen war.
Ohne lange nachzudenken, warf ich nach
dem Tier. Zu spät bemerkte ich meinen Irrtum: Das Insekt war kaputt, aber die Vase
auch. Sie überlebte den Härtetest nicht, als
sie mit einer Geschwindigkeit von drei Metern pro Sekunde gegen die Wand knallte.
Es war schade drum, machte mir aber nicht
sonderlich viel aus. Tante Margret musste ja
nicht erfahren, dass ihre heißgeliebte Vase
nicht mehr existierte. Ich sammelte die
gröbsten Scherben mit der Hand zusammen
und warf sie achtlos in den Mülleimer.
In diesem Moment hörte ich von unten das
Rufen meiner Mutter.
„Ja?“ rief ich zurück.
„Gottfried!“ rief sie. „Kannst du nicht mal
eben runterkommen und mir helfen?“
Nein, konnte ich nicht. Trotzdem überwand
ich mich und ging gehorsam ins Wohnzimmer, wo ich meine Mutter bei einem Haufen
Wäsche und einem Bügeleisen vorfand.
„Was gibt’s?“ fragte ich.
Mutter deutete auf das Bügeleisen. „Guck
dir das mal bitte an! Ich glaub’, da is’ was
mitten Kabel los. Jedenfalls funktioniert dat
Ding nich’.“
„Ich seh’s mir mal an“, sagte ich und
schleppte das „Glätte-Wunderding“, wie es
Opa nannte, hoch in mein Zimmer. Dort betrachtete ich das Kabel und hatte auch gleich
den Fehler gefunden: Ziemlich weit unten befand sich ein fast faustdicker Knoten. Jeder
Versuch, das Knäuel zu entknoten, scheiter-
te. Nach einer geschlagenen Viertelstunde
gab ich auf. „Das Ding ist ja verzwickter als
der Gordische Knoten!“ meinte ich zu mir
selbst. Plötzlich stockte ich. Gordischer Knoten? Das war doch das Ding, was…
Natürlich! Das war die Lösung. Eilig lief ich
hinunter in die Küche und griff mir das größte
Messer, das ich finden konnte. Anschließend
rannte ich wieder hoch und setzte mich an
den Tisch. „Genial, aber einfach“, sagte ich
und hieb den Knoten in der Mitte durch. Eine
Weile sah ich fasziniert zu, wie sich die Kabel
entwirrten. Auf einmal wurde mir jedoch bewusst, was ich angerichtet hatte. Der Knoten
war offen, aber das Kabel bestand nun aus
zwei Teilen. Ich versuchte mit Flüssigkleber,
Tesafilm und Sekundenkleber, die Teile wieder aneinanderzuheften, aber es gelang mir
nicht. Schließlich wurde es mir zu dumm und
ich griff zum Packband. Zwei, drei Schichten
des zehn Zentimeter breiten Bandes und das
Kabel hielt. Mutter hatte ja nicht gesagt, dass
es noch funktionieren sollte. Nur heile sollte
es sein.
Unauffällig brachte ich das Bügeleisen wieder an seinen Platz zurück, Mutter war gerade zum Glück nicht anwesend.
Als ich wieder hoch in mein Zimmer ging,
dachte ich an Weihnachten und alles, was
damit zusammen hing. Die anderen in meiner Klasse bekamen Geschenke, hatten einen Weihnachtsbaum im Wohnzimmer und
saßen gemütlich mit der Familie zusammen.
Bei uns war das keinesfalls so. Wir hatten
nichts von alledem. Mein Vater war vor sechs
Jahren bei einem Autounfall gestorben, meine Mutter arbeitete halbtags als Aushilfe. Sie
meinte immer, wir müssten sparen. Und dazu
gehörte natürlich auch, dass wir den Weihnachtsbaum einsparten. Ich hatte mich zwar
allmählich daran gewöhnt, aber trotzdem
vermisste ich ihn. Es musste doch irgendwie
eine Möglichkeit geben, sich am Heiligabend
noch einen Weihnachtsbaum zu beschaffen!
Da fiel mein Blick aus dem Fenster und
auf das Grundstück unserer Nachbarn. Wir
hatten zu dem alten Ehepaar Strunz nie eine
besonders freundschaftliche Beziehung gehabt. Einmal hatten sie die Äpfel eines Apfelbaumes, dessen Äste ein wenig von unserem
zu ihrem Grundstück herüberhingen, abgepflückt, und ich hatte in jenem Herbst nicht
einen einzigen Apfel gegessen.
Im Moment blickte ich auf einen Baum,
der auf ihrem Grundstück stand, schön und
prachtvoll. Die Äste waren wohlgeschwungen, der Stamm gerade.
Es war eine gesunde Tanne.
Nun konnte ich mich endlich an ihnen räSeite 88
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Voodoo / Deborah
chen…
Eine halbe Stunde später stand ich mit der
größten Säge, die ich bei uns hatte finden
können, in Strunz’ Garten. Zuvor hatte ich
mich überzeugt, dass sie nicht da waren. Ihr
Auto stand nicht in der Garage, und Mutter
hatte gesagt, dass sie die Weihnachtstage
bei Verwandten verbrachten.
Das würde eine hübsche Überraschung geben, wenn sie zurückkamen. Ich freute mich
schon innerlich auf ihre dummen Gesichter
und musste grinsen. Dann machte ich mich
an die Arbeit. Es war gar nicht so einfach,
den dicken Stamm möglichst weit unten
abzusägen. Aber nach einer Weile knackste
es bedenklich und der Baum kippte zur Seite – direkt in Frau Strunz’ Zierrosen, die sie
immer so liebevoll pflegte. Na ja, jetzt hatte
sie mehr Zeit für andere Dinge.
Ich schleppte den Baum hinter mir her und
ins Haus. Mutter staunte nicht schlecht, als
sie mich und den Tannenbaum sah. „Wo hast
du den denn her?“ fragte sie mit großem Erstaunen.
„Nicht so wichtig“, sagte ich. „Viel wichtiger ist, dass wir jetzt überhaupt einen haben.“ Mutter gab nach und fragte nicht weiter nach.
Vorsichtig zog ich den Baum ins Wohnzimmer, wobei ich eine Spur von Nadeln auf dem
Teppich hinterließ. Mutter enthielt sich jeden
Kommentars. Nachdem ich den Weihnachtsbaum hingestellt hatte, bemerkte ich, dass
er nicht von alleine stehenblieb. Das war ein
Problem. Ich löste es jedoch auf meine Weise (genial und einfach) mit einer Rolle Packband und einer Blumenvase. Jetzt fehlte nur
noch der Weihnachtsschmuck. Leider besaßen wir keinen, denn, wie gesagt, wir mussten sparen. Doch wir waren kreative Leute
und dachten uns selber etwas aus. Anstatt
Lametta nahmen wir eine Rolle Klopapier,
die Christbaumkugeln wurden durch Meisenknödel ersetzt und der Stern an der Spitze
war aus Papier. Im Endeffekt sah er richtig
schön aus – eben weihnachtlich.
Geschenke waren ein weiteres Problem.
Wir wollten ja nun mal ein richtiges Weihnachtsfest feiern, da musste es auch Geschenke geben. Nur hatte ich keine Ahnung,
was ich meiner Mutter schenken konnte.
Die anfängliche Panik war schnell niedergekämpft, als ich begriff, dass jeder Mensch in
meiner Situation damit Probleme hätte. Also
zog ich mir kurze Hose und T-Shirt an (denn
es war draußen immer noch so warm) und
ging aus dem Haus. Mein Weg führte mich in
die Innenstadt. Es liefen nicht mehr viele Leute herum, nur um die letzten Besorgungen zu
machen. Ich bummelte ein bißchen an den
Schaufenstern herum, bis mir einfiel, dass ich
gar kein Geld dabeihatte. Klar. Mutter hatte
nicht genug Geld für Taschengeld, und auf
Ferienjobs hatte ich keinen Bock. Also ging
ich wieder nach Hause. Irgendwie musste
dann aber doch ein Zehnmarkschein in meine Finger geraten sein, ich weiß auch nicht
mehr, wie das passiert war. Wahrscheinlich
war meine Hand durch eine ungeschickte Bewegung in Mutters Portemonnaie geraten.
Erneut in der Stadt, suchte ich ein schönes Geschenk für sie aus. Originell sollte es
sein – und vor allen Dingen nicht teurer als
zehn Mark. Der Parfümladen verließ ich mit
einem Herzinfarkt, als ich einen kurzen Blick
auf eines der Preisschilder geworfen hatte.
Im Supermarkt fand ich dann endlich, was
ich gesucht hatte. Es stach mir förmlich in
die Augen, flüsterte mir zu: Kauf mich! Kauf
mich! Und da hatte ich auch schon das Videospiel in der Hand. „The Return of Rambo“
lockte der Titel neben einem Coverbild, das
nur aus Explosionen bestand. Aber ich konnte mich überwinden, da ich sowieso keine
Spielekonsole besaß.
Aber schließlich hatte ich ein Geschenk für
Mutter gefunden: eine neue Haarbürste. Sie
brauchte längst mal eine neue. Kostete 1,99.
Das Restgeld hab ich behalten und bin nach
Hause geschlendert. Hab’s dann noch originell eingepackt in eine Zeitung, die ich aus einem Mülleimer gefischt habe. Als ich dann zu
Hause war, fand ich Mutter im Wohnzimmer
vor. Sie hatte gerade eine Hardrock-Platte
aufgelegt (Weihnachtsmusik besaßen wir
nicht) und schmückte noch ein wenig den
Tannenbaum.
Sie freute sich riesig über das Geschenk,
hatte auch eins für mich: eine Spielekonsole,
ein wenig angeschlagen, aber noch intakt.
Sie hatte das Ding auf dem Flohmarkt zu einem Spottpreis erstanden.
Später sahen wir uns gemeinsam mit unserem uralten Fernseher „Mörderische Weihnacht – der Killer-Weihnachtsmann“ an. Später aßen wir Pizza und Spaghetti. Im großen
und ganzen hatten wir also doch noch etwas
aus diesem Tag gemacht.
Wie der Tannenbaum umfiel, den Fernseher mitriss und die halbe Bude in Brand
steckte, das ist eine andere Geschichte. 
DEBORAH
SIEGER DES KURZGESCHICHTENWETTBEWERBS 2004
TEXT: CHRISTIAN HÖLCH
Nevada
Sonntag
17. August 1958
Außer dem Motorengeräusch eines Wagens war nichts zu hören. Nur ein paar dürre
Sträucher tanzten beinahe lautlos im Spiel
des leichten Sandsturms, der sich still und
unaufhaltsam über den weiten, ausgetrockneten Landstrich bewegte; die Sonne stand
hoch oben und brannte in ihrer vollen Kraft
auf einen weißen Chevrolet herab, der sich
einsam durch jene gottverlassene Gegend
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voranquälte, eine mächtige Staubwolke hinter sich herziehend.
Fest umklammert hielt der Fahrer des Wagens das Lenkrad mit beiden Händen, sichtlich bemüht seine Konzentration aufrecht zu
erhalten. Sein Alter war schwer zu schätzen,
doch durfte er wohl die Fünfzig bereits gut
um ein paar Jahre überschritten haben. Seine glattrasierte Haut, das weiße, wenn nun
auch verschwitzte Hemd und die bereits etwas gelockerte Krawatte wiesen auf ein an
sich gepflegtes und seriöses Äußeres hin und
er schien wahrlich nicht zu den Männern zu
gehören, die sich freiwillig oder aus reiner
Abenteuerlust solchen Belastungen ausgesetzt hätten.
Die glimmende Hitze der Mittagssonne
hatte die Temperatur im Wageninneren
schon seit einiger Zeit unerträglich werden
lassen und weder die herunter gekurbelten
Fenster, noch die einwandfrei funktionierende Lüftung konnten diesem unangenehmen
Umstand Abhilfe schaffen. Dennoch griff er
nur äußerst selten nach einer der vier großen
Wasserflaschen, die er in Decken eingewickelt auf dem Rücksitz verstaut hatte, da er
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offensichtlich weder die Gegend noch das eigentliche Ziel seiner Fahrt kannte. Und auch
sein ständiger, suchender Blick auf die Landkarte, die er neben sich auf dem Beifahrersitz
ausgebreitet hatte, ließ keinen endgültigen
Aufschluss über die Dauer seiner Reise zu.
Nach stundenlanger Fahrt auf freier Ebene
stieg die Straße allmählich an. Erwartungsvoll und ungeduldig fieberte er der Anhöhe
entgegen. Seine Augen waren zu schmalen
Schlitzen zusammengekniffen und wichen
nicht mehr von der Straße ab. Scheinbar die
Handbewegung unbeachtend, lockerte er
seine Krawatte um ein weiteres Stück, wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß
von der Stirn und krempelte seinen linken Ärmel zurück, der zum wiederholten Male nach
unten gerutscht war.
Der Blick über die Weite des Landes war
faszinierend. Alles um sich herum vergessend stieg er aus und setzte sich auf einen
wahrscheinlich schon vor ewigen Zeiten
umgestürzten und nun völlig ausgedörrten
Baumstamm, legte die Karte auf die angehockten Beine und verglich die Gegend jenseits der Anhöhe mit dem Gedruckten im
Maßstab 1: 100.000. Das Gebiet, das sich vor
ihm ausbreitete, war äußerst unübersichtlich, immer wieder mit Waldflächen und felsigen Anhöhen durchsetzt und doch dauerte
es nicht lange, bis er gefunden hatte, wonach er suchte. Entschlossen stieg er in den
Wagen zurück.
Die Straße, die ihn in das vor ihm liegende
Tal hinunter führte, war von anfänglichen
Engstellen abgesehen relativ gut ausgebaut
und problemlos zu befahren. Sichtlich erleichtert und hoffend, dem Ende und dem
Sinn dieser Reise ein Stück näher gekommen
zu sein, nahm er jetzt einen kräftigen Schluck
aus einer der Flaschen.
Augen die Uhr an seinem Handgelenk. Weit
konnte er nicht mehr von dem Punkt entfernt
sein, den er von der Anhöhe aus entdeckt
hatte. Und tatsächlich, als er schließlich endgültig das Waldgebiet hinter sich gebracht
hatte und die freie Ebene wieder einen Blick
über die Weite des Landes ermöglichte, lag
sie vor ihm: Eine alte, scheinbar verlassene,
kleine Stadt, die eigentlich schon nicht mehr
berechtigt gewesen wäre, auf der Landkarte
abgedruckt zu werden. Mit verminderter Geschwindigkeit fuhr er auf das Städtchen zu,
in eine andere Welt längst vergangener Zeiten. Schon aus der Ferne fühlte er sich beim
Anblick der menschenleeren Straßen und der
fahlen, verblichenen Holzverschläge der Häuser um Jahrzehnte zurückversetzt und nicht
einmal mehr die Krawatte, derer er sich gerade entledigt hatte und die sich nun irgendwo
auf dem Rücksitz befand, konnte ihn daran
erinnern, erst tags zuvor den zivilisierten Teil
Nevadas verlassen zu haben.
Langsam rollte der weiße Wagen die breite Straße hinunter, die gewissermaßen die
Hauptstraße des Städtchens bildete und an
deren Seiten links und rechts noch die Geschäfte und Läden zu erkennen waren, die
einst die Durchreisenden zu einem kurzen
Anhalten verlocken sollten. Doch nichts
mehr von dem, was vor Jahren hier angeboten und verkauft wurde, war zu erahnen; die
Fenster der Geschäfte besaßen schon längst
kein Glas mehr, manche Türen standen offen
oder waren ausgehängt und verwiesen nur
umso deutlicher auf die Leere des Inneren.
Wie lange mochte es her sein, dass hier
noch Menschen verkehrten, dass der Lärm
von Straßengeschehen und das Geschrei herumtobender Kinder das Städtchen mit Leben
erfüllten? Niemand konnte ihm diese Frage
beantworten.
Das Landschaftsbild hatte sich nun völlig geändert; die endlose dürre Steppe, die
ihn bisher auf seinem Weg begleitet hatte,
wurde hier jenseits der Anhöhe durch grüne
Bewachsung, dichtes Buschwerk und vereinzelte Waldflächen ersetzt; ein wunderbarer,
fast unvorstellbarer Wechsel der Natur, der
sich innerhalb nur weniger Meilen vollzogen
hatte.
Außer dieser ehemaligen Einkaufstraße
gab es lediglich noch zwei Querstraßen.
Die eine führte zu einer kleinen Schule, den
Wohnhäusern und der Kirche dieses Städtchens, die andere zu einem Postgebäude, einem Wirtshaus und einer Werkstätte, vor der
nur noch die hohle Karosserie eines Wagens
stand, die sich nahtlos in das ausgestorbene
Städtebild einfügte.
Nach und nach nahm das Gefälle ab und
schon bald hatte der weiße Chevrolet die
Bergstraße überwunden. Als kleiner, unauffälliger Punkt tauchte der Wagen in das breite,
undurchdringbar scheinende Meer von Wäldern ein. Von Minute zu Minute und mit jeder
Meile, die er tiefer in das Tal hinein eindrang,
wurde er zusehends unruhiger. Unaufhörlich
trommelten seine Finger am Lenkrad auf und
nieder und immer häufiger suchten seine
Am Ende der Straße, also gleichermaßen
am Ende des Städtchens, befand sich ein
Motel, das er erst entdeckte, als er unmit-
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Ohne in die ein oder andere Querstraße einzubiegen, fuhr er die Straße weiter hinunter,
immer wieder an ausgeräumten und zerfallenen Läden vorbei, ab und zu aufgeschreckt
durch das vom Wind verursachte Klappern
und Knallen eines schlagenden Fensters oder
einer zufallenden Tür.
telbar davor stand. Er war schon kurz zuvor
aus dem Wagen ausgestiegen und hatte den
Rest der Straße zu Fuß durchwandert. Eine
weiße, teilweise abgeblätterte Schrift wies
darauf hin, dass es sich tatsächlich um ein
Motel handelte. Er blieb einige Minuten vor
dem alten, zweistöckigen Gebäude stehen,
musterte es eindringlich und bemerkte, dass
zumindest die Fassade zur Straße hin einen
einigermaßen gepflegten Eindruck machte
und an manchen Fenstern im oberen Stockwerk sogar Vorhänge angebracht waren.
Erwartungsvoll und hoffend, vielleicht hier
einen Hinweis in seiner Angelegenheit zu finden, trat er ein.
Seine Augen brauchten eine gewisse Zeit,
um sich auf die veränderten Lichtverhältnisse
des Raumes einzustellen; dann aber erschloss
er in einem einzigen Rundblick das gesamte
Innere des Parterres und war wie vom Blitz
getroffen, als er in einem großen Ledersessel
einen kleinen, alten, weißhaarigen Mann entdeckte, der, sichtlich erschrocken über das
plötzliche Erscheinen des Fremden, ebenso
wie er kein Wort über die Lippen brachte. Sie
starrten sich für einige Sekunden an und erst
das Klicken der ins Schloss zurückfallenden
Türe brach die Stille und ließ die beiden Männer wieder zu sich kommen.
„Ich nehme wohl an, Sie möchten ein Zimmer“, wisperte der Alte kaum hörbar, dennoch sichtlich bemüht nicht unfreundlich
oder gleichgültig zu wirken. Seine Augen funkelten und noch immer war seine kleine, gebrechliche Gestalt in dem schweren, braunen
Ledersessel versunken. Er mochte nicht sehr
an Besuch gewöhnt sein, zu gebannt schien
er die Antwort des Fremden zu erwarten.
„Deshalb bin ich hier“, erwiderte dieser
und erlöste den kleinen, alten Motelbesitzer
aus seiner Spannung. Der Alte richtete sich
auf und verließ mit einem leisen Stöhnen der
Anstrengung den Sessel, schlurfte in kurzen,
knappen Schritten auf den noch immer im
Eingangsteil des Raumes stehenden Fremden zu und verkündete mit etwas angehobenen Augenbrauen und einem freundlichen
Grinsen: „Sie haben Glück, Sir, ich habe zur
Zeit alle Zimmer frei.“
Es musste sich einmal um ein gut geführtes
und ansehnliches Motel gehandelt haben,
denn noch mehr als die Fassade konnte sich
das Innere des Gebäudes sehen lassen. Der
Raum, in dem sich die beiden Männer erneut
wortlos gegenüber standen, war angenehm
hoch, geschmackvoll eingerichtet und ließ
sich durchaus mit dem Empfangssalon eines
Hotels vergleichen. An den Wänden hingen
schöne Gemälde und große Spiegel mit wertvollen Rahmen; der Fußboden war größtenSeite 90
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teils mit Teppichen belegt und die Möbel, auf
die sich bereits eine unübersehbare Staubschicht abgesetzt hatte, wiesen einen einheitlichen, auserwählten Stil auf.
nun auch ohne sein Zutun an der richtigen
Stelle offen blieb. Er bückte sich erneut und
brachte eine Schachtel mit Federhaltern und
ein kleines Tintenfass zum Vorschein.
Schritt für Schritt schleppte sich der Alte
hinter die Rezeption, die sich auf der linken
Seite des Raumes befand; sie war durch ein
Podest etwas erhöht und bestand aus einer
wuchtigen Theke und einer offenen Schrankwand, in der die Postfächer und Schlüsselhaken angebracht waren.
„Sie haben sich noch nicht vorgestellt,
Sir!“, kam es plötzlich etwas vorwurfsvoll
hinter der Theke hervor.
Der Alte bückte sich. Er zog ein dickes,
braunes Buch aus einem der unteren Schubläden hervor und legte es vor sich ab. Dann
begann er still und andächtig wie in einem
Gebetbuch darin zu blättern.
Gleich anschließend an die Rezeption erhob sich eine schmale Holztreppe, die in das
Obergeschoß führte, genauer gesagt auf
eine Galerie, die sich quer über die gesamte
Rückwand des Raumes erstreckte, und von
der aus man die jeweiligen Gästezimmer betrat. Unterhalb der Galerie standen nur ein
paar Tische und Stühle, die für die Gäste des
Motels bestimmt waren und wahrscheinlich schon seit einiger Zeit nicht mehr ihren
Zweck erfüllten. Die rechte hintere Ecke des
Raumes zierte ein altes, sicherlich längst verstimmtes Piano, das unweigerlich an durchtanzte und durchsungene Nächte erinnerte.
Und hingen auch manche der bereits vergilbten Tasten etwas traurig nach unten, schien
man gerade noch das Verklingen des letzten
Stückes hören zu können.
„Ah, hier ist es ja“, machte sich der Alte
wieder bemerkbar und drückte seine beiden
kleinen, faltigen Handballen auf die gerade
aufgeschlagene Buchseite. „Den siebzehnten August haben wir, nicht wahr?“, fuhr er
fort. „Sie müssen schon entschuldigen, aber
man verliert leicht das Zeitgefühl in dieser
Einsamkeit hier.“
„Wie lange hatten Sie denn schon keinen
Gast mehr?“, wollte der Fremde mit einem
gewissen Ausdruck an Anteilnahme erfragen.
„Das werden jetzt wohl schon vier Wochen
sein.“
„Vier Wochen?“, etwas überrascht blickte
er dem Alten prüfend in die Augen, „vier Wochen, das ist eine lange Zeit.“
„Ja, ja, manchmal denke ich, verrückt zu
werden hier draußen, so selten kommt jemand vorbei. Abgesehen von einem Händler,
der mich alle vierzehn Tage mit Lebensmitteln versorgt.“
Der Alte löste den Druck seiner Hände und
stellte zufrieden fest, dass das dicke Buch
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„Oh, natürlich! Mein Name ist Barrington,
Howard Barrington.“
Genüsslich tauchte der Alte den Federhalter in das Fass, streifte beim Herausziehen
die überschüssige Tinte am Rand des Glases
ab und setzte mit der Handbewegung eines
Künstlers links oben auf der noch unberührten Seite zum Schreiben an. Behutsam und
mit dem Ziel, das weiße Blatt nicht mit einem
Klecks zu ruinieren, trug er den Namen seines Gastes in die Spalte des siebzehnten Augusts ein. „Barrington, wie lange werden Sie
bleiben?“
„Ich weiß es nicht, voraussichtlich eine
Nacht.“
Der Alte blickte von seinem Anmeldebuch
empor: „Nun gut, lassen wir den Abreisetag
offen.“ Er hob das Buch an und blies das
frisch Geschriebene in mehreren ausgedehnten Zügen trocken, so dass seine faltigen und
eingefallenen Backen wenigstens für kurze
Augenblicke die Form kleiner, praller Kugeln annahmen. Dann wischte er zufrieden
mit dem Handrücken über die Seite, zog die
dünne Einmerkkordel straff nach unten und
schloss das schwere, in Leder gebundene
Buch.
Darauf wandte er sich um, griff nach einem
Schlüssel und hielt ihn seinem Gast entgegen: „Zimmer Nummer 2, die zweite Tür links
oben.“ Dann sah er ihn von oben bis unten
abschätzend an und meinte: „Und Barrington, wenn Sie sich waschen wollen, müssen
Sie sich selbst Wasser von draußen holen, dafür bin ich nicht zuständig.“
Es begann schon leicht zu dämmern und
die beiden zweiteiligen Fenster, die sich auf
der Vorderseite des Gebäudes zur Straße hin
befanden, spendeten nicht mehr genügend
Licht, so dass der Alte gezwungen war zusätzlich eine der Öllampen auf den Tischen
unter der Galerie zu entzünden.
Barrington hatte seinen Wagen vor das
Motel gefahren und das Gepäck ausgeladen. Er blickte noch einmal die leere Straße
hinauf und genoss für ein paar Minuten die
letzten Strahlen der untergehenden Sonne.
Dann packte er seine Sachen und kehrte ins
Motel zurück. Der Alte saß bereits wieder in
seinem Lehnstuhl und beobachtete ihn, wie
er die schmale Holztreppe emporstieg. Nach
einigen Stufen blieb Barrington kurz stehen:
„Entschuldigen Sie, Sir, auch Sie haben sich
noch nicht vorgestellt!“ Erwartungsvoll starrte Barrington nach unten.
„Mein Name ist Finchley“, entgegnete der
Alte, murmelte noch ein paar unverständliche
Worte und blickte seinem Gast weiter nach,
bis dieser in seinem Zimmer verschwunden
war.
Barrington setzte sich auf das Bett. Er fühlte sich schwach und ausgelaugt. Etwas mißmutig sah er sich um. Als erstes fiel ihm ein
kleiner, runder Toilettentisch ins Auge, mit
einem weißen Deckchen und einer ovalen,
leeren Schüssel darauf, die als Waschbecken
gedacht war. Doch so einladend das Tischchen mit der Schüssel auch aussah, nichts um
alles in der Welt hätte ihn jetzt dazu bringen
können, nach draußen zu gehen und Wasser zu holen. Er war schlichtweg zu müde.
Ohne auch nur den geringsten Versuch zu
unternehmen, wenigstens die Schuhe auszuziehen, ließ er sich auf das breite, weiche
Bett zurückfallen und starrte regungslos
auf irgendeinen Punkt der Zimmerdecke. So
blieb er liegen und rührte sich nicht mehr. Lediglich sein Brustkorb ging in regelmäßigen
Abständen auf und nieder und unterschied
so seinen Körper von dem eines Toten. Minuten verstrichen bis er sich aus seinem tranceähnlichen Zustand löste und sich wieder
aufrichtete.
Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen
und atmete einmal tief durch, als wollte er
mit einem Male die Schlaffheit seines Körpers
von sich schütteln. Dann hob er seinen Kopf.
Sein Blick endete im Spiegel über dem Toilettentischchen und er sah sich einem Gesicht
gegenüber, das nicht mehr das des Howard
Barrington war. Wie verwandelt verspürte er
nun das Bedürfnis nach Wasser, er verspürte die Lust, sich den Sand und den klebrigen
Schweiß der letzten Stunden vom Körper zu
waschen und er verspürte eine Kraft in sich
aufsteigen, die ihn daran erinnerte, in seinem
Vorhaben weitergehen zu müssen. Jede weitere Sekunde auf dem Bett schien ihm jetzt
ein nicht wiedergutzumachendes Versäumnis und er eilte nach draußen.
Die Sonne war bereits hinter den Bergen
verschwunden und nur der schwache Lichtschein der beiden Fenster des Parterres fiel
auf den Vorplatz des Motels und den Brunnen, über den sich Barrington gebeugt hatte.
Das Wasser, das er aus der Tiefe gepumpt
hatte, war bedeutend kälter als er erwartet
hatte. Mit einem lauten Prusten tauchte er
seinen Kopf in das dunkle Nass und befreite
sich von der Müdigkeit und der Erschöpfung,
die ihn seit seiner Ankunft in diesem StädtSeite 91
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Deborah
chen gequält hatten.
Als Barrington nach einiger Zeit wieder ins
Innere trat, saß Finchley noch immer in seinem Lehnstuhl und starrte ihn an, als hätte er
noch nie einen Mann mit entblößtem Oberkörper gesehen. Barrington stand vor ihm,
das Handtuch um den Hals geschlungen, in
der einen Hand seine schmutzigen Kleider, in
der anderen ein Stück Seife, deren Tropfen
ungeachtet auf den dunkelroten Teppichboden fielen.
Zum zweiten Mal bereits befanden sich
nun die beiden Männer in einer derartigen
Situation, dass keiner von ihnen ein Wort herausbrachte. Die erdrückende Stille bereitete
Barrington ein unerträgliches Gefühl und waren es auch nur wenige Sekunden, er konnte
dem Blick des Alten nicht länger standhalten;
er sah auf die noch immer tropfende Seife
in seiner rechten Hand herab, hielt sie dann
etwas verlegen über seine Kleidungsstücke
und ließ den Alten in seiner Stille zurück.
Barrington hatte sich auf das Bett gesetzt;
die gerade erlebte Szene ging ihm nicht mehr
aus dem Kopf. Was hatte er denn von diesem
alten, gebrechlichen Mann zu befürchten?
Aufgewühlt und verärgert über sich selbst
stand er auf und lief ziellos im Zimmer auf
und ab. Er versuchte nicht mehr an den Alten
zu denken, zu stark aber hatte sich dessen
Gesicht mit den weißen, fedrigen Haaren in
seinem Gedächtnis festgesetzt. Wo er auch
hinblickte, überall begegneten ihm die farblosen, wässrigen Augen, die ihn unaufhörlich
anstarrten.
Er brauchte einige Zeit bis er wieder zu sich
gefunden hatte und sich setzte. Er zog eine
seiner Taschen zu sich heran und holte ein
Foto heraus, das er lange und ruhig betrachtete. Es zeigte Barrington zusammen mit einer schönen, jungen Frau, mit hochgesteckten Haaren, die ihn mit einem strahlenden
Lächeln umarmte. Verträumt und tief, versunken in einer anderen Welt, nahm er jede
Einzelheit der Photographie in sich auf und
erlebte noch einmal das Glücksgefühl jenes
festgehaltenen Momentes. Seine Gesichtszüge hellten sich auf und ein Lächeln überflog nun auch seine Lippen. Das Foto hatte
ihn den Alten vergessen lassen.
Barrington wusste, dass keine weitere Zeit
mehr zu verlieren war. Entschlossen stand er
auf und ging zur Türe. Geräuschlos öffnete er
sie einen Spalt, gerade soweit, dass der braune, schwere Lehnstuhl ins Blickfeld fiel. Der
Alte saß noch immer darin. Doch er schien
eingeschlafen zu sein, sein Kopf war etwas
schräg zur Seite gefallen und sein rechter
Arm hing leblos über der Armlehne. Vorsichtig drückte Barrington die Türe wieder zu
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und drehte, obwohl er sich für die nächsten
Minuten sicher fühlen konnte, den Schlüssel
einmal im Schloss herum.
Ungestört konnte er nun sein Vorhaben
ausführen. Er durchsuchte sämtliche Schubläden, Ablagen und Fächer, den Kleiderschrank und sogar das Bett, er rutschte auf
den Knien durch das Zimmer und tastete den
Teppich ab. Doch nichts erschien ihm irgendwie auffällig oder ungewöhnlich. Er hatte mit
Sicherheit alles in diesem Raum verschoben
und verrückt, hochgehoben und wieder an
seinen Platz gestellt vergebens. Keine Spuren, keine Hinweise, keine Antwort auf seine
Fragen.
Er beendete seine erfolglose Suche und
ließ sich auf einem Stuhl vor dem Fenster
nieder. Er blickte nach draußen, als wollte er
in der Unendlichkeit der Finsternis die Antwort auf seine Fragen suchen. Es war eine
graue, verschleierte Nacht und nicht einmal
der Mond konnte die dichte Wolkendecke
durchbrechen. Barrington kam sich hilflos
und verlassen vor und doch war er fest entschlossen, sich noch in dieser Nacht auch in
den anderen Zimmern umzusehen.
Plötzlich ertönte die Stimme des Alten und
riss ihn aus seinen Überlegungen. „Barrington, hören Sie, es ist schon spät! Wollen Sie
denn nichts mehr essen?“
Barrington folgte Finchleys Aufforderung
ohne zu zögern, zum einen, weil er vorerst
nichts mehr unternehmen konnte, zum anderen, weil er wusste, dass sein Hunger, den er
bereits mehrere Male verdrängt hatte, schon
bald wieder zurückkehren würde.
Als er nach unten kam, war einer der Tische
unter der Galerie gedeckt. Der Alte erwartete
ihn und verwies mit einer einladenden Handbewegung auf den Platz neben ihm.
„Es ist gleich soweit“, verkündete er, blickte Barrington für den Bruchteil einer Sekunde in die Augen und verstummte wieder.
Barrington sah den Alten an. Zusammengekauert und regungslos saß er da und starrte
vor sich hin. Hatte er durch die ständige Einsamkeit die Gesprächigkeit verloren?
Auf irgendeine Weise glaubte Barrington
Mitleid mit ihm zu haben, auf eine andere
Weise aber fühlte er sich in seiner Gegenwart
unwohl und er sehnte sich schon jetzt nach
dem Augenblick, diesen Ort wieder verlassen
zu können.
Finchley war gerade aufgestanden und
durch eine Türe verschwunden, die Barrington zuvor gar nicht bemerkt hatte. Es war
ihm auch nicht möglich gewesen zu erkennen, wohin sie führte, zu schnell hatte sie
der Alte hinter sich zugezogen. Mit größter
Wahrscheinlichkeit aber gelangte man durch
sie zur Küche und zum übrigen Wohnbereich
des Motels. Und tatsächlich, als Finchley wieder in das Zimmer zurückkam, hielt er eine
brutzelnde Pfanne in der Hand, die er in der
Mitte des Tisches absetzte. Er hatte Speck
und Bohnen zubereitet und schon nach wenigen Minuten hatte der gesamte untere
Raum den würzigen Duft von scharf Gebratenem angenommen.
„Haben Sie eigentlich noch nie daran gedacht, von hier wegzugehen?“ Barrington
unternahm einen neuen Versuch mit Finchley
ins Gespräch zu kommen, während er darauf
wartete, dass das Essen auf seinem Teller ein
wenig abkühlte.
„Sehen Sie“, erwiderte der Alte und legte
seine Gabel wieder nieder, „ich habe niemanden, der sich um mich kümmern würde und
ich selbst bin schon zu alt, um irgendwo anders ein neues Leben anfangen zu können.
Da bleibe ich lieber hier in meiner gewohnten Umgebung. Wenn man so will,“ fügte er
nach einer kleinen Denkpause etwas ironisch
hinzu, „habe ich hier sogar meine eigene
Stadt.“ Dann schob er hastig die Gabel in den
Mund und schloss jeden weiteren Fortgang
der Unterhaltung aus, indem er den Teller zu
sich auf den Schoß nahm und seinen Oberkörper leicht zur Seite wegdrehte.
Nach dem Essen zog sich jeder für sich zurück. Es war spät geworden und Barrington
musste nicht lange warten, bis im Parterre
alle Lichter ausgelöscht waren und er davon
ausgehen konnte, dass der Alte zu Bett gegangen war. Ausgerüstet mit einer Taschenlampe verließ er still und leise sein Zimmer
und trat auf die Galerie. Von unten war kein
Geräusch zu hören und Barrington schlich
vorsichtig auf die Türe mit der goldenen
„Eins“ zu.
Er war nur noch wenige Schritte von seinem Ziel entfernt, als er plötzlich von einem
Knarren und Stöhnen aufgeschreckt wurde.
Blitzartig drückte er sich gegen die Wand und
löschte die Lampe. Für kurze Zeit vermied er
es sogar zu atmen und nur sein Herzschlag
schien ihm unerträglich laut die zurückgekehrte Stille zu durchbrechen. So verharrte
er einige Sekunden lang, bis er schließlich
seine Taschenlampe wieder anknipste und
nach unten leuchtete. Und erneut schreckte
er zurück: Der Alte saß in seinem Lehnstuhl,
schlafend, eingewickelt in einer Decke und
die Beine auf einen Schemel gelegt.
Barrington konnte nicht glauben, was er
gerade gesehen hatte, doch er hatte sich
nicht getäuscht: Finchley schlief tatsächlich
tief und fest in seinem geliebten Sessel.
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Ohne auch nur ein Auge von dem Alten abzulassen, tastete sich Barrington Zentimeter
für Zentimeter der Wand entlang weiter voran und kam letztendlich bis vor die Türe.
Eisig kalt spürte er den Türknopf in seiner
heißen und vor Aufregung feuchten Hand.
Langsam drehte er ihn herum. Es war nicht
verschlossen. Barrington trat ein und erst
als er die Türe hinter sich zugemacht hatte,
fühlte er sich wieder in Sicherheit. Dann sah
er sich um.
Wie er erwartet hatte, fand er die exakt
gleiche Einrichtung vor, wie zuvor in seinem
Zimmer und so fiel es ihm nicht schwer, sich
trotz des spärlichen Lichtscheins seiner Lampe zurechtzufinden.
Überlegt und systematisch begann er jeden
Winkel und jede Ecke des Raumes zu durchsuchen und folgte aufmerksam dem Lichtstrahl seiner Taschenlampe. Plötzlich stockte
er: Zu seiner Verwunderung war die Waschschüssel, die sich ähnlich wie in seinem Zimmer auf einem Beistelltischchen befand, fast
bis oben hin aufgefüllt. Das Wasser war klar
und ungetrübt, ganz offensichtlich bereitgestellt, aber nicht benutzt worden. Eine Reihe
von Gedanken schoss Barrington in Sekundenschnelle durch den Kopf. War das Wasser in der Schüssel für einen Gast bestimmt
gewesen, der noch vor kurzem in diesem
Hotel Halt gemacht hatte? Warum aber hätte
ihm das der Alte verschwiegen? Barrington
ging einen Schritt auf das Tischchen zu. Eindringlich betrachtete er die Waschschüssel
aus nächster Nähe und entdeckte auf ihrer
Innenseite knapp über der Wasseroberfläche
einen etwa zwei bis drei Millimeter hohen,
trüben Rand, Verdunstungsrückstände, die
sich durch die Hitze gebildet hatten. Damit
konnte er zwar keineswegs bestimmen, wie
lange sich das Wasser bereits in der Schüssel befand, doch glaubte er zu wissen, dass
gerade bei den hohen Temperaturen dieser
Gegend nicht mehr als ein, zwei Tage vergangen sein konnten, um das Wasser nur
derart gering verdunsten zu lassen. Eine
Überlegung, die durchaus in seine zeitlichen
Berechungen passte, ihm aber noch nicht die
endgültige Sicherheit gab, auf dem richtigen
Weg zu sein.
Dann wandte er sich wieder dem Toilettentischchen zu. Feinfühlig tastete er es rund
um die Schüssel ab und spürte plötzlich einen kleinen harten Gegenstand, der unter
das Deckchen gerutscht war. Aufgeregt zog
er ihn hervor. Es war eine Haarspange. Barrington sah sie sich genau an und war sich
fast sicher: Es musste eine von Deborahs
Haarspangen sein. Er konnte sich nicht täuschen, zu oft hatte er seiner Frau zugesehen
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und geholfen, wenn sie ihre langen Haare
hochgesteckt hatte. Sie musste also hier gewesen sein.
Fest eingeschlossen in der Hand hielt Barrington die Spange eng an seine Brust gepresst und dachte noch einmal an jenen Tag
zurück, an dem er Deborah zum letzten Mal
gesehen hatte.
Es war ein ganz normaler Freitag Morgen
gewesen, ein verregneter, trüber Morgen,
der sich wie ein farbloser Schleier über Carson City ausgebreitet hatte. Erst am späten
Vormittag waren die Wolken der Sonne gewichen und hatten den Tag etwas heller werden lassen.
Als Barrington aus dem Haus ging, spiegelten sich bereits die ersten grellen Sonnenstrahlen in den nassen Straßen und brachten
sie zum Dampfen. Eine erdrückend schwüle
Feuchtigkeit stieg vom Asphalt empor und
erfüllte die Morgenluft mit einer Schwere,
die auch ein wenig in Barringtons Gesichtsausdruck zu erkennen war.
Gewohnheitsgemäß steuerte er auf seinen
Wagen zu und wandte sich noch einmal um,
als spürte er ihren liebevollen Blick. Deborah
stand am Fenster, noch immer eingehüllt in
ihren Morgenmantel, und sah zu ihm herab.
Ein kurzes Lächeln grüßte ihn ein letztes Mal,
dann ließ sie den Vorhang zufallen und verschwand vom Fenster.
Als Barrington am Abend nach Hause kam,
fand er die Wohnung leer vor. Obwohl er sich
ihre Abwesenheit nicht in geringster Weise
erklären konnte, machte er sich zunächst
keine weiteren Gedanken. Erst später, als sie
auch im Laufe des Abends nicht wieder aufgetaucht war und er weder einen Anruf noch
irgendeine andere Nachricht von ihr erhalten
hatte, wurde er besorgt und entschloss sich,
die Polizei zu verständigen.
Er hatte bereits den Hörer abgenommen
und die erste Nummer gewählt, als er auf einen weißen Briefumschlag aufmerksam wurde, der neben dem Telefon auf dem Schreibtisch lag und der seinen Namen trug. Es war
Deborahs Handschrift. Hastig riss er den Umschlag auf und überflog ihre Zeilen.
Es war ein kurzer, gefühlloser Abschiedsbrief, in dem sie ihm ohne der Spur einer Erklärung Lebewohl gesagt hatte.
Immer wieder las Barrington ihren Brief,
Zeile für Zeile, Wort für Wort, aber er konnte
und wollte nicht glauben, was darin geschrieben stand und ebenso wenig, dass Deborah
ihn verlassen hatte. Was war bloß geschehen?
Verzweifelt versuchte Barrington noch in
der selben Nacht etwas über ihr Verschwinden herauszufinden. Doch an wen er sich
auch wandte, mit wem er auch sprach, all seine Fragen und Nachforschungen riefen nur
Unverständnis und Verwunderung hervor.
Fast die ganze Nacht verbrachte Barrington
damit, das Haus auf den Kopf zu stellen und
es dauerte bis in den frühen Morgen hinein,
bis er endlich einen Schritt weiterkam: Als er
zum wiederholten Male ihr Arbeitszimmer
durchsuchte, stieß er auf einen kleinen, zerknüllten Zettel, der offensichtlich den Papierkorb verfehlt hatte und neben dem Schreibtisch am Boden lag. Barrington hob ihn auf
und zog ihn vorsichtig an seinen Enden auseinander. Es war eine aus einem Terminkalender herausgerissene Seite, auf der eine Reihe
von Telefonnummern geschrieben stand.
Barrington kannte keine der Nummern und
so sehr er auch nachdachte, es gelang ihm
nicht, irgendwelche Namen oder Personen
damit in Verbindung zu bringen. Seinen gesamten Bekanntenkreis konnte er mit Sicherheit ausschließen, ebenso seine wichtigsten
Geschäftspartner, deren Nummern er alle
auswendig kannte. Zu wem also konnten sie
gehören?
Er setzte sich ans Telefon und überprüfte
ohne Rücksicht auf die nächtliche Stunde
jede einzelne der aufgeführten Nummern
und sah sich am Ende seiner Telefonate einer
neuen Liste mit Namen gegenüber.
Es hatte sich ausschließlich um die Telefonnummern von Motels gehandelt, deren
Adressen er sich während der Gespräche
notiert hatte. Auch diese neue Erkenntnis ergab für ihn noch keinen Sinn und erst als er
wenig später dann sämtliche Motels auf eine
Straßenkarte übertrug, kam Klarheit in diese
undurchsichtige Angelegenheit. Die dadurch
erhaltenen Punkte ergaben eine Linie, ein geschlossenes und aufschlussreiches Bild: die
Motels befanden sich entlang der östlichen
Ausfallstraße und reichten bis weit hinein in
den nächsten Bundesstaat. Barrington war
fest davon überzeugt, dass sie von Deborah
als mögliche Zwischenstationen herausgesucht worden waren und ihm somit als die
perfekte Kopie ihrer Route dienen konnten.
Dann zwang er sich noch, ein paar Stunden
zu schlafen, um sich dann tags darauf auf
den Weg zu machen und den Wettlauf mit
der Zeit aufzunehmen.
Und nun, als er eigentlich schon nicht mehr
damit gerechnet hatte, hielt er den Beweis in
der Hand, dass er der richtigen Spur gefolgt
war.
Dennoch wusste er nicht viel mit seinem
Wissen anzufangen, zu wenig hatte er bisher
über Deborahs Aufenthalt herausgefunden.
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Deborah
Und da waren schließlich noch zwei Fragen,
auf die er keine Antwort wusste: War Deborah allein unterwegs oder in Begleitung?
Und warum hatte der Alte bloß verschwiegen, dass er noch vor kurzem einen Gast gehabt hatte?
Völlig aufgelöst verweilte Barrington noch
mehrere Minuten im Zimmer, bevor er sich
unbemerkt auf den Rückweg machte. Er
nahm sofort einige Schlaftabletten und legte sich, angezogen wie er war, auf das Bett.
Vollkommen ungeordnet und durcheinander
prasselten die Eindrücke des Tages auf ihn
ein und es verging eine Unendlichkeit, bis die
Tabletten ihre Wirkung zeigten.
Montag
18. August 1958
Barrington wachte früh morgens auf. Sein
Körper war durchgeschwitzt und kraftlos
und er zog es vor, liegen zu bleiben. Völlig
erschöpft von seinem unruhigen Schlaf, gelang es ihm nur mühevoll, wieder zu sich zu
kommen. Er überdachte noch einmal all die
Dinge, die ihm in der letzten Nacht durch den
Kopf gegangen waren. Unwillkürlich griff seine Hand dabei nach der Haarspange, die er
neben sich auf dem Nachtkästchen abgelegt
hatte. Lange Zeit sah er sie an, als wollte er
sich vergewissern, die Ereignisse der letzten
Nacht nicht etwa nur geträumt zu haben.
Als die ersten Sonnenstrahlen durch das
Fenster in sein Zimmer fielen, war er bereits
aufgestanden und nach draußen gegangen.
Er wollte sich in der näheren Umgebung umsehen, vor allem aber nicht die ganze Zeit mit
dem Alten im Motel verbringen.
Erst gegen Mittag kam er wieder zurück
und fand zu seiner Überraschung den großen unteren Raum leer vor. Von Finchley war
nichts zu sehen und zu hören und er musste
annehmen, alleine zu sein. Intuitiv drehte er
sich nach links. Sein Blick traf dabei auf die
Rezeption. Wie hypnotisiert ging er darauf
zu: Das Anmeldebuch, jenes dicke, braune
Buch, in das der Alte tags zuvor seine Ankunft
und seinen Namen eingetragen hatte, musste sich noch immer in einer der Schubläden
befinden und war vielleicht die einzige Möglichkeit, weitere Aufschlüsse über Ankunft
und Abreise seiner Frau zu erhalten. Er war
gerade im Begriff, hinter die Theke zu treten,
als sich von draußen Schritte näherten. Barrington machte sofort kehrt und wandte sich
der Treppe zu. Er hatte noch nicht einmal die
erste Stufe erreicht, da öffnete sich die Türe.
„Ein herrlicher Tag, nicht wahr, Barrington?“ Mit einem teuflischen Grinsen stand
der Alte im Lichtschein der Tür und wartete
auf dessen Antwort. „Sie haben Recht, Sir,
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ein wunderbarer Tag“, erwiderte Barrington
etwas betreten und fühlte, dass der Alte seine Verlegenheit bemerkt hatte.
„Sind Sie sich immer noch sicher, heute
schon abreisen zu wollen, oder bleiben Sie?“
Barrington schwieg einen Augenblick und
zog die Schultern hoch, um möglichst unentschlossen zu wirken. “Warum eigentlich
nicht, ich bleibe noch eine Weile“, antwortete er dann in gleichgültigem Tonfall, hatte aber in Wirklichkeit nur das eine Ziel, die
nächste Gelegenheit abzuwarten, um sich
dann ungestörten Zugang zur Rezeption und
zum Anmeldebuch zu verschaffen.
Den ganzen Nachmittag verbrachte Barrington im Freien. Er lief bis zu einem etwas
außerhalb gelegenen Hügel und ließ dort
oben Stunde um Stunde vergehen.
Wie angewurzelt saß er da und starrte auf
das Städtchen nieder, eingehüllt in seine Gedanken und gefesselt von der Spannung, die
sich seit der letzten Nacht in ihm aufgestaut
hatte. Für keinen Augenblick ließ er die leeren Straßen und die Umgebung um das Motel außer Acht, doch der Alte ließ sich nicht
blicken und auch sonst regte und rührte sich
nichts in dem kleinen Städtchen.
Erst als es zu dämmern begann machte
sich Barrington wieder an den Abstieg. Die
untergehende Sonne hatte das Städtchen in
ein warmes, friedliches Licht getaucht und
selbst die ausgestorbenen Straßen strahlten
einen Hauch von Leben aus. Barrington kam
gerade noch rechtzeitig vor Dunkelheit ins
Motel zurück. Ähnlich wie am Vortag verlief
der Abend ohne größere Unterhaltung und
Barrington gab vor, frühzeitig zu Bett gehen
zu wollen.
Ungeduldig und hellwach hingegen, saß er
wenig später in seinem Zimmer und wartete
darauf, dass auch der Alte sich zurückziehen
würde. Und endlich, kurz vor Mitternacht,
hörte er wie der Alte die Eingangstüre des
Motels abschloss und in seinen Wohnbereich
ging. Barrington stand auf und stellte sich
dicht vor die Türe. Angespannt verfolgte er
die Geräusche aus dem Parterre. Nach einer
Weile hörte er den Alten wieder zurückkommen und sich in seinen Lehnstuhl setzen. Barrington verharrte noch einige Minuten, und
als kein Laut mehr von unten zu vernehmen
war, verließ er leise sein Zimmer. Still und
unbemerkt erreichte Barrington die schmale Holztreppe und er wusste, dass nun der
schwierigste Teil noch vor ihm lag; er zögerte
einen Moment lang und leuchtete mit seiner
Taschenlampe nach unten. Der Alte schien
tief und fest zu schlafen; eingewickelt in seine Decke, gleichmäßig und ruhig atmend.
Vorsichtig ließ Barrington seinen rechten
Fuß auf die erste Stufe nieder und testete erst
mit leichtem Druck deren Festigkeit sie gab
kein Geräusch von sich. Behutsam verlagerte er nun allmählich mehr und mehr Gewicht
seines Körpers auf sein Bein, abgesichert
und abgestützt durch den festen Griff seiner
Hände am Geländer. Immer wieder stoppte
er für kurze Augenblicke ab, hielt einige Sekunden still und ging dann mit dem anderen
Bein nach; Stufe für Stufe wiederholte sich
der gleiche Bewegungsablauf. Es vergingen
unzählige Minuten bis Barrington die Treppe
überwunden hatte und endlich vor der Rezeption stand. Barrington kniete sich nieder
und blickte hinüber zu dem Alten, der seinen
nächtlichen Besucher offenbar nicht bemerkt
hatte. Regungslos lehnte er schräg in seinem
Sessel. Dann drehte sich Barrington wieder
zurück. Seine größte Aufmerksamkeit hatte
sofort die unterste Schublade, die einzige
Schublade, in der ein Schlüssel steckte. Mit
viel Gefühl drehte er ihn einmal herum, stets
mit dem beunruhigenden Gefühl im Nacken,
Finchley könnte jeden Moment aufwachen.
Ein kurzes Klicken war alles, was zu hören
war. Barrington atmete tief durch. Vorsichtig
zog er die Schublade etwas auf; bereits ein
handbreiter Spalt genügte, um zu erkennen,
dass sich das Anmeldebuch darin befand.
Aufgeregt griff er nach dem Buch und legte
es vor sich auf den Boden. Die dünne Einmerkkordel schaute am unteren Rand hervor
und ließ ihn das Buch auf der Seite des 17.
Augusts aufschlagen, dem Tag, an dem er in
diesem Motel angekommen war. Er blätterte
zurück. Und tatsächlich entdeckte er bereits
auf der nächsten Seite den Eintrag, nach dem
er gesucht hatte: „Ankunft: Deborah Meyers“.
Sie hatte sich mit ihrem Mädchennamen
einschreiben lassen und war auch offensichtlich alleine gewesen, da kein weiterer Name
notiert war. Barrington sah auf das Datum
des Tages: Es war der 15. August. Sie war
also 2 Tage vor ihm hier angekommen. Doch
wann war sie wieder abgereist? Verwundert
stellte er fest, dass Deborahs Name lediglich
am 15. August eingetragen worden war, am
Tag ihrer Ankunft. Warum aber war ihr Abreisetag nicht vermerkt worden?
Dienstag
19. August 1958
Barrington quälte sich aus dem Bett. Die
absolute Stille und die Tabletten der letzten
Nacht hatten ihn lange schlafen lassen. Seine Arme und Beine waren schwer wie Blei
und sein Kopf schien ihm nicht zu gehören.
Es dauerte eine Weile, bis er im Stande war,
nach unten zu gehen.
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Deborah
„Finchley!“, Barrington polterte ungehalten die Treppe herunter. „Finchley, wo zum
Teufel sind Sie?“
„Hören Sie doch auf so zu brüllen, Barrington!“, wisperte der Alte von draußen kommend.
„Finchley, was ist mit meiner Frau passiert?
Verdammt, wo ist sie?“
Der Alte schloss die Türe hinter sich. „Ihre
Frau? Barrington, was reden Sie da? Sie sind
ja ganz durcheinander.“
„Ich bin nicht durcheinander. Ich habe nur
keine Lust mehr auf Ihr Versteckspiel. Warum
haben sie mir nicht gesagt, dass Sie noch vor
wenigen Tagen einen Gast hatten?“
„Einen Gast?“
„Ja, zum Teufel, meine Frau, Deborah Meyers!“
„Deborah Meyers, tut mir leid, Barrington,
ich habe diesen Namen nie gehört!“
„Wie kommt es dann, dass Sie ihn eigenhändig in Ihr verdammtes Anmeldebuch geschrieben haben? Wie erklären Sie sich das?“
„Barrington, beruhigen Sie sich doch! Setzen Sie sich, ich bringe Ihnen eine Tablette,
dann geht es Ihnen gleich wieder besser.“
„Ich will keine Tabletten! Finchley, sagen
Sie mir endlich, was hier los ist!“ „Ich denke, Sie haben Fieber, Barrington, hohes Fieber. Ich gehe nach draußen und hole kühles
Wasser. Ein kalter Umschlag wird Ihnen gut
tun.“
„Sie bleiben schön hier, Finchley!“ Barrington packte den Alten und schob ihn zur Rezeption. „Schlagen Sie Ihr Buch auf, los!“
Der Alte befolgte die Aufforderung Barringtons und öffnete das Anmeldebuch.
„Blättern Sie zurück, auf den 15. August!
Machen Sie schon!“
Der Alte befolgte auch dies und blätterte
zurück. Barringtons Gesicht erstarrte: Die
Seite des 15. Augusts war unberührt, kein
Eintrag, kein Name, nichts. Der Alte grinste,
schüttelte still den Kopf, und schloss das
Buch. Barrington brachte kein Wort heraus.
Entsetzt blickte er Finchley an und trat einen
Schritt zurück.
„Mein Gott, Finchley, was geht hier vor?“
„Barrington, ich sagte doch schon, Sie haben Fieber!“
Barrington wollte und konnte nichts mehr
entgegen setzen. Panikartig rannte er nach
draußen und lief zu seinem Wagen. Einen
Moment lang war er fest entschlossen, dieses Motel und diesen Ort sofort zu verlassen.
War er denn verrückt geworden? Hatten ihn
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die Tage in diesem Haus mit dem Alten um
den Verstand gebracht? Oder war er wirklich
krank geworden und hatte er sich alles bisher nur eingebildet? Minutenlang saß er in
seinem Auto, die Hand am Schlüssel, jeden
Augenblick bereit, den Chevrolet zu starten.
Doch er konnte es nicht und wusste nicht
einmal warum. Verzweifelt stieg er wieder
aus und irrte ziellos durch die Straßen, bis er
schließlich ans Ende des Städtchens gelangte und sich vor dem letzten Haus niederließ.
Regungslos hockte er da und starrte auf den
Boden. Seine Gedanken waren leer und sein
ungeheurer Wille, der ihn bis zu diesem Zeitpunkt angetrieben hatte, war so gut wie erloschen.
Barrington schreckte hoch. Jemand hatte
seinen Namen gerufen. Aber es war nicht
Finchleys Stimme gewesen, die ihn aus seiner
Ohnmacht gerissen hatte. Er blickte sich um,
aber es war niemand zu sehen. Wie lange war
er wohl schon hier gewesen? Der Schatten
des Vordaches, unter dem er Schutz vor der
prallen Sonne gesucht hatte, war länger geworden und die Temperaturen hatten leicht
abgenommen. Er konnte nur erahnen, wie
viel Zeit bereits vergangen war. Angetrieben
von einer neuen, inneren Kraft raffte er sich
auf und machte sich auf den Rückweg.
Als er ins Motel trat, saß Finchley an einem
der Tische unter der Galerie und erwartete
seinen Gast, als wäre nichts geschehen.
„Haben Sie nach mir gerufen?“
„Ja, Barrington, wer denn sonst? Ich machte mir Sorgen; sie haben den ganzen Tag
noch nichts gegessen, haben Sie denn keinen
Hunger?“
„Natürlich habe ich noch nichts gegessen,
Finchley,“ Barrington stützte sich mit beiden
Händen auf den Tisch und beugte sich drohend über den Alten, „und ich werde auch
nichts essen! Wer weiß, was Sie mir schon
alles untergemischt haben!“
„Barrington, Sie sind nicht krank, Sie sind ja
verrückt! Wissen Sie, was Sie da reden?“ Der
Blick des Alten wurde zornig und seine Fäuste knallten auf den Tisch. „Sie werden sich
bei mir entschuldigen und zwar sofort!“
Barrington wich zurück. So aggressiv hatte
er Finchley noch nicht erlebt. Ohne den Blick
von dem Alten abzuwenden, ging er rückwärts die Treppe hinauf:
„Ich werde mich nicht entschuldigen,
Finchley. Wenn hier einer verrückt geworden
ist, dann sind Sie das, Sie, in Ihrer verdammten Einsamkeit.“ Dann drehte er sich um und
verschwand in sein Zimmer. Unruhig und verwirrt lief er auf und ab. Das zornige, verbitterte Gesicht des Alten ging ihm nicht mehr
aus dem Kopf. Er sah ihn genau vor sich,
wie er brüllte und nach Luft schnappte, wie
die kleinen, knochigen Fäuste auf den Tisch
knallten und wie er ihm auf dem Weg in sein
Zimmer nachstarrte.
Aufgeregt griff Barrington nach seinen Tabletten. Doch die Packung war leer. Entsetzt
warf er die Schachtel in die Ecke. Er war sich
nun sicher. Er konnte nicht länger hierbleiben, musste versuchen, sich trotz seines
schlechten Zustandes sofort auf den Weg zu
machen. Hastig suchte er seine Sachen zusammen und eilte nach unten.
„Sie haben gepackt? Wollen Sie denn heute noch aufbrechen?“
„Ja, Finchley, hier ist ihr Geld ich muss weiter!“
„Das ist mehr, als Sie bezahlen müssen,
Barrington. Warum denn so eilig?“
Barrington stand bereits in der Tür und
drehte sich um:
„Mir geht es nicht gut, das haben Sie ja
bereits gemerkt! Ich muss weg von hier, außerdem brauche ich dringend andere Medikamente, sonst wird alles noch schlimmer.
Leben Sie wohl!“
Barrington ließ dem Alten keine Möglichkeit mehr auch nur ein einziges Wort zu sagen und zog die Tür hinter sich zu.
Der Wagen gab keinen Ton von sich. Immer wieder drehte Barrington verzweifelt
den Schlüssel herum, aber nichts tat sich
nicht einmal ein leises Stottern des Motors.
Barrington verlor die Kontrolle über sich. Er
schlug mit den Händen gegen das Lenkrad,
brüllte, schrie und flehte zu Gott, doch niemand konnte ihm in diesem Moment zu Hilfe
kommen.
Entsetzt stürzte er zurück ins Motel.
„Finchley! Ich bringe Sie um! Was haben
Sie mit meinem Wagen gemacht? Finchley,
so reden Sie doch!“
„Mein Gott, Barrington, was ist passiert?“
„Was passiert ist? Sie waren an meinem
Wagen. Sie wollen nicht, dass ich von hier
wegkomme!“
„Was reden Sie da! Was hätte ich denn davon, wenn Sie länger blieben? Die 15 Dollar
machten mich auch nicht reicher. Sie waren
doch selbst zweimal an ihrem Wagen. Das
erste Mal gleich heute morgen, als sie so
überstürzt rausgerannt waren. Sie saßen in
ihrem Auto, nur für einige Minuten, ich habe
ja nicht gesehen, was Sie gemacht haben.
Und das zweite Mal am frühen Nachmittag
in der größten Hitze. Sie reparierten wohl
irgendetwas an ihrem Auto. Jedenfalls war
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Deborah
die Motorhaube offen. Sie waren vornüber
gebückt und bauten irgendwelche Gegenstände aus – ich habe ja keine Ahnung von
Motoren.“
Barrington wusste nicht mehr, was er tun
sollte. Er hatte noch nie zuvor in seinem Leben an sich gezweifelt, doch hier und jetzt
war er nicht mehr er selbst, war nicht mehr
in der Lage klar zu denken.
„Sie haben die Hitze heute nicht vertragen, legen Sie sich hin, ich bringe Ihnen was
zu trinken! Mein Gott, Barrington, passen Sie
doch auf!“
Das waren die letzten Worte, die Barrington noch wahrnehmen konnte, dann verlor
er das Bewusstsein.
Mittwoch
20. August 1958
Das Wetter hatte umgeschlagen. Es regnete in Strömen. Unaufhörlich und gleichmäßig
schlugen die harten Regentropfen gegen
die Scheiben des alten Motels. Barrington
wachte auf und blickte um sich. Er wusste
nicht, wie er nach oben gelangt war, zu weit
weg waren für ihn die Ereignisse des letzten
Abends. Kraftlos und eingefallen saß er einige
Minuten auf der Bettkante. Seine körperliche
Verfassung hatte erheblich unter den vielen
Tabletten gelitten, die er in all den Nächten
seit Deborahs Verschwinden genommen hatte. Um ihn herum drehte sich alles und sein
Blick war unklar und verschwommen. Langsam stand er auf und schleppte sich ans Fenster. Schwere, dunkle Regenwolken hingen
über der menschenleeren Stadt und hatten
die Straßen und den Vorplatz des Motels in
ein riesiges Schlammfeld verwandelt.
Barrington wollte und konnte nichts anderes tun, als nur dazusitzen und in den Regen
zu schauen. Doch mit einem Male wurde er
aus seiner Betäubung gerissen: Eingehüllt in
einen langen, grauen Mantel watete Finchley durch den strömenden Regen. In kurzen
Schritten lief er die Hauptstraße hinunter
und verschwand schließlich in einem der verfallenen Läden. Barrington starrte gebannt
nach draußen. Doch bevor noch irgendetwas
anderes geschehen konnte, hörte er plötzlich Stimmen und Gelächter. Barrington war
hellwach. Es waren mehrere Personen, Frauen und Männer, die sich lautstark unten im
Foyer unterhielten. Vielleicht auch einige Kinder, deren helle Stimmen er in all dem Lärm
zu erkennen glaubte. Und irgend jemand versuchte sogar auf dem alten Piano zu spielen.
Eine Kindermelodie. Ja, es mussten auch Kinder dabei sein. Jetzt hörte er es ganz genau.
Sie begannen zu singen! Barrington schloss
die Augen und summte leise mit. Ein leichtes
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Lächeln durchzuckte sein Gesicht. Waren sie
alle nur wegen ihm gekommen? Dann fiel
ihm wieder der Alte ein. Seine Gesichtszüge
verfinsterten sich. Hoffentlich blieb der Alte
noch lange weg! Sicherlich würden all die
Menschen aufhören zu singen und würden
wieder verschwinden, wenn Finchley zurückkäme. Nein, er durfte nicht zurückkommen.
Doch Barrington wurde wieder abgelenkt:
In all dem Gewirr von Stimmen und Gesang
vernahm er plötzlich von neuem Stimmen.
Stimmen, die anfangs zaghaft und fragend,
dann zunehmend lauter werdend, seinen Namen riefen. Es konnten keine Fremden sein,
die da nach ihm riefen.
„Howard! Howard!“
Immer deutlicher und eindringlicher schallte sein Name von unten herauf. Immer mehr
schlossen sich den Rufenden an. Barrington
hielt sich die Hände vor die Ohren. Er verließ
seinen Platz am Fenster und wollte nach unten. Doch die Tür war verschlossen. Finchley
hatte ihn eingesperrt!
„Dieser Teufel!“
Barrington schrie so laut er konnte:
„Finchley, lassen Sie mich hier raus!“
Barrington sackte zusammen. Wo war bloß
der Alte? Er musste doch auch die Leute gehört haben.
Plötzlich klopfte es an der Tür. „Howard,
bist Du da?“
Barrington schreckte hoch. Es war Deborahs Stimme. „Deborah! Ja, ich bin da! Hol
mich hier raus! Deborah, mach doch auf!“
Doch nichts kam zurück. Die Stimmen aus
dem Parterre verstummten und auch Deborah war nicht mehr zu hören. Barrington
schlug verzweifelt gegen die Türe, er konnte es nicht fassen, dass sie ihn nicht gehört
hatte.
Wo waren denn jetzt all die Menschen und
wo war Deborah? Mit letzter Kraft taumelte Barrington zum Fenster und riss es auf.
Krampfartig schnappte er nach Luft.
„Finchley! Finchley, so kommen Sie doch
zurück! Lassen Sie mich hier raus, ich muss zu
meiner Frau! Finchleyyy!“
Dann brach Barrington zusammen.
Als am Abend dieses Tages der Regen nachgelassen hatte und die Sonne gerade hinter
den Bergen versank, bog ein schwarzes Auto
aus einer der Seitenstraßen. Die Insassen des
Wagens, ein Mann und eine Frau, hatten es
offenbar nicht eilig. Sie hielten an und blickten stumm auf das alte, weiße Motel zurück.
Minuten vergingen. Noch immer sprachen
die beiden kein Wort miteinander, starrten
Q UELLE
Diese Kurzgeschichte erschien in der
Ausgabe 90.
nur regungslos auf das einsame Gebäude am
Ende der Straße, das ihnen groß und mächtig
in der Dämmerung entgegen strahlte. Erst
als es ganz im Schatten verschwunden war,
setzten die beiden ihre Fahrt fort. Langsam
fuhr der schwarze Wagen die Hauptstraße
hinauf und verließ schließlich das menschenleere Städtchen.
Donnerstag
21. August 1958
Später Vormittag. Zwei Streifenwagen
hielten unmittelbar vor dem alten Motel. Vier
Polizisten stiegen aus und sahen sich um. Sie
waren einem anonymen Anruf gefolgt, der
am frühen Morgen desselben Tages in ihrem
District eingegangen war. Mit gemischten
Gefühlen näherten sie sich dem Eingangsbereich des Motels. Als sie den stickigen,
halbdunklen Raum betraten, bot sich ihnen
ein entsetzlicher Anblick: Ein völlig verwahrloster, kranker Mann saß apathisch in dem
alten, schweren Lehnstuhl mitten im Raum
und grinste die Beamten an. Es war Barrington. Neben ihm am Boden lag der Alte,
mit weit aufgerissenem Mund und starrem
Blick. Finchley war tot. Er war erwürgt worden. Barrington hob die Hand und zeigte auf
Finchley, als wollte er den Polizisten etwas
mitteilen, brachte aber keinen Laut heraus.
Dann lehnte er sich wieder zurück, faltete die
Hände wie zu einem Gebet und schloss die
Augen.
Bereits zwei Wochen später wurde Barrington in einem mehrtägigen Gerichtsverfahren
für unzurechnungsfähig erklärt und wegen
Totschlags zu lebenslanger Haft in einer psychiatrischen Anstalt verurteilt. Der gesamte
Besitz, seine Firma und das Privatvermögen
gingen an seine Frau Deborah über, die ihren kranken, tablettenabhängigen Mann am
18. August als vermisst gemeldet hatte. Deborahs perfekt inszenierter Plan war bis ins
letzte Detail aufgegangen. Howard war ihrer
Route bis in das leere Städtchen mit dem
einsamen Hotel gefolgt, den Ort, den sie ausgesucht hatte, um ungestört das teuflische
Spiel mit ihrem Mann und dem ahnungslosen Alten zu spielen. Und selbst, als sie zum
letzten entscheidenden Gerichtstermin in
Begleitung eines etwa gleichaltrigen Mannes
erschienen war, hatte keiner der Geschworenen auch nur den geringsten Zweifel, ob
es wirklich Howard war, der Finchley umgebracht hatte. 
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Der Geisterpirat
DER GEISTERPIRAT
EIN ABENTEUER FÜR DAS SCHWARZE AUGE
TEXT: NILS HÜTTINGER
ILLUSTRATION: SYLVIA KOERNER
ÜBERBLICK
Durch einen glücklichen Zufall bekommt
die Piratenmannschaft Gelegenheit einen
Schatz nahe einer kleinen Kolonie zu heben.
Unglücklicherweise ist das Gold nicht mehr
dort. Zu allem Überfluss wird die Kolonie von
einem tyrannischen Geisterpiraten überfallen, der die Gouverneurstochter entführt.
Nun bietet sich den Piraten die Chance,
wenigstens einen Teil ihrer Expeditionsausgaben wieder herein zu bekommen, indem
sie den Auftrag annehmen die Tochter des
Gouverneurs zu befreien. Doch wie sich herausstellt, ist der Geisterpirat lebendig und in
Wirklichkeit der rechtmäßige Gouverneur. Er
wiederum bietet den Helden an, ihn bei seiner Rache zu unterstützen. Eine große Belohnung würde ihnen winken…
Ein Epos mit Verwicklungen, Intrigen und
Romantik. Ein Abenteuer von Gold, Ruhm,
Frei­heit, und Rum und… dem stürmischen
Meer.
VORWORT
Dieses Abenteuer ist tatsächlich für eine
Heldengruppe gedacht, die eine Piratenkampagne nach dem Vorbild der „Al´ Anfa Box“
spielen. Natürlich kann der Spielleiter dies
auch variieren und die Heldengruppe alleine,
ohne Mannschaft antreten lassen. Allerdings
geht meiner Meinung nach der gewisse Reiz
verloren.
Dabei ist es grundsätzlich egal, ob die Spieler nun Teil einer Piratenmannschaft sind,
oder diese selbst anführen. In erstem Fall hat
es der Meister sogar etwas leichter, da der
Kapitän den Abenteurern einige Entscheidungen abnimmt.
Der Handlungsschauplatz ist der tiefe Süden, nahe des Königreiches Kemi. Wenn man
sich an diesen groben geographischen Rahmen hält, bleibt dem SL immer noch ein großer Handlungsfreiraum, wo er nun die einzelnen Wegstationen ansiedelt.
Im Übrigen ist auch die Stufe der Spieler
und die Größe der Gruppe oder Mannschaft
einigermaßen egal, da das Abenteuer so verfasst wurde, dass der Meister die Anzahl der
Gegner individuell auf seine Spielrunde abstimmen kann.
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Was allerdings Talentproben anbelangt,
bin ich von einer Piratentruppe mittlerer Stufe (ca. Stufe 6 im Durchschnitt) ausgegangen
(die Mannschaft liegt im Schnitt 2-3 Stufen
darunter).
VORGESCHICHTE
Vor genau 30 Jahren machte die
Piratenmann­schaft „Die Blutsgeschwister“
reiche Beute. Vier Piraten, ein Maat, eine
Kämpferin, ein Seemann und der Schiffsjunge sahen ihre große Chance auf Reichtum
gekommen. In einer nebe­ligen Nacht hievten
sie die beiden Schatzkisten über Bord und
verschwanden mit einem Beiboot.
Dann vergruben sie den Schatz auf einer
kleinen Insel und schworen, aus Angst vor
der Rache ihrer ehemaligen Kameraden,
den Schatz erst in drei Jahrzehnten wieder
gemeinsam zu heben. Ein jeder tätowierte
sich einen Teil der Schatzkarte auf den
Rücken, so dass niemand im Stande wäre den Schatz allein zu
heben. Kurz darauf trennten sich die Wege der Seeräuber. Niemand hätte
gedacht, dass der
Maat den Weg heimlich mar­kiert hatte,
so dass er allein zu
dem Schatz finden
könnte.
dort nieder und ein Kampf um Macht
Der ehemalige Maat lebte auch in Praisanzya und witterte seine Chance an die
Macht zu kommen. Er grub den Schatz aus
und kaufte sich mit seinem neuen Reichtum
eine Söldner­truppe, die ihn zum Gouverneur
machte.
Die Siedlung florierte wieder, diesmal als
Piraten­hafen und bald holte der Gouverneur
seinen Stiefsohn nach, der bis dahin in der
Gosse von Mengbilla gelebt hatte, um diesen
am Wohlstand teilhaben zu lassen. Doch der
verräteri­sche Schurke vertrieb seinen Vater
mit Hilfe einiger verräterischer Soldaten und
übernahm dessen Amt – als übler Ausbeuter
und Despot, wie sich bald herausstellte.
Der ehemalige Gouverneur sann auf Rache
und baute über Jahre hinweg eine Piratenmann­
schaft auf, mit der
Nur wenige Jahre darauf
gründete das Mittelreich die
kleine Kolonie Praisanzya auf
der besagten Insel, die
allmählich florierte.
Doch dann, vor etwa
18 Jahren stellte der
mittelreich`sche
Gönner der Kolonie
seine Gelder ein und
das Siedlungsprojekt
wurde für gescheitert erklärt. Mittlerweile hatten sich
allerdings viele
Men­schen
eine
Existenz auf der Insel aufgebaut und wollten diese nicht
verlassen. Übles Gesindel ließ sich
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Der Geisterpirat
er schließlich einen Angriff auf den Gouverneurspalast wagte. Seine Mannschaft wurde
zurückgeschlagen und er erlitt schreckli­che
Brandwunden und wurde für tot erklärt und
ins Meer geworfen.
Doch wenige Wochen bevor die dreißigjäh­
rige Frist ablief tauchte er wieder auf und jeder hält ihn für einen Geisterpiraten. Dieses
Myste­rium gibt ihm die Macht die Insel zu
tyrannisie­ren. Er sucht Vergeltung und denkt
kaum mehr an seine ehemaligen Freunde
und den Schatz. Diese jedoch erinnern sich
sehr wohl an das Abkommen und treffen
nach und nach auf der Insel ein, um sich ihren
Teil zu holen…
1. LOGBUCHEINTRAG
AUFTAKT
EINSTIEG DER GRUPPE
„Ihr habt Beute gemacht. Nur wenige Dutzend Meilen südöstlich des Kemireiches habt
ihr eine feindliche Thalukke aufgebracht und
lacht euch jetzt noch schief und krumm, wie
die Gegner wider­standslos um Gnade gefleht
haben. Es ist euch nicht gerade gewaltiger
Reichtum in die Hände gefallen aber doch
so viel, dass ihr mit dem Verkauf der Waren eure Schulden bezahlen, das Schiff neu
verproviantieren und einige dringende Reparaturen durchführen könnt. Also steuert
ihr den nächsten freien Hafen an. Shilaya,
ein kemscher Freibeu­terhafen, über den ihr
schon so manche seltsame Geschichte gehört habt…“
SHILAYA
Die Stadt gleicht einer Mischung zwischen
Hüttendorf, Zeltlager und dem Werk eines
absolut inkompetenten Baumeisters. Die
Siedlung wurde in Ruinen einer einst prachtvollen Stadt eingefügt und die Bewohner hatten weder die Materialien, noch das Bedürfnis die Paläste wieder in den Originalzustand
zu versetzen. Über kunstvolle Säulenstümpfe
wurden Stege gelegt und Hängebrücken gespannt. Marmorne Mau­erreste wurden von
den wilden und freiheits­liebenden Freibeutern nach ihrem Geschmack bemalt (das heißt
beschmiert) und die wenigen erhaltenen Gebäude wurden notdürftig herge­richtet, so
dass auf steinernen Grundmauern z.B. eine
Bambushütte thront. Das Ganze wird von
der undurchdringlichen grünen Wand des
Dschungels eingerahmt.
Ebenso seltsam wie die Architektur sind
auch die Einwohner. Sie tragen absonderliche
Frisuren, färben ihr Haar mit Pflan­zensäften
und schmücken sich mit Ketten, spitzen Nieten und bunten Stoffen oder Leder. Ein wahwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
res Völkergemisch ist hier zu finden Tulamiden, Nord­länder, Waldmenschen und deren
Nachkommen. Sogar zwei Orks leben hier.
Es sind Bukanier, die sich von niemandem
etwas sagen lassen und Freiheit als höchstes
Gut achten. So wird man in dieser Siedlung,
in der wohl 300 Seelen leben, mit herri­schem
Gehabe nur allzu leicht anecken.
Im versandeten Hafen­becken ankern einige klei­nere Piratenschiffe. Am Kai und am
Strand tummelt sich das Volk und Besucher
werden ständig um Geld angebettelt oder
bekom­men allerhand Waren ange­boten, die
zum Teil anderenorts verboten sind. Luxusgüter und Waffen sind hier jedoch Mangelware.
Interessanterweise gibt es hier keine Tempel, denn es würde dem Freiheitsge­danken
Shilayas widerspre­chen, sich den Göttern
zu unterwerfen. Dafür findet man hier die
Kneipe „Das Waschbrett“, das Gasthaus
„Villa Kunterbunt“, das Bordell „Bei Schlaf“
und die Herberge „Kaos und Kojen“, sowie
zwei weitere Tavernen. Der Standard der
angebote­nen Dienstleistungen ist niedrig,
dafür aber um so billiger und mit erhöhtem
Spaßfaktor verbun­den.
Selbst extravagante und querdenkerische
Helden sollten über die unkonventionelle
Lebensweise der Bukanier überrascht sein.
Beschreiben sie die Stadt als chaotisches
Wirrwarr, das vor Leben nur so sprüht.
Die Einwohner sollten unberechenbar und
fremd, nicht jedoch feindselig wirken. Sie haben geringe Berührungsängste, halten sich
nicht an gesellschaftliche Gepflogen­heiten
und haben eine niedrige Hemmschwelle. Jeder zweite Begegnung beginnt mit den Worten: „Haste mal `nen Taler?“.
Lassen sie der Gruppe einige Tage Zeit, ehe
es zum nächsten Ereignis kommt. Die Mannschaft sollte Landurlaub bekommen und sich
nebenbei um die kleinen Reparaturen auf
dem Schiff küm­mern.
Lokal produzierte Güter kosten nur 80 %
des Listenpreises, Dienstleistungen sogar
nur 60 %.
IN DER KNEIPE
Die Kneipe ist voll und stickig, überall treiben sich bunthaarige Freibeuter herum, die
seltsame Lieder von Revolution und Freiheit
grölen.
Es ist nur ein einziger Tisch frei (zwei Fässer
und ein Brett), an dem ein alter Mann mit langem grauem Bart und Piratenkleidung sitzt.
Sein ebenso langes Haar wird von einem
Stirnband gehalten. Er verwickelt die Gruppe
in ein längeres Gespräch und erzählt dass er
HO MEPAGE
Informationen zu den einzelnen Schauplätzen Shilaya und Praisanzya findet
man auf der Homepage: www.kemi.de
(Praisanzya wird nur in der Kurzgeschichte
„Bettelbarde“ erwähnt).
Alrik heißt. Im Verlauf der Unterhaltung wird
klar, dass ihm etwas auf der Seele brennt.
Schließlich rückt er damit heraus: Er hat
einst mit drei Freunden einen Schatz vergraben und es wäre nun an der Zeit diesen zu
heben. Er sei jedoch zu alt, um noch einmal
eine derartige Seereise zu unternehmen
und nun würde er seinen Anteil gerne an die
Gruppe verkaufen. Im Alter ist er genügsam
geworden und er hätte nur gerne etwas Gold
für seinen Lebensabend. Er würde seinen Teil
der Schatzkarte für 100 D ver­kaufen, der Anteil sei so um die 500 D wert.
Es wäre an dieser Stelle nur natürlich,
wenn die Spieler misstrauisch werden würden, aber eine gelungene Menschenkenntnisprobe sollte sie von der Ehrlichkeit ihres
Gegenübers überzeugen.
Stimmen die Piraten zu, nimmt er das Gold
an und beschreibt ihnen die Schatzinsel samt
Koor­dinaten. Dann tätowiert er dem besten
Kämpfer der Gruppe seinen Teil der Karte auf
den Körper. Alrik begründet dies damit, dass
seine ehema­lige Gefährtin die „rote Ria“ die
Glaubwürdigkeit der Gruppe auf jeden Fall
mit einem Duell testen wird, da sie weiß, das
Alrik die Karte nur an jemanden weitergeben
wird, der sie im Kampf besiegen kann (so war
es ausgemacht).
Alrik erklärt, dass die rote Ria auf der Insel
lebt und die Helden zu ihr gehen sollen, damit sie ihren Teil der Karte hinzufügen kann.
Wo sich die anderen beiden „Freunde“ aufhalten, weiß er nicht, aber er meint sie würden früher oder später schon auf der Insel
eintreffen, wenn sie nicht sogar bereits dort
sind.
Alrik kann seine Gefährten und die Insel
beschreiben, wie sie vor 30 Jahren aussahen.
Ria hat er das letzte Mal vor 20 Jahren gesehen und von ihr weiß er auch, dass die Insel
mittlerweile bewohnt ist. Was ansonsten in
der Zwischenzeit geschehen ist, ist ihm in
keinster Weise bekannt. Diese Informationen
teilt er nur auf Nachfrage mit, oder wenn die
Helden besonders nett zu ihm sind. Die anderen beiden Seeräuber hießen Tramis und
Stankowatz.
VORBEREITUNGEN
Die Piraten dürften sich nun auf die Reise
Seite 98
ANDUIN 93
Der Geisterpirat
vorbereiten und wollen sicher ziemlich bald
aufbre­chen. Wenn sie Nachforschungen
über die Insel anstellen können sie folgendes
erfahren:
Gassenwissenprobe +0/+ 1/+2/+5:
• Die Insel und die darauf befindliche
Siedlung werden Praisanzya genannt.
• Vor nicht allzu langer Zeit starteten
die Frei­beuter aus Shilaya einen überaus erfolgrei­chen Raubzug unter der
Führung von Kulko Punx R. Rebels
gegen diese Siedlung.
• Der Gouverneur von Praisanzya ist
ein schrecklicher Despot und Menschenschinder.
• Er regiert nur mit Hilfe seiner Büttel
und lässt seine Untertanen im Dreck
verrecken.
• Angeblich soll ein Geisterpirat die
Insel tyrannisieren
KURS AUF PRAISANZYA
Das Schiff setzt Kurs auf Praisanzya.
An dieser Stelle sollte erwähnt werden,
dass Seereisen in Aventurien immer ein Risiko darstellen. Deshalb wird der kommende Sturm die Spieler kräftig durcheinander
schütteln.
Die Reise dauert (Spielleiterentscheidung)
ca. 1 Woche. Währenddessen kommt es zu
einem schweren Sturm. Zuvor sollten Wettervorhersageproben der Spieler abge­legt
werden. Es reicht eine gelungene Probe um
die Wetterveränderung frühzeitig zu erkennen. Diese Probe wird später zu den anderen
(s. Kasten) ange­rechnet.
Finstere Wolken ziehen am Himmel auf
und der Seegang wird schwerer. Die Bordwache läutet verzwei­felt die Sturmglocke und
ein Jeder eilt an Deck.
Die Segel müssen bis auf eines gerefft
werden, ehe das Unwetter über dem Schiff
hereinbricht. Die Steuerbesatzung muss verstärkt werden, um das Schiff im Wind zu halten, etc..
Dann ist der Sturm heran und treibt turm­
hohe Wellen vor sich her. Das Schiff wird wie
ein Spielball hin und her geworfen. Gischt
und Wasser sprühen über das Deck und so
mancher hohe Brecher holt die Piraten von
den Beinen.
Der Kapitän legt eine Seeoffiziersprobe
erschwert um den Strukturwert ab, um zu
beweisen, dass er schnell genug handeln
kann und die Mannschaft genügend im Griff
hat. Außerdem eine Geographieprobe +5 ob
er die Gewässer kennt. Es könnten ja besonwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
Bestandene Proben Auswirkungen Mannschaft
5+ Das Schiff übersteht den Sturm heil des Abenteuers
Moral +1 bis Ende
3-4 Leichte Schäden: W6 Punkte Schaden
am Segel, Reise
verlängert sich um
einen Tag
W6 Verletzte
1- 2 Mastbruch bei mehrmastigen Schiffen W20 Schaden am Rumpf 2W20 Schaden am Segel
Reise verlängert sich
um 3 Tage
W6 Tote
W20 Verletzte
Moral -1
0
Das Schiff ist ein Wrack, Rumpf- und Segelpunkte liegen bei 50%. Der Strukturwert sinkt um 3 Punkte und eine Strukturprobe ist von Nöten um festzustellen, ob das Schiff sinkt.
Jegliche Ladung und
Geschütze sind verloren
W20 Tote
2W20 Verletzte
Aufgrund der Inkompetenz der Offiziere
steht die Mannschaft
kurz vor dem
Meutern
dere Strö­mungsverhältnisse herrschen, besondere Winde wehen oder Riffe im Wasser
liegen.
Der Steuermann legt eine Seefahrerprobe
+ 4 und eine Orientierungsprobe + 1 ab, um
das Schiff auf Kurs zu halten und vor dem
Umkippen zu bewahren.
Der Bootsmann legt eine Menschenkenntnisprobe und eine auf Bekehren (wahlweise
Betö­ren +3) ab. Er muss die Mannschaft anspornen und koordinieren.
Die Segelmannschaft
Seefahrerpro­ben.
benötigt
zwei
Passende Zauber (Spielleiterentscheidung)
können jeweils eine Probe ersetzen. Allerdings gibt es Probenaufschläge zwischen + 1
und +6, je nachdem wie weit das Unwetter
fortgeschrit­ten ist (es ist eben nicht gerade
einfach auf einem schlingernden Deck die
Balance zu halten und sich zu konzentrieren,
während man mit Salz­wasser übergossen
wird und der Wind in den Ohren braust.)
Die Zahl der gelungenen Proben wird gesamt ausgewertet (zuzügl. der Wettervorhersageprobe) und das Ergebnis auf der Tabelle abgele­sen.
Am Abend endet das Unwetter und die See
liegt wieder ruhig da. Kleinere Schäden können bis zur Ankunft in Praisanzya behoben
werden.
Diese Zeit sollte auch genutzt werden,
um das Aussehen des Schiffs und der Mannschaft zu verändern, denn Piraten sind in den
Koloniestäd­ten des Südens nicht gerne gesehen (vielleicht hat die Gruppe ja sogar einen
gewissen Bekannt­heitsgrad…). Proben auf
Verkleiden und kreative Handwerkstalente
sind notwendig.
2. LOGBUCHEINTRAG
DIE KARTENTEILE
PRAISANZYA
Das Schiff läuft im Hafen von Praisanzya
ein und wird von einer am Pier wartenden
Menge bestaunt. Sofort werden die Piraten
mit Fragen überhäuft, ob sie nicht dem Geisterpiraten bege­gnet wären. Die Charaktere
werden bis in die nächste Kneipe verfolgt
(denn dort werden sie wahrscheinlich als erstes hin gehen).
Dort müssen sie mehrfach der gebannten
Zuhörerschaft ihre Anreise schildern und
werden blumig über die Untaten des schrecklichen Gei­sterpiraten aufgeklärt, der die Insel
tyrannisiert. Sie erfahren, dass sich seit seinem Auftauchen kein Kapitän der Siedlung
mehr auf das Meer hinaus gewagt hat und
auch kein Schiff mehr eingelaufen ist.
Abseits der Menge fällt Euch eine Person
auf, welche die ganze Zeit mit verschränkten
Armen und finsterer Miene da steht und die
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ANDUIN 93
Der Geisterpirat
Gruppe taxiert. Sobald sich die Meute etwas
aufgelöst hat wird er sich dem Tisch der Helden nähern: „Ich bin Warn und ihr sollt wissen, dass ich das Gesetz in dieser Stadt bin.
Ich kenne euch zwar nicht, aber ich misstraue
euren Visagen. Ich denke ich werde euch im
Auge behalten.“
Nach diesen Worten dreht er sich um und
stampft hinaus.
Warns Worte sind durchaus ernst zu nehmen und er wird der Gruppe tatsächlich wie
ein Schatten folgen. Lassen sie ihn in den
nächsten Tagen immer wieder mit seiner
grimmigen Miene auftauchen, wenn es gerade passt, vor allem, wenn die Piraten wirklich
ein krummes Ding vor haben (Falschspiel,
Diebstahl, etc.).
Nun können die Helden die Siedlung erfor­
schen und ihnen wird sehr bald der Unterschied zwischen Arm und Reich auffallen.
Auch der Palast des Gouverneurs ist nicht zu
übersehen.
Wahrscheinlich werden die Helden bald
nach der roten Ria herum fragen, da diese
ja den zweiten Teil der Karte besitzt. Dies ist
jedoch gar nicht so einfach, da sie hauptsächlich unter dem Namen Rondriane die Fechterin bekannt ist.
Erlauben sie pro Tag jedem Helden, der
Fragen stellt, eine Gassenwissenprobe +6,
um Informa­tionen über Rias Aufenthaltsort
zu bekommen.
IN PRAISANZYA
Jedes der hier beschriebenen Ereignisse
sollte zumindest kurz abgerissen werden, da
sie eigent­lich alle von Bedeutung sind. Allerdings ist die Reihenfolge unwichtig.
Der Informant
Dieses Ereignis tritt ein, wenn einer aus der
Gruppe die Gassenwissenprobe bestanden
hat.
Endlich habt ihr jemanden gefunden, der
etwas über den Aufenthaltsort der roten Ria
weiß. Grinsend steckt die Person euer Silberstück ein und erzählt, dass die rote Ria in Praisanzya als Rondriane die Fechterin bekannt
ist. Sie gilt hier zu Lande als Fechtmeisterin
und hat schon man­chem Grünschnabel eine
ordentliche Lektion erteilt. Sie wohnt eine
Meile südöstlich der Stadt, in einem kleinen
Haus auf einem Hügel.
Das Gossenkind
Ein kleines Gossenmädchen springt plötzlich auf einen der Piraten zu und stibitzt ihm
etwas weniger Wertvolles, z.B. einige unbeaufsichtigte Münzen oder besser noch: einen
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Apfel.
Das Kind trägt wenig mehr als Lumpen, ist
über und über mit Schmutz verkrustet und
sein Geschlecht ist aufgrund dessen nicht bestimmbar.
Wie die Helden darauf reagieren ist ungewiss, es ist aber allemal eine interessante
Rollenspiel Situation.
Des Gouverneurs
Kettenhunde
Eine Gruppe von Soldaten (2 mal so viele
wie SC) bahnt sich auf dem Markt einen Weg
durch die Menge und stößt dabei rücksichtslos jeden aus dem Weg, der nicht schnell genug Platz macht. Sie sind schwer bewaffnet
und tragen auffällige Metallhelme in Pilzform. Eine ältere Frau stürzt aufgrund dieser
rüden Rempelei und wird auch noch mit dem
Schaft einer Hellebarde in den Bauch gestoßen. Die Soldaten marschie­ren ohne anzuhalten weiter. Hasserfüllt starren ihnen einige
Marktbesucher hinterher.
Auf Nachfragen stößt der Angesprochene
mit zusammengebissenen Zähnen hervor:
„Das waren des Gouverneurs Kettenhunde.
Die Soldaten aus dem Palast, diese Bastarde…!“ Anschließend zuckt er zusammen,
zieht den Kopf ein und verschwindet mit einem gemurmelten Gruß.
Machen sie den Spielern klar, dass jedes
gewaltsame Eingreifen angesichts dieser
kamp­ferprobten Truppe und der Überzahl
zum Schei­tern verurteilt ist.
Kneipenschlägerei
(Stankos Werte finden sich im Anhang)
In der Kneipe wird ein Charakter von einem
Säufer angepöbelt und schließlich attackiert.
(Sollten sich mehrere Helden einmischen,
geraten diese im Gegenzug mit einigen
Saufkumpanen von Stankowatz aneinander. Denn diese finden es gar nicht komisch,
wenn ihr Freund gegen mehrere Gegner raufen muss.)
Weitere Schläger:
MU: 12 AT: 11 PA:8 LE: 30 RS:1 MR: 0 TP: W6
(Raufen)
Sobald
einer
der
Kontrahenten
(wahrschein­lich der/ die Säufer) zu unterliegen scheint, taucht der Stadtbüttel auf und
trennt die Kämpfer.
Der Stadtbüttel nimmt den Betrunkenen
fest und meint: „Diesmal sitzt du länger Stanko,“ und zu den Helden gewandt: „Diesmal
habt ihr Glück gehabt, aber ich traue euch
trotzdem nicht.“
Die Adelige
Auf der Straße trifft die Gruppe auf einen
jungen Mann in feiner Kleidung. Halt, nein.
Es ist ein junges Mädchen und hübsch ist sie
noch dazu. Sie verwickelt die Piraten in ein
Gespräch und es stellt sich heraus, dass sie
tatsächlich Mireille, die Tochter des Gouverneurs ist. Überraschender Weise zeigt sie
keinerlei Respekt oder Scheu vor den wilden Haudegen (den SC). Sie witzelt herum
und zeigt sich äußerst wissbegierig, was Geschichten von fernen Landen angeht.
Einem gutaussehenden Helden, der auf sie
eingeht, schlägt sie vor, sich des Öfteren zu
tref­fen. Es ist erwünscht, wenn sich hierbei
eine Romanze in den kommenden Tagen aufbaut. Mireille ist auch sexuellen Erfahrungen
nicht abgeneigt, wird aber einen potentiellen
Lieb­haber trotzdem nicht in den Palast einladen, da ihr Vater mit Sicherheit „in Walwut
geraten würde“.
DAS TREFFEN MIT RIA
Schließlich ist es der Gruppe also gelungen
die Besitzerin des zweiten Kartenteils ausfindig zu machen. Sie lebt abseits der Stadt in
einem klei­nen Haus auf einer Anhöhe.
Als sie sich nähern, sehen sie eine rothaarige Frau, die gerade Fechtübungen durchführt. Sie beendet diese auch nicht, als sie
den Charak­teren ansichtig wird. Nach einer
halben Stunde wirft sie schweißbedeckt ihren Kampfstab von sich und begibt sich in
Richtung Haus.
Wird sie angesprochen oder aufgehalten,
wendet sie sich um und meint: „Ihr wollt
euch also mit mir messen.“
Die Gruppe wird wahrscheinlich beginnen
ihre Geschichte zu erzählen und die tätowierte Karte vorzeigen, die sie von Alrik gekauft
haben. Ria betrachtet sie stirnrunzelnd und
misstrauisch und sagt: „Also wollt Ihr euch
doch mit mir messen. Wählt die Waffen.“
Damit meint sie den Helden mit der
Tätowie­rung. Die Gruppe sollte eigentlich
nicht über­rascht sein, dass Ria den Kartenträger zum Duell fordert, denn Alrik hat ihnen das beim Kauf erklärt. Rufen sie dies den
Spielern notfalls ins Gedächtnis zurück.
DAS DUELL
Ria holt ein Bündel mit jeweils zwei Säbeln,
Degen und Schwerter aus dem Haus und bietet dem Gegner eine Waffe zur Auswahl an.
Die Regeln, so erklärt sie, sind folgende:
• Der Herausforderer (SC) wählt die
Waffen mit denen gekämpft wird
(d.h. sie kämpft mit der gleichen
Waffe)
Seite 100
ANDUIN 93
Der Geisterpirat
• Die Klingen werden abgepolstert
(und verur­sachen somit nur Betäubungsschaden, wie im waffenlosen
Kampf)
• Gekämpft wird bis zur Erschöpfung
(Lebens­energie unter 5)
Während der SC die Waffen betrachtet
steht jedem Gruppenmitglied eine Menschenkenntnisprobe zu. Bei Gelingen bemerkt man, dass ihr Blick vor allem auf den
Säbeln ruht, ein deut­licher Hinweis, dass dies
die Waffe ihrer Wahl wäre.
Sollte dies nicht auch die bevorzugte
Waffen­gattung des Helden sein, wäre es für
ihn ratsam, eine der anderen Waffen zu wählen.
Rias Kampfwerte stehen im Anhang und
das Duell kann beginnen.
SIEG!
Sollte der Held das Duell nicht gleich beim
ersten Mal gewinnen, so kann er sie an jedem
weiteren Tag von neuem herausfordern. Erst
dann ist Ria bereit sich auf Verhandlungen
einzu­lassen.
Endlich ist die Fechtmeisterin besiegt und
strau­chelt schwer atmend. Sofort setzt die
Klinge des Piraten nach und berührt ihre Kehle. Sie gibt sich erschöpft geschlagen.
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„Nun, ich glaube euch, dass euch Alrik die
Karte verkauft hat,“ meint sie „Fein, dann
können wir bald den Schatz gemeinsam heben.“
Sie bittet die Gruppe in ihr Haus. Dort erklärt sie, dass sie vom damaligen Maat und
Mitver­schwörer noch nichts gehört hat. Allerdings hat sie den Schiffsjungen, Stankowatz in Praisanzya getroffen, aber er war zu
betrunken, um mich zu erkennen.
Sie hat gehört, dass er im Stadtgefängnis
sitzt. Ehe er sich der Gruppe anschließen
kann, muss er zuerst dort heraus geholt werden.
Vielleicht kommen die Spieler an dieser
Stelle schon darauf, dass Stankowatz der betrunkene Schläger aus Praisanzya ist. Wenn
nicht, ist die Überraschung später um so größer.
GEFANGENENBEFREIUNG
Es gibt verschiedene Möglichkeiten vorzugehen. Diese können notfalls von der Meisterfigur Ria angeregt werden:
Freikaufen
Warn verlangt 5 Dublonen für Stankowatz,
muss jedoch erst dazu überredet werden
(Bekehrenprobe). Feilschenproben reduzieren den Betrag.
Auf Verantwortung
Die Gruppe kann versuchen die Verantwortung für Stankos Handeln zu übernehmen.
Warn ist davon jedoch überhaupt nicht begeistert, denn er traut ja auch den Piraten
nicht und es fordert eine Bekehrenprobe +6
(eine zuvor gelungene Betörenprobe einer
Heldin(!) verringert die Probe um jeweils 1
Punkt für 2 übrig gebliebene TAW).
Die Verantwortung für Stankos Handeln zu
übernehmen kann sehr viele Probleme mit
sich bringen...
Beziehungen
Sollte sich die Gruppe mit Mireille, der
Tochter des Gouverneurs, angefreundet haben, können sie mit ihr reden, um den Säufer
begnadigen zu lassen.
Befreiung
Ein gewaltsamer Befreiungsversuch ist
durchaus möglich. Das Stadtgefängnis ist ein
kleiner Klinkerbau mit einem winzigen Wachraum und einer Zelle mit einem vergitterten
Fenster. In der Wachstube befinden sich
Warn und (SC/2) Soldaten des Gouverneurs.
Auf einen Angriff sind sie nicht vorbereitet.
Ein Befreiungsversuch kann auch so aussehen, dass man nur das Fenster zerstört.
STANKOWATZ
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Der Geisterpirat
Der Säufer ist seinen Befreiern schrecklich dankbar. Er schimpft ständig über den
Stadtbüttel und ist ungeheuer durstig. Ehe
er nichts getrunken hat, ist er nicht ansprechbar. Erst dann wird er ruhiger und lässt sich
alles erklären. Er äußert seine Freude über
den baldigen gemeinsamen Reichtum. Ria
meint, wenn der Maat jetzt bald auftaucht,
dann könnte die Suche beginnen.
Der Maat wird aber nicht auftauchen, denn
erstens hat er den Schatz ja bereits gehoben
und zweitens hat er derzeit als Geisterpirat
einfach viel zu viel zu tun.
VORBEREITUNGEN
Nachdem Tramis auch Tage später noch
nicht aufgetaucht ist, beruft Ria eine Krisensitzung ein. Sie vermutet, dass der Maat
längst tot ist und teilt dies auch mit. Zum
Glück kann der Schatz auch ohne das vierte
Kartenstück gehoben werden, es dauert nur
länger, da einige Informationen fehlen. Der
Nachteil ist, dass sie sich nur ungern länger
als nötig im Ostteil der Insel aufhält.
Dort ist nämlich der Schatz vergraben und
angeblich sind dort mehrfach seltsame Unfälle geschehen. Das Gebiet gilt als verflucht.
Es gibt mehrere Sachen zu bedenken:
• Es bietet sich an, mit dem Piratenschiff die Insel zu umsegeln und mit
Booten an Land zu gehen (geringe
Wassertiefe).
• Es muss Ausrüstung für die Wildnis
und die Suche angeschafft werden.
• Es sollte nur die Gruppe und die
NSC an der Suche teilnehmen, um
Verrat zu ver­meiden, der Rest der
Mannschaft sollte vor der Ostküste
ankern, um mögliche Verfolger abzuwehren (dies sagt Ria vor allem aus
Selbstschutz.)
GEN OSTEN
Nachdem sämtliche Vorbereitungen getroffen sind, läuft das Schiff aus und umsegelt
das Eiland. Ria und Stankowatz (an diesem
Tag relativ nüch­tern) stehen ständig am Bug
und Peilen den Kurs und den Meeresspiegel. Plötzlich geben sie den Befehl zum ankern, ca. 1 Meile von einem Küstenabschnitt
entfernt, der sich vom Rest der Ostküste in
keiner Hinsicht unterscheidet. Sie sind sich
jedoch vollkommen sicher, dass sie damals,
vor 30 Jahren hier an Land gegangen sind.
Tatsächlich ist es unmöglich, das Piratenschiff näher an den palmenbestandenen
Strand heran zu bringen, denn die Wassertiefe nimmt rapide ab.
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Deshalb werden Boote zu Wasser gelassen,
mit denen die Gruppe hinübersetzen kann.
3. LOGBUCHEINTRAG
SCHATZSUCHE
IM DSCHUNGEL
Im Dschungel, der gleich hinter der schmalen Strandlinie beginnt, ist es brütend heiß
und schwül. Allerhand Stechinsekten drangsalieren die Gruppe und ständig hört man das
Kreischen von Affen und Vögeln.
Alle menschlichen Geräusche scheinen im
grünen Dämmerlicht zwischen den Bäumen
aufgesaugt oder gedämpft zu werden. Wahrlich, dieser Wald ist nicht für Menschen geschaffen.
Kein Pfad breitet sich vor den Schatzsuchern aus, auf dem sie wandeln könnten und
allerlei Dickicht und Schlingpflanzen versperren den Weg, den man anhand der Karte zu
finden ver­sucht.
ERSTES KARTENTEIL
Das erste Wegstück erfordert das Improvi­
sationstalent der ganzen Gruppe. Dieses
befin­det sich nämlich auf dem Kartenteil, zu
dem sie keinen Zugang haben. Ihre einzige
Hoffnung ist es, grob nach Westen zu gehen,
bis sie auf den Flusslauf stoßen, von hier aus
müssen sie dann den Wasserfall suchen, der
auf dem zweiten Kar­teteil abgebildet ist. Ab
dort, ist der Weg „ausge­schildert“ (siehe Anhang).
Um den Flusslauf zu finden, ist eine Probe
auf Orientierung +3 (wahlweise Fährtensuchen +4, denn man kann Tierspuren folgen)
notwendig.
Dieses Wegstück dauert sehr lange, ca. 4
Stunden, da es keinerlei Anhaltspunkte gibt
und die Gruppe sich am Fluss trennen muss,
um den Wasserfall in beiden Richtungen zu
suchen.
Der Spielleiter sollte durch einen Würfelwurf entscheiden, welche der Gruppen in die
richtige Richtung geht.
Mit einer Wildnislebenprobe +2 und einer Probe auf Sinnesschärfe entdeckt diese
Gruppe den versteckten Wasserfall und kann
die ande­ren verständigen.
Der Spielleiter sollte gute Einfälle, bzw.
schlechte Gruppenführung mit bis zu einer
Stunde Zeitersparnis belohnen bzw. mit einer Stunde Suche mehr bestrafen.
DAS ZWEITE STÜCK
Vor der Gruppe ragt eine niedrige Felswand auf, von der ein idyllischer Wasserfall
in ein ruhi­ges Becken plätschert.
Um die Richtung einzuhalten, die auf der
Karte angegeben ist, musst man das Becken
durchqueren und den Wasserfall ersteigen.
Letzteres scheint kein schwieriges Unterfangen zu sein, denn der Felsen ist wenig steil
und bietet genügend Griffpunkte und Absätze. Allerdings ist er durch die sprühfeinen
Wassertropfen sehr glit­schig.
Einfache Kletterprobe (+ BE). Misslungene
Proben führen zu W6 Schaden durch Schürfwunden.
Allerdings ist das Wasser im Becken unterhalb des Wasserfalls voller Piranhas und es
besteht eine Chance, dass sie in das weniger
ruhige Becken schwimmen, wenn sie das Blut
aus Kratzern und Moskitostichen wittern (1 6 auf W20).
Tierkunde, Sinnesschärfe, oder Gefahreninstinktproben können die drohende Gefahr
rechtzeitig abwenden. Ein Schock sollte es
jedoch allemal sein.
Vom Wasserfall aus geht es nach Südwesten zu den gekreuzten Felsen. Gelingt der
Gruppe eine Probe auf Orientierung + 1, erreichen sie dieses Geländemerkmal 1 Stunde
später. Von diesem unauffälligen Felsenpaar
geht es grob gen Nordosten.
Der Weg führt genau in das Revier des men­
schenhassenden Waldschrats Wurzelsaepp.
WURZELSAEPPS MAGIE
Mühsam hacken sich die Schatzsucher einen Pfad durch den dichten Dschungel.
Irgendwie fühlen sie sich unwohl und langsam haben sie das Gefühl, dass das Gestrüpp
nach jedem Hieb mit der Machete zäher wird
und ihren Anstrengungen entgegen arbeitet.
Wie bereits erwähnt, haben die SC das Gebiet des Waldschrats betreten. Helden mit einem hohen Wert in Gefahreninstinkt fühlen
sich deshalb beobachtet. Wurzelsaepp überwacht jeden ihrer Schritte und nutzt seine
Fähigkeit die Pflan­zenwelt zu beherrschen,
um ihnen den Weg zu erschweren. Nicht nur,
dass er sowieso alle Menschen hasst, nein,
die Gruppe ist zudem in sein(!) Reich eingedrungen und beschädigt seine „Schützlinge“.
Ereignisse
Folgende Ereignisse können in unbestimmter Reihenfolge auftreten. Sie sind alle auf
Wurzel­saepps Pflanzenmagie zurückzuführen:
• Der Dschungel wird immer dichter
und bald ist kaum mehr ein DurchSeite 102
ANDUIN 93
Der Geisterpirat
kommen möglich. Die Gruppe muss
sich einen anderen Weg suchen.
• Die Schatzsucher haben das Gefühl
im Kreis zu laufen, entdecken aber
keinerlei Spuren ihrer Anwesenheit.
• Ein schwerer Ast schnalzt einem Charakter in das Gesicht, obwohl er ihn
nicht zurückgebo­gen hat: 2W6 TP.
Dies sollte ausreichen um die Spieler entgültig misstrauisch zu machen und zu verwirren. Diese Verwirrung spiegelt sich auch bei
den NPCs wieder.
Nach mehrmaligem Wegwechsel und
mühsa­mem Herumgehacke auf dem Bodenbewuchs, sind alle erschöpft. Die Orientierung ist schon lange dahin und so beschließt
man erst einmal Rast zu machen. Stanko
liefert einen brauchba­ren Vorschlag, später
auf einen Baum zu klettern um den Kurs zu
peilen.
Angriff
Wie aus dem Nichts taucht plötzlich ein
bau­martiges Wesen auf. Erst denken alle, die
Bäume hätten zu ächzen begonnen, doch
dann erkennt man, dass die Geräusche von
dem Ungeheuer stammen. Mit schwingenden Armen geht es auf die Gruppe los und
lässt eine Schimpfkanonade in einer fremden
Sprache los.
Das Monster ist der Waldschrat Wurzelsaepp, der die Eindringlinge ein für alle mal
ausmerzen möchte.
Seine Werte befinden sich im Anhang.
Zunächst sind die Charaktere überrascht,
so dass sie in der ersten Kampfrunde nicht
attackie­ren können und auch nur nach einer
gelungenen IN-Probe parieren können.
Der Waldschrat flieht nach der ersten Wunde; ein Nachsetzen ist unmöglich, er scheint
mit dem Dschungel regelrecht zu verschmelzen.
so lange sich die Gruppe in Wurzelsaepps Revier aufhält.
Der Spielleiter kann dies mit Angst vor
dem verfluchten Waldstück und dem bösen
Baumgeist begründen.
OH, EIN PFAD…
Schließlich trifft die Gruppe auf einen
schma­len Pfad, der Dschungel drum herum
erscheint nur schwer begehbar. Glücklicherweise führt der Weg sogar in etwa in die richtige Richtung.
Dem Spielleiter sei verraten, dass Wurzel­
saepp seine Magie eingesetzt hat, um die
Schatz­sucher direkt in einen Hain von Würgedatteln zu führen.
Möglicherweise wollen die Spieler den Pfad
nicht benutzen. Lassen sie sie es ruhig versu­
chen, aber der Waldschrat hat den Dschungel wirklich undurchdringlich gemacht.
Als die Gruppe den Würgedattelhain erreicht, werden sie sehr bald und ohne Vorwarnung von den fleischfressenden Bäumen
attackiert.
Auch hier gelten die Regeln für Überraschung. Beschreiben sie dieses Ereignis ausführlich und gruselig:
At: 10 LE: 10 RS: 2 TP: W+ 2 SP (Würgegriff)
Besoderheiten: Nur durch Klingen
und Feuer verwundbar. Einer gelungenen AT kann man nur mit Ausweichen + 1 entkommen. Anschließend
befindet man sich im Würgegriff und
erleidet jede KR W+2 SP. Im Würgegriff erhält man 2 auf AT.
Werte für die Bäume selbst sind nicht nötig. Der Kampf gegen sie stellt ein aussichtsloses Unterfangen dar, denn es lauern noch
weitere Ranken in der Nähe und sind bereit
zuzuschla­gen.
Die Piraten fliehen. Nur weg von diesen
grau­sigen Gewächsen! Aus dem Dickicht hören sie knarrendes Gelächter, können aber
niemanden entdecken.
GEFANGEN!
Frustriert und überreizt sucht sich die Gruppe ihren Weg weiter durch das Dickicht des
Dschun­gels. Schließlich geraten sie an einen
Punkt, wo ihnen gefährliches Dornicht, den
Weg wie eine grüne und äußerst scharfkantige Mauer ver­sperrt. Doch als sie umkehren
wollen, müssen sie feststellen, dass der Weg,
den sie zuvor so mühsam freigehackt hatten
„Plötzlich fällt euch auf, wie still es um
euch geworden ist. Kein Tierlaut ist in eurer
Nähe zu hören. Links und Rechts neben euch
befinden sich kleine Bäume mit prachtvollen Früchten, welche äußerst einladend und
schmackhaft aussehen. In diesem Moment
schnellt ein Gewirr von Tentakeln aus dem
Geäst ein wahrlich grausiger Anblick. Du
willst noch einen Warnruf ausstoßen, doch
ein Würgegriff schnürt deine Kehle zu …“
Würgedattelhain
Anzahl: 3 Rankenbüschel
Nach dem Gefecht sollten die Piraten ihre
Erkenntnisse zusammenfassen und zu seltsamen Ergebnissen kommen:
1. Das Monster passte vom Äußeren
her kei­neswegs in die Umgebung.
2. Was sie für eine fremde Sprache hielten ist in Wahrheit ein Dialekt, (für
diese Erkenntnis ist eine Sprachenprobe – 1 nötig) und zwar der aus
Andergast.
Nachdem sie Vorsichtsmaßnahmen getroffen haben und Stanko den Kurs gepeilt hat,
ziehen sie weiter. Alle sind reichlich besorgt.
Jeder Pirat sollte einen Aberglaubenwurf
durchführen, bei dessen gelingen er/sie einen
Malus von 1 auf jede Probe hinnehmen muss,
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ANDUIN 93
Der Geisterpirat
verschwunden ist. Anstelle dessen ragt nun
ebenfalls gefährlich anmutendes Blattwerk
in die Höhe. Sie sind vollständig eingeschlossen und ein Entkommen ist wohl kaum möglich, denn es versperren Schlingpflanzen mit
der Oberfläche eines Reibeisens den Weg
und Schopfpalmenblätter deuten wie Dolchklingen auf die Schatzsucher.
Natürlich ist auch dies auf das Wirken des
Waldschrats zurückzuführen.
Die Pflanzenmauer ist in jeglicher Hinsicht
wie gefährliches Dornicht zu behandeln, d.h.
SC die versuchen durchzubrechen erleiden
W6 SP und verheddern sich recht schnell
(ganz zu schwei­gen davon, dass die Kleidung
ruiniert wird).
VERHANDLUNGEN
Kurze Zeit später taucht der Waldschart
höh­nisch lachend am Rand der Pflanzenmauer auf. Er baut sich vor der Gruppe auf und
spricht (DIALEKT!):
„Jetzt werdet ihr sterben. Es gibt für euch
kein Entkommen! Das habt ihr nun davon,
dass ihr mich belästigt. Noch einmal lasse ich
meine Schützlinge nicht zu Grunde gehen.
Nein, ihr Menschenwesen werdet meinen
Wald nicht abholzen. Niemals wieder! Wer
hat euch geschickt? Der König? Die Baumeister?“
Dies ist die ultimative Chance für die Helden. An dieser Stelle müssen sie Wurzelsaepp
überzeugen, dass sie nichts mit Holzfällern
zu tun haben.
Gute Ideen, um den Waldschrat zu überzeugen sollten ohne Proben von statten
gehen und mit einem Freiwurf auf Bekehren
belohnt werden. (Beispiel: Die Spieler verleihen Wurzel­saepp den Titel eines Waldgrafen
und schwö­ren, dass niemand mehr ihm sein
Gebiet streitig machen wird.)
Schlechte Verhandlungstaktiken (z.B.
Drohun­gen) erfordern Bekehrenproben im
Ermessen des SL.
Nachdem Wurzelsaepp von den Motiven
der Gruppe überzeugt ist, lässt er sie frei
und bringt sie zudem noch zu der Lichtung
mit der krum­men Palme. Er wünscht ihnen
noch gutes Gelin­gen, ehe er im Dschungel
verschwindet. Das Szenario hat die Schatzsucher ca. 5 Stunden aufgehalten.
DAS LETZTE WEGSTÜCK
Eine Orientierungsprobe +2 bringt sie zu
dem Mammutbaum mit einem alten, verrosteten Säbel im Stamm. Von dort aus erreichen sie die Schatzlichtung mit einer Orientierungsprobe + 1. Das letzte Wegstück
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dauert ca. 2 Stunden.
DER SCHATZ
Die Gruppe stellt sich am Ostrand der großen Lichtung auf, fiebernd vor Spannung. 3
Schritte nach Westen – 4 Schritt nach Norden – dort muss der Schatz in etwa sein.
Fleißig beginnt man zu graben und die Erde
fliegt ihnen um die Ohren. Als es zu dämmern
beginnt, ist die halbe Lichtung umgegraben,
doch es ist kein Schatz in Sicht. Einzig und allein 2W20 Silberstücke verschiedenster Herkunft deuten darauf hin, dass er hier einmal
gelegen hat.
Tramis, der damalige Maat war schneller
und hat den Schatz bereits vor 18 Jahren alleine gehoben.
Nun gilt es nur noch, ein Lager aufzubauen
und die Nacht herum zu bringen. Eine gelungene Wildnislebenprobe und ein Wurf auf
Kochen verschafft der Gruppe wenigstens
volle Rege­neration. Scheitert eine der Proben, bleibt die Regeneration aus und scheitern beide Würfe, nehmen Anstrengung und
Frustration überhand und die SC verlieren in
der Nacht W6-1 LP.
RÜCKKEHR
Der Rückweg durch den Dschungel ist am
nächsten Tag in wenigen Stunden geschafft,
jetzt, wo der Weg bekannt ist. Stanko und Ria
fluchen die gesamte Zeit über ihren ehemaligen Kame­raden Tramis, den sie (zu Recht) in
Verdacht haben.
Nach einer jubelnden Begrüßung für die
Schatzsucher, ist auch die Mannschaft auf
dem Schiff arg enttäuscht und schlechter
Laune. Kein Wunder, denn diese Unternehmen wirft keine Beute ab.
Der Anker wird gelichtet und bald laufen
die Piraten wieder in Praisanzya ein. Dort erwartet sie allerdings eine Überraschung.
4. LOGBUCHEINTRAG
GEISTERJAGD
ZURÜCK IN DER STADT
Im Hafen ist allerhand los. Aufgeregt laufen die Bürger umher und auf den Strassen
patrouilliert die Garde des Gouverneurs.
Viele der umste­henden Gebäude sind rußgeschwärzt und einige schwelen sogar noch.
Alle Anzeichen deuten auf einen Kampf hin.
Sehr bald erfahren die Piraten, dass „der
Gei­sterpirat“ die Siedlung überfallen hat.
Seine Mannschaft ist in den Hafen gesegelt (es gibt keine Abwehrgeschütze) und
hat begonnen die Lagerhäuser zu plündern.
Natürlich ist die Garde sofort ausgerückt und
es kam zu einem wilden Gefecht, das damit
endete, dass die Plün­derer sich zurückzogen.
Doch wie sich bald heraus stellte, war dies
nur ein Ablenkungsma­növer gewesen. Der
Geisterpirat selbst war mit einem schnellen
Boot auf der anderen Seite der Landzunge
gelandet, dort wo der Palast steht. Während
die Garde in der Stadt kämpfte, drang er in
das Herrenhaus des Gouverneurs ein und
entführte dessen Tochter Mireille Stoibar.
Wilde Gerüchte gehen in der Bevölkerung
um, der Geisterpirat will damit erreichen,
dass der Gouverneur ihm die Stadt übergibt.
Andere behaupten, der Geist will die junge
Maid zu Neu­mond zu seiner Braut machen,
und vieles mehr.
Stankowatz und Ria verabschieden sich
von der Gruppe kurz nach ihrer Ankunft. Ihre
Träume vom großen Gold sind zerplatzt.
BITTE DES GOUVERNEURS
Warn der Stadtbüttel sucht die Piraten auf.
Er hat eine Platzwunde am Schädel davongetragen. Zähneknirschend übergibt er ihnen
eine Einla­dung des Gouverneurs. Sie sollen
ihn abends zu einem zwanglosen Abendessen besuchen.
Als sie am Abend vor dem Gouverneurspa­
last auftauchen werden sie von einem Lakai
in den Speisesalon geführt. Der Gouverneur
zeigt sich von seiner besten Seite, zeigt sich
kultiviert und interessiert und wird auch über
schlechte Manieren der Abenteurer hinweg
sehen.
Schließlich kommt er auf den Punkt. Er
möchte, dass die Gruppe mit ihrem Schiff
dem Geist nachstellt und seine Tochter zurück bringt.
Im Gegenzug bietet er einen Kaperbrief
und ein Handelsabkommen über Beute, welche die Piraten in Zukunft machen werden.
Das Piratenschiff wird mit frischer Nahrung
für eine Woche und mit 1 Quader Zwieback
und Dörrfleisch beladen. Die Mannschaft
erhält nach der Rückkehr 10 Fässer guten
Rum. Zudem verspricht er eine Belohnung
in der gleichen Höhe, wie ihr halber Anteil
am nicht gefundenen Schatz, also ca. 250 D.
Der Gouverneur ist auch bereit ihnen Waffen
aus Praisanzya äußerst gün­stig zu veräußern,
oder diese als Anzahlung von der Prämie abzuziehen (Armbrüste 80% des Listenpreis,
Nahkampfwaffen 130% – im Süden, wo es keine Waffenindustrie gibt durchaus gün­stig).
Dies beweist, wie gut der Gouverneur
infor­miert ist und wie weit verzweigt sein
Netz an Informanten ist. Die wahre Identität
und der Anwesenheitsgrund der Gruppe ist
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ANDUIN 93
Der Geisterpirat
ihm wohl bekannt.
Abwehr des Bösen.
Er wird sich nur schwer weiter hinauffeilschen lassen, denn er bietet die einzelnen
Vergünsti­gungen nur häppchenweise an, als
ob es Zuge­ständnisse seinerseits wären.
Tatsächlich sind die Charaktere soeben
dem Schiff des vermeintlichen Geisterpiraten
bege­gnet. Er ist ohne sie zu bemerken vorbei
gefah­ren und somit auch immer noch nicht
gewarnt.
Gute Gründe, warum die Helden annehmen sollten:
• Die Ausgaben für die Expedition
müssen gedeckt werden.
• Es ist nie schlecht einen Zugang zu
einem freien Hafen zu haben.
• Abenteuerlust
• Persönliches Interesse an Mireille
Nehmen die Helden an, sagt er ihnen, dass
alle Informationen dafür sprechen, dass der
Geister­pirat seinen Stützpunkt auf einer kleinen Insel nur wenige Tagesreisen südlich von
Praisanzya hat.
Die Kursangaben und einen Vertrag können sie am nächsten Morgen bei dem Secretarius des Gouverneurs erhalten.
Die ausgehandelten Waren (Proviant, evtl.
Waffen) werden im Laufe des Tages an Bord
ver­laden, so dass die Gruppe am übernächsten Tag aufbrechen kann.
Sollten die Piraten sich bei anderen Seeleuten nach der Insel erkundigen, so können sie
erfah­ren, dass diese Kannibaleninsel genannt
wird. Anker lichten!
AUF SEE
Die Reise wird nur drei Tage dauern. Sollte
die Gruppe gelangweilt sein, da es zu wenig
Kämpfe gibt, kann es am ersten Tag zu einem
kleinen Scharmützel mit einem verfeindeten
Patrouillenboot kommen.
Am zweiten Tag zieht gegen Abend Nebel
auf und umgibt das Schiff wie eine dicke Decke. Man sieht kaum die Hand vor Augen und
alle Geräu­sche erscheinen gedämpft und verzerrt.
Plötzlich meldet der Pirat im Ausguck, dass
sich an Steuerbord etwas aus der Erbsensuppe schält. Tatsächlich taucht eine Silhouette
im Nebel auf. Ein Schiff!
Aber seltsam ist es anzusehen. Kein Ruf
hallt herüber und an Deck glost ein seltsames
grünli­ches Licht. Noch ehe der Befehl zum
Verfolgen gegeben werden kann, schlägt die
Nebelwand wieder über der kleinen Zedrakke (eine Lorcha, um genau zu sein) und sie
entschwindet.
Die Mannschaft ist sehr beunruhigt und
hält diese Begegnung mit dem „Dämonenschiff“ für ein böses Omen. Viele senden
ein kleines Stoßgebet an die Zwölfe und die
Härteren machen zumindest das Zeichen zur
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Das grüne Leuchten kommt von den
alchemi­stischen Substanzen, mit denen Tramis sich einstreicht, um den Eindruck einer
ruhelosen Seele zu verstärken. Er hat auch
einige Teile des ste­henden Gut und der Reling damit behandelt.
Am Nachmittag des dritten Tages kommt
die Kannibaleninsel in Sicht. Sie gehört zu
einer kleinen Inselgruppe und ist wohl ihre
Größte. Im Norden ragt ein Vulkanberg auf –
das erste, was die Ankömmlinge erblicken.
Die Mannschaft meldet, dass die Wassertiefe rapide abnimmt. Bei diesen Vulkaninseln ist Vor­sicht geboten, denn meistens sind
die Inselgrup­pen von Riffen durchzogen. Die
Segel werden eingeholt und die Fahrt verlangsamt sich. Am Bug messen einige Seeleute den Wasserstand mit dem Senkblei. In
der Takelage hängen andere, die Ausschau
nach scharfkantigen Felsen halten, die nur
knapp unter der Wasseroberfläche liegen.
Schon bald stellen die Korsaren fest, dass es
kein Durchkommen gibt. Demnach müssen
sie Boote zu Wasser lassen und mit diesen an
Land gehen,
Um den Riffgürtel zu durchschiffen muss
jeder Offizier, der ein Boot befehligt eine
Probe auf Sinnesschärfe, und Boote fahren
+3 bestehen.
Für jeden Misserfolg nimmt das Schiff W6
Schaden am Rumpf, hervorgerufen durch
Zusam­menstöße mit Felsen.
DIE KANNIBALENINSEL
Die Insel kann man schnell erforschen,
denn sie ist nicht sonderlich groß. Vom Geisterpiraten finden sie keine Spur, sehr wohl
aber von den Namensgebern der Insel.
Denn am Rand des Dschungels, der den
Großteil der Insel bedeckt sind Totems aufge­
stellt. Schädelgekrönte Pfähle markieren
Stellen im Dschungel etc.
Ein Mannschaftsmitglied behauptet, es
hätte bereits einen dieser Eingeborenen
gesehen – er hätte unentwegt herüber geglotzt.
Auf der Insel lebt der Stamm der N`taka
Wa Toko, ein kannibalisch lebender Stamm
von Waldmenschen. Sie haben die Seeleute
ebenso entdeckt, wie der Schiffbrüchige, der
sich auf der Insel herum treibt.
Die Kannibalen stellen dem Mann schon
seit einige Zeit nach – bisher erfolglos. Jetzt
sehen sie ihre Hoffnung auf ein rituelles Opfer endgültig schwinden und bereiten sich
auf eine Jagd vor.
Das kommende Ereignis findet am Strand
statt, wenn die Insel bereits ein wenig erforscht ist und sich eine größere Gruppe
dort aufhält. Das Dorf hat die Gruppe nicht
entdeckt, es liegt einfach zu versteckt. Man
sollte übrigens bedenken, dass nicht alle Piraten an Land gehen können, es sei denn,
man lässt das Schiff unbe­wacht zurück, das
weiter draußen hinter dem Riffgürtel ankert.
Kurze Zeit später beginnen dumpfe Trommeln zu schlagen. Die Geräusche kommen
direkt aus dem Dschungel und werden von
den Hängen des Vulkans zurückgeworfen.
Eine genaue Quelle ist nicht zu lokalisieren,
doch die klänge verheißen nichts Gutes und
zehren an den Nerven.
DER SCHIFFBRÜCHIGE
Plötzlich kommt ein schrecklich zerlumpter Mann aus dem Dschungel gestürmt. Während er direkt auf die Piraten zuläuft, sieht er
sich immer wieder gehetzt um. Er beginnt
zu rufen und zu winken, fällt hin und rappelt
sich pani­kerfüllt wieder auf. Als er gerade
die Hälfte des Weges zurückgelegt hat, kommen seine Verfol­ger in Sicht. Waldmenschen
in voller Kriegsbema­lung, mit Kopfputz und
Waffen springen aus dem Schutz der Bäume,
stoßen wilde Kriegsschreie aus und beginnen
mit Speeren zu werfen.
Noch ehe die Piraten ihre Überraschung
ganz überwunden haben, sind die Eingeborenen heran und gehen zum Angriff über.
Die Werte der Waldmenschen als Individuen findet man im Anhang. Die folgenden
Werte gelten nur für den ganzen Haufen und
der Kampf sollte nach den Regeln für Scharmützel ausgetra­gen werden.
Kriegstrupp der Eingeborenen
Stufe: 4, Moral: 14 (heilige Mission) Mannschaftsstärke: 30, At: 9 Pa: 12 (Schild), TP: W+
7 (Speer) RS: 4
Nach 6 Runden ziehen sich die Eingeborenen in den Schutz des Waldrands zurück. Auf
dem freien Strandstück zwischen den beiden
gegne­rischen Parteien liegt die Leiche des
Schiffbrü­chigen. Ein gefiederter Speer hat
sich in seinen Rücken gebohrt und ein verirrter Säbelhieb hat eine Wunde am Schädel
hinterlassen.
Nach ein paar Minuten des Wartens tritt
einer der Waldmenschen aus dem Dschungel hervor. Er ist besonders prächtig geschmückt und zeigt seine unbewaffneten
Hände. Schließlich beginnt er auf Mohisch zu
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ANDUIN 93
Der Geisterpirat
sprechen.
Charaktere mit Kenntnissen in Mohisch
müssen eine Sprachenprobe + 5 ablegen, um
den Dialekt zu verstehen. Ansonsten hilft nur
Zeichensprache weiter.
„Ich bin HukaHey, Vater (Häuptling) der
N`ataka Wa Toko. Das Opfer wurde gebracht
und das Blut vergossen (er deutet auf die Leiche des Schiffbrüchigen). Auch ihr habt dazu
beigetragen (Säbelhieb). Nun sind die Geister des Landes beru­higt. Lasst uns friedlich
sein und gemeinsam den Toten verspeisen.
Wir laden euch in unser Dorf ein.“
Selbst wenn die Helden nicht bereit sind,
den Toten zu essen, sollten sie dennoch zu
der Gewissheit kommen, dass die Waldmenschen wichtige Informationen über den Aufenthaltsort des Geisterpiraten haben könnten.
DAS EINGEBORENENDORF
Das Dorf liegt auf einer Lichtung im Dschun­
gel. Einige Bambushütten stehen herum und
in der Mitte schwelt eine große Kochgrube.
Mehrere alte Menschen sitzen am Boden
und rauchen Tabakröllchen, während die
Kinder herumlaufen und die hellhäutigen
Gäste bestaunen. Alles wird für ein Festmahl
vorbereitet. Für die nichtkannibalischen Besucher werden andere Delikatessen hergerichtet, wie z.B. Früchte, Maden und Insek-
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ten. Selbstbeherrschungspro­ben, um nicht
unhöflich zu erscheinen.
In einem Gespräch mit dem Häuptling können die Piraten erfahren, dass die Truppe
des Gei­sterpiraten in dem Vulkankrater ihr
Lager hat. Anscheinend gibt es eine Grotte auf Wasserhöhe, unglücklicherweise ist
den Waldmenschen der Weg dorthin nicht
bekannt. Sie kennen jedoch einen oberirdischen Eingang, werden diesen jedoch nicht
verraten, da dem Vulkan göttliche Kräfte
zugesprochen werden. Da den Hellhäutigen
jedoch von dem Stammesschama­nen große
Macht zugesprochen wird, gibt es dennoch
einen Ausweg, um zu testen, ob sie würdig
sind in den „Götterberg“ einzudringen: Der
Vogelkampf.
DER VOGELKAMPF
Der Vogelkampf findet auf der Nachbarinsel statt, der Begräbnisinsel der N`ataka
Wa Toko, wo sie die Gebeine der Ahnen zur
Ruhe betten. Es geht mit den Einbäumen der
N´ataka … hinüber. Diese Insel besteht vollständig aus vulkanischem Material, ragt weit
über dem Mee­resspiegel auf und ist zudem
äußerst zerklüftet.
Deshalb herrschen auf ihr starke Aufwinde. Die Kannibalen haben festgestellt, dass
man mit einem Paar Schwingen und gehörigem Können diese Winde durchaus zu einem
Gleitflug nutzen kann. Junge Krieger müssen
allesamt eine derar­tige Prüfung bestehen, es
ist sogar so, dass man den Vogelkampf nur
einmal in seinem Leben, bei der Geschlechtsreife absolvieren darf.
Der Kampf sieht folgendermaßen aus: Der
auserwählte Held (der beste Flieger) muss
gegen eine angehende Kriegerin (die logischerweise auch noch keine Flugerfahrung
hat) antre­ten. Beide werden mit einem Paar
prachtvoller Schwingen ausgestattet, die aus
Bambus, Vogelfedern und Bast bestehen und
an den Armen festgeschnallt werden können. Zu Beginn der Prüfung stürzen sich beide über einen hohen Felsen und müssen die
Aufwinde nutzen, um in der Luft zu bleiben.
Wer zuerst abstürzt, hat den Kampf verloren.
Dabei ist es durchaus erlaubt, den Gegner mit
Tritten aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Ritualgegner
Waldmenschenfrau 1. Stufe, Mu: 11 Kl: 11
Ge: 12, LE: 30 At: 8 Pa: 8 TP: W6 (Raufen) Taw.
Fliegen: 2
Um sich von dem Felsen zu stürzen und
den Flügeln zu vertrauen, ist zuerst eine Probe auf Mut, erschwert um den halben Wert
in HA notwendig. Gelingt diese nicht, zögert
der Teilneh­mer und der Kontrahent hat den
ersten Angriff frei.
Sobald die Kontrahenten in der Luft sind,
wird es schwierig. Denn nun kommt die Feu-
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Der Geisterpirat
erprobe, ob sie es schaffen in der Luft zu bleiben und sich einzugewöhnen. Fliegenprobe
+2, bei Mis­slingen stürzt der Betroffene ab
und schlägt mit 5W6 SP am Boden auf.
chenden Ausrüstung um zu entern.
Um in den Nahkampf überzugehen, würfeln die Gegner jeweils eine Fliegenprobe,
um sich ohne Zwischenfälle heranzulenken.
Misslingt die Probe, muss man eventuell
eine unparierte Attacke hinnehmen und darf
selbst nicht angrei­fen.
Die Gegner sind überrascht und undiszipli­
niert, weshalb der erste Angriff frei ist. Danach erschallen jedoch Alarmruf und die
„Geistermän­ner“ stürmen auf das Oberdeck.
Nimmt jemand Schaden, muss er sofort
eine Fliegenprobe +SP durchführen, oder er
stürzt ab (5W6 SP).
Beschreiben sie den Wind, das Ächzen
der Schwingen und das Ziehen im Magen.
Benutzen sie Worte wie „trudeln, Wind einfangen, spiral­förmig aufsteigen, gleiten und
stürzen“.
Gewinnt der SC, hat er sich würdig gezeigt,
den Weg hinein in den Vulkan zu erfahren.
Schei­tert er, brechen die Waldmenschen
sofort jegli­chen Kontakt zu den Piraten ab.
Es gibt dennoch die Möglichkeit, den Weg
selbst zu finden. In diesem Fall muss der SL
jedoch improvisieren.
IN DEN VULKAN
Mit Hilfe eines Eingeborenenführers (oder
auch nicht) gelangt die Gruppe in einen
schma­len Felsgang im Krater des Vulkans. Es
ist heiß und stickig und die Luft riecht nach
Schwefel und nach Rauch der ständig flackernden Fackeln (dies wäre doch eine Situation für Würfe gegen Raumangst, oder?)
Immer tiefer windet sich der Gang in den
Berg hinein und mehrmals muss man kriechen. Schließlich kommen die Freibeuter auf
einer ausladenden Felsgalerie heraus. Unter
ihnen liegt eine gewaltige Grotte, die mit
Wasser gefüllt ist. Anscheinend gibt es einen
Eingang im Nord­osten, der groß genug ist,
um eine kleine Lorcha passieren zu lassen.
Schnell werden die Fackeln gelöscht, denn
dort unten dümpelt tatsächlich das Schiff
des Geisterpiraten. Wieder erkennt man das
grünliche Leuchten an Deck, auf dem nur
wenig Bewegung zu erkennen ist. Anschei­
nend fühlen sich die Gegner sicher und rechnen mit keinem Angriff. Ein natürlicher Steig
führt hinab zur Wasseroberfläche.
ATTACKE!
Der Angriff kann sofort stattfinden oder
auch später, denn vielleicht möchten die
Spieler noch Enterausrüstung von ihrem
Schiff holen.
Eine Schwimmenprobe + halbe Belastung
bringt die Korsaren an das Schiff heran und
eine Kletternprobe reicht mit der entsprewww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
Ziehen sie für den Angriff 2 Punkte von der
Moral der Mannschaft ab, denn sie tritt ja gegen vermeintlich Untote an.
In der zweiten Runde nachdem Alarm
gege­ben wurde, taucht Tramis der Geisterpirat im Aufgang zu seiner Kajüte auf und
fordert die SC-Piraten zum Duell. Dies gilt
als einschüchterndes Erlebnis mit einem Malus von 2 Punkten auf den Moralwurf der SC
Mannschaft in dieser Runde. Beachten sie
übrigens, dass die Lorcha mit einer Hornisse
ausgestattet ist, die ebenfalls in dieser Runde zum Einsatz kommt, es sei denn die Spie­
ler haben vorgesorgt.
Der „Geisterpiraten“ Trupp
Stufe: 3, Moral: 11, Mannschaftsstärke: 50,
At: 11 Pa: 10, TP: W+6 (Entermesser) RS: 3
Tramis wird sich ergeben, sobald seine LE
auf 15 sinkt. Spätestens dann gibt auch seine
Mann­schaft auf, nachdem er sie auffordert.
Mireille, die Gouverneurstochter befindet
sich wohlbehalten in der Kapitänskajüte,
welche Tramis verteidigt hat und stürzt sich
in die Arme ihres Lieblingshelden.
Anschließend sprudeln die Worte nur so
von ihren Lippen. Hektisch erzählt sie, dass
Tramis sie gut behandelt hat. Er ist überhaupt kein Geist, sondern ein armer entstellter Mann und zudem ihr Großvater. Er ist der
echte legitimierte Gou­verneur und ihr Vater,
Edmondo Stoibar, hat ihm diesen Posten geraubt und zudem so stark ver­krüppelt.
Er will doch nur zurück, was ihm gehört,
deshalb hat er sie als Druckmittel entführt.
Ihr Vater, so erzählt sie, liebt sie auch nur aufgrund von Besitzdenken und vielleicht wäre
es für Praisan­zya wirklich besser, wenn Tramis wieder herr­schen würde.
VERHANDLUNGEN
Der enttarnte Geisterpirat bestätigt
unabhän­gig von seiner Enkeltochter jedes
Detail der Geschichte. Er erzählt ihnen die
Hintergründe, angefangen vor 30 Jahren
(auch die Sache, dass er den Schatz gehoben
hat…) und macht ihnen einen Vorschlag:
Das Wort seines Stiefsohns Edmondo
ist nichts wert. Es kann gut sein, dass er
nicht vor hat, den Piraten ihre versprochene Belohnung aus­zuhändigen, sondern sie
vielleicht sogar an eine verfeindete Nation
auszuliefern, um die Prämie zu kassieren. Er
hat die Korsaren nur für seine Zwecke missbraucht. Sollten die Charaktere jedoch ihn,
Tramis unterstützen, wieder an die Macht
zu kommen, wird er jede Vereinbarung, die
von Edmondo getroffen wurde, erfüllen und
zusätzlich noch eine weitere Belohnung aussetzen. Des weiteren würde er Praisanzya in
einen Freibeuterhafen verwandeln, wovon
natür­lich auch die Helden Vorteile hätten.
Seine ein­zige Bedingung ist, dass Edmondo
nicht getötet wird.
Was er über seinen Stiefsohn, den derzeiti­
gen Gouverneur gesagt hat ist richtig. Doch
die Gruppe soll selbst entscheiden, ob sie
ihm glaubt oder nicht.
Nimmt die Gruppe an, erläutert er ihnen
den Plan: Die Festung zu erstürmen ist nahezu unmöglich, wie er bereits einmal festgestellt hat. Es gibt jedoch einen geheimen
Gang, den er zu seiner Regierungszeit als
Fluchttunnel gegra­ben hat. Eine Gruppe von
beherzten Kämpfern, die ihm bei seinem
letzten Angriff gefehlt hat, könnte diesen
Gang benutzen, um in das Innere des Palastes zu kommen. Ist erst einmal das Tor geöffnet, können die überraschten Söldner im Nu
überwältigt und der Gouverneur festgesetzt
werden.
In der nächsten Zeit werden die Verwundeten versorgt, bis die Mannschaft wieder
vollständig genesen ist. Die Schiffe werden
getrimmt und schließlich kann der Angriff auf
Praisanzya begin­nen.
Die Reise dorthin verläuft für beide Schiffe
ereignislos. Sollten beide Mannschaften zu
hohe Verluste erlitten haben, kann ein Abstecher in eine Hafenstadt gemacht werden
(z.B. Shilaya), wo je nach Werbestrategie und
Stadtmoral W6 bis 4W6 unerfahrene bis geübte Piraten ange­heuert werden können.
5. LOGBUCHEINTRAG
EIN WOHLFEILER
UMSTURZ
VORBEREITUNG
Der Wind steht gut und die beiden Schiffe
nähern sich der Insel Praisanzya von der Ost­
seite her.
Bis auf wenige Bordwachen, bleiben die
Kähne unbewacht, denn jeder Mann wird
für den bevorstehenden Kampf benötigt.
Die Mannschaften machen sich auf und erreichen im Schutz des Dschungels in der
Abenddämmerung den Fuß der Anhöhe, auf
welcher der Gouverneurspalast steht. Nun
heißt es bis zur Nacht abzuwarten.
Der Plan sieht so aus, dass ein kleines
Grüpp­chen von weniger als 10 Personen (TraSeite 107
ANDUIN 93
Der Geisterpirat
mis und die Helden) den Fluchttunnel nutzt,
um in die Festung zu gelangen. Mehr Personen wären zu auffällig. Das Überfallkommando dringt in das Torhaus ein und öffnet
den nachkommenden Piraten den Eingang.
Der Haupttrupp bekommt in diesem Fall ein
Lichtsignal.
SO WIRD ES GEMACHT
Der Fluchttunnel beginnt nahe der Mauer.
Verlangen sie eine Schleichen und Verstecken
Probe, damit die Gruppe sich unbemerkt von
den Wachen auf den Mauern nähern kann.
Seinen sie dabei jedoch gnädig. Ein Misserfolg führt nicht zur Entdeckung, sondern
erregt nur die Aufmerksamkeit der Söldner.
Schildern sie einen atemlosen Moment, bei
dem der Soldat den unglücklichen Spieler
direkt anzustarren scheint und geben sie Gelegenheit kreativ zu sein, z.B. den Posten mit
einem imitierten Tierlaut zu beruhigen.
Tramis schiebt eine zugewachsene Steinplatte weg und darunter kommt ein alter
Brunnen zum Vorschein. Außer einem leisen
Kratzen und rie­selnder Erde war nichts zu
hören.
Die Gruppe steigt die rostigen Eisengriffe
hinunter, passiert einen erdigen Tunnel, der
nur etwa einen Meter hoch ist und gelangt
an dessen Ende zu weiteren Griffen, die wieder nach oben führen. Dort steigt Tramis hinauf. Man hört ihn kurz herumhantieren und
gedämpft fluchen. Dann macht es vernehmlich „Klick“ und Mondlicht dringt herein.
Das Überfallkommando steht nun in dem
prachtvollen Ziergarten des Anwesens. Der
Tunnel war unter einer Statue verborgen, die
nun beiseite geschwungen ist, um die Öffnung aus dem Tunnel heraus freizugeben.
Tramis orientiert sich kurz, dann winkt er
der Gruppe ihm zu folgen. Sie gehen von
dem präch­tigen Herrenhaus weg, in Richtung
Mauer. An dieser schleichen sie entlang und
kurz darauf kommen die beiden Wachtürme
des Torhauses in Sicht.
Eine Sinnesschärfeprobe bitte. Beinahe
hätte die Gruppe den Wachposten übersehen, der gerade an die Mauer in einen Strauch
Rosen uri­niert. Mit einer Schleichenprobe + 1
und einer anschließenden KK Probe kann er
überwältigt und ausgeknockt werden (oder
FF Wurf um die Kehle durchzuschneiden).
DAS TORHAUS
Die beiden Wachtürme werden nur im
Kriegsfall besetzt. Somit ist es ein Leichtes,
diese zu betreten und die schmalen Stufen
hinaufzustei­gen, welche nach oben in das
Torhaus führen, wo sich laut Tramis der Öffwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
nungsmechanismus für die Tore befindet.
Im Torhaus befindet sich auch eine kleine
Wachstube.
Eine Sinnesschärfeprobe – 1 offenbart, dass
sich weiter oben scheinbar Personen aufhalten, denn man hört gedämpfte Gespräche
und Gelächter. Eine Schleichenprobe bringt
die Gruppe unbe­merkt bis zum Torhaus.
(Misslingt die Probe, sind die Gardisten zwar
nicht richtig gewarnt, bemer­ken jedoch dass
irgend etwas nicht stimmt und der Überraschungseffekt verfliegt.)
Die Tür, die in das eigentliche Torhaus führt
ist nicht abgeschlossen. Dahinter befindet
sich eine Kammer, in der allerlei Flaschenzüge und Winden montiert sind. An den Wänden ist ein kleines Waffenarsenal aufgereiht
und es gibt einen Tisch, Hocker, etc.
Die dort diensthabenden Soldaten sind
gerade mit damit beschäftigt, sich die Zeit
zu vertrei­ben: sie unterhalten sich, spielen
Boltan, oder polieren ihre Waffen. Ihre Werte
befinden sich im Anhang.
Der Offizier hat gerade seine Armbrust
gerei­nigt und wird diese im Kampf einsetzen. Anson­sten benutzen die Soldaten nur
ihre Säbel.
Nachdem das Torhaus möglichst schnell
(!) gefallen ist, wird das Signal mit einer Laterne gegeben. Während der Piratentrupp
aufbricht öffnet das Überfallskommando die
Tore.
STURMANGRIFF
Johlend stürmen die Piraten in den Hof,
schwenken ihre Waffen und lodernde Fackeln. Von allen Seiten der Festung ertönt
Alarm und verschlafene Gardisten stolpern
in ihr Verder­ben. Sehr bald konzentriert sich
der Kampf im Innenhof.
Die Mannschaft der Charaktere hat es mit
einem Trupp Soldaten zu tun.
Gouverneursgarde
Moral: 8 (Gegner in der Feste) Mannschaftsstärke: 20, At: 12 Pa: 10, TP: W+7 (Säbel) RS: 4
IM HERRENHAUS
Da der Haupttrupp im Innenhof gebremst
wurde, drängt Tramis darauf, den Gouverneur im Herrenhaus festzusetzen, ehe er entkommen kann.
Die Heldengruppe dringt in das Haus ein
und steht in einer großen Eingangshalle, mit
einer Galerie und einer Treppe, die dort hinauf führt.
Sowohl vom Erdgeschoss der Halle, als
Q UELLE
Dieses Abenteuer erschien in der Anduin
Ausgabe 68.
auch von der Galerie führen mehrere Türen
weg. In der Halle findet man alles, was das
Fecht­erherz begehrt, um mit einer Überzahl
fertig zu werden: schwere Vorhänge, Rüstungen, Zierge­genstände zum Werfen, ein
Kronleuchter etc.
Im folgenden Kampf sollten die Helden
diese Gegenstände einsetzen können. Der
Spielleiter sollte Kreativität und witzige
Kampfstrategien mit Erfolg belohnen.
Als die Gruppe das Haus betritt, taucht
der Gouverneur gerade auf der Galerie auf.
Einige Gardisten begleiten ihn. Er ist auf dem
Weg nach unten, als er die Piraten bemerkt.
Sofort zieht er sich zurück und schickt seine
Soldaten (Anzahl: SC) die Treppe hinab. Er
selbst bleibt auf der Galerie stehen und beobachtet das Kampfge­schehen. Sobald es
sich schlecht für ihn entwickelt, zieht er sich
in eine der Türen zurück, aus der er zuvor gekommen ist.
Gleichzeitig trifft ein weiterer Trupp Gardisten aus dem Erdgeschoss ein und stürzt sich
in das Getümmel (Anzahl: SC). Werte der Gardisten im Anhang.
Den Helden sollte klar sein, dass der
Gouver­neur zu fliehen versucht, und dass einer oder mehrere durchbrechen müssen, um
ihn zu ver­folgen, während der Rest die Söldner beschäf­tigt.
DER GOUVERNEUR
Das Zimmer, in welches der Gouverneur geflohen ist, scheint ein prächtig eingerichteter
Schlafraum zu sein. Edmondo steht am Fenster und hat gerade ein Seil hinaus gelassen.
Neben ihm, auf einer Kommode liegt eine
Schatulle und eine gespannte Armbrust.
Sobald der erste Pirat das Zimmer betritt
wendet sich Edmondo um und feuert die
schwere Armbrust ab. Anschließend versucht er durch das Fenster zu entkommen,
kann aber leicht überwältigt werden. Zuvor
sticht er jedoch einmal mit einem Ogerfänger zu, den er zwi­schen seinen Gewändern
versteckt gehalten hat. (Angriffswerte im
Anhang).
Tramis betritt kurz danach das Zimmer und
wird jeden daran hindern, Vergeltung an dem
feigen Gouverneur zu üben. Er übernimmt
seinen Stief­sohn und meint: „Dein Spiel ist
aus Edmondo. Es tut mir leid, dass es so weit
kommen musste. Jetzt herrsche ich wieder.“
Seite 108
ANDUIN 93
Der Geisterpirat
Danach schleppt er den Gou­verneur auf die
Galerie hinaus und verkündet seine Machtübernahme.
Die verbliebenen Gardisten ergeben sich
recht bald und werden gefesselt.
VOLKSFEST
Zu Ehren des neuen Gouverneurs feiert das
Volk von Praisanzya einige Tage später ein
großes Straßenfest und jubelt dem neuen
Herrscher zu. Tramis meint jedoch, dass dies
nichts besonderes sei, sie würden jedem so
zujubeln. Aber dennoch scheint es, dass so
mancher recht erleichtert ist, ob des Endes
der Terrorherrschaft des Edmondo Stoibar.
Tramis Stoibar, legitimierter Gouverneur
von Praisanzya schickt seinen Stiefsohn ins
Exil auf eine einsame Insel. Sarkastischer
Weise wählte er zu diesem Zweck die Kannibaleninsel aus. Aus fairem Sportsgeist heraus gab er Edmondo jedoch ein Minimum
an Ausrüstung und jene Gefolgsleute mit, die
es in Praisanzya am Schlimmsten getrieben
hatten.
Viele aus den Reihen der Gouverneursgarde werden zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt (zeit­lich begrenzte Zwangsarbeit). Die
Anwesenheit der vielen Piraten in der Siedlung, hat das Stadt­bild nachhaltig verändert.
Aus dem idyllischen Kolonialstädtchen
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wird bald ein Piratennest werden, in dem
trotzdem Recht und Ordnung herrschen.
Bald ist es für die Piratengruppe Zeit zum
Aufbruch. Neue Abenteuer und reiche Schätze warten hinter dem Horizont. Mit ihrer
Beloh­nung im Rumpf segeln sie von dannen.
Viele Menschen stehen am Hafenkai und
winken hin­terher. Manch eine junge Maid
verdrückt sich die Tränen. So auch die junge
Gouverneurserbin Mireille Stoibar.
Als sich der Bug im Takt der Wellen hebt
und senkt und Praisanzya hinter dem Horizont ver­sinkt, haben die Piraten das warme
Gefühl eine Art Heimat gefunden zu haben,
einen Ort, an dem sie immer willkommen
sind.
Anhang
BELOHNUNG
Tramis hält seine Versprechungen im vollen
Umfang ein. Obwohl er auf der einen Seite
ein Schurke ist, ist er dennoch ein Edelmann
ein typischer Piratenheld eben.
1. Ausgehandelte Belohnung aus Kapitel 4
2. Einen Piratenhafen als Verbündeten
3. Eine Hornisse (Schiffsgeschütz)
4. 50 Dublonen extra
5. Eine Klingenwaffe mit WV +0/+1 und
einem um 1 gesenkten Br für den
verdientesten Helden
6. Ein wertvolles Goldamulett mit dem
Bild von Mireille für den verliebtesten Helden
7. 2W6 neue Mannschaftsmitglieder
(geübt)
ABENTEUERPUNKTE
• 100 AP für jedes Kapitel
• 50 bis + 100AP individuell für gutes
(bzw. schlechtes) Rollenspiel
WAS TUN, WENN…
Zu wenig Kampfaction?
In jedem Kapitel kann man einige Scharmützel einbauen, wenn die Gruppe sich
mehr Kämpfe wünscht. Auf See kann man Piratenjäger und verfeindete Korsaren treffen,
in den Städten gibt es Kneipenschlägereien
und verzweifelte Stra­ßenräuber und in der
Wildnis gibt es natürlich wilde Tier, wie z.B.
Schlangen und fleischfres­sende Affen.
Die Gruppe die Macht in
Praisanzya übernimmt ?
Tramis sollte entkommen. Er wird auf Rache sinnen und das Volk von Praisanzya wird
sich den neuen Herren zwar beugen, diese je-
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ANDUIN 93
Der Geisterpirat
doch nicht lieben. Dies ist ein eigenes Abenteuer. Die Helden haben jedoch nur geringe
Chancen, ihre Position zu halten.
Die Stadt geplündert wird?
ihn für einen Geist und so konnte er eine Art
Handelssperre über die Insel verhängen, da
selbst mutige Kapitäne weder ein noch auslaufen wollen. Weiterhin sinnt er auf Rache
und hat bereits einen Plan.
Nach dem Umsturz könnte die Gruppe die
Stadt und den Palast plündern. Dies erweckt
den Hass der Bevölkerung und von Tramis.
Aber: Das Volk ist nicht gerade reich und die
Lagerhallen des Gouverneurs sind geleert,
da der Geisterpirat zuvor die Kolonie belagert hatte. Die Reichtümer im Palast sind
nur schwer zu veräußern und zudem schwer
(reich verzierte Kommoden, etc.). Da das
Piratenschiff ziemlich überladen sein dürfte,
wird es dem Geisterpirat/ Gouverneur nicht
schwer fallen, sie mit seinem Schiff zu verfolgen und zu entern. Zudem hat er eine aufgebrachte Bürgerwehr an Bord.
Tramis ist etwa 180cm groß und vollkommen kahl. Überhaupt wächst kein Haar mehr
auf seiner verstümmelten, mit Brandnarben
übersä­ten Haut, die wie geschmolzenes und
wieder erstarrtes Wachs aussieht. Er trägt
die Kleidung eines Piratenkapitäns und bietet insgesamt ein überaus erschreckendes
Erscheinungsbild. Dass ihn jeder für einen
Untoten hält macht ihm nichts aus, nur dieser Umstand gewährleistet, dass sich ihm niemand in den Weg stellt. Er ver­stärkt diesen
Eindruck sogar noch, indem er nur Nachts
angreift und sich zuvor mit einer fluores­
zierenden Flüssigkeit übergießt.
Plünderung im Herrenhaus?
Von dem Teil der Schatzkarte, den er täto­
wiert hatte, ist nach dem Brand nicht mehr
viel übrig geblieben. Ihm macht das jedoch
nichts aus, denn er hat den Schatz ja bereits
gehoben.
Die Helden sich im letzten Kapitel mehr
für die Plünderung des Herrenhaus und für
Scharmützel mit Soldaten interessie­ren, anstatt den Gouverneur zu verfolgen?
Kein Problem. In diesem Fall entkommt
der Gouverneur und es gibt für zukünftige
Abenteuer einen Schurken mehr, der es auf
die Gruppe abgesehen hat.
DRAMATIS PERSONAE
DER GEISTERPIRAT
TRAMIS STOIBAR
Zitat: „Har, Har. Hart Backbord, wir entern!“
Tramis war der Maat der „Blutgeschwister“.
Er gehörte zu jenen, die sich mit dem Schatz
absetzten und den Eid schworen, sich in 30
Jahren wieder zu treffen. Heimlich markierte er den Weg, so dass er ihn allein finden
konnte. 12 Jahre später grub er den Schatz
aus, heuerte Söldner an und machte sich mit
deren Hilfe zum Gouverneur von Praisanzya.
Sein Fehler war es, dass er seinen Stiefsohn
Edmondo Stoibar nachholte und zu seinem
Nachfolger bestimmte. Denn der undankbare Erbe vertrieb ihn und übernahm selbst das
Amt. Tramis floh und besann sich seines früheren Lebens, so dass er über Jahre hinweg
eine erfolgreiche Piratenmann­schaft aufbaute. Er sah schließlich den Tag der Rache
gekommen und griff den Gouverneurspa­last
von Praisanzya an. Doch er wurde zurückge­
schlagen und erlitt schreckliche Brandwunden, die ihn grausam verstümmelten. Da ihn
aufgrund dessen jeder für tot hielt, konnte er
entkom­men und seine Wunden auskurieren.
Ein Jahr später hatte er ein neues Schiff und
eine neue Mannschaft (sowie ein verändertes Aussehen nebenbei) und kreuzte erneut
vor der Insel. Die Einwohner der Stadt hielten
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Tramis ist sehr skrupellos, auf seine Weise
aber vertauenswürdig. Vorausgesetzt der
Ver­handlungspartner hat genügend Druckmittel in der Hand. Ansonsten wird er nur
noch von dem Gedanken an Rache getrieben. Könnte er nicht einiges an Beute vorweisen, so hätte ihn die Mannschaft schon
lange verlassen.
Tramis ist die Schlüsselfigur in diesem
Aben­teuer. Der geheimnisumwobene Gegner, der am Ende zum Verbündeten wird.
Seefahrer 11. Stufe, Alter: 58
Mu: 16 Kl: 14 Ch: 8 Ge: 13
Kk:15 In: 15 Ff: 9
Ab: 4 Ho:1 Ra: 6 Go: 6 To: 0 Ng: 4 Jz: 6 LE: 64
Mr: 6 RS: 1 (Kapitänsuniform)
At: 15/16 Pa: 13/13 (Entermesser/Linkhand)
Herausragende Talentwerte:
Seefahrer: 13, Seeoffizier: 8, Schwimmen: 14
Besonderes: Sein erschreckender Anblick
erfordert zu Gefechtsbeginn eine Mutprobe
+ halber Aberglaubenwert, um gegen ihn im
Nah­kampf antreten zu können.
ALRIK
Alrik ist ein alter Seebär, der bis vor wenigen Jahren noch zur See fuhr. Mittlerweile ist
er über 60 und möchte seinen Lebensabend
frei und unbeschwert in Shilaya genießen
können. Deshalb verkauft er den Teil seiner
Schatzkarte, den er sich vor 30 Jahren tätowieren ließ an die Helden. Er ist sich sicher,
dass er die Strapazen einer Seereise und
einer beschwerlichen suche nicht überstehen würde, da er einen schlimmen Husten
hat (der nicht zuletzt vom vielen Rauchund
Rauschkrautgenuss kommt). Somit verzich­
tet er lieber auf einen Teil der Beute, als vorzeitig Bekanntschaft mit Boron zu machen.
Alrik hat lange graue Haare und einen ebenso langen Bart. Sein Haar wird von einem
Stirnband gehalten, dass seine Piratenkluft
stilvoll ergänzt.
Alrik kommt nur zu Beginn des Abenteuers, als „Auftraggeber“ sozusagen, vor.
RONDRIANE, ROTE RIA
Zitat: „Zieh, du Grünschnabel.“
Ria ist heute knapp 50 und war in jungen
Jahren eine gefürchtete Kämpferin bei den
„Bluts­geschwistern“. Mit der Zeit hat sich
einen Ruf als Meister Fech­terin auf der Insel
Praisanzya aufgebaut und lebt ein wenig abseits der Stadt. Über die Jahre hinweg hat sie
sich einen gewissen Kodex aufgebaut, der
dem einer Rondra­geweihten nahe kommt,
allerdings ist sie ob der vielen Herausforderer
auch misstrauisch gewor­den. Deshalb wird
sie auch die Glaubwür­digkeit der Heldengruppe einem Gottesurteil, sprich einem Duell unterziehen. Da sie das Gold mittlerweile
nicht mehr nötig hat, möchte sie den Schatz
nur noch heben, um diesen einer Kriegerstiftung zukommen zu lassen.
Sie hat rötliches Haar, das mittlerweile mit
grauen Strähnen durchzogen ist und obwohl
sie bereits einige Fältchen aufweist, ist sie immer noch eine attraktive und herrische Frau.
Sie dient als Verbündete auf Praisanzya,
wenn sie erst einmal besiegt ist.
Söldnerin 8.Stufe, Alter: 49
Mu: 15 Kl: 12 Ch: 12 Ge: 14
Kk: 13 In: 14 Ff: 11
Ab: 4 Ho: 4 Ra: 3 Go: 2 To: 3 Ng: 4 Jz: 4 LE: 55
Mr: 5 RS: 3/2 (Kürass)
At: 14/13/13 Pa: 13/12/10
(Säbel/ Schwert/ Degen)
Herausragende Talentwerte:
Kriegskunst 10
Besonderes: Obwohl sie in den 3 Waffenarten deutlich unterschiedliche Werte
aufweist, lässt sie immer den Gegner die
Waffengattung bestimmen. Trotzdem wurde sie, zumindest in Praisanzya, bisher noch
nicht besiegt.
STANKOWATZ, STANKO
Zitat: „Ich hau dich um, du… lall lall.“
Stanko war damals der Schiffsjunge der
„Bluts­geschwister“. Er hatte nie etwas anderes gelernt und so schlug er sich mit Gelegenheitsarbeiten und Diebstählen durch
das Leben. Mit der Zeit wurde er immer abSeite 110
ANDUIN 93
Der Geisterpirat
gestumpfter und frustrierter, da er wusste,
dass er eigentlich reich war, diesen Reichtum
jedoch nicht einsetzen konnte.
Er wurde zu einem Alkoholiker, der nur
noch in den Hafenkneipen herum hing, billigen Fusel in sich hineinschüttete und wegen
Schlägereien ständig mit dem Gesetz in Konflikt kam. Er ist erst kurz vor den Helden in
Praisanzya angekommen und bereits mehrmals mit den örtlichen Bütteln zusammengerückt.
Stankowatz ist nicht sonderlich groß, vielleicht 165 cm. Er hat graubraunes Haar, trägt
vergilbte Leinenkleidung, die durch ein dunkles Wams und ein gleichfarbiges Halstuch
vervollständigt wird.
Seine Kleidung ist ebenso wie er in einem
sehr schlechten Zustand. Seine Augen sind
genauso gerötet, wie seine aufge­quollene
Nase. Er trägt einen Wochenbart und stinkt
ständig nach Alkohol und Erbrochenem.
Seine Lieblingsbeschäftigungen kann man
recht einfach zusammenfassen: besoffen
herum liegen, betrunken lallen, angetrunken
pöbeln und stockbesoffen kotzen.
Er ist zwangsläufig ein Gefährte der Gruppe und kann sie nach Belieben des Spieleiters
von einer Schwierigkeit in die nächste reiten.
Am Ende sollte er sich allerdings bessern und
zu einer sympathisch(er)en Person werden.
Streuner 5. Stufe, Alter: 44
Mu: 13 ( 15) Kl: 9 (8) Ch: 10 (8) Ge: 13 (12) Kk:
13 (14) In:13 (12) Ff: 13 (11)
Ab: 5 (6)Ho:3 (2) Ra: 5 (4) Go: 7
To: 4 (2)Ng: 6 (7) Jz: 5 (8)
LE: 41 Mr: 1 (1) RS: 1 (versiffte Kleidung) At:
13 Pa: 10 (Raufen)
Herausragende Talentwerte:
Zechen 10, Lügen 8
Besonderes: Die Werte in Klammern gelten
für seinen derzeitigen Dauerrausch Zustand.
EDMONDO STOIBAR,
LEGITI­MER GOUVERNEUR
VON PRAISANZYA
Zitat : „ So, so. Der arme kleine Junge hat
also gestohlen… Hackt ihm die Hand ab, aber
pfän­det zuvor seine Besitztümer.“
Edmondo ist der Stiefsohn von Tramis,
dem ehemaligen Gouverneur. Dieser hatte
ein langjähriges Verhältnis mit einer Hafenhure in Meng­billa. Edmondo wuchs in der Gosse der „kleinen Schwester Al`Anfas“ auf und
kannte nur Schmutz und Leid. Tramis wurde
schließlich Gouverneur von Praisanzya, als er
erfuhr, dass Edmondos Mutter verstorben
war. Von Schuldgefühlen geplagt, machte
er Edmondo ausfindig und setzte ihn als seiwww.anduin.de - kostenlos und unabhängig
nen Erben ein. Doch Edmondo war ein von
Hass und Minderwertigkeitskomplexen zer­
fressener Mensch, der allen Reichtum und
die Macht für sich allein haben wollte. So
schmie­dete er mit einigen Söldnern seines
Stiefvaters ein Komplott, vertrieb diesen aus
Praisanzya und machte sich zum neuen Gouverneur.
So wurde er zu einem machthungrigen
Aus­beuter. Er hatte nicht einmal Skrupel
seinen Stiefvater nach dem gescheiterten
Angriff auf den Palast, dem Tod zu überlassen. Es gibt nie­manden auf der Welt, der
ihm etwas bedeutet, ausgenommen seine
Tochter, doch auch diese schützt er eher aus
egoistischem Besitzdenken, als aus echter
Vaterliebe.
Der 35 jährige ist von unscheinbarem
Wesen, ohne besondere Merkmale (durchschnittlich groß, normal gebaut, dunkle
Haare). Obwohl er in Gesprächen aalglatt
und kultiviert wirkt, neigt er im Privaten zu
cholerischen Wutanfällen, die an Wahnsinn
grenzen.
Edmondo ist der wirkliche Feind in diesem
Szenario, auch wenn es anfangs nicht den
Anschein hat.
Bürger 5. Stufe, Alter: 35
Mu: 9 Kl: 14 Ch: 11Ge: 11 Kk: 10 In: 13 Ff: 12 Ab:
2 Ho: 6 Ra: 3 Go: 7 To: 3 Ng: 3 Jz: 8 LE: 38 Mr:
5 RS: 1 (feine Kleidung)
At: – Pa: – (Angriff mit Arm brust: 14
Angriff mit Ogerfänger: 11 )
Herausragende Talentwerte:
Feilschen 10
Besonderes: Er würde sich niemals auf
einen Nahkampf einlassen und bevorzugt
den Angriff mit Truppen, Fernkampfwaffen
und hinterhälti­gen Dolchstößen (in dieser
Reihenfolge).
MIREILLE STOIBAR
Zitat: „Ich will aber!“
Mireille ist die einzige Tochter des Gouver­
neurs. Im Gegensatz zu ihrem Vater ist sie
von angenehmerem Wesen.
Mit ihren gerade einmal 16 Jahren und den
dunklen Locken ist sie durchaus hübsch zu
nennen. Sie hat einen ansehnlichen Körperbau und weiß dies auch einzusetzen. Im ersten Moment wirkt sie etwas burschikos, aber
sie kann auch anders. Sie ist eine äußerst
aben­teuerlustige, junge Frau, die sich gerne
in der Stadt herum treibt. Sie ist schlagfertig,
mutig und etwas kratzbürstig, leider aber
auch ein wenig das verzogene Gör aus gutem
Hause. Sie ist es gewohnt das zu bekommen,
was sie möchte.
Die Gruppe lernt sie kennen und am Besten
wäre es, wenn sich eine Romanze zwischen
ihr und einem Piraten abspielt. Ansonsten
nimmt sie in diesem Abenteuer eher eine unpassende Opferrolle ein.
WARN DER STADTBÜTTEL
Zitat: „Ich werde euch im Auge behalten…“ Warn ist ein typischer Büttel und
durchaus als kompetent zu bezeichnen. Er ist
der einzige Bürger, der in Praisanzya etwas zu
sagen hat. Obwohl er keine eigenen Männer
hat, kann er bei Bedarf (mit der Zustimmung
des Gouver­neurs) die Söldner aus dem Palast
zu Hilfe holen. Kleinere Angelegenheiten regelt er im Alleingang. Somit ist er ein harter
Vertreter des Geset­zes, ein Chuck Norris in
Aventurien. Sein Wort ist Gesetz und Praisanzya ist „seine“ Stadt und er würde niemals
Störenfriede frei herum laufen lassen.
Warn ist groß (ca. 189,5 cm), hat buschige
Augenbrauen und behaarte Arme wie ein
Rie­senaffe von den Waldinseln. Zudem trägt
er einen mächtigen Schnauzbart. Seine Stimme ist rauh und schnarrend, klingt jedoch in
jeder Situa­tion gelassen.
Söldner 6. Stufe, Alter: 31
Mu: 14 Kl: 12 Ch: 9 Ge: 13 Kk: 15 In: 13 Ff: 9 Ab:
5 Ho: 5 Ra: 2 Go: 3 To: Ng: 5 Jz: 4 LE: 53 Mr: 2
RS: 3/3 (Kettenhemd)
At: 13/ 12 Pa: 12/12 (Raufen/Amazonensäbel)
Herausragende Talentwerte:
Rechtskunde 7, Fesseln 7, Armbrust 8
DER WALDSCHRAT
WURZELSAEPP
Zitat: „Greiz, Birnbamm und Hollastaudn!
Etzad sterbts, etz greislichen Bammkabudd­
macha!“
Übersetzung ins Hochgarethi: „Kreuz,
Birn­baum und Hollunderbusch! Jetzt werdet
ihr ster­ben, ihr ekelhafte Baummörder!“
Die ersten Siedler kamen mit einem Schiff
an, dass aus Andergaster Holz gebaut war.
Wurzel­saepp war damals ein junger Waldschrat, der noch sehr an der Menschheit
interessiert war. Er war auch weniger besitzergreifend, als seine Artgenossen und half
manchmal verirrten Kin­dern nach Hause zu
finden. Als die Holzfäller aus Andergast kamen konnte er sie nicht daran hindern, das
Waldstück, in dem er wohnte zu roden. Sein
Entsetzen war groß und die Wut stieg ins Unermessliche, als sie „seinen Wald“ den Fluss
hinunter flößten.
Er folgte ihnen und beobachtete die Men­
schen beim Bau des Schiffes. Als es fertig
war, beschloss er es zu sabotieren. Er versteckte sich im Frachtraum und kam auf diese
Weise auf Prai­sanzya an. Dort angekommen
Seite 111
ANDUIN 93
Der Geisterpirat
begann er mit seinem rachsüchtigen Werk,
wurde aber von einigen beherzten Söldnern
in den Osten der Insel getrieben. (Die Sache
wurde natürlich totgeschwiegen und die Soldaten bekamen eine Schweigepension.)
Dort fand er eine neue Heimat und er bean­
sprucht seitdem den östlichen Teil Praisanzyas als sein Revier. Eifersüchtig hütet der
halbwüchsige Waldschrat den Dschungel,
vor dem Feind, den er über alles hasst und
fürchtet: dem Mensch.
Von seinem Äußeren her passt Wurzelsaepp wenig in den Dschungel, denn er
gleicht am ehe­sten einem jungen Eichenstamm. Am oberen Ende sprießen dünne
Ästchen wie Haare, seine Nase ist ein langer,
mehrfach verzweigter Ast und er trägt einen
spärlichen Bart, wie aus Schratmoos.
Dieser Umstand verschlechtert seine
natür­liche Tarnungsfähigkeit im Wald, die
aber dennoch nicht zu verachten ist.
Wurzelsaepp spricht durchaus Garethi, allerdings mit einem schrecklichen Andergaster Dia­lekt.
Jugendlicher Waldschrat, Alter: ca. 70 Größe: ca. 3m
Mu: 16 Kl: 7 Ch: 4 Ge: 17
Kk: 12 In: 13 Ff: 11
LE: 20 Mr: 10 RS: 6
At: 13 Pa: 6 (Fäuste oder Knüppel W+6)
Besonderes: Niederschlag, Hinterhalt (14),
Baummagie wie Zauber „Haselbusch“ , „Hexenholz“ oder „Verstricken“ mehrmals pro
Tag. Verstricken bedeutet, dass der Geländebewuchs nach seinem Belieben um eine
Stufe erhöht oder verbessert wird. Dickicht
wird zu Dornicht oder umgekehrt.
KRIEGSHAUFEN – DES
GOUVER­NEURS KETTENHUNDE
Zitat: „Im Namen des legitimierten Gouver­
neurs Edmondo Stoibar…“
Dies sind die Söldner die im Dienst von Edmondo stehen. Obwohl die Truppe eigentlich
den Titel Gouverneursgarde trägt, werden
sie in Praisanzya nur als „des Gouverneurs
Ketten­hunde“ bezeichnet.
Sie verrichten Bütteldienste, drangsalieren
das Volk, verhindern Aufstände und verleihen
dem Herrscher Macht. Es sind üble Schurken
mit niedrigem Ego, das sie durch Machtgehabe wieder aufbauen müssen. Sie sind äußerst
schwer bewaffnet. Das auffälligste Rüstungsstück sind ihre pilzförmigen Metallhelme.
Alles in allem sind es geübte Soldaten mit
Erfahrung in allen Arten des Fernkampf.
Typ. Werte: Söldner 4. Stufe
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Mu: 13 LE: 40 Mr: 0 RS: 5/5 At: 12 Pa: 10 Typische Bewaffnung: Säbel, schw. Dolch, Armbrust, halbes Kettenhemd, Pilzhelm (2/2)
DIE N`ATANKA WATOKO
Zitat: Übersetzung: „Dein Fleisch ist saftig
und wohlschmeckend, komm und teile mit
uns.“
Die N`atanka WaToko sind ein Stamm von
Waldmenschen, die auf der kleinen Inselgruppe um die Kannibaleninsel lebt. Dieser
Stamm unter der Führung des Häuptling HukaHey ist sehr kriegerisch und hat schon des
öfteren Krieg mit anderen Stämmen geführt.
Fleisch ist auf den Inseln Mangelware, da es
wenig Jagdwild gibt. Deshalb wurden diese
Waldmenschen zu Kannibalen – hauptsächlich im rituellen Sinne. Sie verspeisen verstorbene Stammesangehörige, getötete Feinde
und manchmal jagen sie auch Menschen für
rituelle Opfer. Der Stamm zählt etwa 50 Mitglieder und 30 davon sind als Krieger zu gebrauchen. Der Stammesschamane hat vor
Kurzem ein böses Omen verkündet. Die
Geister des Landes sind in Aufruhr und können nur mit Blut besänftigt werden. Deshalb
jagen die Wald­menschen den Schiffbrüchigen.
Alles in allem sind es geübte Waldmenschen mit Erfahrung im hinterhältigen Angriff.
Typ. Werte: Waldmenschen 4. Stufe Mu: 11
LE: 40 Mr : 4 RS : 0/0
At : 11 Pa : 10
Typische Bewaffnung: Speer, geschnitzte
Keule, geflochtener Schild (groß), Lendenschurz
DIE GEISTERMÄNNER
Zitat: „Lasst uns die Beute aufteilen!“
Die Geistermänner sind die Piratenmannschaft um den Kapitän Tramis. Selbst in den
Hafen­spelunken, würden diese Männer und
Frauen als Abschaum angesehen werden.
Nachdem bei seinem Überfall der Großteil
seiner alten Mann­schaft aufgerieben wurde, hatte Tramis nur wenig Zeit eine neue
Truppe zusammenzustellen. Er war auch gezwungen, eine Menge inkompe­tente Leute
anzuheuern. Die Mannschaft wäre bei Weitem nicht so erfolgreich, wenn ihr Kapi­tän
nicht von dem Mythos eines Wiedergängers
umgeben wäre. Die Geistermänner sind ein
rauflustiger, sauf und goldgieriger Haufen
ohne jede Moral. Nur Tramis Ruf und seine
wenigen Getreuen helfen ihm seine Position
zu halten.
Alles in allem sind es unerfahrene bis geübte Seeleute mit Erfahrung im nautischen
Bereich.
Typ. Werte: Seefahrer 3. Stufe
Mu: 11 LE: 35 Mr: 2 RS: 1/1 At: 11 Pa: 10 Typische Bewaffnung: Piratenkleidung, Enter­
messer, Krummdolch
DIE KARTE
Der erste Teil der vier Karten fehlt. Diesen Teil besitzt Tramis, der mutmaßliche
Geisterpi­rat. Seine Karte beschreibt den Weg
vom Strand in den Dschungel hinein. Da dieses Wegstück ohne Karte gegangen werden
muss, dauert es etwas länger. Es ist aber
trotzdem möglich den Schatz zu finden.
Linke Kartenhälfte: Helden
Rechts unten: Stankowatz
Oben: Ria
Auf den Karten ist einiges an Schriftzeichen
abgebildet, welche die Wegpunkte beschreiben und den Kurs angeben.
A: Wasserfall – 243°
B: gekrümmte Felsen – 38°
C: Lichtung mit krummer Palme – 250°
D: Säbel in Mammutbaum – 315°
E: große Lichtung, Ostrand – 270° –
3 Schritt/ 0° – 4 Schritt
PRAISANZYA
DIE INSEL
Die Insel Praisanzya unterscheidet sich
wenig von den vielen anderen im südlichen
Meer. Sie misst vielleicht 40 Meilen im Quadrat und liegt etwa eine Wochenreise vom
Nordosten des Königreichs Kemi entfernt.
(Wo genau liegt im Ermessen des Spielleiters.)
Das Landesinnere ist dicht mit Dschungel
bestanden und leicht hügelig. Die Küste hat
viele weiße Sandstrände und weist nur wenige Riffe auf. Es gibt keine großen Tiere und
keine Einge­borenen auf ihr.
Eine Ausnahme bildet da der Westen der
Insel, der von Menschen bewohnt wird. Hier
ist die Küste felsiger, bietet dafür aber auch
eine Bucht, die genügend Wassertiefe aufweist um einen Hafen zu führen. Hier liegt
die Siedlung Praisan­zya und das Umland ist
mit ausgedehnten Plantagen kultiviert.
Der Ostteil der Insel gilt als verflucht, denn
dort sind viele unerklärliche Unfälle geschehen. Meisterinfo: Dies ist das Gebiet des
Wald­schrats. Dort ist auch der Schatz vergraben.
DIE STADT
Geschichte
Die Siedlung wurde vor knapp 30 Jahren
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Der Geisterpirat
als Kolonie des Mittelreichs gegründet und
begann alsbald zu florieren. Doch kaum 10
Jahre später verlor der mittelreichische Gönner allmählich das Interesse und die Kolonie
geriet in Verges­senheit. Da die Siedler sich
dort allerdings eine Existenz aufgebaut hatten, blieben sie in Prais­anzya. Es begann eine
Zeit, in der etliche Kolo­nialmächte und üble
Schurken versuchten, die Macht zu übernehmen.
Schließlich tauchte ein reicher und
unbekann­ter Mann auf und beendete diese
mehrjährigen Querelen, indem er sich mit
Hilfe von Soldaten zum Gouverneur von Praisanzya ausrufen ließ und diesen Anspruch
auch durchzusetzen ver­mochte.
Ein Jahrzehnt später verschwand er und
sein Sohn übernahm das Amt. Wie sich bald
herausstellte, war er ein macht und goldgieriger Mensch, der den letzten Kreuzer aus
seinen Untertanen herauspresste und mit
seinen Büt­teln hartes Regiment führte.
Vor einem Jahr überfielen Piraten unter
der Führung von „Tramis, der Dolch des Südens“ (Meisterinfo: Der ehemalige Gouverneur Tramis Stoibar) den Gouverneurspalast,
konn­ten aber zurückgeschlagen werden. Der
Kapitän verbrannte elendlich (Meisterinfo:
nicht ganz!).
Wenige Monate später plünderten als Musiker verkleidete Freibeuter aus Shilaya die
Lagerhal­len des Gouverneurs und zettelten
einen Aufstand unter den Armen an, der aber
ziemlich bald nieder geschlagen wurde.
Kurz darauf tauchte der Pirat „Tramis“ als
Geist wieder auf und belagert die Insel bis
heute.
Stadtbild
Praisanzya ist eine typische Kleinstadt im
Süden Aventuriens. Es gibt viele Arme, die
im Hafen und auf den Plantagen für einen
Hungerlohn arbeiten, eine kleine, aber dekadente Mit­telschicht und einen tyrannischen
Herrscher, der in Saus und Braus lebt.
Viele der Bewohner verrichten Spitzeldienste für den Gouverneur, um ihre Stellung
zu verbes­sern.
Es gibt mehrere Viertel:
• Der Hafen (Vergnügungsmeile mit
hoher Kriminalitätsrate)
• Der Markt (hier leben die Händler)
• Das Armenquartier (dort lebt der
Großteil der Stadtbewohner in übelsten Verhältnissen)
• Das Viertel der Oberschicht (Handwerker und erfolgreiche Händler)
• Den Gouverneurspalast (liegt auf
www.anduin.de - kostenlos und unabhängig
einer Anhöhe und ist nur für die
Herrscherfamilie und deren Angestellte; festungsartiger Wohnsitz
mit Kaserne für die Söldner, hohen
Mauern und Geschützen, um einen
Angriff abwehren zu können)
Fakten
Einwohner: knapp 400
Soldaten: ca. 60 geübte Söldner
Gasthäuser und Kneipen
Bei Armires: teures (120%),schlicht
einge­richtetes, unsauberes Gasthaus
Zum Gouverneur: durchschnittliches
(100%), einfach eingerichtetes, fragliches Gasthaus
Goldkelchen (Zeichen: kleiner Goldkelch): teures (120%),solide eingerichtetes, saube­res Gasthaus
Der letzte Groschen: sehr billige
(70%), einfache Kneipe
Seemannsrast: durchschnittliche
(100%), einfache Kneipe
Taliviras Trinkstube: durchschnittliche (100%), saubere Schänke
Handwerker
Hufschmied: einfache Arbeiten &
schlechte Qualität, billig (85%)
Grobschmied: solide Handwerksarbeiten, sehr billig (70%)
Grobschmied: solide Handwerksarbeiten, durchschnittlich (100%)
Schuster: einfache Arbeiten &
schlechte Qua­lität, billig (85%)
Grobschneider: solide Handwerksarbeiten, durchschnittlich (100%)
Tischler: solide Handwerksarbeiten,
teuer (120%)
Zimmermann: einfache Arbeiten &
schlechte Qualität, sehr billig (70%)
Schiffszimmermann: einfache
Arbeiten & schlechte Qualität, durchschnittlich (100%)
Bootsbauer: einfache Arbeiten &
schlechte Qualität, teuer (120%)
Netzknüpfer: solide Handwerksarbeiten, teuer (120%)
Armbruster: sehr gut , Sonderanfertigungen, sehr billig (70%). (Arbeitet
allerdings fast ausschließlich für den
Gouverneur.)
Kürschner: einfache Arbeiten &
schlechte Qualität, teuer (120%)
Gerber: solide Handwerksarbeiten,
durch­schnittlich (100%)
Kerzenzieher: sehr gut &
Sonderanfertigun­gen, teuer (120%)
Bäcker: solide Handwerksarbeiten,
teuer (120%)
Händler
Ausrüstung: große Auswahl mit
guter Quali­tät, sehr teuer (200%)
Ausrüstung: einfach & auch Gebrauchtwaren, durchschnittlich
(110%)
Lebensmittel: Trödel und Ramsch,
durch­schnittlich (100%)
Lebensmittel: grosse Auswahl &
gute Quali­tät, teuer (130%)
Krämerwaren: Trödel und Ramsch,
billig (95%)
Waffen: große Auswahl & gute
Qualität, teuer (140%) (verkauft fast
ausschließlich an den Gouverneur.)
Heiler
Hebamme: bewanderter & guter
Heiler, durchschnittlich (100%)
Hebamme: erfahrener Heiler, teuer
(120%)
Quacksalber: Wundheiler & Zahnreißer, teuer (120%)
Quacksalber: bewanderter & guter
Heiler, sehr billig (70%)
Medicus: bewanderter & guter Heiler, teuer (120%)
Sonstiges
gelegentlich Durchfahrende
2 Markttage im Monat
TsaTempel (warum auch immer)
GOUVERNEURSPALAST
Der Palast wurde vor etwa 25 Jahren erbaut und nach und nach zu einer Festung
erweitert. Der Palast liegt auf einer Anhöhe,
von der eine kurze (bei der Kaserne) Seite
steil zum Meer hin abfällt. Ursprünglich bestand er nur aus einem Herrenhaus. Später
wurden das Gesindehaus und die hohen
Mauern (ohne Wehrgänge) angefügt. Tram
is ließ in seiner Regierungszeit die Kaserne
und die Verteidigungsanlagen anbauen, von
denen aus die Verteidiger mit Geschützen
und Fernkampfwaffen die gesamte Anhöhe
bestreichen können. Kurz vor seinem Sturz,
ließ er von einigen Vertrauten einen Fluchttunnel graben. Diesen kennen demnach nur
eine handvoll Personen. Auch der derzeitige
Gouverneur weiß nichts davon.
Nach der Machtübernahme Edmonos wurde mehr Geld in die Verschönerung der Anlage gesteckt, so dass das ehemals trutzige
Her­renhaus in neuem Glanz erstrahlt und zudem in einem prächtigen Garten steht, welcher von einem Lustteich und fein gekiesten
Wegen gekrönt wird.
Trotzdem wurde die Festung noch tödlicher, denn Edmondo ließ das Tor neu befestigen und kaufte außerdem neue Geschütze.
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Würfelkalendar
ANDUIN 93
2008W12
DER WÜRFELKALENDER FÜR DAS JAHR 2008
TEXT: TOMMY HEINIG
WÜRFEL: TOMMY HEINIG
Einen zwölfseitigen Würfel dürften
die meisten von Euch besitzen, immerhin benötigen ihn doch ein paar
Systeme – außerdem darf er selbstverständlich in keiner Würfelsammlung
fehlen. Aber habt Ihr auch schon einen
zwölfseitigen Kalender? Nein, keinen
normalen Wandkalender mit zwölf
Blättern, sondern einen eben in Form
eines zwölfseitigen Würfels?
Weil er in der Anduin 90 so gut angekommen ist wollen wir Euch auch mit
der ersten Anduin nach langer Pause
wieder einen verschenken. Zwar müsst
Ihr ihn selbst zusammenbauen, dafür
habt ihr dann aber auch ein echtes Unikat.
Zunächst wird diese Seite auf einem
Bogen Papier ausgedruckt – dazu eignet sich etwas schwereres am besten
– so 120 bis 160 g/m2. Zur Not geht auch
normales Kopierpapier mit 80 g/m2.
Dann schneidet Ihr die Form am äußeren Rand aus.
Alle durchgehenden Linien
sollten geschnitten werden, während an den gepunkteten Linien
vorsichtig nach hinten umgeknickt wird.
Dann bestreicht Ihr die entstandenen Laschen mit Kleber (am
besten einen Klebestift nehmen,
weil flüssiger Kleber das Papier
schnell wellig machen kann). Nun
werden die einzelnen Laschen
verklebt. Damit Ihr am Schluss
keine Probleme bekommt sollte
der November (der einzige Monat ohne eigene Lasche) der letzte sein, den Ihr festklebt.
Und schon ist der zwölfseitige
Kalenderwürfel fertig. 
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Würfelkalendar
ANDUIN 93
RITTER UND MAGIER
ZWEI SPIELER – EIN GEDANKE
TEXT UND ILLUSTRATION: MATTHIAS BUYKEN
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