Anzeiger für die Seelsorge 3/2006

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Anzeiger für die Seelsorge 3/2006
Anzeiger für die
Zeitschrift für Pastoral und Gemeindepraxis
3 2006
www.anzeiger-fuer-die-seelsorge.de
SCHWERPUNKTTHEMA
Ostern
gestalten
„Der Gott
ist immer größer“
Mit Kindern Ostern
begehen
Vom „Osterlamm“
zum „Osterhasen“
Österliches Brauchtum
als Indikator gelebten
religiösen Sinns
Frauen gehen
Ostern entgegen
Plädoyer für eine
Sinn-erfüllte Fastenzeit
IM BLICK
„An Gottes Barmherzigkeit niemals verzweifeln“
Gedanken zur Kreuzestheologie
Spielen als spirituelles Moment
Ein Kreuzweg zum Weltjugendtag 2005
Das theologische Buchereignis des Jahres
Lexikon für Theologie und Kirche
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In diesem Heft
Schwerpunktthema
Diana Güntner
„Der Gott ist immer größer“
Mit Kindern Ostern begehen ....................................................... 5
Verzicht gehört dazu
Gedanken zum Titelbild .............................................................. 10
Manfred Becker-Huberti
Liebe Leser,
es ist still um das Fest der Auferstehung
geworden. Zwar feiert die Kirche jährlich
Ostern. Und die Geschäfte präsentieren
zum Frühlingsanfang eine bunte Schar an
Ostereiern und Osterpräsenten. Doch
auch wenn das Brauchtum noch
gepflegt wird, ist der Kern des Osterfestes
allmählich in den Hintergrund getreten.
Während der Osterhase das Osterlamm
längst aus den Regalen der Supermärkte
verdrängt hat und der Osterkurzurlaub
immer öfter die Kar- und Ostertage ersetzt, ist es ruhig um die damals wie heute
unglaubliche Botschaft der Auferstehung
geworden. Kaum ein zeitgenössischer
Künstler traut sich heute noch an dieses
religiöse Motiv heran, und nur wenige
sprachvirtuose Literaten der Gegenwart
suchen nach Worten für das Unaussprechliche der Osterbotschaft. Umso wichtiger
ist es, dass das zentrale Fest der Kirche in
den Gemeinden mit seiner reichen Liturgie sorgfältig gepflegt wird. Die Beiträge
in diesem Heft wollen dazu beitragen:
Diana Güntner geht in ihrem Beitrag
darauf ein, wie Kinder auf das Osterfest
vorbreitet werden können. Manfred
Becker-Huberti stellt das österliche
Brauchtum vor. Andrea Kett gibt Anregungen, wie Frauen eine sinnerfüllte
Fastenzeit gestalten. Und Wunibald
Müller lädt zu einer Spurensuche ein,
wie Seelsorger sich selbst (und andere)
mitten in ihrem turbulenten Alltag für
die Ostererfahrung öffnen können.
Ihnen wünsche ich eine
anregende Lektüre und eine
gute Vorbereitung auf
das Osterfest.
Vom „Osterlamm“ zum „Osterhasen“
Österliches Brauchtum als Indikator
gelebten religiösen Sinns .............................................................. 11
Andrea Kett
Frauen gehen Ostern entgegen
Plädoyer für eine Sinn-erfüllte Fastenzeit .................................. 16
Wunibald Müller
Auferstehung erleben
Von Selbst-Annahme und der Kunst des Staunens .................... 20
Impulse
Mitten im Leben:
Sie können mich gerne für verrückt erklären… ........................ 24
Fünf-Minuten-Meditation:
Ein hörendes Herz ...................................................................... 25
Im Bild: Gottes Wort .................................................................. 26
Persönlich: Werner Eykmann .................................................... 27
Fünf-Minuten-Predigt:
Fenster putzen ............................................................................ 28
Im Blick
Gunda Werner
„Und an Gottes Barmherzigkeit niemals verzweifeln“ ............ 29
Gregor Leschig
Spielen als spirituelles Moment ................................................ 33
Service
Für Sie entdeckt/Für Sie gesurft ................................................ 38
Für Sie gefunden ........................................................................ 39
Für Sie gelesen ............................................................................ 42
Hersteller- und Lieferantenverzeichnis .................................... 46
Leser haben das Wort
Sie schreiben uns ........................................................................ 4
Orte diakonischer Pastoral ........................................................ 48
Themenvorschau ........................................................................ 49
Cartoon / Impressum ................................................................ 50
E DITORIAL / I NHALT
Auf
ein Wort
3
L ESERBRIEFE
4
Sie
schreiben uns
Das Kirchenjahr
zum Anschauen
und Anfassen
Gerne habe ich das Heft
gelesen, in dem auf die
Bedeutung des Rückblicks in der Pastoral eingegangen wird. Tatsächlich lässt die Hektik des
(Pfarrgemeinde-)Alltags
oft vergessen, wie viele
besonders gestaltete Gottesdienste, besondere Aktionen und Projekte das
Kirchenjahr prägen. Auf
Anregung unseres Pfarrgemeinderatvorsitzenden
haben sich künstlerisch
ambitionierte Frauen des
Pfarrgemeinderats bereit
erklärt, das Kirchenjahr in
Form einer Art Wandvlies
darzustellen. An der
(leicht erhöhten) Vorderfront des letzten Sitzbankblockes in der Kirche
wurden große Stoffbahnen in den liturgischen
Farben des Kirchenjahrs
aufgezogen, also violett,
weiß, grün und rot. Aufgeklebte und aufgesteckte Symbole von
Gottesdiensten
mit sparsaDie
men TextRedaktion
zusätfreut sich über
zen (z.B. Rose von Jericho
als Thema eines Frauenbundgottesdienstes; gekreuzte Blasiuskerzen;
Bilder der Palmsonntagsprozession; Geißel und
Dornenkrone für Karfreitag) und Aktionen (Sternsinger-Plakat, CaritasSammlung) zeigen sehr
anschaulich, was in den
vergangenen Monate alles
geschehen ist, was Mühe
gemacht hat, was besonders gelungen ist. Beim
Hinausgehen am Ende eines Gottesdienstes fällt
der Blick automatisch auf
diese bunte Darstellung –
eine wohltuende Ergänzung zu der beinahe gänzlich ‚unbebilderten‘ Pfarrkirche.
Pfr. Markus Krell
Verlässliche Quellen
Mir fehlen in den Beiträgen auch Ihrer Zeitschrift
zwei ganz wichtige Quellen für das (kirchliche)
Leben, damit auch für die
Seelsorge: Das Wort Jesu
(und der Bibel u. a.) sowie
das Wort des kirchlichen
jeden Leserbrief.
Lehramtes. Vieles ist inSchreiben Sie uns bitte,
teressant, einiges negativ
was Ihnen am Anzeiger
kritisch, aber wo ist diese
gefällt, welche Beiträge Sie besonQuelle von Weisheit,
ders ansprechen bzw. worüber Sie sich
die unserem Lebeim Lesen ärgern. Auch künftig werden
ben Frische,
wir Ihre Leserbriefe im Anzeiger veröffentlichen.
We i s u n g ,
Hoffnung schenken kann?
Freilich, jeder Autor steht
für seinen Beitrag. Doch
würde ich an Ihrer Stelle
diese Quellen fördern. Ich
war letztes Jahr in England, im Süden. Welche
Fülle von Heiligen! Wie
stark das Zeugnis des ersten Märtyrers, des hl. Alban; wie erschütternd die
Viten der 1970 selig (oder
heilig) gesprochenen Märtyrer (mich beeindruckt
u. a. Margaret Clitherow,
eine Metzgerfrau und
Mutter, Märtyrerin). Verweilen Sie bitte auf die besten Quellen in Ihrer Zeitschrift, auch auf die
Konzilstexte. Das wird
mehr und mehr vergessen. Und die Kirche droht
zu vertrocknen, weil zu
wenig Wasser des Heiligen Geistes sprudelt.
Dr. Norbert Timpe, Goppeln
Das Konzil ist Schuld.
Ich kann diesen Satz
schon nicht mehr hören.
Und er wird nicht richtiger, wenn Herr Schillerwein ihn immer wieder
wiederholt. Es gibt Aussagen von Bischöfen, Pfarrern und aus meinem Bekanntenkreis, dass schon
vor dem Konzil und lange
nach dem zweiten Weltkrieg die Kirchen leerer
Anzeiger für die Seelsorge + Klaus Vellguth + Münsterstraße 319 + 52076 Aachen
Fax: 0241 / 1804603 + E-Mail: schriftleitung@anzeiger-fuer-die-seelsorge.de
wurden und dass Volkskirche sich verabschiedete. Und dann ist ein Konzil eben nicht dazu da,
Neues zu schaffen, sondern Entwicklungen zur
Entscheidung zu führen.
Ich würde gerne die Ausreden von Herrn Schillerwein hören, wenn der
Glaubensschwund stattgefunden hätte ohne
Konzil. Denn diese Entwicklung war absehbar,
und nur ein „um-somehr“ von dem was
schon nicht mehr trägt ist
keine Lösung. Der Neuanfang des Konzils war
damals schwierig, und
viele Hausaufgaben aus
dem Konzil sind noch
nicht gemacht – auch
nicht von unseren Bischöfen. Deshalb: wir brauchen kein weiteres Konzil,
wir brauchen Christen,
die umsetzen, wozu wir
schon lange angefragt
sind und was uns ermöglicht wurde durch das
Konzil.
Pfr. Peter Konetschnyl,
Niedereschach
Mit Kindern Ostern begehen
Kinder erleben das Osterfest häufig als Jahreszeitenfest. Über dieses
elementare, naturhafte Erleben hinaus, sind sie aber auch bereit und
fähig für die religiöse Erfahrung des Ostergeheimnisses. Es kann sie
mit innerer Freude und Zufriedenheit erfüllen. Wie kann Pastoral
und religiöse Erziehung Kindern eine solche Erfahrung ermöglichen?
Verschiedene Ansätze bietet die liturgische Ordnung des Festkreises.
Im Vordergrund stehen dabei die Auswahl der biblischen Texte in der
Leseordnung, die großzügig angelegte Zeitstruktur und Umsetzung in
den Einzelfeiern.
Von Diana Güntner
D IANA G ÜNTNER
geb. 1965, Dr. theol., Dipl. Sozialpädagogin (FH), ist Dozentin
für kath.Theologie/Religionspädagogik an der Fachakademie
für Sozialpädagogik in Rottenbuch (Bayern), Religionslehrerin am
Gymnasium und pastorale Mitarbeiterin
in der Kinderpastoral. Diana Güntner ist
verheiratet und hat drei Kinder.
eonhard malt mit großen
Strichen das Bild der Arche
Noah mit den vielen Tieren
und dem greisen Noah aus.
Er theologisiert gerne über die Taten
Gottes. Jetzt bewegt ihn, wie dieser
Gott die Tiere und das Geschick der
Welt lenkt. Wie häufig münden seine Betrachtungen in dem Bekenntnis der unvergleichlichen Größe und
Stärke Gottes. Der vierjährige Junge
ist sichtlich von einer inneren Freu-
L
de bewegt. Er malt konzentriert an
seinem Bild und läuft dann entspannt und heiter zu den anderen
Kindern, die sich schon zur gemeinsamen Abschlussrunde versammeln.
Die Szene ereignet sich an einem
Kinderbibelnachmittag der Pfarrgemeinde während der Karwoche. Ungefähr 30 Kinder im Kindergartenund Grundschulalter erlebten im
Rollenspiel die Geschichte der Arche. In Alters- und Interessengrup-
S CHWERPUNKTTHEMA
„Der Gott ist
immer größer“
5
S CHWERPUNKTTHEMA
F AZIT
6
Mit Kindern Ostern begehen, bedeutet, ihnen zu ermöglichen,
dem Ostergeheimnis zu begegnen. In regelmäßigen und übergreifend gestalteten Kindergottesdiensten und Bibelveranstaltungen lernen sie im Laufe des gesamten Festkreises die großen
Geschichten des Osterglaubens kennen und können die Botschaft von dem starken, rettenden und beschützenden Gott in
sich aufnehmen. Sie erfahren, dass die Auferstehung mit ihrem
Leben etwas zu tun hat, dass sie ihnen grenzenlose Liebe und
Geborgenheit, ungebrochenen Frieden und Freude schenkt.
pen konnten sie das Erlebte kreativ
vertiefen und für sich wiederholen.
Singend und betend schlossen sie
den Nachmittag gemeinsam ab.
Kinder erleben Ostern
Ostereier, Hasenlieder, Frühlingsspiele, Blumendekoration – das
erfahren Kinder in den Kindergärten und Familien, wenn es um
Ostern geht. In der Zeit zwischen
Aschermittwoch und Ostersonntag
wird rege gesungen, gebastelt und
gespielt. In der Woche nach dem
Ostersonntag wird dann alles abgenommen und Platz gemacht für andere Themen und Aktionen. Der
kulturkritische Blick nimmt hier
wahr, was mit Säkularisierung,
Ästhetisierung und Emotionalisierung christlicher Feste gemeint ist:
Die religiösen Inhalte werden durch
andere (Hasen- und Frühlingsgeschichten) ersetzt, die dekorativen
Ausdrucksformen und ihr Genuss
rücken in den Vordergrund und das
Fest spricht das Gefühl und die
Stimmungslage an. In der letzten
Konsequenz wird das Glaubensfest
so zum Jahreszeitenfest. Die Analogie zwischen dem Erwachen in der
Natur und dem Ostergeschehen
wird gleichgesetzt: Der Frühling
weist nicht mehr nur auf das Osterereignis hin, sondern er ist es selbst;
die Frühlingsboten stehen im Mittelpunkt und stiften an, Natur und
Leben wieder neu zu genießen.
Ansätze
aus dem liturgischen
Festrhythmus
Pastoral und religiöse Erziehung
bieten in dieser Situation Alternativen an und suchen nach Wegen,
Kindern die Möglichkeit zu eröffnen, das zu begehen, was die christliche Tradition das Ostergeheimnis
nennt. Ansätze ergeben sich aus dem
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Der Osterfestkreis
und seine Feiern
Er beginnt mit der Phase der
Vorbereitung, der Quadragesima,
gipfelt in der Phase des Höhepunktes, dem Triduum Sacrum, und
mündet in der Phase der Entfaltung,
der Pentecoste. Eng verknüpft mit
diesen drei Zeitphasen ist das Geschehen, das erfahrbar wird. Das bedeutet nicht, dass jede Phase neue
Inhalte und Aussagen ins Spiel
bringt. Im Gegenteil: In den Einzelfeiern des Festkreises vergegenwärtigt die feiernde Gemeinde immer
wieder nur dasselbe und eine große
Festgeheimnis. Was sich verändert,
ist die Weise, in der diese Vergegenwärtigung geschieht. Mit wechselnden Motiven, Geschichten und liturgischen Zeichen feiert die Gemeinde
Ostern. Sie bieten den Menschen
Zugänge zum Festgeheimnis an. Sie
sind die Wege, die das Fest erst begehbar machen und die zur Begegnung mit dem Festgeheimnis, dem
neuen Leben in Christus, führen.
Die Kinder und der
liturgische Festrhythmus
Was hat das alles mit Kindern
zu tun?
1. Die eine Botschaft und die
vielen Geschichten: Der Blick in die
liturgische Leseordnung des gesamten Festkreises offenbart die Vielzahl
und Vielfalt der österlichen Geschichten. In der liturgischen Hermeneutik verkündet jede einzelne
das ganze Ostergeheimnis. Sicherlich gipfelt und konzentriert sich die
Osterbotschaft im Evangelium der
Osternacht. Die Lesungen des Osterfestkreises variieren jedoch wie in einem vielstimmigen Konzert diese
Botschaft und stimmen sie jeweils
neu und anders an. Somit verkündet
z.B. die Erzählung der Arche Noah
(1. Lesung, 1. Fastensonntag, Lesejahr B) die Osterbotschaft vom rettenden und neu schaffenden Gott.
Ebenso erzählen die Evangelien von
Jesus immer aus der Erfahrung von
Ostern und verkünden den auferstandenen Christus. In den biblischen Geschichten spiegelt sich somit vielfältig das Geheimnis der
Auferstehung. Wer mit Kindern
Ostern begeht, darf aus diesem
Reichtum schöpfen und Motive entdecken, die Kindern die Begegnung
mit dem Ostergeheimnis ermöglichen. Die Botschaft von der Auferstehung wird dadurch verstehbar
und zu einem Geschehen, das in das
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Italien/Rom
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Spanien/Murcia
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Bulgarien
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Syrien
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Libanon
13.10. - 20.10.2006
Türkei
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Malta
07.02. - 11.02.2007
Türkei
24.02. - 02.03.2007
Marokko
21.06. - 28.06.2006
Tunesien
18.02. - 25.02.2007
Portugal
19.02. - 25.02.2007
Zypern
14.02. - 19.02.2007
Rumänien
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2006/07
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7
S CHWERPUNKTTHEMA
liturgischen Festrhythmus. Um ihn
und seine Chancen soll es hier gehen.
Der Osterfestkreis ist, ebenso wie
das Weihnachtsfest, deutlich in drei
Phasen angelegt.
L I T E R AT U R T I P P
S CHWERPUNKTTHEMA
8
Diana Güntner, Segensfeiern mit
Kindern. Vorschläge für Kindergärten und Gemeinde. Verlag Herder,
Freiburg 2005.
Diana Güntner, Unser Sonntag. 12
Kindergottesdienste durch das Jahr.
Mit vielen Tipps für die Praxis.
Verlag Herder, Freiburg 2004.
Freude und Hoffnung, Identität und
ungebrochene Zukunft, Gemeinschaft und Geborgenheit stiftet.
2. Vorbereiten, aufschwingen und
entfalten: Der liturgische Zeitbogen
des Osterfestkreises spannt sich über
die drei Phasen hinweg von Ascher-
mittwoch bis Pfingsten. Diese zeitliche Struktur prägt das Erleben und
Erfahren. Die mehr als drei Monate,
die der Osterfestkreis dauert, eröffnen einen weiten Zeitraum. Sie ermöglichen ein Verweilen, in dem das
Erfahrene wiederholt, ausgekostet
und vertieft werden kann. Wird diese zeitliche Struktur verändert oder
verkürzt, dann verringert sich auch
das inhaltliche Erleben und Erfahren. Das bedeutet: Endet – wie häufig üblich – der Osterfestkreis unvermittelt am Ostersonntag, werden
auch keine Motive erfahrbar, die das
Ostergeschehen ausdeuten und entfalten. Wer mit Kindern den Fest-
kreis begeht, der darf deswegen
nicht am Gipfel stehen bleiben, sondern der geht den Weg weiter bis zu
seinem Ende, um schließlich dort
anzukommen, wo sich die Osterbotschaft noch einmal konzentriert, im
Geschenk der Gabe Gottes an den
Menschen, den Heiligen Geist.
3. Die Schritte: Wer Ostern
begeht, der feiert. Die Schritte auf
dem Osterweg sind deswegen
zunächst die liturgischen Feiern. Die
Kindergottesdienste bekommen in
dieser Zeit eine wichtige Bedeutung.
In ihnen erleben die Kinder die
Osterbotschaft und können in ihren
Liedern und Gebeten darauf ant-
Mit Kindern das
Ostergeheimnis begehen
Die Vorbereitung:
Sich mit Kindern auf das Osterfest vorzubereiten, ist mehr
als der Verzicht auf Süßigkeiten. Wer darüber hinaus den
Blick auf die 3-bis 6-Jährigen richtet, erkennt, dass die Vorbereitung auf Ostern bei diesen Kindern etwas ganz anderes heißen muss. Kleine Kinder zu bewusstem Verzicht auffordern, bedeutet ihren Entwicklungsstand und ihre heilsgeschichtliche Stellung zu übersehen. Kleine Kinder hüten
und genießen ihre wenigen Schätze, unter denen sich
auch Süßigkeiten befinden. Sie sind glücklich und stolz
über ein wenig Eigentum und Privates zu verfügen. Sie
probieren so ihre eigene Identität und gewonnenen Selbststand aus. Vorbereitung auf Ostern bedeutet für kleine
Kinder nicht der Ruf zur Umkehr, denn: Ein Mensch, der
– buchstäblich und übertragen – gerade im Begriff ist,
seine ersten Schritte im Leben zu tun, kann nicht schon
wieder umkehren. Religiöse und moralische Umkehr ist
Sache von Menschen, die bereits eine gewisse Wegstrecke
unterwegs sind. Schließlich segnet Jesus die Kinder und
macht sie zum Vorbild derer, die das Reich Gottes suchen.
(Mk 10,13-16).
Die Vorbereitung auf Ostern bedeutet für Kinder und
vor allem für kleine Kinder deswegen nicht Umkehr, sondern Hinwendung. Die Grundordnung des Kirchenjahres nennt diese Hinwendung „Taufgedächtnis“ (GOKJ
27). Die Kinder sollen in dieser Zeit der Vorbereitung
den befreienden Osterglauben, den sie durch die Taufe
erworben haben, erfahren können. In den biblischen
Lesungen der liturgischen Ordnung finden sich dazu die
biblischen Schlüsseltexte: die Verheißungen und der Bund
mit Noah, Abraham, Moses, die Propheten Ezechiel und
Jeremia, der Auszug aus Ägypten, der Zug durch die Wüste
und die Salbung Davids zum König. In den Evangelien
begegnet den Kindern ein Jesus, der in der Wüste stark ist
und der seinen Weg findet, der sich in der Tempelreinigung gegen Unrecht mutig zur Wehr setzt, der in den
Gesprächen mit Nikodemus und der Frau am Jakobsbrunnen von Rettung und lebendigem Wasser spricht, der
einem Mann die Augen öffnet, der den toten Lazarus zum
Leben erweckt, der das Gleichnis vom Barmherzigen Vater
erzählt und der die Frau vor der Steinigung bewahrt.
Die deutlichen Hinweise in den Lesungen, die zur
Umkehr aufrufen sind an Jugendliche und Erwachsene
gerichtet. Aber auch für sie gilt: Umkehr und Buße geschieht nicht um ihrer selbst willen, sondern um frei und
bereit zu werden für das Große, das Gott schenkt.
Die Voraussetzung ist eine entsprechende Sensibilisierung und Qualifizierung der Mitarbeiterinnen. Darüber hinaus können Bibelnachmittage, Kinderbibeltage, Kinderbibelwochen oder andere Bibelprojekte
(z.B. Erarbeitung eines Singspiels)
durchgeführt werden, in denen die
Kinder den Ostergeschichten begeg-
Die Entfaltung:
Die Osterzeit entfaltet in acht Sonntagen die Osterbotschaft. Auferstehung bedeutet im Spiegel der Evangelien: die Entmachtung des Todes, das Staunen, der Glaube, der sich auf das Unglaubliche einlässt, und die
Freude, die daraus erwächst (1. und 2. Sonntag), das Geschenk des neuen Friedens (2. Sonntag), die neue Gemeinschaft mit dem Auferstandenen (3. Sonntag), die
Zusage der Geborgenheit beim Guten Hirten (4. Sonntag), die neue Liebe (5. Sonntag), der neue Frieden (6.
Sonntag), die Offenbarung des Namens Gottes in Jesus
(7. Sonntag) und die Gabe des Heiligen Geistes (8. Sonntag). Hier wird nicht nur Kindern erfahrbar: Auferstehung ist kein einzelnes und erst recht kein abgeschlossenes Ereignis. Auferstehung schafft neue Realitäten: die
Realität einer neuen Freude und Geborgenheit, das Aufbrechen einer neuen Liebe und eines neuen Friedens, die
Chance einer neuen Gegenwart Gottes in Jesus und in
seinem Heiligen Geist. Was hat das alles mit Kindern zu
tun? Ist das nicht viel zu abstrakt und zu kompliziert? Im
ersten Blick scheint es so. Kinder können mit abstrakten
Begriffen wie Frieden und Gottesnähe nichts anfangen.
Bei näherem Hinsehen wird aber sichtbar, dass diese Lesungen für Kinder eine fundamentale Bedeutung haben.
Freude und Geborgenheit, Liebe, Frieden und Gottesnähe sind für Kinder, auch für kleine Kinder, keine unbekannten Realitäten, sondern im Gegenteil: Sie
nen. Aus der zeitlichen Struktur des
Festkreises heraus ist es wünschenswert, dass diese Veranstaltungen
nicht nur in der Vorbereitungszeit,
der Quadragesima, durchgeführt
werden, sondern in den fünf Wochen der eigentlichen Osterzeit zwischen dem Oster- und Pfingstsonntag.
drücken die Grundbedürfnisse des kleinen Kindes aus.
Im Kindergottesdienst und in der kreativen Bibelarbeit
können die Kinder mit diesen Realitäten buchstäblich in
Berührung kommen. Allen voran vermag der Kindergottesdienst durch zeichenhafte Symbolhandlungen einen positiven Erfahrungszusammenhang zu schaffen.
Das bedeutet: Im Gottesdienst wird nicht über Frieden
geredet, sondern es wird eine Friedensgeste vollzogen,
der Friedensgruß (6. Sonntag der Osterzeit). Oder: Den
Kindern wird nicht erklärt, wer der Heilige Geist ist und
was es mit ihm auf sich hat, sondern sie werden hinein
genommen in sein Wirken durch die Erzählung der Geschichte und einen umfassenden Lichtritus (z.B. das
Entzünden von Lichtern, die Übergabe mit Segenswort
und Tanz; Pfingstsonntag). Die Kinder können die Botschaft so mit ihrem inneren Erleben für sich aufschließen und sich Gott und den anderen in der gottesdienstlichen, symbolhaften Kommunikation mitteilen.
Die Lesungen der Osterzeit bieten Kindern zudem
deren zentrales Gottesbild an: das des Guten Hirten.
Seine Bedeutung für das kleine Kind ist nicht zu überschätzen. Zu ihm kann es einen Bezug aufbauen, der
ihm bei der Bewältigung seiner zentralen Entwicklungsaufgabe hilft: Vertrauen ins Leben zu fassen. Der Gute
Hirte antwortet auf seine Sehnsucht nach Geborgenheit,
Liebe und Annahme.
9
S CHWERPUNKTTHEMA
worten. Ein regelmäßiger Rhythmus
und übergreifende Gestaltungselemente, z. B. österliche Zeichen und
Symbole, machen die Einheit der
Geschichten erfahrbar. Diese Kindergottesdienste können in unterschiedlicher Weise in der Pfarrgemeinde, in der Schule oder im
Kindergarten durchgeführt werden.
Verzicht gehört dazu
I MPULSE
10
Ich habe auf Alkohol zur Zeit keine Lust, nicht
mal auf dem Oktoberfest. Das mag nur eine
Kleinigkeit für das große Ziel sein. Aber für alles,
für die Ausdauer, die Beweglichkeit, für mentale
und psychologische Kraft gehört ab und zu der
Verzicht auf die Annehmlichkeiten des Lebens.
Titelbild: Lothar Nahler
Oliver Kahn
Österliches Brauchtum
als Indikator gelebten religiösen Sinns
„Lumen Christi“ – Drei Mal erschallt in der Liturgie der Osternacht in der durch kein Licht erleuchteten Kirche dieser Ruf,
wenn die soeben angezündete und zubereitete Osterkerze vom
Eingang der Kirche im Westen zum Altar im Osten getragen wird,
wo bald die ersten Sonnenstrahlen zu sehen sein werden.
Von Manfred Becker-Huberti
M ANFRED
B ECKER -H UBERTI
geb. 1945, ist Pressesprecher
des Erzbistums Köln. Neben
dem Studium der Katholischen
Theologie (Promotion), Publizistik und Kommunikationswissenschaften, Philosophie, Kunstgeschichte und Pädagogik in Bonn und Münster
war er Stipendiat des Institutes zur Förderung publizistischen Nachwuchses. In
Münster hat er am Institut für Religiöse
Volkskunde gearbeitet. In mehreren
Büchern und verschiedenen Internetauftritten hat er sein Wissen über das
religiöse Brauchtum vorgestellt.
it den Buchstaben Alpha und Omega und
den Wundmalen Christi bezeichnet, symbolisiert die Kerze den misshandelten
Leib Christi und die Auferstehung
zugleich. Das scheinbare Ende des
Gottessohnes, das Omega, wurde zu
seinem und unserem Neuanfang,
dem Alpha: Das Licht der Kerze erleuchtet die Finsternis und wird an
alle weitergegeben, die es empfangen
wollen. Der Neubeginn zeigt sich
auch deutlich im Eintrag des Jahres
auf der Osterkerze, der einmal regional und phasenweise der Beginn des
neuen Jahres war. Die Osterkerze
spielt bei der Zubereitung des Taufwassers eine entscheidende Rolle,
wenn sie in das Wasser eingetaucht
M
wird: Durch den Tod zum Leben,
zum ewigen Leben, heißt die symbolisierte Botschaft, die der Täufling
in der Taufe, auch ein Neuanfang,
nachvollzieht und die die versammelte Gemeinde in jeder Osternacht
memoriert.
Die „nox sacratissima“ zu Ostern
ist substantiell für das Osterfest, das
aus der Nacht des Todes in das Licht
des ewigen Lebens führt. Das Gedächtnis der Auferstehung muss in
der Nacht beginnen, um die Verheißung in der Natur erleben zu
können. Der Aufgang der Sonne, die
Morgenröte, ist das natürliche Zeichen der Überwindung des Todes,
des Erbfeindes der Menschheit.
Nach heutiger mehrheitlich geltender Erkenntnis hat die Morgenröte,
S CHWERPUNKTTHEMA
Vom
„Osterlamm“
zum „Osterhasen“
11
S CHWERPUNKTTHEMA
F AZIT
12
Die Lichtsymbolik kennzeichnet Ostern. Feuer, Kerze und aufgehende Sonne vergegenwärtigen nach der durchwachten Nacht
den Auferstandenen und die den Christen durch Christus verheißene Auferstehung.
Das außerliturgische österliche Brauchtum nimmt die Lichtsymbolik und den Neuanfang durch die Taufe als Wassersymbolik auf.
Im volksfrommen Brauchtum dominiert das Osterei. Als
„Ostertier“ hat im allgemeinen Bewusstsein der Osterhase das
Osterlamm verdrängt.
„aurora“, den Namen „Ostern“ gebildet.
Bildlich dargestellt wird der Auferstandene in der Kirche nicht nur
durch die Osterkerze, sondern durch
eine Plastik, die ihn mit Lendenschurz und Wundmalen zeigt.
Während die rechte Hand segnet,
hält die linke Hand das Kreuz, das –
wie das Feldzeichen siegreicher römischer Soldaten – durch ein Textilband geschmückt ist: Meist ein
weißes Band, das am Kreuz herabhängt oder wie eine hängende Fahne
angebracht ist. Die Osterfahne ist
das Siegeszeichen der Auferstehung
und Erlösung.
Außerliturgisch hat das religiöse
Brauchtum die Symbole von Licht
und Wasser übernommen. Osterfeuer, vornehmlich auf den Bergspitzen, vergegenwärtigen die Morgenröte und damit Christus, der die
Nacht des Todes besiegt hat. Die
Nacht wird gleichsam „verbrannt“.
Die Kerze, die in der Ostermette von
der Osterkerze entzündet wurde,
nahm man mit nach Hause. Oft
wird sie heute durch eine der Osterkerze nachempfundene Kerze, die zu
Hause aufgestellt wird, ersetzt. Und
so, wie das Taufwasser ewiges Leben
spendet, bringt im Brauchtum das
schweigend geschöpfte, fließende (=
„lebendige“) Wasser Heil und Leben. Es soll von Jungfrauen eingeholt werden, durch nichts Schuldhaftes in seiner Wirksamkeit
gemindert werden. Und deshalb
wurden und werden die Mädchen
beim Einholen des Osterwassers, das
als „hochheiliges“ Wasser zum Segnen durch das ganze Jahr im Haus
aufbewahrt wird, auf die Probe gestellt: Die Mädchen werden unterwegs zur Quelle oder zum Bach
überrascht, erschrocken und angesprochen und dürfen doch selbst
nicht sprechen.
Neben der Licht- und Wassersymbolik hat die Osterfahne Eingang in das volksfromme Brauchtum gefunden. Nicht die Figur des
auferstandenen Christus, sondern
die des mit ihm im Johannes-Evangelium gleichgesetzten Lamm Gottes, das „agnus dei“, trägt die Osterfahne. Aus Kuchenteig in einer Form
gebacken, zierte das Osterlamm mit
Osterfahne den österlichen Frühstückstisch. Dadurch, dass jedes Familienmitglied ein Stück des „Ostertieres“ aß, verinnerlichte es das Fest
und sein Wesen, der Festgedanke
wurde verleiblicht. Das gebackene
Osterlamm ist auch heute noch in
manchen Familien auf dem Tisch zu
finden und kann noch in vielen
Bäckereien erworben werden. Als
Eisfigur ist es auch zu einem beliebten Dessert geworden, das man z. B.
am Weißen Sonntag zum Mittag
reicht.
Würde man in der Bevölkerung
nach dem Symboltier für Ostern fragen, wäre sicherlich statt des Osterlammes der Osterhase die mehrheitliche Antwort. Der Osterhase ist ein
säkulares österliches Symboltier, das
auf Umwegen in das Brauchtum ge-
langt ist. Voraussetzung für ihn waren die Ostereier, die allerdings nicht
in einem kirchlichen Zusammenhang standen.
Eier als Symbole für das Leben
sind in der Menschheitsgeschichte
fast überall nachzuweisen. Eier sind
vor allem Opfergaben, finden sich in
vorchristlichen und auch in christlichen Phasen unterhalb neu errichteter Türschwellen, die in Neues
führen. Das Ei als österliches Symbol
lässt sich bereits im vierten christlichen Jahrhundert nachweisen. Es
hebt sich von vergleichbaren Eiern
ab. Eier galten in mittelalterlicher
Zeit als „flüssiges Fleisch“ und waren
deshalb – wie Fleisch, Fett und alle
Laktizinien – in der Fastenzeit als
Speise verboten. Weil dies nun ausgerechnet in der Zeit galt, in der die
Hühner jahreszeitlich bedingt besonders legefreudig sind, musste
man Regelungen treffen, die das Lebensmittel Ei nicht sinnlos der Vernichtung preisgab. Eine Antwort auf
das Problem waren die „Fastnachtshühner“, also jene Hühner, die man
zur Fastnacht schlachtete und verspeiste, damit sie nicht Eier produzierten, die man innerhalb der Fastenzeit nicht essen konnte.
Gelegentlich findet man die „Fastnachtshühner“ noch symbolisch an
den Wagen der Rosenmontagszüge
angebracht. Ab der Mitte der Fastenzeit konnte man die gelegten Eier
aufbewahren. Sie wurden zu Zins-,
Pacht-, Beichteiern oder zu Ostereiern, die Schenkeier genannt wurden.
Während die Schenkeier durch Kochen haltbar und durch Bemalung
oder andere Verzierung kenntlich
gemacht wurden, machte man die
anderen Eier durch Einlegen haltbar
– sie wurden Soleier und nicht geschmückt. Sie wurden in Zeiten vor
der Einführung von Geld als Entgelt
für die „kleine Pacht“ (für eine Wiese oder ein Ackerstück) benutzt oder
nach Ablegung der österlichen
Beichte dem Beichtvater geschenkt,
der noch nicht durch Anteile an der
cher Bedeutung geschmückt. In
Österreich ist es Brauch, gefärbte
Eier mit einer in Salzsäure getauchten Stahlfeder zu ätzen. Auf diese
Weise lässt sich auf den Eiern zeichnen. Berühmt sind die sorbischen
Ostereier, die durch Kratz- und Ätztechniken oder durch Batik entstehen. In Mittel- und Ostdeutschland
werden Binsenmark-Eier hergestellt,
indem man fadendickes Mark der
Binsen in Kringeln und Spiralen auf
ausgeblasene Eier klebt. In Mähren
stellt man Stroh-Eier her. Durch
Einweichen von Strohhalmen, die
man aufschlitzt und zu Bändern bügelt, gewinnt man das Material, mit
dem man die Eier beklebt. Ausgeblasene oder gekochte Eier werden mit
Rechtecken und anderen Mustern
beklebt.
Am Ostersonntag findet nach
dem Hochamt in einigen Kirchen
der Eiersegen (Ostereierweihe oder
Speisenweihe) statt. In festlich hergerichteten Körben (Weihekorb)
werden Eier und andere Speisen
durch ein Familienmitglied in die
Kirche getragen und vom Priester
gesegnet (= geweiht). Mit der gesegneten Speise, außer Eiern ein Osterfladen, Osterbutter, ein Stück Schinken oder Speck, Wurst, Meerrettich
und Salz, trägt man den österlichen
Segen nach Hause. Hier wird die gesegnete Speise zum Frühstück serviert, denn es besteht/bestand der alte (Aber-)Glaube: Geweihtes muß
man nüchtern essen, damit der Segen wirkt. Von schlitzohrigen Kindern wird erzählt, dass sie vor der
Speisenweihe die Ostereier an beiden Enden anschlagen („anditschen“), „damit die Weihe besser
hinein geht.“ Im Mittelalter vergrub
manch einer ein solches Ei – oder
wenigstens seine Schalen! – auf dem
Acker, um auch diesen an dem Segen
teilnehmen zu lassen. Die Eier- oder
Speisenweihe zu Ostern ist uralt. Im
12. Jahrhundert führte die Kirche
die feierliche „Benedictio ovorum“
ein.
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Kirchensteuer seinen Lebensunterhalt bestritt.
Das klassische Osterei oder Paschei (von lat. pascha oder hebr. passah), das schon vor dem Ost-WestSchisma (1054) in der Ost- und in
der West-Kirche am Ostermorgen
als Symbol geschenkt wurde, war ein
rot gefärbtes Ei. Es symbolisiert das
Grab Jesu. Das Ei ist hart wie ein
Stein, tot, leblos und kalt. Und doch
beinhaltet es das Leben, das durch
die Farbe des Blutes ausgedrückt
wird. Die Botschaft des klassischen
Ostereis lautet: Christus ist auferstanden und lebt! Er hat Tod und
Grab überwunden. Das rot gefärbte
Osterei symbolisiert die Macht
Gottes über den Tod: Wer die Schale
durchbricht wie Frauen am Grab,
die den Stein vor der Öffnung wegrollen mussten, trifft auf das Leben.
Die Frauen haben als erste die Erfahrung gemacht, Christus ist auferstanden.
In Österreich war das rote Osterei noch bis zu Beginn des Ersten
Weltkrieges die Regel. In der Westkirche setzte das Bemalen von
Ostereiern im 12./13. Jahrhundert
ein. Neben den roten Eiern traten
die Farben grün, blau, gelb, schwarz
auf, aber auch silber und gold. Die
Eier waren bald nicht nur einfarbig,
sondern wurden verziert, besprenkelt, ausgekratzt, beschrieben, beklebt, bemalt, ausgeblasen und gefüllt. Einzelne Landschaften haben
unterschiedlichen Ostereierschmuck
hervorgebracht. In Russland taucht
man gekochte Eier in flüssiges Bienenwachs und legt sie dann in Farbbäder. Andere bemalen die Eier mit
flüssigem Wachs und färben sie
dann. Mehrere Farbbäder hintereinander bringen Schattierungen
und Muster hervor. „Pysanka“, die
Geschriebene“, wird das mit grafischen Mustern in Batiktechnik
kunstvoll verzierte Osterei in der
Ukraine genannt. Die Pysanky werden durch Ornamente und Figuren
mit früher magischer jetzt christli-
S CHWERPUNKTTHEMA
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Neue Zeiten bringen nicht nur
neue Ideen, etwa die, dass man ausgeblasene Eier auch mit einem elektrischen Zahnbohrer perforieren
und anschließend bemalen kann,
sondern auch die alte Idee, dass man
Eier nicht nur mit käuflicher Chemie, sondern mit natürlichen Materialien färben kann. Naturfarben haben aus ökologischen Gründen
wieder Interesse gefunden. Im
17./18. Jahrhundert kamen dagegen
„reimgefüllte Eier“ in Mode. In ein
ausgeblasenes Ei wurde als
Längsachse ein Holzstäbchen durchgesteckt, um das ein beschriebener
Papierstreifen gewickelt war, den
man herausziehen konnte. Auf ihm
steht ein Osterglückwunsch oder ein
Sinnspruch.
Hatte man im 18. Jahrhundert
noch Ostereierbildchen als Freundschaftssymbole untereinander ausgetauscht – kleine Klappbildchen,
die, geöffnet, den Auferstandenen
oder das Lamm Gottes in einem zerbrochenen Ei zeigten – entwickelte
sich das Osterei in Frankreich auch
zur amourösen Kunst: Ludwig XV.
L I T E R AT U R T I P P
Manfred Becker-Huberti, Lexikon
der Bräuche und Feste, Über 3.000
Stichwörter mit Infos, Tipps und
Hintergründen für das ganze Jahr.
Verlag Herder, Freiburg 2000.
Manfred Becker-Huberti, Feiern –
Feste – Jahreszeiten, Lebendige
Bräuche im ganzen. Jahr, Geschichte
und Geschichten, Bilder und
Legenden. Verlag Herder, Freiburg
2001.
Jürgen Küster, Wörterbuch der Feste
und Bräuche im Jahreslauf, Eine
Einführung in den Festkalender.
Verlag Herder, Freiburg 1985.
Dietz-Rüdiger Moser, Bräuche und
Feste im christlichen Jahreslauf,
Brauchformen der Gegenwart in
kulturgeschichtlichen Zusammenhängen, Graz/Wien/Köln 1993.
(1715 - 1774) z. B. beglückte seine
Mätresse Madame Dubarry mit einem Osterei, das sich öffnen ließ
und anzüglich einen Cupido zeigte.
Zar Alexander III. (1881 - 1894)
schließlich steigerte eine in adeligen
Kreisen Russlands übliche Praxis.
Hatte man sich dort untereinander
kostbare aus Edelsteinen und Porzellan hergestellte Eier, die mit Rubinen und Diamanten besetzt waren,
verschenkt, engagierte er einen
Goldschmied, der variantenreiche,
höchst bestaunte Spielereien aus
kostbarsten Materialien herstellte.
Der zum Hofjuwelier avancierte
Carl Fabergé zauberte en miniature
den Landsitz der Romanows oder das
Reiterstandbild Peter des Großen in
ein Ei. Die „imperialen Ostereier“, wie
man die Fabergé-Eier bald nannte,
wurden so berühmt, dass sie 1900
auf der Weltausstellung in Paris gezeigt wurden. Die Hohenzollern
ließen sich durch die Fabergé-Eier
zu Porzellaneiern anregen, die – versehen mit Porträts Friedrich II. und
des Berliner Schlosses – gefüllt mit
Weihwasser oder Schnaps, verschlossen durch ein Krönchen, verschenkt wurden. Der Sinn dieser Geschenke war nicht mehr der österliche Auferstehungsglaube. Pierre de
Ronsard formuliert ihn in einem
seiner Sonetten: „Je vous donne, en
donnant un oeuf, tout l’univers“ –
Ich gebe Ihnen, indem ich Ihnen ein
Ei schenke, das ganze Universum!
Säkularisierte Ostereier anderer
Art sind Ostereier evangelischer
Christen. Da das Osterei eine Folge
der Fastenzeit ist, die der evangelischen Theologie obsolet war (ist),
weil Fasten als „Werkgerechtigkeit“
gilt/galt, konnte es sich nicht als religiöser Brauch unter evangelischen
Christen durchsetzen. Da der Ostereierbrauch offensichtlich aber auch
in reformierten Kreisen als attraktiv
galt, wurden die „evangelischen“
Ostereier oder auch „Haseneier“
(17. Jh.) auf einem Schleichweg eingeführt – und zwar weit vor der ka-
tholisch-evangelischen Brauchvermischung um 1900. Von Johann
Wolfgang von Goethe wird in der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
berichtet, dass bei ihm auf Gründonnerstag (!) im Garten Ostereier
gesucht wurden. Im Gegensatz zum
„katholischen“ Osterei, das selbst
hergestellt wurde, ließen sich
„evangelische“ Ostereier finden, weil
sie von einem unsichtbaren Schenker zum Suchen versteckt wurden.
Unübersehbar hat sich das Element
des unsichtbaren Schenkers von Nikolaus über das Christkind auf den
österlichen Schenker übertragen. Als
Schenkfigur hat sich heute der „lepus paschalis“, der Osterhase, durchgesetzt. Neben ihm gab es aber auch
noch andere, denen das Eierverstecken zugeschrieben wurde: Osterhenne (Tirol), Osterhahn (Oberbayern, Österreich, Thüringen, Schleswig-Holstein), Osterfuchs (Hannover), Ostervogel, Osterkranich (Holl.
Grenzland), Osterstorch (Thüringen), Osterkuckuck (Schweiz),
Osterlamm (Bayern, selten), Osterglocken auf dem Rückweg von Rom
(Vogesen, Kärnten). Um 1900 auf
dem katholischen Land noch völlig
unbekannt, ist nach einer Befragung
der Osterhase 1932 flächendeckend
präsent. In manchen der Tradition
verbundenen katholischen Familien
wird er aber immer noch als eine Art
untergeschobener Kretin betrachtet,
den man nicht bestellt hat und eigentlich auch nicht abholen möchte.
Er ist eher eine unvermeidliche,
nicht hinterfragbare Dekoration. In
kindgemäßer Holprigkeit belegt ein
Spruch zum Osterhasen aus der Moselgegend die Distanz zu der Kunstund Geschenkfigur: „Die Mutter
färbt die Eier, der Vater legt sie ins
Gras. Dann meinen die dummen
Kinder, das wär’ der Osterhas’.“
Überkonfessionelle Verbreitung
fand der Osterhase nicht durch ökumenisches Denken. Drei Phänomene haben die Ausbreitung des Osterhasen vorangetrieben: Süßwaren-
Johann Wolfgang von Goethe ist
mit einem weiteren säkularisierten
Osterbrauch verbunden. Durch seinen „Faust“ wurde der „Osterspaziergang“ zu einem festen Bestandteil der klassischen Literatur
(»Faust«, 1. Teil, Szene »Vor dem
Tor«). Vorbild für diesen Spaziergang ins Grüne ist das „Emmausgehen“ oder der „Emmausgang“ am
Ostermontag, in Erinnerung an den
Gang der Jünger Jesu nach Emmaus
(Lukasevangelium 24, 13-35), die Voraussetzung. Dieser auch heute noch
geübte meditative Spaziergang wird
meist am Ostermontag durchgeführt. Schweigend und betend geht
oft die ganze Familie bis zu einer Kapelle oder einem Wegkreuz. Der alten Tradition nach ist man neu eingekleidet: Wie ein Täufling an
Ostern zeigt man sich „unbefleckt“.
Als Osterblume gilt heute meist
die Narzisse oder Osterglocke, die
lichtvoll im Garten oder im Blumenstrauß im Wohnzimmer leuchtet. Die mittelalterliche Tafelmalerei
dagegen zeigt als österliche Symbolblume den Löwenzahn, der die Auferstehung dadurch vergegenwärtigt,
dass er nach seinem vermeintlichen
biologischen Tod über seine Samen
weiterlebt. Was heute als „Unkraut“
oder Kindern als „Pusteblume“ gilt,
war einmal die Symbolpflanze der
Auferstehung.
Das volksfromme Brauchtum
nimmt zu Ostern den Sinngehalt des
Festes sinnlich in Besitz. Die Verdampfung der Religiosität in unserer Gesellschaft lässt sich beim österlichen Brauchtum mit erosierender
Wirkung nachweisen. Das „agnus
dei“ wurde weitgehend durch den
„lepus paschalis“ abgelöst, Ostereier
sind Dekorations- und Genussobjekte ohne tieferen Sinn geworden.
Diese beispielhaft genannten Defizite bloß als Verluste zu verbuchen
wäre ein resignatives Christentum.
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15
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industrie, Kinderbücher und Postkarten. Im 19. Jahrhundert, als gerade entdeckt worden war, dass sich
aus bestimmten Rüben Zucker gewinnen ließ, bot der Osterhase der
Süßwarenindustrie eine neue Absatzmöglichkeit. Hasen in jeder
Form, immer aber als Süßigkeit,
schufen ein jahreszeitlich bedingtes
Produkt, das erst bloß einen neuen
Kinderbeschenktag ausstattete, später aber auch die Erwachsenen mit
einbezog. In Kinderbüchern begannen vermenschlichte Hasenfamilien
literarisch, gezeichnet oder gemalt
ein Hasenleben vorzuführen, das
ganzjährig von keinem anderen Interesse getrieben schien, als die Produktion von besonders schönen
Ostereiern für besonders liebe Kinder. Die Postkarten, die man sich bis
nach dem Zweiten Weltkrieg zu Ostern schrieb, die Ostergrüße, verbreiteten nicht nur – den meist
kitschig dargestellten – Osterhasen,
sie belegen auch den besonderen
Charakter dieses Festes: Ein säkulares Fest in bürgerlich-familiärer burgenartiger Abgeschlossenheit, aus
dem man Fremde distanziert und
förmlich-kühl schriftlich grüßte.
Bis in das 17. Jahrhundert war
der „risus paschalis“, das Ostermärlein, Ostergelächter oder Osterlachen, fester Bestandteil des volksfrommen Osterfestes. Der Prediger
hatte in seiner Osterpredigt etwas
einzuflechten, was die Gemeinde zu
schallendem Gelächter verleiten
musste. „Tod, wo ist dein Sieg? Tod,
wo ist dein Stachel?”, fragt Paulus (1
Kor 15,55 nach Hos 13,14). Und unsere Vorfahren lachten diesen Tod,
der durch die Auferstehung seine
Macht verloren hatte, zu Ostern aus.
Das Osterlachen blieb natürlich ein
„Trotzdem-Lachen”, ein Lachen im
Angesicht des absehbaren eigenen
Todes. Nicht nur den Reformatoren
waren klamaukhafte liturgische
„Einlagen“ wie das Osterlachen widersinnig, so dass dieser Brauch abgeschafft wurde.
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Frauen gehen
Ostern entgegen
Plädoyer für eine Sinn-erfüllte Fastenzeit
Glauben Frauen anders? Diese Frage bewegt die pastoraltheologischen Gemüter seit den Anfängen der feministischen Theologie.
Eine Antwort kann und will dieser Beitrag nicht geben, wohl aber
über Ostererfahrungen aus Frauensicht berichten, die zu einem
anderen Blick auf die Feier der Passion und der Auferstehung Jesu
Christi anregen und ermutigen möchten.
Von Andrea Kett
A NDREA K ETT
geb. 1965, verheiratet, 3 Kinder,
wohnhaft in Aachen. Studium
der katholischen Theologie und
Anglistik in Münster und Bangor (Wales); langjährige Tätigkeit in der Schulseelsorge, der kirchlichen Jugend- und Erwachsenenbildung
sowie als Übersetzerin für Concilium;
ehrenamtlich engagiert in Gemeinde
und kfd; seit Mai 2005 erste Geistliche
Begleiterin/Leiterin der Katholischen
Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd)
auf Bundesebene.
rgendwann in meinem Erwachsenenleben muss es einen Bruch
gegeben haben. Aus heutiger
Sicht würde ich diesen Moment
als „Um-Bruch“ oder „Auf-Bruch“
bezeichnen, zum damaligen Zeitpunkt war ich einfach nur erstaunt
und irritiert. Plötzlich war nicht
mehr Weihnachten für mich das
wichtigste Fest im Kirchenjahr sondern Ostern! All die Jahre war ich regelmäßig in die Kirche gegangen,
war als Messdienerin und Lektorin
nah dran gewesen am liturgischen
Geschehen, hatte Theologie studiert
und im katholischen Bildungswesen
gearbeitet, und doch brauchte ich
I
ganz wesentliche Lebenserfahrungen, damit sich mir die Unerhörtheit
dieses Festes zu erschließen begann.
Und zwar Lebenserfahrungen als
Frau: ich hatte Leben geschenkt und
Verluste erlitten, ich hatte Erfolge
gefeiert und das Scheitern lernen
müssen, ich hatte einige Antworten
gefunden und viele neue Fragen aufgetan. Ich hatte eine Ahnung vom
Leben bekommen. Erst da berührte
mich das Osterfest wirklich und
fundamental in meinem Menschsein und in meinem Frausein.
Was waren, was sind die Beziehungspunkte dieses von meinem Frausein geprägten Osterverständnisses?
Widerstehende Trauer
Die Beschäftigung mit den
Osterperikopen scheint diese These
zu stützen: die Evangelien berichten
übereinstimmend und mehr oder
weniger ausführlich davon, wie
Frauen Jesus auf seinem Weg in den
Tod und darüber hinaus begleiten.
Lukas erzählt von den klagenden
Frauen, die Jesus auf dem Weg nach
Golgatha folgen. Während die Frauen, von denen einige auch namentlich genannt werden, bei Matthäus
lediglich als Beobachterinnen der
Kreuzigung und der Grablegung Jesu angeführt werden, schreiben ihnen Markus und Lukas eine aktivere
Rolle bei der Bestattung zu und berichten von der Zubereitung wohlriechender Öle und Salben. Johannes bezieht die Frauen direkt in die
Kreuzigungsszenerie ein, indem er
dem „Jünger, den er liebte“ die Verantwortung für die Mutter Jesu
überträgt. Für alle vier Passionsberichte lässt sich sagen: als die männlichen Jünger, bis auf den eben erwähnten, schon längst geflohen sind
und als handelnde männliche Personen nur bis dahin unbekannte Namen erwähnt werden (Simon von
Zyrene, der Hauptmann und die
Wachen, Josef von Arimathäa), sind
es die Frauen, die stand halten, aushalten, sich im Klagen und Trauern
zu Jesus bekennen, trotz der Gefahr, die das öffentliche Beweinen eines Gekreuzigten damals bedeutete.
Franz Reike bezeichnet dieses Verhalten der Frauen als „widerstehende Trauer“: „Der Tod ist definitiv. In
der Regel gehen die Menschen nach
der Beerdigung davon, um im Leben
weiterzumachen. Die Jüngerinnen
bleiben und halten das Ende aus.“
Die Frauen am Grab ermutigen zur
Trauer als Voraussetzung des Widerstandes gegen den Tod: „Werden wir
mit den Frauen fähig, den Tod im
Leben wahrzunehmen und dagegen
bis in die innersten Strukturen unserer Männergesellschaft aufzustehen?“ (Franz Reike)
Frauen erleben den Tod Jesu bewusst mit und vollziehen auch die
für eine solche Situation vorgesehenen Rituale wie das Klagen und das
Salben des Leichnams bewusst. Sie
lassen die schrecklichen Ereignisse
nah an sich herankommen, reagieren emotional, suchen den direkten
Kontakt bis hin zur Berührung des
toten Körpers. Typisch weiblich? Auf
jeden Fall ganzheitlich und damit
konsequent: So wie sich Frauen vom
lebenden Jesus ganzheitlich, mit
Körper, Geist und Seele, mit allen
Sinnen, haben ansprechen lassen, so
halten sie es auch mit dem toten
Jesus. Sie haben keine Berührungsängste.
Auferstehungserfahrung
mit allen Sinnen
Für Hubert Ritt gewährleisten
die so genannten „Frauenlisten“, die
namentliche Nennung der anwesenden Frauen, nicht nur die historische Faktizität der Kreuzigung und
Grablegung Jesu, sondern sichern
auch die Kontinuität zwischen Jesus,
dem Gekreuzigten, und Jesus, dem
Auferstandenen, indem die als Zeuginnen (Botschaft Jesu vom Anbruch der Gottesherrschaft, Kreuzigung, Grablegung) und als
Handlungsträgerinnen (Zubereitung der Salben, Grabbesuch) angeführt werden. Aber nicht nur das;
die Frauen werden auch zu den ersten Adressatinnen der Osterbotschaft. „Das historische Faktum vom
Grabbesuch der Maria von Magdala
und anderer Frauen am Ostermorgen bewirkt innerhalb des Erzählablaufs eine Änderung der Handlungsperspektive: Die Frauen
werden zu den Handlungsträgern;
dies ist wiederum der Anlass, dass
sie auch zu den Adressaten der
Osterbotschaft werden.“ (Hubert
Ritt, Die Frauen und die Osterbotschaft, in: Die Frau im Urchristentum, hrsg. von Gerhard Dautzenberg, Helmut Merklein, Karlheinz
Müller, Freiburg 1983, S. 131.)
Eine herausragende Stellung unter diesen ersten Empfängerinnen
der Nachricht von der Auferstehung
Christi nimmt Maria von Magdala
ein. Die drei synoptischen Evangelien erwähnen sie im Zusammenhang
mit der Gruppe von Frauen, die am
ersten Tag der Woche zum Grab gehen, um den Leichnam zu salben.
Im Bericht des Johannesevangeliums, der sich ausschließlich auf Maria von Magdalas Grabbesuch konzentriert, wird der oben gezeichnete
Eindruck vom ganzheitlichen Erleben der Frauen aufgegriffen und
fortgeschrieben: zum einen hält Maria den Kreuzestod Jesu aus. Sie läuft
nicht weg, sondern gibt Zeugnis von
der „widerstehenden Trauer“, dem
Protest gegen den sinnlosen und
scheinbar hoffnungslosen Tod. Zum
anderen erlebt Maria die Auferstehungsbotschaft über ihre Sinne:
17
S CHWERPUNKTTHEMA
Zum einen sicher die Osterbotschaft selbst: Jesus, der Christus,
lebt; die Macht Gottes besiegt den
Tod; Auferstehung ist Realität. Zum
anderen die Texte der Osterliturgie:
die Erinnerung an die göttliche
Kraft, die Leben schafft, die aus der
Unterdrückung befreit, die mitgeht
durch die Geschichte. Aber da war
noch etwas anderes: die frische
Frühlingsluft, die ich einatmete,
wenn ich zur frühmorgendlichen
Auferstehungsfeier ging, das Anbrechen der Morgendämmerung, die
die Kirchenfenster nach und nach
immer heller leuchten ließ, das
sprießende Grün der Buchsbaumzweige in der Vase vor der selbstgestalteten Osterkerze, das Kneten des
weichen Hefeteigs für das feierliche
Osterfrühstück nach dem Gottesdienstbesuch – da war und da ist etwas an diesem Fest, das meine Sinne
anspricht, und das mich zu der Behauptung verleitet: Frauen gehen
Ostern auf besondere Art, mit allen
Sinnen, entgegen.
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Trauernd und weinend im Garten
klagt sie dem vermeintlichen Gärtner ihr Leid. „Erst als Jesus sie bei
ihrem Namen nennt, erkennt sie
ihn... Der Auferstandene aber ist
nicht mehr der zärtlich nahe Jesus.
Sein Leib lässt sich nicht mehr
zurückholen und festhalten. Die
Stimme ist jedoch noch vertraut.
Mit allen Fasern ihres Seins begreift
Maria das Neue. Im glaubenden
Umwenden, Hinhören und Loslassen kann sie den Lebendigen erfahren.“ (Benedikta Hintersberger, Aurelia Spendel, Maria von Magdala,
Zeugin für das Leben, in: Mit Frauen der Bibel den Glauben feiern,
hrsg. von Aurelia Spendel, Freiburg
2002, S.121.)
In der geradezu symbolhaften
Umgebung des Gartens, die eine
Vielfalt von Sinneseindrücken nahe
legt, lässt Maria ihrem Schmerz freien Lauf, sie sieht Jesus, doch erkennt
ihn nicht, sie hört seine Stimme, sie
will ihn berühren, doch er entzieht
sich ihr. „Das muss ihr bis ins Innerste gedrungen sein und sie zutiefst getroffen haben.“ (Marianne
Dirks) Sie erlebt sozusagen am eigenen Leib, was Tod und Auferstehung
heißt. Und „wider Erwarten ist ihre
Beziehung zu Jesus nicht zuende,
sondern steht vor einem Neuanfang.“ (Ruth Habermann)
Erfahrungsbezogene
Pastoral
Was kann das für Frauen als
„Sympathisantinnen“, als Mit-Leidende, am Grab und als Adressatin-
L I T E R AT U R T I P P
Herlinde Pissarek-Hudelist (Hg.),
Mit allen Sinnen glauben. Feministische Theologie unterwegs. Gütersloh 1991.
Peter Müller, Leben spüren. Mein
spiritueller Fastenbegleiter, München 1999.
nen der Osterbotschaft heute
heißen?
Ich bin mir bewusst, dass mein
persönliches Osterverständnis –
auch wenn es sich im weitesten Sinne „exegetisch“ begründen lässt –
nicht automatisch auf andere Frauen übertragbar ist, nur weil sie Frauen sind. Allerdings habe ich in meiner pastoralen Arbeit mit Frauen in
den verschiedensten Zusammenhängen immer wieder die Erkenntnis gewonnen, wie wichtig es ist, erfahrungsbezogen zu arbeiten, bei
der je eigenen Lebenssituation anzusetzen – und da teilen viele Frauen
wesentliche Erfahrungen miteinander, eben weil sie Frauen sind. Die
Erfahrung von Schwangerschaft und
Geburt, die Erfahrung von versagter
Mutterschaft, die Erfahrung der
Zurücknahme eigener Bedürfnisse
zum Wohle anderer, die Erfahrung
der Doppel- und Dreifachbelastung
durch Erwerbsarbeit, Familienarbeit
und Ehrenamt, die Erfahrung der
Ausgrenzung von Ämtern und Positionen aufgrund des eigenen Geschlechts... Diese Liste ließe sich
noch um viele Punkte erweitern.
Auf die Gestaltung der österlichen Festzeit bezogen – und das
schließt für mich die Fastenzeit und
die Karwoche mit ein – ergibt sich
für mich daraus als Konsequenz die
Notwendigkeit, Frauen die Passion
und die Auferstehung Jesu Christi
im wahrsten Sinn des Wortes nahe
zu bringen, sie mit allen Sinnen erfahrbar und erlebbar zu machen.
Dazu gehört auch, eine gewisse
Spannung aufzubauen und mit Polaritäten zu arbeiten: Nur wenn ich
die Dunkelheit und Trostlosigkeit
eines Karfreitages erlebt habe, kann
ich das „Lumen Christi“ am Ostersonntag wirklich feiern.
Kreuzzeichen –
Lebenszeichen
Eine Möglichkeit unter vielen,
mit den biblischen Frauen Ostern
entgegenzugehen, besteht in der
Teilnahme an einer Fastenwoche mit
spiritueller Begleitung, wie sie in der
kfd-Gruppe meiner Heimatgemeinde seit einigen Jahren angeboten
wird. Hier trifft sich zu Beginn der
Fastenzeit allabendlich eine Gruppe
von 15 bis 20 Frauen, unter ihnen
immer wieder auch einige Männer,
die eine Woche lang unter Anleitung
auf feste Nahrung verzichten wollen,
um sich damit einen körperlichen
„Erfahrungsfreiraum“ zu schaffen.
Die inhaltliche Gestaltung der Fastengruppentreffen unter einem jährlich wechselnden thematischen
Schwerpunkt greift die beim Fasten
erlebbaren körperlichen Vorgänge
auf und transponiert sie gleichsam
auf eine spirituelle Ebene. Hierbei
gibt es erstaunliche Parallelen zu
den bereits mehrfach angesprochenen zutiefst menschlichen und sinnlichen Erfahrungen der biblischen
Auferstehungszeuginnen: das Abschiednehmen (von lieb gewordenen Gewohnheiten und Genüssen
am Vorabend des Fasten), das Aushalten (des Verzichts) und die Leere
(des Magens), die Hinwendung zu
Ritualen des Alltags (bei der Zubereitung der „Mahlzeiten“), die Sensibilisierung der Sinneswahrnehmung
(Geruch, Geschmack, Gehör, Tastsinn etc.), die Erwartung (des Fastenbrechens). Je nach Bereitschaft
der Teilnehmerinnen werden diese
Erfahrungen in religiöse Inhalte eingebettet und damit als Schritte auf
dem Weg nach Ostern noch deutlicher gemacht. So stand z. B. der
zweite Tag der Fastenwoche mit dem
Motto „Lebenszeichen“ im Zeichen
des Kreuzes. Im Impuls für den Tag
wurden die Teilnehmerinnen bereits
morgens eingeladen zu versuchen,
an diesem Tag ihre persönlichen
Grenzen besonders sensibel wahrzunehmen und einzuhalten und auf
kleine und große Enttäuschungen
des Alltags zu achten. Das abendliche Fastengruppentreffen thematisierte das Kreuz und die vielen
Vorbotinnen
Ein Aspekt des Themenkomplexes „Frauen und Ostern“ ist bisher
unerwähnt geblieben – vielleicht der
Aspekt, durch den vor einigen Jahren der oben beschriebenen „Umbruch“ zu meinem Osterverständnis
aus Frauensicht initiiert wurde:
Frauen gehen Ostern nicht nur ent-
gegen, Frauen gehen auch von
Ostern aus; Frauen waren und sind
nicht nur Adressatinnen, sondern
auch Trägerinnen der Osterbotschaft!
Bei Matthäus, Markus und Lukas
sind es Engel, die den Frauen den
Auftrag geben, den Jüngern die
Nachricht von der Auferstehung
Christi zu überbringen. Im Johannesevangelium richtet der Auferstandene selbst den Auftrag an Maria von Magdala. Mit der Stimme,
die ihn als „Rabbuni“, als „lieben
Lehrer“, zu erkennen gibt, spricht er
sie mit ihrem Namen an und sendet
sie mit dem Verkündigungsauftrag
zurück zu den Jüngern. Märta Wilhelmsson hat mein damaliges „AhaErlebnis“ in ihrem bekannten Gedicht „Vorbotinnen“ auf eindrücklich Weise formuliert:
Plötzlich fällt es mir
wie Schuppen von den Augen:
Frauen waren es,
die als erste die Osterbotschaft
verkündeten -die unglaubliche!
Frauen waren es,
die zu den Jüngern eilten,
die atemlos und verstört
die größte aller Nachrichten
TIPP
Charismen leben – Kirche sein
Unter dem Leitwort „Charismen leben – Kirche sein“ lädt die Katholische
Frauengemeinschaft Deutschlands Frauen zur Teilnahme an einem Prozess ein, in dessen Verlauf sie sich kritisch fragen und miteinander austauschen sollen, wie sie sich als Frauen in der Kirche erleben, mit ihren
Enttäuschungen und Hoffnungen, mit ihren Begrenzungen und Begabungen. Die Überzeugung, dass Frauen wie Männer am ganzen Heilsdienst
unserer Kirche Anteil ha-ben sollen und dass Kirche nur leben und überleben kann, wenn alle – Frauen und Männer, Junge und Alte – ihre von
Gott geschenkten Gaben und Fähigkeiten entfalten können, findet sich
in allen programmatischen Aussagen der kfd. Die Wurzeln für diese Überzeugung liegen nicht zuletzt bei den mutigen Vorbotinnen, den Frauen,
die als erste die Osterbotschaft verkündet haben und Vorbilder für uns
Frauen heute sein können.
weitersagten:
Er lebt!
Stellt Euch vor, die Frauen hätten
in den Kirchen Schweigen
bewahrt!
Ja, stellt Euch vor, Maria von
Magdala, in der frühen Kirche „Apostolin der Apostel“ genannt, da sie als
erste Botin des Auferstandenen gilt,
und damit – so weit in der jungen
Kirche überhaupt von Ämtern und
Beauftragungen in unserem heutigen Sinn gesprochen werden kann –
als erste weibliche „Amtsträgerin“ zu
bezeichnen ist, hätte ihre Botschaft
nicht weitergesagt. „Gäbe es ohne
Maria aus Magdala, ohne die Frauen
keine Osterbotschaft?“, fragt Aurelia
Spendel. „Die Antwort darauf ist
nicht eindeutig, aber die Vorliebe
Jesu für die Frauen besonders am
Ostermorgen ist unübersehbar. Unsere Kirche sähe sicher anders aus,
wenn sie die Glaubenserfahrung
und die Sendung von Maria Magdalena genauso ernst nähme wie die
der Jünger. Wir haben das ganze
Vermächtnis Jesu weiterzugeben
und danach zu leben. Wir sind nicht
nur eine Petrus-Kirche, sondern
auch eine Maria-Madgalena-Kirche.
Männer und Frauen sind berufen,
Zeugnis vom Auferstandenen zu geben.“ (Märtha Wilhelmsson)
Bemühungen, diese in Gottesebenbildlichkeit, Taufe und Firmung grundgelegte Befähigung und
Berechtigung zur verantwortlichen
Mitgestaltung von Kirche und Gesellschaft für beide Geschlechter zu
verwirklichen, gibt es seit dem Zweiten Vatikanum. Heute, mehr als
vierzig Jahre später, scheinen sie
nötiger denn je.
19
S CHWERPUNKTTHEMA
Kreuze im Leben jeder einzelnen
Teilnehmerin mittels einer Ast-Meditation, in deren Verlauf trockene
Zweige gebrochen und in Kreuzform wieder miteinander verbunden wurden. Viele leidvolle Erfahrungen brachen an diesem Tag im
wahrsten Wortsinn auf und konnten
verbunden werden – selten habe ich
eine solch dichte Atmosphäre, in der
die Trauer und Verzweiflung der
Frauen am Grab, der Jünger und
Jüngerinnen Jesu in den Tagen zwischen Kreuzigung und Auferstehung
anklang, erleben dürfen. Bewusster
Verzicht auf feste Nahrung, geistliche Begleitung, Sensibilisierung der
Wahrnehmung der eigenen Befindlichkeit und Bedürftigkeit als Vorbereitung auf Ostern – unter dieser
Voraussetzung kann Ostern zu einem Fest der Sinne werden.
S CHWERPUNKTTHEMA
20
Auferstehung
erleben
Von Selbst-Annahme und der Kunst des Staunens
In einem Lied besingt Reinhard Mey die Rückkehr seiner Freundin. Er vergleicht dabei die Gefühle, die er empfindet mit Ostergefühlen. Wenn man Reinhard Mey zuhört, spürt man jene Gefühle regelrecht. Sein Lied klingt tatsächlich wie ein Alleluja, das
der Tiefe des Herzens entströmt. Als ich vor vielen Jahren in Jerusalem studierte, traf unsere Studentengruppe am Morgen des
Osterfestes den Orthodoxen P. Johannes Düsing, einen leidenschaftlichen Vermittler zwischen katholischer Kirche und den
orthodoxen Kirchen Jerusalems. Er begrüßte uns, die wir noch
nicht so richtig ausgeschlafen hatten, mit einem frohen „Christus ist auferstanden. Er ist wahrhaft auferstanden!“. Da spürte
man nicht weniger als bei Reinhard May die tiefe, innere Freude
darüber, dass Christus, der tot war, wieder unter uns weilt,
zurückgekommen ist.
Von Wunibald Müller
W UNIBALD M ÜLLER
geb. 1950, studierte Theologie und Psychologie. Seit
1991 leitet er das Recollectiohaus der Abtei Münsterschwarzach. Bekannt wurde
er als Autor zahlreicher Bücher und
Beiträge zu Themen der Spiritualität
und Psychotherapie.Wunibald Müller
ist verheiratet und hat zwei Kinder.
ch bin inzwischen vielen Menschen, unter ihnen vielen Seelsorgern und Priestern begegnet,
die Ostern aus ganzem Herzen
heraus erleben, die in sich ein großes
Glücksgefühl spüren, wenn sie von
Freude erfüllt in der Osternacht singen „Alleluja, Jesus lebt, Jesus lebt,
Alleluja, Jesus lebt“. Andere wieder
bleiben innerlich unberührt. Sie feiern Ostern, als Priester sprechen sie
die liturgischen Texte des Tages und
I
singen die Lieder mit. Allein, es
bleibt bei einem äußeren Vollzug.
Ihr Herz und ihre Seele schwingen
nicht mit.
Ein Grund dafür mag sein, dass
diese Priester in sich keinen Platz,
keinen Raum mehr haben, in dem
sich ihre Gefühle ausbreiten und leben können. Sie sind so zugedeckt
von der Arbeit, von den auch religiösen Verrichtungen, dass sie einfach froh sind, wenn sie die ‚ganze
fühlen aufgehen, doch ihre Gefühle
sind ganz absorbiert vom heiligen
Vollzug. Im Augenblick scheinen sie
ganz erfüllt zu sein von dem frohen
Erleben, dass Christus auferstanden
ist, doch das Leben davor, daneben
und danach hat da wenig Platz. Es
riecht bei ihnen, so der verstorbene
Pastoraltheologe Josef Goldbrunner,
„gefühlsmäßig nach Weihrauch. Das
drückt einem die Luft ab. Es geht eine solche Unlust von diesen so genannten Frommen aus, das man
meint, der Welt um sie herum fallen
langsam die Zähne aus ... Schlechte
Laune sei ja auch das Laster der
Frommen, sagt C.G. Jung“. Ihre
Osterfreude wirkt nicht nach, Sie
wirkt sich nicht auf ihre Umwelt
und ihren Alltag aus. Sie können sie
daher auch nicht auskosten.
Ich erinnere mich an einen Priester, der erzählte, wie sehr er an
Hochfesten in der Feier der Eucharistie aufgehe, er ganz erfüllt sei von
den feierlichen und erhabenen Gefühlen, die dabei in ihm erweckt
werden. Es ist für ihn als bewege er
sich in dieser Zeit in einer himmlischen Sphäre. Kaum sei er aber nach
dem Gottesdienst in der Sakristei,
raste er fast aus, wenn Ministranten
laut sind und ihn in seiner feierlichen Stimmung störten und
schlechte Laune trete an die Stelle
der gerade noch so tiefen, feierlichen
Gefühle. Dieser Pfarrer hat sich seit
dem Aufstehen nur mit Beten befasst, war ständig eingetaucht in die
spirituelle Sphäre. Er hat sich kaum
Zeit gelassen für das Frühstück, bei
dem er seine Haushälterin angeschwiegen hat, geschweige denn,
dass er sich erlaubt hätte, für zehn
Minuten nach draußen zu gehen,
um frische Luft einzuatmen oder ein
paar Schritte zu gehen.
Will ich Ostern erleben, müssen
meine Gefühle mit einbezogen werden. Der Resonanzboden in mir, der
Gottesdienst Hinweisschilder
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21
S CHWERPUNKTTHEMA
Geschichte’ gut über die Bühne bekommen. Unsere Psyche kann nicht
ständig in religiösen Gefühlen leben
oder schwelgen. Sie verlangt nach
Ausgleich. Bei Männern und Frauen, für die die spirituelle Dimension
in ihrem Leben besonders wichtig
ist, kann die Gefahr bestehen, dass
das Religiöse, die Beschäftigung damit, das Eintauchen in religiöse Gefühle so viel Platz in ihrem Leben
und in ihrem psychischen Haushalt
einnehmen, dass die vorhandenen
Kräfte völlig davon aufgebraucht
werden und andere lebensnotwendige Bereiche dabei zu kurz kommen. Die Folge davon kann dann
sein, dass die Betreffenden zunehmend unausgeglichen, mitunter ungenießbar werden. Sie haben keine
Freude und keine Lust mehr an
ihrem Dienst, den sie immer mehr
nur als Last erleben.
Dann gibt es Seelsorger und
Priester, die in ihren religiösen Ge-
S CHWERPUNKTTHEMA
F AZIT
22
Seelsorger und Seelsorgerinnen können Ostern erleben, wenn
sie ausgeglichen leben, das heißt ihren physischen und psychischen Bedürfnissen in einer angemessenen Weise Rechnung tragen. Sich auch in seiner Unvollkommenheit anzunehmen, sich der
Wirklichkeit des Lebens zu stellen, kann weiter eine Voraussetzung dafür sein, um Ostern erleben zu können. Ganz entscheidend dafür ist aber, immer wieder zu werden wie die Kinder, die
staunen können und im Staunen sich selbst vergessen können.
für Gefühle empfänglich ist, muss
dafür bereitet sein. Er darf nicht zugestellt sein durch zu viel Nachdenken, Analysieren, Theoretisieren. Alles hat seine Zeit, auch das
Nachdenken und Analysieren. Hans
Küng spricht viel davon, wie wichtig
es sei, vernünftig zu glauben. Das
bedeutet mir viel. Was uns aber oft
fehlt, ist die angemessene Berücksichtigung der Gefühlsseite.
Dann findet meine
Auferstehung statt
Manchmal scheitert das Erfahren von Ostern, weil ich an der
Oberfläche bleibe, weil ich den Gang
in die Tiefe bisher vermieden habe,
weil ich dachte, ich könne den Himmel jetzt schon kosten, ohne den
Vorgeschmack der Hölle erfahren zu
haben. Es befremdet mich, wenn ich
einen bekannten Schlagersänger singen höre, dass er sich nach der Liebe
pur sehnt. Ich weiß nicht, was er sich
darunter vorstellt. Ich fantasiere
aber, dass er die heile Liebe meint,
die nur zärtlich, wohltuend, erhaben
ist, die Schmerz, Trauer, Enttäuschung, Verzweiflung nicht kennt.
Das erinnert mich an Seelsorger
oder Psychotherapeuten, die den
L I T E R AT U R T I P P
Anselm Grün: Die Osterfreude aus-
kosten. Münsterschwarzach 2000.
Wunibald Müller: Glück ist ein lei-
ses Singen der Seele. Die göttliche
Weisheit in uns entdecken. MatthiasGrünewald-Verlag, Mainz 2005.
Eindruck erwecken, dass ein spiritueller Weg, ein psychotherapeutischer
Prozess eine sanfte Angelegenheit
sei, bei der man sich die Hände nicht
schmutzig macht, wo es möglich ist,
direkt, unmittelbar Glückseligkeit
zu erfahren oder den Himmel zu erreichen. Menschen, so der amerikanische Philosoph und Psychotherapeut Rollo May, erreichen den
Himmel nur über die Hölle. Selbst
für einen rein weltlichen Himmel
gilt das. Die Agonie, das Erschrecken, die Traurigkeit sind notwendiges Präludium für die Erfahrung von Auferstehung. Ostern geht
der Karfreitag voraus, der Erfahrung
von Auferstehung geht der Tod, die
Erfahrung von Sterben voraus.
Schließlich können auch Vollkommenheitsansprüche oder Allmachtsphantasien mich davon abhalten, echte Freude zu empfinden,
Ostern wirklich auszukosten. Die
felix culpa, die glückliche Schuld,
von der im Exultet der Osternacht
die Rede ist, gestehe ich mir dann
selbst nicht zu. Solange ich mir aber
die Annahme meiner selbst verweigere, mich nicht so wie ich bin, anzunehmen vermag, auch in meiner
Unvollkommenheit, bleibt etwas in
mir tot. Erst wenn ich mich bedingungslos annehmen kann, öffnet
sich das Grab, in das ich mich selbst,
mein Innerstes, eingesperrt habe.
Dann werde ich befreit. Dann findet
meine Auferstehung statt. Dann
spüre ich, dass ich wertvoll, liebenswert bin. Dann vernehme ich in mir
einen vielstimmigen Chor, der mindestens so wunderbar klingt wie Händels Messias. Dann erlebe ich Aufer-
stehung, dann erfahre ich Ostern.
Es ist ein Gefühl, das jener
Schratt, ein alter, geiziger Mann, in
der Geschichte Christmas Carol von
Charles Dickens erfährt, der sich
von der Welt enttäuscht zurückgezogen hat. Alle Versuche, mit ihm Kontakt aufzunehmen, unterbindet er,
bis er im Traum Szenen aus seiner
Vergangenheit begegnet. Da bricht
etwas in ihm auf. Ihm wird schlagartig bewusst, wie sehr er in den letzten Jahren am Leben vorbeigegangen ist. Wie sehr er seine Bedürfnisse
nach menschlicher Nähe, Liebe zu
erhalten, Liebe zu schenken, unterdrückt hat. Zunächst denkt er, tot zu
sein. Doch dann stellt er fest: ich lebe ja noch. In diesem Moment
kommt der totale Durchbruch. Er
tanzt und springt im Bewusstsein:
Jetzt kann ich ja wieder anfangen zu
leben. Er geht zu seinen Enkeln und
Verwandten und beschenkt sie und
lässt sich beschenken. Er hat die Isolation überwunden. Er hat eine innere Auferstehung erlebt, die ihn vor
Freude jauchzen und tanzen lässt.
Werden wie die Kinder
Um Ostern erfahren zu können
müssen wir wieder werden wie die
Kinder, sonst bleibt uns der Himmel
verschlossen, sonst bleibt uns die Erfahrung von Ostern verschlossen.
Kinder haben sich noch nicht solche
Fettpolster angelegt, die den Zugang
zu einer unmittelbaren Erfahrung
verhindern. Sie können noch einfach staunen und im Staunen sich
selbst vergessen. Im Staunen aber
schließen wir uns dem Himmel an,
betreten wir eine andere Welt.
Mir fällt eine Begebenheit mit
unserem Sohn Thomas Morus ein,
als er etwa fünf bis sechs Jahre alt
war. Thomas klingelt Sturm. Er ist
ganz aufgeregt. Er hatte sich auf die
Bank vor unserem Haus gesetzt, und
da ging, er konnte es nicht fassen –
die Oma Käthe am Haus vorbei.
Oma Käthe war vor einem halben
schichte, in der ein kleines Mädchen
die Eltern bat, eine Weile mit ihrem
Bruder, der noch ein Baby war, alleine sein zu dürfen. Die Eltern erlaubten es schließlich und fasziniert ob
eines solchen Wunsches lauschten
sie an der Tür. Das kleine Mädchen
sagte zu seinem Bruder: „Erzähl mir,
wie Gott ist, ich beginne es zu vergessen.“ Es gibt eine jüdische Tradition, nach der wir Gott im Mutterschoß erkennen, diese Fähigkeit aber
uns mit der Zeit wieder abhanden
kommt. Bis wir schließlich wieder
auf sie stoßen, unsere Sehnsucht danach den Weg in die Tiefe führt, um
ihr dort zu begegnen. Oder wir erlauben ihr einfach wieder, sich bemerkbar zu machen, Teil unseres Lebens zu werden.
Staunen nur kann ich
und staunend mich
freuen
Wer sich die Fähigkeit zum Staunen erhält, kann die grundsätzlich
schönen Dinge des Lebens mit Lust,
voller Bewunderung sogar ekstatisch
erfahren. Für einen solchen Menschen ist jeder Sonnenuntergang so
schön wie der erste, jede Blume von
atemberaubender Lieblichkeit, auch,
nachdem er eine Million Blumen gesehen hat. Das Staunen kann übergehen in das Ergriffensein bis hin
zur Erfahrung von Ekstase, wenn
Wunibald Müller
Glück ist ein leises
Singen der Seele
Die göttliche Weisheit
in uns entdecken
112 Seiten
Paperback
$ 14,80 [D] / sfr 25,80
ISBN 3-7867-2543-8
Matthias-Grünewald-Verlag
der Schwabenverlag AG
Tel. (07 11) 44 06-0 · Fax -177
Weitere Titel von Wunibald
Müller finden Sie in unserem
Prospekt »Spiritualität und
Lebenshilfe«!
wir aus uns heraustreten. Das meint
ja die deutsche Übersetzung des aus
der griechischen Sprache stammenden Begriffes Ekstase. Solche Erfahrungen werden uns geschenkt. Entscheidend wird es sein, dass wir
offen sind dafür und das tun, was
wir tun können, um für solche Erfahrungen empfänglich zu sein.
Ich erinnere mich an eine wunderbare Erfahrung bei einem Aufenthalt in Jerusalem. Bei den syrischen Orthodoxen in Jerusalem bei
ihrer Osterliturgie wird an einer
Stelle der Bischof samt Stuhl, auf
dem er sitzt, unter dem Aufjauchzen
der Gottesdienstteilnehmer in die
Höhe gehoben, fast geworfen. Das
erinnert mich an eine alte Darstellung, auf der Jesus auf einer Schaukel schaukelnd dargestellt wird. Hier
wird äußerlich sichtbar, was innerlich geschieht, wenn wir Ostern aus
ganzem Herzen heraus erleben und
in einem schieren Zustand der Ekstase aus uns heraustreten, können
wir es doch kaum fassen, können
wir doch nur staunen, „staunen nur
kann ich und staunend mich freuen“, betroffen und getroffen von der
Erkenntnis und Wahrheit, dass ER
auferstanden ist.
23
S CHWERPUNKTTHEMA
Jahr gestorben. „Mama, Mama!“,
ruft er, „die Oma Käthe lebt. Ich habe sie gesehen!“ Meine Frau bittet
ihn ins Haus zu kommen und
spricht mit ihm darüber. Sie sagt
ihm, dass es nicht Oma Käthe gewesen sein kann. Dass sie gestorben sei.
Er hatte sie sicher mit einer anderen
Person, die ihr ähnlich sieht, verwechselt. Thomas ist enttäuscht. Er
ist nicht bereit, sich mit dieser Auskunft zufrieden zu geben, und hält
seiner Mutter entgegen: „Vielleicht
ist sie auferstanden.“
„Wenn ihr nicht werdet wir die
Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen.“ Auch wenn
Thomas Oma Käthe nicht gesehen
hat, war für einen Augenblick seine
Sehnsucht nach ihr erfüllt worden.
Er hat für einen Moment geglaubt:
Das ist die Oma. Die Oma lebt. Ja,
sie ist auferstanden. Er hat wirklich
an ihre Auferstehung geglaubt. Er
kann an die Auferstehung glauben,
darf alle Erfahrungen durchleben,
die ich mache, wenn eine Mensch,
den ich liebe und den ich verloren
habe oder glaubte verloren zu haben, plötzlich wieder da ist. Seine
Freude und sein Glückseligkeit entspringen dem gleichen, tiefen, inneren Impuls, wenn wir an Ostern ausrufen können: „Er ist auferstanden!
Er ist wahrhaft auferstanden!“
Der anglikanische Theologe Philipp Newell berichtet von einer Ge-
24
Sie können mich gerne
für
I MPULSE
verrückt
...
erklären...
aber ich hatte heute die Begegnung der dritten
Art.
Dazu muss ich ein bisschen was vorneweg erzählen.
Vor einem Vierteljahr erschien die erste Ausgabe unserer
neuen Pfarreizeitung. Und die Ehrenamtlichen, die die
Zeitung verteilt hatten, hatten ziemlich präzise angegeben, wer nicht mehr da wohnte – oder wo Doppellieferungen waren. Und ich hatte mir die Mühe gemacht, all diese Rückmeldungen, ca. 200, in die entsprechende Datei
auf der Diskette einzugeben, um zu einer realistischen
Auflagenhöhe zu kommen.
Morgen soll die zweite Ausgabe adressiert werden. Und
dazu brauche ich diese Diskette – denn
wir haben die Auflage reduziert. Ich war
mir sicher, die Diskette ist irgendwo auf
einem der Schreibtische zu finden – aber
sie fand sich nicht. Am Anfang war ich
noch ziemlich sicher – sie muss irgendwo
sein, eine Diskette verschwindet nicht
einfach so. Aber sie war nicht da.
Zugegeben – auf Außenstehende wirkt
mein Büro eher chaotisch. Aber für mich ist dieses Chaos
eigentlich sehr gut organisiert, ich weiß, wo ungefähr seit
wann was mit welcher Wichtigkeit liegt.
Aber diese Diskette war nicht aufzufinden. Ich stellte so
ziemlich alles auf den Kopf, suchte dort, wo ich Disketten
normalerweise und unnormalerweise möglicherweise
hinlegen könnte – aber sie war nicht da. Es wäre ja noch
nicht einmal so sehr schade gewesen um die zwei Stunden
Arbeit, die ich damals investiert hatte, aber die neue Auflagenhöhe setzte voraus, dass ich diese 200 Adressaufkleber
diesmal vorher aussortierte. Und so langsam geriet ich in
Panik. Wenn ich diese Diskette nicht finde, dann reicht die
Auflage nicht.
Irgendwann, nach zwei Stunden Suche, zwischen all den
Papieren und den Computern, habe ich mich in meiner
Verzweiflung an die „alten Mittel“ erinnert. War das nicht
eigentlich der Job vom Hl. Antonius, Verlorenes wieder
finden?? Ich sandte ein Stoßgebet nach oben – und suchte
weiter. Schließlich erscheint eine Diskette nicht irgendwie
irgendwo wieder – sondern man muss dem Heiligen ja
auch eine Chance geben, dass man sie finden kann.
Ein Freund mailte mir noch was zu – und in meiner Antwort schrieb ich als P.S. „Schick mal ein Gebet zum Antonius – ich brauch’s grad!“
Und – es ist wirklich fast nicht zu glauben – er schickte mir
seine „Gebetsbestätigung“ im Sinne von „losgeschickt“ –
und eine Minute später (!!!) kam mir eine Idee: Könnte es
vielleicht sein, dass diese Diskette
noch im Laufwerk des alten
Computers steckte, den ich seit einem Vierteljahr nicht mehr benutzte, aber der immer noch in
meinem Büro stand? Denn inzwischen war ich im Büro auf
Laptop umgestiegen (oder bin
nach zwei Jahren beharrlicher
Mühe „umgestiegen worden“) – und der hatte kein Diskettenlaufwerk mehr …
Mitten
im
Leben
Und genau dort war sie …
Nein, erklären kann und will ich es nicht. Man soll Geheimnisse nicht durch Erklärungen entzaubern. Aber ich
finde es irgendwie faszinierend, dass sich der Hl. Antonius
so erfolgreich auch in die Welt der Computer, Disketten
und sonstiger Technik hineinschleicht.
Ob ich dran glaube? Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Aber
erlebt habe ich es heute …
Andrea Schwarz
Ein Gang durch die biblischen Bücher:
Zweites Buch der Chronik
Ein hörendes Herz
„Verleih mir daher Weisheit und Einsicht, damit ich weiß, wie ich mich vor diesem
Volk verhalten soll. Denn wer könnte sonst dieses mächtige Volk regieren? Gott antwortete Salomo: Weil dir das am Herzen liegt, weil du nicht Reichtum, Vermögen
und Ehre oder den Tod deiner Feinde, auch nicht um ein langes Leben gebeten hast,
sondern um Weisheit und Einsicht gebeten hast, um mein Volk zu regieren, zu dessen König ich dich bestellt habe, sollen dir Weisheit und Einsicht zuteil werden. Aber
auch Reichtum, Vermögen und Ehre will ich dir geben, wie sie kein König vor dir erlangt hat und auch nach dir keiner haben wird.“
(2 Chronik 1,10-12)
Die ergreifenden Tagebücher einer knapp dreißigjährigen Jüdin, die in Auschwitz ermordert wurde, bewegen mich immer wieder zutiefst. Etty
Hillesum nennt ihre Gedanken „das denkende
Herz“. Sie beschreibt mit großer Offenheit und
Weitsicht, was wirklich trägt im Leben: „Horchen
auf das, was in einem selbst quillt. Vieles von dem,
was du tust, ist ja doch bloß Nachahmung oder
eingebildete Pflicht oder eine falsche Vorstellung
darüber, wie ein Mensch sein sollte. Die einzige
Gewissheit, wie du leben sollst und was du tun
musst, kann nur aus dem Brunnen aufsteigen, der
aus deiner eigenen Tiefe quillt ... Mystik muss auf
kristallklarer Ehrlichkeit beruhen. Nachdem man
zuvor die Dinge bis zur nackten Realität erforscht
hat.“ (S. 81,113). Die Spuren zu dieser Gabe der
Weisheit finde ich auch bei Salomo. Er bittet um
ein „hörendes Herz“ (1 Kö 3,9). Schon im alten
Israel ist das Herz nicht primär der Sitz der Gefühle oder der Liebe, sondern vor allem der Sitz
der Vernunft und des Verstandes. Heute sprechen
wir von emotionaler Intelligenz, die ermutigt der
Stimme des Herzens zu folgen. Denn ein echter
Weg der Innerlichkeit, der Gegensätze vereint,
führt in die Weite. Bei Salomo wird diese Weite
sichtbar, indem er mit den Bäumen und Vögeln
im Gespräch ist (1 Kö 5,9-14), kritische Fragen
stellt – „Wohnt denn Gott wirklich bei den Menschen auf der Erde.“ (2 Chr 6,18) – und Gott bittet, auch das Gebet des Fremden zu erhören:
„Fremde werden kommen und in diesem Haus
beten. Höre sie dann im Himmel, dem Ort, wo du
wohnst, und tu alles, weswegen der Fremde zu dir
ruft. Dann werden alle Völker der Erde deinen
Namen erkennen.“ (2 Chr 33). Echte Lebensweisheit zeigt sich auch im ehrlichen Umgang mit der
Vergangenheit, in der auch die Schattenseiten
nicht ausgeklammert werden. Die Vielfalt der
biblischen Texte ermutigt uns dazu. Ruth Lapide
sagt es kurz und bündig: „Das ist das Schöne an
der Bibel: Sie stellt auch die Negativseiten der
Menschen dar – selbst die der Helden. Ich glaube,
dass Salomo wirklich klug war und auch raffiniert. Ich kann mir gut vorstellen, dass er wie sein
Vater dichterisch begabt war. Aber er wird dennoch sehr gerügt in der jüdischen Tradition.“ Ich
wünsche mir in unserer Gesellschaft jene Lebensweisheit, die Anerkennung und Kritik fördert,
zum Wohle der ganzen Gemeinschaft:
Du
ermutigst uns jeden Tag
einen Weg in die Tiefe zu wagen
um Dir begegnen zu können
in Selbsterkenntnis und Solidarität
Du
bestärkst uns immer wieder
der Stimme unseres Herzens zu folgen
im gemeinsamen Ringen
um die Unterscheidung der ‚Geister’
Du
führst uns in die Weite
zu den suchenden Menschen
die dürsten nach deiner Gerechtigkeit
die hungern nach deiner Barmherzigkeit
Pierre Stutz
www.pierrestutz.ch
I MPULSE
5-Minuten-
Meditation
Meditation
25
Gottes Wort
„Es werde …“
aus dem Schöpfungsbericht der Bibel
kommt mir vor Augen
wenn ich das Bild betrachte
- wo die Strahlen
der aufgehenden Sonne
die Erde berühren
einen neuen Tag ankünden
und eine Möwe
zwischen Himmel und Erde
Leben zeigt
ein Bild
ein Stadium
eine Momentaufnahme
der sich entfaltenden Schöpfung
Kosmos, Erde, Welt, Natur
Gottes Lebensraum
für die Menschen
geschaffen
werdend
auf Vollendung hin
bereitet und begleitet
durchlebt und durchlitten von dem
der als „der Erstgeborene der ganzen Schöpfung“
Gottes Wort und Mensch zugleich
in diese Welt - „sein Eigentum“
kam und kommt und kommen wird
damit alle
durch ihn und mit ihm und in ihm
das Leben haben
und es in Fülle haben:
Christus
Schöpfung und Ostern in einem
dem einen
Wort Gottes
Klaus Jäkel
Foto: Lothar Nahler
I MPULSE
26
Persönlich
27
P ROF. D R . WALTER E YKMANN , M D L
ist Mitglied im Fraktionsvorstand der CSU im
bayerischen Landtag,Vorsitzender des Aus-
I MPULSE
schusses für Fragen des öffentlichen Dienstes
sowie Bundesvorsitzender der Katholischen
Elternschaft Deutschlands.
Was wünschen Sie der Kirche?
Ausstrahlung, Christusnachfolge.
Was wünschen Sie sich von der Kirche?
Offenheit, echte Hinwendung zum Menschen ohne
Zukunftsängste (wie bei Johannes Paul II.).
Was empfinden Sie als Ihre Stärke?
Durchsetzungskraft, Offenheit, Geradlinigkeit.
In welchen Momenten empfinden Sie tiefes
Glück?
Was stört Sie an sich selbst?
Zu beobachten, wie Kinder, selbst unbeobachtet,
mit Inbrunst spielen.
Hektik.
Welche Eigenschaft schätzen Sie bei anderen
Menschen?
Wie lautet Ihr Lebensmotto?
Ex umbris et imaginibus in veritatem (Newman).
Bildung, Herzlichkeit.
Für welche Hobbys nehmen Sie sich Zeit?
Welche Eigenschaft stört Sie bei anderen
Menschen?
Lesen und Musik.
Unhöflichkeit, Geiz.
Wer ist Ihr Lieblingsschriftsteller?
Tacitus, Stefan Zweig, Hermann Hesse.
Wer hat Sie stark beeinflusst?
Mein Jugendkaplan.
Welche Musik bevorzugen Sie?
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart.
Welcher Theologe fasziniert Sie?
John Henry Newman, Romano Guardini,
Eugen Biser.
Von welchem Leben träumen Sie heimlich?
Welche Bibelstelle gibt Ihnen heute Kraft?
Was möchten Sie im Leben erreichen?
„Aus Finsternis soll Licht aufleuchten; … damit wir
erleuchtet werden zur Erkenntnis des göttlichen
Glanzes auf dem Antlitz Christi.“ (2 Kor 4,6-12)
Abgeklärtheit.
Was ärgert Sie an der Kirche?
Überbetonung der hierarchischen Strukturen, hier
und da mangelnde Dialogfähigkeit innerhalb der
Kirche.
Botschafter im Vatikan.
5-Minuten-
I MPULSE
28
PPredigt
redigt
Fenster putzen
Glasklare Sauberkeit für unsere Fensterscheiben
verspricht ein bekanntes Putzmittel mit dem neuen Aktiv-Fettlöser. Glasklare Sauberkeit für unser
ganzes Leben wünscht sich Edith Stein, die 1942
von den nationalsozialistischen Machthabern ermordete und 1998 heiliggesprochene Karmelitin:
„Du sollst sein“ – schreibt sie einmal – „wie ein
Fenster, durch das Gottes Liebe in die Welt hineinleuchten will. Die Scheibe darf nicht stumpf
und schmutzig sein, sonst verhinderst du das
Leuchten Gottes in der Welt.“
Durch keinen hat Gottes Liebe so klar und hell in
die Welt hineingeleuchtet wie durch Jesus von
Nazareth. Er war das entscheidende Fenster,
durch das Gottes Menschenfreundlichkeit hineingestrahlt hat in das Leben aller, die sich von
ihm ansprechen ließen. Heute sind nach Edith
Steins Worten wir die Fenster, die anderen einen
Blick auf Gottes Wirken in der Welt ermöglichen
sollen; Fenster, die leider manchmal stumpf und
undurchsichtig sind.
Für die Reinigung unseres Lebensfensters bietet
die Kirche deshalb seit langem drei wirksame
Putzmittel an: Fasten – Almosen – Beten. Gerade
in der Zeit vor Ostern legt sie uns diese Mittel besonders ans Herz.
Fasten – der kraftvollste Aktiv-Fettlöser für Leib
und Seele: Wenn wir uns beim Essen und Trinken, bei unseren Aktivitäten, bei unseren Gedanken und Worten auf das Wesentliche und Notwendige konzentrieren, bekommt unser Leben
wieder klare Konturen, ein unverwechselbares
Profil. Wir entdecken unsere Stärken und Begabungen, und wir spüren neu, wie Gott gerade
durch uns in der Welt wirken will. Wenn wir unser Lebensfenster von unnötigen Fettschichten
befreien, können auch andere deutlicher sehen,
welche Möglichkeiten Gott ihnen eröffnet.
Das zweite Putzmittel: Almosen – das beste Reini-
gungsmittel gegen hartnäckigen Egoismus und
gegen das „Immer-Mehr-Haben-Wollen“: Wenn
wir bereit sind, uns zu öffnen und loszulassen,
unseren Überfluss mit anderen zu teilen, werden
wir innerlich frei. Wir lösen uns aus dem Kreisen
um uns selbst und sehen wieder klarer, wo andere unsere Solidarität und unsere Zuwendung
brauchen. Wenn wir durch unsere Großzügigkeit
unserem Lebensfenster einen frischen Glanz geben, kann der barmherzige Gott auch durch uns
in die Welt hineinstrahlen.
Und das dritte Putzmittel: Beten – der wirksamste
Schutz gegen Hektik und Oberflächlichkeit:
Wenn wir uns bewusst Zeit nehmen fürs Gebet
und vor Gott still werden, kommen wir unserem
Leben auf den Grund. Wir nehmen die Ziele, die
wir uns gesteckt haben, neu in den Blick, und wir
lassen uns Kraft schenken für die nächsten Schritte. Wenn wir durch Beten unser manchmal so
stumpfes Lebensfenster aufpolieren, kann das
Wort Gottes, das Orientierung und Hoffnung
gibt, kräftiger in die Welt hineinscheinen.
„Du sollst sein“ – schreibt Edith Stein – „wie ein
Fenster, durch das Gottes Liebe in die Welt hineinleuchten will. Die Scheibe darf nicht stumpf
und schmutzig sein, sonst verhinderst du das
Leuchten Gottes in der Welt.“
Fasten – Almosen – Beten: Das sind die drei bewährten Mittel für den jährlichen Frühjahrsputz
in unserem Lebenshaus, drei Fensterreiniger, die
uns selbst wieder durchblicken lassen, und die
helfen, dass die Menschenfreundlichkeit Gottes
wieder sichtbar und spürbar wird.
Und ich bin überzeugt: Wenn die Gläser unseres
Lebensfensters wieder klar und sauber sind –
dann klappt’s auch mit dem Nachbarn ...
Wolfgang Raible
Gedanken zur Kreuzestheologie
Die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus ist für die christliche Identität die Mitte des Glaubens. Darin erweist Gott in seinem Heilshandeln seine Treue. Doch erst wenn der Ereigniszusammenhang von Leben, Tod und Auferweckung Jesu als
Bedeutungszusammenhang verstanden wird, ist es möglich, das
Kreuz Jesu ohne eine Verengung des Gottesbildes zu denken.
Denn in Leben, Tod und Auferweckung geschah die Erlösung.
Wie unterschiedlich über das Kreuz Jesu gedacht werden kann,
zeigt ein Blick in die Geschichte und zugleich die Notwendigkeit
einer persönlichen Glaubensentscheidung für das eigene Verständnis vom Tod Jesu und dem Gott, der ihn gesandt hat.
Von Gunda Werner
nd an Gottes Barmherzigkeit niemals verzweifeln“ (Benediktsregel 4,
74). Ausgerechnet diesen
Satz setzt der heilige Benedikt von
Nursia an das Ende seines benediktinischen „Knigges“, jenes Kapitel
nämlich, in dem er minutiös die
„Werkzeuge der geistlichen Kunst“
beschreibt. Er kommt auf insgesamt
„U
G UNDA W ERNER
geb. 1971, Dr. theol., arbeitet in der
Bildungsabteilung der Missionszentrale der Franziskaner e.V. in Bonn
und lebt in Köln. Kontakt:
gwpr@freenet.de
74 Anregungen zum geistlichen Leben, die zum Teil aus der Bibel genommen sind, zum Teil von der tiefen Menschenkenntnis Benedikts
sprechen. Den Abschluss dieser Auflistung bildet der Satz: „Und an der
Barmherzigkeit Gottes niemals verzweifeln“. Benedikt scheint davon
überzeugt gewesen zu sein, dass die
Verzweiflung an Gottes Barmherzigkeit jene Sackgasse darstellt, in der
der Mönch gänzlich sich selbst und
seiner Unfähigkeit, die anderen 73
Werkzeuge vollkommen anzuwenden, überlassen ist. Das menschliche
Verzagen und Versagen der Barmherzigkeit Gottes anzuvertrauen,
spricht von einem Gott, dem zugetraut wird, dass er die Anfänge voll-
endet – und eben barmherzig vollendet. Es bedeutet zugleich, dass Benedikt darauf vertraut, dass er mit
und unter der Gnade Gottes leben
kann. In diesem Satz zeigt sich ein
Glauben, der sich auf das ganze Leben erstreckt. Für Benedikt bedeutete dies, dass ihm ein Leben in Fülle
versprochen war. Er stellt deswegen
im Prolog seiner Regel die Frage:
„Wo ist der Mensch, der das Leben
liebt und gute Tage zu sehen
wünscht?“ (Benediktsregel, Prolog,
15). Der Gott, an den Benedikt
glaubte, zeigte sich seinem Versprechen treu, dem Versprechen nämlich, sich unbedingt für die Menschen entschieden zu haben.
Deswegen ist für Benedikt auch kei-
I M B LICK
„Und an Gottes
Barmherzigkeit
niemals verzweifeln“
29
F AZIT
ne Verzweiflung an der Barmherzigkeit dieses Gottes denkbar gewesen,
wenngleich sich auch für ihn die
bange Frage gestellt haben wird, ob
Gott in seiner Freiheit nicht auch
anders sein könnte als barmherzig.
Dennoch würde das bedeuten, von
Gott geringer zu denken als von einem Menschen, der einen liebt und
bei dem das Vertrauen darauf die
Grundlage für die Beziehung ist.
Theologiegeschichtliches
Streiflicht
Die Menschwerdung Gottes
nach Anselm von Canterbury: Im
Blick auf so manches Kirchenlied
und mündlich überlieferte Glaubenssätze stellt sich die Frage, was
theologiegeschichtlich seit Benedikt
passiert ist. Wie kommt das Bild des
Gottes zustande, der um der Gerechtigkeit willen Sühne will. Der
seinen Sohn nur sendet, auf das er
gekreuzigt werde. Der Bedingungen
stellt, um seine Liebe zu zeigen. Wie
tief diese Bilder eines zürnenden,
strafenden, Bedingungen stellenden
Gottes in der Seele von Menschen
liegen, wissen alle jene, die in der
Kein System integriert sich unauffälliger
in die bestehende Architektur des
jeweiligen Gotteshauses als unsere seit
Jahrzehnten bewährten
auf eine Frage zu finden, die nicht
nur das Staunen der Gläubigen über
das Unerhörte des Heilsgeschehens
ausdrückt, sondern in den mittelalterlichen Disputen zwischen Juden,
Mohammedanern und Christen
auch höchst aktuell war und die
Gemüter heftig bewegte“ (Pröpper
1991, 75f.). Anselm wollte die Menschwerdung rational als notwendig erklären und bedient sich des „Ordouniversi“ (Kasper 1981, 260)
-Denkens einerseits, das die „Sünde
als eine Störung der von Gott gegebenen Ordnung“ denkt, der „germanischen Lehnsvorstellung“ andererseits, „die von einer gegenseitigen
Treuebindung zwischen dem Lehnsherren und dem Vasallen ausgeht.
Der Vasall erkennt die Ehre des
Herrn an und bekommt im Gegenzug die Zusage von Schutz. Wird die
Ehre nicht anerkannt, ist die Ordnung gestört und der Frieden bedroht“ (Werner 2005, 49). Angewandt auf die Theologie erscheint
der obere Lehnsherr als Gott, dessen
Ordnung durch die Sünde des Menschen gestört ist. Die angemessene
Genugtuung, die zur Wiederherstellung der Ordnung und damit der Sicherheit nötig ist, muss ein Mensch
leisten, da er sie zerstört hat. Da der
Mensch aber Gott nichts geben
kann, denn Gott ist allmächtig, denn
er schuldet ja bereits alles Gott, muss
für die Genugtuung ein Mensch gefunden werden, der Gott Größeres
geben kann als außerhalb Gottes
Seelsorge arbeiten. Wie wichtig ist es
da, theologische Gegenpositionen
zu haben, um einen Prozess des Umdenkens und -Fühlens zu initiieren.
Denn seit den Tagen des irdischen
Jesus fragen sich Menschen, wie sein
Leben, seine Botschaft, aber vor allem sein Tod zu verstehen ist. Jede
Zeit findet dazu ihre Denkform, die
mit der geschichtlichen Situation
korreliert. Eine strenge systematische Form hat das Erlösungsdenken
in der westlichen Theologie erst
durch Anselm von Canterbury bekommen. Sein Entwurf hat insofern
die Kreuzestheologie nachhaltig beeinflusst, als dass seine Konzentration auf die Sühne und Stellvertretung für evangelische und
katholische Theologie in unterschiedlicher Diskussion richtungweisend blieb (vgl. Werbick 1990,
146f.; Kessler 1971, 117-153). „In
seiner Schrift „Cur Deus Homo“
stellen die Sünde und die rechtmäßig erforderliche Genugtuung
den Ausgangspunkt für den Versuch
des Gläubigen dar, die Notwendigkeit der Menschwerdung des Sohnes
Gottes und seines Todes einsichtig
zu machen und damit eine Antwort
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I M B LICK
Gott liebt bedingungslos. Er ist treu in seiner Heilsgeschichte
mit den Menschen. Im Tod Jesu am Kreuz hat diese Bedingungslosigkeit seiner Liebe die geschichtliche Gestalt gefunden, die unüberbietbar bleibt. In der Treue zu seiner Sendung ist das Kreuz
dann der Ort, an dem Gottes Liebe offenbar wurde in dem, was
sie ist: als das offenbare Heil Gottes für die Menschen.
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Der Entwurf von Anselm
Auch wenn der Entwurf von Anselm für seine Zeit als herausragend
und darin die Achtung vor der Freiheit des Menschen gesehen werden
kann, stellt sich doch die Frage, ob
das Sühnemotiv sich in dem Entwurf nicht insofern verselbständigt
als dass der Tod des menschgewordenen Gottes nicht „als wirksame
Gestalt der Vergebung, sondern als
Genugtuung: als Bedingung des
Sündennachlasses“ (Pröpper 1991,
79) gedacht wird. Der Zusammenhang zwischen Sünde und Sündefolge und der heilenden Sühne kann in
dem Ansatz von Anselm nur
nachträglich hergestellt werden. Die
Konzentration auf die Schuld des
Menschen und die tilgende Tat des
Kreuzes verdeckt den Blick.
Die Wirkungsgeschichte dieser Verengung der Erlösung auf den Kreuzestod als Sühneleistung lässt den
Blick in die biblischen Grundlagen
besonders dringlich erscheinen.
Denn der Gott, der in Jesu Verkündigung auftaucht, ist keiner, der den
Respekt vor der menschlichen Freiheit dadurch bekundet, dass er Verlangen nach Genugtuung zeigt. Die
Verkündigung Jesu gipfelt in der
Botschaft, dass das Gottesreich nahe
ist und so das Heil Wirklichkeit
wird. Die Erfahrung der Liebe Gottes, die unbedingt und darin wirklich ohne jede Bedingung begegnet,
ermöglicht die Erkenntnis über die
eigene Lebenssituation und eröffnet
die Umkehr. Die wirkmächtigen
Zeichen Jesu, die als Machttaten
überliefert werden, sind zugleich in
der Auslegung Gottes eigenes Tun.
Dass gerade auf dem Hintergrund
dieser Erfahrung mit dem irdischen
Jesus der Kreuzestod die Glaubenskrise schlechthin bedeutete, ist –
noch verstärkt auf dem Hintergrund
jüdischen Glaubens vom Fluchtod
am Pfahl – zu verstehen. Wenig erstaunlich ist es deswegen, dass schon
die ganz frühen Glaubenszeugnisse
sich mit diesem Tod auseinandersetzen und ihn deuten.
31
Gottes Liebe
ist bedingungslos
Wie aber ist sein gewaltsames
Ende anders zu verstehen als in der
Verengung auf den Sühne- und Opfergedanken? Die Konzentration auf
das Kreuz als Erlösung übersieht den
Bedeutungszusammenhang zwischen Leben, Tod und Auferweckung. „Denn in all diesen Ereignissen geschah ja unsere Erlösung,
erreichte Gottes Heilshandeln seine
Endgültigkeit: kam er uns nahe und
erwies seine Treue“ (Pröpper 1991,
39). Einerseits erscheint es als Spekulation, sich Gedanken über Jesu eigenes Todesverständnis zu machen,
andererseits markiert genau das einen wesentlichen Unterschied:
Denn wäre der Märtyrertod etwas,
was Jesus selbst nicht als Teil seiner
Sendung verstanden hätte, dann wäre durch die Auferweckung zwar seine Verkündigung und sein heilsmittlerischer Anspruch bestätigt
worden, der Tod selbst wäre aber
nicht als Offenbarungs- und Heilereignis verständlich. In dieser Spekulation liegt die Annahme der Freiheit Jesu begründet, auch den Tod
als Kontinuität seiner Sendung und
in derselben proexistenten Haltung
(Heinz Schürmann), die sein Leben
geprägt hat, anzunehmen. Dann, in
dieser Freiheit und Kontinuität Jesu,
I M B LICK
existiert. Das wiederum kann nur
Gott erfüllen. Und hier schließt Anselm die Argumentation mit einem
für seine Zeit überzeugenden Argument: Da die Genugtuung nur von
Gott kommen kann, aber von einem
Mensch erfüllt werden muss, musste
Gott Mensch werden. Denn die Güte Gottes muss vollenden, was sie begonnen hat, denn der Mensch durfte nicht umsonst erschaffen worden
sein. So konnte der menschgewordene Gott als „der Sündlose in den Tod
gehen, damit er als Mensch durch
die freiwillige und ungeschuldete
Hingabe des wegen seiner Gottheit
unendlich wertvollen Lebens die der
Sünde allein angemessene Genugtuung erbrachte, die Ehre Gottes in
seiner Schöpfung wiederherstellte
und der Lohn seiner Verdienste, dessen er als der Sohn nicht bedarf, den
Sündern zugewandt werden konnte“ (Pröpper 1991, 77).
I M B LICK
32
kann das Kreuz die Gestalt sein, „in
der Gottes entschiedene und schon
im Leben Jesu begegnende Liebe ihre Unbedingtheit bewährt – und also Jesu Hingabe des Lebens nur insofern Bedingung, als ohne sie
Gottes Kommen ins Äußerste, seine
Zuwendung noch zu den Feinden
nicht wirklich und somit die
Grund- und Maßlosigkeit seiner
Liebe nicht offenbar geworden, d.h.
ohne den geschichtlich vollendeten
Ausdruck ihrer Unbedingtheit ge-
L I T E R AT U R T I P P
Essen, Georg, Die Freiheit Jesu. Der
neuchalkedonische Enhypostasiebegriff im Horizont neuzeitlicher Subjekt- und Personphilosophie, Regensburg 2001.
Kasper, Walter, Jesus der Christus,
Leipzig 1981.
Kessler, Hans, Die theologische
Bedeutung des Todes Jesu. Eine traditionsgeschichtliche Untersuchung,
Düsseldorf 1971.
Kessler, Hans, Sucht den Lebenden
nicht unter den Toten. Die
Auferstehung Jesu Christi in biblischer, fundamentaltheologischer
und systematischer Sicht.
Neuausgabe mit ausführlicher
Erörterung der aktuellen Fragen,
Würzburg 1995.
Luther, Henning, Identität und
Fragment. Praktisch-theologische
Überlegungen zur Unabschließbarkeit von Bildungsprozessen, in:
ders., Religion und Alltag. Bausteine
zu einer Praktischen Theologie des
Subjekts, Stuttgart 1992.
Pröpper, Thomas, Erlösungsglaube
und Freiheitsgeschichte. Eine Skizze
zur Soteriologie, München 1991.
Werbick, Jürgen, Soteriologie. Leitfaden Theologie Bd. 16, Düsseldorf
1990.
Werner, Gunda, Macht Glaube
glücklich? Freiheit und Bezogensein
als Erfahrung persönlicher Heilszusage, Regensburg 2005.
blieben wäre“ (Pröpper 1991, 57).
Der Bedeutungszusammenhang von
Leben, Tod und Auferweckung Jesu
eröffnet die Einsicht in die Unbedingtheit der Liebe Gottes, die endgültig gedacht werden kann: sie
bleibt auch in der tödlichen Ablehnung noch gültiges Angebot.
Aber zurück zu Benedikt einerseits
und der Botschaft von Ostern heute
andererseits.
Gott vollendet meine
Fragmentarität
des Lebenst
Benedikts Satz bekommt im
Licht dieser theologischen Reflexionen des Kreuzes eine neue Bedeutung: Der Mensch ist in seiner Fragmentarität in der Barmherzigkeit
Gottes angenommen. Dabei verleugnet Benedikt keineswegs, dass
das menschliche Leben unvollkommen und sündig ist, oft verstrickt
und verworren, manchmal sogar
verhärtet. Die Barmherzigkeit Gottes ermöglicht überhaupt erst die
Erkenntnis des eigenen Zustandes
und soll die Verzweiflung verhindern. Darin ist Benedikt sehr modern. Denn die Botschaft des Kreuzes ermutigt den Menschen dazu, in
dem Zustand, in dem das Leben sich
befindet, unerschütterlich auf die
Treue Gottes zu setzen. Dass es gerade das Fragment ist, das die eigentliche christliche Identität ausmacht,
hat der Theologe Henning Luther
eindrücklich gezeigt. Er weiß, dass
sowohl das Verleugnen der eigenen
Fragmentarität als auch das Streben
nach vollkommener Ganzheitlichkeit Verluste bedeutet. Denn – so Luther – „volle Identität wäre nur bei
Verzicht auf Trauer […], Hoffnung
[…], Liebe möglich“ (Luther 1992,
170). Für ihn bedeutet menschliches
Leben, dass „wir immer zugleich
auch gleichsam Ruinen unserer Vergangenheit, Fragmente zerbrochener Hoffnungen, verronnener Lebenswünsche, verworfener Mög-
lichkeiten, vertaner und verspielter
Chancen“ sind. „ Wir sind Ruinen
aufgrund unseres Versagens und unserer Schuld ebenso aufgrund zugefügter und erlittener und widerfahrener Verluste und Niederlagen. Dies
ist der Schmerz des Fragments“ (Luther 1992, 168). Gleichzeitig bedeutet das nicht, dass Menschsein im
Fragment untergeht, sondern dass
jede Identität als fragmentarische
zugleich auch eine von Gott gewährte Identität ist (Werner 2005, 217220). Und dann bedeutet der Satz
von Benedikt, dass Leben aus dem
Glauben bedeutet, mit der Gnade leben zu wollen und aus dem nihilistischen Zirkel der Selbstherstellung
herauszutreten.
Die Heilsgeschichte
Gottes – gültig bis heute
Die Heilsgeschichte, wie sie dem
Glauben im Kreuz als freiheitlicher
und darin bedingungsloser Liebesakt Gottes zugemutet wird, bedeutet
dann, im eigenen Leben die Idee
Gottes von dieser Welt zu verwirklichen. Gott vollendet, was der
Mensch beginnt. Dieses Vertrauen
in Gott ist begründet in der heilsgeschichtlichen Erfahrung Gottes mit
den Menschen, die den Index seiner
Treue markieren. Auf diese Weise
kann die Heilszusage Gottes im eigenen Leben erfahren werden: „Der
Erlösung zu trauen, zu der Gott sich
entschieden hat in seiner Selbstoffenbarung; […] dem Ja Gottes zu
sich selbst zu trauen“ (Werner 2005,
227f.).
„Und an der Barmherzigkeit Gottes
niemals verzweifeln“ – weil die
Heilsgeschichte Gottes mit seinem
Volk die Gewissheit bietet, der jeder
Mensch als gewährte Identität ein Ja
Gottes ist. Davon sollte auch die pastorale Praxis ausgehen, die dieses
Jahr – wie in jedem Jahr, das Leben,
den Tod und die Auferweckung Jesu
feiert.
I M B LICK
Spielen als
spirituelles Moment
Erfahrungen mit der Erarbeitung
eines Kreuzwegs zum Weltjugendtag 2005
Von Gregor Leschig
Gregor Leschig hat den Kreuzweg Christi für den Weltjugendtag 2005 mit Jugendlichen
und jungen Erwachsenen bearbeitet. Aus seinen Erfahrungen
entwickelt er Anregungen für
die seelsorgerische Tätigkeit.
G REGOR L ESCHIG
geb. 1958 in Berlin. Lehr- und
Wanderjahre in den USA. Theaterlehrjahre in Köln und Rom. Theaterleben in Köln und Düsseldorf.
Regisseur und Kulturmanager.
www.gregorleschig.de
in Ziel meiner Arbeit als
Theaterregisseur ist es,
Wege zu finden, auf denen
die Kreativität und die
Sichtweisen heute lebender Menschen Eingang in ein entstehendes
Kunstwerk finden können. Ähnlich
wie Walter Kempowski bei der
Schaffung seines Werkes ‚Echolot’
sehe ich mich eher als Sammler und
Moderator von persönlichen Sichtweisen und Erfahrungen zu einem
bestimmten Thema, einem Ereignis
oder zu einer bestimmten Person,
denn als ‚klassischer’ Künstler, der in
seinem Werk seine Sicht auf das
gewählte Sujet auszudrücken sucht.
Mit meiner Arbeit versuche ich also
die Öffnung eines Kunstwerkes hin
zu den Menschen als kreativ
Mitgestaltende zu erreichen. Dieser
Arbeitsansatz führte dazu, dass mir
E
33
von der Weltjugendtags gGmbH die
Aufgabe anvertraut wurde, die
Bedeutung und Aktualität des
Kreuzweges für die Besucher des
Weltjugendtages aufzuzeigen und
fotografisch darzustellen. Anhand
von vierzehn Stationen sollte das
Leid und die Hoffnung, die in der
Passion Christi liegen, im Alltag junger Menschen aufgespürt und bildlich festgehalten werden. Explizit
sollten nicht die historisierenden
Wege der Darstellung gewählt werden, wie sie in Toronto 2002 und
zuletzt auch vom amerikanischen
Regisseur Mel Gibson in seiner
Verfilmung der Passion gegangen
wurden. Durch eine fotografische
Darstellung mit Motiven aus dem
aktuellen Leben junger Menschen
sollte den Pilgern ein anderer Weg
der Identifikation ermöglicht und
I M B LICK
34
gezeigt werden, dass der Kreuzweg
Jesu auch für die Menschen der
nachwachsenden Generationen eine
Hoffnungsgeschichte bedeutet.
Die gute Annahme des entstandenen Kreuzweges bei den Pilgern
des Weltjugendtages und die
Möglichkeit der Übertragung meiner Methode auf andere christliche
Themen und biblische Inhalte legte
es nah, den Prozess und die
Anregungen, die sich im Laufe der
Umsetzung dieser Aufgabe ergaben,
darzustellen und für andere nachvollziehbar zu machen.
Öffnung für Jugendliche
und junge Erwachsene
Die Bilder sollten also junge
Menschen ansprechen, diese sollten
sich mit ihrer Lebenswirklichkeit
darin wieder erkennen können. Wer
aber kennt sich besser in den
Lebenswelten junger Menschen aus,
als diese selbst? Daher entschloss ich
mich zusammen mit dem Bereich
Liturgie des XX. Weltjugendtages,
Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Möglichkeit zu geben,
bereits bei der Erarbeitung der
Bildmotive ihre Ansichten und ihre
Erfahrungen mit einzubringen. Um
den jungen Menschen die Übertragung der Bedeutung der KreuzwegStationen noch heute zu ermöglichen und damit Raum für Motive
aus unserer Zeit zu geben, war es
darüber hinaus notwendig, die den
einzelnen Stationen innewohnenden Themen herauszufinden und
diese von ihrem historischen Kontext abzulösen. Mit den ungefähr 20
jungen Menschen, die an diesem
offenen Prozess engagiert teilnahmen, sind wir daher im ersten
Schritt jede Station des Kreuzweges
durchgegangen und haben sie auf
ihr übergeordnetes Thema hin
befragt. Bei der ersten Station „Jesus
wird zum Tode verurteilt“ einigte
sich die Gruppe zum Beispiel auf
das Thema „Verurteilung“.
Situationen heute
Die gesuchte Anknüpfung an die
Erlebnis- und Erfahrungswelten der
Teilnehmer/innen wurde durch die
Umformulierung des Themas in
Fragen ermöglicht: Wo erlebst Du
Verurteilung? Wo verurteilst Du
andere? Durch diese Umformulierung eines gegebenen Bildes erst zu
einem Thema und dann zu einer
Frage ermöglichten wir lebensnahe
Reflexion. Wir konnten sozusagen
den „Balken im eigenen Auge“ bearbeiten. Denn die Frage war ja nicht:
„Wo wird heute zu Unrecht verurteilt?“, sondern konkret und persönlich: „Wo werde ich (zu Unrecht)
verurteilt?“ und mehr noch: „Wo
verurteile ich?“ Allein oder in
Gruppen suchten die Teilnehmer/innen nach Antworten und benannten dadurch konkrete Situationen.
Bei unserem Beispiel wollten die
Teilnehmer/innen „Mobbing“ und
damit Ausgrenzung im Schulalltag
darstellen. Sie erlebten das Thema
Verurteilung interessanterweise am
intensivsten in der Macht, die sie als
Schüler/innen gegenüber einzelnen
Lehrern haben.
Da unsere Fotografien glaubhaft
wirken sollten, mussten wir ein
hohes Maß an Authentizität erreichen. Dem Betrachter sollte der
Eindruck eines journalistischen
Fotos vom Leben junger Menschen
vermittelt werden. Der Eindruck
von „Inszenierung“, von einem
„gestellten Bild“, das ja auch Distanz
schafft, sollte vermieden werden.
Wie aber konnten wir diese
Lebenswirklichkeit erreichen?
durch sie ‚verurteilten’ Lehrers zu
boykottieren? Wir hatten also einen
konkreten Konflikt gefunden, der
auf dem Thema ‚Verurteilung’
basierte. Dieser Konflikt war von
den Teilnehmer/innen nachvollziehbar, da er an ihre Erfahrungswelten
anknüpfte. „Du leidest jetzt“ oder
„Jetzt bist Du hoffnungslos!“ sind
Regieanweisungen, die auch von
professionellen Schauspielern nicht
glaubhaft umgesetzt werden können, wenn es die Situation nicht hergibt. Zehn kreative Schüler/innen
aber, die in einer Improvisation sich
immer neue Gemeinheiten ausdenken, wie sie ihrem Lehrer das Leben
schwer machen können, erzeugen
auch in der gespielten Situation
einen großen Leidensdruck für den
Darsteller des Lehrers. Das spielerische Ausagieren eines vertrauten
Konfliktes zeitigte eine glaubhafte
Darstellung des Themas ‚Verurteilung’.
Empathie
Das Rollenspiel ist darüber hinaus eine Möglichkeit des Nachempfindens, des sich Hineinfindens in
andere. Eine dynamisch ablaufende
Situation, eine dramatische Zuspitzung ermöglicht den Zugang in die
Gefühlswelt der Teilnehmenden.
Mit Hilfe des „Durchspielens“ der
innewohnenden Themen und
Konflikte wurden den Teilnehmer/innen damit auch die Gefühlswelten
der Kreuzwegsstationen näher
gebracht. Ausgrenzung und Verurteilung zum Beispiel wurden auf
diesem Weg konkret und dadurch
sinnlich erfahrbar.
Spielen
Realisieren / Auswählen
Durch die Findung einer konkreten Situation in diesem Fall das
Machtverhältnis zwischen Schülern
und Lehrer war gleichzeitig auch
eine konkrete Spielsituation gegeben. Was können Schüler/innen
alles tun, um den Unterricht des
In einem Probenraum haben die
Teilnehmer/innen dann zunächst
die gefundenen Situationen durchgespielt. Diese Improvisationen
wurden mit einer Videokamera
begleitet wobei wir immer versuch-
scher Arbeit fing er die prägnantesten Momente ein. Diese festgehaltenen ‚spirituellen’ Momente, wie sie
oftmals von allen Beteiligten empfunden wurden, da sie sich nahe am
Thema und damit an der betreffenden Kreuzwegstation fühlten, gaben
dann während des Weltjugendtages
den Pilgern die Möglichkeit zu
Gebet und Vertiefung. Die Wirkung
der Bilder wurde verstärkt von den
Musiken, die von einer zweiten
Gruppe Jugendlicher in einem ähnlich strukturierten Prozess erstellt
wurden.
Empowerment –
Ernstnehmen des
Beteiligungsprozesses
Es war oftmals überraschend,
worin die Teilnehmer/innen die
heutige Bedeutung der einzelnen
Kreuzwegsstationen sahen. Wie bei
allen offenen Beteiligungsprozessen
erforderte es auch hier Mut, ihre
Ideen und Sichtweisen ernst zu nehmen und sie darin zu bestärken.
Gaben uns die Teilnehmer/innen
neue Sichtweisen und überraschende Einsichten, so konnten wir sie zu
neuen Möglichkeiten des spielerischen Ausdruckes befähigen und
ihnen Räume zur Darstellung
geben. Belohnt wurden wir alle am
Ende mit der gewünschten hohen
Authentizität der Bilder. In der
Gegenüberstellung mit den Gemälden von Johannes Lange aus dem
19. Jahrhundert bezeugen die
Fotografien, dass der Kreuzweg Jesu
für die Menschen aller Generationen eine Hoffnungsgeschichte bedeutet.
35
I M B LICK
ten, nahe am Geschehen zu sein. Im
Anschluss
haben
sich
die
Darsteller/innen diesen Mitschnitt
angeschaut und versucht, ihre
Anliegen zu verifizieren. Kommt in
dieser Szene zum Beispiel ‚Verurteilung’ wirklich zum Ausdruck? Wird
hier ‚Ausgrenzung’ nachvollziehbar
dargestellt? Wenn die Gruppe zu der
Überzeugung kam, das ihr dies nicht
gelungen war, so wurde erneut über
das Thema nachgedacht oder andere Themenvorschläge, die vorher
keine Beachtung gefunden hatten,
für die Improvisationen aufbereitet
und durchgespielt. Erst wenn
Einigkeit herrschte, dass die gewählte Situation für das gefundene
Thema ausreichend ausdrucksstark
war, wurde sie für die spätere fotografische Aufnahme freigegeben.
Gleichzeitig entschieden die Teilnehmer/innen, in welcher ‚Location’,
d.h. an welchem Ort die Szene später gespielt und fotografiert werden
sollte.
In einem letzten Schritt wurden
dann an den gewählten ‚Locations’
die erarbeiteten Improvisationen
durchgespielt. Der Fotograf Bernd
Arnold begleitete das Spiel unseres
Teams. Mit dem Hintergrund jahrelanger, vor allem auch journalisti-
Praxishilfen
für die Fasten- und Osterzeit
Heriburg Laarmann
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Predigten von einer Autorin, die einen
ausgezeichneten Namen hat in Fragen
der Liturgie und der pastoralen Praxis.
Sie ist den liturgischen Anliegen der
Feste verpflichtet und zugleich zutiefst
vertraut mit den Sichtweisen, Sorgen
und Problemen der Gemeinden. Ein
Werkbuch mit Brauchbarkeitsgarantie
für die wichtigsten Zeiten und Feste
im Kirchenjahr.
Ein Werkbuch mit Bibeltexten und
lebensnahen Vertiefungen, zeitgemäßen
Liedern, leicht umsetzbaren Bastelund Spielanregungen. Zur Gestaltung
von Kinder- und Jugendkreuzwegen
in der Fastenzeit, Gruppenstunden,
Gebetsimpulsen, Liturgischen Abenden
mit Jugendlichen und von Wortgottesdiensten in der Karwoche sowie von
Jugend- und Familiengottesdiensten
zu Ostern und Pfingsten.
Erich Schredl bietet leicht umsetzbare
Entwürfe für Früh- und Spätschichten
für Ehren- und Hauptamtliche in Pfarreien
und Gruppen an. Der Schwerpunkt liegt
auf frühmorgendlichen und spätabendlichen Gottesdiensten und Lichtfeiern
in der Fastenzeit. Komplett ausgearbeitete Liturgien und Anregungen
für die Praxis machen das Buch zum
wertvollen Begleiter einer lebendigen
Gemeinde.
Europreis Österreich [A] = unverbindliche Preisempfehlung - Unsere Bücher erhalten Sie in jeder Buchhandlung
oder bei D+A: Freiburger BuchVersand, Postfach 564, D-79005 Freiburg CH: Herder AG Basel, Postfach, CH-4133 Pratteln 1
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Der Kreuzweg
für die Gemeinde
M!
Mit CD-RO
Simone Honecker /
Michael Freitag (Hg.)
Vor Augen: Das Kreuz
Ökumenische Kreuzwege der Jugend
160 Seiten, gebunden, durchgehend
vierfarbig, ca. 56 Abbildungen
Z 19,90 /SFr 36.80 /l[A] 20,50
ISBN 3-451-28975-X
Gemeinsam mit Verlag Haus Altenberg
Dieses Buch bietet die acht beliebtesten
Jugendkreuzwege der letzten Jahre. Alle Andachten gehen mit Hilfe von jeweils sieben
vierfarbigen Bildern auf sehr verschiedene
Weise auf das Leiden und Sterben Christi ein.
Guido Fuchs
Das große Buch der
Kreuzwegandachten
192 Seiten, gebunden,
mit zahlreichen Abbildungen
Z 19,90 /SFr 36.80 /j[A] 20,50
ISBN 3-451-28589-4
Die Andachten sind jeweils auf die
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Bilder und ausdrucksstarke Lieder runden
das Werk ab. Eine inhaltliche Bereicherung
für jede Gemeinde.
M!
Mit CD-RO
Willibald Bösen
Auferweckt gemäß
der Schrift
Das biblische Fundament
des Osterglaubens
Mit 128 Grafiken und Schaubildern,
gedruckt und digital
256 Seiten, gebunden,
X 19,90 /SFr 36.80 /l[A] 20,50
ISBN 3-451-28714-5
Dieses didaktisch aufbereitete
Sach- und Studienbuch ermöglicht
eine fundierte Auseinandersetzung
mit den biblischen Berichten über
die Auferstehung Jesu.
Robert Fischer
Der Prager Osterweg
Ein moderner Kreuzweg
Illustriert von Karel Stadnik
13,5 x 21,0 cm, 32 Seiten, geheftet,
durchgehend vierfarbig
Z 3,50 /SFr 6.60 /m[A] 3,60
ISBN 3-451-28962-8
Der Osterweg aus dem Bistum Prag
zeigt eindrucksvoll: Christus leidet
weiter im Menschen der Geschichte.
Die Darstellungen und Texte bilden
nicht die „traditionellen“ Kreuzwegstationen ab, sondern greifen Begebenheiten – meist unserer Zeit –
auf und bringen sie mit dem Leidensweg Christi in Verbindung.
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die mitnehmen und den Pulsschlag
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S ERVICE
38
Fürentdeckt
Sie
Wilfried Röhrig: Blick
zu den Sternen
Mit der CD „Blick zu den
Sternen“ ist dem Viernheimer Texter und Komponist Wilfried Röhrig eine gefällige Produktion
gelungen. Die Musik und
der Sound orientieren sich
stilistisch an gängiger
Rock- und Popmusik. Die
Texte der Lieder sind, wie
es bei Produktionen aus
dem Bereich des Neuen
geistlichen Liedes üblich
ist, gut verständlich abgemischt. Und diese Texte
können sich ebenso wie
die Musik hören lassen.
Mit schönen, poetischen
Bildern und in einer zeitgemäßen Sprache greift
Röhrig Themen auf, die
Menschen von heute unter den Nägeln brennen:
Sinn finden in einer kon-
sumorientierten
Welt,
Selbstbewusstsein gewinnen aus dem unbedingten
Angenommensein durch
Gott, zur Fülle des Lebens
finden, die Frage nach
dem woher und wohin ...
Theologisch kommen die
Lieder eher zögernd, fragend daher. Angesichts
mancher „einfach ge-
strickter“ religiöser Liedtexte fällt dies angenehm
auf und lädt ein, den eigenen Gauben und das eigene Leben zu überdenken.
Ein guter Jugendchor bzw.
eine gute Jugendband
können die meisten der
Stücke mithilfe des lieferbaren Notenheftes einstudieren. Für den Gemeindegesang erschienen die
meisten Lieder eher zu
schwierig. (FR)
Bezogen werden können die
CD (ISBN 3-933294-22-3)
zum Preis von € 17,90 und
das Liedheft (ISBN 3933294-06-1) zum Peis von
€ 5,90 über den Buchhandel.
Für
Sie
gesurft
www.brauchtum.de
Religiöses Brauchtum
im Verlauf der Jahreszeiten stellt die Homepage
vor. Und zeigt, wie eng das
religiöse Leben mit dem
Kreislauf der Natur verbunden ist.
www.familie-stark-machen.de
Das Forum „Familie
stark machen“ ist ein
überparteilicher
und
überkonfessioneller Zusammenschluss von Menschen, die die Zukunft der
Familien- und Generationenbeziehungen aktiv gestalten wollen.
www.festjahr.de
Den Aufbau des kirchlichen Jahreskreises und
Informationen zu den
Festtagen präsentiert anschaulich die Site des Erzbistums Köln. Eine Homepage für ehrenamtliche
Mitarbeiter, Ministranten
und alle, die sich einen
Einblick in das liturgische
Jahr wünschen.
www.anzeiger-fuer-dieseelsorge.de
Neu im Netz ist das
Jahresregister 2005 des
Anzeiger für die Seelsorge.
Die pdf-Datei kann ausgedruckt werden und bietet
Ihnen einen schnellen
Überblick über alle Beiträge, die im vergangenen
Jahr in Ihrer pastoralen
Fachzeitschrift publiziert
worden sind.
Für Sie
39
gefunden
Gebet der Unerlöstheit
Unnachgiebig sind die Fesseln,
und wenn ich sie zu brechen suche,
tut das Herz mir weh.
Freiheit ist alles, was ich brauche,
doch schäme ich mich,
auf sie zu hoffen.
Ich weiß zutiefst,
dass grenzenloser Reichtum
Dein eigen ist,
und Du mein bester Freund,
und bring es doch nicht über mich,
das Flitterwerk herauszufegen,
das mein Zimmer füllt.
Das Kleid, das mich bedeckt,
ist Leichentuch,
gewebt aus Staub und Tod.
Ich hasse es
und halt es dennoch liebend fest.
Groß ist die Schuld,
und schwer wiegt mein Versagen.
Ich schäme mich zutiefst im Herzen.
Doch, wenn ich komme,
Gutes zu erbitten,
so zittre ich vor Furcht,
Du könntest mich erhören.
Rabindranath Tagore
Zweiter Fastensonntag
Alltägliche Verklärung
Wir sind alle vorbestimmt zur Ekstase
alle berufen aus unsern armseligen Machenschaften
heraus
um Stunde für Stunde in deinen Plan aufzutauchen
Nicht sind wir Armselige, die man sich selbst überlässt,
immer Glückselige, die berufen wurden,
berufen, zu wissen, was dir zu tun gefällt,
berufen zu wissen, was du jeden Augenblick von uns
willst:
Leute, die dir ein bisschen nötig sind,
Leute deren Gebärden dir fehlen würden,
wenn wir uns weigerten, sie zu tun,
Das Knäulchen Stopfgarn, der zu schreibende Brief,
S ERVICE
Erster Fastensonntag
40
das aufzunehmende Kind, der zu erheiternde Gatte
die zu öffnende Tür, der aufzuhebende Hörer,
die auszuhaltende Migräne:
Lauter Sprungbretter in die Ekstase,
lauter Brücken aus unserem armen Leben,
unserem Widerwillen, hinüber
zum stillen Gestade deines Wohlgefallens.
S ERVICE
Madeleine Delbrél
Der Messias
Vielleicht
war die Sehnsucht größer
als ihre Erscheinung
Vielleicht
war die Sehnsucht anders
als ihre Erscheinung
Vielleicht
war die Sehnsucht
ihre Erscheinung
Vielleicht
war die Vorstellung größer
als ihre Erscheinung
Vielleicht
ist das große
Warten seine Erscheinung
Paul Konrad Kurz, Jeschua Jeschua, Gespräche, Psalmen, © 1999
Patmos Verlag GmbH, Benziger Verlag, Düsseldorf und Zürich
Dritter Fastensonntag
Jeder für sich und Gott für uns alle
Madame Plutarque, die Inhaberin der alten Firma
Plutarque und Onkel, Schreibwarengeschäft und Andachtsartikel, macht in ihrer Pfarrkirche ihre tägliche
Betrachtung vor dem heiligen Sakrament. Sie ist eine
sehr fromme Frau.
„Liebreicher Sohn des Allmächtigen“, sagt sie und bedient sich eines der rühmlich bekannten Bücher der Verlage Mame oder Poussielgue, „o Du mein süßester Heiland, der in diese Welt gekommen ist, um die Sünde aus
ihr zu vertreiben, erbarme Dich derer, die in diesem
Jammertal leben und im Todesschatten stöhnen ... Ich
bitte Dich auch, uns ein wenig mehr Kunden zu schicken
anlässlich des Heiligen Jahres. Jetzt oder nie wäre Gelegenheit, unsere alten wollenen Skapuliere abzusetzen, in
die schon die Motten gekommen sind, und Du weißt,
dass wir noch einen großen Restposten davon haben ...
Makelloses Lamm, das sich für die Sünder mit so viel
Liebe opfert, habe Erbarmen mit ihrem Zustand und befreie sie von der Sklaverei des Teufels durch das Verdienst
Deiner Opfergabe ... Ich fürchte beinah, ich habe eine zu
große Bestellung in Weihwassergefäßen aus Biskuitporzellan gemacht. Einige unserer Kunden beschweren sich,
dass sie zu teuer sind. Aber es ist ein vorteilhafter Artikel,
der etwas einbringt und den ich nicht billiger ablassen
kann. Sonst könnte man ja gleich den Laden zumachen.
Glücklicherweise zerbrechen die Dinger leicht, und man
braucht immer wieder neue. Die Menge muss es bringen
... Unsere Sünden, o göttlicher Heiland, haben Deinen
Henkern die Marterwerkzeuge in die Hand gegeben ...
Es ist doch so, Geschäft ist Geschäft, und man kann auf
keinen grünen Zweig kommen, wenn man die Ware verschenkt. Dann steht auch noch die tote Zeit vor uns, wo
man nicht einen einzigen Katechismus loswerden kann,
eine Flasche Tinte oder einen Packen Papier. Wenn man
von Zeit zu Zeit mal hier, mal da einen kleinen leichteren Roman, eine kleine schlüpfrige Sache an den Mann
bringen kann, ein ganz kleines Spiel Karten mit mehr
oder weniger pikanten Bildchen, wenn man sie gegen
das Licht hält, mein Gott, das ist doch die Sache der Käufer, nicht wahr? Übrigens mache ich solche Geschäfte,
wie Du weißt, nur mit gutgekleideten Herren in gesetztem Alter. Was ist da Schlechtes dabei? Ach, süßer Jesus,
mische Dich nicht in mein Geschäft ein! ...“
Lèon Bloy, Jeder für sich und Gott für uns alle
Vierter Fastensonntag
Beten ist hoffen
„Menschen
die aus der Hoffnung leben
sehen weiter
Menschen
die aus der Liebe leben
sehen tiefer
Menschen
die aus dem Glauben leben
sehen alles
in einem anderen Licht.“
Lothar Zenetti
Hätte ich den Glauben verloren
Ich fühle mich außerstande, vom Weg meiner Vorväter
abzuweichen. Ohne diesen Glauben an Gott, dem Glauben meiner Väter und meines Vaters, wäre mein Glaube
an Israel und an die Menschheit viel schwächer. Deshalb
steht meine Wahl fest: Ich behalte diesen Glauben, der
meiner Seele einst Flügel wachsen ließ.
Sagte ich, ich habe „eine Wahl“ getroffen? Ehrlich gesagt,
handelt es sich nicht wirklich um eine Wahl. Ich wäre
nicht der Mann, der ich bin, nicht der Jude, der ich bin,
Elie Wiesel, Autobiographie
41
S ERVICE
wenn ich das Kind in mir verraten würde, das glaubte,
mit Gott, wenn nicht gar für Gott zu leben. In Wirklichkeit habe ich nie aufgehört, an Gott zu glauben. Ich sagte dies immer wieder, denn ich spüre die Notwendigkeit
dazu. Ich musste dies bereits früher deutlich machen
und komme nun darauf zurück. Selbst im Reich der Finsternis habe ich weiter gebetet. Sicher, mein Glaube war
angegriffen, niedergeschmettert, und er ist es heute
noch. Es gab Zerreißproben. Und wenn ich in meinem
ersten Zeugnis mit dem Bericht über den Tod eines Kindes, das gehängt wurde, auf den Tod Got-tes hinweise,
will ich damit zeigen, dass der Mörder mit dem Hängen
eines unschuldigen und mutigen Jungen selbst darauf
besteht, Gott umzubringen. Dies sage ich jedoch aus
meinem Glauben heraus. Anders ausgedrückt: Hätte ich
den Glauben verloren, hätte ich mich nicht gegen den
Himmel aufgelehnt. Nur weil ich noch an Gott glaube,
verlange ich Rechenschaft von ihm. Hat nicht unser
Ahnherr Hiob gesagt: „Und wollte Er mich auch töten,
ich werde weiterhin all meine Hoffnung auf Ihn setzen.“
Für
Sie
gelesen
S ERVICE
42
Trau dich, 40 Tage
anders zu leben
Einen außergewöhnlichen Fastenkalender haben Bruder Paulus Terwitte und Marcus C.
Leitschuh veröffentlicht.
Das bekannte Autorenteam gibt für jeden der 40
Tage der Fastenzeit einen
lebensnahen Impuls. Die
Anregungen reichen von
„Trau dich: Kleiderschrank
aufräumen“
(Aschermittwoch) über
„Trau dich:
Vegetarisch
kochen“ bis
hin zu „Trau
dich: An das
Gute glauben“ (Ostermontag). Das
besondere dieses Fastenkalenders
ist, dass er spirituelle Tiefe fest im Lebensalltag verankert und
die österliche Bußzeit so
zu einer echten Zeit der
Umkehr werden lässt. Gerade weil die Anregungen
so lebensnah und einfach
umzusetzen sind. Und dazu beitragen, das Leben zu
entschlacken.
Bruder Paulus Terwitte / Marcus C. Leitschuh,Trau dich, 40
Tage anders zu leben. Der Fastenkalender.Verlag Herder,
Freiburg 2006
Früh- und
Spätschichten
Kurz und prägnant
bietet der erfahrene Gemeindepfarrer und Autor
Erich Schredl leicht umsetzbare Entwürfe für
Früh- und Spätschichten
für Ehren- und Hauptamtliche in Pfarreien und
Gruppen an. Komplett
ausgearbeitete Liturgiefeiern sowie anregende
Überlegungen und Hilfen
für die Praxis machen das
Buch zum wertvollen Begleiter einer lebendigen
Gemeinde. Die große
Bandbreite von Themen
und Zielgruppen verführt
zum Nachahmen. Die
komplett ausgearbeiteten
Andachtsmodelle für die
Fasten- und Osterzeit laden dazu ein, den Tag am
Morgen bewusst zu beginnen und am Abend mit
der Gewissheit abzuschließen, dass die Hektik
des Alltags in einen größeren Sinn einfließt. So wird
das Tageswerk abgerundet
und öffnet die Seele für
die Ruhe des Abends. Die
unverkrampfte Sprache
des Pfarrers und Autors
Erich Schredl trägt dazu
bei, die Andachtsentwürfe
Mitten im Alltag umzusetzen
Erich Schredl, Früh- und Spätschichten.Andachten in der
Fasten- und Osterzeit.Verlag
Herder, Freiburg 2006
Eine Ahnung
vom Glück
Fast wie ein Vermächtnis wirken die Zeilen des
Gründers der Communauté de Taizé. Der im vergangenen Jahr ermordete
Roger Schutz schreibt
über seinen eigenen Lebensweg, über seine zahlreiche Reisen, die ihn auf
alle Kontinente geführt
haben, und erinnert sich
an prägende Begegnungen
in seinem Leben: Mit
Mutter Teresa und den
Päpsten ebenso wie mit
den unbekannten Jugendlichen, die zu den Jugendtreffen auf den Hügel von
Taizé gekommen sind. Da-
bei beschönigt er nicht,
sondern reflektiert die
Leiderfahrungen dieser
Erde, die für ihn zur existentiellen Herausforderung geworden sind. Beeindrucken ist, dass dabei
stets die Hoffnung über
das Leid dominiert. So beginnt das Buch beinahe
programmatisch mit den
Zeilen „Wäre uns bewusst,
dass ein glückliches Leben
möglich ist, selbst in den
dunkelsten Stunden…“.
Frère Roger, Eine Ahnung von
Glück. Erfahrungen und
Begegnungen.Verlag Herder,
Freiburg 2006.
Jesus
mitten unter uns
Die Kar- und Osterzeit
ist eine der intensivsten
Zeiten des Kirchenjahres.
Gerade in dieser Zeit finden in der Kinder und Jugendpastoral in vielen Gemeinden zahlreiche Aktivitäten und Gottesdienste
statt. Allen, die hier auf
der Suche nach guten
Ideen sind, kann die Arbeitshilfe von Petra Flocke
inspirieren. Die zahlreichen Ideen, die sie in
ihrem Buch „Jesus mitten
unter uns“ gesammelt hat,
auseinander zu setzen. Es
finden sich im Buch Kinder und Jugendkreuzwege
in der Fastenzeit, Gruppenstunden, Gebetsimpulse, ein liturgischer
Abend mit Jugendlichen
und Wortgottesdienste in
der Karwoche sowie Jugend- und Familiengottesdienste zu Ostern und
Pfingsten. Den Ideen und
Bausteinen ist anzumerken, dass sie in der Praxis
erprobt sind. Die Texte
und Gebete sind sprachlich dem jeweiligen Anlass
angemessen und gut verständlich. Auch wenn man
die ein oder andere Idee
schon einmal so oder
ähnlich woanders gesehen
hat, ist das Buch ein hilfreiche Fundgrube. (FR)
eröffnen ansprechende
Zugänge zu einem positiven Bild der Gottesmutter,
das über die kirchlichen
marianischen Dogmen
hinausgeht und Bezüge zu
unserer heutigen Lebenswelt herstellt: Maria konterkariert bisweilen traditionelle „Bilder“ der Gottesmutter; Maria befreit
heutige Geschlechtsgenos-
Petra Focke, Jesus mitten unter uns. Mit Kindern und Jugendlichen die Fasten- und
Osterzeit gestalten.Verlag
Herder, Freiburg 2005.
sinnen von überkommenen Klischees; Maria trauert mit um ein verlorenes
Kind; Maria verbindet
drei Religionen – Christentum, Judentum und Islam; Maria beeinflusst
nachhaltig die Lebenswirklichkeit einer modernen Romangestalt; Maria
macht vor, wie eine mutige und verantwortungsvolle Lebensentscheidung
aussehen kann. Auf gut
verständliche Weise werden außergewöhnliche
Zugänge zur Gestalt
Marias freigelegt. Dazu
werden Ausdrucksformen
der Bildenden Kunst
ebenso einbezogen wie die
der modernen Literatur
und aktueller Pop-Songs.
Maria begegnen
Sechs komplett ausgearbeitete Praxisentwürfe
für die Gemeindearbeit
Michaela Krolla / Daniela
Stege-Gast, Maria begegnen.
Gottesdienste,Workshops,
Mutmachtage.Verlag Herder,
Freiburg 2006.
43
S ERVICE
laden Kinder und Jugendliche dazu ein, sich aktiv
und ganzheitlich mit dem
Geschehen der Passion
und der Auferstehung Jesu
S ERVICE
44
Vor Augen: Das Kreuz
Diese Zusammenstellung hat man sich schon
lange gewünscht: Der
„Ökumenische Kreuzwege
der Jugend“ hat eine bewegte Geschichte. Seit
1972 Jahr für Jahr sorgen
BDKJ und afj dafür, dass
Bilder
für
sieben
Kreuzwegstationen und
entsprechende jugendgemäße (und oft auch sozialkritische) Texte gefunden werden, die als „Ökumenische Kreuzwege der
Jugend“ herausgebracht
werden. Jugendliche in
Ost und West in Deutschland, evangelische wie katholische Christen haben
diesen Kreuzweg zeitgleich am Freitag vor
Palmsonntag gebetet und
damit in Zeiten des kalten
Krieges ein wichtiges Zeichen der Verbundenheit
zum Ausdruck gebracht.
Wenn auch die ganz große
Zeit des „Ökumenischen
Kreuzwegs der Jugend“
vorbei zu sein scheint, so
gehört er doch für viele
Gemeinden, Dekanate
und
Jugendverbandsgruppen als wichtiges Element in die Gestaltung der
Fastenzeit. Nach wie vor
gelingt es, eindrucksvolle
Bilder bekannter und un-
bekannter Künstler zu finden und in Text, Liedauswahl und Bild qualitativ
hochwertige Kreuzwege
zu entwickeln. Das belegt
eindrucksvoll das von Simone Honecker und
Michael Freitag herausgegebene Buch „Vor Augen:
das Kreuz“, in dem sich die
Jugendkreuzwege
von
2002-2006 sowie der
Kreuzweg von 1999 mit
finden. Sowohl die Texte
als auch die Bilder und
markante (Neue geistliche) Lieder sind im Buch
abgedruckt. Abgerundet
wird die Publikation
durch eine CD-ROM.
Darauf findet sich das
Buch als pdf-Datei. Aber
auch die Bilder der
Kreuzwege sind als Bilddatei dabei. So können die
Bilder über PC/ Beamer
leicht für die Gestaltung
von Gottesdiensten genutzt werden. Eine solche
Zusammenstellung hat
man sich schon lange gewünscht. Sie ist ästhetisch
gut gemacht und bietet
durch die CD einen hohen
Nutzwert. Es bleibt nur zu
hoffen, dass sich viele
durch diese Publikation
ermuntert fühlen, in ihren
Gemeinden und Jugendgruppen die gelungenen
Bilder und Texte in der eigenen Arbeit einzusetzen.
(FR)
Simone Honecker und
Michael Freitag: Vor Augen:
Das Kreuz. Ökumenischer
Kreuzweg der Jugend,Verlag
Herder, Freiburg 2005.
Stimmen der Zeit
Im Märzheft der
STIMMEN DER ZEIT
zieht der Münchener
Rechtsphilosoph Norbert
Brieskorn Vergleiche zwischen der Verletzung
menschlicher Grundrechte in der Zeit der Hexenverfolgung und dem heutigen Kampf gegen den
Terrorismus. Als älteste
Kulturzeitschrift Deutschlands, deren Anfänge auf
das Jahr 1871 zurückgehen, spiegeln die STIMMEN DER ZEIT selber ein
Kapitel Kirchen- und Zeitgeschichte. Der Kirchengeschichtler Klaus Schatz
rekonstruiert in einem
Beitrag die Auseinandersetzungen um eine Wende
der Zeitschrift von einer
apologetisch-defensiven
Haltung hin zu einer offenen Auseinandersetzung
mit der Moderne vor 80
Jahren.
Die Politologin Katharina Hofer befasst sich mit
den religiösen Entwicklungen in den Ländern
Afrikas südlich der Sahara, wo sich ein militantes,
evangelikales Christentum
ausbreitet. Sie untersucht
dieses Phänomen unter
dem Gesichtspunkt seiner
Entstehungsgeschichte, seiner Ausbreitung im Kontext gesellschaftlicher, politischer und ökonomischer Wandlungsprozesse
sowie seiner Rolle in interreligiösen Konflikten. Der
Islamfachmann Christian
Troll gibt einen Überblick
über eine innerislamische
Debatte zur eigenen Identität im geschichtlichen
Wandel. Für die progressiven Denker ist eine neue
und vorurteilsfreie Lektüre des Koran entscheidend
dafür, die Kernwerte des
Islam mit den Anforderungen der Moderne in
Einklang zu bringen.
Vor seiner Wahl zum
Papst hat sich Kardinal Joseph Ratzinger in einer
programmatischen Predigt entschieden gegen die
„Diktatur des Relativismus“ gewandt. Clauß Peter Sajak, Referent für
Hochschulen und pädagogische Grundsatzfragen
am Bischöflichen Ordinariat Mainz, fragt nach der
Rolle von Schule und Religionsunterricht im Umgang mit kulturellen und
religiösen Differenzen. In
einem Umschau-Beitrag
fasst der tschechische
Theologe Michal Altrichter die Geschichte der
Übersetzungen und des
Einflusses der Theologie
Karl Rahners im böhmischen Milieu zusammen.
(M.M.)
Stimmen der Zeit, Heft
3/2006. Einzelheft € 9,95.
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Anzeigenschluss Ausgabe 4/2006: 1.3.2006
48
Orte diakonischer
D IAKONISCHE
P ASTORAL
Pastoral
Betriebsseelsorge …
„Wollen Sie sich nicht bei den Betrieben in Ihrer Gemeinde vorstellen?“ Alle Pfarrerinnen und Pfarrer, die in
der Region Niedersachsen Süd der ev.-luth. Landeskirche Hannover die Stelle wechseln, bekommen einen solchen Anruf vom zuständigen Industriepfarrer. Er bietet
den Seelsorgern an, einen Kontakt zu den ortsansässigen
(Industrie-)Betrieben herzustellen und einen Erstbesuch zu organisieren. Meist sind dann auch Mitarbeiter
des KDA (Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt) mit zur
Stelle, wenn Betriebsrat und Unternehmensleitung zum
ersten Mal mit dem neuen Gemeindepfarrer ins Gespräch kommen. Uwe Brinkmann, Initiator dieses Projektes, weiß davon zu berichten, dass dieser Erstkontakt
zu Beginn einer Pfarrstelle dazu führen kann, dass Menschen, die im Arbeitsleben stehen, künftig besser mitbedacht werden bei Planung und Durchführung der Gemeindearbeit, dass auf diese Weise aber auch gleichzeitig
Kirche für die Menschen im Betrieb wieder ins Blickfeld
gekommen sei.
„Arbeiterseelsorge“, „Arbeitnehmerseelsorge“, „Arbeiterpastoral“, „Betriebsseelsorge.“ „Betriebsbezogene Arbeit“, „Kirche im Betrieb“. Unter diesen Überschriften
firmieren vielfältige kirchliche, meist ökumenisch ausgerichtete Aktivitäten, deren Augenmerk vor allem dem
Menschen gelten, der in der (Erwerbs-)Arbeitswelt steht.
Dessen Existenz in einer sich dort ständig verändernden
Gemengelage und die Überzeugung, es beim Gott Jesu
von Nazareth mit einem solidarischen und befreienden
Gott zu tun zu haben, befördert das Thema „Kirche und
Arbeitnehmerschaft“ in regelmäßigen Abständen auf die
Tagesordnung praktisch-theologischer Reflexion. Es gilt
als ernst zu nehmendes Feld der Pastoral und dies nicht
erst in Folge des gleichnamigen Beschlusses der gemeinsamen Synode der deutschen Bistümer aus dem Jahr
1975 oder seit der Verabschiedung der „Wegbeschreibung“, in der sich 1990 die bundesdeutsche Betriebsseelsorge eine (bis heute „gültige“) theologische Plattform erarbeitet hat.
Als Arbeiterseelsorge reicht die Geschichte dieses kirchlichen Tätigkeitsfeldes zurück in das 19. Jahrhundert, in
die Zeit der „Sklavennot der Fabrikarbeiterschaft“ (Ru-
dolf Eichhorn, 1853-1925). Im Gewand der Betriebsseelsorge ist es Kind einer Zeit mit ganz anderen Arbeitsbedingungen, der Wirtschaftswunderzeit nämlich
mit ihrer weitestgehenden Vollbeschäftigung (1966 etwa
lag die Arbeitslosenquote gerade einmal bei 0,7 (!) Prozent). Unter der Bezeichnung „Kirche im Betrieb“ fungiert die „Arbeiterpastoral“ seit Ende der 1990er Jahre in
einem noch einmal dramatisch veränderten Umfeld, in
dem auf die Beschäftigten Mobilitäts- und Flexibilitätsanforderungen in bislang nicht gekanntem Ausmaß zugekommen sind und ein ständig sich erhöhender Leistungsdruck. Zudem hat sich die Struktur der
Arbeitsgesellschaft überhaupt signifikant verändert.
Inzwischen arbeiten die meisten Menschen in den Industrie(!)ländern nicht mehr in der Industrie sondern im
Dienstleistungssektor. In Deutschland etwa spielt die
Produktion keine größere Rolle mehr als die Landwirtschaft Ende der 1950er Jahre. Kaum ein Drittel der arbeitenden Bevölkerung stellt hierzulande noch etwas
Gegenständliches her, und wo dies geschieht, hat sich die
Produktivität, mit der es geschieht, vervielfacht. (Sie
stieg allein zwischen 1948 und 1965 um nahezu 300 Prozent und hat sich zwischen 1970 und 1995 noch einmal
verdoppelt). Zukünftig sind weitere Produktivitätssteigerungen aber nicht nur in der Industrie zu erwarten.
Auch im Dienstleistungssektor geht man von einem hohen Automatisierungspotenzial aus. Allein z.B. im Bankensektor liegt es bei über 60 Prozent und im Handel
immerhin noch bei mehr als der Hälfte des gegenwärtigen Beschäftigungsstands. Wenn man davon ausgeht,
dass diese Möglichkeiten kontinuierlich weiter ausgeschöpft werden, ist zweierlei abzusehen: Es werden dauerhaft immer weniger Menschen gebraucht, um innerhalb moderner Ökonomie hohe Produktivitätsgewinne
zu erwirtschaften. Und es wird sich insbesondere die
Zahl der Arbeitsplätze im Bereich der einfachen Tätigkeiten in den nächsten Jahren weiter erheblich verringern.
Wo noch gearbeitet wird, werden die Konflikte zunehmen und wird die Anzahl prekärer Beschäftigungsformen steigen, also solcher mit niedrigem, nicht kontinu-
LESETIPP
schreibung für Arbeiterpastoral. In: Unser Dienst. 24
(1990), 233-250;
Schobl, Paul u.a. (Hrsg.): Forschungsbericht „Kirche im
Betrieb“. Herzogenrath 2000;
brand eins: Themenheft „Arbeit – Nie wieder
Vollbeschäftigung“ 7 (2005), Heft 7;
Jünemann, Elisabeth u. Werner Wertgen (Hrsg.):
Herausforderung Soziale Gerechtigkeit. Paderborn 2005;
Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt: http://www.kirchliche-dienste.de/fachgebiete: BSO:
http://www.dsp.at/pa_bs/BSOe.html
ierlichem Einkommen, unkalkulierbarer Dauer, geringer
Karrierechancen usf. Aufgrund der mangelhaften Einbindung in sozial- und arbeitsrechtliche Vorschriften
sind diese Arbeitverhältnisse in der Regel dann auch ungenügend geschützt und haben keinen Zugang zu betrieblicher Mitbestimmung. „Mit den Arbeitern im
Weinberg, mit den Fischern am See, mit den Frauen am
Brunnen, mit den Ausgeschlossenen an einem Tisch ...“
Dieses Leitwort der Betriebsseelsorge nimmt genau jene
Unterprivilegierten in Blick, drückt „die Sympathie der
Vorschau
Vorschau
Im nächsten Heft lesen Sie
Betriebsseelsorge mit den Benachteiligten der (Arbeits-)
Gesellschaft aus und bestimmt auch ihre bevorzugte
Zielgruppe: Arbeitslose; ArbeitnehmerInnen die in untergeordneten Positionen beschäftigt sind; Menschen,
die wenig verdienen, Lehrlinge, ...“ (BSO)
Ob Mobbing-Kontaktstelle oder Sorgentelefon für Fernfahrer, ob Seminare zur Konfliktbewältigung oder zur
Unterstützung der betrieblichen Interessenvertretung in
Call-Centern, ob Veranstaltungsreihen für Betriebs- und
Personalräte unter der Überschrift „Soziale Kompetenz“
oder „Teamentwicklung“, ob als projektorientierte Arbeit vor Ort oder über bundesweite Kampagnen, ob allein oder in Kooperation mit Arbeitnehmerinteressenvertretungen, Gewerkschaften, Bildungseinrichtungen,
Selbsthilfegruppen usf., ob von Verbänden (KAB, CAJ
etc.) oder Diözesen getragen: die Betriebsseelsorge leistet ihren Beitrag dazu, dass Gerechtigkeit ein Thema
bleibt in der Welt der Arbeit und ist gleichzeitig für die
Pfarrgemeinden wie für die organisierte Diakonie ein
Seismograph für Umbrüche und Erschütterungen, die
für die Gesamtgesellschaft nicht ohne Auswirkung bleiben werden.
Norbert Schuster
Wir freuen uns auf Ihre
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Anregungen,
Anfragen
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Kritik.
Die SchwerpunktThemen der nächsten
Ausgaben:
Die Bibel lässt dich nicht mehr los
Mit Kindern die Bibel neu entdecken
„Warum bestraft
der liebe Gott den Mann?“
Mai:
Reise und Erholung
Biblische Geschichten Kindern erschließen
Juni:
Fußball
Zwischen Kindergarten und
Erstkommunion – Fehlanzeige
Juli/August:
Berufungspastoral
Kinderbibeltage
September:
Communio Pastoral
Oktober:
Liturgien feiern
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T HEMENVORSCHAU
Bundeskommission der Betriebsseelsorge: Eine Wegbe-
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Das fehlte noch
A
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C ARTOON
C
I MPRESSUM
Anzeiger für die Seelsorge
115. Jahrgang
Zeitschrift für Pastoral
und Gemeindepraxis
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Plassmann, Wolfgang Raible,
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Ratzinger den traditionellen Kreuzweg
im Colosseum in Rom geleitet. In Vertretung
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Paul II. trug er selbstverfasste Meditationen
vor, die weltweit beachtet wurden.
Der Kreuzweg zeigt den Gott, der selbst
mit den Menschen mitleidet und dessen
Liebe uns bis in den Tod begleitet.
Die Begegnung mit Jesus Christus steht im
Mittelpunkt dieser Meditationen. Auch die
Nachfolge beginnt mit dem ersten Schritt
und will lebendig gehalten werden. Diese
Texte machen Mut, die Herausforderung
anzunehmen und die Begegnung mit Christus
auch heute immer wieder neu zu wagen.
Inspirierend nicht nur für Priester und
Theologiestudenten, sondern für alle, die ihr
Leben aktiv als Christen gestalten wollen.
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115. Jahrgang · Heft 3 März 2006
Soziallehre
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Päpstlicher Rat für
Gerechtigkeit und Frieden
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Am 15.10.2004 stellte der Präsident des Päpstlichen Rates für
Gerechtigkeit und Frieden in Rom
die italienische Ausgabe des
katholischen Sozialkatechismus
vor. Mit dem hier vorgestellten
„Kompendium der Soziallehre der
Kirche“ liegt nun die Gesamtschau der katholischen Soziallehre erstmals in deutscher
Sprache vor.
Der Sozialkatechismus wendet
sich an Katholiken und an alle,
die in einen Dialog um das
Wohl des Menschen eintreten
wollen. Mit dem Kompendium
deklariert die katholische Kirche
die Soziallehre als Teil ihres
Verkündigungsauftrages und
stellt sie gleichrangig neben
die Morallehre.
KOMPENDIUM
DER
SOZIALLEHRE
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DER
KIRCHE
HERDER
Verlag Herder, ISSN 0721 - 1937
Anzeiger für die