Fleischzartmacher – Pflanzliche proteolytische Enzyme
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Fleischzartmacher – Pflanzliche proteolytische Enzyme
B.Sc. Anna-Lisa Kratzel Fleischzartmacher – Pflanzliche proteolytische Enzyme Teil 1 Das Lebensmittel Fleisch nimmt nahezu innerhalb der gesamten Weltbevölkerung einen hohen ernährungsphysiologischen Stellenwert ein. Dabei sind insbesondere der Genuss und die Freude beim Verzehr dieses Lebensmittels von großer Bedeutung für die Gesellschaft. Aus diesem Grund stellt das Qualitätskriterium Fleischzartheit mittlerweile das wichtigste sensorische Merkmal für den Verbraucher dar. Der Genußwert des Fleisches wird durch die sensorische Eigenschaft der Zartheit erheblich gesteigert. Zartes Fleisch ist mürbe und locker, beim Kauvorgang angenehm weich und zergeht dabei bestenfalls auf der Zunge. Der Verbraucher hat hohe Erwartungen an das Lebensmittel Fleisch und fordert die Qualitätseigenschaft Fleischzartheit von der Lebensmittelindustrie ein. Natürlich stellt sich die Frage, auf welche Weise Fleisch zart und mürbe wird und welche Möglichkeiten die Fleischindustrie besitzt, um Fleisch eben diese Konsistenz zu verleihen. Verfügt die Natur in Kooperation mit der Industrie über Alternativen zur natürlichen Fleischreifung, um den Ansprüchen und Wünschen der Konsumenten gerecht zu werden? Die nun folgende geschichtliche Anmerkung trägt zur Illustration der genannten Thematik bei: Während des Zweiten Weltkrieges kämpften englische Truppen gegen ihre starken Gegner in Asien. Nach länger anhaltenden Kämpfen zog sich ein Teil der englischen Truppen in den dichten Dschungel zurück, um sich vor den Feinden zu verstecken. Dabei stießen die ausgehungerten Soldaten auf eine Ananasplantage und ernährten sich in den nächsten Tagen nur von dieser Frucht. Nach einem Zeitraum von ungefähr zehn Tagen und ausschließlichem Verzehr der frischen Ananas, fielen den Soldaten die Zähne aus. Was war passiert? Ein natürlicher Inhaltsstoff der Ananas, nämlich das proteolytische Enzym Bromelain, gibt den entscheidenden Hinweis. Pflanzliche Proteasen Das Nahrungsmittel Fleisch wird nicht nur durch die während der Fleischreifung ablaufenden proteolytischen Prozesse der Calpaine und Cathepsine weich und zart. Mit Hilfe von hydrolytisch wirksamen pflanzlichen Proteasen, sogenannten Tenderizern oder Zartmachern, können ähnliche Ergebnisse bezüglich der Fleischzartheit erreicht werden. Der Einsatz dieser 16 Enzyme soll eine drastische Verkürzung der Reifungszeit bis hin zu ihrer kompletten Einsparung bewirken und somit eine Kostensenkung begünstigen. Darüber hinaus sollen sich die enzymbehandelten Produkte durch eine noch bessere Zartheit auszeichnen. Nach Buckenhüskes handelt es sich bei diesem Prozess, im Gegensatz zur natürlichen Fleischreifung, um eine mit Hilfe von Enzympräparaten nach- geahmte, aber ebenfalls auf natürliche Art und Weise ablaufende Fleischreifung. Von einer künstlichen Fleischreifung kann somit nicht gesprochen werden. Denn der Prozess der Fleischreifung mit Hilfe pflanzlicher Proteasen stellt nach wie vor ein natürliches technologisches Verfahren dar. Bei den zum Einsatz gelangenden pflanzlichen Proteasen handelt es sich um Papain aus der Papaya, Bromelain aus der Ananas, Ficin aus der Feige und neuerdings auch um Actinidin aus der Kiwi-Frucht. In vielen Ländern Europas ist ihr gewerbsmäßiger Einsatz verboten, beispielsweise in Deutschland und Österreich. Jedoch ist ihre Verwendung in den großen Industrienationen USA, China und Japan erlaubt. Dabei kann das Fleisch auf unterschiedlichste Art und Weise mit den verschiedenen proteolytischen Enzymen behandelt werden. Das Zartmachen von Fleisch mit diesen Enzympräparaten ist vor allem in Ländern mit einem hohen Fleischkonsum, insbesondere Rindfleisch, von Interesse. Die größte Menge der Tenderizer gelangen aus diesem Grund in den USA zum Einsatz. Allein der Verbrauch von Papain belief sich dort jährlich auf mehr als 100 t. Während der Jahre hat sich in den USA der Bedarf an Papain noch gesteigert. Im Jahr 2005 betrug die zum Zartmachen von Fleisch verbrauchte Menge an Papain zirka 200 t. Rund ein Drittel dieser Menge findet dabei Anwendung im privaten Haushalt. Unter anderem sind aus diesen Gründen die bedeutendsten Arbeiten und Forschungen über Tenderizer in den USA durchgeführt worden. Das Enzym Papain aus Carica papaya Bei der Papaya handelt es sich um eine melonenartige Beerenfrucht. Sie wird auch als Baummelone oder Engelsfrucht bezeichnet. Optisch zeichnet sie sich durch eine eiförmiglängliche Form und eine gelblichgrün bis orangene Färbung aus. Sie verfügt über eine glatte oder rauhe dünne Schale. Reife Papayas ähneln im Geruch Aprikosen. Das saftigsüße, gelb bis rot gefärbte Fruchtfleisch gleicht dem Geschmack einer Mischung aus Himbeere, Melone, Birne und Waldmeister. Bei den Hauptaromakomponenten handelt es sich um Linalool und deren Derivate. Die Früchte können bis zu 25 cm groß werden und je nach Sorte, ein Gewicht von 400 g bis 1 kg ausbilden. Papayas stammen von der bis zu 10 m hohen krautigen Melonenbaumstaude Carica papaya ab. Die Früchte sind in den tropischen- und subtropischen Regionen Amerikas beheimatet. Brasilien, Costa Rica, Florida, Ghana, Hawaii, Indien und Sri Lanka zählen zu den bedeutendsten Anbauländern. Die Papaya-Frucht zeichnet sich durch relativ niedrige Natrium- und Energiegehalte aus und verfügt über ein Reichtum an Kalium und Vitamin C. 3 2013 Von weitaus größerem Interesse als der frische Verzehr der Papayas, ist die Verwendung der noch unreifen Früchte zur Gewinnung von Papain. Bei Papain handelt sich um einen aus dem Milchsaft der Papaya gewonnen Komplex aus Proteasen. Dieser setzt sich aus der Papaya-Peptidase I und dem Chymopapain, der Papaya-Peptidase II, zusammen. Bei der Papaya-Peptidase I (EC 3.4.22.2, Mr 23 900) handelt es sich um eine Cystein-Endopeptidasen. Cys-25 und His-159 sind im aktiven Zentrum des Enzyms lokalisiert. Insgesamt besteht es aus 212 Aminosäuren und verfügt über 4 Disulfidbrücken. Chymopapain (EC 3.4.22.6, Mr 35 000) ähnelt der Papaya-Peptidase I in seinem Aufbau und Eigenschaften. Auch wenn zumeist von Papain gesprochen wird, bildet Chymopapain die Hauptkomponente des Papayamilchsaftes. Aufgrund seiner besseren Temperaturstabilität und des pH-Optimums, wird dem Chymopapain die Hauptwirkung beim Zartmachen von Fleisch zugeschrieben. Papain wird aus der unreifen Frucht gewonnen. Diese verfügt über einen höheren Gehalt an Papain. Durch den Einsatz nichtmetallischer Werkzeuge wird die Haut der Papaya angeschnitten und der proteasehaltige Milchschleim, sogenannter Papayotin, entnommen. Während der Milchsaft anschließend für eine gewisse Zeit an der Luft steht, koaguliert er. Nach der weiteren Aufarbeitung kann schließlich ein direkt einsatzfähiges Rohpräparat in Form eines getrockneten Extraktes erzielt werden. Dieses Enzympräparat, bestehend aus Papain I und Chymopapain, wird hauptsächlich zum Zartmachen von Fleisch verwendet. Bei Papain handelt es sich sogar um den am häufigsten auf dem gewerblichen Markt und privaten Haushalt befindlichen und verwendeten Fleischzartmacher. Papayas und Papain gelangen auch in der Medizin zum Einsatz. Das Enzym Papain wird zur Unterstützung der Verdauung und für die enzymatische Wundreinigung eingesetzt, wobei abgestorbenes Gewebe abgebaut wird. Chymopapain gelangt zur Heilung von Bandschei- 17 benschäden zum Einsatz. Getrockneten Papayas wird eine hepatoprotektive Wirkung zugesprochen, wohingegen der Papayasaft über eine mögliche blutdrucksenkende Wirkung verfügen soll. Das in den Blättern und Samen der Papaya lokalisierte Alkaloid Carpain wird in der Medizin als harntreibende Substanz und Herzstärkungsmittel eingesetzt. Auch in anderen Industriezweigen erfährt Papain eine breite Anwendung. Unter anderem handelt es sich hierbei um Waschmittel und Reiniger zur Entfernung von proteinhaltigem Schmutz in der Textil-Industrie, die Zubereitung- und Aufarbeitung in der Leder-Industrie und der Einsatz von Papain zur Qualitätssteigerung in der Tabak-Industrie. Papain findet im Ausland auch Verwendung für das Klären von Bier. Diese Anwendung ist in Deutschland jedoch verboten. Auch bei der Herstellung von Brot- und Hartkeksen gelangt Papain zum Einsatz, um die hierfür benötigten Mehle mit niedrigen Klebergehalten herzustellen. Das Enzym Bromelain aus Ananas comosus Bei der Ananas handelt es sich um eine fleischige Scheinfrucht. Sie entstammt der Staude Ananas comosus und gehört zur Familie der Bromeliaceaea. Ursprünglich stammt die Ananas aus Brasilien und ist somit in Südamerika beheimatet. Auf einem kurzen Stamm bildet sich eine Blattrosette mit bis zu einen Meter langen Blättern aus. In der Mitte wächst ein zirka 30 cm langer Blütenstand mit nahezu hundert Blüten. Die Ananas-Frucht kann ein Gewicht von bis zu 0,5 bis 5,0 kg ausbilden und besteht aus der fleischig umgebildeten Blütenachse. Diese verwächst mit den fleischigen Teilen der Einzelblüten, die sich ebenfalls auf dem kurzen Stamm der Staude befinden. In der Mitte verholzt die Frucht. Die Hauptaromakomponenten des gelben Fruchtfleisches der Ananas bilden schwefelhaltige Fruchtester und Lactone. Die mittelamerikanische Kulturpflanze wird seit dem 15. Jahrhundert weltweit in den Tropen angebaut. Neben Hawaii zählen die Azoren, Sri Lan- 18 ka, Borneo, Madagaskar, die Philippinen und Mittelamerika zu den wichtigsten Anbau- und Exportgebieten der Ananas. Hauptsächlich wird die Ananas zur Herstellung von Nasskonserven, Saft und Multivitamingetränken benötigt. Seit den 30er Jahren wird zunehmend auch ein proteolytisches Enzymgemisch aus der Ananas gewonnen und gelangt für verschiedenste Zwecke zum Einsatz. Bei diesem Enzymgemisch handelt es sich um verschiedene Cystein-Endopeptidasen. Zum einen gibt es Stem-Bromelain (EC 3.4.22.32), das aus den Stengeln der Ananas gewonnen wird. Zum anderen gibt es Fruit-Bromelain (EC 3.4.22.33), Ananain (EC 3.4.22.31) und Comosain. Diese Enzyme stammen aus den Früchten der Ananas-Pflanze. Die proteolytischen Enzyme sind im Stiel, den Blättern sowie der reifen Frucht enthalten. Am stärksten ist die proteolytische Aktivität von Bromelain, das aus der reifen Frucht gewonnen wird. Bis auf Ananain besitzen diese Enzyme sehr ähnliche Strukturen. Gemäß der Bezeichnung SHProteasen, handelt es sich hierbei um Glykoproteine (Mr 33 000) mit einer Thiol-Gruppe im aktiven Zentrum. Bromelain wird in den verschiedensten Formen zum Zartmachen von Fleisch verwendet, beispielsweise in Form von angeritzten Blättern, rohen Fruchtscheiben oder als Trockenpräparate. In der Lebensmitteltechnik wird Bromelain zur Herstellung von Proteinhydrolysaten und zur Kältestabilisierung von Bier eingesetzt. Hierbei spalten die Enzyme biereigene Proteine, die in Zusammenhang mit Gerbstoffen Fällungsreaktionen auslösen und den Biertrub verursachen. Diese Trübungen werden durch die Enzyme verhindert. Der Prozess des chill proofing ist ebenso wie das Zartmachen von Fleisch mit Hilfe der proteolytischen Enzyme in Deutschland verboten. Auch in der Medizin gelangt Bromelain auf vielfältige Weise zum Einsatz. Aufgrund seiner pharmakologischen Wirkung wird diese Substanz zur Hemmung des Wachstums von Krebszellen eingesetzt. Bei Verdau- ungsbeschwerden dient Bromelain als Verdauungshilfe. Aufgrund seiner entzündungshemmenden Wirkung gelangt es bei der Wundheilung und bei Sportverletzungen zum Einsatz. Bromelain ist als Antiphlogistikum im Handel erhältlich. Pharmakologisch wirkt Bromelain durch seinen Einfluss auf die Arachidonsäure-Kaskade. Dies ermöglicht seinen weitreichenden medizinischen Einsatz. Frischer Ananassaft kann aufgrund des natürlich vorkommenden Enzyms Bromelain medizinisch beim sogenannten „Steakhouse-Syndrom“ eingesetzt werden. Hierbei sitzt ein Fleischbolus unverrückbar in der Speiseröhre fest und verengt diese. Die Auflösung des Fleischbolus erfolgt über die Einnahme des frischen Ananassaftes. Das in ihm enthaltene proteolytische Enzym Bromelain sorgt für die Zersetzung und Auflösung des Fleischbolus und löst somit den lebensgefährlichen Krampf der Speiseröhrenperistaltik. Auch Kiwisaft könnte diesen medizinisch lebenswichtigen Eingriff ermöglichen. Das Enzym Ficin aus Ficus latex Bei dem Feigenbaum handelt es sich um eine sehr alte Kulturpflanze. Bereits 1500 v. Chr. kannten und nutzten die Assyrer und Ägypter diese Frucht. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden Feigen für den gewerbsmäßigen Handel angebaut. Die Feige ist im Orient beheimatet und wird hauptsächlich im Mittelmeerraum, Afrika und Westasien angebaut. Es handelt sich um eine Scheinfrucht, bestehend aus der fleischig verdickten Blütenstandsachse des bis zu 10 m hohen Feigen-Baumes Ficus carica. Feigen-Früchte weisen eine birnen- bis tropfenförmige Form auf, sind 3 - 10 cm lang und dabei 4 - 7 cm breit. Die Epidermis kann unterschiedliche Färbungen aufweisen, von grün über gelblich bis rotbraun oder dunkelviolett. Diese rot bis violetten Färbungen werden durch Cyanidine hervorgerufen, ein natürlicher Pflanzenfarbstoff. Das Fruchtfleisch der Feige weist eine weiße bis leicht bräunliche sowie rosa bis rote Farbe auf. Darüber hinaus ist es süßlich, aromatisch und sehr mineralstoffreich. Es enthält kleine Steinfrüchte, die der Feige ihren leicht mußigen Eigenschaften verleihen. Das Feigenaroma entsteht durch die Sherrylactone 5-Hydoxy-4-hexanolid und das korrespondierende Keton Soleron, 5-Keto-4-hexanolid. Aufgrund ihres hohen Zuckergehaltes sind die Feigen sehr nahrhaft. Der Feigenbaum blüht und trägt bis zu dreimal im Jahr. Am schmackhaftesten sind die von April bis Juni wachsenden Frühfeigen. Von Juni bis September können die Sommerfeigen geerntet werden, sie sind am ertragreichsten. Die minderste Qualität weisen die Spätfeigen auf, die von September bis Januar geerntet werden können. Von besonderer Bedeutung ist, dass die unreifen Feigen-Früchte einen scharf schmeckenden Milchsaft, den Ficus latex, enthalten. In diesem Milchsaft befindet sich das proteolytische Enzym Ficin. Dieses Enzym ist in seiner Struktur und Eigenschaft dem Papain und Bromelain sehr ähnlich. Es wird ebenfalls als Zartmacher für Fleisch eingesetzt, allerdings in geringeren Umfang. Bei der Substanz Ficin (EC 3.4.22.3) handelt es sich um eine Cystein-Endopeptidase mit einem Molekulargewicht von 23 800. Zur Aktivität benötigt Ficin, ähnlich wie Papain und Bromelain, eine SH-Gruppe im aktiven Zentrum. Aus einer frischen, 10 - 15 g wiegende Feige, werden zirka 100 - 150 mg Ficin gewonnen. Durch Anschneiden der Sprossachsen tritt der Saft aus dem pflanzlichen Gewebe aus. Nach Abtrennung der kautschukartigen Masse und Fällung der Proteine mit organischen Lösungsmitteln wird durch weitere Aufarbeitungen das Ficin gewonnen. Bei dem als Fleischzartmacher zum Einsatz gelangendem gewerblichen Produkt, handelt es sich zumeist um ein durch Filtration und Trocknung des Ficus latex gewonnenes hygroskopisches Pulver. Die Feigen und das proteolytische Enzym Ficin werden in den verschiedensten Industriezweigen eingesetzt. In der Lebensmittelindustrie haben getrocknete Feigen interna- tional wirtschaftlich einen höheren Stellenwert als frische Feigen. Diese werden zu Brot, Kompott, Konfitüre und Konzentraten verarbeitet. Aus Feigen kann ebenfalls ein Kaffee-Ersatzstoff hergestellt werden, der sogenannte Feigenkaffee. Aufgrund des hohen Faserstoffanteils wirken Feigen leicht laxierend. Somit gelangen sie auch als mildes Laxans in der Pharmakologie zum Einsatz. Aus dem Milchsaft verschiedener Feigen-Arten lässt sich nicht nur das proteolytische Enzym Ficin sondern auch eine ßSitosterol-reiche kautschukartige Latices gewinnen. Auch die Protease Ficin gelangt vielfach in verschiedenen Industriezweigen zum Einsatz. In der Lebensmittelindustrie wird das Enzym zur Herstellung von Bier, und Käseprodukten eingesetzt, währenddessen in der Leder- und Textil-Industrie mit Hilfe von Ficin verfilzungsfreie Wolle gewonnen wird. Aufgrund seiner antihelminitischen Wirkung wird Ficin in der Medizin zur Behandlung von Trichuris verwendet. Mit Ficin behandeltes Fleisch kann auch gesundheitsfördernde Eigenschaften aufweisen. Einige durch Ficin freigesetzte Peptide verfügen über die Eigenschaft, das blutdrucksteigernde Angiotensin-konvertierendes Enzym ACE zu inhibieren. Darüber hinaus wird durch die Proteolyse γ-Aminobuttersäure freigesetzt. GABA kann als Wirkstoff den Blutdruck senken und die Gehirnfunktionen verbessern. Ll et al. bezeichnen aus diesem Grund mit Ficin behandeltes Fleisch als gesundheitlich funktionale Fleischprodukte. Das Enzym Actinidin aus Actinidia chinensis Die Kiwi wird auch als Chinesische Stachelbeere bezeichnet. Bei der Kiwi handelt es sich um eine ovale bis längliche, 6 - 8 cm große Frucht, die durchschnittlich 5 cm dick ist. Die Beerenfrüchte können ein Gewicht von 65 bis 100 g erreichen und entstammen dem Kletterstrauch Actinidia chinensis Planch. Sie werden zur Familie der Actinidiaceae, den Strahlengriffelgewächsen, zugeordnet. Die dünne, entweder kurzborstige Schale der Va- rietät deliciosa oder glatte Schale der Varietät chinensis ist zunächst grün und färbt sich erst im Laufe der Reifung rotbraun. Das saftige und aromatische Fruchtfleisch ist entweder grün oder gelblich gefärbt. In der Mitte befindet sich das weiße Columella, das zusätzlich von vielen kleinen schwarzen Samen umrandet wird. Die grüne Farbe ist auf den hohen Gehalt an Chlorophyll a und b zurückzuführen. Darüber hinaus verfügt die KiwiFrucht über einen sehr hohen Gehalt an Ascorbinsäure, Calciumoxalaten sowie verschiedenen phenolischen Verbindungen. Geschmacklich gleicht die Kiwi-Frucht einer Mischung aus Stachelbeere, Melone und Erdbeere. Bei der wahrnehmbaren grünen Komponente der unreifen Frucht handelt es sich um (E)2-Hexenal und Hexanal. Während der Reifung nimmt die Konzentration der Aldehyde ab und die Gehalte der Ester zu, insbesondere Methyl- und Ethylbutaonat. Darüber hinaus sind die Terpene Limonen und ß-Damascenon von Relevanz. Die Kiwi-Frucht stammt ursprünglich aus Zentralchina. Vor über 90 Jahren wurden Kiwis fast ausschließlich in Neuseeland und China angebaut. Bei den Hauptanbau- und Exportländer handelt es sich heutzutage um Neuseeland, Südafrika, Kenia, Brasilien, Israel und Südeuropa. In erster Linie werden Kiwis frisch verzehrt. Darüber hinaus werden sie auch zu Gelee, Konfitüren und Kompott weiterverarbeitet. In der Getränkeindus-trie erfolgt ihr Einsatz zur Herstellung von Fruchtsaft- und Multivitamingetränken. Die Weltproduktion der Kiwis liegt bei zirka 900.000 t/a, dabei stammt die Hälfte der Produktion aus Italien und Neuseeland. Bis Anfang der 90er Jahre gab es einen deutlichen Nachfrageaufschwung für die Kiwi, der allerdings in letzter Zeit nachließ. Den zurzeit eher stagnierenden Umsatz soll die aromatintensive gelbfleischige Kiwi wieder steigern. dase mit einem Molekulargewicht von 28 000 Da. Actinidin ähnelt in Struktur und Eigenschaft dem Papain, Bromelain und Ficin. Zur Aktivität benötigt es ebenfalls eine Sulfhydrylgruppe im aktiven Zentrum. Das Fruchtfleisch der Kiwi weist die größte Actinidin-Aktivität auf, gefolgt von der Samenzone und dem Endokarp. Die Kiwi kann analog zu Papaya, Ananas und Feige zur Gewinnung pflanzlicher Proteasen herangezogen werden. Besonders in Ländern, in denen der Anbau von Papaya, Ananas und Feigen nicht möglich ist, wird auf diese Weise durch die Kiwi ein neuer Markt erschlossen. Nicht mehr für den Handel geeignete Kiwi-Früchte sind aber noch industriell für die Fleischindustrie verwertbar. Für das in der Lebensmittelindustrie eingesetzte Verfahren des Zartmachens von Fleisch mit Hilfe der pflanzlichen Proteasen Papain, Bromelain und Ficin stellt das In Teil 2 unserer Serie über Enzyme beschäftigen wir uns in der nächsten Ausgabe des Hygiene Reports mit der proteolytischen Wirkunsgweise der genannten Enzyme. Literaturnachseise auf Anfrage! Auch erst seit kürzerer Zeit wird aus der Kiwi-Frucht das proteolytische Enzym Actinidin (EC 3.4.22.14) gewonnen. Hierbei handelt es sich um eine pflanzliche Cystein-Endopepti- NE404_Salmonella Ad_DE.indd 1 3 2013 eiweißspaltende Enzym Actinidin somit eine neue und interessante Alternative dar. Dabei verfügt Actinidin als Fleischzartmacher über besondere Eigenschaften und Vorteile gegenüber den schon etwas länger bekannten pflanzlichen Proteasen Papain, Bromelain und Ficin. 5/5/2010 11:58:38 AM 19