Essay Die Kunden trauen Bankberatern immer weniger
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Essay Die Kunden trauen Bankberatern immer weniger
Essay der user ist der Die Kunden trauen Bankberatern immer weniger und nehmen ihr Geld zunehmend selbst in die Hand. Finanzcommunitys im Internet helfen dabei. Für Bankenexperte Matthias Kröner eigentlich eine logische Entwicklung Typisch deutscher Bankkunde: frustriert, aber loyal Kurzum: Banken genießen bei vielen als Mitverursacher der Fi nanzkrise einen zwielichtigen Ruf. Sie gelten als Vertreter eigener Interessen, haben in der Konsequenz ihre Stellung als beliebter und sicherer Arbeitgeber verloren und bieten Produkte und Leistungen an, die, frei von positiven Emotionen, nur über den Preis verglichen werden. Da ist es geradezu eine Wohltat, dass man die ohnehin nur selten geöffnete Filiale nicht mehr besuchen muss – OnlineBanking bietet mittlerweile nahezu jede Bank an. Fast möchte man sich da für bedanken, doch das würde zu weit gehen, denn angesichts der Situation kann einem das Lachen vergehen. Nicht umsonst spre chen Unternehmensberater vom „frustrierten, aber loyalen“ Kun den, wenn sie den deutschen Bankkunden meinen. Frustriert, weil er das erlebt, was er erlebt. Loyal, weil er keine Alternative sieht. Ihm stellen sich Fragen wie: „Was kann ich von meinem Berater erwarten? Welche ist aktuell die beste Bank?“ Doch Banktermine gleichen mehr einem Verkaufs als einem Beratungsgespräch. Ge danken wie „Ist mein Berater eigentlich auf meine persönliche Situ ation eingegangen?“ oder „Kennt er überhaupt den Markt oder nur den ProduktBaukasten, den man ihm vorgesetzt hat?“ macht man sich besser nicht. Enttäuschend ist: Gerade bei Entscheidungen, bei denen die persönlichen Lebensumstände, die finanzielle Situation 98 09/2011 www.chip.de und die konkreten Anlagewünsche ins Gewicht fallen, weiß der beratende „Banker“ oft schon im Vorfeld, welches Produkt er verkaufen will Vorstand der Fidor Bank AG oder muss. Ein Trost bleibt: Dies ist kein deut Der Gründer des Web-2.0sches Phänomen. Englische Brancheninsider Finanzunternehmens beurteilten im Rahmen eines Bankenkongres Fidor Bank AG war jahrelang Vorstand der ses die Leistung der eigenen Vertriebseinheiten DAB-Bank, des ersten mit den Worten: „They eat what they get!“ Ge deutschen Direktbrokers meint war der Kunde, der „verspeist“ wird. Aber kann das so weitergehen? Wohl kaum! Geld ist ein zu zentrales Thema, um es anderen zu überlassen, vor allem, wenn diese anderen hauptsächlich eigene Ziele verfolgen. Daher ist es nur logisch, dass wir die Geldgeschäfte selbst in die Hand nehmen. Wir User haben in den letzten Jahren eine Menge Jobs übernommen, die vormals ausschließlich Experten überlassen waren. Wir googeln im Netz nach Reisen und Hotels, wo wir früher den Weg ins Reisebüro genommen haben. Wir holen uns zu allen möglichen Themen Tipps, Ratschläge und Bewertungen ein, bevor wir einkaufen. Wir bewerten Restaurants, obwohl wir nie eine Koch ausbildung gemacht haben. Warum sollen wir nicht auch die besse ren Banker sein? Schließlich können wir viel besser unsere eigenen Interessen priorisieren, als es die Bank vermag. Einige Grundregeln sollte dabei aber jeder User beachten: „Eine zu hohe Kreditaufnah me ist womöglich eher schädlich als nützlich.“ Und: „Gier war noch nie ein guter Ratgeber.“ Auch sollte man den gesunden Menschen verstand einschalten und Lockangebote, beispielsweise 10 % p.a. auf eine gewisse Anlage, kritisch hinterfragen: „Wie kann das gehen, wenn ich auf mein Tagesgeld nur 2 % bekomme?“ Dazu ist es nötig, sich über Angebote im Web zu informieren. Ebenfalls wichtig: der Austausch mit anderen Menschen. Gerade im Internet kann man anonym über Geld reden und Erfahrungen teilen. Im Netz werden nicht nur die Fragestellungen des täglichen Lebens, sondern auch komplexe Geldfragen diskutiert. Gesucht wird der Dialog auf Augenhöhe, Verbraucher wollen mitgestalten. matthiaS krÖner Der Kunde weiß bald mehr als der Bankberater Für Banken ist diese Entwicklung fatal; der Kontakt zum Kunden, der den Weg in die Filiale kaum mehr findet, wird weiter erschwert. Manche Finanzinstitute nutzen jetzt schon die SocialMediaKanäle Facebook und Twitter & Co. für Marketing und Kommunikation. In Zukunft werden die vorn liegen, die im Web ihren Kunden den Zu gang zum Wissen erschließen und sie zum Mitmachen, Fragenstellen und Diskutieren animieren. Der Kunde der Zukunft hat nicht nur einen Berater – er hat tausende! Das gesamte Wissen über die k FOTOS: THINKSTOCK, WIKIPEDIA; COMPOSING: ANTJE KÜTHER B anken sind derzeit nicht zu benei den. Gebeutelt von Finanz und Wäh rungskrise auf der einen Seite und nicht enden wollenden Berichten zu schlechter Beratung auf der anderen, versuchen Finanzunternehmen ihre Positionie rung beim Kunden zu finden. Denn die aktuelle Vertrauenskrise ist vielschichtig begründet und alles andere als verdaut. Die Misere begann bereits vor der letzten Finanzkrise. 2007 glaubten laut der Vertrauensumfrage Edelman Trust Barometer nur 34 % der Deutschen, dass Entscheidungen der Bankenführungskräfte richtig und wegweisend seien. Nach der Krise sind es nur noch 17 %. Ein anderer Beleg für das zerrüttete Verhält nis zwischen Menschen und Banken ist die Tatsache, dass der Berufs wunsch „Bankmitarbeiter“ in den Top 10 der Jugendlichen weit nach unten gerutscht ist. Was im vorigen Jahrtausend noch als solides Fundament für die Lebensplanung galt, wird heute kritisch gesehen. Prof. Dr. Udo Steffens von der Frankfurt School of Finance & Manage ment berichtet, dass bei jungen Mädchen die Ausbildung zur Friseu rin mittlerweile beliebter ist als die Ausbildung zur Bankkauffrau. bessere Banker finanzcommunitys wachsen Vertrauen in Bankberater schwindet Über 70.000 User vertrauen ihre Geldverwaltung Social-Banking-Netzwerken wie smava oder der Fidor Bank AG an Nur noch 17 % der Deutschen vertrauen ihren Bankberatern. 2007 waren es noch 34 % 2 – 3 tage dauert es, bis Kredite über Finanzcommunitys verfügbar sind. Banken benötigen mehrere Wochen 2,5 mio. € haben alle Anleger beim Kreditmarktplatz smava in 4 Jahren erwirtschaftet. Gesamter Verlust: 1.000 € 70 % der Deutschen glauben, dass Banken austauschbar sind, weil keine etwas Besonderes bietet www.chip.de 09/2011 99 Essay So funktioniert der Kreditmarktplatz SMAVA Beim Onlineportal smava.de bekommt fast jeder einen Kredit. Statt einer großen Bank sind andere User die Geldgeber, die von den Kreditnehmern Zinsen erhalten und somit ihr Erspartes gewinnbringend anlegen Kreditnehmer Marktplatz Anleger seine Liquidität bewertet und gibt neben dem Kreditrahmen an, für was er das Geld benötigt Kreditbörse mit ca. 51 Mio. Euro vermitteltem Kreditvolumen um, deren Zinssatz und Beschreibung er gut findet . wird per Schufa-Eintrag sowie .bleibt anonym für den Anleger .zahlt fixe monatliche Raten an . Deutschlands größte Online. Marktplatz für Kredite, funktioniert ähnlich wie eBay oder MyHammer . sieht sich nach Kreditanfragen . zahlt Kredit und erhält dafür die vereinbarten Zinsen, im Schnitt 6 Prozent Nettorendite den Anleger zurück Angebote einer Bank findet er im Internet. Antworten liefert der Chat. Der Kunde von morgen kennt sich besser mit Finanzproduk ten aus als ein Verkäufer, Berater oder Banker, da er sich intensiv mit Detailfragen beschäftigt, recherchiert, neutrale Produktbewer tungen erhält und sich eine eigene Meinung bildet, die exakt zu seinem Vermögensprofil passt. Würde er mit diesem Wissen seine Hausbank konfrontieren, würde er schnell zu der Auffassung kom men: „Die wissen ja weniger als ich.“ Der Berater einer Bank ist viel leicht Experte bei Tagesgeldkonten, aber ein Laie, wenn es um fondsgebundene Altersvorsorge geht. Die Rollen- und Machtvertei lung im Internet sowie der aktive Austausch von Information und Feedback mit dem Kunden verändern die Geschäftsprozesse vieler Unternehmen grundlegend: Der Kunde von morgen beeinflusst nicht nur Produktentwicklung und Vermarktung, sondern auch die 30.000 Euro von fremden Menschen Christoph Hampel ist ein gemachter Mann, finanziell geht es ihm prächtig. Doch eines Tages flattert dem Selbstständigen Post vom Finanzamt ins Haus: eine Steuernachzahlung von knapp 30.000 Euro. Ein Kredit muss her. Doch die Hausbank weist Hampel mit Hinweis auf seine Selbstständigkeit und das damit verbundene Risiko ab. Sein Jahreseinkommen – 80.000 Euro – ist dem Berater egal. Hampel stößt im Internet auf smava.de. Die Seite hinterlässt zwar Eindruck, dennoch traut sich Hampel nicht, dort einen Kredit zu beantragen. Eher im Spaß empfiehlt er das Finanzportal einem Kollegen. Eine Woche später trifft er ihn wieder, der Kollege bedankt sich: Das benötigte Geld sei bereits auf seinem Konto. Das ist für Hampel eine Initialzündung: Er füllt den Antrag von smava aus, schickt seine Unterlagen dem Unternehmen per Post zu. Nachdem seine Bonität bewertet wurde, bestimmt er die Zinsen, die er zu zahlen bereit ist: 4,9 %. Danach geht es schnell: Im Stundentakt melden sich Communitymitglieder, die ihm 250, mal 500 oder gar 3.000 Euro zur Verfügung stellen würden. Innerhalb weniger Tage ist der Betrag komplett. Als die Bank das Geld auf Hampels Konto entdeckt, kommt sie auf ihn zu und will ihm nun überraschend doch noch einen Kredit anbieten: mit einem Zinssatz von 10 %. Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Kunden. Der Nutzer lässt sich bei seinen Kaufentscheidungen mehr und mehr durch den Austausch mit Freunden oder Gleichgesinnten leiten. Dank Communitys, wie etwa auch bei fidor.de, ist das problemlos möglich. Die Fidor Bank hat den Mitmachgedanken in der Finanz welt in den Vordergrund gestellt. Hier liefern die Mitglieder der Community eine kostenlose, transparente und unabhängige Finanz beratung. Sie erklären komplizierte Finanzprodukte, bewerten An gebote neutral, stimmen demokratisch über Spartipps ab, befinden sie für gut oder verwerfen sie. Der User kann dieses Wissen immer und überall abrufen – 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche ... Neutrales Expertenwissen per Mausklick Innerhalb der Fidor-Bank-Community genießen einige User bereits den Ruf, „bessere Banker“ oder High-End-Berater zu sein. Unermüd lich erteilen sie fundierte Ratschläge in allen Fragen rund ums Geld, nehmen mit Ernsthaftigkeit und Beflissenheit Bankprodukte unter die Lupe und beurteilen diese. Einem Wettbewerb gleicht es, die neutralste Bewertung abzugeben. Diese Grundeinstellung und Denkrichtung ist nicht neu: „Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele.“ Diese Aussage traf im 19. Jahrhundert Friedrich Wilhelm Raiffeisen – und sie ist aktueller denn je. Das Internet ermöglicht in fast allen Lebens bereichen eine konsequente Umsetzung dieser Vision – für alle, unabhängig von Zeit und Ort und unter laufender Mitbestimmung sowie Kontrolle durch User und Kunden. Die Erwartungshaltung der Kunden ist schlicht und einfach, als Partner einer Bank angesehen zu werden. Sie fordern transparente Angebote, in denen „genau das drin ist, was draufsteht.“ Bankkunden sollten ein Recht auf die Be wertung von Dienstleistungen haben, auf den kritischen Austausch mit Geldexperten, anderen Kunden und vieles mehr. Denn es ist das Geld der Kunden, das bei einer Bank liegt – und Aufgabe der Bank, damit verantwortungsvoll umzugehen. Der Kunde von morgen möchte wissen, was mit seinem Geld hinter den Kulissen der Bank geschieht. Wie in anderen eCom merce-Bereichen will er Produkte und Berater bewerten und bei der Erstellung neuer Dienstleistungen konstruktiv mithelfen können. Nur so entsteht eine Kundenbindung, die auf Respekt, Ehrlichkeit, Transparenz und einem gemeinsamen Wertesystem basiert. 100 09/2011 www.chip.de Matthias kröner, autor@chip.de