Steuern 38 (November 2015, Sonderausgabe)

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Steuern 38 (November 2015, Sonderausgabe)
Ein Branchen-Spezial für Braunschweig, Gifhorn, Goslar, Helmstedt, Peine, Salzgitter, Wolfenbüttel und Wolfsburg
Steuern
November 2015
Sonderausgabe
Ein Branchen-Spezial von
Wirtschaft und Menschen in unserer Region
Regionale
Steuerberater
und Kanzleien
im Portrait
Historie, Zahlen
und Fakten
AUCH :
E
ONLERINN
8
3 .DE
STEU
Carsten Fischer
PRÄSIDENT DER STEUERBERATERKAMMER NIEDERSACHSEN
„Wir sind die besseren
Unternehmensberater“
Rubrik
Mein Unternehmen: erfolgreich.
Meine Steuerberaterin: unentbehrlich.
Zukunft gestalten. Gemeinsam.
Als Unternehmer tragen Sie viel Verantwortung. Bei allen betriebswirtschaftlichen Entscheidungen
und in der Personalwirtschaft können Sie auf die Unterstützung Ihres Steuerberaters vertrauen.
Gemeinsam mit ihm und Software von DATEV werden alle Unternehmensfragen geklärt. Und Sie
können sich ganz auf Ihren Erfolg konzentrieren.
Sprechen Sie mit Ihrem Steuerberater, der DATEV Niederlassung in Hannover
oder informieren Sie sich auf www.datev.de/vertrauen bzw. unter 0800 1001116.
2
Editorial
S
teuern sind das ökonomische Schmiermittel von Staat
und Gesellschaft. Ohne
sie gäbe es keine Schulen, Krankenhäuser, Autobahnen, Gerichte und
auch keine Demokratie.
Denn die Idee, dass Einzelne sich ganz und gar
einer kollektiven Aufgabe für andere hingeben
können, würde ohne das
Geld für Ärzte, Politiker
und Richter als theoretische Denkfigur enden.
Steuern werden damit
auch zum ökonomischen
Kern solidarischen Denkens und unserer sozialen Marktwirtschaft. Neben unterschiedlichen politischen Vorstellungen darüber, wie schlank der Staat sein sollte und wie
viel Eigenverantwortung der Einzelne tragen kann, tobt
der Streit auch um den Verwendungszweck der öffentlichen Steuergelder. Trotzdem ist die Steuermoral der Deutschen in den vergangenen Jahren genauso gestiegen, wie
das Steueraufkommen selbst: Die Rekordsumme von 343,3
Milliarden Euro nahm der Fiskus im ersten Halbjahr ein.
Mittendrin in diesem anspruchsvollen Spannungsfeld aus
unterschiedlichen Interessen, neuen gesetzlichen Vorgaben und deren vorteilhafter Auslegung für die eigenen
Mandanten arbeiten deutschlandweit mehr als 56.000
Steuerberater und fast 30.000 Steuerberaterinnen. Grund
genug für die Standort38.de-Redaktion sich die Branche
genauer anzuschauen: Wir trafen uns zum Titelinterview
im Zooviertel in Hannover mit Carsten Fischer, dem Präsidenten der Niedersächsischen Steuerberaterkammer. Außerdem waren wir in der Region 38 unterwegs und haben
ausgewählte Steuerberater und -beraterinnen mit unterschiedlichen Schwerpunkten in ihren Kanzleien besucht.
Das Ergebnis halten Sie gerade in den Händen – unser erstes Standort38-Branchen-Spezial.
Einen erfolgreichen Jahresabschluss wünscht...
Ihre Steuern38-Redaktion
Ein Branchen-Spezial von
Inhalt
Interviews
Carsten Fischer
Präsident der Steuerberaterkammer Niedersachsen
..................
Helmut König
Vizepräsident der
Steuerberaterkammer Niedersachsen
........................................................................................
22
Jennifer Hof
Ex-Model in Ausbildung
zur Steuerfachangestellten
......................................................................................................................................
32
Portraits
Ingrid Wiegel-Wolters
Dr. Wetekam & Partner GbR
........................................................................................................................................
Marco Vierheller
Maeder + Partner Steuerberatungsgesellschaft
........................
Christian Böke
Böke & Partner Steuerberatungsgesellschaft
.....................................
Andreas Deumeland
ETL Löwen Treuhand GmbH
...........................................................................................................................................
Stefan Seidel
DATEV
............................................................................................................................................................................................................................................................
14
16
18
26
28
Nancy Klausnitzer
Bienert, Klein und Partner
Steuerberatungsgesellschaft
............................................................................................................................
Horst Schade
PKF Fasselt Schlage
...................................................................................................................................................................................
30
34
Themen
Steuern steuern!
Historie, Quoten und Moral
.....................................................................................................................................
Ein Beruf in Zahlen
Der typische Steuerberater ist …
..............................................................................................................
200.000 Regenwürmer im Discolicht
Das Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes
.......................................................
Steuer-ABC
Von Alkopop- bis Zweitwohnsteuer
.................................................................................................
Titelfoto: Holger Isermann
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10
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IMPRESSUM
Herausgeber BZV Medienhaus GmbH | Verlag und Redaktion BZV Medienhaus GmbH, Hintern Brüdern 23, 38100 Braunschweig
Telefon (0531) 39 00 0 | Geschäftsführung Harald Wahls (Sprecher), Manfred Braun, Michael Wüller | Objektleitung Carsten Poll
Redaktionsleitung Christian Göttner (verantwortlich), Dr. Holger Isermann | Redaktion Henning Thobaben | Layout Chris Collet
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Druck Griebsch & Rochol Druck GmbH & Co. KG, Gabelsbergerstraße 1, 59069 Hamm | Auflage 10.000 Exemplare
DAS MEDIENHAUS
3
Rubrik
4
Titel-Interview
„Es bewegt sich viel in
unserem Berufsstand“
Carsten Fischer, Präsident der Steuerberaterkammer Niedersachsen und
neues Präsidiumsmitglied der Bundessteuerberaterkammer, im Interview
C
arsten Fischer ist seit dem 13.
März 2015 Präsident der Steuerberaterkammer Niedersachsen. Mitglied des Vorstands ist der
49-Jährige bereits seit 2008, im Haushaltsausschuss sitzt er seit 2012. Darüber hinaus ist Fischer Mitglied im
Ausschuss Mitarbeiterfortbildung,
Vorsitzender des Prüfungsausschusses III „Steuerfachwirt“ und gehört
dem Prüfungsausschuss für die Steuerberaterprüfung beim Niedersächsischen Finanzministerium an. Seinen
Beruf als Steuerberater übt Fischer
als Partner in einer Steuerberatungsgesellschaft mit drei Niederlassungen
in Syke, Osterholz-Scharmbek sowie
Hannover aus.
Foto: Holger Isermann
Herr Fischer, Sie sind im März in
Ihr neues Amt als Präsident der
Steuerberaterkammer gewählt worden. Wie viel Zeit nimmt ein solches Amt eigentlich in Anspruch?
Das ist unterschiedlich. Insgesamt
fallen im Sommer weniger Aufgaben an. Aber man ist schon viel unterwegs, schließlich gehören auch repräsentative Aufgaben und Arbeit
auf der politischen Ebene zu dem
Amt dazu. Wir sind zum Beispiel in
Brüssel unterwegs, um dort mit Europaabgeordneten Gespräche zu führen. Eine Vollzeittätigkeit ist das Präsidentenamt nicht, aber in meinem
eigentlichen Beruf musste ich schon
etwas zurückstecken.
Welche Herausforderungen sehen
Sie für sich persönlich? Was wollen
Sie erreichen?
Im Moment bewegt sich viel in unserem Berufsstand. Es bilden sich bei-
spielsweise neue Schwerpunkte heraus wie der betriebswirtschaftliche
Gestaltungsbereich. Unser Ziel ist es,
Kollegen auf solche Thematiken vorzubereiten. Und wir wollen dem demographischen Wandel trotzen und
junge Menschen verstärkt für den
Beruf des Steuerfachwirts oder des
Steuerberaters begeistern.
Mit welchen Argumenten hantieren
Sie dabei?
Der Beruf des Steuerberaters hat sicher nicht das beste Image. Manch
einer denkt noch immer, dass wir in
einem grauen und womöglich fensterlosen Zimmer sitzen. Und dass
wir in einem Jackett mit Ärmelschonern permanent am Schreibtisch sitzen. Dieses Image versuchen wir zu
drehen. Die Realität sieht schließlich ganz anders aus. Steuerberater
zu sein, bedeutet es mit vielen interessanten Menschen zu tun zu haben.
Auch die Bezeichnung Steuerfachangestellter reißt ja nicht unbedingt vom Hocker, wenn ein junger
Mensch davon in der Disco erzählt.
Aber auch das wird dem Beruf nicht
gerecht. Facility Manager zu sein, ist
nicht unbedingt etwas Besseres, nur
weil es sich flotter anhört.
Was tun Sie noch, außer das Image
des Berufsstandes aufzupolieren?
Wir gehen beispielsweise an Schulen und zu Messen, um die guten Perspektiven des Berufs aufzuzeigen.
Und auch an Universitäten präsentieren wir uns, um den Studenten die
Botschaft zu vermitteln: Geht in den
steuerlich-betriebswirtschaftlichen
Bereich.
Skizzieren Sie doch bitte einmal
den typischen Weg in den Beruf.
Den gibt es in so typischer Form
nicht. Zunächst ist es so, dass Steuerberater meist als akademischer Beruf wahrgenommen wird. In Wirklichkeit kann man ihn ausüben, ohne
jemals ein Studium absolviert zu haben. Einmal besteht die Möglichkeit,
nach einer erfolgreichen Ausbildung
zum Steuerfachangestellten durch
eine zehnjährige, zielgerichtete Tätigkeit bei einem Steuerberater die
Prüfung zum Steuerberater zu absolvieren. Die zweite Option: Nach der
Ausbildung eine Weiterbildung zum
Steuerfachwirt zu absolvieren und
nach einer verkürzten beruflichen
Tätigkeit von sieben Jahren die Steuerberaterprüfung zu absolvieren.
Und wer auf akademischem Wege
in den Job möchte?
Der kann natürlich auch studieren. Je
nachdem, ob er den Bachelor- oder
Masterabschluss gemacht hat, muss
er anschließend noch zwei beziehungsweise drei Jahre tätig sein, um
sich zur Prüfung anmelden zu können. Wir entwickeln aber auch völlig neue Konzepte: Das Triale Modell
kombiniert die klassische Ausbildung mit einem betriebswirtschaftlichen Studium. Das gibt es zurzeit nur
in Heide. Aber es sieht gut aus, dass
Hannover und Wilhelmshaven in naher Zukunft als weitere Standorte
hinzukommen.
Wir fördern das Triale Modell, weil
im Studium betriebswirtschaftliche
Schwerpunkte ein größeres Gewicht
haben. Und diese Inhalte werden immer wichtiger.
5
Titel-Interview
über die Unternehmen und die dort
tätigen Personen am meisten wissen. Wir sind die besseren Unternehmensberater.
Dabei denken doch viele Menschen:
Ein Steuerberater erstellt in erster
Linie Steuererklärungen.
Das ist historisch gewachsen. Dieser
Eindruck mag auch daran liegen, dass
Steuerberater das Teilgebiet der Unternehmensberatung zu selten ausgefüllt haben. Das wird sich ändern.
Stichwort Seriosität. Eine große
überregionale Zeitung hat kürzlich
mal getitelt: Steuerberater operieren in einer Grauzone. Sehen Sie
das anders?
Ja. Eine Grauzone würde bedeuten,
dass man etwas bearbeitet, was nicht
legitim ist. Steuerberater arbeiten
mit dem Gesetz und halten sich daran. Wenn wir die Buchhaltung von
Mandanten übernehmen, können
Sie hundertprozentig davon ausgehen, dass wir uns in keiner Grauzone befinden. Wenn ein Mandant seine Buchführung selbst erstellt und
die katastrophal ist, dann dürfen sie
daraus keinen Jahresabschluss erstellen und sagen: Stempel drunter, alles
ordnungsgemäß. Der Begriff Grauzone hat bestenfalls dann seine Berechtigung, wenn etwas nicht klar gesetzlich geregelt ist.
Wird es dann nicht zwangsläufig
zu Überschneidungen mit Tätigkeiten von Rechtsanwälten oder Beratungsgesellschaften kommen?
Mit den Rechtsanwälten gibt es kaum
Überschneidungen. Es gibt schließlich ein Rechtsdienstleistungsgesetz. Und das legt fest, was Steuerberater machen dürfen und was nicht.
Zwar wurde das Gesetz etwas gelockert, aber beispielsweise Verträge für Mandanten dürfen Steuerberater nach wie vor nicht aufsetzen.
Was den Bereich Unternehmensberatung angeht: Hierfür sind Steuerberater geradezu prädestiniert, weil sie
Kommt das denn häufig vor?
Nicht selten. Das liegt in der Natur
der Rechtsprechung und der Gesetze.
Der Steuerberater arbeitet in vielen
Versionen von Gesetzen: Im laufenden Jahr 2015 machen wir die Beratung nach aktueller Gesetzgebung.
Gleichzeitig erstellen wir die Jahresabschlüsse nach dem Gesetzgebungsstand von 2014. Und dann sind da
noch Betriebsprüfungen für die Jahre
2011, 2012 und 2013, für die wieder
ganz andere gesetzliche Grundlagen
gelten. Nicht zuletzt wird vom Steuerberater aber auch erwartet, dass
er zukunftsorientiert berät und den
„Der Steuerberater ist der perfekte Partner“, betont Carsten Fischer.
Das bedeutet, dass sich die Aufgabengebiete verschieben. Befindet
sich der Beruf im Wandel?
Die Bereiche Jahresabschluss, betriebswirtschaftliche Beratung und
Gestaltung oder auch weitere Spezialisierungen in diesem Bereich werden an Bedeutung zunehmen. Und
durch die Komplexität in diesem Bereich wird sich der Einzelberater
schwerer tun als eine Sozietät mit
mehreren Partnern. Natürlich wird
es auch weiterhin die klassischen
Aufgabengebiete wie Finanzbuchhaltung und Lohn sowie die Steuererklärungen geben. Fakt ist aber auch,
dass Computerprogramme einen immer höheren Automatisierungsgrad
in diesen klassischen Aufgabenfeldern mit sich bringen. Wir rechnen
nicht damit, dass diese Tätigkeiten
für den Steuerberater einmal ganz
wegfallen werden. Aber sie werden
sicherlich einen geringeren Umfang
einnehmen.
6
Foto: Holger Isermann
Unternehmensberater haben nicht
unbedingt den besten Ruf. Steuerberater gelten gemeinhin als seriös.
Ist das ein Pfund, mit dem Sie wuchern können?
Ja, auf jeden Fall. Jeder kann sich Unternehmensberater nennen, die Bezeichnung ist nicht geschützt. Bei uns
ist das komplett anders. Wenn Mandanten und Unternehmen wieder
mehr bewusst wird, dass der Steuerberater der perfekte Partner für diese Aufgaben ist, werden sie auch zunehmend wieder uns wählen.
Titel-Interview
Mandanten aufklärt, was auf ihn zukommen könnte.
Klingt kompliziert. Welche Gefühle kommen bei Ihnen hoch, wenn
Sie an die deutsche Steuergesetzgebung denken?
Eigentlich ist das deutsche System
ein vom Grundsatz der Gleichbehandlung geprägtes Gesetz. Genau
dadurch ist es aber auch kompliziert.
Denn es gibt jedem Bürger die Möglichkeit, seine Steuerlast an individuelle Gegebenheiten anzupassen.
Das ist in den Gesetzgebungen anderer Länder teilweise anders geregelt.
Dort ist die Steuer meist einfacher zu
errechnen. Ob das dann aber immer
gerecht ist, ist eine andere Frage. Mir
fällt zumindest kein grundsätzliches
Steuermodell eines anderen Staates
ein, das ich gerne für Deutschland
übernehmen würde.
Aber bestimmt sehen Sie bei so
manchem Gesetz Verbesserungsbedarf?
Beim neuen Erbschaftssteuergesetz
beispielsweise hätten wir uns gewünscht, dass es etwas verschlankter daherkommt. Manchmal ist der
bürokratische Aufwand zu groß.
Früher gab es ja auch mal die Vermögenssteuer. Da wussten wir als
Steuerberater, dass die Gesamtkosten für deren Erstellung höher waren als die Einnahmen. Die Steuer
war politisch gewollt, aber volkswirtschaftlich gesehen totaler Quatsch.
Als problematisch sehe ich in diesem Zusammenhang auch den Mindestlohn. Grundsätzlich ist die Idee
ja richtig. Aber die enorme Bürokratie, die dahinter steckt, steht nicht
mehr im Verhältnis zu dem, was herauskommt. Die umfangreichen Aufzeichnungspflichten belasten hier gerade den kleinen Unternehmer mit
viel Aufwand.
Wie zufrieden sind Sie insgesamt
mit der Arbeit der politischen Akteure in den vergangenen Jahren?
Ich würde mir manchmal wünschen,
dass die Gesetzgebung weniger politisch getrieben ist. Die Gesetzesinhalte sollten weniger abhängig davon
sein, aus welchem politischen Lager
sie kommen. Und grundsätzlich soll-
te die Gesetzgebung einfacher werden und weniger Veränderungen
unterliegen. Manchmal beschleicht
einen das Gefühl, die Gesetze würden in manchen Teilen nicht richtig
zu Ende gedacht.
Was würden Sie machen, wenn die
Politik Sie auffordern würde: Herr
Fischer, erarbeiten Sie uns bitte eine umfangreiche Steuerreform!
Das wird die Politik nicht machen
(lacht). Aber wenn wir einfach nur
früh in die Prozesse involviert würden, wäre das auch schon gut. Ich bin
mir sicher, dass die Gesetze dadurch
einfacher würden. Es gibt in einigen
Bereichen noch ordentlich Potenzial für Nachbesserungen. Das gilt für
viele Gesetze, die ich gerne in Teilen
geändert hätte. Und eine Steuer ist in
meinen Augen sogar komplett verzichtbar: die Gewerbesteuer. Natürlich ist sie für Gemeinden und Städte wichtig zum Überleben. Allerdings
ist es so, dass sie bei Personengesellschaften und Einzelunternehmen bis
zu 100 Prozent auf die Einkommensteuer angerechnet wird. In manchen
Fällen liegt sie also faktisch bei null.
Die Steuer führt also nicht zu mehr
Gesamtsteueraufkommen, sondern
sorgt nur für eine andere Verteilung.
Befindet sich für Sie die derzeitige
Gesamtsteuerhöhe auf einem angemessenen Niveau?
Gerade bei niedrigen Einkommen
muss daran gearbeitet werden, dass
die Menschen bedingt durch die kalte Progression auf Dauer nicht weniger in der Tasche haben als vorher.
Die Steuerlast im Moment hat meines
Erachtens ein Volumen, mit dem alle
gut leben können. Als die Abgabenhöhe mal bei über 50 Prozent lag, ist
es vielen Unternehmen schwerer gefallen. Auf der anderen Seite müssen
wir aber auch eines verhindern: dass
große Unternehmen in Deutschland
Umsätze machen, ihre Gewinne aber
ins Ausland verlagern und dadurch
in Deutschland keine Steuern zahlen.
Das läuft der Steuergerechtigkeit in
unserem Land komplett zuwider. Es
bleibt zu hoffen, dass noch vieles international harmonisiert wird. Was
passiert, wenn in einem Land kaum
noch Steuern bezahlt werden, sieht
man ja am Beispiel Griechenland.
Wo sehen Sie Ihre eigentliche Aufgabe als Steuerberater? Eine möglichst geringe Steuerlast für Ihre
Mandanten herauszuholen oder die
richtige Höhe?
Ein Steuerberater legt seine Prüfung vor dem Finanzministerium ab.
Wenn er den fachlichen Anforderungen genügt, wird er bestellt. Insofern hat er sich an das Gesetz zu
halten. Andererseits muss er für seinen Mandanten eine steueroptimierte Gestaltung herausholen. Es kommt
„Die Steuerlast im Moment hat ein Volumen, mit dem alle gut leben können.“
7
Titel-Interview
„Wenn man sich selbstständig machen möchte, sollte man auf jeden Fall einen Steuerberater konsultieren.“
Wann sollte man auf jeden Fall einen Steuerberatuer aufsuchen?
Zum Beispiel, wenn man sich selbstständig machen möchte. Aber auch
sonst ist es sicher so, dass Steuererklärungen in den Behörden schneller
bearbeitet werden, wenn sie professionell erstellt wurden. Wir als Steuerberater bewegen uns schließlich
täglich in diesem Umfeld. Wir wissen, was wo einzutragen ist. Das können zwar auch viele Privatmenschen.
Aber die Gefahr, etwas falsch zu machen, ist größer als bei uns.
Im Jahr 2014 gab es 4,2 Millionen
Einsprüche gegen Steuerbescheide.
In 68 Prozent der Fälle endete das
Ganze zugunsten des Steuerbürgers. Ist es deshalb wichtig, sich die
Bescheide ganz genau anzugucken?
In jedem Fall. Die Bearbeitung geht
mittlerweile immer automatisierter vonstatten. Manche Daten werden dem Finanzamt beispielsweise
von der Krankenkasse übermittelt.
Das muss aber nicht immer richtig
sein. Durch die Vollmachtsdatenbank
8
haben wir die Möglichkeit, vorab
zu prüfen, ob die in den Pools vorhandenen Daten mit dem übereinstimmt, was vom Mandanten übermittelt wurde.
Eine kritische Position gegenüber
dem Finanzamt ist also angebracht?
Dort sind auch nur Menschen tätig. Oder mittlerweile oft Computer. Und manchmal gibt es Fälle, bei
denen wird man sich einfach nicht
einig. Ich habe da gerade einen Fall
bei mir in der Nähe: An einem Betrieb wurde eine neue Straße gebaut. Da hat die Stadt gesagt: Das
sind Ersterschließungskosten, die
nicht abzugsfähig seien. Ich bin da
aber früher schon oft mit meinem
Hund langspaziert und weiß: Da war
auch früher schon definitiv mal eine Straße. Deshalb sind das sofort
abzügliche Betriebsausgaben. Und
dann streitet man sich. Das Finanzamt sagt: Wir haben die Unterlagen
so von der Stadt erhalten. Ich sage:
Ich bin da schon früher über eine
Straße gelaufen. Solche Sachen begegnen einem immer wieder. Oft einigt man sich aber. Dass ein Fall vor
Gericht kommt, passiert nur in den
seltensten Fällen.
Klingt so, als habe der Steuerberater mit der Bürokratie ordentlich zu
kämpfen.
Es hängt immer von den jeweiligen Menschen ab. Da gibt es solche
und solche, hüben wie drüben. Manche gehen lockerer mit Sachverhalten um, andere weniger. Vielleicht ist
manch eine Sachbearbeiterin beim
Finanzamt einfach nicht in der Lage, über ihren Schatten zu springen. Vielleicht kann sie nachts nicht
schlafen, wenn sie sagen würde: Ich
erkenne das so an, wie es der Steuerberater eingereicht hat. Für den ganzen Prozess ist das natürlich hinderlich. Aber ich denke nicht, dass da
Menschen sitzen, die sagen: Ich ärgere diesen Steuerberater jetzt mal ein
bisschen.
Und falls doch – wie schalten Sie
am Wochenende und abends nach
einem nervtötenden Arbeitstag ab?
Ich habe Frau und zwei Töchter. Im
Moment leite ich gerade den internationalen Schüleraustausch bei Rotary.
Außerdem spiele ich gerne Golf und
laufe viel. Ich bin auch schon Marathon gelaufen. Aber meine Frau findet, dass Halbmarathon ausreicht.
Holger Isermann, Henning Thobaben
Foto: Holger Isermann
darauf an, das Gesetz so vorteilhaft
wie möglich für seinen Mandanten
auszulegen.
Christian Böke
Rubrik
european
tax experts
FRAGEN SIE UNS!
Europäische Fiskalbehörden vernetzen sich zunehmend untereinander.
CHRISTIAN BÖKE hat mit der Gründung der europaweit tätigen European Tax Experts
Steuerberatungsgesellschaft mbH auf diese Situation reagiert. Als Gegengewicht zu
den sich vernetzenden Fiskalbehörden baut European Tax Experts ein Netzwerk mit
Berufskollegen in allen wichtigen europäischen Ländern auf.
DAS PRINZIP IST DENKBAR EINFACH: Als hier ansässiger Steuerberater wenden
Sie sich mit Fragen zu europäischem Steuerrecht an European Tax Experts in
Braunschweig oder Berlin. Wir leiten Ihre Fragen an unseren entsprechenden
ausländischen Tax Expert weiter. Dieser Experte ist in der Hauptstadt des
betreffenden Landes und mit europaweiter Anbindung tätig, so dass Sie eine
qualifizierte Antwort erwarten dürfen.
Nutzen Sie dieses Netzwerk von European Tax Experts
zum Vorteil Ihrer Mandanten.
Weitere Informationen unter:
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European Tax Experts
Steuerberatungsgesellschaft mbH
Packhofpassage 19
38100 Braunschweig
Telefon 05 31 - 23 84 00
9
Rubrik
Steuern steuern!
Historie, Quoten und Moral
D
ie Idee das private Vermögen für öffentliche Aufgaben heranzuziehen reicht
bis ins 3. Jahrtausend vor
Christus. Schon in den
Großreichen des Altertums brauchten die Herrscher Einnahmen für ihren Hofstaat, Kriege oder die gemeinschaftliche Infrastruktur. Die Ägytper
beispielsweise führten eine Erntesteuer und einen Nilzoll ein. Der besteuerte allerdings nicht den Fluss als
Verkehrsader, sondern die Menge an
fruchtbarem Nilschlamm, der die umliegenden Felder düngte.
10
Viele Völker mit Expansionsdrang
nahmen zudem die unterworfenen
Gebiete und ihre Einwohner in die
Pflicht und forderten Tribute. Die Römer waren dabei so erfolgreich, dass
sie die eigenen Bürger zwischenzeitlich komplett von direkten Steuern
befreien konnten. Ein Grund hierfür
waren auch groß angelegte Volkszählungen, mit denen man einen Überblick
über die eigene Bevölkerung erhielt.
„Und es begab sich zu der Zeit […], dass
alle Welt sich schätzen ließe.“ Dieses
bekannte Zitat aus der Weihnachtsgeschichte dokumentiert beispielswei-
se den Zensus im Rahmen einer umfassenden Steuerreform unter Kaiser
Augustus.
LÄMMER- UND WEINZEHNT
Weit verbreitet war auch der Zehnt,
der bereits im Volk Israels erhoben und
vom Christentum zunächst als freiwillige Spende übernommen wurde. Später
hat sich der Zehnt zu einer Zwangsabgabe entwickelt, die sich auch auf Naturalien erstreckte. Einen klaren Anspruch
formulierte die Kirche ab 585, Karl der
Große erließ 779 ein staatliches Zehntgebot. Genauere Aufzeichnungen über
Thema
Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden
Umsatzsteuer
nicht
veranlagte
Steuern
17,42
203,11
Solidaritätszuschlag Tabaksteuer
Mrd. €
15,05 14,61
12,69
Mrd. €
Mrd. €
Grundsteuer
Mrd. €
Mrd. €
Körperschaftssteuer
20,04
Steuereinnahmen
2014
Mrd. €
643,6
Energiesteuer
39,76
Mrd. €
Mrd. €
Gewerbesteuer
43,76
Mrd. €
Lohnsteuer
Einkommensteuer
45,61
167,98
Mrd. €
Mrd. €
Die Steuerspirale: So setzen sich die Einnahmen in Deutschland im Jahr 2014
zusammen. Quelle: Bundesministerium der Finanzen / Björn Dethlefs Steuerberatung
die Art und den Zeitpunkt der verschiedenen Abgaben finden sich unter anderem in der Wolfenbütteler Handschrift
des so genannten Sachsenspiegels, die
heute als bedeutendste Rechtsschrift
des Mittelalters gilt. Farbig illustriert
heißt es dort, dass am Walburgistag (1.
Mai) der Lämmerzehnt, an St. Urban
(25. Mai) der Obst- und Weinzehnt, an
St. Johannis (24. Juni) der Fleischzehnt,
zu St. Margareten (13. Juli) der Kornzehnt und zu Mariae Himmelfahrt (15.
August) der Gänsezehnt fällig sind. Wer
nichts besaß, war übrigens nicht fein
raus, sondern musste zu Frondiensten
antreten und entweder mit Muskelkraft
bei der Ernte helfen oder Fuhrdienste
übernehmen. Bei säumigen Steuerzahlern war man bereits damals erfinderisch: In der Mark Brandenburg fuhr im
16. Jahrhundert der Marktmeister mit
dem so genannten Hellwagen (von helligen = belästigen, oder pfänden) durch
die Straßen. Die Stadtknechte hängten
notfalls mit Gewalt die Haustüren der
Zahlungsunfähigen aus und transportierten sie zum Rathaus. Erst nach Tilgung der Steuerschuld gab es die eigene
Privatssphäre wieder zurück.
„GELD STINKT NICHT“
Neben kuriosen Straf- kennt die Historie ebensolche Steuerformen: Von Kaiser Vespasian soll beispielsweise der
Ausspruch „pecunia non olet“ („Geld
stinkt nicht“) stammen, mit der er die
von ihm eingeführte Urin-Steuer verteidigte. Der Zar Peter der Große versuchte im 17. Jahrhundert über die
Einführung von Steuern das Volk seinem Geschmack zu unterwerfen: Steuern auf Bärte, Mützen und Gurken waren die Folge. Wer sich mit sichtbarer
Gesichtsbehaarung aber ohne entsprechende Steuermarke erwischen ließ,
wurde übrigens öffentlich rasiert. Mit
einer Jungfernsteuer wollten die Preußen zu Beginn des 18. Jahrhunderts die
Geburtenrate steigern. Auch die heute
noch existierende Hundesteuer hat ihren Ursprung im damaligen Preußen.
Hirten und Jäger waren von ihr ausgenommen, aber wer sich zum Vergnügen
einen Hund hielt, sollte auf ihn eine Luxussteuer zahlen.
MODERNE STEUERSYSTEME
Einer der ersten, der sich ernsthaft über
eine gerechte Steuerverteilung Gedanken machte, war 1776 der britische
Staatsrechtler Adam Smith. Seine vier
Steuergrundsätze lauteten: Gleichmäßigkeit, Bestimmtheit, Bequemlichkeit
und Billigkeit. Steuerpflichtige sollten
demnach nicht willkürlich, sondern im
Verhältnis zu ihrem Einkommen besteuert werden. Außerdem sollte die
Erhebung die Menschen nicht unnötig
belasten und geringe Verwaltungskosten verursachen.
Ein Steuersystem, das unserem ge-
11
Thema
ABGABENQUOTEN
IM VERGLEICH
Wer die Steuerlast international vergleichen möchte, sollte statt der Steuer- die Abgabenquoten betrachten, die
zusätzlich die Sozialabgaben beinhalten. In der Schweiz und einigen angelsächsischen Staaten werden beispielsweise Krankenkassenbeiträge privat
aus dem Netto gezahlt. Insgesamt ist die
Quote in Deutschland vergleichsweise
hoch. Bei den Bruttoeinkommen liegt
die BRD auf Platz 4 der 34 OECD-Länder, bei den Nettoeinkommen nur noch
auf Platz 10: 36,7 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt betrug die Steuerquote
Der Zar Peter der Große führte
unter anderem eine Bartsteuer ein.
im Jahr 2013 – zu viel denken die meisten. Die subjektive Steuerbelastung ist
in den letzten Jahren gestiegen. Rund
85 Prozent der Deutschen hielten ih-
Steuerhinterziehung gilt als unmoralisch
82 %
55 %
62 %
67 %
74 % 76 %
59 % 62 %
62 %
52 %
48 %
20 %
1997
1999
2008
2014
Hinterziehung
ist generell
unmoralisch
1997
1999
2008
2014
Unmoral wird durch
Ungerechtigkeit
aufgehoben
1997
1999
2008
2014
Kl. Hinterziehung
ist weniger schlimm als
Verschwendung
Die Steuermoral der Deutschen ist in den letzten Jahren gestiegen. 82 Prozent
der Befragten halten Steuerhinterziehung für unmoralisch, nur jeder Fünfte ist
der Meinung, dass die Steuerungerechtigkeit eine Hinterziehung legitimiert.
Gut jeder Zweite sieht in der öffentlichen Verschwendung ein größeres Problem als in der Hinterziehung des „kleinen Mannes“.
Quelle: Studie „Steuerkultur und Steuermoral in Deutschland 2014“.
12
re Steuern 2014 laut einer Umfrage der
Forschungsstelle für empirische Sozialökonomik für zu hoch. Das ist der
höchste Wert seit Ende der 1980er Jahre. Die meisten Befragten halten das
Steuersystem für ungerecht, vier von
fünf Deutschen fordern beispielsweise
ein Ende der kalten Progression. Damit
beschreiben Ökonomen die Tatsache,
dass Arbeitnehmer nach einer Gehaltssteigerung bedingt durch höhere Steuersätze und Inflationseffekte mitunter
weniger im Portemonnaie haben, als zuvor. Verschiedene Wissenschaftler und
Politiker widersprechen allerdings der
Dringlichkeit der Debatte. Die Effekte der kalten Progression seien gegenwärtig überkompensiert. Auf steuermythen.de gehen sie außerdem mit der
Behauptung ins Gericht, dass das deutsche Steuersystem das komplizierteste
auf der Welt sei. Auf einen Bierdeckel,
wie es einst der CDU-Politiker Friedrich Merz forderte, passt die Steuererklärung zwar noch nicht – laut Studien
zur Bearbeitungszeit von Unternehmenssteuern dauert es aber in Bulgarien, Tschechien und Japan am längsten.
Die Parteienzugehörigkeit der unterstützenden Politiker wundert nicht. Gegen die als Steuermythen bezeichneten
Forderungen aus dem wirtschaftsliberalen Lager wehren sich vor allem Sozialdemokraten. Dahinter verbergen
sich unterschiedliche ökonomische
Grundansichten: Während beispielsweise die angelsächsischen Staaten traditionell für einen schlanken Staat und
viel Eigenverantwortung stehen, sind
die sozialen Sicherungssysteme in Skandinavien und auch Deutschland relativ
stark ausgeprägt – das kostet. Allerdings
belastet in Ländern wie Mexiko private
Vorsorge das höhere Netto, sofern ähnliche Standards wie in Deutschland erreicht werden sollen.
SCHONGANG FÜR
HOHE EINKOMMEN
Hierzulande ist das Steueraufkommen
zwar so hoch wie nie zuvor, 343,3 Milliarden Euro nahm der Staat im ersten
Halbjahr ein. Er könnte aber sogar noch
mehr zulangen. Denn Deutschland
schont besonders die hohen Einkommen. Wer ordentlich verdient, zahlt
in etwa so viel Steuern wie der OECDSchnitt, mittlere und niedrige Einkommen liegen deutlich darüber. Das liegt
Foto Seite 11: Fotolia; Foto: Kneller
genwärtigen erstaunlich ähnlich ist,
entwickelte schließlich der preußische
Finanzminister Johannes von Miquel.
Sein Kommunalabgabengesetz vom 14.
Juli 1893 beinhaltete bereits eine Einkommens-, Vermögens- und Gewerbesteuer. 1906 kam eine Erbschaftssteuer
dazu. Außerdem unterlagen Geringverdiener einem niedrigeren Steuersatz:
Die Steuerprogression war geboren.
Maximal 4 Prozent vom Einkommen
mussten die Spitzenverdiener damals
berappen – heute gilt in Deutschland
ein Spitzensteuersatz von 45 Prozent.
Thema
an der so genannten Beitragsbemessungsgrenze. Abgaben für die Kranken- und Pflegekasse werden demnach
nur für ein maximales Jahresbrutto von
48.600 Euro berechnet, bei der Rente
sowie der Arbeitslosenversicherung ist
bei 71.400 Euro Schluss.
EIN „MEILENSTEIN“
FÜR DAS STEUERRECHT
Das tut der Zahlungsbereitschaft der
Deutschen allerdings keinen Abbruch
– im Gegenteil. Eine Studie von Professor Matthias Wrede von der Universität Erlangen-Nürnberg kam 2013 zu
dem Ergebnis, dass nur ein Viertel der
Befragten, schon einmal ernsthaft über
Steuerhinterziehung nachgedacht habe.
Auch eine Kölner Studie aus dem letzten Jahr attestiert den Deutschen eine
hohe Moral beim Thema Steuern: Laut
Forschungsstelle für empirische Sozialökonomik gaben 80 Prozent der Befragten an, noch nie in ihrem Leben Steuern
hinterzogen zu haben. Ob diese private
Ehrlichkeit sich so auch auf Unternehmensseite identifizieren lässt?
Findig beim Nutzen rechtlicher
Schlupflöcher sind besonders internationale Großkonzerne. Ikea Deutschland zahlt etwa 60 Millionen Euro im
Jahr allein dafür, seinen Namen verwenden zu dürfen. Die Kaffeekette Starbucks hat ihren Sitz wegen des
niedrigen Steuersatzes in den Niederlanden. Die dortigen Finanzverwaltung kommt Unternehmen außerdem
durch Sondervereinbarungen – so genannte „Tax rulings“ entgegen. Die
OECD schätzt, dass ihren Mitgliedsstaaten durch Steuervermeidung von
Konzernen pro Jahr 100 bis 240 Milliarden Euro an Einnahmen verloren gehen. Mit solchen Auswüchsen soll jetzt
Schluss sein. Die Pariser Organisation
hat den 15-Punkte-Plan „Base Erosion
and Profit Shifting“ (Beps) ausgearbeitet. Damit sollen legale Schlupflöcher
für globale Konzerne gestopft werden und undurchsichtige Finanzströme, unfaire Rabatte sowie Briefkastenfirmen der Vergangenheit angehören.
OECD-Generalsekretär Angel Gurría
betonte, die Maßnahmen „bedeuten für
das internationale Steuerrecht die größte Veränderung seit fast einem Jahrhundert“. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach von einem
„Meilenstein“.
Holger Isermann
Abgabenquoten 2013
Land Steuern und Sozialabgaben anteilig am BIP
Dänemark
Frankreich
Belgien
Finnland
Schweden
Italien
Österreich
Norwegen
Luxemburg
Ungarn
Slowenien
Deutschland
Tschechien
Griechenland
Portugal
Vereinigtes Königreich
Spanien
Kanada
Slowakei
Irland
Schweiz
Vereinigte Staaten
48,6 %
45,0 %
44,6 %
44,0 %
42,8 %
42,6 %
42,5 %
40,8 %
39,3 %
38,9 %
36,8 %
36,7 %
34,1 %
33,5 %
33,4 %
32,9 %
32,6 %
30,6 %
29,6 %
28,3 %
27,1 %
25,4 %
Die Abgabenquote setzt sich aus der Steuerquote und den Sozialabgaben zusammen. Sie eignet sich eher für eine vergleichende Perspektive, weil in einigen
Ländern beispielsweise Krankenkassenbeiträge aus dem Netto bezahlt werden.
Quelle: OECD
85 % der Deutschen halten ihre Steuern für zu hoch
1,1 %
0,2 %
etwas zu niedrig
weiss nicht/keine Angabe
13,9 %
gerade richtig
28,6 %
56,3 %
viel zu hoch
etwas zu hoch
Besonders stark belastet fühlen sich Selbständige, Freiberufler und Angehörige
der gehobenen Mittelschicht. Quelle: „Steuerkultur und Steuermoral in Deutschland 2014“
13
Portrait
Zufrieden mit der
nachrückenden Generation
O
b es um die Ertragssteuer oder
Erbschaftssteuer, um die Umsatzsteuer oder die Hunde- und
Sektsteuer geht – als Steuerberater und
Steuerfachangestellter beschäftigt man
sich in Deutschland allein mit mehr als
27 Steuergesetzen auf Bundesebene.
„Wir haben aber ebenso viel mit Menschen zu tun. Hinter jedem Steuerfall
steckt ein Mandant, den wir mit Rat und
Tat unterstützen“, macht Steuerberaterin Ingrid Wiegel-Wolters deutlich. Die
in einer Kanzlei in der Nähe des Braun-
14
schweiger Hauptbahnhofs arbeitende Wolfenbüttelerin ist seit 25 Jahren
für die Steuerberaterkammer als Ausbildungsbeauftragte tätig. „Dieser Aufgabenbereich ergab sich seinerzeit. Die
Arbeit mit den jungen Menschen hat
mich infiziert. Ich freue mich immer
wieder darüber, wie engagiert unsere Auszubildenden sind“, berichtet die
Steuerberaterin. Ingrid Wiegel-Wolters
wird immer dann aktiv, wenn es eine
Schieflage zwischen Betrieb und Auszubildendem gibt. Was passieren kann?
Zum Beispiel bemängelt der Auszubildende, nicht umfassend genug geschult
zu werden. Oder dem Betrieb stößt auf,
dass ein Auszubildender seine Aufgaben nicht zufriedenstellend erledigt.
„Meine Aufgabe ist es dann, die Parteien wieder zusammenzubringen“, erklärt die Ausbildungsbeauftragte. Rund
100 Ausbildungsverträge zu Steuerfachangestellten werden im Braunschweiger Bezirk jährlich geschlossen, in ganz
Niedersachsen sind es ca. 800 Verträge pro Lehrjahr. Dabei gibt es mittler-
Fotos: Henning Thobaben
Steuerberaterin Ingrid Wiegel-Wolters
Portrait
weile drei Säulen, auf denen der Weg
in den Beruf des Steuerberaters fußt.
Der eine führt klassisch über die Ausbildung im Betrieb und in der Berufsschule. In Braunschweig findet ein Teil
dieser dualen Ausbildung an der Otto-Bennemann-Schule statt. Zehn Jahre
Praxistätigkeit als Steuerfachangestellter berechtigen später dazu, an der Prüfung zum Steuerberater teilzunehmen.
Durch eine vorherige Aus- und Fortbildungsprüfung zum Steuerfachwirt
lässt sich die notwendige Praxistätigkeit verkürzen. Eine weitere Möglichkeit bietet sich durch eine Ausbildung
plus dem „Bachelor of Arts BWL“, den
man an der Fachhochschule absolvieren kann. Anschließende drei Jahre Praxis in einem steuerberatenden Beruf –
und man ist ebenfalls qualifiziert für die
Prüfung. Diese Handhabe aus Studium
und Ausbildung erfolgt nach dem „Trialen Modell“. Ein dritter Weg: das Volkswirtschafts-, Betriebswirtschafts- oder
Jurastudium mit anschließender Praxiserfahrung. „Es führen wirklich viele Weg in diesen Job“, sagt Ingrid Wiegel-Wolters und betont: „Außerdem ist
dieser Beruf krisensicher.“
Die Wolfenbüttelerin erledigt darüber hinaus in ihren Seminaren zur Prüfungsvorbereitung in Goslar und im
Prüfungsausschuss für Steuerfachangestellte wichtige Aufgaben: Auszubildenden müssten in ihrer Prüfung unter
anderem ein mandantenorientiertes
Gespräch führen, berichtet sie. „Daneben werden die verschiedenen fachspezifischen Inhalte abgefragt.“ Später im
Beruf sei es wichtig, den Mandanten Zusammenhänge leicht verständlich und
trotzdem möglichst fachlich aufzuzeigen. „Die Schüler müssen die Materie
also so erklären können, dass es auch
der Laie versteht“, unterstreicht Ingrid
Wiegel-Wolters. Immer wieder betont
sie, dass das Menschliche in dem Beruf
eine große Rolle spielt.
In der Ausbildung habe sich in den
vergangenen Jahrzehnten jede Menge
getan: Viel macht dabei der Computer
aus, mit dem die heutigen Jugendlichen
und potenziellen Steuerfachangestellten aufgewachsen sind. „Der Ausbildungsweg ist heute noch wie früher,
die Anforderungen sind mit den neuen Medien aber gewachsen“, sagt Ingrid
Wiegel-Wolters. Unter anderem durch
Steuerprogramme, mit denen die Aus-
Viele Themen, viele Menschen: Der Berufsalltag ist abwechslungsreich.
zubildenden von Beginn an arbeiten, gelangten sie viel schneller an die fachliche Materie. „Und somit müssen sie
sich auch eher mit dem Gesetz auseinandersetzen“, erklärt die Expertin. Bedeutet: Die vornehmlich jungen Menschen müssten lernen, Gesetze zu lesen.
„Und zwar wie eine Zeitung. Ich muss
verstehen, was der Gesetzgeber unterm
Strich mit dem Gesetz erreichen will.“
Ob den Auszubildenden die Aufgabenbereiche eines Steuerberaters immer klar sind? „Auf jeden Fall sind wir
auf Messen präsent, bieten Einzelberatungsgespräche an“, erklärt die Wolfenbüttelerin. Dort werde den Interessierten verdeutlicht, was in diesem Beruf
gemacht wird und dass jede Menge Aus-
und Fortbildungsmöglichkeiten bestehen. Ingrid Wiegel-Wolters gibt zum
Beispiel gerne auf der Fachmesse „Vocatium“ in Braunschweig ihre Erfahrungen weiter. Und die sind umfangreich
– 30 Jahre Berufserfahrung hat sie gesammelt. „Früher haben die Steuerberater das gesamte Fachgebiet abgedeckt.
Heute spezialisieren sich viele Kollegen
auf bestimmte Fächer“, sagt die Steuerberaterin. Und es sei auch überaus sinnvoll, mehrere Experten in einer Kanzlei
zu haben. „Kooperation und Austausch
sind immer gut“, meint sie. Und natürlich ist auch Nachwuchs wichtig. In ihrer Kanzlei Dr. Wetekam & Partner gibt
es zurzeit vier Auszubildende.
Henning Thobaben
Dr. Wetekam & Partner GbR
Berliner Platz 1D, 38102 Braunschweig
Adresse
Schwerpunkt Finanzbuchführung, Lohnbuchführung, Jahresabschluss,
Wirtschaftsprüfung, Steuererklärung, Steuerberatung,
Unternehmensberatung, Existenzgründungsberatung
Mitarbeiter 16, darunter 4 Auszubildende
Telefon
0531/220120
E-Mail
info@wetekam.de
Internet
www.steuerberater-wetekam.de
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15
Rubrik
Grenzenlos –
in Hobby und Beruf
I
mmer wieder neue Gesetze, dazu
aktuelle Rechtsprechungen – wer
als Steuerberater auf dem Laufenden bleiben will, braucht Hartnäckigkeit und manchmal einen langen Atem.
Marco Vierheller hat beides. Anders
könnte er seinem großen privaten Hobby gar nicht nachgehen. Der 46-Jährige
ist aktiver Marathonläufer. Für Vierheller ist der Ausdauersport der perfekte
Ausgleich zum Job.
Und nicht nur das. „Wenn man nur
läuft, um sich zu bewegen und etwas für die eigene Gesundheit zu tun,
16
würde man sich mit einer 10-Kilometer-Strecke begnügen“, meint Vierheller. Nein, Marathon zu laufen, das bedeute den eigenen Schweinehund zu
überwinden. Mehr noch: Man gehe bis
an seine Grenzen, manchmal auch darüber hinaus. Das gilt für Vierheller und
seine Sport-Leidenschaft auch in geographischer Hinsicht. In Istanbul querte er in Laufschuhen die Brücke über
den Bosporus und schwitzte sowohl auf
dem europäischen als auch auf dem asiatischen Kontinent.
Mit Grenzüberschreitungen hat der
Steuerfachmann auch im Beruf zu tun.
Von der Kanzlei Maeder + Partner ist
es nicht weit bis zum Braunschweiger
Flughafen. Und rund um den Airport
sind zahlreiche Mandanten des Steuerberater-Quartetts beheimatet, insbesondere aus dem Bereich Forschung
und Entwicklung. „Daraus ergibt sich
eine internationale Ausrichtung unserer Arbeit“, sagt Vierheller. Weil er
und seine Kollegen nicht Experten für
das Steuerrecht mehrerer europäischer
Länder sein können, holen sie sich Unterstützung von Kanzleien im Ausland.
Fotos: Henning Thobaben
Steuerberater Marco Vierheller ist aktiver Marathonläufer
Portrait
Aktiver Sportler und aktiver Fan: Die Liebe zur Eintracht ist nicht zu übersehen.
„Bei so etwas hilft uns auch der Steuerberaterverband weiter“, erklärt Vierheller. Insbesondere im Bereich der
Körperschaftssteuer gebe es bei den
Gesetzgebungen der EU-Staaten große
Unterschiede. Oft haben Maeder + Partner auch mit dem Thema Fördermittel
zu tun – weil viele Forschungseinrichtungen in deren Genuss kommen. Finanzhilfen von Land, Bund oder NBank
müssen in die Bilanzen einbezogen werden. „Auch Gemeinnützigkeit ist etwas,
mit dem wir häufig zu tun haben“, berichtet Vierheller. Denn beispielsweise
auch Sportvereine, Privatschulen oder
Berufsverbände gehören zum Mandantenkreis der Kanzlei. Der Staat gewähre gemeinnützigen Institutionen zwar
Steuerfreiheit in puncto Aufnahmeund Mitgliedsbeiträge, schaue aber im
Gegenzug bei vielen Details genau hin.
Genau hinschauen müssen Steuerberater bei ihrer Arbeit auch. „Es ist
spannend, im Spannungsfeld zwischen
Gesetz und Mandantennutzen zu operieren“, beschreibt Marco Vierheller einen Reiz des Berufs. Wichtig ist ihm der
Kontakt zu anderen Menschen. „Unter
den Mandanten finden sich die unterschiedlichsten Charaktere“, sagt er.
Mit Menschen zu tun haben, wollte
der Fußball-Fan und Eintracht-Braunschweig-Anhänger schon früh. Nach
seinem Abitur in Salzgitter-Lebenstedt
leistete er seinen Zivildienst in der Altenpflege ab. Anschließend begann er
eine Ausbildung zum Steuerfachangestellten. Später studierte Vierheller in
Hildesheim Betriebswirtschaftslehre und stieg in die Steuerberatung ein.
2006 bestand er seine Prüfung zum
Steuerberater und arbeitet seit 2007
mit kurzer Unterbrechung bei Maeder + Partner.
„Ich habe mich schon immer für
Wirtschaft und Politik interessiert.
Als ich im Berufsinformationszentrum
das erste Mal etwas über den Job des
Steuerberaters gelesen habe, schien er
mir sehr vielfältig zu sein“, erzählt der
Mann, der im Braunschweiger Stadtteil Dibbesdorf wohnt. Die Eindrücke
aus Praktika im handwerklichen Bereich konnten da genauso wenig mithalten wie die Erfahrungen aus einem
Semester Bauingenieurwesen an der TU
Braunschweig. „Da habe ich schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist.“
Aber natürlich gibt es auch im Steuerwesen einiges, was Vierheller ein
Dorn im Auge ist. In erster Linie missfallen ihm uneindeutig formulierte Gesetze. „Wir als Anwender der Gesetze
sind nicht immer sicher, wie bestimmte Regelungen auszulegen sind“, erklärt
der Experte. Rechtsprechungen zu den
jeweiligen Neuerungen folgten immer
erst später.
Stetig auf dem Laufenden zu sein und
sich fortzubilden, das sei wichtig. Generell hält Vierheller eine gute Steuerberatung jedoch für kein Hexenwerk. „Einige Leute aus meinem Freundes- und
Bekanntenkreis glauben, dass Steuerberater ein großes Geheimnis hüten und
genau wissen, wie man vom Finanzamt
viel Geld zurückbekommt“, sagt er.
Doch dem sei nicht so, da das Gesetz
den Handlungsspielraum einengt. Allerdings rate er vor allem Selbständigen
oder Menschen mit Einnahmen aus Kapitalanlagen oder Vermietung und Verpachtung immer zu einer professionellen Beratung.
Vierheller selbst kann sich aber auch
gut über Dinge außerhalb von Gesetz
und Finanzen unterhalten. Regelmäßig schaut er im Sowjethaus in seinem
Wohnort Dibbesdorf vorbei. In der etwas anderen Gaststätte des freien Autors Luc Degla sollen die Besucher vom
mühsamen Alltag abschalten und sich
kennenlernen. Als Vierheller dort einmal mit einer Frau ins Gespräch kam,
fragte die ihn: „Wie, du bist Steuerberater? Dabei bist du doch ganz locker
drauf!“ Ein Image, das der Realität nicht
entspricht, findet der Hobbykoch, der
auch gerne in der Natur unterwegs ist.
Im nächsten Jahr will er beim Marathon
in Rom starten. Die nächste Herausforderung, wieder eine Grenze überschreiten.
Henning Thobaben
Maeder + Partner Steuerberatungsgesellschaft
Hermann-Blenk-Straße 22, 38108 Braunschweig
Adresse
Schwerpunkt Jahresabschlusserstellung und Buchführung,
Gemeinnützigkeitsrecht, Steuergestaltung,
Betriebswirtschaftliche Beratung, Rechtsformumwandlung,
Nachfolgeregelung
Mitarbeiter 13, davon 2 Auszubildende
Telefon
0531/256710
E-Mail
steuerberatung@maederundpartner.de
Internet
www.maederundpartner.de
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17
Rubrik
Die Kunst verändert
seinen Blick auf die Zahlen
W
er die Kanzlei von Böke und
Partner in Braunschweigs
Innenstadt betritt, dem fällt
schon im Eingangsbereich etwas ins Auge: Hier arbeitet jemand, der Kunst liebt.
Bild an Bild reiht sich an beiden Seiten
des langen Flurs, der die 500-Quadratmeter-Kanzlei in der Packhofpassage
18
durchzieht. Christian Böke ist nicht nur
vielbeschäftigter Geschäftsführer – in
seiner Freizeit verwaltet er als Schatzmeister auch die Finanzen des Braunschweiger Kunstvereins. „Ich mag zeitgenössische Kunst. Da setzen sich die
Künstler mit der Gegenwart auseinander und geben Denkanstöße, wie man
einen anderen Blick auf das Leben bekommen kann“, erklärt Böke. Seine
Leidenschaft darf durchaus auch in
der Kanzlei sichtbar sein. Den Besprechungsraum beherrscht dann allerdings
wieder das Steuerrecht. In einer großen
Bücherwand werden gesammelte Werke aus der Fachliteratur zum Hingucker.
Fotos: Henning Thobaben
Christian Böke, Böke & Partner Steuerberatungsgesellschaft
Portrait
Druckerzeugnisse sind jedoch nicht
das, was die alltägliche Arbeit in der
Branche kennzeichnet. Im Gegenteil:
E-Government heißt auch hier die Devise. Staatliche, kommunale und sonstige behördliche Institutionen sollen
mit Bürgern und Unternehmen mittels digitaler Informations- und Kommunikationstechnologie kommunizieren. Auch für Steuerberater bedeutet
das: Es wird zunehmend papierlos gearbeitet, die Vernetzung schreitet voran.
Die Erlaubnis eines Mandanten vorausgesetzt, kann der Steuerberater auf die
bei der Finanzverwaltung gespeicherten Steuerdaten der jeweiligen Person
zugreifen.
In der Vollmachtsdatenbank der
Steuerberaterkammer werden alle Vollmachten der Mandanten elektronisch
eingeben und an die Finanzverwaltung
übermittelt. Im Anschluss erteilt die Finanzverwaltung dem Steuerberater die
Berechtigung zum Zugriff auf die Steuerdaten seiner Mandanten. Diese enthalten vom Arbeitgeber bescheinigte Lohnsteuerdaten, Bescheinigungen
über den Bezug von Rentenleistungen,
Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen, bestimmte Vorsorgeaufwendungen und weitere steuerrelevante Informationen. „Man muss diese
Entwicklung ernst nehmen, das ist die
Zukunft. Wer sich dagegen sperrt, dürfte Probleme bekommen“, sagt Böke.
Auch für die Mandanten könnten sich
dadurch Vorteile ergeben, weil das Archivieren von Dokumenten in Papierform abnehmen könnte. Die im Zuge
der Digitalisierung ebenfalls vorgesehene vorausgefüllte Steuererklärung beurteilt Böke dagegen kritisch für den Steuerbürger. „Es besteht das Risiko, dass
berechtigte Ansprüche nicht geltend gemacht werden. Umso wichtiger ist es,
sich von den Vertretern der steuerberatenden Berufe unterstützen zu lassen“,
meint der Steuerberater.
So aktuell das Thema Digitalisierung
ist, so lang ist die Steuerberater-Tradition in der Familie Böke. „Dabei wollte ich eigentlich immer einen anderen
Weg gehen und nie den gleichen Job
wie mein Vater ausüben“, sagt Christian Böke. Der inzwischen verstorbene
Klaus Böke führte seine Kanzlei über
Jahrzehnte hinweg in einer Villa im östlichen Ringgebiet von Braunschweig.
Nach dem Abschluss seines Betriebs-
Steuerberater müssen sich ständig weiterbilden.
wirtschafts-Studiums stieg Christian
Böke bei seinem Vater mit ein. „Da habe
ich ihn von einer ganz anderen Seite her
kennengelernt“, sagt der Diplom-Kaufmann. Rund zehn Jahre arbeiteten Vater und Sohn zusammen.
Bereut hat Böke seine Berufswahl
nie. „Der Job ist sehr vielfältig. Man hat
ein großes Spektrum an Themen, und
auf zwischenmenschlicher Ebene spielt
sich ebenfalls viel ab“, sagt der Mann,
der mit seiner Familie in Meine wohnt
und inzwischen vierfacher Vater ist.
Analytisches Denkvermögen, Geschick
im Umgang mit Menschen und die Fertigkeit, das eigene Fachwissen auf spezielle Fälle zu übertragen – das alles hält
Böke für elementare Fähigkeiten in seinem Beruf. Was er sich wünscht: mehr
Konstanz in der deutschen Steuergesetzgebung. „Sie ist zu oberflächlich, zu
sprunghaft und zu sehr getrieben vom
Bundesfinanzministerium“, kritisiert er.
Viele Mandanten aus dem Unternehmensbereich sind Christian Böke treu
geblieben, als sich der heute 49-Jährige
mit neuen Partnern in der Packhofpassage ansiedelte. Insgesamt 22 Mitarbeiter hat die Kanzlei. Sechs Steuerberater und ein Rechtsanwalt bieten dort
in enger fachlicher Vernetzung ihre
Dienste an. Allerdings: Das Unternehmen wächst, der Platz reicht nicht mehr
aus. Der Umzug zum Anfang des neuen Jahres ist fest eingeplant. „Aber wir
werden Braunschweig treu bleiben“,
verspricht Böke. Und eines ist noch
selbstverständlich: Die Kunstwerke an
den Wänden werden einige Umzugskisten füllen – und in neuen Räumlichkeiten ebenfalls einen Platz finden. Henning Thobaben
Böke & Partner Steuerberatungsgesellschaft
Adresse������������������������������ Packhofpassage 19, 38100 Braunschweig
Schwerpunkt Steuerberatung, Buchhaltung, Jahresabschluss, Wirtschaftsprüfung
internationales Steuerrecht und Unternehmensnachfolge
Mitarbeiter 22
Telefon
0531/238400
E-Mail
info@boekeundpartner.de
Internet
www.boekeundpartner.de
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19
Berufsstand
Ein Beruf in Zahlen
Der typische Steuerberater ist männlich, selbstständig und zwischen 40 und 50
D
ie Zahl der Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaften ist in Deutschland im Jahr 2014
um 1,7 Prozent auf 93.950 gestiegen. Mehr als 70 Prozent von ihnen sind über 40 Jahre alt.
nahezu jeder zweite älter als 50. Auf eine Frau im Berufsfeld kommen zwei Männer. Eine
Ausbildung zum Steuerfachangestellten beginnen dagegen deutlich mehr Frauen: 2013 waren fast
drei von vier Auszubildenden weiblich.
1,2 %
34,7 %
65,3 %
jünger als 30 Jahre
9,3 %
älter als 70 Jahre
21,5 %
30 – 40 Jahre
17,0 %
61 – 70 Jahre
28,9 %
22,1 %
41 – 50 Jahre
51 – 60 Jahre
Mitgliederstruktur nach Altersklassen*
Altersklasse
männlich
weiblich
gesamt
Anteil in %
jünger als 30 Jahre
449
585
1.034
1,2 %
30 – 40 Jahre
9.955
8.279
18.234
21,5 %
41 – 50 Jahre
14.823
9.623
24.446
28,9 %
51 – 60 Jahre
12.414
6.270
18.684
22,1 %
Steuerberater, männlich*
55.284
61 – 70 Jahre
10.959
3.473
14.432
17,0 %
Anteil in %
65,3 %
älter als 70 Jahre
6.684
1.193
7.877
9,3 %
Steuerberater, weiblich*
29.423
gesamt
55.284
29.423
84.707
100,0 %
Anteil in %
34,7 %
Durchschnittsalter
53,5
47,9
51,6
gesamt*
84.707
* per 1. Januar 2015 – Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Personen gemäß § 74 Abs. 2 StBerG.
20
Repräsentanz von Männern
und Frauen im Beruf des
Steuerberaters
Quelle: BStBK Berufsstatistik 2014
Berufsstand
selbstständig
angestellt
Selbstständige und angestellte Steuerberater*
Anteil in %
selbstständig
59.435
70,2 %
angestellt
25.272
29,8 %
Gut 70 Prozent der Steuerberater arbeiten selbstständig, der Rest ist in
einer Kanzlei oder als Syndikus-Berater bei einem nicht berufsständischen Arbeitgeber angestellt. Holger Isermann
* per 1. Januar 2015 – Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Personen gemäß § 74 Abs. 2 StBerG.
Quelle: BStBK Berufsstatistik 2014
Steuerberatung mit Biss – aber nett
In 35 Ländern – Partner vor Ort – weltweit
ETL Wirtschaftsprüfung AG – Niederlassung Braunschweig
·
·
·
·
ETL Löwen Treuhand GmbH
Steuerberatungsgesellschaft
Tel: (0531) 70 70 40
Brüderle & Kollegen GmbH
Steuerberatungsgesellschaft
Tel: (0531) 23 02 30
ETL Wiebeck & Kollegen GmbH
Steuerberatungsgesellschaft
Tel: (0531) 7 87 73
WIWAG GmbH
Steuerberatungsgesellschaft
Tel: (0531) 58 01 20
Top Know-how der Fachkanzleien vor Ort
Eigene Erfahrung aus internationalen Großkonzernen
Koordinierung der Beratung aus einer Hand
Von der Gründung bis zur Nachfolge
ETL Haus Braunschweig | Frankfurter Straße 254 | 38122 Braunschweig
deumeland@loewentreuhand.de | www.etl-haus-braunschweig.de
21
Interview
„Es gibt viele Möglichkeiten,
die Daten zu schützen“
Helmut König, Vizepräsident der Steuerberaterkammer NDS, im Interview
ters beschleunigt hat, wie das papierlose Büro zunehmend Einzug hält und
warum vollautomatisierte Steuererklärungen für ihn reine Vision sind.
Herr König, erinnern Sie sich noch
daran, wie der Computer Einzug in
Ihren Arbeitsalltag gehalten hat?
Als ich in einer Kanzlei angefangen
habe zu arbeiten, wurden Computer
bereits eingesetzt. Allerdings mussten sich damals noch vier Mitarbeiter einen PC teilen. Das hat sich dann
aber in kürzester Zeit geändert.
22
sage erst spät entschieden. Nach dem
Studium der Volkswirtschaftslehre stieg er bei einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft ein. Dort absolvierte er nach
drei Jahren Berufserfahrung erfolgreich seine Steuerberaterprüfung.
Später wurde er Partner in der Kanzlei, anschließend machte er sich als
Steuerberater in Hannover selbständig. Im Steuern38-Interview erklärt
König unter anderem, wie die Digitalisierung den Beruf des Steuerbera-
Also ist ein Steuerberater ohne
Computer praktisch nicht mehr
handlungsfähig?
Richtig. Und zwar deshalb nicht, weil
Voranmeldungen, Steuererklärungen, Bilanzen und Einnahme-Überschuss-Rechnungen elektronisch
übermittelt werden müssen. Und
auch die Offenlegung im elektronischen Handelsregister funktioniert
ausschließlich digital.
Foto: Stbk Niedersachsen
H
elmut König ist seit 2003 Vizepräsident der Steuerberaterkammer Niedersachsen. In
der Institution ist er in den Referaten
Steuerberatergebührenrecht und Öffentlichkeitsarbeit tätig. Seit 1999 ist
König zudem Mitglied im Prüfungsausschuss für die Steuerberaterprüfung beim Niedersächsischen Finanzministerium und seit 2014 Präsident
der Steuerberaterversorgung Niedersachsen. Zu seinem Beruf als Steuerberater hat er sich nach eigener Aus-
Wie viel Zeit verbringen Steuerberater und Mitarbeiter heutzutage
vor dem Bildschirm?
Gerade für Mitarbeiter in Kanzleien beginnt der Arbeitstag damit, dass
sie ihren Computer einschalten. Und
letztlich endet er damit, dass sie ihn
wieder ausschalten. Durch das E-Government wird der elektronische
Datenaustausch zwischen Finanzverwaltung und Steuerbürger vorangetrieben. Vieles in unserem Beruf
ist nicht mehr ohne Computer zu erledigen – gerade im Bereich der Vorbehaltsaufgaben, die nur Steuerberater mit entsprechendem Examen
ausführen dürfen.
Interview
Ist die Idee vom papierlosen Büro
bei Ihnen bereits Realität?
Nur bedingt. Denn letztlich macht
sich die Umsetzung nicht dadurch
bemerkbar, dass wir weniger Papier
verbrauchen. Eher wird noch vieles
ausgedruckt, bearbeitet und anschließend geschreddert. Dafür werden die
Ordner dünner, weil überwiegend alles in der elektronischen Akte archiviert wird.
Welchen Nutzen bringt der Verzicht auf Papier neben dünneren
Ordnern noch mit sich?
Der Nutzen ist in der allgemeinen Kanzleiorganisation und in der
Transparenz zu sehen. Wenn ich einen Vorgang aus der Papierakte benötige, muss ich erstmal durch die
Kanzlei laufen und ihn mir heraussuchen. Bei der elektronischen Akte
ist das einfacher. Hinzu kommt, dass
meine Mitarbeiter und ich via Telearbeitsplatz von jedem Ort aus darauf
zugreifen können. Auch die Buchhal-
Diplom-Betriebswirt (FH)
Klaus-Peter Maeder
Steuerberater & vereidigter Buchprüfer
Kooperationspartner
tung wird beispielsweise vereinfacht.
Man bekommt Belege nun meist eingescannt als PDF-Dokument, dadurch nicht mehr kartonweise auf
den Schreibtisch. Elektronische Belege werden auch elektronisch verbuchtund gleichzeitig mit dem Buchungssatz als Bild verknüpft.
Für Belege gelten gesetzliche Aufbewahrungsfristen. Reicht es aus,
wenn die Belege digital gespeichert
archiviert werden?
Es gibt strenge Anforderungen an die
digitale Archivierung von Belegen.
Nur wenn die strengen gesetzlichen
Voraussetzungen erfüllt werden,
können zukünftig Papierbelege vernichtet werden. Wir entledigen uns
der Papiermengen, indem wir Unterlagen des Mandanten später wieder
an diesen zurückschicken. Ihm raten wir auch: Bewahre deine Rechnungen auf, auch wenn sie schon
eingescannt als Datei vorliegen. Papierersetzendes Scannen ist aber ein
Hans Joachim Kaulfers
Steuerberater
Thema, an dem gearbeitet wird.
Wer profitiert vom E-Government
am meisten – die Institutionen oder
die Bürger?
In der Einstiegsphase haben sicher
alle ordentlich damit zu tun. Mittlerweile habe ich aber das Gefühl,
die Finanzverwaltung profitiert am
meisten davon. Ein Statistikbeispiel
aus dem Jahr 2013: Wir bekommen
rund 4,2 Steuerbescheide auf elektronischem Wege zurück, aber Steuererklärungen wurden auf gleichem
Weg dreimal so viel eingereicht. Das
hilft der Finanzverwaltung sicherlich beim Aufbau eines Risikomanagementsystems. Wir wünschen
uns, Abweichanalysen schon mit der
Übermittlung der Steuerbescheide zu
bekommen, um zu sehen: Wo weicht
der Steuerbescheid eigentlich von
der Erklärung ab? Die Frage ist, ob
Festsetzungsfristen durch elektronische Übermittlung und entsprechende Prüfung nicht verkürzt werden
Hans Jörg Sperling
Steuerberater
Diplom-Kaufmann (FH)
Marco Vierheller
Steuerberater
Schwerpunkte
kanzlei BraunSchweig
| Steuergestaltung
| Existenzgründung
| Betriebswirtschaftliche Beratung
| Unternehmensnachfolge
| Jahresabschluss und Buchführung
| Rechtsformumwandlung
| Gemeinnützigkeitsrecht
Hermann-Blenk-Straße 22
38108 Braunschweig
Telefon 05 31 25 67 10
Telefax 05 31 25 67 11 9
steuerberatung@maederundpartner.de
23
Interview
könnten. Dann hätte unser Berufsstand auch etwas davon.
Mithilfe der Vollmachtsdatenbank
können Steuerberater auf Datenpools der Finanzverwaltung zugreifen, die Steuerdaten der Mandanten
erhalten. Welche Vorteile bringt
dieses Instrument?
Ich mache das mal am Beispiel der
Krankenkassen deutlich: Die stellen mittlerweile gar keine Papierbelege mehr aus, weil alles schon
elektronisch gemeldet ist. Und der
Aufbau dieser Datenpools steht erst
am Anfang. In der Endphase gibt es
vielleicht 40 Pools, aus denen man
schöpfen kann. Die Vollmachtsdatenbank ist das sicherste Vehikel, da nur
befugte Personen wie Steuerberater
den Zugriff auf diese sensiblen Informationen haben. Sicher gibt es auch
andere Verfahren, aber wir präferieren das jetzige eindeutig. Man muss
schließlich sehen: Es gibt jetzt erstmals in Deutschland eine einheitliche Vollmacht für alle 16 Bundesländer. Vorher hat jeder seine eigene
Version entwickelt.
Überfordert es nicht gerade ältere
24
Vollautomatisierte Steuererklärungen bleiben für Helmut König eine Vision.
Menschen, wenn Papier wegfällt?
Sicher ist das so. Aber in dem Fall
besteht die Möglichkeit, sich durch
Vertreter der steuerberatenden Berufe helfen zu lassen. Als die elektronische Steuervorerklärung eingeführt
wurde, stand die gleiche Frage im
Raum: Kann man jedem Bürger zumuten, einen Computer zu besitzen
und die Erklärung elektronisch zu erstellen? Heute diskutiert man darüber nicht mehr.
Genießt Papier nicht dennoch einen Vertrauensvorschuss gegenüber digitalen Daten?
Bei Urkunden mag das durchaus
noch zutreffen. Aber generell würde
ich Papier im Zeitalter von Farbkopierern nicht mehr Vertrauen schenken als einem PDF-Dokument.
Wie sieht es mit Ihren Kollegen
aus? Sind die von der fortschreitenden Digitalisierung überfordert?
Es hängt immer davon ab, wie vertraut der Einzelne mit elektronischen
Medien ist. Fakt ist aber auch: Man
kommt nicht ohne sie aus. Erklärungen werden kaum noch in Papierform erstellt, bestenfalls noch der
allgemeine Schriftverkehr. Letztlich
erfordert all das umfangreiche Schulungen von Mitarbeitern, Mandanten
und sich selbst. Und Fortbildungen
kosten Zeit und Geld.
Ist die nachrückende Generation
der Steuerberater besser für die digitalen Anforderungen gerüstet?
Mit Sicherheit tun sich jüngere Mitarbeiter leichter damit. Wer damit
aufgewachsen ist, hat in vielen Dingen weniger Berührungsängste. Das
macht einiges leichter.
Eine Folge der Digitalisierung ist
die Erstellung der vorausgefüllten
Steuererklärung. Welche Vor- und
Nachteile bringt diese Ihrer Meinung nach mit sich?
Vielleicht trifft der Begriff nicht
wirklich den Sachverhalt. Vielmehr
sollte die vorausgefüllte Steuererklärung eine Art Ausfüllhilfe sein. Sie
entbindet den Steuerberater aber
nicht, die darin enthaltenen Zahlen auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen. Und auch der Steuerpflichtige
muss für die Richtigkeit und Vollständigkeit geradestehen. Der Arbeitsaufwand für Steuerberater und
Steuerpflichtige wird durch die Vorausgefüllte Steuererklärung nicht geringer werden.
Ist es für Sie vorstellbar, dass der
Mensch irgendwann komplett von
Foto: Holger Isermann
Datenschutz ist ein großes gesellschaftliches Thema. Haben Sie in
diesem Punkt Bedenken, wenn es
um digitale Steuerdaten geht?
Die NSA-Problematik hat gezeigt: Einen wirksamen elektronischen Datenschutz gibt es im Prinzip nicht.
In der Kanzlei gibt es dennoch viele Möglichkeiten, die Daten der
Mandanten zu schützen. Unsere Mitarbeiter unterschreiben Verschwiegenheitsverpflichtungen. Akten werden nicht mit Vollnamen,
sondern mit Nummern beschriftet. Bildschirmschoner schalten sich
nach zwei Minuten an, schließlich
herrscht in der Kanzlei auch Publikumsverkehr. Es gibt abschließbare
Schränke, elektronische Akten, sogar
einen ausgelagerten Server. Extern
verschlüsseln wir den E-Mail-Verkehr an Mandanten. Bei der elektronischen Übermittlung an Handelsregister und Steuerverwaltung gehen
wir davon aus, dass diese sicher ist.
Da gibt es allgemein ein hohes Sicherheitsbewusstsein.
Interview
diesen Arbeiten entbunden ist?
Da kommt es auf die Art der Steuererklärung an. Veranlagungen von Arbeitnehmern sind schon heute vollautomatisch zu machen. Bestimmte
Standardfälle gehen durch, ohne
dass ein Mensch drübergeschaut hat.
Spannend wird es nur dann, wenn
noch andere Einkommensarten oder
Werbungskosten vorliegen. Wenn jemand 20 Anlagen zu Vermietung und
Verpachtung ausfüllen muss, weil er
verschiedene Mietobjekte besitzt,
dann ist eine vollautomatisch erstellte Erklärung nicht vorstellbar.
Macht Ihnen die Vorstellung keine Angst, dass im Silicon Valley
ein Programm entwickelt werden
könnte, das Sie überflüssig macht?
Dieser Gedanke ist schon sehr visionär. Dafür müssten sich auch die
Steuergesetze ändern. Die immer
noch hohe Zahl der Einsprüche zeigt,
dass die ganze Materie doch sehr
komplex ist. Alles vollautomatisch?
Das kann ich mir nicht vorstellen.
Auch im Internet angebotene Services sehen Sie nicht als Konkurrenz für Ihren Berufsstand an?
Auch hier stellt sich die Frage: Was
ist das eigentlich für eine Steuererklärung? Geht es nur um Lohn oder
Gehalt? Oder sollen auch
Überschusseinkünfte erklärt werden? Dies ist ausschließlich den Steuerberatenden Berufen vorbehalten.
Klar ist auch: Mit dem Programm
Elster kann man vieles selbst erledigen. Andererseits gibt es dann auch
die Vorbehaltsaufgaben, die allein
Steuerberatern vorbehalten sind. Ein
entscheidender Punkt ist auch: Wir
als Steuerberater bilden uns fort und
haben eine Haftpflichtversicherung.
Was passiert, wenn ein Anbieter aus
dem Internet mal danebengreift?
Gibt es Bereiche, in denen Ihnen
die Digitalisierung schon zu weit
fortgeschritten ist?
Nein. Aber es fehlen die Konsolidierungsphasen, in denen man neue
Techniken zu beherrschen lernt und
Fehler ausmerzt. Und es gibt einen
wichtigen Bereich, in dem man mit
Digitalisierung nicht weiterkommt:
die persönliche Beratung.
Wenn Sie bezüglich der digitalen
Medien einen Wunsch äußern dürften – wie würde dieser lauten?
Ich würde mir eine verlässlichere,
flächendeckende Internetversorgung
wünschen. In der Steuerberaterkammer haben wir Telearbeitsplätze, unsere Server stehen in Nürnberg. Da
benötige ich eine stabile Internetverbindung, um auf meine Daten zugreifen zu können. Außerdem bin ich
häufig mit dem Zug unterwegs. Mit
einer stabileren Internetverbindung
könnte ich die Reisezeit besser nutzen. Deutschland hat in Sachen digitale Infrastruktur noch Nachholbedarf. Das gilt sogar für den Bereich
der Telefonie. Henning Thobaben
Das leisten wir für Sie …
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Portrait
Ein Kanzleiverbund im
Zeichen des Löwen
A
ndreas Deumeland ist Löwe,
vom Sternzeichen her. Aber die
Astrologie hat mit seinem Metier so viel zu tun wie der König der Tiere mit einem scheuen Reh. Der 59-Jährige hat in den letzten Jahren einen
Verbund geschaffen, in dem die Mitarbeiter der vier dazugehörigen Steuerberaterkanzleien mit harten Fakten
operieren. Buchhaltung, Bilanzen und
Lohnabrechnungen stehen hier im Mittelpunkt, nicht die vage Deutung von
26
Himmelskonstellationen. Doch der Löwe hat trotzdem seine Daseinsberechtigung. Genau genommen ist er in irgendeiner Form sogar in fast jedem Raum
zu finden. Er ist das Wahrzeichen der
ETL Löwen Treuhand GmbH mit Sitz
im südwestlichen Teil Braunschweigs.
Braunschweig? Löwenstadt, na klar.
Aber das ist nicht der einzige Grund,
warum die mähnige Wildkatze Namensgeber und Marketinginstrument
des Kanzleiverbunds geworden ist.
„Das mit dem Löwen ist eine lange
Geschichte“, sagt Deumeland und fängt
an zu erzählen. Er habe sich bei früheren Aufgaben intensiv mit Marketing
befasst. Steuerberatung sei etwas wie
Strom – man könne es weder sehen
noch anfassen. Um die zu vermarktende Leistung anschaulicher zu machen,
habe ein Bild hergemusst. Bei einem
Kollegen sei er auf den Werbeslogan
„Steuerberater mit Biss“ gestoßen. Der
habe ihm gut gefallen, so Deumeland –
Fotos: Henning Thobaben, ETL
Andreas Deumeland, ETL Löwen Treuhand GmbH
Portrait
Kanzleigemeinschaft im Zeichen des Löwens: Andreas Deumeland und sein Team.
nicht jedoch die dazugehörige Bulldogge. Ein Löwe schien dem Unternehmer
das sympathischere Aushängeschild zu
sein. Er sollte nicht angsterfüllend wirken. Eher mächtig, würdevoll und mit
Beschützerfunktion. Also entsandte
der gebürtige Helmstedter Fotografen
in drei Zoos und suchte selbst im Internet und in Büchern. Schließlich stieß er
auf die Arbeiten eines Tierfilmers, der
vorwiegend in Afrika dreht. Und in einem Streifen fand er endlich „seinen“
Löwen. Das Maul mit den Zähnen weit
offen, gleichzeitig genüsslich und mit
geschlossenen Augen mit seinem Nachwuchs schmusend. Deumeland erwarb
die Rechte für das Foto und fügte den
Schriftzug „Steuerberatung mit Biss –
aber nett“ hinzu.
Die Anekdote zeigt, was der Steuerberater für ein Typ Mensch ist: Was
er macht, das macht er richtig. In Bezug auf das Alltagsgeschäft trägt hierzu
auch die ETL-Gruppe bei. Sie ist nach
eigener Aussage das größte Steuerberater-Netzwerk in Deutschland. Und das
erstreckt sich weit über die Grenzen hinaus, genauer gesagt auf 16 weitere europäische Staaten und die wirtschaftlich
wichtigsten Länder weltweit. „Gibt es
Fragen zu steuerlichen Regelungen in
einem anderen Land, greife ich einfach
zum Telefon und profitiere von dem
Netzwerk“, erklärt Deumeland. Tag-
täglich komme das nicht vor, führt der
Unternehmer weiter aus. Doch mehr als
90 Prozent der eigenen Mandantschaft
bestehe aus Firmen, Freiberuflern und
Selbständigen. Und die agierten zunehmend grenzüberschreitend. Sich in einem international geprägten Umfeld
zu bewegen, ist Deumeland gewohnt.
In seinen fast 25 Jahren bei Volkswagen war er nicht nur Generalsekretär,
Leiter der Konzernproduktplanung
und der Konzernstrategie 2015 unter
dem damaligen Vorstandsvorsitzenden
Bernd Pischetsrieder, sondern auch drei
Jahre Geschäftsführer von VW Italien.
Zwischendurch erarbeitete er drei Jahre in der Öl- und Gasindustrie Steuern
und Bilanzen für 16 ausländische Gesellschaften. Nach seinem Ausscheiden
bei VW baute er ab 2008 schrittweise die Kanzleigemeinschaft in Braunschweig auf. „Eigentlich hatte ich vor,
mich der Steuerberatung erst wieder
in der Zeit nach meinem Ruhestand zu
widmen“, sagt Deumeland. Doch mittlerweile weiß er die Vorteile des Arbeitens außerhalb von Konzernstrukturen
zu schätzen. In seinen mehr als 15 Jahren in verschiedenen Funktionen des
Steuer- und Zollwesens bei Volkswagen
habe er mit großen Zahlen hantiert. Die
Fälle seien weniger, dafür aber viel größer gewesen.
In seinem heutigen Job in den Kanzleien habe er mit vielfältigeren Thematiken zu tun – und den dazugehörigen
Menschen. „Da gibt es mehr direkten
Rückfluss“, erklärt Deumeland.
Was ihm an dem Beruf nicht gefällt? Auch da muss der studierte Betriebswirt nicht lange überlegen. Nach
den ganzen Steuerhinterziehungsaffären habe sich das Klima leider hier und
da verschärft. Im Detail entwickle sich
die Umsatzsteuer immer mehr von einer an sich für die Unternehmen neutralen Steuer zu einer echten Belastung.
Da wäre eine gesetzliche Bereinigung
willkommen.
Ständige Fortbildung ist bei Mitarbeitern und Deumeland persönlich
vonnöten. „Ich besuche rund 15 bis
20 Veranstaltungen pro Jahr, um mich
fit zu halten“, sagt er. Privat tut er dies
beim Schwimmen und selten auf dem
Golfplatz. Ablenkung von der Arbeit
schenkt ihm vor allem das Engagement
auf dem elterlichen Hof in der Nähe von
Magdeburg. Den betreibt der zweifache
Familienvater zusammen mit einem Geschäftspartner und mit weiteren noch
eine Biogasanlage.
Zurück zum Löwen. Der soll als Aushängeschild in Zukunft nach Genehmigung auch als Banner auf der Fassade
des ETL-Hauses in Braunschweig prangen – so wie jetzt schon auf einer Fotomontage auf der Internetseite des Kanzleiverbunds. Henning Thobaben
ETL Haus Braunschweig
Frankfurter Straße 254, 38122 Braunschweig
Adresse
Schwerpunkt Abschlüsse und Prüfung, Nachfolgen, Lohnabrechnungen,
Umwandlungen, Internationale Expertisen
Mitarbeiter 36
Telefon
0531/230230
E-Mail
info@loewentreuhand.de
Internet
www.etl-haus-braunschweig.de
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27
Rubrik
Wächter über
sensible Daten
Die DATEV ist Softwarehaus und IT-Dienstleister – ein Portrait
28
Portrait
E
Fotos: Henning Thobaben, Datev
r pflegt die Beziehungen zu Institutionen wie Steuerberaterverband und Steuerberaterkammer.
Er hält Vorträge an der Uni, um Studenten für den Beruf des Steuerberaters zu
begeistern. Und nicht zuletzt hat er den
Überblick über all das, was in den neuen und zentral gelegenen Räumlichkeiten am Ägidientorplatz passiert. Stefan
Seidel ist Leiter der DATEV-Niederlassung Hannover.
Knapp 50 Mitarbeiter sind in der
Landeshauptstadt für das Unternehmen tätig, das sowohl Softwarehaus als
auch IT-Dienstleister ist. Steuerberater,
Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte sowie deren Mandanten nutzen die
Produkte und Leistungen von DATEV,
die insbesondere die Bereiche Rechnungswesen, Personalwirtschaft, betriebswirtschaftliche Beratung, Steuern,
Enterprise Resource Planning (ERP),
IT-Sicherheit sowie Weiterbildung und
Consulting umfassen.
„Viele der hier Beschäftigten haben
einen kaufmännischen Hintergrund“,
erläutert Seidel. Denn von der Niederlassung Hannover aus werden Kunden
in Niedersachsen sowie in Teilen von
Hamburg und Nordrhein-Westfalen beraten und betreut, betont der 44-Jährige.
Und das nicht via Telefon. „Wir bieten
nahezu ausschließlich Vor-Ort-Betreuung“, betont der 44-Jährige. Programmiert wird ausschließlich in Nürnberg.
Dort arbeiten rund 1.800 Spezialisten
Stefan Seidel ist Leiter der DATEVNiederlassung Hannover
an der Entwicklung und Erweiterung
von mehr als 200 verschiedenen Programmen – vom Programm für Kanzleimanagement bis hin zur Lohnabrechnung in Unternehmen.
In Nürnberg befindet sich mit dem
Rechenzentrum auch das Herzstück
des Unternehmens. Es besteht aus vier
IBM-Großrechneranlagen, 1.510 Unixund 7.018 Windows-Servern. Die
Großrechner kommen auf eine Gesamtleistung von 52.741 MIPS – eine
Größenordnung, die vermutlich nur
Experten einschätzen können. Hinzu
kommen 11.842 Terabyte Speicherkapazität sowie ein Kassettenarchiv von
27.164 Terabyte mit archivierten Daten. Auf eine handelsübliche CD passen etwa 650 Megabyte. Um den gesamten Festplattenspeicher auf CDs zu
sichern, bräuchte man rund 8,6 Millionen CDs – und eine gewaltige Spindel zur Aufbewahrung, denn der Turm
hätte mit 12.800 Metern eine Höhe, die
den Mount Everest deutlich überragen
würde. Und das Kassettenarchiv müsste 23 Millionen CDs aufnehmen, eine
„Säule“ von 34 Kilometern Höhe.
Mit fast 7.000 Mitarbeitern an 26
Standorten in Deutschland und zahlreichen ausländischen Kooperationspartnern zählt DATEV zu den größten
Informationsdienstleistern und Softwarehäusern in Europa. Anders als
viele Konkurrenten ist das Unternehmen als eingetragene Genossenschaft
organisiert. Bedeutet: Nicht kurzfristige Geschäftsoptimierung lautet das
Ziel. Im Fokus steht vielmehr die wirtschaftliche Entwicklung der mehr als
40.000 Mitglieder. „In Zeiten, in denen
Datensicherheit eine immer größere
Bedeutung zukommt, ist das ein großer Vorteil“, bewertet Seidel die Wirtschafts- und Rechtsform. Die Gefahr
einer feindlichen Übernahme durch
einen Großkonzern sei damit ausgeschlossen. Und damit einhergehend seien die Daten dauerhaft geschützt.
Auch in technischer Hinsicht tut
DATEV viel für die Sicherheit der Kundendaten. Vorstandsvorsitzender Prof.
Dieter Kempf gab bereits öffentlich bekannt, dass Hacker Tag für Tag zahlreiche Angriffe auf das Unternehmen
starteten. Doch bislang, so Kempf, habe
DATEV diese immer erfolgreich abwehren können. Lediglich seine Systeme für
mehrere Stunden freiwillig abgeschaltet
habe das Unternehmen schon einmal,
um sich gegen eine schwer einzuschätzende Bedrohung zu schützen. Auch
für die Mitarbeiter in Hannover gelten
strenge Sicherheitsauflagen. „Einmal
im Monat mache ich einen Rundgang
durch unsere Niederlassung und prüfe
alle Bereiche in Bezug auf die Datensicherheit“, erzählt Seidel. Auf den Notebooks der Mitarbeiter würden keine Daten gespeichert. Alles befinde sich auf
den Servern in Nürnberg, erklärt der
Diplom-Kaufmann. Und dennoch sind
die mobilen Rechner der Mitarbeiter
gut geschützt. Wer das Notebook hochfahren möchte, muss nicht nur Kennwörter wissen, sondern auch im Besitz
einer personalisierten Smartcard sein.
Unbezwingbarer Datenschutz – das soll
auch im nächsten Jahr zum 50-jährigen
Bestehen des Unternehmens noch Bestand haben. Henning Thobaben
DATEV eG
Roboter für die Datensicherung der
ASP-Server
Schwerpunkt Software, Service, Beratung
Internet
www.datev.de
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29
Rubrik
Kreativ und krisensicher
W
enn Nancy Klausnitzer den
Besprechungsraum betritt,
kommen bei ihr so schnell
keine bedrückenden Gefühle auf. Zwar
ist die Hauptniederlassung der Kanzlei
Bienert, Klein & Partner in einem alten Fachwerkhaus im Herzen von Fallersleben beheimatet. Doch von niedrigen Decken und beengenden Räumen
ist dort nichts zu sehen. Die Zimmer
sind hell und freundlich – und als besonderer innenarchitektonischer Kniff
30
sind die Zimmertüren rund dreieinhalb
Meter hoch. Für Klausnitzer selbst haben diese Türen eine symbolische Bedeutung: Sie stehen für ihren Eintritt in
einen Beruf, den sie aus rationalem Kalkül heraus gewählt hat. „Steuern hat es
schon immer gegeben. Und es wird sie
auch immer geben. Darum ist der Job
aus meiner Sicht relativ krisensicher“,
meint die 29-Jährige. Wer dem Vorurteil verhaftet ist, Steuerberater seien
eher dröge Zahlenjongleure, der wird
von ihr im Gespräch eines Besseren belehrt. Die in Staßfurt in Sachsen-Anhalt
aufgewachsene Frau erzählt offen und
nicht selten mit einem Lächeln auf den
Lippen von ihrem Werdegang. Wann
sie sich für ihren Job entschieden habe? Auch da ein Lächeln. „Ich habe in
meiner Schulzeit mal einen Studienführer durchgeblättert“, erinnert sie sich.
Dabei weckte Interdisziplinäres Vermögensmanagement ihr Interesse. Der
duale Studiengang sollte für Klausnitzer
Fotos: Henning Thobaben
Nancy Klausnitzer ist Steuerberaterin aus Leidenschaft
Portrait
Theorieunterricht in Leipzig und praktische Arbeit in einer Steuerberatungsund Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in
Magdeburg mit sich bringen.
Nach ihrem Abschluss war sie Betriebswirtin (BA). Der Weg in die steuerberatenden Berufe lag nah, zumal
die Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Magdeburg sie
übernahm. Weil es sie später aus privaten Gründen nach Wolfsburg verschlug,
bewarb sie sich bei Bienert, Klein &
Partner, die auch mit Niederlassungen
in Gifhorn und Haldensleben vertreten
ist. Im Frühjahr 2013 absolvierte sie bei
der Steuerberaterkammer erfolgreich
ihre Prüfung zur Steuerberaterin und
arbeitet seitdem als Angestellte in der
Fallersleber Kanzlei, wo sie sowohl in
der Steuerberatung als auch für den Kooperationspartner die ConTAC GmbH
Wirtschaftprüfungsgesellschaft im Bereich der Wirtschaftsprüfung tätig ist.
Das Spektrum an zu betreuenden
Mandanten ist in Fallersleben groß.
Vom Rentner bis hin zu mittelgroßen
Aktiengesellschaften gibt es dort alles.
Welchen Fall Nancy Klausnitzer auch
übernimmt – Verantwortung hat sie immer. Der Umstand, dass sie noch keine jahrelange Berufserfahrung besitzt,
wird durch Teamgeist kompensiert.
„Hier in der Kanzlei gilt das Vier-Augen-Prinzip“, erklärt sie. Immer schaue
noch ein erfahrener Vorgesetzter über
die Materie. Von einer jungen Frau betreut zu werden, davon habe sich bislang noch kein Mandant irritiert gezeigt.
„Die Geschlechtergrenzen weichen immer weiter auf, auch in unserem Job.
Wenn sich jemand gut betreut fühlt, ist
es egal, ob ihm Mann oder Frau gegenübersitzt“, findet die in Braunschweig
wohnende Steuerberaterin.
Die Tochter einer Verwaltungsbeamtin und eines Ingenieurs muss sich wie
alle Kollegen ständig fortbilden. Als belastend empfindet sie das nicht. „Man
bleibt dadurch geistig fit, und das bis ins
hohe Alter hinein“, sagt sie. Einige Neuerungen der Steuergesetzgebung bekomme man oberflächlich bereits dadurch mit, dass man nach Feierabend
die Nachrichten im Radio höre. Später
könne man sich vertiefend in die Materie einlesen. „Anstrengend ist es nur,
den Mandanten immer etwas anderes
erklären zu müssen“, sagt Nancy Klausnitzer. So habe sich etwa das Umsatz-
steuergesetz allein im vergangenen Jahr
dreimal geändert. Für den Laien sei so
etwas nur schwerlich zu durchblicken.
Auch wegen der vielen Gesetzesänderungen hält es die 29-Jährige in vielen Fällen für ratsam, die Dienste eines
Steuerberaters in Anspruch zu nehmen.
„Und wenn es nur mal für ein oder zwei
Jahre ist“ , sagt sie. Gerade vielen Unternehmern sei es durch Zeitmangel kaum
möglich sich selbst um die Erstellung
der laufenden Finanz- oder Lohnbuchhaltung zu kümmern. „Das wird schon
ab zwei, drei Angestellten umfangreich.“ Für sie selbst heißt es nun, weiter Erfahrung in ihrem Beruf zu sammeln. „Die ist wichtig in dem Job. Man
kann dadurch gedanklich aus einem viel
breiteren Pool schöpfen“, erklärt die
junge Steuerexpertin. Manchmal gehe
es darum, die Ausnahme von der Ausnahme zu finden. Immer aber sei der
Berater gefragt, für seinen Mandanten
innerhalb des gesetzlichen Rahmens die
individuell beste Lösung zu erarbeiten.
Kreativität sei da gefragt und genau das
mache den Reiz ihres Berufs aus.
Das Kanzleigebäude in Fallersleben
wirkt da nur inspirierend. Wie es in den
Büroräumen in den oberen Etagen aussieht, wissen nur die Mitarbeiter. Aus
Datenschutzgründen haben Außenstehende dort keinen Zutritt. Doch die repräsentativen Räumlichkeiten im Erdgeschoss, früher Verkaufsfläche eines
Lampenfachgeschäfts, lassen es erahnen. Farbenfrohe und meist abstrakte
Kunstwerke eines Braunschweiger Galeristen schmücken die Wände. Und
dann sind da die hohen Türen – viel
Raum für Ideen. Henning Thobaben
Kunst trifft vier Räder: In der Wolfsburger Kanzlei geht es farbenfroh zu.
Bienert, Klein und Partner Steuerberatungsgesellschaft
Bahnhofstraße 8-9, 38442 Wolfsburg
(In Kooperation mit der ConTAC GmbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,
Bahnhofstraße 8-9, 38442 Wolfsburg)
Schwerpunkt Steuerberatung / -gestaltung, betriebswirtschaftliche
Beratung, strategische Vermögensplanung, Nachlassplanung/
Testamentsvollstreckung, betriebliches Rechnungswesen,
Steuererklärungen
Mitarbeiter 40
Telefon
05362/96550
E-Mail
info@bienert-klein-partner.de
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www.bienert-klein-partner.de
Adresse
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31
Einsteiger
Das frühere Model Jennifer Hof mit der Hauptgeschäftsführerin der Bundessteuerberaterkammer Nora Schmidt-Kesseler.
„Buchhaltung, ich liebe sie!“
J
ennifer Hof lebte im Jahr 2008
den Traum vieler junger Frauen.
Damals gewann sie die dritte Staffel der Casting-Show Germany‘s Next
Topmodel und stand bei der Agentur
IMG Models unter Vertrag, die auch
Branchengrößen, wie Kate Moss und
Gisele Bündchen vertritt. Ihre eigene
Parfümmarke, ein Covershooting für
32
die deutsche Cosmopolitan und Werbeverträge in Höhe von einer Viertel
Million Euro waren die Folge. Trotzdem hat die junge Mutter 2014 ihre
Modelkarriere beendet und stattdessen eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten begonnen. Steuern38 hat bei
ihr nachgefragt, wie es dazu kam, was
Sie an Steuern und Buchhaltung faszi-
niert und wie sich ihr aktueller Chef
von Heidi Klumm unterscheidet …
Frau Hof, Sie haben die dritte Staffel von Germany‘s Next Topmodel
gewonnen. Was haben Sie in Ihrer
Zeit als Model gelernt und warum haben Sie Ihre Karriere im Jahr
2014 beendet?
Foto: Bundesteuerberaterkammer
Vom Laufsteg an den Schreibtisch: nachgefragt bei Ex-Model Jennifer Hof
Einsteiger
Als Model lernt man als erstes: Disziplin und Durchsetzungskraft. Disziplin, weil die Aufträge häufig unter enormen Zeitdruck stattfinden.
Durchsetzungskraft ist wichtig, wenn
man sich bei der Arbeit selbst treu
bleiben möchte. Ich habe aber auch
gelernt, dass Aussehen nicht alles im
Leben ist . Daher habe ich beschlossen meine Karriere als Model zu beenden, um einen Beruf zu erlernen,
der Substanz hat.
War es ein Abschied für immer?
Sag niemals nie. Ich habe das klassische Modelgeschäft erst einmal hinter mir gelassen. Nun engagiere ich
mich für die Nachwuchskampagne
„Mehr als du denkst“, der Bundessteuerberaterkammer. Im Grunde
genommen ja wieder ein Modeljob.
– mit dem Unterschied, dass es hier
um Inhalte geht.
Was waren die schönsten und
schlimmsten Erfahrungen?
Es war natürlich ein tolles Gefühl
für mich, als ich erfahren habe, dass
ich die Gewinnerin von Germany‘s
Next Topmodel bin. Ich konnte über
mich hinauswachsen und habe viel
gelernt. Durch das Modeln hatte ich
die Möglichkeit viel zu reisen und so
die Welt kennenzulernen. Die Erfahrungen möchte ich nicht missen, sie
machen mich zu dem Menschen, der
ich heute bin. Schlimme Erfahrungen
gab es nicht.
Vom Laufsteg an den Schreibtisch,
von der Glamour- in die Arbeitswelt: Warum haben Sie sich ausgerechnet für den Beruf der Steuerfachangestellten entschieden?
Ich kenne viele Menschen, für die
so eine Steuererklärung der reinste
Horror ist. Ich freue mich, wenn ich
diese Menschen von ihrer Horrorvorstellung befreien und sie hier entlasten kann. Mir macht das Spaß und
es ist sinnvoll.
Der Berufs gilt eher als nüchtern
und verstaubt: Würden Sie widersprechen? Was macht Ihnen in Ihrem Job am meisten Spaß?
Vor kurzem habe ich mit meinen
Kolleginnen zusammen einen Jahresabschluss erstellt und meiner Abtei-
lungsleiterin vorgelegt. Das war ein
tolles Gefühl.
Wie oft vermissen Sie das Blitzlichtgewitter und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit?
Gar nicht.
Heidi Klum war Ihre Chefin, wie
unterscheidet Sie sich von Ihren aktuellen Vorgesetzten?
Das sind zwei sehr unterschiedliche
Branchen. Die Modewelt ist aufs Äußerliche fokussiert, die Ausbildung
zur Steuerfachangestellten konzentriert sich auf das Inhaltliche. So verhalten sich auch meine Vorgesetzten
den Branchen entsprechend. Heidi war eher wie ein Coach, der uns
ausschließlich darauf trainiert hat,
in dem Showbusiness zu bestehen.
Mein jetziger Vorgesetzter, Steuerberater Johannes Haas, Kanzleipartner
von Haas und Haas in Gießen, sowie
meine Abteilungsleiterin und auch
die komplette Abteilung helfen mir
sehr bei allen inhaltlichen und fachlichen Fragen. Mein Chef und meine
Kollegen sind stets mit
guter Laune bei der
Arbeit, so dass die Arbeit umso mehr Spaß
macht.
Sie sind relativ jung
Mutter geworden.
Passte der Modeljob
nicht zum Familienleben?
Das muss jeder für sich
selbst entscheiden. Es
gibt viele erfolgreiche Models, die Mütter
sind. Als ich schwanger war, wusste ich
schnell, dass ich nicht
mehr modeln wollte. Ich möchte meiner
Tochter später sagen
können: „Ich habe eine Ausbildung abgeschlossen, etwas mit
Hand und Fuß. Mach
du das bitte auch.“
Sie haben als Model
gut verdient. Machen
Sie Ihre Steuererklärung selbst?
Ich habe meine Steuererklärung
noch nicht selbst gemacht, als ich
noch gemodelt habe. Das wäre damals wohl noch zu komplex für mich
gewesen, aber das Interesse daran,
wie so was überhaupt funktioniert,
kam zu der Zeit schon auf. Mittlerweile würde ich mir das – mit ein
wenig Unterstützung – zutrauen!
Sie sind das Gesicht der Nachwuchskampagne „Mehr als du
denkst“ der Bundessteuerberaterkammer. Musste man Sie überzeugen oder haben Sie gleich
zugesagt?
Als die Anfrage der Bundessteuerberaterkammer kam, habe ich
mich richtig gefreut. Die Kampagne kannte ich schon und sie hat
mir gut gefallen. Sie ist unabhängig
und authentisch. Sie will inhaltlich
überzeugen und das merkt man. Es
ist wichtig, dass Jugendliche erfahren, was dieser Beruf genau mit sich
bringt. Die Ansprache ist dabei auf
Augenhöhe und ich habe mich sofort
darin wiedergefunden. Holger Isermann
Als Experte für alle relevanten steuerlichen und betriebswirtschaftlichen
Fragestellungen sorgen wir dafür, dass die Herausforderungen im
Bereich der Unternehmenssteuern, der Buchführung oder der
betriebswirtschaftlichen Analyse mit der gleichen Professionalität
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33
für 2016!
Portrait
Wenn der Steuerberater
zum Beichtvater wird
Horst Schade, Vizepräsident der Steuerberaterkammer Niedersachsen
34
Fotos: Henning Thobaben
S
teuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Aber die Fälle sind häufiger, als man denkt. Nicht immer
gelangen sie in die Öffentlichkeit. „Viele Menschen wissen gar nicht, wie viele kleinere Verfahren direkt mit dem
dafür zuständigen Finanzamt geregelt
werden. Und das überall, auch in unserer Region“, sagt Horst Schade. Der
Steuerberater hat nach nunmehr fast 50
Jahren Berufserfahrung schon vieles erlebt. Neben der klassischen Steuerberatung für kleine und mittlere Unternehmen und Freiberufler ist er für die
Braunschweiger Niederlassung von PKF
Fasselt Schlage Experte für Mandanten,
die sich dem Vorwurf der Steuerhinterziehung erwehren müssen.
Zwei bis drei Fälle pro Jahr seien es
immer, sagt Schade. Fälle, in denen es
meist um unversteuerte Einnahmen gehe. Der 66-Jährige hat in den vergangenen Jahrzehnten mit dem gesamten
Spektrum an menschlichen Fehlleistungen zu tun gehabt. „Darunter waren
auch nicht versteuerte Zinseinnahmen,
etwa wenn Geld auf Konten im Ausland
geparkt wurde“, berichtet der Fachmann. Ob der Betroffene hierbei vorsätzlich handelte und Geld bewusst am
Fiskus vorbeischleuste, braucht wohl
kaum diskutiert werden.
Aber nicht immer ist böser Wille
oder Geldgier im Spiel. „Wo gearbeitet wird, passieren immer auch Fehler“, meint Schade. Und nicht immer
sei der Geschäftsführer eines Betriebs
das schwarze Schaf. Schließlich könnten auch einzelne Mitarbeiter unerlaubt
in die Kasse greifen und auf diese Weise Umsätze vertuschen. Steuerrechtlich
hat sich in solch einem Fall trotzdem
der Inhaber zu verantworten, erklärt
Schade.
Portrait
Und manchmal trifft der Vorwurf der
Steuerhinterziehung sogar Privatpersonen, die als letztes damit gerechnet
hätten. Zum Beispiel Rentner: Bis 2005
versteuerten Senioren lediglich den sogenannten Ertragsanteil ihrer Rente, also rund 30 Prozent der Bruttorente. Im
Jahr 2005 reformierte der Gesetzgeber das Alterseinkünftegesetz. Von da
an mussten mindestens 50 Prozent der
Bruttorente versteuert werden. Zahleiche Ruheständler wurden dadurch steuerpflichtig – viele wussten aber nichts
davon und meldeten sich nicht beim Finanzamt.
Leichtfertige Steuerverkürzung heißt
es im Fachjargon, wenn Personen dem
Finanzamt gegenüber unrichtige oder
unvollständige Angaben machen, das
Finanzamt pflichtwidrig über steuerlich
erhebliche Tatsachen in Unkenntnis
lassen und dadurch Steuern verkürzen
oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangen. Der Gesetzgeber hat dafür,
je nach Schwere des Falles, eine Geldbuße von bis zu 50 000 Euro vorgesehen.
Um solche Fälle zu vermeiden, hält
Horst Schade eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Steuerberater und
Mandant für entscheidend. „Manchmal
muss ein Mandant eben auch von einem
unehelichen Kind erzählen. Und das
funktioniert nur, wenn die Chemie zwischen ihm und seinem Berater stimmt“,
erklärt der Vizepräsident der Steuerberaterkammer Niedersachsen.
Fast 50 Jahre Berufserfahrung kann Horst Schade vorweisen.
So wie Schade seinen Beruf auffasst,
ist er nicht nur als reiner Profi für die
Finanzen anderer Menschen unterwegs.
„Ich bin auch schon mal zu einem Geschäftsführer eines kleinen Familienbetriebs gefahren, um eine Bilanz zu besprechen. Und dann haben wir erstmal
eine Stunde über seine Familie geredet“, berichtet der Mann, der im Braunschweiger Stadtteil Waggum wohnt.
„Steuerberatung ist auch ein Stück weit
Psychologie.“
An Schulungen in Sachen Gesprächsführung hat Schade nie teilgenommen.
Nicht so wie ein Versicherungsvertreter, der sich durch geschickte Rhetorik größere Verkaufserfolge erhofft.
Der Steuerberater macht vieles aus
dem Bauch heraus. Er kann gut zuhören, ist höflich und strahlt Einfühlungsvermögen aus. Weil Schade so gut mit
Menschen kann, ist er bei der Steuerberaterkammer auch für die Pflege der
Kontakte zu den Finanzbehörden zuständig. „Ich habe in meiner Anfangszeit noch viele Fehler gemacht. Aber
daran wächst man auch“, erklärt der
Steuerexperte, der bereits im Alter von
17 Jahren im mittleren Dienst des Finanzamts in die Berufswelt gestartet ist. Anfang der 1970er Jahre stieg
er bei PKF Fasselt Schlage als Revisionsassistent ein. Schwerpunkt damals
war die Abschlussprüfung großer Teile der deutschen Zuckerindustrie. Anschließend wechselte er in eine Steuerberater-Kanzlei, absolvierte 1979 seine
Steuerberaterprüfung und arbeitete viele Jahre als selbständiger Berater. Seit
2004 ist er wieder zurück in der großen
Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft, die mit mehr als 600 Mitarbeitern an 13 Standorten in Deutschland vertreten ist.
Bereut hat Horst Schade den Weg in
die Branche nie. „Mein Vater hat immer gesagt: Mach bloß nichts mit deinen Händen“, erzählt er. Und so habe er
sich für einen Job entschieden, in dem
handwerkliche Begabung nicht gefordert ist. Im Einsatz für seine Mandanten
benötigt er hauptsächlich seinen Kopf –
und nicht selten ganz viel Herz.
Henning Thobaben
PKF Fasselt Schlage
Theodor-Heuss-Straße 2, 38102 Braunschweig
Adresse
Schwerpunkt Beratung von Familienunternehmen, internationale Beratung
Mitarbeiter Mehr als 130 an den Standorten Braunschweig, Haldensleben
und Helmstedt
Telefon
0531/24030
E-Mail
braunschweig@pkf-fasselt.de
Internet
www.pkf-fasselt.de/Standorte/Braunschweig-9819
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Verlässliche Technik aus den 90er-Jahren.
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35
Steuerverschwendung
200.000 Regenwürmer
im Discolicht
Der Steuerzahlerbund hat wieder aufgelistet, wie und
wo die öffentliche Hand Millionen verplempert
D
EIN RABENSCHWARZER TAG
Am 24. Juli 2014 fing ein Pkw in
der Tiefgarage Magni Feuer und beschädigte nicht nur 223 Fahrzeuge, sondern auch das Bauwerk selbst.
Weil die Stadt Braunschweig seit
1996 auf eine Versicherung (Beitrag damals 2.100 Euro) für ihre Tiefgaragen verzichtet, bleibt
sie auf einem Brandschaden in Höhe von rund 1,84 Mio. Euro sitzen.
36
CLEWWA OHNE
NUTZER/N
Im März 2008 stellte das in Braunschweig ansässige Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die neue Suchmaschine „Clewwa.de“ vor, die den
Verbrauchern bei der Suche im Internet helfen und den Behörden Informationen über das Suchverhalten der Bürger liefern sollte. Pro
Jahr wurden lediglich rund 55.000
Suchanfragen registriert – ein teurer Reinfall für Bürger wie Behörde – Kostenpunkt: 218.000 Euro.
PHAENO(-MENALER)
AUFENTHALT
Es ist beileibe nicht alles glatt gegangen beim Bau des Science-Centers „Phaeno“ in Wolfsburg – neueste Panne: Drei insgesamt 335.000
Euro teure Aufenthaltsplattformen aus Eichenholz für den tristen Vorplatz. Eine erste Sitzinsel
wurde zwar zwischenzeitlich aufgestellt, sie musste aber aufgrund
von austretender Gerbsäure wieder abgebaut werden. Seitdem lagern die Plattformen in einem Gewerbegebiet außerhalb der Stadt.
Fotos: Falk-Martin Drescher, Clewwa.de, Klemens Ortmeyer, Ingo Wagner, Stefan Sauer, Arne Dedert
ie Steuereinnahmen sprudeln seit Jahren. Was
den Staat geradezu zur Verschwendung verleitet
– meint der Steuerzahlerbund. Vor kurzem hat er
zum 43. Mal sein Schwarzbuch herausgegeben. Steuern38
hat sich das Werk genauer angeschaut und präsentiert die
skurrilsten sowie einige regionale Fälle – von leuchtenden
Gullydeckeln bis hin zum Brand in einer Tiefgarage …
Steuerverschwendung
GULLYDECKEL
Mit illuminierten Gullydeckeln in einem Verkehrskreisel wollte das niedersächsische Wallenhorst Glanzlichter setzen. Für die 10.000 Euro
teure Lichtinstallation erntete die
Gemeinde aber vor allem Spott. Das
Licht habe so schwach geleuchtet,
dass schnell der Name „Glühwürmchen-Kreisel“ geboren war.
Beratung...
REGENWÜRMER
Der Versuch, einen nassen Sportplatz mit Hilfe von 200.000 Regenwürmern zu sanieren, stand bereits im Schwarzbuch 2010. Die
für 7.000 Euro eingekauften Tiere sollten den Boden auflockern.
Jetzt müssen die Würmer wieder raus, weil der Erfolg ausblieb.
Die Kosten belaufen sich laut Steuerzahlerbund auf 19.500 Euro.
FRIEDHOFS-APP
Das Kulturstaatsministerium förderte die Friedhofs-App „Wo sie ruhen“.
Auf dem Smartphone können sich
Nutzer damit mehr als 1.000 Gräber
berühmter Persönlichkeiten
anschauen – eine Art FriedhofsSightseeing – Kosten: 548.000 Euro.
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Steuer-ABC
Steuer-ABC
Ein A bis Z der deutschen Steuern, die nicht jeder kennt
KAFFEESTEUER
Der Steuertarif beträgt für Röstkaffee 2,19 Euro und für löslichen Kaffee 4,78 Euro je Kilogramm. Fiskalische Bedeutung gewann der Kaffee
mit seinem Siegeszug in Europa im
17. Jahrhundert. Die Kaffeezölle gehörten im 19. Jahrhundert zu den
wichtigsten Finanzzöllen.
RENNWETT- UND
LOTTERIESTEUER
ALKOPOPSTEUER
Das Alkopopsteuergesetz ist 2004 in
Kraft getreten. Damals wurde eine
Sondersteuer auf bestimmte branntweinhaltige Mischgetränke eingeführt, die gut viermal so hoch ist wie
die übliche Branntweinsteuer.
BIERSTEUER
Die Verbrauchssteuer kommt den
Ländern zugute. Der Regelsteuersatz pro Hektoliter beträgt 0,787 Euro. Daraus ergibt sich für einen Liter Bier etwa 9,4 Cent Biersteuer. Die
Höhe richtet sich nach dem Stammgewürzgehalt: Starkbiere mit hohem
Stammwürzgehalt sind steuerlich
stärker belastet.
BRANNTWEINSTEUER
Das Branntweinsteuerrecht ist nicht
in einem eigenständigen Gesetz geregelt, sondern Ergebnis eines jahrzehntelang bestehenden Monopols.
Nach dem Regelsteuersatz entfällt auf eine 0,5-Liter-Flasche Likör
mit 25 Prozent Alkoholanteil eine
Branntweinsteuer von 1,63 Euro.
38
ENERGIESTEUER
Das Energiesteuergesetz hat das Mineralölsteuergesetz abgelöst. Betrugen die Mineralölsteuereinnahmen
im Jahr 1970 gerade mal 5,886 Milliarden Euro, so lagen die Einnahmen
im Jahr 2014 bei knapp 40 Milliarden Euro.
HUNDESTEUER
Die Hundesteuer wird von den Gemeinden erhoben, die mit ihr vornehmlich ordnungspolitische Ziele
verfolgen. Sie soll zum Beispiel dazu
beitragen, die Zahl der Hunde zu begrenzen. Der Steuersatz variiert von
Gemeinde zu Gemeinde erheblich.
JAGD- UND FISCHEREISTEUER
Die Jagd- und Fischereisteuer gehört zu den örtlichen Steuern. Sie
wird auf der Grundlage des Jahresjagdwerts beziehungsweise auf den
Pachtpreis erhoben. Bei der Fischereisteuer zählt die Anzahl der Fischereibezirke. Die Steuer zählt zu den Bagatellsteuern und wird nicht mehr in
allen Bundesländern erhoben.
SCHANKERLAUBNISSTEUER
Es gelten besondere Vorschriften
für die Branche, da – vor allem in
Verbindung mit Alkoholkonsum –
gesundheitspolitische Interessen der
Allgemeinheit betroffen sind. Aus
diesen Sachverhalten wird die Rechtfertigung der Schankerlaubnissteuer
aus einer Ordnungsteuer abgeleitet.
SCHAUMWEINSTEUER
Die Schaumweinsteuer, auch Sektsteuer genannt, ist eine Bundessteuer. Die Einnahmen betrugen 434 Millionen Euro im Jahr 2014.
VERGNÜGUNGSTEUER
Besteuert werden in den Städten und
Gemeinden veranstaltete Tanzveranstaltungen, Filmvorführungen und
der Betrieb von Spiel- und Unterhaltungsapparaten.
ZWEITWOHNUNGSTEUER
Eine örtliche Steuer, die für eine
Zweitwohnung erhoben wird. Bemessungsgrundlage ist der jährliche
Mietaufwand, bei Eigentümern die
übliche Miete.
Foto: Uwe Epping
Auf Wetteinsätze, wie hier bei der Galopprennwoche in Bad Harzburg, sind Steuern fällig.
Das Rennwett- und Lotteriegesetz regelt die Besteuerung von Wetteinsätzen bei Pferderennen, Sportwetten
und Lotterien. Das Gesamtaufkommen lag im Jahr 2014 bei gut
1,44 Milliarden Euro.
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