Testinos Juwelen

Transcription

Testinos Juwelen
NOVEMBER 2014
ICON
November 2014
Testinos
Juwelen
Unser Ausdruck einer Ära
Seventies Chronograph
Seventies Chronograph. Start. Stop. Fly-Back. Den Konstrukteuren und Designern der Manufaktur ist es gelungen, eine einzigartige Kombination von Funktionen zu vereinen: zentrale Stoppsekunde, 30 Minuten- und 12 Stunden-Zähler mit integriertem
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Flyback-Mechanismus, kleine Sekunde sowie das Glashütte Original Panoramadatum. Mit einer Gangreserve von 70 Stunden ist
der präzise und formschöne Zeitmesser ein zuverlässiger Begleiter.
CARL F. BUCHERER
Stillgestanden
N
ein, da ist nichts verloren gegangen. Auf dem Ziffernblatt der Uhr aus den 1930er-Jahren läuft tatsächlich nur ein Zeiger,
weswegen auch nur eine ungefähre Zeitbestimmung möglich ist. Das Foto stammt aus dem Jubiläumsbuch von Carl F.
Bucherer „125 Years Swiss History of Time“ und abgesehen von seiner ästhetischen Schönheit gefällt uns die Idee des
Ungefähren ziemlich gut. Weil es zurzeit gerade passt, da Nebel nicht nur wie gewohnt durch Landschaften wabern,
sondern auch durch vertraute Gewissheiten. Die Uhr wurde gefertigt in einer Epoche des Umbruchs, in vielerlei Hinsicht, aber eben auch im Uhrenmarkt. Die Schweiz exportierte in den 1930er-Jahren erstmals mehr Armbanduhren als Taschenuhren,
die dann relativ rasant an Bedeutung verloren. Der Lauf der Zeit. Das ist so ein Kommentar, wenn wir Entwicklungen, die uns (noch)
nicht geheuer sind, erklären wollen. Mittlerweile macht sich ja das zunehmend erschöpfende Gefühl breit, dass die Zeit nicht mehr
nur läuft, sondern davonsprintet, als wäre sie Usain Bolt. Und auch deshalb raten wir zu ungefähren Stunden ab und an. Der November, der erste der dunklen Monate, ist dabei mit seinem Gemütlichkeitspotenzial ein guter Komplize. Und wir haben deshalb ein Heft
zusammengestellt, das schon ein bisschen Weihnachtsstimmung aufkommen lässt, für das uns vor allem aber die großartigen Fotografen Mario Testino, Peter Lindbergh und Henrique Gendre Fotos geschickt haben, mit denen man einfach mal die Zeit vergisst.
MARIO TESTINO Von Kate Moss bis Angelina Jolie: Mario Testino ist eigentlich der Fotograf der Stars. Es sei denn, der Hochadel steht
mal wieder vor seiner Kamera. 1997 machte der gebürtige Peruaner Lady Diana zum Covergirl der Vanity Fair. Die ikonischen Aufnahmen der Princess of Wales, die nur wenige Monate nach diesem Shooting ums Leben kam, sind unvergessen. Den Lieblingsfotografen seiner Mutter engagierte auch Prinz William 2010 für sein Verlobungsbild mit Kate Middleton. Doch ob königlicher Hof, Vogue oder Versace,
Testino steht nicht allein für High Fashion. 2002 begeisterten seine „Portraits“ in der National Portrait Gallery in London. 2012 stürmte Shanghai seine „Private View“ Ausstellung. Für uns hat das Ehrenmitglied der Royal Photographic Society unveröffentlichte Lieblingsaufnahmen von Gisele,
Naomi, Cara, Kate und Co herausgesucht und kommentiert (Seite 50). Am 16. November wird er zudem die ganze WELT am Sonntag gestalten.
TITEL: BENJAMIN TIETGE; DIESE SEITE: MARTIN U.K. LENGEMANN; ALIX/ALLPIX PRESS; PETER LINDBERGH; HENRIQUE GENDRE
Auf dem Cover: Innige Freunde. Supermodel Gisele Bündchen und Starfotograf Mario Testino stellten sich für ICON dem Selbstauslöser bei einem Shooting in
Paris Anfang Oktober. Beide tragen ihre privaten Sachen.
PETER LINDBERGH Er erfand die erzählende Modefotografie und die Supermodels. Im Januar 1990 machte Peter Lindberghs CoverShooting für die britische „Vogue“ Furore. Linda Evangelista, Naomi Campbell, Tatjana Patitz, Cindy Crawford und
Christy Turlington kassierten danach Traumgagen und Starruhm. Doch auch Filmgrößen treten mit Vorliebe vor seine Kamera: Deneuve, Malkovich, Travolta, Winslet. Die Arbeiten des unprätentiösen Fotografen und Filmemachers, der eigentlich Dekorateur in Duisburg werden sollte, sich eine Weile später aber in Krefeld für Freie Malerei einschrieb, schließlich seine endgültige Berufung fand und seit 1978 in Paris lebt, finden sich in Magazinen wie in Museen weltweit. 2000 wurde sein Dokumentarfilm „Inner Voices“ beim Filmfest in Toronto ausgezeichnet. Im italienischen Portofino
setzte Workoholic und Familientier Lindbergh erneut Uhren von IWC in Szene. Natürlich mit internationalen Topmodels und Filmstars. Ab Seite 90
HENRIQUE GENDRE Seine Karriere begann der in New York lebende Brasilianer mit 16 Jahren als Modezeichner. Später studierte Hen-
rique Gendre Kunst an der Universität von São Paulo und zog nach London, um Fotograf zu werden. Sein Credo:
Arbeite immer mit dem Herzen, wie ein Kardiologe. Inzwischen umfasst sein Portfolio Aufnahmen für Magazine wie „Vogue“ und „i-D“, Zeitungen
wie „The Sunday Times“ und „The Guardian“ oder Marken wie Adidas, Levi’s, Nike, Max Mara und Coca-Cola. Hätte es ihn nicht hinter die Kamera
gezogen, wäre Gendre Bildhauer geworden. Unlängst schuf er seine erste Bronzebüste. Feuerwehrmann hingegen kam ihm nie in den Sinn. Auch
nicht, als vorbeiziehende Passanten beim Shooting im Fort Tryon Park in Upper Manhattan einen aufkommenden Brand befürchteten. Schuld daran war der klare Himmel über dem Big Apple. Er machte eine Nebelmaschine für das richtige Novembergefühl am Set notwendig. Ab Seite 68
IMPRESSUM ICON
Chefredakteurin: Inga Griese (verantwortlich) Textchef: Dr. Philip Cassier Redaktion: Caroline Börger, Nicola Erdmann, Julia Hackober, Silvia Ihring, Sarah Lehnert, Ligia Tudorica, Mira Wiesinger.
Korrespondentin in New York: Huberta von Voss, Stylistin in New York: Nadia Rath. Korrespondentin in Paris: Silke Bender. Autoren: Susanne Opalka, Esther Sterath, Andreas Tölke. Redaktionsassistenz: Ursula Vogt-Duyver
Artdirektorin: Barbara Krämer Gestaltung: Maria Christina Agerkop, Delia Bob, Katja Schroedter, Doris Wildt Fotoredaktion: Julia Sörgel; Elias Gröb Digital Editing: Thomas Gröschke, Kerstin Schmidt
Verlagsgeschäftsführung: Jan Bayer (Vorsitzender), Dr. Stephanie Caspar General Manager: Johannes Boege Gesamtanzeigenleitung: Stephan Madel; Anzeigen ICON: Roseline Nizet (roseline.nizet@axelspringer.de)
Objektleitung: Carola Curio (carola.curio@axelspringer.de) Verlag: Axel Springer SE Repro: Druckvorstufe WELT GRUPPE Berlin Druck: Prinovis Ltd. & Co. KG, Nürnberg Herstellung: Olaf Hopf
ICON ist ein Magazin der „Welt am Sonntag“, die nächste Ausgabe erscheint am 7. Dezember 2014. Sie erreichen uns unter ICON@wams.de
Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit
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THERE ARE EXCEPTIONS
TO EVERY RULE.
AUDEMARSPIGUET.COM
ES GIBT AUSNAHMEN ZU JEDER REGEL.
ROYAL OAK
ROSÉGOLD MIT
DIAMANTBESATZ.
Mario Testino über Joan Smalls:
„Spanisch ist die Muttersprache von Joan und mir.
Uns verband sofort, dass wir Witze machen können, die
sonst keiner um uns herum versteht. Joan besitzt Anmut
und Charisma. Und sie gehört zu den Models
der Stunde – ich nenne sie ‚Instagirls‘, weil sie Superstars
in den sozialen Netzwerken sind. Die Leute lieben
diese Mädchen und ich auch.“
Mario Testino und seine Frauen ab Seite 50
Vogue Brasil, Buenos Aires 2013
ICON
AUSGEWÄHLT
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GE SC HEN KT
Was den Menschen im Herbst schön
macht: Unsere Lifestyle-Weisen stimmen
sich auf das Jahresende ein
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SUPE R ICONA
Das ICON-Model entdeckt eine neue
Dimension – und Icomi trinkt dazu gewohnt
formvollendet eine Tasse Tee
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RO CK ’ N’ RUCKSACK
Louis Vuitton feiert seinen 160. Geburtstag.
Karl Lagerfeld entwarf dafür einen BoxSack, Marc Newson einen Rucksack
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NEW YO RK GA NZ GRÜN
Von wegen Steinwüste: Wir waren für unser
Shooting dort, wo die Bewohner des Big
Apple so richtig durchatmen
MODE
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LUXUS RELOADED
Nachhaltigkeit ist das große Wort der Branche – aber wer macht wirklich Ernst damit?
Barbara Coignet hat in Paris eine Messe für
wahrhaft guten Luxus initiiert
ABGE LE DERT
Wie entstehen eigentlich die makellosen
Oberflächen bei Taschen wie von Prada?
Das Familienunternehmen Dornbusch aus
Kempen kümmert sich
SC HIRM UND CHARME
Der Regenschirm war ein wichtiger Begleiter. Heute ist er leider oft ein Billigding
aus China. Nicht bei Michel Heurtault.
Der Pariser fertigt Stücke fürs Leben
TESTINOS FRAUEN
Eigentlich muss man an dieser Stelle nichts
mehr erklären. Und wenn doch: Der Meister hat für uns zur Kamera gegriffen und
sein Archiv geöffnet. Das reicht, oder?
GESCHENKE
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SCHREIB! DAS! AUF!
Hermès hat eine Edelfeder konstruiert. Der
Chef Pierre-Alexis Dumas philosophiert
über die Macht der Worte
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GO LDENE ZEITEN
Mit diesen Accessoires glänzt das Wohnzimmer zur Heiligabend-Bescherung
Und natürlich digital:
Auf dem iPad in der
WELT sowie online
auf welt.de/icon
ICON
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WO LL NSE ’N AU TOGRAMM?
Dann müssen Sie mit dem UnterschriftenAutomaten von Jaquet Droz nicht mehr
selbst zur Feder greifen
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ROSA WELT
Think pink: Wir spendieren der ultimativ
femininen Farbe eine ganze Seite
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EINFACH TANNENH AFT
Warum wir uns dieses Jahr in jedem Fall
auf grüne Weihnachten freuen
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NICH T NU R TAFEL SILBER
Bei dieser Farbe fällt uns mehr als Besteck
ein: 13 Ideen, die buchstäblich leuchten
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INS G L AS GU CKEN
Mit den Flaschen von Cornelius Réer wird
die Übung zum reinen Vergnügen
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BRILL ANTE STU BE
Diese Möbel sind nicht nur Schmuck, sondern sie sehen wirklich so aus
Oberteil von Dries Van Noten. Paillettenrock: Michael Kors. Minirock (darüber): Miu
Miu. Ohrring: Chanel Haute Joaillerie.
Armband & Ring von Chopard. Mehr von
unserem New-York-Shooting? Ab Seite 68
HENRIQUE GENDRE
MARIO TESTINO
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LeagasDelaney.de
Jetzt hat die Unendlichkeit
ihre eigene Zeitrechnung.
Helioro by kim
Helioro - der Film
An den besten Adressen Deutschlands
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Perpetual Calendar
and Hugh Jackman
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Perpetual Calendar ist mit einer der
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ausreichend aufgezogen ist, muss sie
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dieser raffinierte Zeitmesser, zu einem
lebenslangen Begleiter zu werden.
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GLIT Z E RK N OCHEN
Fawaz Gruosi hat eine Totenschädel-Uhr voller
Diamanten und Saphiren entworfen
UHRCOOLES DES IGN
Mit den Stücken großer Modelabels messen
Sie die Zeit – und herrschen über sie
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DICK AU F TRAGEN...
... ist bei diesen Preziosen nicht nur erlaubt,
sondern ausdrücklich erwünscht
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ST IMMUN GSAUF HELLER
Juwelen sollen funkeln, denn zum Funkeln sind
sie da, wie unsere Auswahl beweist
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ITALIE NS GLANZ
Wer Schmuck von Fope trägt, kann ein ganzes
Land neu für sich entdecken
WATC H O UT
Sie passen Männern und Frauen: Die Uhrenindustrie entdeckt das Mittelmaß
KOSMETIK
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HE ISS AU F WEI S S
Unsere Beauty-Experten geben Tipps, welche
Produkte unterm Baum liegen können
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VE RRY BERRY
Dieses Mal schillern unsere liebsten KosmetikNeuheiten in Beeren(starken)-Farben
100 FAUL UN D EDEL
Wie der kostbarste Wein der Welt und eine
Anti-Aging-Kur zusammenhängen
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GE HE IMNI S VOLLE SCHÖN HEI T
Eigentlich ist das Pariser Forschungslabor von
Chanel top secret - wir waren drin
GESCHICHTEN
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SO T IC KT DER JETS ET
Peter Lindbergh fotografierte mal wieder in
Portofino – Inga Griese war dabei
104 GLOBAL DI ARY
Die Postkarten erreichen uns aus dem japanischen Kyoto und dem isländischen Selfoss
106 DE R BAU P LAN
Der Klassiker unter den Klassikern: so entsteht
der Trenchcoat von Burberry
Der Weihnachts-Wunschzettel
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unserer Redaktion ist lang. Wir haben
ihn mal aufgeschrieben. Für alle Fälle...
Mehr Wunschvorstellungen ab Seite 34:
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Parma (über ludwigbeck.de)
24. Tasche von Salvatore Ferragamo
25. Zweisitzer „(Love me)Tender“ von
Patricia Urquiola für Moroso
26. Ring „Galassia“ von Fendi
27. „Place Vendôme Elixir“ von Boucheron
28. Mini-Tasche von Giorgio Armani
29. Tasche von Jimmy Choo
30. Etui von Graf von Faber-Castell
31. Taschen-Anhänger von Fendi
32. „Illuminating Powder“ von La Mer
33. Handtasche von Emilio Pucci
34. Parfüm „L’Homme Ideal“ von Guerlain
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ZUSAMMENGESTELLT VON CAROLINE BÖRGER
Alles Luxus, oder was?
„Rethinking Luxury“
(Lid Verlag, auf Englisch) beschäftigt sich
mit diesem Phänomen.
Auf Seite 30 gibt es
einen Auszug zu lesen
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STILISTEN
DARREN ALMOND
UNSERE LIFESTYLEWEISEN HABEN SICH SCHON AUF WEIHNACHTSGESCHENKE-SUCHE BEGEBEN
WER SCHENKT,
IST SELIG
Der Mann mit Mond
„Bei langen Belichtungszeiten sieht man nie, was man gerade aufnimmt.
Aber man gibt der Landschaft mehr Zeit, sich auszudrücken“, so Darren
Almond über seine nächtlichen Naturaufnahmen. In seinem Band „Fullmoon“ (Taschen) folgte der britische Konzeptkünstler dem Vollmond
einmal um die Welt. Herausgekommen sind 260 Fotos, die teilweise auch
Malereien von Caspar David Friedrich sein könnten. Oder ein Setting
aus der Twilight-Saga. Gute Nacht, du schöne Welt.
Schenken sollte unbeschwert und leicht sein, sozusagen
als „reine Gabe“ nur Freude vermitteln. Aus dem Mitteldeutschen kommend bedeutet es ‚zu trinken geben’,
genau genommen sogar ‚schief halten’ von einem
Gefäß, aus dem für den Gast (freundlich) eingeschenkt wird. Gleichwohl bleiben Bedenken bei Geschenken: Wird eine Gegenleistung erwartet? Oder reichen Freude und Dankbarkeit? Ist das
Geschenk nicht eigentlich viel zu groß oder seltsam klein? Soll ich daraus eine Botschaft lesen? Was muss ich im Gegenzug schenken? Schon ist die reine Freude getrübt. Für Kinder
Dr. Maria
sind Geschenke noch ein ganz unmittelbarer Liebesbeweis, ohne Anspruch auf GegenleisSchneider
tung. Nach dem französischen Soziologen und Ethnologen Marcel Mauss ist das Schenken
Kreativdirektorin
aber als ein anhaltender Prozess des Ausgleichens zu sehen: Benachbarte Stämme schenkten
der Autostadt
sich Nahrungsmittel oder auch Frauen, nicht um nur des Friedens willen. Das Geschenk mussin Wolfsburg
te angenommen und erwidert werden. Es ist Zeichen von Wohlstand und gesellschaftlichem
Ansehen und der Beschenkte zeigt seine niedrigere Stellung, wenn er nicht adäquat zurück schenken kann. Der Schenkende erlangt dann das höhere Ansehen. Gerade, wenn vor Weihnachten das
Thema zur Last wird, hilft ein Blick nach Japan, dem Land des Schenkens, wo jede Familie durchschnittlich 26 mal pro Jahr Geschenke kauft. Die Sprache kennt 35 Ausdrücke für das Schenken, je
nach Jahreszeit und Anlass. Besonders wichtig ist dabei die Verpackung. Das ist eine besondere
Herausforderung bei dem wohl schönsten Geschenk, der gemeinsam verbrachten Zeit. Die Internetseite „Zeit statt Zeug“ bietet Inspirationen dazu.
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Bloß nicht
stehenbleiben:
Uhrenbeweger
„Diamond“
von Boca
do Lobo
Big Bang Shiny.
Ein Chronograph für Damen aus Rotgold 750,
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PATRICK DEMARCHELIER
Guten Morgen
Mitinhaber der
Designagentur
Mutabor in
Hamburg
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SCHENK MAL
WIEDER - EIN
Alle Jahre wieder beschäftigt sich die Nation mit der
einen, alles in den Schatten stellenden Frage: was
schenken? Fest entschlossen, mir darüber nicht mehr
länger den Kopf zu zermartern, plädiere ich dafür, an Heiligabend den Lieben einfach Geld unter den Christbaum zu legen. Ist zwar sicher nicht im
Sinne des Papstes, aber ich kann Ihnen
versichern, dass es die Anwesenden
glücklich macht. Und die Moral von
der Geschicht? Schenken sollte ohneHerbert Seckler
hin nur ein schöner Nebeneffekt des
Kultwirt vom
Sylter „Sansibar“
Alle-Jahre-wieder-Abends sein. Deshalb sollten Sie sich vielmehr die Frage
stellen: was trinken? Am besten einen Wein, bei dem
man nichts falsch machen kann – den 2009er „Tenuta
Donna Olga“. Ein geradezu überwältigender „Brunello
di Montalcino“, der Realisten in Schöngeister zu verwandeln vermag und Ihnen und Ihren Liebsten ein
schönes und vor allem rauschiges Fest bescheren wird.
Hier wohnt der Nussknacker:
Teelicht hineinstellen,
anzünden und anschauen.
Ü B E R A R C H I T E C T U R A LWA T E R C O L O R S . C O M
AKHTAR
Heinrich
Paravicini
Schenken an sich ist etwas sehr beglückendes. Das Gegenteil ist leider oft die gelebte und gehasste Realität.
Ich habe mich daher schon vor längerem davon verabschiedet,
Event-Geschenke zu suchen – also Geschenke für Geburtstage, zu
Weihnachten oder ähnliche Anlässe. Event-Geschenke sind in den
wenigsten Fällen einfallsreich oder gar inspirierend, denn sie wurden
in panischer Hektik gekauft – oder noch schlimmer – gerade zum
Fest – als Punkt 27 auf einer Liste abgehakt. Heraus kommen dann so
wundervolle Dinge, wie Kristallgläser mit kreativen Mustern, praktische Artikel von „Pro Idee“ (ziemlich amüsante Sache, sich da durchzublättern) oder modische Accessoires, die nur von der absoluten
Verzweiflung des Schenkers zeugen – dann doch lieber Socken.
Ich selbst schenke am liebsten grafische Kunst. Und ich kaufe diese
kleinen Kunstwerke immer dann, wenn ich eines sehe. Für Menschen,
denen man etwas von Herzen schenken möchte, halte man die Augen offen und den Geist auf Empfang. Für diese Schenk-Strategie ist
Graphic arts geradezu prädestiniert. Graphic arts hat in den letzten
Jahren einen wahren Boom erfahren – und über New York und London kommen die kleinen Graphic Labels auch zu uns. Mir begegnen
sie überall: In London zum Beispiel gibt es jährlich das wunderbare
Festival „Pick me up“ im Somerset House, wo Londons grafische ItSzene ihre Werke ausstellt. Aber auch bei uns findet man Graphic
arts, zum Beispiel in Hamburg bei „Entwurf Direkt“ oder „Ply“ im
Stadtteil Ottensen – in Berlin gibt es
in Kreuzberg oder rund um die Torstraße eine ganze Reihe von inspirierenden Art-Concepts, etwa die wundervollen Siebdrucke von „ReSurgo“.
Grafische Kunst hat als Geschenk für
mich nur Vorteile: Sie ist im Gegensatz zu bildender Kunst nicht teuer,
und ist – wenn ungerahmt – leicht
und gut verstaubar und daher immer
und überall auf Reisen einzustecken.
Und das wichtigste, sie hat immer eine eigene Persönlichkeit – und die
verschenke ich dann gleich mit.
ARCHITECTURAL WATERCOLORS
AUF DIE
GRAFISCHE ART
Während die Schöne wahrscheinlich in Erinnerungen an die
vergangene Partynacht schwelgt, überstrahlt ihre Robe
noch den heraufdämmernden Tag. Soll eine Kreation von
Dior ins rechte Licht gerückt werden, bucht das französische Modehaus seit Jahren Patrick Demarchelier. Der Meister weiß mit nur einem Foto eine ganze Geschichte zu erzählen. Dieses Kleid wurde 1946 gefertigt, würde aber auch
heute und morgen jeden roten Teppich adeln. Der Band
„Dior New Couture“ (Rizzoli) erscheint noch diesen Monat.
TRENDBAROMETER
VON WOLFGANG
JOOP
Herr Haka
Original. Darum geht es.
Und ein bisschen „on the
edge“. Zumindest modemäßig hat sich der Mainstream einfach totgelaufen.
Es ist nicht so, dass auch sie
sich radikalisiert, aber es gibt
einfach einen Überdruss an
Beiläufigkeit und Ambivalenz. Das äußert sich eben
auch äußerlich. Und je mehr
wir die Freaks aus dem Silicon Valley in unser Leben
hinein- und ihnen das Monopol auf Kommunikation
überlassen, desto stärker
wächst andererseits das
Bedürfnis nach Haptik, nach
dem irgendwie Echten.
Hans im Glück
Ich stehe im 29. Stock über dem Central Park in der „Roof“-Bar des „Viceroy Hotel“
mit einer eisigen Flasche Heineken Light und denke über Geschenke nach – für
mich und meine Liebsten. Was schenkt man, wenn man schon fast alles hat? 1. Zeit
– in jeder Form. Sich nehmen und anderen widmen. 2.
Schokoladen-Nikoläuse und Butter-Spekulatius. 3. Das
David Blieswood
neue iPhone 6plus, das Blackberry Passport oder das
Connaisseur aus Hamburg
iPad Air 2. 4. Kaschmir-Strümpfe von Falke – Zobel für
die Füße. Aber vergänglich.
5. Einen Helikopter-Selbst-Fliegen-Gutschein – mit
Lehrer Kopilot. 6. Mut zu fetten Büchern für den Kamin: „Die Abwicklung“ von George Packer (geniale
US-Porträts, wie über den Internet-Milliardär Peter
Thiel, Deutscher, Katholik, schwul). Peter Scholl-Latours Letztling: „Der Fluch der bösen Tat“ (hat er noch
auf dem Sterbebett überm Rhein redigiert). Thomas
Kielingers neue Biografie „Winston Churchill – der späte Held“. Für Geheimdienstler: „Im geheimen Krieg der Spionage“: Hans-Georg
Wieck (BND) und Markus Wolf (MfS). Für 60-plus: Wilhelm Schmids Lebensweisheit-Büchlein (Zigarettenschachtel-groß): „Gelassenheit – was wir gewinnen, wenn
wir älter werden“ (nur 8 Euro). 7. Sich einen britischen Maßanzug aus der Savile Row
gönnen – circa 3500 Pfund. Einfach die Straße runter- und rauflaufen und seinem
Gefühl folgen. 8. Das „TRX“-Einzelkämpfer-Band (ca. 240 Euro), damit trainieren
Elite-Soldaten – Til Schweiger und ich. Genialer Trick: Der eigene Körper wird zum
Gymnastikgewicht – in jedem Hotelzimmer. 9. Quadrocopter – das sind Minidrohnen mit Foto-Video. Ein Hit in den USA. 10. Sex-Toys – nicht lachen! Man kann ja
nicht die ganze Zeit vorm Kamin liegen. – Oder vielleicht doch!
WAS NUN?
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JASON MC GLADE
Der Herr mit Fernglas heißt höchstwahrscheinlich
nicht Hans. Und in dieser skurrilen Szenerie dient
die Gans maximal als notwendige Requisite. Denn
hier geht es doch eindeutig um die unnachahmlichen Stoffe, Farben und Muster der italienischen
Traditionsmarke Etro. Die können nämlich mehr als
das charakteristische Paisley. Einfach mal im namengebenden Bildband von Rizzoli schauen.
Dazu sagt Frau
gerne „Ja!“.
Verlobungsring
mit Aquamarin
von Dolce &
Gabbana
Jewellery
Frau Dob
Ich glaub ja auch, dass der
direkte physische Kontakt
ein Revival erleben wird. Und
das nun auch die klassische
Kunst boomt, muss ja etwas
bedeuten. Apropos, hattest
du nicht am Strand von Ibiza
die Frau von der „Frieze“
getroffen, die gesagt hat, sie
bedauere die Frauen, die
meinen, sie müssten HermèsTaschen in 20 Farben kaufen.
Statt die eine zu tragen, die
immer schöner wird mit der
Zeit. Die sich dann lieber
einen überteuerten Fetzen
von Hedi Slimane kauft, weil
sie das an ihre Jugend erinnert. Ist das schon ‚edge‘
oder Überdruss?
PHOTOGRAPH BY SNOWDON/COURTESY OF TRUNK ARCHIVE
Beachten Sie
die Mähne!
STELL DIR VOR,
DU WÄRST JOSEF
Dass ich Weihnachten liebe, ist kein Geheimnis.
Am meisten die biblische Geschichte von Jesu
Geburt. Die Magie von Marias Jungfräulichkeit,
die Reise von Nazareth nach Bethlehem, nur damit
das Paar doch in einem Stall übernachten musste, die Geburt in der
Krippe. Das ruhige Baby, das auf den
Besuch der Könige wartet. Der Kontrast von dem simplen Wesen in seiner
schlichten Umgebung und der riesigen
Aufgabe, die auf das Kind wartet. Ob
man nun an Christus glaubt oder nicht,
Chris Glass
die Magie der Geschichte ist bemerEuropean Membership
Director „Soho House kenswert. Ich hab mich mal in Josefs
Group“ in Berlin
Situation hineinversetzt: Ich müsste
also nach Hause, weil Volkszählung ist,
mit Millionen anderen, der Flieger überfüllt. Das
Hotel in den USA wäre überbucht, dazu der emotionale Stress wegen der mysteriösen Geburt –
und was zieh’ ich bloß an, wenn CNN den Heiland
filmen will? Okay, da hab’ ich mich lieber auf die
Metaphorik der Geschichte konzentriert: auf die
Idee, dass bescheidene Anfänge den Weg zu
wahrer Größe ebnen können; dass die höchste
Gabe in der einfachsten Form daherkommt; dass
ein Kind eine überragende Rolle spielen kann. Und
überhaupt die Freude, zusammenzukommen.
Wenn wir uns daran erinnern, können wir jeden Tag
Weihnachten feiern.
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Die Anmut eines edlen Pferdes ist nur
schwer zu übertreffen. Warum die Reiterin
im Damensitz trotzdem die bessere Figur
macht? Ganz einfach: Weil der Gaul keinen
Bock hat. Oder? Der Schein trügt, denn eigentlich steht er (fast) perfekt am Zügel.
Eine komische Ambivalenz, die der Fotograf
in dieser Momentaufnahme festhielt. Auf
den Auslöser gedrückt hat Snowdon, eigentlich Antony Armstrong-Jones, 1. Earl of
Snowdon. Der Ex-Schwager der Queen hat
Mode, Stars und seinesgleichen wie kein
zweiter in Szene gesetzt. Glücklicherweise
lässt sich das in seiner Retrospektive nachblättern. Snowdon. A Life in View (Rizzoli).
GRÜNDE GIBT’S
IMMER
Am 15. November ist es wieder so weit. Dann verwandelt sich unsere nicht besonders traditionsbewusste Hauptstadt in einen überdimensionalen Weihnachtsmarkt. Zwei Monate lang Glühwein und Konsum ohne Ende. Aber es gibt ja nicht nur Weihnachten, danach geht es gleich weiter: Neujahr, Valentinstag, Ostern, Mutter-, Vater-, Geburtstag, Halloween, Thanksgiving und
so weiter. Ein ganzjähriger Marathon an Möglichkeiten, zu feiern und zu schenken. Überdosis?
Eigentlich sollte ich das als Inhaber von drei Geschäften in Berlin anders sehen. Und trotzdem.
Als ich aufwuchs, war schon die Vorbereitung auf das Fest der Feste besonders: das Aufstellen
der Krippe, das Schmücken des Baumes mit herrlichen Sachen, die schon seit Generationen den
Rest des Jahres sorgfältig verpackt in Kartons ruhten. Dann die viel zu lange Mitternachtsmesse
und das mit Spannung erwartete, unbekannte (!) Geschenk. Nichts Banales, Alltägliches. Kein
Handy, Staubsauger, Bügeleisen.
Besondere Anlässe erfordern besondere und mit Liebe und
Überlegung ausgesuchte Geschenke. Es durfte ruhig auch
Emmanuel de
ein bisschen Luxus sein! Etwas, was man besonders schätzt
Bayser
und einen lange an diesen Moment erinnert. Denn kaufen
Mitbesitzer von
und konsumieren wir nicht das ganze Jahr über wahllos? UnThe Corner Berlin
längst habe ich eine dieser vielen neuen Shoppingmalls in
Berlin besucht. Eine Lawine von Konsumgütern, von der strassbestickten Unterhose in Herzform
bis zum Plüschmonster ... und das alles in hundertfacher Ausführung. Dieses Übermaß an freudlosem Konsum hatte auf mich genau die entgegengesetzte Wirkung: Mit leeren Händen ging
ich nach Hause, setzte mich auf mein Sofa und betrachtete eine kleine Keramikschale, die ich vor
fünf Jahren zu Weihnachten bekam – und spürte das wohlige Gefühl Zufriedenheit!
UND SONST NOCH
ZEITMESSER: Der mit der Uhr tanzt – Kevin Costner
ist Markenbotschafter für Jacques Lemans. Der
Chronograf KC-103B spielt deshalb auch eine Rolle
in seinem neuesten Film „Black and White“. Der Kinostart ist für 2015 geplant. ——— GUTER ZWECK: Bei
Apropos The Concept Store gibt es zum 30. Geburtstag
einen Charity-Adventskalender. Für 25 Euro warten
hinter dessen Türchen exklusive Gewinne von Chloé
bis Schumacher. Der Erlös geht an ein Jugendhospiz in Düsseldorf. ——— ERSTE
HILFE: Nicht verzweifeln, nicht wegschmeißen! Cashmere Doc rettet Ihren
Lieblingspulli. Spezialshampoo, Service und Infos unter cashmeredoc.de.
MANFRED KUTTNER
Familie, Freunde und Bekannte zu beschenken, sich Gedanken zu machen und sie zu
überraschen – das bereitet mir große Freude. Wenn ich unterwegs bin,
geschieht es oft, dass ich
etwas sehen und direkt weiß,
für wen es das perfekte Geschenk wäre. Meistens ergreife ich dann die Chance
und kaufe es. Zu Hause habe
Kim-Eva Wempe
ich dafür einen eigenen
Geschäftsführerin
Schrank: Die Mitbringsel
„Wempe“ in Hamburg
werden dort sicher verwahrt
und zum jeweiligen Anlass
wieder hervorgeholt. Beim Überreichen
sagen zu können: ‚Das habe ich gesehen und
sofort an Dich gedacht!‘, das ist ein wirklich
schöner Moment.
Fräulein, bitte zum Diktat ...
1963 bemalte Manfred Kuttner diese Schreibmaschine mit fluoreszierender Temperafarbe, um mehr Pep, äh, Pop in den Alltag zu bringen. Mit der Ausstellung „German Pop“
ehrt die Frankfurter Schirn jetzt den 2007 gestorbenen Künstler und viele seiner Kollegen.
Kuttner entwickelte in den Sechzigern gemeinsam mit Konrad Lueg, Sigmar Polke und
Gerhard Richter den „Kapitalistischen Realismus“. Die Gruppe wollte einen Gegenpol zur
angloamerikanischen Pop-Art bilden. Da blieb Warhol die Dosensuppe im Hals stecken.
UND SONST NOCH
JUBILÄUM: Zum 20. Geburtstag der „Le Pliage“ von Longchamp hat die Künstlerin Sarah Morris das obige Sondermodell entworfen. Die Tasche ist jetzt im Handel erhältlich. ——— MUSIK: Gemeinsam mit dem Zürcher Kammerorchester hat Pianist Yorck Kronenberg eine außergewöhnliche Aufnahme der Klavierkonzerte von Johann
Sebastian Bach (BWV 1052-1058) vorgelegt. ——— FOR MEN
ONLY: Ende November eröffnet das deutschlandweit
erste Geschäft von Prada Uomo in Frankfurt. Mit VIP-Bereich und Maßservice.
——— RAUMDUFT heißt bei Hermès „Parfum de
Maison“. Zu bekommen in
fünf Aromen („Rêveries“)
und drei Objekten: Kieselstein – oder wie abgebildet im Keramikbecher
und Origami-Pferd. Letzteres ist auch als Reisebegleiter gedacht.
Ich habe nach meinem Wimbledon-Finale voriges Jahr nicht umsonst
gesagt, dass ich mich zu großen Anlässen gern mit einem Schmuckstück belohne. In diesem Fall war es eine Halskette aus Roségold, das
mag ich am liebsten. Mit dem Stück verbinde ich nun das ganze großartige Turnier. Und das Schönste daran ist: Die
Kette bliebt, man kauft sie und hat sie dann wirklich für immer. Genau wie die Gefühle und Erinnerungen, die an ihr hängen. In meinem Sport bedeuten Routine und Aberglaube viel, ich trage
beispielsweise immer über ein gesamtes Turnier
hinweg das gleiche Paar Ohrringe. Die dunkelblauen aus der Lotus-Serie von Thomas Sabo, für Sabine Lisicki
die ich ja auch werbe, habe ich in Wimbledon geTennisspielerin
tragen. Aber auch nur Ohrringe schmücken einen aus Berlin
eben, wie man da so in seiner Sportmontur steht.
Mein größtes sportliches Schmuckstück ist der Aufschlag. Nicht nur
wegen der Eleganz, es geht auch um die Kraft, was alles in einen einzigen Schlag einfließt. Man hat es völlig selbst in der Hand. Und wenn
man ein Ass schlägt, ist das einfach das beste Gefühl, das man auf
dem Platz haben kann. Es können immer verrückte Dinge während eines Matches passieren, es kann ja von Sekunde zu Sekunde kippen. Es
sind zwei Menschen, die gegeneinander antreten. Es wird einem absolut nichts mehr geschenkt. Es sind ja nicht nur die Top Ten, die gut
spielen, es ist die Masse. Aber auch abseits vom Talisman habe ich einen Schmuck-Tick. Das Sammeln hört also nie auf.
MARTIN U. K. LENGEMANN
SPIEL, SATZ, SCHMUCK
P
CHAM
LONG
PAUL SCHIRNHOFER
AUF VORRAT
27
OH, LOOK! UNSERE
ICONA ZEIGT IHRE AKTUELLEN LIEBLINGSTRENDS
ILLUSTRATIONEN: JAMES DIGNAN (JAMESDIGNAN.COM)
SUPER GIRL ICONA
+
Geistesblitz:
Ohrringe „Alladin“
von Maria Black
+
Mit Vorsicht
zu genießen:
Lippenstift
„Lady Danger“
von Mac
Catwoman: Pullover
„Monster Choupette“
von Karl Lagerfeld
+
+
Gefahr im Anflug?
Cape von Garreth Pugh
über net-a-porter.com
Schutzmaske:
Handyhülle von Mia
Abadi für iphoria.com
Starstruck: „Babies 70“
Schnürstiefel aus der
Cruise-Kollektion 2015
von Saint Laurent
+
Wandelnde Sprechblase:
Clutch von Urban Outfitters
+
Fingerspitzengefühl: Lederhandschuhe von
& Other Stories
= 4.627 €
Rote Rächerin: Lederleggins von
Helmut Lang über mytheresa.de
TEA TIME ICOMI
Exquisit: Porzellan
„Mosaique au 24
Platine“ von Hermès
+
+
+
Bouquet zum Tee:
Duftkerze „London“ von
Ladurée über ludwigbeck.de
Isn’t it! Nagellack „Earl
Grey“ von Londontown
+
+
Für Körper
und Seele:
Bodylotion
„Vetiver &
Black Tea“
von Kiehl’s
Fürs Decolle-Tee: Parfum
„Imperial Tea“ von Kilian
+
28
Smokin’ hot: „Earl Grey
Smoky“ von Kusmi Tea
= 1.483 €
+
Tischleuchte „Tea Time“
über kare-design.com
Chic shade of grey:
Kaschmirkleid von
FTC-Cashmere
Stil läuft immer:
Booties von Unützer
LUXUS
tatsächlich darüber Gedanken und beschäftigen sich mit dieser Frage als zentraler Aufgabe. Und wenn es dabei in erster Linie um Unikate geht, fällt das auch mit dem Aspekt der
Nachhaltigkeit bei der Definition von Luxus
zusammen. Das größte Anliegen vieler Marken ist aber die quantitative Steigerung. Wenn
man wirklich die Umwelt und die eigenen
Ressourcen schützen möchte, akzeptiert man,
dass Ressourcen begrenzt und deshalb teuer
sind. Da gibt es häufig einen Unterschied zwischen Luxus- und Premiummarken. Bei Premium geht es immer darum, die Menge zu
steigern.
NYMPHENBURG
Der Tisch ist gedeckt
– doch womit?
Wenn Porzellan
aus dem Hause
Nymphenburg darauf
steht, kann man
von Luxus im Sinne
von Qualität statt
Quantität ausgehen
Wissen fürs Gewissen
Nachhaltigkeit ist derzeit das große Wort der Luxusbranche. Doch ist dieses
Versprechen überhaupt erfüllbar? Barbara Coignet hat in Paris eine Messe für
entsprechende Produkte initiiert. Hier sagt sie, worauf man achten muss
W
ie sind Sie auf die
Idee gekommen, eine Messe für nachhaltige Luxusgüter
zu veranstalten?
Ich habe zwölf Jahre
lang als PR- und
Kommunikationsansprechpartnerin für Künstler und Designer
in der Modebranche gearbeitet. Etwa 2006
habe ich begonnen, meine Kunden zu fragen:
„Woher kommen Ihre Produkte? Interessieren Sie sich für Produktionsweisen, die ökologisch sinnvoll sind?“ Jeder gab mir dieselbe
Antwort: „Wir können es uns nicht leisten,
uns um die Umwelt oder Nachhaltigkeit zu
kümmern, weil wir uns entscheiden müssen –
entweder sind wir kreativ oder wir kümmern
uns um den Planeten.“ Ich bin aber ein neugieriger Mensch und ich wollte ihnen beweisen, dass beides gleichzeitig möglich ist. Also
habe ich angefangen, nach Beispielen zu suchen.
30
Und was haben Sie gefunden?
Hotels waren am einfachsten aufzuspüren, sie
sind ja im Grunde Lifestyle-Organisationen.
Sie müssen gezwungenermaßen, aber auch
aus gesellschaftlichen Gründen auf die Umwelt achten. Nachdem ich für mich den Beweis gefunden hatte, dass das funktioniert,
und immer weitere Projekte in der ganzen
Welt fand, beschloss ich, Unternehmen zu präsentieren, die nicht nur verstanden haben,
sondern auch zeigen, dass man Kreativität
und Nachhaltigkeit miteinander in Einklang
bringen kann. Die Messe „1.618“ setzt das um.
Bei Nachhaltigkeit geht es nicht nur um die
Umwelt, sondern auch um Innovation und
Kreativität. Man sieht das an den Automobilherstellern, Hotelketten, Kosmetik- und Modefirmen, die wir vorstellen. Jede Marke muss
vor der Teilnahme einen Fragebogen ausfüllen, der von einer Fachjury beurteilt wird.
„Greenwashing“ ist durchaus ein Problem.
Präsentieren Sie eher neue oder vor allem
etablierte Marken?
Manche Marken sind sehr jung. Kleinen Unternehmen mit zwölf Mitarbeitern fällt die
Entscheidung, nachhaltig zu produzieren,
leichter als großen Konzernen, die erst die Gegebenheiten ändern müssen. In unserem ersten Jahr hatten wir Marken wie Sony und Tesla Motors, die bei Konsumenten im Luxussegment bereits sehr bekannt sind. Wir haben
auch weniger bekannte Firmen wie S.T. Dupont vorgestellt. Im folgenden Jahr stieß
BMW dazu. Die Auswahl beschränkt sich immer auf dreißig bis vierzig Marken, von denen
vielleicht zwanzig Prozent sehr bekannt sind.
Alle anderen sind neu.
Aus den Chefetagen von Luxusmarken ist sehr
häufig als Argument zu hören, dass Luxus die
Definition von Nachhaltigkeit sei. Man arbeite
nur mit wirklichen Fachleuten, die Produkte
seien sehr langlebig und so weiter. Stimmen
Sie dem zu?
Von einem philosophischen Standpunkt aus:
ja. In der Realität sieht es oft anders aus. Wie
kann eine Marke, die 600 Taschen am Tag produziert, sagen, dass Unikate ihr wichtig sind?
Echte Luxusunternehmen machen sich aber
Das Argument gilt also nur für die absolute
Spitze der exklusiven Marken?
Die Ressourcen sind endlich. Das wissen wir
alle. Bei echten Luxusunternehmen deckt
sich das mit ihrer Geschichte, dem Verkauf
seltener Objekte von höchster Qualität. Luxus
war einmal das Privileg jener, die Geld und
Macht hatten. In den vergangenen 20 Jahren
hat sich das geändert. Heute haben wir massenhaft produzierte Accessoires, die per Definition keine Luxuswaren sind, aber von Luxusmarken verkauft werden. Auf der anderen
Seite gibt es zum Beispiel Hermès, ein Unternehmen, dessen Geschäftsmodell immer
schon auf dem Verkauf von Unikaten basierte.
Daran hat sich nichts geändert. Hermès ist
beispielhaft für eine Luxusmarke, bei der
Nachhaltigkeit sich auch auf gesellschaftliche
Aspekte erstreckt.
Aber das ist nicht bei jeder Luxusmarke der
Fall?
Nicht alle Luxusmarken, die oft großen Konzernen gehören, können in jedem Bereich
vorbildlich sein. Auf eine Art ist das auch in
Ordnung. Keiner kann alle Aspekte des Geschäfts ändern. Sowohl die Hermès-Produkte,
die handgefertigt werden und auf die man
warten muss, als auch die in Masse produzierten Sonnenbrillen sind Luxusprodukte. Sie
gründen nur nicht auf denselben Werten.
Bieten Luxusmarken in diesem Zusammenhang mehr Angriffsfläche als andere Marken?
Ja. Gucci verkauft inzwischen Handtaschen,
die eine Art Pass haben. Darin ist aufgezeichnet, woher das Leder stammt. Gucci gehört zu
Kering, vormals PPR, die Gruppe ist inzwischen sehr engagiert in Sachen Nachhaltigkeit.
Das hängt immer vom jeweiligen Präsidenten
oder Geschäftsführer ab. Wenn er oder sie diese Ideen unterstützt, wie es François-Henri Pinault von Kering tut, gewinnen sie dort schnell
an Bedeutung. Kering plant offenbar, die gesamte Verarbeitungs- und Zuliefererkette umweltfreundlich auszurichten und Gucci zu einer sehr grünen Marke zu machen.
Sie sagten eben, dass immer mehr Kunden kritische Fragen stellen. Passiert das weltweit?
In Europa gewinnen diese Fragen sehr schnell
an Bedeutung. Natürlich können wir, wenn
wir über Luxus reden, nicht nur über Europa
sprechen, der größte Umsatz wird heute in
China erzielt. Luxus ist universal, selbst wenn
die Marken aus Europa kommen. Konsumenten aus China und Brasilien entdecken gerade
erst den Luxus für sich. Luxus ist für sie oft
gleichbedeutend mit einem Namen, einer
Marke und der Macht dieser Marke. Für Fragen der Nachhaltigkeit interessieren sie sich
nicht sehr. Das ändert sich aber schneller als
hier. In China schenkte man derlei Fragen vor
drei Jahren noch keine Beachtung. Das hat
Interview: Markus Albers
sich geändert.
MICHAELKORS.COM
GEDANKEN ZUR ZEIT
Wer
schreibt,
der bleibt
Hermès hat einen Füller
konstruiert. Hier erklärt
Pierre-Alexis Dumas,
der Chef des Hauses,
warum das von Hand
verfasste Wort die Magie
des Augenblicks am
besten einfängt
Die Feder des „Nautilus“, gehandhabt vom
Zeitungs-Karikaturisten Edward Koren
W
32
enn im Januar
2015 die neue
Boutique von
Hermès
in
Düsseldorf eröffnet, wird
dort auch der
erste Füllfederhalter aus dem
französischen Traditionshaus lanciert. Der
puristische „Hermès Nautilus“ ist eine wahre
Edelfeder, entwickelt von absoluten Meistern
des Faches: Japans berühmteste Schreibaccessoire-Manufaktur Pilot, der Designer Marc
Newson und Hermès arbeiteten vier Jahre an
seiner Form und Funktionalität. „Nautilus“ ist
ein Herzensprojekt von Pierre-Alexis Dumas,
Kreativdirektor des Hauses und leitendes Familienmitglied in sechster Generation. Denn
Zeit, so sagt er, lasse sich nicht nur mit Uhren
messen. Für uns hat Pierre-Alexis Dumas über
dieses große Mysterium der Menschheit philosophiert:
„Viele nennen Hermès eine Luxusmarke. Ich
lehne das nicht ab, aber ich hinterfrage den
Begriff. Luxus ist ein überstrapazierter Begriff heutzutage. Jedes neue Unternehmen,
das teure Produkte herstellt, gebraucht ihn in
seiner Kommunikation. Wenn jeder Pool, jedes Auto, jede Villa sich nur deshalb Luxus
nennt, weil der Preis hoch ist, wird der Begriff
beliebig. Ich möchte Hermès-Produkte lieber
über Handwerkskunst und Qualität definieren. Und über die Zeitachse, die in unserem
Hause eine andere Bedeutung hat. 2012 war
unser Jahresthema für alle Hermès-Kollektionen die Zeit. Damals haben wir viel über die
Bedeutung nachgedacht, und dabei fiel mir
auf, dass im Hause Hermès die Uhren anders
ticken. Es ist ein bisschen wie mit der Zeitverschiebung. Zeit bemisst sich an verschiedenen Orten anders. Ob Sie zu Hause sind oder
im Büro sind, Sie empfinden Zeit anders.
Oder wenn Sie im Flugzeug auf einem Langstreckenflug sitzen: In dem Moment, in dem
Sie den Boden verlassen, gibt es nur noch die
Zeit des Flugzeuges. Man ist in einer anderen
Dimension. So sehe ich das auch im Hause
Hermès: Bei uns bemisst sich Zeit nicht nach
Sekunden, sondern nach Sattlerstichen.
Als ich elf Jahre alt war, lernte ich, Leder zu
nähen. Jeden Mittwochnachmittag nähte ich
Gürtel, vier Jahre lang. Ein recht aufwendiger
Zeitvertreib: Ich lernte, wie viel Geduld und
Konzentration jeder einzelne Stich bedeutet,
wenn er perfekt sein soll. Wenn man das Bestmögliche machen will, muss man für den Mo-
Wenn man d
as
man für den Bestmögliche machen w
il
Moment lebe
n. P I E R R E - A L E X I l, muss
SD
UMAS
ment leben, ganz eins mit dem Objekt werden.
So habe ich verstanden, dass Zeit nicht unbedingt etwas Quantitatives ist. Die meisten
Menschen fragen sich: Wie viel Zeit habe ich
zu leben? Zu arbeiten? Mich zu amüsieren?
Das hier zu lesen? Wie lange dauert das Interview? Normalerweise zählen wir Zeit in Minuten, Stunden oder Jahren. Aber es gibt eben
auch die andere Dimension, die Qualität von
Zeit. Ein Handwerker bei Hermès, der tagelang, gar wochenlang an einer Tasche arbeitet,
hat eine andere, qualitative Auffassung von
Zeit. Unsere Handwerker bleiben oft ein Leben lang im Unternehmen, und ich bin überzeugt, dass auch sie ihre Arbeitszeit anders
empfinden als jemand, der unter anderen Bedingungen arbeiten muss.
Als Thierry Hermès 1837 das Unternehmen
gründete, war es sein Wunsch, die beste Sattlerei von Paris zu werden. 30 Jahre später gewann er auf der Pariser Weltausstellung seine
erste Medaille. Er arbeitete bereits daran, den
Zeitbegriff zu öffnen in eine andere, profundere Dimension: die der Qualität, nicht der
Quantität. Der größte Luxus, den Hermès als
Unternehmen heute hat, ist seine Unabhängigkeit. Wer sich die bewahren kann, besitzt
Freiheit, nicht nur im ökonomischen, sondern
vor allem im kulturellen Sinn. Diese Freiheit
hat jedoch Grenzen, räumlich und zeitlich. Ein
Menschenleben ist nicht unbegrenzt, Zeit ist
etwas Kostbares, und das habe ich während
des Nähens tief verstanden: Hingabe an den
Augenblick. Zeit nicht als etwas Quantitatives
zu begreifen, sondern den Blick auf ihre Qualität zu richten.
Die Werte, die mir von Kindesbeinen an vermittelt wurden, sind Nächstenliebe und Toleranz. Und die erreicht man durch permanente
Neugier und Begeisterungsfähigkeit, für Menschen und ihre Arbeit. Es war ein großes
Glück für mich, dass ich schon sehr früh reisen konnte, nach Frankreich, Europa und sogar Indien. Meine Eltern Jean-Louis und Rena
Dumas haben mich als Kind ständig auf Reisen mitgenommen, wo wir Handwerker der
unterschiedlichsten Metiers besuchten. Was
ich da bei meinen Eltern beobachten konnte,
war immer ein tiefes Interesse und ein großer
Respekt vor Menschen. Er begegnete Menschen nicht als Chef, sondern wollte wirklich
erfahren, wer sie sind, warum sie tun, was sie
tun, was sie bewegt. Mein Vater sagte immer,
es gibt keine Kreativität ohne Gedächtnis. Er
verabscheute die Überheblichkeit, wenn jemand behauptete, er sei der Erste und Einzige,
der dieses oder jenes macht oder gemacht hat.
Alles auf der Welt hat schon einmal in dieser
oder jener Form existiert, man muss die Vergangenheit kennen und achten.
Die Geschichte unseres Unternehmens begann mit meinem Vorfahren Thierry Hermès
in Deutschland, in Krefeld, wo er in die Sattlerlehre ging. Auch er hat sein Wissen von einem Meister gelernt, der heute unbekannt ist.
Und dieser von einem anderen Meister. Kreativität und Handwerkskunst sind die Weitergabe von Wissen über Generationen. Mit elf bat
ich meinen Großvater, selbst eines unserer
Ateliers zu besuchen. Da war ich nicht der
Sohn des Chefs, sondern ein einfacher Lehrling, der es mit zwei älteren, sehr strengen
Meistern ihres Fachs zu tun hatte. So etwas
lehrt Demut und Bescheidenheit: die Meister
respektieren, die Lehrlinge ermutigen. Die
Ausbildung in unseren Metiers ist sehr lang,
und es ist für unser Unternehmen sehr wichtig, junge Menschen zu motivieren für Handarbeit, sie sogar zu begeistern. Diesen Funken
weiterzugeben: die Lust, zu kreieren, zu schaffen, sich infrage zu stellen. Ich hoffe, dass wir
diese Unternehmenskultur nie verlieren, auch
wenn wir heute 4900 Handwerker beschäftigen.
Ethik und Ästhetik sind eng verbunden: Zuerst kommt der Mensch, dann die Verantwortung für das Produkt. Woher kommen die Materialien? Unter welchen Bedingungen werden sie hergestellt? Und wenn es verkauft
wird, wozu dient es? Dient es einem guten
Zweck? Wer eine Pistole herstellt, muss daran
denken, dass sie benutzt wird, wer ein Auto
herstellt, dass es gefahren wird. Eine Pistole,
ein Auto können schön sein, aber auch gefährlich. Ein Handwerker sagte mir einst, wenn er
einen Sattel herstelle, denke er zuerst an das
Pferd. Der Sattel muss gut gemacht sein, will
er dem Pferd nicht wehtun. Das Pferd kann
sich schließlich nicht beschweren, der Reiter
schon. Da ich selbst nie Reiter war, weiß meine Tochter dazu sicherlich mehr zu sagen.
Meine Leidenschaft war immer das Zeichnen
– gut zeichnen zu können gehört in der Familie zum guten Ton. Und das Schreiben. Jeden
Tag schreibe ich bestimmt um die zehn Briefe
mit der Hand. SMS sind für mich reine, funktionale Informationsvermittlung. Will ich
wirklich Wichtiges sagen, schreibe ich selbst
meinem Team Briefe oder handschriftliche
Notizen. Das ordnet die Gedanken viel besser
als eine hastig getippte Mail oder SMS. Da
sind der Kopf und die Hand und der Stift oder
Füllfederhalter, der sie zusammenführt.
Jeder kann das nachvollziehen, der sich mal
wieder hinsetzt und einen Brief schreibt. Jeder kann auf seine Weise versuchen, der Zeit
ihre Qualität zurückzugeben mit dem Ziel:
Wenn ich etwas tue, möchte ich es richtig und
bewusst tun und nicht nur oberflächlich. Wir
konstruieren unsere Realität ja jeden Tag
selbst, fühlen uns manchmal überfordert von
ihr, unsere Zeit hier auf Erden fühlt sich
manchmal fremdbestimmt an – aber das
stimmt nicht: Jeder kann entscheiden, sie gut
für sich zu nutzen.
Heute leben wir in einer sehr visuellen Kultur, überall begegnen uns Bildschirme, Bilder.
Bilder sind jedoch flüchtiger als Worte, oberflächlicher. Die Konsequenz daraus ist, dass
unsere Gedanken in einer ständigen Fragmentierung begriffen sind. Heute Morgen
war ich auf einer Konferenz, alle hörten zu
und gleichzeitig tippten sie SMS auf ihren
Smartphones. Da frage ich mich: Was bedeutet das für die Qualität der verbrachten Zeit?
Wir haben die Kunst verloren, wirklich ganz
im Moment, im Thema präsent zu sein. Mit
Zeichnen, Handwerken und Schreiben komme ich dem Zustand jedoch ziemlich nah.
Wer fähig ist, seine Lebenszeit bewusst zu investieren für den Moment, erreicht etwas wie
Unendlichkeit. Normalerweise glauben die
Menschen an Zeit als Dauer. Ich glaube an die
Ewigkeit des bewusst gelebten Augenblicks.“
Aufgezeichnet von Silke Bender
Das Pferd – HermèsErkennungszeichen –
stammt aus der Feder
des Illustrators
Philippe Dumas
PE
DU
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DK
IP
HIL
R
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Puristisch: der „Nautilus“ ist ein
Gemeinschaftswerk von Marc
Newson und der japanischen
Schreibaccessoire-Manufaktur
„Pilot“ für Hermès
33
S
MÈ
ER
;H
S
MA
GESCHENKE
Gold-Digger: Hanteln
aus 18-Karat-Gold
und Grenadillholz von
Hock Design
(Tel. 02262 / 707 51 60)
Ihr seid mein: Lederhandschuhe
mit goldenem Schloss
von Patrizia Pepe
Auf ein Neues:
Ohrringe mit
Jahreszahl und
DiamantKleeblatt
von dodo.it
Guckst du! Tasche von Max Mara
in güldener Krokoprägung
Goldene
Zeiten
Guten Rutsch: mit Blattgold
verzierte Rutsche von
Jupiduu. Keine Sorge, es
gibt sie auch ganz klassisch
aus Holz. jupiduu.com
Klar, ist alles Gold, was hier glänzt.
Ob echt oder nicht, spielt dabei keine
Rolle. Denn wer so etwas schenkt, hat
bestimmt auch ein Herz aus Gold
Geschüttelt, nicht gerührt:
Das „Meisterstück“ aus
Josef Rainers „Shakermanufaktur“ erfreut nicht nur
Männer und wird auf Anfrage
gefertigt ( jr-shaker.com)
Ein Klassiker – nun in Gold: der „Varina“ von Salvatore
Ferragamo. Wem das nicht gefällt: Der Schuh kann
online ganz nach Wunsch konfiguriert werden
Zwar nicht aus Gold, dafür aber umso
goldiger: Baby-Strick-Stiefelchen aus
Kaschmir. Von Burberry
Sie wollen Schmuck
verschenken? Fangen Sie
doch erst einmal mit dieser
Aufbewahrungsbox von
Tory Burch an
34
Die Steinchen sind nicht echt.
Macht nix, trotzdem hübsch.
Uhr von Michael Kors
Wenn Mr. Goldfinger das
geahnt hätte: Die „24K Gold
Mask“ von Peter Thomas
Roth strafft und dürfte für
den richtigen Glow sorgen.
Über ludwigbeck.de
ALLE GESCHENKESEITEN ZUSAMMENGESTELLT VON CAROLINE BÖRGER
Schlicht schön
können die Dänen
einfach besonders
gut: Ring „Dune“
von Georg Jensen
LE
PLIAGE
®
HERITAGE
B E R L I N - D Ü S S E L D O R F - F R A N K F U RT- A M - M A I N - M Ü N C H E N
H A M B U R G - S T U T T G A RT - B A D E N - B A D E N - N Ü R N B E R G
SCHREIBEN
Es unterschreibt
gern alle Ihre
Weihnachtskarten.
„The signing machine“
von Jaquet Droz
36
Avantgardisten und Mechanikgenie. Die Swatch Group hat die alte Schweizer Marke vor 14
Jahren wieder zum Connaisseur-Leben erweckt – und nun darf sie auch wieder spielen
Gouverneur des damaligen FürstenMan muss sich einmal hineinvertums Neuchâtel riet ihm 1758, seine
setzen in die Verhältnisse und
Preziosen am spanischen Hof zu
Lebensumstände im 18. Jahrzeigen. Mit sechs Pendeluhren
hundert, um die ganze Dimachte er sich auf den Weg,
mension dessen zu begreisieben Wochen später hatte
fen, was Pierre Jaquet Droz
er einen königlichen Fan und
seinem Publikum vorstellte.
ein solides Finanzpolster, mit
Nach heutigen Maßstäben
dem er sich an die Umsetzung
war das etwa so, wie zehn Neuseiner kostbaren, technischen Fanheiten-Präsentationen von Apptasien machen konnte.
le in Cupertino gleichzeitig. MinGut 250 Jahre später sitzt Marc Hayek
destens. 1721 auf einem Bauernhof
am Besprechungstisch im Showroom
im Uhrendorf La Chaux-de-Fonds
von Blancpain auf der Uhren- und
geboren, eröffnete der Schweizer
Schmuckmesse in Basel und freut sich
1738 sein erstes Atelier und fertigte
wie ein Junge, der eine X-Box bekomnicht nur Uhren, die allen bis dahin gekannten technisch überle- Da wird die Zeit nur men hat. Vor ihm liegt allerdings ein
Ding, das aussieht wie eine dieser alten
gen waren. Lange bevor Peter
Nebensache: ein
Carl Fabergé die berühmten Eier aktuelles Modell mit VHS-Kassetten für Videoabspieler. Was
die kann, ist tatsächlich großes Kino.
baute, konstruierte Jaquet Droz
Ziffernblatt in
Hayek, Sohn des Swatch-Gründers und
bereits spektakuläre Miniaturen
Pailloné-Emaille
verantwortlich für die Luxusmarken
wie die Uhr, dessen Dach aus
Goldschuppen sich langsam hebt, um den Breguet, Blancpain und Jacqet Droz, drückt
Blick auf eine ländliche Idylle freizugeben. auf einen Knopf, „sehen Sie!“, ruft er grinsend,
Nacheinander zwitschern verschiedene Vögel und aus dem Gehäuse entfaltet sich ein Steg ,
(mit echtem Gefieder), ein kleiner Flötenspie- ähnlich einem Plattenspielerarm, nur dass die
Spitze schreibt. Hayek. In schwungvollen Letler lehnt an einer Wand und spielt eine Weise.
1750 hatte Jaquet Droz geheiratet, bekam zwei tern. Immer wieder. Es war der Prototyp einer
Kinder, doch binnen weniger Jahren starben Erfindung, die nun tatsächlich auf dem Markt
seine Frau und die Tochter. Den Uhren galt ist: „The signing machine“, ein Faszinosum für
fortan sein einziges Interesse. Sohn Henry- 125.000 Euro, ein Spielzeug, das aber durchLouis, ähnlich begabt, stieg wie auch der aus einen Zweck erfüllt.
adoptierte Nachbarswaise Jean-Frédéric Le- Ein typischer Jaquet Droz Automat eben. Eine
schot später ins boomende Geschäft ein. Der Referenz an die lebensgroße Figur, mit der
JAQUET DROZ (3)
M
Im 18. Jahrhundert war nichts schöner und spannender als die Uhren von Jaquet Droz, dem
der Schweizer Uhrmacher seinerzeit für ungläubiges Staunen, Weltruhm und große Aufträge sorgte: „Der Schreiber“ war eine Puppe,
eine Art von Computer aus 6000 Teilen zusammengesetzt, die tatsächlich mit einer Gänsefeder kleine Briefe auf Büttenpapier
schrieb. Ebenso wie eine Klavierspielerin Musik machte oder der Illustrator Bilder zeichnete. Die „Automata“ stehen heute im Kunstmuseum von Neuchâtel. So etwas hatte die Welt
noch nie gesehen. Und sie wollte natürlich
mehr. Am chinesischen Kaiserhof waren sie
zum Beispiel ganz verrückt nach seinen singenden Vögeln.
Das Atelier in London, geführt von Sohn Henry-Louis, boomt, aus gesundheitlichen Gründen lässt sich der Vater 1784 in Genf nieder, die Nachfrage
nach den ungewöhnlichen Uhren steigt stetig. Doch ausgerechnet die chinesischen
Beziehungen läutete
das Ende ein. Der
Die lebensgroße Puppe
Handelspartner zahlte
„Der Schreiber“, der
nicht mehr. Und in
tatsächlich echte Briefe
London ging der
schreiben kann, wurde
wichtigste
Kunde
um 1770 (!) von Jaquet
bankrott. Im selben
Droz konstruiert
Jahr 1790 starb Monsieur Jaquet Droz.
2000 kaufte die Swatch-Group die Marke.
Seither singen die Vögel wieder. Inga Griese
Roségold, bildschön, formvollendet:
die neue Lux. Einzelstücke, mit Liebe gefertigt.
nomos-glashuette.com, nomos-store.com
GESCHENKE
Es ist ein Rosa entsprungen
Diese Seite widmen wir Ehefrauen, Müttern, Tanten, Nichten, Töchtern.
Die Farbe sagt doch alles, oder? Darauf erst einmal ein Gläschen Rosé ...
Vater und Sohn haben
Vilebrequin-Badehosen, Mutter
und Tochter bevorzugen hingegen
den Partnerlook von Burberry
Prorsum. Den Trenchcoat gibt
es in Groß und Klein
Pferdchen, hopp
hopp, hopp, lauf
ans Handgelenk:
Armreif „Galop“ aus
Roségold von Hermès
Ist eigentlich egal,
ob man noch schreibt.
Schön ist er: „849 Brut
Rosé“ von Caran d’Ache
Für erste, zweite, dritte
Liebesbriefe. Und überhaupt.
Briefpapier von Louis Vuitton
Das Geknautschte
ist das Besondere:
Diese Clutch von
Jimmy Choo liegt
gut in der Hand
und unterm Baum
Handschmeichler und Einschmeichler-Geschenk:
Gie Knot-Bag von Bottega Veneta ist ein
Klassiker, nun auch in der „Stretch“-Version
Nein, das ist nicht nur die Verschlusskappe. Sondern der Taschenzerstäuber
von „Jour d’Hermès Absolue“. Wir
sparen schließlich nicht
Nicht lange über das „Warum
tun Frauen so etwas?“ nachdenken.
Sondern schenken. Lip-Balm
wie „The Lip Slip“ (farbneutral)
über niche-beauty.com
Kälte kann so süß
sein: wärmender
Schnee-Anzug
von Petit Bateau
Die Kaschmir-Kuscheldecke von Agnona ist für
Babys gedacht. Aber bleiben wir nicht eigentlich alle
Kinder? (Gibt es auch in mit blauem Bärchen)
38
Wer will schon immer ins Studio!
Hantel-Manschettenknöpfe aus Kupfer:
von „Alice made this“ (über mrporter.com)
Verschenken Sie ein schönes Portemonnaie wie
dieses von Prada, aber vergessen Sie trotz der
Investition nicht, noch ein Geldstück hinein zugeben. Soll für finanziellen Wohlstand sorgen.
Und wer weiß, was dann zurückkommt?
Volle Kanne: Steltons
Klassiker gibt’s nun in
Bronze (links) sowie
in Silber und Gold
- AR 1818 - AR 1816
In jeder
Hinsicht
stilprägend
Im Familienunternehmen
Dornbusch ist Oberflächlichkeit
S
40
Sie kennen das: Man fährt mit der Hand über
das Leder einer Handtasche, eines Schuhs
oder eines Armaturenbretts und denkt: „Wow,
ist das perfekt.“ – Zu perfekt? Ja! Denn, das
wissen wir: Die Natur ist selten fehlerfrei. So
auch nicht die Haut eines Tiers. Da gibt es wie
beim Menschen Falten, Narben und Mückenstiche. Und weil diese bei Haptik und Optik eines exklusiven Produktes stören, werden
Tierhäute in fast allen Fällen durch Prägung
mit einer Struktur versehen. Auch dann,
wenn Leder ganz einfach nur aussehen soll
wie Leder. Für diese, nennen wir es mal: optischen Täuschungen sorgt seit mehr als 100
Jahren das Familienunternehmen Dornbusch
in Kempen. 1900 vom Großvater des heutigen
Firmeninhabers Paul Josef Dornbusch gegründet, hat man sich in der Maschinenfabrik
und Gravieranstalt der Verformung von Oberflächen wie Leder, Glas, Papier und Kunststoff
verschrieben und sich mittlerweile auf die
Herstellung von sogenannten Prägewalzen,
Druckwalzen und Prägelatten spezialisiert.
Zu technisch? Dann fangen wir mal von hinten an – bei den Kunden. Zu denen zählen
mitunter Hermès, Chanel, Louis Vuitton oder
Prada. Aber auch solche aus der Automobilindustrie. Porsche etwa, oder Rolls-Royce,
Daimler, BMW und Jaguar. Was diese Häuser
gemein haben, ist die Verarbeitung von hochwertigem Leder für Accessoires, Autositze
oder Innenraumverkleidungen. Und sie alle
suchen nach Alleinstellungsmerkmalen. Man
denke zum Beispiel an das für Louis Vuitton
typische langkörnige „Epi“-Leder, das fein gestrichelte „Paul Josef Dornbusch von Prada
oder das perlige „Kaviar“-Leder von Chanel.
Doch „Epi“ ist nicht etwa ein seltener Straußenvogel, „Saffiano“ keine edle Rindersorte
und „Kaviar“ auch kein erlesener Rochen.
Es sind allesamt Dessins aus dem Hause Dornbusch, die mit wohlklingenden Kunstnamen
die Prägungen begehrenswerter erscheinen
eine Tugend – dreht sich doch alles
um Prägedesign-Entwicklung.
Mira Wiesinger schaute lieber
hinter die Kulissen. Und staunte
lassen als die firmeninternen Produktnummern 330-352 (Epi), 321-110T (Saffiano)
oder auch 370-39 (Kaviar). Das Epi- und Saffiano-Dessin wird seit den 50er-Jahren von
Dornbusch ausgeliefert. „Mindestens“, sagt
Ingo Brauers, verantwortlich für den Vertrieb
und die Entwicklung, „denn nur bis dahin reichen die Aufzeichnungen der Firma zurück.“
Wieso sich Global Player nun ausgerechnet an
ein mittelständisches Unternehmen in Nordrhein-Westfalen wenden? „Der Name Dornbusch ist längt selbst eine Marke geworden.
Wir stehen für Liefertreue, Zuverlässigkeit
und Reproduzierbarkeit. Selbst nach zwanzig
Jahren können wir Muster noch ausliefern“,
erklärt der 73-jährige Herr Dornbusch. Alle
Dessins werden dafür in einer Halle in Regalen bis unter die Decke archiviert. Ungefähr
35.000 sind es an der Zahl, die in sogenannte
„Moletten“, kleine Stahlwalzen, von Hand eingraviert wurden. Mittels dieser Moletten können sie auf Prägeplatten oder große Stahlwalzen übertragen werden. Zwölf Wochen dauert
dieser Vorgang mindestens.
Doch allein die Entwicklung eines Musters
kann gut zehn Wochen verschlingen. „Sobald
ein Designer involviert ist – das sind ja Künstler –, kann es schon mal ein Jahr dauern“, sagt
Thimo Mostowy scherzend. Seit bald zehn
Jahren arbeitet er als Verfahrenstechniker im
Unternehmen,
man sagt ihm ein
fotografisches Gedächtnis
nach.
Weil er Muster sofort
wiedererkennt und die dazugehörigen Artikelnummern oft
aus dem Stegreif
erinnert. Mostowy
ist
außerdem
auch ein sehr ta-
lentierter Zeichner und hat schon manches
Dessin für Dornbusch ersonnen.
„Momentan sind Prägungen stark gefragt, die
Reptilien und Flechtstrukturen à la Bottega
Veneta nachahmen“, verrät Heike Dornbusch.
Vor über 30 Jahren bewarb sie sich in der Firma als Sekretärin. Heute ist die 56-Jährige mit
dem Chef verheiratet und arbeitet im Trendund Designbereich. Zwei ihrer drei gemeinsamen Töchter arbeiten bereits im Unternehmen. Die älteste, Jacqueline, soll die Firma
mit den rund 50 Mitarbeitern einmal weiterführen. Mit ihren 26 Jahren wirkt die Betriebswirtin außerordentlich zielstrebig. „Sie
ist eine große Unterstützung, bringt neue Impulse ins Unternehmen“, lobt der Vater, der
noch längst nicht vorhat, zurückzutreten.
Schließlich gibt es viel zu tun. Denn nicht nur
die Oberfläche von Leder will von DornbuschWalzen bearbeitet werden. Sondern auch
Lastwagenplanen, Blutkonservenbeutel, Linoleumböden, Einwickelpapiere, Tapeten,
Duschkabinen, Solar- und Ornamentglas. Ja,
selbst die Prägung des offiziellen Fußballs der
vergangenen Weltmeisterschaft stammt aus
dem Hause Dornbusch. Darauf ist man offenbar sehr stolz, man hat ihm im Eingangsbereich des modernen Flachbaus einen prominenten Platz eingeräumt. Unter dem Porträt
des Firmengründers thront er wie ein Globus
in einer Vitrine. Und steht dort
sinnbildlich für den internationalen Erfolg des Familienunternehmens. Made in Germany hat
sich schließlich nicht nur im
Fußball bewehrt.
Paul Josef Dornbusch mit seiner
Frau Heike und den Töchtern
Jacqueline und Lucienne. Hund
Karlo sorgt für männliche
Unterstützung im Familiengefüge
MICHAEL DANNENMANN (4); PRADA
EINPRÄGEND
VIVE ELLE
NEUE DIAMANT-KOLLEKTION
AUS DEM ATELIER BUCHERER
Das feine Formenspiel
im Esprit des Art déco –
Triumph der Schönheit,
Hommage an die Sinnlichkeit
der 20er-Jahre.
Erhältlich ab 11. November.
UHREN SCHMUCK JUWELEN
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GESCHENKE
Ach Schatz, das wär’
schon nötig gewesen.
„Velvet Haute Joaillerie“in
Weißgold mit Smaragden
von Roger Dubuis
Richtig gesehen – erstmals gibt es nun eine
(limitierte) Kerze der
Kosmetikmarke La Mer.
Pflegt die Seele
Perfektes Hide-away für
Feiertags-Gestresste: Die
Daunenjacken von Duvetica
lassen sich nämlich komplett verschließen. Kopf
inklusive. Gibt’s in der
Sylter Boutique
04651 / 836 02 96
Manchmal
darf ’s auch mehr
sein – und nicht
echt: HinguckerKette des Londoner
Schmucklabels St.
Erasmus (gibt’s bei
Ludwig Beck in
München)
Schuh sucht Graf: In
den Loafern von Ralph
Lauren läuft es sich
besser über lange
Schlosskorridore (na ja,
oder zur Not den kleinen Flur daheim)
Kleckert nicht, klotzt:
Drei Kilo „Gabriel“Kerze aus der Pariser
Manufaktur von 1643.
Damit riecht es im
Haus schön jahreszeitlich nach Leder,
Holz, Kastanien.
Über ciretrudon.com
Oh
Tannenbaum
In dieser Saison geht nichts ohne Grün. Und
deswegen feiern wir in diesem Jahr, egal was
das Wetter uns beschert: grüne Weihnachten
Für Frankreich-Liebhaber:
„Die Welt von Ladurée“ – ein
Pop-up-Buch für kleine und
große Genussmenschen
(Gerstenberg Verlag)
Frisches Fest: Die
„Festive Baubles“
von Molton Brown
(gefüllt mit Duschgel) könnten erst
den Baum zieren,
danach das Bad.
Gute Reise: Tattoos, einst
Codesprache der Seeleute,
sind inzwischen gesellschaftsfähig, da können
Männer auch gern zu
diesem feinen Seesack
von Bally greifen
Grün vor Neid darf man ruhig werden:
Abendtasche von Etro
42
Doch, doch, Frauen
nehmen solche
Geschenke nicht
persönlich, sondern
gern: grüne Kompressionsstrumpfhosen von ItemM6
GETTY IMAGES, PARASOLERIE HEURTAULT (5)
Die
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GEGEN ALLE TROPFEN
F
44
lapp, flapp. Wenn Michel Heurtault seine
handgemachten Regenschirme vorführt,
hellt sich sein Gesicht auf, da kann es
draußen wie aus Eimern schütten. „Solide Qualität hört man gleich, ein perfekter
Gleitmechanismus und das elektrisierende
Geräusch raschelnden Seidentafts.“ Immer
wieder öffnet und schließt er den Schirm.
Flapp, flapp. Das Wasser rinnt nur so an den
großen Scheiben seines Verkaufsateliers in
dem „Viaduc des Arts“ herunter. Auf der Straße kämpfen die Menschen mit den regnerischen Sturmböen, der ihre Schirme umknickt. „Billige China-Ware“, sagt er und
schaut mitleidig hinaus. „15 Millionen landen
jährlich auf dem Müll. Allein in Frankreich.
Ein Jammer. Und ohne jeden Stil. Leute geben
so viel Geld für teure Kleidung aus und machen dann das Gesamtbild mit einem FünfEuro-Schirm kaputt.“ Mit seinen robusten
Objekten, so Heurtault, habe man einen Begleiter fürs Leben.
Hertault ist Autodidakt. Sein halbes Leben hat
der 48-Jährige für Theater, Oper und Haute
Couture geschneidert. Als Korsettmacher arbeitete er bei John Galliano, Dior und Givenchy. Von den Stäben und Streben war es nicht
mehr sehr weit zu den Schirmen. 2005 kam
Yves Saint Laurent persönlich bei ihm vorbei,
um einen japanischen Sonnenschirm zu bestellen, heute gehört das handgemachte Stück
zur Stiftung Bergé-Saint Laurent. Davon beflügelt, erfüllte sich Heurtault 2008 schließlich seinen Kindheitstraum: Er stellt mit seiner „Parasolerie Heurtault“ seitdem in Handarbeit Sonnen- und Regenschirme her und
restauriert historische. So will er dem in Vergessenheit geratenen Modeaccessoire wieder
den Rang zurückgeben, der ihm gebührt. 2013
wurde er wegen seines raren Könnens zum
„Maître d’Art“ berufen, ein Ehrentitel, mit dem
sich nur etwa hundert weitere französische
Kunsthandwerker schmücken dürfen. Requisiteure aus Theater und Film kommen oft vorbei, um sich aus seinem reichen Fundus zu bedienen oder um besondere Stücke in Auftrag
zu geben.
Diane Kruger beispielsweise ging als Marie
Antoinette in dem Kostümfilm „Leb’ wohl,
meine Königin“ mit Heurtault-Schirmen spazieren. Bald werden Lily James und Cate
Blanchett in der „Aschenputtel“-Neuverfilmung mit ihnen zu sehen sein oder Mia Wasi-
Der Schirmherr
Michel Heurtault hat eine Mission: Er möchte den
Regenschirm wieder zu dem Modeaccessoire
machen, das er einmal war. Glücklicherweise
regnete es, als Silke Bender ihn in Paris besuchte
kowska als „Madame Bovary“. Und Woody Allen bewaffnet Emma Stone und Colin Firth,
die Stars in „Magic in the Moonlight“, seiner
neuen Côte-d’Azur-Jetset-Komödie, die in den
20er-Jahren spielt, ebenfalls mit zeitauthentischen Sonnenschirmen aus dem HeurtaultArchiv. Sein Lieblingsfilm ist und bleibt jedoch, wie sollte das auch anders sein: „Die Regenschirme von Cherbourg“ aus dem Jahr
1964 mit Catherine Deneuve in der Hauptrolle
der schönen Schirmverkäuferin.
Wohl niemand kann so voller Esprit von einem vermeintlich schnöden Accessoire sprechen wie Michel Heurtault. Der Regenschirm
ist sein Fetisch, schon als Dreijähriger war er
fasziniert von der Mechanik, von Schirmspeichen, von Teleskoparmen und der Falttechnik.
Andere Kinder spielten mit Autos, er mit Regenschirmen. Mit 20 fing er an, im großen Stil
zu sammeln. „Schauen Sie“, sagt er und zückt
einen von seinen rund 3000 historischen Stücken aus der Schublade. Außen Rüschen, im
elfenbeinverzierten Stock versteckt ein scharfer Degen. „Die Pariserinnen im 19. Jahrhundert verteidigten sich damit – gegen Unholde
oder wilde Hunde.“ Ein anderes Exemplar aus
der Belle Époque hält am Stockende ein
kunstvoll graviertes Puderdöschen und einen
Spiegel bereit. Sein ältestes Stück ist von 1740
und stammt von Jean Marius, der noch vom
Sonnenkönig Ludwig XIV. das Patent als Erfinder des ersten faltbaren Regenschirmes
überreicht bekam. Heurtault kann die Modeund Technikgeschichte des Schirms aus dem
Effeff erzählen, sein Wissen hat er sich in Archiven und in der Malerei der vergangenen
Jahrhunderte angeeignet.
„Noch bis in die 60er-Jahre hinein konnte
man sich überall in Paris seine Regenschirme
maßanfertigen lassen“, erzählt er. Ein schönes
Stück gehörte zum Outfit eines jeden Gentlemans und jeder Dame. Dann kamen die ersten
Billigschirme aus China, und mit ihnen begann der Niedergang des schönen wie praktischen Modeaccessoires.
Heute, so Heurtault, gebe es keine einzige Fabrik in ganz Europa mehr, die noch Schirmstreben herstelle. Gut, dass seine Sammlung
noch genug alte Exemplare umfasst, die in seinen zeitgenössischen Haute-Couture-Schirmen heute wieder restauriert zum Einsatz
kommen. „Die beste Mechanik hatte in den
50er- und 60er-Jahren die deutsche Firma
Knirps – ich nehme jedes Modell mit Kusshand“, sagt er. Seine neue Damen- und Herrenkollektion lässt sich von den Swinging Sixties inspirieren. Die schmalen, schlanken Modelle für Damen sind aus imprägniertem Seidentaft in verschiedenen Dessins und mit
lederbezogenen Griffen gearbeitet. Für die
Männer bietet er das Modell „Montesquieu“
an, bespannt mit italienischem, geripptem
Taft und einem Griff aus getöntem, lackiertem
Buchenholz und Hornintarsie.
Doch Heurtault kann auch verspielter. Der
schwarz-rote, seidenbespannte Regenschirm
mit dem Art-déco-Griff in Terrier-Form aus
seiner Kollektion „Moulin Rouge“ kostet dennoch stramme 450 Euro. „Ein Objekt fürs Leben, der geht bei keinem Sturm kaputt“, verspricht er. Vergessen wird man ihn bei dem
Preis sicher auch nicht. Und die Besucherin
trollt sich, schuldbewusst mit China-Ware bewaffnet, wieder hinaus in den Regen.
e-motion “pure Black”
Die dynamische Silhouette von e-motion „pure Black“ weckt Begehrlichkeiten.
Besondere Faszination übt der maskuline Aluminiumschaft aus,
der mit einer Guillochierung versehen ist: Seine angenehm kühle Haptik
begeistert jeden technikaffinen Liebhaber der Schreibkultur.
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GESCHENKE
Ganz heiß in
Silber-Weiß: Parka
mit großen Taschen
aus Fell von Peuterey
Lass rollen, Baby:
Maßband für Hüfte und
Einrichtung von Tory Burch
Flausch: Tasche von Giorgio Armani
Glitter, Glitter:
Sonnenbrille
von Miu Miu
Damit schreiben sich die Weihnachtskarten schöner: Füller von Graf von Faber-Castell
Silber-Schätzchen
Wieso Silber immer erst nach Gold kommt, verstehen
wir auch nicht. Von wegen Reden und Schweigen und
Da klappt’s
bestimmt auch
mit den Manieren:
Besteck von
Bottega Veneta
so. Wir finden diese Geschenke jedenfalls erstklassig
Design für die
Kleinsten: limitierter
Kinderstuhl S 43 K
von Thonet.de
Kaschmir-Schals
kann man nicht
genug haben.
Dieser mit
Eisbären ist von
Iris von Arnim
Allzeit Wiese-bereit: Decke mit
Lederhalter von Massimo Dutti
Damit strahlen
erst die Augen,
dann verschwinden
die Falten drum
herum: „Cellular
Eye Essence
Platinum Rare“
von La Prairie
Bitte nicht mit Socken
tragen: Winter-HighHeels von Santoni
46
Es muss nicht immer
Kaschmir sein: Brunello
Cucinelli macht jetzt
auch Nerzkissen
Ski mit Stil: Fendi hat exklusiv
für Net-a-porter.com eine MiniKollektion für die Piste entworfen
since 1963
W W W. O L E LY N G G A A R D . C O M
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MUNDWERK
Hand- und
Mundwerker:
Cornelius Réer
in seiner
Werkstatt in
Nürnberg
Gut in Form
Sogar ausgedientem Industrieglas gibt er in seiner
Nürnberger Werkstatt eine neue Gestalt.
Inge Ahrens schaute in seinem Atelier vorbei
D
48
ie amorphe Form braucht auf Hochtouren schon mal eine gewaltige Hiteinen Abschluss. Darum ze entfachen kann, ruht im Sommer und das
gibt Cornelius Réer dem 140 Quadratmeter große Hinterhofatelier
Trinkbecher aus zartes- liegt im Schatten. Hier bläst Réer Funktioneltem Kristallglas einen les wie die Serie „Crunch“, aber auch Unikate:
dünnen farbigen Mund- Vasen, Schalen, Aschenbecher.
rand. Die Werkstattspu- Cornelius Réer wurde vor 53 Jahren im oberren seiner vorausgegan- fränkischen Coburg geboren. Seine Vorfahren
genen Arbeit darf jeder kommen wahrscheinlich von der Île de Ré an
sehen, der tief ins Glas schaut: so wie den Ab- der französischen Westküste. Einer seiner Ahriss am Boden. Kleine Luftbläschen und nen soll im 18. Jahrhundert als Maurermeister
Schmelzknoten geben seinen Gläsern Charak- an der Havel gewirkt haben, als Potsdam sich
ter und Individualität. Das Ganze ist von ihm zur Residenzstadt Friedrichs des Großen aufkomplett mundgeblasen, ein Handwerk, das peppte. Cornelius Réer lernte Hohl- und
wahrscheinlich schon in Mesopotamien zu Kelch-Glasmacher für industrielles Glas, und
vorchristlicher Zeit entwickelt wurde. „Zuerst die hin und wieder dort arbeitenden Künstler
sind das ganz brave Zylinder“, sagt der Glas- inspirierten ihn. So zog es ihn bald fort vom
macher. Die werden im sogenannten ledernen Industrieglas zur freien Gestaltung. Zuerst
Zustand, wenn sie noch nicht ausgehärtet nach England, dann nach Frankreich, wo er in
sind, mit einer Zange in die Seiten gezwickt, den Werkstätten gestandener Glasmacher
womit sie gewissermaßen die Contenance mehr als ein Jahrzehnt lang lernte und seine
verlieren. Gleichzeitig entstehen so die ange- eigenen Arbeiten weiterentwickeln konnte.
nehmen Griffmulden. Die Kombination aus Längst verkauft Réer aus der eigenen Werkextrem dünnem Glas, dem Hauch eines farbi- statt heraus, stellt in Galerien aus und zeigt
gen Randes und der wie in Bewegung scheiseine Glasstücke auf Messen.
nenden anrührenden Form machen den
Herausragend sind seine schlanken
Reiz seiner Gläser aus. „Crunch“ hat
Incanto-Vasen. Das ist eine italieer sie genannt. Wie Medusen ohne
nische Glasbläsertechnik, die
Tentakel bevölkern Weinbecher
verschiedene Farben übereiund Wassergläser schmal oder stämnander anordnet und bei entRéers Stücke
mig seine Werkbank.
sprechendem Lichteinfall ein
bestechen durch
In Nürnberg-Gostenhof am Rande eifaszinierendes Schattenspiel ofihr Farbenspiel
nes Szeneviertels der mittelfränkifenbart. Eine der Vasen ist zum
schen Großstadt hat Cornelius Réer seine
Fuß hin verjüngt und bis zur bauchiWerkstatt. Dort stehen drei Temperöfen zum gen Mitte hin pflaumenblau durch die verHerunterkühlen des Glases nach dem Blasen, wendete Goldfarbe, die sich beim Schmelzeine rudimentäre Schleiferei, ein Sandstrah- prozess rötete. Im oberen Teil glüht die Vase
ler, Wassertröge für die Formen, Holzlöffel, limonengelb wegen des geschmolzenen SilPfeife, Auftreibschere und was der Glasma- beroxyds und hat einen weich nach innen
cher sonst noch so braucht für sein Handwerk. schlüpfenden Eingang. Das hohe Kunststück
Der Schmelzofen, der in Fertigungsphasen hat Cornelius Réer in eine Holzform geblasen
CORNELIUS RÉER (3)
Cornelius Réer ist Glasmacher aus Leidenschaft.
und als sogenanntes Überfangglas gefertigt.
Nicht wie sonst üblich außen, ist bei Réer die
das Glas überfangende Farbe innen. Das gibt
der Vase Schmelz und erinnert ein wenig an
die Jugendstil-Vasen von Émile Gallé. Besonders schön sind auch seine sogenannten Dosen. Nicht zu zart und in feinen gebrochenen
Farben leuchtend, lassen sich die Gefäße mit
einem dazugehörigen Teller deckeln, der gern
auch eine andere Farbe haben darf.
Seit Neuestem hat sich Cornelius Réer für ein
besonderes Projekt mit der Produktdesignerin Laura Jungmann zusammengetan: „SameSame“ heißt es. Dasselbe, aber eben doch
nicht. Alten Flaschen im Massendesign
nimmt er im Schmelzofen die Form und gibt
ihnen eine neue Zukunft als Individuum. Das
kann die als Euroflasche bekannte HalbliterBierflasche sein, eine Bordeaux- oder eine
Piccoloflasche. Am bekanntesten ist die „Perlenflasche“, die der deutsche Designer Günter
Kupetz schon 1968 für die Genossenschaft
deutscher Brunnen herstellte und die bis heute die berühmteste aller gängigen Sprudelwasserflaschen ist.
Cornelius Réer erhitzt den Schmelzofen samt
Flasche auf 900 Grad. Das muss ganz langsam
geschehen, denn handelsübliches Gebrauchsglas und feines Kristallglas haben wenig gemein. „Industrieglas ist bei einer erneuten
Verarbeitung gern zickig“, sagt Réer. Ausschuss ist vorprogrammiert. Aus der Designperle von Günter Kupetz wird in dessen
90. Lebensjahr bei Cornelius Réer ein gestandener Dekanter, der den Betrachter zum
Schmunzeln bringt. Die längst in den DesignOlymp erhobene Perlenflasche bleibt erkennbar und wird fast 50 Jahre nach ihrem Entwurf bei Cornelius Réer vom Milliardenprodukt zum Unikat. „Upcycling statt Recycling“
nennt das der Glasmacher.
Halskette 249 € *
Armbänder ab 59 € *
* UNVERBINDLICHE ENDVERBRAUCHER-PREISEMPFEHLUNG
ACTION PRESS
FOTO LOVESTORY
Der Starfotograf hat gut lachen. Schließlich tummeln sich
die begehrtesten Models vor seiner Kamera.
Testinos
Sweet Sixteen
Mario Testino hat sie alle gehabt. Zumindest vor der Linse. Für uns
hat er aus seinem privaten Archiv großartige Aufnahmen seiner
sechzehn Lieblingsmodels herausgesucht. Und notiert, was ihn an den
Frauen jeweils fasziniert. Eine Mode-Kultur-Geschichte.
Fotografien und Texte von Mario Testino
Naomi Campbell
50
„Ich traf Naomi, da war sie erst 16 Jahre alt. Gleich zu Anfang meiner eigenen
Karriere. Meine ersten Fotos von ihr waren noch zurückhaltender, aber ich merkte
damals schon, wie viel Energie in ihr steckt. Eine meiner Lieblingserinnerungen ist
ein Shooting in Brasilien. Dort war sie ein Star, und ich erlebte zum ersten Mal,
wie uns die Fans auf Schritt und Tritt folgten. Einmal mussten wir uns über die
Küche aus dem Hotel schleichen – ich fand das überwältigend.“
Gianni Versace Collection Paris 1996
Candice Swanepoel
52
„Bei unserem ersten Treffen war ich schon ganz wild
auf Candice. Sie war so sexy und frisch. Schnell wurde sie
ein Victoria’s-Secret-Engel. Meine erste Arbeit mit ihr war
für ‚V Man‘ – ein Modemagazin für Männer. Das Shooting
fand in Kopenhagen statt, meist Außenaufnahmen.
Zwischen den ganzen Männermodels war sie die einzige
Frau. Sie war kein bisschen eingeschüchtert. Ich war ganz
angetan, wie selbstbewusst und frei sie war.“
V Magazine, NY 2011
Edie Campbell
„Edie lernte ich sehr früh über ihre
Mutter kennen, die Redakteurin bei
der ‚Vogu‘ war. Sie war 16, meine
Karriere ging gerade los, da
fotografierte ich sie zum ersten
Mal für Burberry gemeinsam mit
Kate Moss. Dann stellte ich sie für
eine ‚Vogue‘ -Coverstory neben
Naomi, Claudia und Kate.
Ich erinnere mich, dass alle fragten:
warum sie? Niemand kennt sie. Ich
antwortete nur: Das wird sich ändern.“
Towel Series, NY 2014
53
Kate Moss
„Dass ich verrückt nach Kate bin, ist
ein offenes Geheimnis. Ich habe ein
komplettes Buch über sie gemacht.
Ich werde immer von ihr besessen sein.
Von ihrer Lebenslust, ihrem Stil, ihrer
Liebenswürdigkeit und ihrer Loyalität.“
Harper’s Bazaar, L.A. 1996
Eva Herzigova
„Eva machte sich mit dem Wonderbra einen
Namen. Die Kampagne legte damals buchstäblich den Verkehr lahm. Deshalb sahen die meisten
Leute wohl lange nur diese eine – sexy – Seite an
ihr. Aber ich konnte ihre vielen anderen Facetten
erkennen. In den 90ern buchte mich Calvin Klein
für eine Kampagne, und zur Überraschung aller
lud ich sie zum Casting ein. Nachdem wir ihren
Look verändert hatten, begannen die Leute endlich auf eine andere Art und Weise Notiz von ihr
zu nehmen. Sie ist heute noch großartig.“
Vogue Paris, L.A. 1998
Lara Stone
„Ich erinnere mich, dass Lara
schon zu Beginn ihrer Karriere
sehr offen und furchtlos war. Sie
hatte kein Problem damit, ihre
Brüste zu zeigen. Sie hat einen
coolen Charakter und einen
überraschenden Humor. Kein
Wunder, dass sie sich in den
britischen Komiker David Walliams verliebt hat und nach London gezogen ist. Sie sind so ein
lustiges Paar.“
Natalia Vodianova
54
„Natalia traf ich in New York auf der Straße.
Kurz nachdem sie mit dem Modeln angefangen und ihren damaligen Freund
Justin Portman getroffen hatte, den ich
schon aus London kannte. Ich sagte: „Wow,
was für ein hübsches Mädchen.“ Er antwortete: „Das ist meine.“ Irgendwann arbeiteten wir zusammen. Sie nahm mich mit
nach Russland, zu ihren Wohltätigkeitsgalas.
Für Kinderspielplätze sammelte ich 450.000
Euro. Bei der zweiten Veranstaltung waren
es 1.000.000 Euro. Sie gab mir einen Teil
des Geldes, um diese Aktion auch nach
Peru zu bringen. Dort wollen wir im nächsten Jahr einen Spielpark eröffnen.“
Personal Work, Cannes 2007
British Vogue, Paris 2007
Isabeli Fontana
„Auch Isabeli kenne ich seit Beginn ihrer
Karriere, als eine ganze Welle brasilianischer Models Europa traf, nachdem
Gisele so einen großen Erfolg hatte. Seitdem arbeiten wir zusammen. 2012 kam sie
nach Lima, um mich zu unterstützen, als
ich mein Museum dort eröffnete.
Das war wirklich großartig von ihr. Ich
werde ihr das nie vergessen.“
Allure, NY 2012
Daria Werbowy
„Daria ist eines der Mädchen, die es gleich an
die Spitze geschafft haben. Sie war so unglaublich
und konnte immer so aussehen, wie die Kunden
es wollten. Mittlerweile hat sie ihren sehr eigenen
Stil und wird jetzt für das gebucht, was sie ist.
Überhaupt ist sie eine große Fürsprecherin, wenn
es darum geht, sie selbst zu sein und nicht ständig
von Modeteams verändert zu werden. Sie ist cool
und sehr hinreißend."
US Vogue, L.A. 2004
55
Karlie Kloss
„Karlie ist eine Amazone. Sie hat die längsten Beine und das größte Herz. Zu unseren Shootings bringt sie immer selbst
gebackene Kekse mit. Sie ist einfach eine großartige Freundin, die mich in allem unterstützt.“
US Vogue, Bahia 2012
Cara Delevingne
„Als ich sie zum ersten Mal für
Burberry fotografierte, war sie völlig
unbekannt. Und dann war sie plötzlich
da, wie ein Komet. Sie hat einen
ansteckenden Humor und kennt keine
Grenzen. Auch keine Altersgrenzen:
Auf Ibiza gehen wir oft zusammen
feiern. In vielerlei Hinsicht ist sie eine
alte Seele. Sie kann sich mit jedem
unterhalten und findet immer einen
Anknüpfungspunkt. Ich liebe
ihre Energie und ihre
Unschuld. Weil sie in den sozialen
Medien ein Star ist, gehört sie auch
zu den erfolgreichsten Models
momentan. Es scheint fast so, als
sei sie immer im Epizentrum
des aktuellen Geschehens.“
US Vogue, Big Sur 2014
Stella Tennant
„Ich verliebte mich sofort in Stella, als sie mit einem
Nasenring in der Modeindustrie auftauchte.
Von ihrem Selbstbewusstsein war ich einfach hingerissen. Inzwischen haben wir viel zusammengearbeitet. Dabei hat sie sich in einen meiner Assistenten
verliebt, ihn geheiratet und vier Kinder mit ihm
bekommen. Ich bin der Pate ihrer großartigen
Tochter Jasmine. Stella ist längst Familie.“
US Vogue, Scotland 2005
Miranda Kerr
„Miranda ist das heißeste Mädchen. Die Australierin
versprüht ständig und überall Spaß. Sie fühlt sich sehr
wohl in ihrem Körper und sieht immer aus, als hätte
sie die Zeit ihres Lebens. Das erste Mal habe ich sie
getroffen, als sie Orlando Bloom auf eine Veranstaltung
begleitete. Erst in den letzten Jahren habe ich
angefangen, mit ihr zu arbeiten. Ich liebe sie.“
GQ, NY 2014
59
Claudia Schiffer
„Claudia ist eine Ikone der Supermodel-Ära, und bis heute gibt es eigentlich keine wie sie. Ich habe sie 2008 für das Cover meiner
Ausgabe der deutschen „Vogue“ fotografiert. Der Titel: Sex. Sie war sehr verführerisch und – meiner Meinung nach – mit ihrem
Körper so frei wie nie zuvor. Das wurde mit einem Lead Award belohnt.“
Personal Work, Rome 2007
T
Gisele Bündchen
„Ich traf Gisele, da war sie 17.
Sie war am Anfang ihrer
Modelkarriere und als sie
zum Casting kam, ging
sofort das Licht an, als sie
den Raum betrat. Ich war
verliebt. Aber sie entsprach
damals nicht dem aktuellen
Look, und nicht alle Magazine konnten was mit ihr anfangen. Ich habe für sie
gekämpft, schließlich gab es
keine wie sie. Ihre Schönheit
ist unglaublich. Ich spreche
ihre Sprache (Portugiesisch),
was uns einander näher
gebracht hat. Und wir sind
beide aus Südamerika,
deshalb glaube ich, dass wir
viele Dinge ähnlich
betrachten. Seit unserer
ersten Begegnung arbeiten
wir zusammen. Sie ist positiv,
gut gelaunt, schön. Und
wenn wir zusammen sind,
können wir gar nicht aufhören zu lachen.“
Michael Kors, NY 1998
Topmodel Gisele
Bündchen sitzt einfach nur da auf einem Stuhl, das
Kinn auf ihre überkreuzten
Arme
über der Lehne gestützt – eine Fotografie mit der Kraft
eines
Gemäldes.
Naomi Campbell
trägt fast nichts, lediglich eine getönte Brille.
Sonst kennt man das Mannequin eher zappelig, nun brennt zwischen ihren Fingern nur eine Zigarette. Kein großes Posen, kein lautes
Make-up, kein Schmuck. Braucht sie alles
nicht. Er lässt sie wirken wie sie ist – natürlich
schön. Man schaut über diese Bilder und fragt
sich, was muss man einer Frau wohl sagen, damit sie ihr Gegenüber so ansieht? Bei Mario
Testino wirken Fotos wie geträumt. Selbst die
scheu-verschreckte Prinzessin Diana konnte
bei ihm einmal vergessen, dass ihr jemand zuschaut. „Ich war Diana nie zuvor begegnet“, erzählte der große Fotograf einmal. „Wir hatten
nur einen Tag Zeit. Ich kam morgens ins Studio in London, sie kurz nach mir. Wir haben
erst nur gesmalltalkt, nichts zu Persönliches.
Ich sagte, dass es mich irritieren würde, sie mit
Ma'am anzureden – wie meine Mutter. Die um
einiges älter war! Die Prinzessin lachte und
sagte: ‚Sagen Sie doch einfach Diana.‘ Mit dem
Namen kam die Intimität.“
Mario Testino baut Nähe auf, ohne zu verletzen“, beschrieb eine Freundin, die Verlegerin
Angelika Taschen, einmal das Talent, das ihn
als Künstler auszeichnet und berühmt gemacht hat. Sein Markenzeichen ist ein Glamour, der niemals aggressiv wirkt. Vor seiner
Kamera fühlen sich Menschen wohl, Arbeitstreffen klingen bei ihm wie Rendezvous. „Ich
wollte, dass sie lacht“, erinnert sich Testino,
der das selbst so gern und ansteckend tut.
„Dass sie sich in ihrer Seiden-Couture-Robe
auf dem weißen Sofa im Studio fläzte, so als
hätte sie eigentlich Jeans an. Sie war erst etwas
steif.“ Dann hat er es ihr vorgemacht: „Ich warf
mich einfach aufs Sofa und sie musste schallend lachen. Später habe ich Musik aufgelegt:
Dalida, eine französische Dance-Diva. Und ihr
meine Catwalk-Nummer vorgeführt: Kate,
Naomi, Linda, Claudia. Ich kann sie alle wirklich ganz gut imitieren.“ Unvergesslich ist das
berühmte Vanity Fair-Cover von Diana, das damals so entstand.
„Ich bin ein Menschenfreund“, sagte er einmal
über sich selbst. Und wer ihn einmal kennengelernt hat, weiß, er hat das Lächeln eines
Menschen, der Menschen einfach mag, ihre
Gesellschaft. „Und wenn man jemanden mag,
wird man auch gemocht. Ich bin Peruaner. Leben fasziniert mich. Energie, Menschen in Bewegung: Leute auf einer Party, wie sie tanzen,
eine tolle Zeit haben. Diese Momente einzufangen, das treibt mich auch als Fotograf.“
Grad ist er sechzig geworden, das macht ihn
mehr neugierig als nervös. Es ist ein guter
Grund für eine gute Party. In Lima wurde er
geboren, als Sohn eingewanderter Eltern: Der
Vater aus Italien war Geschäftsmann; die Mutter ist halb Irin, halb Spanierin. Noch heute
feiert Testino jedes Weihnachten mit ihr. Sein
erstes Geld verdiente er sich als Kellner. Er
wurde fast zufällig entdeckt, als er Freunde für
Model-Agenturen fotografierte. Zog nach
London. Nach dem Tod von Newton und Avedon ist er heute einer der letzten Weltstars der
Fotografie.
Groß, lebhaft ist er, wo er erscheint, tanzt er
beinahe in den Saal. „Ciao“, grüßt Mario Testino dann mit der tiefen, sonoren Stimme und
dem Akzent eines südamerikanischen Haziendabesitzers. Er hat auch diesen Look angeborener Lässigkeit. Keine Bügelfalte, keine
Krawatte. Am Wasser ist er groß geworden.
Sand, Himmel, schöne Körper. „Meine Strandjahre, so von 16 bis 20, waren unglaublich. Ich
hatte eine glückliche Kindheit, aber auch eine
harte. Meine Eltern waren nicht wohlhabend,
aber es ging uns gut. Wir waren sechs Kinder.
Ich ging in die beste Schule Perus. Ich war immer mit den Kindern der Reichen zusammen,
ohne selbst reich zu sein. Das war interessant.
Weil wir nicht reich waren, wurden wir um so
mehr verwöhnt, um das zu kompensieren.“
Trotzdem habe er auch eine Phase der Zurückweisung erlebt, weil er anders war. Anders – er erklärt: „Ich war ich. Ich hatte meinen eigenen Stil. Schon in der Schulzeit ließ
ich mir alles maßschneidern. Anstatt in eines
der Geschäfte für Schuluniformen zu gehen,
besorgte ich mir ähnlichen Stoff und ließ mir
die Sachen nach meinen Wünschen nachnähen. Die Idee des Verkleidens, der Inszenierung, der Mode fand ich immer schon toll.“
Ein Star wollte er nie sein. Das ergab sich, Allüren sind ihm fremd geblieben. Die Mission
ist nicht gespielt: „In unserer Zeit wird das
Drama mehr geschätzt, als die Komödie. Dabei ist die viel schwerer zu inszenieren. Ich
will das Positive in den Mittelpunkt stellen,
bin überzeugt, dass man Schönheit interessant machen kann. Denn ich sehe das Leben
als Bumerang. Wie du in den Wald hineinrufst, schallt es heraus.“ Dort steht längst ein
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großer Chor und jubiliert für ihn.
63
Auch eine Art, einen Rucksack zu tragen:
Das Exemplar, das Marc Newson für
Louis Vuitton entwarf, hat noch dazu den
Vorzug, im Alltag gut zu funktionieren
KOOPERATION
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Louis Vuitton wird 160 Jahre alt und
feiert seinen „Monogramm-Print“
mit sechs neuen Interpretationen.
Unter den Ehrengästen:
Industriedesigner Marc Newson
A
64
Am liebsten entwirft er Dinge, deren bereits
existierende Varianten er überhaupt nicht
mag. Unter den Resultaten: ein Bett, das aussieht wie ein Boxring, ein Wasserhahn, wie
es ihn noch nicht gab, oder ein besonders
komfortabler Flugzeugsitz. Was er auch nicht
mag, ist, „wenn Dinge sich selbst zu ernst nehmen“. Überraschen möchte er, sagte Industriedesigner Marc Newson einmal. Das trifft
auch auf das Pariser Haus Louis Vuitton zu: Es
verblüfft gern, sei es mit Graffiti-Editionen,
Skateboards oder fantastischen Schaufensterdekorationen. Zum 160-jährigen Jubiläum
Vuittons gibt es nun eine Fusion dieser Stilisten. Gefeiert wird der Mythos des LV-Monogramms des weltgrößten Luxusherstellers
LVMH. Sechs Ikonen kreierten Stücke für
Armbeuge, Schulter oder, ja, auch das, Ankleidezimmer, natürlich mit dem Potenzial neue
„Icons“ zu werden. „Die Ikone und die Ikonoklasten“, das jüngste Kreativkapitel der Marke,
setzt neue Standards. Christian Louboutin
entwarf einen Trolley, natürlich mit viel Rot
und Nieten, inspiriert von der französischen
Avantgarde-Künstlergruppe „Les Nabis“ und
widmet ihn seiner Lieblings- und Heimatstadt
Paris. Einmal, verrät er, habe er während eines
zweistündigen Spazierganges über einen
Markt in Paris Caddies gezählt. „Es waren 109.“
Karl Lagerfeld hatte gleich mehrere Ideen
und „sie wollten sie alle“. Da freut sich der Erfinder des wohl elegantesten Box-Schrankes
samt Boxsack nebst Tasche für Boxhandschuhe, ebensolchen und weiteren LV-Beuteln mit
Kettenriemen. Über seine „Boxbox“ sagt er:
„Sie ist ein großes Spielzeug für verwöhnte
Erwachsene.“
Die Künstlerin Cindy Sherman schuf eine Tasche und einen Kofferschrank – in ihrem eigenen Schrank gibt es Fächer für falsche Zähne und falsche Augäpfel. Wie die Tasche zieren ihn Sticker, die verfremdete eigene Arbeiten zeigen. Und das satte Grün fiel ihr beim
Anblick ihres Papageis ein. Architekt Frank
Gehry, Erbauer der gerade eröffneten „Fondation Louis Vuitton“ im Pariser Vorort Bois de
Boulogne, überlegte: „Ich war noch nie wirklich im Innern einer Handtasche. So habe ich
versucht, mir vorzustellen, wie das wäre.“
Auch Marc Newson erhielt irgendwann vermutlich einen Anruf à la: „Lust auf eine Handtasche?“ Vielleicht hat ihn seine Ehefrau, die
Stylistin Charlotte Stockdale, ein wenig „geschubst“, sie ist eher eklektisch in ihrem Geschmack? Schließlich hat Newson, zuletzt mit
der ersten Uhr für Apple und einem Zapfhahn
für den Hausgebrauch im Gespräch, schon oft
in Interviews bekundet, kein Interesse an Mode zu haben. Auch findet man keine Fotografien, die ihn mit einer Tasche zeigen. Der gebürtige Australier mit Wohnsitz in London
und Paris, dessen Arbeiten 2007 in der New
Yorker „Gagosian Gallery“ als erste Designobjekte in einer Kunstgalerie gezeigt wurden
und dessen „Lockheed Lounge“ zwei Jahre
später für sensationelle 1,6Millionen Dollar
verkauft wurde, schätzt „Logik“. Also keine
Handtasche. Sondern: ein Rucksack. „Das
Schöne an diesem Projekt ist, dass Louis Vuitton mir ganz freie Hand gelassen hat“, erklärt
Newson. „Ich wollte, dass die Tasche funktioniert. Ich wollte nicht, dass sie eine Tonne
wiegt, und vor allem wollte ich sie benutzen.
Ich wollte nicht ein Stück entwerfen, das dann
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ROMEO BALANCOURT; LOUIS VUITTON (4)
an der Wand hängt, das nur im Regal Aufmerksamkeit erzeugt. So ging ich es mit der
Bündelung all meiner persönlichen Erfahrungen an, die ich, über die Jahre als Rucksackbesitzer gesammelt habe. Ich wollte mich auf die
Funktionen konzentrieren, die ich liebe, und
versuchen, sie in das Stück einzuarbeiten.“ So
war ihm wichtig, dass der Rucksack kein Umfaller ist, wenn man ihn abstellt.
Auch erkundete er die „funktionalen Qualitäten des Monograms“. „Der eigentliche Grund,
warum das ‚Monogram‘-Leinen erfunden
wurde, ist, dass es haltbar und wasserabweisend ist.“ Newson setzte das Material ganz bewusst an der Basis des Rucksacks ein, deutlich
sichtbar, aber vor allem dem Zweck dienlich.
Das eigentliche Monogramm wurde übrigens
1896 von Louis’ Sohn Georges Vuitton erfunden. Er entwickelte das Symbol als Hommage
auf seinen verstorbenen Vater, inspiriert
wahrscheinlich von japanischer Kunst oder
aber den Kacheln in seinem Hause, die damals
revolutionäre Idee, die übrigens zu Beginn
viele Kunden keineswegs goutierten.
Newson hat dieser Idee nun etwas „Leichtes“
zur Seite gestellt. „Deswegen habe ich mich
entschieden, pelziges Schaffell zu verwenden.
Es ist kuschelig warm und es gibt es in leuchtenden Farben. Außerdem ist es haltbar und
wie ein Kopfkissen. Wenn ich möchte, kann
ich die Tasche nehmen und ein Nickerchen
Esther Strerath
machen.“
Oben: Tasche von Cindy
Sherman – die Sticker sind
verfremdete Arbeiten der
Künstlerin. Links: Karl
Lagerfelds „Boxbox“
inklusive Boxsack ist nach
eigener Aussage „ein großes
Spielzeug für verwöhnte
Erwachsene“.
Der Trolley stammt, man
beachte die Sohlen-roten
Kanten, von Schuh-Designer
Christian Louboutin. Das
Stück ist inspiriert von der
französischen AvantgardeKünstlergruppe „Les Nabis“
– und Louboutin widmete es
seiner Heimatstadt Paris
ECRIDOR RETRO
Der Kult-Kugelschreiber von Caran d’Ache.
Die Exzellenz des Swiss Made seit 1915.
carandache.com
DESIGN
Ein Ohrring für die
Zimmerdecke:
„Celestial Pebble“,
über ochre.net
Der Name täuscht:
Hängeleuchte „Babylon
Brutale“ von Martin
Huxford
Edelstein-Sammlung mal
anders: „Crystal Rocks“
von Arik Levy, lasvit.com
Glasperlen,
nicht gereiht,
sondern gehängt:
Standleuchte von
Johan Lindstén,
cappellini.com.
Papaveri heißt
Klatschmohn auf
Italienisch. Dieser
ist gülden,
fioridilatta.it
Plexiglas plus Farbe plus Fassung =
Juwel, von McCollinBryan
Klunker: Smaragdgrünes Sideboard
(1,80 m breit) von Boca do Lobo
Diamonds are a homes best friend: CoffeeTable von Alexandra von Furstenberg
Der Schatz ist die Kiste:
Kleiner Schrank im
Goldgewand, bocadolobo.com
Welch Glanz im Wohnzimmer
Aus der Schatulle in die Stube. Esther Strerath fand Schmuckstücke, die sich als Mitbewohner eignen
P
66
rächtig, glänzend, opulent – auf
den roten Teppichen vor der
New Yorker „Met“ oder bei
internationalen Filmfestivals wird Geschmeide nur
noch in distinguiertem
Understatement gesichtet. Hier ein
Collier, dort diamantene Ohrringe.
Aber beides? Opulenz zur Schau zu
stellen, ist nicht zeitgemäß. Macht
nichts, dann bleibt das Geschmeide
eben zu Hause! Ein Diamant als Kaffeetisch, ein Chandelier-Ohrring als Leuchte, ein Smaragd als Sideboard – anstatt in
der Schatulle, glänzen Schmuckstücke jetzt
in der Stube. „Ich war fasziniert von dem
Konzept, etwas zu gestalten, das als realer Diamant hart und reflektierend ist, jedoch durch den
Gebrauch von handgetufteter Wolle weich, beweg-
Teppich von Emma Elizabeth Designs
lich und begehbar wird“, beschreibt die australische Designerin Emma Elizabeth Coffey die
Idee zu ihrem Diamant-Teppich. Das Designstudio „Ochre“ nennt seine zierlichen
Leuchten „Celestial Pebbles“ – „Himmlische Kiesel“. US-Designerin Alexandra
von Furstenberg entdeckte bei der Herstellung ihrer Möbelkollektion, dass Plexiglas sich beinahe wie Diamanten
schleifen lässt. Bei Arik Levy sind Steine
ein wiederkehrendes Thema in Design
und Bildhauerei. Über seine jüngste Kreation sagt er, dass „sie anstatt aus der Steinzeit näher an Kryptonit sind“, der Substanz
aus den „Superman“-Comics. „Crystal Rock erscheint in dem Käfig der Zukunft wie ein Botschafter der Fusion aus Natur und Mensch, Licht
und Reflexion, Transparenz und Masse.“ Das Beste:
Juwelendiebe interessieren sich nicht für sie.
Top und Kleid:
Giorgio Armani.
Ringe: Wempe
by Kim
Rechte Seite:
Pelzmantel von
Sportmax. Kleid:
Bottega Veneta.
Kette und Ring:
Tiffany
It’s up to you,
New York
Noch ist nichts von der hektischen Vorweihnachtszeit zu spüren. Noch gibt es Grün in den Parks.
Der Moment, in dem selbst diese Stadt kurz innehält, ist die beste Zeit für ein Shooting
FOTO: HENRIQUE GENDRE C/O SHOTVIEW
ASSISTENTEN: HENRY LOPEZ & COLBY EDWARDS
STYLISTIN: NADIA RATH
ASSISTENTEN: LEANNE WOODLEY & KENNY PAUL
HAARE: RIAD AZAR C/O ATELIER MANAGEMENT. MIT PRODUKTEN VON BUMBLE & BUMBLE
MAKE-UP: WALTER OBAL C/O ATELIER MANAGEMENT. MIT PRODUKTEN VON MAC
MODEL: KATRIN THORMANN C/O SUPREME
SECURITY: RICHARD ALLEN C/O FORTE SECURITY GROUP
PRODUKTION: BEA BARKHOLZ C/O ISABEL SCHARENBERG CREATIVE MANAGERMENT LLC.
69
Mantel: Maison Martin Margiela. Kleid mit Federn: Alberta Ferretti. Schuhe: Rochas.
Schmuck-Kopfband: Dolce & Gabbana (über net-a-porter.com) Ring: Wempe by Kim
70
71
Oben: Kleid und Oberteil von Fendi. Schmuck: Fabergé. Schuhe: Diesel
Linke Seite: Mantel von Burberry. Top: Paul Smith. Rock: Marni. Brosche: Chanel Haute Joiallerie.
Ring (linke Hand): Tiffany. Ring (rechte Hand): Pomellato
73
Jacke von
Stella McCartney
Kleid: Tommy Hilfiger
Schmuck: H. Stern
N
74
Nichts lieben die Bewohner von New York City mehr, als sich als die härtesten Exemplare der Spezies Mensch zu inszenieren.
Anderswo, da mag die Amplitude des Lebens maximal von Hellgrün bis Gelb reichen – in dieser Steinwüste aber leuchtet sie
permanent dunkelrot, alle sind andauernd in Alarmbereitschaft. Mit ganz eigenen Spielregeln: Maximal zehn Minuten nach
dem Aufstehen muss die „New York Times“ beispielsweise durchgesehen im Müll liegen – ist ja sowieso von gestern, der ganze
Quatsch. Lunch is for loser, Partnersuche stört nur den Gang der Geschäfte, mal davon abgesehen, dass den eigenen Ansprüchen
an Aussehen, Vermögen und Charisma nie jemand gerecht werden wird. Und wenn der ewige Mythos dieser Stadt besagt, dass
man es überall schafft, wenn man hier erfolgreich ist, dann bedeutet das genauso, dass hier wahnsinnig viele scheitern. Aber so
what, it’s up to you, good luck dann noch: Wenn du partout nicht hart und schnell genug für uns bist, dann verschwinde. Und
wenn dir das jetzt zu unhöflich rüberkommt, dann geh doch nach Kalifornien, wo sie dir vorne ihr Hollywood-Lächeln schenken und hinten das Messer reinrammen. Wir haben für solche Schnörkel keinen Moment übrig. So weit die Inszenierung.
Weil aber doch jeder weiß, dass ein solches Programm niemand durchhält, gibt es diese Momente, in denen der raue Ton aussetzt, in der die Steinwüste geradezu unmenschlich menschlich wird. Zu erleben sind sie gerade jetzt, in den letzten Zügen des
Indian Summer, in den vielen Parks. Wer je gesehen hat, wie ein Wallstreet-Broker am Karussell im Central Park wieder zum
Kind wurde, der wird es nicht mehr vergessen. Weniger Touristen sind im Fort Tryon Park im Norden Manhattans zugegen, dem
Ort unseres Shootings. Hier gibt es auch The Cloisters, eine Zweigstelle des Metropolitan Museum of Art, die mittelalterliche
Kunst zeigt: Der Bau ist inspiriert von französischen Klöstern, das Grün lässt Midtown wie einen anderen Planeten erscheinen.
Plötzlich heißt es: Relax. Calm down. Hol mal Luft, Kumpel. Der Bau geht übrigens auf John D. Rockefeller zurück. Der Erz-Kapitalist wollte in den 30er-Jahren, als New York am Boden lag, ein Zeichen setzen. Und sagte: „Wenn diejenigen, die sich vom
Frieden, der Ruhe und der Schönheit dieses Orts haben ergreifen lassen, mit gestärktem Mut und mit Hoffnung wieder aufbrechen, dann war die Arbeit seiner Erbauer nicht vergeblich.“Also nichts wie wieder rein in den Wahnsinn, Bäume-Umarmer hapec
ben uns nämlich gerade noch gefehlt, und fasel nicht von Yin und Yang, wir haben keine Zeit, wirst du es je begreifen!?
Cape von
Ralph Lauren
Kleid: Gucci
Schuhe: Hermès
Ohrringe: Bulgari
Oben: Pullover von Tory Burch. Rock: Hugo Boss. Armreif: Georg Jensen
Linke Seite: Cape von Elie Saab. Kleid: Valentino. Stiefeletten: Antonio Marras
Ring sowie Ohrhänger: Pomellato
77
Oben: Kleid von Prada
Rotes Unterkleid:
Versace. Goldener
Armreif: Christian Dior
Haute Joaillerie
Armband & Ring:
Chopard
Rechts: kompletter
Look von Rodarte
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Zwei wahre Charakterschädel
Wenn Fawaz Gruosi Schmuck entwirft, dann gegen den Trend. Seine neueste
Kreation ist die „Crazy Skull“-Uhr. Ein Symbol für Carpe diem, meint er und
82
Es kommt eben doch auf die Größe
an. Und die Karat. Die Farben. Und
es muss glitzern. Wer diesen
Schmuck trägt, dem liegt der bescheidene Auftritt nicht. So ungefähr könnte man das Credo formulieren, mit dem Fawaz Gruosi 1993 seine Firma
De Grisogono gründete und zum Darling des Jetset wurde. Seine neueste
Uhr „Crazy Skull“ passt da bestens ins
Bild: 900 Diamanten mit bis zu 45 Karat funkeln auf dem Totenkopf. In den
beiden Riesenaugen laufen zwei
Schweizer Uhrwerke, in denen die
Globetrotter die Zeitzonen einstellen
können, in der sie aktuell sind und aus
der sie kommen. Das Armband aus
schwarzer Rochenhaut, die Schließe
aus gekreuzten, diamantenbesetzten
Knochen. Und der Clou: Dem grinsenden Schädel selbst klappt mit einem
Druck auf die unterste Zahnreihe die
Kinnlade runter und streckt dem staunenden Betrachter eine rubinbesetzte
Zunge entgegen. Ätsch.
Ein Jahr lang wurde an der Mechanik
gefeilt, erzählt Gruosi. Seinen 60. Geburtstag (oder war es ein anderer? Der
Gentleman schweigt) feierte der Herr
mit den saphirblauen Augen und
schweren Lidern vor zwei Jahren im
„Billionaire Club“ auf Sardinien. In seiner Boutique und im Showroom in Paris laufen auf den Bildschirmen Filme
über den Starauftrieb bei De-Grisogono-Partys in Cannes oder Porto Cervo.
Fawaz Gruosi mit Sharon Stone. Fawaz
Gruosi mit Flavio Briatore, mit Naomi
Campbell oder Elton John. Überall
funkeln Celebrities mit seinen Preziosen im Blitzlichtgewitter.
Zur Präsentation des „Crazy Skull“ in Paris
gibt es Kaviar in XXL-Dosen, Champagner in
Strömen und viele Fotografen, die Fawaz
Gruosi diesmal mit der französischen Rocklegende Johnny Hallyday und Topmodels wie
Barbara Palvin oder Karlie Kloss ablichten. Es
ist die Inszenierung von Glamour mit den üblichen Darstellern und Zutaten. Mittags zum
Interview im Hotel „Costes“ jedoch zeigt sich
Gruosi von einer anderen, leiseren, eleganten
Seite. Schmuck trägt er nie, nicht mal eine
Uhr. Er hat ein Separee gebucht, damit er rauchen kann, und trinkt Wodka auf Eis. Russisches Wasser, so meint er, schmecke ab 12 Uhr
mittags besonders gut.
Aber ist der Totenkopf als Motiv nicht langsam out? In der Mode geistert er seit gefühlten Ewigkeiten herum, 2007 sorgte Künstler Damien Hirst mit einem
ebenso diamantenbesetzten Schädel
für einen Mediencoup. „Pah“, meint
Gruosi und stößt den Rauch aus.
„Wenn ich an Kategorien wie in
oder out glauben würde, wäre ich
nicht hier. Ich bin da, um das Gegen-
teil von dem zu machen, was man erwartet.“
Er war der erste Juwelier, der mit schwarzen
Diamanten, damals out, berühmt wurde und
die heute sein Markenzeichen sind. Kein
Mensch hätte zu jener Zeit einen Pfennig auf
seine Idee gesetzt, über sein gelungenes
Abenteuer mit dem schwarzen Diamanten hat
Gruosi sogar ein Buch geschrieben. Der Crazy
Skull von heute streckt nicht ohne Grund die
Zunge heraus.
Der Totenkopf, das Emblem der Piraten und
Pop-Motiv selbst ernannter Rebellen, ist in
der Kunstgeschichte seit dem Barock das Motiv für Vergänglichkeit und Eitelkeit. Und der
sieben Todsünden. Auf das kleine
Assoziationsspiel lässt er sich gern
ein: „Ich bin sehr katholisch“, sagt
der Sohn eines Libanesen und einer
Italienerin lachend. „Wenn keiner
zusieht, gehe ich zweimal im Jahr in
die Kirche.“ Und so hat er uns noch
seine Assoziationen verraten.
Hochmut: „Ich bin stolz auf das, was
ich erreicht habe. Aber hochmütig
bin ich nicht. Ich habe mich nie sehr
ernst genommen und fühle mich
noch immer so wie mit 18, als ich als
kleiner Lehrling vom Lehrling vom
Lehrling durch Zufall in einem Florentiner Juweliergeschäft anfing,
weil ich Geld brauchte. Die Angst zu
scheitern und alles wieder zu verlieren, habe ich immer noch. Diese
Angst war und ist gleichzeitig meine
größte Stärke und Antriebskraft.
Wenn ich vor vielen Leuten sprechen muss, schwitze ich vor Angst.“
Neid: „War vielleicht meine erste
Motivation. Für Harry Winston baute
ich in den 70er-Jahren die Geschäfte
in Saudi-Arabien auf. An schlechten
Tagen verkaufte ich für 500.000 Dollar, an den besten für 8,2 Millionen,
pro Tag! Dann betreute ich für Bulgari VIP-Kunden. Yachten, Privatjets –
das wollte ich auch. Doch Neid führt
nicht weit. Ich transformierte den
Neid in Ambition.“
Völlerei: „Schuldig. Ich missbrauche meinen
Körper täglich. Wird Zeit, dass ich wieder im
Chenot-Spa in Meran entgifte.“
Wollust: „Ich liebe Frauen. Doch ein Playboy
war ich nie. Ich war 28 Jahre treu verheiratet
und bin in der Liebe fast schon stupide
romantisch.“
Zorn: „Es braucht viel, um mich wütend zu machen. Dann sage ich
Worte, für die ich mich später
schäme.“
Habgier: „Unschuldig. Nicht
Geld ist mein Antrieb, sondern das zu tun, was ich liebe,
und dafür von anderen geliebt zu werden.“
Trägheit: „Ich wäre so gern
faul, aber alle Methoden mich
zu schonen, schlugen fehl. Für
Meditation fehlt mir die Geduld.
Ich habe in den 21 Jahren von De
Grisogono vielleicht zehn Wochen Urlaub gemacht.“
Also Himmel oder Hölle? Herr Gruosi
sieht wohl nur eine Richtung: oben.
JEAN DANIEL MEYER (3)
E
sagte Silke Bender, was ihm zu den Todsünden einfällt
Seinen Körper „missbraucht“ er täglich, Neid münzt
er in Ambition um: Fawaz Gruosi entwirft Schmuck
für De Grisogono – mit einem sehr speziellen Humor
Die „Crazy Skull“-Uhr, besetzt mit ca.
45-Karat-Diamanten und/oder Saphiren,
entstand in über 250 Arbeitsstunden.
Allein die Entwicklung des MundMechanismus dauerte neun Monate: Besetzt im Invisible-Setting
mit Baguette-Schliff-Diamanten, lässt er sich durch
Berührung öffnen und streckt
eine Zunge heraus, besetzt
mit 66 pinken Saphiren oder
Rubinen
DESIGNERUHREN
Emporio Armani:
Elegant wie die
Kollektionen ist das
Modell „ARS 7003“
Salvatore Ferragamo:
Mit einem Guilloche
Zifferblatt und
vergoldetem Gehäuse
kommt die „Buckle“
retro-cool daher
Hugo Boss: Elegant,
unaufdringlich, modern
will Hugo Boss jetzt sein.
Die Edelstahluhr
„Sunburst“ geht mit
Marc by Marc Jacobs:
„The Slim“ in Gold mit einem
Zifferblatt im Farbton „Dirty
Martini“ kommt einem schon
ganz vertraut vor
Christian Dior: Auch wenn das scheinbar
dem Zweck einer Uhr widerspricht: Die „Mini
La D de Dior“-Reihe ist absolut zeitlos
Dolce & Gabbana:
Modell „Sofia“ mit
Satinband macht
der Süsse im Namen
des Labels alle Ehre
Tory Burch: Die
klassische „Buddy
Signature“-Uhr
will nicht nur zur
blauen Stunde
getragen werden
Calvin Klein: Minimalistisch und clean,
klar, bei der Marke präsentiert sich die
Edelstahluhr „Astonish“ und sieht dabei
aus wie ein cooles Armband
Am Puls der Zeit
So ticken die Designer: Immer mehr Modehäuser kreieren passend zu ihren Looks auch Uhren
Im Gegensatz zu vielem in der Mode findet diese Revolution ohne Blitzlichtgewitter statt. Im Gegenteil. Man könnte fast meinen, die großen Modehäuser planten die Palastrevolte im stillen Kämmerlein: Als Giorgio Armani im Januar während der Mailänder Männerschauen einen Raum seines Casa Armani in einen riesiges Uhrmacher-Atelier verwandelte, war der Zutritt nur ausgewähltem Publikum gestattet. Dort präsentierte er seine erste
komplett in der Schweiz gefertigte Uhrenkollektion mit auch ausschließlich Schweizer Uhrwerken. Häuser wie Hermès, Bulgari, Chanel, Louis Vuitton und Gucci waren in dieser Hinsicht Vorreiter. Allerdings setzen viele Marken weiterhin auf Quarzwerke, weil die ihre Entwürfe sehr viel erschwinglicher machen. Steht doch die Idee im Vordergrund, dass man eine Uhr wie Modeschmuck auf das jeweilige Outfit abstimmen kann. Quarzwerke sind aber nicht einfach nur günstiger, sondern lassen auch gewagtere Designs und filigranere Formen zu. Wir hätten da neun Vorschläge.
83
GETTY IMAGES (8); WIRE IMAGE (1) ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER
Tommy Hilfiger: Modell
„Serena“ passt zum
all-time sportiven Look
GETTY IMAGES (4), DPA; MONTAGE: ICON; ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER
Look aus der Frühjahr/
Sommer Kollektion von
Akris
Ohrhänger aus der
„Acte V Collection“
von Louis Vuitton
Haute Joaillerie
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Ring „Arabesque“ von Pomellato
Armani Privé
Haute Couture
Herbst/Winter
2014/15
O DU SELIGE
Gelbgoldrausch
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Massiv, markant, modern: Wenn es um Juwelen geht, ist dick
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auftragen jetzt ausnahmsweise mal erlaubt – diese glanzvollen
Ring „
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„Lace Ring“ von Tamara Comolli
Ring aus der Kollektion
„900“ von Fope
Collier „Papyr“ von Niessing
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Ohrringe „Serpenti“ von Bulgari
Entwurf aus der
aktuellen
Kollektion von
Iris van Herpen
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Guggenheim Museum in New York
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Preziosen stellen jeden Christbaumschmuck in den Schatten
Ohrringe „Rococo Lace
Diamond“ von Fabergé
Collier „Diva“ von Bulgari
Ohrringe aus
der „Cushion
Kollektion“ von
Ole Lynggaard
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Stimmungsaufheller
In der dunklen Jahreszeit gilt es das Licht
einzufangen. Diese kostbaren Leuchtmittel werden
dabei gern behilflich sein – schönste Juwelen für
eine strahlende Erscheinung und glänzende Augen
Ring
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Looks aus der
Herbst/Winter
2014/15 Haute
Couture Kollektion
von Chanel
Armband „Sunset“ aus der
„Café Society“ Kollektion von
Chanel Fine Jewelry
Ohrring „Provenienz“
von Thomas Jirgens
Ring „Nugget“ von Cada
Armreif aus
der „Bohème
Collection“ von
Montablanc
Look aus der Herbst/
Winter 2014/15 Haute
Couture Kollektion von
Giambattista Valli
Ohrringe „Petit Paris“ von
Brahmfeld & Gutruf
Ohrschmuck aus der „Glanzstücke“ Kollektion von Bucherer
Christian Dior
illustrierte das Kleid
„Junon“, ein Entwurf aus seiner
Herbst/Winter Haute Couture
Kollektion von 1949. Daneben ein
aktueller Schmuckentwurf von
Victoire de Castellane für die „Archi
Dior“ Kollektion
Ensemble aus
der Herbst/Winter
2014/15 Haute
Couture Kollektion
von Giambattista Valli
Ohrring aus der „Extremely
Piaget“ Kollektion von Piaget
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Hochzeitskleid
aus der Haute
Couture 2014/15
Kollektion von
Chanel
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SCHÜCKING, DPA, REUTERS, DIOR (2), AFP (3), GETTY IMAGES (3); MONTAGE: ICON, ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER
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Collier mit Quaste von Tiffany
Armreif „Río“ aus der „Peacock“ Kollektion von Carrera y Carrera
Robe aus der
Haute Couture
2014/15
Kollektion von
Elie Saab
Der weiße Pfau wurde
von jeher für seine zarte
Schönheit geschätzt
Armba
nd aus
der „Hig
h Jewe
llery“ K
ollektio
n von C
hopard
87
SCHMUCK
THOMAS MEYER, FOPE
N
ur „die Tochter von“
wollte sie auf keinen
Fall sein. Giulia Cazzola ist – das merkt man
gleich am festen Händedruck, der aufrechten Haltung, der entschlossenen Stimme –
eine Frau, die Dinge gern selbst in die Hand
nimmt. Und das, obwohl die 41-Jährige seit
acht Jahren im scheinbar gemachten Nest arbeitet, dem Familienunternehmen Fope im
italienischen Vicenza. In jener vornehmen
Stadt, die Goethe nach Rom am meisten interessierte. Gerade mal 60 Kilometer nordwestlich von Venedig gelegen, zählt die Partnerstadt von Pforzheim zu Italiens reichster Region. Nirgends sonst im Land findet man so
viele Juweliere wie hier.
Einer davon ist Fope. Der Name steht für
„Factory of precious export“ und für schlichten Goldschmuck. Insbesondere die dehnbaren „Flex-it“-Armbänder, die sich wie Gummibänder über die Hand streifen lassen, schätzt
man weit über die Grenzen Italiens hinaus.
Trotz dieser beachtlichen Erfolgsgeschichte
kam Giulia ins Unternehmen, um Dinge zu
verändern: „Ich wollte meinem Vater beweisen, dass ich etwas bewegen kann. Deshalb habe ich einen ganz neuen Bereich bei uns ins
Leben gerufen – eine Marketing-Abteilung“,
sagt Giulia, die in den USA Marketing und
Werbung studiert hat und sich dort als Gemmologin ausbilden ließ. Auch der Vater hätte
einst das Unternehmen umgekrempelt: „Die
Firma war bei seinem Eintritt noch eine kleine Werkstatt, er hat aus Fope eine globale Marke gemacht“, erzählt seine Tochter stolz.
Unter weniger günstigen Bedingungen, nämlich inmitten des Börsencrashs 1929, wurde der
Betrieb von Giulias Urgroßvater gegründet.
Trotz wirtschaftlich schwieriger Zeiten hielt
Giulia Cazzola, vierte Generation bei Fope in Vicenza
Das vierte Glied
in der Familienkette
Tradition verpflichtet. Doch Giulia Cazzola folgte dem Ruf
des Familienunternehmens Fope, einst von ihrem Urgroßvater
gegründet, um mit dem Überkommenen zu brechen.
Mira Wiesinger traf sie in der Schmuckmanufaktur in Vicenza
88
Flexibles Pavé-Armband aus der
Mialuce-Kollektion von Fope
man sich getreu der Anlegerweisheit „Optimisten kaufen Gold, Pessimisten Konserven“ mit
hochwertigen Produkten über Wasser.
Als während des Zweiten Weltkriegs Edelmetalle knapp wurden, spendeten viele Paare ihre Eheringe der Regierung, die Geld brauchte.
Doch weil die Menschen offenbar auf Gold,
nicht aber auf Schmuck verzichten konnten,
sattelte man bei Fope auf die Fertigung von
Eheringen aus Eisen um. Und sicherte damit
auch während der Kriegsjahre das Überleben
des Betriebs. Die ersten „echten“ Schmuckstücke, die man sich nach Kriegsende leistete,
waren Uhren. Man begann also bald für Marken wie Longines oder Bulova Gehäuse und
flexible Armbänder zu fertigen. Letztere dürfen als Vorläufer der heutigen „Flex-it“-Serie
betrachtet werden – Armbänder, die mittels
Weißgold-Sprungfedern im Inneren dehnbar
sind – ein Patent, das Fope hält.
Heute werden in dem lichtdurchfluteten Fabrikgebäude des Architekten Flavio Albanese
nur noch Stücke für die eigene Marke produziert. Ganz recht, „produziert“ ist in diesem
Fall wohl das richtige Wort. Denn bei Fope
sind vor allem Hightech-Maschinen im Einsatz. Besonders stolz ist man auf einen Roboter, den Umberto, gelernter Uhrmacher und
Ingenieur, selbst entwickelt hat. Aufgrund seines gelben Greifarms, der Einzelteile zum Polieren geschickt über schwarze Bürsten führt
und deshalb an die Cartoonfiguren Sylvester
und Tweety erinnert, wird die Maschine von
Mitarbeitern liebevoll „Silvestro“ genannt.
„Trotzdem sind ausgebildete Handwerker für
uns unabkömmlich. Denn viele Schritte können einzig von Händen erledigt werden“, erklärt Giulia. Es sei immer eine Balance aus
Mensch und Maschine. Das „Flex-it“-Armband
ist ein gutes Beispiel dafür: Wie in einer Pastamaschine wird Gold so lange über verschiedene Rollen gewalzt, bis ein meterlanges schmales Blechband entsteht. Dieses wird von einer
zweiten Maschine wie endlose Tagliatelle eingesaugt, um daraus die Glieder für das
Schmuckstück auszustanzen. Die einzelnen
Komponenten werden dann mittels einer weiteren Werkzeugerfindung des Chefs von einem Handwerker mit den Sprungfedern zusammengefügt. Das sieht einfach aus. Ist es
aber nicht, es erfordert sogar eine Menge Fingerspitzengefühl. Das wird schnell klar, als die
Besucherin aufgefordert wird, es zu versuchen. Sie macht auf Anhieb zwei Teile kaputt.
Und nimmt beschämt Abstand von Ivans Arbeitsplatz, der sie mit den Worten tröstet, ihm
würde das selbst nach vielen Jahren der
Übung noch passieren.
Jedes einzelne Schmuckstück wird vor Verlassen des Hauses gereinigt, geprüft und in Plastikfolie verschweißt. Präzision und Sauberkeit sind dem 68-jährigen Umberto nun mal
sehr wichtig. Sein schwarzer Schreibtisch
steht in einem einfachen Glasverschlag inmitten der Fabrik. „Es gefällt ihm, bei seinen Leuten zu sein, bei seinen Maschinen“, so Giulia,
die eines Tages vielleicht an dieser Stelle sitzen wird. Oder eines ihrer beiden Kinder wird
dort Platz nehmen. „Natürlich nur, wenn sie
eine Leidenschaft für die Firma entwickeln.
Sie sollen machen, was auch immer ihnen gefällt“, sagt sie. Und zwar nicht, weil es das Natürlichste der Welt ist, wenn eine Mutter sich
wünscht, ihre Kinder mögen glücklich werden. Sondern weil sie fest davon überzeugt ist,
dass man nur erfolgreich sein kann, wenn
man Passion für seinen Job hegt. Sie selbst ist
das beste Beispiel dafür, dass da etwas dran ist.
TREND VERKEHRTE WELT
Panerai „Radiomir
Oro Rosso“ mit
Alligatorlederband
Macho? Midsize!
Endlich gibt es die besten Herrenuhren-Klassiker
als Damenmodell. Sie aber auch so zu bezeichnen, das
wäre dann doch zu viel des Guten
AKRIS
E
A. Lange &
Söhne „Saxonia
Automatik
37 MM“
Cartier „Anglaise“
Hublot
„Classic Fusion“
Zenith „El Primero
Original 1969“
JIL
SA
R
E
ND
Bell & Ross „BR S Officer Ruthenium“
ARMAN
I
Rolex „Oyster Perpetual Ref. 116000“
GETTY IMAGES (2), AFP (1)
Audemars Piguet
„Royal Oak Extra Thin“
GIORGIO
Es ist knapp 20 Jahre
her, da entdeckten die
Männer mechanische
Armbanduhren wieder
und
TestosteronSchwaden waberten
durch
Schweizer
Firmenzentralen:
Groß war ganz wichtig. Und Frauen hatten gefälligst flache Quarzuhren zu tragen, taten es auch, oder sie trugen, hui
wie modern, die alte Rolex des Mannes.
Aber dann boomte China, die Konzerne
investierten Milliarden und hatten
plötzlich ein Problem: Da standen beim
Händler nämlich vor allem asiatische
Männer, denen der Größenwahn am Arm
überhaupt nicht gefiel. An deren schmalen
Handgelenken sahen die 44-Millimeter-Boliden leider aus, als hätten sie sich Maos Küchenwecker umgeschnallt. Noch schmachvoller wäre für die nach Status hechelnden Neukunden aber gewesen, auf der Straße angesprochen zu werden nach dem Motto: „Ach,
du hast das Damenmodell gekauft. Chic!“ Der
Markt ist zu relevant, als dass dieses Problem
zu ignorieren wäre. Also behelfen sich inzwischen viele Manufakturen eines Tricks und
nennen kleinere Durchmesser bis 41 Millimeter gern „Midsize“ oder „Unisex“. Zum Vergleich: 35 Millimeter Durchmesser waren bis
in die 80er-Jahre eine gängige Herrengröße,
Damenuhren maßen maximal 30 Millimeter.
Der schöne Nebeneffekt der Öffnung gen Osten für den Rest der Konsumwelt: Nun können auch Frauen frei wählen unter den besten
Herrenklassikern von Audemars Piguet bis
Zenith. Und bekommen neben bunten Bändern (Panerai ab 3700 Euro plus 300 fürs
Band), eigenständigen Zifferblättern (Rolex
ab 4300 Euro) auch die Originalversionen berühmter Modelle (Zenith ab 7000 Euro). So
schnell ändern sich die Zeiten.
Und die Kerle? Entdecken jetzt einen ungeahnten Trend für sich: tiefstapeln. Bulgari-Chef Jean-Christoph Babin präsentierte kürzlich ein ultraflaches Tourbillon mit
dem Namen „Octo Finissimo“, dessen Werk
kaum dicker ist als eine Zehn-Cent-Münze.
Er begründete das neue Modell der Marke,
die immerhin in den 80er-Jahren damit
berühmt wurde, ihren Firmennamen fett
auf die Lünette zu schreiben, mit den
Worten: „Für uns war es wichtig, eine aufregende Uhr zu schaffen, die aber am
Handgelenk nicht nach Aufmerksamkeit
schreit.“ Hoppla, Jungs. Ist das jetzt eure
Joern F. Kengelbach
Emanzipation?
Ahoi! Die drei Damen vom Riva-Boot: Emily Blunt, Zhou Xun, Cate Blanchett
Wiedersehen in
Portofino
Mach’s noch einmal, Peter Lindbergh. In der Uhrenbranche werden
regelmäßig Linien neu aufgelegt. Warum also nicht auch erfolgreiche
Fotos wiederholen? Inga Griese war beim IWC-Shooting in Italien
L
90
La Cervara. Ein Name wie ein Versprechen, eine typische italienische Sehnsuchts-Szenerie.
Ein sehr altes, ehemaliges Kloster hoch über
Portofino mit einem Garten und weitem Blick
über den Golf von Tigullio. Sensibel und mit
viel Einsatz erhalten. Nichts beleidigt das Auge, die Seele darf sich vergewissern, dass erhabene Schönheit Bestand hat. An solchem Platz
werden Geschichten geschrieben. Oder eben
fotografiert.
Gute-Laune-Sound wummert aus dem Off einer akkurat geschnittenen Buchsbaumhecke,
die einen der schmalen Kieswege begrenzt.
Die blaue Stunde naht. Auf dem Wasser im
Hintergrund kreuzen zwei Yachten. Weiße
Stoffwände werden umhergetragen, 14, 15, 16
Leute sitzen auf altem Mauerwerk, stehen, halten, richten, gucken, helfen, zupfen, sind auf
dem Sprung. Alle sind fokussiert auf einen
Punkt: den Mann mit der Kamera, Peter Lindbergh. Wie stets trägt er Cap, blaues Jeanshemd, beige Chinos, Sneaker – und neuerdings, huch, auch Bart. Er wiederum fokussiert das eigentliche Ziel des Augenblicks ein
paar Meter vor ihm und ruft: „Beautiful! Most
beautiful there! And go!!“ Zwei Frauen, die eine blond, die andere brünett, in engen schwarzen Kleidern schreiten mit lasziver Eleganz
über die Terrasse, lassen sich auf den gussei-
sernen Stühlen an einem der kleinen ziselierten Tischchen nieder und kehren ihren Kamera-Blick heraus. Nicht nur der Kies knistert.
Die Digitalmaschine rast. 8000 Aufnahmen
werden es allein am Ende dieses einen Tages
mit den Supermodels Adriana Lima und Karolina Kurková sein.
„Können wir den Burberry von heute Morgen
noch einmal haben“, ruft Lindbergh nun ins
Off. Die Musik erstirbt, die Intensität des Momentes lässt nach. Karolina Kurková fragt irritiert: „Wo ist die Musik?“ Lindbergh zeigt den
Frauen die Aufnahmen auf dem kleinen Display in der Kamera. Kurze Besprechung, Nachpudern, Nachzupfen, Neuaufstellung, der Mantel wird angereicht, die Musik tanzt, Lindbergh hebt die Kamera, schon ist die dichte Atmosphäre zurück. Die Kamera klickt. Vier
Jahre nach der ersten Serie, die der Star-Fotograf für die IWC in Portofino in Szene gesetzt
hatte, versammelte Georges Kern, der Chef der
Uhrenmanufaktur, erneut ein „Cast, das so nur
IWC hat“, wie Lindbergh anerkennend bemerkt. Und wenn das ein Fotograf von diesem
internationalen Format sagt, dann gilt wohl
das lobende Wort.
Angereist sind neben den Topmodels Lima
und Kurková auch der noch recht „neue“
Freund Christoph Waltz sowie Ewan McGregor, mit Zhou Xun ist selbstverständlich ein
chinesischer Superstar dabei. Und Cate
Blanchett, die zwischen den gleichzeitig stattfindenden Filmfestspielen in Cannes und Portofino hin- und herdüst und auch ohne Schlaf
blendend aussieht, ist ebenfalls vor Ort. Neu
im Team ist die britische Schauspielerin Emily
Blunt, die ihr drei Monate altes Baby und die
schwarze kurze Pause nutzt, um ihr Töchterchen zu knuddeln. Ihr Kommentar: „Ich freue
mich sehr, dem Kreis dieser aufregenden, exklusiven Gruppe von Künstlern beizutreten,
mit der mich eine Leidenschaft für schöne Uhren verbindet.“ Es klingt nicht gestelzt.
Diese „Friends of the brands“, die sich aus bekannten Schauspielern, Sportlern, Models rekrutieren (manchmal endet die Freundschaft
auch, wie die mit Boris Becker nun), sind eine
Erfindung des Marketingstrategen Georges
Kern: „Wir nehmen sie nicht in die Werbung,
sondern realisieren PR-Projekte“, erzählt er
bei lauer Luft im sonnigen Klostergarten. „Uns
verbindet langjährige, freundschaftliche Partnerschaften, die Stars sind Teil der Marke. Cate
Blanchett und Kevin Spacey haben zum Beispiel Theaterstücke für uns inszeniert. Nur
Red-Carpet-Logowand wollen wir nicht.“
Keine Logowand aber natürlich auch nicht.
Kürzlich wurde in London mit großem Medienrummel und dem „Dinner-Überraschungsgast“ Mick Jagger vorgestellt, was in
Italien produziert worden ist. Nämlich eine
Foto-Ausstellung, die um die Welt reist, mit einem Making-off-Begleitfilm im Netz gehypt
wird und den Launch der neuen Portofino-Serie flankiert. „Wir führen“, erläutert Georges
Kern, „jetzt zum ersten Mal mittlere Größen
ein, also keine expliziten Damenuhren, sondern ein Unisex-Midsize-Format, das aber die
Frauen anspricht.“ Die Linie Portofino eigne
sich dafür aus zwei Gründen besonders: weil
der Name der femininste im Portfolio und die
Kollektion im Vergleich zu anderen IWC-Modellen generell eleganter sei. Für die Schaffhausener, die einst mit lustig markanten Sprüchen wie „Lasst uns wenigstens unsere IWC“
die Männerwelt umwarben, ist das Frauen-Terrain zwar kein völliges Neuland, aber wohl 3
PHOTOPRESS/IWC/PETER LINDBERGH (2)
Ist er auf dem richtigen Weg? Ewan McGregor im Mercedes-Oldtimer in Portofino, Karolina Kurková träumt im Vorbeifahren
91
PHOTOPRESS/IWC/PETER LINDBERGH (4), PETER LINDBERGH (6), PETER LINDBERGH/IWC/PA/AP
Szenen eines Shootings
mit Peter Lindbergh für
IWC in Portofino. Unser
imaginäres Drehbuch dazu
trägt den Titel „Einsamkeit,
Eifersucht, Zweisamkeit“.
Die Akteure sind Christoph
Waltz, Adriana Lima,
Karolina Kurková,
Ewan McGregor, Zhou Xun
und Cate Blanchett
Macht mal Pause: Und alles
hört auf Christoph Waltz im
Garten von La Cervara
92
3 erst in Kombination mit der starken Nachfrage aus Asien, wo auch die (kleineren) Männer kleinere Uhren bevorzugen, ergab der
Trend getreu der amerikanischen NachfüllPhilosophie „Buy one, get one free“ strategischen Sinn.
Seit 1984 schon ist der Ort Namenspate für die
Portofino-Linie. „Wir hatten einen Mitarbeiter in den 70er-Jahren, der gern hierherkam.
Und er schlug vor, eine elegante Uhr zu machen, sie Portofino zu nennen, weil der Wein
und das Essen und die Sonne so gut waren“,
erzählt Kern, während wir noch beim Wasser
sind. Die Schönheit des grünen Felsens an der
Bucht ist betörend wie eh und je und bedient
die instinktive Sehnsucht nach Schönheit, die
nur Zeit und Kultur schaffen können und die
die europäische Identität ausmacht. Dolce Vita nun also made für Schaffhausen.
Natürlich kostet das Dasein in der Idylle am
Golf von Tigullien ein Vermögen. Es heißt, die
Modeschöpfer Dolce & Gabbana hätten für die
Villa Olivetta, die auf dem Felsen gegenüber
vom Hotel „Splendido“ liegt, ungefähr 500
Millionen Euro bezahlt. Und damit Silvio Berlusconi ausgebootet. Der Platz ist halt begrenzt. Und wird es bleiben. Das Schlimmste
hat der Ort wohl ohnehin schon überstanden:
Die Nazis hatten die Sprengung zum Ende des
Zweiten Weltkrieges bereits vorbereitet, nahmen davon aber auf Intervention der ansässigen alten Baronin von Mumm im letzten Moment noch Abstand.
Alle anderen ästhetischen Bedrohungen waren bereits Jahre vorher abgewehrt worden:
Seit Mitte der 30er-Jahre steht das Gebiet um
die kleine Hafenstadt unter Naturschutz. Der
Schauspieler Rex Harrison, der sich in den
50er-Jahren mit seiner Frau Lilli Palmer hier
niederließ, erhielt eine der letzten Neubaugenehmigungen. Zahlreiche Hollywoodfreunde
und Schriftsteller kamen neidisch zu Besuch.
Sophia Loren bummelte so gern durch die
Gassen wie Clark Gable oder Jackie Kennedy.
Elizabeth Taylor und Richard Burton wurden
Stammgäste im mondänen Hotel „Splendido“,
hoch oben am grünen Felsen und mit fantastischem Blick übers Meer.
Der Jetset wusste eben immer schon, wo es
besonders ist. Der erste war Montague Yeats
Brown, britischer Konsul in Genua und ein
Hobbysegler-Pionier, der auf einem Törn Mitte des 19. Jahrhunderts zufällig die Bucht ansteuerte. Er war sofort fasziniert, kaufte gleich
das alte Castello „San Giorgio“ und zog seine
Freunde nach. Heute ist die Villa Museum,
den Turm ergatterte ein anderer Giorgio: Armani. Auch Kevin Spacey, der vor vier Jahren
dabei war, als Peter Lindbergh die erste Portofino-Fotoserie für IWC schoss, geriet damals
ins Schwärmen: „Es ist ein wunderbar idyllischer Ort. Eng verbunden mit Filmen aus den
60er-Jahren. Damals machten die Filmstars
dort Ferien, genossen die Leichtigkeit des
Seins und wurden dabei auch fotografiert.
Heute werden die Stars fotografiert, wenn sie
aus dem Fitnessstudio oder aus dem ,Starbucks‘ kommen. Was für ein Unterschied!“
Die seligen Jahre dienten auch als gestalterisches Vorbild für einige Modelle der neuen
Kollektion, wie Georges Kern sagt: „Mit der
Verarbeitung von Diamanten und Perlmutt
greifen wir den Accessoire-Geschmack der
50er- und 60er-Jahre auf.“
Das Fototeam ist verschwunden in den Tiefen
des verwinkelten Gartens mit den Zypressen,
Buchsbaum-Skulpturen und romantischen
Weinranken, mit den Rosenkaskaden, die
über Spalieren hängen, mit den Jasminbüschen und Zitronen, die sich am alten Mauerwerk festhalten, mit Bougainvilleenfontänen
und Glyzinienregen. 120 Leute sollen es insgesamt am Set sein. Mehr als bei einer durchschnittlichen Fernsehproduktion. Seit den
überaus frühen Morgenstunden sind auch
Adriana Lima und Karolina Kurková, die mit
Mann und Kind angereist ist, auf den Beinen.
Adriana Lima sagt am Ende dieses Tages, sie
sei seit Jahren Fan der Marke: „Meine erste Uhr
war die Piloten-Uhr. Ich mag maskuline Uhren. Und ich mag das Image, das die neue Linie
den Frauen vermittelt, nämlich stark und elegant zu sein.“
Vier Tage lang wird Portofino zur Kulisse. Der
Hafen, das Riva-Boot, der Oldtimer auf der abgeschiedenen Auffahrt zu La Cervara. Der Garten dort, der lange Flur, der einmal das ganze
Gebäude durchzieht und wo man heute noch
das stille Murmeln der einstigen Mönche zu
vernehmen meint. Im Ess-Saal steht ein langer
Tisch mit italienischen Köstlichkeiten: Caprese, Rabaton, Prosciutto. Auch Weltstars mögen
offensichtlich Self-Service am Buffet. Weiter
hinten im riesigen Raum ist die Kommandozentrale aufgebaut. Peter Lindbergh, jovial
und freundlich bei allem Stress, schnappt sich
einen Teller Pasta und eilt zu den Computern.
Es gibt viel zu tun. Seine Mitarbeiter haben
schon mal eine Vorauswahl aus der Bilderflut
vom Vortag auf den Bildschirm geholt, Lindbergh sichtet selbst und meist nachts die ungeheuren Mengen („schlafe ich nicht so gut“). Ein
Foto zeigt Adriana Lima („eine wilde Schönheit, tolles Mädchen“) in der Abendsonne an
einem Tischchen sitzend. „Zu werblich“ findet
Lindbergh. Das soll es, auch auf ausdrücklichen Wunsch des CEO, eben nicht sein. „Nimm
mal die Farbe raus.“ Ein Klick und das Bild erscheint in Schwarz-Weiß. „Siehste, gleich eine
andere Atmosphäre!“ Lindberghs Blick ist unbestechlich. 40 bis 60 Aufnahmen sollen es am
Ende sein für die Ausstellung. Aus bestimmt
24.000 Shots.
Am ersten Abend trifft sich die IWC-Familie
im Hotel „Splendido“ auf der Terrasse. Man
knabbert an frittierten Zucchini, bestellt gebratene Artischocken und „Catch of the day“,
kippt roten und weißen Wein. Man wäre keinesfalls verwundert, wenn am Nebentisch Liz
Taylor und Richard Burton, die hier heirateten,
Platz nehmen und wahlweise flirten oder
streiten würden. Die Einrichtung hat sich
wohl nicht verändert seither, selbst der Kellner
sieht aus, als habe er das glamouröse Paar seinerzeit noch persönlich bedient. Die Zeit durfte offenbar stillstehen. Mit distanzierter Grandezza bedient Signore auch die heutigen Stars
am Tisch.
Es wird erzählt, gelacht, diskutiert, die Müdigkeit scheint verflogen, zu späterer Stunde singt
die charismatische Karolina Kurková im Duett
mit ihrer Tischnachbarin. Mitternacht ist vorbei, das Model und ihr Mann Archie sind gerade auf dem Weg ins Zimmer, wo der kleine
Sohn schon schläft, da kommt Christoph Waltz
zu den „Friends“, nachdem er ein Jahr zuvor
bei einem Dinner neben Georges Kern saß und
man die gemeinsame Wellenlinie feststellte.
Und dann kommt auch Cate Blanchett direkt
aus Cannes von den Filmfestspielen, wo sie am
nächsten Abend nach dem Shooting noch einmal hinfahren wird, um am nächsten Morgen
wieder zurückzukommen für die Szenen auf
See. Selbstverständlich. Ein Absacker noch,
ein Gruppenfoto. Und man denkt: Solche Paten
hätte wahrscheinlich nicht nur eine Uhr gern.
Und so sieht es aus, wenn einer der berühmtesten Fotografen der Welt arbeitet: Peter
Lindbergh, immer im Jeanshemd, mit der
natürlich schönen Karolina in Nahaufnahme,
mit dem Smoking-Trio Kurková, Xun, Blunt
sowie im Hafen von Portofino mit Zuschauern
93
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Ich bin Nummer 5
Schenken macht Freude. Doch
was? Kosmetik könnte ja bisweilen falsch verstanden werden.
Etwas geht immer und zu jedem
Anlass: Duftkerzen. Davon kann
man nie genug haben. Doch
gerade jetzt in der Zeit vor
Weihnachten, wenn es wieder
heimelig wird, man zum Adventsbrunch oder Tee eingeladen ist, dann hole ich – alle
Jahre wieder – die Duftkerze
„Noël“ von Annick Goutal
hervor. Ein Klassiker. Sie duftet
nach frischem Tannengrün,
Orangen und Mandarinen ... so,
als wäre man gerade durch
einen Wald spaziert. Sie verströmt ganz fein ihren Duft –
ohne Kopfschmerzen zu verbreiten. Tipp: Lassen Sie sie nur
eine Stunde lang brennen,
pusten Sie sie dann aus (zu dem
Zeitpunkt müsste das Wachs
komplett flüssig sein) und lassen
Sie den Duft wirken. Für alle,
die nur mal eine kleine Freude
machen wollen: Es gibt auch
eine Mini-Variante der Kerze.
HIER KOMMEN UNSERE
KOSMETIKEXPERTEN ZU WORT
Judith Lang
Inhaberin der
Parfümerie „La Belle“
in München
Rein: Zugegeben,
dieses kleine Wundergerät namens
Clarisonic haben wir
an dieser Stelle
schon mal vorgestellt. Warum? Weil
es funktioniert. Neu
ist nun, dass es auch
eine „Cashmere
Cleanse“-Bürste
gibt, die zur Reinigung aufgesetzt
wird. Nein, der
Flausch wurde nicht
für Wintertage erfunden, sondern für
reifere und trockene
Hauttypen.
96
Innovativ: Pressemitteilungen werden
verschickt, wenn es
Neuheiten zu verkünden gibt. Klar.
Umso erstaunlicher
war die Nachricht von
Sensai, dass es im
Herbst nichts Neues
gibt, sondern, dass
sich die Japaner auf
die Arbeit an ihren
bewährten Produkten, wie etwa dem
herrlichen „Silk
Peeling Powder“,
konzentrieren.
Nachhaltige Idee.
Drunter und drüber:
Wer unter vergrößerten Poren leidet,
weiß, wie sehr sie das
Hautbild stören
können. Der „La Base
Pro Pore Eraser“ von
Lancôme soll – besonders in der T-Zone
unter dem Make-up
aufgetragen – für
einen feineren Teint
sorgen. Tipp: Der
Primer mag auch
über dem Make-up in
kleine Fältchen sanft
eingeklopft werden.
Roll’ on: Die Produkte der isländischen Mini-Kosmetikmarke Bioeffect
bestechen durch ihre
Simplizität: wenige
Wirkstoffe, die es
dafür aber in sich
haben. Neu ist nun
das „EGF Eye Serum“, das mit einem
kleinen Roller morgens und abends auf
die Augenpartie
aufgetragen wird. Es
kühlt schön und soll
die Fältchen rund
ums Auge mindern.
GÖNN IHR WAS
Männer machen es sich gern
leicht. Schenken, weil bequemer, meist das Gleiche zu
Weihnachten. Jahr für Jahr.
Wenn Sie doch mal überraschen
möchten, hätte ich einen Vorschlag. Wie wäre es mit einem
Kosmetik-Paket-de-Luxe der
Schweizer Kosmetikmarke La
Prairie, die berühmt ist für ihre
Anti-Aging-Zellbehandlung?
Das „Eternal Platinum Kit“, das
in einer wie eine Theaterbühne
aufgebauten Box daherkommt
und für Frauen ab 35 geeignet
ist, enthält eine Augencreme,
ein Serum sowie eine Gesichtspflege und kostet in dem Set
1472 Euro. Einzeln gekauft
kämen 1837 Euro zusammen. So
macht das Schenken doch
gleich noch mehr Spaß, oder?
Margit Krüger
Inhaberin der „Parfümerie
Krüger“ in Berlin
D i e P s s ss t
Neu !
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Schnupperkurs
Tom, der Kosmetikmeister
Wussten Sie, dass Tom Ford Architekt ist? Nach spektakulären Stationen in der Modewelt (Gucci, YSL) kümmerte er
sich ab 2003 um den Aufbau seiner eigenen Über-Luxusmarke und macht seit 2011 auch in Kosmetik. Fast hundert TomFord-Beautyprodukte gibt es bislang. Sein neuester Coup:
der „Concealing Pen“. Kein Pinsel ist nötig, der kugelige,
weiche Schwamm-Applikator ist integriert. Durch ein Drehen
am Ende des Stiftes, gelangt die Farbe dort hinein und lässt
sich ganz leicht unter den Augen verteilen. Oder wo es sonst
eben noch nötig ist. Über kadewe.de.
Wer’s erfunden hat? Einmal nicht die Schweizer, sondern der Italiener Johann Farina, der
1708 in Köln das „Eau de Cologne“ kreierte,
einen Duft, der ihn an einen italienischen
Frühlingsmorgen nach dem Regen erinnern
sollte. Die beiden Parfümeure Sylvie Ganter
und Christophe Cervasel ließen sich davon
inspirieren, öffneten ihr „Atelier Cologne“
und komponieren frische Colognes, die doch
lang anhaltend wie ein Eau de Parfum sind.
Passend zu jedem Duft gibt’s auch eine
Seifenvariante (wie etwa „Rose Anonyme“) –
eignet sich auch prima zum Daranschnuppern (niche-beauty.com).
Leder-Nase
Die Colonia-Düfte von Acqua
di Parma sollen Männer –
zumindest in Gedanken – auf
eine Reise nehmen. Mit „Colonia Oud“ ging es im vergangenen Jahr in den Orient und nun
mit „Colonia Leather“ in die
Gerbereien der Toskana. Ein
Leder-Akkord steht hier, also
im Flakon natürlich, im Vordergrund, aber auch leicht zitrusfrische Noten (die stets Bestandteil eines Eau de Cologne
sind) kommen zum Tragen. Die
Tour 2015 ist noch geheim.
Haare schön?
Kiel, Köln, Karlsruhe. Hauptsache, die Frisur sitzt. Natürlich ist das meist nach einem
Friseurbesuch der Fall – aber
mit ein paar Handgriffen und
den richtigen Produkten
sollte es auch zu Hause
funktionieren. Vor 50 Jahren
wurde Kérastase gegründet,
das sich bis heute auf ProfiHaarpflege spezialisiert hat.
2013 kam eine „Couture
Styling“-Serie heraus. Unser
Liebling ist „Fix fabulous“ –
ein Spray, das im trockenen
Haar am Ansatz aufgesprüht
für Volumen sorgen und
Struktur geben soll. Und los!
In vino veritas
Nicht nur da... denn auch in den Kernen der
(Wein-)Trauben verstecken sich Wirkstoffe,
die Falten bekämpfen sollen. 1993 öffnete ein
französischer Wissenschaftler Mathilde
Thomas die Augen und erklärte ihr die Eigenschaften der Polyphenole, die sich ebenda verstecken – und in der elterlichen WeinProduktion ein Abfallprodukt waren. Noch im
selben Jahr gründete sie Caudalie. Ihr neuestes Produkt: „Vinosource“, ein Öl für die
Nacht, das die Haut nähren soll. A beauté!
An dieser Stelle müssen wir mal mit einem
Kosmetik-Mysterium aufräumen: ein Gesichts-Öl,
wie etwa das „Huile Précieuse à la Rose Noire“ von
Sisley, macht nämlich nicht glänzende Haut. Nein,
es soll vielmehr besser in die Haut eindringen und
sie so umso intensiver pflegen und ist zudem
sparsam. Bei diesem „Spannkraft“-Elixier (duftet
fein nach Rose) der französischen Phyto-Kosmetikmarke genügen wenige Tropfen für das ganze
Gesicht. Entweder morgens und abends unter der
Pflege auftragen oder auch pur benutzen.
Overnight Express
98
Langschläfer haben Glück – schon seit einiger
Zeit ist bewiesen, dass Menschen, die länger
schlafen, nicht nur schlanker sind (die „Schlank
im Schlaf-Diät“ ist kein Marketing-Gag), sondern auch weniger Falten haben. Diesen Effekt
macht sich Nuxe zu eigen und hat „Nuxellence
Detox“ entwickelt, eine Emulsion, die über
Nacht die Hautzellen entgiften und ihre Erneuerung anregen soll. Gibt’s leider erst ab
Januar bei uns, doch in Frankreich schon jetzt.
Vielleicht kennen Sie ja einen Kosmetik-Kurier?
Beschwipsend
Zum ersten Advent werden überall die
Weihnachtsmärkte wieder eröffnen. Wer es
bis dahin mit dem Glühweintrinken nicht
mehr abwarten kann, dem empfehlen wir
die limitierte 600 Gramm schwere „Frosted
Cherry& Clove“-Deluxe-Kerze von
Jo Malone. Sie duftet nämlich herrlich
„seasonal“ nach einer Glühwein-Hauptzutat
– der Gewürznelke. Prost.
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Langes, seidiges Haar ist sexy. Es ist aber auch empfindlich und anfällig für Sprödigkeit und
Haarbruch. Das luxuriöse Spa – Konzept Cheveux Longs gleicht Strukturschäden aus,
pflegt das Haar mit hochwirksamen Inhaltsstoffen und umschmeichelt es mit einem bezaubernden Parfum.
LUXUSKOSMETIK
BRUNO SUET (2); DIOR
Hier wächst auch kosmetische
Begehrlichkeit: Château d’Yquem
Edelfaule Luxustraube
Was der kostbarste Wein der Welt mit einer Anti-Aging-Kur zu tun hat?
Uschka Pittroff hat sich ins Bordeaux begeben und klärt auf
E
10 0
in Hoch auf die Fäulnisbildung! Ein Prosit auf
den
Schimmelpilz!“
Man kann dem Herrn
über das Château d’Yquem keinen höflicheren Trinkspruch ausbringen als einen Toast
auf das kleine Bakterium Fungus botrytis, das
Grauschimmelfäule bewirkt. Es stimmt Pierre
Lurton sehr froh, wenn man ihm und seinen
Weinbergen Nebel und Regen wünscht, gern
von August bis in den November. Hauptsache
viel Moder und Zersetzung.
Es lebe das süße Süßwein-Leben. Wir befinden uns auf einem kleinen Weingut im südöstlichen Bordeaux, der Sauternes-Region,
auf dem berühmten Château d’Yquem, erbaut
im 15. Jahrhundert. Die Weine des Hauses sind
eine Rarität. Sie gelten als die kostbarsten,
teuersten, sensibelsten Süßweine der Welt.
Ein solcher Sauternes (70 Prozent Sémillion,
30 Prozent Sauvignon), zur Foie gras genossen, entspricht in etwa dem Erlebnis einer
Hochzeitsnacht: Man ist trunken vor Glück.
Anbau und Ernteprozess sind extrem aufwendig. Auf rund 105 Hektar Rebfläche werden
jährlich nur circa 80.000 Flaschen hergestellt.
Will heißen: Ein einziger Rebstock gibt nur
ein Glas Wein her (bei „normalen“ Weinen ist
es eine Flasche). Sind Kellermeisterin Sandrine Garbay und CEO Lurton („Ich bin hier nur
der Chefdirigent.“) die anspruchsvolle Qualität doch nicht gut genug, gibt es den Jahrgangswein einfach nicht (so geschehen etwa
1964, 1972, 1974, 1992 und 2012)! Die Produktion fällt aus. Voilà! Welch ein Luxus. Sagt Monsieur Lurton: „Wir spielen hier immer mit
vollem Risiko. Das ist es, was die Exzellenz einer großen Marke ausmacht.“
Eine Flasche des wertvollen Vintage kostet
um die 400 Euro Einstiegspreis; ältere Jahrgänge – die Weine sind auch nach hundert
Jahren noch trinkbar – ein Vermögen. Bei den
beiden bislang einzigen Versteigerungen erzielte der „legendäre 1811“, auch „Napoleonwein“ genannt, 2011 etwa 85.000 Euro. 1997
kam ein 1784er für etwa 44.000 Euro unter
den Hammer (symbolisch gesprochen).
Rund 200 Erntehelfer pusseln in diesem Jahr
gut 50 Tage lang per Hand die Beeren zusammen. Nur die kleinen, süßen, dunklen, die rosinenartig vor sich hin schrumpeln, werden
genommen. Manchmal ist es nur eine Kinderhand voll von einer Traube. Jene Süße (dank
Edelfäule) ist eines der Geheimnisse des Liebhabertropfens. Aus der hohen Zuckerkonzentration (umgerechnet 400 Gramm Zucker auf
einen Liter) entsteht die hochkarätige und
hochprozentige Mischung von 21 bis 22 Volumenprozent Alkohol, eine der Voraussetzungen für den Ausbau eines d’Yquem.
Was das Ganze nun mit Kosmetik zu tun hat?
Nun, das Maison „Parfums Christian Dior“ hat
sich mit dem Château d’Yquem – beide im Besitz des Luxuskonglomerats LVMH – zu einer
Art Nobelooperative zusammengetan. Ergebnis: Analog zum Vintagewein entstand ein außergewöhnliches Jahrgangsprodukt: „La
Cure L’Or de Vie Millésime Vintage 2013“.
Das exklusive Anti-Aging-Serum ist als
Drei-Monats-Kur konzipiert. Weltweit
kommen nur 3600 nummerierte Sets in
den Handel, bestehend aus je drei
Fläschchen à 30 ml, von Hand verplombt. Nur neun der 1500-Euro-Preziosen wird es in Deutschland geben (ab
4. Dezember, unter anderem im Berliner
KaDeWe ).
Dass die Inhaltsstoffe von Wein wie etwa
Resveratrol aufgrund seines hohen Gehalts an Antioxidantien für die Kosmetikindustrie von besonderem Nutzen
Jahrgangs-Kosmetik und sehr limitiert: das
Serum „La Cure L’Or de Vie“ von Dior
sind, ist bekannt und bewährt. Die Dior-Wissenschaftler gehen mit ihrer La-Cure-Formulierung aber viel weiter. Nicht nur leistet man
sich als eines der wenigen Fachlaboratorien
extrem teure Grundlagenforschung, sondern
man hat mit der Kur auch erstmals ein Produkt geschaffen, das über 40 Prozent hochkarätige aktive Wirkstoffe enthält.
Das limitierte Serum ist quasi die Königsdisziplin, „der heilige Gral“, wie es Edouard Mauvais-Jarvis ausdrückt, Wissenschafts- und
Umwelt-Direktor von „Parfums Christian
Dior“. Man müsse sich das vorstellen wie bei
der Formel 1 für die Automobilindustrie; dort
zeigten die Konstrukteure und Unternehmen,
zu welch Spitzenleistungen sie fähig sind. So
sei „La Cure L’Or de Vie“ eine Kur und „natürlich zugleich auch ein Imageprodukt“.
Gemeinsam mit dem ethnobotanischen Experten Patrice André entstand das Jahrgangsserum. Bereits seit 2007 arbeitet Dior in seiner Luxusserie „L’Or de Vie“ mit Wirkstoffen
aus Wein (auch hier gilt eine ähnliche Faustregel wie für den Wein, ein Rebstock bringt einen Topf Creme), gewonnen aus Schösslingen
und Ranken, aus deren Saft und Traubennektar sowie nährstoffreichem Rebwachs. Zusätzlich hat man sich nun auf das kosmetische
Potenzial des Tresters fokussiert. Hintergrund: Früher streuten die Winzer nach der
Lese jenen Trester, also die Reste der Traubenpressung, auf den Feldern von d’Yquem aus.
Dieser sehr fruchtbare organische Dünger –
im Französischen „marc“ genannt – regt die
Rebe zu einem neuen Lebenszyklus an. Neu
entdeckte Wirkstoffe in diesem
„marc“ und dessen Interaktion und
Synergie mit den anderen Weinrohmaterialien liefern die Rezeptur zu
der neuen Verjüngungswaffe. Alle
Elemente spielen biochemisch zusammen: Stoffe, die Wundheilung
beschleunigen können, solche, die
die Stoffwechseldynamik der Zellen anregen und so die Haut revitalisieren; Moleküle, die die Produktion von Kollagenen, Elastin und
Glykan anfeuern. Mit „La Cure“ verspricht Dior nicht weniger als eine
„radikale Regeneration“. Darauf ein
exklusives Gläschen Süßwein. Wer
weiß, ob die Ernte ein 2014er-Jahrgangs-serum hergeben wird.
IM LABOR
SANDRO CAMPARDO (3)
Natürliche Zutaten und
Biotechnologie: Die Produktion des
„Sublimage L’Essence“ von Chanel
ist eine Wissenschaft für sich
Wo der Pförtner
Smoking trägt
Eigentlich ist dort alles streng
geheim. Silke Bender durfte
trotzdem das Forschungslabor von
Chanel bei Paris besuchen
E
10 2
Es ist mit Abstand der
eleganteste Neubau am
Kanal Ourcq, aber
nichts an dem GlasStahl-Gebäude, das sich
als einzigen Schmuck
eine anthrazitfarbene
Gittermusterfassade
leistet, deutet darauf hin, dass sich hier in Pantin, im Nordosten von Paris, seit letztem Jahr
das Forschungshauptquartier von Chanel befindet. Diskretion gehört zum Ton des Hauses.
Nur der Pförtner in Smokinghose, der uns vor
dem wohl mit der Nagelschere gestutzten Rasen der Parkanlage empfängt, verrät, dass man
hier, in der sonst industriell geprägten, wenig
glamourösen Banlieue, wohl an der richtigen
Adresse ist.
Chanel und Pantin, das ist eine alte Geschichte. Schon in den 20er-Jahren besaßen die
Wertheimer-Brüder, Geschäftspartner von
Coco Chanel, hier eine Kosmetikfabrik, in der
das berühmte Chanel No 5 und die ersten Make-up-Produkte des Hauses produziert wurden. Pantin war das Herz der Pariser Seifenund Kosmetikindustrie, konnten die dafür benötigten Tierfette doch via Kanal von den
Schlachthöfen an der Porte de la Villette direkt bis vor die Haustür geliefert werden.
Heute fährt man entlang der Kanalpromenade
Rollerblade und Fahrrad. Nichts an der schönen, neuen Arbeitswelt von Chanel hat irgendeinen Odeur von Schmutz, Industrie
oder gar Tierkadavern.
Innovation und Technologie, Nachhaltigkeit
und Natur – blitzsaubere Worte wirft Christian Mahé, der „Senior Vice President Research
& Technology“, zur Einstimmung auf die
Flachbildschirme, bevor die Journalisten
durch die heiligen Hallen eskortiert werden,
um zu erfahren, wie das neue „Sublimage
L’Essence“ Schritt für Schritt entstanden ist.
Nicht nur die sich wie von Geisterhand öffnenden, elektronischen Schranken und Türen
erinnern an „Gattaca“, diesen hoch ästhetisier-
ten Science-Fiction-Film, dessen Thema der
Kampf gegen den menschlichen Makel im
Erbgut ist. Auch bei Chanel geht es um eine
Mission fast schon religiösen Formates: um
die Verfeinerung von Schönheit, wie Mahé
sagt, im Dienste der Frau. Um Perfektionierung und Leuchtkraft der Haut. Später sprechen die Wissenschaftler, die Grafiken von
Enzymen, Hautschichten und Molekülen zeigen, von der „Eliminierung der freien Radikale in den Kallikreinen“. Klingt irgendwie nach
Ukraine. Die Epidermis als Kampfgebiet
schädlicher Umwelteinflüsse, die sie müde,
matt, alt aussehen lässt. Sie zu reinigen und zu
beruhigen, um sie wieder zum Strahlen zu
bringen, sei das Ziel: Detox als Katharsis.
Zur Einstimmung auf die Detox-Mission ins
Allerheiligste werden blütenweiße Laborkittel und Kopfhörer verteilt. Handys und Fotoapparate sind abzugeben. Vorbei an Teeküchen und Aufenthaltsräumen, die aussehen,
als würden sie sich um ein Cover vom „AD“Magazin bewerben – schwarze Lacktische,
Sitzmöbel in Beige, flauschig cremefarbene
Teppiche, weiße Wände –, geht es in die Labore, wo an die hundert Wissenschaftler an der
Kosmetik von morgen arbeiten. Im „Natural
Active Ingredients Department“ sollen wir auf
Kanal 5 schalten. Und mit hübschem, französischem Akzent klingt es wie „Tschanell Five“.
Links hinter einer Glaswand stehen kompliziert aussehende, blubbernde, lautlos rotierende und dampfende Apparate, die einen dezenten Blütenduft verströmen. Rechts der
Chef Nicola. Der Italiener ist so etwas wie der
Indiana Jones von Chanel, stets auf der Suche
nach neuen Pflanzenschätzen weltweit. Er
hält zwei Flakons hoch: einen mit einer klaren, goldgelben, einen anderen mit einer
dunklen, karamellfarbenen Flüssigkeit. Es
sind die zwei aktiven Wirkstoffe des neuen
„Sublimage L’Esssence“-Serums. Zum einen
ist es die bereits im Ayurveda bewährte „Goldene Blume des Himalaja“, seit 2006 im Produkt enthalten, die mit ihrem ultrakonzen-
trierten Signature-Wirkstoff „Golden Champa
PFA“ zur Vitalisierung, Entgiftung und Erneuerung der tieferen Hautschichten beiträgt.
Zum anderen, der neue, nun die Wirkung ergänzende Harungana-Extrakt aus Madagaskar.
Diese „Pflanze des Lichts“ vermag, so Nicola,
nicht nur die brandgerodeten Ackerflächen
der afrikanischen Insel wieder mit CO2 und
Nährstoffen anzureichern, sondern auch die
Kallikreine, die Enzyme zur Erneuerung der
äußeren Epidermis der menschlichen Haut,
zu stimulieren. Die Madagassen nutzen die
Pflanzen bereits seit Jahrhunderten zur Narbenheilung, ihre nun isolierten, patentierten
Detox-Eigenschaften werden jedoch weltweit
einzig von Chanel angewandt.
Im letzten Schritt, dem „Efficacy Department“, wird die Wirksamkeit des neuen Produktes an Probanden überprüft: Dazu steht
ein besonderes, von Chanel und einem deutschen Labor entwickeltes „Multiphoton Mikroskop“ zur Verfügung, das die Veränderung
der Haut sichtbar und den Toxingehalt auf der
Haut erstmalig messbar machen kann. Ergebnis: Nach vier Wochen täglicher Anwendung
mit „Sublimage L’Essence“ sei die Haut um
25 Prozent weniger toxinbelastet, die Textur
um 21 Prozent feiner und die Strahlkraft um 17
Prozent höher, heißt es. Fast vierzehn Jahre
Forschung – von der Entdeckung der Pflanze,
ihrer Analyse, des kontrollierten Anbaus und
Ernte in Madagaskar bis zur Formulierung der
Rezeptur – stecken in den 30 ml des Gels, das
die Anti-Aging-Pflege von Chanel nun in die
nächste Generation führen soll. Leider dürfen
wir das kostbare Serum zur eigenen Verjüngung nicht mitnehmen – es kommt erst später, im Oktober, auf den Markt. Die kosmetische Katharsis muss noch warten. Also schnell
noch ein paar Fragen an die Kommunikationsdirektorin des Labors, Marie-Hélène Lair:
Wie ökologisch ist Chanel-Kosmetik?
Keine Silikone, keine Parabene, und nie haben
wir bei unseren Produkten Tierversuche eingesetzt. Wir versuchen dabei, das Beste aus
Natur und Biotechnologie zu verbinden. Auf
dem asiatischen und zunehmend auf dem
amerikanischen Markt gehört die bleichende
Wirkung von Cremes zu den gefragtesten Eigenschaften. Dazu haben wir ein Weiß-Molekül entwickelt – das ganz klar synthetisch ist.
Was braucht es für eine gute Pflege?
Eine feuchtigkeitsspendende, glättende und
nicht fettende Augencreme, eine Tagescreme
mit Lichtschutzfaktor und eine Nachtcreme,
ab 50 zumindest sehr zu empfehlen, wenn die
Haut trockener wird. Dann ist es besonders
wichtig, nicht nur auf liftende Produkte zurückzugreifen, sondern auf nährende.
Mal ehrlich, lassen sich Spuren des Alters
wirklich wegcremen – ohne Spritzen?
(lacht) Ich glaube, man braucht beides. Nur
mit Botox-Spritzen allein bekommt man keine gute Hautqualität, und ganz ohne hätte ich
zum Beispiel einfach Stirnfalten. Das Wichtigste ist ein harmonisch-natürliches, elegant
aussehendes Verhältnis von beidem.
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so richtig Urlaub. Ganz in der Nähe, inmitten
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Ganz A-ROSA.
Global Diary
Erinnern Sie sich? An die Zeit, als man statt SMS und E-Mail noch
Karten von fremden Orten schrieb? Wir tun es noch immer
KYOTO, JAPAN
Bahnhofslabyrinthe, monströse Bauten und Neonreklamen erschlagen, kaum dass ich in Kyoto aus
dem Zug gestiegen bin. Hier soll die Wiege der Nation liegen, in der sich vor tausend Jahren Kunst
und Kultur entwickelten, die bis heute in Japan und anderswo auf der Welt lebendig sind? Nach drei Tagen und etlichen Kilometern zu Fuß durch
reizvolle Gärten und Tempelanlagen, nach Besuchen von winzigen
Shops mit Kunsthandwerk und Restaurants mit Kaiseki-Küche
begriff ich langsam, dass in Kyoto uralte Traditionen genauso
penibel gepflegt werden, wie die chaotisch bunte HightechWelt vorangetrieben wird. Unlängst hat in der ehemaligen
Kaiserstadt ein feudales Hotel eröffnet – „Ritz-Carlton“.
Am Ufer des Kamogawa und in Nachbarschaft von berühmten Sakralbauten und historischen Parks finden sich
dort, modern zitiert, jene ästhetischen Werte wieder – die
Ausstattung ist so dezent wie hochwertig. Man findet auch
im Sinne des Zen perspektivisch angelegte traditionelle Gartenbaukunst auf Terrassen der Suiten. Im Restaurant „Mizuki“
höre ich nicht mal den Wasserfall, der über Farne und Felsen in
einen Innenhof zum Spa hinabplätschert. Der Blick darauf durch
bodentiefe Scheiben ist Teil des Konzepts der Kaiseki-Küche. Japaner
genießen nämlich nicht nur die subtile Optik der exquisiten Miniaturspeisen. Ebenso bedeutend sind Stimmung und Story des Dekors. So sind die Granitbrocken draußen
nicht einfach nur Steine. Sie stammen von einem abgelegenen Kloster – Besitztum in den Hügeln am
Rande der Metropole – handverlesene und zig Millionen Jahre alte Felsen. Tiefer kann ich in die Geschichte Kyotos nun wirklich nicht eintauchen.
Kiki Baron sieht Kyotos Attraktionen nun mit ganz anderen Augen
SELFOSS, ISLAND
Weihnachten
entspannt genießen:
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einzelne Nächte auf Anfrage, limitiertes Kontingent.
Buchung auf www.a-rosa.de,
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040-69 63 52 33-8
A-ROSA Resort und Hotel GmbH, Am Kaiserkai 69, 20457 Hamburg, www.a-rosa.de
Eisiger Wind schon am Flughafen, aber die Abreisenden tragen ärmellose T-Shirts. Die Luft riecht gut, ein
bisschen nach Gras und ein bisschen nach etwas Unbekanntem. Ein Fahrer fährt uns durch die steinig
baumlose Wildnis und erzählt von Trollen: Island! In
der Dämmerung erreichen wir, an dampfender Erde
vorbeirauschend, das Hotel „Ion“, wie ein Monolith ragt
es über die Ebene. Dom Pérignon hat eingeladen: Hier in
Island wird der P2 vorgestellt, der Champagner reifte 16 Jahre lang (Plénitude 1 reift sieben bis acht Jahre). Am nächsten
Morgen hat sich das Zimmerfenster zu einem Panoramabild gewandelt. Wolken rasen über bräunliches Gras, der Himmel scheint am Horizont das Land zu streifen, dahinter leuchtet Schnee auf Gletschern, man muss hinaus. Es regnet,
dann scheint die Sonne, die Destination ist ein Wasserfall. Island ist ganz schön zickig, auch wegen seiner unwegsamen Lavaböden. Dann gibt’s Champagner: Am tosenden Wasserfall „Seljalandsfoss“
wird ein Vintage 2004 samt Regencape gereicht. So, mit Champagner-Glas durch das Geröll und hinter den 62 Meter hohen Wasservorhang stapfend, hat Abenteuerlichkeit Stil. Gemischt mit der Gischt
ist Alkohol am Morgen auch absolut nicht beschwipsend, nur belebend. Weiter geht es zu einem
Gletscher, wir offroad im Hummer durch eine Moräne, durch Flüsse, wieder steil hinauf ins Geröll.
Plötzlich ist Rauch zu sehen, etwas Blaues leuchtet im Schnee, der Gigjökull-Gletscher grinst uns entgegen. Riesige Feuerfackeln weisen den Weg. Und da steht er: Richard Geoffroy, Chef de Cave. Ein
paar Sätze möchte er zu seiner jüngsten Kreation sagen, während hinter ihm konstant Champagnergläser zerbrechen, die der Wind von Spiegeltischen schubst. „Vom Dunkel ins Licht“, verstehe ich und
dass es um Harmonie gehe, die ja „nicht statisch ist, sondern immerzu in Bewegung“ sei. Der „P2“ sei
paradox, „wie eine junge Frau mit einer alten Seele“. Und: „Wein ist wie Kinder erziehen, man lässt sie
sehr frei in ihrer Entwicklung, ist aber nie weit weg und interveniert nicht zu sehr.“ Er erinnert an den
Sommer 1998, der nach extremer Hitze starken Regen brachte und in dem die Trauben verspätet geerntet werden mussten und dessen Energie jetzt in dem „P2“ steckt. Zur Entspannung werden alle zu
einem Lunch in einen Leuchtturm gefahren. Aber natürlich muss man sich das Meer aus der Nähe ansehen, der Strand ist pechschwarz und die Wellen donnern ans Land. Urgewalten findet Richard Geoffroy super – und das schmeckt man dem „P2“ an.
Esther Strerath ist nach dieser Erfahrung noch mehr zum Fan des Nordens geworden
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Madrid–
Stadt der
Vielfalt
Vielschichtigkeit. Entdecken Sie
Oben links: Das 5-Sterne-BoutiqueHotel Urso im neoklassischen Stil.
Oben rechts: Der Palacio de Cibeles,
Wahrzeichen der Stadt, beherbergt
das Kulturzentrum CentroCentro.
Unten links: Foto der Ausstellung
„Givenchy“, unten rechts: Platea
Madrid – neues Center für
Unterhaltung und Gastronomie.
Kunst, Kultur und Architektur der
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Lebendig, überraschend, faszinierend:
Madrid weckt die Reiselust und
besticht durch Facettenreichtum und
spanischen Metropole.
S
Shoppingmeilen, Tapa-Bars und ein unermüdliches
Nachtleben reichen nicht, um Madrid zu charakterisieren. Vielmehr ist es ein pulsierendes kulturelles Leben, das der spanischen Stadt neue Gesichter
verleiht. An kaum einem Ort der Welt gibt es eine
solche Konzentration von Kunst wie auf der „Kunstallee“, dem so genannten Paseo del Arte. Innerhalb
eines Kilometers befinden sich hier drei Museumsgiganten: das Museo del Prado, das Museo ThyssenBornemisza und das Museo Reina Sofía. Aktuelle
Ausstellungen prägen das Kunstgeschehen und eine
ernstzunehmende kulturelle Szene bestimmt das
gesellschaftliche Leben der Stadt: Neue angesagte
Märkte, Sterneküchen und High-Class-Hotels verwöhnen Gäste aus aller Welt.
Exhibitions
News Openings
Werke von Joaquín Sorolla, die von amerikanischen
Museen und Sammlern erstanden wurden, zeigt die
Ausstellung „Sorolla und Amerika“ vom 25.09.2014
bis 04.01.2015 im Fundación Mapfre, Sala de Exposiciones Recoletos. Die Kunstsammlung des Ehepaars
Arbelló mit 160 Werken nationaler und internationaler Künstler ist in der Kulturstätte CentroCentro
vom 02.10.2014 bis 09.02.20115 zu sehen. Absolut
empfehlenswert sind gleich zwei Ausstellungen im
großen Nationalmuseum Thyssen-Bornemisza:
„Amerikanischer Impressionismus“ vom 04.11.2014
bis 01.02.2015 mit Werken in leuchtenden Farben,
angelehnt an die impressionistische Malerei in
Frankreich, sowie die Modeausstellung „Hubert de
Givenchy“ vom 22.10.14 bis 18.01.2015. Kurator dieser
Retrospektive ist der 87-jährige Designer selbst. Gezeigt werden Kleider und Fotos von Persönlichkeiten
wie Audrey Hepburn oder Jacqueline Kennedy.
Madrid steht nie still, und so überrascht es nicht,
dass wie in London und New York auch hier mit dem
Mercado de San Ildefonso ein neuartiger Food-Markt
zum angesagten Treffpunkt für Unterhaltung avanciert. Weitere gastronomische Neuheiten sind das
Platea-Center im Gebäude des ehemaligen CarlosIII-Kinokomplexes nahe Madrids „Goldener Meile
der Mode“ im Stadtteil Salamanca, mit einer Auswahl
an Bars, Restaurants und Eventprogrammen sowie
den Restaurants DSTAgE von Diego Guerrero und
das DiverXo. Diego Guerrero begeistert seine Gäste
mit einem Konzept, das alle Sinne anspricht, und die
Küche des DiverXo punktet als einzige der Stadt mit
drei Michelin-Sternen — es zieht um in eine neue Location. Eine Bereicherung ist das neu eröffnete, sehr
persönliche und luxuriöse 5-Sterne-Boutique-Hotel
Urso. Es befindet sich in einem sehenswerten Palast
aus dem 20. Jahrhundert direkt im Zentrum Madrids.
„Madrid – spannende Metropole
voller Kunst, Kultur und Lebensfreude“
BAUPLAN
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DER TRENCHCOAT
VON BURBERRY
In den Ateliers und Manufakturen dieser Welt werden weiterhin
Handwerkskünste gepflegt, und wir schauen zu
Oft kopiert, nie erreicht: der Burberry-Trench. 1912 ließ Thomas Burberry den Mantel „Tielocken“ aus Gabardine
patentieren – dieses Vormodell schützte die Offiziere im Ersten Weltkrieg im Schützengraben (engl. trench).
Praktisch und wetterfest wurde er nur mit einem Riemen, einer Schnalle und einem Knopf am Kragen geschlossen. 1924 ging dann das unverwechselbare Karomuster, der Burberry Check, in Produktion. Zur Fertigung des
Modeklassikers bedarf es mindestens einhundert Arbeitsabläufe. Wir zeigen die wichtigsten neun: 1. & 2. In der
Fabrik in Castleford in der Grafschaft Yorkshire wird Baumwollgarn zu Gabardine verwoben. 3. Später wird aus
dem Gabardinestoff sorgfältig der Mantel geschnitten und 4. im nächsten Schritt vernäht. 5. Das berühmte Karotuch wird im Webstuhl verarbeitet und 6. als Innenfutter so geschnitten und gesetzt, dass das Muster symmetrisch bleibt. 7. Dann wird der Kragen von Hand abgesteppt und 8. die Halslasche hinzugefügt. 9. Abschließend
werden der Metallhaken sowie der Kragenverschluss platziert. Übrigens: Die Queen ernannte Burberry 1955 zu
ihrem Hoflieferanten. Spätestens in den 60er-Jahren avancierte der Trench dann nicht nur bei den britischen
Ladies zum Haben-Wollen-Stück – da trug ihn Audrey Hepburn in „Frühstück bei Tiffany“. Mit seiner Laufstegkollektion „Prorsum“ ist das Label außerdem seit 1999 erfolgreich.
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