Schattenblick Druckausgabe
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Neueste tagesaktuelle Berichte ... Interviews ... Kommentare ... Meinungen .... Textbeiträge ... Dokumente ... MA-Verlag IN EIGENER SACHE Liebe Leserin und lieber Leser! In guter Tradition, verbunden mit herzlichen Grüßen, möchten wir an dieser Stelle allen unseren Lesern, Mitstreitern und Kollegen, Veranstaltern und konstruktiven Gesprächspartnern sowie nicht zuletzt unseren hochengagierten Informanten eine erholsame Weihnachtszeit und den denkbar besten Start in das Jahr 2015 wünschen ... (Seite 7) BUCH / SACHBUCH Hartz IV und die Folgen Auf dem Weg in eine andere Republik? von Christoph Butterwegge (SB) - Wenngleich das fadenscheini- ge Glaubensbekenntnis der deutschen Wohlstandsgesellschaft längst auf dem letzten Loch pfeift, klammern sich ihre Propheten um so hartnäckiger an das Gerücht, daß Macht und Reichtum einiger weniger aus einer anderen Quelle als der Unterjochung und Armut vieler stamme ... (Seite 3) DIENSTE / KALENDER Adventskalender - Türchen für den 8. Dezember 2014 Foto: © 2014 by Schattenblick Seite 6) Elektronische Zeitung Schattenblick Montag, 8. Dezember 2014 Jürgen Brähmer braucht nur eine Minute für Pawel Glazewski Kurzarbeit für den WBAWeltmeister im Halbschwergewicht (SB) Vor mehr als 3000 Zuschau- ern in Oldenburg hat Jürgen Brähmer den regulären Titel der WBA im Halbschwergewicht erfolgreich verteidigt. Der Schweriner aus dem Team Sauerland brauchte nur 53 Sekunden, um den polnischen Herausforderer Pawel Glazewski auf die Bretter zu schicken. Die meisten Zuschauer hatten nach den Nationalhymnen noch nicht einmal richtig Platz genommen, als das Duell auch schon vorüber war. Der in der Rechtsauslage boxende Brähmer übernahm sofort das Kommando und trieb den Herausforderer in die Seile. Dort zog er geradezu lehrbuchmäßig mit zwei Schlägen zum Kopf die Deckung des Gegners hoch, um dann seine gefährlichste Waffe, einen linken Haken zur Leber folgen zu lassen. Nach diesem schmerzhaften Treffer ging der Pole sofort zu Boden, wo er von Ringrichter Russel Mora aus den USA ausgezählt wurde. Es dürfte der schnellste Sieg gewesen sein, den je ein deutscher Boxer in einem Titelkampferzielt hat. Den Allzeitrekord hält der US-Amerikaner Gerald McClellan, der 1993 seinen Landsmann Jay Bell nach 20 Sekunden geschlagen auf die Bretter schickte und damit seinen WBCGürtel im Mittelgewicht erfolgreich verteidigte. Kampfs einen spektakulären Erfolg angekündigt hatte, verbesserte damit seine Bilanz auf 45 Siege und zwei Niederlagen. Für den von Karsten Röwer trainierten 36jährigen, der seit Dezember letzten Jahres WBA-Champion ist, war es die dritte gelungene Titelverteidigung. Der vier Jahre jüngere Pawel Glazewski mußte in seinem 24. Profikampf die dritte Niederlage hinnehmen. [1] Der alte und neue Weltmeister sprach zufrieden von seiner besten Vorbereitung seit Jahren. Er habe gezeigt, wozu er fähig sei, und werde künftig sein Potential noch besser ausschöpfen. Schließlich habe er nicht umsonst für zwei weitere Jahre bei Sauerland unterschrieben. Sein Trainer Karsten Röwer lobte den Paradeschlag, wie man ihn besser nicht ausführen könne. Ein bißchen Glück gehöre eben dazu, worüber man nicht traurig sei. Brähmer dankte dem Traditionsverein Traktor Schwerin für die Möglichkeit, sich dort gemeinsam mit einigen Talenten aus dem Amateurbereich in seiner Heimatstadt auf die Titelverteidigung vorzubereiten. Betreut werden die Schweriner Amateurboxer von Michael Timm, der früher bei Universum auch der Profitrainer Brähmers war. Dessen Arbeitgeber Sauerland Event verJürgen Brähmer, der seit 1999 im zeichnete zuletzt einen Engpaß Profilager antritt und im Vorfeld des beim Nachschub von Sparrings- Elektronische Zeitung Schattenblick partnern, da der frühere Organisator Hagen Doering nach Unstimmigkeiten mit der Geschäftsführung entlassen worden war. Durch die Zusammenarbeit mit dem Schweriner Nachwuchs konnte der Mangel an erfahrenen Trainingspartnern kompensiert werden. [2] Glazewski, der als krasser Außenseiter eingeschätzt und in der unabhängigen Weltrangliste erst an Nummer 41 aufgeführt worden war, hatte noch nie außerhalb Polens im Ring gestanden und zuvor keinen echten Titelkampf bestritten. Er habe zehn Wochen schwerer Arbeit hinter sich und viele polnische Schlachtenbummler mitgebracht, für die es ihm schrecklich leid tue. Seine gute Vorbereitung habe ihm bei diesem Leberhaken eben nichts genützt, so der gescheiterte Herausforderer. Mit dem Kampfabend in Oldenburg endete die langjährige Zusammenarbeit zwischen der ARD und Sauerland. Vierzehn Jahre hat "Das Erste" die Karrieren von Sven Ottke, Marcus Beyer, Arthur Abraham oder Marco Huck und natürlich Trainer Ulli Wegner begleitet, der mit Wehmut von einem bitteren Tag für sein Team und wohl auch viele ARD-Mitarbeiter sprach. Nun müsse man aber nach vorne schauen, zumal man ja einen neuen Fernsehpartner gefunden habe. [3] Beginnen wird die Partnerschaft mit dem Münchner Privatsender Sat.1 am 21. Februar. In der Berliner O2 World kommt es zu einer Revanche zwischen Arthur Abraham und dem Briten Paul Smith. Bei ihrem ersten Aufeinandertreffen Ende September in Kiel hatte der WBO-Weltmeister im Supermittelgewicht gegen den englischen Herausforderer nach Punkten die Oberhand behalten. Der Termin für Brähmers nächsten Auftritt steht bereits fest. Er soll am 21. März in Rostock in den Ring zurückkehren und dann erstmals unter der Regie von Sat.1 zu Seite 2 sehen sein. Als möglicher HerausSCHACH - SPHINX forderer ist der Münchner Robin Krasniqi im Gespräch, der in Magdeburg bei SES unter Vertrag steht. Guter Konservierungsstoff Denkbar wäre künftig auch ein Wechsel ins Supermittelgewicht, (SB) Schachhistoriker sind immer den sich der Schweriner ohne Pro- wieder überrascht von der Langlebigkeit und Kontinuität des von den bleme vorstellen kann. Arabern über viele Jahrhunderte hinWilfried Sauerland erneuerte in Ol- weg gespielten alten Schachs. Imdenburg seinen Vorschlag, ein deut- merhin war die ursprüngliche Form sches Viererturnier im Supermittel- über etliche Völker islamischen gewicht auszutragen. Neben Arthur Glaubens verbreitet. Dieser KulturAbraham und Jürgen Brähmer sol- raum erstreckte sich im Osten von len daran auch Felix Sturm, der sich Indien bis nach Spanien im Westen. in Eigenregie vermarktet, und Ro- Man kommt bei der Klärung dieses bert Stieglitz vom Magdeburger Umstandes um das Faktum nicht SES-Stall teilnehmen, die sich An- herum, daß der mohammedanische fang November in Stuttgart einen Glaube und der ihm innewohnende großen Kampf geliefert und unent- Fatalismus wohl der beste Konserschieden getrennt hatten. Diese Du- vierungsstoff war, den man sich zum elle seien jetzt möglich, weil alle Zweck des Erhaltes denken konnte. vier Boxer bei Sat.1 unter Vertrag Der Schachforscher Thassilo von stehen. In der Vergangenheit sei es Heydebrandt und der Lasa schrieb wegen der verschiedenen Fernseh- dazu: "Dabei liegt nun zunächst die partner nicht zu diesem Kämpfen Frage nahe, ob das Schach keine Änderungen auf seiner westlichen Wangekommen, so Sauerland. [4] derung erfahren hat. Dies war allerdings der Fall, aber im Ganzen ist doch die altarabische Spielweise, bis Anmerkungen: sie um 1450 in unser neueres Schach [1] http://www.boxen.com/news-ar- überging, ungefähr dieselbe vom chiv/newsdetails/article/braehmer- Ganges bis ans Atlantische Meer gewesen. Die örtlichen Verschiedensiegt-vorzeitig/23.html heiten waren damals viel geringer, [2] http://www.boxen-heute.de/arti- als ich selbst noch die Unterschiede kel/6650-leberhaken-in-runde-eins- zwischen dem früheren Spiele in Italien und dem übrigen Europa, mit braehmer-knockt-glazewskiabweichender, jetzt aber beseitigter aus.html Freiheit in der Rochade und dem [3] http://www.sportschau.de/weite- 'passare' der Bauern praktisch gere/boxen/braehmer-will-runter-cul- kannt habe. Der wahrhaft durchgreifende Unterschied zwischen dem alcay-will-rauf-100.html tarabischen und dem europäischen [4] http://www.abendblatt.de/spor- Schach wurde erst mit der Erweitet/article135104627/Blitz-K-o-bringt- rung des Ganges der Dame und des Läufers gegen Ende des Mittelalters Juergen-Braehmer-in-dieherbeigeführt." Ohne diese BeweGeschichtsbuecher.html gungserweiterung wäre der amüsante Abschluß in der Partie zwischen Bilek und Honfi auch gar nicht nachhttp://www.schattenblick.de/ vollziehbar. Schließlich standen drei infopool/sport/boxen/ Damen auf dem Feld und die vierte sbxp0567.html war kurz vor der Verwandlung. Bei soviel Damen wird einem im heutigen Rätsel der Sphinx ganz wirr im www.schattenblick.de Mo, 8. Dezember 2014 Elektronische Zeitung Schattenblick Kopf, und es müssen zudem zwei Probleme gelöst werden: Erstens, den prosaischen Weg zum Sieg der schwarzen Steine zu finden, wie er sich auch in der Partie zugetragen hatte, und zum zweiten den kunstvollen, über den erst spätere Analytiker stolperten, Wanderer. Bilek - Honfi Ungarn 1957 Auflösung letztes SphinxRätsel: Der Großmeister David Bronstein verblüffte einmal mehr durch seine taktische Findigkeit, als er 1.h5-h6! zog. Auf dem Damenraub wäre nun 1...Se6xg5 2.h6xg7# gefolgt. Also zog Gurewitsch den Sicherungszug 1...Te8-g8, aber nach 2.h6xg7+ Se6xg7 3.Dg5xg7+! war es Zeit zum Aufgeben, denn nach 3...Tg8xg7 4.Tf7-f8+ Tg7-g8 5.Tf8xg8# wäre der schwarze König unweigerlich mattgegangen. http://www.schattenblick.de/ infopool/schach/schach/ sph05316.html Liste der neuesten und tagesaktuellen Nachrichten ... Kommentare ... Interviews ... Reportagen ... Textbeiträge ... Dokumente ... Tips und Veranstaltungen ... des jeweils aktuellen Tages: http://www.schattenblick.de/ infopool/infopool.html Mo, 8. Dezember 2014 BUCH / SACHBUCH / REZENSION Hartz IV und die Folgen Auf dem Weg in eine andere Republik? von Christoph Butterwegge Wenngleich das fadenscheinige Glaubensbekenntnis der deutschen Wohlstandsgesellschaft längst auf dem letzten Loch pfeift, klammern sich ihre Propheten um so hartnäckiger an das Gerücht, daß Macht und Reichtum einiger weniger aus einer anderen Quelle als der Unterjochung und Armut vieler stamme. Was immer den Profiteuren des gesellschaftlichen Normalbetriebs, die selbst und gerade in Zeiten der Krise ihre Taschen füllen, an unternehmerischen Tugenden angedichtet wird, dient allein dem Zweck, den ideologischen Schleier des Vergessens über das Wesen des Profits und die Brutstätten seiner Erwirtschaftung zu breiten. Führte man sich vor Augen, daß die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft und natürlicher Ressourcen, kurz der forcierte Verschleiß und Verbrauch von Lebensmöglichkeiten aller Art, die Ultima ratio dieser Vergesellschaftung ist, stellten sich zwangsläufig andere Fragen als die umfassender Bezichtigung der zu Verlierern abgestempelten Hungerleider, sie seien ihres Unglücks Schmied. Polizeien, Gerichte, Geheimdienste und Streitkräfte ausgebaut hat. Jegliche Macht- und Zwangsmittel in Stellung zu bringen, reichte jedoch nicht aus, Verzweiflung und Zorn zu bändigen, ehe das Aufbegehren mit der Fragmentierung und Entsolidarisierung bricht. Der Mensch muß sich schon selber beherrschen können, um für die Arbeitsgesellschaft zu taugen und sich am Lohn oder Almosen zu erfreuen, wie karg diese auch ausfallen mögen. Wenngleich es sich unten weit schlechter lebt und definitiv früher stirbt als oben, klebt der Leim des bereitwillig geglaubten Versprechens, daß man so irgendwie davon, andernfalls hingegen sofort in Teufels Küche komme. Herrschaft in ihrem Bestand zu sichern und vorausschauend fortzuschreiben, ist folglich ein ebenso brachiales wie diffiziles Geschäft. Die hochindustrialisierte Gesellschaft hat massenhaften Hungertod, Seuchen und Krieg, Sklaverei und ähnliche Arbeitsverhältnisse mehr oder minder erfolgreich in andere Weltregionen ausgelagert, die für ihre Versorgung mit Rohstoffen, Vorprodukten und Billigwaren zu sorgen haben. Um den technologischen Vorsprung zu sichern, bedarf es eines heimischen Arbeitsregimes, das in höherwertige Qualifikation auf der einen und niedrigentlohnte Zuträgerdienste auf der anderen Seite differenziert wie auch die massenhaft Überflüssigen ins Abseits drängt. Es liegt auf der Hand, daß wohlgefüllte Speicher geradezu zur Plünderung einladen, weshalb Reichtum allein auf tönernen Füßen stünde, verbündete er sich nicht mit administrativer und exekutiver Gewalt. Auch wenn die Gesellschaftsordnung längst kein goldener Käfig aus Wirtschaftswunderträumen mehr ist, sind seine Gitterstäbe stabiler denn je. Dafür sorgt ein vielgestaltiges Gesetzeswerk, welches das Arsenal der Überwachung und Befriedung über die Jahre perfektioniert und die Zu- Wie der Blick in die Geschichte griffsmöglichkeiten der Behörden, lehrt, stand die soziale Larve staatliwww.schattenblick.de Seite 3 Elektronische Zeitung Schattenblick cher Verfügung seit Bismarcks Zeiten stets in einem Abhängigkeitsverhältnis zur tatsächlichen oder befürchteten Erhebung gegen die Gesellschaftsordnung. So wurde der Sozialstaat nicht so sehr deswegen aus- oder abgebaut, weil die Kassen voll oder leer waren. Vielmehr zeichnet sich ein deutlicher Zusammenhang zur jeweiligen Kampfbereitschaft der werktätigen Bevölkerung ab, die zu zersetzen Tagesgeschäft im Dienst gesteigerter Unternehmensgewinne wie auch strategische Prävention im Sinne einer dauerhaften Ruhigstellung blieb. Nachdem die DDR niederkonkurriert und angeschlossen war, entfiel zudem die Notwendigkeit, im Streit der Systeme westlicherseits ein gewisses Wohlstandsniveau vorzuhalten, das die eigene Überlegenheit konsumistisch demonstrieren sollte. in die Irre führen konnten. Die Gewerkschaften hatten sich im Zuge einer weitgehenden Verrechtlichung ihrer Mitbestimmung und Aktionsformen als Arbeitskämpfe führende Bewegung die Zähne ziehen lassen und nahezu selbst demontiert. Als Sachwalter einer geschrumpften Arbeiteraristokratie und nicht zuletzt eigener Pfründe setzten sie dem gesellschaftlichen Umbau keinen ernsthaften Widerstand entgegen. greifende Spaltung, Vereinzelung und Bezichtigung getreten, die in einem Klima sozialer Kälte gedeihen. Agenda 2010 und die Hartz-Gesetze drücken die materiellen Möglichkeiten der ärmeren Bevölkerungsteile millionenfach auf ein Minimum, während diese zugleich unter der Leitnorm "Fördern und Fordern" verschärften Kontrollmechanismen und Sanktionsdrohungen ausgesetzt sind. Prof. Dr. Christoph Butterwegge, der Politikwissenschaft an der Universität zu Köln lehrt und über die Jahre mit fundierter Recherche und positionierter Parteinahme die Führerschaft in der deutschen Armutsforschung innehat, unterzieht die Demontage des deutschen Sozialstaats einer Fundamentalkritik. Was er im Untertitel seines neuen Buches "Hartz IV und die Folgen. Auf dem Weg in eine andere Republik?" mit einem Fragezeichen versehen hat, ist aus seiner Sicht längst Realität: Zehn Jahre nachdem das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt zum 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist, steht die nach dem früheren VW-Manager Peter Hartz benannte Reform für die tiefste Zäsur in der Wohlfahrtsstaatsentwicklung nach 1945. Durch Hartz IV sind die sozialen Verhältnisse und die politische Kultur in Deutschland regelrecht umgepflügt worden, woraus ein Elendsregime resultiert, das von einer Friedhofsstille begleitet wird. Die Gesellschaft ist sowohl beim Einkommen als auch nach dem Vermögen krasser denn je in Arm und Reich gespalten. Während die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung über 53 Prozent des Nettogesamtvermögens verfügen, muß die ärmere Hälfte mit 1 Prozent auskommen. Über 22 Millionen Menschen, die in der Bundesrepublik leben, haben nichts auf der hohen Kante, sind also nur eine Kündigung oder eine schwere Krankheit von der Armut entfernt. Zugleich werden die Erwerbslosen und Geringverdienenden auf eine Weise drangsaliert, die ihre Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen massiv einschränkt. Viele Hartz-IV-Betroffene fühlen sich wie Fremde im eigenen Land, da sie von der Gesellschaft offenbar nicht gebraucht, sondern verachtet werden. So haben die rot-grünen Arbeitsmarktreformen das Leben von Millionen Menschen schwerwiegend beeinträchtigt und zugleich dem Widerstand gegen diese sozialen Grausamkeiten den Boden entzogen. Aus alldem folgt, daß dem Menschen viel abverlangt und wenig wiedergegeben wird, wobei letzteres keineswegs in seinen dauerhaften Besitzstand übergeht, sondern als bloßes Lehen jederzeit geschmälert oder entzogen werden kann. Wohlstand für alle, das Ende der Arbeitslosigkeit und sichere Renten - wie viele eherne Versprechen des Sozialstaats sind heute ein Treppenwitz, zumal für eine Generation, die erstmals wieder ärmer als die ihrer Eltern ist. Zugleich wird die Sozialleistung von der Solidargemeinschaft entkoppelt und vollends auf ein Instrument individueller Zuteilung und Züchtigung reduziert, dessen Name nicht Die Furcht vor einem ungebremsten von ungefähr mit Not und Strafe as- materiellen Absturz greift selbst in der Mittelschicht um sich, die angesoziiert ist. sichts dieser permanenten BedroWar das Wirtschaftswunder nicht zu- hung mehr denn je all jene ausstößt, letzt auch ein ideologisches Meister- deren abschreckendes Beispiel illuwerk, so zog sich der Abbau des So- striert, was ihr schon morgen selber zialstaats über Jahrzehnte und unter zustoßen könnte: Die von dem Gewechselnden Regierungen hin. Als setzespaket unmittelbar Betroffenen Vorreiter innovativer Schübe dienten wie auch ihre Angehörigen und die sich insbesondere die Sozialdemo- mit ihnen in einer "Bedarfsgemeinkraten und später auch die Grünen schaft" zusammenlebenden Persoan, weil sie viel geschmeidiger als nen werden verelendet, stigmatisiert die Konservativen die massenhaften und isoliert. An die Stelle von MitOpfer der Zurichtung einbinden und gefühl und Solidarität ist eine tiefSeite 4 www.schattenblick.de Der Autor unterzieht die Kernthese der Protagonisten, wonach die Agenda 2010 und die Hartz-Gesetze die Wiege deutscher Weltmarkterfolge seien, einer kritischen Überprüfung und widerlegt diese Auffassung. Deutschland habe seine Exportstärke in Wirklichkeit aufgrund zweier Konjunkturpakete, eines noch halbwegs intakten Kündigungsschutzes, einer schrittweisen Verlängerung der Höchstbezugsdauer des Kurzarbeitergeldes und der Arbeitszeitkonten in zahlreichen Betrieben aufrechterMo, 8. Dezember 2014 Elektronische Zeitung Schattenblick halten. Im Grunde handelte es sich sogar um ein zeitweiliges Außerkraftsetzen der "Agenda"-Reformen. Zwar ist die Anzahl der Erwerbstätigen gestiegen und die der Arbeitslosen gesunken, jedoch gleicht der induzierte Beschäftigungsboom im Prekariatsbereich einer Scheinblüte. In keinem anderen vergleichbaren Land wucherte der Niedriglohnsektor so wie hierzulande, viele Berufstätige haben kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis mehr. Vor allem im unteren Einkommensbereich sind die Reallöhne drastisch gesunken, und die Lohnquote ist auf einen historischen Tiefstand gefallen. Das hat zur Folge, daß sich immer mehr Familien immer weniger von dem leisten können, was in einem vergleichsweise reichen Land wie der Bundesrepublik als normal gilt. Dies trifft Kinder und Jugendliche insofern am schwersten, als sie nichts anderes als die Minderwertigkeit kennen, derer sie von ihrem sozialen Umfeld bezichtigt werden. Doch selbst wenn die größere Krisenresistenz der deutschen Volkswirtschaft mit den Hartz-Gesetzen zu tun hätte, wäre der Preis nach Auffassung Butterwegges zu hoch. Das Gesamtarbeitsvolumen wurde ja seit der Jahrtausendwende nicht etwa vermehrt, da man einen Teil der bestehenden Arbeitsplätze in befristete Jobs, Teilzeitstellen und prekäre Beschäftigungsverhältnisse aufgespalten, die Lohnarbeit also lediglich zu Lasten der Erwerbstätigem anders verteilt und schlechter bezahlt hat. Inzwischen arbeitet fast jeder Vierte im Niedriglohnbereich, Hartz IV ist zu einer Chiffre für sozialen Abstieg geworden. Um den Abbau des Sozialstaats im größeren historischen Kontext auszuleuchten, wirft der Autor einen Blick auf die Verhältnisse in der Weimarer Republik. Dort fand er frappierend ähnliche Ansätze sozialer Reformen, die bis in die Terminologie hinein ausgesprochen modern Mo, 8. Dezember 2014 wirken. Es mutet wie eine bittere Ironie der Geschichte an, daß ausgerechnet ein deutschnationaler Reichstagsabgeordneter und Buchautor namens Gustav Hartz ein führender Protagonist jener Umgestaltung war. Dieser warnte vor "Faulenzern und Drückebergern", wollte "den Mißbrauch der ungerechten und unnötigen Inanspruchnahme" von Sozialleistungen unterbinden und "asoziale Elemente" fernhalten. Auch bezeichnete er die Arbeitslosen bereits als "Kunden" und regte eine Privatisierung der "staatlichen Zwangsversicherung" an, die durch ein System der privaten Vorsorge ersetzt werden könne. Es kam dann zu einer Demontage des Weimarer Sozialstaats, die dazu beitrug, der nationalsozialistischen Machtübernahme den Boden zu bereiten. Wie diese Rückblende dokumentiert, sind die Hartz-Gesetze kein einzigartiger Sonderfall oder neuartiges Reformkonzept, sondern gewissermaßen die logische Konsequenz seit jeher entworfener Frontalangriffe auf Beschäftigte und Erwerbslose, deren Umsetzung freilich diverser Anläufe und Etappen bedurfte. mission mit ihren 13 "Innovationsmodulen" lediglich ein Vehikel für die rot-grünen Reformer, um die tiefgreifendste Veränderung des deutschen Arbeitsmarkt- und Sozialsystems seit dem Ende des NS-Staats durchzusetzen. Fast alle Reformvorschläge des Kommissionsberichts haben inzwischen ausgedient. So wurde Jahrzehnte später die unter der Kohl-Regierung von CDU/CSU und FDP über lange Fristen betriebene Abschaffung der Arbeitslosenhilfe als eine den Lebensstandard sichernde Lohnersatzleistung von den Oppositionsparteien mit Nachdruck zurückgewiesen. Unter Schröder und Fischer trieb Rot-Grün jedoch anschließend selbst die Arbeitsmarktreform massiv voran und holte auch die Gewerkschaften ins Boot, obgleich sie in diesem Prozeß deutlich unterrepräsentiert waren. Der damals noch als charismatisch bezeichnete Peter Hartz wußte als Bezirksleiter der IG Metall die einflußreichste Industriegewerkschaft hinter sich, und mittels Isolde Kunkel-Weber aus dem Bundesvorstand von Verdi wurde auch die zweitgrößte Einzelgewerkschaft des DGB in die Kommissionsarbeit eingebunden. Wie der Autor ausführt, war die Hartz-Kom- Nutznießer der Reform sind all jene, deren steigende Profite und hohe Renditen auf Senkung der Lohnstückkosten, Leistungskürzungen und Strukturveränderungen des Sozialsystems gründen. Profitiert haben zugleich staatlich-administrative Interessenkomplexe, die jeglichen Widerstand erfolgreich befriedet, die Führerschaft Deutschlands in Europa durchgesetzt und den florierenden Export hiesiger Erzeugnisse wie auch der zum Erfolgsmodell hochstilisierten Hartz-Gesetze betrieben haben. Der Autor beläßt es nicht bei einer dezidierten Bestandsaufnahme, sondern schließt die Frage an, ob wir aufdem Weg zu Hartz V und folglich einem noch rigideren Armutsregime seien. Wie seine diesbezügliche Untersuchung belegt, gleicht der forcierte soziale Umbruch einer Dauerbaustelle, auf der immer neue und noch gefährlichere Instrumente in www.schattenblick.de Einen gesellschaftlichen Wendepunkt stellte die Abkehr von einer aktiven Arbeitsmarkt-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik dar, die ein auf den Verkauf seiner Arbeitskraft um fast jeden Preis zurückgeworfenes Individuum erzwang. Waren die Arbeitslosen bis zum 1. Januar 2005 noch tendenziell Bürgerinnen und Bürger eines Sozialstaats, die als frühere Beitragszahler der Sozialversicherung über einen längeren Zeitraum alimentiert wurden, so mußten sie nun praktisch jede Stelle annehmen, selbst wenn diese weder ihrer beruflichen Qualifikation entsprach noch tariflich oder ortsüblich bezahlt wurde. Irreführenderweise als "Kunden" der Jobcenter bezeichnet, sahen sie sich dort zu Bittstellern degradiert. Seite 5 Elektronische Zeitung Schattenblick Stellung gebracht und umgesetzt werden. Die Konsequenz müsse daher keine bloße Entschärfung von Hartz IV, sondern dessen vollständige Rückabwicklung sein. Christoph Butterwegge kommt aufgrund seiner umfassenden Analyse dieser komplizierten Materie zu dem Schluß, daß es sich bei Hartz IV um ein zutiefst inhumanes System voll innerer Widersprüche handelt, das Menschen entrechtet, erniedrigt und entmündigt. Es habe zu Verschlechterungen in fast allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens geführt und die Bundesrepublik Deutschland in einer bis dahin ungekannten Weise sozial polarisiert, fragment und formatiert. Als europaweit bekanntestes Symbol für Sozialabbau sei Hartz IV Kernbestandteil eines Projekts zur Restrukturierung der Gesellschaft, welches die Architektur und Konstruktionslogik des Sozialstaats fundamental in Frage stellt. Wenngleich der Autor einräumt, daß die Hartz-Reform das Gesicht der Bundesrepublik auch künftig zu bestimmen droht, will er gerade deswegen mit dem vorliegenden Buch seine Leserschaft nicht nur weitreichend informieren, sondern sie im Schulterschluß mit betroffenen und sozial engagierten Menschen zur Opposition ermutigen. DIENSTE / KALENDER / ADVENT Adventskalendertürchen für Montag, den 8. Dezember http://www.schattenblick.de/ infopool/buch/sachbuch/ busar636.html Christoph Butterwegge Hartz IV und die Folgen Auf dem Weg in eine andere Republik? Beltz Juventa Verlag, Weinheim und Basel 2015 290 Seiten, 16,95 Euro ISBN 9783779932345 Seite 6 www.schattenblick.de Mo, 8. Dezember 2014 Elektronische Zeitung Schattenblick REDAKTION / IN EIGENER SACHE / RUNDBRIEF Liebe Leserin und lieber Leser! In guter Tradition, verbunden mit herzlichen Grüßen, möchten wir an dieser Stelle allen unseren Lesern, Mitstreitern und Kollegen, Veran staltern und konstruktiven Ge sprächspartnern sowie nicht zuletzt unseren hochengagierten Informan ten eine erholsame Weihnachtszeit und den denkbar besten Start in das Jahr 2015 wünschen. Im Unterschied zu den Gepflogen heiten nun, diesen Grüßen einen ge reimten Appell oder eine Jahreser mutigung im Versmaß beizufügen, wollen wir es 2014 einmal mit einer kleinen Erzählung aus dem Kultur schatz christlichabendländischer Überlieferung ganz nach dem Motto versuchen: "... und wie es auch hät te geschehen können". Das Krippenkind Es war eine Zeit der kalten Herzen. Die meisten Menschen besaßen zu wenig, um es mit anderen zu teilen oder etwas davon abzugeben. Eher mißtrauisch und verteidigungsbereit war auch niemand mehr recht fähig zu Entgegenkommen und Gastfreundschaft. Selbst die großen Herbergen in den Handelszentren entlang der Reiserouten aus aller Welt waren mindestens maßlos überteuert und kamen nicht selten Hauptquartieren organisierter Wegelagerer gleich, so daß reisenden Händlern wie mir und meinen beiden Mitstreitern Bashir und Obinna gut geraten war, die Hauptwege und Zentren immer wieder zu umgehen, wenn wir mit unserer Ware ans Ziel kommen und mit unserem Gewinn heil wieder zurückkehren wollten. Wie befremdlich, beängstigend waren doch die kargen und öden RegioMo, 8. Dezember 2014 nen Palästinas zum Beispiel, die wir auf unseren Missionen zu durchqueren hatten, im Gegensatz zu den zivilen Gegenden unseres Heimatlandes. Und nur kultivierte Menschen wie wir können ermessen, welche Entbehrungen und Gefahren mit Geschäften wie unseren Hand in Hand gingen. So war man schon glücklich, auf den Abwegen durch die Ödlande und Wüsten auf einen wilden Dattelhain oder eine Felsformation zu stoßen, die wenigstens ein wenig Schatten und Schutz für die Errichtung eines Lagers und das Entfachen eines wärmenden Feuers und eine wenn auch unvollständige Deckung vor dem ewig gleichströmenden Wüstenwind bot, der seine unangenehmsten Eigenschaften erst bei Einbruch der Dunkelheit bei zunehmender Kälte entfaltete. dem Wind mehr Wege frei als sie versperrten. In der unmittelbaren Umgebung raschelten und rauschten die Überreste einer vertrockneten Vegetation im immer wachen Wüstenwind. Vielleicht war dieses Haus einmal eine Herberge, sicher kein Gehöft, und hatte den neueren Handelswegen indessen seinen Tribut gezollt. In der fast zur Dunkelheit gediehenen Dämmerung hatten wir alle den Eindruck, daß dieser Ort ein wenig in einer Senke lag, geradezu ideal dafür, um Schutz für eine Nacht zu suchen. Schnell hatten wir entschieden, uns in die Überreste des Stalles zurückzuziehen, nicht ohne noch zuvor genug Brennholz aufzulesen, um unser Lagerfeuer dann vor einer ausreiEs war Obinna, einer meiner beiden chend gut erhaltenen Stallnische zu Freunde und Partner, der wie oft im entzünden und uns daran niederzudämmrigen Licht des Abendscheins lassen. eine geeignete Stelle in der Ödlandschaft unendlicher Sanddünen und Das Dromedar und die beiden Esel karger Vegetation ausmachte. Obin- unserer Kleinstkarawane befestigten na, ein freigekaufter Sklave und wir notdürftig mit langen Stricken an Händler, ein Philosoph und Freigeist ehemals tragenden Balken ohne Last wie auch ich und Bashir, hatte uns und überließen sie ihren Träumen. beiden die Geschicklichkeit voraus, Die Waren und unsere Vorräte stasich auch in fremdesten Gegenden pelten wir hinter uns an die Wand zurechtzufinden und zielstrebig das und hatten das Feuer gerade noch jeweils Erforderliche zu tun oder zu zum Lodern gebracht, bevor die Nacht ganz hereinbrach. Nicht nur vermeiden. wegen des kristallklaren SternenErst als wir unseren zum Nachtlager himmels empfanden wir diese Nacht erwählten Platz erreicht hatten, als besonders kalt. Frosteinbrüche konnten wir erkennen, daß es sich waren in dieser Region und zu dieser um die Ruine eines verlassenen Hau- Zeit so ungewöhnlich nicht. ses handelte, das allem Anschein nach vollends niedergebrannt war. Noch nicht in unsere Decken zum Das kleine Nebengebäude, ein ehe- Schlafen eingerollt und doch am Enmaliger Stall offenbar, schien nicht de unserer kleinen Notmahlzeit aus minder zerstört zu sein, die Überda- Datteln und gedörrtem Fleisch, das chung fehlte zum großen Teil und die wir mit abgestandenem Wasser aus lehmverschmierten Wände gaben unseren eigenen Vorräten herunterwww.schattenblick.de Seite 7 Elektronische Zeitung Schattenblick spülten, wurden wir durch die Unru- setzte sich zu uns. Einer der Freunde he unserer Tiere aufgeschreckt. hob seine Stimme und sprach: "Habt Dank, edle Herren, aber es genügt, Drei oder vier erbärmlich gekleidete wenn Sie das Kind und seine Mutter Gestalten traten in den Schein des für die Nacht in Ihre Obhut nehmen. Feuers, und Obinna fragte sie sofort Sie wurde aus ihrem Dorf verstoßen mit respekteinflößendem Grollen in und ist völlig schutzlos der Wildnis der Stimme, was denn ihr Begehr sei. und der Kälte ausgeliefert. Wir dageEinen Augenblick standen sie ein- gen leben schon immer mit unseren fach nur da, schweigend. Es war ih- Ziegen und Hunden in dieser Gegend nen anzusehen, daß sie weder Unter- und wissen gut damit umzugehen. kunft noch Herberge, weder Haus Eine Mutter mit ihrem gerade gebonoch Zelt hatten, um vor der Kälte renen Kind allerdings können wir und dem zehrenden Wind zu fliehen. nicht eine Nacht wärmen und schütZelt- und hauslose Menschen aller- zen. Unser Wunsch war es nur, euch dings waren in dieser Zeit keine Sel- darum zu bitten." tenheit und sie hielten sich vorzugsweise außerhalb der Dörfer an entle- Sie drückte ihr Baby fest an sich, genen Orten auf, denn das Mißtrau- nachdem sie sich auf ihrem Platz en und die Grausamkeit der Besit- zwischen uns ein wenig eingefunden zenden waren oft schlimmer als der hatte. Aber auch hier fror das kleine Tod und die Arme des Hungers oder Kind und wimmerte leise. Ob sie der Kälte. denn kein Bettchen oder eine Wiege hätte, in der das Baby warm verpackt "Vielleicht", sprach Bashir, um kei- seine Ruhe und seinen Schlaf finden nen Zwist aufkommen zu lassen und könne, wollte Bashir wissen. weil es die Art der Händler war, Kompromisse zu finden, "vielleicht Die junge Frau verneinte stumm, und könnt ihr euch mit an unserem Feu- als hätten die abziehenden hauslosen er erwärmen. Vorräte und Wasser Gesellen mit ihren Tieren dieses leikönnen wir nicht teilen, wir müßten se Zwiegespräch noch vernommen, dann unsere Reise abbrechen. Im kehrte einer von ihnen noch einmal Namen der gnädigen Natur also, zurück und meinte, es müsse in diesetzt euch doch nieder auf der gegen- ser Stallruine noch einen kleinen überliegenden Seite." Futterkasten geben, mit dessen Hilfe draußen wie drinnen, als die HerberDie Menschen rührten sich nicht und ge noch in Betrieb war, die Reit- und ihr Schweigen ließ eine neue Span- Zugtiere gefüttert wurden. Er nahm nung aufkommen. Ich hatte bereits eine Fackel und verschwand. die Hand am Griff meines Dolches, als uns einer der Schweigenden sei- Wenig später kehrte er mit einer kleinen Rücken zukehrte und in die Dun- nen Holzkiste zurück, die sicher auch kelheit hineinsprach. Dann traten die einmal für Fütterungszwecke geeigLeute etwas auseinander und wie net gewesen sein mochte. Er schlug durch ein Tor trat eine junge Frau, die leere Kiste heftig mit dem Innenfast selbst noch ein Kind, mit einem rand auf den Boden, als wolle er sie Säugling auf dem Arm in das Licht. entstauben. Er hätte noch, meinte er, Obinna atmete tief durch, und ich etwas Heu und Reisig bei seinen Zieentspannte mich. gen, damit könne die Kiste in ein Bettchen umgewandelt werden, und Es gab keine Frage mehr, wir wink- das eine oder andere warme Tuch lieten die junge Mutter zusammen mit ße sich wohl finden. Wie sollten wir, ihren Freunden oder Verwandten zu sonst nur mit aller gebotenen Voruns heran und luden sie nunmehr ein, sicht an Handel- und Vorteilsstreben um das Feuer herum Platz zu neh- gewöhnt, da anders reagieren, als men. Die Frau zögerte nicht und den freundlichen Ziegenhirten und Seite 8 www.schattenblick.de seine Freunde schließlich auch an unser Feuer zu bitten, um sie mit unserer guten Sitte von Gastfreundschaft zu überraschen. Da lag es nun, das Kind, in seinem neuen Bett und war längst eingeschlafen, als wäre es durch das zufriedene Kauen und Flüstern der Menschen und Tiere, mit denen wir jetzt unsere Vorräte teilten, endlich zur Ruhe gekommen. Ich muß gestehen, eine so warme und anheimelnde Gesellschaft habe ich danach auch nie wieder erlebt. Der kalte Sternenhimmel über uns hatte seine ferne Bedrohlichkeit vollständig eingebüßt, und die Mühe jedes einzelnen Menschen an dem Feuer zwischen den Wänden eines zerfallenen Stalles, das Wohlbefinden und die Gemütlichkeit durch kleine Zugaben, Aufmerksamkeiten und Handreichungen zu steigern und zu verbessern, war beispiellos. Niemand wollte und konnte in dieser Nacht schlafen aus Furcht, auch nur die kleinste Begebenheit unseres Zusammenseins zu versäumen. Später kamen noch einige Leute aus dem nahen Dorf dazu, und sie beschenkten uns und das Kind überreich mit Speisen, Kleidern und ihrer Gesellschaft. Von diesem Ort und dieser Nacht, das wußten wir, würde noch lange gesprochen werden. (Erstveröffentlichung am 24. Dezember 2002 Copyright by MA-Verlag) Ihre SchattenblickRedaktion http://www.schattenblick.de/ infopool/redaktio/eigener/ rb0010.html Mo, 8. Dezember 2014 Elektronische Zeitung Schattenblick Hinweis: AKTUELLE ARTIKEL IM SCHATTENBLICK Linksliteraten - Übersetzung, Brückenbau, linke Kulturen ... POLITIK / REDAKTION Mario Pschera vom Dagyeli-Verlag im Gespräch Barack Obama verliert zusehends 19. Linke Literaturmesse Nürnberg Mario Pschera über den türkischen Dichter und Sozialrevolutionär Nazim Hikmet, seine Rezeption in Deutschland und der Türkei und die sprachlichen Besonderheiten des Übersetzens seiner Werke http://www.schattenblick.de/infopool/ dbrille/report/dbri0014.html Erblast Rassismus USA ... Glen Ford im Gespräch Für Amerikas Schwarze ist Ferguson überall Interview mit Glen Ford am 25. September 2014 in New Jersey http://www.schattenblick.de/infopool/ politik/report/prin0246.html an Einfluß und Macht Amerikas erster schwarzer Präsident enttäuscht auf ganzer Linie (SB) Nach sechs von acht Jahren im Weißen Haus ist der Demokrat Barack Obama zu dem geworden, was man in den USA einen Lahme-EntePräsidenten nennt. Bei den Zwischenwahlen zum Kongreß Anfang November haben die Republikaner die Mehrheit im Senat erobert und kontrollieren nun zusammen mit dem Repräsentantenhaus beide Häuser des Kongresses. Der Vormarsch der Republikaner ist auf deren konsequente Blockadehaltung zurückzuführen, mit der sie seit der Amtseinführung Obamas im Januar 2009 alle Initiativen des Staatsoberhaupts - sei es die Schließung des Sonderinternierungslagers Guantánamo Bay auf Kuba oder die große Reform des Gesundheitssystems ... http://www.schattenblick.de/ infopool/politik/redakt/ usa1354.html UMWELT / MEINUNGEN Theater pur ... Winni vom Improtheater Leistenbruch im Gespräch Situationskomik und Bühnenzauber Interview in HamburgHarburg am 8. November 2014 http://www.schattenblick.de/infopool/ theater/report/trpi0020.html Mo, 8. Dezember 2014 www.schattenblick.de Janusköpfige "Einsparpotentiale" Wenn der Mangel vorherrscht und die Verzweiflung wächst ... (SB) - Nicht nur das Klima wandelt sich, sondern auch das Menschenbild. Der Verbrauch des einzelnen wird Schritt für Schritt bis in die kleinsten Zähleinheiten vergleichbar gemacht ... http://www.schattenblick.de/ infopool/umwelt/meinung/ umme243.html Seite 9 Elektronische Zeitung Schattenblick ______I n h a l t______________________________Ausgabe 1305 / Montag, den 8. Dezember 2014_______ SPORT - BOXEN SCHACH-SPHINX BUCH - SACHBUCH DIENSTE - KALENDER IN EIGENER SACHE DIENSTE - WETTER Jürgen Brähmer braucht nur eine Minute für Pawel Glazewski Guter Konservierungsstoff Christoph Butterwegge - Hartz IV und die Folgen Adventskalender - für den 8. Dezember 2014 Gruß zum Weihnachtsfest und Jahreswechsel 2014/2015 Und morgen, den 8. Dezember 2014 Seite Seite Seite Seite Seite Seite 1 2 3 6 7 10 DIENSTE / WETTER / AUSSICHTEN Und morgen, den 8. Dezember 2014 +++ Vorhersage für den 08.12.2014 bis zum 09.12.2014 +++ © 2014 by Schattenblick IMPRESSUM Das Küstenwinterwetter pur rüttelt an Türen und Fenstern, Jean-Luc, der träumt ganz sicher nur von Geistern und von Gespenstern. Elektronische Zeitung Schattenblick Diensteanbieter: MA-Verlag Helmut Barthel, e.K. Verantwortlicher Ansprechpartner: Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth Elektronische Postadresse: ma-verlag@gmx.de Telefonnummer: 04837/90 26 98 Registergericht: Amtsgericht Pinneberg / HRA 1221 ME Journalistisch-redaktionelle Verantwortung (V.i.S.d.P.): Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth Inhaltlich Verantwortlicher gemäß § 10 Absatz 3 MDStV: Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth ISSN 2190-6963 Urheberschutz und Nutzung: Der Urheber räumt Ihnen ganz konkret das Nutzungsrecht ein, sich eine private Kopie für persönliche Zwecke anzufertigen. 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