Der Terror-Herbst 1977
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Der Terror-Herbst 1977
Der Terror-Herbst 1977 www.mittelschulvorbereitung.ch/hist Ze77t Über dreißig Tote hat die „Rote Armee Fraktion“ (RAF) auf dem Gewissen - allein im „Deutschen Herbst“ von 1977 sterben Generalbundesanwalt Siegfried Buback, Bankier Jürgen Ponto, der Arbeitgeberpräsident Hans Martin Schleyer und Jürgen Schumann, der Kapitän der von palästinensischen Sympathisanten gekidnappten Lufthansa-Maschine „Landshut“. Die Anfänge der Baader-Meinhof-Bande und des linken Terrorismus reichen in die Zeit der Studentenunruhen von 1968 zurück. Im April 1968 wurden in Frankfurt am Main zwei Kaufhäuser in Brand gesteckt. Die Polizei nahm unter anderem die Studentin Gudrun Ensslin und ihren Freund Andreas Baader fest. Diese wollten mit der Brandlegung gegen die Gleichgültigkeit protestieren, mit der die Menschen in der Bundesrepublik den Krieg in Vietnam hinnahmen. Im Mai 1970 befreite die Journalistin Ulrike Meinhof den Kaufhausbrandstifter Andreas Baader aus der Haft. Im Untergrund bauten Baader, Meinhof und Ensslin die Rote Armee Fraktion auf. Sie absolvierten dazu eine Militärausbildung in einem Palästinenser-Camp in Jordanien. Bei ihrem Kampf gegen das „imperialistische Herrschaftssystem“ der Bundesrepublik nahm die Baader-Meinhof-Bande, wie die RAF von der Presse genannt wurde, ganz bewusst Menschenopfer in Kauf. Es folgten weitere Anschläge. Nach einer Großfahndung wurde im Juni 1972 die erste RAF- Generation festgenommen: Baader, Meinhof, Jan-Carl Raspe, Holger Meins und Gudrun Ensslin. Die deutschen Behörden glaubten, die Stadtguerilla sei besiegt und das Thema Linksterrorismus könne abgeschlossen werden. Doch auch in der Haft blieb die RAF nicht untätig. Sie entwickelten ein ,,Info-System", Das Fahndungsplakat wurde in allen öffentlichen Amtsstellen ausgehängt. mit dem die Gefangenen in Kontakt bleiben konnten. Damit wurden unter anderem Hungerstreiks organisiert. Nach fast zwei Monaten Hungerstreik starb 1974 Holger Meins. An diesem Tag kam es in der gesamten Bundesrepublik zu Protestdemonstrationen. Während der Vorbereitung des Prozesses änderte die BRD für das Verfahren in Stammheim zahlreiche Gesetze. So konnte die Verhandlung auch in Abwesenheit der Angeklagten weitergeführt werden, die Anwälte wurden teilweise während der Gespräche mit ihren Mandanten abgehört, was vor allem den späteren Bundesinnenminister Otto Schily empörte, der damals Gudrun Ensslins Verteidiger war. In Stammheim bei Stuttgart wurde ein spezielles Terroristen-Gefängnis erbaut. Zur RAF gehörten neben zahlreichen Sympathisanten etwa 70 Personen. Rasterfahndung und die Erstellung von Täterprofilen führten zu Fahndungserfolgen, zogen aber auch viele 1 Unbeteiligte in den Fahndungsprozess mit ein. Straßensperren, Personenkontrollen und schwer bewaffnete Polizisten gehörten zum Straßenbild. Die Angst vor neuen Anschlägen war zwar weit verbreitet, doch die linke Szene und auch sozialdemokratische und liberale Kreise fühlten sich durch die neuen Gesetze in ihren Grundrechten bedroht. Ihnen wurde dann fehlende Distanz zur RAF vorgeworfen und sie gerieten - wie zum Beispiel der Schriftsteller Heinrich Böll - in den Verdacht, Sympathisanten der Terroristen zu sein. Im Mai 1975 begann der Prozess gegen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe. Als nach 192 Verhandlungstagen Ende April 1977 das Urteil gesprochen wurde, saßen auf der Anklagebank nur noch drei Personen. Ulrike Meinhof hatte sich im Mai 1976 in ihrer Zelle das Leben genommen. Raspe, Baader und Ensslin wurden zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Dann wurde außerhalb der Gefängnismauern von Stammheim eine zweite Generation von RAF-Terroristen aktiv, die durch sympathisierende Anwälte Kontakt mit den Inhaftierten pflegten und den Terror bis im Oktober 1977 eskalieren ließen. Anfangs September 1977 überfiel die RAF in Köln den Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer und entführte ihn, dabei wurden sein Fahrer und drei Polizeibeamte getötet. Die Entführer wollten elf gefangene RAF-Mitglieder freipressen. Die Bundesregierung unter Kanzler Schmidt und Außenminister Genscher ging – anders als bei früheren Entführungen – nicht auf einem Gefangenenaustausch ein. Da versuchten mit der RAF verbündete palästinensische Terroristen, den Druck durch die Entführung eines LufthansaFlugzeuges zu erhöhen. Nach einer Odyssee des Flugzeuges durch die arabische Welt und der Ermordung des Kapitäns Jürgen Schumann landeten die Terroristen in Mogadischu in Ostafrika. Hier wurde die Maschine in der Nacht vom 17. auf den 18. Oktober 1977 durch eine Sondertruppe des deutschen Bundesgrenzschutzes gestürmt und die 86 Geiseln konnten unverletzt befreit werden. In der gleichen Nacht begingen die in Stuttgart-Stammheim inhaftierten RAF-Terroristen Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe Selbstmord. Die ebenfalls in Stammheim inhaftierte Irmgard Möller überlebte mit vier Messerstichen in der Herzgegend. Als Reaktion auf die Stürmung des Flugzeuges erschoss die RAF den entführten Hanns Martin Schleyer. Seine Leiche wurde im Elsass gefunden. Im November 1982 nahm die Polizei die Führung der zweiten RAF-Generation mit Christian Klar, Brigitte Mohnhaupt und Adelheid Schulz fest. Aber auch nach diesen Verhaftungen verübte die Rote Armee Fraktion weitere Attentate. Unter anderen starben ein SiemensManager, der Chefbeamte des Auswärtigen Amtes, der Vorstandssprecher der Deutschen Bank und der Präsident der Treuhandanstalt. 1998 löste sich die RAF selber auf. 2 Die folgenden Sätze beziehen sich auf den Linksterror im Gefolge der AchtundsechzigerBewegung, insbesondere auf den „heißen Herbst“ von 1977. Sind die Aussagen richtig? 0 Gehorsam ihrem großen Ideal Martin Luther King rief die RAF stets zum gewaltlosen Widerstand gegen die Behörden auf. 1 Die RAF gab sich antifaschistisch. 2 Die RAF sympathisierte mit Israel und kämpfte gegen Antisemitismus. 3 Einige linke Aktivisten lernten in palästinensischen Ausbildungslagern Waffen- und Sprengstoffhandhabung. 4 Die RAF war eine Männerorganisation; Frauen waren den Genossen nur zum Kaffeekochen und für ihre Liebesbedürfnisse genehm. 5 Die RAF entstand im Gefolge der Achtundsechziger-Unruhen. 6 Die RAF wählte ihre Opfer bewusst zufällig aus - damit alle Bürger denken mussten, es könnte auch sie treffen. 7 8 9 NEIN Die RAF war antiamerikanisch eingestellt. Obwohl die Mitglieder der RAF sich nach außen konsumkritisch gaben, bevorzugten sie - wenn sie nicht im Gefängnis einsaßen - doch eher luxuriöse Unterkünfte und Autos. Die Geldbeschaffung der RAF erfolgte unter anderem durch Banküberfälle. 10 Die Sensationspresse wie BILD deckte die RAF und machte oft gemeinsame Sache mit den Terroristen. 11 Das Ziel der RAF war der Umsturz der politischen Verhältnisse, wie sie in Westeuropa herrschten. 12 Bei der Rasterfahndung werden bestimmte Personengruppen aus öffentlichen oder privaten Datenbanken herausgefiltert, indem man nach Merkmalen sucht, von denen man annimmt, dass sie auch auf die gesuchte Person zutreffen. Ziel ist es, die Gruppe der zu überprüfenden Personen einzuschränken, 13 Bei der Erstellung eines Täterprofils war die Erkenntnis nicht unwichtig, dass die Baader-Meinhof-Bande eine gleiche Vorliebe wie der Klassenfeind hatte: schnelle Wagen, luxuriöse Hotels und teure Designer-Sonnenbrillen. 14 Dass die Regierung mit großangelegten Fahndungen und dem Erlass von AntiTerrorismus-Gesetzen reagierte, die empfindlich in die Persönlichkeitsrechte der Bundesbürger eingriffen, wurde vor allem von rechtskonservativen Kreisen heftig kritisiert. 15 Die Führung der DDR schaute mit Besorgnis auf die terroristischen Erscheinungen in der BRD. 16 Maoisten und Trotzkisten waren die erbittertsten Gegner der RAF. 17 Da die RAF kommunistische und antikapitalistische Ideale verherrlichte, ist es klar, dass sie die meisten Sympathisanten in der Arbeiterschaft fand. 18 Wegen der deutschen Flugzeugbefreiungsaktion in Mogadischu entstand eine internationale Krise, worauf Kanzler Schmidt und Außenminister Genscher zurücktreten mussten. 3