Fashion-Media braucht mehr Mut
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Fashion-Media braucht mehr Mut
SCHWERPUNKT | MEDIAPLANUNG Fashion-Media braucht mehr Mut MODEBRANCHE Werbung für Mode ist meist schön anzuschauen – und findet auch in Zukunft hauptsächlich in Print statt. Das starke Geschlecht will auch schön sein Nicht nur Kosmetikhersteller, auch Mode- und Printmarken rechnen mit der Zielgruppe Mann. Fünf Ausgaben statt wie bisher zwei Hefte pro Jahr – die Zielgruppe Mann ist dem Hamburger Großverlag Gruner + Jahr seit diesem Jahr noch mehr redaktionelle Mühen wert. „Gala Men“, die männliche Version der „Gala“, ist ein klares Indiz dafür, dass bei Männern noch einiges zu holen ist. Körperpflegemarken wie Nivea haben das schon vor einiger Zeit erkannt und eigene Produktlinien für Männer auf den Markt gebracht. Mittlerweile hat auch die Modebranche das Thema für sich entdeckt. Publikationen wie die SpiegelOutfit-Studie wecken schließlich Hoffnungen. Um über acht Prozent, heißt es in der im vergangenen Jahr veröffentlichten Neuauflage der Untersuchung, ist hierzulande die Zahl der Männer gestiegen, für die 44 | Werben & Verkaufen 13/2014 Mode eine große Bedeutung hat. Damit liegt der Anteil der Männer, denen Bekleidung wichtig ist, laut Spiegel-Studie nun bei über 80 Prozent. Verständlich, dass Modemarken und -hersteller die Gelegenheit beim Schopf packen. Luxus-Labels wie Gucci und Prada eröffnen ebenso eigene Läden für Männermode wie der Fast-Fashion-Spezialist Mango. Auch Händler wie Breuninger in Stuttgart machen für Männer großzügige Verkaufsfächen frei. Für den britischen Markt prophezeien Marktforscher, dass dort die Ausgaben für Männermode in zwei Jahren höher sind als für Damenmode. Womöglich sehen sich dann auch die Verantwortlichen bei Gruner + Jahr veranlasst, den Titel „Gala Men“ öfter an den Kiosk zu bringen als nur fünf Mal pro Jahr. gs oder weniger eindrucksvollen Kulisse. Schöne Fotos eben. Das Beispiel zeigt: Printtitel wie das SZ-Magazin sind für die Modebranche nach wie vor erste Wahl. Gut 100 Millionen Euro brutto haben Modefirmen nach den Berechnungen der Werbeforscher von Nielsen im vergangenen Jahr für die Werbung in Publikumszeitschriften ausgegeben; auf den Plätzen danach folgen Fernsehen (90 Millionen) und Qut-ofHome (64 Millionen). Die Gewinner im Mediamix der Modespezialisten sind laut Nielsen Radio (plus 40 Prozent) und, wenig verwunderlich, Online. Um fast 65 Prozent ist das Werbevolumen, das Modefirmen für Online-Werbung ausgegeben haben, im vergangenen Jahr gestiegen. Insgesamt wurden, so die Nielsen-Statistik, knapp 45 Millionen Euro in OnlineWerbung investiert. Oft ohne eigenständiges Profil Das spendierfreudigste Unternehmen im Modemarkt ist nach wie vor C&A. 75 Millionen Euro hat der Bekleidungskonzern laut Nielsen 2013 für Werbung ausgegeben. Die Nummer zwei, H&M, kommt auf 44 Millionen Euro, gefolgt von Kik (25 Millionen Euro). Ein Unternehmen wie Diesel ist auf der Liste der Big Spender allerdings nicht zu finden. Das Mode-Label des als eigenwillig geltenden Italieners Renzo Rosso gilt als eines der wenigen Unternehmen, das es geschafft hat, sich mit seiner Werbung ein eigenständiges Profil zuzulegen. „Diesel zeigt nicht nur Kleidung, sondern steht für eine Haltung“, findet der Hamburger Markenberater Peer Hartog, der zusammen mit seinem Partner Clemens Fotos: Fotolia/Franz Pfluegl; Unternehmen Wer unlängst die aktuelle Ausgabe des SZ-Magazin zur Hand nahm („Wie wir wurden, was wir sind“), durfte erst einmal kräftig blättern, bevor ihm die erste Textstrecke unterkam – eine Doppelseite von Ermenegildo Zegna, ein paar Seiten später Timberland, ebenfalls auf einer Doppelseite. Dazwischen fanden sich noch Anzeigen des Uhrenherstellers Hublot, von Dior und Bulgari (jeweils Parfüm), Louis Vuitton (Accessoires) und von Audi. Doch die spielen hier keine Rolle. Interessant sind die Werbeauftritte der Modehersteller. Und die kamen wie gewohnt daher: Gut aussehende Menschen (in diesem Fall ausschließlich Männer), gekleidet in die Produkte der betreffenden Modemarke, drappiert vor einer mehr Gerlach schon einige Modefirmen beraten hat (siehe Interview auf Seite 46). Auch mit der aktuellen Frühjahrs-/ Sommerkampagne bleibt sich Diesel treu. „We are connected“ lautet der Slogan des Werbeauftritts, der zweite, den Art Direktor Nicola Formichetti verantwortet. Formichetti, der im Sommer vergangenen Jahres von Thierry Mugler zu Diesel kam, gilt als Experte für unkonventionelle Ideen. Das Kleid aus rohem Rindfleisch zum Beispiel, das die Pop-Diva Lady Gaga 2010 bei der Verleihung der MTV Music Awards trug, hat Formichetti als Stylist Realität werden lassen. Eine Lady Gaga ist in der neuen Diesel-Werbung zwar nicht zu sehen, die posiert nämlich gerade für Versace, doch aus dem kreativen Lager kommen die Protagonisten auch. Künstler, Musiker und sonstige kreative Menschen sind es, die sich in der Kampagne in Diesel-Produkten zeigen und die Formichetti, passend zum Slogan „We are connected“ als Gruppe verstanden wissen will. Das Bindeglied: Denim. Gegensatz: MiuMiu wirbt mit Filmstars wie Lupita Nyong’o, Diesel zeigt unbekannte Kreative. Beispielsweise die an Muskelschwund erkrankte Modejournalistin Jillian Mercado (Mitte). Dass der Werbeauftritt nicht nur in Print, sondern auch online Akzente setzt, passt ins Bild. Zentrales Element des Online-Konzepts ist die Blogging-Platform Tumblr, über die die italienische Denim-Marke Kreative aus aller Welt zusammenbringen und sich damit auch neue Inspirationen für die Marke holen will. Auch die Gesichter der Kampagne haben Formichetti und sein Team nicht wie in der Branche sonst üblich über Model-Agenturen, sondern im Netz gesucht und gefunden. Weiter auf Seite 46 :2(176&+(,'(16,&+,+5( .81'(1(,*(17/,&+)¹52'(5 *(*(16,("%(,816 Mehr als zwei Drittel* unserer User sind zwei Wochen vor dem Autokauf noch unentschieden. Nutzen Sie die Zeit, um sie für sich zu gewinnen. Mit unserem Kaufphasen-Targeting. +,(5%8&+(16,(,+5(11¡&+67(1(5)2/* Jetzt scannen und Video anschauen. Mehr Infos unter: ZHUEHQDXIPRELOHGH *Quelle: mobile.de Eigenstudie zum Kaufphasen-Targeting-Modell, April 2013 SCHWERPUNKT | MEDIAPLANUNG „Viele Werbeauftritte könnten effizienter sein“ Peer Hartog bietet zusammen mit seinem Partner Clemens Gerlach Markenberatung an. Zum Kundenkreis gehören auch Modeunternehmen – für Hartog eine ganz besondere Klientel. Langweilig. Austauschbar. Fehlgesteuert. Ihr Urteil über Modewerbung fällt nicht gerade positiv aus. Dabei sind Modekampagnen, im Gegensatz zu den Werbeauftritten anderer Produkte, doch oft sehr ästhetisch und anspruchsvoll gemacht, oder? Ja, schon. Aber können Sie denn, ohne dass der Markenschriftzug daneben steht, erkennen, wessen Produkte hier beworben werden? Ätherisch aussehende Models, eine coole Szenerie – das ist die Blaupause für viele Modekampagnen. Die Frage, wofür die jeweilige Marke steht und was sie von anderen unterscheidet, fällt bei solchen Werbeauftritten völlig unter den Tisch. Schade ums Geld also? Viele Werbeauftritte könnten effizienter sein. Renommierte Fotografen, ein Foto-Shooting an möglichst exklusiven Orten, eine ästhetisch fotografierte Kollektion – all das reicht heute nicht mehr, weil es alle so machen. Ein Designer hat in der Regel ein Gefühl dafür, was seine Kollektion von anderen unterscheidet. Aber diese PS bekommen auch große Marken häufig nicht auf die Straße. Wichtige Fragen wie: „Was ist unser Markenkern?“ werden nicht beantwortet. Das hat mitunter nicht nur Auswirkungen auf die Werbung, sondern auch auf die Existenz des Unternehmens. Wenn der Designer weg ist, geraten viele Marken ins Schwimmen – weil niemand mehr sagen kann, was die Marke unverwechselbar macht. Dann kommen nur noch Begriffe wie Passform, Qualität und Design. Und im Briefing für die Agentur steht „Moderne Lifestyle-Marke“. Dass sich daraus keine unverwechselbare Kampagne entwickeln lässt, ist klar. Aber es gibt doch bestimmt auch Modemarken, die es anders machen? Natürlich gibt es auch positive Beispiele. Bei Diesel zum Beispiel weiß ich sofort, welche Marke hier wirbt. Die Marke zeigt nicht nur Kleidung, sondern steht für eine Haltung. Wir selbst haben vor einigen Jahren versucht, Roy Robson, einer eher unauffälligen Marke für Männermode, ein völlig neues Profil zu geben, indem wir nicht nur die Produkte gezeigt, sondern über auffallende Headlines der Zielgruppe Mann aus der Seele gesprochen haben. Das Ergebnis war, dass Markenbekanntheit und Sympathie für die Marke deutlich gestiegen sind und wir mit den Werten sogar Strellson überholt haben. 46 | Werben & Verkaufen 13/2014 Die Anbieter von Online-Werbeplätzen wie Yahoo sehen die Modebranche bei ihren Werbeaktivitäten im Netz ohnehin auf Augenhöhe mit anderen Branchen. „Modefirmen“, urteilt Yahoo-Deutschland-Chef Steffen Hopf, „stehen selbst Web-Pionieren wie den Spezialisten für Konsumelektronik kaum nach.“ Und so wie in den Printmedien werden Branchen-Events auch im Netz gezielt vermarktet. Interactive Media beispielsweise hat im vergangenen Jahr im Vorfeld der Herbstmodeschauen in Paris, Mailand, New York und London mit „kreativen Inszenierungen auf exklusiven OnlineUmfeldern“ geworben und damit Werbekunden wie Elie Saab, Hugo Boss und Bulgari überzeugt. Und Yahoo hat für seinen Themenschwerpunkt zur Fashion Week in Berlin schon zweimal einen Exklusiv-Sponsor gewonnen: das Label Schumacher der deutschen Modeschöpferin Dorothee Schumacher-Singhoff. Auch Abverkauf ist möglich Außerdem ist das Internet nicht nur als Werbeplattform interessant. Was vor einigen Jahren noch undenbkar war, ist inzwischen im Bereich des Möglichen: Abverkauf über soziale Netzwerke wie Facebook. Damit, so berichtet Armin Schroeder, Geschäftsführer des Digitalbereichs bei Crossmedia in Düsseldorf, beschäftigen sich mittlerweile nicht nur ausländische Modemarken, sondern auch ihre deutschen Mitbewerber. Trotzdem wird sich das Werbeverhalten der Modebranche in den nächsten Jahren nicht grundlegend ändern. „Die klassische Verteilung der Werbekanäle“, so Schroeder, „wird noch eine Zeitlang Bestand haben.“ Die Begründung: „Printwerbung ist glaubhaft, haptisch und hat Fällt aus dem Rahmen: Die Anzeige des italienischen Mode-Labels Moncler zeigt keine Produkte. Mutig, loben Kreativexperten. Empfehlungscharakter.“ Umso besser natürlich, wenn sich die Werbebotschaft dann auch von anderen abhebt und der Kunde sich an die jeweilige Marke erinnern kann. Das allerdings ist im Modemarkt ein neuralgischer Punkt. „Die Austauschbarkeit der Modewerbung“, befand beispielsweise Oberwerber Jean-Remy von Matt vor einiger Zeit, gehe ihm „auf die Nerven.“ Von Matt steht damit nicht alleine da. Dass Modewerbung besser sein könnte als sie ist, haben, anno 2007 wohlgemerkt, schon die zur Serviceplan-Gruppe gehörenden Marktforscher von Facit Research festgestellt. Demnach halten auch die Kunden, so das Ergebnis der Facit-Studie, die Werbeauftritte der Modebranche für austauschbar. Trotzdem können sich die Modespezialisten von ihren gewohnten Strategiemustern nur schwer trennen. Wer in einschlägigen Magazinen blättert, verliert schnell den Überblick, welche Marke zu Eine Männermarke auf Profilsuche. Mit einem prägnanten Werbeauftritt ließ Roy Robson bei Markenbekanntheit und -sympathie sogar Strellson hinter sich. welcher Werbung gehört. Zumal auch der Einsatz prominenter Gesichter, ebenfalls ein beliebtes Stilmittel der Modewerber, nicht unbedingt für Differenzierung sorgt. Ob Ex-Schwimmstar Franziska van Almsick für C&A, Pop-Jüngling Justin Bieber für Adidas Neo oder Oscar-Gewinnerin Lupita Nyong’o für das Prada-Label MiuMiu – die Liste derer, die für Modefirmen Modell stehen und standen, ist lang. Doch ein prominentes Gesicht, hat die GfK vor einiger Zeit in einer Verbraucherbefragung festgestellt, garantiert auch in der Modewerbung nur bedingt Erfolg. um auf sich aufmerksam zu machen. Mit viralem Marketing zum Beispiel, das laut Markenberater Peer Hartog in Deutschland erst am Anfang der Entwicklung steht. Man brauche nicht viel zu tun, um aufzufallen, sagt der Werbeprofi, der unter anderem als Kreativdirektor für Scholz & Friends gearbeitet hat. Offene Türen rennt er mit diesem Thema bisher aber nicht ein. Dabei sind die Medien für solche Aktionen durchaus dankbar. Als die zu Otto gehörende Dessousmarke Lascana vor einer Zeit in mehreren deutschen Städten eine Guerilla-Modenschau auf offener Straße durchgeführt hat, war das Interesse groß – nicht nur bei erstaunten Passanten. Auch Tageszeitungen wie die Westdeutsche Zeitung konnten sich für die Aktion erwärmen und räumten dem Thema reichlich Platz ein. Vielleicht lassen sich demnächst ja auch andere Modemarken davon überzeugen, ihren Mediamix um neue Varianten zu bereichern. Gabi Schreier | specials@wuv.de Spannende Kreative statt Promis Trendsetter Diesel jedenfalls geht auch in dieser Beziehung andere Wege. Bekannt sind die Gesichter, die in der aktuellen Kampagne für die Denim-Marke posieren, teilweise schon. Aber eher in Fachkreisen. Wie zum Beispiel die Modejournalistin Jillian Mercado, die aufgrund einer Muskelerkrankung auf den Rollstuhl angewiesen ist. Sie gilt als „Fashion Star“ (Page) und soll, ebenso wie tätowierte Biker oder Cyberpunks, den Mut und den Einfallsreichtum der Marke Diesel unter Beweis stellen. So wie Diesel hat es unlängst auch der ebenfalls in Italien ansässige Modehersteller Moncler, Spezialist für hochpreisige Daunenjacken, geschafft, mit seiner Werbung Aufsehen zu erregen. In der Ende vergangenen Jahres veröffentlichten Tageszeitungs-Anzeige war von edlen Daunenjacken nichts zu sehen. Stattdessen bestimmten eine Indianerfrau und ein Astronaut das Bild und sollten damit darauf aufmerksam machen, dass Moncler zusammen mit dem Fotografen Bruce Weber Ausbildungsprogramme für indianische Jugendliche unterstützt. Mit dem von Serviceplan-Vorstand Alexander Schill als „mutig“ beurteilten Werbeauftritt könnte es die italienische Edelmarke sogar zu einigen Ehren bringen. Die Moncler-Anzeige steht, zusammen mit Werbemotiven von British Airways oder McDonald’s, auf der Nominierungsliste für die alljährlich von der ZMG verliehene Auszeichnung Anzeige des Jahres. Andererseits hat die Modebranche aus Sicht auch jenseits der klassischen Werbewege noch reichlich Möglichkeiten, Wir machen Funkwerbung einfach. Nutzen Sie den Vorteil.