Preisträger des Winkler-Preises 2004

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Preisträger des Winkler-Preises 2004
Forum
Arbeitsphysiologie
8. Nachwuchssymposium in Bad Doberan
19.-21. November 2004
mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft
für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin
sowie der Winkler-Stiftung zur Förderung der Arbeitsmedizin
Preisträger des Winkler-Preises 2004
Organisation: PD Dr. med. habil. Regina Stoll
Institut für Arbeits- und Sozialmedizin,
Medizinische Fakultät,
Universität Rostock
Magdeburg 2005
http://www.forum-arbeitsphysiologie.de/
Herausgegeben von I. Böckelmann
Institut für Arbeitsmedizin und Hygiene,
Medizinische Fakultät,
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
e-mail: Irina.Boeckelmann@Medizin.Uni-Magdeburg.de
Magdeburg 2005
http://www.forum-arbeitsphysiologie.de/
Stifterverband
für die Deutsche Wissenschaft
Liselotte und Dr. Karl Otto Winkler-Stiftung
für Arbeitsmedizin
Stiftungserrichtung:
Die Stiftung wurde 1994 durch Lieselotte und Dr. Karl Otto Winkler errichtet.
Vermögen der Stiftung:
0,5 bis 5 Mio. €
Jährliches Fördervolumen:
50.000 bis 500.000 €
Fördertätigkeiten:
Die Stiftung fördert praxisorientierte wissenschaftliche Forschungsvorhaben auf dem Gebiet
der Arbeitsmedizin. Ein besonderes Interesse hat die Stiftung an der Förderung von
Projekten, die folgende Themenbereiche zum Gegenstand haben: Epidemiologie und
Qualitätskontrolle, Klärung des Zusammenhangs zwischen Arbeitsbedingungen und
Verschleißerkrankungen sowie Ermittlung des Nutzens der Arbeitsmedizin im Rahmen des
Arbeitsschutzes für die Unternehmen sowie die Volkswirtschaft.
Die Stiftung vergibt Fördermittel vor allem für Symposien, die das Ziel haben, jüngere
Arbeitsmediziner aus der betrieblichen Praxis und wissenschaftlichen Einrichtungen sowie
Betriebsärzte zur Entwicklung gemeinsamer Projekte zusammenzuführen. Ferner gewährt
die Stiftung Zuschüsse zur Bezahlung von wissenschaftlichen Hilfskräften sowie zur
Anschaffung von Geräten und Verbrauchsmaterial für die Durchführung von
Forschungsvorhaben.
Hinweise zur Antragstellung:
Die Stiftung schreibt ihr Förderangebot aus. Die Ausschreibung kann hier heruntergeladen
werden.
http://www.stifterverband.de
Spendenkonto:
Hauck & Aufhäuser, BLZ: 50220900, KTO: 20692-01
Copyright: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft
Ansprechpartner: beate.siem@stifterverband.de
1
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Preisträger des Winkler-Preises 2004
Vorträge
Poster
1. Preis:
1. Preis:
Die Beziehung zwischen
Unverminderte DNA-Reparaturaktivität
elektrophysiologischen Schlafparametern und der menschlichen 8-Oxoguanin-Glykosylase
kognitiver Leistung
1 (HOGG1)
bei Toluol exponierten Probanden
Anke Marks
Patrick Finkenwirth
Institut für Arbeitsphysiologie, Dortmund
Institut für Toxikologie,
Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
2. Preis:
2. Preis:
Einflussfaktoren auf die Arbeitsfähigkeit von
Lehr- und Bürokräften
Flexible Erfassung von
Beanspruchungsparametern bei
arbeitsmedizinischen Felduntersuchungen
Lars Lützkendorf
Reinhard Vilbrandt
Institut und Poliklinik für Arbeits- & Sozialmedizin,
Technische Universität Dresden
Institut für Arbeits- & Sozialmedizin, Universität
3. Preis:
3. Preis:
Beanspruchung
beim Schieben von Krankenhausbetten
Legitimation aufwendiger
Untersuchungsverfahren spezieller
Berufsgruppen am Beispiel von EEG und
MRT bei Piloten
Andreas Wittmann
Jens Metrikat
FB D - Abt. Sicherheitstechnik, FG Arbeitsphysiologie,
Arbeitsmedizin & Infektionsschutz, Bergische
Universität Wuppertal
Flugmedizinisches Institut der Luftwaffe,
Fürstenfeldbruck
Rostock
2
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Preisträger, Bad Doberan 2004:
v.l.r. Lars Lützkendorf, Dr. Karl Otto Winkler, Reinhard Vilbrandt, Anke Marks, Patrik Finkenwirth, Jens Metrikat;
es fehlt Andreas Wittmann
Foto: Simon Kaluza
3
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Die Beziehung zwischen elektrophysiologischen Schlafparametern und kognitiver
Leistung
Anke Marks und Barbara Griefahn
Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund
Einleitung
Die Auswirkung moderater Schlafstörungen auf die Leistung brachte bislang keine eindeutige
Befundlage, was auf die Anwendung nicht adäquater Leistungstests zurückzuführen ist. Basierend
auf Hinweisen, dass insbesondere exekutive Funktionen von Schlafdeprivation betroffen sind, war zu
prüfen, ob moderate Schlafstörungen, wie sie durch nächtliche Lärmbelastung hervorgerufen werden,
zu Leistungseinbußen führen.
Methode
12 Frauen und 12 Männer zwischen 19 und 28 Jahren schliefen nach einer Gewöhnungsnacht in drei
aufeinander folgenden Wochen immer von Montag Abend bis Freitag Morgen im Labor. Um moderate
Schlafstörungen zu erzeugen, wurden die Probanden jeweils eine Woche lang Straßen-, Schienenund Luftverkehrsgeräuschen in permutierter Folge ausgesetzt. In jeder Woche gab es eine
Ruhenacht mit 32 dB(A) Hintergrundrauschen und 3 Nächte mit äquivalenten Dauerschallpegeln von
39, 44 und 50 dB(A) in wiederum permutierter Folge.Während der gesamten Bettzeit von 23 – 7 Uhr
wurde kontinuierlich das Polysomnogramm (2 EEGs, 2 EOGs, EMG) aufgezeichnet. Unmittelbar nach
dem Aufstehen bewerteten die Probanden ihren Schlaf und führten eine Leistungsaufgabe (switch)
zur Prüfung exekutiver Funktionen durch.
Ergebnisse
Die Auswertung der Polysomnogramme erfolgte nach internationalen Kriterien. Im Vergleich zu den
Ruhenächten nahm der Anteil der Wachzeit in den Lärmnächten mit dem Pegel zu, der Anteil des
Tief- und des Traumschlafes ab. Die Schlafdauer war mäßig reduziert und das Stadium 4 wurde
später erreicht.
Die Reaktionszeit bei der Switchaufgabe war nach Lärmnächten länger als nach Ruhenächten, die
Anzahl der Fehler war jedoch nicht erhöht. Dementsprechend zeigten die regressionsanalytisch
berechneten Zusammenhänge keine Beziehung zwischen den Schlafparametern und Fehlern. Die
Reaktionszeit nahm hingegen mit zunehmender Einschlafdauer, späterem Einsetzen des Tiefschlafes
(Stadium 3), abfallendem Anteil an Tiefschlaf (Stadium 3 und 4) und mit zunehmendem Anteil an „fast
wave sleep“ (Stadium 1 und 2) zu.
Diskussion
Moderate, durch nächtlichen Verkehrslärm hervorgerufene Schlafstörungen reduzieren nachfolgend
die Leistung, wobei die Fehlerrate durch verlängerte Reaktionszeiten konstant gehalten wird. Eine
mögliche Ursache hierfür ist die partielle Suppression des Tiefschlafs, die, wie frühere
Untersuchungen zeigten (Born & Plihal 2000), bei gleichzeitiger Zunahme der Cortisolausschüttung
mentale Prozesse beeinträchtigen. Bei solchen Pegeln ist daher eine gezielte Lärmminderung
erforderlich.
Literatur
Born J & Plihal W (2000). Gedächtnisbildung im Schalf: Die Bedeutung von Schlafstadien und
Stresshormonfreisetzung. Psychologische Rundschau, 51(4), 198-208.
4
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Die Beziehung zwischen elektrophysiologischen
IfADo Schlafparametern und kognitiver Leistung
Anke Marks und Barbara Griefahn
Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund
Einleitung
Ergebnisse
Die Auswirkung moderater Schlafstörungen auf die Leistung
brachte bislang keine eindeutige Befundlage, was auf die
Anwendung nicht adäquater Leistungstests zurückzuführen ist.
Basierend auf Hinweisen, dass insbesondere exekutive
Funktionen von Schlafdeprivation betroffen sind, war zu
prüfen, ob moderate Schlafstörungen, wie sie durch nächtliche
Lärmbelastung hervorgerufen werden, zu Leistungseinbußen
führen.
Die Auswertung der Polysomnogramme erfolgte nach den
Kriterien von Rechtschaffen & Kales (1968). Im Vergleich zu
den Ruhenächten nahm der Anteil der Wachzeit in den
Lärmnächten mit dem Pegel zu, der Anteil des Tief- und des
Traumschlafes ab. Die Schlafdauer war mäßig reduziert und
das Stadium 4 wurde später erreicht.
Anteil Wach (%)
Schlafeffizienz
14 p = 0.098
0.006
0.94 pp == 0.006
13.9
0.936
***
13
0.92
12.8
0.922
0.919
**
**
39
44
12.7
12
0.90
11.4
0.904
***
0
32
Methode
39
44
50
dB(A)
0
32
12 Frauen und 12 Männer zwischen 19 und 28 Jahren
schliefen nach einer Gewöhnungsnacht in drei aufeinander
folgenden Wochen immer von Montag Abend bis Freitag
Morgen im Labor.
Um moderate Schlafstörungen zu erzeugen, wurden die
Probanden jeweils eine Woche lang Straßen-, Schienenund Luftverkehrsgeräuschen in permutierter Folge ausgesetzt.
In jeder Woche gab es eine Ruhenacht mit 32 dB(A)
Hintergrundrauschen und 3 Nächte mit äquivalenten
Dauerschallpegeln von 39, 44 und 50 dB(A) in wiederum
permutierter Folge. Während der gesamten Bettzeit von 23 –
7 Uhr wurde kontinuierlich das Polysomnogramm (2 EEGs, 2
EOGs, EMG) aufgezeichnet.
Unmittelbar nach dem Aufstehen bewerteten die Probanden
ihren Schlaf und führten eine Leistungsaufgabe (switch) zur
Prüfung exekutiver Funktionen durch.
16
23 p = 0.095
15.3
22
14.5
14
14.1
13.8
**
12
0
32
50 dB(A)
Anteil REM (%)
Anteil Tiefschlaf (%)
p = 0.031
39
50
21.2
21
**
44
22.3
dB(A)
21.1
*
20.7
***
0
32
39
44
50 dB(A)
Die Reaktionszeit bei der Switchaufgabe war nach
Lärmnächten länger als nach Ruhenächten, die Anzahl der
Fehler war jedoch nicht erhöht.
R e ak tio n sz eit sw itc h in m s
Re ak tion sz eit n o n- sw itch in m s
385
38 5
p = 0.07 9
p = 0.06 1
380
38 0
3 76 . 9
375
3 7 5.1
37 5
* *
3 7 2.2
*
370
37 0.5
**
36 9 .5
37 0
3 7 1.1
*
3 6 6.6
365
36 5.3
36 5
0
0
32
39
44
50
32
d B (A )
39
44
50 d B (A )
Dementsprechend zeigten die regressionsanalytisch
berechneten Zusammenhänge keine Beziehung zwischen
den Schlafparametern und Fehlern. Die Reaktionszeit
nahm hingegen mit späterem Einsetzen des Tiefschlafes,
abfallendem Anteil an Tiefschlaf und zunehmend
verschlechterter subjektiver Schlafqualität zu.
Re ak tio ns ze it sw itch (ms)
W e ch se lko sten Rea ktion sze it
50 0
20
45 0
15
10
40 0
5
35 0
0
30 0
-5
25 0
-10
0
5
10
15
20
25
0
1
An te il T ie fsc hlaf %
r = -.44 7
p = .0 28
2
3
4
5
6
sub je ktive Schlafq ua litä t
r = -.45 2
p = .02 8
Diskussion
Moderate, durch nächtlichen Verkehrslärm hervorgerufene Schlafstörungen reduzieren nachfolgend die Leistung, wobei die Fehlerrate
durch verlängerte Reaktionszeiten konstant gehalten wird. Eine mögliche Ursache hierfür ist die partielle Suppression des Tiefschlafs, die,
wie frühere Untersuchungen zeigten (Born & Plihal 2000), bei gleichzeitiger Zunahme der Cortisolausschüttung mentale Prozesse
beeinträchtigen. Bei solchen Pegeln ist daher eine gezielte Lärmminderung erforderlich.
Literatur
Born J & Plihal W (2000). Gedächtnisbildung im Schlaf: Die Bedeutung von Schlafstadien und Stresshormonfreisetzung. Psychologische Rundschau, 51(4), 198-208.
Rechtschaffen A & Kales A (1968): A manual of standardized terminology, techniques and scoring system for sleep stages in human subjects. US Dept of Health,
Education, and Welfare. Public Health Service – National Institutes of Health, National Institute of Neurological Diseases and Blindness, Neurological Information
Network, Bethesda, Maryland 20014.
5
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Einflussfaktoren auf die Arbeitsfähigkeit von Lehr- und Bürofachkräften
Lars Lützkendorf, Reingard Seibt
Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät der Technischen
Universität Dresden
Einleitung
Der hohe Anteil von Lehrern (LE), die krankheitsbedingt aus dem Berufsleben ausscheiden, erfordert
aus prognostischer Sicht eine Untersuchung ihrer Arbeitsfähigkeit (Af). Zur objektiveren
Ergebniseinschätzung wurde den LE eine zweite Berufsgruppe mit ebenfalls hohen psychischen und
sozial-kommunikativen Anforderungen - die Bürofachkräfte (BÜ) – gegenübergestellt. Es sollte
untersucht werden, durch welche beruflichen und gesundheitlichen Einflussfaktoren die Af beider
Berufsgruppen primär determiniert ist.
Methode
An der Studie nahmen 100 LE und 60 BÜ im Alter von 25 bis 60 Jahren teil. Dabei betrug das
Durchschnittsalter beider Berufsgruppen 45±8 bzw. 43±9 Jahre. Die Af wurde mit dem Fragebogen
Work Ability Index erfasst und entsprechend der Punktsumme in niedrig (7-36) und hoch (37-49)
klassifiziert. Als Einflussfaktoren auf die Af wurden neben arbeitsbedingten Belastungsfaktoren und
Ressourcen vor allem der gesundheitliche Status, diagnostizierte Erkrankungen, aktuelle
Beschwerden, das Burnout-Risiko sowie berufliche Verausgabung und Anerkennung (Effort-RewardImbalance) untersucht. Der gesundheitliche Status wurde mit dem Vitalitätsmessplatz® erhoben.
Dieser besteht aus 45 sog. Vitalitätsparametern, die alterstypische Veränderungen des physischen,
psychischen und sozialen Funktionsbereiches und des Befindens abbilden und in ihrer Gesamtheit
Ausdruck des vitalen Funktionsalters (FAI) sind. Alle weiteren Einflussfaktoren wurden mit etablierten
Fragebögen und einem berufsspezifischen Interwievleitfaden erhoben.
Ergebnisse
Die Af der LE fällt mit durchschnittlich 38±6 Punkten signifikant geringer aus als die der BÜ (41±5
Punkte). Das bestätigt sich auch in der WAI-Klassifikation, nach der mehr LE als BÜ niedrige Af
angeben (37% vs. 22%). LE weisen gegenüber BÜ ein 1,6fach höheres Risiko für verminderte Af auf.
Als stärkster Einflussfaktor einer verminderten Af erwies sich in beiden Berufsgruppen die Anzahl
aktueller Beschwerden (LE: r = .65; BÜ: r = .73). Niedrige Af ist weiterhin durch körperliche
Risikofaktoren (schlech-terer Puls-Performance-Index (PPI), ungünstiges Hüfte-Taille-Verhältnis)
gekennzeichnet. Hohe Af zeichnet sich bei LE durch psychische Ressourcen (kein Burnout-Risiko)
aus, bei BÜ durch einen jüngeren FAI. LE mit niedriger Af haben gegenüber ihren Kollegen mit hoher
Af ein schlechteres Hörvermögen, sind emotional erschöpfter und schneiden im körperlichen
Funktionsbereich des gesundheitlichen Status ungünstiger ab. Beide LE-Gruppen weisen eine hohe
mentale Leistungsfähigkeit auf und unterscheiden sich auch bezüglich des FAI nicht. Dagegen sind
BÜ mit niedriger Af durch einen höheren (älteren) FAI gekennzeichnet als ihre Kollegen mit hoher Af.
Sie leiden auch häufiger an Übergewicht und Augenbeschwerden.
Diskussion
Ausgehend vom Anteil niedriger Af und den darauf einwirkenden Einflussfaktoren stellen LE im
Vergleich zu BÜ eine Berufsgruppe mit stärkerem gesundheitlichen 'Gefährdungspotential' dar und
lenken dabei die Aufmerksamkeit auf die psychische Belastung. Niedrige Af wird in beiden
Berufsgruppen vor allem durch Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und berufsspezifische
Beschwerden beeinflusst. Die Vitalität spiegelt aber den förderlichen Einfluss von hohem
Bildungsniveau und anspruchsvoller beruflicher Tätigkeit (Ressource) für die Erhaltung einer guten Af
wider. Zur Erkennung von Ursachen einer verminderten Af ist die differenzierte Beurteilung der
Vitalität in Kombination mit vorwiegend berufs- und lifestylebedingten gesundheitlichen
Einflussfaktoren (v.a. Burnout-Risiko, Hör-/Sehvermögen, Hüfte-Taille-Verhältnis, Body Mass Index)
bedeutungsvoll; das ermöglicht ursachenorientierte Interventionsmaßnahmen.
6
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Lars Lützkendorf, Reingard Seibt
TECHNISCHE
Technische Universität Dresden,
Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin
UNIVERSITÄT
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus
Reformfakultät des Stifterverbandes
für die Deutsche Wissenschaft
Harvard Medical International Associated Institution
DRESDEN
Einflussfaktoren der Arbeitsfähigkeit von Lehr- und Bürofachkräften
Methodik
Theorie
Lehrerberentung und –pensionierung
bundesweit
Sachsen
100%
7 6
7
5
8
6
6
6 9
43 44
32 32
36 34
38 42 43
39
37
(Schaufeli 1996, Kalimo 2003)
50
Sympto
12
24 73
74
62 62
59
56 53 51
54 58
54
67
mhäufigkeit
kein Burnout
71
45
20%
27
32
0%
Altersrente'95
'93
vorzeitige
Rente
'99
'01
'97
5
psychisch
Warum?
Untersuchung der Arbeitsfähigkeit
prognostische Hinweise über vorzeitiges
Ausscheiden aus dem Berufsleben
(Ilmarinen 1997)
sozial
- mentale Funktionen
- Psychomotorik
- Persönlichkeit
2. Burnout-Subskalen
Bewertung
(Punkte)
1. aktuelle Arbeitsfähigkeit, Verausgabung
durch die bisherige Arbeit
Befinden
0 - 1,49
13
7
krankheitsbedingte
5 7 9 7
'92/93Rente
'94/95 '96/97 '98/99 '00/01
2. gesundheitliche Zustand
- Pflichten & Freizeit
- soziale Umgebung
- soziales Verhalten
Bewertung: 7 - 49 Punkte
= 2,00
-
= 3,20
Zynismus
= 1,00
-
= 2,20
prof. Effizienz
= 4,00
-
= 5,00
physisch
Ableitung von Maßnahmen
zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit
- Körperzusammensetzung - Bewegungssystem
- Herz-Kreislaufsystem
- Sinnesorgane
Anamnese
Lehrer und Bürofachkräfte sind Berufsgruppen mit
hohen psychischen und sozial-kommunikativen
Anforderungen
WAI
(Interviewleitfaden)
- Allgemein - Ernährung
- Fitness
- Beruf
Fragen
niedrig
Gesamtmaß der Vitalität aller Indikatoren
Functional-Age-Index - FAI:
=
vitaler Funktionszustand im Vergleich zum
kalendarischen Alter
für Bürofachkräfte gibt es eine Beurteilung
psychischer Belastungen am Arbeitsplatz;
für Lehrer nicht (Hofmann 2002)
Lebensumstände
100%
75%
Beruf
50%
50%
Gesundheit (Vitalität)
54%
28%
25%
28%
18%
13%
9%
Arbeitsfähigkeit
0%
niedrig
Wodurch unterscheiden sich Lehrer und
mittel
Lehrer
Bürofachkräfte mit niedriger Arbeitsfähigkeit
von ihren Kollegen mit hoher Arbeitsfähigkeit?
Welche Faktoren beeinflussen die Arbeits-
Klassifikationsunterschied:
Mittelwertunterschied:
Regressionsanalyse:
fähigkeit der beiden Berufsgruppen?
Maßnahmen
wiederherstellen
verbessern
gut
37 - 43
unterstützen
hoch
44 - 49
erhalten
gut
hoch
Bürofachkräfte
p = .009 (exakter Fisher-Test))
p = .000 (T-Test)
Lehrer 1,6fach erhöhtes Risiko für
verminderte Arbeitsfähigkeit im
Vergleich zu Bürofachkräften
Bürofachkräfte
niedriger vs. hoher WAI
FAI
Differenz: Alter - FAI
- jünger [%]
- älter [%]
77
14
physischer Zustand:
ungünstiger
ungünstiger
- kardiopulmonale Fitness
- PPI (Ergometrie)
- PPI (Ergometrie)
- Körpermaße
- BMI & WHR
- BMI
- Stütz- & Bewegungssystem
- Kraft, Koordination
- Kraft, Koordination
psychischer Zustand:
sozialer Zustand:
vergleichbar
vergleichbar
vergleichbar
vergleichbar
ungünstiger
vergleichbar
71
14
p = .624**
57
24
36
64
p = .035*
Untersuchung der Arbeitsfähigkeit in der Gesamtstichprobe
Ursachen für verminderte Arbeitsfähigkeit für
Stichprobe
Arbeitsfähigkeit WAI [Punkte]
Lehrer
160 Frauen im Alter von 25 bis 60 Jahren
- 100 Lehrer (45 ± 8 Jahre)
- 60 Bürofachkräfte (43 ± 9 Jahre)
Bürofachkräfte
**Stütz- /Bewegungssystem**
26
70
13
11
6
Bürofachkräfte =45 Jahre
2
14
Lehrer Bürofachkräfte
2
3
Ausbildung
98
32
[%]
2
67
[Jahre]
19
20
Wochenarbeitszeit
[h]
50
38
Computerarbeit pro
Woche
[h]
3
26
50%
25%
Arbeitsfähigkeit niedrig bzw.
BFB = 8
WAI: 36 ± 6
WAI: 41 ± 4
54
PPI normal (< 2)
PPI gut (= 2)
Lehrer
WAI: 32 ± 7
WAI: 38 ± 4
WAI: 40 ± 4
Bürofachkräfte
4
27
WAI: 42 ± 3
4
27
Waist-Hip-Ratio (WHR)
Burnout (BU)-Risiko
Burnout (BU)-Risiko
14
Funktionsalter (FAI)
82
0%
25%
50%
75% 100%
Arbeitsfähigkeit niedrig bzw.
exakter Fisher-Test: * p = .05 ** p = .01
Berufsgruppe
Fitness Index (PPI)
36
Tumoren*
hoch
BFB > 8
27
4
*Harnwege /
Infektionen*
0%
27
2
Hormone /
Stoffwechsel**
16
100% 75%
14
Magen-Darm-Trakt**
22
Gesamtzahl physischer und psychischer
Beschwerden (BFB- Fragebogen)
8
**Psychisches
System**
2
27
Lehrer
=45 Jahre
hohe Arbeitsfähigkeit
WAI: 39 ± 6 (n = 160)
91
*Atemsystem
32
niedrige Arbeitsfähigkeit
43
Herz-Kreislaufsystem
30
Bürofachkräfte
<45 Jahre
Lehrer <45
Jahre
Erwerbstätigkeit
7 - 27
28 - 36
Lehrer
niedriger vs. hohe WAI
Arbeitsfähigkeit der Lehr- und Bürofachkräfte
Bewältigungsstil
- Realschulabschluss
Punkte
mittel
Ergebnisse
Zusammenhänge
[%]
3. Risiken für vorzeitiges Ausscheiden
aus dem Berufsleben
niedrig mittel hoch
Erschöpfung
Berufsgruppenvergleich zu Bürofachkräften
- Abitur
Subjektive Beurteilung der
Arbeitsfähigkeit (Work Ability):
Punkte
einzelne Burnout-Symptome 1,5 - 3,49
Burnout
3,5 - 6,00
36 43
(Tuomi et al.1998)
¾ alters- und geschlechtspezifischer Funktionszustand anhand
von 45 Parametern
1. Burnout-Gesamtsyndrom
60%
Work Ability Index - WAI
(Meißner-Pöthig 1997)
55
66
40%
Vitalitätsmeßplatz
MBI-GS
19 20
23
21
80%
hoch
WHR > 0,85 WHR = 0,85 BU-Sympt.
WAI: 25 ± 3
n=7
WAI: 35 ± 5
n = 16
WAI: 36 ± 4
n = 24
kein BU
BU-Sympt.
kein BU
WAI: 40 ± 3
n = 25
WAI: 39 ± 4
n = 25
WAI: 41 ± 4
n = 32
FAI > kal.
Alter
FAI < kal.
Alter
WAI: 40 ± 2
n=5
WAI: 44 ± 3
n = 26
CHAID-Analyse: beruht auf Chi-Quadrat-Test (multivariates Verfahren); bester Prädiktor weist kleinsten
Signifikanzwert auf.
Literatur
Diskussion
der objektive gesundheitliche Status (Vitalität) spiegelt den
förderlichen Einfluss von hohem Bildungsniveau und
anspruchsvoller beruflicher Tätigkeit wider
die Beurteilung von subjektiver Arbeitfähigkeit und objektivem
gesundheitlichen Zustand (Vitalität) ist besonders bei Lehrern
bedeutungsvoll
Seibt, R., Thinschmidt, M., Lützkendorf, L. & Knöpfel, D. (2004).
Arbeitsfähigkeit und Vitalität bei Gymnasiallehrern unterschiedlicher Altersklassen. Abschlussbericht des Forschungsprojektes
F 5205. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW (Schriftenreihe der
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Dortmund /
Berlin)
Lehrer haben ein 1,6 fach höheres Gefährdungspotential zur
Entwicklung einer niedrigen Arbeitsfähigkeit
(WAI-Fragebogen)
die Diskrepanz zwischen subjektiver Beurteilung und
objektivem Gesundheitszustand besteht besonders bei
älteren Lehrern ab 45 Jahren
Seibt, R.; Lützkendorf, L. & Thinschmidt, M. (2004).
Risk factors and resources of work ability in teachers and office
workers. Book of Abstracts, 2nd International Symposium on Work
Ability – ICOH "Assessment and promotion of work ability, health
and well-being of ageing workers", 18.- 20.10. 2004, Verona, S. 91.
¨ die Ursache liegt besonders in der emotionalen Verausgabung
¨ diese Diskrepanz kann in einer stärkeren Selbstwahrnehmung
von altersbedingten Veränderungen begründet sein (Staufer
1992); Lehrer sind dem direkten Vergleich mit Schülern ausgesetzt
Seibt, R.; Lützkendorf, L. & Thinschmidt, M.(2004).
Work Ability and Vitality of younger and older comprehensive
secondary school teachers. Abstracts, 30. Arbeitstagung Psychophysiologische Methodik (APM) der Deutschen Gesellschaft für
Psychophysiologie und ihre Anwendung (DGPA) sowie der Fachgruppe Biologische Psychologie und Neuropsychologie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs), Freiburg i. Br.,
10.-12.06. 2004, S. 50.
7
http://www.forum-arbeitsphysiologie.de/
Beanspruchung beim Schieben von Krankenhausbetten
Andreas Wittmann, Nenad Kralj, Friedrich Hofmann
Bergische Universität Wuppertal, Fachbereich D – Sicherheitstechnik, Arbeitsmedizin,
Arbeitsphysiologie und Infektionsschutz
Einleitung
Im Bereich der Krankenpflege arbeitet überwiegend weibliches Personal, die meisten davon im
gebärfähigen
Alter.
Dementsprechend
hart
treffen
die
Beschäftigungsverbote
des
Mutterschutzgesetzes (MuSchG)die Arbeitgeber (und auch die Arbeitnehmer) im Gesundheitswesen.
So schließt das MuSchG eine Beschäftigung mit schwerer körperlicher Arbeit genauso aus wie
jegliches regelmäßiges Bewegen von Lasten mit mehr als 5 kg Gewicht.
Moderne Krankenhausbetten erleichtern durch motorische Verstelleinrichtungen den Pflegealltag
erhöhen aber das Gewicht dieser Betten erheblich.
Ziel der Studie war es zum einen, die Belastungen und Beanspruchungen beim Schieben eines
modernen Krankenhausbettes zu bestimmen, zum anderen aber auch herauszufinden, inwiefern das
Schieben von Krankenhausbetten mit den Bestimmungen des Mutterschutzes konform ist.
Methode
In dieser Studie wurden die Beanspruchungen in Prozent der maximalen Körperkraft in Anlehnung an
die DIN 33411 „Körperkräfte des Menschen“ angegeben (Maximalkraftmethode).
Hierfür wurden die zur Bewegung des Bettes notwendigen Kräfte in den verschiedenen Situationen
gemessen. Die Messung erfolgte sowohl für das Schieben durch eine Person, als auch für das
Bewegen des Bettes durch zwei Personen. Diese Kräfte wurden dann in Relation zu den aus der DIN
33411 ermittelten maximalen Körperkräften des 5. Perzentils für Frauen gesetzt. Eine derartige
Beanspruchungsbestimmung hat den Vorteil, dass für ein Kollektiv ohne personenbezogene
Messungen genaue Vorhersagen zur tatsächlichen Beanspruchung gemacht werden können.
Ergebnisse
Legt man für die Definition der Beanspruchung die maximal benötigte Kraft im Verhältnis zur maximal
von Frauen aufzubringenden Kraft zugrunde, so zeigt sich, dass das Schieben von modernen
Krankenhausbetten eine Tätigkeit ist, die in nahezu allen vorkommenden Fällen eine Beanspruchung
von mehr als 50% der maximalen Körperkraft des 5. Perzentils für Frauen erfordert. Berücksichtigt
man die besondere Schutzbedürftigkeit Schwangerer und definiert für diese eine Beanspruchung von
mehr als 50% ihrer Leistungsfähigkeit als schwere körperliche Arbeit, so zeigt diese Studie, dass
schon das Schieben eines mit einem durchschnittlich schweren Patienten beladenen
Krankenhausbettes durch zwei Pflegekräfte eine schwere körperliche Arbeit ist.
Diskussion
Eine Beschäftigung werdender Mütter mit dem Schieben von Krankenhausbetten ist nach § 4 Satz 1
des MuSchG untersagt, da es sich um eine schwere körperliche Arbeit handelt. Zusätzlich schließt
das Tätigkeitsverbot des MuSchG grundsätzlich Tätigkeiten aus, bei denen Lasten von mehr als 5 kg
regelmäßig, bzw. mehr als 10 kg gelegentlich bewegt werden. Die Verwendung von Hilfsmitteln
(beispielsweise die Rollen des Bettes) lasen eine Beschäftigung
nur dann zu, wenn die
Beanspruchung dadurch auf das zulässige Maß ohne Hilfsmittel reduziert wird. Da auch dieses nicht
der Fall ist, ist das Beschäftigen von Schwangeren grundsätzlich nicht zulässig, obwohl diese
Tätigkeit von den Betroffenen oft als keine schwere Tätigkeit empfunden wird und eine negative
Auswirkung dieser Tätigkeit auf die Leibesfrucht bei gesunden Frauen nicht zu befürchten ist. So
stößt dieses Beschäftigungsverbot bei den Anwendern des Gesetzes auf wenig Verständnis.
Offenbar sind für eine sinnvolle Umsetzung der Belange des Mutterschutzes neue Ansätze gefordert.
8
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Bergische Universität Wuppertal
Belastung und Beanspruchung beim Schieben von
Krankenhausbetten
unter Berücksichtigung der Belange des Mutterschutzes
Andreas Wittmann, Nenad Kralj, Friedrich Hofmann
Fachbereich D, Abteilung Sicherheitstechnik, Fachgebiet Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz
Stand: 12-2004
Einleitung:
Der Pflegeberuf stellt hohe Anforderungen an die körperliche Belastbarkeit des Personals.
Sowohl das Bewegen von Patienten bei der direkten Pflege, als auch die Hilfe bei der
Mobilisierung von Bettlägerigen erfordern viel körperliche Kraft und Geschicklichkeit.
Ziel der vorliegenden Studie war es zum einen, die Belastungen und Beanspruchungen beim
Bewegen eines modernen, mit motorischen Verstelleinrichtungen ausgestatteten
Krankenhausbettes zu bestimmen, zum anderen aber auch herauszufinden, inwiefern das
Schieben von Krankenhausbetten mit den Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes konform
ist.
Untersuchte
Rollenstellungen,
Tabelle 1
Tabelle 1:
Untersuchte Rollenstellungen
Bewegungs-/Kraftrichtung
Material und Methoden
Für das manuelle Bewegen von Lasten hat der Gesetzgeber mehrere einschlägige Gesetze
und Verordnungen erlassen. Für besonders schutzbedürftige Personengruppen, wie
werdende Mütter, gelten starke Einschränkungen; der Gesetzgeber hat im
Mutterschutzgesetz (MuSchG) ausdrückliche Beschäftigungsverbote für bestimmte
Tätigkeiten erlassen.
Keinen Gesetzescharakter, aber doch erheblichen Belang, haben die tatsächlich von
Menschen aufbringbaren Kräfte; Auskunft hierüber liefert unter anderem die DIN Norm 33411
Teile 1-5. In diesen werden die maximalen Körperkräfte des Menschen für die
verschiedensten Lastfälle beschrieben.
In § 4 des MuSchG werden als weitere Beschäftigungsverbote schwere körperliche Arbeit,
insbesondere Arbeiten genannt, bei denen regelmäßig Lasten von mehr als 5kg Gewicht
oder gelegentlich Lasten von mehr als 10kg Gewicht ohne mechanische Hilfsmittel von Hand
gehoben, bewegt oder befördert werden. Für den Fall, dass mechanische Hilfsmittel
verwendet werden, darf die körperliche Beanspruchung der werdenden Mutter nicht größer
sein, als die zulässige Beanspruchung ohne Hilfsmittel.
Ein in der Arbeitsmedizin übliches Verfahren um die gesundheitlichen Folgen bei bestimmten
Belastungen am Arbeitsplatz zu beschreiben, ist das Belastungs-/Beanspruchungskonzept.
In ihm wird die individuelle Disposition berücksichtigt um Rückschlüsse auf die tatsächliche
Beanspruchung ziehen zu können. Für die Bestimmung der Beanspruchung aus der
Belastung sind mehrere Verfahren gängig.
In dieser Studie werden Beanspruchungen in Prozent der maximal möglichen Körperkraft
angegeben. Realistisch betrachtet sollte bei gesunden, nichtschwangeren Frauen eine
Belastung von 70% der Maximalkraft nicht dauerhaft überschritten werden, bei Schwangeren
ist die Grenze vernünftigerweise bei 50% ziehen.
Die notwendigen Kräfte zum Bewegen der Betten wurden in Abhängigkeit von Rollenstellung
und Beladung ermittelt (Tabelle 1), den maximalen Kräften von Frauen lag das 5. Perzentil
der DIN 33411 zu Grunde (Tabelle2).
Ergebnisse
Legt man für die Definition schwerer körperlicher Arbeit die maximal benötigte Kraft im
Verhältnis zur maximal von Frauen aufzubringenden Kraft zugrunde, so zeigt sich, dass das
Schieben moderner
Krankenhausbetten eine Tätigkeit ist, die in nahezu allen
vorkommenden Fällen eine Beanspruchung von mehr als 50% der maximalen Körperkraft
erfordert (Tabellen 3, 4).
Dies zeigt, dass schon das Schieben eines mit einem durchschnittlich schweren Patienten
(80kg) beladenen Bettes eine schwere körperliche Arbeit ist. Eine Beschäftigung von
werdenden Müttern mit dieser Tätigkeit ist demnach durch § 4 Satz 1 des
Mutterschutzgesetzes untersagt.
Diskussion
50%
103N
74N
Rückwärts (Ziehen)
97N
68N
49N
Tabelle 2:
Maximale Zug und Druckkräfte Frauen, Kraftangriffspunkt in
120cm Höhe nach DIN 33411
Bewegung
durch
Situation
Beanspruchung
Vorn
Hinten
Fahrt geradeaus mit 80kg Beladung
1 Person
100%
-
Fahrt geradeaus mit 100kg
Beladung
1 Person
117%
-
Fahrt geradeaus mit 80kg Beladung
2 Personen
58%
10%
Fahrt geradeaus mit 100kg
Beladung
2 Personen
66%
20%
Geführte Kurvenfahrt (1,5m/s),
leeres Bett
2 Personen
25%
24%
Geführte Kurvenfahrt (1,5m/s),
Beladung 100kg
2 Personen
58%
24%
„Driftfahrt“ (1,5m/s), Beladung
100kg
2 Personen
250%
54%
Tabelle 3:
Dynamische Beanspruchung in % der Maximalkraft
weiblicher Personen
Beanspruchung
Vorne
Minimal
Situation
Maximal
Anfahren leeres Bett,
Rollenstellung I
Anfahren Bett mit
80kg
Rollenstellung I
Anfahren Bett mit
100kg
Rollenstellung I
Beanspruchung
Hinten
Minimal
Maximal
46%
20%
33%
13%
66%
28%
44%
19%
75%
32%
50%
21%
Anfahren Bett mit
100kg
Rollenstellung II
131%
32%
50%
21%
Anfahren Bett mit
80kg
Rollenstellung III
86%
37%
57%
25%
165%
71%
110%
47%
41%
-
21%
-
52%
-
21%
-
52%
-
31%
-
Anfahren Bett mit
100kg
Rollenstellung IV
Drehen leeres Bett
Rollenstellung V
Drehen Bett mit 80kg
Rollenstellung V
Drehen Bett mit
100kg
Rollenstellung VI
Drehen Bett mit
100kg
Rollenstellung VII
Fahrt in den Aufzug
leeres Bett
Fahrt in den Aufzug
80kg
Fahrt in den Aufzug
100kg
Fahrt aus dem
Aufzug leeres Bett
Fahrt aus dem
Aufzug 80kg
Fahrt aus dem
Aufzug 100kg
Tabelle4:
72%
-
41%
-
224%
96%
148%
63%
281%
121%
186%
80%
>290%
>124%
>190%
>82%
101%
43%
67%
29%
137%
59%
90%
39%
158%
68%
105%
45%
Layout: Andreas Wittmann
Die vermeintliche gesetzliche Klarheit täuscht: Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass
das Schieben von Krankenhausbetten eine schädigende Wirkung auf die werdende Mutter
oder das Ungeborene darstellt: Weder liegen hierfür ausreichende Studien vor noch
erscheinen die im MuSchG genannten Obergrenzen für die Beanspruchung sinnvoll gewählt.
Zweitgebärende Mütter werden im Privatbereich selbstverständlich ihr anderes Kind –
unabhängig davon, ob es 10 kg oder mehr wiegt – regelmäßig heben, tragen und bewegen.
Diese Tätigkeit entspricht der Realität seit Anbeginn der Menschheit.
Die Folge der bisherigen unflexiblen Festlegung ist ein Tätigkeitsverbot. Individuelle Eignung
und der eigene Wille der Beschäftigten sind irrelevant.
Gefordert ist daher eine Novellierung des Mutterschutzgesetzes auf Grundlage fundierter
Studien. Sinnvoll erscheinen eine gynäkologische Untersuchung der werdenden Mütter und
eine personenbezogene betriebsärztliche Beratung zur Festlegung individueller Grenzwerte.
Max.
Kraft
147N
70%
Vorwärts (Drücken)
Statische Beanspruchung in Prozent, Bettenschieben durch
weibliche Personen
Kontakt: andwitt@uni-wuppertal.de
9
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Unverminderte DNA-Reparaturaktivität der menschlichen 8-Oxoguanin-Glykosylase 1
(hOGG1) bei toluol exponierten Probanden
Finkenwirth P.1, Spelmeyer U.2, Hommel G.3, Rose D.-M.2, Jung D.2, Roßbach B.2, MayerPopken O.2, Letzel S.2, Janßen K.1, Platt K.-L.1, Oesch F.1, Muttray A.2
1
Institut für Toxikologie der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 2Institut für Arbeits-,
Sozial- und Umweltmedizin der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 3Institut für
Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik der Johannes Gutenberg-Universität,
Mainz
Einleitung
Bei der Untersuchung der Kanzerogenität verschiedener Arbeitsstoffe spielt nicht nur die direkte
DNA-Schädigung eine Rolle, sondern auch die Wirkung dieser Substanzen und ihrer Metabolite auf
zelleigene DNA-Reparaturmechanismen. Ein wichtiges Enzym ist in diesem Zusammenhang die
humane 8-Oxoguanin-Glykosylase 1 (hOGG1), die für die Reparatur der 8-Oxoguanin-Läsion
verantwortlich ist, einem häufigen oxidativen DNA-Schaden. In einer vorangegangenen Studie (T.
Seifert, 2002) zeigte sich eine signifikant reduzierte DNA-Reparaturaktivität der hOGG1 bei
Lackierern, die gegenüber toluolhaltigen Lösungsmittelgemischen exponiert waren. Unklar blieb
dabei, ob Toluol oder andere Komponenten der Gemische die Reduktion der hOGG1-Aktivität
verursachte Die vorliegende Studie sollte daher die Auswirkungen einer vierstündigen Exposition
gegenüber 50 ppm Toluol (MAK-Wert) auf die hOGG1-Aktivität untersuchen.
Methoden
In einem Cross-Over-Design atmeten zwanzig gesunde, männliche Nichtraucher in einer
Expositionskammer über 4 Stunden jeweils gefilterter Raumluft oder mit 50 ppm Toluol angereicherte
Luft ein. Sowohl vor als auch dreißig Minuten nach der Exposition wurde die hOGG1-Aktivität in
peripheren mononukleären Blutzellen bestimmt und die Toluolkonzentration im Blut gemessen. Als
Zielgröße wurde der Quotient zwischen der Reparaturaktivität nach der Exposition und der Aktivität
vor der Exposition als prozentuale Veränderung angegeben.
Ergebnisse
Dreißig Minuten nach Exposition mit Toluol wurde im Blut der Probanden eine mediane
Toluolkonzentration von 0,21 mg Toluol/l gefunden. Die mediane prozentuale Veränderung der
hOGG1-Aktivität betrug bei Exposition mit Toluol und Raumluft +0,4% bzw. +2,3%. In der nichtparametrischen Cross-Over-Analyse konnte kein signifikanter Unterschied (Treatmenteffekt)
zwischen beiden Expositionen gefunden werden.
Diskussion
Eine erniedrigte Aktivität der hOGG1 konnte somit nach einer akuten Exposition mit 50 ppm Toluol
nicht gezeigt werden. Dieses Ergebnis lässt aber keine Extrapolation auf eine chronische Exposition
sowie eine Belastung mit Toluol-haltigen Gemischen zu. Dies muss in weiteren Studien unter
Arbeitsbedingungen untersucht werden.
Literatur
Seifert, T. (2002) Analyse der DNS-Reparaturaktivität der humanen 8-Oxoguanin-Glykosylase 1
(hOGG1) in peripheren mononukleären Zellen lösungsmittelexponierter Arbeiter und Probanden.
Inauguraldissertation. Fachbereich Medizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
10
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11
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Flexible Erfassung von Beanspruchungsparametern bei arbeitsmedizinischen
Felduntersuchungen
Vilbrandt, R., Kreuzfeld, S., Weippert, M., Stoll, R.
Institut für Arbeits- und Sozialmedizin der Medizinischen Fakultät der Universität Rostock
Einleitung
Um Arbeitnehmer an konkreten Arbeitsplätzen hinsichtlich ihrer Beanspruchungen untersuchen zu
können, werden Methoden benötigt, die die parallele Erfassung verschiedener physiologischer
Parameter erlauben, ohne den Arbeitsprozess wesentlich zu beeinflussen. Die medizintechnischen
Entwicklungen der letzten Jahre haben es möglich gemacht, in der Arbeitsmedizin häufig verwendete
Parameter kontinuierlich mit zufrieden stellender Messgenauigkeit und über längere Zeiträume
aufzuzeichnen. Für eine spätere Analyse des Datenmaterials ist die zeitlich präzise Dokumentation
von Tätigkeitsverlauf, Verhalten und Erleben notwendig bzw. wünschenswert. Das Zusammenführen
und die simultane Visualisierung aller erhobenen Parameter in einer zentralen Datenbank ermöglicht
dem Untersucher eine rasche Beurteilung der Gesamtsituation.
Methode
Beispielhaft wurde die Methodik anhand folgender Parameter und Gerätesysteme untersucht:
Monitoring des Blutdrucks:
Für das 24-Stunden-Blutdruck-Monitoring verwendeten wir den Automaten TM 2430 der Firma
BOSO. Dieser basiert auf dem oszillometrischen Messprinzip.
Registrierung der Herzschlagfrequenz:
Mit dem Gerät S810i der Firma Polar, bestehend aus Brustgurt und Pulsuhr, sind die Aufzeichnung
der Herzschlagfrequenz in verschiedenen zeitlichen Intervallen, sowie die Registrierung jedes
einzelnen Herzschlages möglich. Je nach gewähltem Speicherintervall kann ein Versuch bis zu 5
Tage dauern.
Ergospirometriesystem:
Bei dem Gerät MetaMax 3B der Firma Cortex handelt es sich um ein mobiles Ergospirometriesystem,
mit dem wesentliche Atmungsparameter unter realen Bedingungen unkompliziert erfasst werden
können.
Tätigkeitsprotokoll:
Die Erfassung der ausgeführten Tätigkeiten erfolgt durch den Arbeitnehmer selbst zeitnah über ein
dafür programmiertes Nokia 3650 Handy (C++-Programm), wobei z.B. aus vorgegebenen, für den
Arbeitsprozess typischen Tätigkeiten, die jeweils aktuelle ausgewählt wird. Dies ermöglicht später die
zeitgerechte Zuordnung zu den erhobenen physiologischen Parametern.
Datenmanagment:
Alle Messdaten werden in einer zentralen Datenbank (MySQL) abgespeichert. Ein Web-Server
(Apache) bildet die Schnittstelle zum Internet. Sowohl das Einlesen als auch die zeitbezogene
Visualisierung aller Parameter erfolgt mithilfe von PHP - Programmen. Dadurch ist der Datenzugriff
auch von entfernten Rechnern mit einem Standardbrowser möglich.
Ergebnisse
Das System wurde in der Evaluierungsphase für die Aufzeichnung und Archivierung von 15
Versuchen an 10 Personen verwendet. Dabei wurden die Herzschlagfrequenz, der Blutdruck und das
Tätigkeitsprotokoll über 24 Stunden aufgezeichnet. Die spirometrischen Daten wurden über einen
kürzeren Zeitraum von 45 bis 90 Minuten während aktiver körperlicher Belastung erhoben.
Sowohl die zentrale Speicherung der Daten als auch die Visualisierung über einen Webbrowser
haben sich während der Versuchsdurchführungen und bei der Auswertung bewährt.
12
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Flexible Erfassung von
Beanspruchungsparametern bei
arbeitsmedizinischen Felduntersuchungen
Institut für Arbeits- und Sozialmedizin
St. Georg Str. 108
D-18055 Rostock
Vilbrandt, R.; Kreuzfeld, S.; Weippert, M.; Stoll, R.
Belastung
Planung
Physiologische Parameter
Registrierung von psychomentaler und physischer
Belastung mit Hilfe eines
programmierten Handys.
Individuelle Versuchsplanung
durch das medizinische Team.
Es werden verschiedene physiologische Parameter gemessen, um Reaktionen auf bestimmte Belastungen
zu registrieren. Dabei kommen mobile Messgeräte zum Einsatz.
Persönliche Probandendaten
werden nur lokal gespeichert.
Die Messwerte werden anonymisiert über eine Internetverbindung in die Datenbank
geschrieben.
Das Herzfrequenz-Messgerät Polar S810i wird verwendet, um die Herzfrequenz (HF), RR-Intervalle und
Herzfrequenzvariabilität (HRV) aufzuzeichnen. Alternativ kann das Langzeit-EKG-Aufnahmesystem
Cardiolight Smart der Fa. Medset genutzt werden.
Transfer der Daten über
TCP/IP und GSM/GPRS
zu dem zentralen Server
und
Eintrag
in
die
Datenbank.
Nokia 3650
sicherer
Upload
Das 24-Stunden Blutdruckmessgerät boso TM-2430 registriert den systolischen und den diastolischen
Blutdruck, die Messung von Atemfrequenz, Ventilation, Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe
erfolgt mit dem mobilen Spirometrie-Gerät Cortex MetaMax 3B.
Polar S810i
BOSO TM-2430
sicherer
Upload
autorisierter Zugriff
Cortex MetaMax 3B
lokaler PC
S E R V E R
KommunikationsModule
Datenbank
Web Server
C++ Programm
MySQL
Apache
Registrierung der
Belastung und
Messung von HF,
Blutdruck und
Atemgaswerten
bei Probanden
autorisierter Zugriff
Visualisierung
Autorisierte medizinische Mitarbeiter wählen einen
Versuch und die auszuwertenden Parameter.
Zusätzlich ist es möglich, einen bestimmten
Zeitbereich zu selektieren.
Die Parameter werden mit Hilfe einer PHP-Software
visualisiert und auf einer Webseite angezeigt. Die
verschiedenen Belastungen werden im Hintergrund
durch verschiedene Farben dargestellt.
In zukünftigen Versionen werden Methoden zur
Unterstützung der Auswertung integriert.
13
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Legitimation aufwendiger Untersuchungsverfahren spezieller Berufsgruppen am
Beispiel von EEG und MRT bei Piloten
J. Metrikat, S Walter, H Knopf, F Weber
Flugmedizinisches Institut der Luftwaffe, Fürstenfeldbruck
Einleitung
Spezielle Berufsfelder bedingen besonders gesunde Arbeitnehmer. Zivile europäische
Tauglichkeitsrichtlinien für Luftfahrer schreiben die Durchführung eines Elektroenzephalogramms
(EEG) bei Erstuntersuchung eines Piloten und bei besonderer Indikation vor. Im Rahmen der
Militärfliegerei werden für die sog. Wehrfliegerverwendungsfähigkeit (WFV) EEG und
Magnetresonanztomographie (MRT) des Kopfes bei Erstbewerbern durchgeführt und weitere EEG
grundsätzlich alle 10 Jahre abgeleitet. In den USA erfolgen weder EEG- noch MRT-Screenings im
Rahmen ziviler oder militärischer Flugtauglichkeitsuntersuchungen. Auch in Europa wird die
Anwendung kontrovers diskutiert. Ein 52-jähriger Pilot mit ca. 4500 Flugstunden und gültiger WFV
stellte sich zu seiner jährlichen fliegerärztlichen Untersuchung vor. Er beklagte auf Nachfrage eine
„geringfügige körperliche Abgeschlagenheit“ und eine „Konzentrationsschwäche“. Methode
Es fand eine routinemäßige WFV-Untersuchung in den Fachgruppen Augenheilkunde, HNO, Innere
Medizin, Neurologie und Psychiatrie, Orthopädie und Zahnmedizin statt. Das grundsätzlich alle 10
Jahre durchzuführende EEG (20 Kanal, digital) wurde abgeleitet und ein MRT des Kopfes (1 Tesla)
mit Kontrastmittel angefertigt.Ergebnisse
Anamnese und klinisch neurologisch-psychiatrische Untersuchung ergaben keinen wegweisenden
Befund. Das EEG zeigte einen auffälligen Herdbefund mit einer kontinuierlichen
rechtshemisphärischen Verlangsamung in Form unregelmäßiger, unterlagernder, flacher 3-4/sec
Delta-Wellen. Die daraufhin veranlasste MRT zeigte einen ca. 5x5x5cm großen inhomogenen Tumor.
Differentialdiagnostisch war an ein Plexuskarzinom, Plexusmeningeom oder ein Hämangioperizytom
zu denken, bei extraventrikulärem Ursprung auch an ein Oligodendro-/Gliom oder Astrozytom/Glioblastom. Diskussion
In der beruflichen zivilen und militärischen Luftfahrt sind kosten- und zeitintensive
Untersuchungsverfahren flugmedizinisch gerechtfertigt, auch wenn sie nur in Einzelfällen zur
Erhöhung der Flugsicherheit beitragen. Anamnese und körperliche Untersuchung waren diagnostisch
nicht hinreichend. Die routinemäßige Ableitung eines EEG erbrachte einen auffälligen Befund der
mittels MRT verifiziert werden konnte. Der ausgedehnte Tumor hätte im Rahmen eines zerebralen
Krampfanfalls zu einem inkapazitierenden Ereignis während des Flugdienstes führen können.
Fazit
Die Kasuistik verdeutlicht die diagnostische Relevanz des EEG als Screeningverfahren, welches zur
Durchführung eines MRT veranlasste und eine flugmedizinisch relevante Pathologie offenbarte.
EEG und MRT als zeit- und kostenaufwendige Methoden sind bei speziellen Berufsgruppen als
Screeningverfahren legitimierbar und sollten routinemäßig im Rahmen der fliegerärztlichen
Untersuchung eingesetzt werden.
14
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Legitimation aufwendiger Untersuchungsverfahren
spezieller Berufsgruppen
am Beispiel von EEG und MRT bei Piloten
J. Metrikat , S. Walter, H. Knopf, F. Weber
Flugmedizinisches Institut der Luftwaffe (Leiter Oberstarzt Dr. K. Kimmich),
Abteilung Klinische Flugmedizin (Leiter Oberstarzt Dr. H. Marwinski), D-82242 Fürstenfeldbruck
1 Hintergrund
3 Ergebnisse
Spezielle Berufsfelder erfordern besonders gesunde Arbeitnehmer und
hohe gesundheitliche Sicherheitsstandards. Zivile europäische Tauglichkeitsrichtlinien für Luftfahrer schreiben die Durchführung eines Elektroenzephalogramms (EEG) bei Erstuntersuchung eines Piloten und bei besonderer Indikation vor (1). Im Rahmen der Militärfliegerei werden für die
sog. Wehrfliegerverwendungsfähigkeit (WFV) EEG und Magnetresonanztomographie (MRT) des Kopfes bei Erstbewerbern durchgeführt (5)
und weitere EEG grundsätzlich alle 10 Jahre abgeleitet (2, 4). In den
USA erfolgen weder EEG- noch MRT-Screenings im Rahmen ziviler oder
militärischer Flugtauglichkeitsuntersuchungen und auch in Europa wird
die Anwendung kontrovers diskutiert (3).
Anamnese und klinisch neurologisch-psychiatrische Untersuchung ergaben keinen wegweisenden Befund.
Das EEG zeigte einen auffälligen Herdbefund mit einer kontinuierlichen
rechtshemisphärischen Verlangsamung in Form unregelmäßiger, unterlagernder, flacher 3-4⋅s-1 Deltawellen. Die daraufhin veranlasste MRT zeigte einen ca. 5⋅5⋅5cm großen inhomogenen Tumor. (Abb. A - D )
Differentialdiagnostisch war an ein Plexuskarzinom, Meningeom oder ein
Hämangioperizytom zu denken, bei extraventrikulärem Ursprung auch an
ein Oligodendro-/Gliom oder Astrozytom/Glioblastom. Postoperativ wurde histologisch ein intraventrikuläres Plexusmeningeom gesichert.
2 Methoden
4 Diskussion
Ein 52jähriger Bundeswehrpilot mit ca. 4500 Flugstunden und gültiger
WFV stellte sich zu seiner jährlichen fliegerärztlichen Untersuchung
vor. Er beklagte auf Nachfrage eine “geringfügige körperliche Abgeschlagenheit” und eine “Konzentrationsschwäche”.
In der beruflichen zivilen und militärischen Luftfahrt sind kosten- und zeitintensive Untersuchungsverfahren arbeitsmedizinisch gerechtfertigt,
auch wenn sie nur in Einzelfällen zur Erhöhung der Flugsicherheit beitragen. Anamnese und körperliche Untersuchung waren diagnostisch nicht
hinreichend. Die routinemäßige Ableitung eines EEG erbrachte einen
auffälligen Befund, der mittels MRT verifiziert werden konnte.
Es fand eine reguläre WFV-Untersuchung in den Fachgruppen Augenheilkunde, HNO, Innere Medizin, Neurologie und Psychiatrie, Orthopädie und Zahnmedizin statt. Das routinemäßige 10-Jahres-EEG (20 Kanal, digital) wurde abgeleitet und ein MRT des Kopfes (1 Tesla) mit Kontrastmittel angefertigt.
A EEG-Ableitung, konventionell
B EEG-Feldpotentiale, Mapping
r
e
c
h
t
s
70µV
Der ausgedehnte Tumor hätte im Rahmen eines zerebralen Krampfanfalls zu einem inkapazitierenden Ereignis während des Flugdienstes
führen können.
C MRT, axial T2w ohne KM
D MRT, sagittal T1w mit KM
r
e
c
h
t
s
f
r
o
n
t
a
l
s
Rot.=.rechtshemisphärische,
grün.=.linkshemisphärische Ableitung;
70Hz, 0,3s. Herdbefund mit kontinuierlicher Verlangsamung in Form unregelmäßiger unterlagernder flacher 3-4⋅s-1
Deltawellen rechtshemisphärisch.
Rot.=.niedrigamplitudige,
blau.=.hochamplitudige Feldpotentiale
im Bereich des Deltabandes. Herdbefund (
) rechtshemisphärisch.
Ca. 5⋅5⋅5cm großer ovalärer, inhomogener, zur Umgebung gut abgrenzbarer,
supratentorieller Tumor (
) an der Grenze von Parietal- und Temporallappen rechts. Masseneffekt mit Mittellinienverlagerung nach links, ausgeprägtes
fingerförmiges perifokales Ödem, Verlegung des rechten Seitenventrikels mit
Erweiterung des rechten Seitenventrikel-Hinterhorns. Nach KM-Gabe Signalverstärkung des Tumorgewebes mit kapselartiger Randstruktur.
5 Schlussfolgerungen
Die Kasuistik verdeutlicht die diagnostische Relevanz des EEG als
Screeningverfahren, welches zur Durchführung eines MRT veranlasste und eine arbeitsmedizinisch relevante Pathologie offenbarte.
EEG und MRT als zeit- und kostenaufwendige Methoden sind bei
speziellen Berufsgruppen als Screeningverfahren legitimierbar und
sollten routinemäßig im Rahmen der fliegerärztlichen Untersuchung eingesetzt werden.
6 Literatur
1 Bundesministerium der Justiz: JAR-FCL3 deutsch. Bundesanzeiger 2003 Apr 30;
81a. http://www.lba.de/deutsch/betrieb/luftpersonal/vojarfcl/jarfcl3.pdf, 07.11.04.
2 Bundesminister der Verteidigung: Bestimmungen über die Wehrfliegerverwendungsfähigkeit. ZDv 46/6. Ausgabe Juli 1980, Änderung 8, 1999.
3 Clark JB et al. Screening EEG in aircrew selection: clinical aerospace neurology
perspective. Aviat Space Environ Med. 2001 Nov; 72 (11): 1034-6.
4 Weber F. Routine electroencephalograms of pilots later killed in crashes: a casecontrol study. Aviat Space Environ Med. 2002 Nov; 73 (11): 1114-6.
5 Weber F et al. Cranial MRI screening in healthy young men. Stroke. 2003 Aug;
34 (8): e99. Epub 2003 Jul 10.
Die Darstellung gibt die Meinung der Autoren wieder, aber nicht notwendigerweise die des Generalarztes der Luftwaffe oder des BMVg.
JensMetrikat@Bundeswehr.org
Info: http://www.teamflugmedizin.de
FAP 2004
15
http://www.forum-arbeitsphysiologie.de/
Adressen
Finkenwirth, Patrick
Institut für Toxikologie
Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
Im Ehrlich 30a
64291 Darmstadt
patrik.finkenwirth@gmx.de
Lützkendorf, Lars
Institut und Poliklinik
für Arbeits- & Sozialmedizin
Technische Universität Dresden
Fetscherstraße 74
01307 Dresden
seibt@umib.med.tu-dresden.de
Marks, Anke, Dipl.-Psych.
Institut für Arbeitsphysiologie
an der Universität Dortmund
Ardeystraße 67
44139 Dortmund
marks@ifado.de
Metrikat, Jens, Dr. med.
Flugmedizinisches Institut der Luftwaffe
Baumbachstraße 308
82256 Fürstenfeldbruck
metrikat@t-online.de
Vilbrandt, Reinhard, Dipl.-Ing.
Institut für Arbeits- & Sozialmedizin
Universität Rostock
St.-Georg-Straße 108
18055 Rostock
reinhard.vilbrandt@medizin.uni-rostock.de
Wittmann, Andreas, Dipl.-Ing.
Fachbereich D - Abt. Sicherheitstechnik,
FG Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin &
Infektionsschutz,
Bergische Universität Wuppertal
Gaußstraße 20
42119 Wuppertal
andwitt@uni-wuppertal.de
16
http://www.forum-arbeitsphysiologie.de/
Was ist "Forum Arbeitsphysiologie"?
In Großbothen/Sachsen trafen sich vom 22.-24.11.1996, gefördert von der Stiftung
Arbeitsmedizin - Lieselotte und Dr. Karl-Otto-Winkler-Stiftung, arbeitsphysiologisch tätige
Wissenschaftler und Praktiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zur Gründung
eines "Forum Arbeitsphysiologie".
Das Forum fördert arbeitsphysiologische Forschung und Entwicklung.
Die Teilnehmer verstehen Arbeitsphysiologie als eine Wissenschaftsdisziplin, die
Grundlagenwissen zu den physiologischen Gesetzmäßigkeiten des tätigen Menschen für die
Analyse, Bewertung und Gestaltung menschengerechter Arbeit liefert. Sie leistet Beiträge für
den präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutz unter ganzheitlicher Berücksichtigung
physiologischer, psychischer und sozialer Reaktionen und Prozesse, und zwar unter den
jeweiligen technischen, organisatorischen, sozialen und ökonomischen Randbedingungen
vor, während und nach derArbeit. Ziel arbeitsphysiologischer Forschung ist es, Erkenntnisse
über Reaktionen und Aktionen im Sinne einer Anpassung der Arbeit an den Menschen sowie
einer langfristigen Gesundheitsförderung umzusetzen. Sie entwickelt und validiert u.a.
speziell für die Praxis geeignete physiologische, subjektiv orientierte und
handlungsorientierte Methoden zur Erfassung der Beanspruchung und zur Prüfung der
Leistungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit des Menschen.
Das Forum bietet eine Plattform für den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Die Mitglieder des Forums erarbeiten Qualifikationskriterien, fördern den Austausch zwischen
ihren Instituten und bieten regelmäßig Weiter- und Fortbildungsmöglichkeiten an.
Das Forum fördert den wissenschaftlichen und den praxisrelevanten
Erfahrungsaustausch.
Die Mitglieder des Forums sehen einen erheblichen Entwicklungsbedarf zur Belebung des
wechselseitigen Dialogs zwischen Forschung und Praxis. Die Arbeitsphysiologie ist ein
angewandtes Fach, das auf Umsetzung angewiesen ist; deshalb sind neue Formen zur
Stützung dieses Dialogs zu finden.
Das Forum ist um die arbeitsphysiologische Fortbildung bemüht.
Die Mitglieder des Forums haben Defizite bei der arbeitsphysiologischen Fortbildung erkannt.
Im Hinblick auf die Änderungen in der Arbeitswelt und die gestellten Anforderungen ist es
deshalb wichtig, Inhalte und Methoden arbeitsphysiologischer Fortbildung neu zu definieren
und einen Anforderungskatalog zu erarbeiten.
Das "Forum Arbeitsphysiologie" ist offen für alle an arbeitsphysiologischer Forschung und
Lehre Interessierten. Die Mitglieder des Forums stehen als Ansprechpartner für
arbeitsphysiologische Probleme und Fragen zur Verfügung.
Das Forum wird von einem Leitgremium koordiniert:
Prof. Dr. med. Bernd Hartmann, Bau-BG Hamburg
PD Dr. med. Regina Stoll, Universität Rostock
PD Dr. Monika Rieger, Universität Witten / Herdecke
# Das nächste Nachwuchssymposium des Forums Arbeitsphysiologie findet von
11.11.2005 bis 13.11.2005 in Haan (Rheinland) statt:
http://www.forum-arbeitsphysiologie.de/
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