Urlaubsrecht im öffentlichen Dienst – aktuelle
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Urlaubsrecht im öffentlichen Dienst – aktuelle
Aktuelles zum Tarif- und Arbeitsrecht für das krz-Forum des kommunalen Rechenzentrums Lemgo am 23. Mai 2012 Teil II „Aktuelle Rechtsprechung zum Urlaubsrecht und weitere Themen aus dem Tarif- und Arbeitsrecht“ Referent: Christian Wäldele, Offenburg Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht TVöD-Consult, Institut für Tarif- und Arbeitsrecht www.tvoed-consult.de © Schwerdle / Wäldele – Folie 1 Urlaubsrecht im öffentlichen Dienst – aktuelle Rechtsprechung © Schwerdle / Wäldele – Folie 2 Urlaubsdauer Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Referent: Schwerdle / Wäldele – Folie 3 Seite 3 von XX Urlaubsdauer Teilurlaub bei Beginn/Beendigung des AV im Laufe eines Jahres § 26 Abs. 2 Buchst. b) TVöD/TV-L: Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, erhält der Beschäftigte für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs; § 5 BUrlG bleibt unberührt. Beispiel: Beschäftigung vom 15.1. bis 14.2. Jan Febr = Anspruch auf 1/12 von 30 Tagen = 2,5 gerundet 3 Tage. Maßgebend ist der Beschäftigungsmonat, nicht der Kalendermonat! Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Referent: Schwerdle / Wäldele – Folie 4 3 Tage Seite 4 von XX Urlaubsdauer Teilurlaub bei Beginn/Beendigung des AV im Laufe eines Jahres “§ § 5 BUrlG bleibt unberührt.“ Keine Zwölftelung des gesetzlichen Mindesturlaubs insbes. bei Ausscheiden nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte (Umkehrschluss aus § 5 Abs. 1 Buchst. c) BUrlG) Beispiel: AN > 6 Monate beschäftigt, Ausscheiden durch Aufhebungsvertrag zum 31.7.2012: Nach § 26 TVöD/TV-L: 7/12 von 30 Tagen = 17,5 gerundet 18 Tage Nach §§ 3, 5 BUrlG: 18 Tage 20 Tage! Jan Febr Mindesturlaub 20 Arbeitstage! Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Referent: Schwerdle / Wäldele – Folie 5 Seite 5 von XX Urlaub und Elternzeit Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Referent: Schwerdle / Wäldele – Folie 6 Seite 6 von XX Urlaub und Elternzeit Kürzung des Urlaubs bei Elternzeit Der Fall: Ein bereits seit mehreren Jahren beschäftigter Arbeitnehmer nimmt Elternzeit vom 16.8.2008 - 15.10.2008 = 2 „Partnermonate“. Der Arbeitgeber kürzte den Urlaub um 2/12 mit Hinweis auf eine tarifliche Regelung, wonach bei einer Arbeitsleistung an weniger als ¾ der Arbeitstage im Kalendermonat kein Anspruch auf Urlaub entstehe. Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Referent: Schwerdle / Wäldele – Folie 7 Seite 7 von XX Urlaub und Elternzeit Kürzung des Urlaubs bei Elternzeit BAG, Urteil v. 17.5.2011 – 9 AZR 197/10 Der Urlaubsanspruch entsteht nach erfüllter Wartezeit jeweils mit Beginn des Urlaubsjahrs (§ 4 BUrlG) -> Anspruch auf 12/12 des Urlaubs. Auch während der Elternzeit sind Urlaubsansprüche entstanden. Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Urlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen (§ 17 Abs. 1 S. 1 BEEG). -> Kürzung des Urlaubs um 1/12 (für September). Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Referent: Schwerdle / Wäldele – Folie 8 Seite 8 von XX Urlaub und Elternzeit Kürzung des Urlaubs bei Elternzeit BAG, Urteil v. 17.5.2011 – 9 AZR 197/10 BAG: Der Senat musste nicht darüber entscheiden, ob die gesetzliche Kürzungsbefugnis europarechtskonform ist. LAG Niedersachsen, Urteil v. 16.11.2010 – 3 Sa 1288/10 Die Kürzungsbestimmung in § 17 BEEG verstößt nicht gegen Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG. Die Grundsätze der Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH vom 20.1.2009 lassen sich nicht auf die Elternzeit übertragen. Bei Elternzeit beruht die Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung auf einer Entscheidung der/des Beschäftigten. Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Referent: Schwerdle / Wäldele – Folie 9 Seite 9 von XX Urlaub und Elternzeit Übertragung des Urlaubs bei Elternzeit – § 17 BEEG Urlaub, der vor Antritt der Elternzeit nicht genommen wurde, ist “nach der Elternzeit” im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren. BAG, 20.5.2008 – 9 AZR 219/07 § 17 Abs. 2 BEEG ist unter Beachtung europarechtlicher Vorgaben (Art. 7 der EG-Arbeitszeit-Richtlinie) so auszulegen, dass der wegen Elternzeit nicht genommene Urlaub nicht mit Ablauf des auf die Beendigung der Elternzeit folgenden Jahrs verfällt, wenn er wegen einer weiteren Elternzeit nicht in Anspruch genommen werden konnte. Der Arbeitnehmer nimmt den Urlaubsanspruch zeitlich unbefristet in eine zweite und weitere Elternzeit mit. Wird das Arbeitsverhältnis beendet, ist der Urlaub abzugelten. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 10 Seite 10 von XX Urlaub und Krankheit Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 11 Seite 11 von XX Urlaub und Krankheit Geklärte Fragen und anstehende Entscheidungen Verfall des tariflichen Mehrurlaubs? Urlaubsanspruch für frühere Urlaubsjahre? Verjährung, Begrenzung der Urlaubsübertragung auf 15 / 18 Monate? Befristung von alten Urlaubsansprüchen Urlaubsanspruch bei befristeter Erwerbsminderungsrente? Urlaubsabgeltung, Ausschlussfristen, Vererblichkeit? Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 12 Seite 12 von XX Urlaub und Krankheit Rechtsprechungsänderung durch EuGH 20.1.2009 – RS-C 350/06: Der Urlaubsanspruch entsteht auch, wenn der AN im gesamten Jahr krank war. Der Urlaub verfällt nicht am 31.3. des Folgejahrs, wenn der Urlaub wegen Erkrankung nicht realisiert werden konnte. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat auch der weiterhin erkrankte Arbeitnehmer Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 13 Seite 13 von XX Urlaub und Krankheit Rechtsprechungsänderung durch EuGH 20.1.2009 – RS-C 350/06: Die Rechtsprechung des EuGH erfasst grundsätzlich nur den gesetzlichen Urlaub. Mindesturlaub 24 Werktage (in 5-Tage-Woche 20 Arbeitstage). BAG, Urteil v. 24.3.2009 – 7 AZR 983/07 Der Schwerbehinderten-Zusatzurlaub (5 Tage nach § 125 SGB IX) ist an das rechtliche Schicksal des Mindesturlaubs gebunden und verfällt nicht! BAG, Urteil v. 23.3.2010 – 9 AZR 128/09 Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 14 Seite 14 von XX Urlaub und Krankheit Rechtsprechungsänderung durch EuGH 20.1.2009 – RS-C 350/06: Über den gesetzlichen Urlaub hinausgehender Urlaub kann weiterhin „frei“ geregelt werden. Die „Abkoppelung“ muss eindeutig erkennbar sein. BAG, Urteil v. 24.3.2009 – 7 AZR 983/07 Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 15 Seite 15 von XX Urlaub und Krankheit Vertragsgestaltung Formulierungsvorschlag für nicht tarifgebundene Arbeitgeber § … Urlaub 1. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf den gesetzlichen Urlaub nach Maßgabe des BUrlG. 2. Über den gesetzlichen Urlaub hinaus hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf – ausgehend von einer 5-Tage-Woche – weitere 10 Arbeitstage bezahlten Jahresurlaub. Dieser Anspruch verfällt abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen am 31.3. des Folgejahrs auch dann, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub wegen Krankheit nicht in Anspruch nehmen konnte. 3. Bei der Gewährung von Urlaub wird vorrangig der gesetzliche Urlaub erfüllt. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 16 Seite 16 von XX Urlaub und Krankheit Rechtsprechungsänderung durch EuGH 20.1.2009 – RS-C 350/06: Die „Abkoppelung“ muss eindeutig erkennbar sein. BAG, Urteil v. 24.3.2009 – 7 AZR 983/07 „Es besteht ein jährlicher Anspruch von 30 Arbeitstagen.“ (BAG, Urteil v. 4.5.2010: 30 Tage bleiben stehen) „Urlaub, der nicht innerhalb der genannten Fristen angetreten ist, verfällt, soweit gesetzlich nichts anderes geregelt ist.“ Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 17 Seite 17 von XX Urlaub und Krankheit Verfall des tariflichen Mehrurlaubs bei Krankheit? BAG, Urteil v. 23.3.2010 – 9 AZR 128/09 zum MTAng-BfA (entspricht §§ 47 ff BAT): Der überschießende Tarifurlaub verfällt. Die Tarifvertragsparteien haben ein weitgehend vom BUrlG gelöstes „Urlaubsregime“ geschaffen. Der Tarifvertrag regelt Anspruchsvoraussetzungen, Dauer, Übertragung des Urlaubs, ordnet über die Regelung in § 7 BUrlG hinaus ausdrücklich den Verfall des Urlaubsanspruchs an: „Urlaub, der nicht innerhalb der genannten Fristen angetreten ist, verfällt.“ unterscheidet ausdrücklich zwischen der Abgeltung des gesetzlichen und des übergesetzlichen Urlaubsanspruchs. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 18 Seite 18 von XX Urlaub und Krankheit Verfall des tariflichen Mehrurlaubs bei Krankheit? Differenziert § 26 TVöD/TV-L hinreichend transparent? Ausdrückliche Differenzierung zwischen dem Tarifurlaub und dem gesetzlichen Mindesturlaub (nur) hinsichtlich des Teilurlaubs bei Beginn / Beendigung des AV im Laufe eines Jahrs. § 26 Abs. 2 Buchst. b) TVöD/TV-L: ein Zwölftel für jeden vollen Monat des AV. „§ § 5 BUrlG bleibt unberührt.“ Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 19 Seite 19 von XX Urlaub und Krankheit Verfall des tariflichen Mehrurlaubs bei Krankheit? BAG, 12.4.2011, 9 AZR 80/10 (zu MTV Boden): Anhaltspunkte für eine ausreichende Differenzierung, wenn der TV entweder zwischen dem gesetzlichen Urlaub und dem tariflichen Mehrurlaub unterscheidet („§ 5 BUrlG bleibt unberührt“ reicht nicht aus!) oder wesentlich von § 7 Abs. 3 BUrlG abweichende Übertragungsregeln bestimmt. § 26 Abs. 2 Buchst. a) TVöD/TV-L: am 31.3. „angetreten“, bei Arbeitsunfähigkeit oder dienstlichen Gründen weitere Übertragung, am 31.5. angetreten. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 20 Seite 20 von XX Urlaub und Krankheit Verfall des tariflichen Mehrurlaubs bei Krankheit? Rechtsklarheit ist zu erwarten am 22. Mai 2012: Termin beim BAG (9 AZR 575/10) Der Fall: Der Beschäftigte war vom 23.6.2007 bis 7.10.2009 krank. Der Beschäftigte verlangt für 2007 und 2008 den tariflichen Mehrurlaub von 10 Tagen (TVöD). Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 19.8.2010 – 10 Sa 244/10) § 26 TVöD enthalte eine eigenständige Regelung über Urlaubsansprüche und deren Verfall. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 21 Seite 21 von XX Urlaub und Krankheit Urlaubsanspruch für frühere Urlaubsjahre? Kein Vertrauensschutz für Arbeitgeber BAG, Urteil v. 24.3.2009 – 7 AZR 983/07: die Arbeitgeber haben „jedenfalls“ für die Zeit ab 4.8.2006 keinen Vertrauensschutz. BAG, Urteil v. 23.3.2010 – 9 AZR 128/09: „mit Ablauf der Umsetzungsfrist für die Arbeitszeitrichtlinie 93/104/EG am 23.11.1996 war das Vertrauen von Arbeitgebern in den Fortbestand der Rechtsprechung nicht länger schutzwürdig“. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 22 Seite 22 von XX Urlaub und Krankheit Verjährung von Urlaubsansprüchen? LAG Hessen, Urteil v. 7.12.2010; LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 16.12.2010 Mangels Erfüllbarkeit verjährt der Urlaubsanspruch während der Arbeitsunfähigkeit nicht. Folge: Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 23 Seite 23 von XX Urlaub und Krankheit Verjährung von Urlaubsansprüchen? LAG Hessen, 7.12.2010, 19 Sa 939/10 Der Fall: Schwerbehinderter AN, arbeitsunfähig 23.11.1997 - 30.9.2009. Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung i. H. v. 15.000 EUR. Klage auf Urlaubsabgeltung i. H. v. 29.198,24 EUR. Das (nicht rechtskräftige) Urteil: Der Urlaubsanspruch verjährt nicht. Anspruch auf Abgeltung von 260 Tagen gesetzlichem Mindesturlaub nach BUrlG + 54 Tagen Schwerbehindertenzusatzurlaub = 314 Tagen Urlaub = 29.198,23 EUR brutto. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 24 Seite 24 von XX Urlaub und Krankheit Verjährung von Urlaubsansprüchen? LAG Düsseldorf, Urteil v. 18.8.2010 – 12 Sa 650/10 Urlaubsansprüche verjähren in 3 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt stets zum Schluss des Urlaubsjahrs. Für Beginn und Lauf der Verjährungsfrist ist unerheblich, ob der Arbeitnehmer arbeitsfähig oder langandauernd arbeitsunfähig ist. Der Fall: Der Arbeitnehmer war vom 22.8.2005 bis Anfang 2007 ununterbrochen krank. Termin beim BAG (9 AZR 540/10) am 20. April 2012. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 25 Seite 25 von XX Urlaub und Krankheit Ansammeln von Urlaubsansprüchen bei mehrjähriger Erkrankung? LAG Hamm, Beschluss v. 15.4.2010 – 16 Sa 1176/09: Vorlage an EuGH wg. Übereinkommen Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Frage: Kommt es auch bei langjährig arbeitsunfähigen Arbeitnehmern zu einer Ansammlung von Urlaubsansprüchen oder ist der Urlaubsanspruch zeitlich befristet auf eine „angemessene Frist“ von z. B. 18 Monaten nach Ende des Urlaubsjahrs? Zweck: durch bezahlten Jahresurlaub die Gesundheit und die Sicherheit des Arbeitnehmers schützen = Jahre später? Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 26 Seite 26 von XX Urlaub und Krankheit Kehrtwende beim EuGH EuGH, Urteil v. 22.11.2011, Rs. C 214/10 (Schulte): Begrenzung auf 15 Monate ab Ende des Urlaubsjahrs ist zulässig 15-monatige Verfallsregelung im MTV Metall- und Elektroindustrie NRW ausdrücklich geregelt Erholungszweck (Vervielfachung des Urlaubs erhöht nicht die Erholungswirkung) Ansonsten: Gefahr des Kündigungsanreizes. LAG Hamm, Urteil v. 22.3.2012, 6 Sa 1176/09: AN arbeitsunfähig seit Januar 2002, Beendigung des AV zum 31.8.2008. AG ist verpflichtet, „für 15 Monate den Urlaub abzugelten“. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 27 Seite 27 von XX Urlaub und Krankheit Kehrtwende beim EuGH Folgen des EuGH-Urteils v. 22.11.2011, Rs. C 214/10 (Schulte) (Begrenzung auf 15 Monate ab Ende des Urlaubsjahrs ist zulässig) Muss abgewartet werden, bis das BUrlG bzw. der TVöD/TV-L eine entsprechende Verfallsregelung enthält? Oder wird das BAG die 15-Monatsgrenze übernehmen? LAG Baden-Württemberg (Urteil v. 21.12.2011 - 10 Sa 19/11): die 15-Monatsgrenze gilt! § 7 Abs. 3 BUrlG ist im Lichte der neuesten EuGH-Rechtsprechung so anzuwenden, dass der Urlaub bei Langzeiterkrankten nicht am 31.3. des nächsten Jahres, sondern am 31.3. des übernächsten Jahres - also nach 15 Monaten – verfällt. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 28 Seite 28 von XX Urlaub und Krankheit Kehrtwende beim EuGH Folgen des EuGH-Urteils v. 22.11.2011, Rs. C 214/10 (Schulte) (Begrenzung auf 15 Monate ab Ende des Urlaubsjahrs ist zulässig) LAG Hamm (Urteil v. 22.3.2012 – 16 Sa 1176/09): die 15-Monatsgrenze gilt – allerdings nur im Bereich des MTV Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen, weil dort die Frist ausdrücklich geregelt ist. LAG Hamm (Urteil v. 12.1.2012 – 16 Sa 1352/11): der MTV Einzelhandel enthält keine eigenständige Regelung für den Verfall des übergesetzlichen Urlaubs. Eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung des BUrlG gebietet die Anwendung eines 18-monatigen Übertragungszeitraums (ILO-Übereinkommen). Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 29 Seite 29 von XX Urlaub und Krankheit Befristung von alten Urlaubsansprüchen Der Fall: Der Beschäftigte war vom 11.1.2008 bis 6.6.2011 arbeitsunfähig erkrankt. Im Verlauf des Jahrs 2011 gewährte der Arbeitgeber 30 Tage Urlaub. Fragen: 1. Wie viel Urlaub steht 2011 zu? 2. Wann muss der aus den Vorjahren wegen Krankheit übertragene „Alturlaub“ genommen werden? Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 30 Seite 30 von XX Urlaub und Krankheit Befristung von alten Urlaubsansprüchen Der Beschäftigte war vom 11.1.2008 bis 6.6.2011 arbeitsunfähig krank. Anspruch auf Urlaubstage: 2011: 2010: 2009: 2008: 30 Tage 20 Tage (mindestens gesetzlicher Urlaub, verfällt frühestens am 31.3.2012) 0 Tage (vorausgesetzt, das BAG wendet die 15- bzw. 18-Monats-Frist an) 0 Tage 50 Tage. Im Verlauf des Jahrs 2011 gewährte der Arbeitgeber 30 Tage Urlaub. 20 Tage Resturlaub? Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 31 Seite 31 von XX Urlaub und Krankheit Befristung von alten Urlaubsansprüchen BAG, 9.8.11, 9 AZR 425/10: Wegen Arbeitsunfähigkeit übertragene Urlaubsansprüche sind im laufenden Urlaubsjahr zu nehmen, wenn der Arbeitnehmer rechtzeitig arbeitsfähig wird. Sie verfallen in gleicher Weise wie der am 1.1. des Urlaubsjahrs neu entstandene Urlaub. § 7 Abs. 3 BUrlG: Urlaubsjahr = Kalenderjahr. Im vorstehenden Beispiel ist der nicht genommene Urlaub am 31.12.2011 untergegangen. Bei dringenden betrieblichen Gründen oder erneuter Arbeitsunfähigkeit: weitere Übertragung. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 32 Seite 32 von XX Urlaub und Krankheit Urlaubsanspruch bei befristeter Erwerbsminderungsrente? Ausgangslage: § 33 TVöD/TV-L: Bei Erwerbsminderungsrente auf Zeit ruht das Arbeitsverhältnis. § 26 Abs. 2 Buchst. c) TVöD/TV-L: Ruht das Arbeitsverhältnis, so vermindert sich die Dauer des Urlaubs für jeden vollen Kalendermonat um ein Zwölftel. Frage: Erfasst die Verminderung auch den gesetzlichen Mindesturlaub? Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 33 Seite 33 von XX Urlaub und Krankheit Urlaubsanspruch bei befristeter Erwerbsminderungsrente? einmal „Hü“ LAG Köln, Urteil v. 10.3.2011 – 3 Sa 1057/10; LAG Düsseldorf, Urteil v. 5.5.2010 – 7 Sa 1571/09 Ruht das Arbeitsverhältnis wegen befristeter Erwerbsminderungsrente, entstehe kein Anspruch auf Urlaub es fehlt das für Arbeitsverträge typische „Austauschverhältnis“. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 34 Seite 34 von XX Urlaub und Krankheit Urlaubsanspruch bei befristeter Erwerbsminderungsrente? und einmal „Hott“ LAG Hamm, Urteil v. 22.3.2012, 6 Sa 1176/09 LAG Düsseldorf, Urteil v. 8.2.2011 – 6 Sa 1574/10; LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 29.4.2010 – 11 Sa 64/09 Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub, auch in einem wegen befristeter Erwerbsminderungsrente ruhenden Arbeitsverhältnis entstehen Urlaubsansprüche. Der Anspruch verfällt jedoch spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahrs (LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.12.2011 – 10 Sa 19/11). Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 35 Seite 35 von XX Urlaub und Krankheit Urlaubsansprüche bei ruhendem Arbeitsverhältnis Gesetzliche Kürzungsregelung bei ruhenden Arbeitsverhältnissen: Bei Elternzeit (§ 17 BEEG) sowie bei Wehr-/Ersatz-/Zivildienst (§ 2 ArbPlSchG) kann der Arbeitgeber den Urlaub anteilig kürzen. Für sonstige Ruhenstatbestände (z. B. PflegeZG, Sonderurlaub, Erwerbsminderungsrente) fehlen gesetzliche Regelungen. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 36 Seite 36 von XX Urlaub und Krankheit Urlaubsansprüche bei ruhendem Arbeitsverhältnis BAG, Urteil v. 17.5.2011 – 9 AZR 197/10 (zu Urlaub bei Elternzeit) Es muss nicht entschieden werden, ob bei einem vereinbarten Ruhen der Hauptleistungspflichten (z. B. bei Bezug einer befristeten Erwerbsminderungsrente) Urlaubsansprüche entstehen können. Jedenfalls folgt für die Elternzeit aus der Kürzungsnorm in § 17 BEEG, dass auch während des Ruhens der Hauptleistungspflichten in der Elternzeit Urlaubsansprüche entstehen. Denn nur ein entstandener Urlaubsanspruch kann gekürzt werden. Bei Ruhen wegen befristeter Erwerbsminderungsrente? Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 37 Seite 37 von XX Urlaub bei Wechsel in Teilzeitarbeit Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 38 Seite 38 von XX Urlaub bei Wechsel in Teilzeitarbeit Urlaubsanspruch bei Wechsel in Teilzeit Bisherige Handhabung: Bei Wechsel von Vollzeit in Teilzeit wird noch vorhandener Resturlaub bei Verteilung der Arbeitszeit auf weniger als 5 Tage entsprechend umgerechnet und mit dem anteilig verringerten Entgelt bezahlt § 21 TVöD/TV-L: - Tabellenentgelt und monatliche Zulagen wie sie ohne Urlaub zustünden, - nicht ständige Entgeltbestandteile nach dem Durchschnitt der letzten 3 Kalendermonate bzw. der Kalendermonate nach Wechsel der Arbeitszeit. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 39 Seite 39 von XX Urlaub bei Wechsel in Teilzeitarbeit Urlaubsanspruch bei Wechsel in Teilzeit – EuGH, Urteil v. 22.4.2010 – C – 486/08 („Tirol“) Tenor der Entscheidung: Nach § 4 Nr. 2 der EU-Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit darf das Ausmaß des in der Zeit der Vollzeitbeschäftigung erworbenen und noch nicht verbrauchten Urlaubsanspruchs bei Wechsel zu einer Teilzeitbeschäftigung nicht in der Weise „angepasst“ werden, dass der Urlaubsanspruch „reduziert“ wird oder der Arbeitnehmer diesen Urlaub nur mehr mit einem „geringeren Urlaubsentgelt“ verbrauchen kann. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 40 Seite 40 von XX Urlaub bei Wechsel in Teilzeitarbeit Urlaubsanspruch bei Wechsel in Teilzeit – EuGH, Urteil v. 22.4.2010 – C – 486/08 („Tirol“) Beispiel: Ein bisher in Vollzeit beschäftigter Arbeitnehmer wechselt am 1.7. in eine Teilzeitbeschäftigung mit 50 % in der 3-Tage-Woche. Der AN konnte wegen Erkrankung den auf die Zeit der Vollzeitbeschäftigung entfallenden anteiligen Urlaub von 15 Tagen nicht vor dem 1.7. nehmen. Wie bisher: 30 : 5 x 3 = 18 Tage Urlaub (= 6 Wochen) Aber: Die ersten 3 Wochen mit Vollzeitentgelt. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 41 Seite 41 von XX Urlaub bei Wechsel in Teilzeitarbeit Urlaubsanspruch bei Wechsel in Teilzeit – EuGH, Urteil v. 22.4.2010 – C – 486/08 – Die neue Rechtsprechung greift nur unter der Voraussetzung: dass der „Resturlaub“ vor AZ-Änderung nicht genommen werden konnte. TIPP: Wenn möglich, anteiligen Vollzeiturlaub vor AZÄnderung gewähren Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 42 Seite 42 von XX Urlaub bei Wechsel in Teilzeitarbeit Urlaubsanspruch bei Wechsel von Teilzeit in Vollzeit Gilt hier das EuGH-Urteil v. 22.4.2010 – C – 486/08 („Tirol“) entsprechend? Steht bei Verlängerung der Arbeitszeit für den in der Teilzeitphase erworbenen, jedoch erst in der Vollzeitphase realisierten Urlaub nur Teilzeitgehalt zu? EuGH-Urteil stützt sein Urteil auf das Benachteiligungsverbot für Teilzeitbeschäftigte in der RL 97/81. Diese steht einer Begünstigung von Teilzeit nicht entgegen! Zudem: Tariflicher Anspruch auf Urlaubsentgelt nach § 21 TVöD/TV-L, grds. Entgeltausfallprinzip. Den Grundsatz des Entgeltausfallprinzips hat der EuGH nur für den Wechsel von Vollzeit in Teilzeit durchbrochen. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 43 Seite 43 von XX Urlaubsgewährung durch Freistellung von der Arbeit Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 44 Seite 44 von XX Urlaubsgewährung Urlaubsgewährung durch Freistellung Können künftige Urlaubsansprüche durch eine vor Beginn des Urlaubsjahrs erfolgte Freistellungserklärung wirksam erfüllt werden? Der Fall: Der Arbeitgeber stellte den Beschäftigten im Zusammenhang mit einer (nicht wirksamen) Kündigung am 13.11.2006 zum 31.3.2007 „ab sofort unter Anrechnung Ihrer Urlaubstage von Ihrer Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge“ frei. Anspruch auf (Rest-)Urlaub für 2007? Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 45 Seite 45 von XX Urlaubsgewährung Urlaubsgewährung durch Freistellung BAG, Urteil v. 17.5.2011 – 9 AZR 189/10: Anspruch besteht jedenfalls auf den Resturlaub für April bis Dezember 2007. Der Freistellungserklärung des AG lasse sich nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, ob der AG den vollen Urlaubsanspruch für 2007 oder lediglich den auf 1.1. - 31.3.2007 entfallenden Teilurlaubsanspruch erfüllen wollte. Zweifel gehen zu Lasten des AG. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 46 Seite 46 von XX Urlaubsabgeltung Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 47 Seite 47 von XX Urlaubsabgeltung Abgeltung des Urlaubs § 7 Abs. 4 BUrlG: „Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.“ Keine Abgeltung im laufenden Arbeitsverhältnis! Anspruch auf Urlaubsabgeltung auch bei Ausscheiden infolge Langzeitkrankheit! Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 48 Seite 48 von XX Urlaubsabgeltung Urlaubsabgeltungsansprüche und Ausschlussfristen BAG, 9.8.11, 9 AZR 352/10: Die 6-monatige Ausschlussfrist des § 37 TVöD/TV-L gilt für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Abgeltung ist kein Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern reine Geldforderung, die den Ausschlussfristen unterliegt. Abgeltungsanspruch entsteht auch bei Arbeitsunfähigkeit mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und ist sofort fällig. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 49 Seite 49 von XX Urlaubsabgeltung Anspruch der Erben auf Urlaubsabgeltung bei Tod des Beschäftigten? Der Fall: Ein langjährig arbeitsunfähiger Arbeitnehmer stirbt; die Erben begehren Urlaubsabgeltung. Die Entscheidung: Tod beendet das Arbeitsverhältnis. Urlaubsanspruch erlischt und geht nicht als Abgeltungsanspruch auf die Erben über. BAG, 20.9.11 – 9 AZR 416/10 Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 50 Seite 50 von XX Urlaubsabgeltung Vererblichkeit von Abgeltungsansprüchen Fallvariante: Das Arbeitsverhältnis endet durch Abschluss eines Auflösungsvertrags zum 31.3.2012. Der Beschäftigte verstirbt am 1.4.2012 morgens um 5.30 Uhr. Die Erben begehren Urlaubsabgeltung. Die Lösung: Der Abgeltungsanspruch ist mit Ablauf des 31.3.2012, 24 Uhr entstanden. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung geht als Zahlungsanspruch auf die Erben über. Referent: Kurztitel | TT.MM.JJJJ © Schwerdle / Wäldele – Folie 51 Tarifrecht und AGG © Schwerdle / Wäldele – Folie 52 Seite 51 von XX AGG – Lebensaltersstufen im BAT, Überleitung in TVöD/TV-L Vorlagebeschluss des BAG an den EuGH - Ausgangsfrage Enthält der BAT eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters, die im TVöD/TV-L „nachwirkt“? im BAT: TVöD/TV-L: Grundvergütung nach Lebensaltersstufen Entgeltstufen nach Berufserfahrung und Leistung. Ein „Nachwirken“ der BAT-Vergütung kann sich ergeben, weil bei der Überleitung die im BAT erreichte Altersstufe berücksichtigt wurde. © Schwerdle / Wäldele – Folie 53 AGG – Lebensaltersstufen im BAT, Überleitung in TVöD/TV-L EuGH, 8.9.2011, C-297/10 und C-298/10 Vergütung nach Lebensaltersstufen im BAT verstößt gegen das europäische Verbot der Diskriminierung wegen des Alters. Folge: Land Hessen und Berlin (Geltung des BAT bis 31.12.2009 bzw. 31.3.2010) BAG, 10.11.2011, 6 AZR 481/09 u.a. - bei fehlender Tarifbindung Beschäftigte haben Anspruch auf Grundvergütung der höchsten Lebensaltersstufe. Nur so könne die Diskriminierung beseitigt werden. © Schwerdle / Wäldele – Folie 54 AGG – Lebensaltersstufen im BAT, Überleitung in TVöD/TV-L EuGH, 8.9.2011, C-297/10 und C-298/10 Durch Überleitung in das auf objektive Kriterien gestützte Entgeltsystem des TVöD/TV-L wurde die Diskriminierung beseitigt. Um die Überleitung ohne Einkommensverluste zu gewährleisten, dürfen für einen befristeten Übergangszeitraum einige der diskriminierenden Auswirkungen bestehen bleiben. BAG, Urt. v. 8.12.2011 zum TVöD-Bund Keine Korrektur der Überleitung! © Schwerdle / Wäldele – Folie 55 Nichtberücksichtigung der Elternzeit beim Aufstieg in den Entgeltstufen - AGG (§§ 17 Abs. 3 TVöD / TV-L) Unterbrechung Unschädliche Unterbrechung – Uhr läuft weiter – – Uhr wird angehalten – – Uhr wird zurückgedreht – • Unterbrechung bis 3 Jahre • über 3 Jahre • Schutzfristen MuSchG • AU bis 39 Wo • Urlaub • Sonderurlaub bei Anerkennung eines dienstlichen Interesses • Vorübergebende Übertragung höherwertiger Tätigkeit • Unterbrechung unter 1 Monat © Schwerdle / Wäldele – Folie 56 • Elternzeit • TVöD: Elternzeit über 5 Jahre - TVöD: bis 5 Jahre - TV-L: ohne Obergrenze Neue Zuordnung der Stufe • Eine Stufe zurück • Mindestens wie bei Neueinstellung AGG – Nichtberücksichtigung der Elternzeit beim Aufstieg in den Entgeltstufen BAG, Urteil v. 27.1.2011 – 6 AZR 526/09 Die Nichtberücksichtigung von Elternzeit bei der Stufenlaufzeit im Entgeltsystem des TVöD / TV-L stellt weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts dar. Während der Elternzeit wird keine Berufserfahrung gewonnen. Der Stufenaufstieg im Entgeltsystem des TVöD/TV-L soll aber gerade die durch größere Erfahrung eintretende Verbesserung der Arbeitsleistung honorieren. © Schwerdle / Wäldele – Folie 57 AGG – Auskunftsanspruch eines abgelehnten Stellenbewerbers? Eine 45-jährige, in Russland geborene Bewerberin auf die Stelle eines/einer Softwareentwicklers/in wurde abgelehnt, ohne Mitteilung, ob ein anderer Bewerber eingestellt wurde. BAG, Beschluss v. 20.5.2010, 8 AZR 287/08: „Das AGG sieht keinen Auskunftsanspruch vor“. Aber Vorlage an den EuGH: Auskunftsanspruch nach europäischem Recht, ob ein anderer Bewerber eingestellt wurde und wenn ja, aufgrund welcher Kriterien? Wird eine Diskriminierung vermutet, nur weil der Arbeitgeber diese Auskunft verweigert? © Schwerdle / Wäldele – Folie 58 AGG – Auskunftsanspruch eines abgelehnten Stellenbewerbers? Urteil des EuGH vom 19.04.2012, C-415/10: Erfolglose Bewerber, die eine Diskriminierung vermuten, können vom Arbeitgeber keine Auskünfte darüber verlangen, ob und aufgrund welcher Kriterien dieser einen anderen Bewerber eingestellt hat. Die Auskunftsverweigerung kann eine Diskriminierung vermuten lassen, wenn weitere Umstände hinzutreten, − etwa die offensichtliche Eignung des Bewerbers für die Stelle und − eine (wiederholt) unterbliebene Einladung zum Vorstellungsgespräch. © Schwerdle / Wäldele – Folie 59 Rechtsprechung zu Entgeltfragen usw. © Schwerdle / Wäldele – Folie 60 Leistungsentgelt TVöD – Aktuelle Rechtsprechung Ist eine Dienst-/Betriebsvereinbarung noch nicht vorhanden wird das Leistungsentgelt pauschaliert ausgezahlt: 6 % des September-Tabellenentgelts. Das Leistungsentgelt erhöht sich im Folgejahr um den Restbetrag des Gesamtvolumens (Protokollerklärung Ziffer 1 Satz 3-5 zu § 18 TVöD). Im Folgejahr wird nur ein Teil des Leistungstopfes in Höhe von „6 v. H. des für September zustehenden Tabellenentgelts“ pauschaliert ausgezahlt. LAG Düsseldorf, 13.1.2011 – 13 Sa 1424/10. a. A. ArbG Bremen-Bremerhaven, Urteil v. 23.9.2010 – 5 Ca 5142/09 = 6 % plus Restbetrag aus Vorjahr. © Schwerdle / Wäldele – Folie 61 Leistungsentgelt TVöD – Aktuelle Rechtsprechung Ist eine Dienst-/Betriebsvereinbarung zum Leistungsentgelt noch nicht vorhanden wird das Leistungsentgelt pauschaliert ausgezahlt (Protokollerklärung Ziffer 1 Satz 3-5 zu § 18 TVöD): 2007 = 12 %, seit 2008 = 6 % des „für den Monat September jeweils zustehenden Tabellenentgelts“. Anspruch auf pauschaliertes Leistungsentgelt besteht auch, wenn der Beschäftigte im September kein Tabellenentgelt erhalten hat (BAG, Urteil v. 23.9.2010 - 6 AZR 338/09). © Schwerdle / Wäldele – Folie 62 Leistungsentgelt TVöD – Aktuelle Rechtsprechung Der Fall Begründung AN war vom 26.6.2007 - 10.10.2007 arbeitsunfähig krank, im September nur Anspruch auf Krankengeldzuschuss. Das für September „zustehende“ Entgelt ist nur Berechnungsgrundlage, 2007 wird das 2006 erwirtschaftete Volumen ausbezahlt. WICHTIG: keine „Zwölftelung“ des pauschalierten Leistungsentgelts! (BAG, Urteil v. 23.9.2010 - 6 AZR 338/09) © Schwerdle / Wäldele – Folie 63 Zulage für vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeit BAG, 27.7.2011, 10 AZR 484/10 Die Zulage (§ 14 TVöD/TV-L) wird bei Tariferhöhung neu berechnet. Der Fall: AN in EG 9 TV-L, individuelle Endstufe; ab 1.9.2007 vorübergehende Übertragung Tätigkeit EG 10. Zum 1.1.2008 Tariferhöhung. EG \ Stufe TV-L 2007 4 5 Individuelle Endstufe 10 3.000 € 3.380 € 9 2.730 € 2.980 € 3.000,11 € EG \ Stufe TV-L 2008 4 5 Individuelle Endstufe 10 3.090 € 3.480 € 9 2.810 € 3.070 € © Schwerdle / Wäldele – Folie 64 3.090,00 € Zulage: 379,89 € Zulage: 50,00 € Garantiebetrag Besitzstand TVÜ - aktuelle Rechtsprechung BAG, 14.4.2011, 6 AZR 726/09 Strukturausgleich (§ § 12 TVÜ): maßgebend sind die Verhältnisse bei Inkrafttreten des TVÜ, spätere Veränderungen wirken sich nur aus, soweit im TVÜ ausdrücklich angeordnet Höhergruppierungen und Veränderungen der individuellen wöchentlichen Arbeitszeit wirken sich aus Keine Veränderung des Strukturausgleichs bei Herabgruppierung! © Schwerdle / Wäldele – Folie 65 Weitere aktuelle Rechtsprechung © Schwerdle / Wäldele – Folie 66 Befristungsrecht – Sachgrundlose Befristung – Vorbeschäftigungsverbot – § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG (1) Rechtsprechungsänderung sachgrundlose Befristung nur möglich, wenn ... bisher: jetzt: ... der Arbeitnehmer niemals zuvor bei diesem Arbeitgeber beschäftigt war ... das Ende des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses mehr als 3 Jahre zurückliegt © Schwerdle / Wäldele – Folie 67 Befristungsrecht – Sachgrundlose Befristung – Vorbeschäftigungsverbot (2) BAG, Urteil vom 6. 4. 2011 – 7 AZR 716/09 Bei sachgrundloser Befristung liegt eine „Zuvor-Beschäftigung“ nicht vor, wenn ein früheres Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt. verfassungskonforme, am Sinn und Zweck des Gesetzes orientierte Auslegung: Arbeitgeber sollen auf schwankende Auftragslagen reagieren können, Arbeitnehmern soll eine Brücke zur Dauerbeschäftigung geschaffen werden. Gefahr von unzulässigen „Befristungsketten“ besteht nicht bei lange zurückliegender Beschäftigung (Orientierung an der gesetzlichen Verjährungsfrist). © Schwerdle / Wäldele – Folie 68 Befristungsrecht – Sachgrundlose Befristung – Vorbeschäftigungsverbot (2) • P gilt nur für die „sachgrundlose“ Befristung Befristung mit Sachgrund auch bei Vorbeschäftigung möglich • P gilt nur für „denselben“ Arbeitgeber Zeitarbeitsunternehmen, anderes Konzernunternehmen sind nicht derselbe Arbeitgeber • Zeitlicher Abstand 3 Jahre – jedes Arbeitsverhältnis mit diesem Arbeitgeber in diesem Zeitraum ist „schädlich“ Arbeitsverhältnis bis 31.12.2008 3 Jahre kein Arbeitsverhältnis sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis ab 1.1.2012 © Schwerdle / Wäldele – Folie 69 Befristung ohne Sachgrund § 14 Abs. 2 TzBfG Kein Zitiergebot Bei Schweigen zum Befristungsgrund kann Befristung auf § 14 Abs. 2 TzBfG gestützt werden Dies gilt sogar, wenn im Arbeitsvertrag ein Befristungsgrund genannt wird. Auch die umgekehrte Fallkonstellation ist möglich (BAG 12.8.2009 – 7 AZR 270/08) © Schwerdle / Wäldele – Folie 70 Befristete Verträge mit sachlich gerechtfertigtem Grund (§ 14 Abs. 1 TzBfG – Schriftform erforderlich nach § 14 Abs. 4 TzBfG!) 1. nachweisbar „vorübergehender“ betrieblicher Bedarf (auch bei Aushilfsbeschäftigungen unter sechs Monaten!) 2. im Anschluss an Ausbildung oder Studium zur Erleichterung des Übergangs in eine Anschlussbeschäftigung 3. Vertretung eines anderen Mitarbeiters (insbes. bei Krankheit, Mutterschutz, Elternzeit, Pflegezeit) 4. Eigenart der Arbeitsleistung (Projektbefristung) 5. zur Erprobung des Mitarbeiters 6. aus in der Person des AN liegenden Gründen, auf Wunsch des Mitarbeiters 7. im öffentlichen Dienst: Vergütung aus Haushaltsmitteln, die für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind 8. gerichtlicher Vergleich 9. Sonderregelungen – im Hochschulbereich – in der Facharztausbildung nicht: a) im Interesse Dritter b) Wegschieben des Arbeitgeberrisikos © Schwerdle / Wäldele – Folie 71 Befristete Verträge Befristungsgrund: Vertretung für die Dauer der Mutterschutzfrist, Elternzeit, Pflegezeit zuzüglich Einarbeitung. Bei Zweckbefristung muss der Grund schriftlich vereinbart werden. Besonderes Kündigungsrecht, wenn Mutterschutz, Elternzeit, Pflegezeit aufgrund Rechtsanspruchs vorzeitig endet. © Schwerdle / Wäldele – Folie 72 Befristung zur Vertretung – aktuelle Rechtsprechung Bisher: Dem Sachgrund „Befristung zur Vertretung“ stand auch eine größere Anzahl der mit einem Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Verträgen nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag (Rechtsprechung zum „letzten Glied“ in einer Kette von befristeten Verträgen). BAG, Beschluss v. 17.11.2010 – 7 AZR 443/09: Vorlage an den EuGH: Kann an dieser Rechtsprechung zur wiederholten Befristung von Arbeitsverhältnissen in Fällen eines ständigen Vertretungsbedarfs festgehalten werden? © Schwerdle / Wäldele – Folie 73 Befristung zur Vertretung – aktuelle Rechtsprechung Der Fall: Mit einer Justizangestellten des Amtsgerichts Köln wurden 13 befristete Arbeitsverträge zur Vertretung von sich in Elternzeit oder Sonderurlaub befindlichen Mitarbeitern geschlossen in einem Zeitraum von Juli 1996 bis Dezember 2007 = 11 ½ Jahren. EuGH: ist zulässig! © Schwerdle / Wäldele – Folie 74