Grundsteuer Zeit für eine Reform

Transcription

Grundsteuer Zeit für eine Reform
04 / 2013
Umsatzsteuer
Grundsteuer
Werkverträge
Steuer-Wirrwarr
Politiker wie EU-Kommissar
Šemeta entdecken ihre Liebe für
indirekte Steuern. Den Unter­
nehmen droht neuer Ärger.
Vier Modelle stehen für den
Umbau der kommunalen Steuer
in der engeren Wahl. In Ballungs­
gebieten kann es teuer werden.
Bei Dauereinsätzen von externen
Fachkräften besteht das Risiko
einer verdeckten Arbeitnehmer­
überlassung.
Statt gegen „aggressive Steuer­gestaltung“ zu wettern, sollten
Politiker für eine europäische
Harmonisierung kämpfen.
Zurich Airport
EY Zürich
Hauptbahnhof
Dolder Grand
Paradeplatz
Großmünster
Opernhaus
EY in Zürich
• Auf Seite 54 finden Sie einen Rundgang mit Dr. Philip Robinson
EY
Die kleine Weltstadt
Mitarbeiter in Zürich
1.220
Tax
360
Assurance
469
Advisory
288
Transaction
103
An der Elite-Uni ETH studierte einst Albert Einstein.
Die Stadt hat weltweit die meisten öffentlichen Brunnen (1.300). Dies verdankt sie der Vorschrift, dass jeder Steinmetz als Gesellenstück eine klassische Statue anfertigen musste.
73 der 256 Bankinstitute der Schweiz haben hier ihren Hauptsitz.
Die zwei Großbanken UBS und CS verfügen über schätzungsweise 350.000 Schließfächer.
Jährlich wechseln sich Zürich und Wien an der Spitze der lebenswertesten Städte der
Welt ab. 2013 war Zürich Spitze.
In Zürich arbeiten beinahe ebenso viele Personen, wie in der Stadt wohnen. 25.000
davon sind Deutsche.
2
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
ein Mythos der rein technischen Routine umweht die Umsatzsteuer.
Indirekte Steuern sind insbesondere für grenzüberschreitend tätige
Unternehmen nicht einfach zu handhaben. Hohe Anforderungen
sind an das Prozessmanagement zu stellen.
Denn die Umsatzsteuer hat längst das lebhafte Interesse der Politik geweckt.
Sie gilt vielerorts als noch nicht erschöpfte Einnahmequelle für den Staat –
mit der Folge, dass kräftig an der Mehrwertsteuerschraube gedreht wird, so
z. B. kürzlich in Italien. Tariferhöhungen und immer wieder neue Prozessanfor­
de­rungen mit hohen Sanktions- und Reputationsrisiken lassen die Umsatz­
steuer aus Sicht der Unternehmen in den Fokus rücken. In unserem aktuellen
Top-Thema möchten wir Ihnen die neuen Entwicklungen in diesem Bereich
näherbringen (ab Seite 12).
Mit dieser Ausgabe möchte ich mich Ihnen als neue Herausgeberin des Tax &
Law Magazines vorstellen.
Im Herbst habe ich von York Zöllkau die Leitung der Steuerabteilung Deutschland, Österreich und der Schweiz übernommen. York Zöllkau ist seit Mitte
des Jahres EMEIA Deputy Leader zu Stephan Kuhn. Er wird das operative
Geschäft für diesen Bereich kraftvoll verstärken. Ich darf mich an dieser Stelle
in besonderer Weise bei ihm für seine bisherige Tätigkeit bedanken. Er hat die
Steuerpraxis von EY erfolgreich weiterentwickelt.
Als neuer Managing Partner Tax für Deutschland, Österreich und der Schweiz,
möchte auch ich an gut Bewährtes anknüpfen und Ihnen mit unserem Tax &
Law Magazine steuerliche und juristische Entwicklungen aus Ihrem Unternehmenskontext in übergreifenden Linien aufzeigen.
Zunächst aber wünsche ich Ihnen privat ein gesegnetes Weihnachtsfest.
Starten Sie kraftvoll und ideenreich ins neue Jahr 2014!
© European Union 2013
Ihre Ute Benzel
Managing Partner Tax / Germany Switzerland Austria
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
3
12
Der EU entgehen nahezu 200 Milliarden Euro
Mehrwertsteuer durch Betrügereien, schätzt
EU-Kommissar Algirdas Šemeta. Die aktuellen
Entwicklungen erschweren die Hand­habung
der Umsatzsteuer im Unternehmen.
42
Werkverträge sind
weit verbreitet und
bieten Flexibilität.
Doch Vorsicht: Bei
Dauereinsätzen kann
es sich am Ende um
eine verdeckte
Arbeitnehmerüberlassung handeln.
20
Die Grundsteuer wird immer noch
auf Basis der Einheitswerte erhoben.
Nun sind zwei Verfassungsklagen
anhängig. Grund genug, mögliche
Alternativen unter die Lupe zu
nehmen.
50
Europa ist steuerpolitisch zersplittert. Das
führt zu enormen Herausforderungen für
EU-weit tätige Unternehmen. Es ist Zeit für eine
Harmonisierung in diesem Zentralbereich,
fordert der Wiener Professor Michael Lang.
4
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
2
EY in Zürich
3
Editorial Ute Benzel
4
Inhaltsverzeichnis
6
Global Tax
8
Betriebsprüfer / Wahlen in Europa
9
Interview mit dem Familienunternehmer Lutz Göbel
10
Tannenbäume / Steuer Check-up 2014 / Zahlungsbilanzsaldo
11
EY-Beratungsangebot Tax
12
Umsatzsteuern sind für Unternehmen eine Herausforderung.
Fehler sind leicht gemacht und kommen teuer. Nun wächst der
Druck von Politik und Finanzverwaltung
20
Grundsteuer Zeit für eine Reform
23
Stille Lasten Gesetzliche Kodifizierung
24
Reisekostenrecht Was sich 2014 ändert
26
Gelangensbestätigung Entschärfter Nachweis
27
Rückwirkung Wann endet der Vertrauensschutz?
28
Compliance Mehr Effizienz und Sicherheit
29
Compliance Mehr Feiern absetzen
30
Controversy Holdingprivileg im Visier
31
Controversy Due Diligence-Kosten richtig verbuchen
32
Familienunternehmen Steuerneutrale Umstrukturierungen
34
Tipps für Sie Auslandsdepots / Arbeitszimmer / Dienstwagen
36
Ticker
41
Gipfelgespräch Familienunternehmen 2014
42
Werkverträge Vorsicht bei Dauereinsätzen
44
Ratingagenturen EU will Macht beschneiden
45
Sicherungsvertrag Raus aus der Haftung
46
Aufsichtsräte Zusätzliche Beratungsverträge
47
Flugreisen Entschädigung bei Verspätung
48
Ticker
50
Steuerharmonisierung Ein Plädoyer
54
Mein Zürich Rundgang mit Dr. Philip Robinson
55
Publikationen / Veranstaltungen / Impressum
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
5
Spot
Weltkarte des
steuerlichen Ärgernisses
In Deutschland gilt das Steuerrecht als das
größte Standorthindernis. Das ergibt sich aus
einer Befragung von über 13.000 führenden
Wirtschaftsvertretern aus 148 Ländern. Aus
einer Liste von 16 Standortfaktoren wählten sie aus, welche davon in den einzelnen
Ländern mehr oder weniger problematisch für
Unternehmen sind¹. Die Ergebnisse hat das
World Economic Forum jetzt in seinem Executive Opinion Survey publiziert. Will die neue
Bundesregierung also die Wettbewerbsfähigkeit
Deutschlands verbessern, dann hätte sie im
Steuerrecht den größten Hebel. In Großbritannien, um ein anderes Beispiel zu nennen,
stellen steuerliche Vorschriften und Regelungen hingegen nicht das drängendste Problem
dar, hier gilt der Zugang zu Finanzierungen als
besonders hinderlich für die Wirtschaft.
Auf welchem Rang der problematischsten
Standortfaktoren steuerliche Vorschriften und
Regelungen stehen, zeigt Ihnen die Weltkarte.
6
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
Problem relativ
gering
¹ 16 Faktoren stehen beim Executive Opinion Survey zur
Auswahl:
Bestechung, Devisenbestimmungen, ineffiziente Verwaltung/
Bürokratie, Inflation, Instabilität der Regierung/Staatsstreiche,
Kriminalität und Diebstahl, politische Instabilität, restriktive
arbeitsrechtliche Bestimmungen, schlechte Arbeitsmoral der
nationalen Arbeitskräfte, schlechtes Gesundheitswesen, steuerliche Vorschriften, Steuersätze, unzureichend ausgebildete
Arbeitskräfte, unzureichende Infrastruktur, unzureichende
Innovationfähig­keit, Zugang zu Finanzierung. Aus diesen
müssen die Teilnehmer der Befragung jeweils fünf Faktoren
auswählen und in eine Rangfolge bringen.
Steuerliche Vorschriften
groß
Wie gravierend die Standorthindernisse
in den einzelnen Ländern sind (Auswahl):
AUT, BRA, DEU, DNK, FRA,
GRE, ISR, POL, ROM, RUS, SUI,
SWE, USA
ARG, CAN, FIN,
IND, JPN, MEX, NLD
Auf der Liste von 16
Standorthindernissen
steht das Problem
im jeweiligen Land
ganz oben
BUL, CHN, EGY,
EST, LUX, SAU, THA
eher oben
eher unten
CYP, HKG, IDN, VAE
ganz unten
Global Tax
Spot
AUT, DEU, FRA,
GRB, USA
AUS, DNK, FIN,
NED, SUI
groß
groß
groß
Problem relativ
BRA, GRE, ITA
gering
ECU, SLV
CHN, CZE, MEX,
RUS
Schlechtes Gesundheitswesen
AUT, CRO,
DEU, USA
Problem relativ
AUS, CHN, GRB
gering
EGY, LAO
Problem relativ
SGP, SLE, VIE
BRA, COL, IDN,
IND, IRL, LBN
Bestechung
BOL, BUL,
MRT, VEN
BRA, DEU, FRA,
NZL, RUS, SWE
gering
EGY, HKN
gering
Problem relativ
SUI
AUS, CAN, CRO,
GRB, GRE, IND,
JPN, USA
Infrastrukturen
groß
DEU, DNK, ITA,
JPN, RUS, TUR
Bürokratie
gering
Steuersätze
Problem relativ
groß
Zusätzliche ausgewählte Einzelfaktoren:
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
LES, PAR, QAT
CRO, GRE, GRB,
USA, AUT
AUS, BRA, CDN,
CHN, DEU, FRA,
IND
7
Spot
Prüfer treiben wieder mehr Geld ein
Das steuerliche Mehrergebnis aus Betriebsprüfungen hat sich in
Deutschland 2012 um 17 Prozent auf 19 Milliarden Euro erhöht
und annähernd den Höchststand von 2009 wieder erreicht.
Bemerkenswert ist, dass die – im Rahmen der Gesamteinnahmen
aus allen Steuerarten untergeordnete – Körperschaftsteuer in
der Betriebsprüfung den Löwenanteil ausmacht.
Mehrergebnis aller Steuern (in Milliarden Euro)
16,6 17,8
2007
20,9 16,8
2008
2009
16,3 19,0
2010
2011
2012
Mehrergebnis je Prüfer (in Millionen Euro)
Mehrergebnisse nach Steuerarten
(in Milliarden Euro)
1,3
1,6
1,3
1,2
1,4
2007
2008
2009
2010
2011
2012
6,1
5,3
5,2
4,8
4,6
4,3
4,2
4,1
3,6
3,1
1,2
3,6 3,6
3,5
3,3
4,1
3,5
3,5
3,3
3,2
3
3
2,7
2,4
2
2,5
2
1,6 1,5 1,6 1,7
1,4
1,2
0,9
Umsatzsteuer
2007
Einkommensteuer
2008
2009
2010
Körperschaftsteuer
2011
Wann Europa wählt
Mit Deutschland hat die letzte große Volkswirtschaft den
Wahlmarathon 2012/2013 in Europa beendet. Aber nach
der Wahl ist vor der Wahl.
Für Ende Mai 2014 stehen dann die Wahlen zum Europäischen Parlament in allen 28 Mitgliedstaaten an. Nach den
neuen Regeln des Lissaboner Vertrags hat dieses Wahlergebnis nicht nur für die Besetzung des Europäischen
Parlaments, sondern auch für die Wahl des nächsten
Prä­sidenten der Europäischen Kommision Bedeutung.
Gewerbesteuer
Zinsen n. § 233a AO
1,1
Sonstiges
Quelle: Monatsbericht des BMF August 2013
2012
2013
Italien
Malta
Kroatien
Österreich
Tschechien
Ungarn
Luxemburg
Belgien
Niederlande Schweden
Polen
Portugal
Slowenien
Estland
Finnland
Großbritannien
Rumänien
Irland
Slowakei
Bulgarien
Frankreich
Italien
Deutschland
2014
Europa
2015
Spanien
Litauen
Dänemark
Zypern
Lettland
Griechenland
Malta
Kroatien
Deutschland
2016
2017
8
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
1,3
0,9
Spot
Noch kein großer Wurf
Lutz Goebel, Präsident des Verbandes Die Familienunternehmer, befürchtet neue Lasten
durch die Große Koalition.
Welche positiven Impulse für die Wirtschaft können Sie in
den Koalitionsvereinbarungen erkennen?
Sie haben auch in der Rentenpolitik von einer Rolle rückwärts gesprochen. Warum?
Goebel: Zunächst einmal ist es wichtig, dass die Unternehmen bei gerade einmal 0,3 Prozent erwartetem
Wirtschaftswachstum in diesem Jahr und einer Million
Langzeitarbeitslosen nicht durch Steuererhöhungen
belastet werden. Damit waren SPD und Grüne in den
Wahlkampf gezogen und haben vom Wähler keine Unterstützung bekommen. Wenn jetzt Steuererhöhungen
in den Vertrag geraten wären, hätte das die Politik nicht
vermitteln können.
Goebel: Die großen Reform­­erfolge der letzten Jahre
werden durch die Beschlüsse zur Mütterrente und der
Besserstellung aller Arbeitnehmer mit 45 Beitragsjahren
wieder zum größten Teil zunichte gemacht. Mit diesen
zusätzlichen Leistungsversprechungen, die schon jetzt
rund 20 Mrd. Euro jährlich kosten, bürden wir den Jüngeren gerade in den kritischen Jahren ab 2030 erheblich
größere Lasten auf. Das ist ein echter Rückschlag für den
Generationenvertrag.
Das scheint nicht sehr viel. Sind Sie enttäuscht?
Große Koalitionen müssen
sich große Aufgaben vornehmen. Welche müsste
sich diese Koalition unbedingt vornehmen?
Befürchten Sie eine Überbelastung der Unternehmen und
droht in der Folge ein Verlust von Arbeitsplätzen?
Goebel: Das Arbeitsrecht ist in Deutschland ohnehin
schon zu stark reguliert. Wenn jetzt die Zeitarbeit als
flexibles Instrument beschränkt wird und dazu noch ein
flächendeckender politischer Mindestlohn eingeführt
wird, wird jeder zusätzliche Arbeitslose dieser Politik
anzulasten sein. Das Thema ist übrigens für die meisten
Familienunternehmen selbst kein Problem. Wir zahlen fast
alle Tarif und darüber. Aber in kleineren Dienstleistungsbetrieben und in der Gastronomie sind Hundertausende
von Arbeitsplätzen extrem gefährdet, weil die dortigen
Betriebe ihre Preise auch kaum erhöhen können.
Steuerliche Entlastungen oder größere Reforminitiativen sind nicht vorgesehen. Reicht der Status Quo den
Familien­unternehmern?
Steuerentlastungen hatten wir sowieso keine erwartet,
eher weniger Bürokratie. Da können wir nur leider auch
keine Initiativen erkennen. Zum Beispiel ist die bürokratische Gewerbesteuer für unsere Betriebe eine enorme
Belastung, weil durch die Hinzurechnungsregelung auch
Kosten wie Mieten und Leasinggebühren besteuert
werden.
Goebel: Bei der Energiewende kann mit den
getroffenen Vereinbarungen noch kein großer
Wurf gelingen, mit dem
unser Industriestandort
Deutschland gesichert und
Die Koalitionspartner und Parteichefs Sigmar Gabriel,
die Verbraucher entlastet
Angela Merkel und Horst Seehofer unterzeichneten den
werden. Wir können es
vorläufigen Koalitionsvertrag.
uns nicht leisten, ganze
Branchen aus dem Land
zu vertreiben. Schon heute werden wegen der steigenden Energiekosten Investitionsentscheidungen gegen
Deutschland getroffen. Sie sehen: Jetzt kommt es auf die
genauere Ausgestaltung der Gesetze an. Mein Fazit, wenn
ich mir das Koalitionspapier durchlese: Die Hoffnung
stirbt zuletzt!
© CDU, Laurence Chaperon
Goebel: Ja, in der Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik
schlägt die Große Koalition eine Rolle rückwärts, macht
die Reformerfolge der vergangenen Jahre zu großen
Teilen wieder zunichte. Die geplanten Regulierungen auf
dem Arbeitsmarkt werden Langzeitarbeitslose und die
50.000 Schulabbrecher jährlich ausgrenzen, wenn die
Bundesregierung für sie im Gesetzgebungsprozess keine
besonderen Ausnahmeregelungen bei Mindestlohn und
auch bei der Zeitarbeit treffen. Nötig ist auch eine regionale Differenzierung.
Lutz Goebel ist seit Mai 2011 Präsident des Verbandes Die Familienunternehmer. Der Verband vertritt
die politischen Interessen für mehr
als 180.000 Familienunternehmer.
Goebel ist geschäftsführender Gesellschafter der Henkelhausen GmbH &
Co. KG mit 290 Mitarbeitern und 77
Millionen Euro Umsatz. Geschäftsbereiche sind insbesondere Spezialmotoren, u. a. für Baumaschinen, Notstromaggregate und Gas-Blockheizkraftwerke.
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
9
Spot
Oh Tannenbaum!
29 Millionen Weihnachtsbäume wurden im
vorigen Jahr verkauft, 72 Prozent beim
Gewerbetreibenden, 28 Prozent beim Forstamt
oder Landwirt. Aus Plastik waren knapp drei
Millionen. Der Fiskus verdiente daran schätzungsweise 92 Millionen Euro Mehrwertsteuer.
Allerdings ist die Wahl des korrekten Steuersatzes alles andere als einfach:
Korrekter Weise wäre noch zu prüfen, ob das Sägen beim
Baumeinschlag nicht eine Neben-, sondern eine Hauptleistung
darstellt. Dann wären 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig.
Steuersatz 7%
(§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG + lfd. Nr. 9
der Anlage 2 zum UStG; vgl. auch
BMF-Schreiben v. 5.8.2004 Rz. 46.)
nein, wirksame
Optionserklärung
gem. § 24 Abs. 4 UStG
… aus dem Wald
Steuersatz 5,5%
(§ 24 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Abschn.
24.2 Abs. 4 S. 1 u. 2 UStAE.)
Verkauf durch
Gewerbetreibende
natürlich
Verkauf durch
Landwirt/Forstwirt
pauschalierender
Landwirt?
ja, Weihnachtsbaum ist …
… aus einer
Sonderkultur
künstlich
Steuersatz 10,7%
(§ 24 Abs. 1 Nr. 3 UStG,
Abschn. 24.2 Abs. 4 S. 3 UStAE.)
Steuersatz 19%
Steuer Check-up 2014
Positiver Zahlungsbilanzsaldo für Deutschland
Zum Jahreswechsel müssen Unternehmen
zahlreiche neue Regelungen beachten. EY bietet Ihnen einen kompakten Ratgeber über die
steuerlichen Neuerungen für das Jahr 2014
und die Veranlagung 2013. Sie können unseren
Steuer Check-up kostenlos als Druckversion
oder als PDF per E-Mail anfordern unter
taxmagazine@de.ey.com.
Bei Zins- und Lizenzzahlungen hat Deutschland eine positive Zahlungsbilanz. Nach internationalem Recht liegt das Besteuerungsrecht dafür in Deutschland. Vorschläge, die Aufteilung
der Besteuerungshoheiten zwischen Ländern so zu ändern, dass Zins- und Lizenzzahlungen
im Quellen- und nicht im Empfängerstaat besteuert werden, wären danach für Deutschland
nachteilig. Das sollte bei der aktuellen BEPS-Debatte um eine gerechte Verteilung des Steuersubstrats bedacht werden.
24,0
22,3
17,5
17,7
10,7
Z
insen für Kredite
(Zahlungsbilanzsaldo
mit dem Ausland)
P
atente und Lizenzen
(Zahlungsbilanzsaldo
mit dem Ausland)
10
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
0,2
1,2
1,2
1,3
2,1
2009
2010
2011
2012
2013 (1.HJ)
Quelle: Deutsche Bundesbank,
Angaben in Mrd. Euro
Law berät unter Leitung von Dr. Cornelius Grossmann in allen Bereichen
des weltweiten Wirtschaftsrechts mit
Branchenschwerpunkten auf: Automobil,
Bank- & Finanzwesen, Energie &
Versorgung, Gesundheit, Immobilien,
Konsumgüter, Life Science, Öffentlicher
Sektor, Private Equity und Technologie.
LAW
• Zusätzlich haben wir uns auf den
Bereich Mittelstand und Familienunternehmen spezialisiert. Dieses
Beratungsangebot haben wir seit
Mitte des Jahres unter der Führung
von Prof. Dr. Michael Schaden
zusammengeführt.
Im Zentrum von Transaction Tax steht
die steuerliche Beratung bei Unternehmenskäufen und –verkäufen sowie
Umstrukturierungen im nationalen und
internationalen Kontext. Dazu gehört
die Umsetzung der Steuerstruktur und
Betreuung nachfolgender Betriebsprüfungen, die Beratung des Managements beim Investment
in Beteiligungsstrukturen und die steuerliche Beratung
bei Add-on Investitionen und Veräußerungen/Carve-outs
von Unternehmensteilen. Claudia Dedio leitet diese Sub
Service Line.
TT Transaction Tax
Als Deutschlands führender Human
Capital Anbieter für multinationale
Unternehmen identifizieren wir für
unsere Kunden deren offene Punkte der
HC-Agenda und entwerfen die passenden
Lösungen dafür. Heute spielt Mobilität
eine wichtigere Rolle für multinationale
Unternehmen als in der Vergangenheit: Die richtigen
Mitarbeiter, der richtige Ort, die richtige Zeit und die
richtigen Kosten sind die Erfolgsfaktoren für die optimale
HC-Agenda. Human Capital, geleitet von Ulrike Hasbargen, bietet: Tax-Compliance und Steuerplanung, Immigrations- und sozialversicherungsrechtliche Beratung,
Beratung beim internationalen Entsendemanagement.
HC Human Capital
Den Unternehmen werden immer mehr externe und
interne Aufgaben und Pflichten abverlangt. Bei Nichtbeachtung drohen Sanktionen, die die Finanzlage eines
Unternehmens maßgeblich beeinflussen. Wir analysieren
mit unserem Beratungsangebot Global Compliance and
Reporting Prozesse und Risiken im In- und Ausland.
Seit dem 1. November 2013 leitet
Hubert Kratzer den Bereich Global
Compliance and Reporting. Gleichzeitig
ist er für die Steuerabteilung in München
und Nürnberg verantwortlich. Er verfügt
über 24 Jahre Berufserfahrung. Neben
seiner Beratungstätigkeit im GCR berät er nationale und
internationale Unternehmen bei Fragen steuerlicher
Konzernstrukturierungen und Umstrukturierungen. Das
steuerliche Risikomanagement und die Verbesserung
steuerlicher Prozesse gehören zu seinen Kompetenzen
in der Compliance.
Indirekte Steuern sind mehr als Steuer­
erklärung und Dokumentation. Die optimale Gestaltung von Lieferungen und
Leistungen sowie die Automatisierung
von Reporting-Prozessen, die Vorsteueroptimierung bei gemischten Umsätzen,
die Begleitung von UmsatzsteuerSonderprüfungen, Umsatzsteuer-Reviews im In- und
Ausland sind wesentliche Angebote von Indirect Taxes
& Customs, unter der Leitung von Peter Schilling. Für
international tätige Unternehmen spielen Zollabgaben,
zollrechtliche Verfahren und Sicherheitskontrollen eine
wichtige Rolle.
Für Business Tax Service (BTS) ist Ralf
Eberhardt seit dem 1. Oktober 2013
verantwortlich. Daneben leitet er die
Steuerabteilung der Central Region
in Eschborn/FFM. Eberhardt verfügt
über 19 Jahre Berufserfahrung in der
Steuerberatung, vor allem in den Bereichen Tax Due
Diligence, Umstrukturierungen und Strategien sowie
Steuerfragen mit dem Branchenschwerpunkt Real Estate
und Automobil.
Business Tax Services umfasst u. a.:
• Beratung bei der Anpassung und Flexibilisierung
bestehender Rechts- und Geschäftsstrukturen
• Beratung und Vertretung in Betriebsprüfungen und bei
steuerrechtlichen Streitfragen
• Verbesserung des Cashflows
• Optimierung von Lösungsansätzen im gesamten
steuerlichen Lebenszyklus
• Professionelle Unterstützung in allen steuerlichen
Belangen für vermögende Privatkunden
GCR Global Compliance and Reporting
Für Unternehmen ist die Verrechnungspreisgestaltung und Dokumentation ein
wesentliches Instrument zur konzerninternen Einkunftsabgrenzung und damit
auch der Steuerplanung. Konzerninterne
Leistungsbeziehungen müssen unter Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes
genau analysiert und strukturiert werden, damit langfristige operative und steuerliche Prozesse erfolgreich
gemanagt werden können. Transfer Pricing, geleitet von
Oliver Wehnert, unterstützt bei der Ausgestaltung und
Dokumentation von konzerninternen Verrechnungspreissystemen sowie im Rahmen von Umstrukturierungen von
Wertschöpfungsketten. Schwerpunkt ist die Beratung
bei der Verteidigung von Verrechnungspreissystemen in
steuerlichen Betriebsprüfungen sowie die Beratung bei
der Verhinderung bzw. Beseitigung von Doppelbesteuerungen im Rahmen von Advance Pricing Agreements
bzw. Verständigungsverfahren
TP Transfer Pricing
Auf einen einzigartigen, länderübergreifenden Service sind unsere Mitarbeiter
der International Tax spezialisiert.
ITS wird geleitet von Prof. Dr. Stefan
Köhler. Basis ist unser leistungsfähiges,
globales Netzwerk mit hochqualifizierten
Beraterteams rund um die Welt. Wir
entwickeln für weltweit agierende Unternehmen globale
Steuerstrategien, die den heutigen Anforderungen
an steuerliches Risikomanagement entsprechen und
für nachhaltiges Wachstum sorgen. Im Fokus steht
die Absicherung und Optimierung von internationalen
Konzernstrukturen (Rechtsform, Standort, Holding-,
Lizenz- und Finanzierungsgesellschaften etc.) sowie die
grenzüberschreitende Steuerplanung.
ITS International Tax Services
Ute Benzel ist neuer Managing Partner der Service Line Tax in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Sie übernimmt diese Funktion von York Zöllkau. Sie verfügt über 23 Jahre Berufserfahrung in den
Bereichen Tax Accounting, IFRS und US GAAP, Webbasierte Steuerreportings, Tax Risk Management, Tax
Performance Advisory Services, Finance Transformation. Sie ist in den Branchen Automobil, Banken &
Versicherungen, Software, Energie und Elektronik tätig.
IT Indirect Taxes & Customs
Die Service Line Tax ist für die Region Deutschland, Österreich, Schweiz in acht Sub Service Lines aufgeteilt.
Service Line Tax
BTS Business Tax Services
Mit dem Wechsel unseres Geschäftsjahrs
12/13 zu 13/14 haben sich neue Verantwortungsbereiche und Zuständigkeiten ergeben.
Wir nehmen dies zum Anlass, Ihnen unsere
aktuelle Struktur aufzuzeigen.
Das Beratungsangebot Tax von EY
Spot
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
11
Die neue
Liebe der
Finanzpolitiker
Wer im Unternehmen für Umsatzsteuern zuständig ist,
durchlebt spannende, aber auch ernüchternde Zeiten.
Dabei gewinnen die indirekten Steuern an Bedeutung.
W
enn Nina Harlamovs, Director of Global Indirect
Tax beim Walt Disney-Konzern, auf ihr Themengebiet angesprochen wird, fallen ihr zwei Dinge
ein. „Ich finde indirekte Steuern sehr interessant und herausfordernd. Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür,
weshalb ich seit meinem Berufseinstieg im Jahr 1993 immer noch in diesem Bereich arbeite“, sagt die in London
tätige Britin. Sie sei aber auch „zunehmend frustriert“
gesteht Harlamovs, wenn sie an indirekte Steuern denke.
Verantwortlich dafür seien schlecht formulierte Gesetzestexte oder eine unklare Rechtsumsetzung. „Wir bei Disney
wollen die Gesetze richtig anwenden und investieren viel
Zeit und Ressourcen, um gesetzeskonform zu handeln.“
Aber in vielen Ländern fehle es schlichtweg an klaren
Regeln. Die Konsequenz sei ein Mangel an unternehmerischer Sicherheit und Vorhersehbarkeit.
Dem können sich viele Kollegen nur anschließen. Mark
Skeldon zum Beispiel, der beim Autokonzern Ford
Direktor für indirekte Steuern in Europa ist. Was ihm
beim Thema indirekte Steuern in den Sinn komme? „Es
ist eine Mischung aus Risiken, Möglichkeiten, Frustration,
12
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
Kosten und Komplexität“, antwortet Skeldon. Man wolle
gesetzeskonform handeln, aber man könne auch die
wirtschaftlichen Realitäten nicht außer Acht lassen. Ein
klassischer Fall ist für den Ford-Manager die deutsche
Gelangensbestätigung. Obwohl noch nicht sicher gewesen
sei, ob und wann genau sie komme, habe man bei Ford
eine Projektgruppe gebildet und bereits eine beträchtliche
Summe für Systemänderungen und Implementierung
investiert. „Aber andererseits sind es wohl genau diese
Herausforderungen, welche unsere Arbeit so interessant
machen“, meint Skeldon.
Die Arbeit dürfte für die Experten bei Ford, Disney und
Co. demnächst noch interessanter werden. Denn die Zeiten sind vorbei, in denen Umsatzsteuer, Zölle und andere
indirekte Steuern eher stiefmütterlich behandelt wurden
und sich manche Unternehmen mit ihren eigenen Kapazitäten hauptsächlich auf die Ertragsteuern konzentrierten.
Mittlerweile stellt sich die Situation völlig anders dar. Es
gibt kaum eine Betriebsprüfung, in der die Umsatzsteuer
nicht neben den Verrechnungspreisen einen Schwerpunkt
© European Union 2013
Der EU-Kommissar
Mission und Maßnahmen
Algirdas Gediminas Šemeta ist in Brüssel Kommissar für Steuern und Zollunion, Audit und
Betrugsbekämpfung. Damit besetzt der Litauer
(Jahrgang 1962) ein Ressort, das wegen der
mangelnden Steuerharmonisierung bisher
eher ein Schattendasein fristete. Seit sich die
Europäer, allen voran Deutsche und Franzosen,
um ihr Steueraufkommen sorgen und gegen
Fiskalbetrüger vorgehen wollen, rückt Šemeta
im Brüsseler Bedeutungsranking nach oben.
Der Politiker und Ökonom gilt als zurückhaltend
und kompetent.
Ein Ziel ist, dass alle Mitgliedstaaten bei allen
Steuerarten möglichst effizient auf IT-Tools
zurückgreifen. Zudem beschloss die Kommission, ein EU-Mehrwertsteuer-Forum einzurichten. Auf dieser Dialogplattform können sich die
Vertreter von Unternehmen und der Steuerbehörden über praktische, grenzübergreifende
Aspekte der MwSt-Verwaltung austauschen.
Das bestehende Webportal „Tax on Europe“ soll
ausgebaut werden, um den Zugang zu verlässlichen Steuerinformationen in grenzübergreifenden Situationen zu verbessern; als Vorbild gilt
das Europäische Justizportal. Schließlich will
Šemeta den Umsatzsteuer-Wirrwarr anpacken. „Steuerzahler, die grenzüberschreitend
operieren, haben mit einem Durcheinander an
Informationsanforderungen, Abläufen und Fristen zu kämpfen – bloß, um die Mehrwertsteuer
zu erklären, die sie schuldig sind“, kritisiert
der Kommissar und schlägt einheitlichere
Mehrwertsteuerformulare vor. Während Unternehmen auf irischen Formularen zum Beispiel
gerade einmal sechs Felder ausfüllen müssten,
seien es in Ungarn 99 und in Italien sogar
586. In Deutschland fordern die Behörden von
Firmen Angaben zu 45 Punkten. Auf den neuen
Formularen soll es fünf einheitliche Pflichtfelder
geben, die EU-Staaten könnten die Liste auf
bis zu 26 Boxen verlängern. Auch die Abgabefristen will die EU-Kommission vereinheitlichen.
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
13
TOP
© Horacio Villalobos, Corbis
zu verschärfen. Diese sind angesichts klammer Kassen
schon längst dabei. Deutschland zum Beispiel dehnte das
Reverse-Charge-System ab September 2013 auf Stromgeschäfte aus (siehe Kasten Seite 15). Außerdem führte
es die umstrittene Gelangensbestätigung ein, um so den
Mehrwertsteuerbetrug im grenzüberschreitenden Warenverkehr zu erschweren. Erst nach heftigen Protesten der
Unternehmen und Verbände lenkte die Finanzverwaltung
ein und besserte beim neuen Nachweis für die Umsatzsteuerbefreiung nach (siehe Seite 26).
bildet. Auch die Politik hat ihre Liebe zu der Umsatzsteuer
und anderen Verbrauchsteuern entdeckt. Dabei geht es
nicht nur um höhere Steuersätze, sondern auch darum,
das Netz engmaschiger zu stricken und damit ihre Steueransprüche besser durchzusetzen.
EU-Steuerkommissar Algirdas Šemeta zum Beispiel
kritisiert, die Mehrwertsteuersysteme seien zu betrugsanfällig. Seine Behörde kommt in einer aktuellen Studie
zu der Einschätzung, dass den EU-Staaten im Jahr 2011
insgesamt 193 Milliarden Euro Mehrwertsteuer entgangen seien. Allein Deutschlands Verlust habe sich auf rund
27 Milliarden Euro belaufen, in Italien seien es sogar über
36 Milliarden Euro gewesen. Verantwortlich dafür seien
Schwarzarbeit, Karussellgeschäfte, Firmeninsolvenzen
oder legale Steuervermeidungen.
EU-Kommissar Šemeta fordert deshalb die Mitgliedstaaten auf, den Kampf gegen Mehrwertsteuerbetrug
Von den Unternehmen wird derweil erwartet, die politischen Entwicklungen in ihrer Rechnungslegung und Buchhaltung innerhalb kürzester Fristen umzusetzen und die
Steuern monatlich korrekt zu erklären und abzuführen.
Das erhöht die Anforderungen an die Steuerabteilungen
beträchtlich. Inzwischen gibt es kaum noch ein größeres
Unternehmen, das nicht einen oder mehrere Umsatzsteuer- und Zollspezialisten beschäftigt. Wenn ein Land mal
wieder die Umsatzsteuer erhöht, löst dies in den Unternehmen eine ganze Kettenreaktion an Maßnahmen aus. Und
zwar auch dort, wo man dies nicht direkt vermuten würde.
„Sie würden vielleicht denken“, sagt Skeldon, „dass Ford
bei seinem klassischen B2B-Geschäft keine Probleme mit
einer Erhöhung der Mehrwertsteuersätze haben sollte.“
Aber jeder Aufschlag führe zu einer massiven Ausweitung
der durchfließenden Umsatzsteuer, gibt der Steuerexperte zu bedenken. Zusätzlich zu den Cashflow-Auswirkun-
Anteil der direkten und indirekten Steuern an den Gesamtsteuereinnahmen
Direkte Steuern
Indirekte Steuern
Quelle: OECD, Angaben in Prozent
OECD
Deutschland
45
38
36
40
34
32
35
30
28
30
26
24
25
22
20
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Ausweitung des Reverse Charge-Verfahrens (§ 13b Abs. 2
Nr. 5, Abs. 5 UStG-E) mit dem AmtshilfeRLUmsG
Nach der bisherigen, bis zum 31. August 2013 geltenden Regelung, geht die
Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger für Lieferungen von Gas über
das Erdgasnetz, von Elektrizität sowie von Wärme und Kälte über ein Wärmeoder Kältenetz an einen anderen Unternehmer unter den Bedingungen des § 3g
UStG über, wenn der liefernde Unternehmer im Ausland ansässig ist.
gen bedeuteten für den Autokonzern höhere Steuersätze
auch höhere Risiken, die es zu bewältigen gelte. Skeldon:
„Wenn es etwas gibt, dass wir vermeiden möchten, dann
ist es ein Disput mit dem Betriebsprüfer über unsere
umsatzsteuerliche Handhabung.“
Nina Harlamovs ergänzt: „Für unser B2B-Geschäft bedeutet eine Erhöhung der Steuersätze hauptsächlich administrative Kosten, wobei es um die korrekte Implementierung
der neuen Sätze geht.“ Größere Auswirkungen habe eine
Satzerhöhung hingegen auf das Privatkundengeschäft.
„Wir können nicht – und wollen es auch nicht – unsere
Preise einzig wegen der Erhöhung der Mehrwertsteuersätze ändern. Das bedeutet, dass höhere Steuersätze
in erster Linie Auswirkungen auf unsere Marge haben“,
erklärt Harlamovs.
Der Walt Disney-Konzern leidet darüber hinaus wie alle
anderen international aufgestellten Unternehmen an der
immensen Zersplitterung der Umsatzsteuer, und zwar
nicht nur nach Ländern, sondern auch nach Produkten
und Geschäftsbereichen. Harlamovs: „Wir haben 13
verschiedene Geschäftsfelder und sind in fast jedem
EU-Staat für die Umsatzsteuer registriert. Und für jedes
Geschäftsfeld müssen wir unterschiedliche Steuersätze
und rechtliche Regelungen beachten.“
Eines der jüngsten Beispiele ist Italien, wo die Regierung
kurzfristig eine Erhöhung der Mehrwertsteuer von 21
Durch die Neuregelung wird die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers
erweitert. Ab dem 1. September 2013 gilt das Reverse Charge-Verfahren auch
für entsprechende Lieferungen von Erdgas und Elektrizität über ein Netz durch
einen im Inland ansässigen Unternehmer an einen anderen Unternehmer. Für die
Lieferung von Elektrizität zwischen inländischen Unternehmern gilt die umgekehrte Steuerschuldnerschaft jedoch nur dann, wenn sowohl Leistender als auch
Leistungsempfänger Unternehmer sind, die Wiederverkäufer i.S.d. § 3g UStG
sind. Für die Lieferungen von Erdgas zwischen inländischen Unternehmern ist
lediglich Voraussetzung, dass der Empfänger ein Unternehmer ist, der selbst Lieferungen von Erdgas erbringt. Die Finanzverwaltung legt das Merkmal des „selbst
Lieferungen von Erdgas erbringend“ so aus, dass es sich um einen Wiederverkäufer i.S.d. § 3g UStG handeln muss.
auf 22 Prozent ankündigte und innerhalb weniger Tage
zum 1. Oktober 2013 durchsetzte. Dadurch möchte
der italienische Staat noch für 2013 zusätzliche 1,6
Milliarden Euro einnehmen, im kommenden Jahr sollen es
4,2 Milliarden Euro sein. Was für den Fiskus hochwillkommene Zusatzeinnahmen sind, heißt für die Unternehmen,
quasi von einem Tag auf den anderen einen Prozentpunkt
mehr Steuern an den Staat abzuführen. Dafür müssen
die neuen Steuersätze in der Buchhaltung hinterlegt,
Kassensysteme neu programmiert und Preise neu
bestimmt werden. Erfahrungsgemäß gilt eine Frist von
sechs Monaten bis zu einem Jahr zwischen der Ankündigung einer Steuersatzänderung und deren Einführung
als ideal. Überdies dürfte es den wenigsten Unternehmen
USA
Italien
60
45
50
40
40
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30
20
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20
0
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dabei möglich sein, die Steuererhöhung an die Kunden
weiterzureichen. Branchen, in denen längerfristige Verträge üblich sind (Immobilien, Abonnemente), haben hier
erst recht Mühe. Das italienische Beispiel ist nur eines von
vielen. In den vergangenen drei Jahren haben u. a. auch
Spanien, Griechenland, Portugal, Frankreich, Belgien
oder Großbritannien ihre Umsatzsteuersätze angepasst.
Die Komplexität der indirekten Steuern wird noch durch
viele weitere Entwicklungen erhöht. Hierzu zählen die
zahlreichen von der Steuer befreiten Leistungen, welche
aufwendige Vorsteuerkorrekturen erfordern, aber auch
das zunehmend formalistische Vorgehen der Finanzverwaltungen, sowie eine kaum noch zu überblickende
Rechtsprechung auf nationaler wie europäischer Ebene.
Dass die Regierungen immer stärker zur Besteuerung des
Verbrauchs tendieren, hängt natürlich mit der Staatsschuldenkrise zusammen. Erhöhungen der Ertragsteuern
sind in der Regel unpopulär, drücken auf das Wirtschaftswachstum und bringen häufig auch nicht die gewünschten
Steuermehreinnahmen. Folglich nimmt die Bedeutung der
indirekten Steuern stark zu. Drei Trends bei der Umsatzsteuer sollten Unternehmen deshalb in ihre künftigen
Strategieüberlegungen miteinbeziehen.
Trend 1: Steigende Umsatzsteuersätze
Während die Umsatzsteuer – in manchen Ländern auch
als Mehrwert- oder Waren- und Dienstleistungssteuer
bekannt – in den 1960er Jahren in weniger als zehn
Ländern vertreten war, bildet sie heute in mehr als 150
Ländern eine wichtige Einnahmequelle für den Fiskus.
In der Europäischen Union stieg der durchschnittliche
Steuersatz allein zwischen 2008 und 2012 von etwa 19,5
Prozent auf über 21 Prozent an. Dieser Trend wird sich
weiter fortsetzen, haben doch neben Italien auch Zypern,
Tschechien, Frankreich, Finnland, Polen und Slowenien
ihre Sätze kürzlich angehoben oder eine Anhebung in
nächster Zukunft angekündigt.
Im asiatisch-pazifischen Raum ist die Tendenz zu höheren
Umsatzsteuersätzen zwar weniger eindeutig, jedoch
trotzdem feststellbar. Das unter hohen Haushaltsdefiziten
leidende Japan zum Beispiel entschied kürzlich, seinen
weltweit niedrigsten Steuersatz von 5 auf 8 Prozent per
1. April 2014 und auf 10 Prozent per 1. Oktober 2015
anzuheben. Auch Thailand zieht eine Erhöhung des
gegenwärtig 7 Prozent betragenden Umsatzsteuersatzes
auf 10 Prozent in Betracht.
Im Gegensatz zu den Entwicklungen im asiatischpazifischen Raum und in Europa sind die Steuersätze in
Amerika relativ stabil. Die lateinamerikanischen Staaten,
die schon seit längerem Umsatzsteuersysteme implementiert haben, verzichteten bislang weitgehend auf eine
Erhöhung der Steuersätze. Eine Ausnahme hiervon ist die
Dominikanische Republik, die eine Erhöhung von 16 auf
18 Prozent plant.
Die Auswirkungen dieses Trends sind für die Konsumenten klar: Die Preise steigen, sowohl für Güter des Einzelhandels als auch für Dienstleistungen. Für die Wirtschaft
bedeuten höhere Umsatzsteuern nicht nur größere
Compliance-Risiken und das Dilemma, höhere Preise bei
den Kunden durchzusetzen. In der Banken- und Versicherungsbranche, aber auch bei der öffentlichen Hand
ergeben sich höhere Kosten, weil in diesen Bereichen eine
Entlastung von der Vorsteuer nicht oder nicht vollständig
möglich ist. Schließlich müssen alle Unternehmen dafür
sorgen, dass sämtliche Änderungen der Umsatzsteuersätze überall in der Welt in ihre Rechnungslegung und
Buchhaltung eingepflegt werden.
Sieben Punkte Unterschied
Durchschnittliche Umsatzsteuersätze in der EU und der OECD
22,0
21,3
20,0
18,0
16,0
14,0
13,9*
12,0
2000
2001
2002
2003
2004
EU-28-Mehrwertsteuersatz (Standard)
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2006
2007
2008
OECD-Staaten (ohne EU-28)
2009
2010
2011
2012
2013
Quelle: Europäische Kommission, OECD
* inkl. USA Sales Tax
Combined State Kalifornien
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In vielen Ländern finden umfassende Reformen der
indirekten Steuern statt. In Europa sind die Umsatzsteuersysteme inzwischen 40 bis 50 Jahre alt und genügen
in vielen Bereichen nicht mehr den Anforderungen einer
digitalen Wirtschaft des 21. Jahrhunderts. Kauf- und Lieferverträge werden nur noch elektronisch mit Vertragspartnern im Ausland abgeschlossen und durchgeführt,
die Waren werden wiederum von Subunternehmen über
Grenzen hinweg an den Konsumenten geschickt. Schwellenländer müssen die Steuersysteme erst noch auf- und
ausbauen. So plant Indien, die verschiedenen nationalen
und lokalen Steuern durch eine neue landesweite Umsatzsteuer abzulösen. China hat bereits im Sommer 2013 ihre
bislang geltende „Business Tax“ auf gewisse Dienstleistungen, nach Pilotprojekten in mehreren Städten, durch
eine umfassende vorsteuerabzugsfähige Umsatzsteuer
(VAT) ersetzt. Durch den weiten Anwendungsbereich
können auch ausländische, nicht in China ansässige Unternehmen zur Zahlung von VAT verpflichtet sein. Dabei
gibt es eine Vielzahl von Einzelfragen, die noch nicht
abschließend geregelt sind.
In der EU hat die Brüsseler Kommission eine umfassende
Reform des gegenwärtigen Mehrwertsteuer-Systems in
Angriff genommen. Dabei hat die Behörde nicht weniger
als 26 Bereiche ausgemacht, in welchen sie Änderungen
anstrebt. Dazu zählt beispielsweise die Umsetzung des
Bestimmungslandprinzips bei Lieferungen von Waren und
Dienstleistungen, was von den Unternehmen umfassende
administrative und technische Anpassungen erfordern
wird, um sicherzustellen und zu dokumentieren, dass die
Waren im Land des Empfängers der Besteuerung unterworfen werden. Ziel ist ein One-Stop-Shop-System, um
alle Erklärungspflichten des Steuerpflichtigen für alle EUMitgliedstaaten in einem Land abzuwickeln. Schließlich
soll auch ein standardisiertes Formular für die Mehrwertsteueranmeldung in der EU Vereinfachungen bringen.
Die USA wiederum sind noch weit entfernt von der
Einführung einer landesweiten Umsatzsteuer. Dort lässt
sich jedoch beobachten, dass die Bundesstaaten den
Anwendungsbereich ihrer gegenwärtigen „sales taxes“
erweitern. Diese gelten vom Prinzip her nur beim Verkauf
von Waren. Außen vor bleibt insbesondere der rasant
wachsende Dienstleistungssektor. Daher versuchen einige
Staaten, die bestehende „sales tax“ auf elektronische
Waren und Dienstleistungen auszuweiten oder einen Anknüpfungspunkt für die Besteuerung von außerhalb des
Staates ansässigen Anbietern zu schaffen. Dieses Thema
beschäftigt auch die internationale Staatengemeinschaft.
Bei der BEPS-Initiative gegen „aggressive Steuergestaltung“ suchen die OECD-Staaten u. a. nach Möglichkeiten,
wie das globale Internetgeschäft möglichst lückenlos und
gleichmäßig besteuert werden kann.
Mit diesen Reformen gehen in vielen Ländern Umstrukturierungen der Steuerbehörden einher, um deren Effizienz
zu steigern. Die Staaten verfolgen unterschiedliche
Ansätze, jedoch ist den meisten gemeinsam, dass sie
versuchen, Systembrüche zu eliminieren und gemeinsame Schnittstellen zu schaffen. Viele Länder treiben
die Nutzung von elektronischen Datenübertragungsund Archivierungssystemen voran. Die elektronische
Abwicklung der Umsatzsteuer-Abrechnungen (e-filing)
vereinfacht die Verarbeitung von Informationen für die
Steuerverwaltung. Zudem ermöglichen elektronische Daten der Steuerverwaltung die Nutzung von IT-basierenden
Audit-Tools und vereinfachen somit die Bekämpfung von
Steuerbetrug und Steuerumgehung.
Für die Unternehmen sind dies nicht unbedingt gute
Nachrichten. Nina Harlamovs von der Walt Disney Corporation bereitet der wachsende Einsatz von Technologie
für Steuerprüfungen, insbesondere der Standard Audit
File (SAF-T) Ansatz große Sorge. „Ich bin nicht gegen
Technologie und natürlich benutzen auch wir moderne
Technologie in vielen Bereichen, aber sie sollte intelligent
eingesetzt werden und nicht ein Selbstzweck sein.“ In
Portugal z. B. sei die Walt Disney Corporation aufgefordert worden, die SAF-T zu implementieren. Die Erfahrungen fasst Harlamovs wie folgt zusammen: „Wir haben ein
relativ kleines Geschäft dort und die Ressourcen und die
Bemühungen, die wir für die korrekte Implementierung
© REUTERS, Mihai Barbu
Trend 2: Modernisierung der Steuersysteme
brauchten, waren unverhältnismäßig. Es dauerte ewig,
bis wir die Daten im richtigen Format hatten, es kostete
viel, die Systeme aufzubauen und sie jetzt zu unterhalten.
Und das Frustrierende ist, dass wir überhaupt nicht sehen
können, wozu das alles gut sein soll. Nichts hat sich im
Ansatz und im Verhältnis mit den portugiesischen Behörden geändert, uns hat es absolut nichts gebracht.“
Natürlich können auch die Steuerpflichtigen von der
Effizienzsteigerung durch e-filing, etwa durch verkürzte
oder risikobasierte Prüfungen und durch elektronische
Steuerbescheide profitieren. Für die Steuerpflichtigen ist
jedoch absehbar, dass sie den Compliance-Anforderungen
noch sorgfältiger als bisher Rechnung tragen müssen, um
Sanktionen, seien es Bußen bei Ordnungswidrigkeit oder
strafrechtliche Konsequenzen, zu vermeiden.
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
17
TOP
Trend 3: Kampf gegen Steuerbetrug
Ende 2012 führten wir eine interne Umfrage in 39
Ländern zu den Entwicklungen bei den indirekten Steuern
durch. Die EY-Auswertung zeigt, dass die Anzahl der
Umsatzsteuer-Sonderprüfungen in den letzten Jahren
angestiegen ist und voraussichtlich auch weiterhin ansteigen wird. Lediglich in sechs Ländern nahm die Zahl der
Kontrollen ab. Jedoch stieg selbst bei rückläufigen Kontrollzahlen das nachträglich erhobene Steueraufkommen.
Offenbar prüften die Steuerbehörden zielorientierter als
bisher. Bereits 24 der 39 befragten Länder nutzen spezielle Programme zur Datenanalyse wie Idea oder ACL, um
Unregelmäßigkeiten in den Daten der Steuerpflichtigen
aufzuspüren.
Häufigkeit der Umsatzsteuer-Betriebsprüfungen
in den letzten 3 Jahren
verringert
17%
k. Ä.
18%
erhöht
65%
Zwischen den Ländern variiert derweil der Informations­
austausch stark. Vorreiter ist die EU mit einem har­moni­
sierten europäischen Umsatzsteuersystem. Welt­weit
vereinfacht das OECD-Übereinkommen über die gegen­seitige Amtshilfe in Steuersachen den Austausch von Informationen für alle möglichen Steuerarten und Abgaben
mit Ausnahme von Zöllen. In den vergangenen beiden
Jahren haben mehr als 50 Länder das Abkommen unterschrieben oder zumindest ihre Absicht dazu bekundet.
Und selbst wo einzelne Länder bisher noch keinen aktiven
internationalen Informationsaustausch betreiben, besteht
in den meisten Fällen zumindest auf nationaler Ebene
ein reger Austausch von Informationen zwischen den
verschiedenen Behörden und Abteilungen, z. B. zwischen
Fiskus, Zollbehörde oder Sozialversicherungsamt. Nur in
vier von den 39 untersuchten Ländern fanden wir überhaupt keine Form des Datenaustausches.
Gegen die Durchsetzung von strengeren Vorschriften
ist nichts einzuwenden, solange dies tatsächlich der
Bekämpfung von Steuerbetrug und Missbrauch dient.
Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass die Behörden
grundsätzlich gegenüber allen Steuerzahlern misstrauischer werden – mit der Folge, dass sie Gesprächen und
Verhandlungen eher zurückhaltend gegenüber stehen
und eine einvernehmliche Lösung in strittigen Fällen oft
18
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
nicht erzielt werden kann. Überdies stoßen Unternehmen
bei dem Versuch, in allen Ländern allen Vorschriften
gerecht zu werden, ohne den Einsatz modernster Technik
schnell an die Grenzen des Machbaren.
Besonders heikel sind auch die in jüngerer Zeit bekannt
gewordenen Fälle, in denen global tätige Unternehmen
sich auf einmal dem Vorwurf ausgesetzt sahen, Teile von
Umsatzsteuer-Karussels zu sein. Selbst wenn sich dieser
Vorwurf häufig entkräften lässt, ist der verbleibende
Reputationsschaden in der Regel erheblich.
Die Erfahrung zeigt, dass in der täglichen Praxis kaum
mehr als eine Handvoll immer wiederkehrender Probleme den Großteil der in Betriebsprüfungen aufgedeckten
umsatzsteuerlichen Prüfungsfeststellungen ausmacht.
Hierzu gehören z. B. grenzüberschreitende Dienstleistungen, Warenlieferungen in sogenannten Reihengeschäften, ausländische Betriebstätten und umsatzsteuerliche
Organschaften. Nicht selten kommen scheinbare Banalitäten wie falsche Umsatzsteuer-ID Nummern oder fehlende
Angaben in Eingangs- oder Ausgangsrechnungen die
Unternehmen teuer zu stehen, wenn sie nicht mehr korrigiert werden können, weil zum Zeitpunkt der Prüfung der
Lieferant oder der Kunde nicht mehr da ist.
Zusätzlich ist bei den Finanzbehörden in einigen Ländern
die Tendenz zu beobachten, Vorsteuerguthaben, wenn
überhaupt, nur mit wachsender Verspätung auszuzahlen
oder die Vorsteuererstattung aus formalen Gründen zu
verweigern.
Um ihre Steueransprüche durchzusetzen, haben viele
Länder auch die Sanktionsmöglichkeiten verschärft. In
unserer Umfrage bestätigten 27 von 39 Ländern, dass
Sanktionen schneller und häufiger verhängt werden.
Zunehmend bestraft werden verspätete Zahlungen oder
verzögerte Auskunftserteilungen, wo die Behörden in der
Vergangenheit nachsichtiger waren. Darüber hinaus stieg
vielerorts auch der Sanktionsrahmen.
Entwicklung des Sanktionsrisikos
verringert
8%
k. Ä.
20%
erhöht
72%
TOP
Fazit
Der erhöhte Fokus auf die Durchsetzung von Compliance-Vorschriften durch die Behörden, verbunden mit
gemeinsamen Betriebsprüfungen mit anderen Behörden
oder sogar mit anderen Ländern, hat Konsequenzen
für die Unternehmensstrukturen. Ressourcen müssen
bereitgestellt werden, Betriebsabläufe werden eventuell
unterbrochen, oft müssen Vorgänge aus früheren Jahren
aufgearbeitet werden. Steuernachbelastungen und Sanktionen schmälern nicht nur direkt den Unternehmensgewinn, sondern sie bedeuten unter Umständen auch einen
Reputationsschaden für das Unternehmen.
Mehr denn je ist es unumgänglich, die indirekten Steuern
umfassend und proaktiv zu managen. Die eine richtige Lösung gibt es indes nicht. Als Tendenz lässt sich feststellen,
dass die meisten global aufgestellten Unternehmen den
erhöhten Compliance-Anforderungen und den damit verbundenen zusätzlichen Kosten dadurch begegnen, dass
sie traditionell lokale Prozesse und Strukturen vereinheitlichen und zentralisieren, um eine bessere Kontrolle über
die steuerlichen Risiken zu bekommen.
© Thinkstock
Indirekte Steuern sind insbesondere für grenzüberschreitend tätige Unternehmen nicht einfach zu handhaben und
stellen hohe Anforderungen an die internen Prozesse.
Die Steuerpflichtigen unterliegen dabei einem doppelten
Risiko: Zum einen birgt die Anwendung der oft nicht
einfachen steuerlichen Regelungen ein erhebliches
Risiko, wenn z. B. steuerpflichtige Vorgänge irrtümlich
als steuerfrei behandelt werden und im Nachhinein nicht
mehr korrigiert werden können. Andererseits besteht
zusätzlich das Risiko von zum Teil erheblichen Sanktionen
bei Verstößen gegen die Erklärungspflichten.
Die Zentralisierung birgt jedoch ihrerseits Risiken: Wer
betreut die lokale Umsatzsteuer-Sonderprüfung, wenn die
Erklärungen irgendwo zentral in einem Shared-ServicesCenter gefertigt und abgegeben werden? Wer überwacht
dann die Einhaltung der sich ständig wandelnden Steuersätze und Vorschriften? Welches Training brauchen die
Mitarbeiter, um den Überblick über die Entwicklungen in
verschiedenen Ländern zu behalten?
Manche Unternehmen entscheiden sich ganz bewusst
für ein vorübergehendes Outsourcing an einen externen
Dienstleister, um nach erfolgter Umstrukturierung der interner Prozesse die Compliance wieder einzugliedern. Auch
hier sollte der richtige Partner sorgfältig gewählt werden,
um sicherzustellen, dass eine spätere Rückübertragung
der Compliance ohne größere Schwierigkeiten möglich ist.
Und wo bleibt das Positive? Mark Skeldon von Ford
überlegt und sagt dann: „Sehr positiv beurteile ich das
EU-Kanada Freihandelsabkommen und die Fortschritte in
Richtung eines EU-US-Freihandelsabkommens, welches
den globalen Unternehmen helfen und auch Barrieren
bei den indirekten Steuern beseitigen sollte.“ Doch dazu
bedarf es noch viel Zuversicht und Zeit.
Ihre Autoren
Peter Schilling
Partner / Steuerberater
Head of Indirect Tax & Customs in GSA
Claudio Fischer
Senior Manager / Rechtsanwalt
EY
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65760 Eschborn / Frankfurt (Main)
T +49 6196 996 21262
M +49 160 939 21262
peter.schilling@de.ey.com
EY
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T +41 58 286 3433
M +41 58 289 3433
claudio.fischer@ch.ey.com
• Peter Schilling ist seit 2011 leitender Partner der Sub
Service Line Indirekte Steuern und Zölle in Deutschland,
Österreich und der Schweiz. Zu seinen Spezialbereichen
gehören: Compliance, Outsourcing / Shared Services Centers, Reorganisation von Wertschöpfungsketten, Restrukturierungsprozesse sowie die Begleitung von Transaktionen.
• Claudio Fischer ist Senior Manager Indirect Tax and Tax
Policy bei EY in Zürich. Er berät nationale und multinationale Unternehmen sowie Regierungen und Verwaltungseinheiten in komplexen umsatzsteuerlichen steuerpolitischen Fragen.
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
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Heikle Reformbaustelle
Zwei Verfassungsklagen gibt es gegen die Grundsteuer.
Vier Modelle stehen für den Umbau der Kommunalsteuer
zur Diskussion. Nur die politische Kraft fehlt noch.
O
b Hausbesitzer, Mieter oder Unternehmer, Grundsteuer zahlt in Deutschland fast jeder auf die eine
oder andere Weise, direkt oder per Nebenkostenabrechnung. Pro Jahr kommen insgesamt zwölf Milliarden Euro zusammen. Davon entfällt der Löwenanteil auf
die Grundsteuer B für private oder gewerbliche Grundstücke und Gebäude. Landwirte zahlen die niedrigere Grundsteuer A. Politiker lieben die Grundsteuer. Denn hier sind
Ausweichreaktionen der Steuerpflichtigen unmöglich.
Grund und Boden kann man schließlich nicht ins Ausland
schaffen. Das sichert dem Fiskus Steuereinnahmen und
verhindert ökonomisch schädliche Ausweichreaktionen.
Für die Kommunen ist die Grundsteuer, die ihnen komplett
zufließt, ausgesprochen wichtig. Sie macht 15 Prozent
der gesamten kommunalen Steuereinnahmen von zuletzt
81 Milliarden Euro aus; mehr kassieren die Kämmerer
nur aus der Gewerbesteuer und ihrem Anteil an der
Einkommensteuer. Die Gemeinden können das Aufkommen mittels eines Hebesatzrechts beeinflussen, wovon
viele lebhaft Gebrauch machen (siehe Grafik auf S. 22).
Im Durchschnitt lag der Hebesatz 2012 bei 425 Prozent
(Grundsteuer B) bzw. 311 Prozent (Grundsteuer A).
Keine Gleichmäßigkeit
© Shutterstock
Allerdings schwebt Justitias Schwert über der Grundsteuer. Das Problem ist die Bewertungsgrundlage, die
möglicherweise gegen das Grundgesetz verstößt. Denn
zur Berechnung dieser Steuer werden die alten Einheitswerte für Grundstücke und Gebäude herangezogen, die
auf Wertansätze von1964 zurückgehen; in den neuen
Bundesländern werden sogar Einheitswerte aus dem
Jahr 1935 verwendet. Für die Vermögensteuer und die
Erbschaft-und Schenkungsteuer hat das Bundesverfassungsgericht bereits in der Vergangenheit festgestellt,
dass die alten Einheitswerte gegen das grundgesetzliche
Gebot einer gleichmäßigen Besteuerung verstießen. In
der Folge verzichtete der Staat auf eine weitere Erhebung
und mottete die Vermögensteuer ein.
Angst vor den Wählern
Insbesondere in attraktiven Lagen drohen kräftige Steuererhöhungen.
20
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
Bei der Grundsteuer blieb jedoch alles beim Alten. Obwohl
die Einheitswerte nur noch herzlich wenig mit der Realität
© Staatsministerium Baden-Württemberg
TAX
Die Länder sollen sich auf eine Grundsteuerreform verständigen. Derzeit leitet Ministerpräsident Winfried
Kretschmann die Länderkammer.
zu tun haben, hielt der Bundesfinanzhof dieses System
noch 2007 für verfassungsgemäß. Inzwischen sind jedoch
zwei Verfassungsbeschwerden in Karlsruhe anhängig und
könnten bald Klarheit schaffen. Die Verfahren sind unter
dem Aktenzeichen 2 BvR 287/11 und 1 BvR 1375/12
anhängig. Strittig ist in beiden Fällen auch die Frage, ob
die Bewertung nach den alten Einheitswerten verfassungsgemäß ist. Wann mit den Urteilen gerechnet werden
kann, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Statt auf
das Bundesverfassungsgericht zu warten, könnte die Politik freilich auch mutig voranschreiten. Allerdings wagte
sich keine Regierung bisher an eine Grundsteuerreform
heran. Zu groß war offenbar die Angst, mit einer Novelle
viele Millionen Bürger zu Reformverlierern zu machen.
Tatsächlich zahlen Millionen Wähler Grundsteuern für
Immobilien, die heute ein Vielfaches ihrer alten Einheitswerte wert sind. Nähert man die Bemessungsgrundlage
an die Realität an, drohen insbesondere in attraktiven
Ballungsräumen enorm höhere Steuern – falls man nicht
andere Stellschrauben gleich mit ändert.
Mit einer großen Koalition auf Bundesebene könnte sich
die Situation bald ändern. Sie könnte die politische Kraft
für eine Reform aufbringen – zumal Union und SPD nicht
nur im Bundestag eine Mehrheit hätten, sondern auch
den Bundesrat dominieren würden. Vorarbeiten wurden
bereits zu Genüge geleistet. Bund und Länder haben in
den vergangenen Jahren eine Reihe von Reformmodellen
durchgerechnet. Seit dem Spätsommer liegt den Bundesfinanzministerien überdies ein umfassender Bericht vor.
In der öffentlichen Diskussion stehen dabei grundsätzlich
vier Modelle zur Debatte.
Einfachheit versus Einzelfall
Das Südländermodell (vorgeschlagen von den südlichen
Bundesländern) will nur die Flächen eines Grundstücks
und eines Gebäudes als Bemessungsgrundlage für die
Besteuerung heranziehen. Modernisierungsgrad und
Ausstattung des Gebäudes wären demzufolge irrelevant
für die Grundsteuerbemessung. Die mit der Reform angestrebte erhebliche Verwaltungsvereinfachung ließe sich
bei diesem Modell insbesondere dadurch erreichen, dass
sich die Bemessungsgrundlage durch einfache Multiplikation der jeweiligen Fläche mit bundeseinheitlich vorgegebenen Äquivalenzwerten ergibt. Hierbei würden lage- und
nutzungsspezifisch unterschiedliche Äquivalenzwerte
berücksichtigt.
Je nach Differenzierungsgrad der anzuwendenden
Äqui­valenzwerte kann es zu größeren oder kleineren
Bewertungsungerechtigkeiten kommen. Etwa dann, wenn
auf Wohn- oder Gewerberäume mit sehr unterschiedlichen Ausstattungsqualitäten oder Instandhaltungsgraden
gleiche Äquivalenzwerte zur Anwendung kommen. Zu
bedenken ist zudem, dass zwar über die Grundstücks­
größen überwiegend sehr gute Datenbestände vorliegen,
die Gebäudeflächen aber vielfach unbekannt sind und neu
erhoben werden müssten. Dies würde unter Umständen
– zumindest einmalig – einen erheblichen Aufwand für
die Ermittlung der Gebäudeflächen und -nutzungsarten
erforderlich machen. Alleine für die Grundsteuer B gibt
es, Stand 2009, 29 Millionen „wirtschaftliche Einheiten
des Grundvermögens“, die zu bewerten wären.
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
21
TAX
Nord gegen Süd
Das Nordländermodell (vorgeschlagen von den nördlichen Bundesländern) will einen möglichst realitätsnahen
Schätzwert zur Bemessung der Grundsteuer heranziehen.
Grundlage für die näherungsweise Verkehrswertberechnung wären z. B. der tatsächliche Kaufpreis, Bodenrichtwertsammlungen und existierende bzw. zu ermittelnde
Immobiliendaten wie Lage, Grundstücksgröße, Wohnfläche, Nutzungsart, Baujahr, etc.. Somit könnten ggf.
auch der Modernisierungsgrad und die Ausstattung des
Gebäudes sowie etwaige Sonderaspekte (z. B. geringere
Besteuerung von fremdvermieteten Wohnungen zur
Schaffung von Vermietungsanreizen in Ballungsräumen)
ihre Berücksichtigung finden.
Kritiker erheben den Einwand einer übertriebenen
Einzel­fallgerechtigkeit zu Lasten der – angestrebten und
tatsächlich auch erforderlichen – Verwaltungsvereinfachung. Tatsächlich würde auf Eigentümer und Finanzverwaltung ein erheblicher Mehraufwand gegenüber dem
aktuellen Modell zukommen. Konsequenterweise müsste
bei solch einem Verkehrswertmodell auch regelmäßig
eine Aktualisierung der Bewertung erfolgen, was ja bei
dem aktuell gültigen Einheitswertmodell bereits seit 1964
gescheitert ist. Die Feststellung dieser näherungsweisen
Verkehrswerte wäre nicht nur sehr aufwendig, sondern
auch streitanfällig, da Verkehrswerte bestenfalls nur zum
Zeitpunkt eines Verkaufs exakt bestimmt werden können.
Hinzu kommt: In Ballungsräumen mit stetig steigenden
Verkehrswerten stiege selbst bei gleichbleibenden Hebe­
sätzen die Grundsteuerbelastung permanent an, was
viele Wähler verärgern dürfte. In ländlichen Regionen
würde die Grundsteuerbelastung hingegen möglicher­
weise fallen.
Ökologische Variante: Thüringer Modell
Beim Thüringer Modell handelt es sich um ein gebäudewertunabhängiges Kombinationsmodell, das die beiden
vorgenannten Modelle kombiniert. Der Bodenwert soll
dabei nach Verkehrswerten und die Gebäude pauschal
mittels Äquivalenzziffern nach Größe und Nutzungsart
angesetzt werden. Schließlich steht noch das sogenannte
Aufruf-Modell des Naturschutzbundes und einigen seiner
Partner zur Debatte, das als Bemessungsgrundlage ausschließlich die Fläche des Grundstücks heranzieht. Die Art
und Intensität der tatsächlichen Nutzung des Grundstücks
soll dabei für die Steuerbelastung irrelevant sein.
Neben der ganz erheblichen Verwaltungsvereinfachung
strebt das Aufruf-Modell an, für Immobilieneigentümer
einen weiteren Anreiz zu schaffen, bisher suboptimal genutzte Grundstücke effizienter und intensiver zu nutzen.
Dies könne geschehen, indem grundsteuerneutral die
Wohn- und Nutzflächen von Bestandsgebäuden maximal
erweitert, energetisch saniert und adäquat modernisiert
werden. Dies soll dazu führen, dass zentrumsnah zusätzlicher Wohnraum geschaffen wird, Ortskerne gestärkt sowie Natur und Landschaft vor unnötiger Zersiedelung geschützt werden. Demgegenüber würde eine Grundsteuer,
die auch das Gebäude besteuert, derartige Investitionen
regelrecht bestrafen und staatlichen finanziellen Anreizen
bspw. zur energetischen Modernisierung zuwiderlaufen.
Höchste & niedrigste Einnahmen aus der Grundsteuer (2012)
(in Millionen Euro)
Berlin
München
Hamburg
Hannover
Köln
757
426
305
251
218
Ihr Autor
Sonneberg
4,8
Coburg
4,7
Eisenach
4,6
Zweibrücken
4,5
Suhl
3,8
EY
Arnulfstraße 59 / 80636 München
T +49 89 14331 13662
M +49 160 939 13662
karl.hamberger@de.ey.com
Höchste & niedrigste Hebesätze (2012)
Berlin
Leipzig
Dresden
Freiburg im Breisgau
Solingen
22
810
650
635
600
590
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
Professor Dr. Karl Hamberger
Partner / Rechtsanwalt /
Steuerberater
EMEIA Real Estate Service Line
Leader Tax
Bergstraße
281
Main-Taunus-Kreis
280
Lahn-Dill-Kreis
270
Limburg-Weilburg
265
München (Landkreis)
258
• Zu seinen Spezialisierungen gehören die nationalen
und internationalen Immobilieninvestitionen, Structured
Finance (Leasing, Funds, Investment Banking Support)
und Transaction Support (Due Diligence, M&A). Professor Dr. Karl Hamberger ist neben seiner Tätigkeit bei
EY Lehrbeauftragter für deutsches und internationales
Steuerrecht an diversen deutschen und ausländischen
Hochschulen.
TAX
Die Crux der stillen Lasten
Wer seine Bilanz um Verpflichtungen bereinigen will,
muss mit gesetzlichen Einschränkungen rechnen.
Verstoß gegen die Systematik
Mit der Gesetzesänderung konterkariert die Politik das
vom BFH in mehreren Urteilen entwickelte schlüssige
Konzept zur Bilanzierung entgeltlich erworbener Verpflichtungen und der damit einhergehenden Realisierung
von Verlusten. Die nun in Berlin beschlossene Regelung
ist vor allem fiskalpolitisch motiviert und wird bei den
betroffenen Unternehmen größtenteils auf Unverständnis
stoßen. Schließlich ist das für die Freistellung von der Verpflichtung gezahlte Entgelt betrieblich veranlasst, so dass
allein sofort abzugsfähige Betriebsausgaben angemessen
wären. Es ist für den Anwender nicht nachvollziehbar,
warum die Realisierung stiller Reserven vom Fiskus sofort
besteuert wird, während im Gegenzug die Realisierung
stiller Lasten nicht sofort mindernd berücksichtigt werden
soll. Statt der im AIFM-StAnpG vorgeschlagenen Durchbrechung des Realisationsprinzips sollte der Gesetzgeber
vielmehr den Ursprung des Problems angehen – nämlich
die zwingend aus den Vorschriften zum Steuerbilanzrecht
entstehenden umfangreichen stillen Lasten.
Auswirkungen für den Verkäufer
Vorgesehen ist gemäß AIFM-StAnpG eine Neuregelung
des § 4f EStG. Danach muss u. a. der Veräußerer den Betriebsausgabenabzug auf 15 Jahre gleichmäßig verteilen,
der aus der an den Neuschuldner entrichteten Gegenleistung im Rahmen von Verpflichtungsübernahmen,
Schuldbeitritten und Erfüllungsübernahmen entsteht. Die
steuerliche Realisierung
der stillen Lasten wird damit zwar nicht verhindert,
jedoch zeitlich gestreckt.
Ausnahmeregelungen
sind vorgesehen bei der
Veräußerung oder Aufgabe
eines ganzen Betriebs oder
ganzen Mitunternehmeranteils, bei einem Arbeitgeberwechsel unter Mitnahme der erworbenen Pensionsansprüche und schließlich
für kleinere und mittlere Betriebe nach den Größenkriterien des § 7g EStG. Im Rahmen dieser Ausnahmen wirkt
sich die Realisierung stiller Lasten damit – wie bisher
– direkt im Wirtschaftsjahr der Übertragung aus. Bei einer
Teilbetriebsveräußerung oder -aufgabe, die nicht unter
die oben genannten Ausnahmen fallen, soll es nur dann
zu einer Verteilung kommen, wenn die realisierten stillen
Lasten die stillen Reserven übersteigen.
© T.Imo, photothek.net
B
ei der Hebung stiller Lasten stehen im Zusammenhang mit der Übertragung von Verpflichtungen
gesetzliche Änderungen an. Im Rahmen des im
November verabschiedeten AIFM-Steueranpassungsgesetzes (AIFM-StAnpG) soll beispielsweise eine Einzelübertragung von Pensionsrückstellungen zukünftig nach
verschärften steuerlichen Regelungen zu beurteilen sein.
Hintergrund für die vorgeschlagene Änderung sind mehrere Urteile des Bundesfinanzhofes, in denen die Richter
der Auffassung der Finanzverwaltung widersprechen
(I R 102/08, I R 72/10, IV R 43/09, I R 69/11, I R 28/11).
Durch diese Nichtanwendungsgesetzgebung hebelt der
Gesetzgeber nun die für Unternehmen günstige BFHRechtsprechung aus.
Auswirkungen für den Übernehmer
Neuschuldner sollen die bisher beim Altschuldner geltenden Ansatzverbote, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalte zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen fortführen. Eine erworbene Verpflichtung darf
daher nicht mit ihren tatsächlichen „Anschaffungskosten“,
sondern nur zum (fortzuführenden) niedrigeren Ansatz
des Altschuldners ausgewiesen werden. Der sich daraus
ergebende Gewinn kann mittels Rücklagenbildung ebenfalls auf 15 Jahre verteilt werden. Für die Bilanzierung beim
Neuschuldner sind zudem Sonderregelungen für Pensionsverpflichtungen vorgesehen (§ 5 Abs. 7 EStG).
Unternehmen müssen die Neuregelungen erstmals für
Wirtschaftsjahre anwenden, die nach dem Tag des Gesetzesbeschlusses des Bundestags (28. November 2013)
enden. Die Formulierung in § 5 Abs. 7 EStG für Übernehmer/Neuschuldner erfasst dabei sowohl zukünftige
Vereinbarungen als auch in der Bilanz enthaltene Altfälle.
Für Veräußerer/Altschuldner mit kalenderjahrgleichem
Wirtschaftsjahr gilt damit die Neuregelung für das Jahr
2013, aber nicht für frühere Transaktionen.
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
23
TAX
Reisen ab 2014
Unternehmen müssen das voluminöse BMF-Schreiben
zum neuen Reisekostenrecht umsetzen und kritische
Fälle vorab klären.
F
Für die Wege zwischen
Wohnung und erster
Tätigkeitsstätte gelten
die Beschränkungen der
Entfernungspauschale
(0,30 Euro je Entfernungskilometer). Die Fahrtkosten
für beruflich veranlasste
Fahrten (nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster
Tätigkeitsstätte sowie nicht
Familienheimfahrten im
Rahmen der doppelten
Haushaltsführung), können
dagegen ohne diese Begrenzung geltend gemacht
werden.
ast zehn Jahre dauerte die Debatte, bis der Gesetzgeber das neue Reisekostenrecht in diesem Jahr
endlich verabschiedete. Doch dann musste sich die
Finanzverwaltung noch um die Details kümmern, die das
Bundesfinanzministerium nun in einem Schreiben auf
52 Seiten fixierte (BMF-Schreiben vom 30. September
2013). Die Reform hat unmittelbare Auswirkungen auf
die Reisekosten- und Entgeltabrechnungen und betrifft
auch Arbeitnehmerentsendungen und sonstige Auslandseinsätze. Unternehmen sollten sich bis zum Jahresende
noch einmal vergewissern, ob sie alle Punkte beachtet
und entsprechend umgesetzt haben (siehe To-Do-Liste).
Betroffen sind auch laufende Fälle.
Auskünfte beim Fiskus einholen
Spätestens in vier Jahren wird die Lohnsteueraußenprüfung kontrollieren, ob das neue Reisekostenrecht korrekt
umgesetzt wurde. Fehler und Versäumnisse können im
Nachhinein für die Unternehmen sehr teuer werden. Kritische Fälle sollte die Personalabteilung daher im Vorfeld
durch eine lohnsteuerliche Anrufungsauskunft von der
Finanzverwaltung absegnen lassen.
Handlungsbedarf für Unternehmen
• B
estimmung der Verantwortlichkeit im Unternehmen
(HR versus Finance)
• Neubestimmung der ersten Tätigkeitsstätte
• Anpassung arbeitsrechtlicher Regelungen
• Aktualisierung der Reisekostenordnungen
• Aufsetzen von Prozessen
• Überprüfung der Fristen auf Altfälle (Rückwirkung beachten!)
• Dauerhafte Zuordnung (48 Monate)
• Unterbrechung der Dreimonatsfrist
• Prüfung der Auswirkungen auf Fälle mit doppelter
Haushaltsführung
• 1.000 Euro-Grenze beachten
• Einholung einer lohnsteuerlichen Anrufungsauskunft in
kritischen Fällen
24
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
Genau zu prüfen sind beispielsweise dauerhafte Tätigkeiten bei Kunden, die bisher keine erste Tätigkeitsstätte
darstellten. Dauert die Zuordnung länger als 48 Monate,
sind die Kriterien nach der neuen Lesart für eine erste Tätigkeitsstätte erfüllt. Zur Klärung der Frage, ob ein 48-Monatszeitraum vorliegt, gilt eine „Ex-ante“-Betrachtung, es
wird also in die Zeit vor dem 1. Januar 2014 geschaut.
Das betrifft auch die bereits bestehende doppelte Haushaltsführung.
Erste Tätigkeitsstätte
Die „erste Tätigkeitsstätte“ bildet den Kernpunkt der
Reform, sie ersetzt die „regelmäßige Arbeitsstätte“.
Jeder Arbeitnehmer und Selbstständige kann nur noch
eine erste Tätigkeitsstätte haben. Das hat Bedeutung für
den Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug von
Fahrtkosten, von Aufwendungen im Rahmen der doppelten Haushaltsführung und von Verpflegungsmehraufwendungen. Maßgeblich sind die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen bzw. entsprechende Absprachen und
Weisungen. Fehlen eindeutige Festlegungen, erfolgt eine
quantitative Betrachtung. Erfüllen mehrere Einrichtungen
das Kriterium einer ersten Tätigkeitsstätte, ist die Bestimmung durch den Arbeitgeber maßgeblich. Ansonsten gilt
die der Wohnung am nächsten liegende Stelle als erste
Tätigkeitsstätte. Die Finanzverwaltung greift bei ihrer
Beurteilung auf entsprechende Regelungen im Arbeitsvertrag, auf dienstrechtliche Verfügungen, Einsatzpläne,
Reiserichtlinien oder Reisekostenabrechnungen zurück.
Um Missverständnissen mit der Finanzverwaltung vorzubeugen, sollten Arbeitgeber die Zuordnungsentscheidungen ordnungsgemäß dokumentieren.
Sechs-Euro-Stufe entfällt
Die bisher geltende dreistufige Staffelung der Verpflegungspauschalen mit 6, 12 und 24 Euro wird durch eine
zweistufige Staffelung ersetzt, wobei die Sechs-EuroStufe einfach wegfällt. Für jeden Kalendertag, an dem der
Arbeitnehmer beruflich veranlasst 24 Stunden von seiner
Wohnung und seiner ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist,
bleibt es bei einer Pauschale von 24 Euro. Für den Anund Abreisetag wird künftig – unabhängig von der Dauer
der Abwesenheit – die Zwölf-Euro-Pauschale angesetzt.
© Getty Images, Nikada
TAX
Dreitägige Auswärtstätigkeit
Fall
• D
er Arbeitgeber hat zwei Hotelübernachtungen
jeweils mit Frühstück sowie Mittag- und Abendessen
am Zwischentag gebucht und bezahlt.
• Z
usätzlich zu diesen Leistungen möchte der Arbeitgeber auch noch eine steuerfreie Reisekostenerstattung (Verpflegungspauschalen) zahlen.
• F
ür vom Arbeitgeber veranlasste und bezahlte
Mahlzeiten soll jeweils ein Betrag in Höhe der geltenden Sachbezugswerte (2014: Frühstück = 1,63
Euro und Mittag-/Abendessen = 3,00 Euro) von den
steuerfreien Reisekosten gekürzt werden.
Folgen
• D
er Arbeitgeber hat keinen geldwerten Vorteil für
die Mahlzeiten zu versteuern (übliche Mahlzeiten
(Sachbezugswert) und Anspruch auf Verpflegungspauschalen).
er Arbeitgeber kann für die Auswärtstätigkeit
• D
höchstens noch folgende Beträge zusätzlich für die
Verpflegung steuerfrei erstatten:
Anreisetag
Zwischentag
12,00 €
24,00 €
Kürzung Frühstück
4,80 €
Kürzung Mittagessen
9,60 €
Kürzung Abendessen
9,60 €
Verbleiben für Zwischentag
Abreisetag
Kürzung Frühstück
Verbleiben für Anreisetag
Verpflegungspauschalen insgesamt
0,00 €
12,00 €
4,80 €
7,20 €
19,20 €
Steuerfreie Arbeitgebererstattung
(nach Kürzung SBW 9,26 €)
9,94 €
Verbleiben als Werbungskosten
9,26 €
Die zwölf Euro gelten ebenfalls für Tage, an denen der
Arbeitnehmer mehr als acht Stunden ohne Übernachtung
von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist.
Auch bei einer Tätigkeit im Ausland gibt es künftig nur
noch zwei Pauschalen, die denselben Voraussetzungen
wie bei einer inländischen Auswärtstätigkeit unterliegen.
Bei einer 24-stündigen Abwesenheit gelten die länderspezifischen Pauschalen zu 120 Prozent, in den übrigen
Fällen dürfen nur 80 Prozent der Auslandstagegelder
nach dem Bundesreisekostengesetz veranschlagt werden.
Die Änderungen im Reisekostenrecht für Arbeitnehmer gelten entsprechend
für den Betriebsausgabenabzug bei gewerblichen
Einkünften und selbstständiger Arbeit.
Abschläge fürs Essen
Für Mahlzeiten hat der Gesetzgeber ebenfalls eine
Neuregelung gefunden: Stellt der Arbeitgeber (oder auf
dessen Veranlassung ein Dritter) das Essen, dann müssen
die Verpflegungspauschalen jeweils um 20 Prozent
(Frühstück) oder um 40 Prozent (Mittag- oder Abendessen) gekürzt werden. Bei einer Auswärtstätigkeit im
Inland bedeutet das einen Abschlag von 4,80 Euro für
ein Frühstück und jeweils 9,60 Euro für ein Mittag- und
Abendessen.
Der Abzug der Verpflegungspauschalen ist dabei wie
bis­her auf die ersten drei Monate einer längerfristigen
beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte
beschränkt. Unterkunftskosten werden dagegen künftig
innerhalb der ersten 48 Monate der Auswärtstätigkeit
unbeschränkt berücksichtigt. Eine Prüfung der Angemessenheit der Unterkunft (bestimmte Hotelkategorie oder
Größe der Unterkunft) nimmt die Finanzverwaltung nicht
vor. Nach Ablauf der 48 Monate reduziert sich der Abzug
der tatsächlichen Unterkunftskosten auf 1.000 Euro pro
Monat.
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
25
TAX
Entschärfter Nachweis
Die Gelangensbestätigung tritt 2014 endgültig in Kraft.
Es gibt aber auch alternative Nachweise für die Umsatzsteuerbefreiung.
Sammelbestätigung
Es ist zulässig, mehrere
selbstständige Lieferungen
an einen Abnehmer im
Rahmen einer sogenannten Sammelbestätigung
zusammenzufassen. Die
Sammelbestätigung darf
dabei Lieferungen von bis
zu einem Quartal umfassen. Sinnvoll ist es zumeist,
den Zeitraum der Sammelbestätigung demjenigen
für die UmsatzsteuerVoranmeldung (monatlich
oder quartalsmäßig)
anzugleichen.
Weitere Hintergründe
und Einzelheiten sind in
einem VAT-Alert zusammengefasst, der Ihnen
auf unserer Homepage
zur Verfügung steht.
A
ls die Bundesregierung vor zwei Jahren die
Gelang­ensbestätigung auf den Weg brachte,
war der Unmut in der Wirtschaft groß. Der neue
Nachweis für die Umsatzsteuerfreiheit bei innergemeinschaftlichen Lieferungen galt als ausgesprochen umständlich und nicht praktikabel, Spediteure weigerten sich
sogar, diese auszufüllen. Das Bundesfinanzministerium
reagierte auf die Kritik und erarbeitete eine entschärfte
Version, die ab 1. Januar 2014 zwingend zu beachten ist.
Ansonsten gerät die Umsatzsteuerfreiheit der Lieferung
von Gegenständen in das EU-Ausland in Gefahr. Zwar sind
auch andere Nachweisformen möglich, doch ist Vorsicht
geboten. Das gilt insbesondere bei Frachtbriefen, Spediteursbescheinigungen oder in Fällen, in denen Kunden
die Waren mit eigenen Fahrzeugen abholen. Aus der
Vergangenheit anerkannte Belege werden künftig nicht
mehr ohne weiteres akzeptiert.
Konkretisierung
Die Finanzverwaltung hat ihre Anforderungen in der
Umsatzsteuerdurchführungsverordnung konkretisiert und
Musterbeispiele für die Gelangensbestätigung veröffentlicht (BMF-Schreiben vom 16. September 2013).
Die grundsätzlich vom Abnehmer einer Lieferung zu
unterschreibende Gelangensbestätigung (sofern sie nicht
elektronisch versendet wurde) muss enthalten:
• Namen und Anschrift des Abnehmers,
• die Menge des Gegenstands der Lieferung und die
handelsübliche Bezeichnung einschließlich der FahrzeugIdentifikationsnummer bei Fahrzeugen i. S. d. § 1b Absatz
2 UStG,
• Ort und Tag des Erhalts des Gegenstands bzw. das
Ende dessen Beförderung,
• das Ausstellungsdatum der Bestätigung sowie
• die Unterschrift des Abnehmers.
Die Gelangensbestätigung kann auch elektronisch ohne
Unterschrift des Abnehmers übermittelt werden, z. B. per
E-Mail oder als PDF-Anlage. Es reicht dann aus, dass der
Abnehmer bzw. dessen Vertreter elektronisch die vom
Lieferanten gemachten Angaben bestätigt. Aber Vorsicht,
insbesondere wenn der Abnehmer nur durch einen
einfachen Mausklick auf eine Antwortkachel den Waren-
26
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
eingang bestätigen muss. Dann hat der Lieferant dafür
Sorge zu tragen, dass die Bestätigung auch alle erforderlichen Angaben, insbesondere die vollständige Adresse
des Abnehmers und den Lieferort und die Zeit enthält.
Überdies muss erkennbar sein, dass die elektronische
Übermittlung im Verfügungsbereich des Abnehmers oder
dessen Beauftragten begonnen hat. Wichtig ist zudem,
die elektronisch empfangene Gelangensbestätigung in
elektronischer und unveränderter Form für die Dauer der
abgabenrechtlichen Fristen aufzubewahren.
Positivliste
Neben der Gelangensbestätigung erkennt die Finanzverwaltung auch andere „eindeutig und leicht nachprüfbare“
Nachweise als Voraussetzungen der Umsatzsteuerfreiheit
an. Diese führt § 17a UStDV in einer Positivliste auf. Dazu
zählen beispielsweise
• Versendungsbelege, z. B. CMR-Frachtbriefe, die aber
alle erforderlichen Angaben, insbesondere das korrekt
ausgefüllte Feld 24 enthalten müssen.
• Bei Transport durch einen selbstständigen Kurierdienstleister eine schriftliche Auftragserteilung (mit bestimmten
Angaben) und ein vom Kurier ausgestelltes Protokoll
über Annahme und Ablieferung des Gegenstands (tracing
protocol).
• Bei Beförderung durch einen Postdienstleister ein
Einlieferungsschein (mit bestimmten Angaben) und ein
Nachweis über die Bezahlung der Lieferung.
Mit anderen, nicht aufgelisteten Nachweisen zu arbeiten,
ist möglich, diese bergen aber das Risiko, im jeweiligen
Einzelfall von der Finanzverwaltung nicht anerkannt
zu werden. Hier verspricht die Verwendung der Gelangensbestätigung durchaus den Vorteil einer erhöhten
Rechtssicherheit. Und gerade die elektronische Variante
kann einen praktikablen und schnellen Weg des Nachweises bieten.
TAX
Ist Rückwirkung rechtens?
Neue Steuergesetze betreffen oft auch die Vergangenheit. Nun muss Karlsruhe über die Klage einer Organ­
gesellschaft entscheiden.
Wann der Vertrauensschutz endet
Der Fall wirft einmal mehr die Frage nach der Rechtssicherheit auf. Nach welchem Recht kann ein Steuerpflich­
tiger noch disponieren, wenn eine Gesetzesänderung
politisch diskutiert wird, aber noch nicht gilt? Wie
verläss­lich ist dann das aktuell geltende Recht? Bemerkenswert ist die Rechtsauffassung des BFH, dass der
Vertrauensschutz grundsätzlich mit der Einbringung
eines Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung ende,
jedoch spätestens mit der Einbringung eines Gesetzes
in den Bundestag. Was aber gilt dann? Besonders in den
letzten zwei Jahren hat sich gezeigt, wie vielfältig – und
unvorhersehbar – Änderungen in einem laufenden Gesetzgebungsprozess ausfallen können. Selbst Einigungsvorschläge von Vermittlungsausschüssen sind wiederholt
zur Disposition gestellt worden, wie das Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz 2013 zeigte.
© Langrock, Zenit, laif
D
ie Änderung des Körperschaftsteuergesetzes
führte bei einem Wohnungsbauunternehmen dazu,
dass das Finanzamt im Jahr 2004 über 300.000
Euro mehr Körperschaftsteuer verlangte. Eine Chance
darauf zu reagieren, hatte das Unternehmen nicht. Denn
die Novelle, die rückwirkend für den gesamten Veranlagungszeitraum 2004 galt, hatte der Gesetzgeber erst im
August 2004 eingebracht und im folgenden Dezember
verabschiedet. Das betroffene Wohnungsbauunternehmen wehrte sich jedoch gegen den Steuerbescheid und
klagte bis zum Bundesfinanzhof. Die Münchner Richter
stellten nun fest, dass die Klägerin keine zumutbare Möglichkeit mehr hatte, den Rechtsfolgen der Neuregelung
zu entgehen. Im konkreten Fall habe die Anwendungs­
vorschrift zur vororganschaftlichen Mehrabführung im
Richtlinien-Umsetzungsgesetz 2004 zu einer Rückwirkung geführt, die laut BFH die Grundsätze des rechtstaatlichen Vertrauensschutzes verletzt. Das höchste
Finanzgericht hat deshalb das Bundesverfassungsgericht
zur Klärung dieser Thematik angerufen (Beschluss vom
6. Juni 2013, I R 38/11).
Zumindest einem Gesetzesbeschluss des Bundestags und
dem Vorschlag eines Vermittlungsausschusses sprachen
die Karlsruher Richter eine vertrauensbeseitigende Wirkung zu. Die nun beim BVG anstehende erneute Klärung
der Grundsatzfrage zur Rückwirkung im Steuerrecht wird
für viele andere Gesetzgebungsverfahren Bedeutung
haben.
Streitfall Mehrabführung
Im vorliegenden Fall des Wohnungsbauunternehmens,
den der BFH an das BVG überwiesen hat, rührt die höhere
Körperschaftsteuer 2004 übrigens aus einem gegenüber
der Handelsbilanz höheren Wertansatz von Wohngebäuden im Jahr 1990 her. Dieser stammt wiederum aus einer
steuerlichen Zuschreibung vor Beginn des Organschaftsverhältnisses ab 1991. Das Finanzamt behandelte die
Mehrabführung im Streitjahr 2004 nach der gesetzlichen
Neuregelung als Gewinnausschüttung, woraus sich nach
damaligem Recht eine Körperschaftsteuererhöhung
ergab.
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem früheren Beschluss vom 10. Oktober 2012 (1 BvL 6/07) offengelassen, ob bereits die Einbringung eines Gesetzentwurfs das
Vertrauen in den Fortbestand einer Rechtslage zerstört.
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
27
TAX
Compliance
Reporting und Compliance managen
Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Steuerprozesse effizient zu gestalten und zugleich die Einhaltung der Compliance-Vorschriften sicherzustellen.
D
ie Anforderungen an Steuerabteilungen nehmen
zu. Finance Transformation, Shared Service Center
und Prozesseffizienz sind nur einige Stichworte.
Sie alle bedeuten „Mit weniger Mitteln mehr leisten.“
Wie kann Technologie dabei unterstützend wirken? Die
Vorteile einer technischen Lösung für Tax Compliance
und Tax Reporting liegen insbesondere in der effizienten
und weniger fehleranfälligen Nutzung von Unternehmensdaten. Durch Schnittstellen zum ERP-System werden
Fehlerquellen reduziert, die bei manuellen Dateneingaben
entstehen. So werden z. B. Summen- und Saldenlisten
und Reports direkt aus dem ERP-System eingelesen. Darüber hinaus werden Stammdaten – z. B. Bilanzstrukturen,
Kontenpläne und Währungen – in das Tax Reporting Tool
übertragen.
Mehrfach benötigte steuerliche Daten lassen sich an
zentraler Stelle speichern und damit effizienter verfügbar
machen. Unternehmen sparen Zeit und Geld, wenn sie
Organkreise oder Beteiligungsverhältnisse, Kontenpläne sowie Bilanzstrukturen – z. B. bei der Erstellung der
Umsatzsteuervoranmeldung oder der Steuerbilanz – per
Knopfdruck abrufen können.
Die Vielzahl Ihrer Herausforderungen haben wir bedacht
und in das EY Tax Portal einfließen lassen. Das EY Tax
Portal ist ein webbasiertes und modulares System zur
Standardisierung und Automatisierung des gesamten
Tax Compliance und Reporting-Prozesses. Es beinhaltet
Module für die verschiedenen steuerlichen Themenstellungen (siehe Übersicht).
So beinhaltet z. B. das ETR.WEB neben der standardisierten Berechnung für laufende und latente Steuern auf
Einzelabschluss- und Konzernebene eine Überleitung vom
Vorsteuerergebnis auf das zu versteuernde Einkommen.
Die Bewegungsgrößen und der Endbestand der aktiven
und passiven latenten Steuern werden automatisch
errechnet. Hierbei wird zwischen ergebniswirksam und
im Eigenkapital / OCI (Other Comprehensive Income) gebuchten Steuern differenziert. Laufende und latente Steuern können über sogenannte Partner-Berichtsperioden
parallel für HGB- und IFRS-Zwecke berechnet werden. Für
beide Abschlüsse benötigte Daten können automatisch in
die Partner-Berichtsperiode übernommen werden. Alle
Daten werden automatisch von den einzelnen Berichtswährungen in die Konzernwährung umgerechnet (bis zu
drei Konzernwährungen können hinterlegt werden).
EY Tax Portal
ETR.WEB
(Effective Tax Rate)
TBS.WEB
(Tax Balances Sheet)
Interim.WEB
(Interim Reporting)
dient der Berechnung der
laufenden und latenten Steuern
im Einzel- und Konzernabschluss
weltweit. Die Ermittlung der Anhangangaben einschließlich einer
automatisierten Überleitungsrechnung erfolgt effizient und
automatisiert.
beinhaltet einen Bilanzvergleich
kombiniert mit einer detaillierten Steuerberechnung nach
deutschem Steuerrecht (z. B. inkl.
Organschaft, Zinsschranke und
per-country limitation). Aus dem
TBS.WEB können die Daten für die
Steuererklärungen per Knopfdruck in die amtlichen Formulare
übertragen werden. Die Berücksichtigung und Fortschreibung
von Betriebsprüfungsergebnissen wird durch automatische
Fortschreibungsmechanismen
unterstützt.
unterstützt die Berechnung der
erwarteten effektiven Steuerquote und der Ermittlung der
Anhangangaben für Zwecke der
Zwischenberichterstattung.
28
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
CRIS.WEB
(Compliance & Risk
Information System)
dient dem Informationsmanagement. Informationen zum
Veranlagungsstatus, dem Stand
von Betriebsprüfungen oder Verrechnungspreisdokumentationen
können dezentral weltweit erfasst
und zentral abgerufen werden.
Dies gilt auch mit Bezug auf die
systemunterstützte Berechnung
und Dokumentation von Steuerrisiken.
VAT.WEB
(Value added tax)
beinhaltet die automatisierte
Erfassung von Umsatzsteuervoranmeldungen sowie Jahressteuererklärungen und weiterer
Deklarationspflichten.
Compliance
TAX
Feiern ohne Fiskus
Der Bundesfinanzhof vergrößert den finanziellen Spielraum bei Betriebsfesten.
Keine Hinzurechnung von Angehörigen
Bislang rechnet das Finanzamt die Kosten, die auf Ehepartner oder andere Angehörige entfallen, dem jeweiligen
Arbeitnehmer zu. Kostet eine Veranstaltung beispielsweise 60 Euro pro Teilnehmer, überschreiten folglich
Arbeitnehmer mit einem Angehörigen die maßgebliche
110-Euro-Grenze; für sie bedeutet dies Lohnsteuer auf
die vollen 120 Euro. Die obersten Steuerrichter haben
jetzt entschieden: Nehmen Familienangehörige teil, sind
die maßgeblichen Gesamtkosten der Betriebsfeier für
die Ermittlung der steuerlichen Freigrenze zunächst auf
alle Teilnehmer einschließlich der Familienangehörigen
aufzuteilen. Im nächsten Schritt ist der auf die Familienangehörigen entfallende Aufwand – anders als bisher
– den betreffenden Arbeitnehmern grundsätzlich nicht zuzurechnen (Urteil vom 16. Mai 2013, VI R 7/11). Anders
kann es allerdings bei Betriebsfeiern aussehen, die vom
Arbeitgeber nicht selbst durchgeführt werden können
und für sich selbst bereits einen marktgängigen Wert
besitzen. Als Beispiele nennt der BFH den Musicalbesuch
oder die Darbietung von Konzerten berühmter Künstler.
Dann kann die Wertung laut BFH durchaus ergeben, dass
mit einem solchen (Mit)Besuch der Familienangehörigen
dem Arbeitnehmer ein Vorteil zugewendet werden soll.
Folge: Die beim Arbeitnehmer zu berücksichtigenden
Kosten erhöhen sich.
nur solche gehören, die beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auslösen können. Das wiederum erfordere
eine objektive Bereicherung des Arbeitnehmers, wie es
etwa bei den Aufwendungen für die Speisen und Getränke
der Fall ist. Kosten der Buchhaltung oder für einen Eventmanager gehören nach Meinung der Münchner Richter
nicht dazu. Nach deren Sichtweise bereichert sich der
Arbeitnehmer auch nicht durch den äußeren Rahmen. Im
konkreten Fall berücksichtigte der BFH bei der Ermittlung
der Freigrenze nicht die für die Betriebsveranstaltung
angefallene Stadionmiete (BFH-Urteil vom 16. Mai
2013, VI R 94/10). Gleiches gilt für die Reisekosten. Da
die Teilnahme an einer Betriebsveranstaltung beruflich
veranlasst ist, werden die Reisekosten als steuerfreier
Werbungskostenersatz behandelt.
Pauschalversteuerung möglich
In der Praxis ist es oft üblich, dass Arbeitgeber ihre Betriebsveranstaltungen pauschal versteuern, wenn die Freigrenze von 110 Euro überschritten wird. Statt der dann
fälligen individuellen Lohnbesteuerung übernimmt der
Arbeitgeber die Versteuerung zu einem Pauschalsatz von 25 Prozent. Die
Pauschalbesteuerung von
Betriebsveranstaltungen
hat auch den Vorteil, dass
dann keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen.
© Berthold Steinhilber, laif
B
etriebsfeiern können das Arbeitsklima verbessern.
Sie haben aber auch ihre (nicht nur menschelnden)
Tücken. Schließlich sitzt der Fiskus gern mit am
Tisch. Er erhebt Lohnsteuer, wenn der Arbeitgeber mehr
als 110 Euro pro Arbeitnehmer ausgibt. Besonders das
Mitfeiern von Ehepartnern oder anderen Angehörigen
führt immer wieder zu steuerlichem Ärger. Mit zwei Urteilen vergrößert der Bundesfinanzhof nun den finanziellen
Spielraum von Betriebsfeiern und findet eine großzügige
Lösung für mitfeiernde Angehörige. Allerdings bleibt
abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf die Urteile
reagiert.
Stadionmiete zählt nicht mit
In einem zweiten Urteil hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass zu den maßgeblichen Kosten einer Betriebsfeier
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
29
TAX
Controversy
Holdingprivileg im Visier
Betriebsprüfer stellen die Freistellung von Dividenden
infrage. Umso wichtiger ist die richtige Bilanzierung von
Beteiligungen.
I
m Zentrum des deutschen Holdingprivilegs steht die
Freistellung von Dividendeneinkünften und Veräußerungsgewinnen. Sie werden gemäß § 8b KStG zu 95
Prozent von der ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage ausgenommen. Allerdings stellen Betriebsprüfer
dieses Privileg immer öfter infrage. Die Finanzverwaltung
beruft sich dabei auf § 8b Absatz 7 KStG, wonach Banken
und andere Finanzinstitute auf Dividendeneinkünfte und
Veräußerungsgewinne ihrer Beteiligungen voll Steuern
zahlen müssen. Um das Privileg zu behalten, müssen die
Holdings folglich nachweisen, dass sie nicht in die Kategorie der Finanzinstitute fallen.
Schwammige Definition
© C. Sander, F1 Online, Corbis
Was genau ein Finanzunternehmen sein kann, definiert
das Kreditwesengesetz. Leider ist die Abgrenzung eines
Finanzunternehmens im § 1 KWG sehr allgemein gefasst.
Insbesondere § 1 Abs. 3 KWG definiert Finanzunternehmen als Unternehmen, deren Haupttätigkeit darin
besteht, z. B. „Beteiligungen zu erwerben und zu halten“.
Demnach würde
jede deutsche
Holdinggesellschaft unter den
Anwendungsbereich des
KGW und damit
auch des § 8b
Absatz 7 KStG
fallen und die
Dividenden und
Veräußerungsgewinne aus den
Beteiligungen
steuerpflichtig
sein.
BFH schafft Klarheit
Zum Glück für die „normalen“ Holdings hat der Gesetzgeber an die Anwendung der Vorschrift allerdings die
Voraussetzung geknüpft, dass der Erwerb „mit dem Ziel
der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges“
30
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
erfolgt (§ 8b Absatz 7 Satz 2, 2. Halbsatz KStG). Insbesondere dieses Merkmal der Kurzfristigkeit wird dabei von
den Betriebsprüfern oft übersehen. Für Klarheit sorgen
auch drei Urteile, in denen sich der Bundesfinanzhof zur
erforderlichen Eigenhandelsabsicht äußert und dabei
folgende Grundsätze aufstellt:
1. Der Begriff der Eigenhandelsabsicht setzt immer eine
Handelsabsicht mit dem Zweck des kurzfristigen Wiederverkaufs voraus (Urteil vom 12. Oktober 2010,
I B 82/10).
2. Im Zeitpunkt des Erwerbs ist die Zuordnung der Wertpapiere zum Umlauf- oder Anlagevermögen maßgebliches Indiz für das Vorliegen einer kurzfristigen Handelsabsicht (Urteil vom 12. Oktober 2011, I R 4/11).
3. Die buchhalterische Erfassung von Aktien als Anlagevermögen hat (nur dann) keine Indizwirkung zugunsten
eines Steuerpflichtigen, wenn die Verbuchung nicht
zeitnah mit dem Erwerb, sondern erst im Anschluss an
den Verkauf von Aktien erfolgt (Urteil vom
26. Oktober 2011, I R 17/11).
Prophylaxe
Holdings können deshalb die Rechtsfolgen des § 8b
Absatz 7 KStG prophylaktisch vermeiden, wenn die
Haupttätigkeit der Gesellschaft um Sachverhalte ergänzt
wird, die nicht in § 1 KGW genannt sind. Dazu zählt
etwa eine aktive Dienstleistungserbringung. Bei reinen
Holdinggesellschaften ist hingegen darauf zu achten, dass
Beteiligungen im Zeitpunkt des Erwerbs als Anlagevermögen erfasst werden – soweit für diese Beteiligungen das
deutsche Holdingprivileg in Anspruch genommen werden
soll.
Variante B
Umgekehrt bietet die Argumentation der Betriebsprüfung nämlich auch die Chance, steuerliche Verluste aus
der Veräußerung einer Beteiligung geltend zu machen.
Denn der Ausschluss von Finanzinstituten im § 8b
Absatz 7 KStG erfolgte im Jahr 2000 mit dem Gesetz zur
Änderung des Investitionszulagengesetzes, das Banken
und Finanzdienstleistern die Verrechnung ihrer Verluste
aus Derivatgeschäften mit den Aktiengrundgeschäften
ermöglichen soll.
TAX
Controversy
Gelten Due Diligence-Kosten
als Betriebsausgaben?
Finanzverwaltung und Unternehmen streiten sich weiter
um die bilanzielle Behandlung dieser Kosten.
H
eute findet keine Unternehmenstransaktion ohne
vorangehende Due Diligence statt. Daher stellt
sich immer wieder die Frage, ob die Kosten der
Due Diligence als aktivierungspflichtige Anschaffungsnebenkosten oder als sofort abziehbare Betriebsausgaben
zu qualifizieren sind. Regelmäßig zeigt sich dabei in der
Praxis, dass die Finanzverwaltung – insbesondere in der
Betriebsprüfung – versucht, möglichst alle im Zusammenhang mit einer Unternehmenstransaktion entstandenen
Aufwendungen als Anschaffungsnebenkosten zu dekla­rieren. Beim Erwerb von Beteiligungen hat die Qualifizierung als Anschaffungsnebenkosten zur Folge, dass die
Due Diligence-Kosten permanent nicht abzugsfähig sind.
Die Vorgehensweise der Betriebsprüfer ist dabei allerdings nicht mit der Rechtsprechung vereinbar.
BFH-Urteile
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann eine Qualifikation von Due-Diligence-Kosten
als Anschaffungsnebenkosten nur in sehr engen Grenzen
in Betracht kommen. So entschied der BFH vor dem
Hintergrund des § 8b KStG, dass die Kosten für eine
Due Diligence aus Anlass einer gescheiterten Unternehmenstransaktion nicht zu aktivieren seien (Urteil vom
9. Januar 2013, I R 72/11). Leider haben die Münchner Richter aber in diesem Urteil offengelassen, ob Due
Diligence-Kosten in anderen Fällen überhaupt aktivierungsfähig sind.
Auf Grundlage der vorangegangenen ständigen BFHRechtsprechung sind Beratungsaufwendungen dann
als Anschaffungsnebenkosten zu behandeln, wenn die
Aufwendungen zeitlich nach der grundsätzlich gefassten
Erwerbsentscheidung entstehen und die Beratungsaufwendungen nicht eine Maßnahme zur Vorbereitung einer
späteren Erwerbsentscheidung darstellen (Urteil vom
27. März 2007, VIII R 4/02).
Vor oder nach der Kaufentscheidung
Phasen des Unternehmenskaufs
Non-disclosure
agreement
Letter of intent
Due Diligence
Signing
Closing
Eine Due Diligence hat grundsätzlich den Zweck einer
sorgfältigen Prüfung der rechtlichen, wirtschaftlichen und
steuerlichen Verhältnisse des Zielunternehmens und dem
potenziellen Erwerber eine Einschätzung der mit dem
Unternehmen verbundenen Risiken aufzuzeigen. D. h.,
eine Due Diligence ermöglicht es dem Erwerber erst, eine
finale Entscheidung über den Erwerb zu treffen. Vor der
Due Diligence kann sich kein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer ein Bild über die wirtschaftlichen
Chancen und Risiken der Transaktion machen.
Folglich handelt es sich bei der Due Diligence in der Regel
um einen Vorgang, welcher vor der finalen Erwerbsentscheidung stattfindet. Due Diligence-Kosten sind daher in
der Regel Aufwendungen, die der Entscheidung vorangehen und somit als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben
zu qualifizieren sind.
In der unternehmerischen Praxis wird kein gewissenhafter
Geschäftsführer eine finale Erwerbsentscheidung treffen,
ohne sich im Vorfeld über die betriebswirtschaftlichen
Chancen und Risiken des Zielunternehmens zu informieren. Für die gegenteilige Auffassung der Betriebsprüfung
fehlt es insoweit an einer rechtlichen Grundlage.
Entscheidend für die Qualifizierung der Due DiligenceKosten ist somit, zu welchem Zeitpunkt des Unternehmenskaufs die „grundsätzliche Erwerbsentscheidung“
vorliegt.
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
31
TAX
Familienunternehmen
Benachteiligte Geschwister
Steuerneutrale Umstrukturierungen sind in Familienkonzernen möglich – aber nicht bei Schwesterpersonengesellschaften. Eine Novellierung des § 6 Abs. 5 EStG wäre
dringend.
E
in Grundsatz im deutschen Steuerrecht lautet:
Stille Reserven in Wirtschaftsgütern sollten erst
dann steuerpflichtig werden, wenn das jeweilige
Wirtschaftsgut das Unternehmen verlässt, etwa durch
Verkauf an einen fremden Dritten. Denn erst mit der
Veräußerung des Wirtschaftsguts erfährt der Unternehmer eine Steigerung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit. Versteht man das Unternehmen als die Gesamtheit
der unternehmerischen Tätigkeit einer natürlichen oder
juristischen Person („personenbezogener Unternehmensbegriff“), müssten Gewinne auch dann nicht realisiert
werden, wenn der Steuerpflichtige ein Wirtschaftsgut
einem Betrieb entnimmt, um es in einem anderen seiner
Betriebe oder Personengesellschaften zu nutzen. Davon
profitieren vor allem größere Familienunternehmen.
Seltsame Ausnahme
Der betreffende § 6 Abs. 5 EStG erkennt verschiedene
Möglichkeiten an, um Wirtschaftsgüter zwischen den
Betriebsvermögen eines Steuerpflichtigen steuerneutral
zu übertragen oder überführen. Allerdings hat der § 6
Abs. 5 EStG einen Haken: Bei Übertragungen zwischen
Schwesterpersonengesellschaften gilt die Steuerfreiheit
nicht. Warum, weiß niemand so recht. Doch die Finanzverwaltung nimmt diese Regelung ernst, die meisten
Gerichte halten sich daran, und die Familienunternehmen
müssen in solchen Fällen herumkarriolen, um mittels
komplizierter Rechtskonstruktionen doch keine stillen Reserven versteuern zu müssen. Für die neue Bundesregierung wäre es eine lohnende Aufgabe, die Ungereimtheit
im § 6 Abs. 5 EStG aus der Welt zu schaffen, und zwar
mit einer konsistenten Neuregelung der steuerneutralen
Übertragungsmöglichkeiten im Familienkonzern.
Dissenz beim BFH
Beim geltenden Recht ist das höchste deutsche Finanzgericht gespalten, was die steuerneutrale Übertragung
zwischen zwei Schwesterpersonengesellschaften betrifft.
Dagegen hatte sich der I. Senat des Bundesfinanzhofs
entschieden (Urteil vom 25. November 2009, I R 72/08).
Eine andere Auffassung vertrat der IV. BFH-Senat, der
sich für eine buchwertneutrale Übertragung zumindest
zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonenge-
32
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
sellschaften aussprach (Beschluss vom 15. April 2010, IV
B 105/09).
Verfassungsgericht eingeschaltet
Bei einem weiteren, ähnlich gelagerten Sachverhalt hat
der I. Senat kürzlich – wenig überraschend – an seiner
ablehnenden Auffassung festgehalten (Beschluss vom
10. April 2013, I R 80/12). Nach dem abschließend
formulierten Wortlaut des § 6 Abs. 5 EStG komme eine
buchwertneutrale Übertragung zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften nicht in
Betracht. Jedoch sehen die Münchner Richter im Fehlen
einer solchen gesetzlichen Möglichkeit einen Verstoß
gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
Der I. Senat des BFH hat deshalb den Fall dem Bundesverfassungsgericht zur Klärung vorgelegt.
S1-KG
70%
30%
GmbH
70%
30%
S2-KG
Beispiel zur Übertragung zwischen Schwesterpersonengesellschaften
Dieselbe Person ist an beiden Kommanditgesellschaften beteiligt und zudem
noch mit identischen Beteiligungsquoten. Die S1-KG und die S2-KG sind
damit „beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaften“. Aus dem
Betriebsvermögen der S1-KG wird ein Grundstück in die S2-KG unentgeltlich
übertragen. Der geltende Wortlaut des § 6 Abs. 5 EStG sieht für diesen Fall
keine Buchwertfortführung vor. Das hält der I. Senat des BFH für verfassungswidrig.
Der Ball liegt nun in Karlsruhe. Die Ausführungen des
BFH lassen hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht
die steuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern
auf Schwesterpersonengesellschaften ausweitet. Damit
wären nicht nur die beiden BFH-Senate wieder versöhnt.
Für Familienkonzerne ergäben sich neue, unkomplizierte
Möglichkeiten, Wirtschaftsgüter innerhalb ihrer Unternehmensgruppe steuerneutral zu übertragen.
Sperrfristenregelung relativiert
In einer weiteren Entscheidung zum § 6 Abs. 5 EStG hat
sich der BFH zur Anwendbarkeit der Sperrfristregelung
nach einer steuerneutralen Übertragung geäußert (Urteil
vom 31. Juli 2013, I R 44/12). Im konkreten Fall ging es
um eine „Einmann-GmbH & Co. KG“, in deren Gesamthandsvermögen die Kommanditistin (eine Kapitalgesellschaft) ein Grundstück unter den Voraussetzungen des
§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG aus ihrem eigenen Betriebsvermögen steuerneutral übertragen hatte. Die KG veräußerte ihrerseits das eingebrachte Grundstück innerhalb
der dreijährigen Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG. Die
Finanzverwaltung wollte die ursprüngliche Buchwertfortführung – unter Berufung auf eine Verletzung der Sperrfrist – wieder aufheben und rückwirkend den Teilwert des
Grundstücks ansetzen. Diesem rückwirkenden Teilwertansatz widersprach der BFH jedoch. Im vorliegenden
Fall war nämlich die Kommanditistin zum Zeitpunkt der
Einbringung und bis zur Veräußerung des Grundstücks zu
100 Prozent am Ergebnis und Vermögen der KG beteiligt.
Demnach kam es zu keiner interpersonellen Verlagerung
der in dem eingebrachten Wirtschaftsgut ruhenden stillen
Reserven. Der BFH gelangte daher zu der Auffassung,
dass die Sperrfristregelung nach Sinn und Zweck der
Vorschrift auf den Fall der „Einmann-GmbH & Co. KG“
von vornherein gar nicht anzuwenden sei. Der BFH
widersprach damit der Auffassung der Finanzverwaltung,
wonach es bei einer Veräußerung innerhalb der Sperrfrist
selbst dann zu einem rückwirkenden Ansatz des Teilwerts
kommen müsse, wenn die stillen Reserven dem einbringenden Einmann-Gesellschafter formal durch Aufstellung
einer Ergänzungsbilanz zugeordnet werden (BMF-Schreiben zu § 6 Abs. 5 EStG vom 8. Dezember 2011, Rz. 26).
TAX
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Familienunternehmen
Streit um modifizierte Trennungstheorie
Wichtig ist für viele Familienkonzerne auch die Rechtsprechung des IV. BFH-Senats zur Teilentgeltlichkeit (BFHUrteile vom 19. September 2012, IV R 11/12, und vom
21. Juni 2012, IV R 1/08). Zu einer Gewinnrealisierung
kommt es nach der vom IV. Senat vertretenen modifizierten Trennungstheorie nur, soweit das Teilentgelt
(z. B. übernommene Verbindlichkeiten) den gesamten
Buchwert des Wirtschaftsguts übersteigt. Die Finanzverwaltung will bei der Ermittlung eines steuerpflichtigen
Veräußerungsgewinns dagegen nur einen prozentualen
Anteil des Buchwerts mindernd berücksichtigen, entsprechend dem Anteil des Teilentgelts am Verkehrswert
des Wirtschaftsguts. Bis der BFH in einem anhängigen
Revisionsverfahren (Az. X R 28/12) entschieden hat, will
die Finanzverwaltung aber an ihrer bisherigen Auffassung
festhalten (BMF Schreiben vom 12. September 2013).
SBV
Grundstück:
100 (Verkehrswert: 150)
Bankdarlehen: 120
GmbH
S2-KG
Modifizierte Trennungstheorie:
Veräußerungsgewinn = 120 – 100 = 20
—• steuerpflichtig
Beispiel zur modifizierten Trennungstheorie
Ein Kommanditist überträgt ein Grundstück mit einem Verkehrswert von 150 aus seinem Sonderbetriebsvermögen (SBV) bei einer Kommanditgesellschaft (KG) in das Gesamthandsvermögen dieser KG. Gleichzeitig
geht auch das Finanzierungsdarlehen in Höhe von 120 auf die KG über. Insoweit handelt es sich um ein
Entgelt für das Grundstück (sog. Teilentgelt). Nach der modifizierten Trennungstheorie des IV. BFH-Senats
berechnet sich der resultierende Veräußerungsgewinn (20) als Differenz zwischen übernommenem Darlehen
(Teilentgelt in Höhe von 120) und dem vollen Buchwert des Grundstücks in Höhe von 100.
Geht es nach der Finanzverwaltung, liegt der Veräußerungsgewinn im vorliegenden Beispiel dagegen bei
40. Denn vom Teilentgelt in Höhe von 120 wäre danach nur ein anteiliger Buchwert in Höhe von (120/150
* 100 =) 80 abzuziehen. Dabei berechnet sich der Anteil des zu berücksichtigenden Buchwerts nach dem
Verhältnis von Teilentgelt (120) zu Verkehrswert des Grundstücks (150).
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
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TAX
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Auslandsdepots erklären
Das Prinzip der Abgeltungsteuer ist simpel. Auf die
erzielten Kapitalerträge werden von der auszahlenden
Bank direkt 25 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag und
gegebenenfalls Kirchensteuer einbehalten und an den
Fiskus abgeführt. Für den Privatanleger ist damit die
Sache in der Regel erledigt, er muss die Kapitalerträge
nicht mehr in der Einkommensteuererklärung angeben.
Bei Kapitalanlagen im Ausland muss der Steuerbürger
allerdings sämtliche Erträge aus ausländischen thesaurierenden Fonds (auch wenn diese in inländischen Depots
liegen) und bei ausländischen Banken angeben.
Für die ausländischen thesaurierenden Fonds in inländischen Depots ist die Ermittlung des steuerpflichtigen
Betrags einfach: Die Banken müssen diesen auf der
Steuerbescheinigung ausweisen, der Anleger braucht
ihn dann nur in die Steuererklärung zu übernehmen.
Doch Achtung, einige Banken verschicken unvollständige
Steuerbescheinigungen mit dem Hinweis, dass noch nicht
alle Erträge aus ausländischen Fonds berücksichtigt sind.
Auf Rückfrage des Anlegers sind die meisten Banken aber
bereit, eine vollständige Bescheinigung nachzureichen.
Komplizierter ist die ordnungsgemäße Versteuerung von
Kapitalerträgen, die bei ausländischen Banken erzielt
wurden. Diese sind anders als inländische Banken nicht
per Gesetz zu Steuerbescheinigungen verpflichtet. Viele
ausländische Banken stellen ihren deutschen Kunden
jedoch freiwillig Jahreserträgnisaufstellungen zur Verfügung. In der Einkommensteuererklärung anzugeben sind
dabei auch Dividenden von deutschen Aktiengesellschaften, auf die bei der Auszahlung bereits eine deutsche
Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 Prozent plus Soli
einbehalten wurde.
Bei Dividenden im Ausland greift neben dem deutschen Finanzamt auch der dortige Fiskus zu. Der behält
regelmäßig bereits bei der Ausschüttung seine eigene
34
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
Kapitalertragsteuer (Quellensteuer) ein. Anleger können
sich diese grundsätzlich bis zur Höhe der deutschen
Abgeltungsteuer beim deutschen Fiskus anrechnen lassen
(maximal jedoch bis zum jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens-Satz); den übersteigenden Teil kann der
ausländische Fiskus nach den Regeln des DBA erstatten.
Viele Banken unterstützen ihre Kunden mit den Erstattungsanträgen.
Auf Zinsen und andere Erträge, die von einem deutschen
Schuldner auf Wertpapiere in einem ausländischen Depot
des Privatanlegers gezahlt werden, wird – anders als bei
Dividenden – keine Kapitalertragsteuer einbehalten. Diese
Erträge muss der Anleger also in seiner Einkommensteuererklärung deklarieren. Wer ein Konto in der Schweiz,
Luxemburg oder Österreich unterhält und dort Zinserträge erzielt, kann jedoch einer besonderen EU-Quellensteuer unterliegen. Danach muss die ausländische Bank
entweder dem deutschen Fiskus die Zinszahlung melden
oder eine 35-prozentige Quellensteuer einbehalten – den
sog. EU-Steuerrückbehalt. Hier lohnt die Angabe in der
Steueranlage Kap. Der Einbehalt wird in voller Höhe auf
die deutsche Abgeltungsteuer angerechnet, d. h. der
Anleger bekommt rund sieben bis 8,5 Prozentpunkte vom
EU-Steuerrückbehalt zurück.
Übrigens: Kapitalrückzahlungen bei Aktiengesellschaften sind – anders als Dividenden – beim Anleger nicht
steuerpflichtig.
Zankapfel Arbeitszimmer
Der Streit über den Abzug des häuslichen Arbeitszimmers ist eine unendliche Geschichte. Der Fiskus erkennt
die Kosten des Arbeitszimmers nur dann an, wenn dem
Steuerpflichtigen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Typische Beispiele dafür sind Lehrer und
Außendienstarbeiter. Bei der Prüfung legt das Finanzamt
sehr strenge Maßstäbe an. Es fordert, dass das Arbeitszimmer nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird. Ob
auch eine abgegrenzte Raumecke oder eine anteilige
Nutzung den Anforderungen genügen könnte, prüft der
BFH gerade in Revisionsverfahren (u. a. VIII R 10/12; IX
R 23/12). Steuerpflichtige, denen der Fiskus derzeit den
(auch teilweisen) Ansatz eines häuslichen Arbeitszimmers
verwehrt, sollten unter Hinweis auf diese offenen Verfahren Einspruch gegen ihren Einkommensteuerbescheid
einlegen.
Sind die Voraussetzungen der Anerkennung erfüllt, ist die
Abzugshöhe gedeckelt. Höchstens 1.250 Euro pro Jahr
dürfen als Werbungskosten angesetzt werden. Von dieser
Begrenzung gibt es zwei Ausnahmen. Ein unbeschränkter
Abzug wird zum einen dann gewährt, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Steuerzahlers darstellt. Voraussetzung dafür ist
allerdings, dass er dort tatsächlich die wesentlichen und
prägenden Kerntätigkeiten ausübt.
Zum anderen lassen sich die Raumkosten in unbeschränkter Höhe absetzen, wenn ein außerhäusliches Arbeitszimmer vorliegt. Davon kann aber nur die Rede sein, wenn
der Raum deutlich von der privaten häuslichen Sphäre
abgegrenzt ist. Eine häufig akzeptierte Lösung waren
getrennte Hauseingänge. Doch Vorsicht! Nach einem
neuen Urteil des BFH reicht das allein nicht mehr aus.
Im konkreten Fall hat der BFH den separaten Eingang
in einem Zweifamilienhaus nicht akzeptiert. Die Richter
forderten eine Verkehrsfläche, die der Allgemeinheit
zugänglich ist und über die auch andere Personen das
Arbeitszimmer erreichen können (Urteil vom 15. Januar
2013, VIII R 7/10).
Im vorliegenden Streitfall wurde das Zweifamilienhaus
lediglich vom Steuerpflichtigen und seiner Familie
genutzt. Um das Büro zu erreichen, musste trotz des
separaten Hauseingangs niemand die häusliche Sphäre
verlassen. Daher ließen die Richter nur den beschränkten
Abzug von 1.250 Euro zu. Diese Entscheidung dürfte
die Anerkennung zahlreicher außerhäuslicher Arbeitszimmer erschweren. Einen Ausweg kann die Vermietung
von Teilen des Wohnhauses bieten. Mieter dürfen in
diesem Fall sogar nahe Angehörige sein, allerdings unter
„fremdüblichen Kriterien“. Wichtig ist, dass der Zugang
zum Bürotrakt nur über eine auch von Dritten genutzte
Verkehrsfläche möglich ist.
© Südverlag GmbH, Konstanz, 2000
TAX
Dienstwagen? Nein Danke!
Der Dienstwagen bleibt Objekt fiskalischer Begehrlichkeiten und höchstrichterlicher Klarstellungen. Zunächst
einmal die gute Nachricht: Untersagt der Arbeitgeber ausdrücklich eine private Nutzung des Dienstwagens, kann
der Fiskus nach einem Urteil des Bundesfinanzhofes nicht
einfach unterstellen, dass das Fahrzeug dennoch auch privat genutzt wird. Das gilt selbst dann nicht, wenn das Privatnutzungsverbot vom Arbeitgeber nicht überwacht wird.
Und wenn der Mitarbeiter den Dienstwagen verbotswidrig
trotzdem nutzt? Dann drohen zumindest lohnsteuerlich
keine Gefahren, weil die Privatnutzung nach Meinung des
BFH keinen Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis darstellt.
Erlaubt hingegen der Arbeitgeber eine private Nutzung
und der Mitarbeiter verzichtet aber, dann hat letzterer es
künftig schwerer. Denn der Fiskus unterstellt einfach mittels Beweis des ersten Anscheins, dass der Dienstwagen
auch privat genutzt wird. Bisher konnte eine solche Vermutung widerlegt werden. Das geht nach der neuen Lesart des BFH nicht mehr. Jetzt gibt allein die Möglichkeit
der privaten Nutzung den Ausschlag, ob ein geldwerter
Vorteil zu versteuern ist. Die tatsächliche private Nutzung
spielt keine Rolle mehr. Die Folge: Der Dienstwagennutzer
hat monatlich ein Prozent des Bruttolistenpreises seines
Fahrzeugs zu versteuern, selbst wenn er damit keinen
Kilometer privat fährt.
Ein Ausweg ist das Fahrtenbuch, um die rein berufliche
Nutzung nachzuweisen. Aber Vorsicht: An das Fahrtenbuch stellt der Fiskus hohe formale Anforderungen. Und
ein unterjähriger Wechsel auf die Fahrtenbuchmethode
ist grundsätzlich nicht möglich. Eine Ausnahme besteht
bei einem Fahrzeugwechsel. Derzeit klärt der BFH, ob
geänderte Lebensumstände (wie z. B. die Geburt eines
weiteren Kindes), die die private Nutzung eines Dienstfahrzeugs wegen Platzmangels kaum noch möglich
machen, nicht doch zu einem Wechsel zur Jahresmitte
berechtigen. Das Verfahren ist anhängig unter dem Az.
VI R 35/12. Für alle, die ihren Dienstwagen nicht privat
nutzen wollen, ist es derweil am einfachsten, dass sie dies
arbeitsvertraglich eindeutig regeln.
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
35
TAX
+++ Ticker +++
Ertragsteuer
1 Voller Abzug von Substanzverlusten auf
Gesellschafterdarlehen
Aufwendungen im Zusammenhang mit einer im
Betriebsvermögen eines Personenunternehmens gehaltenen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sind nur i. H. v. 60 % abzugsfähig
(§ 3c Abs. 2 EStG). Bisher unterschiedlich
beurteilten BFH und Finanzverwaltung die
Abzugsfähigkeit von Substanzverlusten eines
der Kapitalgesellschaft überlassenen Gesellschafterdarlehens. Während der BFH die
Beteiligung und die Darlehensforderung als
separate Wirtschaftsgüter ansah und die
Teilwertabschreibung in voller Höhe zum Abzug
zuließ, gewährte die Finanzverwaltung den
vollen Abzug nur bei fremdüblicher Darlehensüberlassung. Von dieser Auffassung rückt die
Finanzverwaltung nun ab und folgt dem BFH
(BMF-Schreiben vom 23.10.2013).
Eine später vorgenommene Wertaufholung ist
dann konsequenterweise in voller Höhe steuerpflichtig. Finanzierungskosten für die gewährte
Darlehensforderung unterwirft das BMF dagegen bei teilentgeltlicher oder unentgeltlicher
Darlehensgewährung dem Teilabzugsverbot.
Detailliert legt das BMF die Anwendung der
geänderten Grundsätze auf das Teileinkünfteverfahren in Betriebsaufspaltungsfällen dar.
Hinweis: Ihre geänderte Auffassung, die ent­sprechend für Rückgriffsforderungen aus einer
Bürgschaftsinanspruchnahme gilt, wendet die
Finanzverwaltung in allen offenen Fällen an.
Aus Billigkeitsgründen behandelt die Finanzverwaltung Wertaufholungen auf eine Gesellschafterforderung jedoch dann nur zu 60 % steuer­pflichtig, wenn die vorangegangene Teilwertabschreibung bereits bestandskräftig nur zu 60 %
abzugsfähig war.
2 Berücksichtigung von gewinnabhängigen Pensionsleistungen
Eine Pensionsrückstellung darf nur gebildet
werden, wenn und soweit die Pensionszusage
keine Leistungen in Abhängigkeit von künftigen
gewinnabhängigen Bezügen vorsieht. Laut
BFH ist eine Passivierung aus gewinnabhängigen Vergütungen nicht zulässig, wenn die
Tantiemen am Bilanzstichtag zwar dem Grunde
36
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
und der Höhe nach unwiderruflich feststehen,
aber zum Zeitpunkt der Zusage noch ungewiss
waren (BFH-Beschluss vom 03.03.2010, I R
31/09).
Das BMF reagiert nun auf die restriktive
Einschätzung des BFH (BMF-Schreiben vom
18.10.2013). Bereits am Bilanzstichtag
feststehende gewinnabhängige Pensionsleistungen sind zu passivieren, wenn und soweit
sie dem Grunde und der Höhe nach eindeutig
bestimmt sind. Das erfordert laut BMF auch,
dass die Erhöhung der Versorgungsleistungen
schriftlich durch eine Ergänzung der Pensionszusage gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG
festgeschrieben wurde. Unabhängig vom
maßgebenden Gewinnentstehungsjahr können
die zusätzlichen Versorgungsleistungen wegen
des Schriftformerfordernisses nach § 6a Abs.
1 Nr. 3 EStG erstmals an dem der schriftlichen
Festschreibung folgenden Bilanzstichtag bei der
Rückstellungsbewertung berücksichtigt werden.
Hinweis: Das BMF beanstandet es nicht, wenn
die bis zum Tag der Veröffentlichung dieses
Schreibens im Bundessteuerblatt feststehenden und entstandenen gewinnabhängigen Pensionsleistungen, die an bereits zum jeweiligen
Bilanzstichtag erwirtschaftete und zugeteilte
Gewinne gebunden sind, bis zum 31.12.2014
schriftlich zugesagt werden.
3 EAV mit unzureichender Verlustübernahmeregelung
In der Vergangenheit haben ungenaue Formulierungen der Verlustübernahmeverpflichtung
in Ergebnisabführungsverträgen (EAV) häufig
zu Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung
geführt. Seit der kürzlich in Kraft getretenen „kleinen Organschaftsreform“ muss der
EAV nun einen ausdrücklichen dynamischen
Verweis auf § 302 AktG enthalten. Für Altfälle
wurde eine rückwirkende Heilungsmöglichkeit
eingeführt (§ 34 Abs. 10b Satz 2 KStG). Der
BFH hat sich nun erstmals zu dieser Heilungsmöglichkeit geäußert. Nach seiner Auffassung
ist die rückwirkende Anerkennung eines vor
dem 26.02.2013 wirksam abgeschlossenen
EAV grundsätzlich möglich, wenn dieser unvollständig auf § 302 AktG verweist oder einen
unzureichenden eigenständigen Text bzw. gar
keine Regelung zur Verlustübernahme enthält
(BFH-Urteil vom 24.07.2013, I R 40/12).
Hinweis: Der BFH hält es für ausreichend,
wenn eine Personengesellschaft als Organträgerin im Zeitpunkt der Gewinnabführung, d. h.
zum Ende des Geschäftsjahres der Organgesellschaft, gewerblich tätig ist. Er widerspricht
damit der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben
vom 10.11.2005, Rz. 21).
Umwandlungssteuer
4 Einheitstheorie trotz Mischentgelt bei
Einbringung nach § 24 UmwStG
Bei einer Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Mitunternehmerschaft gegen ein
Mischentgelt, d. h. gegen Gesellschaftsrechte
und ein zusätzliches Entgelt, muss es laut BFH
nicht zwingend zu einer Gewinnrealisierung
kommen (BFH-Urteil vom 18.09.2013, X R
42/10). Nach § 24 UmwStG wird die Aufdeckung stiller Reserven demnach vollständig
vermieden, wenn die Summe aus dem Nominalbetrag der Gutschrift auf dem Kapitalkonto des
Einbringenden bei der Personengesellschaft
und dem zusätzlichen Entgelt den steuerlichen
Buchwert des eingebrachten Einzelunternehmens nicht übersteigt. Der BFH widerspricht
mit seiner sogenannten Einheitstheorie der Finanzverwaltung, die bei Einbringung gegen ein
Mischentgelt den Vorgang nach dem Verhältnis
der jeweiligen Teilleistungen in einen erfolgsneutral gestaltbaren und einen zwingend
erfolgswirksamen Teil aufspalten will (Umwandlungssteuererlass vom 11.11.2011, Tz. 24.07).
Auch entgegen dem BMF (Umwandlungssteuererlass vom 11.11.2011, Tz. 01.47) hält der
BFH die Vorschriften der § 6 Abs. 3 EStG und
§ 24 UmwStG für nebeneinander anwendbar.
Hinweis: Das Urteil betraf zwar § 24 UmwStG
2002 in der für das Streitjahr 2003 geltenden
Fassung. Die Aussagen dürften aber auch auf
die aktuelle Rechtslage übertragbar sein.
Erbschaftsteuer
5 Ländererlass zur Abschaffung der
Cash-GmbH
Die Finanzverwaltung äußert sich zu einigen
Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der im
Juni in Kraft getretenen Beschränkung der
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erbschaftsteuerlichen Begünstigung der sog.
Cash-GmbH (koordinierter Ländererlass vom
10.10.2013). Wie befürchtet interpretiert die
Finanzverwaltung den Begriff der Finanzmittel
weit und zählt u. a. auch Forderungen aus Lieferungen und Leistungen dazu. Forderungen im
Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters
bei einer Personengesellschaft sollen insbesondere auch dann zu den Finanzmitteln gehören,
wenn die Forderung gegen die Personengesellschaft besteht. Hier legt der Ländererlass
detailliert die Ermittlung dar.
Die zur Neuregelung zur Höhe des bei der
Muttergesellschaft als Verwaltungsvermögen
zu berücksichtigenden jungen Verwaltungsvermögens einer Tochterkapitalgesellschaft
(§ 13b Abs. 2 Satz 7 ErbStG) von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung kann zu
einer überschießenden Berücksichtigung von
Verwaltungsvermögen führen.
Hinweis: Der Ländererlass, der auch weitere
erbschaftsteuerliche Neuregelungen enthält,
ist auf alle Erwerbe anzuwenden, für die
die Steuer nach dem 06.06.2013 entsteht.
Umsatzsteuer
6 Anwendungsschreiben zu neuen
Rechnungsanforderungen
Das BMF äußert sich zu Zweifelsfragen der zum
30.06.2013 in Kraft getretenen neuen Anforderungen an die umsatzsteuerliche Rechnungs­
stellung. Das betrifft u. a. die zwingende
Angabe „Gutschrift“ auf einer Rechnung, wenn
der Leistungsempfänger über einen Umsatz
abrechnet. So erkennt das BMF neben der
Angabe „Gutschrift“ Formulierungen an, die in
anderen Amtssprachen für den Begriff „Gutschrift“ in Art. 226 Nr. 10a MwStSystRL
der jeweiligen Sprachfassung verwendet werden (z. B. die englische Formulierung „selfbilling“). Die Begriffe sind in einer Anlage dem
Anwendungsschreiben beigefügt. Die Verwendung anderer Begriffe entspricht nach Auffassung des BMF dagegen nicht den Vorgaben
des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 10 UStG. Allerdings
will die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug
des Leistungsempfängers nicht allein wegen
begrifflicher Unschärfen versagen, wenn die
gewählte Bezeichnung hinreichend eindeutig
ist, die Gutschrift sonst ordnungsgemäß erteilt
wurde und keine Zweifel an ihrer inhaltlichen
Richtigkeit bestehen (BMF-Schreiben vom
25.10.2013).
Hinweis: Für bis einschließlich 31.12.2013
ausgestellte Rechnungen beanstandet es die
Finanzverwaltung nicht, wenn Angaben in der
Rechnung oder Gutschrift nicht den neuen
Vorgaben nach § 14a Abs. 1, 5 und 6 UStG
entsprechen. Ebenso wird die fehlende Angabe
„Gutschrift“ bis zum 31.12.2013 nicht beanstandet.
7 Organisatorische Eingliederung
Der BFH verschärft seine Anforderungen an die
bei der umsatzsteuerlichen Organschaft erforderliche organisatorische Eingliederung, die
regelmäßig eine Beherrschung der laufenden
Geschäftsführung der Organgesellschaft durch
den Organträger erfordert. Bisher genügte dem
BFH, dass der Organträger eine von seinem
Willen abweichende Entscheidung der Organgesellschaft verhindern kann. Der Organträger
musste also nicht auch – positiv – seinen Willen
durchsetzen können. Davon rückt der BFH
ausdrücklich ab. Nun fordert der BFH, dass
der Organträger seinen Willen bei der Organträgerin tatsächlich durchsetzen kann. Dies
hat insbesondere Auswirkungen, wenn die
Geschäftsführung der Organgesellschaft nicht
mehrheitlich personell mit dem Organträger
verflochten ist und dieser auch keine anderen
institutionalisierten Eingriffsmöglichkeiten besitzt (BFH-Urteil vom 08.08.2013, V R 18/13).
Hinweis: Das konkrete Urteil betraf einen Insolvenzfall. Eine in Insolvenz fallende Organgesellschaft scheidet danach aus dem Organkreis
aus, wenn für sie ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dabei angeordnet wird, dass
die Gesellschaft Verfügungen nur noch mit
dessen Zustimmung vornehmen darf. Das Urteil hat aber grundsätzliche Bedeutung. Ob und
wie die Finanzverwaltung darauf reagieren wird,
bleibt abzuwarten. Bestehende umsatzsteuerliche Organschaften sollten jedoch bereits jetzt
schon überprüft werden.
8 Behandlung ausgelagerter Fonds­
beratung
Eine Kapitalanlagegesellschaft erbringt mit ihrer Fondsverwaltung grundsätzlich umsatzsteuerfreie Leistungen (§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG).
Der EuGH und ihm folgend der BFH sehen in
den Empfehlungen eingeschalteter externer
Fondsberater für den Kauf bzw. Verkauf von
Wertpapieren eine enge Verbindung zu der
spezifischen Tätigkeit einer Kapitalanlagegesellschaft und behandeln eine solche ausgelagerte
Fondsberatung ebenfalls als umsatzsteuerfrei
(EuGH-Urteil vom 07.03.2013, C-275/11,
GfBk, BFH-Urteil vom 11.04.2013, V R 51/10).
Dem schließt sich nun auch das BMF an. Eine
zur Umsatzsteuerfreiheit führende enge Verbindung liegt danach vor, wenn die Empfehlung für
den Kauf oder Verkauf von Vermögenswerten
konkret an den rechtlichen und tatsächlichen
Erfordernissen der jeweiligen Wertpapieranlage
ausgerichtet ist, aufgrund ständiger Beobachtung des Fondsvermögens erteilt wird und auf
einem stets aktuellen Kenntnisstand über die
Zusammenstellung des Vermögens beruht.
Die neuen Grundsätze sind in allen offenen
Fällen anzuwenden. Für im Ausland ansässige
ausländische externe Fondsberater, die unter
§ 13b UStG (reverse charge) fallen, besteht
eine Übergangsregelung (BMF-Schreiben vom
28.10.2013).
Hinweis: Die neue Sichtweise führt zu einer
Kostenentlastung für das betroffene Fondsvermögen. Im Inland ansässige Fondsberater
können, sofern sie in der Vergangenheit Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis
für derartige Leistungen erteilt haben, diese
korrigieren und die Erstattung der Umsatzsteuer bei dem für sie zuständigen Finanzamt für
alle offenen Veranlagungszeiträume beantragen. Durch die geänderte umsatzsteuerliche
Behandlung kommt es zu einer Einschränkung
des Vorsteuerabzugs für Leistungen, die
an Unternehmen innerhalb der EU erbracht
werden. Eine Option zur Umsatzsteuer ist für
Leistungen, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. h) UStG
befreit sind, nicht möglich. Unter Umständen
kommt es beim Fondsberater auch zu einer
Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG und
zu Vorsteuerberichtigungen nach § 15a UStG.
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
37
TAX
+++ Ticker +++
Lohnsteuer
9 Steuerliche Behandlung des Arbeitslohns nach den DBA
Nach mehr als zwei Jahren Wartezeit hat das
BMF am 11.11.2013 seine Überarbeitung
des BMF-Schreibens zur steuerlichen Behandlung des Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) vorgelegt. Die
nun im Entwurf vorliegende Fassung (Stand:
08.11.2013) soll das bisherige BMF-Schreiben
vom 14.09.2006 ersetzen.
Änderungen ergeben sich u. a. bei der für die
Zuweisung des Besteuerungsrechts in grenzüberschreitenden Sachverhalten maßgeblichen
sogenannten 183-Tage-Regelung. Hier passt
sich das BMF an den OECD-Musterkommentar
an. Über den OECD-Musterkommentar hinaus
gibt das BMF Kriterien für das Vorliegen eines
wirtschaftlichen Arbeitgebers zur Hand. Das
BMF bestätigt seine bisherige Auffassung zur
Handhabung von Abfindungen und Aktienoptionsplänen in grenzüberschreitenden Sachverhalten, ohne jedoch auf die aktuellen Diskussionen der OECD einzugehen.
Hinweis: Ihre überarbeitete Auffassung will
die Finanzverwaltung bereits in allen noch
nicht bestandskräftigen Fällen angewendet
wissen. Eine Übergangsregelung enthält der
mehr als 70 Seiten umfassende Entwurf nicht.
Es bleibt abzuwarten, inwieweit während der
bis 20.12.2013 dauernden Anhörungsphase
vorgebrachte Kritikpunkte und Änderungsvorschläge noch Eingang in das finale BMF-Schreiben finden.
Grunderwerbsteuer
10 Ländererlasse zu sog. RETT-BlockerStrukturen und Konzernklausel
Nach dem neuen § 1 Abs. 3a GrEStG wird ein
grunderwerbsteuerlicher Erwerbsvorgang
in Fällen fingiert, in denen ein Rechtsträger
unmittelbar und/oder mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung von mindestens 95 % an einer
Gesellschaft erwirbt, zu deren Vermögen ein
inländisches Grundstück gehört (Einschränkung
sogenannter RETT-Blocker-Strukturen). Der
dazu ergangene Ländererlass enthält allerdings
keinen Hinweis darauf, dass die Finanzver-
38
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
waltung im Rahmen des § 1 Abs. 3a GrEStG
losgelöst von dem rechtlichen Anteilsbegriff an
einen wirtschaftlichen Anteilsbegriff anknüpfen will. Die Grundsätze der Vorschrift des § 1
Abs. 3 GrEStG wendet die Finanzverwaltung im
Rahmen des § 1 Abs. 3a GrEStG entsprechend
an. Demzufolge sollen auch die Befreiungsvorschriften der §§ 3 und 6 GrEStG wie bei § 1
Abs. 3 GrEStG anwendbar sein. Laut Finanzverwaltung kann die Verwirklichung des § 1 Abs.
3a GrEStG unabhängig von § 1 Abs. 3 GrEStG
erfolgen. Hier soll jedoch eine Anrechnung
nach § 1 Abs. 6 GrEStG möglich sein (Ländererlass vom 09.10.2013).
Hinweis: Laut einem weiteren Ländererlass
vom selben Tage kann in Fällen des neuen § 1
Abs. 3a GrEStG der Erlass vom 19.06.2012 zur
Konzernklausel des § 6a GrEStG herangezogen werden. Die kürzlich erfolgte Erweiterung
der Konzernklausel will die Finanzverwaltung
aber restriktiv auslegen. Einbringungen sollen
danach nur dann begünstigt sein, wenn es sich
hierbei um Einbringungen von Anteilen handelt
oder durch die Einbringung ein anderer Vorgang gem. § 6a Satz 1 GrEStG (§ 1 Abs. 1 Nr. 3
GrEStG) verwirklicht wird. Die Einbringung von
Grundstücken (i.d.R. steuerbar gem. § 1 Abs. 1
Nr. 1 GrEStG) soll nicht begünstigt sein. Nach
Auffassung der Finanzverwaltung sind die in
§ 6a Satz 3 und 4 GrEStG normierten Voraussetzungen (u. a. fünfjährige Vorbehaltensfrist
und Mindest-Beteiligungshöhe von 95%) nicht
nur für Umwandlungsvorgänge nach dem
UmwG, sondern für alle und damit auch für
die nach der Gesetzesänderung neu begünstigten Fälle der Einbringung und der anderen
Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher
Grundlage zu beachten.
11 Wiedereintritt des Alt-Gesellschafters
Der Übergang von mindestens 95 % der
Anteile am Vermögen einer grundbesitzenden
Personengesellschaft auf neue Gesellschafter
innerhalb von fünf Jahren ist ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang (§ 1 Abs. 2a GrEStG).
Der BFH hatte nun die Frage zu klären, welche
Rolle dabei ein Wiedereintritt eines zuvor
ausgeschiedenen Gesellschafters innerhalb des
relevanten Fünf-Jahreszeitraums spielt. Der
BFH sieht hier keinen Raum für eine zeitraum-
bezogene Betrach­tungsweise. Vielmehr verliert
ein Alt-Gesellschafter mit seinem Austritt
seine Stellung als Gesellschafter i. S. d. § 1
Abs. 2a Satz 1 GrEStG. Mit seinem erneuten
Wiedereintritt ist der (Alt-)Gesellschafter als
Neu-Gesellschafter i. S. d. § 1 Abs. 2a GrEStG
zu behandeln, der bei Vorliegen der weiteren
Voraussetzungen dann auch grunderwerbsteuerbar ist. Daran ändert es auch nichts, wenn
Aus- und Wiedereintritt innerhalb von fünf
Jahren erfolgen (BFH-Urteil vom 16.05.2013,
II R 3/11).
Hinweis: Bei der Befreiungsvorschrift des § 6
Abs. 3 GrEStG kommt es laut BFH dagegen
nicht darauf an, ob ein Gesellschafter zunächst
ausscheidet und später wieder unmittelbar oder
mittelbar beteiligt ist. Der BFH weist ausdrücklich darauf hin, dass die mit einem Ausscheiden
eines Gesellschafters verbundenen Rechtsfolgen nur durch Anteilsrückübertragung auf den
vormaligen (Alt-)Gesellschafter nach § 16 Abs.
2 GrEStG beseitigt werden können.
12 Mittelbare Gesellschafterwechsel einer
Personengesellschaft
Die Finanzverwaltung wendet die Rechtsprechungsänderung des BFH zu mittelbaren
Gesellschafterwechseln einer Personengesellschaft nicht an (Gleich lautende Ländererlasse
vom 09.10.2013). Als sog. fiktiver Grundstückserwerb ist die Übertragung von mindestens
95 % der Anteile am Vermögen einer grundbesitzenden Personengesellschaft auf neue Gesellschafter grunderwerbsteuerbar (§ 1 Abs. 2a
GrEStG). Anders als bisher nimmt der BFH eine
ausschließlich wirtschaftliche Betrachtungsweise bei mittelbaren Gesellschafterwechseln vor
(BFH-Urteil vom 24.04.2013, II R 17/10). Laut
BFH ist es unbeachtlich, wenn der bisherige
mittelbare Gesellschafter seine Anteile lediglich
auf ein Tochterunternehmen überträgt. Dabei
sieht der BFH sowohl beteiligte Personengesellschaften als auch Kapitalgesellschaften
insoweit als transparent an.
Hinweis: Die Finanzverwaltung hält damit weiter an ihrer restriktiven Auffassung fest, nach
der eine sog. Verlängerung der Beteiligungskette regelmäßig die Steuerbarkeit i. S. d. § 1
Abs. 2a GrEStG begründet und wirtschaftliche
Erwägungen nicht berücksichtigt werden.
TAX
13 Höhere Grunderwerbsteuer in Berlin
Das Abgeordnetenhaus Berlin hat am
07.11.2013 einer erneuten Erhöhung des
Grunderwerbsteuersatzes zugestimmt (GVOBl.
2013, S. 583). Der neue erhöhte Steuersatz
von 6 % (bisher 5 %) greift für alle ab dem
01.01.2014 verwirklichten Rechtsvorgänge.
Blick über die Grenze
14 DBA mit Luxemburg in Kraft getreten
Mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden
am 30.09.2013 ist das neue DBA zwischen
Deutschland und Luxemburg vom 23.04.2012
in Kraft getreten. Es wird ab dem 01.01.2014
zur Anwendung kommen und ersetzt das bisherige DBA aus dem Jahr 1958.
Hinweis: Das neue DBA orientiert sich strukturell und inhaltlich am OECD-Musterabkommen
und enthält u. a. einen umfassenden Informationsaustausch hinsichtlich Steuern jeder Art.
Die grenzüberschreitende Gewinnaufteilung
zwischen Stammhaus und Betriebsstätte erfolgt
nach dem „Authorised OECD Approach (AOA)“
entsprechend Art. 7 OECD-MA 2010.
15 Neues DBA mit den Philippinen
unterzeichnet
Am 09.09.2013 haben Deutschland und die
Philippinen ein neues DBA unterzeichnet, das
nach Inkrafttreten an die Stelle des bestehenden Abkommens aus dem Jahr 1983 treten
wird. Das weitere Ratifizierungsverfahren wird
erfahrungsgemäß mehrere Monate in Anspruch
nehmen, so dass mit dem Inkrafttreten im
Laufe des kommenden Jahres zu rechnen ist.
Anwendbar wäre das neue Abkommen dann
voraussichtlich ab dem 01.01.2015.
Hinweis: Anders als die deutsche DBA-Verhandlungsgrundlage enthält das neue DBA mit
den Philippinen nicht den Authorised OECD
Approach (AOA) zur Betriebsstättengewinn­
abgrenzung.
16 DBA Niederlande verzögert sich
Das am 12.04.2012 zwischen Deutschland und
den Niederlanden unterzeichnete DBA sollte
ursprünglich ab 01.01.2014 in Kraft treten.
Aufgrund von Verzögerungen im nationalen
Umsetzungsprozess in den Niederlanden
wird die für das Inkrafttreten erforderliche
Ratifikation nicht mehr bis Ende 2013 erfolgen.
Dazu hätten die Ratifikationsurkunden bis Ende
Oktober 2013 ausgetauscht werden müssen.
Eine erstmalige Anwendung ist daher erst ab
01.01.2015 wahrscheinlich.
Hinweis: Das neue DBA folgt bei der grenzüberschreitenden Gewinnabgrenzung zwischen
Stammhaus und Betriebsstätte der uneingeschränkten Selbständigkeitsfiktion der
Betriebsstätte entsprechend der Neufassung
des Art. 7 OECD-Musterabkommen 2010 (sog.
„Authorised OECD Approach“). Neu enthalten
ist eine sog. Geschäftsführer-Klausel, nach der
das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus
der Tätigkeit als Geschäftsführer ausschließlich
dem Staat zugewiesen wird, in dem die Gesellschaft ansässig ist.
17 Anwendung von DBA auf Personen­
gesellschaften
Das BMF hat sein Schreiben vom 16.04.2010 zur
„Anwendung der DBA auf Personengesellschaften“ überarbeitet und am 05.11.2013 ein entsprechendes Entwurfsschreiben veröffentlicht.
In dem Entwurf das BMF von seinem bisherigen Standpunkt ab, dass eine gewerblich
geprägte Personengesellschaft für Deutschland
als Anwenderstaat eines DBA ausschließlich
„Unternehmensgewinne“ im Sinne des DBA
erzielt. Stattdessen sollen bei gewerblicher
Prägung und bei Besitzpersonengesellschaft im
Rahmen einer Betriebsaufspaltung regelmäßig
die Grundsätze für vermögensverwaltende Personengesellschaften zur Anwendung kommen.
Sie folgt damit der Rechtsprechung des BFH
(Urteile vom 28.04.2010, I R 81/09, und vom
25.05.2011, I R 95/10). Ausführlich geht der
Entwurf auf die mit dem AmtshilferichtlinieUmsetzungsgesetz eingeführte Neuregelung des § 50i EStG ein (Besteuerung stiller
Reserven in Wirtschaftsgütern und Anteilen
an Kapitalgesellschaften i. S. d. § 17 EStG in
bestimmten Wegzugsfällen).
Hinweis: Von Interesse sind auch die Ausführungen zu dem zuletzt im Juni 2013 mit Rückwirkung geänderten § 50d Abs. 10 EStG, der
im Wege eines „treaty override“ die deutsche
Besteuerung von Sondervergütungen, die an
Steuerausländer gezahlt werden, sicherstellen
soll. Aus Sicht des BMF sollen von dieser Vorschrift Erträge und Aufwendungen nicht erfasst
werden, die mit Sonderbetriebsvermögen II in
Zusammenhang stehen.
18 Abkommensberechtigung einer
S-Corporation
Eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft kann
in den USA für eine transparente Besteuerung
als sog. S-Corporation optieren. Sie ist dann
nicht in den USA körperschaftsteuerpflichtig,
ihre Einkünfte werden bei ihren in den USA
ansässigen Gesellschaftern besteuert. Der BFH
bejaht die Nutzung des Schachtelprivilegs des
Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA nun
auch für die seit dem Änderungsprotokoll vom
01.06.2006 geltende Fassung. Die S-Corporation konnte daher selbst die Erstattung zu viel
einbehaltener Quellensteuer beanspruchen
(BFH-Urteil vom 26.06.2013, I R 48/12).
Hinweis: Das Urteil erging noch zu der Rechtslage vor Geltung des kürzlich neu eingeführten
§ 50d Abs. 1 Satz 11 EStG. Nach dieser Regelung soll der Erstattungsanspruch für nach dem
30.06.2013 gezahlte Dividenden bei Auseinanderfallen von Gläubiger und Steuerpflichtigem
nur derjenigen Person zustehen, der die Dividenden nach den Steuergesetzen des anderen
DBA-Vertragsstaats als Einkünfte oder Gewinne
einer ansässigen Person zugerechnet werden.
Sonstiges
19 Aktienoptionsprogramm für
Aufsichtsräte
Der BFH wendet seine für Arbeitnehmer bestehende Rechtsprechung zur Beurteilung von
Vorteilen aus Aktienoptionsprogrammen auch
bei Aufsichtsräten an. Wie in den Arbeitnehmerfällen erfolgt der Zufluss im Zeitpunkt der
Ausübung der Option. Die Höhe der Einkünfte
bemisst sich nach der Differenz zwischen
Ausgabepreis und dem tatsächlichen Wert der
Aktien im Zeitpunkt der Ausübung der Option
(BFH-Urteil vom 09.04.2013, VIII R 19/11).
Hinweis: Im konkreten Fall nahm ein Aufsichtsratsmitglied einer nicht börsennotierten AG an
einer Maßnahme zum Bezug neuer Aktien teil,
die nur Mitarbeitern und Aufsichtsratsmitgliedern der AG eröffnet war (Mitarbeiterbeteili-
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
39
TAX
Wichtige Steuertermine
gungsprogramm). Der Aufsichtsrat nutzte die
ihm eingeräumte Option, die von ihm gezeichneten Aktien innerhalb einer bestimmten Frist
zum Ausgabekurs an die AG zurückzugeben.
Aufgrund der Veranlassung durch die Tätigkeit
als Aufsichtsrat stufte der BFH den sich daraus
ergebenden Vorteil als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG
ein.
20 Erneute Vorlage des Solidaritätszuschlags
Das FG Niedersachsen hält den Solidaritätszuschlag weiter für verfassungswidrig und legt
dem BVerfG erneut den Solidaritätszuschlag
zur Prüfung vor (Beschluss vom 21.08.2013, 7
K 143/08, Pressemitteilung vom 22.08.2013).
Konkret ist die Festsetzung des Solidaritätszuschlags im Veranlagungszeitraum 2007
betroffen. Bereits in 2009 hatte das FG dem
BVerfG die Frage vorgelegt. Das BVerfG hatte
diese Vorlage jedoch als unzulässig verworfen
(Beschluss vom 08.09.2010, 2 BvL 3/10).
Hinweis: Die Festsetzungen des Solidaritätszuschlags erfolgen ab dem Veranlagungszeitraum 2005 vorläufig (BMF-Schreiben vom
29.08.2013). Soweit ein Vorläufigkeitsvermerk
auf der Festsetzung enthalten ist, ist insoweit
kein Einspruch erforderlich.
21 Neuregelung der Grundsteuer in Italien
Ab dem Kalenderjahr 2012 erhebt Italien auch
Grundsteuer auf ausländisches Grundvermögen von Grundstückseigentümern, die ihren
steuerlichen Wohnsitz in Italien haben. Die
auf die deutsche Immobilie gezahlte deutsche
Grundsteuer kann auf die italienische Grundsteuer angerechnet werden.
Hinweis: Bemessungsgrundlage ist der sog.
Katasterwert der Immobilie. Nach Verlautbarungen der Finanzverwaltung bestehen keine
Bedenken, auf entsprechende Anfragen der
Privatpersonen den Einheitswert im Rahmen
einer formlosen Mitteilung mitzuteilen (vgl. Koordinierter Erlass des FM Baden-Württemberg
vom 23.07.2013, IStR 2013, S. 756).
40
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
27.12.2013
Umsatzsteuer Elektronische Übermittlung
der Zusammenfassenden Meldung (ZM) für
den Monat November 2013
25.02.2014
Umsatzsteuer Elektronische Übermittlung
der Zusammenfassenden Meldung (ZM) für
den Monat Januar 2014
31.12.2013
Körperschaftsteuer Gesonderte Feststellung der Beträge der Einlagenrückgewähr
bei in anderen EU-Staaten unbeschränkt
steuerpflichtigen Körperschaften für das
Jahr 2012 (§ 27 Abs. 8 Satz 4 KStG)
Kapitalertragsteuer Anträge auf Kapitalertragsteuererstattung für Leistungen aus
2012 (§ 44b Abs. 3 EStG)
Abgabe von Steuererklärungen
Ende der allgemeinen Fristverlängerung
Spar- und Wohnungsbauprämie
Antrag auf Spar- und Wohnungsbauprämien
für das Jahr 2011
28.02.2014
Lohnsteuer Elektronische Übermittlung der
Lohnsteuerbescheinigung 2013
10.01.2014
Lohnsteuer Elektronische Übermittlung der
Anmeldung und Abführung der im Monat
Dezember 2013 einbehaltenen Lohnsteuer
und Kirchenlohnsteuer
Umsatzsteuer Elektronische Übermittlung
der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den
Monat Dezember 2013 und Entrichtung der
Umsatzsteuer
Steuerabzugsbeträge bei beschränkt
Steuerpflichtigen Elektronische Übermittlung der Anmeldung und Abführung der im
vierten Kalendervierteljahr 2013 einbehaltenen Aufsichtsratsteuer und der sonstigen
Steuerabzugsbeträge bei beschränkt Steuerpflichtigen
27.01.2014
Umsatzsteuer Elektronische Übermittlung
der Zusammenfassenden Meldung (ZM) für
den Monat Dezember 2013
11.02.2014
Lohnsteuer Elektronische Übermittlung der
Anmeldung und Abführung der im Monat
Januar 2014 einbehaltenen Lohnsteuer und
Kirchenlohnsteuer
Umsatzsteuer Elektronische Übermittlung
der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den
Monat Januar 2014 und Entrichtung der
Umsatzsteuer
15.02.2014
Gewerbesteuer Vierteljahresrate
Grundsteuer Vierteljahresrate
10.03.2014
Einkommen-, Kirchen- und Körperschaftsteuer sowie Solidaritätszuschlag
Vierteljährliche Vorauszahlung
Lohnsteuer
Elektronische Übermittlung der Anmeldung
und Abführung der im Monat Februar 2014
einbehaltenen Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer
Umsatzsteuer
Elektronische Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Februar
2014 und Entrichtung der Umsatzsteuer
25.03.2014
Umsatzsteuer
Elektronische Übermittlung der Zusammenfassenden Meldung (ZM) für den Monat
Februar 2014
31.03.2014
Grundsteuer
Antrag auf (teil)weisen Erlass der Grundsteuer 2013 wegen wesentlicher Ertragsminderung
10.04.2014
Lohnsteuer
Elektronische Übermittlung der Anmeldung
und Abführung der im Monat März 2014
einbehaltenen Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer
Umsatzsteuer
Elektronische Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat März 2014
und Entrichtung der Umsatzsteuer
Steuerabzugsbeträge bei beschränkt
Steuerpflichtigen Elektronische Übermittlung der Anmeldung und Abführung der im
ersten Kalendervierteljahr 2014 einbehaltenen Aufsichtsratsteuer und der sonstigen
Steuerabzugsbeträge bei beschränkt Steuerpflichtigen
25.04.2014
Umsatzsteuer
Elektronische Übermittlung der Zusammenfassenden Meldung (ZM) für den Monat
März 2014
Gipfelgespräch
Familienunternehmen
2014
Sie.
Steuern.
Unternehmen.
25. und 26. Februar 2014
in Frankfurt am Main
Ansprechpartner: Anne-Christin Behnke
anne-christin.behnke@de.ey.com
Wackeliger
Werkvertrag
Bei Dauereinsätzen von externen Arbeitskräften besteht
die Gefahr einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung.
E
ntscheidend für die Anerkennung eines Werkvertrages ist dessen tatsächliche Durchführung.
Werden entgegen dem Wortlaut des Vertrags
externe Arbeitskräfte in den Betrieb eines Unternehmens
eingegliedert, kann ein rückwirkendes Arbeitsverhältnis
vorliegen und dem Unternehmen drohen erhebliche arbeitsrechtliche, sozialversicherungsrechtliche, steuerliche
und möglicherweise sogar strafrechtliche Konsequenzen.
Die Problematik verdeutlicht eine aktuelle Ent­schei­­dung des LAG Baden-Württemberg, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt: Ein Großunternehmen schloss
mit einem Dienstleister für Informationstechnologie
(Provider), welcher keine Erlaubnis zur Arbeitnehmer­
überlassung nach § 1 Abs. 1 AÜG besaß, einen Rahmenvertrag ab, bei dem es um das Erbringen von IT-Betriebs­
leistungen im Rahmen eines Werkvertrages ging. Dieser
Provider beauftragte wiederum ein IT-Systemhaus (Subunternehmer) mit der Erbringung der IT-Dienstleistungen
beim Großunternehmen. Der Subunternehmer schickte
schließlich zwei freie Mitarbeiter zum Großunternehmen.
Dort arbeiteten die beiden IT-Fachkräfte über mehrere
Jahre hinweg und betreuten die EDV im Rahmen eines
sogenannten Ticketsystems, das der Bearbeitung von
Kundenanfragen mithilfe von Ticketnummern dient. Während dieses gesamten Zeitraums hatten sie keine weiteren
Auftraggeber. Der Einsatzzeitraum pro Jahr wurde auf
maximal 220 Personentage festgelegt bei einer täglichen
Arbeitszeit von mindestens acht Arbeitsstunden. Von
dem Großunternehmen erhielten sie einen festen Arbeitsplatz und Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt. Urlaub und
Krankheit waren beim Provider anzumelden.
42
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
Ablehnung in erster Instanz
Das Großunternehmen kündigte den Vertrag mit dem
Provider, und die zwei IT-Experten verloren prompt ihre
Arbeit beim Provider. Sie beantragten beim Arbeitsgericht festzustellen, dass zwischen ihnen und dem
beklagten Großunternehmen ein festes Arbeitsverhältnis
besteht und sie aufgrund dessen dort weiter zu beschäftigen sind. Die Kläger vertraten die Auffassung, dass sie
infolge direkter Weisungen und einer Eingliederung in den
Betrieb zu Arbeitnehmern des Großunternehmens geworden wären. Das Arbeitsgericht schloss sich dieser Ansicht
nicht an und lehnte in erster Instanz die Klagen ab.
Die Berufung hatte hingegen Erfolg. Das LAG BadenWürttemberg kam zu der Überzeugung, dass die Kläger
als Fremdpersonal im Wege einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung und nicht infolge einer werkvertraglichen
Beauftragung zwischen dem Provider und dem Großunternehmen eingesetzt wurden und damit ein Arbeitsverhältnis zwischen den Klägern und dem Großunternehmen
besteht (Urteil vom 1. August 2013, 2 SA 6/13).
Erfolgreiche Berufung
Nach Ansicht der Richter kann von einer Eingliederung in
den Betrieb eines Unternehmens ausgegangen werden,
wenn es sich um einen jahrelangen Einsatz von Mitarbeitern eines Auftragnehmers in den Betriebsräumen des
Auftraggebers unter Verwendung von dessen Betriebsmitteln und aufgrund von dessen Weisungen handelt. Als
Folge dieser Eingliederung liegt ein „Scheinwerkvertrag“
LAW
Hinsichtlich der Abgrenzung zwischen Werk-/Dienstvertrag und einer (verdeckten) Arbeitnehmerüberlassung ist
laut dem LAG darauf abzustellen, ob eine Eingliederung
in den Betrieb des Auftraggebers und arbeitsvertragliche Weisungen des Auftraggebers erfolgten. Auf die
Bezeich­nung und die Inhalte der zwischen den Parteien
vereinbarten Verträge kommt es dagegen nicht an, wenn
die tatsächlichen Begebenheiten nicht „gelebt“ werden. Das Gericht stellte hier fest, dass die tatsächliche
Durchführung des Ticketsystems in großem Umfang nicht
den Regelungen im vereinbarten Werkvertrag entsprach.
Zudem waren die beiden Kläger im Ergebnis für bestimmte Bereiche des beklagten Großunternehmens allein
zuständig. Infolgedessen wandten sich die Arbeitnehmer
des beklagten Großunternehmens unmittelbar an die
Kläger. In der Gesamtschau waren die Kläger daher nach
Auffassung des LAG persönlich abhängig, da sie nicht
im Wesentlichen frei ihre Tätigkeiten gestalten und ihre
Arbeitszeit bestimmen konnten.
Umfangreiche Integration
Das LAG Baden-Württemberg stellte zwar auch fest, dass
ein zwischen einem Auftragnehmer (hier: Provider) und
einem Auftraggeber vereinbartes Ticketsystem grundsätzlich dem Wesen eines Werkvertrags entsprechen
kann. Es ergebe sich jedoch eine andere rechtliche Bewertung, wenn Arbeitnehmer des Auftraggebers außerhalb
dieses Ticketsystems Beschäftigte des Auftragnehmers
in größerem Umfang direkt beauftragen und diese
Beauftragungen sowohl zeitlich-örtliche Vorgaben als
auch personenbezogene Anweisungen enthalten. Es sei
dann von einem „Scheinwerkvertrag“ auszugehen, wenn
es sich hierbei nicht um untypische Einzelfälle, sondern
um beispielhafte Erscheinungsformen einer durchgängig
ausgeübten Vertragspraxis handelt. Im konkreten Fall gab
es beispielsweise Mails mit Aufforderungen, an Besprechungen teilzunehmen und die Einweisung eines neuen
Mitarbeiters vorzunehmen.
Bewertung
Ungeachtet des Urteils handelt es sich bei sogenannten
Ticketsystem-Aufträgen um eine in der Praxis übliche
und anerkannte Form der werkvertraglichen Vertragsgestaltung. Eine Arbeitnehmerüberlassung – und damit ein
Scheinwerkvertrag – liegt aber dann vor, wenn die externen Arbeitskräfte als Arbeitnehmer in die Betriebsorganisation des Auftraggebers (einsetzenden Unternehmens)
eingegliedert werden und von diesem direkte arbeitsvertragliche Weisungen erhalten. Entscheidend ist eine
Gesamtbetrachtung. Die Entscheidung des LAG BadenWürttemberg macht deutlich, dass bei Werk- und auch
Dienstverträgen strikt auf die tatsächliche Durchführung
© Thinkstock
vor und es wird ein Arbeitsverhältnis zwischen den
Beschäftigten des Auftragnehmers und dem Auftraggeber als Arbeitgeber gemäß §§ 10 Abs. 1 Satz 1, 9 Nr. 1
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz fingiert.
der getroffenen Vereinbarungen zu achten ist, da das
Unternehmen erhebliche Nachteile treffen können. So
ergeben sich im Fall der Eingliederung nicht nur Ansprüche der externen Arbeitskraft u. a. auf den tariflichen/
üblichen Lohn, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, auf
Urlaub nach dem BUrlG sowie auf Kündigungsschutz.
Der Auftraggeber hat auch Sozialversicherungsbeiträge
abzuführen und ist dafür haftbar. Letztlich können dem
Auftraggeber wegen seiner infolge der Eingliederung bestehenden Pflicht zur Entrichtung von Lohnsteuer sogar
Strafverfahren wegen Vorenthalten und Veruntreuen von
Arbeitsentgelt sowie wegen Hinterziehung von Lohn- und
Umsatzsteuer drohen.
Ihr Autor
Dr. Karsten Umnuß
Partner/Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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karsten.umnuss@de.ey.com
• Dr. Karsten Umnuß ist Partner im Arbeitsrecht bei
EY Law und betreut national und multinational tätige
Unternehmen im laufenden Tagesgeschäft sowie bei
Restrukturierungen, Transaktionen und speziellen Beratungsprojekten.
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
43
LAW
Auflagen für Ratingagenturen
Moody’s, Fitch und S&P gelten als Mitverursacher der
Weltfinanzkrise. Die EU will ihre Macht beschneiden.
Schadensersatz
Ratingagentur
Gründung
Moody’s
1909
S&P
1860
Fitch Ratings
1913
Anleger und Emittenten können Ratingagenturen für
Bewertungsfehler künftig leichter haftbar machen, als
dies bisher der Fall war. Beurteilt ein Ratingunternehmen
ein Unternehmen oder einen Staat vorsätzlich oder grob
fahrlässig falsch, können Anleger oder Emittenten vor
Gericht Schadensersatz verlangen. Der Anleger muss
allerdings nachweisen, dass er sich bei seiner Investitionsentscheidung auf das Rating verlassen hat.
Umsatz 2012
Nicht immer sind die Dinge so klar wie im Fall
in Mrd. US$
der Investmentbank Lehmann Brothers, die
von Standard & Poors noch drei Tage vor dem
Zusammenbruch als gut bewertet worden war.
Adressaten der EU-Verordnung sind allerdings
grundsätzlich nur Agenturen mit einem Sitz in
der EU, die das Rating erstellen, veröffentlichen
1,0
oder weitergeben.
2,7
2,0
Rotationspflicht
Einige Unternehmen müssen nun alle vier Jahre die
Ratingagenturen wechseln. Dies gilt jedoch vorerst nur
für eine kleine Untergruppe von komplex strukturierten Finanzprodukten. Der ursprüngliche Vorschlag von
EU-Kommissar Michel Barnier, eine generelle Rotationspflicht einzuführen, wurde vom Europaparlament nicht
44
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
© Thinkstock
I
hre Bewertungen haben einen imperativen Anklang,
fast wie das Daumenheben oder -senken einst in der
antiken Kampfarena. Ratings von Moody’s, Fitch oder
Standard & Poor’s sind ein wichtiges, wenn nicht gar das
entscheidende Beurteilungskriterium für Banken, Anleger
und Investoren. Es kann über die Finanzierung und letztlich das Schicksal eines Finanzproduktes, von Unternehmen und sogar ganzer Staaten entscheiden. Selbst ein
an sich gesundes Unternehmen kann durch ein schlechtes Rating in eine Krise geraten, da höhere Finanzierungskosten die Gewinne schmälern und die Bonität des
Unternehmens damit weiter sinkt. Um die Marktmacht
der Ratingagenturen auf die Finanzmärkte zu begrenzen,
hat das Europaparlament ein Bündel von Maßnahmen
verabschiedet, das am 20. Juni 2013 in Kraft getreten
ist. Das Legislativpaket besteht aus der Verordnung EU
Nr. 462/2013 und der Richtlinie 2013/14/EU.
übernommen. Für Anteilseigner von Ratingagenturen,
die an einem bewerteten Unternehmen beteiligt sind oder
dort einsteigen wollen, gibt es künftig Beschränkungen
bzw. Offenlegungspflichten. Um Interessenskonflikte zu
vermeiden, darf eine Ratingagentur in solchen Fällen
möglicherweise keine Beurteilungen durchführen. Beteiligungen über fünf Prozent bei mehr als einer Ratingagentur sind untersagt, es sei denn, sie gehören derselben
Gruppe an.
Feste Termine für Länderratings
Die Ratingagenturen dürfen EU-Staaten nur noch an drei
zuvor festgelegten und bekannt gegebenen Terminen
im Jahr bewerten. Damit will die EU verhindern, dass
gezielte zeitliche Veröffentlichungen von Ratings die Lage
in EU-Krisenländern nicht noch künstlich verschärfen. Ein
Länderrating muss außerhalb der europäischen Börsenzeiten erfolgen, und überdies ist die betroffene Regierung
vorab zu informieren.
Die neuen Auflagen für Ratingagenturen stoßen im Europäischen Parlament grundsätzlich auf Zustimmung. Doch
die Marktmacht der großen drei Ratingagenturen aus
den USA dürfte dadurch kaum angetastet werden, zumal
es in Europa selbst keine große Ratingagentur gibt. SPD
und Grüne im Europäischen Parlament bemängeln, dass
die neuen Regelungen nicht weit genug gehen und weit
hinter den ursprünglichen Plänen der EU-Kommission
zurückbleiben.
LAW
Raus aus der Haftung
Wer für den Kredit seiner Gesellschaft auf unbestimmte
Zeit einsteht, darf den Sicherungsvertrag in besonderen
Fällen kündigen.
Schwere Erkrankung
In dem vom OLG Nürnberg zu entscheidenden Fall hatte
ein Gesellschafter und Geschäftsführer sein Festgeldkonto für die laufenden Verbindlichkeiten einer GmbH
gegenüber der Bank verpfändet. Den Sicherungsvertrag
kündigte er, als er aufgrund schwerer Erkrankung nicht
mehr in der Lage war, einen bestimmenden Einfluss auf
die Gesellschaft auszuüben. Darüber kam es zu einer
Klage. Das Gericht verwies nun auf § 314 BGB, wonach
eine Kündigung der Sicherheit aus wichtigem Grund möglich sei. Darunter fallen sowohl der Verlust der Stellung
als Gesellschafter (einschließlich die Verminderung des
Beteiligungsumfanges) als auch als Geschäftsführer, wenn
der Sicherungsgeber damit die Möglichkeit verliert, auf
die Geschicke der Gesellschaft entscheidenden Einfluss
zu nehmen. Hierzu zählt laut OLG Nürnberg auch ein
faktischer Ausfall infolge einer schweren Erkrankung.
Voraussetzung für das Kündigungsrecht ist allerdings,
dass die Gesellschafterstellung Anlass für die Leistung
der Sicherheit war. Auch eine erhebliche Verschlechte-
rung der Vermögenslage der Gesellschaft rechtfertigt die
Kündigung einer Sicherungsabrede des Gesellschafters,
da ihm die Erstreckung seiner Verpflichtung auf immer
neue Verbindlichkeiten der Gesellschaft nach Treu und
Glauben nicht weiter zuzumuten ist.
Mit Kündigungsfrist
Nach der Rechtsprechung zum § 242 BGB („Treu und
Glauben“) hat jeder Sicherungsgeber, der Darlehen Dritter
auf unbestimmte Zeit besichert, ein Kündigungsrecht aufgrund Zeitablaufs, wenn die gesicherte Schuld Kontokorrentcharakter hat. Wie lang der konkrete Zeitablauf sein
muss, hängt vom Einzelfall ab. Als Richtwert können drei
Jahre gelten. Bei Zeitablaufkündigung ist zudem eine Kündigungsfrist von in der Regel drei Monaten einzuhalten.
Die Kündigung aus wichtigem Grund bedarf grundsätzlich
nicht der Einhaltung einer Kündigungsfrist. Es kann jedoch bei besonderen Umständen des Einzelfalles geboten
sein, dem Kündigungsgegner ausnahmsweise eine angemessene sogenannte Auslauffrist einzuräumen. Und zwar
dann, wenn etwa auf Grundlage einer Interessenabwägung die verzögerte Beendigung des Sicherungsvertrages
die Interessen des Kündigenden nicht spürbar berührt,
während der Sicherungsnehmer dringend eine Mindestreaktionszeit für die richtige organisatorische Maßnahme
benötigt, um sich auf die Kündigung einzustellen.
© Corbis
M
ittelständische Unternehmen brauchen oft zusätzliche Sicherheiten, um von Banken oder Lieferanten Kredite zu erhalten. Daher übernehmen
Gesellschafter in vielen Fällen das Ausfallrisiko. Bei der
Besicherung laufender Verbindlichkeiten kommt es in der
Regel nicht zu einer echten Rückzahlung von Schulden
über die Zeit, sondern es entstehen aus der Geschäftsverbindung immer neue (besicherte) Verbindlichkeiten. Aus
einem solchen Perpetuum mobile der Haftung herauszukommen, ist nicht einfach. Sicherungsgeber können jedoch bei Eintritt wichtiger Umstände mit Wirkung für die
Zukunft kündigen; ein solcher ist das Ausscheiden des die
Sicherheit stellenden Gesellschafters aus der Gesellschaft
oder aus der Geschäftsführung, entschied das Oberlandesgericht Nürnberg (Urteil vom 28. Dezember 2012, 6
U 2035/10). Wer nun aber glaubt, sich durch Austritt aus
der Gesellschaft oder Geschäftsführung auch der gestellten Sicherheiten entledigen zu können, wird enttäuscht.
Die Kündigung hat keinesfalls zur Folge, dass die gestellte
Sicherheit frei wird. Folge der Kündigung ist lediglich,
dass die Haftung für künftig entstehende Verbindlichkeiten der Gesellschaft ausgeschlossen und damit auf einen
festen Betrag eingefroren wird.
Historisches Pfandleihhaus
(Zeichnung von W. L. Sheppard, um 1871)
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
45
LAW
Verdeckte Vergütungen
Eine Aktiengesellschaft darf mit einem Aufsichtsratsmitglied nur in ganz speziellen Fällen einen zusätzlichen
Beratungsvertrag abschließen.
E
in Aktionär focht die Entlastungsbeschlüsse der
Hauptversammlung für Vorstand und Aufsichtsrat
an. Dies begründete er damit, dass die Führungsgremien entgegen §§ 113 f. AktG einem nicht genehmigungsfähigen Beratungsvertrag zwischen der Aktiengesellschaft und einer Anwaltssozietät zugestimmt hätten,
weil der Aufsichtsratsvorsitzende gleichzeitig Partner
der Sozietät ist. Tatsächlich hatte der Aufsichtsrat
zugestimmt, die Sozietät für das Geschäftsjahr 2010 zu
einem Stundensatz von 260 Euro zu beauftragen. Für die
anwaltlichen Tätigkeiten fielen im Laufe des Jahres 2010
dann auf Basis von Einzelaufträgen Honorare von über
700.000 Euro an, die nach Ende des Geschäftsjahres
durch den Aufsichtsrat genehmigt wurden. Das Oberlandesgericht Köln gab dem Kläger recht (Urteil vom 31.
Januar 2013 – 18 U 21/12).
Zu allgemein
Nach § 114 AktG sind nur Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern zulässig, die Dienst- oder Werkleistungen betreffen und nicht ohnehin schon in den Aufgabenbereich des
Aufsichtsrats fallen. Um bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit sachgerecht beurteilen zu können, ob die
zu erbringende Leistung innerhalb des organschaftlichen
Pflichtenkreises des Aufsichtsratsmitglieds liegt und der
Vertrag keine verdeckten Sonderzuwendungen – etwa in
Form einer überhöhten Vergütung – enthält, muss der jeweilige Vertrag eine möglichst konkrete Bezeichnung der
Beratungsgegenstände enthalten. Dies gilt auch dann,
wenn der Vertrag nicht mit dem Aufsichtsratsmitglied
persönlich geschlossen werden soll, sondern mit dessen
Rechtsanwaltssozietät. Die Beauftragung der Sozietät war
in dem vom OLG Köln zu beurteilenden Fall schon nicht
genehmigungsfähig, weil die vertraglich angebotenen
Leistungen nur allgemein als „die Übertragung der Aufgaben einer ausgelagerten Rechtsabteilung” bezeichnet
waren.
Aktuelle Urteile
Der Aufsichtsrat konnte sich durch die allgemein gehaltene Bezeichnung kein eigenverantwortliches Bild über Art
und Umfang der Leistungen und die Angemessenheit der
Vergütung machen. Der Wortlaut umfasst neben typisch
anwaltlichen Beratungsleistungen auch originäre Aufgaben des Aufsichtsrats wie dessen allgemeine Kontroll- und
Beratungsfunktion. Ob ein solcher Beratungsvertrag auch
nachträglich noch konkretisiert und dann genehmigt
werden kann, ist höchstrichterlich allerdings noch nicht
entschieden. Eine solche nachträgliche Genehmigung
bei entsprechender Konkretisierung würde nämlich voraussetzen, dass die erbrachten Leistungen nicht in den
Aufgabenbereich des Aufsichtsrats fallen. Daran fehlte es
aber im Fall beim OLG Köln bereits.
© Ogando, laif
Die Kölner Entscheidung fügt sich in eine Reihe von
aktuellen Urteilen im Bereich der Beratungsverträge mit
Aufsichtsratsmitgliedern. So hatte der Bundesgerichtshof
(Urteil vom 10. Juli 2012, II ZR 48/11) entschieden, dass
der Vorstand einer Aktiengesellschaft rechtswidrig handelt, wenn einem Aufsichtsratsmitglied Beratungshonorar
ausgezahlt wird, bevor der Aufsichtsrat dem Beratungsvertrag zugestimmt hat. Immerhin waren in diesem Fall
jedoch die Verträge an und für sich genehmigungsfähig.
46
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
LAW
Ihr Flug hat leider Verspätung
V
erspätungen sind ärgerlich und können gerade
für Geschäftsreisende teure Folgen haben. Wer
eine Entschädigung haben möchte, kann sich
hierzulande auf die „EU-Verordnung über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und
bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen“
(VO (EG) 261/2004, sog. FluggastrechteVO) berufen.
Anspruch auf Ausgleichszahlung haben nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf
Grundlage der FluggastrechteVO solche Reisende, die
durch die Verspätung mehr als drei Stunden Zeitverlust
erleiden. Diese Regel gilt auch dann, wenn bei Flügen
mit Zwischenlandung zwar keiner der Flüge mehr als drei
Stunden Verspätung hat, jedoch infolge einer Verspätung
des ersten Fluges ein pünktlicher Anschlussflug verpasst
und daher das Endziel mit mehr als drei Stunden Verspätung erreicht wird (EUGH-Urteil vom 26. Februar 2013,
C-11/11; BGH-Urteil vom 17. September 2013, X ZR
123/10). Die pauschalen Ausgleichszahlungen betragen
je nach Flugstrecke zwischen 250 und 600 Euro.
Ausnahmen
Kein Ausgleichsanspruch besteht allerdings, wenn die
Fluggesellschaft nachweisen kann, dass die Verspätung
auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich
auch bei Ergreifen aller zumutbaren Maßnahmen nicht
hätten vermeiden lassen. Dazu zählen etwa Naturkatastrophen, Luftraumsperrung, medizinische Notfälle, Fluglotsenstreik und Sabotage, nicht aber die oft genannten
technischen Probleme. Aber selbst bei diesen außergewöhnlichen Umständen sind die Fluggesellschaften
nicht von der sich aus der FluggastrechteVO ergebenden
Betreuungspflicht entbunden, die Verpflegung, ggf.
Hotelunterbringung, kostenlose Telefongespräche oder
E-Mails einschließt.
Außereuropäische Flüge
Die FluggastrechteVO gilt nur für innereuropäische Flüge,
d. h. wenn der Flug entweder in der Europäischen Union
angetreten wird oder die Fluggesellschaft ihren Sitz in der
EU hat. Ein Fluggast hat daher keinen Entschädigungsanspruch, wenn sich ein außereuropäischer Flug verspätet
(BGH-Urteile vom 13.
November 2012, X ZR
12/12 und X ZR 14/12).
Dies gilt selbst dann, wenn
der – pünktliche – Zubringerflug in Deutschland
startet oder dieser Flug gemeinsam mit dem – dann
verspäteten außereuropäischen – Anschlussflug von
derselben Fluggesellschaft
durchgeführt wird und als
Anschlussverbindung gemeinsam gebucht wurde.
Für die Fluggastrechte ist
es daher entscheidend,
welche Fluggesellschaft
man nutzt und wo man
umsteigt. Aufgrund des
bestehenden Luftverkehrsabkommens zwischen der
Schweiz und der EU gilt die
FluggastrechteVO auch
für Flüge aus der Schweiz
in die EU. In diesem Zusammenhang hat der BGH
mit Beschluss vom 9. April 2013 dem EuGH die Frage
vorgelegt, ob – entgegen der Rechtsprechung schweizerischer Gerichte – aufgrund des Luftverkehrsabkommens
die FluggastrechteVO auch für Flüge von der Schweiz in
Drittstaaten gelten müsse.
© Getty Images, time & life pictures
Eine EU-Verordnung bestimmt, wann Flugreisende
Anspruch auf eine Entschädigung haben.
Hier wird am
pünktlichsten
gestartet
Angaben in Prozent
1. Tokio (HND)
Neuregelung droht
2. Charlotte (CLT)
Am 13. März 2013 hat die Europäische Kommission
einen Entwurf zur Novellierung der FluggastrechteVO
vorgelegt, der im Falle der Umsetzung das Schutzniveau
für Fluggäste senken wird. So sollen etwa Ausgleichszahlungen künftig nur noch gestaffelt nach der Entfernung
und der Verspätung (mindestens fünf Stunden Verspätung bei bis zu 3.500 km Flugstrecke, neun Stunden bei
3.500 bis 6.000 km bzw. mehr als zwölf Stunden bei über
6.000 km) beansprucht werden können. Ausgleichszahlungen wären so nur noch in extremen Fällen möglich.
3. Phoenix (PHX)
4. Atlanta (ATL)
5. Orlando (MCO)
6. Amsterdam (AMS)
7. München (MUC)
8. Los Angeles (LAX)
9. Frankfurt (FRA)
10. Sydney (SYD)
94,3
85,7
84,8
83,5
83,1
82,3
81,1
80,7
80,6
80,2
Quelle: flightstats
(2012 Year-end Report)
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
47
LAW
+++ Ticker +++
1 BGH: Klausel zur Verpflichtung auf
Vorlage eines Erbscheins unwirksam
Urteil vom 08.10.2013 – XI ZR 401/12
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Banken, wonach diese zum
Nachweis des Erbrechts einen Erbschein bzw.
ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder die
Eröffnungsverhandlung nebst einer beglaubigten Abschrift des Testaments oder Erbvertrags des verstorbenen Kunden verlangen
kann, ist unwirksam.
Der BGH hat entschieden, dass eine solche
Klausel eine unangemessene Benachteiligung
darstellt und daher unwirksam sei. Kraft Gesetz
besteht nämlich keine Verpflichtung des Erben,
sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen. Vielmehr kann der Nachweis auch in
anderer Form geführt werden. Eine AGB-Klausel, die aber zur Vorlage eines Erbscheins nach
„billigem Ermessen“ der Sparkasse verpflichtet,
selbst wenn das Erbrecht nicht mal zweifelhaft
ist oder einfacher oder kostengünstiger nachgewiesen werden könnte, ist nach Auffassung
des BGH mit wesentlichen Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren
(§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und benachteiligt die
Erben der Sparkassenkunden unangemessen
(§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Zwar habe eine
Bank nach dem Tod eines ihrer Kunden grundsätzlich schon ein berechtigtes Interesse daran,
den wahren Erben des Kunden zu ermitteln, um
nicht z. B. mehrfach in Anspruch genommen
zu werden. Jedoch ist es im Rahmen einer Interessenabwägung zwischen dem Erben und der
Sparkasse nicht gerechtfertigt, nach eigenem
Ermessen ohne weitere Einschränkungen einen
Erbschein verlangen zu können. Hier überwiegt
das Interesse des Erben, wenn er sein Erbrecht
einfacher und günstiger als durch Vorlage
eines Erbscheins nachweisen kann, der Kosten
verursacht und die Abwicklung des Nachlasses
verzögert.
Diese Entscheidung des BGH ist im Interesse
der Erben der Bankkunden zu begrüßen. Die
Entscheidung betrifft alle Banken weit über den
Sparkassen-Bereich hinaus, da viele Banken
ähnliche Anforderungen in ihren AGB haben.
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EY TAX & LAW Magazine 04/2013
2 OLG Frankfurt: Unbestimmtheit einer
Geschäftsanteilsabtretung
Urteil vom 19.03.2013 – 5 U 220/12
Eine Abtretungsvereinbarung, aus der sich
nicht entnehmen lässt, welcher vorausgegangenen Kapitalerhöhung die beiden
abgetretenen Geschäftsanteile zuzuordnen
sind und welcher der beiden übernommenen
nominell gleichen Geschäftsanteile welcher
Person zuzuordnen ist, ist unwirksam.
Damit die Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen wirksam ist, muss diese dem Bestimmtheitsgrundsatz genügen. Eine historische
Zuordnung der Anteile in der Reihenfolge der
Nennung der Gesellschafter in der Gesellschafterliste reicht hierfür nicht aus. Existieren
mehrere nominell gleiche Geschäftsanteile,
muss ersichtlich sein, welcher davon an welche
Person abgetreten wird. Zudem muss deutlich
werden, welcher vorausgegangenen Kapitalerhöhung die beiden abgetretenen Geschäftsanteile jeweils zuzuordnen sind. Die Abtretung
ist andernfalls wegen Unbestimmtheit unwirksam.
3 KG Berlin: Nur Zahlen und Rechtsform
sind keine eintragungsfähige Firma
Beschluss vom 17.05.2013 − 12 W 51/13
Die Firma einer GmbH genügt dann nicht den
Erfordernissen des § 18 HGB hinsichtlich
der Kennzeichnung und den Anforderungen
des § 30 HGB bezüglich der Unterscheidbarkeit von Firmen am gleichen Ort, wenn sie
nur aus Ziffern und dem Rechtsformzusatz
besteht.
In dem Fall vor dem KG Berlin wurde die Eintragung einer Gesellschaft in das Handelsregister
unter der Firma „23. GmbH“ beantragt. Das
Registergericht hatte eine Zwischenverfügung
erlassen, da die Firma keine ausreichende Unterscheidungskraft von anderen Firmen habe.
Einer Beschwerde gegen die Zwischenverfügung wurde nicht abgeholfen. Das Kammergericht entschied, dass die reine Verwendung
von Zahlen nicht geeignet ist, den Kennzeichnungs- und Unterscheidungsanforderungen
der §§ 18 und 30 HGB gerecht zu werden. In
einem weiteren Verfahren entschied das KG
Berlin (KG, Beschluss vom 19.04.2013 – 12 W
51/13), dass die Verwendung einer Kombina-
tion von Zahlen und Buchstaben ausreichend
sei, um eine hinreichende Unterscheidbarkeit
zu gewährleisten. Mangels höchstrichterlicher
Rechtsprechung muss man wohl derzeit davon
ausgehen, dass reine Zahlen mit Rechtsformzusatz nicht als Firma in das Handelsregister
eingetragen werden können. Ob der BGH die
Ansicht des KG Berlin teilen würde, ist fraglich,
da er eine reine Buchstabenkombination hingegen als hinreichende Firma ansieht.
4 OLG Hamm: 3 Sekunden „Drängeln“ im
Straßenverkehr bußgeldpflichtig
Beschluss vom 09.07.2013 – 1 RBs 78/13
Bereits drei Sekunden oder 140 Meter
genügen für ein Bußgeld wegen fahrlässiger
Unterschreitung des erforderlichen Mindestabstandes.
Abstandsverstöße im Straßenverkehr rechtfertigen kein Bußgeld, wenn die Abstandsunterschreitung für den Fahrer unvermeidbar war,
denn unvermeidbare Situationen können keine
vorwerfbare Pflichtverletzung darstellen. Dies
betrifft zum Beispiel Fälle des notwendigen
plötzlichen Abbremsens oder des abstandsverkürzenden Spurwechsels eines vorausfahrenden Fahrzeugs. Aber auch wenn der Fahrer in
eine solche Situation ohne eigene Pflichtverletzung gerät, ist er nach der Rechtsprechung verpflichtet, sofort zu reagieren, um den verkehrsgerechten Zustand wiederherzustellen. Schert
ein anderes Fahrzeug vor dem Fahrer auf die
Spur ein, darf daher nicht abgewartet werden,
bis sich der Sicherheitsabstand von allein
durch das schnellere vorausfahrende Fahrzeug
wiederherstellt, sondern muss notfalls aktiv
gebremst werden. Die Unterschreitung des
Abstandes darf stets nur ganz vorübergehend
sein. Das OLG Hamm definiert nunmehr, wann
eine Abstandsunterschreitung noch als vorübergehend anzusehen ist und gibt den Fahrern
in diesem Rahmen maximal drei Sekunden Zeit,
um den Sicherheitsabstand wiederherzustellen.
Wer dies nicht schafft, ist bußgeldpflichtig. Da
schnell fahrende Fahrzeuge nicht privilegiert
werden sollen, genügt alternativ auch eine
Abstandsunterschreitung über eine Strecke von
140 Metern für die Annahme einer Pflichtverletzung.
LAW
5 BAG: Verbreitung eines Streikaufrufs im
Intranet ist verboten
Beschluss vom 15.10.2013 – 1 ABR 31/12
Vom Arbeitgeber kann nicht verlangt werden, dass er durch eigene Betriebsmittel
Arbeitnehmer in einem gegen ihn gerichteten
Arbeitskampf unterstützt.
Im vorliegenden Fall leitete ein Betriebsrats- und Gewerkschaftsmitglied über das
betriebliche Intranet einen Streikaufruf seiner
Gewerkschaft an die gesamte Belegschaft
weiter und forderte diese auf, sich an dem
Streik zu beteiligen. Der Arbeitgeber verlangte
Unterlassung, die das Betriebsratsmitglied
unter Berufung auf das Grundgesetz (Koalitionsfreiheit) verweigerte. Das BAG gab dem
Arbeitgeber Recht. Arbeitnehmer seien nicht
berechtigt, vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte personenbezogene betriebsinterne Kommunikationsmittel (hier: für dienstliche Zwecke
zur Verfügung gestellter personenbezogener
E-Mail-Account „Vorname.Name@Arbeitgeber.
de“) dazu zu nutzen, um die Kollegen zu einem
Streik aufzurufen. Es sei dem Arbeitgeber
nicht zuzumuten, durch eigene Betriebsmittel
die gegen ihn gerichtete koalitionsspezifische
Betätigung eines Arbeitnehmers zu unterstützen. Der Arbeitgeber kann als Eigentümer der
Betriebsmittel vielmehr vom Störer die Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen seines
Eigentums verlangen.
6 BAG: Höchsteintrittsalter im Leistungsplan einer Unterstützungskasse ist zulässig
Urteil vom 12.11.2013 – 3 AZR 356/12
Der Anspruch auf betriebliche Altersversorgung kann vom Alter des Arbeitnehmers bei
Eintritt in den Betrieb abhängig gemacht
werden.
Im vorliegenden Fall sah der Leistungsplan
einer Unterstützungskasse vor, dass bei einer
Aufnahme der Tätigkeit nach dem vollendeten
50. Lebensjahr ein Anspruch auf betriebliche
Altersversorgung nicht besteht. Hiergegen
klagte eine bei Eintritt in den Betrieb 52-jährige
Arbeitnehmerin. Nach § 1 AGG dürfe niemand
wegen seines Alters benachteiligt werden. Das
BAG verneinte einen Anspruch. Die Regelung
stelle keine unzulässige Diskriminierung dar.
Bereits mit Urteil vom 12.02.2013 (3 AZR
100/11) hatte das BAG erklärt, dass ein
Anspruch auf betriebliche Altersversorgung
von einer mindestens 15-jährigen Betriebszugehörigkeit vor Renteneintritt abhängig
gemacht werden könne. Eine Benachteiligung
sei nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG gerechtfertigt.
Hiernach seien Altersgrenzen bei betrieblichen
Systemen der sozialen Sicherheit ausdrücklich
zulässig, solange diese objektiv, angemessen
und erforderlich sind. Im Hinblick darauf, dass
ein Erwerbsleben typischerweise 40 Jahre und
mehr umfasse, sei eine Altersgrenze von 50
bzw. eine Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren
noch hinnehmbar, da in vorangegangenen
Arbeitsverhältnissen bis dahin ausreichende
Anwartschaften erdient werden könnten.
7 BGH: Ansprüche aus GebrauchtwagenGarantie dürfen nicht von Wartung in
Vertragswerkstatt abhängig gemacht werden
Urteil vom 25.09.2013 – VII ZR 206/12
Eine entsprechende Klausel in einem formularmäßig verwendeten GebrauchtwagenGarantievertrag, den der Käufer gegen
Entgelt erwirbt, ist wegen unangemessener
Benachteiligung unwirksam.
Im konkreten Fall hatte der Käufer eines
Gebrauchtwagens alle vom Fahrzeughersteller
vorgeschriebenen Inspektionen vollständig und
rechtzeitig vornehmen lassen, allerdings nicht
in einer Vertragswerkstatt, sondern einer freien
Werkstatt. Nachdem das Fahrzeug mit defekter
Ölpumpe liegen geblieben war, weigerte sich
die Garantiegeberin unter Hinweis auf die
Klausel, den Schaden zu übernehmen. Der BGH
jedoch bejahte eine Einstandspflicht und verwies auf seine jüngere Rechtsprechung. Diese
beinhaltet den Grundsatz, dass ein Ausschluss
von Garantieansprüchen in AGB nur zulässig ist,
wenn eine Verletzung der Wartungsobliegenheit durch den Käufer für den eingetretenen
Schaden ursächlich geworden ist. Fehlt es an
einer solchen Ursächlichkeit, benachteiligt die
Klausel den Kunden unangemessen i. S. d.
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und ist unwirksam.
8 EuGH: Klagemöglichkeit des Verbrauchers im Inland bei grenzüberschreitendem
Kauf
Urteil vom 17.10.2013 – C-218/12
Der EuGH präzisiert in einem aktuellen Urteil den Umfang der Klagemöglichkeit eines
Verbrauchers gegen einen ausländischen
Gewerbetreibenden bei einem Kauf über die
Grenze.
Übt ein Gewerbetreibender seine Tätigkeit im
Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers aus
oder richtet er diese Tätigkeit in irgendeiner
Form auf diesen Mitgliedstaat aus (zum Beispiel
über das Internet), kann der Verbraucher
aus einem Vertrag, der in den Bereich dieser
Tätigkeit des Gewerbetreibenden fällt, Klage
bei dem Gericht seines eigenen Wohnsitzes erheben. Dies ergibt sich aus der Verordnung Nr.
44/2001 über die Zuständigkeit der Gerichte in
Zivil- und Handelssachen. Der Gewerbetreibende wird damit gezwungen, sich dem Verfahren
im Wohnsitzstaat des Verbrauchers zu stellen.
In seinem aktuellen Urteil stellt der EuGH
klar, dass es für die gerichtliche Zuständigkeit
nicht darauf ankommt, dass die Ausrichtung
der Tätigkeit des Gewerbetreibenden auf den
Wohnsitzstaat des Verbrauchers für den Kauf
ursächlich war. In dem entschiedenen Fall war
es daher nicht relevant, dass der in Saarbrücken wohnhafte Käufer den Kontakt zu dem
französischen Gebrauchtwagenhändler nicht
über dessen Internetseite, die auf den deutschen Markt ausgerichtet war, gefunden hatte,
sondern über eine Empfehlung von Bekannten.
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
49
© Reuters, Yves Herman
360°
S
teuerpolitik ist derzeit in aller Munde. Noch nie
zuvor sind komplexe Fragen des Internationalen
Steuerrechts so häufig in der Tagespresse erörtert
worden. Der Begriff der Verrechnungspreise ist vielen
Menschen auch ohne jede steuerrechtliche Vorbildung
mittlerweile geläufig.
Einerseits bedeutet das eine große Chance: Journalisten
interessieren sich für Fachthemen, bilden sich fort und
werden künftig vielleicht – zumindest in den Qualitätsmedien – mit größerem Tiefgang über steuerpolitische
Themen berichten können. Andererseits ist die Berichterstattung nach wie vor äußerst oberflächlich. Milliarden, und manchmal noch viel größere Beträge, die sich
internationale Konzerne durch Steueroasenkonstruktionen angeblich sparen sollen, werden oft ohne Nachweise
genannt. Zwischen Steuerhinterziehung und legaler
Steuervermeidung wird nicht differenziert. Der Zeitgeist
fordert seine Opfer: Politiker und Journalisten, die auf
multinational tätige Unternehmen einprügeln, haben die
Zuschauer auf den billigen Rängen auf ihrer Seite.
50
EY TAX & LAW Magazine 04/2013
Enttäuschend ist, dass auch seriöse Institutionen der
internationalen Steuerwelt – wie die OECD und die EU
– auf den schnellen Applaus des Publikums abzielen.
Ein Beispiel gefällig? Denken wir nur an den Begriff der
„aggressiven Steuerplanung“, der auch in offiziellen
EU-Dokumenten als verpönte Gestaltung auftaucht. Das
mit diesem Begriff verbundene Verständnis schwankt
mitunter in ein- und demselben offiziellen Dokument.
An manchen Stellen geht es um die Bekämpfung von
Gestaltungen, die zwar nicht vom Wortlaut der Steuervorschriften erfasst sind, aber ihrem Sinn und Zweck
nach besteuert werden sollten. An anderer Stelle wird
dann aber die Intention verfolgt, „weiße Einkünfte“ nicht
mehr zu tolerieren. Doppelte Nichtbesteuerung gilt es zu
bekämpfen. Zwischen diesen Vorstellungen aber liegen
Welten.
Wenn es darum geht, Steuergesetze nicht bloß nach
ihrem Wortlaut auszulegen, sondern Sinn und Zweck zu
berücksichtigen, ist es nicht erforderlich, das Bild von
der „aggressiven Steuerplanung“ und deren Bekämpfung
zu bemühen: Für einigermaßen methodisch sattelfeste
Ein Plädoyer
für eine
Europäische
Steuerpolitik
Statt gegen „aggressive Steuergestaltung“ von Unternehmen
zu wettern, sollten unsere Politiker für eine Harmonisierung
des Rechts kämpfen, fordert Professor Michael Lang.
Steuerjuristen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass
der Wortlaut nicht das Ende, sondern nur der Beginn
der Auslegung von Steuergesetzen ist. Die teleologische
Interpretation verlangt, diesen Wortlaut im Lichte des
Ziels und Zwecks der Vorschriften zu verstehen. Seriöse
Berater haben sich bei ihren Gestaltungsempfehlungen
nie darauf verlassen, bloß durch den Wortlaut der Gesetze
abgesichert zu sein. Spricht der Sinn und Zweck einer
Vorschrift dafür, dass Steuerpflicht besteht, geht es nicht
um eine aggressive, sondern meist um gescheiterte Steuerplanung: Steuerpflichtige müssen seit jeher damit rechnen, dass Verwaltung und Gerichte die Gesetze im Lichte
von Sinn und Zweck auslegen. Statt von teleologischer
Auslegung nun von Bekämpfung der aggressiven Steuerplanung zu reden, ist alter Wein in neuen Schläuchen.
Viel besorgniserregender ist es aber, mit dem Begriff
der „aggressiven Steuerplanung“ jene Gestaltungen zu
kriminalisieren oder zumindest in das moralische Abseits
zu stellen, die zweifelsfrei nach geltender Rechtslage
steuerfreie Einkünfte oder abzugsfähige Aufwendungen
vermitteln und damit – je nach den Regelungen anderer
betroffener Steuerrechtsordnungen – mitunter auch zu
doppelter Nichtbesteuerung führen. Wir alle wissen, dass
es der EU bisher nicht gelungen ist, die Steuerrechtsordnungen der Mitgliedstaaten zu harmonisieren. Der
Europäische Gerichtshof hat sich die längste Zeit bemüht,
unter Berufung auf die Grundfreiheiten zumindest
protektionistische Maßnahmen der nationalen Steuergesetzgeber hintanzuhalten. Aber auch seine Energie ist
in den letzten Jahren merklich erlahmt. Manche sagen
sogar, der EuGH wäre gegenüber den Forderungen der
Mitgliedstaaten eingeknickt.
Die fehlende Harmonisierung der ertragsteuerlichen
Bemessungsgrundlagen bringt häufig Doppelbesteuerung
mit sich. Manchmal kommt es aber bei grenzüberschreitenden Einkünften auch zu doppelter Nichtbesteuerung,
wenn beispielsweise Einkünfte im Ansässigkeitsstaat des
Empfängers steuerfrei gestellt werden, im Quellenstaat
aber abzugsfähig sind und daher dort die Steuerbemessungsgrundlage mindern. Derartige Effekte sind wenig
überraschend: Wenn jeder Staat sein eigenes Steuersystem hat, dann gibt es eben auch völlig unterschiedliche
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© European Union 2013, EP
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Regelungen. Und in diesen Fällen geht es meist nicht
etwa darum, nur den Wortlaut der Steuergesetze in den
Vordergrund zu stellen und Ziel und Zweck zu vernachlässigen. Vielmehr klaffen die Zielsetzungen der Steuervorschriften von Staat zu Staat auseinander.
Auch eine teleologische Interpretation kann den Mangel
an Harmonisierung nicht ersetzen. Wenn auch in manchen Fällen die fehlende Steuerharmonisierung vorteilhafte Steuergestaltungen ermöglicht, leiden doch noch
viel mehr Steuerpflichtige unter tatsächlicher Doppelbesteuerung oder der Behinderung grenzüberschreitender
Investitionen innerhalb der EU durch die hohen Compliance-Kosten, die die Vielzahl von Steuersystemen mit
sich bringt.
Wenn die EU-Kommission und
verschiedene nationale Steuergesetzgeber punktuell gesetzliche
Maßnahmen treffen, um doppelte
Nichtbesteuerung zu beseitigen,
behandeln sie die Symptome.
Dabei schaffen sie noch dazu meist
Maßnahmen, die dann innerhalb
ihrer Steuersysteme zu Verwerfungen führen. Denn der Grenzziehung zwischen abzugsfähigen und nicht abzugsfähigen
Zahlungen liegt in jeder Steuerrechtsordnung im Regelfall
eine begründete Wertungsentscheidung zugrunde. Wird
in grenzüberschreitenden Konstellationen der Abzug
nur deshalb gestrichen, weil die Einkünfte nach einem
anderen Steuerrecht nicht erfasst werden, wird dieses
System durcheinander gebracht. Daher sollten sich EU
und Mitgliedstaaten auf die Behandlung der „Krankheit“
selbst und nicht bloß auf deren Symptome konzentrieren:
Doppelbesteuerung und doppelte Nichtbesteuerung sind
Folge fehlender Steuerharmonisierung. Dabei gilt es
anzusetzen.
Hier fehlt der EU-Kommission aber vielfach noch der
Mut. Vorsichtig wurden Vorschläge gemacht, die Gefahr
der Doppelbesteuerung durch den
Ausbau von Schiedsverfahrensregelungen zu beseitigen. Das geht in
die richtige Richtung, ist aber viel zu
zögerlich: Innerhalb der EU ist das
Netz an bilateral ausgehandelten
Doppelbesteuerungsabkommen ein
Anachronismus. Die Mitgliedstaaten
sind oft sogar noch stolz darauf,
wenn sie im Verhältnis zu einem
anderen Staat eine etwas günstigere Regelung als andere
Mitgliedstaaten durchgesetzt haben, und bemerken gar
nicht, wie sehr diese unterschiedlichen Regelungen dann
wieder dem Ziel des Binnenmarktes entgegenstehen.
„Politiker und Journalisten, die auf multinational
tätige Unternehmen einprügeln, haben die
Zuschauer auf den billigen Rängen auf ihrer Seite.“
Vor diesem Hintergrund wäre eigentlich zu erwarten, dass
die Regierungen der Mitgliedstaaten und die EU-Kommission, die es bisher nicht geschafft haben, auf dem Gebiet
der direkten Steuern die Steuersysteme zu vereinheitlichen, Asche über ihre Häupter streuen und ihre Bemühungen um Steuerharmonisierung intensivieren. Statt
dessen den Spieß umzudrehen und den Unternehmen, die
überwiegend unter der fehlenden Einheitlichkeit des Steuerrechts leiden, in den seltenen Fällen, in denen sie davon
profitieren, „aggressive Steuerplanung“ vorzuwerfen, ist
– zurückhaltend formuliert – zumindest mutig.
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Es ist höchste Zeit, dass innerhalb der EU Richtlinien an
die Stelle der DBA treten und die Verteilung der Besteuerungsrechte endlich unionsweit einheitlich vorgenommen
wird. Den Mitgliedstaaten sollte lediglich die Option bleiben, ob sie die Doppelbesteuerung durch Freistellungsoder Anrechnungsmethode vermeiden. Im Falle von
360°
„Statt von teleologischer Auslegung nun von
Bekämpfung der aggressiven Steuerplanung
zu reden, ist alter Wein in neuen Schläuchen.“
Richtlinienregelungen ist es dann selbstverständlich, dass
zur Klärung von Auslegungsfragen der EuGH zuständig
ist. Schiedsverfahrensmodelle werden dann innerhalb
der EU überflüssig. Im Verhältnis zu Drittstaaten wären
dann auch nicht mehr die einzelnen Mitgliedstaaten am
Zug, sondern die EU selbst sollte als Vertragspartner
gegenüber den USA und anderen Staaten auftreten. Nur
auf diese Weise lassen sich die europäischen Interessen
wirksam durchsetzen.
Innerhalb der EU sollten die Bemühungen um die Harmo­
nisierung der Bemessungsgrundlage fortgesetzt werden.
Das Projekt der gemeinsamen kon­­solidierten Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage liegt poli­tisch
im Moment auf Eis. Fort­schritte sind
derzeit mit freiem Auge nicht erkennbar. Vor allem ist nicht ersicht­lich, welche Visionen die EU-Kommission für die Steuerpolitik der
nächsten Jahre hat. Ein optionales
Steuersystem, das zu den bisherigen
28 Steuersystemen hinzutritt, kann
ja nicht das finale Ziel sein. Allenfalls
kann es sich um eine „Einstiegsdroge“ handeln, um die
Mitgliedstaaten und die Steuerpflichtigen an europaweit
geltende einheitliche Regelungen zu gewöhnen.
Wenn die Kommission auf dem Gebiet der direkten
Steuern die Harmonisierung tatsächlich nur in Detailbereichen vorantreiben will, wäre es bedauerlich. Es ist
zumindest zu hoffen, dass sich die EU-Kommission intern
einen Rechtsentwicklungsplan zurecht gelegt hat, der beschreibt, wie sie sich das Steuersystem der EU und ihrer
Mitgliedstaaten in 20 oder 25 Jahren vorstellt und welche
Maßnahmen in welchen Etappen ergriffen werden sollten,
um diese Vision zu verwirklichen. Die Vision und der Weg
dahin sollte Gegenstand einer öffentlichen Diskussion
sein, zu der die EU-Kommission mit Offenlegung ihrer
langfristigen Vorstellungen den Anstoß geben sollte!
„Ein optionales EU-Steuersystem, das
zu den bisherigen 28 Steuersystemen
hinzutritt, kann nicht das finale Ziel sein.“
Die Kommission tut sich schon schwer, die Notwendigkeit
der Harmonisie­rung der Steuersysteme der Mitgliedstaaten offen anzu­sprechen. Die darüber hinausgehenden
Bemühungen, direkt auf europäischer Ebene Steuern
einzuheben und die EU dadurch erst einmal wirklich
handlungsfähig zu machen, sind überhaupt erlahmt. Wer
aber nicht den Kopf in den Sand steckt, wird akzeptieren,
dass mittel- bis langfristig kein Weg daran vorbei führt,
der EU Steuer­erhebungskompetenz zuzugestehen. Da
es ohnehin unvermeidlich ist, dass der Rest der EU mit
Mitgliedstaaten, die von der Finanzkrise besonders betroffen sind, solidarisch zu sein und ihnen finanziell zur Seite
zu stehen hat, ist es konsequent, diesen Mitgliedstaaten
auch nicht mehr die Vorhand bei der Gestaltung der
Wirtschaftspolitik zu lassen. Und Steuerpolitik ist eben Teil
der Wirtschaftspolitik. Gesichtswahrend kann so eine Zuständigkeitsverschiebung nur erfolgen, wenn sie von allen
Mitgliedstaaten weg auf die europäische Ebene erfolgt.
Ihr Gastautor
Prof. Dr. Dr. h. c. Michael Lang
ist Vorstand des Instituts für Österreichisches und Internationales Steuerrecht an der WU (Wirtschaftsuniversität Wien) und wissenschaftlicher
Leiter des LLM-Studiums im Bereich
Inter­national Tax Law und des Doktoratsprogramms in der internationalen Unternehmensbesteuerung. Darüber hinaus ist er
Präsident der österreichischen Landesgruppe der International Fiscal Association (IFA) und Gastprofessor an
zahlreichen weiteren namhaften Universitäten der Welt
(Georgetown University, New York University, Sorbonne,
Bocconi, Universität Peking, University of New South
Wales of Sydney).
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Mein Zürich an einem Tag
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U
nser kleiner Rundgang beginnt am 1 Zurich
Airport. Von diesem modernen und sehr effizien­
ten Flughafen aus bieten die Swiss und andere
Fluggesellschaften täglich Dutzende von Direktverbindungen in die wichtigsten Wirtschaftsmetropolen der ganzen
Welt.
Dr. Philip Robinson
Tax Partner
EY
Maagplatz 1
8010 Zürich
T + 41 58 286 31 97
M + 41 58 289 31 97
philip.robinson@ch.ey.com
• In GSA führt Philip
Robinson die Steuer- und
Rechtsberatung von EY
Schweiz. Daneben leitet
er als Mitglied des Tax
Executive Committee von
EY Global die Sub Service
Line Indirect Tax.
Kurze zehn Minuten mit der S-Bahn bringen uns zum
Bahnhof Hardbrücke, um den sich ein florierendes und
lebhaftes Viertel gebildet hat. Parallel zur Bahnplattform
verläuft das 2 EY Gebäude, in dem ungefähr 1.220
Leute arbeiten. Dahinter steht prominent der Swiss Prime
Tower, mit 126 Metern das höchste Gebäude der Schweiz.
Das kulturelle Angebot im Quartier umfasst die Maag
Musical Halle, den „Schiffbau“ mit Theater, Jazzclub
und Restaurant, sowie Multiplex-Kinos, Restaurants und
Ladengeschäfte. Im Bestandteil des Schauspielhauses
wurden vor mehr als 100 Jahren Schiffsmotoren für die
Weltmeere gebaut und heute soll der Name den Anspruch
verdeutlichen: Theaterhaus und Theaterschaffen sind
eins.
Von hier aus sind es nochmals drei Minuten mit der
S-Bahn zum 3 Hauptbahnhof, dem hektischsten Verkehrsknotenpunkt der Schweiz. Er besteht aus je einem
oberirdischen und einem unterirdischen Kopfbahnhof
sowie einem unterirdischen Durchgangsbahnhof, der bis
2016 durch einen zweiten ergänzt wird.
Vom „HB“ aus verläuft die Bahnhofstrasse bis zum See.
Unser Spaziergang entlang dieser berühmten Einkaufsmeile führt uns nach etwa 15 Minuten zum 4 Paradeplatz, an dem die zwei Großbanken UBS und CS ihren
Sitz haben. Ganz in der Nähe finden wir mit der Kirche
St. Peter sowie Kloster und Kirche Fraumünster zwei ein-
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drückliche Zeugnisse aus dem Mittelalter. Die frühesten
Spuren menschlicher Siedlungstätigkeit reichen übrigens
über 6.000 Jahre zurück bis zu den Feuchtbodensiedlungen der Egolzwiler Kultur. Zu Römerzeiten hieß die Stadt
Turicum.
Über die Münsterbrücke geht es zum 5 Grossmünster,
in dem der Zürcher Reformator Ulrich Zwingli vor 500
Jahren wirkte. Auf dieser rechten Flussseite befindet
sich der Kern der Altstadt mit dem Niederdorf und dem
Oberdorf. Die mehrheitlich zu Fußgängerzonen erklärten
alten Gassen mit ihren eindrücklichen Häusern aus dem
Mittelalter laden zum Einkaufsbummel oder zu einer Pause in den zahlreichen Restaurants, Bars oder Cafés ein.
Am oberen Ende des Oberdorfs liegen direkt am See der
Bellevue- und der Theaterplatz. Daran schließt sich das
6 Opernhaus an. In diesem Bau aus dem 19. Jahrhundert wird Oper der Weltklasse inszeniert.
Nun ist es Zeit, in das (nicht „die“!) blaue Tram Nr. 5 einzusteigen. Es führt uns via Schauspielhaus, wo während
des Zweiten Weltkriegs deutsche Exilanten wie Bertold
Brecht und Therese Giehse wirkten, bis zur Endstation
Zoo. Vorbei am zoologischen Garten und am pompösen
Hauptsitz des Weltfußballverbandes FIFA erreichen wir
nach einem Waldspaziergang von ungefähr 15 Minuten
das 7 Dolder. Hier finden wir im Sommer eine wunderschön gelegene „Badi“ (Badeanstalt), einen Golfplatz
mit Driving Range und das teuer renovierte Grand Hotel
mit seiner spektakulären Panoramasicht über See und
Berge. Im Winter vergnügen sich hier vor allem Kinder auf
der Freiluft-Kunsteisbahn und – sofern Schnee liegt – am
Schlittelhang beim Golfplatz. Für mich endet hier der
Rundgang durch Zürich, denn unser Haus ist gleich um
die Ecke.
Publikationen
Bolik, Andreas S. / Hartmann, Mark /
Neuregelung des § 32b EStG durch das
Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz / Der
verblasste Glanz des Goldfingers / StuB
2013, S. 639
Brocke, Klaus von / Aicher, Josef / Anwendungsprobleme des § 32 Abs. 5 KStG n.F. in
der Praxis / Unsicheres Erstattungsverfahren? / NWB 2013, S. 711
Busch, Oliver / Der Unverwertbarkeit einen
Riegel vorgeschoben: Implikationen des
BFH-Urteils zur Unionsrechtskonformität der
Dokumentationspflicht für Verrechnungs­
preise / FR 2013, S. 943
Ebert, Konrad / Portugal: Steuerermäßigung
für Investitionen; Entwurf einer Steuerreform
/ IStR-LB 2013, S. 83
Ebert, Konrad / Angola: Neue Vorschriften
zur Verrechnungspreisdokumentation / IStRLB 2013, S. 94
Ebert, Konrad / Portugal: Verschiedenes /
IStR-LB 2013, S. 104
Fleischer, Heinrich / Aktuelle Änderungen
im GrEStG durch das AmtshilferichtlinieUmsetzungsgesetz / Wirtschaftliche Anteilsvereinigung und Erweiterung der Konzernklausel / StuB 2013, S. 765
Geuenich, Marcus / „Datenschutz-Shopping
unzulässig“ / BB 2013, S. 2088 (Rubrik: BBKommentar)
Geuenich, Marcus / „Leichtfertige Steuerverkürzung durch nicht entdeckten Fehler
des Steuerberaters?“ / BB 2013, S. 2724
(Rubrik: BB-Kommentar)
Goebel, Sören / Ungemach, Markus / Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter –
Ernüchterung durch neues BMF-Schreiben /
NWB 2013, S. 3120 (Rubrik: Eilnachrichten)
Hackemann, Tim / Sydow, Sabine (BMF)
Richtungsentscheidung des EuGH in der
Rs. C-6/12, P Oy für die Voraussetzungen
der Einstufung einer Sanierungsklausel als
staatliche Beihilfe; Auswirkungen auf die
suspendierte deutsche Sanierungsklausel des
§ 8c Abs. 1a KStG / IStR 2013, S. 786
Holota, Kathi / Robisch, Martin / Umsatzsteuerrechtliche Aufteilung des Entgelts bei
der Lieferung von Sparmenüs – Gedanken
zur BFH-Entscheidung vom 03.04.2013 /
V B 125/12 – UR 2013, S. 779
Jacobs, Helge / Minderwertausgleich bei
Schäden am Leasingfahrzeug und Umsatzsteuer / Anmerkung zum BFH-Urteil vom
20.03.2013 – XI R 6/11 / NWB 2013, S.
2986
Monfort, Bertrand / Vorsteuer-Vergütung
an in der EU ansässige Unternehmer ohne
Einreichung der Belegkopien innerhalb der
Antragsfrist doch möglich! / UStB 2013, S.
274
Monfort, Bertrand / MwSt-Paket: Feinschliff
durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungs­
gesetz / DStR 2013, S. 2245
Normann, Christian / Gewährleistung
beim Unternehmenskauf / Teil 19 der Serie
„Corporate Finance Lösungen entlang der
GmbH-Unternehmensbilanz“ / GmbH-StB
2013, S. 279
Schimmele, Jürgen / Weber, Guido / Haftung bei Organschaft – Offene Fragen zu § 73
AO / BB 2013, S. 2263
Schimmele, Jürgen / GewSt-Pflicht nach
§ 18 Abs. 4 UmwStG 1995 auch bei Betriebsveräußerung gegen Leibrente / EStB 2013,
S. 364 (Rubrik: Kurzanalysen mit Berater­
hinweis)
Kröner, Ilse / Köth, Vanessa / BB-Rechtsprechungsreport – Internationales Steuerrecht 2012/2013 / BB 2013, S. 2007
Kröner, Ilse / Die ertragsteuerlichen Folgen
des Kaufs und Verkaufs von Kapital- und
Personengesellschaften – Ein Update zu dem
Überblick in BB 2012, S. 2403 ff. / BB 2013,
S. 2711
Merkel, Christian / Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens – Grenzüberschreitende Gesamtbetrachtung der Tatbestandsvoraussetzungen der Geschäftsveräußerung
im Ganzen / UR 2013, S. 859-861
Veranstaltungen
Human Capital
Business Breakfast
18.02.14 Stuttgart
11.02.14 Köln
13.02.14 Hannover
Transfer Pricing
Breakfast
19.02.14 Hannover
Lohnsteuer Aktuell
04.02.2014 Nürnberg
05.02.2014 München
06.02.2014 Düsseldorf
11.02.2014 Köln
12.02.2014 Dortmund
13.02.2014 Dresden
14.02.2014 Leipzig
18.02.2014 Berlin
20.02.2014 Freiburg
25.02.2014 Hamburg,
Stuttgart
26.02.2014 Hannover
26.02.2014 Mannheim
13.03.2014 FFM /
Eschborn
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Redaktion Ute Benzel, Martina Ortmann-Babel, Hermann Ottmar Gauß
Dr. Philip Robinson, Prof. Dr. Karl Hamberger, Peter Schilling, Claudio
Fischer, Dr. Karsten Umnuß , Dr. Andreas Bolik, Alexander Vetten,
Hans-Hinrich von Cölln, Dr. Daniel Zöller, Tanja Reinhoffer, Dr. Johanna
Schomberg, Roland Nonnenmacher
Gestaltung Fuenfwerken Design AG, Wiesbaden / Berlin
Druck Druck- und Verlagshaus Zarbock GmbH & Co. KG, Frankfurt (Main)
Mitwirkende dieser Ausgabe Ilse Kröner, Jörg Leißner, Verona Franke,
Nico Schönberg
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