TEXmag 2012

Transcription

TEXmag 2012
STANDARDS
Eine Reise mit den
Textilien
Foto: LUKAS BLASBERG
N
eues Jahr, neue Redaktion und ein neues Heft.
Als gemeinsames Pilotprojekt der ZiTex -Textil
und Mode NRW und der AMD Akademie Mode & Design Düsseldorf gestartet, erscheint endlich die zweite
Ausgabe der TEXmag. Wochenlang haben wir uns auf
eine Reise zu den technischen Textilien, Prüflaboren
und Sicherheitstextilien begeben und haben uns stets
gefragt: Sind Mode und technische Textilien vereinbar?
Mit einem journalistischen Auge haben wir hinter die
Kulissen geblickt, erforschten den Alltag eines Textilunternehmens und entdeckten Kuriositäten und Neuheiten. Auf unserer Tour haben wir Menschen kennengelernt, erfüllten uns Kindheitsträume, wie einen Tag
mal Polizist oder Feuerwehrmann zu sein und haben
herausgefunden: Mode und technische Textilien gehören definitiv zusammen!
Begleiten Sie uns auf unserer Reise in die Welt der
Textilien!
Grußwort
W
ir haben es im letzten Jahr erhofft und nun ist es
auch eingetreten. TEXmag war mit Erstausgabe
außerordentlich erfolgreich, so dass wir aus dem Pilotprojekt nun schon eine „Kleinserie“ entwickeln konnten. Auch die vorliegende zweite Ausgabe des Magazins
schafft die außergewöhnliche Verbindung von textilen
Innovationen, Mode und Lifestyle und soll bei Ihnen
als Leserin und Leser Interesse „auf mehr “ Textiles wecken. Denn diese Branche ist spannender, kreativer und
innovativer als viele glauben.
Unser Dank gilt auch in diesem Jahr dem Team der AMD
in Düsseldorf, die mit viel Einsatz, Kreativität und Fachwissen die zweite TEXmag ermöglicht haben.
Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen und neue Erkenntnisse bei der Lektüre von TEXmag Vol. 2!
Ihre ZiTex - Textil & Mode NRW
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10
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HIGHTECH
FASHION
6 Der Siegeszug der technischen Textilien
Deutschlands Spitzenposition in Europa
23 Nicht von dieser Welt
Einblick in die Techniktrends der Modedesigner
9 Sonderbar
Fünf Kuriositäten aus dem Reich der technischen Textilien
26 Fotostrecke: MIT sicherheit gefahr
10 Und täglich grüSSt das Murmeltier
Reportage über den Alltag in einem Prüfungslabor
32 Ein Mann, ein Catwalk
Eine humoristische Reise in die Welt der
Sicherheitstextilien
12 Das Superhelden-Quartett
Weshalb im Comic die Zukunft der Textilien steckt
39 FLECK LASS NACH
Eine Serie über die berühmtesten Verunreinigungen der Welt
VISION
StandarDs
15 4 Stoffe, von denen wir träumen
Es gibt Dinge, die müssen noch erfunden werden
1 Editorial
16 Das Lied der Webmaschine
Ein Tag in der Textilfabrik Aunde
20 NAchwuchs muss gefördert werden
Der Wettbewerb Next zeichnet den Textilnachwuchs aus
3 Staff
Mitarbeiter dieser Ausgabe
35 Messekalender
Die wichtigsten Messen des Jahres im Überblick
36Nachgefragt bei...
Interview mit Michael Jänecke von Techtextil
Foto: ZiTex
40 Impressum
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cover: Kleid Ther esa reiter
Brille Stahlcorsage st ylist ow n
Model nic no p p en (M odelw erk )
Foto: Daan Roosegaarde Studio
Foto: Verseidag
6
STANDARDs
von links nach rechts:
Elena Schlosser, Nadine
Kilian, Jacqueline Breuer,
Lukas Blasberg, Ga-Young
Park, Julia-Elisabeth
Rodenkirchen, Rebekka
Weinrich
Auf ein Neues
Nachdem unsere Kollegen im Vorjahr eindrucksvoll das
Format TEXmag entwickelt und lanciert haben, ist es
nun wieder an der Zeit, die Textilbranche von Vorurteilen zu befreien und über aktuelle Trends zu informieren.
L angweilig, unkreativ, unökologisch - nichts davon trifft
auf diese Branche zu. Es gibt wohl kaum ein Material,
welches sich so abwechslungsreich und doch so unbe-
merkt in unseren Alltag integriert hat. Textilien sind
heutzutage dort, wo man sie nicht erwartet. Wir zeigen
Ihnen die neuesten Innovationen und die Big Player,
die klugen Köpfe, vielversprechenden Nachwuchs und
das so spannend, humorvoll, unterhaltsam und stilsicher, wie Sie es von unseren Vorgängern gewohnt sind.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihre Redaktion!
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VERSEIDAG – DER NAmE FüR TEcHNIScHE TExTIlIEN
VERSEIDAG-INDUTEX GmbH
Industriestrasse 56, 47803 Krefeld
Phone +49 2151 876-0
e-mail info@verseidag.de
www.verseidag.de
Aufbauend auf der Basis jahrzehntelanger Erfahrung
Industrielösungen. Die vier Verseidag Geschäftsbereiche
bündelt Verseidag an ihren Fertigungsstandorten ein-
seemee®, duraskin®, ballistic protection und special
zigartiges Know-how über Hochleistungswerkstoffe
solutions decken nahezu jeden Einsatzbereich be-
und Anwendungsmärkte mit modernster state-of-the-
schichteter Roh- und Trägermaterialien ab. In jedem
art Produktionstechnologie. So wird jedes Verseidag
Geschäftsbereich profitieren unsere Kunden von
Produkt ein Qualitäts- und Innovationsversprechen an
höchster technischer Kompetenz und effizienten
unsere Kunden. Verseidag Produkte finden sich in
Produktionsstrukturen. Dabei sind alle Prozesse
einer Vielzahl hochanspruchsvoller Anwendungsmärkte,
so flexibel, dass verschiedenste Werkstoffe und Pro-
wie z. B. textiler Architektur, Großzelte, großformatiger
duktionsverfahren auf individuelle Kundenwünsche
Digitaldruck, Biogas, schusssichere Westen und weitere
zugeschnitten werden können.
Foto: LUKAS BLASBERG
Smartphones, L aptops, Tablets. Wir leben im Zeitalter des Hightechs. Alles muss
schnell und effizient sein. Was heute modern ist, wird morgen ein "war".
Auch die Textilindustrie zieht bei diesem Trend mit.
Fußballarenen mit frei formbaren Fassaden, leuchtende Stoffe oder Kuriositäten
wie Ziegen, die spinnen.
Der Siegeszug der technischen Textilien
Ein Bericht über den Marktführer Deutschland
Text: Elena Schlosser. Fotos: Verseidag Indutex GmbH, TAG Composites & Carpets GmbH, Polymade ITT GmbH
S
ie sind unersetzbar im Krankenhaus und bei der Feuerwehr. Sie erleichtern jedes Auto, jedes Flugzeug. Sie
überspannen die größten Gebäude, schützen unsere Polizei
und tarnen unsere Bundeswehr. Die Rede ist nicht von Metall,
Stahl oder Eisen. Es sind technische Textilien, die aus vielen
Branchen nicht mehr wegzudenken sind.
Schon lange steht die Textilindustrie für mehr als nur Kleidung
und Mode. Sie ist ein innovatives Forschungsgebiet. Ein entscheidender Wirtschaftsfaktor. Und: Sie kommt aus Deutschland. Meist kleine und mittelständische Unternehmen sind
für die Position als Marktführer verantwortlich. Technische
Textilien machen inzwischen mehr als 50 Prozent der textilen
Gesamtproduktion in Deutschland aus. Wegen ihres umfangreichen Könnens werden solche modifizierten Textilien in den
unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt: Medizin, Architektur, Automobil, Geo- und Schutztextilien.
So bunt wie die Einsatzgebiete sind auch die Herstellungsarten
und Besonderheiten der technischen Textilien. In den meisten
Fällen werden Hochleistungsgarne wie Glas und festes Polyester verwendet. Hinzu kommt Aramid, eine organische Kunstfaser, die sich sowohl durch eine hohe Festigkeit und Schwingungsdämpfung auszeichnet, als auch durch ihre Hitze- und
Feuerbeständigkeit. Eine Hightech-Faser, die viel verspricht.
Deutsche Unternehmen wie die Verseidag Indutex GmbH oder
6
die TAG Composites & Carpets GmbH nutzen diese leistungsstarken Fasern schon.
Hightech-Textilien made in Germany
V
erseidag etwa entwickelte mit seinem hauseigenen
„duraskin“-System witterungsbeständige Bekleidungen
aus Polyester- und Glasgarnen für neu entwickelte Gebäude.
Diese Membranen machen es zum Beispiel möglich den Einfall
von Sonnenlicht zu reduzieren, aber dennoch eine Zufuhr von
Frischluft beizubehalten. Besonders bekannt wurde „duraskin“
durch die Ausstattung von Fußballstadien weltweit wie zur WM
2010 in Kapstadt und zur EM 2012 in Polen und der Ukraine. Sämtliche Stadien wurden mit einer textilen Außenfassade
oder Dachkonstruktion des deutschen Traditionsunternehmens ausgerüstet.
TAG Composites & Carpets arbeitet ebenfalls mit solchen
Hightech-Membranen. Im Vordergrund steht dabei das sogenannte Low-e-Gewebe. Ein Glasgewebe mit reflektierendem
Aluminium. Verwendet im Gebäude des auffälligen Flughafens
von Bangkok. Eine Membran im Dach besteht aus diesem Gewebe, das die tropischen Außentemperaturen isoliert und die
Akustik eindämpft. Beauftragt wurde TAG dabei von der Firma
Polymade ITT GmbH. Während TAG für die Produktion der
Beschichtung zuständig war, stammt von Polymade die tech-
HIGHTECH
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1 Zur WM 2010 wurde von den gmp-Architekten in einer Zusammenarbeit mit der Verseidag Indutex GmbH das Stadion in
Kapstadt entwor fen 2 Flughafen in Bangkok mit einer Beschichtung aus Deutschland - das Low-e -Gewebe 3 Das Stadion in
Breslau wurde von dem Büro der jsk-Architekten entwor fen und ist ebenfalls mit einer Membran von Verseidag ausgestattet 4 Das Krefelder Unternehmen TAG Composites & Carpets hat sich ebenfalls auf Hightech-Membran spezialiser t 5 Kiew
by Night - ein Stadion der gmp-Architekten 6 Die Beschichtung des Flughafens in Bangkok isolier t die tropischen Außentemperaturen
7
bei Polymade, und sein Team haben die passenden Werkstoffe
bereitgestellt und die komplette Produktion überwacht.
Eine Zusammenarbeit, die sich sehen lässt. Deutsche Erfolgsgeschichten. Doch jede Erfindung hat auch einen historischen
Anfang...
Die Hochburg der Textilindustrie
W
ie in vielen anderen Fällen beginnt auch die Geschichte
der technischen Textilien mit dem Ende des Zweiten
Weltkriegs.Flucht, Hunger, Armut. Aus der Not wurde eine Tugend. Städte wie Breslau und Berlin waren die wichtigsten
Standorte der Bekleidungsindustrie im deutschen Reich. Die
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vertriebenen Unternehmer aus dem Osten brachten ihr Wissen und Können in den Westen. Das Ruhrgebiet wurde so zur
Hochburg der Textil- und Bekleidungsindustrie in Deutschland. In den 60er Jahren verlagerte sich die Produktion jedoch
wieder in Richtung Osten. Nach Fernost. Dahin wo die Produktion schlichtweg günstiger war. Deutschland musste reagieren,
Familienbetriebe gerettet werden. Der Staat setzte auf Bildung
und Forschung. Die technischen Textilien konnten sich etablieren.
Mehr Innovationen, neue Herstellungsverfahren, verbesserte
Fasern. Die Bundesregierung hat das Potenzial der technischen Textilien längst erkannt. Die vielfältigen Eigenschaften
wie Belastbarkeit, Flexibilität, Atmungsaktivität und Multifunktionalität können durch Veredelung intensiviert oder miteinander kombiniert werden. Flugzeuge und Autos werden dadurch
immer leichter. Der CO2 Ausstoß wird reduziert. Geotextilien
schützen vor Temperaturschwankungen, Austrocknung und
Sonneneinstrahlung. Das Wachstum von Pflanzen wird gefördert. Neue Feinstaub- oder Abwasserfilter sollen den Klimaschutz vorantreiben.
Der Staat profitiert aber nicht nur von dem ethischen Aspekt
der technischen Textilien. Auch wirtschaftlich stellt die Textil- und Bekleidungsindustrie einen entscheidenden Faktor
in Deutschland dar. Sie ist nach dem Ernährungsgewerbe die
zweitgrößte Konsumgüterbranche und erbrachte im Jahr 2010
einen Gesamtumsatz von 27 Mrd. Euro. In diesem Jahr waren
etwa 120.000 Beschäftigte in 1.200 Betrieben der Textil- und
Bekleidungsindustrie tätig. Die Zahl von Unternehmen und
Angestellten geht allerdings seit Jahren zurück. In den ersten
drei Quartalen des Geschäftsjahres 2011 lag die Exportquote
deutscher Textilien bei 43,3 Prozent. Die technischen Textilien
haben dabei einen Anteil von über 18 Prozent. Sie gelten als
der Wachstumssektor, der sich besonders durch seine Unabhängigkeit von modischen Stimmungen auszeichnet. Nach einer Studie der Deutschen Bank aus dem Jahr 2011 soll in den
kommenden Jahren die Nachfrage nach technischen Textilien
jährlich um 5 Prozent steigen.
Ob Ärzte und Polizisten, Architekten und Ingenieure, Soldaten
oder Normalverbraucher. Niemand kann heute mehr auf die
technischen Textilien verzichten. Qualität made in Germany.
8
Ein ökonomischer Er folg
A
uch heute noch sind sie ein wichtiger Punkt auf der
Agenda der Bundesregierung. Mehr denn je. Ein stärkeres Umweltbewusstsein, Mobilität, Ressourcenknappheit. Die
Hightech-Strategie des Bundesministeriums für Bildung und
Forschung soll auf diese gesellschaftlichen Entwicklungen eingehen und auf Veränderungen reagieren. Dieses Projekt dient
dem Ausbau der führenden Position im europäischen Markt.
Dabei werden sowohl die gewerblichen Unternehmen als auch
Hochschulen, Fachhochschulen und andere Forschungseinrichtungen durch Zuschüsse unterstützt. Sie sollen im Dialog
zusammenarbeiten.
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7 Die Beschichtung des Flughafens in Bangkok entstand
in einer Zusammenarbeit der TAG Composites & Carpets
GmbH und Polymade ITT GmbH 8 Das Stadion in Südafrika
wurde eigens für die WM 2010 entwor fen und gebaut
HIGHTECH
Ein kleiner Ausflug in die Kuriositäten der technischen Textilien
Text: Julia Rodenkirchen. Foto: Lukas Blasberg. Illustration: Ga-Young Park
Wenn Ziegen spinnen
Leuchtende Effekte
Eine verrückte Geschichte spinnt sich um die
Spinnenseide. Sie ist zug- und reißfest und bleibt
trotzdem elastisch – ein Traum von einem Werkstoff. Allerdings lassen sich große Mengen an
Spinnen nicht züchten. Daher kam die kanadische Firma Nexia Biotechnologies auf die Idee,
Ziegen das Spinnenseiden-Gen einzusetzen. Diese transgenen Ziegen produzieren in ihrer Milch
wiederum das Spinnenseidenprotein, aus dem
dann der gewünschte Faden hergestellt werden
kann. Nun besteht bisher das Problem, dass die
“Ziegenseide” qualitativ sehr zu wünschen übrig
lässt. Ein anderer Weg verspricht Erfolg: Dafür
wurden die Originalgene der Spinnenseide
per Virus in Schmetterlingszellen eingeschleust, die daraufhin „echte“ Spinnenseiden erzeugten. Eine zweite
Methode sollte sicherstellen, dass
der Faden auch im industriellen
Maßstab erzeugt werden kann.
Ein Morphofalter schillert leuchtend blau, obwohl seine Flügel keine Farbpigmente aufweisen.
Unsichtbares wird sichtbar. Des Rätsels Lösung
ist eine Nanostruktur, die das einfallende, weiße
Licht beugt und in die Regenbogenfarben aufteilt.
Inzwischen entwickelt man Textilien, die diese Effekte nutzen und farbig leuchten, ohne Farbstoffe zu enthalten. Das Material besteht aus einer
Mischung von Lichtleitfasern und unterschiedlichen Gewebefasern. Die Lichtleitfaser werden
speziell bearbeitet, damit sie leuchten. Das Licht
kommt aus Leuchtdioden, die durch hochmoderne Akkus mit Strom versorgt werden und mit
Handynetzteilen aufladbar sind. Die leuchtende Bekleidung soll sogar in der Waschmaschine gewaschen werden können.
Volumenverändernde Fasern
Das Advanced Airbag Safety System für Motorradfahrer (AASHR)
enthält ein aktives Airbagsystem. Es
verwendet die erprobte Technologie
der Hochgeschwindigkeits-Entfaltung.
Das patentierte „Sensing Triggering Memor y“ (STM) System erkennt den Sturz, errechnet
die Fallgeschwindigkeit und startet das Aufblasen
der Airbags von der Hüfte bis zur Halswirbelsäule und im Brustkorbbereich. Ein Speicher dient
zur Erfassung der Unfalldaten. Der Sturz wird
in 0,01 Sekunden erkannt. Das Aufblasen dauert weitere 0,025 bis 0,030 Sekunden. Der Sturz
„dauert“ ca. 0,8 Sekunden, so dass der Schutz
rechtzeitig zur Verfügung steht. Bei voller Bewegungsfreiheit und geringem Gewicht kann sich
der Fahrer wie gewohnt verhalten. Kommt es zu
einem Sturz, schützt das Airbagsystem, Nacken,
Wirbelsäule und Oberkörper vor Verletzungen.
Forscher haben eine Faser entdeckt,
welche Körperbewegungen bemerkt
und entsprechend darauf reagieren
kann. In die Kleidungsstücke werden piezoelektronische Streifen eingesetzt, welche die
Körperbewegungen in elektrische Energie umsetzen. Je nach Situation verkürzen bzw. verlängern
sich die einzelnen Fasern und passen sich so den
Bedürfnissen des Trägers an. Auch im BH werden
mögliche Einsatzbereiche gesehen. Registriert
der BH schnelle Bewegungen, verkürzen sich
durch die Spezialfasern die Träger und die Cups
versteifen sich. So tritt automatisch eine Stabilisierung ein, der BH passt sich so jeder Bewegung
an und sitzt somit einfach besser. Allerdings ist
auch hier wieder nicht absehbar, ob und wann
diese Entwicklungen auf den Markt kommen
Airbag-Kleidung
9
Und täglich grüßt das
Murmeltier
Eine Reportage über das WKS Textil- und
Umweltlabor in Wilsum
Text: Julia Rodenkirchen. Foto: WKS
H
ier hat alles seinen Platz. Hier hat alles seinen Ort.
Aufgestellt in Reih und Glied. Kleine Gläser, halb
kleine Gläser, mittelgroße Gläser, große Gläser, halbgroße Röhren, mittelgroße Röhren, große Röhren. Als
„ Außenstehender “ traut man sich kaum, einen Fuß vor
den anderen zu setzen, um nichts umzustoßen, umzureißen oder zu zerdeppern. Man hat Angst, die Ordnung in diesem L abor durcheinander zu bringen. Wilsum, ein kleines Dorf mit gerade mal 1.652 Einwohnern
in Niedersachsen an der holländischen Grenze, zum
wichtigsten Standbein gehört hier noch die L andwirtschaft. Hier ist auch der Standort des WKS.
Das WKS ist ein Prüflabor für Textilien. Physikalischtechnische und chemisch-technische Prüfungen im
staatlich akkreditierten Prüflabor werden hier durchgeführt. Schon die Einfahrt ist perfekt gepflastert, die
Buchsbäume, die den Weg markieren, sind akkurat geschnitten und stehen auf den Millimeter genau weit
voneinander entfernt. Das WKS ist ein großer weißer
Betonklotz, alles wirkt sehr clean und übersichtlich.
Am Eingang der großen L agerhalle stehen Schilder.
Rauchen verboten, Handys ausschalten, Schutzhelm
tragen, Betreten der Fläche verboten, Zutritt für Unbefugte verboten, Berühren verboten, nichts abstellen
oder lagern, Essen und Trinken verboten. Es gibt eigentlich nichts, was man hier darf.
Sichten, Fehler kennzeichnen, messen
D
ie Werksführung beginnt. In der großen L agerhalle liegen Stoffrollen gestapelt, auf Regalen die
gleich breit und gleich hoch sind, die gleich unterteilt
sind; bis unter die Decke rote Stoffrollen über rote
Stoffrollen, gelbe Stoffrollen über gelbe Stoffrollen,
blaue Stoffrollen über blaue Stoffrollen. Alles markiert,
gekennzeichnet und auf seinem Platz. Wir gehen weiter
zur Warenschau. Sichten, Fehler kennzeichnen, messen,
abmustern, nach Farbgruppen sortieren. Jede Stunde
derselbe Stoff, jede Stunde dasselbe Muster, jede Stunde dieselben Handgriffe. Der nächste Schritt ist das
„Reparieren“, hier werden Flecken und Verschmutzungen entfernt sowie Kett- und Schussfadenbrüche aus-
10
Individuelle Waschveredlung im Textil- und Umweltlabor
gebessert. Der Stoff wird gespannt und der zuständige
Mitarbeiter korrigiert die meist nur 1Milimeter kleinen
Fehler mit einem scharfen Messer. In der nächsten Station kommt der Stoff zum Schneiden. Er wird in Bahnen
oder Streifen geschnitten. Jeden Tag an derselben Station, jeden Tag geschnitten, in Bahnen oder Streifen.
Doch vor dem Einpacken wird ein kleines Stückchen
Stoff abgeschnitten und ins Prüfungslabor gebracht.
Hier werden verschiedene Tests durchgeführt, um die
Qualität des Stoffes zu ermitteln.
Scheuer fest, reißfest, lichtecht
D
as Prüflabor. Ein dunkelgrauer Raum, keine Fenster. Die Stille hier wird nur durch das Summen der
Testapparaturen unterbrochen. Die Temperatur und die
Luftfeuchtigkeit geregelt, jeden Tag herrschen hier 20
Grad Celsius. Als erstes wird die Scheuerfestigkeit getestet. Ein Mitarbeiter spannt ein Stück Stoff auf eine
Platte und legt diese in die Maschine. Er betätigt einen
Schalter und über die eine Platte schiebt sich eine zweite, die anfängt zu rotieren. In kreisförmigen Bewegun-
HIGHTECH
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1 Prüflabor WKS - hier ist alles aufgestellt in Reih und Glied 2 Umweltschonende Wäscherei der WKS
gen scheuert die Platte auf dem anderen Stoff. Immer
im gleichen Radius, immer mit der gleichen Geschwindigkeit, und immer mit demselben Druck. Jeder Stoff
muss diese Prozedur über sich ergehen lassen. 10 Minuten, 13 Minuten, 16 Minuten, 20 Minuten, nichts passiert. Von den rotierenden Platten wird einem schwindelig. Stille, nichts tut sich. Nichts geschieht. Das ist
in 95% der Fälle so. Alles wird dokumentiert. Der Stoff
wird aus der Halterung entfernt und weggeworfen.
S ammeln, sortieren, auswerten
A
ls nächstes wird die Reißfestigkeit getestet. Eine
neue Stoffprobe wird zwischen zwei Klammern gespannt und in der Maschine befestigt. Die zwei Klammern bewegen sich nun voneinander entfernt und reißen am Stoff. 0,5kg Druck, nichts passiert. 1kg Druck,
nichts passiert. 1,5kg Druck, nichts passiert. 2kg Druck,
nichts passiert. 2,5kg Druck, nichts passiert. Das ist in
95% der Fälle so. Alles wird dokumentiert. Der Stoff
wird aus der Halterung entfernt und weggeworfen.
Der Lichttest. Eine neue Stoffprobe wird auf eine Platte
gespannt und in der Maschine befestigt. Die Maschine
fängt an sich zu drehen, schneller und immer schneller.
Am oberen Teil der Maschine ist eine L ampe befestigt.
Die L ampe ist sehr grell und das lange Hineingucken
tut in den Augen weh. Die L ampe soll das Licht der
Sonne nachahmen.
Als letzter Schritt wird die Waschechtheit getestet. Eine
Stoffprobe wird in die Waschmaschine gelegt und muss
nun einen Waschgang überleben. Wieder verglichen mit
einer Farbkarte, die den Färbegrad der Probe feststellt.
Alles wird dokumentiert. Der Stoff wird weggeworfen.
Die Ergebnisse werden gesammelt, ausgewertet und
gespeichert. Kontrollieren, Sortieren, Etikettieren. Das
Verpacken ist der letzte Schritt, hier werden moderne
Verpackungsstationen eingesetzt. Kleine Stoffrollen in
kleine Verpackungen, mittelgroße Stoffrollen in mittelgroße Verpackungen, große Stoffrollen in große Verpackungen. Hier hat alles seinen Platz. Hier hat alles
seinen Ort. Aufgestellt in Reih und Glied. Fertig zum
Versand. Die Lieferpapiere werden ausgefüllt. Die Ware
wird verladen. Hier beginnt ihre Reise.
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Das Superhelden- Quartett
Im Comic steckt die Zukunft
Woran in vielen Forschungslaboren der Welt noch emsig getüftelt und experimentier t wird, ist
für viele Comicleser ein alter Hut: Kleidung mit besonderen technischen Fer tigkeiten. Der Anzug
von Batman, das Superman-Kostüm oder der enge Anzug von Spiderman. Bei der Kleidung der
Superhelden unserer Kindheit wurden viele technologische Textilien von heute vor weg genommen.
Schusssicher und feuer fest ist längst nicht mehr nur das Alleinstellungsmerkmal der Kostüme unserer
Superhelden. Vier spannende Beispiele die zeigen, weshalb die Kleidung unserer Superhelden auch
heute noch der absolute Trend ist.
Text: Nadine Kilian. Foto: Lukas Blasberg. Illustration: Ga-Young Park
Kräfte: Übermenschliche Stärke, Geschwindigkeit und Agilität, Fähigkeit an
glatten Oberflächen zu "kleben"
Besonderes Merkmal: besonderer Gefahrensinn, Erfindung des Netzsprüher
Herkunft: New York, geboren als Peter Parker, wurde bei einem Besuch in
einem Forschungslabor von einer radioaktiven Spinne gebissen
Kleidung: hautenger rot-blauer Ganzkörper-Suit und Kopfkostüm mit Spinnenmuster
Aussehen: kreativ
SPIDERMAN
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Alltagstauglich:
Leistung:
Komfort:
Heute: klebender Klettverschluss (Einsatz z.B. bei Ourdoorjacken von
Roadsign)
HIGHTECH
Kräfte: übermenschliche Körperkraft, Ausdauer, Regeneration und körperliche
Resistenz, feuerfest
Besonderes Merkmal: rote Hautfarbe
Herkunft: geschaffen vom russischen Mystiker Rasputin
Kleidung: schwarze Hose, beiger Trenchcoat
Aussehen: casual
Alltagstauglich:
Leistung:
Komfort:
Heute: Anzug aus hochtemperaturbeständigem SESTONIT-Gewebe
HELLBOY
z.B. von Klevers
Kräfte: keine Superkräfte. Überlegenheit basiert auf Intelligenz, Willenskraft,
hartem Training und seinen technischen Hilfsmitteln
Besonderes Merkmal: Batmobil
Herkunft: Gotham City, geboren als Bruce Wayne (Millionär)
Kleidung: gepanzertes Kostüm, Batgürtel und Umhang
Aussehen: beängstigend
Alltagstauglich:
Leistung:
Komfort:
Heute: tragbare Kohlefaser-Flügel bei der Bundeswehr
(Kohlefaser wird z.B. von SGL Kümpers GmbH & Co. KG hergestellt)
BATMAN
Kräfte: enorm schnell, übermenschlich stark, kann fliegen, Supergehör, Hitze,
Röntgen, Scan, Infrarot, Teleskopblick
Besonderes Merkmal: ein Ring aus Kr ypton kann ihn vernichten
Herkunft: Planet Kr ypton, geboren als K al-El, später auf der Erde als Clark
Kent
Kleidung: hautenges blaues Ganzkörperkostüm, rote Überhosen, rote Stiefel
und ein langes Cape
Aussehen: supercool
SUPERMAN
Alltagstauglich:
Leistung:
Komfort:
Heute: schusssichere Weste, z.B. von Verseidag Ballistic Protection
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Foto: LUKAS BLASBERG
"Die Geschichte der Menschheit ist die Geschichte der menschlichen Visionen",
sagte einmal der deutsche Schriftsteller Hans K asper. Die Erfolge der
Textilindustrie im Nordrhein-Westfalen basieren auf den Erfolgen der einzelnen
Textilunternehmen. Sie wurden erbaut auf Zukunftsvisionen der Unternehmer.
VISION
Vier Stoffe, von denen wir
träumen
Viele Wünsche wurden uns schon er füllt. Eine Modeschau mit Kleidern
aus Schokolade. Eine kuschelige Jacke, die auf Kommando wärmt. Sogar ein Umhang, der uns unsichtbar werden lässt. Und dennoch: Es gibt
immer noch Stoffe, von denen wir träumen...
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Text: Elena Schlosser. Foto: Tina Candrian Public Relation
Kleidung, die uns dünn macht
Tragen Sie Schwarz, das kaschiert!
W ählen Sie einen fließenden Stoff, der
verdeckt optimal die Problemzonen!
Verzichten Sie auf Querstreifen, das
trägt auf! Genug von den Ratschlägen
der Verkäuferin nebenan? Den Wunsch
nach einem Stoff, der wirklich dünn
macht? Keinen Speck einquetscht, keine wabbeligen Falten verdeckt, sondern wirklich schlank macht! Sodass
das überschüssige Fett durch besondere
physikalische Prozesse in der Kleidung
einfach verschwindet. Das wäre schön...
Kleidung, die uns jung hält
Anti-Falten-Cremes und Schönheits-OPs. Der Wunsch nach jugendlichem Aussehen ist unersättlich. Täglich kommt eine neue, innovative Rezeptur auf den Markt. Ein weiteres Wundermittel. Können
Textilien nicht so was auch? Wie wäre es mit einem engen Anzug,
der nur während der Nacht getragen wird. Er konserviert die Haut
so, dass der Alterungsprozess komplett gestoppt wird. Morgens
wacht der Träger/die Trägerin herrlich frisch und auf jung auf. Darin möchte man glatt drei bis vier Tage durchschlafen...
Ein Teppich, der uns fliegen lässt
Erzählungen
aus
Tausendundeiner
Nacht, der Orient, Aladdin. Bekannt aus
Märchen oder Filmen als romantischer
Chauffeur oder lebensrettender Begleiter. Nur müsste der fliegende Perserteppich in unseren Breitengraden wohl
etwas modifiziert werden. Was ist mit
Schnee, Regen und Hagel? Den eisigen
Temperaturen? Entweder wird er die
moderne Version eines Cabrios oder ein
eleganter 5-Türer!?
3
2
Kleidung zum Beamen
4
In zwei Sekunden von Köln nach Dresden. In fünf Sekunden von
Berlin nach New York. In sieben Sekunden von München nach Sydney. Beamen ist eine Fähigkeit, die der Menschheit noch fehlt. Mit
Kleidung wäre es so simple. Rein in die Jacke und ab um die Welt.
Doch immer nur in der Gegenwart zu bleiben, wäre auf Dauer auch
langweilig. Wünschenswert: Die Zeitreisefunktion.
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Das Lied der Webmaschine
Ein Tag bei dem Mönchengladbacher Textilunternehmen Aunde
Text: Ga-Young Park. Fotos: ZiTex
1
1
1899 wurde das Familienunternehmen Aunde gegründet 2 Eine Webmaschine
hat eine Lebensdauer von 20 Jahren 3 Rolf Königs ist Geschäftsführer des Textilunternehmens 4 Neue Formen für einen Aunde Autositz 05 4500 km Fäden
verarbeitet eine Webmaschine pro Tag
S
umm. Klack. Summ. Klack, klack. Summ. Klack.
Abwechselnd ertönen die Geräusche hinter
der Tür. Ein tiefes Summen und ein hohes Klack.
Noch sehr leise. Doch dann öffnet sich die Tür und
das Konzert beginnt. Die Instrumente: Webmaschinen, Spulen und Fäden. Die Musikanten: Mitarbeiter
der Aunde Produktionsstätte. Seit 104 Jahren wird
in den Produktionshallen in der Waldnieler Straße
in Mönchengladbach gespult, gerollt und geprüft.
Mit zwölf Webstühlen begann die Geschichte von Aunde im Jahre 1899. Gegründet von Achter und Ebels
konzentrierte man sich auf die „mechanische Weberei
in Herrenstoffen nebst dazu gehörenden Vorarbeiten,
wie Zwirnerei und Spulerei“. Schon 1927 galt Aunde
als größtes Textilunternehmen der Tuchindustrie in
Mönchengladbach. Neben den Tuchen wurde auch Au-
16
3
topolsterstoffe produziert, bis man in den 50ern, dem
Jahrzehnt der Automobile, die Zusammenarbeit mit
Automobilherstellern, weiter ausbaute. Heute produziert Aunde, führend auf dem deutschen Markt, Autobezüge unter anderem für VW, BMW und Audi.
4500 km Fäden pro Tag
I
n der Mitte des Raumes steht eine monströse Webmaschine. Sie spult viele einzelne Fäden, so dünn
wie ein Haar, auf die riesige Spuletrommel. „Wir nennen
sie Webkettbäume“, sagt Chief Financial Officer Renate Grewe. Und sie korrigiert: „Es heißt nicht spulen,
sondern bäumen.“ Sie zeigt auf einen Faden, den die
Webmaschine ausspuckt und will es genauer erklären,
doch der Mann an der großen Maschine schiebt sie zur
Seite. Er holt eine Schere heraus und schneidet den
VISION
2
4
Faden durch. Dann ein paar Knöpfe gedrückt und es
geht weiter mit dem Spulen. Pardon: mit dem Bäumen.
Seine Bewegung ist routiniert. Er weiß, was der nächste
Schritt ist, welche Knöpfe wann gedrückt werden müssen. Für uns ein unübersichtlicher Salat an Knöpfen.
Für ihn haben alle Knöpfe, Tasten und Schritte einen
Sinn und einen Zweck.
Eine Webmaschine kostet 1 Million Euro. Sie hat eine
Lebensdauer von 20 Jahren. Pro Tag verarbeitet sie
4500 km Fäden.
Prüfen nach dem Aunde Standard
H
inter einer dicken Glasfassade ist der Bürotrakt
untergebracht. Zu viert oder sechst sitzen die Mitarbeiter der Textilfabrik Aunde und tippen, schreiben
5
und messen. Kein Summen und Klackern ist hier zu
hören, stattdessen ertönt leise Musik aus dem Radio.
Plötzlich stört ein mechanisches Piepen die monotone
Ruhe. Eine Frau im weißen Kittel erhebt sich vom Platz
und folgt dem Ton. Das ist das Prüflabor der Aunde.
„Das ungeliebte Kind jedes Unternehmens“, sagt Prüflaborantin Elberts. In diesen vier W änden herrschen
Zahlen, Tabellen, Kurven und Parameter.
Hier wird getestet, geprüft und korrigiert. Alles nach
Norm und nach Standard. Vorher verlässt kein Stoff das
Werk. Brenntest, Reißprobe, Lichtechtheit, Fleckentest,
Verschleißtest. Hier im L abor rückt man dem Stoff zu
Leibe. Warum aber das ungeliebte Kind? „Die Entwicklungsabteilung kommt mit innovativen Ideen und Design an Stoffen und wir sagen immer "Stop". Das alles
muss ja auch nach unserem Standard getestet werden“,
erklärt sie.
17
"Ohne unsere
Mitarbeiter
wäre Aunde
nie so weit
gekommen."
Rolf Königs
Seit 1980 arbeitet Frau Elberts in der Abteilung. Sie
hat miterlebt, wie sich Standards verändern, Normen
manchmal runtergeschraubt werden. Aber oft genug
auch wie immer schwierigere Tests den Stoffen für die
Automobilindustrie das Leben schwer machen.
„Spätestens wenn Angelhaken an Stoffen getestet werden, kehre ich der Qualitätsprüfung den Rücken“, lacht
sie. Ein kleiner Scherz, aber tatsächlich sind die Anforderungen der deutschen Automobilindustrie sehr hoch
und werden immer schwieriger und spezieller. Früher
zum Beispiel durfte ein Auto noch riechen. Nicht selten
hörte ein Autoverkäufer den Satz: „Das Auto riecht aber
neu.“ Heute aber muss alles neutral sein, fast schon
klinisch. „ Ansonsten denkt der Endverbraucher, dass
etwas Giftiges aus den Stoffen ausdünstet“, versucht
Elberts zu erklären und zieht die Brauen hoch. Beim
Geruchstest wird also genau dokumentiert. Dabei kann
ein Stoff modrig, seifig, lippenbrennend bis hin zu
halskratzend riechen. Ihr erstes Auto war ein VW Käfer.
„Den hat man schon von weitem gerochen. Aber ich
habe ihn geliebt“, erzählt sie und riecht an dem Stoff
und notiert sich den Geruch und die Nummer.
18
Die Aunde-Standards: Eine Tour entspricht einer Drehung eines Schmiergelpapiers auf dem Autobezug.
35.000 Touren muss die Mitte des Bezuges eines Autositzes überleben ohne zu fusseln oder zu pillen.
Ein Aunde-Stoff darf brennen, aber nur in einer Geschwindigkeit von 100mm pro Minute.
Der Aunde-Stoff muss neutral riechen.
Zwischen Metall und Fäden
E
in Raum weiter setzt sich das laute Konzert fort.
Diesmal aber ein K anon. Versetzt spielen die Webmaschinen das Lied vom Summen und Klacken. Sie stehen dicht aneinander, kaum Platz um durchzulaufen.
Immer wieder huscht ein Mitarbeiter in L atzhose und
Ohropax in den Ohren vorbei und drückt Tasten und
Knöpfe und verschwindet dann wieder zwischen Metall
und Fäden. „Hier stellen wir nun die Stoffrollen her.
Das ist unser Grundstoff für die Herstellung von Autobezügen“, sagt Renate Grewe. Wie ein Häcksler fahren
die scharfen Metallschienen vor und zurück. Heraus
kommt ein glatter, fester Stoff.
VISION
Aunde -Mirarbeiter beim sor tieren, spulen und weben
86 Werke hat Aunde mit ihren Tochterunternehmen Isringhausen und Esteban, verteilt auf 25 Länder. Weltweit arbeiten rund 12.000 Mitarbeiter für das Familienunternehmen. Die Gruppe gehört zu den größten
Automobilzulieferenten weltweit.
Summ. Klack. Summ. Klack, klack
es klimatisiert war. Ansonsten würden die Stoffe unter den Wetter- und Temperaturbedingungen leiden.
„Die Ohropax können Sie nun entfernen“, sagt sie. Die
Ohren sind noch leicht betäubt von dem Druck. Die
Tür hinter uns schließt sich und es ist nichts zu hören,
doch in den Ohren hallt es immer noch nach: Summ.
Klack. Summ. Klack, klack. Summ. Klack.
E
s ist 13:00 Uhr. Mittagspause für viele Mitarbeiter.
Einige setzen sich in den Aufenthaltsraum. Ein
weiteres Zimmer hinter einer dicken Glaswand. Hier
ist es still und sie können ihre Ohropax entfernen.
Sie packen Brotdosen und Tüten aus. Es raschelt und
knirscht. Keiner redet. Alle genießen die Ruhe. Aber
lange weilt sie nicht, denn die EM muss noch besprochen werden. Viertelfinale, Turniermannschaft, Tor von
Gomez und Trainer Löw – Themen der nächsten 15 Minuten. Und dann muss es weitergehen. Ohropax rein
und Tür auf. „Nun sind wir fertig mit der Werksbesichtigung“, erklärt Renate Grewe und zeigt auf ein Tor, das
nach draußen führt. Draußen scheint die Sonne und es
ist schwül. In den Hallen war das nicht zu merken, da
Informationen
über den
Spezialist für
Autositze unter:
w w w.aunde.com
19
"Der Nachwuchs muss gefördert werden"
Zum zweiten mal wird der Textilnachwuchspreis Nex t verliehen
Text: Rebekka Weinrich. Foto: ZiTex
01 Gewinnerinnen und Platzier te des Next2011
D
ie Initiative ZiTex – Textil und Mode NRW, 1996
von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und
Partnern aus der Wirtschaft gegründet, hat es sich auf
die Fahnen geschrieben, den Nachwuchs der Textil–
und Bekleidungsbranche beispielhaft zu fördern. Qualifizierter Nachwuchs sichert die Zukunft der Branche.
Das hat auch ZiTex erkannt und den Wettbewerb Next
ins Leben gerufen, der bereits zum zweiten Mal ausgeschrieben wird. Durch ihn werden außerordentliche
junge Talente ausgezeichnet, die eine technisch-gewerbliche Ausbildung in der Textilbranche mit Bravour
abgeschlossen haben.
Vielversprechender Nachwuchs
I
nnovations- und Nachwuchspreise gibt es viele,
doch kaum einer beachtet dabei die herausragenden Leistungen der Absolventen von technisch-gewerblichen Ausbildungen in der Textil- und Bekleidungsbranche. ZiTex steuert mit der Auszeichnung Next
2012 dagegen. Für Next 2012 können sich alle Absolventen bewerben, die im Zeitraum von August 2011
bis Juli 2012 ihre Ausbildung in der Textil- und Bekleidungsindustrie in NRW abgeschlossen haben und nicht
älter als 25 Jahre sind. Die Ausbildungsberufe, aus denen die Bewerber kommen, sind breit gefächert: Von
20
02 Podiumsdiskussion mit den Initiatoren des Preises
Hightech-Berufen bis hin zu künstlerischem Arbeiten
ist alles dabei. Modenäherinnen, Konfektionäre, Anlagenführer, Produktionsmechaniker, Produktveredlerinnen und Textillaborantinnen kämpfen um die begehrte
Auszeichnung.
Ziel des Preises ist es unter anderem, die Vielseitigkeit
der Ausbildungsberufe in der Textilbranche herauszustellen und das große Entwicklungspotenzial der Nachwuchskräfte zu dokumentieren. Besonders wichtig für
Bewerber und Interessierte ist es, Berufsperspektiven
und K arrieremöglichkeiten nach der Ausbildung aufgezeigt zu bekommen. Denn auch danach ist es noch
lange nicht vorbei mit der Förderung. Viele Chancen
zur Weiterbildung stehen den Absolventen zur Verfügung. Darüber hinaus versucht ZiTex mit Next2012 das
Image der Textilbranche aufzufrischen. Auch in Zukunft
soll die Branche attraktiv für qualifizierten Nachwuchs
sein – die Auszeichnung ist ein Schritt in die richtige
Richtung.
Die Bewerber und Preisträger bringen frischen Wind in
die Welt der Textilbranche. Junge Talente haben einen
anderen Blick auf Handlungsabläufe und den Beruf an
sich. Sie gehen mit Optimismus und Ungezwungenheit
an die Sache heran. Dabei ist Betriebsblindheit ein
VISION
03 Das Publikum war tet auf die Verkündung der Gewinner
04 1.Platz: Katharina Karger, 2. Platz: Nathalie Roth,
3. Platz: Liane Berg
Fremdwort für sie. Diese jugendliche Kreativität, tut
sowohl der Branche als auch den Auszubildenden gut.
Die Textil- und Bekleidungsbranche profitiert vom neuen, positiven Bewusstsein für technisch-gewerbliche
Ausbildungen, welches der preisgekrönte Nachwuchs
geschaffen hat. Es wird mehr positive Aufmerksamkeit
auf diese, früher als „trocken“ geltenden, Berufsfelder
gelenkt. Der Nachwuchs profitiert von der großen, medialen Anerkennung für seine Leistung im Berufsleben.
sondern auch von K atharinas Engagement als JugendAusbildungsvertreterin während der Ausbildung. Zur
Zeit absolviert sie ein Trainee-Programm zur Modellmacherin bei Bugatti. Ihren Preis, eine Reise in die Türkei,
hat sie im Frühjahr 2012 angetreten.
Bereits 2011 wurden aus über 300 Auszubildenden die
Gewinner ausgewählt.Als Köder wurden Urlaubs-, und
Städtereisen sowie Konzertkarten ausgeworfen. Die Zukunftstalente bissen an und präsentierten der unabhängigen Jur y, bestehend aus Industrie, Wissenschaft und
Medien, ihre Leistungen im August 2011.
Da die erste Gewinnerin des Next 2011 aus dem Hause
Bugatti stammt, werden die Finalisten 2012 im Showroom von Bugatti am 25. September in Düsseldorf ausgezeichnet. K atharina K arger wird selbstverständlich
anwesend sein und den neuen Gewinnern gratulieren.
Diesmal locken wieder tolle Preise: Der erste Preis ist
eine Marokkoreise, die Zweitplatzierte gewinnt eine
Städtereise im Wert von 1.500 Euro und die Drittplatzierte erhält Eintrittskarten in den Borussia-Park. Na
wenn das mal kein Anreiz ist...
Die Gewinner überzeugen mit Per fektion
D
en ersten Preis, gewann 2011 K atharina K arger
(22). Sie überzeugte die Jur y mit ihrem Gesellenstück, einem Blazermantel für Herren aus feinstem
Tuch, verziert mit aufwändigen Details. Diesen hatte
sie im Rahmen ihrer Ausbildung zur Modenäherin bei
Bugatti in Herford gefertigt. Die Jur y war nicht nur
von der perfekten Verarbeitung des Mantels begeistert,
Für weitere
Informationen
besuchen Sie die
Website:
w w w.zitex.de
21
Foto: LUKAS BLASBERG
Technische Textilien und Mode? Sicherheit und Gefahr? Schon seit einigen
Jahren haben Modedesigner die technischen Textilien für sich entdeckt. LED Schuhe, Kleider, die transparent werden oder Haute-Tech-Couture. Ein kleiner
Einblick in die technischen Modewelt, die ihren Reiz durch die Gefahr ausübt.
Schutztextilien mal anders.
FASHION
Nicht von dieser Welt
Hightech Mode ver wischt die Grenze von Mensch zu Maschine
Roboter, Hexe, Avatar, Vampir, Magier, Alien, Dämon. Übermenschliche Wesen und Vorbilder für
viele. Der Wunsch nach übernatürlichen Kräften, dem sechsten Sinn oder Unsterblichkeit wird
immer größer. Das Nachahmen der Helden und ihrer Fähigkeiten hat die Modewelt erreicht. Funktionalität, sonst verpönt, wird in neuen Kollektionen der Designer immer wichtiger. Kleider mit
Lasern, Schuhe mit eingearbeiteten Leuchten oder Kleider umhüllt von Rauch. Die dabei entste henden Effekte erinnern an die Szene eines Science -Fiction-Films. Die folgenden sieben technischen Modeinnovationen bringen den Mensch der Maschine sicher ein Stück näher.
Texte: Jacqueline Breuer
1
Foto: www.francescacastagnacci.it
Die Optik
steht im
Vordergrund
Modern, avantgardistisch, ungewöhnlich. Merkmale
der italienischen Modedesignerin Francesca Castagnacci und ihrer Designs. Die zukunftsorientierte Designerin versucht, die klassische italienische Mode zu
revolutionieren. Ihre Entwürfe von Hüten und Schuhen mit speziellen optischen Fasern, die ins Gewebe
eingearbeitet wurden und Lichteffekte kreieren, greifen den Trend der Photonik auf.
Castagnacci entwarf eine komplette Kollektion auf
Grundlage des Optik-Trends. Die dabei entstehenden
Effekte werden durch das von den Fasern widergespiegelte Licht geschaffen und durch die in den Stoffen integrierten LEDs. Die Schwierigkeit bei der Herstellung
liegt darin, dass die optischen Fasern ihre Form beim
Einarbeiten halten und gleichzeitig Licht in den Stoff
leiten. Neben Modehäusern, wie dem von Francesca
Castagnacci, arbeiten auch elektronische Unternehmen und medizinische Gesellschaften mit photonischen Stoffen und versuchen, diese zu optimieren.
Hierbei hat vor allem die Textilindustrie geholfen und
durch den Gebrauch der Lichtmaterialien wichtige Erkenntnisse hervorgebracht.
Das neue Merkmal der italienischen Designerin und
ihrer Mode: Avantgarde mit optischem Trick.
Foto: www.francescacastagnacci.it
23
Wochenende, Kurztrip, Reisetasche packen. Viel zu viel muss
mit. Der Wunsch: Ein Shirt für jeden Tag. Praktisch muss es
sein. Manel Torres, Modedesigner und gebürtiger Spanier,
packt in seine Tasche nur ein paar Hosen und eine Sprühdose.
In der kleinen Dose steckt viel drin: Zehn Jahre Arbeit, tausende von Fasern, Bindemittel und Lösungsmittel. Der Designer
entwickelte in Zusammenarbeit mit einem Chemiker Mode zum
Sprühen. Innerhalb von zehn Minuten wird das Material auf die
Haut gesprüht und die dünnen Fäden schließen sich zu einem
T-Shirt zusammen. Sogar auf Nachhaltigkeit hat Manel Torres
geachtet. Das Shirt kann ausgezogen und gewaschen werden,
ist also kein Einwegprodukt. Neben Baumwolle und Wolle verarbeiteten Designer und Chemiker auch schon Nerzfasern. In
wenigen Monaten dürfen die Spanier die praktische Mode aus
der Dose selbst testen. Das Spray wird in einzelnen Heimwerkund Bastelläden erhältlich sein und macht langes Aussortieren
beim Packen der Reisetasche überflüssig.
S i nn l i ch k e i t. i nt im ität. ent hü llung
Laserverbi ndung
3
Der Modedesigner Hussein Chalayan ist bekannt
für seine innovativen Modekreationen. Höchste
Schneiderkunst und Perfektion treffen hierbei
immer wieder auf neue Technologien. In seiner
„Readings“-Kollektion arbeitete er zum ersten
Mal mit L asern. Hilfe bekam er hierbei vom britischen Designer und Ingenieur Moritz Waldemeyer, der durch seine Lichtinstallationen im Bereich
Mode bekannt wurde. Zu seinen Projekten gehören beispielsweise LED -Schuhe für den Tanzfilm
„Step up 3D“ oder eine Video-Jacke für Sänger
WILL.I.AM. Die Kleider der „Readings“-Kollektion
sind mit hoher Sorgfalt gestaltet und es wurden
gewagte Konturen geschaffen. Hierbei wurden
hunderte L aser in jedes Kleidungsstück eingearbeitet. Diese erhielten eine servobetriebene
Messingschiene, die dem L aser ermöglicht, sich
zu bewegen. Die L asershow wird durch unzählige Swarovski-Kristalle unterstützt und lenken
das Licht des L asers ab oder nehmen dieses auf.
Das faszinierende Spiel schafft damit eine Beziehung zwischen Publikum und Ikone und bringt
eine so technische Mode dem Betrachter näher.
Hightech-Mode in neuer
Dimension.
4
Der eine Moment. Die eine Begegnung. Das eine Gefühl. Aufregung, Herzklopfen, Zittern. Die Begegnung mit
einem Menschen kann etwas Besonderes sein. Das zeigt auch das Designprojekt von Daan Roosegaarde. Der
Künstler beschäftigt sich in seinem Projekt
„Intimacy 2.0“ mit der Beziehung zwischen
Intimität und Technologie. Die HightechKleidung des Designers reagiert auf den
Herzschlag des Trägers und wird dabei mehr
oder weniger transparent. Entwickelt aus
blickdichter intelligenter Folie spielt sie
mit dem Zusammentreffen zweier Menschen
und lässt soziale Interaktionen die Stufe der
Transparenz bestimmen. Offenheit in dem
Moment der Intimität. Vertrautheit. Daan
Roosegaarde kreiert ein sinnliches Spiel der
Enthüllung und zeigt erneut, dass Mode und
Technologie ein perfektes Paar sind.
24
Foto: Daan Roosegaarde Studio
2
Foto: www.fabricanltd.com Fotograf: Ian Cole
M o de au s der D o se
FASHION
5
Tiefschwarze
Nacht,
nur einzelne Straßenlaternen leuchten auf.
Es scheint vor kurzem
geregnet zu haben.
Eine Frau betritt die
Szene. Mystisch, dramatisch, nicht von dieser Welt. Anmutig schreitet sie den
Weg entlang. Eingehüllt in dunklem Tweed, schwarze Lederhandschuhe und einem Schleier aus Spitze über den Augen.
Es scheint als sei sie aus einem anderen Jahrzehnt.
Nostalgie, Glamour, Eleganz. Die Couture Show Herbst/Winter 2011 von Chanel präsentiert sich klassisch und extravagant wie vom Traditionshaus erwartet. Eine nach der anderen
schreitet ihren Weg über den L aufsteg. Einzelne glitzernde
Stoffe lassen aber verraten, dass das noch nicht alles gewesen sein kann. Das Schwelgen in vergangenen Zeiten wird
plötzlich unterbrochen. Scheinwerfer leuchten auf. Doch sie
kommen nicht von der Decke. Unzählige, kleine, blaue Lichter erscheinen auf dem Boden des L aufstegs, eingearbeitet
in den Plateau-Absatz der Schuhe. Die „Flashlight“-Schuhe
erregten mit ihrem futuristischen Effekt deutlich Aufmerksamkeit und wurden bereits vom Technik-Künstler Moritz
Waldemeyer aufgegriffen und abgewandelt. Er designte eine
mit LEDs versehene, vegane Variante des Science-Fiction
Schuhs für Sängerin Leona Lewis. Klassik trifft Futurismus.
In R auc h auflö sen
6
Rauchschwaden. Ein durchdringender Blick.
Eine Frau ist zu erkennen. Geheimnisvoll,
magisch, sinnlich. Tausende von Fragen.
Technologie, die Mode in Nebel hüllt. Anouk
Wipprecht ist Designerin aus Holland und
nutzt ihr Technikinteresse für ihre Mode. Das
von ihr entworfene „Smoke Dress“ wird von einem Schlauchsystem umhüllt, welches die Trägerin in mystischen Nebel hüllt. Sensoren im
Nacken reagieren auf das Umfeld und sind mit
einem 550 Gramm schweren, tragbarem Akku
gesteuert. Das märchenhafte Trugbild kreierte
die junge Designerin in Zusammenarbeit mit
Aduen Darriba. Student des Interaktionsdesigns. Das „Smoke Dress“ als Haute-Tech-Couture, die Trägerin und Umfeld auf eine Reise
und Vergangenheit und Zukunft mitnimmt.
j eans M I T L E UCH TKR A FT
Foto: Anouk Wipprecht
Foto: CHAnel
Chanel M I T ALLÜ RE
7
23 Uhr. Unzählige Menschen warten in einer Schlange. Ziel ist der neue angesagte Club der Stadt. Nur wenige überzeugen den kritischen Türsteher von
ihrem Outfit. Mit Jeans und T-Shirt wird der Einlass verwehrt. Doch ein zweiter Blick auf die einfach wirkende Hose lohnt sich. In der Dunkelheit der Diskothek beginnt die Jeans zu leuchten. Das kanadische Unternehmen „Naked
and Famous Denim“ entwickelte den Klassiker weiter und bearbeitet die Jeans
mit einem speziell entwickeltem Harz, welches im Dunkeln grün schimmert.
Bei normalen Lichtverhältnissen lädt sich das Material auf und erinnert an
die leuchtenden Sticker, die früher in keinem Kinderzimmer fehlen durften.
Bereits beim Hersteller in Japan wird das spezielle Harz aufgetragen und entwickelt sein einzigartiges Muster durch die Abnutzung beim Tragen. Den Überraschungseffekt im Club gibt es nur einmal, der Leuchteffekt hingegen hält sogar noch nach mehrmaligem Waschen an. Der amerikanische Markt hat diesen
Trend bereits aufgegriffen und verkauft die kanadische Jeans unter anderem
bei „Barneys New York“.
25
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Lederärmel
[ep_anoi]
Kette, Klettergeschirr,
Sonnenbrille, Strümpfe,
Schuhe, Armband,
Samtbody, Bikerhandschuhe
Stylist's own
27
drapiertes Kleid aus Material der F/S Kollektion 2013
(drapiert von matthew schröder und verena winkelmann) ALBERTO
Ketten, ringe und fleischerkettenhemd Stylist's own
Ballistische weste
Ballistische
Verseidag weste
Verseidag
Strumpfhose
Ballistic Protection
Strumpfhose
FALKE
FALKE
gliederarmband
gliederarmband
Stella & Dot
Stella
Schuhe,
& Dot halterlose strümpfe,
Schuhe,
höschen,strumpfhose,
halterlose strümpfe,
mütze,
höschen,strumpfhose,
perlenkette, nietenarmband,
mütze,
perlenkette,
oberarmreif,
nietenarmband,
killernieten
oberarmreif,
armband,ringe
killernieten
armband,ringe
Stylist's own
Stylist's own
Jacke
ROADSIGN
Hose im Knitterlook
LIEBESKIND
Brille, Ketten
Stylist's own
SAKKO
STONES
Strumpfhose
Falke
Feuerwehrhelm
ketten, buttons & Pins
ledershorts
Stylist's Own
Mode kann einem ganz
schön den Kopf verdrehen.
Doch wenn Mann nicht nur
gut Aussehen, sondern
ein echter Held sein
möchte,wird es turbulent.
FASHION
Ein Mann ein Catwalk
Die tollkühne Suche eines Fashion-Victims nach dem Textil, aus dem echte Männer
und wahre Helden sind. In einem humorvollem Selbstversuch begibt sich unser Autor
in einen Strudel aus Mode, Polizei und Feuerwehr.
Text und Foto: LUKAS BLASBERG
M
arc Jacobs treibt mich in den Wahnsinn. Seitdem
er den Rock für den Mann endgültig salonfähig
gemacht hat, ist die letzte Bastion in der Herrenmode
gefallen. Denn er tat dies auf eine absolute maskuline
und coole Weise ohne dabei wie ein kleines Schulmädchen auszusehen. Jetzt können also auch Männer Röcke
tragen und mancher fragt sich, wie es so weit hat kommen können. Denn als wir noch kleine Jungen waren,
wollten wir unsere Testikel auf gar keinen Fall an den
modischen Nagel hängen. Feuerwehrmänner oder Polizisten wollten wir werden. Heute tragen Männer Fummel. Und wie stilvoll kann ein Mann mit schusssicherer
Weste und Hitzeschutzanzug sein? Starten wir mit einem vergnüglichen Selbstversuch.
Schlips gegen Schlauch
K
leider machen Leute, Uniformen formen Männer sagt man jedenfalls. Am Tag, an dem ich Schlips
gegen Schlauch tausche, habe ich erst gemerkt, was für
ein Waschlappen ich eigentlich bin. Schon beim Betreten der Feuerwehr wird mir bewusst: Ich habe noch nie
ein Leben gerettet. Vielleicht das von ein paar Nerzen,
weil ich ich keinen Pelz trage. Aber diese Jungs hier
sind ganze Kerle. Gott sei Dank, auch wenn ich den
Damen jetzt eine Illusion nehme, sieht nicht jeder aus
wie in den allseits bekannten K alendern. Hinter einer
Reihe hochgewachsener Männer wartet am Garderobenständer mein neues Heldenkostüm auf mich: Ein
Hitzeschutz-Einteiler mit verbundener Kopfhaube in
genau meiner Farbe:Silber. Dazu ein schicker Helm mit
goldbedampften Visier. Obendrauf noch ein paar Ofenhandschuhe und Moonboots. Perfekt. Mir fällt ein, bei
Dolce & Gabbana gab es vor ein paar Saisons etwas ganz
ähnliches. Leider war mein Kreditinstitut damals nicht
so überzeugt wie ich von diesem Outfit.
Mein neuer Flammenstrampler liegt mit einem stolzen
Preis von 2500 Euro€gleich auf mit einem Armani-Maßanzug. Schon beim Anziehen hat das Ganze wenig mit
den Helden meiner Kindheit gemein. Denn ich brauche eine ganze Entourage an Helfern. Nur in Unterhose, umgeben von Männern wie Schränken, braucht
es drei Leute, um mich in die knapp 40 Quadratmeter
silberglänzende Hightechgewebe mit asymmetrischem
Reißverschluss einzubauen. Sitzt wie eine zweite Haut
- naja fast. Mit einem dezenten Buckel durch eine 20
Kilogramm Sauerstoffflasche und dem zehn Kilogramm
schweren Anzug ist man agil wie eine gusseiserne Gazelle. Egal. Ich habe den Schreibttischtäter hinter mir
gelassen und starte als Vollzeit Terminator durch. Ich
bin smart, wagemutig und unbesiegbar. Alles was ich im
alltäglichen Leben gerne wäre, aber wahrscheinlich nie
werde - in diesem Anzug bin ich fabelhaft.
Doch wohin nur mit meiner Brieftasche?
Der Anzug, übrigens in der Novizengröße, riecht nach
geräucherter Forelle. Ich komme mir vor wie ein gigantischer Silberfisch. Auch das ist egal. Ich bin einfach
heiß in diesem Ding und zwar wortwörtlich. Der Anzug
hält einer Hitze von 1500 Grad problemlos stand. Diese
herrscht übrigens innen. Scheinbar schützt die Astronautenrobe lediglich die Außenwelt vor dem Schmelzen. Eigentlich hatte ich geplant damit ganz dynamisch
diese Feuerwehrstange herunter zu rutschen, doch
leider kann ich kaum laufen, geschweige denn Türen
eintreten und Brände löschen. Auch ohne schweißtreibende Rettungsmanöver habe ich circa sechs Liter in
meine Garderobe aus Alufolie transpiriert, quasi eine
Forelle Müllerin - womit wir wieder bei den Fischen wären. Nach zwei Stunden marinieren im eigenen Saft bin
ich gar und flutsche aus dem Anzug wie ein L achs.
Eine sonderlich heldenhafte Figur habe ich als Feuerlöscher nicht abgegeben. Die Ausrüstung viel zu schwer
33
für einen Mann Typ Bleistift. Ins Büro kann ich so nicht
jeden Tag gehen. Ein echter Held braucht diese ganze
Technik gar nicht, besonders diesen Frisur unfreundlichen Helm nicht.
Prada gegen Pistole
N
euer Tag, neues Glück. Wenn ich ehrlich bin, wollte ich als Kind immer viel lieber Polizist als Feuerwehrmann werden. Das Verbrechen, der Nervenkitzel
und allem voran die Knarren. Leider sind auch Polizisten nicht aus Stahl, also muss ich erneut Heldenkluft
anlegen: Eine kugelsichere Weste. In einem mit Zahlenschloss gesichertem Stahlschrank befindet sich mein
Textil gewordenes Helden-Ich. Schwarz und aus kugelabweisendem Samt. 3,2,1...meins!
Sie schmückt einen Mann besser als jedes Tom-FordHemd. Das Anlegen diesmal überhaupt kein Problem.
Zwei Kilogramm ist ein Gewicht, das sogar ich stemmen
kann. Und als hätte ich es geahnt oder nicht jede Folge
Akte X der letzten 20 Jahre gesehen, habe ich rein zufällig den Rest meines Outfits darauf abgestimmt. Böse
Zungen würden nun behaupten, ich sähe mehr aus wie
Scully als Mulder. Falsch. Ich bin Angela L ansbur y in
„Mord ist ihr Hobby“.
Auch wenn man das im Kugelhagel getestete Gilet direkt auf der Haut trägt, lässt es einen etwas rundlich
aussehen. Angeblich ist sie beinahe unsichtbar. Wenn
man mit dem grauen Star zu kämpfen hat, sicherlich.
Als ich gerade mein Sakko überwerfen will, um meinen
Look zu komplettieren, entdecke ich noch eine ganz
andere Weste im Kleiderschrank unseres Freund und
Helfers. „Die Weste des Infanteristen der Zukunft“, ist
ihr Name. Das klingt nicht nur nach mir, nein, sie ist für
mich entworfen worden. Eine zusätzliche Keramikplatte
macht sie nicht nur sicher vor schnöden Pistolenschüssen, sondern schützt auch vor ganzen Gewehrsalven.
Das ist meine Weste - fürs Büro, für den Strand, für den
K ampf. Man gönnt sich ja sonst nix. Ein Riesenfehler
wie sich herausstellt.
In der Hoffnung, ich würde mit ein bisschen Meissener Porzellan meine Montur etwas aufpeppen, werde
ich umgehend eines Besseren belehrt. Anstatt eines
kleinen Teeservice lasse ich mir ein zehn Kilogramm
Villeroy & Boch-Klosett an die Brust schnallen. Diese
Variante betont meine vom Mikado trainierten Beine noch etwas mehr. Ich bin ein Eis am Stil. Tödlich
und bereit, die Welt vor Tyrannei und Frevel zu retten.
Ab jetzt wird kein Papier mehr von A nach B gewälzt.
34
Ich möchte die ganze Zeit „FBI, lassen Sie die Waffe
fallen“, rufen. Doch um meine neue Rüstung nicht direkt wieder abgenommen zu kriegen, verkneife ich es
mir. Nach einer viel zu langen Einweisung über meine Weste, die ein „Kompromiss zwischen Gewicht und
Schutz“, in meinem Fall zwischen Gefahr und Sexiness,
ist. Ich würde dem Sheriff gerne sagen,dass ich den
Sinn und Zweck dieses Kleidungsstück bereits verinnerlicht habe, warte aber geduldig ab. Meine tragbare
Lebensversicherung ist angeblich maschinenwaschbar dieses Model hat diese Erfahrung definitiv noch nicht
gemacht. Dann endlich darf ich sie ausprobieren. Wie
James Bond suche ich noch vergebens einen Barkeeper,
dem ich im Rausgehen noch meinen Getränkewunsch
mitteilen kann.
Mit jedem Schritt werde ich mehr und mehr zu Conan
der Barbar - nur ohne Anabolika. Übrigens muss ich
mich am Montag dringend im Fitness-Club anmelden.
Mit stolzgeschwellter Brust trete ich ans Tageslicht getreu dem Motto: Ein Mann, ein Catwalk!
Missing in Action
U
nd genau in dem Moment, als ich mich endlich
wie ein echter Held fühle, passiert das, was in den
Filmen nie passiert. Ich stolpere und falle in den Pausenhof hinter dem Polizeipräsidium. Ein unangenehmer Nebeneffekt, wenn man seine Beine nicht sieht.
Der Held ist im Gefecht gefallen. Zur Belustigung einiger Herren in Uniform, die sicherlich eine Schwangerschaftserweiterung für diese Weste bräuchten. Da liege
ich, wie ein Schulmädchen - ohne Rock aber in Rüstung.
Der Kerl, der mir aufhilft, versetzt mir mit dem Satz:
„Machen Sie hier ein Praktikum?“, den Todesstoß. Ich
bin einfach kein Held. Und zurück in Jeans tröstet mich
eine eiserne Regel der Mode: In der nächsten Saison
sind wir durch damit. Dennoch, ab und zu sollte jeder
Mann ein Held sein - nur für einen Tag.
ÜBRIGENS
Wer schon bei 50 Grad Celsius
das Handtuch wirft, sollte vielleicht auch im Alltag über einen
Hitzschutzanzug
(ibena.de)
nachdenken. Auch eine ballistische Schutzweste (verseidag.
de) kann daheim ganz nützlichsein - wenn mal die Mikrowelle
explodiert.
STANDARDS
Text: Nadine Kilian. Fotos: Messe Frankfur t Exhibition GmbH
Messe Frankfurt am Main
Halle 3.0 Techtextil Frankfurt
„E-world - energy &
water “
Techtextil
Messetermine
Die wichtigsten Termine im Überblick
TECHTEXTIL
Frankfurt
Innovation pur. Die „Techtextil-Internationale
Fachmesse für Technische Textilien und Vliesstoffe“,
präsentiert in einem Zweijahres-Rythmus sämtliche
Innovationen aus der gesamten Wertschöpfungskette
im Bereich technischer Textilien. Bei der renomierten
Messe stehen technische Textilien, Vliesstoffe,
Verarbeitungstechniken und –technologien im
Vordergrund. Die nächste Techtextil findet parallel
zur Texoprocess vom 10. bis 13. Juni 2013 in Frankfurt
statt.
w w w.techtextil.com
Was: Energiewirtschaft
Wo: Essen
Wann: 05. - 07.2.2013
„Smart engergy“ - Neue
Energietechnologien und
eine bessere Energieeffizienz. Anwendungstechnologien zu den Schwerpunkten: intelligente
Zähler, Speichertechnologien, Smart Grids und
vernetzte Haustechnik.
w w w.e-world-2013.com
Heimtextil
Was: Objekttextilien
Wo: Frankfurt am Main
Wann: 09-12.01.2013
Der Wegbereiter für Lösungen in Kunststoff!
Die FAKUMA bietet ein
umfangreiches und hochkarätiges Angebot rund
um die Themen Ressourcenschonung, Leichtbau
und Energieeffizienz.
w w w.heimtextil.de
"K - International
Trade Fair No. 1 for
Plastic and Rubber
Worldwide"
Was: Kautschukindustrie
Wo: Düsseldor f
Wann: 16. - 23.10.2013
Innovationen der K autschukwelt. Die Fachmesse "K" ermöglicht einen
kompletten Überblick
über den Weltmarkt, Produktneuheiten und spannende Technologien.
w w w.k-online.de
UrbanTec
Was: Bautechnik
Wo: Köln
Wann: 24. - 26.10.2012
Getreu dem Motto „Smart
technologies for better
cities“ präsentiert die
UrbanTec Lösungen, die
das Leben in Großstädten
nachhaltig verbessern
sowie Praxisbeispiele für
Stadtentwicklungen.
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"Technische Textilien sind kein Trend"
Die Frankfurter Techtextil ist weltweit eine der wichtigsten Messen der Branche. Texmag
sprach mit Michael Jänecke, Brand Manager Technical Textiles der Messe Frankfurt Exhibition
GmbH über Innovationen und Perspektiven in der Textilindustrie.
Text: Ga-Young Park Fotos: Messe Frankfur t Exhibition GmbH
Wann hat der Hype um die technischen Textilien
angefangen?
„So richtig los ging es in den 1980er-Jahren, auch wenn
es technische Textilien schon sehr viel länger gibt. Je
nach Definition gehen die Anfänge in die Zeit zurück,
als Textilien beispielsweise als Zeltplanen eingesetzt
wurden. Gleiches gilt auch für Abdeckungen von Gruben oder Lebensmitteln zum Schutz vor Wetter oder
Tieren.“
Was sind die positiven Seiten an technischen Textilien?
„Ein ganz wichtiger Aspekt ist die Vielseitigkeit. Je
nach verwendeten Fasern und Garnen, Verarbeitungsmethode ( Weben, Wirken, Herstellung von Vliesstoffen, Flechten, usw.), Bindungsart, Weiterverarbeitung
(z.B. Beschichten) erfüllen die technischen Textilien
die unterschiedlichsten Spezifikationen in nahezu allen Industriebereichen.Theoretisch können technische
Textilien - auch in Verbindung mit Beton, Metall, Holz,
Glas, Kunststoff usw. - in allen Anwendungsbereichen
eingesetzt werden. Sie können maßgeschneidert auf
die verschiedensten Bedürfnisse eingestellt werden,
ersetzen traditionelle Materialien oder verbessern deren Eigenschaften als Materialmix.“
Welche Innovationen gab es in den letzten Jahren?
„Da gibt es sicher sehr viele, auch wenn nicht immer
alle sofort an die Öffentlichkeit gelangen. Die Techtextil vergibt beispielsweise alle zwei Jahre einen Innovationspreis für neue, herausragende Entwicklungen.
Oft dauert es dann allerdings noch ein paar Jahre, bis
diese Materialien oder Technologien Marktreife erlangt
haben und als Produkt oder Teil eines Produktes auf
dem Markt erscheinen. 2011 gehörten zu den auf der
Techtextil mit dem Innovationspreis ausgezeichneten
Produkten beispielsweise ein explosionsresistenter
textiler Gepäckcontainer zum Einsatz im Frachtraum
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von Flugzeugen, ein dreidimensionaler textiler Werkstoff zur Wassergewinnung aus Nebelaerosolen oder
eine Sensor-basierte Schutzausrüstung für die Waldarbeit mit gefährlichen Maschinen und Werkzeugen.“
Welche architektonischen Beispiele fallen ihnen
ein zum Thema technische Textilien?
„Da gibt es viele, vor allem aus dem Bereich Veranstaltungsbauten. Ich denke beispielsweise an den deutschen Pavillon sowie die Eingangsüberdachung auf
der Weltausstellung in Sevilla oder an die Stiftsruine
in Bad Hersfeld, aber auch an Überdachungen von Stadien oder Einkaufszentren, etwa in München, Atlanta,
Salisbur y oder Luxemburg. Im Bereich Industriebauten
ist sicher die Fertigungshalle von Airbus in Toulouse
ein bekanntes Beispiel. Einen Eindruck davon, was mit
technischen Textilien noch so alles architektonisch
möglich ist, bietet auch der Studentenwettbewerb „Textile Strukturen für neues Bauen“, der im Rahmen der
Techtextil veranstaltet wird.
Kommen Architekten und Designer zu der Messe?
„ Ja, selbstverständlich. Das ist eine wesentliche Zielgruppe der Techtextil, die vor allem mit dem Anwendungsbereich Buildtech angesprochen wird. Aussteller,
die Produkte oder Konzepte für Buildtech anbieten,
sind durch ein entsprechendes Piktogramm am Messestand gekennzeichnet und können natürlich auch vorab
online über unsere Ausstellersuche identifiziert werden.“
Wie lange, glauben sie, hält sich der Trend?
„Technische Textilien sind kein Trend, sondern ein fester und vor allem wachsender Bereich innerhalb der
Textilindustrie weltweit. Immer mehr Unternehmen,
die derzeit Bekleidungstextilien und/oder Heim- und
Haustextilien herstellen, wechseln oder wollen in
den Markt der technischen Textilien wechseln. Dabei
STANDARDS
Deutschlands Spitzenstellung im Bereich der
technischen Textilien ist außerhalb der Branche
relativ unbekannt. Wieso liest man in den Medien
so wenig davon?
Leitmesse der Branche: Techtextil
„Ich denke, das ist eine Frage der Perspektive. Jemand,
der Berührungspunkte zur Textilbranche hat, würde
diesen Eindruck vermutlich nicht teilen. Technische
Textilien sind DAS Thema, wenn es um innovative Materialien und ihre Einsatzmöglichkeiten geht, in allen
relevanten Medien, auf Veranstaltungen und Branchentreffs. Für die breite Öffentlichkeit – also Endverbraucher - sind technische Textilien jedoch vermutlich noch
ein relativ unbekanntes Feld. Das liegt aber in der Natur
der Sache. Denn in diesem Umfeld interessieren vor allem die Funktionen und Vorteile der fertigen Produkte.
Dass technische Textilien dazu wesentlich beitragen, ist
da zweitranging. Oder wie groß ist Ihre Aufmerksamkeit, wenn Sie auf einen Beitrag über technische Textilien in Kläranlagen oder im Straßenbau stoßen …?“
Unternimmt die Politik genug, um diese Branche
zu unterstützen?
Sicherheitsanzüge von Schoeller; Foto Jean Luc Valentin
gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Als weiteres
Standbein (Diversifikation) zur angestammten Produktion oder Konzentration allein auf die Produktion von
technischen Textilien.“
„Die Politik unterstützt die Branche bereits zum Beispiel durch die Förderung von Forschungsprojekten,
durch geförderte Gemeinschaftsstände auf z.B. allen
Techtextil-Messen im Ausland bis hin zu Sonderveranstaltungen unter dem Namen „High-Tex from Germany“.
Insgesamt blickt die Branche im Umfeld eines weltweit
wachsenden Bedürfnisses nach Mobilität, Energieeffizienz und Umweltschutz, bei denen technische Textilien
eine tragende Rolle spielen, sehr zuversichtlich in die
Zukunft. Trotz allem braucht die Branche auch in Zukunft die Unterstützung der Politik. Welche Maßnahmen
und Aktivitäten dabei die wichtigsten sind, dazu steht
die Branche über ihre verschiedenen Verbände mit der
Politik in einem kontinuierlichen Dialog.“
Wieso ist Deutschland ein so wichtiger Exporteur
für technische Textilien?
„Hier spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: Die
deutsche Textilindustrie hat schon sehr früh in die Entwicklung technischer Textilien und die entsprechenden
Technologien investiert. Die Unternehmen ruhen sich
darauf aber nicht aus, sondern entwickeln - oft direkt
zusammen mit ihren Kunden - neue Produkte oder vorhandene Produkte weiter. Dabei ist sehr oft auch die
deutsche Textilforschung mit ihren 16 Instituten,
1.200 Beschäftigten und einer hohen internationalen
Ausrichtung beteiligt. Hinzu kommen die Vorteile des
Wirtschaftsstandortes Deutschland: Neben einer sehr
guten Industriestruktur mit einem breiten Mittelstand
und qualifizierten Arbeitskräften fördern Verbände und
Politik diese Entwicklung.“
Die Veranstaltung gilt als
die weltweit wichtigste internationale Fachmesse für
technische Textilien und
Vliesstoffe und findet im
Zweijahres-Turnus in Frankfurt statt.
Termin: 11.-13. 6. 2013
w w w.techtextil.com
H ei m t e x t i l ien – m a d e
in
G er m a n y - m a d e
Wilh. Wülfing GmbH & Co.KG
Weseler Landstr. 26 – D-46325 Borken
by
W ü l fin G
Tel. + 49 (0) 28 61 / 80 04-0 / Fax: + 49 (0) 28 61 / 80 04-172
e-mail: info@wilh-wuelfing.de / internet: www.wilh-wuelfing.de
Heimbach
Textile High-Tech Produkte
... auch für die Lebensmittelindustrie.
www.heimbach.com
HIGH TECH
Vom Fleck weg
berühmt!
Wenn die Textilie einen Erzfeind hat, dann ist es
der Fleck! Einige sind mehr als nur ein Ärgernis,
manche schaffen es sogar in die Geschichtsbücher.
Hier sind die vier populärsten Verunreinigungen
der Welt und was man gegen sie in der Hand hat.
Text und Illustration: LUKAS BLASBERG
Lew i ns k y - F l e c k
Von unbefleckter Empfängnis kann hier wohl nicht die
Rede sein. Das so genannte „blew dress" kostete USPräsident Clinton 1998 fast seine K arriere. Die sexuelle Beziehung zwischen Bill Clinton und der damaligen Praktikantin des weißen Hauses Monica Lewinsky
sorgten für einen weltweiten Eklat. Glücklicherweise
hatte die pfiffige Monica in vier Jahren noch Zeit für
einen Waschtag und konnte ein blaues Kleid,
mit dem sie die Ergebnisse des präsidialen
Oralsex aufgefangen hatte, den Behörden übergeben.
Wie wird man ihn los?
In die Reinigung kann man so ein
gutes Stück natürlich nicht geben.
Man behält es als Andenken an
schöne Stunden.
Jes u s - F l e c k
Flecken, die wie Jesus aussehen, gibt es
ja seit der Erfindung des Internets wie Sand am
Meer - genauer gesagt wie Bits im WWW. Aber dieser
ist ein Klassiker. Das Turiner Grabtuch wird von vielen
Gläubigen als der Stoff verehrt, in dem Jesus begraben wurde. Das 4,36 mal 1,10 Meter große Tuch zeigt
das Abbild eines 1,75 Meter großen, verletzten, bärtigen Mannes. Ob der mysteriöse L appen wirklich den
Leichnam von Jesus bedeckt hat oder ob es sich um
eine Fälschung der Illuminaten oder gar der Freimaurer handelt? Egal! Wissenschaftler und Galileo Mister y
bleiben dem Rätsel auf der Spur.
Wie wird man ihn los?
Bereits 1532 steckten französische Mönche das berühmte
Laken in Brand. Ein paar Nonnen retteten das versengte
Stück und nähten die Sudelei auf Leinwand um zu einem
Flickenteppich, der 2025 das nächste Mal in Turin ausgestellt wird. Wir empfehlen bis dahin Persil Megapearls.
K u nst - F l e c k
Nicht jeder Fleck ruiniert ein Stück Stoff. Wobei sich
in unserem nächsten Fall die Geister scheiden. Jackson
Pollock war der erste amerikanische Künstler, der es
schon vor seinem Tod 1956 zur Berühmtheit schaffte.
Pollock wurde bekannt mit der von ihm begründeten
Stilrichtung - dem Action Painting. Seine im Drip-Painting-Verfahren angefertigten Bilder, bei denen er die
auf dem Boden liegende Leinwand mit Farbe bekleckste
und befleckte, brachten ihm den Spitznamen „ Jack the
Dripper “ ein.
Wie wird man ihn los?
Pollock soll Materie in Energie verwandelt haben. Pollocks Werk mit dem Namen „No. 5“ war eine Zeit lang
das teuerste Gemälde der Welt. Sein Besitzer wurde es
für circa 140 Millionen Dollar los. Wohlgemerkt
für ein Dröppelbild. Da stellt man sich die
Frage ist: Ist das Kunst oder kann das weg?
K u h - F l ad . . .
eh Fleck
Zugegeben, hier handelt es sich nicht
um eine traditionelle Unsauberkeit
auf Stoff, allerdings quasi auf Leder
und damit definitiv ein Fleck für unsere
Sammlung. Die Idee der lila Milkakuh ist
nicht etwa das Ergebnis eines LSD -Trips, sondern ein Einfall der Werbeagentur Young & Rubicam.
1972 fasste man den Entschluss, ein tierisches Modell
in den Firmenfarben mit einer Schablone umzulackieren. Ein Star war geboren - Fleckvieh Adelheid war das
erste Testimonial des Schokoladenfabrikanten. Allerdings währte ihr Ruhm nicht lange. Schnell wurde sie
durch ihre jüngere und attraktivere Kollegin Schwalbe
ersetzt. Diese wurde 1991 durch eine empörte Öffentlichkeit vor der Schlachtung bewahrt.
Wie wird man ihn los?
Nur zwei Jahre nach ihrer Rettung wurde Schwalbe,
diesmal ohne einen Aufschrei, wegen eines Arthroseleidens zum Schlachter geführt. Seitdem ist es aus mit
den Flecken. Heute wird für die Werbespots eine digital
eingefärbte Kuh in Hintergründe aus aller Welt montiert.
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