Gesamtdokumentation

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Gesamtdokumentation
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Pilotprojekt e-Government NRW
Städte und Gemeinden auf dem Weg
zum Virtuellen Rathaus
Dokumentation
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Dokumentation ›Pilotprojekt e-Government NRW‹
hrsg. im Selbstverlag vom
Städte- und Gemeindebund NRW
Kaiserswerther Str. 199-201
40474 Düsseldorf
Telefon 0211-4587-1
Telefax 0211-4587-211
e-Mail: info@nwstgb.de
Internet: www.nwstgb.de
Konzept: Martin Lehrer M.A.
Redaktion: Dr. iur. Lutz Gollan
Gestaltung: Grafik Design Bock-Ferber
Auflage 1.000
ISBN 3-00-011803-9
© StGB NRW 2003
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Pilotprojekt e-Government NRW
Städte und Gemeinden auf dem Weg
zum Virtuellen Rathaus
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Nach einer Laufzeit von nur knapp zwei Jahren wird im Sommer das Gemeinschaftsprojekt
e-Government NRW erfolgreich beendet. Die Ergebnisse und der Weg dorthin, beides im
vorliegenden Band dokumentiert, zeigen, dass die Durchführung dieses Projekts, das eines der
größten in Deutschland ist, notwendig und richtig war.
Neben den erstellten zwei Leitfäden zur Einführung elektronischer Ratsinformations-Systeme und zu
Zahlungsverfahren für das Internet im kommunalen Bereich wurden in weiteren sechs Teilprojekten
Verwaltungsverfahren auf Online-Tauglichkeit in mehreren Mitgliedsstädten umgerüstet. Damit
können nun die Bürgerinnen und Bürger der Projektstädte auch von zu Hause aus – per Mausklick –
viele Dienstleistungen mit ihrem Rathaus abwickeln - ohne Wartezeit und sogar am Wochenende.
Unser Hauptziel war,dass diese Lösungen nicht nur in den Projektstädten,sondern auch in
anderen Städten und Gemeinden zum Einsatz kommen können. Dieses Ziel haben wir erreicht.
Zum einen ist dies durch die ausführliche Dokumentation zu den einzelnen Verfahren möglich,deren
Erstellung durch das Innenministerium NRW finanziell unterstützt wurde. Damit können auch andere
Kommunalverwaltungen per ›Anleitung‹ sich für das Internet rüsten. Zum anderen sind auch die
praktischen Ergebnisse übertragbar:Das e-Government Starter Kit,das in den Teilprojekten ›Personenstand‹ und ›Meldregisterauskunft‹entwickelt wurde,wird als praktische,modular aufgebaute und
erweiterbare e-Government-Plattform allen Kommunen in Deutschland zur Verfügung gestellt.
Auch die übrigen Entwicklungen können übernommen werden und sind nicht an einen Ort gebunden.
Damit wollen wir erreichen,dass möglichst viele Städte und Gemeinden in Deutschland vom Projekt
so weit wie möglich profitieren.
Die Microsoft Deutschland GmbH,die Bertelsmann Stiftung,viele lokale Partner und nicht zuletzt
die Projektkommunen aus dem Städte- und Gemeindebund NRW haben mit viel Engagement und
Ehrgeiz das Projekt erfolgreich absolviert. Dafür bedanken wir uns sehr herzlich. Gerade in Zeiten
knapper Finanzmittel erhält die interkommunale Zusammenarbeit der Städte und Gemeinden eine
immer größere Bedeutung. Unser Projekt ist ein gelungenes Beispiel hierfür.
Bürgermeister Roland Schäfer
Dr. iur. Bernd Jürgen Schneider
Präsident StGB NRW
Hauptgeschäftsführer StGB NRW
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Gemeinsam stark:Seit fast zwei Jahren machen zwölf nordrhein-westfälische Kommunen vor,
wie effizient Kooperationen im Bereich e-Government sein können. Mit dem Ziel,zentrale Prozesse
der Gemeindeverwaltung zu digitalisieren und vor allem die Strukturen im Back-Office der Rathäuser
anzupassen,begann im Herbst 2001 unter Begleitung des Städte- und Gemeindebundes NRW,
Microsoft und der Bertelsmann Stiftung die Arbeit. Und was in Zeiten klammer Gemeindefinanzen
keine Selbstverständlichkeit ist,konnte im Team erreicht werden:sechs Dienstleistungen wurden
im Zeichen von e-Government entwickelt und ergänzen sich zum Teil nun zu einem Starter-Kit,das
auch e-Government Neulingen den Einstieg ermöglicht. ›Big Burner‹-Prozesse wie Gewerbeauskünfte
und Massenanfragen an das Melderegister sind nun durch den engagierten Einsatz vor Ort
beispielsweise in Siegburg,Rees oder Lippstadt online verfügbar.
Neben den praxisorientierten Entwicklungen wurde mit Hilfe der Bertelsmann Stiftung zusätzlich
ein Leitfaden zum Thema ›Ratsinformationssysteme‹ erstellt,der kommunalen Entscheidern den
Überblick erleichtern soll. Auch hier gilt:Nicht alles muss neu erfunden werden,gemeinsame
Entwicklungen auf Grundlage offener Standards oder die Nutzung von Standardsoftware macht
e-Government nicht nur möglich, sondern auch bezahlbar.
Die Bertelsmann Stiftung hat die Bedeutung von Kooperationen für neue Entwicklungsfelder
frühzeitig erkannt. Die Entwicklungen im Bereich e-Government lassen sich durch den Transfer von
Wissen und den Austausch von Erfahrungen nicht nur beschleunigen,sondern auch qualitativ
verbessern. Die Studie der Bertelsmann Stiftung ›Transfer von Innovationen‹ (2002) hat gezeigt,
dass die Bereitschaft zwar in vielen Kommunen vorhanden ist,die Hemmschwelle auf dem Weg
zum digitalen Rathaus aber vielerorts hoch liegt. Durch gemeinsame Anstrengungen und
konzertiertes Vorgehen gewinnen alle. Das gemeinsame Projekt in Nordrhein-Westfalen hat
dieses Potenzial der kommunalen Kooperation aufgezeigt – für alle Partner. Ein Modell,das Schule
machen sollte und auch auf Bundesebene,beispielsweise in der Fortsetzung von Media@Komm
Anwendung finden könnte.
Prof. Dr. Marga Pröhl
Bertelsmann Stiftung
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In Deutschland gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichsten e-Government-Initiativen und -Projekten.
Sie wurden durch weitgehend voneinander unabhängige Organisationen ins Leben gerufen, und
sie haben meistens alle das gemeinsame Ziel, die Arbeit der Verwaltungen mit den Anforderungen
des Informationszeitalters in Einklang zu bringen. Nicht immer gelingt es dabei auch, praxisgerechte
und auf Dritte übertragbare Ergebnisse zu erzielen.
Umso mehr freue ich mich über die Ergebnisse einer gemeinsamen Initiative,die der Städte- und
Gemeindebund Nordrhein-Westfalen,ein Teil seiner Mitgliedsverwaltungen,Microsoft Deutschland
und einige Microsoft Partner aus Nordrhein-Westfalen im September 2001 ins Leben gerufen haben.
Es ist gelungen,Verwaltungsvorgänge wie die Melderegisterauskunft oder Auskünfte aus dem
Personenstandswesen medienbruchfrei zu konzipieren und zu realisieren. Es ist gelungen,gegenüber
Dritten bereits bei der Projektplanung,später im Zuge der Durchführung und vor allem bei der Publikation
der erzielten Ergebnisse die Offenheit zu wahren,die eine wichtige Basis für die Praxisnähe und
Übertragbarkeit der Resultate ist. Und es ist gelungen,mit dem e-Government Starter Kit ein greifbares
Ergebnis vorweisen zu können,das dort ansetzt,wo wirkliches e-Government anfangen muss,will es
den Verwaltungen,den Unternehmen und Bürgern von Nutzen sein:Beim Überdenken von Prozessen,
ihrer ggf. notwendigen Reorganisation und schließlich der verwaltungsinternen und -externen
Optimierung.
Am bemerkenswertesten finde ich,dass all dies gelang,ohne dass für die technischen Entwicklungen
auch nur ein Euro öffentliches Fördergeld an die Projektpartner geflossen ist. Das hohe Engagement der
Beteiligten hat dazu geführt,dass ein Public Private Partnership Projekt mit Vorbildcharakter entstanden
ist,von dem ich mir für die Zukunft wesentlich mehr in Deutschland wünsche. Im Namen von Microsoft
Deutschland danke ich daher all Denjenigen beim Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen,
seinen Mitgliedsverwaltungen und bei den beteiligten Microsoft Partnern für ihren persönlichen Einsatz
und den Erfolg,der daraus erwachsen ist. Ich wünsche Ihnen für die weiteren Schritte,die sich nun
unmittelbar aus den erzielten Resultaten in der Praxis ergeben werden,den nachhaltigen Erfolg,den
dieses Projekt verdient.
Jürgen Gallmann
Vorsitzender der Geschäftsführung der Microsoft Deutschland GmbH
Vice President Microsoft EMEA
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Inhalt
Inhalt
Einleitung
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Beschreibung der Teilprojekte
Personenstandswesen
Stadt Lippstadt
Stadt Olsberg
Stadt Paderborn
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26
30
Bauleitpläne / Bauplanung
35
Baugenehmigung
Stadt Herten
Stadt Rietberg
49
50
59
Melderegisterauskunft
Stadt Siegburg
Stadt Rees
Stadt Rietberg
65
66
75
79
Steuerwesen/Müllgefäß-Änderung
85
Gewerberegister
97
Bewertung von Zahlungssystemen für e-Government-Anwendungen
unter kommunalen Gesichtspunkten
105
Umfrage zu Bürgerservices auf
kommunaler Ebene in NRW
125
Leitfaden Ratsinformationssysteme
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Einleitung
Das Gemeinschaftsprojekt
›e-Government‹ des StGB NRW
Von Dr. iur. Lutz Gollan
Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen
E-Mail: Lutz.Gollan@nwstgb.de
Im Herbst 2001 startete der Städte- und Gemeindebund NRW (StGB NRW) zusammen mit Microsoft
(MS) und der Bertelsmann Stiftung eines der bislang größten e-Government-Projekte Deutschlands. In zwölf StGB NRW-Mitgliedskommunen
sollten verschiedene Verwaltungsverfahren für die
Online-Welt angepasst werden, um das Virtuelle
Rathaus Realität werden zu lassen. Die hierfür entwickelten Lösungen sollten dabei vor allem durch
Übertragbarkeit und geringe Kosten überzeugen.
Das Vorhaben hat im Mai 2003 seinen Abschluss
gefunden.
Das Projektziel stützte sich auf die Überlegung,
dass das Hauptaugenmerk der Konzeption von
e-Government-Prozessen nicht auf der Gestaltung
der kommunalen Homepage, sondern auf den Prozessen innerhalb der Verwaltung, also im Backoffice-Bereich, liegen muss. Electronic Government (eGovernment) kann nur dann nachhaltig realisiert
werden, wenn nicht nur das Angebot auf den kommunalen Internet-Seiten – also der Schnittstelle
nach außen – ausgebaut und erweitert wird, sondern auch im Vorfeld die verwaltungsinternen Arbeitsabläufe und Strukturen an die elektronische
Bearbeitung angepasst werden.
Ziel muss sein, dass elektronisch eingehende Anträge und Informationen mit datenbankgestützten
Systemen ohne Medienbruch und mehrfache Datenerfassungen bearbeitet werden können. Dafür
ist es erforderlich, entsprechende Kommunikations- und Teamfunktionen auf- bzw. auszubauen.
Die Bereitstellung von simplen Web-Formularen
reicht nicht aus, wenn beispielsweise Massenanfragen an die Kommunen gerichtet werden. Tiefer
ansetzende technische Umstrukturierungen sind
daher ebenfalls erforderlich.
Das Pilotprojekt des StGB NRW sollte die Frage beantworten, wie mit möglichst geringem Aufwand
solche strukturellen Änderungen des Workflow
innerhalb der Verwaltung realisiert werden können. Ein wesentlicher Gesichtspunkt war dabei die
Frage, wie solche Veränderungen unter Nutzung
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von Standardsoftware, die in den Kommunen in der
Regel von Microsoft stammt, bewältigt werden
können. Daneben wurden auch die Grenzen bestehender Rechtsvorschriften aufgezeigt.
Im Rahmen des Modellprojekts sollten dabei realistische Ziele verfolgt werden. Dies bedeutet, dass
es nicht darum gehen konnte, sämtliche Verwaltungsprozesse gleichzeitig an die Erfordernisse des
e-Government anzupassen. Bei der Auswahl sinnvoller Teilprojekte wurden Verwaltungsverfahren
bevorzugt, bei denen die Umstellung auf elektronische Abwicklung zu einer unmittelbaren Entlastung in der Verwaltung führt. Dies sind vor allem
Prozesse mit hohen Fallzahlen und einfachen Abläufen. Im Pilotprojekt wurden folgende Verwaltungsverfahren untersucht:
■ Melderegisterauskunft
■ Gewerbean-, -ab- und -ummeldung bzw. Gewerberegisterauskunft
■ Steuerwesen (Bestellung/Umbestellung von Müllgefäßen)
■ Bebauungspläne/Planauskünfte
■ Personenstandswesen
■ Baugenehmigungsverfahren
■ Ratsinformationssysteme (RIS)
■ Zahlungssysteme
Lokale Verwaltung betroffen
Der mit Abstand größte Teil der Verwaltungstätigkeiten, die einen unmittelbaren Bezug zu Bürgern
oder Unternehmen haben, findet auf kommunaler
Ebene statt. Dementsprechend bedeutet e-Government zum größten Teil eine Veränderung von Verwaltungsprozessen in den Rathäusern der Städte
und Gemeinden. Die Verwaltungsprozesse sind jedoch in den seltensten Fällen uneingeschränkt für
eine Abbildung in die Internet-Welt geeignet.
Schnittstellen, Daten und Medien müssen zusammengeführt werden. Verfügbarkeit, Sicherheit und
Datenschutz müssen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und die Mitarbeiter sowie Mitarbeiterinnen in den Verwaltungen müssen leicht
mit den neuen Technologien umgehen können.
Um gleichwohl den Aufwand für die ›Modernisierung‹ der Rathäuser gering zu halten, sind folgende
Anforderungen bei der Einführung von e-Government-Maßnahmen zu beachten:
■ Bestehende Systeme integrieren: Um die (techni-
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schen) Ressourcen zu schonen, sollte es möglich
sein, bestehende Computer-Architekturen weiter
zu nutzen. Möglicherweise müssen diese aktualisiert oder konsolidiert werden. Ein Projekt im eGovernment-Bereich sollte jedoch nicht an Hardware-Anforderungen scheitern.
■ Prozesse analysieren: Ein Verwaltungsprozess,
der für das Internet angepasst werden soll, muss
zunächst analysiert und – wenn möglich – optimiert werden. Hierbei ist zu beachten, dass gesetzliche Anforderungen dem e-Government
zum Teil erhebliche Beschränkungen auferlegen.
■ Interne Schnittstellen schaffen:Wenn Fachverfahren in der Kommunalverwaltung beibehalten und
integriert werden sollen, sind Schnittstellen zu
den Web-Standards erforderlich. Hierbei hat das
Gemeinschaftsprojekt e-Government zum einen
gezeigt, wie wichtig diese Schnittstellen sind, zum
anderen aber auch erkennen lassen, dass viele Anbieter die Öffnung ihrer Verfahren als so bedeutend einschätzen, dass sie gerne kooperieren.
■ Schnittstellen zu den ›Kunden‹: Die Kommune
muss die neue Dienstleistung bürger- bzw. unternehmensfreundlich aufbereiten und neben den
herkömmlichen Kanon an Zugangsmöglichkeiten
zum Rathaus (Telefon, Bürgerbüro etc.) ergänzend anbieten. Neben Datenschutzaspekten sind
hierbei Bedienungsfreundlichkeit und Schnelligkeit von Bedeutung.
EDV-Struktur heterogen
Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen verfügen
über eine äußerst heterogene DatenverarbeitungsInfrastruktur. Abgesehen von unterschiedlichen Systemen vor Ort kooperiert eine Großzahl mit kommunalen Rechenzentren oder Datenverarbeitungszentralen, während andere völlig autonom ihre
Datenverarbeitung abwickeln. Die kommunalen
Aufgaben sind hingegen für alle Kommunen gleich.
Es wurden daher im Gemeinschaftsprojekt diejenigen Verwaltungsverfahren herausgesucht, die
zum einen ein hohes Rationalisierungspotenzial
zur Prozessbeschleunigung, zum anderen aber
auch hohe Fallzahlen aufweisen. Daneben wurden
›Meta-Projekte‹ einbezogen, die keine Entwicklung
umfassten, sondern die Erstellung von Leitfäden
(Ratsinformations-Systeme, RIS) oder eine Kurzstudie (Bezahlungssysteme) zum Inhalt hatten.
Um ein repräsentatives Abbild der kommunalen
Struktur des Landes zu gewährleisten, nahmen die
Mitgliedskommunen des StGB NRW Bergisch Gladbach, Bergkamen, Coesfeld, Gütersloh, Herten,
Lippstadt, Olsberg, Paderborn, Ratingen, Rees, Rietberg und Siegburg an den insgesamt acht Teilpilotprojekten teil.
Innovative Kommunen
Bei der Auswahl der Städte und Gemeinden für das
Modellprojekt war maßgebend, dass es sich um innovative Kommunen unterschiedlicher Größenklassen handelt, die das Spektrum der kreisangehörigen Städte und Gemeinden in NRW repräsentieren. Es sollte außerdem eine regionale Verteilung
gegeben sein, die alle fünf Regierungsbezirke in
Nordrhein-Westfalen abdeckt und eine gute Voraussetzung für eine Streuung der Arbeitsergebnisse bildet.
Keine Voraussetzung für die Teilnahme war, dass
alle Projektkommunen die gleichen EDV-technischen Voraussetzungen mitbringen oder etwa ausschließlich mit Microsoft-Produkten arbeiten. Da
sich auch in den übrigen Kommunen in NRW die
Ausgangssituation heterogen darstellt, war es mitunter Ziel des Projekts, herauszuarbeiten, welche
gemeinsamen Problemstellungen, methodische
Herangehensweisen und Lösungsansätze unabhängig von der vorhandenen EDV-Ausstattung
identifiziert werden können.
Der StGB NRW koordinierte die Arbeit der zwölf Pilotkommunen in den acht Teilprojekten, die Microsoft GmbH stellte Standard- sowie ProgrammierSoftware zur Verfügung und unterstützte die Kommunen sowie deren örtliche Partner und die
kommunalen Rechenzentren bei der Anbindung
der lokalen Programme und schulte die Mitarbeiter
für die hochaktuellen Komponenten vor Ort. Die
Rechenzentren und Systemhäuser wurden zudem
im Auftrag einiger Kommunen auch unmittelbar
miteinbezogen.
In den Teilprojekten ›Melderegisterauskunft‹ und
›Personenstandsurkunden‹ entwickelte die Microsoft GmbH außerdem das e-Government Starter
Kit (eGSK), welches in Kommunen wie auch in Rechenzentren für mehrere Kunden einsetzbar ist.
Das eGKS kann beliebig – auch unabhängig von Microsoft – durch Fachmodule erweitert werden und
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bietet so die ideale Voraussetzung für einen schrittweisen Ausbau des virtuellen Rathauses. Die Kooperation mit Microsoft war den Teilnehmern freigestellt und wurde nur zum Teil in Anspruch genommen.
Die Bertelsmann Stiftung begleitete das Pilotprojekt durch Seminare, Umfragen und durch konstruktive Mitwirkung im Projekt ›Ratsinformationssysteme‹. Dank der DVMB AG, Solingen, konnten
die Projektteilnehmer auf einem Internet-Server
mittels eines SharePoint Portal Servers virtuell ihre
Erfahrungen und Dokumentationen austauschen.
Manches nicht umsetzbar
Im Verlauf des Projekts war bald zu erkennen, dass
bestimmte Vorhaben nicht umgesetzt werden konnten. Dies betraf zum einen grundsätzliche Hindernisse auf gesetzlicher Ebene, aber auch konkrete
Probleme in Projektstädten. Eine Analyse des Personenstandsgesetzes zeigte, dass die als Projektinhalt gewünschte elektronische Meldung von Sterbefällen während der Projektlaufzeit nicht rechtlich
möglich war, obwohl das einschlägige Personenstandsgesetz in anderen Bereichen zuletzt am 21.
8.2002 geändert wurde.
So besteht weiterhin das Erfordernis, einen Sterbefall schriftlich/mündlich – das heißt durch persönliches Erscheinen im Standesamt – zu melden, oder,
sobald das Landesverwaltungsverfahrensgesetz
NRW geändert wird, quasi schriftlich mit einer qualifizierten elektronischen Signatur. Die digitale
Signatur sollte jedoch in keinem der Teilprojekte erforderlich sein. Zum einen war das Landesverwaltungsverfahrensgesetz NRW während der Projektlaufzeit noch nicht reformiert, zum anderen verfügen heute weder die Bürger noch die Kommunen
über eine nennenswerte Anzahl von Signaturerstellungs- bzw. -prüfungsgeräten. Dies wird sich
voraussichtlich in den nächsten Jahren auch nicht
erheblich ändern.
Die Teilnahme am Projekt hatte für alle Beteiligten
ihren Preis, der sich erst später amortisieren wird.
Dabei war nicht jede Kommune in jedem Teilprojekt vertreten. Ein erhebliches Engagement und die
Bereitschaft, auch finanziell zu investieren, waren
Voraussetzung für die Teilnahme. Zwar stellte Microsoft die Produkte, die für übertragbare Lösungen eingesetzt werden, den Kommunen im Rah12
men des Projekts kostenlos zur Verfügung. Im Übrigen trugen jedoch die Gemeinden die individuellen
Umsetzungsmaßnahmen selbst, obwohl sie generell über zurückgehende Finanzmittel verfügen.
Dass das erforderliche Engagement im Projekt und
die Abhängigkeit von Herstellern spezialisierter
Software nicht unerheblich waren, zeigte sich im
Verlauf des Projekts an der Anpassung des Umfangs.
Zwei Kommunen mussten aus Gründen mangelnder Ressourcen auf die Umsetzung bestimmter
Teilprojekte vorerst verzichten, zwei weitere Kommunen mussten Teilprojekte wegen fehlender
Schnittstellen in der Fachsoftware zurückstellen.
Eine weitere Kommune tat dies aus Personalgründen. Jedoch trug jede teilnehmende Kommune intensiv durch die Teilprojekt übergreifende Zusammenarbeit zu allen Ergebnissen bei.
Dokumentation
Der vorliegende Sammelband fasst die Dokumentationen der Teilprojekte zusammen. Es handelt
sich hierbei größtenteils um Arbeitsergebnisse, die
den technischen Hintergrund und die Umsetzung
sowie die dabei aufgetretenen Probleme schildern.
Ergänzt werden die Fallbeschreibungen aus den
Teilprojekten durch eine Untersuchung zur Nutzung und den Problemen von e-Government in den
Kommunen des Landes, die der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen unter seinen
Mitgliedern zum Jahreswechsel 2002/2003 durchgeführt hat.
Der Leitfaden für Ratsinformationssysteme und die
Kurzstudie ›Zahlungssysteme‹, die ebenfalls im
Projekt entstanden, weichen von den übrigen Beiträgen ab, da sie keine eigentlichen Projektdokumentationen darstellen. Sie liefern jedoch wertvolle Hinweise zur Nutzung entsprechender Systeme
in den Kommunen. Die Herausgabe der Dokumentation wurde vom Innenministerium NordrheinWestfalen gefördert.
Auch wenn das Projekt in Nordrhein-Westfalen
durchgeführt wurde, sind die Ergebnisse auf ganz
Deutschland zu übertragen. In den seltensten Fällen regelt das Landesrecht erhebliche Detailfragen.
Die Dokumentation dient daher der interkommunalen Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg. Die Autoren freuen sich darauf, ihre Erfahrungen an andere weiterzugeben.
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Pilotprojekt e-Government – Ergebnisse in den
Teilprojekten
Das Teilprojekt Melderegisterauskunft ermöglicht durch das e-Government-Starter-Kit (eGSK)
neben elektronischen Behördenauskünften auch
die Einfache Melderegisterauskunft für ›jedermann‹ und Massenanfragen für eine Vielzahl
von Einzelabfragen über das Internet.
Im Bereich Gewerberegister wird auf Basis des
eGSK die Möglichkeit der Einholung von Auskünften aus dem Register per Internet wie auch
die An-, Um- und Abmeldung aus dem Register
entwickelt.
Das Teilprojekt Personenstandswesen mit seinen
bis ins Detail gehenden Reglementierungen erlaubt den Projektstädten mit dem eGSK die Eröffnung eines weiteren Kommunikationskanals
zur Bestellung von Personenstandsurkunden
über das Internet.
Im Bereich Baugenehmigungsverfahren können
in der Stadt Herten Bauherren eine Bauvoranfrage elektronisch einreichen, den Stand ihres Bauantrags im Internet mit verfolgen, und das Bauordnungsamt sowie andere Behörden können
den Bauantrag elektronisch bearbeiten. In der
Stadt Rietberg steht den Architekten ein lange
gewünschter Upload-Bereich für elektronische
Bauunterlagen zur Verfügung. Außerdem wird
die Hertener Lösung übernommen.
über das Internet abzuwickeln. Hierbei werden
die Entsorgungsunternehmen elektronisch über
die Änderungsaufträge informiert. Anschließend
erfolgt ein Abgleich mit der Grundbesitz-Datenbank, um die Gebührenbescheide erstellen zu
können.
Da bereits eine Vielzahl von Ratsinformationssystemen angeboten wird, wurde in diesem Teilprojekt keine technische Lösung entwickelt, sondern zusammen mit der Bertelsmann Stiftung
ein Leitfaden erstellt, der die Entscheidung einer
Kommune für ein – auch zu den Bürgern und Bürgerinnen hin offenes – Werkzeug der örtlichen
Demokratie erleichtern soll.
Losgelöst von den übrigen Teilprojekten wurde
erst zur Mitte der Projektlaufzeit ein neues Teilprojekt Zahlungssyteme geschaffen. Dabei wurde eine Kurzstudie erstellt, welche die derzeit am
Markt befindlichen Online-Bezahlsysteme, die
grundsätzlich für eine Kommunalverwaltung in
Betracht kommen, darstellt und auf deren Tauglichkeit für e-Government-Verfahren untersucht.
Die drei Projektstädte aus dem Teilprojekt Bauleitplanung machen es ihren Bürgern und Bürgerinnen nunmehr möglich, mittels einheitlicher
Middleware und unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen digitale Bauleitpläne im Internet einzusehen – einschließlich der relevanten
weiteren Daten. Außerdem können sie und die
Träger öffentlicher Belange elektronisch Stellung
nehmen zu den Plänen und so auf deren Gestaltung Einfluss nehmen.
Dank des Teilprojekts Steuerwesen ist es nun
möglich, die – zahlenmäßig beträchtliche – Bestellung oder Abbestellung von Müllgefäßen
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Teilprojekt
Personenstandswesen
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Personenstandswesen
Teilprojekt Personenstandswesen
I. Ziel des Teilprojekts
Stadt Lippstadt
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts
Die Stadt Lippstadt hat sich für das e-GovernmentTeilprojekt Personenstandswesen entschieden, weil
neben der Verbesserung des Bürgerservices in diesem
Bereich durch die Verknüpfung von Fachanwendungen mit digital zur Verfügung stehenden weborientierten Angeboten auch eingefahrene Prozesse
im Personenstandswesen aufzubrechen sind, um
e-Government hier zu ermöglichen.
Von
Walter Böhle
Fachdienstleiter Organisation
Stadt Lippstadt
e-Mail:Walter.Boehle@Stadt-Lippstadt.de
Martina Meis
Organisationssachbearbeiterin
Stadt Lippstadt
e-Mail: Martina.Meis@Stadt-Lippstadt.de
Inhalt
I. Ziel des Teilprojekts
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts
B. Beschreibung des angestrebten
Endzustandes nach Abschluss des
Teilprojekts
II. Beschreibung der Ausgangslage
A. Definition der kommunalen Aufgabe
B. Rechtliche Rahmenbedingungen und
lokale Besonderheiten
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung
zu Beginn des Projekts
E. Darstellung des Workflows zu Beginn
des Projekts
F. Fallzahlen in Lippstadt
G. Kostensituation
III. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzepts
B. Ergebnisse der Differenzanalyse
zwischen Ist-Zustand und Sollkonzept
C. Anpassung des Sollkonzepts
D. Realisierungsphase
Technische Umsetzung
Organisatorische Veränderungen
Schulung von Personal
Belange des Datenschutzes
Kommunikation der Ergebnisse in
Politik und Öffentlichkeit
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17
17
17
18
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20
20
21
21
21
21
22
22
23
23
23
24
24
24
Verfolgte Ziele waren:
■ Aufzeigen von e-Government-Lösungen, trotz
eng gesteckter Rahmenbedingungen
■ Aufzeigen noch bestehender rechtlicher Hemmnisse
■ Veränderung interner Verwaltungsprozesse
■ Entwicklung einer e-Government-Lösung auf der
Basis von Standardtechnologie
■ Integration bereits eingesetzter Fachanwendungen
■ Übertragbarkeit entwickelter Lösungen auf weitere Kommunen
■ Dokumentation als Hilfestellung für weitere Kommunen.
B. Beschreibung des angestrebten Endzustandes
nach Abschluss des Teilprojekts
Angestrebt wird von Seiten der Stadt Lippstadt eine
medienbruchfreie Abwicklung von Dienstleistungen. Medienbruchfreiheit bedeutet in diesem Kontext, die Transaktion von Daten aus einem Webinterface über gesicherte Internet-Kanäle in die verwaltungsspezifischen Fachanwendungen. Auf die
bisher erforderliche manuelle und auch parallele
Datenerfassung für die Abwicklung der einzelnen
Verwaltungsprozesse im Personenstandswesen, wie
auch im Kassenwesen sollte verzichtet werden.
II. Beschreibung der Ausgangslage
A. Definition der kommunalen Aufgabe
Die Dienstleistungen des Fachdienstes Personenstandswesen (Standesamt) lassen sich im Wesentlichen zu den Produkten Eheschließung (1), Geburtenanmeldung (2), Abwicklung eines Sterbefalls (3)
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Personenstandswesen
und Beurkundungen (4) zusammenfassen. Sie wurden zu Projektbeginn selektiert und in detaillierten
Ablaufdiagrammen dargestellt.
B. Rechtliche Rahmenbedingungen und lokale
Besonderheiten
Erwartungsgemäß zeigten die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen dem Teilprojekt sehr
schnell die Grenzen von e-Government-Entwicklungen
gerade im Personenstandswesen auf.Handlungs- oder
Ermessensspielräume sind im Personenstandsrecht auf
ein Minimum begrenzt.Anwendung finden das Personenstandsgesetz (PStG) und die Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (PStV). Wie die
nachstehenden Ausführungen darstellen, setzt eine
Veränderung interner Verwaltungsprozesse im Sinne
von e-Government zugleich eine Anpassung rechtlicher
Vorgaben unabdingbar voraus.Im Einzelnen sind nachfolgende Rahmenbedingungen zu beachten:
1. Eheschließung
Die Arbeitsabläufe im Bereich der Anmeldung zur
Eheschließung sind sehr komplex und nach heutigem Stand wohl kaum digitalisierbar, sodass von einer weiteren Ausgestaltung eines Online-Dienstes
in Lippstadt abgesehen wurde. Insbesondere ist bei
der Eheschließung eine umfassende Beratung durch
die Standesbeamtin/den Standesbeamten, bspw. im
Bereich des Namensrechts, erforderlich.
2. Anmeldung einer Geburt
Die Anmeldung einer Geburt muss durch den Vater
des Kindes, wenn er Mitinhaber der elterlichen Sorge
ist, die Hebamme, die bei der Geburt zugegen war,
den Arzt, der dabei zugegen war, jede andere Person,
die dabei zugegen war oder von der Geburt aus eigener Wissenschaft unterrichtet ist oder die Mutter, sobald sie dazu imstande ist, erfolgen (§ 17 Abs. 1 PStG).
Dabei gilt die genannte Reihenfolge.
Nach § 18 Abs. 1 PStG ist bei Geburten in öffentlichen
Entbindungs-, Hebammen-, Kranken- und ähnlichen
Anstalten ausschließlich der Leiter der Anstalt oder
der von der zuständigen Behörde ermächtigte Beamte oder Angestellte zur Anzeige verpflichtet.
Die Meldung muss bei den Fällen des § 17 Abs. 1 PStG
mündlich, bei den Regelfällen des § 17 Abs. 3 PStG
18
schriftlich erfolgen. In letztgenannten Fällen kann die
Anzeige nach § 18 Abs. 3 PStG schriftlich in der ›amtlichen Form‹ erfolgen. Gleichwohl in § 3 a Bundesverwaltungsverfahrensgesetz bereits entsprechende
Regelungen bezüglich der Gleichsetzung der Schriftform mit der elektronischen Form getroffen sind, ist
das Landesverfahrensgesetz NRW – anders als etwa
in Bayern – bislang nicht geändert. Bis zur Änderung
der Landesverwaltungsverfahrensgesetze bedeutet
›schriftlich‹ zumindest die papiergebundene Form.
Bei mündlicher Anzeige muss der Anzeigende vor
dem Standesbeamten erscheinen. Nach § 3 PStV
soll die Eintragung im Geburtenbuch aufgrund einer
mündlichen Erklärung auch folgende Angaben enthalten:
■
■
■
■
den Ort und Tag der Eintragung,
die Bezeichnung der Erschienenen,
den Vermerk des Standesbeamten,dass und wie er
die Persönlichkeit der Erschienenen festgestellt
hat,
den Vermerk, dass die Eintragung den Erschienenen vorgelesen und von ihnen genehmigt
worden ist.
Führt der Standesbeamte nicht die Personenstandsbücher, aus denen die folgenden Urkunden erstellt
werden können, so soll er nach § 26 PStV verlangen,
dass ihm bei verheirateten Eltern ein Auszug aus
dem Familienbuch oder, wenn kein Familienbuch
angelegt ist, die Heiratsurkunde der Eltern, bzw. bei
nicht verheirateten Eltern die Geburtsurkunde der
Mutter und, falls eine wirksame Vaterschaftsanerkennung vorliegt oder die Vaterschaft gerichtlich
festgestellt worden ist, die Geburtsurkunde des Vaters vorgelegt werden.
Zur Prüfung, ob ein Kind ausländischer Eltern durch
die Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erhält,
müssen nach § 26 PStV weitere Urkunden (Aufenthaltsberechtigung, Aufenthaltserlaubnis) vorgelegt
werden.
Im Regelfall scheidet eine vollständige Meldung
der Geburt auf Online-Basis aus den vorgenannten
Gründen aus. Eine Online-Anzeige von Geburten ist
bis zur Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes NRW generell nicht möglich. Danach ist eine
qualifizierte elektronische Signatur nach dem SigG
erforderlich. Daneben besteht in einigen Fällen das
Problem der beizubringenden sonstigen Urkunden.
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Als lokale Besonderheit in Lippstadt ist erwähnenswert, dass lediglich ein Krankenhaus mit Entbindungsabteilung existiert und über einen ›Vor-OrtService‹ durch das Standesamt zur Anmeldung von
Geburten nachgedacht wird.
3. Abwicklung eines Sterbefalls
Die Meldung eines Sterbefalls muss durch
das Familienhaupt,
denjenigen, in dessen Wohnung sich der Sterbefall ereignet hat,
■ jede Person, die bei dem Tode zugegen war oder
von dem Sterbefall aus eigener Wissenschaft
unterrichtet ist,
erfolgen (§ 33 Abs. 1 PStG). Dabei gilt die genannte
Reihenfolge.
■
■
lichen Jugendhilfe § 18 PStG entsprechend anzuwenden. Das bedeutet, dass ausschließlich der Leiter der
Anstalt oder der von der zuständigen Behörde ermächtigte Beamte oder Angestellte zur Anzeige verpflichtet ist.
Die Anzeige für die Fälle, in denen der Sterbefall nicht
in einer der in § 34 S. 1 PStG genannten Anstalten erfolgt, ist nach § 33 Abs. 2 PStG mündlich zu erstatten.
In den anderen Fällen ist die Anzeige nach § 34 S. 1
PStG i.V.m. § 18 Abs. 3 PStG schriftlich in der ›amtlichen Form‹ zu erstatten. Hier kann nach Änderung
des Verwaltungsverfahrensgesetzes (s. Ausführungen
zu (2)) die Anzeige mittels einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem SigG online erfolgen.
Eine Online-Anzeige von Sterbefällen ist bis zur Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes NRW
nicht möglich.
Über ein Menü kann im Modul ›Personenstandsurkunden‹ der Antragsteller den gewünschten Urkundentyp auswählen
Nach § 34 S. 1 PStG ist für die Anzeige von Sterbefällen
in öffentlichen Entbindungs-, Hebammen-, Krankenund ähnlichen Anstalten, in öffentlichen Heil-, Pflegeund Entziehungsanstalten, in Gefangenenanstalten
und Anstalten, in denen eine mit Freiheitsentziehung
verbundene Maßregel der Besserung und Sicherung
vollzogen wird, sowie in Einrichtungen der öffent-
4. Ausstellung von Urkunden
Nach § 61 a PStG stellt die Standesbeamtin/der
Standesbeamte ›Personenstandsurkunden‹ aus. Die
Urkunden selbst sind nach Vordrucken auszustellen
(§ 62 PStV). Diese können grundsätzlich ›maschinengerecht eingerichtet‹ werden.
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Die Erteilung der Urkunden kann nur von denjenigen Personen verlangt werden, auf die sich die Urkunden beziehen sowie von deren Ehegatten, Vorfahren und Abkömmlingen (§ 61 Abs. 1 Satz 1 PStG).
Behörden haben bei der Beantragung nach § 61
Abs. 1 Satz 2 PStG den Zweck der Erteilung anzugeben, Dritte müssen nach § 61 Abs. 1 Satz 3 PStG ein
rechtliches Interesse glaubhaft machen.
Bei der Erteilung von Urkunden ist erheblich, ob der
Verlangende als Berechtigter bzw. Inhaber eines
rechtlichen Interesses authentifiziert werden kann.
Ein Hauptproblem dürfte insbesondere bei Ehegatten mit anderen Namen, den Vorfahren und den Abkömmlingen liegen. Dritte müssen außerdem ein
rechtliches Interesse, z.B. durch Vorlage eines Schuldtitels oder die Anforderung des Gerichts über die
Beibringung von Personenstandsurkunden, u. a. zur
Löschung des Grundbuchs etc., nachweisen.
Eingehende Anträge werden im Standesamt dahin
gehend überprüft, ob eine Berechtigung für den Erhalt der Urkunde gegeben ist. Bislang werden bei
telefonischen oder schriftlichen Anfragen als Nachweis der Berechtigung detaillierte persönliche Daten
des Berechtigten akzeptiert. Sie beziehen sich auf ihn
selbst, oder, wenn für einen Verwandten/Ehegatten
die Urkunde beantragt wird, auf diesen.
Bei diesen rechtlichen Vorgaben und der bisher geübten Praxis wurden Ansatzpunkte für eine e-GovernmentLösung zur Beantragung von Personenstandsurkunden
gesehen.Die nach dem Personenstandsgesetz und der
Verordnung zur Änderung des Personenstandsgesetzes zu beantwortende Frage der Authentizität sowie
der Berechtigung der Antragstellerin oder des Antragstellers unterscheidet sich bei der digitalen Form in
keinster Weise von den bisher üblichen Antragsformen.Detaillierte persönliche Daten können auch digital vom Antragsteller abgefragt werden. Auch datenschutzrechtliche Aspekte stehen dem nicht entgegen.
Somit ist die Beantragung von Urkunden für eine Online-Anwendung geeignet.
Im Teilprojekt galt es Wege aufzuzeigen, die eine sichere Übertragungsform der Antragsdaten, ihre
Importierung in die nachgeschaltete Fachanwendung, die Erhebung der Verwaltungsgebühr und
die Abwicklung des Zahlungs- und Buchungsvorgangs medienbruchfrei gewährleisteten. Nach kritischer und sehr detaillierter Analyse bisheriger
Verwaltungsabläufe bei der Bearbeitung von Anforderungen zu Personenstandsurkunden zeigte
20
das danach erarbeitete Sollkonzept deutliche Reorganisationspotenzale auf. Sie sind insbesondere in
dem weitgehenden Verzicht auf manuelle Datenerfassung und die für die Kommune komplett digitale Abwicklung des Zahlungs- und Buchungsprozesses zu sehen.
Das geltende Personenstandsrecht schreibt für die
Führung der Personenstandsbücher nach wie vor
die Schriftform vor (§ 70 PStG i. V. m. § 2 PStV). Im Ergebnis führt dies dazu, dass die relevanten Daten
aus den Personenstandsbüchern manuell zu recherchieren und die Urkunden in gewohnter Weise mit
Unterstützung einer Personenstandsfachanwendung zu erstellen sind. Die im Projekt entwickelte
Lösung unterstützt u.a. genau in diesem Punkt das
Standesamt, indem die digital übersandten Antragsdaten über eine neue Importschnittstelle direkt
in die Fachanwendung (z. B. AutiSta) zur Urkundenerstellung übernommen werden. Es sind lediglich Ergänzungen oder ggf. Korrekturen vorzunehmen.
Im Folgenden wird die Dokumentation daher nur
noch auf die Beantragung von Urkunden abgestellt.
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
Bezogen auf die Dienstleistung ›Beantragung von
Urkunden‹ sind beteiligt:
■ intern: das Standesamt und die Stadtkasse
■ extern: die Bürgerinnen und Bürger, andere Behörden
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung zu Beginn
des Projekts
Eingesetzt wird in Lippstadt die PC-Anwendung AutiSta an vernetzten Arbeitsplätzen im Fachdienst Personenstand (Standesamt). Die Daten werden zentral
auf einem Server in der Stadtverwaltung abgelegt.
Die Kommunikation zu anderen internen Dienststellen der Stadt Lippstadt und externen Behörden auf
digitalem Wege ist möglich. Aufgrund der autarken
Aufgabenstellung ist die Kommunikation (intern/extern) jedoch wenig ausgeprägt.
E. Darstellung des Workflows zu Beginn des
Projekts
Bürgerinnen und Bürger, die vor Projektbeginn eine
Abschrift aus dem Familienbuch, einer Abstam-
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mungs-, eine Geburts-, Heirats- oder Sterbeurkunde der Stadt Lippstadt benötigten, stellen einen
Antrag beim Standesamt auf Ausstellung dieses
Dokumentes persönlich, telefonisch, schriftlich
oder in Einzelfällen auch per E-Mail.
Im Standesamt wird nach Eingang des Antrags geprüft, ob die Berechtigung des Antragstellers, die
Urkunde zu erhalten, gegeben ist. Diese Prüfung
vollzieht sich wie in Absatz B beschrieben. Ist der
Antragsteller danach berechtigt, so wird eine Urkunde ausgefertigt. Das Standesamt führt dazu
eine Recherche im manuell geführten Datenbestand der Personenstandsbücher durch und erstellt
die gewünschte Urkunde – entweder als Urkunde
oder als beglaubigte Abschrift aus dem Personenstandsbuch. Die Fachanwendung AutiSta unterstützt – soweit möglich – die Bediensteten des
Standesamtes bei der Erstellung der Urkunde.
Die langfristige Speicherung der Daten ist nach der
Kommentierung zu § 2 PStG nicht zulässig, da die
digitale Datenhaltung neben dem Erst- und Zweitbuch ein weiteres Register (Drittbuch) ergeben
würde, was nicht vorgesehen ist. Eine manuelle Recherche in den geführten Personenstandsbüchern
kann daher auch die Entwicklung einer e-Government-Lösung bei dieser rechtlichen Vorgabe nicht
ersparen.
Die Urkunde wird anschließend der Berechtigten/
dem Berechtigten gegen Rechnung – unter Beifügung eines Überweisungsformulars – per Post
übersandt. Die Stadtkasse erhält eine Durchschrift
des Bescheides. Die Daten des Rechnungsempfängers und die weiteren zahlungsrelevanten Daten
werden durch die Stadtkasse pro Einzelfall manuell
erfasst. Die individuelle Kontrolle des Zahlungseingangs erfolgt durch die Stadtkasse; diese führt
ggf. auch das Mahnverfahren durch.
F. Fallzahlen in Lippstadt
Dienstleistung
1999
2000
2001
Eheschließung
440
426
353
382
Geburten
1106
1160
1062
1161
Sterbefälle
881
915
903
1114
Beurkundungen und
sonstige Eintragungen
(Randvermerke)
nicht
613
bekannt
651
571
Lippstadt hat ca. 68.000 Einwohner.
2002
G. Kostensituation
Die Kostensituation für das Standesamt der Stadt
Lippstadt stellt sich wie folgt dar:
■ Einnahmen (Verwaltungsgebühren, Verkauf von
Stammbüchern) jährlich rd. 65.000,00 1 (lt. Haushaltplan der Vorjahre). Hiervon sind die Ausgaben für den Einkauf der Familienbücher, Urkunden, etc. in Abzug zu bringen.
■ Personal- und Sachkosten nach KGSt (Bericht Kosten eines Arbeitsplatzes 8/2001:
Stellen
KGStPersonalkostentabelle
A 11
Sachkosten
Gemeinkosten
Gesamt
51.800,00
15.594,40
10.360,00
77.754,40
A 9 m. D. 43.100,00
15.594,40
8.620,00
67.314,40
Vc
37.100,00
15.594,40
7.420,00
60.114,40
VIb
34.200,00
15.594,40
6.840,00
56.634,40
261.817,61 3
Aufzeichnungen, aus denen sich die anteiligen Kosten für die Erstellung einer Urkunde ergeben, existierten nicht.
III. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzepts
Bürgerinnen und Bürger können unter der Voraussetzung eines beliebigen Internet-Zugangs den
Antrag auf Ausstellung einer Urkunde über ein
Web-Interface stellen. Die Antragsdaten werden
über einen gesicherten Internet-Kanal (SSL-Verschlüsselung) übertragen.
Die Authentifizierung der antragstellenden Person,
also die Feststellung, ob sie die Identität besitzt, die
sie behauptet, ist dabei maßgeblich auf die Berechtigung der Antragstellerin/des Antragstellers, die
Urkunde zu erhalten, beschränkt. Ob die Antragstellerin/der Antragsteller diejenige/derjenige ist,
der sie/er vorgibt zu sein, wird – ebenso wenig wie
bei schriftlicher oder telefonischer Anforderung –
nachvollzogen.
Die von der Antragstellerin/vom Antragsteller angegebenen Daten zur Person werden benötigt, um
die Berechtigung, die Urkunde zu erhalten, zu prüfen.
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Die von der Person angegebenen Daten zur Person,
für die die Urkunde ausgefertigt werden soll, also
• Name
• ggf. Geburtsname
• ggf. abweichender Familienname
• Vorname(n)
• Geschlecht
• Sterbe-, Geburts-, Heiratsdatum
• Sterbe-, Geburts-, Heiratsort
• Verwendungszweck und/oder
• Verwandschaftsverhältnis,
werden in die Fachanwendung übernommen, so
dass von Seiten des Standesamtes lediglich eine
Prüfung erfolgen muss, ob die Daten korrekt sind
sowie fehlende Daten ergänzt werden müssen.
Bei vorhandener Berechtigung des Antragstellers
wird die Urkunde ausgefertigt und mit einer automatisiert erstellten Rechnung versandt.
Visionär wäre eine automatisierte Recherche in einem
digitalen Datenbestand. Dies bedingt aber, dass eine
digitale Führung der Personenstandsbücher zulässig
wäre. Eine weitere Voraussetzung mit nicht zu unterschätzendem Aufwand müsste mit der digitalen
Nacherfassung aller bisher manuell geführten Personenstandsbücher mindestens der zurückliegenden 80
– 100 Jahre ebenfalls erst noch geschaffen werden.
Für die Abrechnung der Gebühr einer Personenstandsurkunde (Geburtsschein 5,00 1, Geburts-,
Abstammungs-, Sterbe- bzw. Heiratsurkunde 7,00
1, beglaubigte Abschrift aus dem Familienbuch
8,00 1) sollen zwei Zahlwege ermöglicht werden:
Zahlung per Rechnung:
Alle relevanten Zahlungsdaten werden dabei aus
der Antragstellung digital entnommen, durch die
zu entwickelnde Lösung um die jeweilige Gebührenhöhe und ein individuelles Kassenzeichen ergänzt und digital – ohne weiteren manuellen
Schritt – an die Kassenverfahren übergeben. Eine
bisher manuelle Eingabe der Zahlungsdaten entfällt dabei vollständig, ebenso die Überwachung
des Zahlungseingangs durch das Standesamt.
Zahlung per Online-Lastschrift:
Bereits mit der Antragstellung erklärt die antragstellende Person ihr Einverständnis zum elektronischen Lastschrifteinzug und ergänzt die Antrags22
daten um die Angaben ihrer Bankverbindung. Wie
auch bei der Zahlung per Rechnung werden die Daten ergänzt und ebenfalls an die Stadtkasse – in
diesem Fall allerdings – mit dem Ziel des Lastschrifteinzugs übergeben. Die weitere Verfolgung
des Zahlungseingangs übernimmt wie auch im Fall
der Rechnungsstellung die Kassenanwendung.
In beiden Fällen wird ein Gebührenbescheid digital
erzeugt und der Antragstellerin/dem Antragsteller
im Ergebnisbereich des Online-Dienstes druckbar
zur Verfügung gestellt. Nur auf besonderen Wunsch
erfolgt ein Versand zusätzlich per Post.
Die Sollstellung erfolgt anhand einer Sollliste aus
der Haushaltsüberwachung und wird monatlich
durch das Standesamt angeordnet.
B. Ergebnisse der Differenzanalyse zwischen IstZustand und Sollkonzept
Die Differenzanalyse zwischen Ist-Zustand und
Sollkonzeptes zeigt, dass die o. a. Vision rechtlich
derzeit nicht umsetzbar ist. Einerseits lassen Personenstandsgesetz bzw. –verordnung das digitale
Vorhalten von Personenstandsbüchern nicht zu,
andererseits bedürfen die Urkunden der Unterschrift durch die Standesbeamtin/den Standesbeamten, so dass auch aus diesem Grund ein digitaler
Versand nicht erfolgen kann.
C. Anpassung des Sollkonzepts
Da eine automatisierte Recherche im digitalen Datenbestand (digitale Personenstandsbücher) rechtlich nicht zulässig und faktisch nicht möglich ist,
erfolgt die Recherche seitens des Standesamtes
manuell im jeweiligen Personenstandsbuch, ggf.
unterstützt durch ein zulässiges, aber bisher nicht
bei allen Kommunen angelegtes, digitales Namensverzeichnis. Ein solches Verzeichnis erleichtert den Mitarbeiter/n/innen im Standesamt die
Suche nach dem betreffenden Personenstandsbuch, indem auf die entsprechende Stelle (Buchnummer, Seite, Eintrag-Nr.) verwiesen wird.
Bei erfolgreicher Recherche aus dem Personenstandsbuch soll die gewünschte Urkunde ausgefertigt und dem Berechtigten per Post übersandt werden. Die Zustellung einer Urkunde ausschließlich
an die Adresse des Berechtigten beugt evtl. Missbrauch bei Antragstellung vor.
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Als zusätzlichem Service wird der Antragstellerin/dem Antragsteller per E-Mail der Status der Bearbeitung mitgeteilt. Das Kassenverfahren kann –
wie oben beschreiben – realisiert werden.
D. Realisierungsphase
Der 11. September 2002 war Kick-Off-Termin für die
Realisierungsphase des Pilotprojekts. Beteiligt waren neben der Fa. Microsoft und dem Städte- und
Gemeindebund NRW die KDVZ Hellweg Sauerland
sowie die Kommunen Lippstadt, Olsberg und Paderborn. Erstellt werden sollte eine technisch erprobte Lösung mit Pilotcharakter, welche folgende
Leistungsmerkmale hat:
■ Web-Interface für Bürgerinnen und Bürger, um
eine Personenstandsurkunde zu beantragen (inkl.
Plausibilitätsprüfung),
■ Anzeige der Bürgerdaten für den Standesbeamten zur Sichtprüfung mit Entscheidung, ob der
Antrag auf Urkundenausfertigung angenommen
oder abgelehnt wird,
■ Export des Antrags an die Fachanwendung (zunächst nur AutiSta) über eine definierte XML/Dateischnittstelle,
■ Implementierung einer Datenimportschnittstelle der Fachanwendung (›Postkorb‹),
■ lokales Erzeugen eines Datensatzes für die Buchung im Kassensystem,
■ Ausdruck eines Gebührenbescheides,
■ E-Mail Benachrichtigung des Bürgers über den
Erfolgs- oder Fehlerfall.
In der Woche vom 23. – 27. September 2002 wurde
das Development Lab (DevLab) Personenstandsurkunden (PSU) unter Mitwirkung aller Beteiligten
bei der KDVZ Hellweg-Sauerland sowie bei der
Stadt Lippstadt implementiert.
Diese Lösung kam jedoch nicht zur Anwendung.
Maßgeblich hierfür waren folgende Faktoren:
■ In die Fachanwendung AutiSta wurde erst im November 2002 ein Update implementiert; Nur die
Vorabversion war Grundlage des DevLab PSU, so
dass ein Test mit der (alten) Version der Fachanwendung im Standesamt nur schwerlich möglich
und zudem wenig effektiv war.
■ Im Projektverlauf zeigten sich Parallelitäten zu
den übrigen Entwicklungen in anderen Teilprojekten des e-Government-Projekts des Städte-
und Gemeindebundes NRW. Hierzu zählten in erster Linie die Authentifizierungsphase, Paymentfunktionen und verschiedene Webservices.
Zwecks Bündelung der Ressourcen entschied sich
das Gesamtprojekt zur Entwicklung einer skalierbaren und flexiblen Plattform, in die sich auch
spätere Entwicklungen leicht integrieren lassen.
Das so genannte e-Government Starter Kit basiert dabei im wesentlichen auf drei Modulen:
• der passwortgebundenen Anmeldung durch
den Nutzer (für alle Fachverfahren, d. h. PSU,
Meldewesen, etc. identisch),
• dem spezifischen Fachanwendungsmodul und
• der identischen Bezahlfunktion
Das e-Government Starter Kit wurde in der Zeit
vom 17. – 21. Februar 2003 beim Rechenzentrum
KDVZ und der Stadt Lippstadt implementiert.
Technische Umsetzung
In die technische Plattform des e-Government Starter Kits sind bisher die Online-Dienste ›Melderegisterauskunft‹ und ›Personenstandsurkunden‹ (PSUUrkunden) eingebettet. Herzstück der Anwendung
bildet der MS BizTalk-Server, der die Steuerung der
einzelnen Prozesse übernimmt. Im Antwortbereich
erhalten Bürger/innen Informationen über den
Stand der Bearbeitung des von ihnen beantragten
Online-Dienste. Soweit die Kommune Antwortoder Arbeitsergebnisse digital zur Verfügung stellen kann, werden diese aus Sicherheitsgründen
nur im ›Ergebnisbereich‹ zur Abholung über verschlüsselte Internet-Kanäle bereitgestellt.
Das e-Government Starter Kit besitzt derzeitig im
Bereich des Personenstandswesen eine Schnittstelle zur Fachanwendung AutiSta des Verlags für Standesamtswesen. Andere Kommunen setzen Softwareprodukte anderer Hersteller ein. Ein Teilziel des
Projekts war es, eine auch auf weitere Kommunen
übertragbare Lösung zu entwickeln. Die hier eingesetzte Standardtechnologie bietet dafür beste Voraussetzungen. Dies bestätigen Erfolg versprechende Kontakte zu einem weiteren Softwarehersteller
einer anderen Personenstandsfachanwendung.
Organisatorische Veränderungen
Diverse organisatorische Änderungen sind mit
dem Einsatz des Starter Kit in Lippstadt verbunden:
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■
■
■
■
■
■
■
■
Unmittelbarer Posteingang in den betroffenen
Organisationseinheiten, d. h. bei Personenstandsurkunden im Standesamt,
Bereitstellung bisher nicht eingerichteter Internet-Zugänge an ausgewählten Arbeitsplätzen im
Standesamt,
die vom Antragsteller eingegebenen Daten werden auf digitalem in die Fachanwendung übernommen,
die Erstellung des Gebührenbescheides erfolgt nur
noch auf Wunsch für den Bürger in Papierform,
je nach Zahlungsweg komplette Veränderung
der bisherigen Buchungs- und Zahlungsprozesse,
der Antragsteller erhält einen Statusbericht,
die Bearbeitungszeit ist deutlich verkürzt,
Erwerb, Installation und laufende Betreuung diverser Standardsoftwareprodukte, wie SQL-Datenbanken, MS BizTalk-Server, ISA-Server,.NET
Framework und IIS-Server.
Schulung von Personal
Das e-Government Starter Kit ist nahezu selbsterklärend, eine kurze Schulung von wenigen Stunden
im Standesamt durch eine Mitarbeiterin des Fachdienstes Organisation war ausreichend.
Belange des Datenschutzes
Mit Schreiben vom 31. Juli 2002 hat die Landesbeauftragte für den Datenschutz NRW zu dem geplanten Verfahren Stellung genommen. Insbesondere auf die Berechtigung des Antragstellers ist sie
dezidiert eingegangen: nach ihrer Auffassung wird
das persönliche Erscheinen einer Person zur Feststellung der Berechtigung als unverhältnismäßig
angesehen. Eine einfache Glaubhaftmachung des
Verwandtschaftsgrades bzw. der Ehe mit dem Betroffenen soll genügen. Selbst ein Abgleich mit
dem Melderegister wird als nicht erforderlich betrachtet. Die Urkunde sollte jedoch nach der Vorstellung der Landesbeauftragten nur an den Antragsteller per Post versendet werden. Einer Antragstellung über das Internet steht aus diesem
Grund nichts entgegen.
Hiervon unterscheidet sich die Authentifizierung des
Antragstellers, wobei nachzuweisen ist, dass der von
ihm genannte Name mit der angegebenen Identität
übereinstimmt. Dieses ist bei schriftlichen Anträgen
24
bislang nicht erforderlich – daher sollte auch bei EMail Anfragen hiervon abgesehen werden.
Erläuternd ist festzuhalten, dass es keine gesetzlichen Vorgaben für die Form der Antragstellung
gibt. Es gilt daher § 10 Abs. 1 VwVfG, wonach das
Verwaltungsverfahren grundsätzlich formfrei erfolgt. Der Antrag per Internet sollte aus daten- und
telediensterechtlichen Gründen verschlüsselt, z.B.
über SSL erfolgen.
Im übrigen wird die Fachanwendung AutiSta lediglich über eine Schnittstelle, nicht direkt, angesprochen, so dass diese weiterhin autonom verbleibt.
Auch werden die Antragsdaten nach 6 Wochen
automatisch gelöscht.
Die spezifische Entwicklung wurde darüber hinaus
in einzelnen Schritten mit dem Datenschutzbeauftragten der Stadt Lippstadt abgestimmt.
Kommunikation der Ergebnisse in Politik und
Öffentlichkeit
Am 27. September 2002 wurde die Lösung PSU der
Presse vorgestellt mit dem Hinweis, bei Echteinführung nochmals eine Konferenz einzuberufen. Die Reaktionen waren durchweg positiv. Über Zwischenstände wurde in den politischen Gremien berichtet.
Der Prototyp des e-Government Starter Kits befindet
sich Stand März 2003 in der Testphase und wird noch
nicht produktiv eingesetzt. Es existieren eine Reihe
von Wünschen zur Verbesserung und Optimierung
der Lösungen (z.B. Überarbeitung des User Interfaces). Nach Abschluss der Testphase soll das Ergebnis
in Politik und Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Tipps und Hinweise für weitere Anwender
1. Wichtig für die Implementierung der Entwikklung ist es, alle Beteiligten – nicht zu vergessen
der Personalrat – am Verwaltungsprozess frühzeitig an einen Tisch zu holen und den Verwaltungsprozess in allen Einzelheiten zu definieren.
Die Fragen »Welche Datenangaben sind notwendig? Welche Prozessschritte gliedern sich wie?«
etc. sind dabei zu beantworten. »Der Teufel
steckt im Detail!!«
2. Es ist die Frage zu beantworten, ob die einzusetzenden Softwareprodukte der verfolgten IT-Strategie entsprechen.
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3. Das kommunale Rechenzentrum sollte eingebunden werden, wenn es für die technische Umsetzung verantwortlich zeichnen soll.
4. Die einzusetzende Standardsoftware ist lizenzpflichtig.Rechenzentren können aufgrund der Mandantenfähigkeit des e-Government Starter Kits Konzepte für ihr gesamtes Verbandsgebiet entwickeln,
um so die Lösung wirtschaftlich zu betreiben.
5. Der Einsatz der Technik sollte genau definiert
werden. Für eine einzelne Kommune stellt sich
bei ausschließlicher Nutzung der erforderlichen
Technologie für bisher noch wenige Online-Anwendungen die Frage der Wirtschaftlichkeit. Die
Stadt Lippstadt ist beim Betrieb des BizTalk Servers eine Kooperation mit ihrem kommunalen
Rechenzentrum eingegangen.
6. Für den Einsatz der Entwicklung ausschließlich
zur Online-Beantragung von Personenstandsurkunden wäre das e-Government Starter Kit unwirtschaftlich. Die skalierbare und flexible Plattform ist aber offen für zukünftige zusätzlich zu
implementierende Anwendungen. Damit wird
das DevLab effizient. Es gibt überzeugende Signale, die zukünftige Entwicklungen auf gleicher
technologischer Plattform erwarten lassen.
7. Das Personenstandsrecht mit all seinen Facetten,
äußerst engen Handlungsspielräumen und ›preußischen‹ Formvorschriften drängt sich aus Verwaltungssicht nicht gerade auf, um pilotmäßig
das Thema e-Government anzugehen. Es ist aber
ein Aufgabenbereich, von dem Bürger/innen in
unterschiedlichsten Lebenslagen betroffen sind.
So nimmt zumindest in mittleren und größeren
Kommunen der Publikums- oder auch Schriftverkehr in den Standesämtern ein durchaus beachtliches Maß an und rechtfertigt die Auseinandersetzung mit dem Thema e-Government.
8. Zudem bietet gerade die Lösung PSU den großen
Vorteil der Übertragbarkeit auf Standardtechnologie anderer Anwender. Bundeseinheitlich sind
im Wesentlichen zwei Fachverfahren im Bereich
des Standesamtwesens in Anwendung:
■ zum einen die Anwendung AutiSta des Verlags
für Standesamtswesen, Frankfurt,
■ zum anderen die Anwendung ElViS der Fa.
PROTEXT, Bremen.
Seitens des Herstellers der Fachanwendung ElViS
wurde signalisiert, dass eine Schnittstelle zum eGovernment Starter Kit geschaffen wird.
Ergebnisbereich des e-Government Starter Kits
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Personenstandswesen
Teilprojekt Personenstandswesen
I. Ziel des Teilprojekts
Stadt Olsberg
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts
E-Government bietet sich besonders für Bereiche
an, in denen häufige Kontakte mit Bürgern gegeben sind. Sie sollen dem Bürger den die Kommunikation mit seiner Stadt erleichtern und im Rathaus
zur Vereinfachung und letztlich zur Optimierung
von Abläufen führen. Im Personenstandswesen ist
dies an vielen Stellen der Fall, wenngleich man gerade in diesem Bereich auf eingefahrene Prozesse
trifft, die es gilt aufzubrechen.
Von
Andreas Rüther
IT-Verantwortlicher der Stadt Olsberg
e-Mail: a.ruether@olsberg.de
Inhalt
26
26
Ziele:
■ Mögliche e-Government-Lösungen darstellen,
wenn auch der Rahmen eng gesteckt ist
■ Wo sind rechtliche Hemmnisse?
■ Verändern von Verwaltungsabläufen bewirken
■ Entwicklung einer e-Government-Lösung auf der
Basis von Standardtechnologien
■ Einfache Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Kommunen
■ Dokumentation des Prozesses
27
27
B. Beschreibung des angestrebten Endzustandes
nach Abschluss des Teilprojekts
27
Ziel des Projekts ist die medienbruchfreie Abwicklung von Dienstleistungen im Standesamt bis hin
zur Sollstellung in der Kasse über das Internet.
27
27
II. Beschreibung der Ausgangslage
I. Ziel des Teilprojekts
26
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts 26
B. Beschreibung des angestrebten
Endzustandes nach Abschluss des
Teilprojekts
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II. Beschreibung der Ausgangslage
A. Definition der kommunalen Aufgabe
B. Rechtliche Rahmenbedingungen und
lokale Besonderheiten
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung zu
Beginn des Projekts und Einbindung
des Kommunalen Rechenzentrums
KDVZ Hellweg-Sauerland Iserlohn
E. Darstellung des Workflows zu Beginn
des Projekts
F. Fallzahlen in Olsberg
A. Definition der kommunalen Aufgabe
III. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzepts,
Ergebnisse der Differenzanalyse
zwischen Ist-Zustand und Sollkonzept
und Anpassung des Sollkonzepts
B. Realisierungsphase
Technische Umsetzung
Organisatorische Veränderungen
Schulung von Personal
Belange des Datenschutzes
Kommunikation der Ergebnisse in
Politik und Öffentlichkeit
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27
27
27
28
28
29
29
29
Neben den vielen Aufgaben im Standesamt standen im Projekt die Abläufe von Eheschließung, Geburtenanmeldung, Abwicklung eines Sterbefalls
und Beurkundungen im Fokus. Hierbei handelt es
sich um Pflichtaufgaben des Personenstandswesens. In vielen Gesprächen mit den Standesbeamten der beteiligten Kommunen wurden diese Aufgaben analysiert und in Ablaufdiagrammen dargestellt.
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Personenstandswesen
B. Rechtliche Rahmenbedingungen und lokale
Besonderheiten
Hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen
wird auf den Beitrag der Stadt Lippstadt verwiesen.
Die Stadt Olsberg nutzt das Standesamtsverfahren
AutiSta des Verlags für Standesamtwesen. Die
Internetanbindung läuft über ein kommunales Rechenzentrum
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
Im Prozess ›Beantragen von Urkunden‹ gibt es folgende Beteiligte:
■ Standesamt
■ Stadtkasse
■ Bürgerinnen und Bürger
■ sonstige Externe
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung zu Beginn des
Projekts und Einbindung des Kommunalen Rechenzentrums KDVZ Hellweg-Sauerland Iserlohn
Die Standesbeamtin der Stadt Olsberg verfügt an
ihrem Arbeitsplatz über einen vernetzten PC mit einem Matrix- und einem Laserdrucker. Unterstützt
wird die tägliche Arbeit durch die Fachanwendung
AutiSta (s. o.). Die Datenhaltung erfolgt zum Teil
auf einem Server.
Die Stadt Olsberg ist Miteigentümer und gleichzeitig Kunde der Kommunalen Datenverarbeitungszentrale Hellweg-Sauerland in Iserlohn (KDVZ). Von
Beginn des Projekts an haben wir Wert darauf gelegt, die KDVZ in alle Projektphasen einzubinden.
E. Darstellung des Workflows zu Beginn des Projekts
Benötigen Bürgerinnen oder Bürger eine Urkunde
oder eine Abschrift aus dem Familienbuch, ist ein
Antrag beim Standesamt auf Ausstellung dieses
Dokumentes zu stellen. Die Antragstellung kann
persönlich, telefonisch, schriftlich oder auch per EMail erfolgen.
Im Standesamt wird nach Eingang des Antrags geprüft, ob die Berechtigung des Antragstellers, die
Urkunde zu erhalten, gegeben ist. Diese Prüfung
vollzieht sich wie in unter B. beschrieben. Ist der Antragsteller danach berechtigt, so wird eine Urkunde
ausgefertigt. Das Standesamt führt dazu eine Recherche im manuell geführten Datenbestand der
Personenstandsbücher durch und stellt die gewünschte Urkunde aus – entweder als Urkunde
oder als beglaubigte Abschrift aus dem Personenstandsbuch. Die Fachanwendung AutiSta unterstützt – soweit möglich – die Bediensteten des
Standesamtes bei der Erstellung der Urkunde.
Die Urkunde wird gegen Rechnung – unter Beifügung eines Überweisungsformulars – per Post
übersandt. Die Stadtkasse erhält eine Kopie des Bescheides. Die Daten des Rechnungsempfängers
und die weiteren zahlungsrelevanten Daten werden durch die Stadtkasse pro Einzelfall manuell erfasst. Die Kontrolle des Zahlungseingangs erfolgt
durch die Stadtkasse, die ggf. auch das Mahnverfahren durchführt.
F. Fallzahlen in Olsberg
Dienstleistung
1999
2000
2001
2002
Eheschließung
80
60
60
60
Sterbefälle
165
163
163
170
Geburten
1
1
0
1
Olsberg hat ca. 17.000 Einwohner.
III. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzepts, Ergebnisse der
Differenzanalyse zwischen Ist-Zustand und Sollkonzept und Anpassung des Sollkonzepts
Das Sollkonzept, die Differenzanalyse und die Anpassung des Sollkonzepts entsprachen in Olsberg
den Gegebenheiten der Stadt Lippstadt.
B. Realisierungsphase
Am 11. September 2002 fand in Lippstadt gemeinsam mit den Städten Lippstadt und Paderborn sowie dem Rechenzentrum der Kick-Off-Termin für
die Realisierungsphase statt. Erstellt werden sollte
eine übertragbare Lösung mit Pilotcharakter, welche folgende Leistungsmerkmale haben sollte:
■ Web-Interface für Bürgerinnen und Bürger,um eine
Personenstandsurkunde zu beantragen (inkl. Plausibilitätsprüfung),
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Personenstandswesen
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Anzeige der Bürgerdaten für den Standesbeamten zur Sichtprüfung mit Entscheidung, ob der
Antrag auf Urkundenausfertigung angenommen
oder abgelehnt wird,
Export des Antrags an die Fachanwendung (zunächst nur AutiSta, später ElVis) über eine definierte XML-/Dateischnittstelle,
Implementierung einer Datenimportschnittstelle der Fachanwendung (›virtueller Postkorb‹),
lokales Erzeugen eines Datensatzes für die Buchung im Kassensystem,
Ausdruck eines Gebührenbescheides,
E-Mail Benachrichtigung des Bürgers/der Bürgerin über den Erfolgs- oder Fehlerfall.
In der Woche vom 23. – 27. September 2002 wurde
das Development Lab (DevLab) Personenstandsurkunden (PSU) unter Mitwirkung aller Beteiligten
bei der KDVZ Hellweg-Sauerland sowie bei der
Stadt Lippstadt implementiert.
Diese Lösung wurde jedoch nicht eingesetzt. Maßgeblich hierfür waren folgende Faktoren:
■ In die Fachanwendung AutiSta wurde erst im November 2002 ein Update für den Postkorb und
damit die Internetschnittstelle implementiert;
■ Im Projektverlauf zeigten sich Gemeinsamkeiten
mit übrigen Entwicklungen in anderen Teilprojekten des Gesamt-Projekts. Hierzu zählten in erster Linie die Authentifizierungsphase, Paymentfunktionen und verschiedene Webservices.
Zwecks Bündelung der Ressourcen wurde entschieden, zur Entwicklung einer skalierbaren und
flexiblen Plattform, in die sich auch spätere Entwicklungen leicht integrieren lassen, die bis dahin entwickelte Lösung zu überarbeiten. Das so
genannte e-Government Starter Kit basiert nun
im wesentlichen auf drei Modulen:
• der passwortgebundenen Anmeldung durch
den Nutzer (für alle Fachverfahren, d. h. PSU,
Meldewesen, etc.) identisch,
• dem spezifischen Fachanwendungsmodul und
• der identischen Bezahlfunktion.
Das e-Government Starter Kit wurde in der Zeit
vom 17. – 21. Februar 2003 beim Rechenzentrum
KDVZ, bei der Stadt Lippstadt und bei der Stadt Olsberg implementiert.
Technische Umsetzung
In die technische Plattform des e-Government Starter Kits sind bisher die Online-Dienste ›Melderegisterauskunft‹ und ›Personenstandsurkunden‹ eingebettet. Kern ist der MS BizTalk-Server, der die
Steuerung der einzelnen Prozesse übernimmt. Im
Antwortbereich erhalten Bürger/innen bzw. andere Nutzer Informationen über den Stand der Bearbeitung der beantragten Online-Dienste. Soweit
die Kommune Antwort- oder Arbeitsergebnisse digital zur Verfügung stellen kann, werden diese aus
Sicherheitsgründen nur im ›Ergebnisbereich‹ zur
Abholung über verschlüsselte Internet-Kanäle bereitgestellt, und nicht per E-Mail versendet.
Das e-Government Starter Kit besitzt bislang im
Bereich des Personenstandswesen eine Schnittstelle zur Fachanwendung AutiSta des Verlags für
Standesamtswesen. Andere Kommunen setzen
Softwareprodukte anderer Hersteller ein. Ein Teilziel des Projekts war es, eine auch auf weitere Kommunen übertragbare Lösung zu entwickeln. Die
hier eingesetzte Standardtechnologie bietet hierfür die besten Voraussetzungen.
Organisatorische Veränderungen
Verschiedene organisatorische Änderungen sind in
Olsberg mit der Umstellung der Technik verbunden:
■
■
■
■
■
■
■
28
Es kommt im elektronischen Bereich zum unmittelbaren Posteingang in den betroffenen Organisationseinheiten, d.h. bei Personenstandsurkunden im Standesamt,
Internet-Zugänge an ausgewählten Arbeitsplätzen im Standesamt wurden geschaffen,
die vom Antragsteller eingegebenen Daten werden direkt in die Fachanwendung übernommen,
die Erstellung des Gebührenbescheides erfolgt
nur noch auf Wunsch für den Bürger in Papierform,
je nach Zahlungsweg (elektronische Lastschrift
oder Gebührenbescheid mit Überweisung) kam
es zur kompletten Veränderung der bisherigen
Buchungs- und Zahlungsprozesse,
der Antragsteller erhält einen Statusbericht über
den Stand der Bearbeitung,
die Bearbeitungszeit wurde erheblich verkürzt,
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Personenstandswesen
■
erforderlich waren Erwerb, Installation und laufende Betreuung diverser Standardsoftwareprodukte, wie SQL-Datenbanken, MS BizTalk-Server,
ISA-Server, .NET Framework und IIS-Server.
Schulung von Personal
Das e-Government Starter Kit ist für die Sachbearbeiter bzw. Fachadministratoren nahezu selbsterklärend. Eine kurze Einweisung der Standesbeamtin der Stadt Olsberg war ausreichend für eine sichere Handhabung.
mäßig angesehen. Eine einfache Glaubhaftmachung des Verwandtschaftsgrades bzw. der Ehe mit
dem Betroffenen genügt. Auch ein denkbarer Abgleich mit dem Melderegister wird als nicht erforderlich betrachtet. Die Urkunde sollte jedoch nur
an den Antragsteller per Post versendet werden. Einer Antragstellung über das Internet steht daher
nichts entgegen.
Im Übrigen kann auf die Ausführungen in der
Dokumentation der Stadt Lippstadt zum Personenstandswesen verwiesen werden.
Belange des Datenschutzes
Kommunikation der Ergebnisse in Politik und
Öffentlichkeit
Die Landesbeauftragte für den Datenschutz NRW
hat zu dem Verfahren Stellung genommen. Insbesondere auf die Berechtigung des Antragstellers ist
sie eingegangen: nach der dort vertretenen Auffassung wird das persönliche Erscheinen einer Person
zur Feststellung der Berechtigung als unverhältnis-
Der Prototyp des e-Government Starter Kits befindet sich Stand April 2003 in der Testphase und wird
noch nicht produktiv eingesetzt. Im Juni wird eine
überarbeitete Version online gehen. Nach Abschluss der Testphase wird das Ergebnis in Olsberg
der Politik und der Öffentlichkeit vorgestellt.
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Personenstandswesen
Teilprojekt Personenstandswesen
I. Vorwort
Stadt Paderborn
Das hier beschriebene Teil-Projekt wurde gemeinsam mit den Städten Lippstadt und Olsberg bearbeitet. Bei der Stadt Paderborn wurde die Anwendung allerdings bis zum Redaktionsschluss der
Dokumentation noch nicht installiert. In diesem
Dokument finden Sie jedoch Informationen zu den
Planungen und den technischen Rahmenbedingungen.
Im Übrigen wird auf die Dokumentationen von
Lippstadt und Olsberg verwiesen.
Von
Thomas Kloppenburg
Sachgebietsleiter EDV
Stadt Paderborn
e-Mail: t.kloppenburg@paderborn.de
II. Ziele des Teilprojekts
Inhalt
I. Vorwort
30
II. Ziele des Teilprojekts
30
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts 30
B. Beschreibung des angestrebten
Endzustandes nach Abschluss des
Teilprojekts
31
Die Beantragung von Personenstandurkunden soll
für den Bürger auch über das Internet möglich sein.
Im Standesamt soll die Bearbeitung dieses Antrags,
soweit wie möglich, medienbruchfrei (d.h. elektronisch) weiter erfolgen. Das Projekt soll sich als Modul
in das e-Government Starter Kit einbinden lassen,
dass im Gesamtprojekt entwickelt wurde und auch
dessen allgemeine Funktionalitäten (z.B. BenutzerRegistrierung) nutzt.
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts
III. Beschreibung der Ausgangslage
A. Definition der kommunalen Aufgabe
B. Rechtliche Rahmenbedingungen und
lokale Besonderheiten
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung zu
Beginn des Projekts
E. Darstellung des Workflow zu Beginn
des Projekts
F. Fallzahlen
G. Kostensituation
IV. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzepts
B. Realisierungsphase
1. Geplante technische Umsetzung
2. Schulung von Personal
3. Belange des Datenschutzes
30
31
31
31
31
31
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31
32
32
32
32
32
32
33
Der Bereich des Personenstandswesens ist bisher
bei vielen Betrachtungen im Hinblick auf e-Government nicht berücksichtigt worden. Standesämter sind zwar vielfach im Internet mit eigenen –
oft insbesondere im Hinblick auf die Zielgruppe
›Ehepaare‹ interessant gestalteten – Internet-Auftritten vertreten; die tatsächliche Abwicklung von
Prozessen ist aber kaum bekannt.
Dass dieser Bereich bisher ›vernachlässigt‹ wurde,
liegt insbesondere an den strengen rechtlichen Regelungen und der entsprechenden Dienstanweisung im Personenstandswesen, die kaum Raum für
entsprechende Lösungen lässt.
Aufgabe des Projekt-Arbeitskreises des Städte- und
Gemeindebundes NRW sollte daher sein, den Bereich zu untersuchen und festzustellen, ob Lösungen im Personenstandswesen möglich sind oder
gleichzeitig ggfls. auf eine langfristige Änderung
der rechtlichen Rahmenbedingungen über den
Städte- und Gemeindebund NRW hinzuwirken.
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Personenstandswesen
B. Beschreibung des angestrebten Endzustandes
nach Abschluss des Teilprojekts
Im Rahmen des Arbeitskreises wurde festgelegt,
dass sich für eine automatisierte Verarbeitung insbesondere die Urkundenbeantragung eignet. Realisiert werden soll die Antragstellung für Abstammungs-, Geburts-, Sterbe-, Heirats-Urkunden und
das Familienbuch. Dabei soll der Prozess von der
Antragstellung über die Gebührenberechnung bis
zur Erstellung der Urkunde (allerdings immer noch
in Papierform) edv-technisch unterstützt werden.
Dafür ist nach einhelliger Meinung aller Beteiligten
keine digitale Signatur erforderlich.
Die Umsetzung soll so erfolgen, dass gemeinsame
Module mit anderen Services des e-Government
Starter Kits genutzt werden können. Dies gilt in
diesem Falle für die Benutzerregistrierung und die
damit verbundenen Berechtigungen.
Gleichzeitig soll gezeigt werden, dass mit einer einheitlichen Infrastruktur unterschiedliche Fachanwendungen über neutrale XML-Schnittstellen bedient werden können (in diesem Fall die am weitesten verbreiteten Systeme ›Autista‹ und ›Elvis‹).
III. Beschreibung der Ausgangslage
A. Definition der kommunalen Aufgabe
Die den Standesämtern obliegenden Aufgaben
sind Angelegenheiten des Staates, die den Gemeinden zur Erfüllung nach Weisung übertragen worden sind.
Die Aufgaben beinhalten u.a. die Beurkundung des
Personenstandes. Hierunter ist auch die Beurkundung von Geburten, Eheschließungen und Sterbefällen zu fassen. Mit der Führung der jeweiligen
Personenstandsbücher ist neben weiteren Aufgaben die Ausstellung von Personenstandsurkunden
(z. B. Abstammungs-, Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden, Geburtsscheinen, Abschriften aus
dem Familienbuch) verbunden.
Personenstandsgesetz
Personenstandsverordnung
■ Dienstanweisung für die Standesbeamten und
ihre Aufsichtsbehörden.
■
■
Aufgrund der Regelungsdichte ergeben sich keine
Freiräume für lokale Besonderheiten.
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
An dem Verwaltungsprozess sind ausschließlich
Bürger und Mitarbeiter der Verwaltung beteiligt.
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung zu Beginn
des Projekts
Bei der Stadt Paderborn sind grundsätzlich alle
Büro-Arbeitsplätze mit vernetzten PCs mit Windows 2000 und dem Office-Produkt incl. Mail ausgestattet. Darüber hinaus kommen in den einzelnen Ämtern und Abteilungen zusätzliche Fachanwendungen zum Einsatz, wie hier im Standesamt
die Anwendung ELVIS der Fa. Protext.
Die Infrastruktur für das Internet (Internetsegment
und Firewall) wird durch das Rechenzentrum GKD
Paderborn zur Verfügung gestellt und betreut, in
dem die Stadt Paderborn ihre Internet-Server platzieren kann (dazu mehr unter ›IV Realisierungsphase B.1 – geplante technische Umsetzung‹).
Im Internet wurden zu Beginn des Projekts im virtuellen Rathaus Informationen über die Dienstleistungen des Standesamtes bereitgestellt. Ein interaktives Angebot bestand nicht.
E. Darstellung des Workflow zu Beginn des Projekts
Die bisherigen Arbeitsprozesse werden durch die
Internet-Lösung beibehalten. Es wird lediglich ein
neuer Informations- und Bearbeitungskanal geöffnet. Dieser wird unter ›IV Realisierungsphase B.1 –
geplante technische Umsetzung‹ näher beschrieben.
F. Fallzahlen
B. Rechtliche Rahmenbedingungen und lokale
Besonderheiten
Folgende Bestimmungen regeln die Arbeit im Personenstandswesen im Detail:
Im Bereich des Sachgebietes ›Urkundenstelle‹ werden in einer Woche durchschnittlich ca. 100 – 120 Anträge auf Ausstellung von Personenstandsurkunden
(Abstammungs-, Geburts-, Heirats- und Sterbeur31
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Personenstandswesen
kunden, Geburtsscheinen, Abschriften aus dem Familienbuch) entgegengenommen und bearbeitet.
Die Stadt Paderborn hat eine Einwohnerzahl (Anfang 2003) von ca. 140.000.
Nach Verfügbarkeit dieses Softwarestandes ist die
Installation bei der Stadt Paderborn geplant.
G. Kostensituation
Da die Realisierungsphase bei der Stadt Paderborn
für die technische Lösung noch nicht erreicht ist
(s.o.), wird hier die derzeitig geplante Infrastruktur
dargestellt.
Durch den Einsatz der geplanten e-GovernmentAnwendungen im Bereich des Standesamtes ist
mittelfristig keine Kostenreduzierung zu erwarten.
Daher erfolgt hier auch keine weitere Kostenbetrachtung.
IV. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzepts
Das gesamte Konzept und die Lösung wurden gemeinsam mit den Städten Olsberg und Lippstadt
erarbeitet. Insofern wird auch auf die dort vorliegenden Dokumentationen verwiesen.
Da die rechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich Personenstandswesen sehr eng gefasst sind,
ergeben sich auch keine wesentlichen Abweichungen oder Änderungen in den Arbeitsabläufen bei
der Stadt Paderborn.
Bundesweit sind zwei führende Hersteller von Lösungen für das Standesamt bekannt:
a) Das Produkt ›Autista‹ vom Standesamtsverlag
b) Das Produkt ›ElVIS‹ von der Fa. Protext
Bei der Stadt Paderborn kommt im Gegensatz zu
den Städten Lippstadt und Olsberg die Anwendung
›ElVIS‹ der Fa. Protext zum Einsatz.
Mit beiden Firmen wurden Gespräche bezüglich einer Anbindung über ursprünglich nicht vorhandene
Schnittstellen aufgenommen. In der Arbeitsgruppe
wurde darüber Einigung erzielt, die Anbindung zunächst für das Produkt ›Autista‹ zu realisieren.
Bei der Entwicklung der Lösung wurde jedoch bereits auf eine herstellerunabhängige Schnittstellenprogrammierung geachtet, so dass auch eine
Anbindung der Anwendung ›ElVIS‹ vorgenommen
werden kann.
Bei Redaktionsschluss dieser Dokumentation stand
die Auslieferung einer Schnittstelle in der Anwendung ›ElVIS‹ durch die Fa. Protext unmittelbar bevor.
32
B. Realisierungsphase
1. Geplante technische Umsetzung
Der Antragsteller (Bürger) gibt über ein HTML-Formular, das auf einem II-Server gehostet wird, seine
Antragsdaten und Zugangsdaten (z.B. Adresse, Login usw.) ein. Die Daten werden in einer SQL-Datenbank gespeichert. Über Webservices werden die erforderlichen Informationen über die Firewall hinweg über die Business-Logik des MS BizTalk-Servers,
der Träger des e-Government Starter Kits ist,
weitergereicht und in eine SQL-Datenbank geschrieben. Über eine entsprechende WEB-Anwendung (IIS) kann der Mitarbeiter die eingehenden
Anträge auf Urkunden zur Bearbeitung akzeptieren
oder ablehnen. Bei einer Ablehnung (z.B. offensichtlich falsche Antragsdaten, ›Spaßdaten‹ usw.)
erhält der Antragsteller eine automatisiere Benachrichtigung. Die Steuerung dafür übernimmt
der BizTalk-Server. Bei einer Zustimmung zur Bearbeitung werden die Daten über Webservices an
den Postkorb der Anwendung Elvis weitergeben
(Verzeichnis, in das die XML-Datei geschrieben wird).
Aus dieser Anwendung heraus können die Informationen eingelesen und weiterverarbeitet werden.
Außerdem erfolgen die Gebührenberechnung im
Biz-TalkServer und die Bedienung der Schnittstelle
zum Finanzwesen. Gleichzeitig erhält der Antragsteller durch das e-Government Starter Kit einen
Gebührenbescheid. Dieser wird in einen speziellen
Postkorb für den Antragsteller abgelegt.
2. Schulung von Personal
Im Rahmen der Entwicklung der o.g. Services wurden neben den Arbeitskreissitzungen auch verschiedenste Schulungsmaßnahmen und Workshops im Projekt veranlasst. Der bei der Stadt Paderborn für die technische Umsetzung zuständige
Mitarbeiter hat die Entwicklung der Anwendung
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Personenstandswesen
Backend
Frontend
internes LAN
Genehmigungsanwendung
Internet
BIZ-TALK
SQL-DB
IIS
E LV I S
Webservices
Webservice
XMLSchnittstelle
Mitarbeiter
Antragsteller
IIS-Server
(f. HTML-Dateien)
SQL-Datenbank
Schnittstelle
(f. Datenhaltung
/ Postkorb)
Finanzwesen
Firewall
Firewall
Technische Übersicht Paderborn
in Lippstadt durch 5 Tage vor Ort begleitet. Darüber
hinaus bietet die Fa. Microsoft einen Lehrgang
›Microsoft e-Government Starter Kit –System Builder
Workshop‹ an.
Eine Einweisung der Anwender erfolgte bisher
nicht, da die Anwendung bei der Stadt Paderborn
bisher noch nicht installiert ist.
3. Belange des Datenschutzes
Die Belange des Datenschutzes wurden durch Lippstadt geprüft bzw. eine Prüfung veranlasst. Insofern verweise ich hier auf die entsprechende Dokumentation seitens der Stadt Lippstadt.
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Personenstandswesen
Teilprojekt
Bauleitpläne/Bauplanung
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Bauleitpläne/Bauplanung
Teilprojekt Bauleitpläne/
Bauplanung
Stadt Gütersloh
Stadt Paderborn
Stadt Siegburg
Inhalt
I. Ziel des Teilprojekts
A. Gründe für die Auswahl des
Teilprojekts
B. Ziele und Beschreibung des
angestrebten Endzustandes nach
Abschluss des Teilprojekts
II. Beschreibung der Ausgangslage
A. Definition der kommunalen Aufgabe
B. Rechtliche Rahmenbedingungen
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung
zu Beginn des Projekts
E. Darstellung des Workflows
F. Fallzahlen
G. Kostensituation
III. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzeptes –
Lösungsansätze
B. Realisierungsphase
Von
Hellmuth Giljohann
Leiter Zentrale Steuerung
Stadt Gütersloh
e-Mail: Helmut.Giljohann@gt-net.de
Thomas Kloppenburg
Sachgebietsleiter EDV
Stadt Paderborn
e-Mail: t.kloppenburg@paderborn.de
Bernd Lehmann
Leiter Abteilung Technikunterstützte
Informationsverarbeitung
Stadt Siegburg
e-Mail: bernd.lehmann@siegburg.de
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1. Technische Umsetzung
2. Organisatorische Änderungen
3. Schulung von Personal
4. Belange des Datenschutzes
37
37
37
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IV. Sonstige Auswirkungen des
Projekts
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V. Fazit
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Bauleitpläne/Bauplanung
I. Ziel des Teilprojekts
d) die Software für die interne Verwaltung von Bauleitplanverfahren
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts
Die städtebauliche Planung sowie die damit verbundene Bereitstellung von Wohnbaugrundstücken
für die Bürger der Stadt ist eine der Kernaufgaben
der Kommune. Dabei hat diese erhebliche Freiräume im Rahmen des gemeindlichen Planungsrechtes, denn hier besteht die Möglichkeit der eigenen
Steuerung und flexiblen Planung. Bedingt durch
das Baurecht und die vielfältigen planungsrelevanten Aspekte finden bis zur Rechtskraft eines Bauleitplanes zahlreiche Abwägungsprozesse zwischen Kommune, Bürgern, anderen Behörden und
auch Unternehmen statt. Intensive Diskussion und
ein Dialog mit dem Bürger ermöglichen nach Verarbeitung und Bewertung aller Informationen eine
selbständige Abwägung und Änderung durch die
Kommune. Da es sich bei dem Gesamtprozess im
Wesentlichen um die Bewertung und Verarbeitung
›weicher‹ Informationen handelt (Stellungnahmen, Berichte, Abwägungen usw.), besteht ein großer Informations- und Kommunikationsbedarf für
alle Beteiligten.
Deshalb stellt die Unterstützung der Planungsinformation und der Beteiligung im Planungsprozess
für die Städte Gütersloh, Paderborn und Siegburg
einen Schwerpunkt in den e-Government-Strategien der Verwaltungen dar. Daher haben die o.g.
Städte im Rahmen des Projekts e-Government des
Städte- und Gemeindebundes NRW zu diesem Themenkreis eine Arbeitsgruppe gebildet. Im Gegensatz zu anderen Projekten wie Auskunft aus dem
Einwohnermeldewesen oder Gewerbeinformationen war von Anfang an klar, dass es sich hier nicht
um klar in Felder strukturierte Datensätze handelt,
die zu verarbeiten sind, sondern im Wesentlichen
Informationen aus Fließtexten und zusätzlich Grafiken bzw. Plänen zu bearbeiten sind.
Bei dem Projekt steht insbesondere die Verbindung
verschiedener Komponenten von unterschiedlichen Herstellern über Schnittstellen im Vordergrund, nämlich
a) das System zur grafischen Plandarstellung (Internet)
b) das interne KRIS (Kommunales Rauminformationssystem)
c) die Internet-Darstellungs- und -Kommunikationsplattform (alphanumerische Darstellung)
B. Ziele und Beschreibung des angestrebten
Endzustandes nach Abschluss des Teilprojekts
Die Bauleitplanung soll durch 2 Internetportale
unterstützt werden, nämlich dem Internet- und Beteiligungsserver
a) für den Bürger und
b) für die Träger öffentlicher Belange (TÖBs).
Über diese Portale sollen
a) alle relevanten Informationen im Zusammenhang mit dem Bauleitplan dargestellt werden
incl. der Bauleitpläne selbst,
b) die Beteiligungsprozesse insbesondere für die
Träger öffentlicher Belange abgewickelt und optimiert werden.
Anforderungen an das Portal Bauleitplanung für
den Bürger (zu a)) waren u.a. eine umfassende und
klare Information über den Status der einzelnen
Bauleitpläne im Verfahren, eine Bereitstellung der
den Plan begleitenden Informationen wie Grünordnungspläne, Luftbilder, Broschüren, Gutachten
usw., ferner allgemeine Planungsinformationen
über die Aufgaben und Ziele eines Bauleitplanes
sowie eine Erläuterung der Verfahrensschritte wie
etwa »Was bedeutet öffentliche Auslegung«.
Im Internet soll der Gesamtprozess zu einem Bebauungsplan in seinen Schritten für die einzelnen
Pläne dargestellt werden, d.h. der Bürger soll erkennen können, in welchem Status der Gesamtprozess
sich derzeit befindet und er soll die in diesem Status verfügbaren Informationen abrufen können.
Der gesamte Prozess soll in seiner zeitlichen Abfolge dargestellt werden. Abhängig vom Status werden entsprechende Informationen zur Verfügung
gestellt (Pläne, Broschüren, Erläuterungen usw.)
und ggfls. die Möglichkeit geboten, Anregungen
abgeben zu können (Partizipationsaspekt).
Für die TÖBs ist die Beteiligung und Bereitstellung
von Informationen ähnlich wie für die Bürger denkbar, da es letztendlich die gleichen Informationen
betrifft. Hierbei handelt es sich allerdings um einen
fest umrissenen Benutzerkreis und eine Verpflichtung zur Beteiligung. Daher soll ein eigenes Portal
für einen beschränkten Benutzerkreis geschaffen
werden, in dem die Träger öffentlicher Belange Ihre
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Bauleitpläne/Bauplanung
Stellungnahmen abgeben können. Diese werden
auf dem Portal gespeichert und bereits vor Ablauf
der Frist können die Stellungnahmen anderer TÖBs
eingesehen werden, um ggfls. in ihrer eigenen Stellungnahme darauf reagieren zu können. Nach Abschluss der Frist für Stellungnahmen der TÖBs werden die Informationen in die Bauleitplanungsverfahren medienbruchfrei übertragen und dort
elektronisch bearbeitet.
Aufgrund des bestehenden Kostendrucks sollten
nach Möglichkeit Standardlösungen zum Einsatz
kommen, die ›modulweise‹ miteinander verbunden werden.
II. Beschreibung der Ausgangslage
A. Definition der kommunalen Aufgabe
Das Baugeschehen innerhalb der Städte und Gemeinden wird zu einem überwiegenden Teil durch
die städtebaulichen Satzungen bestimmt. Dabei
gehören der Flächennutzungsplan und vor allem
der Bebauungsplan als verbindlicher Bauleitplan
zu den zentralen Elementen, die die zukünftige Entwicklung der Gemeinden steuern. Die Bauleitplanung schafft wichtige Grundlagen für die Baugenehmigungen, die wiederum zu einem nicht geringen Teil die wirtschaftliche Entwicklung einer Stadt
bestimmen.
Bauleitpläne sind aufzustellen, sobald und soweit
es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Unter Wahrung allgemeiner
verfassungsmäßiger Grundlagen müssen Verhältnismäßigkeit, Gemeinwohlbezogenheit und das
Abwägungsgebot bei der Planung berücksichtigt
werden. Vor allem die Betrachtung aller erkennbaren Belange von dritter Seite und deren Abwägung
untereinander ist ein zentrales Element des Bauleitplanverfahrens.
Es ist offensichtlich, dass Bauleitpläne nicht nur die
zukünftige Entwicklungsrichtungen der Städte und
Gemeinden bestimmen, sondern bedingt dadurch
auch unmittelbare Folgen – z.B. für direkte Nachbarn – oder mittelbare Folgen haben kann – wie bei
der Zurverfügungstellung von ausreichenden Gewerbegrundstücken. Die Bürgerbeteiligung ist deshalb ein wichtiger Baustein innerhalb des Ablaufs
des Bauleitplanverfahrens.
38
So ist es nahe liegend, im Rahmen des e-Government jene Bereiche in den Vordergrund zu stellen,
die stark von der Kommunikation geprägt sind. Genau dies ist wesentlicher Inhalt der Bürgerbeteiligungsprozesse.
Dabei werden nicht nur jene Bereiche einbezogen,
die formal der Bürgerbeteiligung unterliegen (frühzeitige Bürgerbeteiligung nach § 3 I BauGB und Offenlage nach § 3 I BauGB). Hierzu gehören auch
Kommunikationsflüsse z.B. bei Rahmenplänen, die
nicht formalen Abläufen unterliegen (»Ihre Meinung ist gefragt«).
Information und Kommunikation und der sich daran anschließende Workflow (unmittelbare Weiterverarbeitung der Anregungen) sind also die zentralen Elemente des e-Governments in diesem Projekt.
B. Rechtliche Rahmenbedingungen
Der rechtliche Rahmen ist im Wesentlichen in § 3
BauGB abgesteckt und bildet die Grundlage für alle
Verwaltungsakte bei der Aufstellung von Bauleitplänen. Darüber hinaus werden Kommunikationsprozesse auch außerhalb des gesetzlichen festgelegten Verfahrens gefördert. Daneben gibt es
vereinzelt Beteiligungsverfahren bei Planfeststellungsverfahren.
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
Im Verwaltungsprozess ›Bauleitpläne‹ ist eine Vielzahl von Beteiligten zu berücksichtigen. Es handelt
sich sowohl um interne wie externe Verwaltungsstellen sowie die allgemeine Öffentlichkeit:
Beteiligte innerhalb der Verwaltung.
Beteiligte anderer Verwaltungsstellen, insbesondere TÖBs, aber auch Behörden außerhalb der Beteiligungsverfahren, so z.B. zu vorherigen fachlichen Begutachtungen.
■ Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen; der Beteiligungsumfang ist hier außerordentlich wechselhaft. Er reicht von ›Null-Beteiligung‹ (keine Anregungen) bis hin zur Auslösung von Bürgerinitiativen. Mittelwerte sind sinnvollerweise nicht
festzulegen.
■
■
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Bauleitpläne/Bauplanung
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung zu Beginn
des Projekts
1. Paderborn
■ Verwaltung
Beim Start des Projekts wurden in Paderborn im
Internet ausschließlich die im Verfahren oder in der
Bürgerbeteilung befindlichen Bauleitpläne über
ein Standardredaktionssystem veröffentlicht. Die
Informationen wurden für das Internet speziell
aufbereitet und durch eine/n Mitarbeiter/in eingegeben. Die grafische Präsentation der Pläne erfolgte über ein Produkt der Fa. Tensing, dem TGView,
mit dem auch der Stadtplan präsentiert wird. Partizipationsansätze waren nicht verfügbar.
Intern wurden die Workflows zu den Bauleitplänen
mit dem NOTES-Produkt Bauleitplanung der Firma
Indocs, Paderborn, abgewickelt, das aber noch keine Schnittstellen ins Internet bot.
Die über das Redaktions- sowie das TGView-System
zur Verfügung stehenden Funktionalitäten reichten zwar für die grundsätzliche Darstellung im
Internet aus, boten aber keine genügenden und
kostengünstigen Erweiterungsmöglichkeiten für
eine Integration von Informationen aus der bestehenden Anwendung.
Gesucht wurde – insbesondere auch für das Internet – eine Plattform, die durch den Einsatz bei mehreren Kommunen die Möglichkeit der gemeinsamen
Entwicklung bietet, andererseits durch Schnittstellen eine Kommunikation mit bestehenden, z.T.
unterschiedlichen Produkten ermöglicht.
Die Hard- und Softwareausstattung an den Sachbearbeiterplätzen bei der Stadt Paderborn entspricht den heute gängigen Standardsystemen
(Windows2000-Plattform, Office, E-Mail, Internetzugang bei Freischaltung verfügbar). Arbeitsplätze
zur Erstellung von Bauleitplänen sind zusätzlich
mit der Software WS LandCad der Fa. Widemann
ausgestattet. Das interne Netz wird gegenüber dem
Internet durch eine zentrale Firewall geschützt, die
durch das Rechenzentrum GKD Paderborn administriert wird.
Im Intranet standen allen Mitarbeitern zu Beginn
des Projekts zahlreiche Kartenwerke über den Tensing-Viewer zur Verfügung. Einzelne freigeschaltete Mitarbeiter konnten auch schon auf die Bauleitpläne zugreifen.
■ Zu beteiligende externe Stellen (TÖB)
Die grundsätzliche Ausstattung wurde anhand einer Besprechung mit den TÖBs erörtert. Festzuhalten ist, dass der für dieses Projekt erforderliche
Browser nebst E-Mail- und Internet-Zugang bei allen TÖBs zur Verfügung steht oder zukünftig geschaffen werden kann.
2. Gütersloh
Fachbereich Stadtplanung
a) Hardware
Jeder Arbeitsplatz im Fachbereich Stadtplanung ist
mit einem Standard-PC und einem Monitor (17“ in
der Sachbearbeitung, 21“ im CAD-Bereich) ausgestattet. Zudem teilen sich im Schnitt je 2-3 Personen einen s/w-Laserdrucker. Für alle Mitarbeiter
des Fachbereichs stehen zudem ein DIN A3-Farbdrucker sowie ein Farbplotter zur Verfügung.
■
b) Software
Standardinstallation auf jedem PC ist Microsoft
Windows NT 4 mit Service-Pack 6a, Microsoft Office
97 Professional, Internet Explorer 5.5 oder höher,
Microsoft Java, Virenscanner.
Alle PCs sind der NT-Domäne der Stadtverwaltung
Gütersloh angeschlossen.
Auf Arbeitsplätzen mit CAD-Unterstützung sind
zusätzlich die Produkte Autodesk Map5 sowie Widemann WS LandCAD 2002 installiert.
Als Email-Client dient Microsoft Outlook 97. Jeder Mitarbeiter der Stadtplanung hat eine eigene EmailAdresse im Format ›Vorname.Nachname@gt-net.de‹
für die Kommunikation intern und extern. Diese
Adressen werden auf dem Exchange-Server des ITService gehostet. Die Arbeitsplätze besitzen durchgehend uneingeschränkten Zugang zum Internet.
Die Software ProPLANUNG der Fa. PROSOZ Herten
war vor Beginn des Projekts noch nicht im Einsatz,
sondern wurde erst im Zuge des Projekts eingeführt.
■ Zu beteiligende externe Stellen (TÖB)
Die Stadtverwaltung Gütersloh besitzt keine
Kenntnisse über die EDV-Ausstattung der externen
Stellen (Träger öffentlicher Belange). Es ist jedoch
davon auszugehen, dass Email-Client und Internetbrowser an jedem Arbeitsplatz verfügbar sind, da
diese heute zum Lieferumfang eines jeden Clientbetriebssystems gehören.
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Bauleitpläne/Bauplanung
3. Siegburg
■ Planungsabteilung
Die Hard- und Softwareausstattung an den Sachbearbeiterplätzen bei der Stadt Siegburg entspricht
den heute gängigen Standardsystemen (Windows2000-Plattform, Office, Internetzugang bei
Freischaltung verfügbar). An allen Arbeitsplätzen
stehen der Internetzugang sowie der Email-Client
Outlook 2000 zur Verfügung. Jeder Mitarbeiter der
Stadtplanung hat eine eigene Emailadresse im Format ›Vorname.Nachname@siegburg.de‹ für die
Kommunikation intern und extern, zudem existiert
das Postfach stadtplanung@siegburg.de. Das interne Netz wird gegenüber dem Internet durch mehrere Firewalls geschützt, die durch das Rechenzentrum des Zweckverbandes GKD Rhein-Sieg/Oberberg administriert werden.
Für die Verwaltung der Bauleitpläne wird – im
Gegensatz zu Paderborn und Gütersloh –, wohl
auch bedingt aufgrund der größenordnungsbedingt geringeren Personalausstattung, keine spezielle Fachsoftware genutzt. Es wird lediglich das
Produkt Excel für eine tabellarische Auflistung der
Verfahrensstände genutzt.
Im Intranet der Stadtverwaltung steht mit SiGIS
40
ein Auskunftssystem auf der Basis des Produktes
GISeye der BT-GIS aus Bonn, in dem u.a. alle 250 Bebauungspläne im Rasterformat georeferenziert abrufbar sind, zur Verfügung.
Arbeitsplätze mit CAD-Unterstützung verfügen zusätzlich über die Produkte ICAADS (Erstellung von
Bebauungsplänen), Adobe Photoshop und SICAD
SD. Neue Bebauungspläne werden mit Hilfe von
ICAADS grafisch erstellt und nach Rechtskraft nach
SiGIS überführt.
Im Internet der Stadt Siegburg (www.siegburg.de)
wurden zu Beginn des Projekts noch keinerlei Bauleitpläne dargestellt.
Zu beteiligende externe Stellen (TÖB)
Im Rahmen einer Besprechung mit den TÖBs wurde
festgestellt, dass zwar bei allen TÖBs die für dieses
Projekt erforderlichen Browser und Email-Clients
zur Verfügung stehen, in einzelnen Fällen aber
noch kein Zugang nach außen realisiert bzw. zugelassen ist. Zudem wird generell als problematisch
angesehen, die internen Arbeitsabläufe (Workflow)
so zu gestalten, dass auch bei der elektronischen
Abgabe einer Stellungnahme die internen Mitzeichnungserfordernisse ohne internen Medienbruch berücksichtigt werden.
■
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Bauleitpläne/Bauplanung
E. Darstellung des Workflows
Im Folgenden wird der gesamte Prozess vom Aufstellungsbeschluss bis zum Satzungsbeschluss
durch den Rat dargestellt. An dem Workflow wird
sich auch zukünftig durch den Einsatz der im Pro-
jekt entwickelten Software nichts ändern. Allerdings wird der Prozess zukünftig in seiner Gesamtheit EDV-mäßig unterstützt.
Die Symbole X, =>, <= stellen die Darstellung von
Daten im Internet (X) oder einen Informationsfluss
(=> <=) vom oder ins Internet dar.
Gesamtprozess im zeitlichen Ablauf
Teilprozesse
1
Aufstellungsbeschluss durch den
Planungsausschuss
Präsentation des Planes
im Ausschuss
2
Frühzeitige Bürgerbeteiligung
(z.B. Bürgerversammlungen, Handzettel,
Beratungsangebote)
=>
X
<=
Information durch
Plandarstellung,
Infobroschüre
Anregungen von Bürgern
gehen ein
3
Frühzeitige Beteiligung der Träger
öffentlicher Belange
(durch Zusendung der Planunterlagen,
des Erläuterungsberichtes/der Begründung,
Frist in der Regel 4 Wochen)
TÖBs sind z.B.: Stadtwerke,Telekom, Forstbehörden,
Staatliches Umweltamt, Kreis Gütersloh, Kirchen,
Westfälisches Straßenbauamt
=>
Information durch
Plandarstellung und weitere
Planunterlagen an TÖB
(beschränkter Benutzerkreis)
Stellungnahmen gehen ein
4
Abwägung + Entwurfsbeschluss durch den
Planungsausschuss
5
Offenlage (in der Regel 4 Wochen)
<=
=>
<=
6
Abwägung der vorgebrachten Anregungen
7
Empfehlungs-Satzungsbeschluss durch
den Planungsausschuss
8
Satzungsbeschluss durch den Rat
9
Öffentliche Bekanntmachung
(Tageszeitungen)
X
=>
Information durch
Plandarstellung/
Infobroschüre
Anregungen von Bürgern
gehen ein
Anmerkungen
Die Form der frühzeitigen
Bürgerbeteiligung ist
den Städten freigestellt.
Formale Bürgerbeteiligung.
Die Form ist im BauG
genau festgelegt.
Information,
dass Plan beschlossen
aktive Information der TÖB
auf Wunsch durch E-Mail
10 Allgemein verbindliches Recht
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Bauleitpläne/Bauplanung
F. Fallzahlen
■
Gütersloh
Seit Inkrafttreten des BauGB (seinerzeit BBauG)
sind bei der Stadt Gütersloh über 500 B-Pläne aufgestellt bzw. Änderungsverfahren durchgeführt
worden. Wie im Projekt angelegt, sollen Auskünfte
aus dem Planbestand online möglich sein. Grundsätzlich kann also jeder B-Plan nachgefragt werden. Die Schwerpunkte werden sicherlich auf den
neueren B-Plänen liegen. Die Menge der Auskünfte
ist konjunktur- und jahreszeitabhängig. Bei einer
angenommenen Basis von 15 Auskünften pro Arbeitstag und angenommenen 10 Auskünften online kann also von einem groben Auskunftsumfang
von 10 x 220 = 2 200 Online-Auskünften gerechnet
werden.
Sehr viel schwieriger abzuschätzen ist der Kommunikationsumfang bei Bürgerbeteiligungsverfahren.
Im Fachbereich Planung werden im Jahr etwa 40
Verfahren mit unterschiedlichen Intensitäten durchgeführt. Die Zahl der Kommunikationsprozesse
kann zwar nachvollzogen werden, sie aber für Planverfahren in die Zukunft zu projizieren, ist mit großen Risiken behaftet. Zudem kann davon ausgegangen werden, dass eine Online-Beteiligung auch
zu erhöhten Beteiligungsumfängen führt. Eine EMail zu schreiben und zu versenden ist vom Aufwand sehr viel eher zu leisten, als ein Schreiben
aufzusetzen und sich mit Inhalt und Briefmarke
anschließend auf den Weg zum nächsten Briefkasten zu machen. Als Arbeitsgrundlage (bei Annahme erhöhter Beteiligung und ohne Beschränkung
auf formale Verfahren) wird hier eine Zahl von grob
5 x 220 Arbeitstagen = 1 100 Kommunikationsprozessen angesetzt.
Anzahl Einwohner: 96.049 (Stand: Feb. 2003)
■
Paderborn
574 rechtskräftige Bebauungspläne (einschließlich
der Änderungen),
51 Pläne im Verfahren,
97 Änderungen des Flächennutzungsplanes,
ca. 50 Beratungsgespräche täglich, sowohl persönlich wie auch per Telefon.
Anzahl Einwohner: 139.134 Einwohner (Stand: 28.
Februar 2003)
42
■
Siegburg
230 rechtskräftige Bebauungspläne (einschließlich
der Änderungen),
30 Pläne im Verfahren (Bebauungs- und Flächennutzungspläne),
50 Änderungen des Flächennutzungsplanes,
im Schnitt ca. 15 Beratungsgespräche täglich
Anzahl Einwohner: 39.000 Einwohner (Stand Anfang 2003)
G. Kostensituation
Durch das Projekt werden sich mittelfristig keine
wesentlichen Effekte auf die Kostensituation, insbesondere nicht im Hinblick auf das Erreichen von
Kostenersparnissen, bei der Abwicklung des Bauleitplanprozesses ergeben. Vielmehr stehen hier
Optimierung und Beschleunigung des Informationsaustausches, transparentere Darstellung der
Bauleitpläne, ggfls. geringerer Beratungsbedarf in
der Verwaltung, Service über die Öffnungszeiten
hinaus usw. im Vordergrund, die sich jedoch alle
monetär nur schwer bewerten lassen. Erst bei einem hohen Durchdringungsgrad der Internet-Nutzung durch Bürgerinnen und Bürger, d.h. einer
weitgehenden Nutzung der elektronischen Medien
im Beteiligungsverfahren, ist mit monetärem Nutzen zu rechnen.
III. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzepts – Lösungsansätze
Zunächst soll hier auf die Ausführungen unter I B.
(Beschreibung des angestrebten Endzustandes)
verwiesen werden.
Die technische Unterstützung des Bauleitplanungsprozesses erfolgte bei den Kommunen auf
völlig unterschiedliche Weise: In Paderborn kommt
ein NOTES-Bauleitplanungsprodukt der Fa. Indocs
zum Einsatz, das die Workflows zur Bauleitplanung
abbildet. Gütersloh setzt das Produkt ProPlan der
Fa. PROSOZ ein, in Siegburg reicht die Verwaltung
des Planungsprozesses mit den Standard-OfficeMitteln aus. Mit den beiden eingesetzten Fachanwendungen werden nicht nur die Verwaltungsabläufe der Bauleitplanverfahren (und auch anderer
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Bauleitpläne/Bauplanung
außerhalb des BauGB liegenden Projekte) bearbeitet, sondern können alle relevanten Informationen
zu allen bisher als Satzungen beschlossenen Bauleitpläne verwaltet werden.
Ein besonderer Schwerpunkt des gemeinsamen
Projekts war es, für alle Anwendungsfälle über eine
einheitliche Schnittstelle die erforderlichen Daten
ins Internet zu stellen und eine Kommunikation
mit dem Bürger bzw. den Trägern öffentlicher Belange zu realisieren. Dabei soll diese Kommunikation medienbruchfrei vom Bürger/TÖB übers Internet in die Fachanwendung und ggfls. wieder zurück erfolgen.
Eine Eigenentwicklung wurde aufgrund des hohen
Entwicklungsaufwandes schnell verworfen. Die
Marktsichtung ergab nach übereinstimmender
Meinung, dass die Fa. Tetraeder mit dem Produkt
›Planungsinformations- und Beteiligungsserver‹
einen Teil der Anforderungen bereits erfüllt. Dies
gilt insbesondere für die alphanumerische Internet-Darstellung der Verfahrensstände der Pläne sowie der Beteiligung der Bürger und die allgemeinverständlichen Informationen zum Planungsrecht.
Die Integration der grafischen Daten mit dem Produkt GISEYE (s. unten) stellte sich als völlig problemlos dar.
Erforderlich ist die Entwicklung einer XML-Schnittstelle zwischen den vorhandenen Programmen sowie der Internet-Plattform, um Doppeleingaben zu
vermeiden und die Informationen medienbruchfrei
weiter bearbeiten zu können. Der gesamte Bereich
der Plattform für die Träger öffentlicher Belange
wird derzeit entwickelt.
Insbesondere sollte hier ein Portal für einen beschränkten Benutzerkreis geschaffen werden, in
dem die TÖBs Ihre Stellungnahmen abgeben können, diese auf dem Portal gespeichert werden und
bereits vor Ablauf der Frist die Stellungnahmen anderer TÖBs eingesehen werden können, um ggfls.
in ihrer eigenen Stellungnahme darauf reagieren
zu können. Nach Abschluss der Frist für Stellungnahmen der TÖBs werden die Informationen in die
Bauleitplanungsverfahren übertragen und dort
elektronisch bearbeitet. Das hohe Interesse der
TÖBs, das in verschiedenen Sitzungen geäußert
wurde, zeigt, dass in diesem Bereich erheblicher
Bedarf besteht und gibt den Beteiligten Zuversicht
für den Erfolg des Projekts im Teilbereich TÖB.
Bezüglich der Schnittstelle und dem neuen Portal
für die TÖBs sind die Detailplanungen abgeschlossen. Die Programmierungs- und Testphase läuft in
Kürze an und soll bis Mitte des Jahres 2003 fertig
sein.
Als besondere Herausforderung des Projekts wurde
darüber hinaus gesehen, dass in allen drei beteiligten Kommunen unterschiedliche GIS-Strukturen
bereits im Einsatz waren. Diese sollten jedoch über
Schnittstellen und ergänzende Produkte so zusammengeführt werden, dass die Informationen
mit einer einheitlichen Oberfläche präsentiert werden können.
Bei dem System zur Darstellung der grafischen Pläne im Internet sollte somit ein Produkt zum Einsatz
kommen, das sich in die vorhandenen kommunalen Rauminformationssysteme (KRIS) integriert,
ohne eine Ablösung oder Neuinvestition des gesamten KRIS oder Umsetzung von Plänen in andere
Formate erforderlich zu machen. Die Ausgangssituation war bei der Stadt Paderborn bestimmt durch
die Produkte TGView und den entsprechenden Viewer der Fa. Tensing, in Gütersloh durch die SICADFamilie und in Siegburg durch das Produkt GISEYE.
Untersuchungen der Arbeitsgruppe führten zu
dem Ergebnis, dass das Produkt GISEYE der Fa. BTGIS optimal zur Darstellung von Plänen ist. Die Integration in die vorhandenen GIS-Strukturen fiel
deshalb besonders leicht, weil das Produkt GISeye
alle vorhandenen Strukturen, Pläne und Datenbanken problemlos einbinden kann und sich als Präsentationsschicht bzw. Front-End versteht. Das Produkt wurde daher bei allen beteiligten Kommunen
eingeführt und stellt bereits unterschiedlichste
Pläne dar, z.B. den Stadtplan, Themenkarten wie
Mobilfunkstandorte, IT-Firmen oder Luftbilder (z.B.
bei www.paderborn.de). Besonderes Feature ist,
dass auf der Kartengrundlage im Internet sogar
Änderungen eingezeichnet und konstruiert werden können, was das Produkt insbesondere für die
Beteiligungskomponente interessant macht.
Vorteilhaft für die Umsetzung des Projekts ist, dass
bei allen beteiligten Kommunen die Bauleitpläne
bereits elektronisch vorliegen (gescannt oder direkt
aus einer CAD-Software). Als ein großes Problem bei
der Betrachtung der Pläne hat sich jedoch herausgestellt, dass die Pläne nicht als ›Gesamtplan‹ vorliegen, sondern jeweils Ausschnitte (›Schnipsel‹) aus
dem Plan neu beschlossen werden und diese nicht
in den Gesamtplan montiert werden.
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Bauleitpläne/Bauplanung
Hier wurden lange Lösungen gesucht, bis man sich
in Paderborn und Gütersloh dazu entschlossen hat,
die Bauleitpläne elektronisch neu zu montieren.
Das neue Internet-Angebot im Rahmen dieses Projekts wird in die jeweiligen Cityportale der Kommunen integriert. In Siegburg (www.siegburg.de) erfolgt der Zugang über die Rubrik ›Rathaus online‹.
Die Stadt Gütersloh wird ein eigenes Stadtplanungsportal freischalten (stadtplanung.guetersloh.de), die Stadt Paderborn (www.paderborn.de)
wird das Angebot über die bereits vorhandene Rubrikseite ›Bauen und Wohnen‹ dem Bürger zugänglich machen. Damit findet der Internet-User das
Angebot an herausgehobener Stelle schnell und direkt, so dass ein niedrigschwelliges Angebot mit
Aufforderung entsteht, sich an der Entwicklung der
Stadt zu beteiligen.
B. Realisierungsphase
Die Realisierungsphase wurde schrittweise umgesetzt bzw. geplant:
■
■
■
■
Einsatz des Zusatzproduktes GISEYE für die grafische Darstellung aller Pläne im Internet bei den
Städten Paderborn und Gütersloh Ende 2002 (u.a.
Stadtplan, Luftbilder usw.)
Einsatz des Planungsinformations- und Beteiligungsserver für den Bürger ohne Schnittstellen
Anfang März 2003
Erstellung der erforderlichen Schnittstellen im
März / April 2003
Programmierung des Servers für Träger öffentlicher Belange im April 2003
1. Technische Umsetzung
a) Gütersloh und Paderborn
aa) GISeye-Server
Die im Rahmen des Projekts zu lösenden Aufgabenstellungen waren nur mit einem GIS-System bzw.
Auskunftssystem zu lösen, das die folgenden Funktionalitäten aufweist:
■
■
GIS-Client, der auf Internettechnologie aufsetzt
(JAVA, ActiveX …)
Darstellung verschiedener Datenquellen (Raster-,
Vektor-, Sachdaten)
44
■
■
■
■
■
Einbindung OGC-konformer Datendienste
Erweiterbarkeit (kein geschlossenes System)
Digitalisierungsmöglichkeiten
Einfache Bedienbarkeit
geometrische Verschneidung (z.B. B-Plan-Gebiete)
Mit dem System GISeye der Firma BT-GIS werden
diese Anforderungen erfüllt. GISeye ist ein Intra/Internetclient, der in der Lage ist, verschiedenste
Daten von so genannten MAP-Servern bereitzustellen. Das OPEN GIS CONSORTIUM (OSC) hat Standards definiert, mit denen ein GIS-Client Abfragen
an einen MAP-Server stellen kann. Der MAP-Server
bietet einen Dienst, der den Aufruf des Clients auf
dem Datenbestand absetzt und als Ergebnis ein
Bild (z.B. GIF) des gewünschten Bereiches an den
Client zurückliefert. In Paderborn wurden beispielsweise parallel zum Einsatz des Systems GISeye folgende Mapserver installiert:
Rasterdaten-Mapserver der Firma Tensing für
BPläne, Basiskarten
■ DWG-/DXF-Mapserver der Firma Geocad für
CAD-Zeichnungen
■ Vektordaten-Mapserver der Firma Offis für die
Liegenschaftskarte
■
Außer der Präsentation der verschiedensten Kartenbestände, die nun in einem System integriert
werden können, sind im Intranet die Liegenschaftsbuchdaten über die ALB-Schnittstelle von BT-GIS
sowohl für Navigationszwecke (Gemarkung/Flur/
Flurstück oder Straße/Hausnummer), als auch für
Auskunftszwecke (z.B. Eigentümer) verfügbar. Im
System können eigene Sachdatenbestände bereitgestellt und über einen Digitalisierungsbaustein
Geometrien und Zusatzinformationen abgelegt
werden. Eine komfortable Administrationsoberfläche sowie eine projektbezogene Benutzerverwaltung runden das System ab.
Zur Verwaltung der Bebauungspläne wurden alle
Umringe der Geltungsbereiche erfasst. Startet ein
Nutzer das System im Intranet und navigiert bzw.
zoomt sich in den gewünschten Bereich, können
diese Umringpolygone mit dem aktuellen Kartenfenster verschnitten werden. Im dynamischen
Menü werden daraufhin nur die B-Pläne angezeigt,
die auch im tatsächlichen Ausschnitt vorliegen. Es
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Bauleitpläne/Bauplanung
findet somit eine geometrische Suche statt. Aus den
über 500 B-Plänen der Stadt werden dann alle betroffenen B-Pläne, sowie Änderungen angeboten.
Bei Bedarf kann auch der Gesamtplan noch einmal
mit dem schnellen Rasterviewer betrachtet werden.
Im Internet wird das System GISeye MA (minimal
Applet) bereits für das Stadtinformationssystem,
die Bodenrichtwertekarte und einzelne Bebauungspläne eingesetzt. Für besondere Benutzergruppen wird GISeye mit dem größeren Applet und
mit dem vollen Funktionsumfang genutzt. Auch
hier ist über eine Benutzerverwaltung der gesicherte Zugang gewährleistet.
bb) Tetraeder-Server im Zusammenspiel mit
NOTES-, Proplan- und GISeye-Server
internes LAN
Informationen aus dem Bauleitplan-Prozess ins
Internet
Die Anwendungen ProPlan und Notes-Bauleitplan
unterstützen zunächst den Workflow innerhalb der
Verwaltung und sind daher von den Internet-Servern getrennt (u.a. auch zusätzlich durch Firewall).
In regelmäßigen Abständen werden die erforderlichen Informationen über Bauleitpläne (Plannummer, Verfahrensinformationen, Begleitbroschüren
usw.) und Mitarbeiter (Ansprechpartner) von den
produktiven Servern auf die Internet-Server übertragen (per FTP bei Proplan, per NOTES-Replikation
bei der NOTES-Anwendung). Als Austauschformat
wird XML festgelegt. Der Tetraeder-Server holt sich
die Informationen (PlanID mit Verfahrensstandinfo
technische Betrachtung
Internet
KRIS
GISEye-Server
Pläne
ProPlan
NOTES
Web-Server
NOTES-Server
Verfahrensinfos,
Broschüren,
Bilder als
XML, PDF, JPG, GIF
Bplan
Verw.
bei Zugriff auf Server
durch Bürger holt sich
Tetraeder Infos anhand
PlanID live von NOTES-/
WEB-Server und
präsentiert diese im
richtigen Layout
Internet-Besuch
Tetraeder-Server
PCArbeitsplatz
holt Stellungnahmen
Firewall
holt per Script XML-Datei mit PlanID,
Verfahrensschritten, Link für LiveConnection
Projekt e-Government: Bauleitpläne
Tetraeder - Notes / Proplan
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Bauleitpläne/Bauplanung
Bürger
Versorger
Internet
Architekten
andere Behörden
einheitliches Benutzerinterface
Internet-Server
GISeye
Planungs- und
Beteiligungsportal
Planungs- und
Beteiligungsportal
grafische
Plandarstellung
Bürger- und
Architekten
Träger öffentl.
Belange (TöB)
öffentlich
beschränkter
Benutzerkreis
Datenbankinformation für beide Bereiche
internes
Verwaltungsnetz
KRIS
Kommunales
Rauminformationssystem
Bauleitplanungssoftware
Die Komponenten im Überblick
sowie Ansprechpartner) per Script regelmäßig vom
WEB-/Notes-Server über das http-Protokoll. Sofern
der Bürger nunmehr auf das Bauleitplanportal (Tetraeder) zugreift, werden ihm alle Informationen
rund um den Bauleitplan unter einer Oberfläche
zur Verfügung gestellt, ohne dass dieser merkt, ob
die Daten vom NOTES-/ProPlan-Internet-Server
oder vom GISeye (Plandarstellung) bereitgestellt
werden.
Infos aus der Bürger-/TÖB-Beteiligung zurück ins
Workflow-Produkt
Die Informationen werden nach Abschluss der Beteiligung in einem Block von der Tetraeder-Anwendung nach NOTES/ProPlan übertragen. Die Übertragung wird manuell angestoßen Die Steuerung
erfolgt vom NOTES-/ProPlanClient durch den Anwender.
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Einsichtnahme in Stellungnahmen
Auf dem TÖB-Portal sollen die TÖBS in die verschiedenen Stellungnahmen Einsicht nehmen können
(Lese-Rechte). Nur die selbst erfassten Stellungnahmen dürfen geändert werden (Änderungsrecht). Gespeichert wird nur die jeweils letzte überarbeitete Stellungnahme.
b) Siegburg
aa) GISeye-Server
Grundsätzlich wird auf die Ausführungen zu Paderborn/Gütersloh verwiesen, da in Siegburg bereits
seit dem Jahr 2000 SiGIS auf der Basis von GISeye
im Intranet verwaltungsweit und seit Anfang 2002
GISeye-MA für die Darstellung des Stadtplanes im
Internet (http://stadtplan.siegburg.de) mit zusätzlichen Themenebenen eingesetzt wird. Unterschie-
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Bauleitpläne/Bauplanung
GISeye-Umgebung Paderborn
de ergeben sich darin, dass in Siegburg mittlerweile weder im Inter- noch im Intranet zu GISeye ein
zusätzlicher Map-Server eingesetzt wird. Die Funktionalitäten werden von GISeye mit wahrgenommen.
bb) Tetraeder-Server im Zusammenspiel mit
GISeye-Server
In Siegburg wird der Tetraeder-Server künftig auch
zur Unterstützung des verwaltungsinternen Workflows eingesetzt. Über gesonderte Kennungen besteht ein spezieller Zugang für die Mitarbeiter der
Planungsabteilung zur Ansicht und Pflege der
Sachdaten. Gemeinsam mit Tetraeder wird diesbezüglich die Anwendung entsprechend erweitert
und auf die hiesigen Belange angepasst. Damit
kann auf die Beschaffung einer Fachsoftware wie
in Paderborn und Gütersloh verzichtet werden. Daher verfügt der Tetraeder-Server ›Siegburg‹ – im
Gegensatz zu Paderborn und Gütersloh – bereits
unmittelbar über alle für die Internet-Präsentation
erforderlichen Sachinformationen.
Hinsichtlich der Plandarstellung war ursprünglichvorgesehen, die Pläne per FTP auf den in der Internet-Umgebung verfügbaren GISeye-MA-Server
hochzuladen, so dass das Bauleitplanportal (Tetraeder) für die Plandarstellung auf diesen Server zugreift. Dieses Konzept wird aber insofern geändert,
dass es ermöglicht wird, unter Berücksichtigung
entsprechender Schutzmechanismen unmittelbar
auf den internen GISeye-Server zuzugreifen, der die
Pläne in einer für die Internet-Darstellung hinreichenden Auflösungsstufe zur Laufzeit erstellt. Dabei entfällt die Problematik einer doppelten Datenhaltung.
Alle im Verfahrensverlauf eingegangenen Informationen werden in der Tetraeder-Anwendung vorgehalten und verbleiben dort auch nach Abschluss
des Projekts. Noch ungeklärt ist die Frage der Anbindung an das eingesetzte Ratsinformationssystem bzw. das Verfahren ›Sitzungsdienst‹, in dem
die Vorlagen für die politischen Gremien (Rat, Planungsausschuss) erstellt werden. Denn im Sinne
einer Prozessoptimierung wäre es sinnvoll, eine Sitzungsvorlage unmittelbar aus der ›Tetraeder‹-An47
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Bauleitpläne/Bauplanung
wendung erstellen zu können als auch umgekehrt die
Beratungsergebnisse (z.B. Aufstellungsbeschluss) unmittelbar in diese Anwendung überführen zu können.
2. Organisatorische Veränderungen
Wesentliche organisatorische Veränderungen sind
durch die Einführung des neuen Produktes nicht zu
erwarten, da ›lediglich‹ ein zusätzlicher ›Kanal‹ für
den Informationsfluss geöffnet wurde. Allerdings
kann davon ausgegangen werden, dass sich durch
den schnelleren Informationsaustausch zwischen
den TÖBs und der Verwaltung die Arbeitsweise verändern kann. Eine Bewertung kann allerdings erst
nach dem Vorliegen erster Erfahrungen Ende 2003
erfolgen.
nen universellen Zugriff auf raumbezogene Informationen. Das Produkt GISeye holt aus verschiedensten Informationspools die Informationen ab
und stellt diese für den Anwender unter einer einheitlichen Oberfläche zusammen. Die Bereitstellung der B-Pläne über eine geometrische Verschneidung ist die einfachste Art, einem unbedarften Nutzer den richtigen B-Plan mit seinen
Änderungen anzubieten. Ein Ausbau des Systems
in der Gesamtverwaltung mit speziellen Benutzerprofilen, Rechten und Möglichkeiten wird in den
kommenden Monaten erfolgen.
Eine daten- und softwareunabhängige GIS-Drehscheibe mit einfachen und überschaubaren Funktionen ist für zahlreiche interne und externe Nutzer ein Mehrwert, der nicht zu unterschätzen ist.
3. Schulung von Personal
V. Fazit
Mit dem Einsatz der Produkte GISeye sowie Tetraeder wurden mit den entsprechenden Firmen die jeweils erforderlichen Schulungstage zur Administration und Bedienung der Systeme eingekauft.
4. Belange des Datenschutzes
Datenschutzsensible Eingaben auf den Servern erfolgen über gesicherte HTTPS-Verbindungen. Da
die Daten z.T. auf den Servern bei der Fa. Tetraeder
gespeichert werden, wurden spezielle vertragliche
Vereinbarungen bezüglich des Datenschutzes abgeschlossen.
IV. Sonstige Auswirkungen des
Projekts
Der durch das Pilotprojekt erfolgte Innovationsschub zur Nutzung raumbezogener Informationen
im Intra-, Extra- und Internet hat mit der Systemauswahl für das Produkt GISeye eine zukunftsträchtige Entwicklung angestoßen. Die bisher
auch intern über verschiedenste Produkte zur Verfügung gestellten geographischen Informationen
im Rahmen eines KRISP konnten unter dem Dach
des GISeye zusammengefasst werden. Die universelle Nutzung von normierten Datenquellen (OSC)
über so genannte MAP-Server und die browsergestützte Oberfläche der GIS-Clients ermöglichen ei48
Insgesamt gesehen liegt der Reiz dieses e-Government-Projekts in der Mischung und Bedeutung der
zahlreichen Komponenten, die in dieser Vielzahl in
anderen Projekten nicht unbedingt zu finden sind.
Diese Komponenten sind:
■ e-Government mit den Kommunikationsbeziehungen
Behörde – Bürger
Behörde – andere Behörden (TÖBs)
Behörde – Firmen (TÖBs, z.B. Versorger)
und den Elementen Information, Kommunikation und Partizipation
■ Zusammenführung heterogener Systeme über
standardisierte Schnittstellen zu einem Gesamtsystem
■ Die Verarbeitung von ›weichen‹ Informationen
■ Dies fast umfassende technologische Unterstützung eines Kernbereichs der Kommune.
Mit dem Projekt soll auch gezeigt werden, dass für
die Lösung komplexer Zusammenhänge nicht
zwingend eine jahrelange Konzeptionsphase erforderlich ist, sondern dass auch durch die gute und
effektive Zusammenarbeit verschiedener Kommunen ein schneller Nutzen erreicht werden kann und
Investitionen trotz leerer Kassen gezielt auf die Optimierung des Serviceangebotes und der gleichzeitigen Verschlankung der Prozesse gerichtet werden
können. Dieses Ziel wurde erfolgreich erreicht.
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Personenstandswesen
Teilprojekt
Baugenehmigung
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Baugenehmigung
Teilprojekt Baugenehmigung
Inhalt
Stadt Herten
I. Ziel des Teilprojekts
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts
B. Beschreibung des angestrebten Endzustandes nach Abschluss des Teilprojekts
1. Online-Beauskunftung im Einzelfall
2. Medienbruchfreie Kommunikation
zwischen den zu beteiligenden Stellen
im sogenannten ›Ämterumlauf‹
• Online-Beantragung und
-Bescheidung einzelner Antragsarten
II. Beschreibung der Ausgangslage
A. Definition der kommunalen Aufgabe
B. Rechtliche Rahmenbedingungen und
lokale Besonderheiten
1. Rechtliche Rahmenbedingungen
2. Lokale Besonderheiten
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung
zu Beginn des Projekts
1. Bürgerservice Bauen Herten
2. Zu beteiligende Stellen (extern)
E. Darstellung des Workflows zu Beginn
des Projekts
1. Beauskunftung
2. Kommunikationswege innerhalb
des ›Ämterumlaufs‹
3. Beantragung und Bescheidung
F. Fallzahlen
G. Kostensituation
1. Beauskunftung
2. Ämterbeteiligung
III. Umsetzung des Teilprojekts
Von
Hans-Jürgen Kapsch
Koordinator Verwaltung/EDV
Bürgerservice Bauen
Stadt Herten
e-Mail: h.kapsch@herten.de
50
A. Erstellung eines Sollkonzepts
1. Online-Beauskunftung im Einzelfall
2. Medienbruchfreie Kommunikation
zwischen den zu beteiligenden Stellen
im so genannten ›Ämterumlauf‹
= Ämterbeteiligung online
3. Online Beantragung und -Bescheidung
einzelner Antragsarten
B. Realisierungsphase
1. Technische Umsetzung
2. Schulung von Personal
3. Stand der Dinge
51
51
51
51
51
51
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52
52
52
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Baugenehmigung
I. Ziel des Teilprojekts
A.Gründe für die Auswahl des Teilprojekts
Fast immer, wenn über e-Government diskutiert
wird, werden gerade die Baugenehmigungsverfahren als besonders interessantes Feld für künftige Online-Dienstleistungen der Kommunen angeführt.
Ausschlaggebend hierfür dürfte in erster Linie die Tatsache sein, dass die ›Kunden‹-Seite mit ihren (Bau-)
Anträgen oftmals wirtschaftliche Interessen verfolgt und sich natürlich vom ›Bauamt Online‹ insoweit auch dementsprechende Vorteile verspricht.
Wo wirtschaftliches Interesse das Handeln prägt,
wird natürlich auch eine höhere Bereitschaft vermutet zu investieren (z.B. künftig in SignaturCards
oder bereits jetzt in schnellen Internetanschlüssen)
als beim ›Normalbürger‹, der hin und wieder notgedrungen und bestimmt nicht immer aus wirtschaftlichen Beweggründen Verwaltungsdienstleistungen in Anspruch nimmt bzw. nehmen muss.
Natürlich verspricht sich dabei jede Kommune,
auch die Stadt Herten, den einen oder anderen
interessanten und potenten Investor über ein umfassendes e-Government-Angebot in der Lebenslage Bauen von ihren Standortvorteilen zu überzeugen – angesichts knapper Kassen ein mehr als verständliches Mittel.
Sich dieses Teilprojekts anzunehmen, bot sich letztendlich auch dadurch an, wird im Bürgerservice
Bauen Herten doch als Software ProBAUG eingesetzt. ProBAUG wird von PROSOZ Herten, einer
Tochter der Stadt Herten, entwickelt und vertrieben. Eine nahezu unmittelbare Einflussnahme auf
die softwaremäßige Umsetzung des angestrebten
Projektzieles ist damit garantiert.
B.Beschreibung des angestrebten Endzustandes
nach Abschluss des Teilprojekts
Es wäre illusorisch gewesen, davon auszugehen,
dass bis zum Ende des Gesamtprojekts in Herten
das gesamte Spektrum an Baugenehmigungsverfahren in tatsächlicher und rechtlich verbindlicher
Weise online beantragt, bearbeitet und beschieden
werden kann.
Einerseits hätten bis dahin etliche rechtliche Rahmenregeln notwendige Anpassungen erfahren
müssen, andererseits stellt gerade dieser Aufga-
benbereich besondere Anforderungen bei seiner
›Online‹-Umsetzung.
So ist der derzeitige Alltag geprägt von nicht gerade bildschirmfreundlichen, aber im Detail zu prüfenden Bauvorlagen (in vielen Fällen größer als DIN
A 2) und einer Vielzahl notwendiger Beteiligungen
anderer Behörden und Dienststellen.
Das Engagement im Zuge dieses Teilprojekts sollte
daher zu e-Government-Angeboten führen, die
nicht nur Test- und ›Spiel‹-Charakter haben, sondern ganz konkret den Beteiligten, insbesondere
natürlich auch der Kundenseite, echten Mehrwert
bringen und die sie alle zu weiteren e-GovernmentAnstrengungen animieren:
1. Online-Beauskunftung im Einzelfall
Stand der Bearbeitung
Vollständigkeit der Unterlagen
■ ›Bescheinigungswesen‹
■
■
d.h. Antwort auf die Frage: Wann habe ich durch
wen welche Bescheinigung bei wem in welcher
Qualität vorzulegen?
2. Medienbruchfreie Kommunikation zwischen den
zu beteiligenden Stellen im so genannten ›Ämterumlauf‹
Verkürzung der Bescheidungszeiten durch Wegfall zeitaufwändigen Postweges
■ Online-Beantragung und -Bescheidung einzelner
Antragsarten
■
zunächst
■ Bauvoranfragen einfacher rechtlicher Natur
■ Bauantrag für Werbeanlagen
Beide aufgeführten Antragsarten erscheinen für
ein solch erste Projektphase ideal, sind Umfang
und Größe der einzureichenden Bauvorlagen in
den meisten Fällen überschaubar, und sind in aller
Regel nur wenige Beteiligungen weiterer Dienststellen und Behörden vonnöten und die Bauvorlagen für Werbeanlagen heute fast grundsätzlich
schon digital erstellt.
Zeigen sich trotz des zusätzlichen Mehraufwandes
(bis zum Projektende wird noch eine parallele papiernere Antragstellung und Bescheidung notwen51
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Baugenehmigung
dig bleiben) gute Zwischenerfolge und eine große
Akzeptanz bei den Beteiligten, wird die Anzahl der
Antragsarten ausgeweitet werden.
Ein darüber hinaus, eher nach innen erklärtes Ziel,
gar eine grundsätzliche Voraussetzung aus Sicht
der Stadt Herten ist es, dass diese e-GovernmentAngebote nicht nur kundengerecht angeboten
werden, sondern derart in die Software ProBAUG
eingebunden sind, dass alle MitarbeiterInnen des
Bürgerservice Bauen Herten hiermit umgehen, sie
über ProBAUG abarbeiten können – und nicht nur,
wie bei vielen vergleichbaren Pilotprojekten, einzelne e-Government-Spezialisten hierzu in die Lage
versetzt sind.
II.Beschreibung der Ausgangslage
A.Definition der kommunalen Aufgabe
Der Bürgerservice Bauen der Stadt Herten nimmt
unter anderem die Funktion der unteren Bauaufsichtsbehörde und im Rahmen der sog. Freistellungsverfahren auch die Funktion der Gemeinde
wahr.
Trotz der in den letzten Jahren durch den Landesgesetzgeber begonnenen Versuche, die Verfahren
rund ums Bauen verstärkt auch in die Verantwortung der Bauherrenschaft, ihrer Entwurfsverfasser
und weiterer Dritter (z.B. öffentlich anerkannte
Sachverständige) zu legen, die Genehmigungsschwelle höher anzusiedeln und die Verfahrensgänge zu entschlacken, haben die in der Zuständigkeit der Bauaufsichtsbehörde verbliebenen Antragsverfahren (und hierzu zählen insbesondere
die wirtschaftlich relevanten Vorhaben) nichts an
ihrer sehr eigenen Komplexität eingebüßt.
Der Bürgerservice Bauen Herten ist daher nach wie
vor die entscheidende Anlaufstelle für den Bürger,
für die Bauherrenschaft, für den Investor, wenn er
ein bauliches Vorhaben realisieren will.
Hier müssen sie Anträge mit zahlreichen und zum
Teil sehr umfangreichen Bauvorlagen stellen, hier
wird ein Großteil der fachlichen Beurteilung vorgenommen und hier werden viele andere notwendigen Stellungnahmen eingeholt, diese später beurteilt und danach zentral beschieden.
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B. Rechtliche Rahmenbedingungen und lokale
Besonderheiten
1.Rechtliche Rahmenbedingungen
Die entscheidendsten gesetzlichen Vorgaben für
den Bürgerservice Bauen Herten sind zum einen
die Bauordnung des Landes Nordrhein-Westfalen
und zum anderen die BauPrüf-Verordnung, in der
die Anforderungen an die sogenannten Bauvorlagen (Zeichnungen, Pläne etc.) genauestens geregelt sind.
Trotz des Vorstoßes auf Bundesebene, mit einem
Schlag in viele bundesrechtliche Vorschriften die
›elektronische Unterschrift‹ gleichberechtigt einfließen zu lassen, für das tägliche Arbeiten in einer
Bauaufsichtsbehörde hat sich im Hinblick auf e-Government damit noch nicht allzu viel nach vorne
bewegt.
Einerseits sind die bauordnungsrechtlichen Vorschriften und Vorgaben zum überwiegenden Teil
Landesrecht, eine dem Bund ähnliche Initiative ist
wie in den meisten Bundesländern zwar auch in
Nordrhein-Westfalen gestartet, bislang aber noch
nicht verbindlich umgesetzt.
Zum anderen würde selbst eine 1:1-Umsetzung
(schriftliche = elektronische Unterschrift) eher hinder-, denn förderlich sein, wie unter anderem das
Arbeitspapier zur bremischen Bauordnung im Zuge
des media@komm-Projekts ausdrücklich belegt
(http://www.mediakomm.net/documents/Bd4.pdf).
So müssen bisherige Verfahrensvorgaben vorab
unbedingt unter dem Aspekt ›e-Government‹ hinterfragt werden.
Ein Beispiel:
Verbleibt es auch weiterhin bei dem Erfordernis,
dass ein Bauantrag sowohl von der Bauherrenschaft und dem Entwurfsverfasser unterzeichnet
werden muss, dürfte der elektronische Bauantrag
wohl noch lange Zeit Utopie bleiben, denn anfänglich dürfte sich wohl nur ein äußerst geringer Anteil der Bauherren zur Anschaffung einer elektronischen Signatur durchringen.
Ein zweites Beispiel:
Die Rohbau- und abschließende Fertigstellung eines Bauvorhabens muss momentan schriftlich angezeigt werden. Soll dies künftig auf dem elektro-
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nischen Wege nur dann möglich sein, wenn eine
qualifizierte elektronische Signierung gegeben
ist?! Reicht hierfür nicht eigentlich auch eine einfache e-Mail aus?
2.Lokale Besonderheiten
Gerade im Hinblick darauf, dass sich im Rahmen
und in Folge dieses Projekts Softwarelösungen zur
Realisierung des e-Government-Gedankens ergeben sollen, ist die Kombination Stadt Herten/PROSOZ Herten erwähnenswert.
PROSOZ Herten entwickelt und vertreibt Software
für den kommunalen Markt. Der Bürgerservice Bauen der Stadt Herten ist insoweit darin involviert,
dass das Produkt ProBAUG hier vor über 10 Jahren
als Idee ›geboren‹ wurde und nach wie vor von hier
aus fachlich entscheidend mitbegleitet wird.
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
Die Baugenehmigungsverfahren zeichnen sich dadurch aus, dass nicht allein die klassische Beziehung Bürger und Verwaltungsdienststelle existiert,
sondern eine Vielzahl weiterer Beteiligter an diesen
Prozessen mitwirken:
Über einen Exchange-Server sind jedem/r MitarbeiterIn interne Mails möglich. Für die externe MailKommunikation ist eine zentrale Mail-Adresse
(bsb@herten.de) eingerichtet.
Darüber hinaus verfügen über eine extern erreichund nutzbare Mail-Adresse mittlerweile 8 der insgesamt 18 MitarbeiterInnen, teilweise aus Gründen
ihrer Zusammenarbeit mit PROSOZ Herten.
An derzeit sechs Arbeitsplätzen ist ein uneingeschränkter Internetzugang eingerichtet, dessen
Nutzung allen anderen MitarbeiterInnen ausdrükklich offen steht.
2. Zu beteiligende Stellen (extern)
Abgesehen von einigen individuellen Ausnahmen
bestand keine Kenntnis über die EDV-Ausstattung,
sei es Hardware, Fachsoftware, noch MailingLösungen der im Zuge des ›Ämterumlaufs‹ zu beteiligenden Stellen.
Daher war die Analyse und die weitestgehende Realisierung einer medienbruchfreien Kommunikation ein ausdrückliches Ziel dieses Teilprojekts.
E. Darstellung des Workflows zu Beginn des Projekts
1. Beauskunftung
Antragsteller/Bauherrenschaft
■ Entwurfsverfasser und weitere fachkundige Dritte (Statiker, Sachverständige, Bauleiter etc.)
■ Bürgerservice Bauen Herten als zentrale, bündelnde Verwaltungseinheit
■ zu beteiligende Stellen ( je nach Vorhaben unterschiedlich in Anzahl und Adresse; sowohl interne
Stellen der Stadt Herten als auch andere Behörden)
■
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung zu Beginn
des Projekts
Die gesamte Stammdatenaufnahme, Sachbearbeitung, Registratur und Textverarbeitung der (Bau-)
Anträge erfolgt mittels ProBAUG. Hierdurch ergeben sich eine Vielzahl an Daten über jeden Einzelvorgang, manuell oder automatisiert erzeugt und
im System zum jederzeitigen Zugriff vorgehalten.
Basierend auf dieser Datenbasis kann jede/r MitarbeiterIn über spezielle ProBAUG-Masken detailliert
Auskunft über jeden Vorgang geben, z.B.
Vollständigkeit der Unterlagen
Bearbeitungsbogen
■ Umfang und Status Quo der Ämterbeteiligung
■ Aufenthaltsort der einzelnen Antragsausfertigungen
■ Verfahrensstand
■ (noch) notwendige Bescheinigungen
■
■
1. Bürgerservice Bauen Herten
Jeder Arbeitsplatz im Bürgerservice Bauen Herten
ist mit einem PC (Windows NT-Client in Verbindung mit einem NT-Server) sowie einem 17''-Monitor ausgestattet. Neben dem Microsoft Office 97Paket (einschließlich Outlook) weisen alle Rechner
eine ProBAUG-Installation auf.
Der Bürger, Bauherr, Entwurfsverfasser etc. kann
diesen Sachstand momentan nur über persönliche,
fernmündliche oder schriftliche Anfrage erfahren.
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Baugenehmigung
2. Kommunikationswege innerhalb des
›Ämterumlaufs‹
Nach Eingang eines (Bau-)Antrages wird über verfahrenssteuernde Elemente von ProBAUG der notwendige Umfang des Ämterumlaufs bestimmt.
Hierbei begrenzt ProBAUG bereits mit Sicht auf
eine möglichst kurze Bescheidungsdauer diesen
Ämterumlauf auf das notwendige Maß.
Die zu beteiligenden Stellen werden, sofern ausreichend Bauvorlagensätze mit eingereicht worden
sind, sternförmig beteiligt, d.h. zur fachlichen Stellungnahme aufgefordert.
Hierzu werden aus ProBAUG heraus sogenannte
Standarddrucke, abgestimmt auf den Einzelfall, erzeugt (= ausgedruckt) und zusammen mit den Antragsunterlagen (im notwendigem Umfange) auf
den hausinternen und externen Postweg gegeben.
Zur Beschleunigung erfolgt jede Beteiligung unter
Fristsetzung (hausintern = 10 Tage, extern je nach
gesetzlicher Vorgabe).
Die Stellungnahmen der zu beteiligenden Stellen
kommen dann in Papierform hinein.
3. Beantragung und Bescheidung
Angesichts der derzeitigen gesetzlichen Vorgaben
erfolgt die Hereingabe des Bauantrages und dessen spätere Bescheidung (d.h. nach Sachbearbeitung und Ämterumlauf) vollständig im Papierform.
G. Kostensituation
Angesichts der starken Verknüpfung mit PROSOZ
Herten und der sich daraus ergebenden Pilotfunktion des Bürgerservices Bauen Herten ergibt sich
im Hinblick auf Hard- und Softwareeinsatz sowie
notwendige Softwareweiterentwicklungen eine
ganz andere Kostensituationen als bei Kommunen,
die diese Nähe zu PROSOZ Herten nicht haben.
1. Beauskunftung
Im Durchschnitt dürfte jede Beauskunftung einen
Arbeitsaufwand von mindestens 5 Minuten ausmachen, was einen Gesamtarbeitseinsatz von 15.000
Minuten = 250 Arbeitsstunden pro Jahr ausmacht.
2. Ämterbeteiligung
Zusätzlich zu der aufzuwendenden Arbeitszeit, um
diesen Ämterumlauf zu koordinieren, kommen bei
allen externen Beteiligungen nicht unerhebliche
Portokosten (s. Größe und Umfang der Bauvorlagen) hinzu.
Selbst nach Abschluss des Ämterumlaufs entstehen weitere Versandkosten dadurch, dass ein Großteil der beteiligten Stellen und noch einige mehr
(z.B. Finanzamt) über Baugenehmigung und Fertigstellung der Vorhaben informiert werden wollen.
F. Fallzahlen
III. Umsetzung des Teilprojekts
Der Umfang der Bauantragsverfahren hat sich im
Laufe der letzten Jahre bei der Stadt Herten auf
rund 700 eingependelt, bei einer Einwohnerzahl
Hertens von ca. 67.000.
Das Ausmaß an nachgefragten Auskünften zu laufenden Bauantragsverfahren kann nur sehr schwer
geschätzt werden. Es dürfte aber nicht realitätsfern
sein, von rund 4 pro Antrag auszugehen, was bei ca.
700 Anträgen pro Jahr grob geschätzt rund 3.000
Nachfragen ausmacht.
Bei im Schnitt 6 - 8 notwendigen Beteiligungen pro
Antrag ergeben sich rund 6.000 Kommunikationsprozesse zwischen dem Bürgerservice Bauen Herten und anderen zu beteiligenden Stellen.
A.Erstellung eines Sollkonzepts
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1. Online-Beauskunftung im Einzelfall
Der Wunsch nach Information über das laufende
(bauaufsichtliche) Genehmigungsverfahren steht
nach Erkenntnissen des Bürgerservices Bauen (=
Gespräche mit Bauherrenschaften, den örtlichen
Entwurfsverfasserverbänden sowie der Analyse
zahlreicher Umfragen) bei den einzelnen Beteiligtengruppen ganz oben an.
Jederzeit über ›seinen‹ Antrag Bescheid zu wissen,
besser weitere Schritte planen zu können sowie
auch bereits bekannte vergleichbare Angebote auf
dem privaten Markt (z.B. ›Paketverfolgung‹) begründen diesen Bedarf.
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Baugenehmigung
Nicht jedem Bürger, auch nicht jedem Nachbar,
sondern klar definierbaren Personengruppen, den
so genannten Beteiligten, soll diese Informationsmöglichkeit eingeräumt werden.
Im ersten Realisierungsschritt sollen es die eigentlichen Bauherren und deren Entwurfsverfasser sein.
Hierbei soll den Entwurfsverfassern nicht nur der
Einzelvorgang, sondern alle derzeit von ihnen bei
dem Bürgerservice Bauen betreuten Bauvorhaben
zugänglich sein.
Die Zugangsberechtigung soll über eine Identitätsnummer und ein Kennwort erfolgen. An eine Zugangskontrolle über eine SignaturCard ist im Sinne
einer ersten pragmatischen Lösung und auch dieses Projekts zunächst nicht gedacht.
Aus der riesigen Masse der Daten, die allein über
das tägliche Arbeiten an und mit den (Bau)Anträgen in ProBAUG erzeugt und abgelegt werden, sollen im Zuge dieses Teilprojekts zunächst eher unkritische, aber für die Beteiligten schon interessante Daten online zur Verfügung gestellt werden.
An Informationen sollen im ersten Realisierungsschritt bereitgestellt werden:
die kompletten Stammdaten des Vorganges (d.h.
wer ist Bauherr, wer ist Entwurfsverfasser, was
wird wo beabsichtigt?)
■ die Eckdaten des Genehmigungsverfahrens (Be-
scheidung erfolgt? Wann war Rohbau-, wann war
Schlussabnahme? u.ä.)
■ Übersicht über das Bescheinigungswesen (Was
ist wann wie von wem in welcher Qualität bei
wem vorzulegen? Ist es schon geschehen?)
Alle die für die Information notwendigen Daten
sollen ohne jegliche Mehrarbeit der MitarbeiterInnen bereitgestellt werden. Das heißt:
Diese Daten müssen sich allein durch das tägliche
Arbeiten an und mit ProBAUG quasi automatisch
ergeben und allein dadurch grundsätzlich – natürlich in geeigneter Interpretation und Aufbereitung
– online verfügbar sein.
Darüber hinaus muss erreicht werden, dass diese
Daten, die in ProBAUG mitarbeitergerecht vorliegen, derart aufbereitet und interpretiert werden,
dass sie online auch vom ProBAUG-Unkundigen
eindeutig verstanden werden und keine Missdeutungen zulassen.
2. Medienbruchfreie Kommunikation zwischen den
zu beteiligenden Stellen im so genannten ›Ämterumlauf‹ = Ämterbeteiligung online
■
Hat gerade auch die konsequente Anwendung und
Umsetzung der in ProBAUG innewohnenden Idee
dazu geführt, dass die Geschäftsprozesse in der
Auf einen Blick erkennt der Bauherr, welche Bescheinigungen für seinen Bauantrag fehlen.
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Baugenehmigung
Die MitarbeiterInnen im Bauamt erkennen die fehlenden Bescheinigungen für einen Bauantrag in der gewohnten Maske
Vergangenheit stark optimiert wurden, insbesondere auch die Verfahrensdauern erhebliche Verkürzungen erfahren haben, sieht der BürgerserviceBauen Herten einen immer noch gravierenden
Schwachpunkt in der Kommunikation mit den im
Zuge des sog. ›Ämterumlaufes‹ zu beteiligenden
Stellen.
Beileibe wird keineswegs davon ausgegangen, dass
im Zeitfenster dieses Projekts der Austausch an Plänen und Bauvorlagen sowie notwendigen Stellungnahmen nur noch in digitaler Form, gar webbasiert erfolgt.
Aber die medienbruchfreie Kommunikation sollte
im Rahmen dieses Projekts soweit herbeigeführt
werden, dass zwar der eigentliche Antrag, sprich im
wesentlichen die Bauvorlagen, die nach wie vor in
Papierform weitergereicht werden, die Aufforderung zur Stellungnahme und natürlich erst recht
die jeweiligen Stellungnahmen selbst als eMail
hereinkommen.
Diese eMails sollen aus ProBAUG heraus produziert
bzw. in ProBAUG hinein unmittelbar zum Vorgang
übernommen werden. Somit ergäbe sich eine unmittelbare Weiternutzung dieser Dokumente z.B.
für die spätere Bescheidung.
Hinsichtlich der beiden Verfahrensarten, für die im
Zuge dieses Projekts auch die Online-Antragstellung und -Bescheidung geplant ist, sollen auf jeden
Fall auch die Antragsunterlagen in elektronischer
Form in den ›Ämterumlauf‹ gebracht werden.
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3. Online Beantragung und -Bescheidung einzelner
Antragsarten
Aus den bereits oben benannten Gründen waren
die beiden Antragsarten
■ Anbringung Werbeanlage
■ Bauvoranfragen rechtlich einfacher Natur
in der ersten Realisierungsphase für dieses e-Government-Angebot vorgesehen.
Um nach den derzeitigen rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten nicht an der qualifizierten
digitalen Signatur zu scheitern, sollte zunächst nur
ein genau bestimmter, dadurch identifizierbarer
Benutzerkreis in den ›Genuss‹ dieses Services kommen. Hierzu werden interessierte Architekten/Entwurfsverfasser aus dem Umfeld Herten/ Gelsenkirchen sowie der eine oder andere gewerblich tätige
Bauherr gezählt.
Über entsprechend aufbereitete Webseiten unter
www.herten.de soll es diesem Kundenkreis möglich sein, die Antragsdaten einzugeben sowie die
dazugehörigen Bauvorlagen beizufügen und dann
unmittelbar an den Bürgerservice Bauen Herten zu
übermitteln.
Diese Daten sowie die dazugehörigen, in Dateiform
beigefügten Bauvorlagen landen dann unmittelbar
im ProBAUG des Bürgerservices Bauen Herten. Eine
neuerliche Datenerfassung wird nicht mehr erforderlich sein, vielmehr kann direkt mit der Sachbearbeitung bzw. dem ggf. erforderlichen Ämterumlauf
begonnen werden.
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Baugenehmigung
Um den derzeitigen rechtlichen Gegebenheiten zu
genügen, wird aber parallel noch die Hereingabe
des Antrages sowie der dazugehörigen Bauvorlagen in Papierform notwendig bleiben.
B. Realisierungsphase
1.Technische Umsetzung
Bedingt durch Verzahnung des Bürgerservices Bauen
Herten mit PROSOZ Herten hat die technische Umsetzung der Projektziele zunächst dort begonnen.
Quasi ein Prototyp, eine Studie sollte zunächst die
grundsätzliche Machbarkeit derartiger e-Government-Funktionalitäten aufzeigen und beweisen
sowie dazu dienen, im Zuge der technischen Entwicklung auch entsprechende Erfahrungen zu
sammeln.
Diese Studie hat seit geraumer Zeit grundsätzliche
Funktionsfähigkeit erreicht. Es stand nun an, sie im
Detail auf die Belange des Bürgerservices Bauen
Herten, somit auf die Projektziele konkret abzustimmen.
Vorgangsbeauskunftung online
Jeder neue Antragsteller und Entwurfsverfasser erhält, wenn er es wünscht, eine Benutzerkennung
und ein Passwort bei Antragseingang.
Hiermit loggt er sich ein und erhält ein auf seine
Rolle (= Profil) zugeschnittenes Angebot an e-Government-Funktionalitäten, so u.a. auch den Zugriff aus ›seine‹ Bauanträge.
Zu seinen einzelnen Vorgängen kann er sich unterschiedlichste Informationen online heranholen.
Eines der vorgesehenen Informationsangebote:
eine Übersicht der notwendigen Bescheinigungen.
Sie ergibt sich unmittelbar aus einer Funktionalität
in ProBAUG, ist aber an etlichen Stellen allgemeinverständlicher interpretiert beschrieben.
Das ›Gegenstück‹ in ProBAUG liefert die Daten für
die MitarbeiterInnen in der Verwaltung. Die Online-Stellung dieser Daten erfolgt nicht durch unmittelbaren Zugriff auf die ProBAUG-Datenbank
des Bürgerservices Bauen Herten. Über eine sog.
XML-Schnittstelle steuert ein von ProSoz Herten
generierter Dienst das Bereitstellen der zu diesem
Vorgang gerade vorliegenden Informationen – und
das zur Laufzeit aktuell.
Medienbruchfreier ›Ämterumlauf‹
Der Bürgerservice Bauen Herten setzt bereits seit
geraumer Zeit eine ProBAUG-Version ein, die es ihm
erlaubt, aus und mit ProBAUG eMails zu erzeugen,
zu empfangen und zum Vorgang zu speichern.
Die dabei immer noch weiter voranzutreibende Integration in das Fachverfahren ist ein erklärtes und
notwendiges Ziel, belegen doch frühere Erfahrungen (z.B. mit der Schnittstelle zur Textverarbeitung), dass nur so alle MitarbeiterInnen – unabhängig ihres speziellen Wissens über ihr e-Mail-Programm – zu einem definierten, nachvollziehbaren
und funktionierenden Handling animiert werden
können.
In Herten wird im Hintergrund MS Outlook genutzt
(seit Anfang September 2002 ist auch die Einbindung auf der Basis von POP3-Servern möglich).
eMails, die von den anderen Behörden und Dienststellen auch außerhalb des eigentlich des eigentlichen ›Ämterumlaufes‹ (hierzu siehe weiter unten)
hereinkommen oder auch eMails an Entwurfsverfasser (z.B. Anforderung fehlender Unterlagen),
werden direkt zum Vorgang gespeichert. Durch
Doppelklick können die MitarbeiterInnen diese
eMail später jederzeit entweder aus der Chronologie des Vorganges oder dem dazugehörigen MedienCenter aufrufen.
Ist die eMail-Einbindung schon ein äußerst wesentlicher Beitrag auf dem Weg zum medienbruchfreien ›Ämterumlauf‹, so verlangt dieses Ziel schon
noch mehr.
Als Beispiel soll die künftig anstrebte Online Beteiligung des Planungsamtes dienen:
Ist das Planungsamt über die Sachbearbeitung als
notwendigerweise zu beteiligende Stelle definiert
worden, ergeht künftig aus ProBAUG heraus eine
Art Info-eMail an das Planungsamt (mit sehr wenigen Informationen, lediglich der Aufforderung zur
Stellungnahme).
Über einen speziell definierten ›Link‹, über den zugleich auch die Zugriffsrechte gesteuert werden,
begibt sich das Planungsamt spätestens daraufhin
ins Inter- bzw. Intranet, wo es neben weiteren Informationen und Funktionalitäten seine ›ToDo-Liste‹
vorfindet.
Über einen Button ›Details‹ bekommt es einige
weitere grundsätzliche Informationen über den aktuellen Vorgang sowie und – soweit von den ihm
gewährten Rechten zugestanden – eine Auflistung
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Baugenehmigung
der zu diesem Vorgang in ProBAUG hinterlegten
Medien (= erzeugte Dokumente, ein- und ausgegangene e-Mails, gescannte und/oder digitalisierte
Bauvorlagen etc.).
Das Planungsamt kann nun selbst die Auswahl an
Bauvorlagen bestimmen, die es zu seiner weiteren
Arbeit benötigt. Diese werden dann unmittelbar
per Datei-Download zur Verfügung gestellt.
Anhand der selbst ausgewählten notwendigen
Bauvorlagen beurteilt das Planungsamt aus seiner
fachlichen Sicht das Bauvorhaben, fertigt seine
Stellungnahme und gibt dabei direkt im OnlineFormular kund, ob es positiv oder negativ diesem
Bauvorhaben gegenüber steht.
Die Stellungnahme wie auch das Ergebnis werden eingebunden in so genannte XML-Dokumente – über
ein kleines Tool über das Internet zur Laufzeit an ProBAUG übermittelt,dort ausgelesen und verwertet.
Wichtig: die positive Stellungnahme des Planungsamtes trägt sich direkt und ohne weiteres Zutun eines Mitarbeiters des Bauordnungsamtes in ProBAUG ein, das Dokument wird selbständig dort
zum Vorgang abgelegt.
Dieses Szenario einer künftigen Online-Beteiligung
ist lediglich als eine der ersten möglichen Realisierungsstufen zu verstehen.
Sicherlich gibt es viele Ansätze zu Weiterungen. So
ist ohne weiteres vorstellbar, dass auch die eigentliche Stellungnahme direkt in einem Online-Formular, sprich in einem speziell zugeschnittenen Bearbeitungsbogen, erfolgt.
Online-Antragstellung (hier Werbeanlage)
Nach Einloggen in sein ›Online-Profil‹ hat der Antragsteller bzw. der Architekt die Möglichkeit, eine
Online-Antragstellung vorzunehmen. Neben der
Angabe der eigentlichen Antragsdaten kann er
auch digital vorliegende Bauvorlagen seinem Bauantrag beifügen.
Wiederum (s. Online-Beauskunftung) mittels XMLDokumenten werden die Daten einschließlich der
beigefügten Dateien (= Bauvorlagen, Pläne etc.) an
den Bürgerservice Bauen Herten übermittelt, dort
zur Kenntnis gegeben und danach – und das ist aus
Sicht der betroffenen MitarbeiterInnen sehr wichtig – unmittelbar in ProBAUG übernommen.
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Die Stammdatenaufnahme eines online gestellten
Antrages gestaltet sich für die MitarbeiterInnen
des Bürgerservices Bauen daher genauso in den
gleichen Arbeitsschritten wie bei einem herkömmlichen (= papierneren) Antrag. Dadurch, dass die
Online-Daten sich in die entsprechenden Datenfelder selbst eintragen, ist der Aufwand sogar eher
geringer, mögliche Übertragungsfehler sind sogar
nahezu ausgeschlossen.
Dass die dem Online-Bauantrag beigefügten Bauvorlagen (hier: Ansicht und Lageplan) sich nach
Stammdatenaufnahme in ProBAUG dort dann programmgesteuert beim Vorgang, genauer im sogenannten MedienCenter, wiederfinden, ist selbstverständlich.
Gerade für die erste Phase, d.h. wenn aufgrund fehlender digitaler Signatur noch der handschriftlich
unterschriebene Antrag vonnöten ist, wird als besonderer Service aus den ganzen online eingegebenen Antragsdaten ein in PDF vorliegendes Antragsformular verfüllt, welches dann ausgedruckt,
unterzeichnet und auf dem normalen Postweg an
den Bürgerservice Bauen geschickt werden kann.
2.Schulung von Personal
Die skizzierten Lösungen setzen keinerlei zusätzliche Schulungen des Personals voraus – ein bereits
zu anfangs ausdrücklich erklärtes Ziel –, bewegen
sich doch alle MitarbeiterInnen lediglich weiterhin
in der ihnen vertrauten ProBAUG-Arbeitsumgebung.
3. Stand der Dinge
Als Prototyp hat die Umsetzung dieses Teilprojekts
mittlerweile seine ›Feuertaufe‹ bestanden. Kleinere Details müssen noch abgestimmt werden.
Noch im 2. Quartal des Jahres 2003 werden diese eGovernment-Angebote in Herten online gehen –
zunächst (wie geplant) mit einem definierten Benutzerkreis.
Ein Gastzugang für Interessierte wird dann ebenfalls eingerichtet.
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Baugenehmigung
Teilprojekt
Baugenehmigung
I. Ziel des Teilprojekts
Stadt Rietberg
Im Zuge der Verwirklichung des e-Government Projekts des Städte – und Gemeindebundes NRW wurde von Seiten der Stadt Rietberg auch der Bereich
der Bauordnung ausgewählt. Der bisherige schriftliche Bauantrag soll durch einen elektronischen
Bauantrag im Internet ergänzt und mit der vorhandenen Bauordnungsanwendung der Stadt verbunden werden. Dem Antragsteller wird mit dieser Anwendung weitgehende Transparenz des Verfahrenstandes geboten.
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts
Von
Ferdinand Hörster
Sachgebietsleiter EDV
Stadt Rietberg
e-Mail: ferdinand.hoerster@stadt-rietberg.de
Frank Jungeilges
Fachbereich Bauaufsicht, Denkmalpflege,
technisches Immobilienmanagement
Stadt Rietberg
e-Mail: frank.jungeilges@stadt-rietberg.de
B. Angestrebter Endzustand
Inhalt
I. Ziel des Teilprojekts
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts
B. Angestrebter Endzustand
1. Die digitale Beantragung
2. Die digitale Entgegennahme
3. Die digitale Bearbeitung
4. Die digitale Baugenehmigung
II. Beschreibung der Ausgangslage
A. Rechtliche Rahmenbedingungen und
lokale Besonderheiten
B. Beteiligte am Verwaltungsprozess
C. Beschreibung der EDV-Ausstattung
zu Beginn des Projekts
D. Darstellung des Workflows zu Beginn
des Projekts
E. Fallzahlen
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Ein medienbruchfreies, papierloses Kommunikationsverfahren über das Internet bietet sowohl
dem Bauherren, den Architekturbüros, als auch den
Fachbehörden viele Vorteile. Es ergeben sich große
Ersparnisse an Zeit und Ressourcen. Die Bearbeitung bei der Bauantragsstellung und den Architekten sowie in der Bauordnungsabteilung und bei
den Ingenieurbüros wird deutlich vereinfacht, automatisiert und zeitlich auf ein Minimum reduziert.
Der elektronische Bauantrag kann unabhängig von
den Öffnungszeiten der Verwaltung jederzeit über
einen Internet-PC gestellt werden.
Der Bauantrag wird im Rahmen einer interaktiven
Anwendung in das Internet gestellt. Die notwendigen Eingaben und Unterlagen können über die Homepage der Stadt Rietberg an die Bauordnung verschickt werden. Die notwendigen Pläne können als
eMail mit Anhang (Attachment) gesandt werden.
Der Bauherr erhält nach Antragseingang eine Eingansbestätigung, einen Benutzernamen und ein
Passwort, womit er jederzeit den Stand der Beurteilung seiner Anträge im Internet verfolgen kann.
1. Die digitale Beantragung
III. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzepts
B. Realisierungsphase
1.Technische, organisatorische und
personelle Umsetzung
2. Belange des Datenschutzes
C. Anpassung des Sollkonzepts
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Bei der Beantragung im Internet füllt der Bauherr
bzw. Architekt einen Bauantrag aus. Die erforderlichen Angaben über Ort, Straße und Gemarkung
werden ihm dabei über eine Menüauswahl angeboten, um die Einheitlichkeit der Schreibweisen zu
gewährleisten. Die erforderlichen zusätzlichen Unterlagen, wie z.B. Grundrisse, Formulare und Be59
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Baugenehmigung
rechnungen, die von der Mehrzahl der Architekten
durch ein EDV-System erstellt werden, können
elektronisch an die Bauaufsicht übergeben werden.
Dies kann über ein Portal und per e-Mail erfolgen.
II. Beschreibung der Ausgangslage
2. Die digitale Entgegennahme
Das bei der Stadt Rietberg zur Zeit verwendete Genehmigungsverfahren basiert, konform mit der zur
Zeit geltenden Bauprüfverordnung (BauPrüfVO) § 1
Abs. 2 bzw. der Bauordnung (§ 69 Abs. 1 BauO NRW),
noch auf Bauantragsunterlagen, die in Papierform
vorgelegt werden.
Die Unterlagen müssen abhängig vom Genehmigungsverfahren einfach oder aber mindestens
zweifach eingereicht werden.
Bei einem beantragten Verfahren nach § 67 BauO
NRW (Genehmigungsfreistellung) reicht es, die Unterlagen in einfacher Ausfertigung bei der zuständigen Genehmigungsbehörde vorzulegen. Handelt
es sich bei der Genehmigungsbehörde um eine
Stadt, die gleichzeitig untere Bauaufsichtsbehörde
ist, wie z.B. die Stadt Rietberg, wird das erforderliche Beteiligungsverfahren innerhalb der Behörde
abgewickelt. Hier erfolgt die Zusendung der Pläne
durch den hausinternen Umlauf.
Bei einem Genehmigungsverfahren nach § 63 oder
§ 68 BauO NRW ist es notwendig, die Pläne mindestens zweifach bei der zuständigen unteren Bauaufsicht vorzulegen. Bei einem Kreis als unterer
Bauaufsichtsbehörde müssen die Unterlagen mindestens dreifach eingereicht werden, da zusätzlich
noch eine Ausfertigung für die zuständige Gemeinde (ohne eine eigene Bauaufsichtsbehörde) vorliegen muss. Bei einem Wohnhaus reicht diese Anzahl
an Unterlagen üblicher Weise aus. Bei einem gewerblichen Verfahren ist es unter Unständen erforderlich die Unterlagen achtfach oder mehr vorzulegen, um eine reibungslose Beteiligung aller erforderlichen Träger öffentlicher Belange (TöB) parallel
durchzuführen. Zwar ist es auch ausreichend, die
Unterlagen nur zwei- bzw. dreifach vorzulegen, dieses führt jedoch zwangsläufig zu einer längeren
Bearbeitungszeit, da die Beteiligung der TöB erst
nacheinander erfolgen kann, und nicht alle parallel
zueinander. Alle diese Unterlagen müssen von einem Planverfasser erstellt, vervielfältigt und verschickt werden. Auch die erforderliche Versendung
der Unterlagen durch die Bauaufsicht erfolgt auf
dem Postweg.
Sobald die elektronischen Unterlagen über das
Internet der Stadt vorliegen, kann die weitere Bearbeitung durch den Sachbearbeiter direkt vom Rechner aus erfolgen. Nachforderungen könnten im direkten Austausch mit dem Bauherren per eMail
verschickt werden. Der Planverfasser (Architekt) erhält eine Kopie der Nachforderung.
Beim Besitz eines Internet-Anschlusses auf Seiten
des Bauherren kann auch dieser am elektronischen
Verfahren teilnehmen. Sollten Zeichnungen oder Berechnungen nicht in digitaler Form vorliegen, müssen diese vorher digitalisiert, d.h. gescannt werden.
Dieses papierlose Bearbeitungsverfahren setzt
aber ein bestimmtes Maß an Standardisierung voraus. Nicht jede CAD-Zeichnung kann von der EDV
der Bauaufsicht oder den Fachbehörden gelesen
werden. Langfristig muss daher vom Gesetzgeber
ein einheitlicher Standard für diesen Bereich definiert werden. Der ›Kunde‹ kann sich jederzeit im
geschlossenen Internetbereich über den Stand seines Bauantrages informieren.
3. Die digitale Bearbeitung
Sobald der vollständige Antrag der Stadt elektronisch vorliegt, wird er vom zuständigen Sachbearbeiter am PC mit Hilfe des vorhandenen ADV – Verfahren kontrolliert und bearbeitet. Fehlende Unterlagen werden nachgefordert. Bei Vollständigkeit
der gesamten Bauakte wird diese an die zu beteiligten Fachbehörden des Kreises bzw. andere Träger
öffentlicher Belange versandt. Deren Stellungnahme mit den erforderlichen Bedingungen, Auflagen
und Hinweisen wird der Stadt per eMail zurückgesandt. Die Bauaufsicht sammelt alle Stellungnahmen und bündelt sie. Dann wird die Baugenehmigung zusammengefasst und erteilt.
4. Die digitale Baugenehmigung
Die Baugenehmigung wird an den Bauherren geschickt. Die Pläne erhalten einen digitalen Stempel.
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A. Rechtliche Rahmenbedingungen und lokale
Besonderheiten
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Baugenehmigung
Nachdem nun die Unterlagen bei der Bauaufsicht
vorliegen, werden sie in der EDV erfasst. Die Erfassung in das EDV – Programm erfolgt manuell, dass
heißt die erforderlichen Stammdaten werden von
den Papierunterlagen in das Bearbeitungsprogramm übertragen.
Bis zur Lösung der digitalen Unterschrift im Internet
ist es daher immer noch zwingend erforderlich,
einen kompletten Satz Antragsunterlagen vom
Bauherrn unterschrieben an die Bauaufsicht zu
schicken. In Rietberg wurde daher mit einigen – am
neuen Verfahren – interessierten Architekten vereinbart, dass im Vorfeld der neue elektronische
Weg erprobt werden soll. Wegen der fehlenden
digitalen Unterschrift muss der Bauherr daher immer noch zum Schluss einen unterschriebenen
Bauantrag einreichen.
Bei der jetzigen Zwischenlösung ist noch kein medienbruchfreier Weg entstanden. Nach Lösung der
gesetzlichen Probleme kann aber die Baugenehmigung relativ schnell bei der Stadt medienbruchfrei
beantragt und erteilt werden. Alle Grundvoraussetzungen hierfür, d.h. der Aufbau der Infrastruktur,
wurden im Rahmen dieses Projekts geschaffen.
Bei den vorbereitenden Gesprächen wies ein Architekt darauf hin, dass bei den Providern im Internet
i.d.R. Restriktionen für die Größe von eMail realisiert sind. Daher können umfangreiche Zeichnungen nur unter Einschränkungen oder fast gar nicht
im Internet als Anhang einer eMail versandt werden. Zur Lösung dieser Problematik soll daher in der
Internet-Applikation www.rietberg.de ein Uploadbzw. Download-Portal für die direkte Überlieferung
von elektronischen Zeichnungen entstehen. Da zudem dieser Port aus Datenschutzgründen mit einer
SSL-Verschlüsselung geschützt ist, könnte das Vertrauen in diese Lösung deutlich erhöht werden.
B. Beteiligte am Verwaltungsprozess
Das Baugenehmigungsverfahren zeichnet sich
durch eine Vielzahl Beteiligter aus:
■ Antragsteller/Planverfasser
■ Fachkundige Dritte (Sachverständige, Statiker,
Bauleiter, usw.)
■ Intern zu beteiligende Stellen (div. Abteilungen
der Stadt Rietberg)
■ Extern zu beteiligende Stellen (div. Träger öffentlicher Belange im Raum Gütersloh/ Bielefeld)
C. Beschreibung der EDV-Ausstattung zu Beginn
des Projekts
Die Stadt Rietberg nutzt in Ihrer Bauordnungsabteilung die Anwendung ProBAUG Version 2003 des
PROSOZ Institutes Herten. Das Verfahren läuft als
Client/Server Lösung auf einem WINNT 4.0 Server
mit einer SQL Datenbank. An den sechs Arbeitsplätzen werden PCs mit WINNT 4.0, MS Office 97 und
MS Outlook 97 genutzt. Alle PCs können auf das
Internet zugreifen.
D. Darstellung des Workflows zu Beginn des Projekts
Als erstes werden die Stammdaten des Nutzers erfasst.
Die erforderlichen Stammdaten sind bei vorhandenen Daten aus einem DropDown Menu abrufbar.
Anschließend wird das Sachgebiet ausgewählt.
Die Verfahrensart legt fest, wie die weitere Bearbeitung aussieht. Hier wird dann die erforderliche
Anzahl an zu beteiligenden Stellen vorgeschlagen.
Dies muss der Sachbearbeiter dann noch prüfen
und gegebenenfalls um Stellungnahmen ergänzen.
Das Vorhaben wird aus der Vorauswahl der Antragsart ausgewählt. Daraufhin wird eine Liste der
zu erledigenden Schritte bzw. beizubringenden
Unterlagen automatisch erstellt. Nachdem die Eingabe erfolgt ist, muss noch der Bauort eingeben
werden. Auch hier kann über eine Auswahlliste sowohl die Strasse, als auch die Gemarkung ausgewählt werden.
Die Auswahlliste ist für die richtige Schreibweise
der notwendigen Eingabeparameter erforderlich.
Nur dadurch wird die richtige Schreibweise im System sichergestellt und Mehrdeutigkeit vermieden.
Nachdem alle Angaben gemacht sind, wird durch
Betätigen des OK-Buttons der Antrag angelegt. Das
Aktenzeichen wird vergeben, eine Antragsidentität
resultierend aus Sachgebiet – Verfahrensart – Vorhaben – und Vorhaben-Merkmal wird erzeugt. Resultierend aus den Angaben Gemarkung, Flur, Flurstück sowie Strasse und Hausnummer werden die
bereits im System erfassten Anträge gesucht und
automatisch ausgedruckt. Ferner wird eine Eingangsbestätigung generiert.
Alle diese Eingaben werden von den Mitarbeitern der
Bauaufsicht durchgeführt, nachdem der schriftliche Bauantrag der Stadt zugegangen ist. Danach
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Baugenehmigung
wird der Antrag vom Sachbearbeiter auf seine Vollständigkeit überprüft, bzw. es werden fehlende
Unterlagen zur Beurteilung, wie z.B. eine fehlende
Betriebsbeschreibung, nachgefordert. Auch diese
Anforderung weiterer Unterlagen erfolgt konventionell, das heißt auf dem Postweg.
Es werden die erforderlichen Beteiligungen ausgedruckt, die betreffenden planungsrechtlichen Angaben wie z.B. Außenbereich oder Bebauungsplan
ergänzt und ebenfalls konventionell an die beteiligten Fachbehörden geschickt. Diese Vorgänge erfordern Zeit. Sowohl die Erfassung wie auch das
Verschicken der Briefe an den Bauherren oder an
die Fachbehörden bedarf eines gewissen Zeitaufwandes.
E. Fallzahlen
Im Bauordnungsamt der Stadt Rietberg (ca. 28.000
Einwohner) werden im Durchschnitt 1.200 Anträge
im Jahr bearbeitet.
III. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzepts
Der Antragsteller stellt über das Internet eine Verbindung mit der Applikation www.rietberg.de her.
Über einen entsprechenden Link erreicht er die elektronische Baugenehmigung. Hier füllt er die notwendigen Eingabefelder (z.B. für den Neubau eines
Hauses) und stellt somit seinen Bauantrag. Sind
alle Eingabemasken ausgefüllt, erscheint dieses
Fenster mit einem Gesamtüberblick der eingegebenen Daten. Sind alle Einträge korrekt, kann der
Antrag abgeschickt werden.
Die hierzu notwendige Internetsoftware liefert das
PROSOZ Institut Herten. Dieses Modul ist mit der
ProBAUG-Anwendung bei der Stadt Rietberg verbunden. Entsprechend der Eingaben im Internet
wird dann eine elektronische Bauakte generiert
und dem Sachbearbeiter zur Bearbeitung vorgelegt. Dieser führt dann die notwendige Beteiligung
der internen und externen Fachdienststellen elektronisch per eMail durch. Nach deren Beteiligung
und unter der Voraussetzung, dass nur noch positive Stellungnahmen vorliegen, kann die Baugenehmigung elektronisch erteilt werden. Der Bau62
herr erhält die Genehmigung dann auch per e-Mail.
Weiterhin kann jeder Beteiligte über das Mediencenter in der Applikation auf seine individuellen
Inhalte der Akte zugreifen. Der genaue Ablauf kann
der entsprechenden Dokumentation der Stadt Herten entnommen werden.
In der Regel sind bei Providern im Internet Restriktionen in Bezug auf Größe von Anhängen geschaltet. Daher wurde bei der Stadt Rietberg ein eigenes
Up- bzw. Download-Portal geschaffen.
Da es sich in diesem Fall nur um einen kleinen Personenkreis handelt, wird ein Benutzerprofil im Vorfeld von der ADV manuell eingerichtet. Die notwendigen Benutzerdaten werden den Architekten
dann mitgeteilt.
Nachdem der Architekt sich über das Internet mit
Hilfe seiner Kennung und des Passwortes mit dem
Portal verbunden hat, kann er in einer Folgemaske
von seinem lokalen PC eine Datei auf den InternetRechner hochladen. Dazu füllt er die Felder Titel,
Beschreibung und Datei.
Der zuständige Sachbearbeiter kann dann über einen Download die Dateien nach Rietberg holen
und weiterverarbeiten.
Auch der Bauherr kann über einen Download seine
Daten wieder aus dem Internet auf seinen PC laden.
B. Realisierungsphase
1. Technische, organisatorische und personelle
Umsetzung
Da die bestehende ProBAUG Anwendung mit Hilfe
des PROSOZ Institutes erweitert bzw. vorhandene
Ressourcen, wie das Internet, optimaler genutzt
wurden, brauchten keine Veränderungen an der
Hardwareausstattung vorgenommen werden. Da
keine gravierenden organisatorischen Änderungen
erfolgten, ergaben sich auch keine personellen Veränderungen.
2. Belange des Datenschutzes
Auswirkungen auf den Datenschutz ergaben sich
nicht.
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Baugenehmigung
Die Stadt Rietberg
Internet Provider
Bei Eingang eines
Bauauftrages
Portal
Portal
ProBAUG
Upload
Download
Können die Daten aus dem
Up- und Downloadbereich
abgeholt werden
Der Sachbearbeiter
Stellt einen
Bauantrag
Schickt umfangreiche
Pläne, Daten,
Zeichnungen usw.
Grafische Darstellung des Upload-Bereichs der Stadt Rietberg
C. Anpassung des Sollkonzepts
Bislang wurden nur interessierte und ausgewählte
Architekten in einem geschlossenen Benutzerkreis
an der Lösung beteiligt. Die Beteiligung von externen Dienststellen ist geplant.
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Personenstandswesen
Teilprojekt
Melderegisterauskunft
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Melderegisterauskunft
Teilprojekt
Melderegisterauskunft
I. Ziel des Teilprojekts
Stadt Siegburg
Die Melderegisterauskunft bietet sich als OnlineDienstleistung besonders an, weil hier einerseits
hohe Fallzahlen gegeben sind, andererseits der Vorgang aber wenig komplex ist, so dass eine zügige
Umsetzung realistisch erscheint. Dies gilt auch unter Betrachtung der rechtlichen, technischen und
organisatorischen Rahmenbedingungen sowie der
Sicherheitserfordernisse.
Zudem wird sich insbesondere bei diesem Teilprojekt auch die Herausforderung der Übertragbarkeit
im Sinne der Definition des Gesamtprojekts besonders stellen, da diese Aufgabe grundsätzlich in
ähnlicher Form von allen Kommunen bundesweit
wahrgenommen wird. Da die technischen Rahmenbedingungen bereits bei den am Projekt beteiligten
Kommunen (u.a. durch unterschiedliche Einwohnerverfahren) sehr stark differieren, kommt gerade
diesem Teilprojekt hinsichtlich der Übertragbarkeit
einer realisierten Lösung eine ganz besondere Bedeutung zu.
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts
Von
Bernd Lehmann
Leiter Abteilung Technikunterstützte
Informationsverarbeitung
Stadt Siegburg
e-Mail: bernd.lehmann@siegburg.de
Inhalt
I. Ziel des Teilprojekts
66
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts 66
B. Beschreibung des angestrebten Endzustandes nach Abschluss des Teilprojekts 66
II. Beschreibung der Ausgangslage
A. Definition der kommunalen Aufgabe
B. Rechtliche Rahmenbedingungen und
lokale Besonderheiten
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung zu
Beginn des Projekts
E. Darstellung des Workflows zu Beginn
des Projekts
F. Fallzahlen
G. Kostensituation
III. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzepts
B. Ergebnisse der Differenzanalyse
zwischen Ist-Zustand und Sollkonzept
C. Anpassung des Sollkonzepts
D. Realisierungsphase
1. Konkrete Umsetzung
2. Organisatorische Veränderungen
3. Schulung von Personal
4. Belange des Datenschutzes
5. Übertragbarkeit
6. Kosten/Nutzen
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B. Beschreibung des angestrebten Endzustandes
nach Abschluss des Teilprojekts
Der überwiegende Teil der Melderegisterauskünfte
soll nach Abschluss des Teilprojekts automatisiert
abgewickelt werden. Dies bedeutet, dass der Anfragende über das Internet seine Anfrage stellen kann
und unmittelbar auf dem von ihm gewünschten
Kommunikationsweg (Internet, eMail, Fax, Post) die
Auskunft erhält. Sammelauskünfte für Großkunden sollen über einen besonders gesicherten Zugang realisiert werden. Eine manuelle Bearbeitung
durch den Sachbearbeiter soll nur noch bei Spezialfällen und bei der erweiterten Melderegisterauskunft erfolgen, wobei auch hier In- und Output
medienbruchfrei über das Internet (Input) bzw. die
gewünschten Kommunikationswege (Output) erfolgen sollen. In dem Vorgang der Melderegisterauskunft ist das Payment integriert.
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Melderegisterauskunft
II. Beschreibung der Ausgangslage
A. Definition der kommunalen Aufgabe
Zu den Aufgaben einer jeden Kommune gehört die
Erteilung von Melderegisterauskünften nach dem jeweiligen landesspezifischen Meldegesetz. Es handelt sich um eine Vielzahl von Auskünften, die bisher nach entsprechender schriftlicher Beantragung
auch schriftlich erteilt werden. Dabei gibt es verschiedene Formen der Melderegisterauskünfte.
Diesbezüglich wird auf B. verwiesen.
B. Rechtliche Rahmenbedingungen und lokale
Besonderheiten
Zulässigkeit und Umfang einer Melderegisterauskunft richten sich nach dem Meldegesetz Nordrhein-Westfalen (MG NW) in der derzeit gültigen
Fassung. Dieses unterscheidet zwischen einer Melderegisterauskunft an Behörden und sonstige öffentliche Stellen (§ 31 MG NW) und einer einfachen
( § 34 Abs. 1 MG NW ) oder einer erweiterten ( § 34
Abs. 2 MG NW ) Melderegisterauskunft.
Vereinfacht dargestellt ergibt sich folgende Praxis:
1. Behördenauskunft
An Behörden wird ohne formelle Prüfung die gewünschte Melderegisterauskunft erteilt. Die Erforderlichkeit wird als gegeben angesehen (allenfalls
›allgemeine Plausibilitätsprüfung‹ gemäß Verwaltungsvorschriften zum MG NW).
2. Einfache MRA
Die einfache Melderegisterauskunft wird jedermann erteilt.
3. Erweiterte MRA
Die erweiterte Melderegisterauskunft bedarf einer
konkreten Prüfung, ob das berechtigte bzw. rechtliche Interesse gegeben ist. Ausnahmeregelungen
und Besonderheiten etc. werden in diesem Papier
nicht betrachtet. Es wird nicht eine 100%ige-Lösung
angestrebt, sondern es wird in dieser ersten Realisierungsstufe versucht, insbesondere die Standardvorgänge und das Massengeschäft abzudecken.
Einige lokale Behörden haben im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen einen ›Online-Zugriff‹
auf den sogenannten ›verkürzten Einwohnerdatensatz‹ und benötigen demnach keine Melderegisterauskünfte in Schriftform. Dabei handelt es sich
in Siegburg um
■ das Finanzamt,
■ die Polizei sowie den
■ Rhein-Sieg-Kreis mit diversen Fachdienststellen
(Straßenverkehrs-, Sozial- und Katasteramt u.a.)
Diese Behörden sind daher auch nicht die Zielgruppe im Rahmen dieses Projekts in Siegburg, allenfalls im Rahmen der gleichzeitig mit angedachten
Realisierung einer mobilen Meldeauskunft mit Hilfe eines PDA für die Polizei.
In den übrigen Fällen erfolgt die Melderegisterauskunft – abgesehen von telefonischen Anfragen – in
schriftlicher Form.
DSMeld / XMeld
Für den Bereich des Meldewesen gibt es als Grundlage mit dem DSMeld eine bundesweit einheitliche
Datensatzbeschreibung, welche die gängigen Einwohnerverfahren weitgehend berücksichtigen.
Im Rahmen des KoopA ADV (Kooperationsausschuss ADV Bund/Länder/Kommunaler Bereich)
wird im Rahmen einer Arbeitsgruppe die Fortschreibung des DSMeld auf XML-Basis zu einem
›xMeld‹ durchgeführt. Die Ergebnisse fließen in das
Konzept ein.
Lokale Besonderheiten
Entgegen der Forderungen der Datenschutzbeauftragten NW werden bisher keine ausreichenden
Nachweise über die Erteilung von Melderegisterauskünften geführt. Es werden nicht durchgängig
Duplikate erstellt und elektronische Verzeichnisse
im geforderten Umfange geführt (Nachweis, wer
Auskünfte erhalten hat). Nach hiesigem Kenntnisstand wird dies in Nordrhein-Westfalen unterschiedlich gehandhabt. Dies sollte im Rahmen des
Projekts allerdings anders, d.h. im Sinne des Datenschutzbeauftragten, realisiert werden.
Anstehende Rechtsänderungen
Das Melderechtsrahmengesetz (MRRG) wurde im
2002 vom Bundesgesetzgeber neu gefasst. Der
Bund gibt damit den rechtlichen Rahmen vor, die
konkrete inhaltliche Ausprägung obliegt der jeweiligen Landesgesetzgebung. Die Länder sind verpflichtet, ihre Vorschriften innerhalb von zwei Jah67
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Melderegisterauskunft
ren nach Inkrafttreten der Neufassung des MRRG
anzupassen. Derzeit ist seitens des Landes NRW
noch keine entsprechende Gesetzesinitiative erfolgt. Laut Auskunft des Innenministeriums wird in
NRW auf die Ergebnisse einer länderübergreifenden Abstimmung gewartet. Da auf der Basis des
MRRG auch Änderungen hinsichtlich der Melderegisterauskunft unumgänglich sind, wurden die zu
erwartenden Änderungen bereits in dem Sollkonzept berücksichtigt. Es handelt sich gemäß §21
MRRG insbesondere um
■ das Widerspruchsrecht gegen die elektronische
Melderegisterauskunft,
■ die Möglichkeit der Sammelauskunft
■ sowie die inhaltlichen Voraussetzungen (Vorund Familiename sowie zwei weiteren gespeicherte Daten).
samten DV-Infrastruktur auf Windows 2000 in
Verbindung mit Active Directory auf Server- und
Clientseite erfolgte. Davon ist das Bürgeramt ab
Einsatzbeginn ›Meso‹ betroffen, das dann unter
SQL2000 auf einem Windows2000-Server betrieben wird.
Die ›Online Melderegisterauskunft‹ ist so konzipiert, dass sie in Siegburg mit beiden Einwohnerverfahren genutzt werden kann, um sowohl eine
Nutzung mit Wineiwo als auch einen reibungslosen Umstieg auf MESO sicherzustellen.
Das Internet-Angebot der Stadt unter www.siegburg.de wird vom Zweckverband Gemeinsame
Kommunale Datenverarbeitung Rhein-Sieg/Oberberg (GKD) gehostet. Für die Pflege der InternetSeiten kommt bei der Stadt das Redaktionssystem
IMPERIA (Version 5; seit Juni 2003 Version 7) zum
Einsatz.
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
E. Darstellung des Workflows zu Beginn des Projekts
Auf Verwaltungsseite ist das Bürgeramt für die Beantwortung der Melderegisterauskunft und die
Entgegennahme der Gebühren beteiligt. Involviert
ist auch die Stadtkasse, welche letztendlich die Vereinnahmung der Gebühren vornimmt.
Die Anfrage kann von jedermann gestellt werden,
überwiegend erfolgen Anfragen aber durch Inkassounternehmen, Rechtsanwälte, Versandhäuser
etc. und in Einzelfällen auch von Bürgern.
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung zu Beginn
des Projekts
Für den Bereich des Einwohnermeldewesens kommt
im Bürgeramt der Kreisstadt Siegburg das Verfahren ›Wineiwo‹ zum Einsatz. Es ist auf einem Windows NT4.0 -Server (SP6) installiert. Es handelt sich
um eine Datenbankanwendung unter SQL-Server
7.0 (SP1). Die Anwendung ist im Wesentlichen mit
Visual Basic entwickelt. Auf den Clients (Windows
NT Workstation 4.0) sind entsprechende exe-Dateien installiert.
Als Besonderheit ergibt sich, dass die Kreisstadt
Siegburg im Mai 2003 auf das Einwohnerverfahren
MESO der Firma HSH aus Berlin umstellt. In dem
Sollkonzept wird bereits auf dessen Erfordernisse
eingegangen. Daneben verändern sich die technischen Rahmenbedingungen in der Form, dass zu
Beginn des Jahres 2003 eine Umstellung der ge68
Die Erteilung von Melderegisterauskünften (MRA)
im Bürgeramt der Stadtverwaltung Siegburg lief zu
Projektbeginn folgendermaßen ab:
1. Die Anfragen kommen per Hauspost in das Bürgeramt und werden dort nach Buchstabengruppen an die Sachbearbeiter verteilt.
2. Einfache und erweiterte MRA werden über Wineiwo in Word erstellt (Suche der Person, Aufruf
der Funktion Melderegisterauskunft, Ausdruck
des Dokumentes) und urschriftlich an die anfragende Stelle per Post zurückgeschickt.
3. Liegen Auskunftssperren vor, wird eine Auskunft
erteilt, dass diese Person in Siegburg nicht gemeldet ist. Dabei wird folgender Text verwendet:
»XY kann mit Ihren Angaben zur Person in meinen Unterlagen als gemeldet oder gemeldet gewesen nicht ermittelt werden. Diese Auskunft
wird auch erteilt, wenn eine Auskunftssperre besteht.«
4. Auskünfte an Behörden sind gebührenfrei, andernfalls werden Gebühren in Höhe von 4 2 für
die einfache MRA bzw. 7 2 für die erweiterte MRA
erhoben. Die Gebühr richtet sich nach den Bestimmungen der Verwaltungsgebührenordnung NW.
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Melderegisterauskunft
5. Handelt es sich um eine Behördenauskunft oder
eine erweitere Melderegisterauskunft, können
zusätzliche Informationen erteilt werden. Diese
werden über einen speziellen Reiter im Einwohnerverfahren ausgewählt.
Die Bearbeitungszeiten für die Melderegisterauskünfte betragen im Bürgeramt durchschnittlich 1
Minute (einfache MRA) bzw. 3 Minuten (erweiterte
MRA). Durch die entsprechenden externen und
internen Postlaufzeiten sind Zeiträume zwischen
Absendung der Anfrage durch den Anfragenden
und Eingang der Rückantwort beim Anfragenden
von mehr als einer Woche eher der Normalfall.
F. Fallzahlen
An 15 Arbeitstagen im September 2001 wurden alle
Melderegisterauskünfte gesammelt und kategorisiert. Es handelte sich insgesamt um 1.136 Auskünfte, die sich wie folgt aufteilen:
■ 89 % einfache MRA
■ 11 % erweiterte MRA
■ 30 % gebührenfrei
■ 70 % gebührenpflichtig
■ insgesamt 405 unterschiedliche Antragsteller
■ 20 Antragsteller mit mehr als 10 Anfragen in genannten Zeitraum
Rechnet man die Zahl auf das komplette Jahr hoch,
ist für Siegburg bei angenommenen 250 Arbeitstagen von rund 19.000 Melderegisterauskünften jährlich auszugehen (bei rd. 38.000 Einwohnern).
G. Kostensituation
Aus den unter E. dargestellten Bearbeitungszeiten
resultiert unter Berücksichtigung der Fallzahlen
derzeit ein Personalbedarf in Höhe von 0,3 Stellen.
16.720 einfache MRA á 1 Minuten =
16.720 Minuten = 0,2 Stellen
2.280 erweiterte MRA á 3 Minuten =
6.840 Minuten = 0,1 Stellen
An sonstigen Kosten ist ein Betrag in Höhe ca.
11.000 2 jährlich an Portokosten zu erwähnen.
III. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzepts
Im ersten Schritt des Projekts wird versucht, das
Massengeschäft (einfache MRA) in den Varianten
Einzel- und Massenanfrage sowie den Standardfall
der erweiterten MRA umzusetzen, weil hier aufgrund der Fallzahlen das größte Potenzial gesehen
wird. Das Modul ›Melderegisterauskunft‹ kann mit
allen Funktionalitäten vollkommen losgelöst vom
eigentlichen Einwohnerverfahren realisiert werden.
Als Datenbestand für die Auskunft über das Internet dient aus rechtlichen Gründen ein Duplikat des
Melderegisters, wobei festzulegen ist, in welcher
Häufigkeit eine Aktualisierung erfolgt und inwieweit das Duplikat von den einzelnen Datenfeldern
gegenüber dem Originalbestand reduziert wird.
Die Frage ist zu erörtern, ob der Sachbearbeiter
nach dem neuen Melderechtsrahmengesetz in jedem oder nur in bestimmten Fällen die Melderegisterauskunft ›freigeben‹, d.h. auch überprüfen
muss, oder ob die Auskunft im definierten Standardfall vollständig automatisiert ablaufen kann,
was sinnvoll wäre. In Siegburg wird die automatisierte Variante präferiert. Ein ›Eingriff‹ durch den
Sachbearbeiter hätte allerdings unter Umständen
zur Folge, dass die Zahl der negativen Antworten
minimiert werden kann, da dem Sachbearbeiter
weitreichende Suchfunktionalitäten zur Verfügung
stehen und er auch Fehler bei der Anfrage zum Teil
erkennen kann (z.B. falsche Schreibweisen).
B. Ergebnisse der Differenzanalyse zwischen IstZustand und Sollkonzept
Aufgrund der rechtlichen Ausgangssituation und
der nach einer detaillierten Prüfung diverser konkreter Anfragen sehr komplexen Variationen wird
im ersten Schritt auf die Realisierung einer erweiterten Melderegisterauskunft verzichtet. Da
hier durch den Nachweis des ›berechtigten Interesses‹ in jedem Falle eine Einzelfallprüfung erforderlich ist, ist in diesem Bereich auch kein besonderer
Einsparungseffekt zu erwarten.
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Melderegisterauskunft
C. Anpassung des Sollkonzepts
Wie geschildert, musste das ursprüngliche Sollkonzept aufgrund der anstehenden gesetzlichen Neuregelungen sowie des Verzichtes auf die ›erweiterte MRA an Dritte‹ fortgeschrieben werden.
D. Realisierungsphase
Seitens der Microsoft GmbH erfolgte die Vorkonfiguration des so genannten e-Government-StarterKits auf der Basis der vorliegenden Pflichtenhefte.
Nach den ersten Tests im Sommer 2002 erfolgt die
konkrete Anpassung in Siegburg an drei Tagen im
März 2003 durch die Microsoft GmbH in Verbindung mit den für den Betrieb des Internet Servers
zuständigen Mitarbeitern des Zweckverbandes Gemeinsame Kommunale Datenverarbeitung RheinSieg/Oberberg (GKD RSO). Dabei wurden zwei Server
aufgesetzt und letztendlich auch die erforderlichen
Anpassungen für die Einbettung in den städtischen
Internet-Auftritt vorgenommen. Der Echteinsatz ist
vorgesehen, sobald das Innenministerium bzw. der
Landtag angesichts der aktuellen Rechtslage hierfür
›grünes Licht‹ gibt. Die Anwendung ist bis dahin in einer Testumgebung ablauffähig.
1. Konkrete Umsetzung
1.1. Technische Umsetzung
Aus Übersichtsgründen ist das technische Umsetzungskonzept hier grafisch dargestellt (s. unten).
1.2. Payment
Im Rahmen der Melderegisterauskunft werden in
Siegburg in der ersten Stufe die Möglichkeiten Rechnung und Lastschrift angeboten. Die Dienstleistung
wird somit erbracht, ohne dass eine gesicherte Zahlung erfolgt ist. Zu einem späteren Zeitpunkt ist angedacht, eine Payment-Plattform zu nutzen. Diesbezüglich wird auch auf die Ergebnisse des entsprechenden
Teilprojekts verwiesen bzw. es werden die Aktivitäten
des Bundes im Rahmen von ›Bund Online 2005‹ beobachtet.
Auf eine unmittelbare Kassenanbindung an das
derzeit eingesetzte Finanzverfahren ›GINFIS‹ wird im
Bereich der Melderegisterauskunft zunächst verzichtet, weil es angesichts der geringen Verwaltungs
gebühr als nicht erforderlich angesehen wird,
70
einzelne Sollstellungen zu erzeugen und im Wege des
Mahnverfahrens nach zu verfolgen. Durch die im Rahmen dieser technischen Lösung grundsätzlich aber
neu vorhandene Möglichkeit der automatisierten Einzelsollstellung,wird dieser Bereich verwaltungsintern
neu überdacht. Im herkömmlichen Verfahren war der
Aufwand in Relation zur Verwaltungsgebühr nicht
vertretbar. Die Übergabe von Buchungsdaten an das
Verfahren ›GINFIS‹ ist noch zu realisieren, alle zahlungs- und buchungsrelevanten Daten werden in der
SQL-Datenbank vorgehalten und können aus der eGovernment-Anwendung heraus in definierter Form zur
Verfügung gestellt werden.
1.3. Benutzerverwaltung
Die Benutzerverwaltung sowohl für die Anfrage als
auch die Administratoren kommt übergreifend für
alle e-Government-Anwendungen als Modul des
Starter-Kits zum Einsatz. Die Benutzer müssen sich
für die Melderegisterauskunft online registrieren.
Dabei sind allein der Anmeldename und die eMailAdresse sowie ein Kennwort Pflichtangabe. Alle
weiteren Angaben sind freiwillig, aber unter Umständen im weiteren Verfahren nützlich. So können
Formulare mit diesen Angaben bereits vorausgefüllt werden. Der Benutzer hat die Möglichkeit, seine Registrierungsdaten jederzeit zu ändern und
auch zu löschen.
Nach erfolgter Registrierung entscheidet der Fachadministrator, wenn ein Benutzer eine andere Rolle
innerhalb des Verfahrens als die standardmäßig
voreingestellte Rolle ›Bürger‹ erhalten soll. Wird
seitens des Fachadministrators beispielsweise die
Rolle ›Behörde‹ für einen Benutzer vergeben, entfällt die Gebührenpflicht, bei der Rolle ›Sicherheitsbehörde‹, z.B. für die Polizei, sind weitere Zugriffsrechte gegeben. Bei der Rolle ›Unternehmen‹ werden
die Funktionen Sammelauskunft sowie Sammelrechnung ermöglicht. Das Rollenkonzept ist beliebig
erweiterbar.
1.4. Inhaltlicher Ablauf einer Einzelanfrage
Vor- und Familienname sind bei jeder Anfrage anzugeben. Daneben müssen zwei weitere Angaben
angegeben und überprüft werden. Von den gemäß
der Neufassung des MRRG möglichen Merkmalen
wurden für die Internet-Auskunft ausgewählt: Geburtsname/frühere Namen, Geschlecht, Anschrift,
Geburtsdatum, Geburtsort.
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Melderegisterauskunft
Benutzeroberfläche 1 des e-Government Starter Kits
Benutzeroberfläche 2 des e-Government Starter Kits
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Melderegisterauskunft
Im ersten Schritt muss nach Absenden des Internet-Formulars geprüft werden, ob die Anfrage zu
einem eindeutigen Ergebnis führt. Sind mehrere
Treffer zu verzeichnen, erhält der Benutzer eine entsprechende Antwort mit der Bitte um weitere Konkretisierung der Anfrage.
Bei einem eindeutigen Ergebnis ist innerhalb der
Anwendung zunächst automatisiert zu prüfen, ob
ein Sperrvermerk gegen eine Auskunftserteilung
generell oder nur gegen eine Auskunftserteilung
über das Internet besteht. Der Anfragende erhält in
diesen Fällen als Antwort: »Die gesuchte Person
war/ist nicht gemeldet. Diese Auskunft wird auch
erteilt, wenn ein Sperrvermerk vorliegt.«.
Liegt kein Sperrvermerk vor, erhält der Anfragende
als Antwort den angefragten Vor- und Nachnamen
sowie die zuletzt der Meldebehörde bekannte Anschrift (Ort, Straße, Hausnummer).
Führt die Anfrage zu keinem Ergebnis, erhält der
Anfragende ebenfalls die Antwort: »Die gesuchte
Person war/ist nicht gemeldet. Diese Auskunft
wird auch erteilt, wenn ein Sperrvermerk vorliegt.«.
Die Antworten werden ausschließlich im AntwortBereich der Benutzerkonten zur Verfügung gestellt.
Die Benachrichtigungs-e-Mails an die Benutzer
über neue Meldungen im Konto enthalten keine
personenbezogenen Daten. Die Benutzerkonten
sind über eine SSL-Verbindung gesichert.
1.5. Ablauf einer Massenanfrage (Nicht-öffentlicher
Großkundenbereich)
Der anfragende Kunde einer Massenanfrage kann
entweder eine entsprechend strukturierte Datei
hochladen oder die Daten innerhalb der Internetanwendung erfassen. Anschließend durchläuft jeder einzelne Fall wie unter 1.4 geschildert die Anwendung und es wird nach Abschluss aller einzelnen Anfragen eine Auskunftsdatei generiert, die in
dem geschützten Bereich abgelegt wird. Die Rechnungsdaten werden in der SQL-Datenbank gespeichert und können für die Rechnungsstellung und
die Generierung von Buchungssätzen für das Finanzverfahren ›GINIFS‹ verwendet werden.
1.6 Anmerkungen
Im Testbetrieb stellte sich die Schreibweise der Vornamen, insbesondere wenn die gesuchte Person
mehrere Vornamen hat, als besonderes Problem
heraus. In Siegburg ist innerhalb der Einwohnerda72
tenbank in jedem Falle das Feld ›Rufname‹ gefüllt.
Dies erfolgt entweder durch manuelle Eingabe
durch den Sachbearbeiter im Rahmen der Anmeldung in Abstimmung mit dem Anmeldenden oder
durch automatische Generierung im Rahmen der
Anmeldung (erster Vorname aus dem Feld Vorname). Die Suchanfrage wird gegen das Feld Rufname
gerichtet. Es wird derzeit noch überlegt, ob im negativen Falle zusätzlich noch eine Suche im Feld
›Vornamen‹ durchgeführt werden soll, wobei dann
die Fragestellung zu lösen ist, wie mit mehreren
Vornamen umzugehen ist, wenn beispielsweise der
angefragte Vorname an hinterer Stelle im Feld ›Vorname‹ aufzufinden ist.
Da sich Melderegisterauskünfte auch auf nicht
mehr aktuelle Fälle beziehen können, ist dieses
Kennzeichen (›Aktuell‹, ›Historisch‹) der Datenbank
entsprechend mit zu berücksichtigen und das Ergebnis entsprechend darzustellen (statt ›ist gemeldet‹ dann ›war zuletzt gemeldet‹ mit der jeweiligen Adressangabe).
2. Organisatorische und personelle Veränderungen
Der neue Service wird zusätzlich zu der weiterhin
möglichen ›herkömmlichen‹ Beantragung angeboten und läuft weitgehend automatisiert ab. Daher
gibt es für das fachlich zuständige Bürgeramt keine
Veränderungen in der Ablauforganisation, ebenfalls sind – zumindest solange die ›Internet‹-Fallzahlen nicht eine entsprechende Dimension erhalten – personellen Auswirkungen nicht gegeben.
Im DV-Bereich sind durch den Einsatz des e-Government-Starter-Kits und das Erfordernis der Duplizierung der Einwohner-Datenbank und deren
kontinuierlicher Aktualisierung zusätzliche Betreuungs- und Überwachungsaufgaben sowohl bei der
Stadt als auch bei der Datenzentrale entstanden.
Diesbezüglich wird auf die Ausführungen zu D 7.
verwiesen.
3. Schulung von Personal
Die Schulung des Verwaltungspersonals ist durch
die Microsoft GmbH bezüglich der Benutzung der
neuen Anwendung und der Handhabung der Datenbanken erfolgt.
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Melderegisterauskunft
Benutzeroberfläche 3 des e-Government Starter Kits
Benutzeroberfläche 4 des e-Government Starter Kits
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Melderegisterauskunft
4. Belange des Datenschutzes
6. Kosten und Nutzen
Im Rahmen dieses Teilprojekts wurden seitens des
Städte- und Gemeindebundes NRW das Innenministerium NRW sowie die Datenschutzbeauftragte
kontinuierlich informiert. Durch den Einsatz einer
SSL-Verschlüsselung und die gewählte SoftwareArchitektur (Einsatz einer Kopie der EWO-Datenbank in der DMZ) sind nach dem aktuellen Stand
die datenschutzrechtlichen Belange hinreichend
berücksichtigt.
Im Rahmen des Projekts wurde das e-GovernmentStarter-Kit mit allen erforderlichen Softwarekomponenten (Windows 2000 Advanced Server, Biz Talk
Server, SQL Server u.a.) von der Microsoft GmbH kostenlos zur Verfügung gestellt. Es entstanden allein
Kosten für die lokalen Installationen und die damit
verbundenen erforderlichen Anpassungen, die auf
der Basis von Tagessätzen abgerechnet wurden.
Allerdings darf nicht verkannt werden, dass das gesamte Thema ›e-Government‹ für eine Kommune
sehr kostenintensiv ist und zunächst sehr hohe
Grundinvestitionen erforderlich sind. Denn es gilt,
die erforderliche Hard- und Software, sprich den
Internetauftritt für diesen Teilbereich in eine allen
datensicherheitstechnischen und datenschutzrechtlichen Erfordernissen genügende Umgebung
zu platzieren. Dieses Erfordernis wird die meisten
kleineren Kommunen vor allem auch finanziell
überfordern, hier empfiehlt sich die interkommunale Zusammenarbeit unter Nutzung vorhandener
Datenzentralen oder vergleichbarer Institutionen.
Nutzenaspekte für die Online-MRA sind vor allem
eine Steigerung des Bürgerservices (deutliche Verkürzung der Durchlaufzeiten) und die Entlastung
der Mitarbeiter von Routinetätigkeiten. Personelle
Einsparungen sind angesichts der Bearbeitungszeiten und Fallzahlen in einer Kommune der Größenordnung Siegburgs (40.000 EW) nicht realisierbar,
anders sieht dies in deutlich größeren Organisationseinheiten aus.
Daher ist eine Anwendung ›Online-MRA‹ für sich
losgelöst betrachtet nur dann als wirtschaftlich
anzusehen, wenn die erforderlichen Infrastrukturinvestitionen und auch laufenden Kosten (Server/
Anwendungsbetreuung u.a.) nicht allein dieser Anwendung zugerechnet werden, sondern als Basisinvestitionen für das Gesamtthema ›e-Government‹ anzusehen sind. Denn die Grundinvestitionen differieren nur unwesentlich, ob eine oder
Vielzahl von Anwendungen angeboten werden.
5. Übertragbarkeit
Die konzipierte Lösung setzt den Einsatz des e-Government-Starter-Kits der Microsoft GmbH aus. In
diesem technischen Umfeld ist eine Übertragbarkeit auf andere Kommunen, die andere EWO-Verfahren einsetzen, möglich. Neben örtlichen Anpassungen, z.B. die Integration in den Internet-Auftritt
der Kommune, ist der jeweilige Zugriff auf die Einwohnerdaten im Einzelfall zu spezifizieren.
Denkbar ist, eine im Starter-Kit grundsätzlich mögliche Duplikat-Datenbank zu füllen. In diesem Fall
muss die Ladeprozedur entsprechend der Datensatzbeschreibung des eingesetzten Einwohnerverfahrens angepasst werden.
Alternativ ist denkbar, dass das Duplikat unmittelbar aus der Einwohnerdatenbank generiert wird
und nur mit einem WebService aus dem Starter-Kit
auf die Einwohnerdaten zugegriffen wird. Dieses
Modell kommt künftig in Siegburg in Verbindung
mit MESO zum Einsatz. In diesem Falle ist das Mapping im Starter-Kit entsprechend der Datensatzbeschreibung des Duplikat-Servers anzupassen.
Sofern sich der Datensatz und auch die tatsächliche Verwendung der Datenfelder am DsMeld/
XMeld orientieren, sollte sich der Aufwand für die
Übertragung der Lösung in Grenzen halten. Wie
bisherige Erfahrungswerte zeigen, ist diese Voraussetzung leider im Detail nicht immer gegeben.
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Melderegisterauskunft
Teilprojekt
Melderegisterauskunft
I. Ziel des Teilprojekts
Stadt Rees
Die Melderegisterauskunft ist eine Dienstleistung
der Stadt Rees, die sehr oft nachgefragt wird und
derzeit verhältnismäßig lange Wegezeiten im Vergleich zu anderen Produkten aufweist. Ein Webservice in diesem Bereich bringt relativ vielen Anfragenden einen Nutzen und stellt für die Sachbearbeiter eine spürbare Entlastung dar. Dies belegen
zusammengestellte Fallzahlen und Bearbeitungszeiten, die weiter unten noch detailliert beschrieben werden.
Der arbeitsorganisatorische Aufwand für die gewünschte Umstellung auf einen Webservice ist in
diesem Falle recht überschaubar. Technische, rechtliche, und organisatorische Rahmenbedingungen
sowie hohe Sicherheitserfordernisse, sind bei der
Planung der Umstellungsaktivitäten zu berücksichtigen.
Um die entwickelten Services in möglichst viele
deutsche Städte übertragen zu können, ist eine Lösung, bei der eine grundsätzlich bundeseinheitliche
Gesetzgebung greift, sehr förderlich. Die gesetzliche Grundlage für die einfache Melderegisterauskunft ist durch Bundesgesetz (Melderechtsrahmengesetz) geregelt und somit für alle deutschen Kommunen gleich.
Es sind starke Unterschiede in den technischen Voraussetzungen der am Projekt beteiligten Städte zu
verzeichnen. Daher kommt gerade diesem Teilprojekt hinsichtlich der Übertragbarkeit einer realisierten Lösung eine ganz besondere Bedeutung zu.
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts
Von
Joachim Wetzel
IT-Leiter der Stadt Rees
e-Mail: joachim.wetzel@stadt-rees.de
Inhalt
I. Ziel des Teilprojekts
75
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts 75
B. Beschreibung des angestrebten Endzustandes nach Abschluss des Teilprojekts 75
II. Beschreibung der Ausgangslage
A. Definition der kommunalen Aufgabe
B. Rechtliche Rahmenbedingungen und
lokale Besonderheiten
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung
zu Beginn des Projekts
E. Darstellung des Workflows zu Beginn
des Projekts
F. Fallzahlen
G. Kostensituation
III. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzepts
B. Ergebnisse der Differenzanalyse
zwischen Ist-Zustand und Sollkonzept
C. Anpassung des Sollkonzepts
D. Realisierungsphase
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76
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B. Beschreibung des angestrebten Endzustandes
nach Abschluss des Teilprojekts
Das Massengeschäft der Melderegisterauskünfte
soll nach Abschluss des Teilprojekts teilautomatisiert abgewickelt werden. Der Sachbearbeiter behält Oberhand und gibt letztendlich die Daten frei.
Aus datenschutzrechtlichen Gründen wurde von
einer vollautomatisierten Auskunft abgesehen.
Dies bedeutet, dass der Internetnutzer seinen
Wunsch an die Stadtverwaltung richten kann und
unmittelbar auf dem von ihm gewünschten Kommunikationsweg via Internet, Fax oder Briefpost
die Auskunft in Textform erhält. Sammelauskünfte
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Melderegisterauskunft
sollen über einen gesicherten Zugang realisiert
werden. Lediglich in Ausnahmefällen und bei der
erweiterten Melderegisterauskunft soll eine manuelle Bearbeitung durch den Sachbearbeiter erfolgen. In diesem Vorgang der Melderegisterauskunft
wird das ePayment, die Bezahlfunktion, über das
Internet integriert.
II. Beschreibung der Ausgangslage
A. Definition der kommunalen Aufgabe
Die Melderegisterauskunft nach dem Meldegesetz
des Landes ist eine Aufgabe jeder Kommune. Es
handelt sich hierbei um eine Vielzahl verschiedener
Auskünfte, die bisher nach entsprechender schriftlicher Beantragung auch schriftlich erteilt wurden.
Nachfolgend werden die verschiedenen Formen
der Melderegisterauskünfte angerissen.
B. Rechtliche Rahmenbedingungen und lokale
Besonderheiten
Die Zulässigkeit und der Umfang einer Melderegisterauskunft richten sich nach dem Meldegesetz
Nordrhein-Westfalen (MG NW). Dieses unterscheidet zwischen einer Melderegisterauskunft an Behörden und sonstige öffentliche Stellen (§ 31 MG
NW) und einer einfachen ( § 34 Abs. 1 MG NW ) oder
einer erweiterten ( § 34 Abs. 2 MG NW ) Melderegisterauskunft.
An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass leider
nicht alle zur Zeit verfügbaren Einwohnermeldewesen respektive Programme gesetzeskonform
sind und sich somit eine Einführung als nicht ganz
unproblematisch erweist. Probleme ergeben sich
hauptsächlich beim Datenimport und beim Datenexport, wenn das in Gebrauch befindliche Einwohnerverfahren nicht kompatibel zum gesetzlich vorgeschriebenen DS-Meld ist. Hier sollten unbedingt
Informationen vom Provider (Rechenzentrum) oder
Softwarehersteller angefordert werden.
Vereinfacht dargestellt ergibt sich folgende Praxis:
Behördenauskunft
An Behörden wird ohne formelle Prüfung die gewünschte Melderegisterauskunft erteilt. Die Erforderlichkeit wird als gegeben angesehen (allenfalls
■
76
›allgemeine Plausibilitätsprüfung‹ gemäß Verwaltungsvorschriften zum MG NW)
■ Einfache MRA
Die einfache Melderegisterauskunft wird jedermann erteilt.
■ Erweiterte MRA
Die erweiterte Melderegisterauskunft bedarf einer
konkreten Prüfung, ob das berechtigte bzw. rechtliche Interesse gegeben ist. Ausnahmeregelungen
und Besonderheiten etc. werden hier nicht weiter
betrachtet. Es wird nicht eine 100%ige-Lösung angestrebt, sondern es wird in dieser Realisierungsstufe versucht, insbesondere die Standardvorgänge
und das Massengeschäft abzudecken.
DSMeld
Für den Bereich des Meldewesens gibt es als
Grundlage mit dem Datensatz für das Meldewesen
DSMeld eine bundesweit einheitliche Datensatzbeschreibung, welche die gängigen Einwohnerverfahren weitgehend berücksichtigt.
Im Rahmen des KoopA ADV (Kooperationsausschuss ADV Bund/Länder/Kommunaler Bereich)
wird derzeit im Rahmen einer Arbeitsgruppe eine
Fortschreibung des DSMeld auf XML-Basis zu einem ›XMeld‹ durchgeführt. Die Ergebnisse fließen,
sofern und soweit verfügbar, in das Sollkonzept ein.
Lokale Besonderheiten
Entgegen der Forderungen der Landesdatenschutzbeauftragten NRW werden bisher offenbar keine
ausreichenden Nachweise über die Erteilung von
Melderegisterauskünften geführt. Es werden keinerlei Duplikate erstellt und elektronische Verzeichnisse
im geforderten Umfange geführt die den Nachweis
erbringen, wer Auskünfte erhalten hat. Nach hiesigem Kenntnisstand wird dies in Nordrhein-Westfalen unterschiedlich gehandhabt. Im übrigen werden
alle e-Government-Projekte mit dem Datenschutzbeauftragten der Stadt Rees abgestimmt.
Bevorstehende Rechtsänderungen
Das Melderechtsrahmengesetz (MRRG) wurde
während des Projekts am 25. 03. 2002 neu gefasst.
Das Landesmeldegesetz NRW soll Mitte des Jahres
2003 an das neue MRRG angepasst werden. Für den
Austausch der Meldedaten zwischen den Behörden
(government to government) ist die Nutzung des
Behördennetzes TESTA angedacht. Im Arbeitskreis 1
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Melderegisterauskunft
der Innenministerkonferenz wurde zu diesem Thema eine Unterarbeitsgruppe gebildet.
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
Auf Verwaltungsseite ist das Bürgeramt für die Beantwortung der Melderegisterauskunft und die
Entgegennahme der Gebühren beteiligt. Involviert
ist auch die Stadtkasse, welche letztendlich die Vereinnahmung der Gebühren vornimmt.
Die Anfrage kann von jedermann gestellt werden,
überwiegend erfolgen Anfragen aber durch Inkassounternehmen, Rechtsanwälte, Versandhäuser
etc. und in Einzelfällen auch von Bürgern.
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung zu Beginn
des Projekts
In Rees befand sich zur Projektbeginn im betroffenen Fachbereich folgende EDV-Ausstattung
Arbeitsplätze:
■ Windows 2000
■ Office 2000 Pro (incl. Outlook 2000, IE6.0)
■ NetMeeting
■ VShield-Virenscanner
Server:
■ Windows 2000 Server
■ Exchange 2000 Server
■ SQL 2000 Server
■ Host Integration Server
■ ISA Server
■ Softwarebetankung über PXE, MSIDaten werden
auf DFS gespeichert
hörden sind gebührenfrei, andernfalls werden Gebühren in Höhe von 4 2 für die einfache MRA bzw.
7 2 für die erweiterte MRA erhoben.
Die Gebühr richtet sich nach den Bestimmungen
der Verwaltungsgebührenordnung NRW.
Die Bearbeitungszeiten für die Melderegisterauskünfte betragen im Bürgeramt durchschnittlich 2
Minuten (einfache MRA) bzw. 4 Minuten (erweiterte MRA).
F. Fallzahlen
Nach Hochrechnung der Ergebnisse eines vierwöchigen Erhebungszeitraums kann festgelegt werden, dass innerhalb eines Jahres ca. 4.900 einfache
MRA und ca. 1.700 erweiterte MRA anfallen. Die
Stadt Rees hat ca. 22.000 Einwohner.
G. Kostensituation
Aus den unter E. dargestellten Bearbeitungszeiten
resultiert unter Berücksichtigung der Fallzahlen
derzeit ein Personalbedarf in Höhe von 0,24 Stellen.
4.900 einfache MRA á 2 Minuten =
9.800 Minuten = 0,14 Stellen
1.700 erweiterte MRA á 4 Minuten =
6.800 Minuten = 0,1 Stellen
An sonstigen Kosten ist ein Betrag in Höhe ca. 4.500
2 jährlich an Porto-, Druck- und Materialkosten zu
erwähnen.
III. Umsetzung des Teilprojekts
Die für eine ›Online-Melderegisterauskunft‹ erforderlichen Komponenten wurden bereits eingesetzt. Näheres wird im Sollkonzept beschrieben.
Das Internet-Angebot der Stadt unter www.stadtrees.de wird von einem privaten Anbieter und dem
Kommunalen Rechenzentrum Niederrhein in
Moers (KRZN) gehostet. Für die Pflege der InternetSeiten kommt bei der Stadt Rees das Redaktionssystem RED der Firma CMM Wesel zum Einsatz.
E. Darstellung des Workflows zu Beginn des Projekts
Die Anfragen gehen regelmäßig per Post ein und
werden intern an die Sachbearbeiter weiter geleitet und schriftlich beantwortet. Auskünfte an Be-
A. Erstellung eines Sollkonzepts
Im ersten Schritt wurde versucht, das Massengeschäft (die einfache MRA) sowie den Standardfall
der erweiterten MRA umzusetzen, weil hier aufgrund der Fallzahlen das größte Einsparungspotenzial gesehen wird. Das Modul ›Melderegisterauskunft‹ kann mit allen Funktionalitäten vollkommen
losgelöst vom eigentlichen Einwohnerverfahren
realisiert werden.
Als Datenbestand für die Auskunft über das Internet dient ein Duplikat des Melderegisters, wobei
festzulegen ist, in welcher Häufigkeit eine Aktualisierung erfolgt und inwieweit das Duplikat von den
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Melderegisterauskunft
einzelnen Datenfeldern gegenüber dem Originalbestand reduziert wird.
In der Stadt Rees war es der Wunsch der Sachbearbeiter, dass jeder Fall, mit Ausnahme des Polizeizugriffs, durch den Meldeamtssachbearbeiter freigegeben werden muss. Eine vollkommen automatisierte Auskunft soll dem Benutzerkreis ›Polizei‹
vorbehalten bleiben.
C. Anpassung des Sollkonzepts
Im Rahmen des Sollkonzeptes wird der Wunsch
nach einer Standardisierung der e-GovernmentSoftware auf Landes- oder Bundesebene unterstrichen. Die elektronische Unterschrift wäre als Basismodul eine richtungweisende Ergänzung.
D. Realisierungsphase
B. Ergebnisse der Differenzanalyse zwischen IstZustand und Sollkonzept
Zur Zeit der Erstellung der Dokumentation wurde
die Version 1.01 des e-Government Starter Kits installiert, das die Funktionen der Meldeauskunft realisiert. Diese im Projekt hergestellte Entwicklung,
die auch von der Stadt Siegburg (vgl. zu Einzelheiten deren Dokumentation) im Projekt entwickelt
wurde, umfasst als Modul die Melderegisterauskunft über das Internet. Aufgrund der engen finanziellen Haushaltslage der Stadt wird die Installation durch die EDV-Abteilung der Stadt Rees selbst
durchgeführt. Mit der Differenzanalyse wird nach
Abschluss der Neuinstallation begonnen.
Eingangsseite für Melderegisterauskünfte der Stadt Rees
78
In einem Testumfeld der Stadt Rees läuft die Lösung bereits. Als wenig projektdienlich erweist sich
die Tatsache, dass der Provider der Einwohnerdaten
der Stadt Rees, das KRZN Moers, die Einwohnerdaten der Stadtverwaltung Rees lediglich in einem
bestimmten, nicht DS-Meld-kompatiblen Format
anbieten kann. Da dieses Projekt auf den gesetzlich
vorgeschriebenen Standard zum Datenaustausch
DSMeld und den daraus resultierenden empfohlenen Standard Xmeld 1.0 oder Xmeld 1.1 aufbaut,
ergeben sich hier Verzögerungen bei der Realisierung. Es wird erwogen, in einer Paralleldatenbank
die Daten zu pflegen.
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Melderegisterauskunft
Teilprojekt
Melderegisterauskunft
I. Ziel der elektronischen
Melderegisterauskunft
A. Gründe für die Auswahl der elektronischen
Melderegisterauskunft
Stadt Rietberg
Von
Ferdinand Hörster
Sachgebietsleiter EDV
Stadt Rietberg
e-Mail: ferdinand.hoerster@stadt-rietberg.de
Inhalt
I. Ziel der elektronischen
Melderegisterauskunft
A. Gründe für die Auswahl der elektronischen Melderegisterauskunft
B. Beschreibung des angestrebten
Endzustandes
II. Beschreibung der Ausgangslage
A. Definition der kommunalen Aufgabe
und rechtliche Rahmenbedingungen
B. Beteiligte am Verfahrensprozess
C. Beschreibung der EDV-Ausstattung
zu Beginn des Projekts
D. Darstellung des Workflows
zu Beginn des Projekts
E. Fallzahlen
III. Umsetzung des Teilprojekts
79
79
79
80
80
80
Nach intensiver Diskussion hat sich der Arbeitskreis
Einwohnermeldewesen (EWO) des Städte- und Gemeindebundes NRW auf die Melderegisterauskunft
(MRA) im Internet als neue Online-Dienstleistung
der Kommunen geeinigt.
Die Lösung soll das in der Verwaltung eingesetzte
Einwohnermeldeverfahren mit dem Internet verbinden. Die elektronische MRA soll, im Rahmen eines zu schaffenden e-Government Portals der
Stadt, als neue Dienstleistung angeboten werden.
Als lokale Besonderheit sollen auch die Sicherheitsund Rettungskräfte der Stadt (Polizei und Feuerwehr) ein neues Informations- und Auskunftsmenü
über das Internet erhalten. Dabei sollten sowohl
standortgebundene Abfragen (z.B. Rettungswache
Gütersloh) als auch mobile Abfragen (Ipaq H3850
der Fa. Compaq) über eine kombinierte Mobilfunk-/
Internetschnittstelle (WAP) möglich sein.
Die gefundene Lösung soll mit Hilfe von StandardSoftwareprodukten aus dem Hause Microsoft realisiert und zu überschaubaren Kosten auf andere
Städte und Gemeinden übertragen werden können.
B. Beschreibung des angestrebten Endzustandes
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80
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81
81
82
A. Ist-Zustand und Sollkonzept
B. Realisierungsphase
1. Organisatorische und
Personelle Änderungen
2. Technische Umsetzung
3. Verfahrensablauf
4. Schulung von Personal
5. Belange des Datenschutzes
82
82
82
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83
IV. Übertragbarkeit auf andere
Kommunen
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Der überwiegende Teil der Melderegisterauskünfte
soll nach Abschluss des Teilprojekts automatisiert
abgewickelt werden. Dies bedeutet, dass der Anfragende über das Internet seine Anfrage stellt und
innerhalb kurzer Zeit die Auskunft erhält. Sammelauskünfte sind über einen gesicherten Zugang
möglich. Eine manuelle Bearbeitung durch den
Sachbearbeiter soll nur noch bei Spezialfällen oder
der erweiterten Melderegisterauskunft medienbruchfrei erfolgen.
In der realisierten Lösung ist die Bezahlfunktion
aufgrund der Problematik der unsicheren Bezahlwege im Internet, zunächst nicht integriert.
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Melderegisterauskunft
II. Beschreibung der Ausgangslage
A. Definition der kommunalen Aufgabe und
rechtliche Rahmenbedingungen
Jede Kommune ist verpflichtet, eine MRA entsprechend des Meldegesetzes NRW (MG NRW) zu erteilen:
■ Behördenauskunft §31 MG NW
An Behörden und sonstige öffentliche Stellen wird
ohne formelle Prüfung die gewünschte Melderegisterauskunft erteilt. Die Erforderlichkeit wird als
gegeben angesehen.
■ Einfache MRA §34 Abs. 1
Die einfache Melderegisterauskunft wird jedermann erteilt (nach Ermessen).
■ Erweiterte MRA §34 Abs. 2
Die erweiterte Melderegisterauskunft bedarf einer
konkreten Prüfung, ob das berechtigte bzw. rechtliche Interesse gegeben ist.
Bevorstehende Rechtsänderungen
Das Melderechtsrahmengesetz (MRRG) liegt seit
2002 in der Neufassung vor. Das Sollkonzept berücksichtigt auch schon die neuen Erfordernisse.
Die Länder sind verpflichtet, ihre Vorschriften
innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der
Neufassung des MRRG anzupassen. In NRW soll
eine Umsetzung noch im Jahr 2003 erfolgen. Eine
erweiterte MRA über das Internet ist nicht zulässig.
B. Beteiligte am Verfahrensprozess
Auf Verwaltungsseite ist das Bürgerbüro für die Beantwortung der Melderegisterauskünfte und die
Entgegennahme der Gebühren verantwortlich.
Ebenso ist die Stadtkasse an der Vereinnahmung
und Verbuchung der Gebühren beteiligt.
Überwiegend fragen Inkassounternehmen, Rechtsanwälte, Versandhäuser etc. und in Einzelfällen
auch interessierte Bürger nach Adressen. Von Amts
wegen werden sehr viele Anfragen von beteiligten
Behörden (Polizeistation Rietberg, Kreispolizei Gütersloh, Kfz-Zulassungsstelle Gütersloh etc.) gestellt. Diese werden entweder telefonisch oder
schriftlich beantwortet.
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C. Beschreibung der EDV-Ausstattung zu Beginn
des Projekts
In Rietberg gab es zu Projektbeginn folgende EDVAusstattung:
Bürgerbüro/6 Arbeitsplätze:
■ 5 PC Window 95 (Proz. Celeron 333 Mhz, 64 MB
Speicher, 100 MB FD)
■ 1 PC Windows NT 4.0/Patch 5, (Proz. Celeron 333
MHz, 64 MB Speicher, 100 MB FD Netzwerkkarte)
■ 7 Laserdrucker Kyocera Fs1700 (10 Seiten/Min.)
■ 1 Nadeldrucker OKI FB 390
■ MS-Office 97 (Word, Excel, Outlook)
■ Pervasive SQL 2000i Client Software
■ Crystal Report Ver. 6.0.1.135 der Fa. Seagate
ADV/Server:
1 Compaq ProLiant Windows NT 4.0/Patch 5 Server (Doppelprozessor PII 350 MHz, 512 MB, 3 x 6 GB
Raid 1 gespiegelt, 100 MB FD Netzwerkkarte)
■ Datenbanksystem Pervasive SQL 2000i
■
EWO – Verfahren:
Die Daten werden mit Hilfe des EWO-Verfahrens
MPS (Rel. 7.3) der Fa. MPS aus Koblenz verarbeitet.
Merkmale dieses Verfahrens sind:
■ Das Verfahren ist ein dezentrales Windows Client/
Server Verfahren.
■ Die Datenhaltung erfolgt zentral in einer Pervasive
Datenbank (Vers. 2000i) auf dem Server.
■ Die EWO-Daten werden auf den PC-Clients (Win
95 + Win NT Vers. 4.0) gelesen und verarbeitet.
■ Im Netzwerk werden Switches der Fa. Allied Telesyn
verwandt.
Das Internet-Angebot ›www.rietberg.de‹ wird von
den Fa. MFS und codeX in Paderborn gehostet. Die
Pflege der Internet-Seiten erfolgt bei der Stadt
Rietberg als PHP-Programmierung und zu einem
geringen Teil bei der Fa. codeX in Paderborn.
D. Darstellung des Workflows zu Beginn des Projekts
Die konventionelle MRA wird der Verwaltung auf
dem Postweg zugesandt. Ein Mitarbeiter prüft und
bearbeitet die Anfrage. Anschließend erhält der
Auftraggeber mit Hilfe eines vorgegeben Standardbriefs seine Antwort.
Auskünfte für Behörden sind gebührenfrei. Als Ge-
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Melderegisterauskunft
Stadt Rietberg Rathaus
Anfragen in der Zukunft
www
Win 2000
Datenaustausch
Digitalisierter
Datenverkehr
Bürger der Stadt
Großkunden
Inkasso-Unternehmen
Web-Service
E-Government
.NET
Umgebung
Server der Stadt
EWO Datenbank Rietberg
Win NT 4.0
Pervasive
Der Bürger, Großkunde oder das Inkasso-Unternehmen stellt seine
Anfragen über die Internetpräsenz der Stadt mit Digitaler Signatur
(mit der auch die Gebühren beglichen werden)
Workflow MRA nach dem Sollkonzept
bühr für die einfache MRA sind 4 2 und für die erweiterte MRA 8 2 in Rechnung zu stellen.
E. Fallzahlen
Das Bürgerbüro verwaltet in Rietberg ca. 30.000
Einwohner. An historischen Fällen werden zusätzlich 23.000 Datensätze betreut.
Aufgrund einer Erhebung wurden im ersten Halbjahr 2001 in Rietberg 447 MRA abgefragt und erteilt. Die Stadt Rietberg hat ca. 29.000 Einwohner.
III. Umsetzung des Teilprojekts
A. Ist-Zustand und Sollkonzept
In einem ersten Schritt erfolgt die Umsetzung der
einfachen MRA im Internet. Das neue Internetangebot arbeitet parallel zum MPS-Verfahren. Für das
Bürgerbüro entsteht so eine Arbeitserleichterung. Das
fachliche Lösungskonzept sieht folgendermaßen aus:
■ Der Bürger stellt zukünftig seine MRA über ein
entsprechendes Formular im Web-Portal.
■ Zu diesem Zweck muss das Bürgerbüro seine Anfrage mit Hilfe eines Requestschlüssels frei schalten lassen. Der Bürger erzeugt durch seine Anfra-
ge eine Freischaltabfrage bei dem Administrator
der Anwendung.
■ Nach Prüfung und Freigabe der Anfrage mit Hilfe
eines Requestschlüssels wird die Abfrage an den
neuen EWO-Server der Stadt geleitet. Dieser
prüft und bearbeitet die Anfrage. Die Auskunft
wird dann automatisch dem Bürger am Bildschirm mitgeteilt.
Bei der Erarbeitung des Sollkonzeptes wurden auch
die Erfahrungen der Städte Rees und Siegburg eingearbeitet. Zusammen mit der Fa. Microsoft wurde
für die Stadt Rietberg nachfolgende ADV-Infrastruktur entwickelt:
■ Mit Hilfe eines Pervasive ODBC Datenbank Moduls werden die EWO-Daten regelmäßig (alle 24
Std., Start um 23.00 Uhr) auf einen zusätzlichen
neuen Windows 2000 Server (EWO Kopie, MS-SQL
2000 Datenbank und .net-Umgebung) gedoppelt.
■ Beim Internet-Provider MFS in Paderborn wurde
ein zusätzlicher Web-Server (Windows 2000, .netUmgebung) als Verbindungsrechner für das
Internet installiert. Auf diesem Rechner wurde mit
Hilfe der Fa. Microsoft unter der .net-Umgebung ein
Web-Verbindungsservice geschaffen. Eine elektronische MRA wird über diesen Service an den EWO81
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Melderegisterauskunft
B. Realisierungsphase
neuen Rechner eingespielt (Ersterfassung ).
Als weiteres wurde die Router-Router Verbindung
zwischen Paderborn und Rietberg realisiert. Aufgrund der guten Vorbereitung der Fa. Microsoft, bzw.
der Erfahrungen in Rees und Siegburg, wurde die Lösung im Juni 2002 implementiert. Die Installation des
aktuellen e-Government Starter Kits der Fa. Microsoft
erfolgte als weiteres Frühjahr 2003. Dieses löste die
Beta-Lösung ab. Das Starter Kit wird insbesondere im
Beitrag der Stadt Siegburg zur Melderegisterauskunft
vertieft beschrieben.
Seit Oktober 2002 arbeitet die Kreispolizeibehörde
Gütersloh mit der Behördenauskunft im e-Government-Verfahren. Die ersten Erfahrungen sind positiv.
Eine Ausweitung auf weitere Behörden des Kreises ist
in Vorbereitung.
Zusätzlich wird jetzt jede Nacht regelmäßig die Änderungen der EWO-Daten auf dem e-GovernmentRechner nachvollzogen.
1. Organisatorische und personelle Änderungen
3. Verfahrensablauf
Da der neue Service bei der Stadt Rietberg zusätzlich angeboten wird, brauchen keine Veränderungen an der Ablauforganisation des Bürgerbüros
vorgenommen werden.
Für die ADV ergibt sich zusätzlich die Aufgabe, einen Windows-Server in Rietberg zu betreiben. Die
Doppelung der EWO-Daten erfolgt automatisch
mit Hilfe der ODBC-Software aus einer Zeitwarteschlange heraus.
Der Internetverbindungsrechner wird vom Dienstleister MFS in Paderborn, gegen ein entsprechendes Entgelt, betreut und gehostet.
Personelle Veränderungen ergeben sich durch die
neue Lösung nicht.
Standardgemäß stellt die Fa. Microsoft im Rahmen
des neuen e-Government Starter Kit eine komfortable Benutzerverwaltung zur Verfügung.
Das Bürgerbüro erhält zur Verwaltung der Benutzer folgende Möglichkeiten:
■ Bearbeitung der Registerdaten aller Benutzer
■ Löschen einzelner Benutzers
■ Zuweisung der Rollen für Benutzer und andere
Behörden
■ Erstellen von Sammelrechnungen
■ Auswertungen und Statistiken
Dem Auskunftsersuchenden ergeben sich im Internet folgenden Möglichkeiten:
■ Automatische Selbstregistrierung (nur für Einfache MRA)
■ Bearbeitung des eigenen Benutzerprofils
■ Benutzerbezogener Frage- und Antwortbereich
■ Durchführung der elektronischen MRA
■ Die beteiligten Behörden können im Rahmen definierter Behördenrollen auf die Einwohnermeldedaten der Stadt zugreifen.
Kopie-Rechner geleitet, von diesem bearbeitet und
beantwortet. Zu diesem Zweck wird zwischen der
Stadt Rietberg und dem Provider in Paderborn eine
entsprechende ISDN-Leitung (64 KB, BinTec Router)
als Wählleitung geschaltet. Die dafür notwendige
Software wurde von der Fa. Microsoft in der Programmiersprache ›C#‹ programmiert.
Über das Internet stehen die EWO-Daten folgendem Benutzerkreis zur Verfügung:
■ Beteiligte Behörden können über Internet Melderegister-Anfragen starten (z.B. Kreis Gütersloh, …)
■ Interessierte Personen (Notare etc.)
■ Interessierte Bürger
■ Polizei und Feuerwehr (über standortgebundene
PCs z.B. in der Kreisleitstelle Gütersloh)
■ Polizei und Feuerwehr (über mobile Abfragegeräte
PDA der Fa. Compaq/WAP-Handy-Schnittstellen).
2. Technische Umsetzung
In einem ersten Schritt wurden mit Hilfe einer Ausschreibung die notwendigen Server beschafft. Die
Windows Betriebssysteme wurden von Kräften der
ADV eingespielt. Ebenso die ›Net-Software‹ und die
notwendigen Datenbanken.
Die Fa. Microsoft hat die neue EWO-Datenbank (SQL
2000) entsprechend der Vorlage der DSMeld bzw.
XMeld und in Anlehnung an die alte EWO-Datenbank
eingerichtet. Dann wurden die EWO-Originaldaten
von dem alten EWO-Rechner ausgelesen und auf den
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4. Schulung von Personal
Die Fa. Microsoft hat die ADV in die Benutzung der
neuen Anwendung und in die Handhabung der Datenbanken eingewiesen.
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Melderegisterauskunft
E-Government-Struktur
Abt 33
Abteilung
Interne Abfragen
Sicherheitsprüfung
-Physikalisch
-Logisch
Wahlabt
- SSL Schlüsseltechnologie
Internet
Provider
-EWO
-EWO
Original
Kopie
Software / Firewall
www.rietberg.de
Intranet
· upload
· e-Government
WEB Service
Hardware /Firewall
Feuerwehr
Mobil. WAP
Polizei
PDA. WAP
Bürger
Feuerwehr, Polizei
Notare
etc.
SSL
SSL
SSL
SSL
SSL
Behörden
Online-Melderegisterauskunft-Struktur
5. Belange des Datenschutzes
In Rietberg fand im Projekt eine Besprechung mit
Vertretern der Datenschutzbeauftragten des Landes NRW statt. Wegen der hohen Sensibilität der
EWO-Daten bzw. den neuen Abfragemöglichkeiten
für die Polizei wurde die gewählte Konzeption besprochen. Insbesondere der e-Government WebService, die Polizeischnittstelle und eine sichere
Kommunikation im Internet wurden intensiv auf
die Datensicherheit untersucht und beurteilt. Das
Ergebnis war, dass u.a. durch den Einsatz der SSLVerschlüsselung und der gewählten SoftwareStruktur die Belange des Datenschutzes erfüllt
sind. Weitere Detailfragen wurden über den Städte- und Gemeindebund NRW mit der Datenschutzbeauftragten geklärt.
IV. Übertragbarkeit auf andere
Kommunen
Die entwickelte Lösung lässt sich sehr leicht auf andere Kommunen übertragen:
Grundvoraussetzung ist allerdings das Vorhanden sein vom Microsoft e-Government Starter Kit
mit den Bestandteilen Windows 2000 Server, SQL
2000, BizTalk 2000, IIS usw.
■ Mit Hilfe der Spiegelung der EWO-Daten ist die
Rietberger Lösung auf jede Verwaltung übertragbar.
■ Der Internet-Verbindungsrechner kann entweder
bei der ADV, der Kommune oder bei einem entsprechenden Provider installiert sein.
■ Die SSL-Verschlüsselungstechnologie muss aus
Datenschutzgründen immer realisiert sein.
■
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Personenstandswesen
Teilprojekt Steuerwesen/
Müllgefäss-Änderung
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Steuerwesen/Müllgefäss-Änderung
Teilprojekt Steuerwesen/Müllgefäß-Änderung
Stadt Coesfeld
Von
Werner Eising
Projektleiter e-Government
Stadt Coesfeld
e-Mail: werner.eising@coesfeld.de
Inhalt
I. Ziele des Teilprojekts
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts
1. Kundenorientierung
2. Rationalisierung
3. Imagegewinn
4. Nutzung des im Projekt erfahrenen
Zusatzwissens
5.Warum bietet sich das Steuerwesen –
An-, Ab- und Ummeldungen von Müllabfuhrgefäßen – im Rahmen des
Projekts an?
B. Angestrebter Endzustand nach
Abschluss des Teilprojekts
C. Beschreibung der Ausgangslage
D. Definition der kommunalen Aufgabe
E. Rechtliche Rahmenbedingungen und
lokale Besonderheiten
F. Beteiligte am Verwaltungsprozess
G. Beschreibung der EDV-Ausstattung zu
Beginn des Projekts
1. Allgemein
2. An-, Ab-, und Ummeldung von
Müllabfuhrgefäßen
H. Darstellung des Workflows zu Beginn
des Projekts
1. Arbeitsablauf
2. Bearbeitungszeiten
I. Fallzahlen
J. Kostensituation
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II. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzeptes
1. Prozessablauf – grafische Darstellung
2. Details/Plausibilitäten (Vorgaben der
Fachbereiche Finanzen und Controlling
sowie Bauen und Umwelt)
3. Bescheiderteilung
B. Anpassung des Sollkonzepts
1. Zugang
2. Objekt auslesen
3. Änderungsmaske
4. Mitteilung an den Entsorger
5.Weitere Verarbeitungshinweise
6. Zusammenfassung des Sollkonzepts
aus der Anwendersicht
C. Realisierungsphase
1. Technische Umsetzung
2. Organisatorische Veränderungen
3. Schulung der betroffenen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
4. Belange des Datenschutzes und der
Datensicherheit
5. Rollout
6. Kommunikation der Ergebnisse in
Politik und Öffentlichkeit
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89
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Steuerwesen/Müllgefäss-Änderung
I. Ziele des Teilprojekts
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts
Das Steuerwesen – konkret: An-, Ab- und Ummeldungen von Müllabfuhrgefäßen – sollte als erstes onlinefähiges Dienstleistungsangebot der Stadt Coesfeld
im Rahmen des e-Government-Projekts realisiert
werden. Hierbei wurden folgende Ziele verfolgt:
1. Kundenorientierung
die neue Dienstleistung kann außerhalb der Öffnungszeiten (zeitlich unabhängig) und außerhalb des Rathauses (räumlich unabhängig) genutzt werden,
■ die Dienstleistung kann schneller abgewickelt
werden,
■ die Inanspruchnahme für den Kunden mit Internetzugang ist einfacher,
■ das Dienstleistungsangebot der Stadt Coesfeld
wird damit ausgeweitet,
■ das neue Angebot ermöglicht eine Qualitätssteigerung (Fehlervermeidung, Plausibilitätskontrollen bei Eingaben, schnellere Bearbeitung), Rationalisierung
■
2. Rationalisierung
Prozessoptimierung und Nutzung von Synergieeffekten zur Beschleunigung des Verfahrens und
Arbeitsersparnis in der Verwaltung,
■ Entlastung und Vermeidung von Doppelarbeiten
■
5.Warum bietet sich das Steuerwesen – An-, Ab- und
Ummeldungen von Müllabfuhrgefäßen – im Rahmen des Projekts an?
Die Stadt Coesfeld hat sich aus folgenden Gründen
gerade für diesen Prozess entschieden:
Es ist keine verwaltungsinterne Anwendung vorhanden. Ein Dienstleistungsangebot der Datenzentrale von Coesfeld (CITEQ, Münster) wird z.Zt.
(noch) nicht genutzt.
■ Eine Authentifizierung des Bürgers per digitaler
Signatur ist nicht erforderlich.
■ Es gibt keine gesetzliche Bestimmungen, welche
■ die digitale Signatur erforderlich machen,
■ über die allgemeinen Bestimmungen des Datenschutzes hinausgehen,
■ besondere Aufbewahrungsfristen regeln.
■ Es sind keine zusätzlichen Unterlagen beizufügen.
■ Eine Bezahlfunktion ist nicht erforderlich, da das
Verfahren an sich kostenfrei ist.
■ Es existieren zwei zu realisierende Schnittstellen
zwischen Verwaltung und
■ Bürger/innen (G2C) sowie
■ Entsorgungsunternehmen (G2B).
■
Das Verfahren bringt bereits beim internen Einsatz
(Intranet) Vorteile, da es auch durch das Bürgerbüro, das Steueramt sowie im Fachbereich Bauen und
Umwelt für schriftlich, mündlich oder telefonisch
eingehende Anträge genutzt werden kann.
B. Der angestrebte Endzustand nach Abschluss
des Teilprojekts
3. Imagegewinn
Die An-, Ab- und Ummeldung von Müllgefäßen
soll medienbruchfrei als zusätzliches Serviceangebot im Internet möglich sein.
■ Darüber hinaus soll dieses Verfahren gleichzeitig
von den zuständigen MitarbeiterInnen im Intranet genutzt werden. Details werden unter dem
Punkt ›Sollkonzept‹ beschrieben.
■
Akzeptanz der Dienstleistung,
■ besondere Berücksichtigung von Kundenbedürfnissen,
■ Einsatz innovativer Technik
■
4. Nutzung des im Projekt erfahrenen Zusatzwissens
hinsichtlich
C. Beschreibung der Ausgangslage
des methodischen Vorgehens,
■ der typischen Problemstellungen,
■ der zur Lösung benötigten Ressourcen und
■ der Vermeidung von Fehlinvestitionen und ›Sackgassen‹
■
Im Bürgerbüro, im Steueramt sowie im Fachbereich
Bauen und Umwelt der Stadt Coesfeld werden eingehende Anträge zur An-, Ab- und Ummeldung von
Müllabfuhrgefäßen bearbeitet. Die Anträge wer87
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Steuerwesen/Müllgefäss-Änderung
den schriftlich, telefonisch oder mündlich durch die
Bürger gestellt. Nach Prüfung wird gegebenenfalls
ein Auftrag an den Entsorger erteilt.
D. Definition der kommunalen Aufgabe
Das Einsammeln und Befördern der Abfälle zu den
vorgegebenen Entsorgungsanlagen ist Aufgabe der
Stadt Coesfeld.
E. Rechtliche Rahmenbedingungen und lokale
Besonderheiten
sen, Einwohnerwesen, Sozialwesen, …) BS2000-Anwendungen der CITEQ in Anspruch genommen.
Alle Verwaltungsmitarbeiter verfügen über einen
eingeschränkten Internetzugang, d.h. sie können
nur bestimmte Internetadressen aufrufen (Telefonauskunft, Bahnauskunft, Extranet StGB NRW, …).
35% der Mitarbeiter haben einen Vollzugriff auf das
Internet.
Eingesetzt werden die Betriebssysteme Windows
NT 4.0, Windows 2000, Windows XP, Reliant UNIX
5.44 und Linux 7.1.
2. An- Ab, und Ummeldung von Müllabfuhrgefäßen
Folgende Vorschriften sind zu beachten:
■ Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz
■ Landesabfallgesetz
■ Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG)
■ Abgabenordnung (AO 1977)
■ Satzung über die Abfallentsorgung in der Stadt
Coesfeld
■ Satzung über die Erhebung von Gebühren für die
Benutzung der öffentlichen Abfallentsorgung der
Stadt Coesfeld
Anzahl, Art und Größe der vorhandenen Abfallgefäße sind Grundlage der Erhebung von Benutzungsgebühren.
F. Beteiligte am Verwaltungsprozess
Neben den MitarbeiterInnen des Bürgerbüros, des
Fachbereiches Finanzen und Controlling (Steuern)
sowie des Fachbereiches Bauen und Umwelt ist das
mit der Müllabfuhr beauftragte Entsorgungsunternehmen beteiligt.
G. Beschreibung der EDV-Ausstattung zu Beginn
des Projekts
1. Allgemein
Die Arbeitsplätze der MitarbeiterInnen in Coesfeld
sind zu 100% mit PCs (Windows NT Client mit MS
Office 97, Windows XP mit Office 2000 und Exchange 5.5) ausgestattet. Neben einer Vielzahl spezieller
Fachanwendungen (Sitzungsdienst, Standesamt,
Kämmerei, Gewerbeamt, Hoch- und Tiefbauabteilung), werden im Bereich der ›Wesen‹ (Steuerwe88
Im Verfahren erfolgte zur Projektbeginn bis auf eine
edv-unterstützte Formulargenerierung keine technische Unterstützung.
H. Darstellung des Workflows zu Beginn des Projekts
1. Arbeitsablauf
Neue Bestellungen oder Änderungswünsche
(zusätzliche Gefäße, größere, kleinere etc.) werden bisher telefonisch, schriftlich, per Fax, per
E-Mail oder persönlich vom Bürger im Bürgerbüro
oder in der Steuerabteilung der Stadtverwaltung
Coesfeld vorgetragen.
■ Gefäßänderungen werden von den MitarbeiterInnen in ein Formular am Bildschirm eingetragen,
■ auf Papier ausgedruckt und
■ beim Bürgerbüro manuell in eine Auftragsliste
eingetragen.
■ Der Abfuhrunternehmer erhält den Beleg per
Post/Bote,
■ führt den Auftrag aus,
■ bestätigt dies auf dem Beleg und
■ schickt ihn per Post/Bote zurück zum Bürgerbüro.
■ Dort wird das Erledigungsdatum in die Auftragsliste eingetragen.
■ Das Steueramt erfasst die Änderung.
■ Ein entsprechender Abgabenbescheid wird im
Grundbesitzabgabenverfahren bei der CITEQ erzeugt.
■
2. Bearbeitungszeiten
Die Bearbeitungszeiten schwanken erheblich je
nach Beratungsaufwand. Im übrigen sind sie von
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Steuerwesen/Müllgefäss-Änderung
den Eingabeterminen des DIAGBA-Programms (Grundbesitzabgaben-Programm der CITEQ-Münster) abhängig. Bei 16 Eingabeterminen plus Jahreslauf in
einem Jahr (2001) erfolgte im rechnerischen Durchschnitt rund alle 3 Wochen eine Bescheiderteilung.
Die Bearbeitungszeiten sollen von der Bestellung
bis zur Auslieferung auf 1 Woche verkürzt werden.
I. Fallzahlen
2001 wurden 2.916 Gefäß-Änderungen (einschl. der
Neuanmeldungen) realisiert. Dabei wurden beim Gefäß-Tausch das Abholen des einen und das Ausliefern
des anderen Gefäßes als gesonderte Änderung angesehen. Die Stadt Coesfeld hat ca. 36.000 Einwohner.
Programm der Citeq ausgelesen werden. Folgendes
sollte möglichst auf einer Bildschirmseite angezeigt werden:
Straße, Haus-Nr.,
Eigentümer mit Anschrift und Telefonnummer
(abweichenden Eigentümer ggfls. als ›neuen‹ mit
angeben),
■ Kassenzeichen,
■ Art, Größe und Anzahl der vorhandenen Gefäße
mit Bescheidtext aus der Hebe- u. Gebührensatzdatei, aber ohne Beträge und ohne Links mit aktuellen Gebührensätzen,
■ Besteller (Name, Vorname, Anschrift, Telefonnummer) und
■ Tagesdatum.
■
■
J. Kostensituation
Nach dem jetzigen Kenntnisstand ergeben sich
voraussichtlich folgende Kosten:
■ Programmierung einer Schnittstelle zum Grundbesitzabgaben-Verfahren (DIAGBA)/Abfallbehälterdatei: 0 2 Programmierkosten, da Gemeinschaftsaufgabe der CITEQ-Gemeinden
■ Datenbankkosten je Grunddatensatz/Quartal: ca.
18.800 Datensätze/Quartal je 0,005 2 = ca. 94
2/Quartal
■ Lizenzgebühren für zusätzliche Softwareprodukte fallen nicht an.
II. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzeptes
1. Details/Plausibilitäten (Vorgaben der Fachbereiche
Finanzen und Controlling sowie Bauen und Umwelt)
a) Zugang
Der Zugang über eine HTML-Seite, die über den Internet-Auftritt der Stadt Coesfeld erfolgen soll, ist möglichst einfach und leicht verständlich zu gestalten. Es
sollen keine Hemmschwellen aufgebaut werden.
Der Zugang soll über die Eingabe des Kassenzeichen und eines persönlichen Kennwortes erfolgen.
c) Änderungsmaske
Die gesamte Änderungsmaske sollte möglichst nur
eine Bildschirmseite umfassen. In der Änderungsmaske sind die Vorgaben der Satzung über die Abfallentsorgung in der Stadt Coesfeld für Plausibilitätsprüfungen zu hinterlegen.
d) Mitteilung an den Entsorger:
Der Entsorger erhält über ein passwortgeschütztes
Webinterface eine Liste der offenen Aufträge mit
allen erforderlichen Daten.
Der Entsorger führt die Auslieferung durch und ergänzt die ihm übermittelten Daten, indem er die
Ausführung über ein Webinterface durch Eingabe
des Erledigungsdatums bestätigt. Das Webinterface
enthält die dem Entsorger übermittelten Daten und
die vorgenommenen Ergänzungen. Diese Eingabe
führt automatisch zur Änderung der Sollstellung.
2. Bescheiderteilung
Die o.g. Prozesse veranlassen die Generierung eines
geänderten Bescheides im Grundbesitzabgabeverfahren der Citeq. Es erfolgt automatisch ein Versand an den Bürger per Post.
b) Objekt auslesen
Der vorhandene Bestand an Müllabfuhrgefäßen
soll so umfassend wie möglich aus dem DIAGBA89
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B. Anpassung des Sollkonzepts
Gemeinsam mit der Citeq wurden die Vorgaben der
Fachabteilungen zum Sollzustand (Ziffer II A 2) wie
folgt angepasst:
1. Zugang
Zwar sollte der Zugang zu der BS-2000 Abfallbehälterdatenbank (ABD) über das Internet möglichst
einfach zu gestalten sein, jedoch sind bestimmte
Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Diese waren
mit dem vorgeschlagenen Verfahren nicht zu realisieren. Es wurde folgende Lösung vereinbart:
Der Zugang ist nur über die Eingabe des Kassenzeichens möglich, weil damit eine eindeutige
Identifizierung des Objektes erreicht wird.
■ Zusätzlich ist ein Kennwort einzugeben. Dieses
Kennwort ist einem Kassenzeichen zugeordnet,
wobei die maschinelle Vergabe anhand der FADNummer geschehen soll, damit ein Eigentümer
nur ein Kennwort für sein(e) Objekt(e) benötigt.
Mit der Jahresveranlagung 2003 erhalten alle Abfallbeseitigungspflichtigen ein Kennwort zusammen mit den Bescheiden zugeschickt. Dieses kann
über das Internet geändert werden. Werden im
GBA-Veranlagungsverfahren neue Objekte eingerichtet, ist für dieses Kassenzeichen bei vorhandenen Abfallbeseitigungsgebühren ein Kennwort
vergeben und den Eigentümern zusammen mit
den Bescheiden übermittelt worden. Die Stadt
Coesfeld muss zusätzlich in die Lage versetzt werden, die Kennwörter an die Pflichtigen weiterzugeben, bei vergessenem Kennwort eine Auskunft
zu erteilen und ggfls. manuell neue zu vergeben.
Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Steueramtes der Stadt Coesfeld sowie dem Entsorger
ist der Zugang über ein generelles Kassenzeichen
und Kennwort zu ermöglichen, damit sie sich eine
Liste mit den Bestellvorgängen anzeigen lassen
und Eingaben tätigen können. Durch die Vergabe
eines ›Bearbeiter-Kennwortes‹ soll den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in weiteren Dienststellen (z. B. Bürgerbüro) die Möglichkeit eingeräumt
werden, schriftlich, mündlich oder telefonisch eingehende Anträge von Bürgern über die Internetschnittstelle zu erfassen.
■
90
Neue Objekte bzw. besondere Wünsche sind generell mit Hilfe der Anwendung ›DIAGBA‹ einzugeben, da ansonsten die richtige Verarbeitung nicht
gewährleistet ist. Desgleichen stehen dort angebotene Funktionalitäten (z. B. Suchen nach Straßennamen, Kassenzeichen) im Internetbereich nicht
zur Verfügung. Die Kennwörter für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können nur seitens der Citeq
geändert werden und dürfen nicht als ›einfache‹
Worte oder Zahlen festgelegt werden.
Die Kennwörter sind in einer Tabelle zu hinterlegen. Diese umfasst:
• Kassenzeichen
• Kennwort
• Beginn-Datum
• Ende-Datum
• Datum des letzten Zugriffs
• Evtl. E-Mail-Adresse
• FAD-Nummer
Das Beginn-Datum wird bei Erstvergabe maschinell eingesetzt. Neue Objekte im Änderungsdienst
erhalten das Bescheiddatum.
Wird ein Fall im Laufe eines Jahres als Löschfall gekennzeichnet, wird der 31. 12. des Jahres als EndeDatum eingesetzt. Danach ist keine Auskunft zu
diesem Objekt mit dem bekannten Kennwort mehr
möglich.
Ein Zugang über die Eingabe der Lagebezeichnung
des Objektes bzw. Name des Eigentümers wird
nicht realisiert, da diese Angaben genau den gespeicherten Daten entsprechen müssten.
Änderungen der Eigentümerangaben sind nicht
über das Internet zu ermöglichen, da eine Umschreibung eines Objektes in der Regel wegen der
Grundsteuer nur vom Finanzamt veranlasst werden darf. Sind sich die Vertragsparteien jedoch über
die vorzeitige Übernahme der Gebühren einig, ist
das Steueramt auf die herkömmlichen Art und
Weise zu unterrichten.
2. Objekt auslesen
Nach dem Anmelden wird dem Internet-Nutzer der
aktuelle Inhalt der Abfallbehälter-Datenbank angezeigt:
■ Lagebezeichnung des Objektes,
■ Grundstückseigentümer und
■ Anzahl und Art der Abfallbeseitigungsbehälter
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Steuerwesen/Müllgefäss-Änderung
3. Änderungsmaske
Allgemeine Anforderungen
■ Es sind Auswahlfelder (Ziffern 0 - 9) anzubieten.
■ Zusätzlich ist ein Auswahlfeld für den Austausch
von defekten Gefäßen und ein Bemerkungsfeld
vorzusehen.
■ Nach Eingabe der Änderungen werden diese auf
Plausibilität geprüft
■ Es wird ein Feld ›Bearbeitungsstand‹ ausgewiesen:
• bestellt
• ausgeliefert
• eingezogen
• erledigt.
■ Eine erstmalige Bestellung ist nicht über das Internet möglich, da diese Eingaben direkt vom
Fachamt in der Anwendung ›DIAGBA‹ einzugeben sind.
■ Ein Abbestellen aller Behälter ist als fehlerhaft
zurückzuweisen und ein Hinweis auszugeben,
dass man sich an das Fachamt wenden möchte.
■ 1,1 cbm-Container können bestellt, aber nicht abbestellt werden.
■ Der Internet-Nutzer kann nicht das veranlagungsrelevante Datum, sondern nur einen Wunschtermin nennen.
Der Bestellvorgang wird mit Hilfe eines Buttons
ausgelöst. Werden Fehler festgestellt, werden diese
in einer Schleife solange angezeigt, bis alle Fehler
beseitigt sind. Anschließend erhält der Nutzer noch
einmal einen Überblick über seine Eingaben, die
erst mit einer endgültigen Bestätigung wirksam
werden.
4. Mitteilung an den Entsorger
Der Entsorger erhält über das Internet einen besonderen passwortgeschützten Zugang. Damit
kann er sich eine Übersicht der zu erledigenden
Aufträge verschaffen und die durchgeführten Umsetzungen als erledigt zu kennzeichnen. Die Eingabe des Veranlagungsdatums löst das Ändern der
ABD sowie die Veranlagung der Gebühren mit Bescheiderteilung aus.
5.Weitere Verarbeitungshinweise
Ein Eigentumswechsel seitens des Steueramtes
löst gleichzeitig die Änderungen in der ABD aus:
Das Kennwort zu dem alten Kassenzeichen wird
gesperrt. Dem neuen Kassenzeichen könnte ein für
die FAD-Nummer bereits vergebenes Kennwort zugeordnet werden. Ist die FAD-Nummer noch nicht
in der Kennwort-Tabelle gespeichert, muss der
Pflichtige sich an das Fachamt wenden. Diese Eigentumswechsel finden täglich statt.
Damit die Internet-Nutzung möglichst 24 Stunden
am Tag realisiert werden kann, ist eine eigene UTMAnwendung auf der BS2000-Seite zu entwickeln,
die nur auf die ABD zugreift. Lediglich zu Sicherungszeiten (i.d.R. nachts) ist ein Zugriff auf die Datenbank nicht möglich und dem Nutzer ist ein entsprechender Hinweis zu geben. Das gleiche gilt,
wenn die Datenbank aus anderen verarbeitungstechnischen Gründen zu sperren ist.
6. Zusammenfassung des Sollkonzepts aus der
Anwendersicht
Es werden folgende Internetzugänge geschaffen:
a) Zugang für den Bürger
Der Zugang für den Bürger erfolgt über eine passwortgeschützte Internetseite bei verschlüsselter
Datenübertragung (SSL) auf dem WWW-Server der
CITEQ.
Der Zugang erfolgt über Kassenzeichen und Passwort. Pro FAD-Nummer gilt ein Passwort. Eine Passwortänderung wird über eine zusätzliche Änderungsmaske ermöglicht. Eine Plausibilitätsprüfung
des geänderten Passwortes erfolgt nicht. Die Passwortlänge beträgt max. 8 Zeichen.
Nach Eingabe von Kassenzeichen und Passwort erhält der Bürger ein Formular, welches folgende Bestandteile enthält:
Benutzer- /Eigentümerangaben,
Aktueller Bestand/mögliche Änderungen (Liste
der möglichen Mülltonnenarten),
■ Anzahl für Zugang/Abgang und Bemerkungsfeld
Sofern eine Änderung bereits erfasst, aber noch
nicht vom Entsorger durchgeführt ist, wird der Bearbeitungsstand angezeigt.
■
■
b) Zugang für die Mitarbeiter des Steueramtes/
Bürgeramtes
Die Mitarbeitermaske ist nur intern aufrufbar. Sie
wird im Extranet der CITEQ hinterlegt. Inhaltlich ist
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Die benutzerfreundliche Maske führt den Bürger durch das Verwaltungsverfahren
sie mit der unter a) genannten Bürgermaske identisch. Über spezielle Sachbearbeiter-Kennwörter
können alle Fälle bearbeitet werden.
Zusätzlich können hier aufgrund von dreimaliger
Falscheingabe des Kennwortes durch den Bürger
gesperrte Zugänge wieder freigeschaltet werden.
c) Zugang für den Entsorger
Der Entsorger erhält bei Aufruf und nach Eingabe
von Kennung und Passwort eine Liste der noch
durchzuführenden Gefäßänderungen. Es werden
die Daten übermittelt, die auch im bisherigen Verfahren per Formular weitergegeben werden. Die
von ihm durchführten Gefäßänderungen werden
durch Eingabe des Erledigungsdatum gekennzeichnet und lösen automatisch eine Sollstellung im
GBA-Verfahren aus.
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C. Realisierungsphase
1. Technische Umsetzung
Die technische Umsetzung erfolgte mit der folgenden Software:
■ WEB2000-SERVER, BS2000-Anwendung
■ COLD-Fusion, HTML-Programmierung
2. Organisatorische Veränderungen
Organisatorische Veränderungen ergeben sich in
der Ablauforganisation. Die Einzelheiten wurden
oben beschrieben. Durch die Neugestaltung des
Workflows wurde die Dauer des Verfahrens von der
Antragstellung bis zur Auslieferung auf ca. 1 Woche
verkürzt.
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Steuerwesen/Müllgefäss-Änderung
3. Schulung der betroffenen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter
Die Schulung der betroffenen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter erfolgte im Rahmen einer nur kurzen Einweisung, da die Bildschirmmasken intuitiv
zu bedienen sind.
4. Belange des Datenschutzes und der
Datensicherheit
Es gibt im Verfahren keinen gesetzlichen Bestimmungen, die über die allgemeinen Bestimmungen
des Datenschutzes hinausgehen.
Eine Stellungnahme der Landesbeauftragten für
den Datenschutz wurde eingeholt, ihre Anregungen wurden berücksichtigt.
Die Anwendung stellt sich unter Sicherheitsgesichtspunkten wie folgt dar. Wie bereits oben beschrieben beinhaltet das Projekt drei verschiedene
Komponenten:
a) Möglichkeit des Bürgers, seine Müllgefäße über
das Internet an-, um- bzw. abzumelden
Der Bürger ruft in dieser Variante via Internet einen
URL auf dem Web-Server der Citeq auf. Der WebServer ist in der Demilitarisierten Zone positioniert.
Die Web-Anwendung basiert auf Coldfusion und
HTML. Der Aufruf erfolgt über https, d.h. es wird
eine so genannte SSL-Verschlüsselung verwendet,
die einen guten Schutz der Identität des Benutzers
sowie der Authentizität und Integrität der Webseite gewährleistet.
In der aufgerufenen Web-Seite muss das Kassenzeichen und das mit dem Gebührenbescheid mitgeteilte Passwort eingegeben werden. Das Passwort ist acht Zeichen lang und besteht aus Ziffern,
Klein- und Großbuchstaben. Jeder Gebührenpflichtige erhält ein individuelles Passwort. Wird das
Passwort dreimal falsch eingegeben, wird der Zugang gesperrt und das Passwort muss von der
Stadt Coesfeld wieder freigeschaltet werden.
Maske für das Entsorgungsunternehmen
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Steuerwesen/Müllgefäss-Änderung
Die Web-Anwendung greift über die Firewall auf
einen Oracle-Datenbank-Server und den Web2000Server zu, die sich beide im Netz der Stadt Münster
befinden. Der Web2000-Server ermöglicht den Zugriff auf die BS2000-GBA-Anwendung, die sich auf
dem BS2000-Server im Netz der Citeq befindet.
b) An-, Ab- und Ummeldung von Müllgefäßen durch
das Steueramt und das Bürgeramt der Stadt Coesfeld
Diese Variante weicht etwas von der unter 1. beschriebenen Zugriffsmöglichkeit ab. Der Zugriff erfolgt in diesem Fall über das Extranet der Citeq. Die
o.g. Web-Anwendung wird in diesem Fall auf dem
Extranet-Server der Citeq aufgerufen. Das Layout
und die Funktionalität der Anwendung sind mit der
o.g. Variante identisch. Der Zugriff erfolgt ebenfalls
über das Kassenzeichen und ein so genanntes Sachbearbeiter-Passwort, das regelmäßig wechselt. Das
Sachbearbeiter-Passwort kann nicht in der InternetAnwendung verwendet werden.
c) Der Entsorger setzt ein Bearbeitungskennzeichen
für die neu aufgestellten, abgeholten bzw. umgetauschten Müllgefäße
Die von der Stadt Coesfeld oder vom Bürger eingegebenen Veränderungen des Gefäßbestandes werden täglich in einer Bearbeitungsliste für das Entsorgungsunternehmen aufbereitet. Ein Mitarbeiter
des Unternehmens greift ebenfalls über das Internet auf eine Web-Anwendung zu. Auch hier erfolgt
der Aufruf mit https und einem Passwort. Die An-
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wendung wird auch in diesem Fall bei fehlerhafter
Eingabe des Passworts gesperrt.
Die Maske beinhaltet eine Liste aller neu aufzustellenden, abzuholenden und umzutauschenden Müllgefäße. Ist der entsprechende Vorgang erledigt,
wird seitens des Entsorgungsunternehmens ein Erledigungskennzeichen mit dem Erledigungsdatum
eingegeben. Dieses Datum ist maßgebend für die
Veranlagung der Müllgefäße. Die Datensätze werden dann täglich in die Veranlagung übernommen.
In allen drei Varianten wird auf die Echtdaten der
GBA-BS2000-Anwendung nur lesend zugegriffen.
5. Rollout
Der Echtbetrieb des Verfahrens wurde mit dem Versand der Abgabenbescheide am 30.01.2003 aufgenommen.
6. Kommunikation der Ergebnisse in Politik und
Öffentlichkeit
Die Ergebnisse wurden
auf dem Dokumentenserver des Gesamtprojekts,
■ der Internetpräsenz des StGB NRW,
■ in der schriftlichen Dokumentation des StGB
NRW zum Projekt e-Government,
■ in der örtlichen Presse,
■ im online-Redaktionsystem der Stadt Coesfeld
und
■ innerhalb der Internetpräsentation
vorgestellt und präsentiert.
■
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Steuerwesen/Müllgefäss-Änderung
STUFE
Webinterface
Webinterfacefür
f.
Bürger,
Bürger,Mitarbeiter,
Mitarbeiter,
Entsorger
Entsorger
Datenbank
Datenbank
Abfallbehälter
Abfallbehälter
Veranlagungsdatei
Veranlagungsdatei
Anmeldung
Zugang
Zugang
Plausibilitätsprüfung
Pausibilitätsprüfung
Falsch
Falsch
O.
O.K.K.
Objekt
Objektauslesen
auslesen
Objekterfassung
Anzeige
der
Daten
Anzeigen
der
Daten
Änderungswunsch
Änderungswunsch??
Änderungsmaske
Änderungsmaske
Plausibilitätsprüfung
Pausibilitätsprüfung
Falsch
Falsch
O.
O.K.K.
Schreiben
Schreibenin
indie
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DB
Generierung
Generierungder
der
Auftragsliste
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Entsorger
Entsorger
Änderung
Webinterface
Webinterface
Entsorger:
Entsorger:
Auftragsliste
Auftragsliste
Webinterface
Webinterface
Entsorger:
Entsorger:
Eingabe
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Auslieferung
Auslieferung
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der
Sollstellung
Sollstellung
Bescheiderteilung
Bescheiderteilung
Bescheiderteilung
Prozessablauf des Sollkonzepts
Versand
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des
Bescheides
Bescheidesan
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den
Bürger
Bürgerd.d.d.Verwaltung
d.Verwaltung
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Teilprojekt
Gewerberegister
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Gewerberegister
Teilprojekt Gewerberegister
I. Ziel des Teilprojekts
Stadt Siegburg
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts
Je nach Größe einer Kommune bestimmen Gewerberegisterauskünfte einen wesentlichen Teil der
täglichen Arbeit in einer Gewerbemeldestelle.
Die Stadt Siegburg beabsichtigt, zusätzlich zum
herkömmlichen Verfahren, Gewerberegisterauskünfte als online-fähige Dienstleistung anzubieten.
Durch das zusätzliche Angebot sollen Personalressourcen freigesetzt, Sachkosten gesenkt und ein
weiterer Schritt in Richtung virtuelles Rathaus realisiert werden.
Gewerberegisterauskünfte sind keine komplexen
Verfahren, und die durch Bundesrecht vorgegebenen
rechtlichen Rahmenbedingungen treffen grundsätzlich für jede Kommune gleichermaßen zu. Unabhängig von der im Einzelnen eingesetzten Gewerbesoftware ist eine bundesweite Umsetzung
möglich.
Von
Bernd Lehmann
Leiter Abteilung Technikunterstützte
Informationsverarbeitung
Stadt Siegburg
e-Mail: bernd.lehmann@siegburg.de
Inhalt
I. Ziel des Teilprojekts
98
A. Gründe für die Auswahl des Teilprojekts 98
B. Beschreibung des Endzustandes nach
Abschluss des Teilprojekts
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II. Beschreibung der Ausgangslage
A. Definition der kommunalen Aufgabe
B. Rechtliche Rahmenbedingungen und
lokale Besonderheiten
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung
zu Beginn des Projekts
E. Darstellung des Workflows zu Beginn
des Projekts
F. Fallzahlen
G. Kostensituation
III. Umsetzung des Teilprojekts
A. Erstellung eines Sollkonzepts
B. Anpassung des Sollkonzepts
C. Realisierungsphase
D. Technische Umsetzung
E. Organisatorische und personelle
Veränderungen
F. Belange des Datenschutzes
98
B. Beschreibung des Endzustandes nach Abschluss
des Teilprojekts
98
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Der Abruf von Auskünften aus dem Gewerberegister soll medienbruchfrei als zusätzliches Serviceangebot im Internet möglich sein. Details werden unter dem Punkt ›Sollkonzept‹ beschrieben.
99
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II. Beschreibung der Ausgangslage
99
A. Definition der kommunalen Aufgabe
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100
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101
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103
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Die Ordnungs- und Gewerbeabteilung des Amtes
für öffentliche Ordnung der Stadt Siegburg ist für
die Führung des Gewerberegisters zuständig. Zu
diesem Aufgabenbereich gehört auch die Erteilung
von Gewerberegisterauskünften.
Gewerberegisterauskünfte werden an Behörden
und Dritte im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen erteilt. Auskünfte erfolgen in der Regel in
schriftlicher Form, gegenüber Behörden (z. B. Polizei, Finanzamt) und innerhalb der Stadtverwaltung
Siegburg meist telefonisch.
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Gewerberegister
B. Rechtliche Rahmenbedingungen und lokale
Besonderheiten
Zulässigkeit und Umfang einer Gewerberegisterauskunft richten sich abschließend nach § 14 Gewerbeordnung (GewO) und sind somit bundeseinheitlich geregelt. Unterschieden wird zwischen der
einfachen und der erweiterten Auskunft sowie
nach dem Status der Auskunftsbegehrenden.
liche Ordnung (Bearbeitung der Anfragen) die Stadtkasse (Abwicklung des Zahlungsverkehrs), der Technische Dienst (Transport) sowie gelegentlich weitere
Fachdienststellen. Außerhalb der Verwaltung sind
Behörden und sonstige Dritte Beteiligte am Prozess. Neben den Behördenanfragen erfolgen Anfragen überwiegend durch Inkassounternehmen,
Rechtsanwälte, Versicherungen etc. und in Einzelfällen auch durch Bürger.
Vereinfacht dargestellt ergibt sich folgende Praxis:
• Öffentliche Stellen:
Telefonische oder schriftliche Behördenauskünfte
gem. § 14 Abs. 6 S. 1 (einfache Auskunft) bzw. S. 2 (erweiterte Auskunft) GewO werden ohne formelle
Prüfung erteilt. Das gesetzliche Erfordernis wird
unterstellt. Die einfache Auskunft enthält neben
dem Betriebsnamen und der Anschrift auch die angezeigten Tätigkeiten. Die erweiterte Auskunft
kann nach Vorliegen der definierten Rahmenbedingungen um weitere Datenfelder ergänzt werden.
Es handelt sich dabei um eine nicht expliziert definierte Auswahl aus den gesamten Datenfeldern.
• Nicht-öffentliche Stellen:
Nicht-öffentliche Stellen und öffentlich-rechtliche
Unternehmen erhalten nach erfolgter konkreter
Prüfung bei Vorliegen eines berechtigten Interesses gem. § 14 Abs. 8 S. 1 GewO eine eingeschränkte
und bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses gem.
§ 14 Abs. 8 S. 2 GewO eine erweiterte schriftliche
Auskunft. Bei der Antragstellung ist zu begründen,
warum weitere Datenfelder benötigt werden.
• GWAK1:
Für den Bereich des Gewerberegisterwesens existiert seitens des Statistischen Bundesamtes mit
dem GWAK1 eine bundeseinheitliche Datensatzbeschreibung (Definition des EDIFACT-Formates für
den Datenaustausch). Es ist angedacht, unter Umständen seitens des Statistischen Bundesamtes
daraus künftig ein XML-Schema zu entwickeln. Die
Realisierung wurde allerdings noch nicht aufgenommen.
C. Beteiligte am Verwaltungsprozess
Beteiligte innerhalb der Stadtverwaltung Siegburg
sind neben den Mitarbeitern des Amtes für öffent-
D. Beschreibung der EDV-Ausstattung zu Beginn
des Projekts
Für den Bereich des Gewerbewesens kommt im
Amt für öffentliche Ordnung der Kreisstadt Siegburg (Ordnungsamt) derzeit das Verfahren ›Gewe
32‹ der EDV Ermtraud, Rheinbrohl, zum Einsatz. Es
handelt sich um eine Client-Server-Anwendung.
Die Anwendung ist im Wesentlichen mit MS Visual
Fox Pro 6.0 entwickelt. Die Datenhaltung erfolgt
serverseitig unter SQL-Server 2000. Das Programm
ist lokal auf den Clients (Windows 2000) installiert.
Das Programm Geve32 ist seit dem 15. 06. 1996
durch das Statistische Bundesamt in Wiesbaden
zur Übermittlung von Statistikdaten des Gewerbemeldewesens an die Statistischen Landesämter der
Bundesrepublik Deutschland zertifiziert.
Das Internet-Angebot der Stadt unter www.siegburg.de wird vom Zweckverband Gemeinsame
Kommunale Datenverarbeitung Rhein-Sieg/Oberberg (GKD RSO) gehostet. Für die Pflege der Internet-Seiten kommt bei der Stadt das Redaktionssystem IMPERIA (Version 5) zum Einsatz.
E. Darstellung des Workflows zu Beginn des Projekts
Die Erteilung von Gewerberegisterauskünften in
der Ordnungs- und Gewerbeabteilung der Stadt
Siegburg lief vor Projektbeginn wie folgt ab:
a) Schriftliche Auskunftsersuchen:
1. Die Auskunftsersuchen kommen per Hauspost,
in geringer Anzahl per Fax, zum Amt für öffentliche Ordnung und werden dort an den zuständigen Sachbearbeiter weitergeleitet.
2. Auskünfte an Behörden werden in einem unter
Gewe32 automatisiertem Verfahrensablauf gebührenfrei erstellt und anschließend auf dem
Postweg versendet.
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Gewerberegister
3. Bei Auskünften an nicht öffentliche Stellen erfolgt eine Prüfung des berechtigten bzw. rechtlichen Interesses durch den Sachberabeiter. Bei
negativer Prüfung erfolgt eine Abweisung des
Auskunftsersuchens; bei positiver Prüfung wird
analog zu 2., jedoch gebührenpflichtig, eine Auskunft erteilt.
4. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach der Verwaltungsgebührenordnung NW und beträgt einheitlich 15 2. Die Zahlung der Gebühren erfolgt
i.d.R. mittels eines Verrechnungsschecks, der von
der Stadtkasse weiterbearbeitet wird.
5. Die interne Bearbeitungs- und Postlaufzeit beträgt durchschnittlich drei Werktage, bedingt
durch die zusätzlichen externen Postlaufzeiten
dauert es normalerweise cirka sieben Tage zwischen Versand der Anfrage und Eingang der
Rückantwort bei dem Anfragenden.
G. Kostensituation
Berechnung der Bearbeitungszeiten und des Stellenbedarfs:
1.250 telefonische Gewerberegisterauskünfte à 5
min = 6.250 Jahresarbeitsminuten
1.250 schriftliche Gewerberegisterauskünfte à 3
min = 3.750 Jahresarbeitsminuten
Unter Berücksichtigung der differenzierten Fallzahlen und den mit diesen in Verbindung stehenden
unterschiedlichen Bearbeitungszeiten, ergibt sich
ein Stellenbedarf von 0,10 (Berechnung auf der
Grundlage des KGSt-Berichtes ›Kosten eines Arbeitsplatzes‹), der einem Betrag von ca. 7.000,- 2
(Personalkosten inkl. Sach- und Overheadkosten)
entspricht.
III. Umsetzung des Teilprojekts
b) Telefonische Auskunft
1.Telefonische Auskünfte werden grundsätzlich nur
an Behördenvertreter, die dem Mitarbeiter namentlich bekannt sind, erteilt. In den übrigen Fällen erfolgt ein Rückruf oder eine Auskunft per Fax.
2. Die Praxis hat gezeigt, dass sich häufig Dritte als
Mitarbeiter einer Behörde ausgeben, um so unberechtigter Weise eine gebührenfreie Auskunft
zu erhalten; in diesen Fällen wird auf den Postweg verwiesen.
Bearbeitungszeiten:
Die durchschnittliche Bearbeitungszeit beträgt bei
telefonischen Auskünften fünf Minuten und bei
schriftlichen Auskünften drei Minuten pro Auskunftsbearbeitung.
F. Fallzahlen
Im Jahr 2001 wurden bei der Stadt Siegburg (rd.
38.000 Einwohner) ca. 2.500 Gewerberegisterauskünfte erteilt, die sich wie folgt aufteilen:
■ 1.250 telefonische Behördenauskünfte (gebührenfrei) 50,0 %, davon
■ 625 schriftliche Behördenauskünfte (gebührenfrei) 25,0 %, und
■ 625 schriftliche Auskünfte an Dritte (gebührenpflichtig) 25,0 %
Ca. 60 % der Antragsteller waren mit mehr als 10
Anfragen vertreten.
100
A. Erstellung eines Sollkonzepts
Der Verfahrensentwickler von Gewe32 hat im Rahmen des Media@komm-Projekts ›Esslingen‹ gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut einen Prototypen für die Gewerbeauskunft sowie die Gewerbean-, -ab- und -ummeldungen entwickelt, in dem
insbesondere im Internet-Frontend umfangreiche
Plausibilitätsprüfungen und detaillierte Hilfefunktionen für den Anwender vorhanden sind. Da es
auch eine Zielsetzung des gesamten Projekts ist,
vorhandene Ergebnisse mit zu berücksichtigen und
nicht das »Rad neu zu erfinden«, ist angedacht, diese Lösungsansätze in die endgültige Lösung mit
einzubeziehen.
Konkret ist vorgesehen, die Weboberfläche des
Fraunhofer-Institutes für den Bereich des Frontends zu nutzen. Das Verfahren GEWE32 hat zudem
einen ›Posteingangskorb‹, in dem die Anfragen aus
dem Internet eingehen und dann vom Sachbearbeiter zunächst hinsichtlich des berechtigten bzw.
rechtlichen Interesses geprüft werden. Bei einem
positiven Ergebnis der Prüfung erfolgt die Bearbeitung der Anfrage mit dem Verfahren GEWE32, da
hier vielfältige Recherchemöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Eine automatische Bearbeitung des Auskunftsersuchens nach erfolgter Freigabe scheidet insofern
aus, weil die Erfahrungswerte zeigen, dass die An-
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Gewerberegister
fragen inhaltlich zumeist so strukturiert sind, dass
eine automatische Suchanfrage oftmals zu keinem
Erfolg führt. Dagegen führt eine manuelle Suche
durch den Sachbearbeiter in der Regel zu dem gewünschten Ergebnis, da er die Anfrage besser
›interpretieren‹ und deswegen auch gezielter suchen kann. Unter Servicegesichtspunkten ist daher
eine automatische Beantwortung nicht gewollt.
Für die Verbindung zwischen Frontend und Backend,
die Benutzerverwaltung, die Abwicklung des Zahlungsverkehrs und die Sicherstellung von definierten
Prozessen werden die Werkzeuge des e-GovernmentStarter-Kits (insbesondere Biz-Talk-Server) genutzt
(vgl.Teilprojekt Melderegisterauskunft). Die im Verfahren Gewe32 erzeugte Gewerberegisterauskunft
wird an den BizTalkServer übergeben, der diese entsprechend in den Antwortbereich einstellt. Entsprechendes gilt für den Gebührenbescheid, die Ablehnung der Auskunftserteilung aufgrund des fehlenden rechtlichen bzw. berechtigten Interesses sowie
die Negativauskunft, sofern die Anfragedaten keine
eindeutige Identifizierung eines Betriebes ermöglichen oder zu keinem Ergebnis führen.
Gebührenbescheid und Payment
Es ist vorgesehen, die Zahlung per Lastschrift und
per Überweisung in der ersten Realisierungsstufe
vorzusehen. Es erfolgt die Erstellung eines Gebührenbescheides, der im Antwortbereich abgelegt
wird und auf Wunsch ausgedruckt werden kann.
Im Rahmen des StarterKits sind entsprechende
Paymentfunktionen vorgesehen. Die Zahlungsdaten werden im StarterKit in einer SQL-Datenbank
vorgehalten und können von dort aus an das Kassenverfahren in Form einer Sollstellungs- und Zahlungsdatei übergeben werden. In Siegburg erfolgt
die Realisierung einer Schnittstelle für das Verfahren ›GINFIS‹.
Benutzerverwaltung
Zur Benutzerverwaltung wird auf die Ausführungen zur Melderegisterauskunft wird. Die Benutzerverwaltung kommt auch für den Bereich Gewerbe
zum Einsatz. Denkbar ist, in einer zweiten Stufe die
in der Benutzerverwaltung grundsätzlich konzipierte Möglichkeit des Chipkarteneinsatzes zu realisieren.
B. Anpassung des Sollkonzepts
Nach der detaillierten Betrachtung aller Prozesse
sowie der vorhandenen Lösungsansätze der Projektpartner ist vorgesehen, über die reine Gewerberegisterauskunft zwei weitere Bereiche in die abschließende Entwicklung mit einzubeziehen:
Gewerbean-,-ab- und -ummeldung sowie Änderungsmeldungen
• Für die Gewerbemeldungen ist jeweils der amtlich vorgeschriebene Vordruck zu verwenden (§14
S. 4 GewO in Verbindung mit den entsprechenden
Anlagen). Dadurch ergibt sich auch eindeutig der
Umfang des Dateninhaltes der Gewerbedatenbank.
• Die Gewerbeordnung regelt, in welchen Fällen
insbesondere auch Um- und Abmeldung zu erfolgen haben.
• Der ausgefüllte Vordruck ist zu unterschreiben.
Daher erfordert eine vollständig elektronische Beantragung den Einsatz der qualifizierten elektronischen Signatur.
• Es ist für die Realisierung angedacht, den virtuellen Assistenten des Fraunhofer-Institutes entsprechend für das Starter-Kit anzupassen. Dieser
Assistent soll den Nutzer mit umfangreichen Plausibilitätsprüfungen und einer kontextabhängigen
Navigation beim Ausfällen des Online-Formulars
unterstützen.
• Im ersten Realisierungsschritt wird im Rahmen
dieses Projekts auf den Einsatz der qualifizierten
Signatur verzichtet, da entsprechende Chipkarten
derzeit nur wenig verbreitet sind. Es wird daher
lediglich möglich sein, den ausgefüllten Vordruck
ausdrucken, zu unterschreiben und postalisch
oder persönlich an das Gewerbeamt zu übermitteln.
• Parallel zum Ausdruck werden die Daten – wenn
der Anmeldende dies ausdrücklich zulässt – elektronisch auf gesichertem Wege übermittelt. Diese
werden dann über den im Starter-Kit vorhandenen BizTalkServer an einen Posteingangskorb
innerhalb der Anwendung ›Gewe‹ weitergeleitet.
Im Rahmen der Sachbearbeitung erfolgt dann die
abschließende Bearbeitung des Meldevorganges
und die Übernahme der Daten in die Datenbank.
Denkbare Varianten sind dabei die rein postalische Abwicklung bzw. die vorherige Terminverein101
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Gewerberegister
barung, die auch über das Internetmodul erfolgen
kann. Bei der postalischen Abwicklung können
Statusmeldungen über das StarterKit an den Meldungen erfolgen.
• Die Behörde muss innerhalb von drei Tagen gemäß § 15 S. 1 GewO den Empfang der Anzeige bestätigen. Dies gilt allerdings für das unterschriebene Formular. Es ist aber vorgesehen, bei einer
elektronischen Beantragung mit gleichzeitiger
postalischer Zusendung diese Bestätigungsmeldung elektronisch über das StarterKit zu erzeugen und im Antwortbereich abzulegen.
• Es wird derzeit geprüft, ob bei der Anmeldung die
Zuteilung einer eindeutigen Gewerbenummer zulässig ist. Über diese könnte dann für die berechtigten Personen des betroffenen Betriebes der Zugriff
auf den konkreten Datenbestand für spätere Änderungen und Meldevorgänge ermöglicht werden.
• Die Gebühren werden im Falle einer elektronischen und postalischen Meldung per Lastschrift
oder Überweisung erhoben, im Rahmen einer
elektronischen und persönlichen Meldung besteht wahlweise zusätzlich auch noch die Möglichkeit der Barzahlung.
• Meldungen, die formell keine Ummeldungen
sind, können elektronisch ohne Unterschrifterfordernis über ein entsprechendes Formular erfolgen. Dabei handelt es sich beispielsweise um die
Änderung der Privatanschrift des Betriebsinhabers u.v.m.
Beteiligung externer Dienststellen
• Von den Gewerbean-, -ab- und -ummeldungen ist
es derzeit erforderlich, entsprechende Daten an
die unterschiedlichsten Behörden und Institutionen zu übermitteln. Dabei handelt es sich gemäß
§ 14 GewO u.a. um die Industrie- und Handelskammer, die Handwerkskammer, verschiedenen
Landesbehörden (Arbeitsschutz, Immionsschutz
u.a.), das Eichamt, die Bundesanstalt für Arbeit,
Registergericht, den Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften.
• Die Übermittlung erfolgt bisher in Siegburg sowie in der überwiegenden Zahl der Kommunen
fast ausnahmslos auf dem Papierwege. Die zulässige Möglichkeit der Datenübermittlung (EDIFACT-Format) wird bisher nur selten genutzt, da
bislang seitens der empfangenden Stellen keine
entsprechenden Anforderungen gestellt werden.
102
• Es ist angedacht, für diese Übermittlungen im
Rahmen des Projekts eines Webservice zu entwickeln, der dann von den empfangenden Stellen
genutzt werden kann, um die zu übermittelnden
Daten direkt oder nach Vorprüfung in die jeweiligen Systeme übernehmen zu können. Die Definition der zu beteiligenden Stellen sowie der jeweils zu übermittelnden Daten ergibt sich eindeutig aus der Gewerbeordnung.
C. Realisierungsphase
Die Konzeption befindet sich derzeit in der abschließenden Abstimmung zwischen allen Beteiligten.
Einbezogen wurde auch der Zweckverband Gemeinsame Kommunale Datenverarbeitung RheinSieg/Oberberg (GKD RSO), der eine eigene Programmlösung für das Gewerberegister anbietet.
Damit soll sichergestellt werden, dass das Gesamtkonzept so ausgelegt ist, dass eine Übertragbarkeit
auch für Städte möglich wird, die eine andere Gewerbelösung im Einsatz haben.
Es ist angedacht, ein XML-Schema ›xGewerbe‹ auf
der Basis der vorliegenden EDIFACT-Definition zu
erstellen. Da das federführende Bundesamt für Datenverarbeitung und Statistik derzeit keine Aktivitäten in dieser Richtung entwickelt und nach dortigen Aussagen frühestens für das Jahr 2004 plant,
soll ein Entwurf als Grundlage für die Realisierung
der Lösung im Rahmen dieses Teilprojekts erstellt
werden. Dabei ist angedacht, sich punktuell an den
xMeld anzulehnen und insbesondere in Hinblick
auf Namensangaben und Adressierungen dort vorhandene Definitionen zu übernehmen.
D. Technische Umsetzung
Die technische Umsetzung ist Stand Mai 2003 noch
nicht erfolgt.Wie bereits geschildert, ist die Integration in das Starter-Kit in der Form vorgesehen, dass
neben der Benutzerverwaltung und den Paymentfunktionen das Starter-Kit vor allem für die Definition gesicherter Prozesse vom Internet-Frontend in
den Posteingangskorb des Fachverfahrens und aus
der Fachanwendung zurück in den Antwortbereich
des Benutzers genutzt wird. Die eigentlichen Auskunfts- und Anmeldevorgänge erfolgen allerdings
durch entsprechende Eingriffe des Sachbearbeiters
innerhalb der Fachanwendung.
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Gewerberegister
E. Organisatorische und personelle Veränderungen
F. Belange des Datenschutzes
Personelle Veränderungen im Fachbereich sind derzeit nicht absehbar und angesichts der Fallzahlen
auch unwahrscheinlich. Hinsichtlich der Erfordernisse für Systembetreuung etc. wird auf die Ausführungen an anderer Stelle verwiesen. In organisatorischer Sicht ist vorgesehen, zur Verbesserung
des Services für die Online-Gewerbemeldenden
auch eine elektronische Terminvergabe über das
Internet zu ermöglichen.
Die gesamte Kommunikation wird aus datenschutz- und teledienstrechtlichen Gründen über
SSL verschlüsselt. Das endgültige Konzept wird mit
der Landesbeauftragten für den Datenschutz abgestimmt.
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Bewertung von
Zahlungssystemen
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Bewertung von Zahlungssystemen
Bewertung von
Zahlungssystemen für
e-Government-Anwendungen
unter kommunalen
Gesichtspunkten
Inhalt
I. Management Abstract
107
II. Einleitung
107
III. Anforderungen einzelner
Fachverfahren
110
IV. Bewertung einzelner
Zahlungssysteme
1. Rechnung
2. Clearing-Systeme
3. Herkömmliche Kreditkarte
4. Kreditkarte mit Passwort
5. Online-Banking
6. Telefon-Inkasso
7. Lastschrift
8. Nachnahme
9. Mobile Verfahren
(Paybox und Vodafone m-pay)
10. Scratch-Karten
11. GeldKarte
12. Plattformen
Von
V. Gesamtempfehlung
Walter Böhle
Fachdienstleiter Organisation
Stadt Lippstadt
e-Mail:Walter.Boehle@stadt-lippstadt.de
VI. Form von Gebührenbescheiden
Dr. iur. Lutz Gollan
IT-Referent
StGB NRW
e-Mail: Lutz.Gollan@nwstgb.de
Bernd Lehmann
Leiter Abteilung Technikunterstützte
Informationsverarbeitung
Stadt Siegburg
e-Mail: Bernd.Lehmann@siegburg.de
Volker Rombach
Fachbereichsleiter Anwendungsintegration
KDVZ Hellweg-Sauerland Iserlohn
e-Mail: v.rombach@kdvz.de
106
110
110
111
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113
114
115
115
116
117
118
119
121
121
122
1. Erfordernisse an die
Kostenentscheidung
122
2. Kostenentscheidung via elektronische
Kommunikation
122
Literatur
123
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Bewertung von Zahlungssystemen
I. Management Abstract
Eine fast unüberschaubare Anzahl von Zahlungssystemen für im Internet erbrachte Dienstleistungen
macht die Suche nach und die Auswahl der geeigneten Methoden schwer. Derzeit konkurrieren über
100 verschiedene Verfahren. Die Anforderungen
sind für die Gläubiger und Schuldner der Dienstleistungsvergütungen vielfach identisch. Sollen jedoch
gebührenpflichtige Verwaltungsverfahren über diese Systeme abgewickelt werden, tritt neben den
Wunsch nach Sicherheit, leichter Handhabbarkeit
und für den Gläubiger auch nach einer größtmöglichen Zahlungsgarantie sehr deutlich das Bedürfnis, eine sehr kostengünstige Lösung einzusetzen.
Dies beruht nicht nur auf den massiven Finanzproblemen der Kommunen, sondern auch darauf, dass
die zusätzlichen Kosten, die oft umsatzabhängig
sind, nicht den Schuldner, also den Bürgern und
Unternehmen, die Verwaltungsverfahren nutzen,
aufgebürdet werden dürfen. Feste Gebührenordnungen lassen keinen Spielraum, darüber hinaus
soll der innovative Kunde nicht durch zusätzliche
Kosten für die Inanspruchnahme der e-Government-Leistungen belastet werden.
Vor diesem Hintergrund untersuchte eine Arbeitsgruppe im Gemeinschaftsprojekt e-Government
des Städte- und Gemeindebunds Nordrhein-Westfalen ca. ein Dutzend Zahlungsverfahren, die für die
kommunale Hand grundsätzlich in Betracht kommen. Keines der analysierten Verfahren kann derzeit vollständig überzeugen. Verschiedene Verfahren schließen größere Bevölkerungsgruppen aus
(Kreditkarte), andere sind auf Grund von DisagioKosten in Höhe von bis zu 40% des Umsatzes nicht
tragbar. Wird der Einsatz eines Systems durch zusätzliche Hardware bedingt (GeldKarte), so setzt
dieses zunächst eine entsprechende Verbreitung
bei den Nutzern voraus.
Eine eingeschränkte Empfehlung kann für die elektronische Lastschrift, die herkömmliche Rechnung
(Gebührenbescheid) und Verfahren wie Stackbox
oder fun gegeben werden. Letztere setzen voraus,
dass der Kunde über ein Online-Banking-Konto verfügt. Über dieses werden dann mit einer Eingangsbestätigung des Überweisungsauftrags an den
1
2
Gläubiger ohne Medienbruch und relativ zeitnah
Gebühren elektronisch überwiesen.
Die elektronische Lastschrift setzt eine Vereinbarung des Gläubigers mit seiner Hausbank zum Einzug der Gebühren voraus und ist auf Beträge bis
Euro 50,- beschränkt. Da ein mehrwöchiges Widerrufsrecht des Schuldners besteht, eignet sich das
Verfahren nur für geringe Summen.
Die Rechnung bzw. der Gebührenbescheid stellen
zwar Anachronismen dar, da sie jedoch auch elektronisch erstellt und versendet werden können
bzw. der Kunde auf diese verzichten kann, sind sie
technisch grundsätzlich anspruchslos, belassen jedoch das Kreditrisiko vollständig beim Gläubiger.
Aufgrund zum Teil aufkommender Konkurrenz in
bestimmten Segmenten (z.B. Stackbox und fun
communications) und der zunehmenden Bedeutung auch im kommunalen Bereich ist jedoch zu erwarten, dass sich im Laufe der Zeit bestimmte Verfahren hervorheben und bei entsprechender Verbreitung – auch im kommerziellen Sektor – die
Preise günstiger ausfallen werden. Eine Konsolidierung des Marktes wird jedoch nicht vor dem Jahr
2005 erwartet.
II. Einleitung
Viele Verwaltungsverfahren, die sich zur OnlineUmsetzung eignen, sind gebührenpflichtig. Eines
der Hauptprobleme von e-Government ist die Begleichung der in Online-Verfahren entstandenen
Gebühren und Kosten durch den Gebührenpflichtigen. Bis zum heutigen Tag hat sich kein Bezahlsystem im Internet als Standard durchgesetzt. Vielmehr existiert eine Vielzahl von Verfahren, die hinsichtlich Sicherheit,Handhabbarkeit,Rechtssicherheit
und Kosten unterschiedlich zu beurteilen sind1. Der
sich auf dem Vormarsch befindende XML-Standard
bietet sich auch für Online-Zahlungssysteme an,
doch sind übergreifende Systeme (noch) nicht existent2. Ebenso fehlt es bislang an einer Übersicht
und Bewertung von Zahlungssystemen aus kommunaler Sicht. Zumindest diese Lücke soll der vorliegende Beitrag versuchen zu schließen.
Oft stehen die Interessen der Zahlungspflichtigen
Vgl. der europäische Überblick zu mehr als 100 Verfahren unter http://epso.jrc.es/paysys.html.
Eine allgemein Darstellung der Entwicklungstrends und eine umfangreiche tabellarische Darstellung befinden sich in CARAT 2002.
Siehe BÖHLE 2002, 27.
107
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Bewertung von Zahlungssystemen
(Kunden) konträr zu denen der Zahlungsempfänger
(Anbieter), also der Kommunen. Ideal wäre ein Angebot von verschiedenen Zahlungsmethoden, die
so viele Kunden wie möglich erreichen. Dem stehen
jedoch die Kosten für die Implementierung, laufende Lizenzgebühren und Sicherheitsfragen auf Seiten
der Kommune als Anbieter der Dienstleistungen oft
entgegen. Daher entwickelt diese Studie eine Empfehlung für Online-Zahlungssysteme, die als Minimalangebot von einem Virtuellen Rathaus angeboten werden sollten. Der hier besprochene Katalog
erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sollte
sich ein entsprechendes Interesse bei der Leserschaft zeigen, wird er möglicherweise ergänzt.
Folgende Präferenzen gelten grundsätzlich beim
Bezahlen von Dienstleistungen, die über das Internet beauftragt werden3:
Kunde
Anbieter
Hohe Sicherheit
x
x
Niedrige Kosten
x
x
Leichte Handhabung
x
x
Einfache Reklamation
x
Hohe Zahlungsgarantie
x
Tab. 1: Anforderungen an Online-Zahlungssysteme
Die einfache Handhabung ist sowohl auf Kunden-,
als auch auf Anbieterseite von großer Bedeutung,
gleiches gilt für die niedrigen Kosten, um das System
grundsätzlich und im Einzelfall zu nutzen. Letzteres
ist insofern problematisch, da viele Zahlungssysteme selbst kommerzielle Produkte sind und Kosten
entweder auf Seiten des Anbieters oder bei Anbieter und Kunde verursachen. Diese Kosten entstehen
zum Teil einmalig oder laufend, ohne dass eine konkrete Dienstleistung in Anspruch genommen wird,
für den Anbieter sind daneben oft auch Lizenzgebühren in Umsatzabhängigkeit fällig. Da stets mindestens eine Seite der an der Transaktion Beteiligten die Kosten bezahlen muss, besteht für diesen
Gesichtspunkt ein nicht zu lösender Widerspruch.
3
Die einfache Reklamationsmöglichkeit bedeutet für
den Kunden, dass er eine Zahlung leicht stornieren
kann. Dies kann für den Anbieter nachteilig sein,
wenn eine berechtigte Forderung nicht beglichen
wird. Für ihn steht eine möglichst hohe Zahlungsgarantie im Vordergrund, die von Anbietern elektronischer Zahlungssysteme regelmäßig dann übernommen wird, wenn der Kunde sich bei dem Betreiber
des Systems anmelden und dort persönliche Daten
und eine Konto- oder Kreditkartenverbindung angeben muss. Bei Verfahren, die ein Guthaben voraussetzen, ist diese Problematik nicht vorhanden.
Die Sicherheit ist mittlerweile bei fast allen Anbietern von Zahlungssystemen für das Internet eine
Selbstverständlichkeit. Zum einen ist diese grundsätzlich dadurch gewährleistet, dass nach europäischem Recht nur ein anerkanntes Kreditinstitut zur
Ausgabe von elektronischem Geld befugt ist4. Daher befindet sich z.B. hinter der Firma paysafecard5
die Commerzbank. Zum anderen wird regelmäßig
bei der Übertragung von Zahlungs- und Authentisierungsdaten das SSL-Protokoll (Secure Socket
Layer) eingesetzt, das die für die Zahlung relevanten Daten verschlüsselt überträgt. Auf Sicherheitsaspekte wird daher im Folgenden nur in besonderen Ausnahmefällen bei den einzelnen Systemen
eingegangen. Festzuhalten ist jedoch für den Anbieter, dass das Verfahren sicherstellen soll, dass
eine Dienstleistung oder Ware nicht erschlichen
werden kann.
Da sich der Markt der technischen Systeme noch in der
Konsolidierungsphase befindet, empfiehlt es sich, einen genaueren Blick auf die Wünsche der potenziellen
Kunden zu werfen. Am Lehrstuhl Geld und Währung
des Instituts für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung der Universität Karlsruhe findet seit 1998 regelmäßig eine Online-Nutzer-Umfrage hinsichtlich des
Zahlungsverhaltens im Internet statt. Diese bezieht
sich nur auf Kunden, nicht auf Anbieter. Die Umfrage
aus dem Zeitraum Dezember 2001 bis Februar 2002
(IZV5) zeigt eine deutliche Zurückhaltung bei der Nutzung vollständig neuer Verfahren6. Über 80% der Befragten bevorzugen die Zahlung nach Erhalt einer
Rechnung,gefolgt von je über 60% für das Lastschrift-
STROBORN, HEITMANN, FRANK 2002, 41ff.
Richtlinie des Europäischen Rats und des Europäischen Parlaments 2000/46 EG über die Aufnahme,
Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von eGeld-Instituten vom 16.06.2000.
5
Siehe unten IV.10.
6
http://www.iww.uni-karlsruhe.de/izv5/IZV5Ergebnisse.pdf
4
108
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verfahren und die Nachnahme. Die Kreditkarte wird
von ca. 56% zur Zahlung vorangestellt. Neue Systeme
wie elektronische Inkasso-Verfahren und das Handy als
Medium zur Zahlungsabwicklung werden von nur 7,5%
bzw.6,8% der Antwortenden favorisiert.
Die Attraktivität von Zahlungssystemen kann aus
Sicht der Teilnehmer der Umfrage durch die Standardisierung der Zahlungsverfahren (70%), durch
Preisermäßigungen (44,2%) oder Gutschriften und
Prämien für Erstnutzer (40,9%) gesteigert werden.
Interessant ist auch, dass knapp 56% der Befragten
die Nutzungsmöglichkeit des Systems außerhalb
des Internets als großen Vorteil sehen würden.
In einer etwas älteren Online-Umfrage desselben
Lehrstuhls konnten die Händler ihre Sichtweise
und Erfahrungen schildern7. In der Umfrage aus der
Zeit vom 02. Juli 2001 bis zum 19. November 2001
wurde u.a. gefragt, welche Systeme derzeit angeboten werden. An der Spitze stand das Nachnahme-Verfahren mit 57,3%, gefolgt von der Kreditkarte mit 44,9%, der Rechnung mit 44,3% und der Lastschrift mit 41,2%. Die neuen Technologien wurden
angeführt von Paybox (24,5%), Net900 (21,4%).
Firstgate click&buy wurde von nur 10,8% der Teilnehmer angeboten.
Bei der Benotung der unterschiedlichen Zahlungssysteme liegen jedoch die klassischen Verfahren
hinter den moderneren. Dies zeigt die Übersicht
aus der Studie, die die von den Händlern vergebenen Schulnoten wiedergibt:
Zahlungssystem
Durchschnittsnote
Bezüglich der relevanten Kriterien für ein taugliches Zahlungssystem nannten 85,8% der Befragten
die Minimierung von Zahlungsausfällen an erster
Stelle, gefolgt von der Sicherheit gegenüber Angriffen (76,5%) und der Hochverfügbarkeit (70,5%). Die
Höhe der Transaktionskosten beurteilten 60,7%
und die Verbesserung der Kundenbindung immerhin 62,5% als sehr wichtig. Ein geringer Installationsaufwand (46,5%), die Schnelligkeit des Bezahlvorgangs (49,8%), die Skalierbarkeit des Systems
(42,1%), der Bekanntheitsgrad des Systembetreibers (43,2%) und die Zahl der gleichzeitig bedienbaren Kunden (43,3%) stellten weitere Kriterien für
die Händler dar.
Am häufigsten nannten die Händler nicht bezahlte
Rechnungen, ungedeckte Konten und falsche Kontonummern als Probleme. Die Annahmeverweigerung von Nachnahmesendungen, die Angabe von
falschen Kreditkartennummern, der Betrug mit
fremden Kreditkartennummern, oder Scherzbestellungen und falsche Kontonummern eines Inkassosystems waren weniger problematisch.
Mehr als 50% der teilnehmenden Händler wollten
in Zukunft weitere Verfahren anbieten. An vorderster Stelle standen dabei Paybox und die Kreditkarte
mit verschlüsselten Übertragungswegen. Tabelle 3
bietet die Übersicht aus der Studie:
Anzahl der
Antworten
Paybox
40,0%
Kreditkarte verschlüsselt
38,8%
Lastschrift
25,9%
Online- Überweisung im eShop
20,1%
IClear
19,2%
Net 900 8
1,5
66
Kreditkarte und SET
15,2%
iClear
1,8
21
Paysafecard
14,1%
Sonstige
1,9
35
Vorauskasse (Scheck, Überweisung)
13,7%
Paybox
2,0
71
Rechnung
10,8%
paysafecard
2,0
18
Firstgate Click&buy
6,3%
Kreditkarte SET
2,2
13
Net 900
5,0%
Kreditkarte SSL
2,2
120
Nachnahme
3,8%
Kreditkarte unverschlüsselt
3,2%
(verschlüsselt)
Nachnahme
2,2
161
Firstgate click&buy
2,7
20
Lastschrift
3,1
115
Kreditkarte
3,3
27
3,3
128
Tab. 3: Geplante weitere Zahlungssysteme
(unverschlüsselt)
Rechnung
7
8
Tab. 2: Bewertung verschiedener Zahlungssysteme durch Händler
http://www.iww.uni-karlsruhe.de/IZH/
Nicht klar, welches der beiden Verfahren von Net900 gemeint
ist (siehe unten IV.6).
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Bewertung von Zahlungssystemen
Der Anbieter von Dienst- und Warenleistungen im
Internet sollte daher nach den Ergebnissen der
Umfragen weder ausschließlich auf die neuen,
noch auf die herkömmlichen Verfahren setzen, sondern verschiedene Systeme anbieten. Ob diese sich
für das Virtuelle Rathaus eignen, wird im Verlauf
dieses Kapitels im Einzelnen erörtert.
Bei jeglichen Zahlungssystemen, die online abgewickelt werden, ist jedoch den Anforderungen des
Telediensterechts bzw. des Teledienstedatenschutzrechts zu entsprechen. So ist beispielsweise
sicher zu stellen, dass die Daten verschlüsselt übertragen werden können und keine Nutzerprofile bei
nicht-pseudonymen Nutzern erstellt werden9.
Die unterschiedlichen Zahlungssysteme werden im
Folgenden aus Sicht der Kommune als Anbieter betrachtet. Hierbei wurden nur die Verfahren berücksichtigt, die nach Ansicht der Autoren eine gewisse
Aussicht auf Marktdurchdringung haben.
Die Systematik unterscheidet nach Pay-Later- und
Pay-Now-Verfahren. Bei letzteren erfolgen sehr zeitnah, manchmal unmittelbar zur Transaktion die Belastung des Kunden und die Gutschrift beim Anbieter. Hierunter fällt z.B. die klassische Nachnahme
der Post. Bei den Pay-Later-Systemen, wie etwa der
Rechnungserstellung, hat der Kunde Zeit, die Beträge zu begleichen, erst später erfolgt die Gutschrift
beim Anbieter. Da einige Pay-Later-Anbieter Zahlungsgarantien geben, können diese praktisch wie
Pay-Now-Verfahren angesehen werden. Am Ende
dieser Studie wird auf die Frage eingegangen, wie
die Erstellung eines Gebührenbescheids bei Online-Transaktionen erfolgen kann.
III. Anforderungen einzelner
Fachverfahren
Folgende Teilprojekte des Gemeinschaftsprojekts
e-Government des StGB NRW, der Microsoft GmbH
und der Bertelsmann Stiftung enthalten gebührenpflichtige Leistungen: Baugenehmigungsverfahren, Einfache Melderegisterauskunft, An-, Um- und
Abmeldung eines Gewerbebetriebs, Auskunft aus
dem Gewerberegister und Beantragung von Personenstandsurkunden. Die Gebührenhöhe variiert:
9
10
der geringste Betrag ist 2 4,- für eine einfache Melderegisterauskunft, der höchste findet sich bei Baugenehmigungen (bis zu mehrere Hundert Euro).
Grundsätzlich lassen sich bei der Melderegisterauskunft und den Baugenehmigungsanträgen die Fallkonstruktionen unterscheiden, dass einmalig eine
Dienstleistung der Kommune beantragt oder ein
Antrag auf eine größere Anzahl gestellt wird. Bei
den Melderegisterauskünften sind z.B. Massenanfragen von Versandhäusern verbreitet. Gewerblich
tätige Bauherren stellen zuweilen mehrere Anträge gleichzeitig. In diesen Fällen bietet sich die technisch einfacheren Verfahren der Lastschrift oder
der Rechnungserstellung, die Sammelbeträge
leicht ermöglichen, an. Nimmt der Kunde regelmäßig die Dienste der Kommune in Anspruch oder
handelt es sich nachvollziehbar um einen gewerblichen Kunden, so ist die Vollstreckung der Gebühren bei Säumnis einfacher zu vollziehen, als bei einer
Einzelanfrage einer Privatperson. Für diese Bereiche (Massenanfragen und gewerbliche Bauherren)
reichen Zahlungssysteme, bei denen die Kommune
in Vorleistung tritt (Pay Later). Bei den anderen Verfahren empfiehlt sich die Nutzung von Systemen,
die eine unmittelbare Gebührenbegleichung bieten (Pay Now) oder zumindest eine Zahlungsgarantie durch den Systembetreiber.
IV. Bewertung einzelner
Zahlungssysteme
1. Rechnung
In Verfahren, die auf herkömmlichen Rechnungen
basieren, erhält der Kunde vom Anbieter eine Rechnung, in Verwaltungsverfahren in der Regel einen
Gebührenbescheid10, der die Funktion einer Rechnung übernimmt. Diesen erhält er zusammen oder
nach Erhalt der Dienstleistung oder Ware (z.B. einer
Abschrift einer Personenstandsurkunde). Der Kunde kann dann oft unter verschiedenen Arten der
Bezahlung wählen, die er auf konventionellem
Wege per Post, Bank, u.ä. zur Begleichung der Rechnung verwendet. Hierbei kommt es zur zeitlichen
Entkopplung der Rechnungsstellung und der Be-
Vgl. § 4 IV Nr. 3 Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG) bzw. § 4 IV Nr. 6 TDDSG.
Siehe unten IV.6.
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gleichung der Rechnung. Für die Rechnungserstellung und Verbuchung bieten Fachanwendungen
heute in der Regel standardmäßig Schnittstellen
an, die alle relevanten Daten auf digitalem Wege in
die Haushalts- und Kassenanwendungen überleiten und mit denen Rechnungen automatisiert erstellt werden können.
Argumente
Der Kunde muss die Zahlung nachträglich in Gang
setzen. Eine Zahlungsgarantie ist nicht vorhanden,
jedoch ist dieses Verfahren rechtlich sehr gut abgesichert und ist nur mit geringen Prozesskosten verbunden. Das mit der Entkopplung der Rechnungsstellung und ihrer Begleichung verbundene Risiko
der Zahlungsverweigerung ist bei pay later jedoch
systemimmanent. Dieses Verfahren ist im herkömmlichen Verwaltungshandeln üblich und lässt
sich i. d. R. schnellstens einführen ohne Verwaltungsabläufe und Anwendungen verändern zu
müssen. Bei der Zustellung von Bescheiden/Rechnungen per Internet sind die hiermit verbundenen
Fragen der Zulässigkeit von nicht-schriftlichen Bescheiden zu berücksichtigen11. Zurzeit in Entwicklung befindliche Systeme für eine ›virtuelle Poststelle‹ mit Postfächern lösen dabei Teile dieser Problematik.
Tauglichkeit
Grundsätzlich eignet sich diese Form der Zahlung
für praktisch alle Formen des Pay later. Sie enthält
allerdings auch einen oder mehrere Medienbrüche.
Insbesondere bei Kleinstbeträgen ist eine Rechnungsstellung wegen des Druck- und Versandaufwands nicht sinnvoll. Bei Nutzung elektronischer
Zustellungsformen wird mittelfristig eine Abwägung des Risikos erfolgen müssen.
Folgende Regelungen werden vorgeschlagen:
Elektronische Rechnung
Der Einsatz wird empfohlen. Ab 500 2 sollte generell zusätzlich eine Papierrechnung erstellt
werden.
■ Papierrechnungen sind auf Verlangen des Zah■
lungspflichtigen immer auszufertigen. Dies sollte
aber nur als optionales Angebot an den Kunden
erfolgen. Unter Wirtschaftlichkeitsaspekten sollte es möglichst vermieden werden, da interne
Prozesskosten, Druck und Porto entstehen.
2. Clearing-Systeme
Bei Clearing-Systemen wie IClear12 oder Buy & Pay13
wird die Zahlung durch eine Zwischeninstanz (Clearing Stelle) vermittelt. Bei dieser melden sich Kunde und Anbieter vorher an, das Geld wird von der
Clearing-Stelle entgegengenommen und verteilt.
Die Clearing-Stelle versucht dabei, die Bonität des
Kunden sicher zu stellen. Bei IClear erfolgt dies
durch eine SCHUFA-Anfrage. Der Geldeinzug beim
Kunden erfolgt erst 14 Tage nach Erhalt der Ware,
im Gegenzug erhält der Anbieter eine Zahlungsgarantie.
Ein weiteres, komplexeres System ist das vom Online-Auktionshaus Ebay im Jahr 2002 akquirierte
PayPal14, das in den USA sehr verbreitet, aber auch
in Deutschland verfügbar ist. Kunden und Anbieter
müssen bei diesem Verfahren bei PayPal angemeldet sein. Für einen Bezahlvorgang erlaubt der Kunde PayPal, sein PayPal-Konto, das mit einer Kreditkarte oder einem Bankkonto zuvor gefüllt wurde,
zu belasten. Anschließend wird die Summe nach
Abzug des Disagios auf das PayPal-Konto des Anbieters überwiesen. Dieser kann das virtuelle Geld
zum Online-Shopping bei entsprechenden Händlern nutzen, an Dritte innerhalb des Systems weiter
leiten oder auf sein Bankkonto transferieren. Hierbei sind auch Business Accounts mit kumulierten
Vorgängen möglich. Die Anweisungen und Benachrichtigungen der Beteiligten werden über eine
HTML-Oberfläche und E-Mails ausgetauscht.
Bei der Lösung Click and Buy der Firma Firstgate15
meldet sich zunächst der Kunde bei der Firma an,
gibt seine persönliche Daten und insbesondere
eine gültige Bankverbindung oder ein gültiges Kreditkartenkonto an. Bevor der Kunde dann die Dienste von Firstgate in Anspruch nimmt, wird seine Bonität geprüft. Geht der Kunde auf die Homepage ei-
11
Vgl. VI.2.
https://www.iclear.de
http://www.buy-and-pay.de
14
http://www.paypal.com
15
http://www.firstgate.de
12
13
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nes Anbieters und will dort bezahlen, wird er zur
Bezahlung auf Firstgate umgeleitet. Dort gibt er
Benutzername und Passwort an, Firstgate autorisiert die Zahlung gegenüber dem Anbieter und bietet auch eine Zahlungsgarantie an. Auch Net900
sieht ein Benutzername/Passwort-System mit Bankeinzug vor, bei dem jedoch zuvor der Kunde Software installieren muss.
Argumente
Es ist bei Clearing-Sytemen stets die Anmeldung
des Kunden bzw. des Kunden und des Anbieters erforderlich. Für den Anbieter/die Verwaltung entstehen zum Teil erhebliche Kosten (z.B. 3,5% vom Bruttoumsatz bei IClear). Der Verbreitungsgrad ist zurzeit noch sehr gering. Positiv ist die nach der
Anmeldung grundsätzlich einfache Handhabung.
Die Kosten dieser Lösungen sind allerdings für den
Händler – vor allem auch bei nur geringen Umsätzen – sehr hoch. Hemmschwelle könnte für den
Kunden auch sein, dass er sich für die Nutzung erst
beim Anbieter anmelden oder Software installieren (Net900) muss.
Grundsätzlich sind diese Verfahren für die Nutzung
im e-Government-Bereich geeignet. Die Kosten für
diese Zahlungsform werden jedoch von der Kommune (Händler) eingezogen, so dass entweder die Kommune auf Einnahmen verzichten muss oder erhöhte
Gebühren vom Bürger eingezogen werden müssen.
Dies widerspricht der Zielsetzung, möglichst geringe
Einstiegshürden für die Nutzung von e-Government
aufzubauen. Da jedoch Porto-, Druck- und Prozesskosten in der Verwaltung wegfallen, können sich bei einer Gesamtbetrachtung auch Kostenvorteile ergeben. Zumindest für das IClear-Verfahren muss auch
auf die nicht vorhandene Diskriminierungsfreiheit
hingewiesen werden, da bei manchen Bürgern negative SCHUFA-Einträge existieren.
Tauglichkeit
Lösungen dieser Art müssen zurzeit aufgrund des geringen Verbreitungsgrades und der Gebühren- bzw.Kostenproblematik als nicht tauglich angesehen werden.
16
3. Herkömmliche Kreditkarte
Kreditkarten, wie Mastercard16, VISA17 oder American Express18, werden verbreitet im Internet eingesetzt. Tatsächlich waren sie eines der ersten Zahlungsmittel überhaupt für Online-Transaktionen
mit Privaten. Der Kunde gibt über eine verschlüsselte (SSL) oder unverschlüsselte Internetverbindung seinen Namen, seine Kreditkartennummer, die Kreditkartenprüfnummer und das Verfallsdatum der Karte an. Anschließend wird das Kreditkartenkonto
des Kunden belastet und der Betrag an den Anbieter vom Kreditkartenunternehmen weiter geleitet.
Aufgrund eines Urteils des Bundesgerichtshofs vom
16. 04. 2002 (Az. XI ZR 375/00) hat Mastercard vielen
Händlern in Deutschland die Zusammenarbeit aufgekündigt19. Nach der Entscheidung müssen die Kreditkartenunternehmen eine Zahlungsgarantie für
alle Kartenumsätze, die ein Händler aus schriftlichen
oder telefonischen Bestellungen oder über Internet
einreicht, abgeben. Bislang musste dieser mit dem
mutmaßlichen Kunden den Vertragsschluss klären.
Gegen diese Entscheidung des BGH wurde mittlerweile Verfassungsbeschwerde eingereicht. Durch die
geänderten Haftungsgrundsätze befürchten viele
Händler, dass die Gebühren, die von ihnen zu tragen
sind, steigen werden. Bis zur Klärung der Frage durch
das Bundesverfassungsgericht steht daher dieses
Verfahren auf unsicheren Beinen.
Argumente
Diese Lösung steht nicht für alle Bürger offen, da es
das Vorhandensein einer Kreditkarte voraussetzt.
Das Verfahren gilt zudem als vergleichsweise unsicher, da alle erforderlichen Daten auf einer gestohlenen Kreditkarte vorhanden sind. Eine Reklamation einer unrechtmäßigen Nutzung ist leicht möglich.
Die erhobenen Kreditkartengebühren verursachen
Kosten bei dem Anbieter, die wiederum durch erhöhte Gebühren bzw. den willentlichen Verzicht
auf einen Teil der Gebühren seitens des Anbieters
zu erbringen sind. Die Haftung liegt (derzeit) beim
Kreditkartenunternehmen.
http://www.eurocard.de
http://www.visa.de
http://www.americanexpress.de
19
Vgl. die Pressemitteilung von Eurocard unter http://www.eurokartensysteme.de/wer_wir_sind/presse/servicecenter/pressemitteilungen/
pressemitteilungen-19-06-02.
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Die Nutzung dieses Verfahrens ist im Bereich e-Business heute weit verbreitet, da die Einstiegshürden sehr gering sind und bei dem Bürger keine besonderen Hardware- bzw. Softwarevoraussetzungen geschaffen werden müssen. Aufgrund der
leichten Fälschbarkeit bzw. fehlenden Identitätsprüfung steht dieses Verfahren aber auch als Musterbeispiel für die Notwendigkeit, andere sicherere Zahlungsverfahren zu finden.
Tauglichkeit
Die Tauglichkeit der herkömmlichen Kreditkartenabrechnung ist nicht nur wegen der begrenzten Verbreitung von Kreditkarten eingeschränkt: Die Höhe
der Summe, die über eine Kreditkartentransaktion
überwiesen werden kann ist begrenzt, auch wenn
die Mehrzahl der durch den Bürger zu bezahlenden
Beträge eher gering ist. Die mit der Nutzung verbundenen Kosten bei der Verwaltung (1-3% Disagio) begrenzen auch hier die Nutzungsbereitschaft.
hat nach Zeitungsmeldungen20 Interesse an dem ursprünglich wohl von Visa entwickelten System.
Die Haftungsregelungen sind bei diesen Verfahren
anbieterfreundlich: diese haften nicht, wenn der
Kunde den Bestellvorgang bestreitet.
Argumente
Das Verfahren ist nicht für alle Bürger nutzbar, da
eine Kreditkarte vorhanden sein muss. Allerdings
ist es wesentlich sicherer als die bisherigen Kreditkartenverfahren. Die Reklamation einer irrtümlichen oder gefälschten Transaktion ist aufgrund
des Online-Charakters und der zu erfüllenden Sicherheitsmerkmale schwieriger. Die Zahlung wird
durch Kreditkartenunternehmen garantiert, Kreditkartengebühren werden beim Kunden in Rechnung gestellt. Für den Anbieter entstehen keine zu-
4. Kreditkarte mit Passwort
Die neuen Verfahren Verified by VISA und Mastercard SecureCode der beiden Marktführer lösen seit
dem 05. 04. 2002 das vorher eingesetzte SET-System
(Secure Electronic Transaction) ab, da dies für viele
Anbieter und Kunden zu komplex war. Bei den neuen Systemen muss der Kunde zusätzlich zu den unter 3. genannten Daten auf der Internet-Seite des
Anbieters ein Passwort eingeben, das direkt an die
kartenausgebende Bank zur Authentifzierung geleitet wird. Eine neue technische Komponente
beim Anbieter ist hierfür nicht erforderlich. Beide
Verfahren werden demnächst technisch angeglichen, so dass die Anbieter nur ein System für beide
Verfahren der Marktführer vorhalten müssen. Statt
eines Passwortes werden bei der UCAF-Lösung von
Mastercard, der SecureCode zugrunde liegt, auch
andere Authentifizierungsmechanismen, z.B. digitale Signaturen, akzeptiert.
Seit Juni 2002 nutzt als erste Bank in Europa die
Schweizer ›Cornèr Banca‹ das SecureCode-Verfahren.
In Deutschland akzeptiert das Pago-System (siehe 12.)
entsprechende Zahlungen. Auch American Express
20
Eingabemaske MasterCard SecureCode
sätzlichen Kosten, aber es werden 1-3% Disagio
vom Kunden einbehalten. Das Verfahren ist zukunftssicher für EMV-Kreditkarten mit SmartcardChips. Es ist keine zusätzliche Software beim Anbieter und Kunden erforderlich.
Dieses Verfahren ist als Ersatz für das oben genannte SET-Verfahren entwickelt worden und erhebt den Anspruch, für zukünftige elektronische
Computer-Zeitung vom 24.02.2003.
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Zahlungsvorgänge zu dienen. Generell gelten die
Vorbehalte, die oben genannt wurden.
Tauglichkeit
Wegen der in Deutschland verhältnismäßig geringen Verbreitung von Kreditkarten und dem noch
sehr jungen und in der Praxis kaum erprobten Verfahren sowie den wie bei der herkömmlichen Kreditkartenzahlung anfallenden Gebühren ist die
Tauglichkeit eingeschränkt, wenn auch das Verfahren wesentlich sicherer als das herkömmliche sein
dürfte.
5. Online-Banking
Als Erweiterung des herkömmlichen Online-Bankings, bei dem der Kunde einer Bank direkt mit ihr
kommuniziert, gibt es mittlerweile Verfahren, in
denen er über einen Anbieter von Dienstleistungen
mit ihr in Kontakt kommt. Vorreiter war die Firma
fun communications GmbH21. Über die InternetSeiten des Anbieters wird zum Bezahlen direkt, normalerweise über einen HTML-Frame in der Homepage des Anbieters eine Verbindung zur Bank aufgebaut, bei der der Kunde dann mit seinen TAN und
über HBCI, die er beide auch für sein sonstiges Online-Banking schon nutzt, die Bezahlung durch eine
Überweisung ausführt. Das Fun-Homepay-System
ist dabei zwischengeschaltet. Der elektronische
Überweisungsträger der Bank ist mit den Daten
des Anbieters und der zu beziehenden Dienstleistung bzw. Ware vorausgefüllt, so dass ein zusätzliches Aufsuchen der Homepage der Bank zur Vornahme der Überweisung entfällt. Bislang ist dieses
Verfahren nur für Online-Banking-Konten der Postbank nutzbar.
Daneben hatte sich die Firma Stackbox GmbH22
aufgestellt. Diese als Tochter der Deutschen Bank
AG und der Accenture Technology Ventures S.P.R.L.
gegründete Firma hat ein vergleichbares Verfahren
für fast jedes Online-Banking-Konto entwickelt23,
das nicht auf bestimmte Banken beschränkt ist.
Der Kunde muss bei der Bestellung bei einem An21
bieter ein auf dessen Homepage integriertes JAVA
Applet auf seinem Rechner installieren. Dieses
speichert zunächst die Kontodaten auf dem Rechner des Kunden und leitet dann die Daten des Kontos, der Bestellung und die PIN und TAN direkt an
die Bank weiter. Diese bestätigt die Annahme der
Überweisung gegenüber dem Anbieter und dem
Kunden. Eine Zahlungsgarantie ist für den Anbieter
bislang damit nicht verbunden.
Zur Cebit 2003 stellten fun communications und
die T-Online von der Deutschen Telekom ein Kooperationsprojekt vor, dass eine Nutzung mit über 800
Banken ermöglichen soll. Das technische Verfahren
entspricht weitestgehend dem von Stackbox24, erfordert jedoch offensichtlich die Nutzung von T-Online und der T-Online Classic Banking Plattform.
Argumente
Da die Verfahren die bekannten Mechanismen des
Online-Bankings (PIN, TAN, HBCI) nutzen, ist eine
gute Akzeptanz bei allen Kunden zu erwarten, die
ihr Konto bereits online führen. Derzeit gibt es
bundesweit ca. 20 Millionen Konten. Weiterhin ist
die Nutzung für den Kunden kostenlos, der Anbieter zahlt Disagio-Gebühren von ca. 2% und eine geringe monatliche Pauschale (gilt für Stackbox/
Pago). Nachteilig ist, dass damit alle Kunden ausgeschlossen sind, die nicht das Online-Banking nutzen. Da es Nutzer des Online-Banking gewohnt
sind, Software zu installieren, sollte die einmalige
erforderliche automatisierte Software-Installation
kein Hinderungsgrund sein.
Tauglichkeit
Diese Variante ist grundsätzlich geeignet, kann aber
nur ergänzend angeboten werden. Die beiden Anbieter unterscheiden sich allerdings, wobei aus kommunaler Sicht derzeit das Verfahren mit Zahlungsgarantie (fun) die rechtlich bessere und praktikablere
Alternative ist, während das andere Verfahren (Stackbox) vor allem aufgrund der breiten Anbindung an
viele Banken und Sparkassen interessant ist.
http://www.fun.de
http://www.stackbox.de
Das Verfahren wurde mittlerweile in das Angebot der Firma Pago (vgl. IV.12) übernommen, die Stackbox GmbH wurde
zum 31.12.2002 aufgelöst.
24
http://www.heise.de/newsticker/data/hod-13.03.03-001
22
23
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6. Telefon-Inkasso
Es existieren verschiedene Inkassoverfahren,bei denen
der Kunde entweder per Telefon oder per Modem eine
kostenpflichtige Telefonnummer (regelmäßig 0190Vorwahl, zukünftig 0900) anruft, um eine Zahlungsfreigabe in Form einer TAN oder ähnlichem zu erhalten.
Die TAN teilt er dem Anbieter mit,der dann die Dienstleistung oder Ware freigibt. Eine schon verhältnismäßig lange am Markt befindliche Lösung ist Net90025.
In Österreich soll flächendeckend ein Inkasso-Verfahren namens ›Bill-it-easy‹26 installiert werden, das
über die Internet-Service-Provider abgewickelt wird.
Ein Kunde bekommt beim Abrufen eines kostenpflichtigen Netzinhalts ein Pop-up-Fenster mit der
entsprechenden Kosteninformation über den Browser geliefert. Wird die Transaktion akzeptiert, so erscheinen die Gebühren direkt auf der Monatsrechnung des Internet Service Providers. Um das System tatsächlich in der Fläche anbieten zu können,
soll ein laut der Computer-Zeitung vom 24. 02. 03
eine Clearing-Stelle eingerichtet werden.
Argumente
Die Kosten für den Händler sind hoch, durch die
Nutzung einer 0190er-Nummer besteht auch geringe Akzeptanz. Zudem muss eine spezielle Software installiert werden. Das Bill-it-easy-System ist
hiervon nicht betroffen, doch vorläufig nur in Österreich verfügbar. Außerdem ist das Mitwirken einer
weit reichenden Provider-Zahl erforderlich.
Tauglichkeit
Aufgrund der hohen Kosten für den Händler und der
weiteren Rahmenbedingungen (0190er Nummer)
scheidet dieses Verfahren für eine Kommune aus.
7. Lastschrift
Bei dieser Form des Inkassoverkehrs übernimmt der
Zahlungsempfänger die Einziehung des Geldbetrages. Zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs haben
die Spitzenverbände des Kreditgewerbes das ›Abkommen über den Lastschriftverkehr‹27 geschlossen. Es unterscheidet zwei Arten der Lastschrift:
Lastschrifteinzug/Lastschriftverfahren
Der Zahlungspflichtige erteilt dabei dem Zahlungsempfänger (Einverständnis vorausgesetzt) eine
schriftliche Ermächtigung zur Einziehung der Forderung zu Lasten seines Kontos (Einzugsermächtigung).
Der Zahlungsempfänger trifft mit seiner Hausbank
eine Vereinbarung, nach der die Bank die Lastschriftbeträge einzieht. Wesentlicher Inhalt einer solchen
Vereinbarung ist die Verpflichtung des Zahlungsempfängers, nur Lastschriftaufträge bei schriftlich
vorliegender Ermächtigung und nur für fällige Forderungen einzureichen.
Der Zahlungspflichtige hat das Recht,innerhalb sechs
Wochen nach Belastung seines Kontos jeder Abbuchung zu widersprechen. Eine Angabe von Gründen
ist nicht erforderlich. Stornierungen und damit verbundene Kosten (zurzeit 2 3,00 pro Rückbuchung)
gehen zu Lasten des Zahlungsempfängers.
■
Abbuchungsverfahren
Hinsichtlich der Abwicklung des Zahlungsgeschäfts besteht zu dem zuvor genannten Verfahren
kein Unterschied. Die Abgrenzung ist vielmehr in
der erteilten Ermächtigung zu suchen. Der Zahlungspflichtige erteilt seiner Bank den Auftrag,
Lastschriften des Zahlungsempfängers zu Lasten
seines Kontos einzulösen und erlaubt gleichzeitig
dem Zahlungsempfänger, fällige Beträge abzubuchen.
Anders als bei dem Lastschrifteinzug hat die Bank
zu prüfen, ob ein rechtswirksam erteilter Abbuchungsauftrag vorliegt. Auch besteht kein Widerrufsrecht des Zahlungspflichtigen. Gerade das
fehlende Widerrufsrecht lässt diese weniger gebräuchliche Form der Lastschrift Anwendung bei
betragsmäßig höheren Forderungen im Geschäftsverkehr finden.
Problematisch ist, dass beim Lastschrifteinzug
nach Abschnitt I Nr. 1 a) des Lastschriftabkommens
(siehe Fn. 27) für die Einzugsermächtigung die
Schriftform erforderlich ist. Das bedeutet nach §§
126 f. BGB, dass entweder eine Handunterschrift
oder eine qualifizierte elektronische Signatur geleistet werden muss. Ersteres ist bei einzelnen und
spontanen Bezahlvorgängen sowie dem damit ver■
25
http://www.in-medias-res.com
http://www.billiteasy.com
27
Auszug aus dem Lastschriftabkommen i.d.F. April 2003 unter http://www.grundmann-norderstedt.de/gfb22.htm
26
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bundenen Medienbruch nicht sinnvoll, letzteres
wegen der fehlenden Verbreitung der entsprechenden Technologien nicht realistisch.
Einen Ausweg schafft die Anlage 3 des Lastschriftabkommens, die in »begründeten Ausnahmefällen«
Erleichterungen für die Formerfordernisse der Einzugsermächtigung vorsieht. So kann der Zahlungsempfänger, d.h. die Kommune, mit ihrer Hausbank
vereinbaren, dass in bestimmten Fällen die Schriftform entfällt. Dies ist möglich, wenn es sich um Einmaleinzüge bis maximal Euro 50,- handelt und verschiedene Informationspflichten der Kommune gegenüber dem Zahlungspflichtigen erfüllt sind.
Darüber hinaus muss die Kommune dem Zahlungspflichtigen ein gleichwertiges Alternativverfahren
zu preislich identischen Bedingungen anbieten28.
Argumente
Die Lastschrifteinzugsermächtigung ist eine seit
Jahrzehnten sehr beliebte Zahlungsart.Vorwiegend
wird sie bei wiederkehrenden, auch unregelmäßigen
Zahlungen eingesetzt. Sie gilt als besonders sicher
und preiswert. Aus der Sicht des Zahlungsempfängers sind die Vorteile in erster Linie in der eigenen Bestimmung des Zahlungszeitpunktes, in einer verbesserten Gelddisposition (sofortige Verfügungsgewalt)
und der sehr einfachen Überwachung des Zahlungseingangs zu sehen. Die Lastschrift selbst ermöglicht
beleglos dem Zahlungspflichtigen Rechnungsdaten
zu übermitteln und erspart u. U. eine gesonderte
Rechnungsstellung. Jedoch besteht ein sechswöchiges Widerrufsrecht des Zahlungspflichtigen.
Der Zahlungspflichtige spart Zeit und Kosten: Zeit
für die Ausstellung eines Überweisungsformulars
oder auch der Überwachung des Zahlungstermins,
Kosten durch i. d. R. geringere Bankgebühren beim
Lastschrifteinzug und der Kommunikation mit der
Bank. Die Kontoauszüge der Hausbank liefern eine
übersichtliche Information aller zahlungsrelevanten Daten. Im Gegenzug verzichtet der Zahlungspflichtige auf die Möglichkeit einer Zahlungsverzögerung und damit verbundener Dispositionsfreiheit der zur Deckung der Lastschrift erforderlichen
Mittel auf seinem Konto. Insbesondere beim Abbuchungsverfahren kann eine Zurückhaltung der
28
Zahlung (z. B. bei fehlerhafter Lieferung) durchaus
ein willkommenes ›Druckmittel‹ sein.
Tauglichkeit
Grundsätzlich eignet sich das Lastschrifteinzugsverfahren als Paymentverfahren im kommunalen
Bereich. Die fehlende Rechtsverbindlichkeit ohne
die erforderliche qualifizierte digitale Signatur
stellt für die Kommunen aufgrund der fehlenden
Zahlungsgarantie ein gewisses Risiko dar. Es darf
im Vergleich auf die sonst geübte Praxis der Gebührenerhebung durch Gebührenbescheid mit nachträglicher Zahlungsleistung durch den Zahlungspflichtigen jedoch nicht überbewertet werden. In
der Regel wird es sich bei der Forderung auch um
eine öffentlich-rechtliche Gebühr handeln. Hier steht
der Kommune ohnehin der Mahn-/Vollstreckungsweg offen. Aufwändiger gestaltet sich die Durchsetzung bei privatrechtlichen Entgelten. Daher
könnte die Abgabeart und/oder die Höhe der Forderung ein Kriterium für die Eignung des Lastschrifteinzugs in diesem Zusammenhang sein.
Empfohlen wird das Verfahren bis zu einer Wertgrenze von 50,00 2 bei Privatpersonen und 500,00
2 bei Unternehmen oder Körperschaften.
Die anderthalb-jährigen positiven Erfahrungen einer Kommune29, die die Buchung von Kursen ihrer
Volkshochschule über das Internet unter Wahl des
Lastschrifteinzugsverfahrens anbietet, stimmen
zuversichtlich.
Die Lastschrift auf der Basis des Abbuchungsverfahrens wird zur Abwicklung einmaliger Zahlvorgänge wenig Akzeptanz finden. Ursächlich dafür
dürfte die zwingende Beauftragung der Bank parallel mit der Information des Zahlungsempfängers
sein. Das Zahlverfahren eignet sich daher eher für
wiederkehrende Zahlungen.
8. Nachnahme
Die Einziehung eines Geldbetrages per Nachnahme30 durch die Deutsche Post oder andere Zustelldienste ist nur in Kombination mit einem Brief oder
einer Postkarte, bei einigen Dienstleistern31 auch
nur bei Päckchen und Paketen möglich. Dazu ist ne-
Worin dieses bestehen soll ist angesichts der Preisgestaltung der Alternativverfahren fraglich. In Betracht kommt sicherlich die
Möglichkeit einer Überweisung oder Rechnung.
http://vhs.stadt-lippstadt.de
30
Max. Nachnahmebetrag: Deutsche Post 1.533,88 1, United Parcel Service (UPS) bis 50.000 1, jedoch bei Barzahlung nur bis 5.000 1.
29
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ben einem Einlieferungsschein ein Überweisungsträger auszufertigen und der Sendung beizufügen.
Das aufzubringende Barcode-Label erlaubt den
Verlauf der Sendung u. a. per Internet nachzuvollziehen. Die Aufgabe der Briefsendung erfolgt in der
Regel bei Postfilialen, -agenturen, bei Zustellern
oder bei Zustelldiensten. Der Einwurf in Briefkästen der Deutschen Post ist auch möglich. Es wird
dann allerdings auf die Ausstellung eines Einlieferungsscheins als Beleg und damit auf den Nachweis der Aufgabe der Sendung zur Post verzichtet.
Neben dem regulären Beförderungsentgelt für die
Sendung (Porto) fällt für die Zusatzleistung ›Nachnahme‹ ein Entgelt von zurzeit 1,79 232 an. Für evtl.
weitere Zusatzleistungen, wie ›Rückschein‹33 oder
›Eigenhändig‹34 sind jeweils weitere 1,79 2 fällig.
Die genannten Entgelte sind bei Aufgabe der Sendung zu entrichten. Eine Erstattung, etwa bei Annahmeverweigerung durch den Empfänger, erfolgt
nicht. Die Aushändigung der Sendung an den Empfänger geschieht ausschließlich gegen Zahlung des
Nachnahmebetrages. Für die Geldübermittlung
wird ein weiteres Entgelt von 1,53 2 vom eingezogenen Nachnahmebetrag einbehalten. Das Geld wird
auf das vom Absender angegebene Konto überwiesen. An Entgelten für eine Nachnahme, bestehend
aus Standardbrief (Inland) mit Geldübermittlung,
entstehen damit mindestens 3,88 2 an Kosten.
Die Deutsche Post erwartet aufgrund des BGH-Urteils zur Haftung bei Kreditkartengeschäften (siehe
oben 3.) eine stärkere Nutzung der NachnahmeSendungen35.
Argumente
Die Nachnahme per Post oder einem anderen Zustelldienst bietet dem Zahlungsempfänger eine
hohe Zahlungsgarantie. Mit der Zusatzleistung ›Eigenhändig‹ kann sichergestellt werden, dass die
Sendung ausschließlich den vorgegebenen Empfänger erreicht. Dazu mag es in Einzelfällen datenschutzrechtliche Gründe geben. Es fällt jedoch ein
vergleichsweise hohes Entgelt an. Ein erhöhter Zeit-
aufwand, bedingt durch zum Teil manuelle Arbeitsabläufe bei Abwicklung der Nachnahme, ist unvermeidbar. Die Geldübermittlung erfolgt mit zeitlichem Verzug, der vom Zeitpunkt der Abnahme
durch den Empfänger beeinflusst wird.
Tauglichkeit
Nur der Vollständigkeit halber wird diese Form des
Geldeinzugs hier erwähnt.In der Prozesskette der digitalen Leistungserbringung stellt sie einen klaren Medienbruch dar und kann damit keine tatsächliche Alternative im Zusammenhang mit e-Government-Lösungen sein.Allenfalls bei der noch verbreiteten Zustellung
von Bescheiden oder Urkunden ist das Verfahren tauglich,wegen der hohen Kosten jedoch nicht sinnvoll.
9. Mobile Verfahren (Paybox und Vodafone m-pay)
Das Paybox-Verfahren36, zunächst eingestellt am
23. 01. 0337, nutzte herkömmliche Handys zu Autorisieren von Zahlungen durch den Kunden. Dieser
meldete sich mit einem Jahresbeitrag bei Paybox
an und gab seine Handynummer und seine Kontoverbindung an. Wollte er im Internet bezahlen,
klickte er auf das Paybox-Symbol und gab seine
Handy- oder Paybox-Nummer ein. Beides wurde
vom Anbieter an Paybox weitergeleitet. Von dort
rief ein Voice-Programm das Handy des Kunden an.
Wenn das Handy des Kunden klingelte, hörte er das
Voice-Programm, das Anbieter und Summe nannte.
Zum Autorisieren der Zahlung, die von seinem Konto abgebucht und später weitergeleitet wurde, bestätigte der Kunde die Ansage mit einer nur ihm
bekannten Paybox-PIN.
Das seit Herbst 2002 angebotene Bezahlverfahren
für die Kunden des Mobilfunkunternehmens Vodafone (D2-Netz) ›m-pay‹38 sieht vor, dass der Kunde
bei einer entsprechenden Internetseite seine Handynummer angibt. Diese wird an Vodafone weitergeleitet. Vodafone schickt darauf eine SMS mit einer
einmaligen, 30 Minuten gültigen Transaktionsnummer an diese Handynummer, die dann anschließend
31
U.a. United Parcel Service (UPS)
Soweit hier Beträge genannt sind, handelt es sich um Entgelte der Deutschen Post, Stand Dezember 2002.
33
Nachweis der Zustellung.
34
Aushändigung nur an Empfänger bzw. ausgewiesenen Bevollmächtigten.
35
http://www.deutschepost.de/postag/news/new0207/ne020714.html
36
http://www.paybox.de
37
Pressemitteilung unter http://www.paybox.de/3416.html. Zum Sommer 2003 wurde Paybox neu gestartet.
38
http://www.vodafone.de/m-pay
32
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auf der Internetseite zur Bestätigung des Kaufs angegeben werden muss. Die Abrechnung erfolgt direkt über den Handy-Vertrag oder das Guthaben
bei Prepaid-Handy-Verträgen. Wird eine WAP-Seite
direkt mit dem Handy aufgesucht und soll dort bezahlt werden, verkürzt sich der Vorgang: die Seite
identifiziert den Nutzer direkt über seine Handy-Telefonnummer.
Wie Ende Februar 2003 bekannt wurde, wollen
Orange, Telefonica Moviles, T-Mobile und Vodafone
einen offenen Industriestandard für mobile Zahlungsverfahren- und systeme schaffen. Unter dem
Namen ›Mobile Payment Services Association‹ will
der in London ansässige Zusammenschluss der
Mobilfunk-Betreiber zusammen mit anderen Anbietern auch Kredit- und Bankkarten-Lösungen integrieren. Der Markenname und eine URL des Interessenverbundes standen zum Zeitpunkt der Drucklegung dieser Studie noch nicht fest.
Argumente
Generell ist zu den mobilen Bezahlverfahren anzumerken, dass ein Handy erforderlich ist. Dies ist
vielfach der Fall, aber eine vollständige Versorgung
der Bevölkerung ist nicht gegeben. Für die Verfahren spricht generell, dass sie über eine einfache
Handhabung, wie etwa bei Paybox, verfüg(t)en.
Im Einzelnen ist anzumerken,dass bei Paybox Gebühren sowohl für den Kunden als auch für den Anbieter
anfielen. Beim Anbieter waren es Disagiogebühren
bis 5% und jährlich 100-300 2 Anbietergebühr.Vorteil
war die Möglichkeit der anonymen Bezahlung, andererseits musste sich der Kunde zuvor bei Paybox mit
personenbezogenen Daten anmelden.
Bei Vodafone ist nur eine Nutzung für deren Kunden vorgesehen, noch gibt es zudem wenig Shops.
Für die Kunden ist das Verfahren mangels Gebühren sehr günstig, eine Anmeldung des Kunden ist
außerdem nicht erforderlich.
Tauglichkeit
Die Verfahren sind grundsätzlich tauglich, bei Paybox sprechen bzw. sprachen jedoch die hohen Gebühren bei beiden Seiten und bei Vodafone die Begrenzung auf den Kundenstamm gegen einen Einsatz. Zudem ist bei beiden das Vorhandensein eines
39
40
Handys Bedingung. Durch die Einstellung des technisch ausgereiften und immerhin beachtlich verbreiteten Systems von Paybox wurde jedoch deutlich, dass der Markt für diese Lösungen offensichtlich
noch nicht reif ist. Paybox wurde mit der Begründung beendet, dass Entwicklung des m-paymentMarktes sehr langsam voran ginge und das Investitionsklima anhaltend schlecht sei. Letzteres habe zu
einer mangelnden Kooperationsbereitschaft insbesondere bei Banken und Telekommunikationsanbietern geführt, die für die Erschließung der Märkte
fürs m-payment erforderlich seien. Das VodafoneVerfahren dürfte wegen seiner Begrenzung auf
Kunden eines Anbieters (ebenfalls) keine breite
Marktdurchdringung finden.
10. Scratch-Karten
Die beiden in Deutschland am stärksten verbreiteten Scratch-Karten-Zahlungssysteme sind MicroMoney39 von der Deutschen Telekom (DeTeCardService) und die aus Österreich stammende Paysafecard40. Beiden ist der Prepaid-Charakter
gemeinsam: Der Kunde kauft an unterschiedlichen
Verkaufstellen Plastikkarten oder einen vergleichbaren Computerausdruck für einen bestimmten
Wert. Diese enthalten als Aufdruck einen 16-stelligen Code, den der Kunde im Internet beim Bezahlen auf der Internet-Seite des Anbieters angibt. Der
Name ›Scratch-Karte‹ (dt. ›Kratz-Karte‹) rührt daher, dass bei den Plastikkarten ein Kunststofffilm,
der den Code verdeckt, zunächst weggekratzt werden muss. Bei Eingabe des Codes im Internet wird
dieser direkt zum Kartenunternehmen geleitet, der
Anbieter erfährt ihn nicht. Dieses bestätigt anschließend die Deckung des angeforderten Betrags
sowohl gegenüber dem Kunden als auch gegenüber dem Anbieter. Die Telekom-Variante kann im
Übrigen auch als Calling-Card genutzt werden.
Der Anbieter erhält bei Paysafecard monatlich die
Gesamtsumme aller Einkäufe per Überweisung. Bei
einer gegebenenfalls notwendigen Rückabwicklung
teilt der Anbieter dies Paysafecard innerhalb eines
bestimmten Zeitraums mit, darauf hin wird der Guthaben-Betrag des Kunden entsprechend wieder erhöht, Stornierungskosten entstehen dabei nicht.
http://www.micromoney.de; Guthabenverwaltung bei der Postbank; gehört zum T-Pay-Portfolio der Telekom.
http://www.paysafecard.de; Guthabenverwaltung bei der Commerzbank.
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Argumente
Der Vorteil der Scratch-Karten liegt zunächst in der
einfachen Handhabung. Zwar besteht ein gewisser
Medienbruch, da eine Nummer von einem physischen Medium abgelesen und eingetippt werden
muss, dies stellt jedoch einen nur minimalen Aufwand dar. Die Installation von Software beim Kunden entfällt. Darüber hinaus besteht der Vorteil der
Mobilität, denn der Code kann leicht mitgenommen und auch im Urlaub oder bei der Arbeit am PC
eingesetzt werden. Der Kunde kann außerdem
beim Erwerb der Karte anonym bleiben und muss
sich nirgendwo anmelden. Bei der MicroMoneyKarte entstehen jedoch dem Kunden bei Nicht-Verbrauch des Guthabens innerhalb eines bestimmten Gültigkeitszeitraums Kosten.
Für den Anbieter besteht der größte Vorteil in der
Zahlungsgarantie. Damit ist ein Missbrauch fast
völlig ausgeschlossen. Problematisch sind hingegen die bislang offenbar geringe Verbreitung der
Systeme41 und insbesondere die Kosten für Anbieter. Diese entstehen umsatzabhängig und liegen
bei 5,5-40%42. Jahres- oder Aktivierungsgebühren
fallen jedoch nicht an.
Tauglichkeit
Aufgrund der relativ hohen Kosten beim Anbieter
und der bis heute noch recht geringen Verbreitung
auf Anbieter- und damit auch auf Kundenseite
dürfte dieses System sich für den kommunalen
Sektor vorläufig nicht eignen.
11. GeldKarte 43
Die 1996 eingeführte ›GeldKarte‹ ist ein Chip, der
regelmäßig auf Bankkarten44 angebracht ist, und
eine virtuelle Geldbörse darstellt. Auch in der neuen SparkassenCard, die seit dem 1. Juli 2002 vertrieben wird, ist ein GeldKarte-Chip enthalten. Dieser
wird an besonderen Terminals aufgeladen. Dabei
gibt es kontogebundene GeldKarten, die der Regelfall sind, und ungebundene Karten (›White Cards‹),
die anonym erworben werden können. Die Aufladung erfolgt entweder bei der Bank gegen Barzahlung (bei White Cards) oder an Selbst-BedienungsTerminals durch Abbuchung vom Bankkonto des
Kartenhalters. Der Gegenwert der geladenen Beträge liegt auf dem korrespondierenden Börsenverrechnungskonto der Bank, die für alle ihre Karteninhaber das Geld bzw. den Schattenwert zentral
sammelt. Der Schattensaldo der einzelnen GeldKarten wird anhand der eindeutigen Nummer des
GeldKarte-Chips bei Evidenzzentralen geführt45. Die
ausgebende Bank weiß nicht, welche Bezahlvorgänge der einzelne Kunde tätigt und die Evidenzzentrale, die die Beträge verteilt und nur die Salden
der Karten kennt, weiß nicht, welcher Kunde welche Chipnummer hat.
Der Zahlvorgang sieht konkret folgendermaßen
aus: Der Anbieter besitzt ein eigenes Terminal
(Händlerterminal) und auch eine Händlerkarte. Diese erzeugt nach Abschluss der Transaktion einen
Datensatz zu der Zahlung und gibt diese an das
Händlerterminal aus. Das Händlerterminal ergänzt
den Datensatz um händler- und terminalspezifische
Daten und speichert den gesamten Datensatz. Am
Tagesende erzeugt die Händlerkarte aus allen gespeicherten Transaktionsdaten einen Summensatz,
der die Einzeltransaktionen zusammenfasst und
verschlüsselt. Jeder Summensatz kann durch die
Identifikationsnummer der Händlerkarte und eine
Sequenznummer des Kassenschnitts eindeutig
identifiziert werden. Anhand dieser Kennnummern
kann die von der Hausbank des Händlers beauftragte Evidenzzentrale später feststellen, ob Transaktionen mehrfach eingereicht wurden. Die Zahlungsbeträge werden dem Händler gutgeschrieben, nachdem er die Einzeltransaktionen und Summensätze
bei der Evidenzzentrale eingereicht hat. Diese belastet die Verrechnungskonten der kartenausgebenden Banken der Kunden mit dem Gegenwert der
Transaktionen, die die Karteninhaber getätigt haben. Gleichzeitig wird der Schattensaldo der verwendeten GeldKarten um den getätigten Umsatz
herabgesetzt. Dadurch, dass die Umsätze aus-
41
MicroMoney wurde laut der Unternehmenshomepage am 02.07.2003 nur von ca. drei Dutzend Internet-Anbietern akzeptiert.
http://www.contentmanager.de/magazin/artikel_157_pay_content_preisschilder_websites.html; bei MicroMoney sind es mindestens
25% des Umsatzes, mindestens 12 cent, vgl. MANHART 2003.
43
http://www.geldkarte.de
44
Zum Ende der ec-Karte vgl. http://www.zahlungsverkehrsfragen.de/endedereckarte.html.
45
Zu den Einzelheiten vgl. http://www.zahlungsverkehrsfragen.de/geldkarte.html und http://www.heise.de/ix/artikel/1998/12/148/.
42
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schließlich in Summen, nicht in Einzelbeträgen verrechnet werden, können die einzelnen Kundentransaktionen nicht herausgefunden werden.
Zwar existieren ca. 55 Mio. GeldKarten in Deutschland, nach Aussage der Geldkarten-Organisation
Euro Kartensysteme GmbH wurden im gesamten
Jahr 2001 jedoch nur 30 Mio. Transaktionen an ca.
80.000 Akzeptanzstellen46 mit einem Durchschnittsbetrag von 2,30 2 getätigt. Nur 5 % der Karten sind
bislang genutzt worden47. Laut saldierter GeldKarteStatistik des Zentralen Kreditausschusses setzten
die Bundesbürger die GeldKarte allerdings in den
ersten drei Quartalen 2002 schon rund 26,4 Millionen Mal zum Bezahlen ein. Dies ist verglichen mit
den ersten drei Quartalen des Jahres 2001 (ca. 21,2
Millionen Bezahltransaktionen) eine Steigerung
um 24,6 Prozent48.
Anfang Juni 2002 hatten die Dresdner Bank und die
Deutsche Bank angekündigt, bis auf weiteres die
GeldKarte nicht mehr unterstützen zu wollen49. Angeblich sei der Gebrauch nicht zufrieden stellend,
so dass sich die weitere Ausgabe der GeldKarte
durch die Banken sich nicht lohnen würde. Mitte
Juni 2002 verkündete jedoch der Sparkassenverband, dass die GeldKarte stärker unterstützt würde, da deren Gebrauch zugenommen habe.
Einen Schub zur stärkeren Nutzung verspricht sich
Euro Kartensysteme durch die Möglichkeit des anonymen Bezahlens und der Speicherung weiterer
Informationen auf dem Chip, z.B. über das Vorhandensein eines Mindestalters des Chipkartenhalters. Letzteres ist erforderlich, um ab dem Jahr 2007
Zigarettenautomaten noch öffentlich aufstellen zu
können, wenn Kinder und Jugendliche Zugang haben50. Der Bundesverband Deutscher Tabakwarengroßhändler und Automatenaufsteller und der
Deutsche Sparkassen Verlag für die SparkassenFinanzgruppe haben hierzu im August 2002 einen
Kooperationsvertrag zur Aufbringung verschlüsselter Merkmale zur Alterskennung auf dem GeldKarte-Chip unterzeichnet51. Volljährige GeldKarten-Inhaber werden ab 2003 automatisch auf ihrem Chip
46
ein entsprechendes Merkmal tragen, Jugendliche
ab 16 Jahren können das Erreichen dieser Altersgrenze auf Wunsch aufbringen lassen. Mittlerweile
existiert außerdem ein multifunktionaler GeldKartenchip der Firma Giesecke und Devrient (SECCOS52),
der auch digitale Signaturen unterstützt.
Argumente
Eines der Hauptargumente gegen den Einsatz der
GeldKarte für Internet-Zahlungsvorgänge ist die
Notwendigkeit eines so genannten Klasse-3-Chipkartenlesers für die Karten. Neben der erforderlichen Hard- und Softwareinstallation ist dies auch
mit erheblichen Kosten verbunden. Derzeit kostet
der günstigste Leser ca. 2 85,-. Auf der anderen Seite wird hierdurch zum einen die hohe Sicherheit
des Zahlungsverfahrens garantiert. Der Kartenleser
kann außerdem zukünftig auch zum Aufladen der
Karte in den eigenen vier Wänden genutzt werden.
Die Handhabung ist darüber hinaus relativ einfach,
sowohl beim Kunden als auch beim Anbieter, wobei auch dieser Hard- und Software installieren
muss. Relativ aufwändig ist eine Stornierung: eine
Umkehr der Buchungen ist nicht möglich, der Anbieter muss vielmehr den gezahlten Betrag in bar
oder auf andere Weise zurück erstatten.
Das Disagio ist mit ca. 0,3% sehr gering, was für das
System spricht. Darüber hinaus besteht bei Einsatz
der durch den zentralen Kreditausschuss zugelassenen Geräte eine Zahlungsgarantie durch die Banken. In wie weit die GeldKarte zukünftig stärker genutzt wird, ist jedoch noch nicht abzusehen. Die
Sparkassen fördern sie, andere Großbanken sind in
jüngerer Zeit jedoch auf Distanz gegangen. Ein
weiterer Pluspunkt für die GeldKarte ist jedoch die
Integrationsmöglichkeit weiterer Anwendungen,
insbesondere der digitalen Signatur.
Tauglichkeit
Aufgrund der geringen Disagio-Kosten ist die GeldKarte grundsätzlich auch für den kommunalen
Sektor interessant. Erheblich problematisch ist je-
Darunter seit November 2002 auch viele Telekom-Telefonstationen (vulgo:Telefonzelle).
FAZ v. 24.08.2002.
http://www.geldkarte.de/ww/de/pub/aktuelles/geldkarte_auf_erfolg.htm
49
Vgl. http://www.heise.de/newsticker/data/hod-04.06.02-001/
50
§ 10 II 2 Nr. 2 JuSchG.
51
Durch ein so genanntes M-SAM-Modul.
52
http://www.gdm.de/ger/products/03/index.php4?product_id=446
47
48
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doch die Erforderlichkeit des Klasse-3-Kartenlesers.
Bis diese im privaten Bereich Verbreitung finden,
dürften noch mehrere Jahre vergehen. Bis dahin ist
diese Lösung allenfalls für gewerbliche Kunden
interessant, aber auch hier dürfte die Verbreitung
nur minimal sein.
12. Plattformen
Zunehmend werden Bezahlplattformen angeboten, die es dem Anbieter ermöglichen, über eine
zentrale Schnittstelle verschiedene Zahlungssysteme seinen Kunden anzubieten. Diese werden als
Module an die Plattform angepasst. Aktuell sind
etwa powercash21 (Inatec)53, Encorus PaymentWorks (Encorus, Partner von Vodafone und Deutsche Telekom)54 und das WebSphere-Commerce-System (IBM)55 am Markt präsent. Auch das Virtuelle
Rathaus der Stadt Hagen56, entwickelt vom Hagener Betrieb für Informationstechnologie HABIT,
setzt auf die Modul-Technologie. Umfangreichere
Systeme, die komplette Shops mit Vertriebs-, und
Auftrags- und Warenmanagement anbieten, stammen unter anderem von Intershop57 oder Openshop58. Auch diese sehen Einbindung von verschiedenen Zahlungsmodulen vor. Aufgrund der hohen
Komplexität und der Kosten dürften diese umfassenden Lösungen nur für große Städte geeignet
sein.
Schlankere Lösungen, die sich nur auf das Bezahlen
beschränken, werden unter anderem von der Fa.
Pago59, einer Tochter der Deutschen Bank AG und
der Beisheim Holding Schweiz AG, angeboten. Erstere bietet auch ein Treuhänder-Konto-System an
(Pago CONFIDENCE). Die Deutsche Telekom bietet
im T-Pay-Portfolio – nach einer Registrierung – die
Möglichkeit, über die Telefonrechnung Dienste abzurechnen60. Daneben werden über die gleiche
Plattform die Abrechnung per Lastschrift, Kreditkarte und über die hauseigene Scratch-Karte (MicroMoney, siehe 10.) angeboten. Die Einrichtung
von T-Pay beim Händler kostet einmalig Euro 116,-,
die laufenden Gebühren hängen vom Umsatz ab,
betragen aber monatlich mindestens Euro 11,60.
Bei Nutzung der MicroMoney-Karte und beim Einzug über die Telefonrechnung fallen 25% des Umsatzes, mindestens 12 Cent an. Beim Lastschriftverfahren und beim Einsatz der Kreditkarte müssen
1,5%, mindestens 46 Cent vom Händler entrichtet
werden. Bei einem monatlichen Umsatz über Euro
100,- werden Rabatte gewährt61.
V. Gesamtempfehlung
Die Betrachtung der derzeit zur Verfügung stehenden und zumindest über einen gewissen Verbreitungsgrad herrschenden Online-Zahlungssysteme
führt zu ernüchternden Ergebnissen. Keines der Systeme kann uneingeschränkt für die Internet-basierte
Bezahlung von Verwaltungsgebühren empfohlen
werden. Dies rührt u.a. zum Großteil daher, dass die
Anbieter entsprechender Systeme diese zu beträchtlichen Kosten anbieten, die angesichts der zum Teil
geringen Gebührenhöhe außer Verhältnis stehen.
Weiterhin ist z.B. bei der grundsätzlich kostengünstigen GeldKarte auch auf der Bürgerseite ein Kartenleser erforderlich, der bislang und vermutlich
auch in den nächsten 1-2 Jahren keine Verbreitung
vorweisen kann.
Praktikabel erscheinen hingegen schon heute die
allerdings potenziell unsicheren Rechnungs- und
elektronische Lastschriftverfahren sowie das Funbzw. Stackbox-System. Letzteres überzeugt durch
die unmittelbare Einbeziehung der Kreditwirtschaftsinstitute. Voraussetzung ist zwar das Beste-
53
http://www.powercash21.de
http://www.encorus.com
http://www-5.ibm.com/de/software/websphere/webserver/commerce.html
56
http://vrhagen.stadt-hagen.de
57
http://www.intershop.de
58
http://www.openshop.de
59
http://www.pago.de
60
http://www.t-pay.de; hiergegen versucht der Anbieter Firstgate vorzugehen, da er in dem Zugriff der Deutschen Telekom auf die Telefonrechnungen und die Kundendaten einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil sieht, vgl. hierzu http://www.heise.de/
newsticker/result.xhtml?url=/newsticker/data/hob-30.09.02-000.
61
Vgl. MANHART 2003.
54
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hen eines Bankkontos, das auch online geführt
werden kann. Dies dürfte jedoch bei einer Großzahl
der Internetnutzer schon heute und zukünftig noch
stärker gegeben sein. Gegenüber der Überweisung
direkt von der Homepage der Bank aus spricht die Einbindung dieses Schritts in das Zahlverfahren selbst
und die damit verbundene Nutzerfreundlichkeit für
das System. Nachteil für die Kommune ist, dass zwar
von der Entgegennahme des Überweisungsauftrags
durch die beteiligte Bank ausgegangen werden kann,
eine Zahlungsgarantie ist damit jedoch nicht verbunden.Daher sollte das Verfahren,wie auch die Systeme
›Rechnung‹ und elektronische Lastschrift nur für Gebührenhöhen bis 2 50,- eingesetzt werden. Für das
Lastschriftverfahren ist dies sogar zwingend,wobei mit
diesem System schon gute Erfahrungen im kommunalen Bereich gemacht wurden. Da hierfür auch keine
technischen Erweiterungen und zusätzliche Lizenzkosten für Software erforderlich sind,dürfte für viele Kommunen dieses System die erste Wahl darstellen.
Der Bund prüft derzeit in einer Projektgruppe ›epayment‹ die Möglichkeiten einer Zahlungsplattform
des Bundes, die zunächst die Überweisung, das Lastschriftverfahren und den Einzeleinzug vorsehen soll62.
Zwar ist zu erwarten, dass der Bund diese Plattform
auch Kommunen zur Nutzung anbieten wird. Eine
Zahlungsgarantie kann er jedoch nicht übernehmen,
so dass die Hilfe sich auf die – allerdings technisch
sehr anspruchsvolle – Plattform beschränken wird.
VI. Form von Gebührenbescheiden
Regelmäßig ergeht mit einer kostenpflichtigen
Dienstleistung der Stadtverwaltung ein Gebührenbescheid. Im Sinne eines medienbruchfreien Verfahrens sollte dieser nicht notwendigerweise in Papierform ausgestellt werden müssen. Beispielsweise gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Gebührengesetz des
Landes Nordrhein-Westfalen (GebG NRW) werden
die Kosten für eine Verwaltungshandlung von
Amts wegen festgesetzt. Nach Satz 2 dieser Vorschrift soll diese Entscheidung, soweit möglich, zusammen mit der Sachentscheidung ergehen.
Die Pflicht des Erlasses einer Kostenentscheidung
ergibt sich daraus, dass er mit der – mündlichen
oder schriftlichen – Kostenentscheidung die mate62
Später soll z.B. die Kreditkarte hinzu treten.
122
rielle Zahlungsverpflichtung begründet und dem
Kostenschuldner die Kostenschuld rechtsverbindlich bekannt wird. Ohne eine förmliche Bekanntgabe der Kostenentscheidung können entstandene
Kosten nicht zwangsweise erhoben werden.
1. Erfordernisse an die Kostenentscheidung
Diese Kostenentscheidung kann nach § 14 I 3, 4
GebG NRW schriftlich, mündlich oder in sonstiger
Weise ergehen.
Sofern sie schriftlich ergeht, muss sie nach § 14 I
GebG NRW folgende Angaben enthalten:
1. die kostenerhebende Behörde,
2. den Kostenschuldner,
3. die kostenpflichtige Amtshandlung,
4. die als Gebühren und Auslagen zu zahlenden Beträge
5. wo, wann und wie die Gebühren und Auslagen zu
zahlen sind und
6. die Rechtsgrundlage für die Erhebung der Kosten
sowie deren Berechnung.
Bei einer Kostenentscheidung, die mündlich oder in
sonstiger Weise ergeht, ist es ausreichend, wenn
sich die Angaben zu Nr. 1 bis 5 aus den Umständen
ergeben. Angaben zu Nr. 6 (Rechtsgrundlage und
Berechnung) sind nicht erforderlich.
Eine schriftlich bestätigte Kostenentscheidung meint
den Fall, dass die Kostenentscheidung mündlich ergeht und der Kostenschuldner diese in schriftlicher
Form beantragt. Diese unterscheidet sich von der
schriftlichen dadurch, dass sie nicht wie jene einen
konstitutiven Akt darstellt, sondern die konstitutive mündliche Kostenentscheidung wiederholt. Sofern die mündliche Kostenentscheidung bereits
bekannt gegeben worden, so ist schon vor ihrer
schriftlichen Bestätigung die Fälligkeit nach § 17
GebG NRW eingetreten.
Bei der schriftlich bestätigten Kostenentscheidung
sind indes wiederum alle Angaben (Nr. 1 bis 6) erforderlich.
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2. Kostenentscheidung via elektronische
Kommunikation
Literatur
Da die Kostenentscheidung auch mündlich oder in
sonstiger Weise ergehen kann, stünde dem Erlass im
Wege der elektronischen Kommunikation nichts entgegen.Was unter ›in sonstiger Weise‹ zu verstehen ist,
wird in der Kommentierung nicht erörtert. Darunter
sollte aber auch die hier behandelte elektronische
Form zu fassen sein.
Diese sollte nach Sinn und Zweck der Norm die unter §
14 I 3 Nr.1 bis 5 GebG NRW genannten Angaben enthalten, auch wenn sich die Vorschrift nur auf die mündlichen Kostenentscheidungen bezieht. Ferner sollte
eine Kontaktmöglichkeit eingerichtet werden,mit Hilfe derer der Kostenschuldner eine schriftliche Bestätigung des Kostenbescheides beantragen kann,sofern er
dies wünscht.Dieser Antrag könnte auch mündlich gestellt werden, eines Nachweises eines berechtigten
Interesses bedarf es nicht. Dies ergibt sich aus dem
Umstand,dass es sich bei der Kostenentscheidung um
einen belastenden Verwaltungsakt handelt.
Eine nicht signierte E-Mail oder eine HTML-Seite mit
den Angaben gemäß § 14 I 3 Nr. 1 bis 5 GebG NRW ist
folglich ausreichend.
BÖHLE, K.:
Integration of Electronic Payment Systems into B2C
Internet Commerce – Problems and Perspectives.
Sevilla 2002. Download unter
ftp://ftp.jrc.es/pub/EURdoc/eur20277en.pdf
CARAT, G.:
ePayment Systems Database – Trends and Analysis
– Sevilla 2002. Download unter
ftp://ftp.jrc.es/pub/EURdoc/eur20264en.pdf
MANHART, K.:
Zur Kasse, bitte. Mit T-Pay bietet die Telekom vier
Internet-Bezahlsysteme. c’t Heft 2/2003, 168-169.
STROBORN, K., HEITMANN, A., FRANK, G.:
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ein Überblick.
In: Handbuch ePayment, hrsg. v. K.-H. Ketterer u. K.
Stroborn. Köln 2002, S. 31-44.
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Umfrage
Bürgerservices
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Umfrage Bürgerservices
Im Winter 2002/2003 führte der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen unter seinen
359 Mitgliedern – bis auf vierzehn alle kreisangehörigen Städte und Gemeinden des Landes – eine
schriftliche Umfrage zum e-Government durch.
Diese bestand ausschließlich aus Fragen mit vorgegebenen Antwort-Möglichkeiten. Ziel der Umfrage
war es, einen allgemeinen Überblick über den Realisierungsstand, die Wünsche und Hindernisse
beim e-Government zu gewinnen. Hierbei wurde
keine Definition dieses Begriffs vorgegeben.
Die Datensammlung erfolgte mit Hilfe des Programms Microsoft Access XP, die Auswertung
durch Microsoft Excel XP. Ein wissenschaftlicher
Anspruch wurde an die zahlenmäßige Auswertung
nicht gestellt. Daher werden Schlussfolgerungen
nur bei signifikanten Ergebnissen gezogen.
Bürgerservices auf
kommunaler Ebene
in NRW
Eine standardisierte Befragung des
Städte- und Gemeindebundes
Nordrhein-Westfalen 2002/2003
I. Einzelergebnisse
A. Teilnehmer
Teilgenommen haben an der Umfrage 156 Mitgliedskommunen des StGB NRW. Dies sind 43,5 Prozent
der 359 angeschriebenen Mitglieder des Verbandes.
Von
Dr. iur. Lutz Gollan
Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen
e-Mail: Lutz.Gollan@nwstgb.de
Inhalt
I. Einzelergebnisse
B. Strategieplan e-Government
Von 156 Mitgliedskommunen, die geantwortet haben, verfügen 35, also 22,4 Prozent, über einen Strategieplan e-Government. Von diesen umfassen 23,
d.h. fast zwei Drittel, Planungen für verschiedene
Zugangskanäle (Internet, Telefon, Bürgerbüro etc.)
zu den Bürgerservices.
126
C. Umsetzung e-Government-Maßnahmen
A. Teilnehmer
B. Strategieplan e-Government
C. Umsetzung e-Government-Maßnahmen
D. Unterstützung bei Planung und
Umsetzung
E. Vernetzung der Zugangskanäle
1. Zentralisiertes lokales Modell
2. Kooperationsmodell
F. Umsetzungshindernisse beim
e-Government
II. Schlussfolgerung
126
126
126
126
127
127
127
127
Fast 60 Prozent der antwortenden Mitglieder führen e-Government-Maßnahmen schon durch. Diese waren nicht näher spezifiziert. Da jedoch fast
alle Mitglieder über einen eigenen Internet-Auftritt
verfügen, kann davon ausgegangen werden, dass
ein ›Mehr‹ gegenüber einer schlichten Homepage
von den Antwortenden gemeint sein muss.
128
D. Unterstützung bei Planung und Umsetzung
128
Die Teilnehmer der Umfrage sollten angeben, ob
sie sich eine Unterstützung bei der Planung und
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Umfrage Bürgerservices
Umsetzung von e-Government-Maßnahmen durch
das Land oder andere Kommunen wünschen und
wie diese aussehen sollte.
Sechs der Teilnehmer ließen diese Frage unbeantwortet, von den verbleibenden 150 wünschen jedoch 80,1
Prozent (125) eine Unterstützung durch das Land. 105
Städte und Gemeinden, also 67,3 Prozent der 130 auf
diese Frage Antwortenden,wünschen sich Hilfe durch
andere Kommunen,einschließlich der Landkreise.
Mehr als drei Viertel (118 = 76,3 Prozent) der Antwortenden wünschen sich Unterstützung durch die Bereitstellung von Standardlösungen. Mehr als die Hälfte (82 = 52,6 Prozent) wünschen sich Informationsnetzwerke zum e-Government, nur 35,26 Prozent der
Antwortenden (n = 55) ein landesweites Kompetenzcenter für e-Government. Mit Abstand am meisten
vermisst wird die finanzielle Unterstützung. Hierfür
sprachen sich 128 oder 82 Prozent der Antwortenden
aus. Fort- und Weiterbildungsangebote wünschen
sich 90 oder 57,7 Prozent der Befragten.
Direkte Beantwortung fachlicher Standardanfragen3
62,0 Prozent (67 Nennungen) würden fachliche Standardanfragen über ein solches System beantworten.
■ Zeitversetzte Bearbeitung fachlicher Anfragen ohne
Einbezug weiterer Stellen4
Wesentlich mehr Teilnehmer der Umfrage (93 =
86,1 Prozent) würden ohne Einbeziehung weiterer
Stellen in der Verwaltung zeitversetzt mit einem
entsprechenden lokalen Modell auf fachliche Anfragen antworten.
■ Zeitversetzte Bearbeitung fachlicher Anfragen
mit Einbezug weiterer Stellen5
Nur 29,6 Prozent (= 32) würden unter Einbeziehung
weiterer Stellen auf fachliche Anfragen antworten.
■ Aktives Anrufen, Bürgerbefragungen, Telemarketing o.ä.6
Ähnlich wenige der Antwortenden (34 = 31,5 Prozent) würden ein solches Modell für die Gegenrichtung der Kommunikation – hin zum Bürger – aktiv
nutzen wollen.
E. Vernetzung der Zugangskanäle
2. Kooperationsmodell
Von 154 Antwortenden haben 84, also 54,9 Prozent,
geplant, die verschiedenen Zugangskanäle (Internet, Telefon, Bürgerbüro etc.) zu den Bürgerservices
der Kommune zu vernetzen.
Von 152 Antwortenden finden 88 (=57,9 Prozent) ein
Kooperationsmodell mit anderen Kommunen zur
Vernetzung der verschiedenen Zugangskanäle
interessant. Damit besteht eine eindeutige Präferenz zu Gunsten eines lokalen Modells (71 Prozent7).
Hinsichtlich der Anfrage-Arten ergibt sich folgendes Bild8:
■ Beantwortung einfacher Anfragen und/oder überwiegend telefonische Weitervermittlung9
Bei diesem Modell würden 75 der Antwortenden (=
85,2 Prozent) das System zur Beantwortung einfacher Anfragen nutzen.
■ Direkte Beantwortung fachlicher Standardanfragen10
Immerhin 13 Prozent mehr als beim zentralisierten
Modell (75,0 Prozent = 66) würden beim Kooperationsmodell direkt fachliche Standardanfragen beantworten.
1. Zentralisiertes lokales Modell
Insgesamt 108 (= 71,52 Prozent) der 151 Kommunen,die
auf die Frage nach dem Zentralisierten lokalen Modell
geantwortet haben, halten dieses auf lokaler Ebene
für die Vernetzung der Zugangskanäle für sinnvoll.
Fragt man nach,welche Bürgeranfragen hierdurch beantwortet werden sollten,ergibt sich folgendes Bild1:
■ Beantwortung einfacher Anfragen und/oder überwiegend telefonische Weitervermittlung2
Fast alle Antwortenden würden dieses Modell für
einfache Anfragen nutzen (102 = 94,4 Prozent).
■
1
Die Angaben beziehen sich auf die 108 Positiv-Antworten zur Frage nach der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit eines zentralisierten lokalen Modells.
z.B. Auskünfte zu Zuständigkeiten/Öffnungszeiten,Weitervermittlung an Fachstellen
z.B. Information und Beratung zu Sozialhilfe, Volkshochschulprogramm, neuen Steuergesetzen etc.
4
z.B. Beantragung von Dokumenten, Zusenden von Broschüren, Antragsunterlagen etc.
5
z.B. Beschwerdebearbeitung mit Rückmeldung, Auskünfte zum Bearbeitungsstand,Weiterleitung komplexer Anträge etc.
6
z.B. Umfragen zur Qualität kommunaler Kindertagesstätten, aktive Bewerbung kommunaler Angebote, Mailings bei der Veränderung
von Öffnungszeiten etc.
7
vgl. 1.
8
Die Angaben beziehen sich auf die 88 Positiv-Antworten zur Frage nach der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit eines Kooperationsmodells.
9
vgl. FN 2
10
vgl. FN 3
2
3
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Umfrage Bürgerservices
Zeitversetzte Bearbeitung fachlicher Anfragen
ohne Einbezug weiterer Stellen11
Prozentual mehr als doppelt so viele (57 = 64,8 Prozent) der Antwortenden gegenüber dem zentralisierten Modell würden das Kooperationsmodell für
die zeitversetzte Beantwortung fachlicher Anfrage
ohne Einbezug weiterer Stellen nutzen.
■ Zeitversetzte Bearbeitung fachlicher Anfragen
mit Einbezug weiterer Stellen12
Wie beim zentralisierten Modell würden nur ca. 1/3
der Antwortenden (32 = 36,4 Prozent) hier das System für die Beantwortung zusammen mit anderen
Behördenstellen nutzen.
■ Aktives Anrufen, Bürgerbefragungen, Telemarketing o.ä.13
Auch bei der Frage nach dem Aktiven Anrufen über
das System zeigen sich ähnliche Ergebnisse (34 =
38,6 Prozent) wie beim zentralisierten Modell.
Die kreisangehörigen Städte und Gemeinden in
der Mitgliedschaft des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen setzen e-GovernmentMaßnahmen mehrheitlich um. Ein erheblicher Teil
verfügt hierzu über einen Masterplan, der meist
auch Planungen für verschiedene Zugangskanäle
zur Kommunalverwaltung umfasst.
Die Kommunen wünschen sich in großer Mehrheit
Unterstützung im e-Government-Bereich durch
das Land und andere Kommunen. Neben finanziellen Hilfen werden hierbei die Bereitstellung von
Standard-Software und Informationen sowie Ausund Weiterbildungsangebote genannt.
Die fehlenden finanziellen Mittel für e-Government sind jedoch mit großem Abstand das
hauptsächliche Hindernis in den Augen der Teilnehmer der Umfrage, gefolgt von Problemen mit
dem Datenschutz und der Datensicherheit sowie
der Akzeptanz in der Bevölkerung.
■
F. Umsetzungshindernisse beim e-Government
Abschließend wurden die Teilnehmer gefragt, wo
sie die hauptsächlichen Umsetzungshindernisse
beim e-Government sehen. Hierbei waren die möglichen Antworten vorgegeben, um eine Standardisierung zu erreichen. Freie Antworten waren nicht
möglich. Die folgende Tabelle listet die Antworten
der 156 Teilnehmer auf:
Umsetzungshindernisse
e-Government
Finanzierbarkeit
Datenschutz/-sicherheit
Akzeptanz bei den Bürgern
Akzeptanz-/Motivationsprobleme in der Verwaltung
Qualifikation der Mitarbeiter
Nennungen
139
67
67
Prozent
89,1
43,0
43,0
49
45
31,4
28,8
II. Schlussfolgerung
Die Umfrage unter den kreisangehörigen Städten und
Gemeinden in Nordrhein-Westfalen zeigt zunächst,
dass ein erheblicher Teil der Kommunen e-Government
ernst nimmt und sich den Herausforderungen etwa
durch einen umfassenden Masterplan stellt. Die Vernetzung der Zugangskanäle zur Kommunalverwaltung stellt dabei einen wichtigen Teilaspekt dar.Dabei
finden mehr als 70 Prozent ein lokales Modell,aber nur
58 Prozent ein Kooperationsmodell hierfür interessant.
128
Offensichtlich fühlt sich die große Mehrzahl der
Städte und Gemeinden jedoch allein gelassen.
Mehr als 80 Prozent wünschen sich eine Unterstützung in diesem Bereich durch das Land, mehr als
zwei Drittel durch andere Kommunen. Auch wenn
ebenfalls mehr als 80 Prozent diese Hilfe gern in
Form von finanzieller Unterstützung sehen würden, die derzeit nicht zu leisten ist, so zeigen die
weiteren Ergebnisse, dass auch mit anderen Mitteln geholfen werden kann. Standard-Anwendungen oder auch Informationsnetzwerke sowie Ausund Weiterbildungsmöglichkeiten können mit geringem finanziellen Aufwand angeboten werden.
Die Geldfrage bleibt jedoch kritisch. Fast 90 Prozent
der Teilnehmer der Umfrage sehen die Finanzierbarkeit von e-Government-Maßnahmen als hauptsächliches Hindernis, weit vor Problemen des Datenschutzes/der Datensicherheit oder der Akzeptanz von e-Government beim Bürger.
Um e-Government im kreisangehörigen Raum weiter
voran zu bringen, sind daher erhebliche Anstrengungen zur Kostensenkung und -vermeidung erforderlich. Eine Hilfe hierzu – und generell zur Förderung
des Virtuellen Rathauses – stellt dabei eine verstärkte
Information der Kommunen dar. Die Bereitstellung
von Software könnte ein weiterer Baustein im Gesamtgebilde der e-Government-Förderung sein.
11
vgl. FN 4,
12
vgl. FN 5,
13
vgl. FN 6
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
Bertelsmann Stiftung
Städte- und Gemeindebund NRW (Hrsg.)
Ratsinformationssysteme
erfolgreich einführen.
Ein Leitfaden für Politik und Verwaltung
Leitfaden 240/170 mm(2)
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
Vorwort
Inhalt
Marga Pröhl
Bertelsmann Stiftung
Vorwort
Marga Pröhl
Bernd Jürgen Schneider
130
1. Einführung
Kommunale Ratsinformationssyteme,
e-Government und die bürgerfreundliche
Verwaltung
Lutz Beyert, Stadt Ratingen
131
2. Was sollen RIS für wen leisten?
2.1 Zielgrupppen
Walter Böhle, Stadt Lippstadt
133
2.2 Potenziale von Ratsinformationssystemen in der kommunalen Arbeit
Andreas Osner,Bertelsmann Stiftung
136
2.3 Kategorien und Bestandteile
Cornelia Thoben,Stadt Bergisch Gladbach 140
3. Rahmenbedingungen für die
Einführung von RIS
3.1 Rechtliche Rahmenbedingungen
Bernd Berein, Stadt Ratingen
3.2 Organisatorische Erfolgsfaktoren
Peter Bröcker, Stadt Ratingen
3.3 Technische Voraussetzungen
Frank Schwanbeck, KDVZ
147
153
156
4. Leitfaden zur Projektsteuerung:
Zehn Schritte auf dem Weg zum RIS
Andreas Osner, Bertelsmann Stiftung
160
5. Fallbeispiel Emsdetten
Wie sich die Ratsarbeit durch das RIS
verändert hat
Andreas Hoge, Stadt Emsdetten
166
6. Anhang
6.1 Musterformulare
Hans Venjakob, Stadt Rietberg
6.2 Checkliste
Andreas Osner, Lutz Beyert
6.3 Anbieterübersicht
Barthel Schölgens,K.-Adenauer-Stiftung
130
172
177
178
Bernd Jürgen Schneider
Städte- und Gemeindebund NRW
Funktionierende Kommunikation ist eine Grundvoraussetzung für das demokratische Zusammenleben von Staat, Bürger und Gesellschaft in einer
Kommune. Dies gilt vor allem für die gewählten
Vertretungskörperschaften, also die Stadt- und Gemeinderäte und Kreistage. Rats- und Kreistagsmitglieder stehen in ständigem Kontakt untereinander, zur Verwaltung und zur Öffentlichkeit. Sie müssen Informationen austauschen, Sitzungen vor- und
nachbereiten, Beschlüsse aushandeln sowie mit
verschiedensten Vorlagen, Informationen und Anträgen umgehen. Wer gute Politik machen will,
muss gut informiert sein. Jedoch ist dieser Grundsatz gerade für ehrenamtlich tätige Mandatsträger
oft kaum einzuhalten. Stattdessen ist die kommunalpolitische Arbeit gekennzeichnet durch Zeitnot,
endlos scheinende Sitzungstermine und eine ungeheure Informations- und Vorlagenflut. Was fehlt,
ist ein effektives Wissens- und Informationsmanagement. Ratsinformationssysteme können hierzu einen entscheidenden Beitrag leisten.
Dank der Leistungsfähigkeit neuer Medien und der
zunehmenden Aufgeschlossenheit in den Rathäusern für technische Innovationen gibt es mittlerweile eine kaum zu überschauende Anzahl von
Ratsinformationssystemen. Allen gemeinsam ist
der Zweck, Rat und Öffentlichkeit relevante Informationen mit dem geringstmöglichen Aufwand
bereit zu stellen und neue Interaktionsmöglichkeiten zwischen Rat, Verwaltung und Bürgern zu
schaffen. Doch die angesichts des Investitionsbedarfs zentralen Fragen, welche Komponenten wirklich erforderlich sind, welche rechtlichen Bezüge zu
beachten sind und wie die Bedürfnisse von Bürgern, Mitarbeitern und Ratsmitgliedern am besten
integriert werden können, bleiben bei den Anschaffungsüberlegungen oft unbeantwortet. Die Folgen
sind dann: überdimensionierte Systeme, überforderte Räte, zu hohe Kosten, unzureichende Leistungsfähigkeit und Kompatibilität, frustrierte Anwender.
Leitfaden 240/170 mm(2)
10.07.2003
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
Die Bertelsmann Stiftung und der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen haben dieses
Problem aufgegriffen und geben mit der vorliegenden Publikation ehrenamtlichen Ratsmitgliedern
und der Verwaltung einen Leitfaden an die Hand,
mit dem die Entscheidungen über das ›ob‹ und
das ›wie‹ der Einführung eines Ratsinformationssystems erleichtert werden. Was dieses Handbuch
auszeichnet, ist der pragmatische Ansatz. Auch für
Laien verständlich werden hier die wichtigsten
Tipps und Empfehlungen vermittelt. Daher dominieren nicht technische Aspekte, sondern grundlegendere, sozial-organisatorische Erfolgsfaktoren:
eine partnerschaftliche, vernetzte, dialogorientierte und nicht zuletzt juristisch abgesicherte Planung des Investitionsvorhabens.
Dieses Handbuch ist ein Gemeinschaftsprodukt
verschiedener Träger. Mit ihrem Projekt POLIS will
die Bertelsmann Stiftung die lokale Demokratie
und die ehrenamtliche Kommunalpolitik stärken.
Praxisorientierte Verbesserungsvorschläge für die
kommunalpolitische Arbeit werden hier erarbeitet,
insbesondere zu den Themen: Organisationsentwicklung, neue Medien und politische Personalentwicklung. Im Gemeinschaftsprojekt e-Government
des Städte- und Gemeindebundes NRW wurden für
12 teilnehmende Städte, aber auch für andere Kommunen, Lösungen für die Abbildung von Verwaltungsverfahren im Internet entwickelt bzw. in Studien
erarbeitet. Das zugehörige Teilprojekt Ratsinformationssysteme ist an der vorliegenden Publikation
maßgeblich beteiligt. Auch der Netzknoten Optimierung der Ratsarbeit des Netzwerks Kommunen
der Zukunft hat im Rahmen des Fallbeispiels zum
Projektergebnis beigetragen.
Mit dieser Zusammenführung der Expertise aus
verschiedenen Fachkreisen stellen wir sicher, dass
wir die größtmögliche Praxisrelevanz mit einem
breiten Adressatenkreis verbinden. Die Autorinnen
und Autoren dieses Sammelbandes sind durchweg
erfahrene Praktiker aus den Kommunen sowie anwendungsorientiert arbeitende Wissenschaftler.
Auch wenn wir allen beteiligten Autoren für ihr
großes Engagement zu Dank verpflichtet sind, möchten wir uns insbesondere bedanken bei Dr. Andreas
Osner, (Bertelsmann Stiftung), Stefan Friedrichs
(Gesellschaft für technische Zusammenarbeit),
Bernd Berein und Lutz Beyert (Stadt Ratingen) und
Dr. Lutz Gollan (Städte- und Gemeindebund NRW)
für die Koordination der Redaktionsarbeiten. Sie
haben die unterschiedlichen Arbeitsgruppen zusammengeführt und eine gute Zusammenarbeit
gewährleistet.
Wir hoffen, dass das vorliegende Handbuch den politisch Verantwortlichen eine praktische Hilfestellung zur Optimierung der Ratsarbeit gibt. Wir freuen uns auf Anregungen, Kritik und den weiteren Erfahrungsaustausch mit einem breiten Leserkreis,
natürlich auch im Internet unter www.nwstgb.de
und www.politikreform.de !
1. Einführung
Kommunale Ratsinformationssysteme,
e-Government und die bürgerfreundliche
Verwaltung
Lutz Beyert, Stadt Ratingen
E-Government ist in den letzten Jahren zu einem
viel zitierten Schlüsselbegriff geworden, wenn es
um die Frage geht, wie die öffentlichen Verwaltungen die an sie herangetragenen Anforderungen der
Informationsgesellschaft erfüllen können. Seitdem
hat sich vieles getan: Auf einer wachsenden Anzahl
von kommunalen Homepages führen ausgeklügelte Lebenslagenmodelle den Online-Nutzer zu interaktiven Formularen, welche diese dann mit ihrer digitalen Signatur rechtsgültig unterzeichnen können. Der Öffentlichkeit werden mit diesen Services
Informationen auf Knopfdruck, kürzere Bearbeitungszeiten und ein 24-Stunden-Service der deutschen Behörden und Verwaltungen in Aussicht gestellt. Die Verwaltungen selbst versprechen sich
von dem ›E‹ vor dem ›Government‹ erhebliche Kostenvorteile, effizientere Arbeitsabläufe und ein
positiveres Image in der breiten Öffentlichkeit. Unter diesen Vorzeichen wird die Diskussion über die
Implementierung elektronischer Verwaltungstechniken dann auch meist geführt: Die technische
Machbarkeit wird geklärt, die Risiken abgeschätzt,
der ökonomische Nutzen definiert, der Auftrag vergeben, und am Ende ist das Rathaus wieder ein wenig elektronischer geworden. Ein Punkt wird aber
von den Verantwortlichen vielfach übersehen: Gehört nicht zu jedem Rathaus auch ein Gemeinderat, der in die neuen Arbeitsprozesse eingebunden
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
werden und mit den entscheidungsrelevanten
elektronisch aufbereiten Informationen versorgt
werden will?
Ein umfassend verstandenes e-Government kann
sich nicht ausschließlich auf die Binnenmodernisierung der Verwaltung beschränken. Vielmehr muss
e-Government integrativ geplant werden und auch
das Umfeld der jeweiligen Verwaltung mit einbeziehen. Und zentral für Verwaltungen sind nun mal
deren parlamentarische Kontrollinstanzen, die
Räte. Die Unterstützung der ehrenamtlichen Ratsarbeit durch die Bereitstellung angemessener Informations- und Kommunikationstechnik ist also
eine der vornehmsten demokratischen Aufgaben
von e-Government. In vielen Verwaltungen ist es
heute auch schon üblich, dass Softwarelösungen
zur Planung und Koordinierung von Sitzungsterminen, zur Abrechnung von Sitzungsgeldern und zur
Verwaltung von Vorlagen eingesetzt werden. Andere Kommunen befinden sich dagegen informationstechnisch noch in der frühen Eisenzeit. Dabei
werden die Aufgaben der Räte nicht leichter: Vor allem der Trend, Gesetze auf Bundes- oder Landesebene zu beschließen, aber die Kommunen ohne
einen Kostenausgleich für deren Ausführung verantwortlich zu machen, bedeutet nicht nur für die
Verwaltungen ein Mehr an Arbeit und Kosten. Betroffen hiervon sind auch die Räte, die mit immer
knapper werdenden Mitteln wirtschaften müssen
und dabei den verschiedensten Interessen gerecht
werden sollen. Immer häufiger ergibt sich der politische Gestaltungsspielraum aus den Haushaltssicherungskonzepten der Kommunen und nicht aus
der verfassungsrechtlich verankerten kommunalen
Selbstverwaltung. Die hieraus resultierenden Einschränkungen sind für die Öffentlichkeit zwar spür-,
aber nicht unbedingt nachvollziehbar und führen
zu Unzufriedenheit. Steigende Anforderungen bei
gleichzeitig sinkenden Ressourcen verlangen nach
neuen Konzepten, neuen Lösungsansätzen und vor
allem nach mehr qualifizierter Information und professioneller Kommunikation der Entscheidungsträger vor Ort. Die (Kommunal-)Politikerinnen und Politiker von heute sind stärker als je zuvor gefordert
und müssen konsequent durch moderne Informations- und Kommunikationstechnik entlastet werden, um den notwendigen Freiraum für die Intensivierung des politischen Dialoges und die Entwikklung kreativer Lösungen zu erhalten.
132
Guter Rat braucht Zeit
Engagierte Ratsarbeit ist zeitaufwändig. Durchschnittlich 24 Stunden pro Woche werden von einem Ratsmitglied für die kommunalpolitische Tätigkeit in der Kommune aufgewandt. In Stuttgart
sind im Rahmen des Projektes ›Computerunterstützte Parlamentsarbeit‹ (Cuparla) sogar wöchentlich über 40 Stunden für gemeinderatsrelevante Tätigkeiten ermittelt wurden1. Viel Zeit wird
dabei von den Räten für das Recherchieren von Informationen, die Pflege des eigenen Archivs, die
Verbreitung von Unterlagen in der Fraktion oder
die Abstimmung von Terminen benötigt – Aufgaben, die routinemäßig durchgeführt werden und
dennoch viel Zeit beanspruchen. Eines der Ziele
dieses Handbuches ist es daher Wege aufzuzeigen,
wie Mandatsträgerinnen und -träger von notwendigen Routinearbeiten entlastet und unabhängiger
vom Informationsfluss der Verwaltung und deren
Arbeitszeiten gemacht werden können. Zugleich
wird beschrieben, wie die Öffentlichkeit stärker in
den politischen Dialog eingebunden werden kann
und wie die politischen Geschehnisse vor Ort transparenter gestaltet werden können.
Das Internet, professionelle und maßgeschneiderte
Software-Lösungen sowie moderne IT-Ausrüstungen spielen hier eine zentrale Rolle.Während in den
frühen Jahren der Datenverarbeitung ausschließlich Spezialistinnen und Spezialisten Programme
bedienen und Datenbestände auswerten konnten,
ist dies heute dank intuitiv bedienbarer Benutzeroberflächen und interaktiver Hilfsfunktionen für
jedermann möglich. Durch die Anbindung der verwaltungsinternen Netze an das Internet können
Ratsmitglieder jederzeit Zugriff auf entscheidungsrelevante Informationen erhalten.
Die Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass
Deutschlands Gemeinderäte Hilfsmittel an die
Hand bekommen, die sich konsequent an ihren Bedürfnissen orientieren. Es geht um die Beschaffung, Implementierung und alltägliche Nutzung
von Ratsinformationssystemen, die den ehrenamtlich engagierten Menschen vor Ort ihre Aufgabe
leichter machen sollen. Mit der Einführung von
Ratsinformationssystems ergibt sich gleichzeitig
die Chance, die in den Kommunen vorhandenen öffentlichen Informationen allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung zu stellen, um
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
sie so stärker ins politische Geschehen der Gemeinde zu integrieren, ihnen unvermeidliche Sachzwänge aufzuzeigen und Entscheidungswege und -prozesse transparent zu machen. Dies wird langfristig
zur Stärkung der Demokratie beitragen. Alle Macht
geht vom Volke aus2 und die Verwaltung der Gemeinde wird ausschließlich durch den Willen der
Bürgerschaft bestimmt3. Dennoch wird der Bürger4
nur alle fünf Jahre zu einem allgemeinen Votum
gebeten. Er kann seine Stimme nicht prozentual
auf einzelne Ziele eines Parteiprogrammes aufteilen, sondern muss seine Entscheidung sorgfältig
abwägen – auch wenn Verfahren des Kumulierens
und Panaschierens auf kommunaler Ebene zunehmend an Bedeutung gewinnen. Eine lebendige Demokratie zeichnet sich aber nicht durch die Möglichkeit einer Richtungsentscheidung innerhalb
von fünf Jahren aus, sondern durch die aktive und
kritische Mitwirkung der Öffentlichkeit an politischen Diskussionen. Kann diese Mitwirkung gefördert werden?
Mit den Möglichkeiten des Internets ist es heute
weit gehend problemlos möglich, öffentliche Vorlagen der Verwaltung, Anträge der Fraktionen,
Kennzahlen, Stellungnahmen Betroffener und andere entscheidungsrelevante Informationen frühzeitig zu veröffentlichen und die interessierte
Öffentlichkeit an der Entscheidungsfindung zu beteiligen. Durch die Personalisierung von InternetAngeboten, Recherchefunktionen und Mailinglisten können interessierte Bürger jederzeit und
ortsunabhängig gezielt die sie betreffenden Unterlagen abrufen und auswerten. Die Politiker können
hier wie in einem persönlichen Gespräch moderierend, erklärend und ausgleichend tätig werden, erreichen aber gleichzeitig mit ihren Aussagen eine
breitere Öffentlichkeit. Im optimalen Fall wird sich
auf einer solchen Kommunikationsplattform eine
breite – wenn auch aller Wahrscheinlichkeit nach
nicht repräsentative – öffentliche Meinung formieren, die das Stimmungsbild in einer Gemeinde im
Hinblick auf eine bestimmte Sachfrage wiedergibt.
Deswegen alle Hoffnungen auf eine erneuerte Demokratie auf das Internet zu projizieren, wäre allerdings falsch. Zu bedenken ist unbedingt, dass die
Öffentlichkeit ohne Internet-Zugang nicht benachteiligt werden darf. Information und Kommunikation dürfen sich nicht nur auf das Internet beschränken, die bestehenden Möglichkeiten zur Information und Kommunikation müssen weiterhin
im erforderlichen Umfang gepflegt werden.
Ratsinformationssysteme bieten – bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung der Ratstätigkeit – erhebliche Potenziale für die politische Arbeit. Sie können
bei richtiger Anwendung Rat und Verwaltung von
Routinearbeiten entlasten sowie die Demokratie
stärken. Bund und Länder, aber auch die Parteien,
machen es zum Teil schon vor. Auf vielen InternetSeiten diskutieren Bürger mit Politikern und Fachleuten. Ob die Diskussionen im fernen Berlin für die
lokale Öffentlichkeit jedoch genauso interessant
sind wie die bevorstehende Schließung eines
Kindergartens vor der Haustür sei dahingestellt.
Letztlich führt langfristig kein Weg an der Modernisierung der Ratsarbeit und einer stärkeren Einbindung der Öffentlichkeit in die politische Willensbildung vor Ort vorbei. Der viel zitierte mündige Bürger
kennt die Möglichkeiten moderner Informationsund Kommunikationstechnologien und erwartet,
dass Rat und Verwaltung sie nutzen. Es wäre tragisch für die Demokratie, wenn Kommunen der Öffentlichkeit keine moderierte Diskussionsplattform
anbieten würden und sich die öffentliche Meinung
irgendwo anders im weltweiten Internet, vielleicht
sogar auf politisch-extremen Internet-Seiten außerhalb des Blickfeldes demokratischer Politiker und
sachkundiger Spezialisten bildet.
2. Was sollen Ratsinformationssysteme für wen leisten?
2.1 Zielgruppen
Walter Böhle, Stadt Lippstadt
Die Einführung und Durchsetzung der digitalen
Textverarbeitung in der Kommunalverwaltung ließ
die Beteiligten sehr schnell den Mehrwert erkennen, den diese Form der Dokumenterstellung und
Siehe ›Von Cuparla zu E-Councils: Anforderungen, Erfahrungen, Konzepte‹ von Prof. Schwabe, Universität Koblenz-Landau
Art. 20 GG
§ 40 (1) GO NRW
4
Bezieht sich auf die Kommunalwahlen im Land Nordrhein-Westfalen
1
2
3
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
-verwaltung auch in der täglichen Ratsarbeit mit
sich bringt. Mit der strukturierten Ablage von Vorlagen, Tagesordnungen und Niederschriften kommunalpolitischer Gremien in Datenbanken, ergänzt um verschiedene Funktionen zur Unterstützung der Vor- und Nachbereitung von Rats- und
Ausschusssitzungen, war bald der Weg zu so genannten kommunalen Sitzungsdienstanwendungen (KSD) beschritten. Solche Anwendungen unterschiedlichster Softwarehersteller zählen heute zu
den Standardanwendungen zahlreicher mittlerer
und größerer Kommunalverwaltungen. In kleineren Städten und Gemeinden sind sie dagegen noch
eher selten anzutreffen. Dies mag an der dort noch
überschaubaren Zahl von Tagesordnungspunkten
und Vorlagen zu Gremiensitzungen liegen. Von einem einheitlichen System ist aber auch bei den
meisten KSD nicht zu sprechen. Informationen
werden in den unterschiedlichsten Formaten und
Anwendungen verwaltet. Aber erst die konsequente Erfassung aller gremienbezogenen Informationen in einer datenbankorientierten Anwendung
bildet die Basis zeitgemäßer Ratsinformationssysteme.
Zielen KSD-Anwendungen in erster Linie auf die
Sitzungsvor- und nachbereitung und damit auf die
interne Verwaltungsarbeit, werden an ein Ratsinformationssystem weit höhere Anforderungen gestellt. Ein solches System soll einerseits den ehrenamtlich tätigen Mandatsträgern ortsunabhängig
eine Arbeitserleichterung im Sinne einer besseren
Informationsversorgung bieten, gleichzeitig aber
der Öffentlichkeit mehr Transparenz der Kommunalpolitik ermöglichen und nicht zuletzt als Informationsmedium der Kommunalverwaltung dienen.5 Zusätzliche Funktionen solcher Ratsinformationssysteme erleichtern allen Beteiligten darüber
hinaus die Kommunikation untereinander. Damit
richtet sich ein Ratsinformationssystem an die Zielgruppen Rat, Öffentlichkeit und Verwaltung –
wenn auch beim Informationsumfang zwischen
den einzelnen Gruppen zu differenzieren ist.
2.1.1 Rat
Als Wissensdatenbank soll ein Ratsinformationssystem zunächst den Ratsmitgliedern dienen. Dabei
wird auf die bisher gewohnte Informationsvermitt134
lung in Papierform vorerst nicht gänzlich zu verzichten sein. Ursächlich dafür sind die zurzeit noch
bestehenden formalen Anforderungen und die
vielfach erst zu schaffenden organisatorischen und
technischen Rahmenbedingungen. Es ist vielmehr
das Ziel, den schon erwähnten Mehrwert der digital vorliegenden Informationen z. B. durch zusätzliche und gezielte Auswahl- oder Recherchefunktionen nutzbar zu machen. Digitale Informationen erlauben es, mit weitaus geringem Aufwand eigene,
thematische strukturierte Archive in privaten Räumen oder Fraktionsbüros aufzubauen. Auch ist die
Verwaltung von Daten in der Regel weniger zeitintensiv. Der gewonnene Zeitvorteil lässt sich zur Erfüllung der eigentlichen Aufgaben des übernommenen Mandats sehr viel sinnvoller einsetzen. Von
entscheidender Bedeutung ist, dass die Informationen ortsunabhängig und zu jedem Zeitpunkt abrufbar sind. Dies setzt einen digitalen Zugang der
berechtigten Nutzer über gesicherte Wege auf die
betreffenden kommunalen Datenbanken voraus.
Gute Voraussetzungen hierfür bietet das Internet.
Seine bekannten sicherheitsrelevanten Risiken sind
jedoch zu beachten und auf Grundlage des heutigen Erkenntnisstands auszuschließen.6 Der Umfang
der auf diesem Wege bereitgestellten Informationen
muss sich uneingeschränkt auf alle öffentlichen, wie
nichtöffentlichen Vorlagen und Niederschriften erstrecken. Links zu relevanten Rechtsnormen oder
raumbezogenen Darstellungen in geografischen
Informationssystemen (z. B. in Fragen der Bauleitplanung) erleichtern dabei den Kommunalpolitikern ihre Arbeit.
Aber nicht nur eine umfassende und vor allem
leicht handhabbare Informationsbereitstellung
wird von einem Ratsinformationssystem erwartet.
Die Kommunikation mit der Verwaltung – etwa bei
Anträgen zu Tagesordnungspunkten – wie auch die
Meinung betroffener Bürgerinnen und Bürger oder
Interessengruppen – ablesbar beispielsweise aus
Diskussionsforen – ist von besonderem Interesse.
Eine Verknüpfung von kommunalpolitischen Diskussionen und daraus resultierenden Entscheidungen mit lokalen Pressestimmen rundet dabei das
Bild ab, bedarf aber der Beachtung des Urheberrechtsschutzes. Für Mitglieder in Bezirksausschüssen kreisangehöriger Kommunen bzw. den Bezirksvertretungen in kreisfreien Städten gelten diese
Überlegungen analog.
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
Die aufgezeigten Möglichkeiten sind ebenso für
die zum Teil hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern in den Fraktions-/Bezirksbüros, bzw.
den Fraktions-/Bezirksgeschäftsführerinnen und führern einzurichten. Die Weitergabe der nichtöffentlichen Daten an diesen Personenkreis verstößt
dann nicht gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen, wenn schon die Weitergabe an die Mandatsträger rechtmäßig erfolgte und die Fraktionsmitarbeiter/innen zur Verschwiegenheit eigens
verpflichtet wurden.7
Neben den Ratsmitgliedern und Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern sollten die Informationen in gleicher Weise auch den in den kommunalen
Fachausschüssen tätigen sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern sowie sachkundigen Einwohnerinnen und Einwohnern zugänglich sein. Sofern
dies öffentliche Informationen betrifft, wird die Parallele zur Zielgruppe Öffentlichkeit gezogen.8
Beim Zugriff auf nichtöffentliche Beratungspunkte
greift allerdings der Erforderlichkeitsgrundsatz des
Datenschutzgesetzes NW.9 Eine Information in diesen Fällen muss auf die Angelegenheiten begrenzt
bleiben, die den Aufgabenbereich des jeweiligen
Ausschussmitgliedes betrifft.10
2.1.2 Öffentlichkeit
Bürger/innen und Einwohner/innen einer Kommune haben einen kommunalverfassungsrechtlich begründeten Informationsanspruch.11 Ihnen sind in geeigneter Weise Beschlüsse der politischen Gremien
zugänglich zu machen.12 Neben kommunalen Amtsblättern übernehmen vor allem die lokalen Medien
diese Aufgabe. Soweit vorhanden, werden die Lokalredaktionen bei ihrer Arbeit durch kommunale Presseämter unterstützt. Umfassender als lokale Medien
dies oftmals leisten können, bieten Ratsinformationssysteme interessierten Mitbürgerinnen und
Mitbürgern die Möglichkeit, öffentliche Informatio-
nen aus kommunalpolitischen Gremien direkt und
ungekürzt auf den heimischen PC zu holen. Eine gezielte Navigation führt sie trotz der Informationsflut
schnell und sicher an die gewünschte Fundstelle. Ihnen stehen damit all jene relevanten Informationen
der Verwaltung – ergänzt um eventuell vorangehende Beratungsergebnisse – zur Verfügung, die auch
den Gremiumsmitgliedern zur Entscheidungsfindung öffentlicher Tagesordnungspunkte dienen. Ein
Höchstmaß an Transparenz kommunalpolitischer
Entscheidungen und des darauf fußenden Verwaltungshandelns wird dadurch gewährleistet. Die
Möglichkeit zur Einrichtung personalisierter und/
oder thematischer Abonnements für die Bürgerinnen und Bürger wäre eine weitere Möglichkeit, die
hohen Informationsansprüche zu befriedigen.
Zukünftige Ratsinformationssysteme sollten aber
nicht nur einseitig Informationen liefern. Gefordert
sind Systeme, die einen Dialog mit Bürgerinnen
und Bürgern in kommunalpolitischen Angelegenheiten zulassen. Bislang nur eher selten in Ratsinformationssysteme integrierte Diskussionsforen
oder Chats erlauben es allen, sich ohne großen Aufwand aktiv an kommunalpolitischen Diskussionen
zu beteiligen.
In diese Zielgruppe lassen sich hinsichtlich des Informationsumfanges und der informationstechnischen Möglichkeiten uneingeschränkt auch die
Medien einbeziehen. Ihr Informationsrecht ergibt
sich aus § 4 Pressegesetz NW. Ein Ratsinformationssystem mit den hier beschriebenen und weiter unten
detailliert aufgeführten Kategorien und Hauptbestandteilen bietet ebenso den Redakteuren hilfreiche Unterstützung bei der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe.
2.1.3 Verwaltung
Für die kommunalen Verwaltungen ist ein Ratsinformationssystem ebenfalls in der oben beschriebe-
vgl. dazu Ziffer 2.3, Kategorien und Hauptbestandteile von Ratsinformationssystemen
vgl. dazu Ziffer 3, Rahmenbedingungen für die Einführung von Ratsinformationssystemen
§ 56 Abs. 5 GO NW
8
siehe Ziffer 2.2.2
9
§ 14 Abs. 1 Datenschutzgesetz NW
10
vgl. auch Ziffer 3.1
11
§ 52 Abs. 2 GO NW
12
Gemeint sind hier die Beschlüsse, die nicht einer formellen Bekanntmachung nach der GO NW oder
anderen Rechtsvorschriften unterliegen.
5
6
7
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nen Weise als Informationsdatenbank und -quelle
einsetzbar. Als Intranet-Version mit permanenter
Datenreplizierung zum Internet können öffentliche
Informationen allen Verwaltungsmitarbeiterinnen
und -mitarbeitern ohne nennenswerten zusätzlichen Aufwand13 parallel und in gleichem Funktionsumfang zur Verfügung gestellt werden. Eine dezidierte Vergabe der Zugriffsrechte ist allerdings unter datenschutzrechtlichen Aspekten, bezogen auf
nichtöffentliche Teile, auch hier zwingend erforderlich. Das Hauptinteresse beim Einsatz eines Ratsinformationssystems wird eine Kommunalverwaltung – zumindest in größeren Kommunen – jedoch
auf die Unterstützung administrativer Aufgaben
legen. Die Verwaltung der Rats- und Ausschussmitglieder, ihre Zuordnung zu Gremien, ihre Funktionen, die Vor- und Nachbereitung der Sitzungen und
nicht zuletzt die Bereitstellung der Informationen
für die Mandatsträgerinnen und -trägern und die
Öffentlichkeit erfordern künftig in zunehmendem
Maße eine technische Unterstützung. Dazu bietet
bereits eine stattliche Zahl von Softwareherstellern
geeignete KSD-Anwendungen an. Mit unterschiedlichen Lösungsansätzen werden die wesentlichen
Anforderungen im administrativen Bereich von den
heutigen Anwendungen bereits abgedeckt. Neben
den reinen Sachinformationen bieten die darin in
der Regel ebenfalls enthaltenen Daten zur funktionalen Steuerung der Sitzungsabwicklung eine exzellente Basis für ein Ratsinformationssystem. Als
Beispiele sind hier die sehr differenzierten Zugriffsrechte oder die Verwaltung der Gremienzugehörigkeiten von nicht selten einigen hundert Rats- und
Ausschussmitgliedern zu nennen. Es muss daher
im Interesse der Kommunalverwaltung liegen, ein
in erster Linie nach außen gerichtetes Ratsinformationssystem mit einer verwaltungsintern einzusetzenden KSD-Anwendung zu verknüpfen. Im günstigsten Fall enthält eine solche Anwendung bereits
Funktionalitäten eines Ratsinformationssystems
oder lässt sich zumindest durch Zusatzmodule ergänzen. Der Verzicht auf den Einsatz einer KSD-Anwendung oder ein davon losgelöstes Ratsinformationssystem würde für die Verwaltung den Aufbau
besonderer Berechtigungskonzepte, verbunden
mit einer parallelen Datenhaltung und einem erhöhten Aufwand bedeuten.
13
Einsparung von kostenpflichtigen Client-Lizenzen für eine KSDAnwendung
136
2.2 Potenziale von Ratsinformationssystemen
in der kommunalen Arbeit
Andreas Osner, Bertelsmann Stiftung
Bei der Klärung der Frage, warum eine Kommune,
ein Rat, eine Stadtverordnetenversammlung oder
ein Kreistag einen aufwändigen Prozess der Auswahl und Implementierung eines Ratsinformationssystems (RIS) starten sollte, fragt man sich zunächst nach dem Sinn einer solchen Investition.
Bringt ein RIS tatsächlich nachhaltige Verbesserungen in Kommunalpolitik und -verwaltung oder ist
es einfach en vogue, e-Government auch auf kommunaler Ebene zu betreiben? Laufen einige IT-Begeisterte in der Verwaltung nicht einfach dem EGovernment-Trend hinterher und versuchen letzlich, mit Hilfe der bekannten Argumente (etwa:
Aufziehen der Informationsgesellschaft, Durchsetzung der Mediendemokratie, Notwendigkeit von EDemocracy), eigene Steckenpferde zu verwirklichen?
Eines dürfte klar sein: RIS zu implementieren,
macht nur dann Sinn, wenn diese dazu beitragen,
die Kommunalpolitik zu verbessern. Das bedeutet,
RIS müssen die kommunale Ratsarbeit effektivieren, Verwaltungsabläufe effizienter machen und
gleichzeitig den Dialog mit den Bürgern ausbauen
und verbessern. Diese drei Hauptziele, die unter
dem Motto »Wie können wir Kommunalpolitik
besser machen?« zu fassen sind, bilden den Hintergrund, vor dem die Einführung von RIS zu sehen ist.
Im Fokus der konkreten Umsetzung stehen jedoch
die Bedürfnisse derjenigen, die Kommunalpolitik
machen und für die ein RIS in erster Linie da ist,
nämlich die Räte und Kreistage.
Hier tut Entlastung dringend not. Als kritische Faktoren bei der politischen Arbeit im kommunalen
Ehrenamt erweisen sich die immer höheren Anforderungen an die Mandatsträger in zeitlicher und
inhaltlicher Hinsicht. Viele Veränderungen, die mit
einer Reform der Ratsarbeit angestrebt werden, beziehen sich daher zunächst auf eine Optimierung
der Zeitökonomie. Gleichzeitig steht die dringend
nötige Erhöhung der Qualität der Kommunalpolitik
auf der Tagesordnung. So wird mit den vorgesehenen Veränderungen auch eine inhaltliche Verbesserung des ›Outputs‹ der Gemeinderatsarbeit angestrebt. Schließlich gilt es, die Arbeit im kommuna-
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len Ehrenamt insgesamt interessanter und reizvoller
zu gestalten. Unter dem Aspekt der Rats- und Kreistagsarbeit sind also folgende Teilziele von RIS festzuhalten: Weniger Zeitverbrauch, bessere Qualität
und höhere Attraktivität des Ehrenamts.14
2.2.1 Mehr Zeitökonomie kommunaler
Politikprozesse
Der zeitliche Aufwand jedes einzelnen Ratsmitglieds für die kommunalpolitische Tätigkeit wird
durch die Möglichkeit zur schnellen Einsichtnahme
in alte und aktuelle Sitzungsunterlagen, Vorlagen
und Protokolle, aber auch in die örtlichen Datenbanken ohne großen Rechercheaufwand eindeutig
verringert. Gerade Kommunalpolitiker klagen oft
über zeitraubende Suchaktionen nach Anträgen
und Beschlüssen aus der Vergangenheit im privaten Arbeitszimmer, die für eine aktuelle Diskussion
im Ausschuss von Belang sind, über Anrufe in der
zuständigen Stelle in der Verwaltung mit der Bitte
um Information und über die Probleme, ihre Unterlagen zu Hause zu archivieren.
Es sind vor allem jene Sisyphos-Arbeiten, die heute
einen erheblichen Anteil der kommunalpolitischen
Arbeit ausmachen und jeden beruflich oder familiär ausgelasteten Menschen vor der an sich als
interessant empfundenen Herausforderung zurückschrecken lassen. Erhebliche Frustrationen
entstehen im kommunalpolitischen Alltag, wenn
eben dieser zur Nacht wird, da ehrenamtliche Mandatsträger auf nur minimale Infrastruktur in der
Bürokommunikation zurückgreifen können und
beinahe alle Verwaltungstätigkeiten eigenständig
abwickeln müssen. Die auf Archivierungs-, Protokollierungs- und Informationssuchtätigkeiten werden zur nervtötenden Schnitzeljagd durch die Aktenschränke. Die darauf verwandten Zeiten müssen dann noch mit der Anzahl der Gemeinderäte
multipliziert werden, da jeder Rat diese Arbeiten
für sich alleine ausführt – schon rein volkswirtschaftlich gesehen ein ziemlich ineffizienter Zustand. Denn all diese Tätigkeiten könnten zentral
und elektronisch organisiert viel schneller, sicherer,
einfacher, detaillierter und genauer abgewickelt
14
werden. Und Kommunalpolitiker könnten sich
dann endlich den Aufgaben widmen, für die sie eigentlich gewählt worden sind.
Mit der Einführung von RIS tritt an die Stelle der isolierten Verwaltungs- und Archivierungstätigkeit jedes
Ratsmitglieds die einmalige und zentrale Archivierung
im städtischen Ratsservice-Büro. Ist dies einmal erfolgt, kann jedes Ratsmitglied auf die betreffenden
Dokumente dezentral per Knopfdruck zugreifen.
Auch werden elektronisch gestützte Termin-, Raumund Antragskoordinationsprozesse den sonst üblichen Kommunikationsaufwand über Post, Telefon
und ›reale‹ Treffen reduzieren. Weiterhin können
Ortsbegehungen in einschlägigen Ausschüssen,
die sonst erhebliche Zeit kosten, durch virtuelle Begehungen (sofern z.B. das Abspielen von geographischen 360-Grad Videoaufnahmen des Ortes
oder Straßenzuges ermöglicht wird) überflüssig
gemacht werden.
2.2.2 Verbesserung der Qualität politischer
Steuerung und der Zusammenarbeit
von Rat und Verwaltung
Die erleichterte Suche nach alten und aktuellen Informationen über Anträge, Beschlüsse, Umsetzungsstände, Kennzahlen und sonstigen Datensätze bringt nicht nur eine Zeitersparnis, sondern erhöht auch die Bereitschaft des einzelnen
Ratsmitglieds, sich vor Beratungen und Entscheidungen entsprechend zu informieren. Hinlänglich
bekannt ist die Klage der Verwaltungen, ›ihre‹ Politiker seien auf die Ausschusssitzungen nicht ausreichend vorbereitet und wühlten in Sitzungen
nervös in ihren Unterlagen herum, um wenigstens
einen groben Einblick in den jeweiligen Beratungsgegenstand zu bekommen. Wundern muss sich
darüber niemand, denn Ausschussmitglieder werden von ihren Verwaltungen regelmäßig mit Papierbergen zugeschüttet. Ein nutzerfreundliches
Vorlagenmanagement scheint in deutschen Verwaltungen bislang kein besonders hohes Kulturgut
darzustellen. Wünschen sich Verwaltungsvertreter
gut vorbereitete Ratsmitglieder und damit anspruchsvolle politische Diskussionen, sollten sie
Vgl. dazu das Handbuch des POLIS-Arbeitskreises zur Effektivierung der Ratsarbeit von Andreas Osner/Marga Pröhl (Hrsg.) (2002):
Ratsarbeit besser machen, Gütersloh.
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schon aus Eigeninteresse mit einem RIS die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Ratsmitglieder
hinreichend informiert sind.
Die Potenziale, welche die Fachinformation durch
RIS in sich birgt, führen im Idealfall zu einer neuen
Informationskultur unter den Räten. Das – inhaltlich und technisch – verbesserte Angebot an Informationen bewirkt angesichts der Konkurrenz der
Fraktionen untereinander, dass der politische Wettbewerb insgesamt auf höherem Niveau ausgetragen wird. Die Qualität der Kommunalpolitik erhöht
sich.
2.2.3 Mehr Attraktivität der Rats- und Kreistagsarbeit
Angesichts der dramatisch wachsenden Probleme,
geeignete Kandidaten für ein ehrenamtliches politisches Mandat zu gewinnen, spielt die Attraktivität
der Ratsarbeit heute eine besondere Rolle. Es geht
insbesondere um die so genannten ›Leistungsträger‹,
also engagierte, aber zeitarme Bürger, die im Prinzip
Interesse an einem kommunalpolitischen Mandat
haben, aber aufgrund hoher Zeitbelastungen vor
dem Ehrenamt zurückschrecken. Diese Menschen
könnten in Kommunen, die mit RIS arbeiten, eher
für die Übernahme eines Mandat gewonnen werden als in Kommunen mit veralteten Kommunikationswegen und langen Sitzungen. Kommunalpolitik muss sich von dem Image befreien, es handele
sich hier nur um das Absitzen von Fraktions- und
Ausschusssitzungen, das hilflose Herumwühlen in
Papierbergen und das Halten von Fensterreden
ohne ausreichende Informationsgrundlage. Natürlich bringt ein RIS allein nicht die erhoffte Attraktivitätssteigerung, sie ist im wesentlichen eine Frage
der ganzheitlichen, organisatorischen Effektivierung der Ratsarbeit.15 RIS leisten aber erhebliche Beiträge zur Informations- und Prozessoptimierung.
2.2.4 Informations- und Prozesstransparenz
für die Mandatsträger
Erfahrungsgemäß trägt eine optimierte Kommunikation, Verarbeitung und Archivierung von Informationen auch dazu bei, dass der sonst übliche Informationsvorsprung bestimmter Gruppen im Rat
bzw. in der Fraktion sein Gewicht verliert. Diese
138
größere Offenheit und Beteiligung aller Mitglieder
der Fraktion trägt dazu bei, dass auch neue Mitglieder, die üblicherweise nicht in der ersten Reihe sitzen, sich glaubwürdig einbezogen fühlen. Damit
kann ein wichtiger Einflussfaktor auf die Freude der
Ratsarbeit, die Integration in das Team, verbessert
werden.
Die Informationsoffenheit und die vereinfachten
Verfahren der Antragsbearbeitung durch RIS können zu einem Aufbrechen alter Dienstwege und Informationsmonopole innerhalb der Fraktionen
führen. Für manche – vor allem die bisherigen ›Informationsmonopolisten‹ – mag dies ein Nachteil
sein, weswegen sie sich entschieden oder unterschwellig gegen die Einführung eines RIS wehren
könnten. Für andere ist aber gerade diese Offenheit
ein positiver Faktor bei der Erledigung der Pflichten
im Mandat, vielleicht sogar die entscheidende Arbeitserleichterung, die sie noch im Mandat hält.
Hier kommt es darauf an zu klären, was die Fraktion will: Weitermachen wie bisher, das heißt Entscheidungen in kleinen Gruppen auf zumeist mangelhafter Informationsgrundlage zu treffen oder
Entscheidungen unter breiter Beteiligung in der
Fraktion auf solider Informationsgrundlage herzustellen und anschließend eine individuell abgestimmte Aufgabenverteilung abzuarbeiten.
2.2.5 Stärkere Sensibilität und Kompetenz für
e-Government in der Kommunalpolitik
Nicht zuletzt geht es in der Kommunalpolitik auch
um die Kompetenz der Räte. Eine nicht zu unterschätzende positive ›Nebenwirkung‹ von RIS ist daher auch die Qualifizierung in der Politik. Entweder
ein ohnehin vorhandenes Interesse an neuen
Wegen oder der Wettbewerbsdruck mit den anderen Fraktionen wird das Ratsmitglied als User von
RIS motivieren, sich für eine professionellere Anwendung von IT zu qualifizieren. Das ermöglicht
nicht nur die persönliche Weiterentwicklung, sondern eröffnet auch einen neuen, unvoreingenommenen Blick auf die Chancen und Herausforderungen von IT-Anwendungen im Verwaltungsbereich
und im politischen Raum.
RIS sind im ganzheitlich angelegten Ansatz des
e-Governments nur ein Teil des Gesamtprojektes
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und beziehen sich auf den engeren Kreis der Kommunikation innerhalb des Rates sowie zwischen
Rat und Verwaltung. Mittlerweile werden RIS von
vielen Gebietskörperschaften in ein Gesamtkonzept eingebettet, das den Bürgern ebenfalls weitgehende Interaktionsmöglichkeiten bietet. Ohne
hierauf näher eingehen zu wollen, führen RIS notwendigerweise dazu, dass sich die Nutzer im politischen Raum auch Gedanken zu einer umfassenden
Implementation von IT-Strategien in ihrer Kommune, ihrer Partei und ihrer Fraktion machen. Werden
die Potenziale, die Notwendigkeit, aber auch die
Probleme von IT-gestützter Interaktion in der Politik stärker wahrgenommen, kann dies auch zum
Abbau von Politik- und Bürokratieverdrossenheit
beitragen.
2.2.6 Verwaltungseffizienz: Senkung von Sachund Transaktionskosten
Nicht nur die Politik beklagt sich über die mangelnden Möglichkeiten, schnell und umfassend über
aktuelle Sachstände und Hintergründe informiert
zu werden. Auch viele Verwaltungsmitarbeiter sind
hiervon betroffen, denn sie müssen (oder fühlen
sich dazu verpflichtet) auflaufende Anfragen der
Räte bearbeiten. Diese Anfragen treten oft bei anstehenden Entscheidungen im Rat oder in Ausschüssen gehäuft auf und sind nicht vom Zeitzyklus her nicht steuerbar. Treten solche Anliegen gehäuft auf, kann dies zu Verzögerungen führen. Die
Verwaltungen klagen dann häufig, vor lauter Anfragenbearbeitung komme man nicht zur Erledigung der eigentlichen Arbeit. Das hat nicht nur Störungen des internen Betriebs zur Folge, sondern
auch Spannungen im Verhältnis von Politik und
Verwaltung. Misstrauen und Reibungsverluste im
täglichen Geschäft verursachen so erhebliche Kosten, obwohl sie in keinem Haushaltsplan stehen.16
Die hierdurch verursachten Effizienzverluste dürfen keinesfalls vernachlässigt werden.
Eine große Erwartung, die von Seiten der Verwaltung zu Recht mit der Einführung von RIS verbunden wird, ist ein weitgehender Abbau dieser Bela15
16
stungen. Das heißt, auch Verwaltungen sollten ein
Interesse daran haben, ihren Räten ein leistungsfähiges Informationssystem an die Hand zu geben,
mit dem zumindest die wichtigsten und häufigsten Informationsbedürfnisse abgedeckt werden
können. Dieses Argument gilt insbesondere auch
für machtbewusste Verwaltungschefs, die durch
mehr Transparenz womöglich Verluste ihrer faktischen Vormachtstellung befürchten. Doch die Zusammenarbeit von Politik und Verwaltung wird
sich verbessern, wenn die Verwaltungsführung ein
gut informiertes politisches Gegenüber hat. Wer
eine effektive und effiziente Verwaltung will,
braucht eine kompetente Politik. Nur ein schwacher Bürgermeister hat ein Interesse an einem
schwachen Rat.
Was die Sachkosten betrifft, wird als Motivation für
die Einführung eines RIS auch das Einsparen der
sonst üblichen Papier-, Druck- und Portokosten für
die Ratsunterlagen angeführt. Zwar ist ein genereller Verzicht auf den postalischen Weg theoretisch
möglich und sollte nicht außer Betracht gelassen
werden. Dennoch kann erfahrungsgemäß aus
unterschiedlichen Gründen (rechtliche Vorschriften
hinsichtlich der Zustellung der Einladungen; nicht
alle Ratsmitglieder akzeptieren ein RIS und bestehen auf Papier) nicht darauf verzichtet werden. Bis
zur Amortisation von RIS nach einer Sachkostenrechnung ist es aus diesen Gründen noch ein weiter Weg. In der Regel macht es daher wenig Sinn,
kurzfristige finanzielle Vorteile von RIS in den
Vordergrund zu stellen, da man – insbesondere in
einer Einführungsphase – mit einem Mehraufwand
und parallel laufenden Kommunikationskanälen zu
rechnen hat. So gilt auch hier: Guter Rat ist teuer,
aber: Schlechter Rat kostet ein Vielfaches.
2.2.7 Dialog mit den Bürgern und Abbau von
Politikverdrossenheit
Das wichtigste Ziel sei zuletzt genannt: Alle oben
erläuterten Teilziele stehen zwar für sich; letztendlich dienen sie aber dazu, unsere lokale Demokratie
lebendig und leistungsfähig zu halten. Die Bürger
Vgl. dazu das Handbuch des POLIS-Arbeitskreises zur Effektivierung der Ratsarbeit von Andreas Osner / Marga Pröhl (Hrsg.) (2002):
Ratsarbeit besser machen, Gütersloh.
In der Betriebswirtschaftslehre spricht man von Transaktionskosten, d.h. schwer berechenbaren Kosten der Information, Kommunikation
und Organisation.
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
sollen sich mit ihren lokalen Institutionen identifizieren.Voraussetzung hierfür ist nicht zuletzt die Zufriedenheit mit den Leistungen der Verwaltung, ein
Interesse am lokalen Politikgeschehen und eine
glaubwürdige Dialogbereitschaft im Kräftedreieck
von Politik,Verwaltung und Bürgerschaft. Die verbreitete Politikverdrossenheit, aber auch die Bürokratieverdrossenheit sind Anzeichen dafür, dass es in der
Tat noch ein weiter Weg ist,bis dieses Ziel erreicht ist.
Deutschland ist ein demokratischer Rechtsstaat
mit einem vergleichsweise hohen Bildungsniveau,
großer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit privater
und öffentlicher Institutionen und immer besseren
Möglichkeiten IT-gestützter Kommunikation. Angesichts dieser günstigen Rahmenbedingungen
bleibt unsere Demokratie weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Lebendige Demokratie bedeutet
schließlich nicht nur, alle fünf Jahre zur Urne zu
schreiten, sondern sie erfordert einen kontinuierlichen Dialog zwischen Staat und Bürger und ernst
gemeinte Partizipation auch innerhalb der Legislaturen. Hierfür wiederum ist die Transparenz über
öffentliche Angelegenheiten die entscheidende Erfolgsbedingung.17 Elektronische Medien sind hier
ein immer wichtigerer Kanal, auf dem Politiker und
Bürger miteinander reden.
RIS tragen auf direkte und indirekte Weise dazu bei,
die Demokratiepotenziale besser auszuschöpfen:
die Kommunikation zwischen Kommunalpolitik
und Bürgern wird erleichtert. Zum einen schafft die
Zeitersparnis, die RIS bringen, Freiräume für die
Kommunalpolitik, sich mehr mit den Bürgern zu
beschäftigen als mit internen Sitzungs- und Verwaltungsprozeduren. Zum anderen werden RIS zu
Plattformen für umfassende Bürgerinformationssysteme, die den Bürgern den elektronischen Zugang zu ihrer Verwaltung und zu ihren Vertretern
im Rat erleichtern. Schließlich dienen RIS auch im
Rahmen des Qualitätsmanagements dazu, die Effizienz und Kundenzufriedenheit mit der Verwaltung zu erhöhen.
Umso wichtiger ist es, dass RIS auch von Kommunalpolitikern nicht mehr als ›Kommunaler Sitzungsdienst de luxe‹ gesehen wird, sondern als
ausbaufähige Basis für ein ganzheitliches e-Government. RIS in der internen Interaktion zwischen
Politik und Verwaltung sind nur der erste Schritt zu
leistungsfähigeren Interaktionsprozessen zwischen
Verwaltung, Politik und Bürgern insgesamt.
140
2.3 Kategorien und Bestandteile
Cornelia Thoben, Stadt Bergisch Gladbach
Bei der Auflistung der Kategorien und Bestandteile
eines Ratsinformationssystems geht es weniger
darum, die Elemente eines kommunalen Sitzungsdienstes aufzuzeigen. Diese Anforderungen werden in der Regel von den gängigen Programmen
abgedeckt und bereits in vielen Gemeinden und
Städten eingesetzt. Der Schwerpunkt des Anforderungsprofils liegt hier auf dem Ratsinformationssystem als Auskunfts- und Kommunikationssystem
für diejenigen, die nicht unmittelbar mit der Erstellung von Vorlagen und Protokollen befasst sind. Es
geht darum, welche Informationen wie aus einem
vorhandenen elektronischen Sitzungsdienst für
andere verfügbar gemacht werden können.
Kategorien und Bestandteile
eines Ratsinformationssystems
Notwendig
Optional
Bei der Aufstellung der Kategorien und Bestandteile wird unterschieden nach den drei Zielgruppen
Verwaltung, Rat und Öffentlichkeit. Zusätzlich wird
unterschieden zwischen denjenigen Anforderungen, die auf jedem Fall in einem ersten Schritt realisiert werden sollen (notwendige Anforderungen)
und solchen, die nicht zwingend sind bzw. erst zu
einem späteren Zeitpunkt realisiert werden können. Diese Punkte werden als optional bezeichnet.
Die Öffnung eines Ratsinformationssystems für
Außenstehende kann modular erfolgen. Das heißt,
dass nicht alle Anforderungen sofort erfüllt sein
müssen.
17
Gerade öffentliche Belange sind – ganz entgegen der offensichtlichen Wortbedeutung – nicht ausreichend transparent.
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2.3.1 Stammdaten
Mit Stammdaten sind die Daten gemeint, die als
Grundinformationen gespeichert sind. Sie beziehen sich auf Personen, auf Gremien und auf die
Sitzungsorganisation.
Notwendige Stammdaten
Für alle drei Zielgruppen sollen Informationen über
die Personen des Rates, also sowohl die sachkundigen Bürger als auch die Ratsmitglieder, abrufbar
sein. Dazu gehört die Adresse mit Telefonnummer.
Es muss erkennbar sein, welcher Fraktion der- oder
diejenige angehört, in welchen Ausschüssen die
Person Mitglied ist und welche Funktion sie innerhalb der Fraktion einnimmt. Eingebunden in die
persönlichen Daten sollte eine E-Mail-Funktion
sein, mit der die Ratsmitglieder und sachkundigen
Bürger/innen direkt per Mail erreichbar sind. Sofern diese Personen keine persönlichen Mail-Adressen haben, könnten sie über die Fraktionsgeschäftszimmer eingebunden werden.
Des Weiteren sollten Informationen über die Gremien des Rates bereit gestellt werden. Hierzu gehören die Mitglieder, die Vertreter und die Stimmberechtigung.
Diese Informationen sollten ebenfalls für die Fraktionen und Beiräte zur Verfügung stehen.
Über eine Verknüpfung zum Ortsrecht sollte nachlesbar sein, welche Aufgaben und Funktionen die
Gremien und Ausschüsse wahrnehmen.
Eingebunden sein muss ein Terminkalender, aus
dem ersichtlich ist, wann welche Ausschüsse, Gremien und Beiräte tagen.
Optionale Stammdaten
Zusätzlich wäre für alle die Information von Interesse, wie lange der-/diejenige bereits im Rat bzw.
sachkundiger Bürger ist und in welchen Ausschüssen er bzw. sie früher tätig war und ob und welche
Funktion er/sie dort eingenommen hat. Ergänzt
werden können die Informationen um eine Bilddatei (sofern erwünscht) und das persönliche Profil,
das von den betroffenen Personen selbst gepflegt
und freigegeben wird.
Bei den Ratsmitgliedern könnte eine Verknüpfung
zu einer Karte der (Kommunal-) Wahlbezirke erfolgen, so dass ersichtlich ist, in welchem Wahlbezirk
sie gewählt worden sind bzw. leben.
Sofern vorhanden, könnten Links zu den Homepages der einzelnen Parteien, der Fraktionen oder einzelner Ratsmitglieder gesetzt werden.
Sinnvoll wäre es, neben der kalendarischen Darstellung die Termine sortiert nach Gremien darzustellen, so dass man zum Beispiel auf einem Blick
sehen kann, zu welchen Terminen der Rat tagt.
2.3.2 Sitzungsunterlagen
Kern eines Ratsinformationssystems sind die Sitzungsunterlagen. Hier gibt es bezüglich der Zielgruppen unterschiedliche Anforderungen. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist, dass die allgemeine Öffentlichkeit (Bürger, Medien etc.) keinen
Zugang zu den nicht öffentlichen Sitzungsunterlagen haben darf. Deswegen ist es notwendig, falls
der Zugang auch für Ratsmitglieder über das Internet erfolgt, dass dieser Zugang geschützt ist. Dass
heißt, dass nur über Anmeldung mit Kennwort und
Passwort oder andere Formen des geschützten Zugangs (zum Beispiel Chipkarten), der eine Person
eindeutig authentifiziert, auf die Informationen
aus dem nicht öffentlichen Teil von Sitzungen zugegriffen werden kann.
Notwendige Sitzungsunterlagen
Alle Informationen zu den Sitzungen sollten nach
Sitzungen strukturiert werden. Diese Informationen bestehen aus der Einladung mit Tagesordnung,
den Vorlagen, den Niederschriften und den Beschlüssen (in der Regel als Bestandteil der Niederschriften). Das heißt, wenn beispielsweise eine Ratssitzung zu einem bestimmten Termin stattgefunden hat, muss es möglich sein, sowohl die Einladung
mit Vorlagen als auch die Beschlüsse vorzufinden.
Optionale Sitzungsunterlagen
Möglicherweise erst in einem zweiten Schritt sollte
eine Beschluss- und Auftragskontrolle für den geschützten Bereich der Verwaltung und der Ratsmitglieder bereitgestellt werden. Eine Beschlusskontrolle umfasst die Darstellung der offenen, unerledigten und erledigten Beschlüsse und Anträge mit
dem Datum des Beschlusses/des Antrags und dem
Datum der Erledigung. Ob die Beschlusskontrolle
auch für die Öffentlichkeit geöffnet werden soll,
muss sorgfältigst abgewogen werden.
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In manchen Fällen kann es sein, dass es für die allgemeine Öffentlichkeit nicht immer offensichtlich
ist, welche Maßnahmen die Verwaltung noch vor
Umsetzung eines Ratsbeschlusses einzuleiten hat.
Dies ist zum Beispiel die Einholung von Genehmigungen überörtlicher Behörden. Es könnte in diesem Rahmen dazu kommen, dass ›übereifrige‹ Mitbürger/innen oder Medienvertreter/innen sich mit
gezielten Recherchen ausschließlich auf unerledigte Angelegenheiten stürzen und Rat und Verwaltung durch Anfragen über Gebühr beanspruchen.
Zunächst können die Informationen in das Netz gestellt werden, die im Sitzungsdienst elektronisch
erfasst sind. Optimal nutzbar ist das Ratsinformationssystem allerdings erst dann, wenn auch so genannte Archivdaten – also Sitzungsunterlagen aus
früheren Jahren – zur Verfügung stehen. Hierzu
müssen Überlegungen angestellt werden, wie die
vorhandenen Daten, die in Papierform oder auf anderen Speichermedien zur Verfügung stehen, nutzbar gemacht werden können.
Presseartikel
Ortsrecht
■ landes- und bundesgesetzliche Bestimmungen.
■
■
Interessant wäre auch eine Verknüpfung zu vergangenen Beschlüssen, die zu den jeweiligen Themen bereits in früheren Sitzungen getroffen wurden. Dadurch wäre insbesondere für die interessierte Öffentlichkeit eine größere Transparenz über
Entscheidungswege hergestellt.
Die meisten Entscheidungen im kommunalen Bereich haben einen räumlichen Bezug. Das heißt, es
geht um Entscheidungen, die eine bestimmte räumliche Lage betreffen, sei es zum Beispiel der Bau eines
Kindergartens, die Aufstellung eines Bebauungsplanes oder die Einrichtung einer Tempo-30-Zone. Deswegen wäre es sinnvoll, dass solche Themen mit einem vorhandenen oder noch aufzubauenden geografischen Informationssystem verknüpft werden.
2.3.4 Recherchemöglichkeiten
2.3.3 Ergänzende Informationen
Damit ein Ratsinformationssystem auch Entscheidungsgrundlagen bieten kann, ist es sinnvoll, dieses sowohl um kommunale Daten als auch um
überörtliche Informationen zu ergänzen. Diese Angaben sind sowohl für die Verwaltung und für Rat
als auch für die Öffentlichkeit von Interesse. Um ein
Ratsinformationssystem nach außen zu öffnen,
sind diese zusätzlichen Hinweise allerdings nicht
zwingend notwendig.
Sinnvoll wäre es, die dargestellten Ratsinformationen mit Sachinformationen und geografischen Informationen zu verlinken. Das bedeutet, dass im
Ratsinformationssystem selbst nicht extra Daten
eingespielt werden, sondern per Link auf entsprechende Quellen verwiesen wird. Diese Quellen können sowohl auf der eigenen Homepage liegen, wie
zum Beispiel das Ortsrecht oder auf anderen Seiten
im Internet. So bleibt es jedem Nutzer selbst überlassen, ob er/sie diese Informationen zusätzlich lesen möchte. Zu den relevanten Sachinformationen
gehören
■ Kennzahlen
■ statistische Informationen
■ Haushalt
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Oben wurde dargestellt, dass die zentralen Informationen des Ratsinformationssystems (etwa Einladungen, Tagesordnungen, Vorlagen, Niederschriften, Beschlüsse) nach Sitzungsterminen sortiert
angeboten werden sollten. Dies ist zur Vorbereitung und Nachbereitung von Sitzungen eine sinnvolle Darstellung. Häufig wird man allerdings Informationen zu einem Thema suchen, von dem man
nicht genau weiß, an welchem Datum und in welcher Sitzung dieses behandelt wurde. Dies gilt vor
allem für Anfragen aus der Öffentlichkeit. Deswegen sind vielfältige Recherchemöglichkeiten
entscheidend für ein funktionierendes Ratsinformationssystem. Bei den Recherchemöglichkeiten
sollte zwischen den Zielgruppen differenziert werden. Es muss sichergestellt sein, dass die allgemeine Öffentlichkeit nur Dokumente aus den öffentlichen Teilen angezeigt bekommt. Bei der Verwaltung und den Ratsmitgliedern muss die Recherche
differenziert nach den jeweiligen Berechtigungen
allerdings über beide Teile laufen können.
2.3.5 Notwendige Recherchemöglichkeiten
Auf jeden Fall sollte eine Volltextsuche über alle
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
Dokumente möglich sein, so dass bei der Eingabe
eines Begriffes alle Dokumente angezeigt werden,
in denen dieser Begriff auftaucht. Hierbei müssen
jedoch die unterschiedlichen Zugriffsregelungen
für die einzelnen Berechtigten berücksichtigt werden.
2.3.6 Optionale Recherchemöglichkeiten
Sinnvoll ist es, die Recherchemöglichkeiten zu erweitern, so dass eine kombinierte Suche über verschiedene Merkmale möglich ist. Denn mit einer
reinen Volltextrecherche kann unter Umständen
eine unübersichtliche Anzahl an Dokumenten gefunden werden. Eine kombinierte Suche bedeutet,
dass man zum Beispiel festlegen kann, dass alle Beschlüsse im Jahr x zum Bebauungsplan y angezeigt
werden. Als Auswahlmöglichkeiten sollten folgende
Rubriken zur Verfügung stehen:
Stichwort (Volltext)
Art des Ausschusses, Gremiums
■ Zeitraum
■ Art des Dokumentes (Vorlage, Beschluss).
■
■
Damit die Fundstellen markiert sind, wäre es sinnvoll, wenn die Texte auch im HTML-Format zur Verfügung stehen. Auf jeden Fall sollte es neben der
Darstellung am Bildschirm eine Downloadmöglichkeit geben.
Zu überlegen ist, ob die Dokumente zusätzlich nach
einem hierarchischen System verschlagwortet
werden (zum Beispiel wie beim Ratsportal der
Stadt Köln), so dass die Möglichkeit besteht, nach
bestimmten Themenbereichen zu suchen. So kann
sich zum Beispiel im Laufe der Zeit die Bezeichnung
einer Örtlichkeit verändern, was zur Folge hätte,
dass man mit dem aktuellen Begriff ältere Dokumente nicht mehr finden könnte. Beispielsweise
wurde die jetzige Köln-Arena im anfänglichen Planungsstadium als Sporthalle bezeichnet, anschließend als Mehrzweckhalle und erst bei Fertigstellung als Köln-Arena. Würde man also heute in einem Ratsinformationssystem der Stadt Köln die
Beschlüsse zur Köln-Arena suchen, würden die ersten Beschlüsse nicht gefunden werden. Diese lässt
sich nur über eine Vergabe von Schlagworten verhindern.
2.3.7 Kommunikation
Neben den Informations- und Recherchemöglichkeiten bieten Internet und E-Mail auch die Möglichkeit zur direkten Kommunikation. Diese sollte
innerhalb eines Ratsinformationssystems in vielfältiger Weise genutzt werden können. Für die Öffentlichkeit gibt es noch weitere Formen der Kommunikation bzw. der Beteiligung, die nicht unbedingt im
Rahmen eines Ratsinformationssystems abgedeckt
sein müssen, sondern zum Beispiel auch über die
Homepage angeboten werden können. Dennoch
werden sie auch an dieser Stelle angeführt.
Notwendige Kommunikationsangebote
Die Verwaltung sollte intern über das Intranet mit
allen Kolleginnen und Kollegen kommunizieren
können und auch nach außerhalb mit den Ratsmitgliedern und der Öffentlichkeit. Die Ratsmitglieder
sollten ebenfalls mit der Verwaltung direkt per
Mail kommunizieren können. Die Ansprechpartner
und -partnerinnen in der Verwaltung sollten für die
Öffentlichkeit sowie die Ratsmitglieder ebenfalls
per Mail erreichbar sein.
Optionale Kommunikationsangebote
Sinnvoll wäre es, den Ratsmitgliedern die Möglichkeit der direkten Kommunikation mit der eigenen
Fraktion und mit den anderen Fraktionsmitgliedern anzubieten. Dies könnte evtl. ergänzt werden
durch virtuelle Diskussionsräume, die sich allerdings im geschützten Bereich befinden sollten.
Weiterhin könnte das Angebot eines NewsletterAbonnements von Interesse sein, mit dem auf bestimmte Dokumente, wenn sie neu im Netz eingestellt werden, hingewiesen wird.
Aus Sicht der Öffentlichkeit sind im Rahmen des
Ratsinformationssystems als Schnittstelle zwischen Rat, Verwaltung und Öffentlichkeit verschiedene Kommunikationsformen von Interesse. Dazu
gehören zum Beispiel offene Diskussionsforen zu
bestimmten Themen oder der Chat mit der/dem
Bürgermeister/in oder Ratsmitgliedern zu bestimmten Themen. Zudem stellt sich die Frage, inwieweit Verfahren der Bürgerbeteiligung insbesondere in Planungsverfahren über das Internet
abgewickelt werden können. Auch für die sonstige
Öffentlichkeit könnte ein Newsletter-Abonnement
mit neuen Dokumenten von Interesse sein.
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2.3.8 Persönliches Profil
Über einen geschützten Zugang sollte es möglich
sein, für jeden User ein persönliches Profil zu erstellen.
Notwendige Funktionen des Profils
Für jeden Nutzer auf Seiten der Verwaltung und
des Rates müssen anhand eines Benutzerprofils die
persönlichen Nutzerrechte festgelegt sein. Diese
bestimmen sich durch ihre Funktion und ihre Mitgliedschaft in bestimmten Gremien. Die persönlichen Daten der Ratsmitglieder, die öffentlich angezeigt werden, sollten von ihm selbst gepflegt
werden können. Dazu gehören zum Beispiel ein
Bild oder die Angaben zu Geburtsdatum und per-
144
sönlichen Interessen. Macht das Ratsmitglied von
dieser Gelegenheit nicht Gebrauch, befinden sich
nur Grundinformationen wie Name, Adresse und
Gremienzugehörigkeit im Netz.
Optionale Funktionen des Profils
Bei einem geschützten Zugang könnte es eine nützliche Einstellung sein, alle Dokumente anzuzeigen,
die nach der letzten Anmeldung eingestellt worden
sind. So lässt sich beispielsweise auf den ersten Blick
erkennen, ob die Niederschrift einer bestimmten
Sitzung schon vorliegt. Für Ratsmitglieder könnte
ebenfalls ein persönlicher Terminkalender von Interesse sein, der alle Termine der Gremien enthält, in
denen er oder sie Mitglied ist. Eine weitere Option
wäre eine Terminerinnerung per Mail.
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
Tabellarische Darstellung der Kategorien und Bestandteile eines Ratsinformationssystems
(optionale Kategorien und Bestandteile sind kursiv gedruckt)
1. Stammdaten
Verwaltung
■ Personen- und Adressdaten,
Ausschuss- und Fraktionszugehörigkeiten, pers. Profil, Historie,
ggf. Bilddatei, E-Mail-Funktion
■ Verknüpfung zu Wahlbezirken
(graf.)
■ Gremien und Ausschüsse
Funktionen
Stimmberechtigung
Mitglieder
Vertreter
■ Fraktionen
■ Beiräte
■ Parteien
Rat
■ Personen- und Adressdaten,
Ausschuss- und Fraktionszugehörigkeiten, pers. Profil, Historie,
ggf. Bilddatei, E-Mail-Funktion
■ Verknüpfung zu Wahlbezirken
(graf.)
■ Gremien und Ausschüsse
Funktionen
Stimmberechtigung
Mitglieder
Vertreter
■ Fraktionen
■ Beiräte
■ Parteien
Öffentlichkeit
■ Personen- und Adressdaten,
Ausschuss- und Fraktionszuge
hörigkeiten, pers. Profil, Historie,
ggf. Bilddatei, E-Mail-Funktion
■ Verknüpfung zu Wahlbezirken
(graf.)
■ Gremien und Ausschüsse
Funktionen
Stimmberechtigung
Mitglieder
Vertreter
■ Fraktionen
■ Beiräte
■ Parteien
Rat
■ geschützter Zugang zum öffentlichen und nichtöffentlichen Teil
■ Strukturierung nach Sitzungen
■ Einladungen
■ Vorlagen
■ Niederschriften
■ Beschlüsse
■ Beschluss- und Auftragskontrolle
(offene, unerledigte und erledigte
Beschlüsse und Anträge)
■ Archivdaten
Öffentlichkeit
■ Strukturierung nach Sitzungen
■ Einladungen
■ Vorlagen
■ Niederschriften
■ Beschlüsse
■ Beschluss- und Auftragskontrolle
(offene, unerledigte und erledigte
Beschlüsse und Anträge)
■ Archivdaten
Rat
■ Verlinkung zu Sachinformationen
Kennzahlen
statistische Daten
Ortsrecht
Haushalt
Presseartikel
landes- und bundesgesetzliche
Bestimmungen
■ Verlinkung zu geografischen
Informationen
Öffentlichkeit
■ Verlinkung zu Sachinformationen
Kennzahlen
statistische Daten
Ortsrecht
Haushalt
Presseartikel
landes- und bundesgesetzliche
Bestimmungen
■ Verlinkung zu geografischen
Informationen
2. Sitzungsunterlagen
Verwaltung
■ geschützter Zugang zum öffentlichen und nichtöffentlichen Teil
■ Strukturierung nach Sitzungen
■ Einladungen
■ Vorlagen
■ Niederschriften
■ Beschlüsse
■ Beschluss- und Auftragskontrolle
(offene, unerledigte und erledigte
Beschlüsse und Anträge)
■ Archivdaten
3. Ergänzende Informationen
Verwaltung
■ Verlinkung zu Sachinformationen
Kennzahlen
statistische Daten
Ortsrecht
Haushalt
Presseartikel
landes- und bundesgesetzliche
Bestimmungen
■ Verlinkung zu geografischen
Informationen
- Fortsetzung S. 146 -
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
Tabellarische Darstellung der Kategorien und Bestandteile eines Ratsinformationssystems (Teil II)
(optionale Kategorien und Bestandteile sind kursiv gedruckt)
4. Recherche
Verwaltung
■ Volltextsuche
■ kombinierte Suche über öffentl.
und nicht-öffentlichen Teil nach
Stichwort (Volltext)
Ausschuss/Gremium
Zeitraum
Art des Dokumentes
■ Darstellung in HTML mit
Markierung Fundstellen
■ Downloadmöglichkeit als
PDF- oder Word-Datei
Rat
■ Volltextsuche
■ kombinierte Suche über öffentl.
und nicht-öffentlichen Teil nach
Stichwort (Volltext)
Ausschuss/Gremium
Zeitraum
Art des Dokumentes
■ Darstellung in HTML mit
Markierung Fundstellen
■ Downloadmöglichkeit als
PDF- oder Word-Datei
Öffentlichkeit
■ Volltextsuche
■ kombinierte Suche über öffentl.
Teil nach
Stichwort (Volltext)
Ausschuss/Gremium
Zeitraum
Art des Dokumentes
■ Darstellung in HTML mit
Markierung Fundstellen
■ Downloadmöglichkeit als
PDF- oder Word-Datei
Rat
■ Möglichkeit der direkten
Kommunikation mit
eigener Fraktion
anderen Fraktionen
Verwaltung
■ Newsletter-Abonnement
Öffentlichkeit
■ Diskussionsforen
■ Chat
■ Bürgerbeteiligung
■ direkte Kommunikation
mit Rat und Verwaltung
■ Newsletter-Abonnement
Rat
■ Nutzerspezifisches Profil
■ neue Dokumente seit letzter
Anmeldung
■ Pflege und Freigabe der persönlichen Daten, die öffentlich
angezeigt
■ persönlicher Terminkalender
(entsprechend der Mitgliedschaft
in Gremien)
■ Terminerinnerung per Mail
Öffentlichkeit
■ neue Dokumente seit letzter
Anmeldung
5. Kommunikation
Verwaltung
■ Kommunikation per Intranet
und Internet
6. Persönliches Profil
Verwaltung
■ Nutzerspezifisches Profil
■ neue Dokumente seit letzter
Anmeldung
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
3. Rahmenbedingungen für die
Einführung von
Ratsinformationssystemen
3.1 Rechtliche Rahmenbedingungen (Datenschutzrecht, Kommunalverfassungsrecht)
Bernd Berein, Stadt Ratingen
Andreas Wohland, StGB NRW
3.1.1 Allgemeines
Die Ausführungen zu diesem Thema beziehen sich
auf die Rechtslage nach der Gemeindeordnung für
das Land Nordrhein-Westfalen. Detaillierte Darstellungen zu den verschiedenen Regelungen in
anderen Bundesländern hätten den Rahmen dieses
Leitfadens gesprengt. Es wird daher empfohlen, die
vor Ort geltenden Regelungen mit der hier skizzierten Rechtslage abzugleichen.
3.1.2 Ausgangslage
Die Bereitstellung von Daten aus den Sitzungsdiensten der kommunalen Räte über das Internet ist in
Hinblick auf eine Beschleunigung der Beschaffung
und des Austauschs von Informationen eine der
wichtigsten Forderungen der heutigen Zeit. Die
Einführung von e-Government bzw. die Nutzung
der Onlinetechnik im Bereich der kommunalen Demokratie bietet erhebliche Optimierungsmöglichkeiten, vor allem, was die Interaktion zwischen Verwaltung, Politik und Bürgern anbelangt. Intranet
und Internet ermöglichen einen schnellen und zudem zeit- und ortsunabhängigen Zugriff auf Informationen und unterstützen so die Effizienz der ehrenamtlich tätigen Ratsmitglieder.
Dabei ist es wichtig herauszustellen, dass mit der
neuen Technik lediglich ein weiterer Kommunikationskanal angeboten wird. Alle Informationen, die
bisher auf Papier zur Verfügung gestellt wurden,
können heute elektronisch übermittelt werden.
Daraus folgt, dass die auf Papier gespeicherten Informationen mit denen, die elektronisch übermittelt werden, identisch sein müssen. Darüber
18
19
hinaus ist im Bereich der nichtöffentlichen Unterlagen die Zugangsberechtigung nur für berechtigte
Personen sicher zu stellen. Es ist ein besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass Nichtberechtigten
der Zugang zu solchen Systemen verwehrt wird. 18
3.1.3 Gesetzliche Regelungen
Eine detaillierte gesetzliche Regelung für die Verbreitung von Daten aus Ratsinformationsdiensten
über das Internet hat der Gesetzgeber bisher nicht
vorgelegt.
Die Gemeindeordnung regelt an vielen verschiedenen Stellen die Verfahrensweisen im Umgang mit
Einladungen, Vorlagen, Niederschriften und Satzungen. Darüber hinaus existieren zahlreiche Kriterien zur Regelung der Publizität bzw. Vertraulichkeit
bestimmter Daten in Form von Rahmenbedingungen, die in den Hauptsatzungen der Kommunen
und den Geschäftsordnungen der Räte vor Ort festgelegt sind. Resultierend aus dem Demokratiegebot des Art. 20 Grundgesetz, ist die Offenlegung
von Daten grundsätzlich geboten und damit in
der Regel auch über das neue Medium Internet zulässig.
Belege für die wachsende Bedeutung dieses Öffentlichkeitsgebots finden sich vor allem in den verstärkten Bemühungen der Gesetzgeber, plebiszitäre
Elemente beispielsweise durch die Verringerung
der Quoren bei Volksentscheiden und Bürgerbegehren zu stärken. Für den Entschluss zur nichtöffentlichen Behandlung von Beratungsgegenständen verlangt etwa die Gemeindeordnung NW
die Prüfung strenger Kriterien und im Hinblick auf
die Festlegung von nicht öffentlichen Tagesordnungspunkten eine konkrete Benennung der in
Frage kommenden Tatbestände bereits in den Geschäftsordnungen der Räte.19 Eine nachträgliche
Einschränkung der für die Öffentlichkeit zuzulassenden Informationen erfolgt daher grundsätzlich
nur aus Regelungen der Datenschutzgesetze nach
Prüfung durch die Verwaltung und die Gremien.
Ein weiteres Problem für den Einsatz des Internet
im kommunalen Bereich ergibt sich aus dem
Grundsatz, dass bestimmte Dokumente nur in
Martin Zilkens, Kommunaler Datenschutz in NW, § 17 II 4.
vgl. § 48 II GO NW
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
unterzeichneter Form rechtswirksam sind. In einigen Bundesländern ist die Einberufung des Rates
nach einer Regelung in der Gemeindeordnung nur
schriftlich zulässig.20 Die gefertigte Einladung ist
eine Urkunde, die vor ihrer Versendung zu unterzeichnen ist. In Nordrhein-Westfalen ist die vorschriftsmäßig gefertigte und unterzeichnete
Niederschrift eine öffentliche Urkunde mit der Bedeutung eines Beweismittels nach der Zivilprozeßordnung (ZPO).21 Soll eine derartige Urkunde
durch die elektronische Form ersetzt werden, verlangt § 126 a I Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), dass
der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen
hinzufügt und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versieht.
Das Gesetz über die Rahmenbedingungen für
elektronische Signaturen und zur Änderung weiterer
Vorschriften unterscheidet zwischen einfachen, fortgeschrittenen und qualifizierten elektronischen Signaturen.22 Die qualifizierte elektronische Signatur
wird der Schriftform gleichgesetzt und ist damit für
schriftlich zu erstellende Dokumente maßgeblich.
Für die Authentifizierung des Verfassers müssen für
derartige Dokumente die technischen Voraussetzungen für eine qualifizierte Signatur, die von einer
zertifizierten Stelle erteilt wird, geschaffen werden.
Für spezifische Teilgebiete des Sitzungsdienstes
wird im Folgenden eine rechtliche Einzelbewertung anhand der Vorgaben der Gemeindeordnung
des Landes NW vorgenommen. Daran anschließend verdeutlichen zwei grafische Darstellungen
die Inhalte in übersichtlicher Form.
3.1.4 Formelle Unterlagen
Einladungen
Nach § 47 II in Verbindung mit § 48 I GO NW ist der
Rat zur Ratssitzung einzuladen, so oft es die Geschäftslage erfordert. Er soll wenigstens alle zwei
Monate oder auf Antrag von 1/5 der Ratsmitglieder
oder einer Fraktion einberufen werden.
Die gesamte Tagesordnung, das heißt der öffentliche und der nichtöffentliche Teil, die Zeit und der
Ort der Sitzung sind öffentlich vom Bürgermeister
bekannt zu machen.23 Eine Bekanntmachung nach
der Bekanntmachungsverordnung (BekanntmVO)
ist nach den in den Hauptsatzungen auf Grund von
den nach § 4 Abs. 3 BekanntmVO getroffenen Bestimmungen erforderlich (Amtsblatt, Presse, Aushang, Zustellung).
Inzwischen hat der Gesetzgeber im Rahmen des
Artikel 4 des Gesetzes zur finanziellen Entlastung
der Kommunen zumindest die Verordnung über die
öffentliche Bekanntmachung von kommunalem
Ortsrecht (Bekanntmachungsverordnung-Bekannt
VO), veröffentlicht im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes NW Nr. 21 vom 14.05.2003, dahin
gehend ergänzt, dass wenn die öffentliche Bekanntmachung durch Anschlag an Bekanntmachungstafeln der Gemeinde oder sonst für den Anschlag bestimmten Stellen erfolgt, ein Hinweis
hierauf im Internet gegeben werden kann. Besondere Bedeutung erlangt diese Regelung aber erst
durch die weiter gehende Änderung, dass die Gemeinden nun wählen können, ob sie das Amtsblatt
der Gemeinde, die in der Hauptsatzung zu bestimmenden Zeitungen oder den Anschlag (Aushang)
als eine von drei Möglichkeiten der Bekanntmachung, die durch Rechtsvorschrift vorgegeben ist,
nutzen wollen. Letztlich ist dies für die Bedeutung
der Nutzung des Internet nur ein kleiner Schritt, der
aber in die richtige Richtung weist.Wünschenswert
wäre die Erweiterung, das Internet als Bekanntmachungsorgan generell und verbindlich nutzen zu
können.
Diese Vorgaben des Gesetzgebers gebieten auch in
NW eine schriftliche Einladung, die vom Bürgermeister oder der Bürgermeisterin zu unterzeichnen
ist. Nähere Bestimmungen zur Form der Einladung
sind im Regelfall in den Geschäftsordnungen der
Räte festgelegt.
Auf Grund der formalen Vorgaben ist die Bekanntmachung der Einladungen für den Rat im Internet
nur als ergänzende Information zulässig, trotzdem
aber in jedem Fall geboten. Bei den sogenannten
Nachtragseinladungen mit verkürzter Frist (häufig
nur drei Tage bis zum Sitzungstag), bietet gerade
das Internet eine Garantie für die schnelle Infor-
vgl. GO der Länder Baden-Württemberg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und
Thüringen
vgl. Kommentar Rehn/Cronauge I.1 zu § 52 GO NW
22
in Kraft getreten am 22.05.2001, BGBl. I, S. 876
23
vgl. § 48 II Satz 4 GO NW
20
21
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mierung über die ergänzte oder geänderte Tagesordnung. Rechtlich bestehen keine Bedenken, auch
allen weiteren Interessierten den Zugang zur Einladung zu ermöglichen. Dies gilt auch für den nicht
öffentlichen Teil der Tagesordnung, da dieser ausdrücklich mit bekannt zu machen ist.
Eine Einladung kann in Bezug auf die Zielgruppe
der Räte nur rechtswirksam über das Internet versendet werden, wenn die einzelnen Ratsmitglieder
zuvor schriftlich den Verzicht auf die Zustellung einer schriftlichen Einladung erklären. In der Geschäftsordnung kann eine entsprechende Regelung Eingang finden, wenn ein einstimmiger Ratsbeschluss hierzu ergeht. Ansonsten müssen die
nicht einverstandenen Ratsmitglieder die Einladung weiterhin in Papierform erhalten. Die öffentliche Bekanntmachung bliebe von einer solchen
Regelung unberührt.
Die Einladung zu den Ausschüssen ist in § 58 II 2 GO
NW geregelt. Danach braucht eine Einladung zu
Ausschusssitzungen mit der Tagesordnung, Zeit
und Ort nicht öffentlich bekannt gemacht zu werden. Der Bürgermeister soll die Öffentlichkeit aber
hierüber vorher in geeigneter Weise unterrichten.
Auch hier bietet das Internet die ideale Ergänzung
für eine geeignete Form der Bekanntgabe. Es bestehen auch keine Bedenken, die nichtöffentlichen
Teile der Einladung mit bekannt zu geben, wenn
die Tagesordnungspunkte ausreichend anonym gefasst sind. Die Gemeindeordnung NW lässt diese
Frage jedoch für die Ausschüsse offen, so dass ein
Ratsbeschluss hierüber Klarheit schaffen sollte.
Fazit: Die Einladung zu Rats- und Ausschusssitzungen im Internet anzubieten, ist rechtlich problemlos, wenn parallel zumindest für den Rat
die öffentliche Bekanntmachung erfolgt!
Vorlagen
Nach § 62 II GO NW bereitet der Bürgermeister die
Beschlüsse der Gremien des Rates vor. Das in der Praxis wichtigste Mittel hierzu ist die Beschlussvorlage.
In der Regel werden alle Vorlagen nach der Erstellung von den Bürgermeistern oder Dezernenten
freigegeben und über die Sitzungsdienste den Gremien zugeleitet. Bedeutsam für die Verbreitung der
24
vgl. § 48 IV u. § 58 I Satz 4 GO NW
Vorlagen ist die Unterscheidung in öffentliche und
nicht öffentliche Vorlagen.
Alle öffentlichen Vorlagen können nach der Freigabe durch den Bürgermeister auch im Internet zur
Information angeboten werden. Schon bisher war
es üblich, beispielsweise der Presse alle öffentlichen Vorlagen zur öffentlichen Verwertung zuzuleiten. Dieser Nutzerkreis wird durch das Internet
erheblich erhöht, da die Bürger nun unmittelbar
auf die Originalfassungen der Vorlagen zugreifen
können. Dies erfordert eine besonders eingehende
Prüfung auf datenschutzrelevante Inhalte vor der
Freigabe von Vorlagen. Werden in einer Sitzung
später Teile der Vorlage dennoch nicht öffentlich
beraten, ist dies jedoch unschädlich.
Im Gegensatz dazu ist der Zugang zu als nichtöffentlich gekennzeichneten Vorlagen ausdrücklich
nur den berechtigten Personen in den Gremien und
der Verwaltung zu ermöglichen. Vielfach wird der
Kreis der Berechtigten von Ort zu Ort anders definiert. Es ist zulässig, generell allen Ratsmitglieder
den Zugang zu sämtlichen – auch nichtöffentlichen
– Vorlagen zu ermöglichen, da sie an allen Ausschusssitzungen ohnehin als Zuhörer teilnehmen
dürfen. Das gleiche gilt für Mitglieder anderer Ausschüsse und Bezirksvertretungen, soweit deren
Aufgabenbereich durch einen Beratungsgegenstand berührt wird und eine entsprechende Regelung in die Geschäftsordnung aufgenommen ist.24
Insofern besteht gegenüber Ratsmitgliedern keine
Verpflichtung, aber auch kein Verbot der Weitergabe. Bei den weiteren Mitgliedern kommt es auf die
Geschäftsordnungsregelungen an.
Allen sonstigen Personen muss der Zugang zu nichtöffentlichen Vorlagen verwehrt werden. Auf Grund
der möglichen strafrechtlichen Sensibilität ist hierauf bei der Internetnutzung besonders zu achten.
Fazit: Die Verbreitung von öffentlichen Vorlagen ist
generell zulässig. Für nichtöffentliche Vorlagen ist der Kreis der Berechtigten konkret und
verbindlich festzulegen!
Niederschriften
§ 52 GO NW verpflichtet die Verwaltung über alle
gefassten Beschlüsse des Rates eine Niederschrift
aufzunehmen. Dies gilt über § 58 II Satz 1 GO NW
auch für Ausschusssitzungen.
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Der wesentliche Inhalt der Beschlüsse soll in öffentlicher Sitzung oder in anderer geeigneter Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden,
soweit nicht im Einzelfall etwas anderes beschlossen wird.
Grundsätzlich soll eine möglichst weitgehende
Unterrichtung der Bevölkerung über alle Beschlüsse sichergestellt werden. Der Gesetzgeber wollte
hierfür allerdings keine förmliche Verfahrensvorschrift in die Gemeindeordnung aufnehmen.25 In
der Praxis wird auf Grund dieser wenig konkreten
Regelung eine unterschiedliche Auslegung vorgenommen und umgesetzt. Die Umsetzung korrespondiert dabei mit der Art des Protokolls, da von
dem nach den Gemeindeordnungen mindestens
geforderten Beschlussprotokoll das Wortprotokoll
zu unterscheiden ist. Die Öffentlichkeit hat keinen
Anspruch auf Information zu Wortgefechten, Beleidigungen, Beschimpfungen und Ordnungsmaßnahmen, da hier Persönlichkeitsrechte tangiert
werden, die beispielsweise auch eine strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen können.
In der Regel werden die Beschlüsse an die Presse
weiter gegeben, da die Presse ohnehin nach § 4
Pressegesetz NW einen Auskunftsanspruch hat.
Die über die Presse erfolgende Bekanntgabe der
Beschlüsse wird vielerorts als ausreichend erachtet. So erhalten Bürger auf Anfrage derzeit in der
Praxis selten, bei Wortprotokollen wohl kaum eine
komplette Niederschrift ausgehändigt. Es werden
häufig lediglich Einsichtnahmen in die Niederschriften gestattet. Die Öffentlichkeitsarbeit der
Gemeinde ist jedoch eine im Demokratieprinzip
wurzelnde und als Komplementärfunktion zur Pressefreiheit verfassungsrechtlich verbürgte Pflichtaufgabe der Kommunen.26
Letztlich wird aber für Interessierte die Internetnutzung in diesem Zusammenhang erst Bedeutung erlangen, wenn der Nutzer von der Einladung
über die Vorlage bis hin zum Beschluss alle Informationen abfragen kann. Demnach ist insbesondere bei Wortprotokollen eine Vorbereitung der Niederschrift in redaktionell aufbereiteter Form geboten, die auch die Beschlüsse des nichtöffentlichen
Teils zumindest vom Kern des Beschlusses beinhaltet. Denn auch über die in nichtöffentlicher Sitzung
gefassten Beschlüsse ist die Öffentlichkeit zu
unterrichten. Ähnlich verfahren bereits Städte mit
Informationen aus Niederschriften in Schriftform.
150
So stellt beispielsweise in Düsseldorf-Nord ein Bürgerverein die Beschlüsse der Bezirksvertretung in
aufbereiteter Form schriftlich zusammen und verteilt dieses Druckwerk an die Haushalte des Bezirks.
Soll die Öffentlichkeit über einen Beschluss generell keine Kenntnis erlangen, kann der Rat von Fall
zu Fall selbst festlegen, dass ein Beschluss nichtöffentlich verbreitet werden darf (etwa der Beschluss
über die Entlassung eines Mitarbeiters der Verwaltung o.ä.).
Prinzipiell bestehen keine Bedenken dagegen, in Zukunft mit der Bekanntmachung der Niederschriften unter Berücksichtigung redaktionell aufbereiteter Fassungen und dem damit in Verbindung stehenden Verwaltungsmehraufwand großzügiger zu
verfahren und dazu das Internet als ergänzendes
Medium zu nutzen. Über die Freigabe hat der Bürgermeister, sofern vorhanden auch das Amt für
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, zu entscheiden.
Fazit: Die Verbreitung der Niederschrift im Internet
über gefasste Beschlüsse ist zulässig. Es ist jedoch insbesondere bei Wortprotokollen eine
redaktionell aufbereitete Version zu fertigen,
die die Beschlüsse aus dem nichtöffentlichen
Teil in Kurzform darstellt und Informationen,
die datenschutzrelevant sind, nicht enthält.
Satzungen, Ortsrecht
Nach § 7 IV GO NW in Verbindung mit § 52 III GO
NW sind die Beschlüsse über Satzungen bzw. deren
Änderungen und der jeweilige Satzungstext öffentlich bekannt zu machen. Die näheren Bestimmungen zur Bekanntmachung sind unter Berücksichtigung des § 4 der Bekanntm VO NW (s.o.) in
den Hauptsatzungen der Kommunen zu regeln.
Die Verpflichtung zur Bekanntmachung ist eine
wesentliche Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der
Satzungen. Eine Nichtbeachtung hätte die Unwirksamkeit jeder Satzung zur Folge.
Durch diese strenge formelle Vorgabe kann und
darf die Bekanntmachung von Ortsrecht nur ergänzend im Internet erfolgen. Dies macht Sinn, da
die üblichen Publikationen wie etwa das Amtsblatt
oder der Aushang von vielen Bürgern kaum noch
wahrgenommen werden.27 Es bietet sich an, die
Ortsrechtssammlung einer Kommune komplett ins
Internet einzustellen.
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Fazit: Satzungen können ergänzend im Internet publiziert werden!
Anfragen und Anträge, Beschlusskontrolle
Zu den Auskunfts- und Kontrollinstrumenten des
Rates gegenüber der Verwaltung zählen die in § 55
GO NW festgeschriebenen Instrumente, vor allem
Anfragen und Anträge sowie die Beschlusskontrolle.
Die Gemeindeordnung sieht für diesen Bereich keine Hinweise vor, die eine Unterrichtung der Öffentlichkeit beinhalten. Es handelt sich im Wesentlichen um Verfahrensvorgänge im Innenverhältnis
zwischen Verwaltung und Politik, insbesondere
wenn es sich um Anfragen und Anträge an die Verwaltung handelt. Die Behandlung der Auskünfte,
die in Reaktion auf Anfragen und Anträge erfolgen,
unterliegen der Regelungsbefugnis im Bereich der
Organisationshoheit der Verwaltungen in Abstimmung mit den Räten und werden vieler Orts unterschiedlich gehandhabt.
Möglich ist in jedem Fall eine Verbreitung dieser Informationen im Internet nach redaktioneller Prüfung der einzelnen Sachverhalte. Gerade wenn die
Beschlusskontrolle der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht wird, bietet dies die Chance, die Verwaltungsarbeit für die Einwohner transparenter zu
gestalten und individuelle Anfragen aus der Öffentlichkeit bei den Behörden zu reduzieren. Im
Zusammenhang mit der Publizierung von Niederschriften ergänzt die Offenlegung der Beschlusskontrolle den Informationszugang für die interessierte Bevölkerung.
Fazit: Verwaltung und Politik müssen entscheiden,
welche Informationen sie aus diesem Bereich
zur Verfügung stellen und welche Zugangsmöglichkeiten geschaffen werden. Gerade
die Beschlusskontrolle erzeugt in der Praxis
einen hohen Verwaltungsaufwand der über
die Nutzung elektronischer Medien reduziert
werden kann. Zudem kann hier umfassend
für Transparenz gesorgt werden.
3.1.5 Personen- und Organisationsdaten
Daten der Mitglieder der Gremien
Ratsinformationssysteme enthalten in der Regel
umfangreiche Datensammlungen zu den persönlichen Daten der politisch aktiven Mitglieder. Diese
Daten werden insbesondere für Gremienbesetzungen benötigt und zu Abrechnungszwecken verwendet. Die Speicherung und Verwendung dieser
Daten ist im Bereich der Ratsbüros notwendig und
zulässig. Die Frage, ob und inwieweit personenbezogene Daten von Ratsmitgliedern im Internet veröffentlicht werden dürfen, ist vom Gesetzgeber, der
juristischen Literatur und der Rechtsprechung bisher nicht abschließend und einhellig beantwortet
worden. Für die Übermittlung personenbezogener
Daten sind neben den Gemeindeordnungen28 die
Vorschriften der Datenschutzgesetze zu beachten.
Der Grundsatz »alles was nicht ausdrücklich erlaubt ist, ist verboten« sollte wörtlich genommen
werden. Grundsätzlich ist die Übermittlung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn sie zur
Erfüllung einer Aufgabe der übermittelnden Stelle
oder des Empfängers erforderlich sind. Dieser
Grundsatz der Erforderlichkeit im Datenschutzrecht verlangt, dass nur jene personenbezogenen
Daten übermittelt werden, die für die zur Entscheidung anstehenden Beratungsgegenstände zwingend notwendig sind (Grundsatz der Datenvermeidung).29
Es besteht aber grundsätzlich die Möglichkeit, Einwilligungserklärungen der betroffenen Personen
einzuholen. Da die Einwilligung eine gegenüber
den Rechtsvorschriften gleichrangige Zulässigkeitsvoraussetzung darstellt, geht das Datenschutzgesetz NW (DSG NW) von verschärften Anforderungen aus. Danach müssen für eine solche
Erklärung folgende Dokumente vorliegen:
Die vorherige schriftliche Aufklärung über die Bedeutung der Einwilligung,
■ hinreichende Konkretisierung des Umfangs der
Einwilligung in Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB,
■
vgl. Kommentar zu § 52 GO Nr. 4.3 Held, Decker, Kirchhof,Wansleben
vgl. Roland Kirchhoff, Öffentlichkeitsarbeit der Kreise –Service für den Bürger, Der Landkreis 1980 Seite 611, Seite 612
27
Amtsblatt der Stadt Ratingen Auflage je 200 bei 90.000 Einwohnern
28
vgl. § 48 III GO NW
29
vgl. Lübking, a.a.o. Rz. 684; Martin Zilkens, Kommunaler Datenschutz in NW, § 17 II 2.b.
25
26
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der besonderer Hinweis auf die Einwilligung,
wenn sie mit anderen Erklärungen erteilt wird,
■ die Vereinbarkeit der Einwilligung mit der Rechtsordnung,
■ der Hinweis auf Verwertungsmöglichkeiten einschließlich der Rechtsfolgen sowie
■ der Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeiten.30
■
Eine mögliche Ermächtigungsgrundlage könnte
§ 29 I DSG NW enthalten.
Eine direkte Anwendung des § 29 I DSG NW kommt
nicht in Betracht, da ein Ratsmitglied weder in einem Dienst- noch einem Arbeitsverhältnis zur Gemeinde steht. Da der Gesetzgeber dieses Problem
offensichtlich verkannt hat und entsprechend nur
eine Regelung für Bedienstete der Gemeinde erlassen hat, ist von einer planwidrigen Regelungslücke
auszugehen. Nach § 29 I DSG NW analog dürfen
personenbezogene Daten von Ratsmitgliedern verbreitet werden, wenn dies zur Durchführung und
Ausübung ihrer Tätigkeit als gewählte Mandatsträger erforderlich ist.
Der Rat repräsentiert die Bürger der Gemeinde und
ist für einen Großteil gemeindlicher Entscheidungen zuständig.31 Die Bürger haben wiederum
gegenüber dem Rat verschiedene Rechte.32 In einer
repräsentativen Demokratie muss gewährleistet
sein, dass der Bürger die Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerschaft kennt. Um eine möglichst bürgernahe Arbeit der Gemeindevertretung zu gewährleisten, ist es erforderlich, dass auch personenbezogene Daten der Ratsmitglieder veröffentlicht
werden. Lehnt man die planwidrige Regelungslücke
ab, ist noch an eine mögliche Ermächtigung aus
§ 16 I Satz 1 Buchstabe a in Verbindung mit § 13 I
DSG NW zu denken. Danach ist die Übermittlung
personenbezogener Daten auch außerhalb des öffentlichen Bereichs zulässig, wenn die Daten zur reibungslosen Erfüllung einer Aufgabe benötigt werden. Auch hier gilt allerdings der Grundsatz der Datenvermeidung.33
Lübking a.a.O. Rn. 394ff.
vgl. § 41 GO NW
vgl. §§ 23, 24 GO NW
33
vgl. § 16 DSG NW
30
31
32
152
Zu den Daten von öffentlichem Interesse gehören
insbesondere:
der Vor- und Zuname,
die Fraktion,
■ die Anschrift des Fraktionsbüros,
■ dienstliche Telefon und Faxnummern sowie eine
e-Mail Adresse
■
■
des Ratsmitgliedes.
Für die Bereitstellung aller weiteren personenbezogenen Daten besteht keine rechtliche Legitimation. Als Beispiel wird hier die private Postanschrift
genannt. Die Bekanntgabe der Adresse wäre ein erheblicher Eingriff in das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung und Schutz der Wohnung.
An dieser Stelle erscheint es wichtig, darauf hinzuweisen, dass es den Begriff der ›öffentlichen Person‹
im Datenschutz nicht gibt. Häufig ist der Einwand
zu hören, dass Kommunalpolitiker sich eine gewisse
Öffentlichkeit gefallen lassen müssen. Richtig ist,
dass auch viele Betroffene dies so sehen und eine
Verbreitung ihrer Daten durchaus wünschen. Folglich handelt die Verwaltung korrekt, wenn sie sich
von jedem Ratsmitglied und sachkundigem Bürger
eine Einwilligung über den konkret genannten Datenbestand, der zur Veröffentlichung gelangen soll,
schriftlich geben lässt. Einige Ratsinformationssysteme bieten zudem die Möglichkeit, die zugelassenen Daten über eine Maske von jedem Ratsmitglied
persönlich eingeben zu lassen.
Fazit: Für die Weitergabe persönlicher Daten ist von
jedem Mitglied individuell eine Ermächtigung
mit der Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs schriftlich einzuholen.
Termindaten
Die Bekanntgabe von Sitzungsterminen jeder Art
ist rechtlich unproblematisch. So kann die Empfehlung gegeben werden, zumindest wöchentlich
aktualisierte Terminkalender mit Zeit und Ort von
Sitzungen, Bürgeranhörungen und Foren im Internet für alle Gruppen verfügbar einzustellen. Einen
Hinweis auf die Nichtöffentlichkeit einer Sitzung
ist dienlich. Vor Ort sollte entschieden werden, ob
auch Fraktionssitzungen mit in dem Kalender enthalten sein sollen.
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Fazit:Termindaten sind generell von allgemeinem
Interesse und sollten im Internet verfügbar
sein!
Gremienverzeichnisse
Die Veröffentlichung der einzelnen Gremien und
ihrer Besetzung ist rechtlich unproblematisch. Der
Bürger hat durch dieses Instrument die Möglichkeit, sich einen besonders guten Überblick über die
vom Rat gewählte Organisationsform zu machen
und möglichst schnell den richtigen Ansprechpartner
für sein Anliegen zu finden. Nach Umbesetzungen
ist auf die entsprechende Aktualisierung zu achten.
Fazit: Gremienverzeichnisse können rechtlich unbedenklich im Internet erscheinen.
Generelles Fazit
Grundsätzlich können aus funktionellen Gesichtspunkten alle wesentlichen Daten der Ratsinformationssysteme über das Medium Internet verbreitet
werden. Rechtlich ergeben sich Hindernisse insbesondere aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten. Auf Grund der Fülle von zu verarbeitenden Informationen wird zunächst ein höherer Verwaltungsaufwand entstehen. Dieser resultiert aus der
Notwendigkeit, die Daten stets aktuell zu halten
und darauf zu achten, dass nur sensible Daten nur
für die Berechtigten verfügbar sind. Zudem entsteht eine gewisse Doppelarbeit, da die Informationsdistribution auf Papier zunächst beibehalten
werden muss.
Der gebotene Service wird jedoch eine schnelle Akzeptanz finden, da die Vorteile für die Nutzer klar
überwiegen. Mit speziell einrichtbaren Softwarelösungen ist es möglich, die Daten dem Internet
automatisch zur Verfügung zu stellen. Damit lässt
sich der Verwaltungsaufwand verringern. Folgen
werden Papierverzichtserklärungen der Ratsmitglieder, so dass sich der Aufwand auch im Druckbereich reduzieren wird.
Als Kennzeichen einer modernen und bürgernahen
Verwaltung ist der Wert des Einsatzes des Internet
in diesem Bereich nahezu unschätzbar. Die Möglichkeiten, die Wege der Verwaltung und des Rates
zum Bürger und untereinander zu verkürzen, waren nie größer als heute.
3.2 Organisatorische Erfolgsfaktoren
Peter Bröcker, Stadt Ratingen
3.2.1 Allgemeine Rahmenbedingungen
Unabdingbar für den organisatorischen Erfolg eines Ratsinformationssystems (RIS) ist das klare Bekenntnis der Verwaltung und auch des Rates zum
e-Government, womit die konsequente elektronische Dienstleistungsorientierung gemeint ist.
Denn e-Government kann kein Selbstzweck sein,
sondern muss der Bürgerschaft dienen.
E-Government nutzt das technische Potenzial des
Internet zur Einbindung der Bürger und Unterneh-
Wer ist zum Zugang welcher Daten in einem Ratsinformationssystem berechtigt?
Rats-/Ausschussmitgl.
Einladungen
Vorlagen
Verwaltung
Presse
Bürger
Öffentlich/
Öffentlich/
Öffentlich/
Öffentlich/
Nichtöffentlich
Nichtöffentlich
Nichtöffentlich
Nichtöffentlich
Öffentlich/
Nur Beteiligte
Öffentlich
Öffentlich
Öffentlich/
Öffentlich/
Öffentlich
Öffentlich
Nichtöffentlich
Nichtö. beteiligte Ämter
alle
alle
Alle
Alle
ja
ja
Nur öffentlich
Nein
Nichtöffentlich
Niederschriften
Satzungen/
Ortsrecht
Anfragen,
Anträge
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
men in das Verwaltungshandeln. Neben den Vorteilen der direkten Informationseinbindung in die
Verwaltungsabläufe sind auch die Risiken zu betrachten. Vertrauliche und verbindliche Daten werden über unsichere Medien übertragen und halten
Einzug in das Verwaltungsnetz. Hier gilt es geeignete Sicherheitsmaßnahmen zu entwickeln.
Aufgrund der unterschiedlichen Größe und Infrastruktur der Städte und Gemeinden werden die
Rahmenbedingungen für ein solches Projekt vor
Ort sehr stark von einander abweichen. So gibt es
viele Städte mit einer eigenen, vielfach sehr leistungsstarken IT-Abteilung. Andere Kommunen
wiederum beziehen ihre IT-Dienstleistungen über
große Gebietsrechenzentren. Die strategischen
Grundentscheidungen bei der Implementierung
von RIS müssen abhängig davon getroffen werden,
wie diese Strukturen vor Ort konkret ausgeprägt
und entwickelt sind,
3.2.2. Entscheidungsgründe für die Einführung von
Ratsinformationssystemen
Die Beziehungen zwischen Öffentlichkeit, Verwaltung und kommunaler Politik werden auf Grundlage der Internet-Technologie vollständig neu gestaltet. Es geht nicht nur um die nachhaltige Verbesserung von Information und Kommunikation,
sondern auch um die Nutzung des Internet als
Transaktionsmedium. Über ein entsprechendes
Ratsinformationssystem können zukünftig alle
notwendigen Informationen zwischen den Beteiligten schnell, transparent und kostengünstig vermittelt werden.
Ein solches System kann den Zeitaufwand für die Recherche von Sitzungsunterlagen erheblich verkürzen
und auch die Terminplanung der einzelnen Akteure
wesentlich erleichtern.Vorrangig für die Ratsmitglieder gedacht, kommen RIS aber auch der Bürgerschaft zugute. Aufgrund der verbesserten Informationsmöglichkeiten ergibt sich auch eine neue Qualität der Ratsarbeit. Politikerinnen und Politiker
können quasi auf Knopfdruck einen umfassenden
Überblick über aktuelle und bisherige Entscheidungen und Beschlüsse abrufen. Vor allem überflüssige
zeitliche Belastungen der ehrenamtlich Tätigen
können so vermieden werden, was letztlich auch die
Ratsarbeit attraktiver werden lässt.
154
3.2.3. Organisatorische Grundlagen
Grundlegend für alle Entscheidungen ist die einmal gewählte e-Government-Strategie. Ziel ist bei
dieser in der Regel eine ausgeprägtere Bürgerorientierung sowie eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns. An diesen beiden zentralen Vorgaben müssen sich auch RIS messen lassen.
Die bisherigen internen Strukturen und Prozesse in
Verwaltung und Rat, auch die im Hintergrund, sind
also in Hinblick auf die Zukunftsausrichtung zu
prüfen. Hierfür gibt es keine einheitliche Vorgehensweise. Jede Kommune muss ihr spezielles Modell entwickeln und umsetzen. Laufende organisatorische und technische Änderungen sind dabei
flexibel mit einzuplanen.
Im nächsten Schritt ist eine Priorisierung der in das
RIS integrierten Dienste vorzunehmen. Welche Informationen und Prozesse sollen online angeboten
werden? In welche Reihenfolge sollen diese ins
Netz gestellt werden? Liegen überhaupt alle Daten
digital vor? Wer bekommt welche Vorlagen und in
was für einer Form? Werden Einladungen, Protokolle und andere Dokumente zusätzlich noch in Papierform verteilt? Welche Dienstwege sind erforderlich? Welche Informationen erhält der Bürger,
welche der Rat? Das sind nur einige der Fragen, die
vor Ort gestellt werden müssen, um eine effektive
Arbeit mit dem RIS zu gewährleisten. Die notwendigen Verfahrensweisen sind in entsprechenden
Dienst- und Geschäftsanweisungen zu regeln.
Hierzu gehören auch Regelungen zur Archivierung
der Altakten. Denn auch ›historische‹ Vorgänge
sind zur elektronischen Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen. Hierzu bedarf es eines modernen
Archivierungssystems.
Anhand der in diesem Handbuch beschriebenen
Empfehlungen ist zu entscheiden, ob das bisher in
der Kommune im Einsatz befindliche Ratsinformationssystem (bzw. der bisherige Sitzungsdienst)
den Ansprüchen an fortgeschrittenes e-Government noch genügt. Können alle notwendigen Informationen in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden? Ist die bürgerfreundliche Aufbereitung der Informationen gewährleistet? Passt es in
die Strategie des Hauses? Wenn nicht, ist zu entscheiden, ob das vorhandene Verfahren mit entsprechenden Modulen aufgerüstet werden kann,
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oder ob eine Neubeschaffung vorzunehmen ist.
Falls die Entscheidung für eine Neubeschaffung
fällt, sollte diese auf jeden Fall Vorrang vor Eigenentwicklungen haben. Einige bekannte Produkte
sind in einer anliegenden Übersicht dargestellt, die
keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.
3.2.4. Die Zielgruppen
Die potenziellen Nutzer von RIS sind im Wesentlichen Verwaltung, Öffentlichkeit und Rat. Innerhalb der Verwaltung muss sichergestellt sein, dass
die Vorlagen nicht aufwändig in das System eingestellt werden müssen (Stichwort: Medienbrüche).
Das erfordert einen durchgängig elektronisch organisierten Workflow: Die Fachämter liefern im
nach Möglichkeit alle Daten in digitaler Form an
die Ratsabteilung bzw. sind unmittelbar an das RIS
angeschlossen und können im Gegenzug dem System auch die für sie wichtigen Daten entnehmen.
Sicherlich sind die IT-Ausstattungen der einzelnen
Verwaltungen und auch die Ausstattung mit Internet und E-Mail-Funktion sehr unterschiedlich. Je
höher der Durchdringungsgrad mit moderner Technologie, umso leichter wird die Implementierung
von RIS gelingen.
In Hinblick auf die Öffentlichkeit ist zunächst festzulegen, in welcher Form Anfragen an Rat und Verwaltung gestellt werden können und welche Informationen im Internet bereit gestellt werden sollen.
Hier sind verschiedenen Lösungen denkbar. So können z.B. nur die Beratungsergebnisse der öffentlichen Sitzungen und das jeweilige Gremienverzeichnis als Basis-Informationen zur Verfügung gestellt werden. Unbedingt beachtet werden müssen
die Erfordernisse von Datenschutz und -sicherheit.
Auf herkömmlichem Wege (d.h. in Papierform) eingehenden Dokumente sind grundsätzlich in das
elektronische System einzupflegen.
Für die erfolgreiche Einführung von RIS ist es auch
von grundlegender Bedeutung, wie hoch das Interesse und die Bereitschaft zur Nutzung des RIS
durch die Ratsmitglieder ist. Die Einstellungen und
Erwartungen der einzelnen Räte mögen hier sehr
unterschiedlich ausgeprägt sein. Prinzipiell kann
die Bereitschaft, sich auf neue Kanäle der Information und Kommunikation einzulassen, sehr stark
von der personellen Zusammensetzung des jewei-
ligen Rates abhängen und daher von Ort zu Ort
sehr unterschiedlich sein. Grundsätzlich gibt es
zwei Wege, mittels derer die technische Anbindung
der Ratsmitglieder an das RIS organisiert werden
kann:
■ Nutzung von bei den Räten ohnehin vorhandenen privaten Geräte unter Bezuschussung der
(Neu-) Anschaffung und des laufenden Betriebs
(Leitungskosten, Drucker etc.).
Das ist die eher kostengünstige Lösung für kleinere
und mittlere Kommunen. Vorteil: Die vorhandenen
Ressourcen werden genutzt. Nachteil: Große Abhängigkeit vom Ausstattungsgrad der Ratsmitglieder. Phasenweise Umsetzung ist anzustreben.
■ Bereitstellung von Geräten durch die Verwaltung
(und Regelung der privaten Nutzung).
Umfassende, aber auch sehr teure Lösung. Vorteil:
Komplette, einheitliche IT-Ausstattung des Rates.
Nachteil: Umfassende Neubeschaffung erforderlich. Einmaliger hoher finanzieller Aufwand sowie
laufende Kosten aufgrund von Abschreibung und
abzuschließenden Wartungsverträgen.
Da weder von allen Ratsmitgliedern noch von der
weiteren Bürgerschaft erwartet werden kann, dass
diese – quasi als Zugangsbedingung für öffentliche
Informationen – zwingend einen PC besitzen müssen, wir für eine längere Übergangszeit neben dem
RIS auch noch die konventionelle Form der Informationsübermittlung auf Papier beibehalten werden müssen. Nur so kann sicher gestellt werden,
dass alle notwendigen Informationen auch ihre
Empfänger erreichen. Für die Einführung von RIS
bedeutet dies: Als ›kleine Lösung‹ und erster Schritt
kann zunächst der Zugang zum System für die
Ratsmitglieder über einen PC in den Fraktionsbüros
bzw. für die Bürger an Info-Terminals erfolgen.
3.2.5 Testphase
Die endgültige Entscheidung darüber, welches Verfahren zum Einsatz kommt und welche Anbindungen, Prozesse und Informationsflüsse zukünftig
möglich sein werden, sollte erst nach einer angemessenen Testphase getroffen werden. Sinnvollerweise sind hier aus den Fraktionen Fachleute zu gewinnen, die als Multiplikatoren das Projekt engagiert mit nach vorne treiben. Ggf. kann mit Hilfe
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einer Umfrage das Stimmungsbild der Ratsmitglieder zu diesem Thema beleuchtet werden. Ein ganz
wesentlicher Erfolgsfaktor hierbei ist es, das Interesse aller Beteiligten zu wecken und Akzeptanz für
das Projekt zu schaffen.
Spätestens hier muss auch der Personalrat mit dem
Abschluss von Dienstvereinbarungen und Dienstanweisungen entsprechend beteiligt werden.
Sinnvoll ist es, dieses Gremium bereits beim Projektstart einzubinden.
nen, sind vor allem die Führungskräfte, die hier eine
Vorbildfunktion haben, aber auch alle anderen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entsprechend zu
schulen. Hierfür sind entsprechende Qualifizierungskonzepte im Rahmen der Personalentwicklung zu erstellen.
3.3 Technische Voraussetzungen
Frank Schwanbeck, KDVZ
3.2.6 Systementscheidung und Kostenfrage
Vor der konkreten Auswahl eines RIS sind die Kosten genau darzustellen. Zu berücksichtigen sind –
neben den Anschaffungspreisen für Hard- und
Software – die Kosten für die laufende Pflege und
die erforderliche Schulungen der Verwaltungsmitarbeiter und Ratsmitglieder sowie eventuell zusätzlich entstehende Personalaufwendungen. Bei
der Kostenplanung ist idealerweise bereits mit berücksichtigt, was durch Papier- und Portoersparnis
erwirtschaftet werden kann.
Allerdings sollte die Kostenfrage nicht allein den
Ausschlag geben. Das System muss sich in die übrige organisatorische und technische Umgebung der
Verwaltung optimal einpassen und dem Ziel der Bürgerfreundlichkeit so nah wie nur möglich kommen.
Die technischen Voraussetzungen für den Betrieb
eines Ratsinformationssystems sind naturgemäß
nur im Zusammenhang mit den an dieses System
gestellten Anforderungen zu definieren. Der Betrieb eines ›Kommunalen Sitzungsdienstes‹ ist
eine normale interne Netzwerk-Anwendung. Diese
Anwendungen sind für IT-Fachleute Tagesgeschäft
und sollen an dieser Stelle nicht näher betrachtet
werden. Im Fokus der Überlegungen sollen die
Internet-basierten Bestandteile des Ratsinformationssystems stehen. Aber auch dabei geht es nicht
um eine umfassende Abhandlung hinsichtlich aller
technischer Details, sondern um die Darstellung einiger praxiserprobter Aspekte, die insbesondere
aus der Sicht der Nutzer (Bürger/innen, Mandatsträger/innen) sehr hilfreich sein können.
3.3.1 Grundfunktionen
3.2.7 Weiterentwicklung des Personals und
der Nutzer eines RIS
Vor allem für das Personal in den Kommunen, aber
auch für die Ratsmitglieder, bedeutet die Einführung eines RIS im Rahmen von e-Government einen Quantensprung in Hinblick auf die Möglichkeiten des politischen oder verwaltungsmäßigen
Handelns, aber auch hinsichtlich der erforderlichen
Anforderungsprofile der Nutzer. E-Government
stellt eine neue Herausforderung für alle Beschäftigten und Ehrenamtlichen dar. Hier ist vor allem
die Medienkompetenz als zentrale Schlüsselqualifikationen der Informationsgesellschaft zu nennen.
»Medienkompetenz versteht sich hierbei als die Fähigkeit zur selbstverständlichen Bedienung und
Koordination unterschiedlicher Instrumente im
Prozess der IT-Kommunikation« (siehe KGSt 1/2003).
Um diese Kompetenz optimal entwickeln zu kön156
Um überhaupt RIS-Dienste im Internet anbieten zu
können braucht man mindestens zwei Komponenten:
■ Eine Webpräsenz (i. d. R. www.stadtname.de)
■ Eine Schnittstelle zu digitalen Informationen aus
der Gremienarbeit
Da auf die Informationen nur im Modus ›lesen‹ zugegriffen wird, reicht es aus, eine Replikation aus
der Sitzungsdienstanwendung auf einen Webserver einzurichten. Je nach Komfort der Anwendung
kommen drei Varianten in Betracht:
■ Zeitgesteuerte Replikation
■ Replikation auf Anforderung des Administrators
■ Echtzeit-Replikation
Bei der Datenübertragung zum Webserver muss in
jedem Fall beachtet werden, dass die Daten ver-
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
schlüsselt werden. Dies erfolgt weniger um ein Abhören der Daten zu verhindern als um einen Versuch der Verfälschung der Information durch Dritte
abzuwehren. Soll ein Webserver nur für die Nutzung innerhalb eines LANs bzw. eines vertrauenswürdigen Extranets betrieben werden, so kann die
Verschlüsselung entfallen.
Hinsichtlich der Datensicherung existieren keine
besonderen Anforderungen, weil die Daten an anderer Stelle verwaltet werden und jederzeit aus dem
Sitzungsdienst wieder abgerufen werden können.
Allerdings muss der Webserver besonders sorgfältig gegen Hackerangriffe geschützt werden, um
eine Verfälschung von Ratsvorlagen zu vermeiden.
3.3.1.1 Öffentlich zugängliche Informationen
In die städtische bzw. kommunale Webpräsenz sollten die öffentlich zugänglichen Informationen
möglichst reibungslos integriert werden können.
Hier sind insbesondere folgende Funktionen zu
nennen:
■ Sitzungskalender
■ Darstellung der Gremien
■ Vorstellung der Mandatsträger
■ Tagesordnungen, Vorlagen, Beschlüsse, Niederschriften und sonstige Unterlagen, soweit sie öffentlich sind
Die Komponenten sollten in das Design und die
Struktur des Internet-Auftritts eingepasst sein und
nicht wie ein Fremdkörper wirken. Da die online bereitgestellten Informationen in der Regel aus der
jeweiligen Sitzungsdienstanwendung kommen,
gibt es hier häufiger Probleme. Die vom Hersteller
gelieferten ›Internet-Module‹ verwenden meist
proprietäre Technologien (siehe auch Kapitel 6.3;
Standards) und sind daher oft nur mit größeren
Aufwand und damit verbundenen Kosten anpassbar.
Eine weitere Schwierigkeit, die sich daraus ergeben
kann, ist, dass eine Suchmaschine der kommunalen
Webseite die Informationen des Internet-Moduls
nicht finden kann, da sie auf einem anderen Server
liegen oder in einer Datenbank für die Suchmaschine nicht auffindbar sind. Diese Internet-Module haben oft eine eigene Suchmaschine. Für den Bürger
ergibt sich daraus, dass das Auffinden der gesuchten Informationen sehr erschwert wird.
Zusätzlich können sich technische Schwierigkeiten
im Bereich der Dokumente ergeben. Bei der Erstellung von Vorlagen und anderen Dokumenten nutzen die Sitzungsdienstanwendungen in der Regel
die Textverarbeitung ›Word‹ oder eine ähnliche Anwendung. Für die Veröffentlichung von Dokumenten im Internet hat sich jedoch das so genannte
›PDF-Format‹ der Firma Adobe als de-facto-Standard etabliert. Für das Lesen solcher Dokumente ist
der ›Acrobat-Reader‹ kostenlos erhältlich. In aktuellen Browser-Versionen ist er als Plugin bereits vorinstalliert, so dass diese Dokumente von fast jedem
Internet-Nutzer problemlos gelesen werden können.
Dies impliziert, dass die Word-Dokumente in PDFDateien konvertiert werden müssen, bevor sie online gestellt werden können. Im günstigsten Fall
wird dieser Vorgang durch die Sitzungsdienst-Anwendung automatisiert unterstützt. Muss man
hier manuell eingreifen, benötigt man dafür eine
Software, die Dokumente nicht nur lesen, sondern
auch editieren kann.
Will man sich das Konvertieren in PDF sparen, so
kann man auch die Word-Dokumente veröffentlichen. In diesem Fall ergeben sich jedoch gewichtige Nachteile:
1. Die Dokumente können nur von Nutzern gelesen
werden, die Word oder einen (kostenlosen) WordViewer installiert haben. Eventuell kann es auch
noch Schwierigkeiten mit unterschiedlichen Versionen von Word geben.
2. Die Inhalte der Dokumente sind veränderbar. Es
ist kaum zu verhindern, dass ein Nutzer das Dokument inhaltlich verändert und dann lokal ausdruckt. Dies ist zwar auch bei PDF-Dokumenten
nicht gänzlich unmöglich, aber technisch erheblich schwieriger. Hackern erleichtert die Nutzung
von Word-Dokumenten die Verfälschung der Information.
3.Word-Dokumente können leicht (unerkannte)
Makroviren enthalten. PDF-Dokumente sind hier
sicherer. Diese können auch einfach elektronisch
signiert werden.
Sollen auch grafische Informationen bereitgestellt
werden, so ist darauf zu achten, dass diese Dateien
nicht zu speicherintensiv sind, da sonst insbesondere Nutzer mit niedriger Bandbreite des InternetZugangs lange Ladezeiten in Kauf nehmen müssen. Es muss daher stets das Dateiformat bewusst
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gewählt werden, da je Format starke Unterschiede
in der Dateigröße festzustellen sind. Zu empfehlen
sind je nach Art der Information die Formate JPG,
PDF oder HTML. Weniger empfehlenswert sind das
TIF-Format oder die proprietären Formate einiger
GIS-Systeme. In jedem Fall sollte man sich die Dateigröße bei grafischen Dateien ansehen, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.
3.3.1.2 Nichtöffentliche Informationen
Nichtöffentliche Unterlagen beinhalten häufig besonders schutzwürdige Daten, so dass sie nur auf
einem Webserver abgelegt werden dürfen, der
durch eine leistungsfähige Firewall geschützt ist.
Die oben beschriebenen technischen Problempunkte existieren für die nichtöffentlichen Informationen grundsätzlich auch. Da man es hier
aber mit einer bekannten geschlossenen Benutzergruppe zu tun hat, kann man diese Schwierigkeiten z. T. organisatorisch lösen. Man kann z. B. in
einem Benutzerleitfaden die Nutzung einer bestimmten Word-Version empfehlen und diese ggf.
auch zur Verfügung stellen.
Auch das Problem der Suchmaschine stellt sich so
nicht, da sich die Mandatsträger beim System anmelden und in der Regel auch innerhalb des Systems suchen. Die Problematik von grafischen Informationen ist hier in gleicher Weise zu beachten.
Die Daten eines jeden Ratsmitgliedes sollen durch
das Mitglied selbst gepflegt werden. Diese Anforderung ist technisch anspruchsvoll, da hier erstmals ein schreibender Zugriff notwendig wird. Diese Informationen müssen daher in einer InternetDatenbank abgelegt sein, die von den sonstigen
Informationen aus der Sitzungsdienst-Anwendung
getrennt gespeichert werden. Es sollte davon abgesehen werden, diese Daten auch in die Sitzungsdienstanwendung zu replizieren, da dann der Betrieb des Gesamtsystems komplex und damit teuer
und fehleranfällig wird. Für die Internet-Datenbank
muss ein Datensicherungskonzept umgesetzt sein,
damit im Fehlerfall die Daten wiederherstellt werden können.
Eine Alternative bestünde darin, die berechtigten
Mandatsträger die Pflege Ihrer Daten in der Sitzungsdienstanwendung durchführen zu lassen.
Das hat den Vorteil, dass auch die sonstigen Daten
158
(Bankverbindung, Kommunikationsinformationen)
durch den Betroffenen selbst gepflegt werden
könnten. Das bedeutet aber, dass ein externer Zugang zum Netz der jeweiligen Verwaltung geöffnet
werden muss. Dies könnte über so genannte ›DialIn-Zugänge‹ technisch gelöst werden. Wenn eine
derartige Infrastruktur nicht ohnehin vorhanden
ist (z. B. Heimarbeitsplätze), ist die Einrichtung kostenintensiv. Auch muss hinterfragt werden, ob zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen (z. B. Chipkarte,
elektronische Signatur) erforderlich werden.
3.3.2 Erweiterte Funktionalitäten
3.3.2.1 E-Mail
Sobald E-Mails über das Internet (und nicht innerhalb eines sicheren Netzes) versandt werden, muss
beiden Kommunikationspartnern stets bewusst
sein, dass Dritte die Möglichkeit haben, Inhalte unberechtigt zu lesen. Für die Nutzung ungesicherter
Kommunikationsstrecken kommen daher nur Daten in Betracht, die nicht besonders schutzwürdig
sind.
Will man das Medium E-Mail auch für vertrauliche
Daten nutzen, so gibt es technische Möglichkeiten
zum Schutz der übermittelten Informationen. Hier
kommen in erster Linien das Verschlüsseln oder das
Signieren der betreffenden E-Mails sowie Virtual
Private Networks in Betracht. Abhängig von der gewählten Signaturstufe ist das Signieren jedoch aufwendig, da z.B. Signaturkarten und -leser für eine
nach SigG qualifizierte Signatur und die Public Key
Infrastruktur (PKI) in den Verwaltungen in der Regel nicht vorliegen.
Die verschiedenen Produkte zum Verschlüsseln der
E-Mail-Kommunikation haben den Nachteil, dass
sie untereinander nicht ausreichend kompatibel
sind. Fehlende Standards stehen der Nutzung also
im Wege.
3.3.2.2 Chat, Diskussionsforen
Für die Beteiligung der Bürger/innen am politischen Willensbildungsprozess (E-Democracy) bietet das Internet Chatrooms und Diskussionsforen.
Im Chatroom können z. B. virtuelle Sprechstunden
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des Bürgermeisters abgehalten werden. Es existiert
gute Freeware, um diese Funktionen anzubieten.
Diskussionsforen dienen der Behandlung eines bestimmten Themas (auch) über einen längeren Zeitraum. Die Beiträge bleiben gespeichert und stehen
allen Nutzern zur Verfügung. Über dieses Hilfsmittel könnte z. B. eine Bürgerbefragung zu ›Planung
online‹ durchgeführt werden. Auch hier steht kostenfreie Software in guter Qualität zur Verfügung.
Aus der Praxis hat sich gezeigt, dass alle Beiträge
vor der Veröffentlichung jeweils durch einen Administrator freigegeben werden sollten, um Missbrauch vorzubeugen.
mit keine zusätzlichen Installationen auf den Clients
erforderlich werden. Hier ist eine Personalisierung
sehr sinnvoll, da die gewünschten Informationen je
nach persönlichem Wunsch oder der jeweiligen
Funktion stark differieren können. Es sollte auch konfigurierbar sein, wie differenziert oder aggregiert die
jeweiligen Informationen angeboten werden.
3.3.2.3 Informationen aus operativen Anwendungen
Backend
Als Backend werden die klassischen operativen Anwendungen bezeichnet. In diesem Bereich sind
Schnittstellen zu den Daten und ggf. Business-Logik neu zu implementieren.
Vielfach wird gefordert, dass RIS den Mandatsträgern ergänzende Informationen als zusätzliche
Entscheidungsgrundlage anbieten sollen. Dabei ist
grundsätzlich nach statischen und dynamischen
Informationen zu unterscheiden. Die statischen Informationen (z.B. Ortsrecht) können leicht über
Links eingebunden werden.
Mit den dynamischen Informationen, die zum Zeitpunkt der Anforderung aufbereitet werden müssen, verhält es sich anders. Diese Informationen
sind in der Regel in operativen Anwendungen gespeichert. Und nun wird es kompliziert: Diese Daten können in den unterschiedlichsten Anwendungen auf unterschiedlichen Rechnerplattformen
(PC, Unix, AS/400, Großrechner) verborgen sein. Es
stellt daher eine große technische Herausforderung dar, diese Daten zu einem Informationsportal
zu verknüpfen. Es ist wahrscheinlich nicht übertrieben zu behaupten, dass es wohl keine zwei Kommunen in Deutschland gibt, die exakt einheitliche
Backend-Verfahren einsetzen. Daher wäre der Versuch, die Informationen in ein Ratsinformationssystem alter Prägung einzubeziehen, von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Die Lösung kann nur
in einer 3-Schicht-Architektur mit klar definierten
Schnittstellen liegen. Die Orientierung an offenen
Standards ist offensichtlich erforderlich, um auf
neue Anforderungen flexibel reagieren zu können.
Frontend
Das Frontend als Benutzerschnittstelle soll intuitiv
bedienbar sein. Es sollte browserbasiert arbeiten, da-
Middleware
Die Middleware ist notwendig, um auf Backend-Daten oder Verfahren zugreifen zu können. Sie dient
sozusagen als ›Vermittler‹ zwischen unterschiedlichen Rechnerwelten. Hier können auch SecurityPrüfungen und Business-Logik angesiedelt sein.
Schnittstellen
Für die Beschreibung von Schnittstellen hat sich
XML als de-facto-Standard heute durchgesetzt. Es
empfiehlt sich daher, alle Schnittstellen in XML zu
beschreiben. Auf diese Weise wird es möglich, unterschiedliche Fachverfahren anzubinden.
3.3.2.4 Anbindung von Archiv- oder Dokumentenmanagementsystemen
Wenn alte Daten (Vorlagen, Beschlüsse u. ä.) in Archivsystemen vorhanden sind, stellen sie häufig
eine höchst nützliche Informationsquelle dar. Es ist
aber fraglich, ob der Aufwand für eine nachträgliche Erfassung betrieben werden sollte.
Daher ist es sinnvoll zu überlegen, ab wann Informationen in ein Archivsystem überführt werden
sollen, um das Datenvolumen im Ratsinformationssystem beherrschbar zu halten. Vor allem ist zu beachten, dass Suchfunktionen auch die archivierten
Dokumente erfassen, um dem Nutzer alle Informationen zu gewünschten Themen anzubieten.
3.3.3 Technische Voraussetzung beim Nutzer
Es ist darauf zu achten, dass alle Komponenten des
Ratsinformationssystems browserbasiert arbeiten.
Wenn das gewährleistet ist, benötigt der Nutzer
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
(sei er Mandatsträger oder ›einfacher‹ Bürger) nur
einen Internetanschluss und einen Browser – möglichst in aktueller Version – sowie optional einen
Drucker. So ist auch ein einheitliches ›Look and
Feel‹ möglich, was zu verbesserter Akzeptanz bei
den Nutzern führt.
3.3.4 Barrierefreiheit
Das Bundesgleichstellungsgesetz verpflichtet bisher nur Bundesbehörden, ihre Informationsangebote barrierefrei anzubieten. Es sollte aber auch für
Kommunen selbstverständlich sein, Behinderte
nicht auszugrenzen, zumal auch zu erwarten ist,
dass bald analoge Landesgesetze verabschiedet
werden. Zwei Arten der Behinderung schränken die
Nutzung von Internet-Angeboten ein:
1. Sehbehinderungen
2. Motorische Einschränkungen, die die Bedienung
von Maus und/oder Tastatur erschweren
Um diesen Personenkreisen die Nutzung des Ratsinformationssystem zu ermöglichen oder zu erleichtern, gibt es aus technischer Sicht zwei Alternativen:
1. Verzicht auf alle Techniken (Frames, Grafiken, o.
ä.), die Behinderte beeinträchtigen bzw. die Nutzung gängiger Spezialsoftware für Behinderte
verhindern; textorientiertes Design, möglichst
große Schriften
2. Aufbau eines zusätzlichen Frontends unter Beachtung der Richtlinien für barrierefreies Webdesign
Die Alternative 1 hat den Nachteil, dass der Verzicht
auf diese Techniken dazu führt, dass die Optik möglicherweise sehr schlicht ist. Die Alternative 2 führt
zu zusätzlichem Aufwand, ist aber die bessere Lösung.
160
4. Zehn Schritte auf dem Weg zum
Ratsinformationssystem
Andreas Osner, Bertelsmann Stiftung
Bei der Implementierung von RIS ist prinzipiell zwischen drei Arbeitsebenen zu unterscheiden, die
allerdings nicht in eine Bedeutungshierarchie einzuordnen sind, sondern ineinander greifen:
1. Die organisationspolitische bzw. Managementebene, auf der die Steuerung des Implementationsprozesses abläuft. Hier wird das ›Was, Warum und Wohin‹ geklärt. Das heißt, hier müssen
sich die Beteiligten auf die strategische Ausrichtung ihres e-Government-Prozesses insgesamt
und auf die Ziele verständigen, die sie mit einem
RIS erreichen wollen.
2. Die konzeptionelle bzw. inhaltliche Ebene, auf
der die konkreten Anforderungen an das RIS und
seine Eigenschaften zu klären sind. Hier wird
auch die ›Sprache‹ festgelegt, mit der man bei
unterschiedlichen Ausgangslagen und Interessen eine gemeinsame Verständigung über das
›Wie‹ und ›unter welchen Bedingungen‹ erzielt.
Der einheitliche Sprachgebrauch gerade zu Beginn ist wichtig, da ein unterschiedliches Verständnis von Fachbegriffen bei einer so komplexen Materie schnell zu falschen Erwartungen
und Missverständnissen führen kann.
3. Die technologische Ebene, auf der die im ›Was
und Wie‹ festgelegten Anforderungen und vereinbarten Prozesse realisiert werden. Auf dieser
Ebene findet nicht nur die Umsetzung des RISProjekts durch Kauf, Installation und Wartung
von Software statt. Sie dient bereits im Vorfeld
dazu, mit Hilfe von technischen Machbarkeitsschätzungen die Rahmenbedingungen des Handelns und die Grenzen des Erwartbaren zu setzen.
Gerade bei einem primär IT-basierten Thema wie
den RIS, das nicht sofort jedem zugänglich ist,
kommt es entscheidend darauf an, dass das Zusammenspiel der Prozessverantwortlichen (Lenkungsgruppe, Beauftragter) mit den Nutzern (Verwaltung und Ratsmitgliedern) und Technik-Experten (EDV-Abteilung und Software-Anbieter) und
nicht zuletzt dem hauptamtlichen Bürgermeister/Gemeindevorstand erfolgreich verläuft. Kom-
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
munikation im Vorfeld, Erwartungsabklärung,
Sprachregelungen und Investitionsplanungen sind
daher unabdingbar.
Im Folgenden wird ein allgemeiner Fahrplan mit
konkreten Handlungsempfehlungen skizziert, der
nach den Bedingungen vor Ort individuell angepasst werden kann. Die Darstellung der einzelnen
Schritte ist bewusst ausführlich gehalten und soll
auf eine Reihe von kritischen Erfolgsfaktoren aufmerksam machen. Hierbei wird quasi von Null begonnen, d.h. diejenigen Kommunen, die bereits ein
ausbaufähiges KSD-System o.ä. haben, sollten sich
eine geeignete Station aussuchen, ab der sie in den
weiteren Prozess einsteigen. Auch die Reihenfolge
der Stationen ist ein Angebot; sie ist nicht verpflichtend einzuhalten.
Der Schwerpunkt dieses Fahrplans liegt nicht auf
der technologischen Ebene, sondern auf den organisatorischen Management-Prozessen, die in der
Interaktion mit sehr unterschiedlichen Akteuren
(Politiker, Verwaltung und IT-Experten) ausgestaltet werden müssen.
Schritt 1:
Stellen Sie sicher, dass das Projekt ›RIS-Einführung‹
von der politischen Spitze befürwortet und unterstützt wird.
Die Einführung eines RIS ist ein Investitionsprojekt.
Es kostet Zeit, Überzeugungskraft und nicht zuletzt
Geld. Wie jede rentierliche Investition wird sich ein
RIS auszahlen, sofern es solide geplant und anschließend auch genutzt wird. Für den Erfolg der
Investition ist es absolut notwendig, dass Sie die
Unterstützung aus dem Gemeindevorstand haben.
Selbst bei offensichtlichen Vorteilen für alle Fraktionen und für die gesamte Verwaltung werden Sie
auf Skeptiker, Bedenkenträger und Quertreiber stoßen. Hierfür brauchen Sie nicht nur gute Argumente (die wir Ihnen weiter oben geliefert haben), sondern auch eindeutige Aussagen, auf die Sie sich
berufen können. Das heißt, zumindest die Verwaltungsspitze, aber auch die Vorsitzenden der wichtigsten Fraktionen im Rat/Kreistag sollten das Vorhaben unterstützen. Ohne eine solche Unterstützung werden Sie weder die nötige Rückendeckung
noch die erforderlichen Mittel bekommen, die Sie
benötigen, um das RIS-Projekt durchzuführen.
Im Rahmen der RIS-Einführung kann sich vor allem
das Problem stellen, dass die technologische Neue-
rung anfangs allgemein befürwortet wird, die für
die Umsetzung notwendigen Finanzmittel später
allerdings aus Kostengründen nicht bewilligt werden. Eine solche missliche Situation lässt sich vermeiden. Bestehen Zweifel an der Ernsthaftigkeit
der Unterstützung für die RIS-Einführung, so sollte
der Gemeinderat bereits im Planungsstadium die
Bereitschaft erklären, die für die Einführung eines
RIS voraussichtlich benötigten Finanzmittel bereitzustellen.
Schritt 2:
Bilden Sie eine Projekt-Arbeitsgruppe oder bestimmen Sie einen RIS-Beauftragten.
Je nach Größe der Kommune und nach angestrebtem Umfang eines zukünftigen RIS kann es Sinn
machen, nicht nur einem Beauftragten die Federführung des Projekts zu überantworten, sondern
parallel dazu eine Arbeitsgruppe einzurichten, die
neben Verwaltungsexperten (nicht notwendigerweise EDV-Experten!) auch Abgeordnete oder Mitarbeiter jeder Fraktion als Mitglieder hat.
Diese Arbeitsgruppe hat die Aufgabe, die benötigten
Informationen zu beschaffen, einen zielorientierten
und termingerechten Ablauf des Investitionsprojekts zu gewährleisten sowie die beteiligten Nutzer
(Verwaltungsstellen, Ratsmitglieder) und die politischen Spitzen regelmäßig über den Stand des Projektes und ggf. anstehende größere Weichenstellungen oder Planänderungen zu informieren. Gibt es
keine Person oder keine Gruppe, die einen klaren
Auftrag hat, das Projekt zu leiten, besteht die Gefahr,
dass einmal initiierte Entwicklungen im Sande verlaufen, weil niemand sich zuständig fühlt.
Schritt 3:
Bestimmen Sie Ihren Standort: Wie ist die Ausgangsbasis? Wo liegt in Ihrer Kommune der Handlungsbedarf?
Bevor man sich im größeren Kreis systematisch mit
dem Was,Warum und dem Wie von RIS beschäftigt,
sollte zunächst eine Standortbestimmung vorgenommen werden. Die Bestandsaufnahme sollte
darüber Auskunft geben, wie der aktuelle IT-Status
in Verwaltung und Politik ist. Die hierfür nötigen
Informationen können durch Zählung und Schätzung der vorhandenen Hardware und Software sowie durch Nutzerbefragungen vorgenommen werden. Gerade was die persönlichen Nutzungsge161
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wohnheiten betrifft, kann auf entsprechende Umfragen nicht verzichtet werden.
Folgende Fragen, die den politikrelevanten IT-Status in Ihrer Verwaltung (und damit die Angebotssituation) anzeigen, sollten Sie sich stellen:
1. Wie groß und wie leistungsfähig ist die EDV-Abteilung in der Gemeinde?
• Ist sie stellenmäßig gut ausgestattet oder eher
an der unteren Grenze?
• Ist sie innovativ und auf dem neuesten Stand
oder mit der bloßen Wartung und Abwicklung
der vorhandenen EDV beschäftigt?
2. Wo und wie werden die statistischen Daten in
der Gemeinde verwaltet? Gibt es ein eigenständiges Amt für Wahlen und Statistik oder eine
Statistikstelle?
3. In welchen Bereichen gibt es für ein RIS verwendbare Datenbanken und sind diese möglicherweise für Data-Warehouse-Konzepte geeignet? Gibt es überhaupt die Möglichkeit und einen potenziellen Bedarf an übergeordneten
Datenbanken, die die Quelldatenbanken einbeziehen?
4. Wie leistungsfähig ist die Hardwareausstattung
in der Gemeinde: Existieren Serversystem und
Netzwerk?
5. Wie stark ist die EDV in der Verwaltung verbreitet? PC-Durchdringung der Verwaltung, Internet-Anschlüsse der Arbeitsplätze, Existenz eines
Intranets?
6. Wie steht es mit der Qualifizierung der Verwaltungsmitarbeiter im IT-Bereich? Wie sind die
Nutzungsgewohnheiten der Mitarbeiter?
7. Sind die politikrelevanten Stellen der Verwaltung (Ratsservice, Büros der Dezernenten und
Amts- und Fachbereichsleiter, Kämmerei, Statistikstelle) an das Intranet und Internet angeschlossen?
8. Gibt es einen zentralen Ratsservice, der die Ratsangelegenheiten mit moderner IT professionell
abwickelt oder werden veraltete KSD-Programme verwendet? Wie gut ist der Ratsservice personell ausgestattet bzw. ist er ausbaufähig?
9. Wie sieht der Internetauftritt der Kommune
aus? Welche Qualität hat er? Ist er für interaktive Anwendungen vorgesehen bzw. wäre er für
ein Bürgerinformationssystem mit integriertem
Ratsinformationssystem geeignet?
162
Fragen, die den IT-Status in der Politik betreffen,
sind nachfolgend aufgeführt. Sie erlauben Rückschlüsse auf die politische Bedarfslage und Ausbaufähigkeit für ein zukünftiges RIS:
10. Wie viele Mandatsträger verfügen über eine eigene PC- oder Notebookausstattung und in welcher Qualität?
11. Sind die Ratsmitglieder vernetzt? Wer verfügt
über einen eigenen Internetanschluss (mit/
ohne ISDN/DSL)? Gibt es evtl. signifikante
Unterschiede zwischen den Fraktionen?
12. Wie sind die Nutzungsgewohnheiten der einzelnen Mandatsträger? Wie ist ihre Qualifikation im
EDV-Anwenderbereich einzuschätzen? Selbsteinschätzung genügt! Wie steht es mit deren
Offenheit und Interesse gegenüber einem IT-gestützten Ratsservice?
13. Besteht Bereitschaft zu privater Investition (zeitlicher und finanzieller Art) in IT-gestützte Prozessverbesserungen?
14. Wie sind die Fraktionsbüros hardware- und softwaremäßig ausgestattet? Werden sie regelmäßig
von der Verwaltung in Updates etc. einbezogen?
Sind die Fraktionsbüros bei den städtischen Internetprovidern gehostet, haben sie Anschluss an
das städtische Intranet (möglicherweise mit abgestuften Zugangsberechtigungen)?
15. Wie qualifiziert bzw. wie interessiert für neue ITAnwendungen sind die Fraktionsgeschäftsführer?
16. Besteht in den Fraktionsbüros auch die Möglichkeit, dass sich Ratsmitglieder ohne heimischen
PC ihre Informationen abrufen können?
Was die Erhebung der politikrelevanten Fragen betrifft, sollte zuerst (nach einer vorhergehenden generellen Information der Politik) mit den Fraktionsgeschäftsführern gesprochen werden, da dieser – ab
Kommunen bestimmter Größenordnung hauptamtliche – Personenkreis am besten die Ausstattung und
Nutzungsprofile ihrer Fraktion einschätzen können.
Zudem haben die Geschäftsführer in ihren Fraktionen oft die Rolle von Multiplikatoren oder Impulsgebern – gerade bei technisch-organisatorischen Fragen. Schließlich sind sie diejenigen Personen, die sich
in den Rathäusern auch mal überfraktionell über Arbeitsabläufe und Prozessorganisation austauschen.
Erst wenn sich daraufhin kein ausreichend klares
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Bild ergeben sollte, muss ein einfacher Fragebogen
mit dem oben aufgeführten Inhalt entwickelt werden, der mit der nächsten Ratspost verteilt wird.
Wer die Fragen stellt und auswertet und in welcher
Form dies geschieht, ist vor Ort individuell auf Grundlage der bereits vorliegenden Informationen und
auch im Hinblick auf die Bereitschaft der Beteiligten
zum Dialog zu klären. Nach Möglichkeit sollte die Federführung durch die mittlere oder eine höhere Führungsebene sichergestellt sein: Amtsleitung, Fachbereichsleitung, Beigeordnete. Die Konsultation und
Einbeziehung von Experten (EDV-Abteilung, Amt für
Datenverarbeitung/Statistik) ist unerlässlich.
Schritt 4:
Sensibilisieren Sie die Politik/Ihre Kollegen im Rat
und klären Sie Erwartungshaltungen und Ziele.
Steht die Einführung eines RIS auf einer gesicherten
Basis? Wie groß ist das geäußerte Interesse (aber
auch die u.U. geäußerte Skepsis) wirklich? Welche Erwartungen werden von den Fraktionen wie auch von
der Verwaltung an ein zukünftiges RIS gestellt? Diese
Fragen gilt es im Dialog zu klären. Für diesen Austausch eignen sich gesonderte Veranstaltungen, wie
z.B. Klausurtagungen, die sich ausschließlich diesem
Thema widmen,um dessen Wichtigkeit zu betonen.
Auf Basis der in der Bestandsaufnahme gewonnenen Erkenntnisse sollte eine Auftaktveranstaltung
organisiert werden, auf der zunächst die Ergebnisse der Umfrage (aus Schritt 1) vorgestellt werden. Ein wichtiger Zweck hierbei sind nicht nur die
Zielklärung, sondern auch möglichst viele Nutzer
im Rat (aber auch in der Verwaltung) für das Thema
zu gewinnen. Durch die Diskussion der allgemeinen Ziele – idealerweise ergänzt durch die Vorstellung eines positiven Fallbeispiels – soll für nachhaltige Unterstützung geworben werden.
Veranstaltungsart
Für diesen Auftakt sollte man keine gewöhnliche
Ausschuss- oder Ratssitzung nutzen, sondern eher
einen gesonderten Workshop/eine Klausurtagung
vorsehen. Die Veranstaltung sollte
■ von der Verwaltungsleitung ausdrücklich unterstützt werden – im Idealfall nimmt der Bürgermeister, zumindest aber der erste Beigeordnete
selbst teil,
■ parteiübergreifend (d.h. mit Vertretern aus jeder
Fraktion) besetzt sein,
nicht nur mit den Vorständen und den IT-Profis
aus den Fraktionen besetzt sein, sondern auch
mit ›normalen‹ Ratsmitgliedern,
■ mit Hilfe von Moderationstechnik gestaltet werden – optimalerweise durch einen externen Moderator, der sich im Thema auskennt,
■ mit ihren Ergebnissen in einer verbindlichen Vereinbarung dokumentiert werden.
■
Erfahrungsgemäß ist es für die Diskussion sehr hilfreich, zusätzlich einen Fachmann aus einer anderen
Kommune/einem anderen Kontext berichten zu lassen,der über eigene Erfahrungen mit RIS referiert und
für Rückfragen zur Verfügung steht. Natürlich können
Fachmann und Moderator in Personalunion auftreten.
Schritt 5:
Fassen Sie einen Grundsatzbeschluss im Rat. Schließen Sie eine Zielvereinbarung zwischen Rat und
Verwaltungsspitze ab. Vergessen Sie dabei nicht die
ressourcenbezogenen Rahmenbedingungen.
Im Anschluss an die Auftaktveranstaltung sollte mit
Hilfe der protokollierten Rahmenbedingungen, Zielerwartungen und Informationsanforderungen der
Ratsmitglieder ein aus ihrer Sicht ›ideales‹ RIS strukturiert und operationalisiert werden. Die Eckdaten
müssen noch nicht im Detail festgelegt sein, da erst
eine umfangreiche Marktrecherche näheren Aufschluss über Leistungsmöglichkeiten und Kosten
geben wird.
Gleichwohl sollten die Eckdaten die Basis für eine
Vereinbarung liefern, die zwischen Rat und Verwaltung getroffen wird. Sie ist in einen Grundsatzbeschluss im Hauptausschuss (oder im Rat)
einzubetten und sollte folgende Punkte beinhalten:
1. Ein RIS mit bestimmter Leistungsfähigkeit (grobe
Kategorie!) soll implementiert werden.
2. Die Implementation soll bis zu einem festgelegten Termin erfolgen.
3. Die hierfür erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen werden bereitgestellt, und
zwar in einer vereinbarten maximalen Höhe.
4. Die Verwaltung stellt sicher, dass alle erforderlichen Unterlagen – auch solche aus der Vergangenheit – unverzüglich in die im Aufbau befindlichen Datenbanken des zukünftigen RIS eingestellt werden und garantiert, dass für diesen
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erhöhten Einmalaufwand die benötigten Kapazitäten bereitgestellt werden. 34
5. Es wird eine angemessene Frist ab Installation
des Systems vereinbart, bis zu der diese Prozesse
abgeschlossen sein müssen.
6. Ein Verantwortlicher (Beauftragter oder RIS-AG)
beschafft die benötigten Informationen (Anforderungskatalog, Angebotslage im Markt, voraussichtliche Kosten).
7. Neben der operativen Verantwortung der Arbeitsgruppe bzw. des Beauftragten hat ein Mitglied des Gemeindevorstands die Steuerungsverantwortung.
8. Definiert werden abschließend die nächsten
Schritte, die Verantwortlichkeiten für diese und
ihre Terminierung.
Je nach Interessenlage und Zielklarheit unter den
Beteiligten (große oder geringe Offenheit für neue
Medien, eindeutiges Meinungsbild am Ende der
Veranstaltung oder Nachklärungsbedarf) kann die
Zielvereinbarung auch direkt in die Auftaktveranstaltung integriert werden. Hier ist vor Ort eine angemessene Verfahrensweise zu vereinbaren.
Schritt 6
Erstellen Sie ein Pflichtenheft: Welche sind die operationalen Leistungsanforderungen an Ihr zukünftiges RIS?
Nun geht es darum, die erzielten Vereinbarungen in
Kaufkriterien zu überführen und auf der Basis der
Zielvereinbarung eine Liste mit inhaltlichen Minimal- und Maximalanforderungen, Obergrenzen und
den nötigen Konsequenzen, etwa für die Schulung
der Nutzer, die technische Infrastruktur, den Anschaffungspreisen und Folgekosten usw. anzufertigen.
Das Pflichtenheft sollte sich zum einen an den in
formulierten Leistungskategorien orientieren und
zum anderen nach verschiedenen Aspekten gegliedert sein. Zum Beispiel können dies sein:
Welche Inhalte sollten in einem RIS gespeichert,
transportiert und abrufbar gemacht werden?
■ Wie differenziert soll die Kommunikation im RIS
möglich sein?
■ Welche Ausbaufähigkeit sollte es aufweisen?
■
34
Welche Infrastruktur im bestehenden Server/Netzwerk wird benötigt?
■ Welche Kriterien für die Bedienungsqualität sind
festzulegen?
■ Wie groß kann der Schulungsaufwand für das RIS
sein?
■ Welche Kostenkorridore sind realistisch (Anschaffungskosten, laufende Kosten: Pflege, Aktualisierungen und Schulungen)?
■
Wer erstellt das Pflichtenheft und wem wird es vorgelegt?
Dieses Pflichtenheft sollte von der RIS-Arbeitsgruppe erstellt werden. Wird es vom RIS-Beauftragten
alleine verfertigt, sollte dieser sich unbedingt von
den IT-Experten (EDV-Abteilung) und Vertretern
der Fraktionen unterstützen lassen. Allerdings: Je
kleiner die Gruppe, desto arbeitsfähiger ist sie.
Schritt 7
Strukturieren Sie die Angebotsvielfalt durch eine
aktuelle Marktrecherche:
Welche Anbieter sind mit passenden Produkten
auf dem Markt? Worin unterscheiden sie sich?
Anmerkung:
Schritt 6 und Schritt 7 müssen nicht unbedingt aufeinander erfolgen. Es kann durchaus sinnvoll sein,
das Pflichtenheft auf Basis der Angebotsanalyse zu
erstellen. Das heißt, Marktrecherche und Pflichtenheft können auch simultan erstellt werden.Was die
Angebotsanalyse betrifft,sind zwei Schritte zu gehen:
1. Zunächst sollte die RIS-Arbeitsgruppe eine Zusammenstellung von Anbietern und Produkten erstellen, die grundsätzlich für die definierten Anforderungen geeignet sind. Die Leistungsmerkmale
der Anbieter sind den Kosten gegenüber zu stellen.
Nach der Erstellung einer solchen ›Longlist‹ sollten
diejenigen Anbieter eingekreist werden, die gemäß
Produktinformation und anderer Referenzen (Berichte Dritter) in einem günstigen Preis-Leistungsverhältnis stehen. Die offenkundig ungünstigen Anbieter werden von der Liste gestrichen. So haben Sie
sich für eine ›Shortlist‹ von Anbietern entschieden,
die Sie zur Produktpräsentation einladen.
An der mangelhaften (Motivation der Verwaltung zur manchmal aufwändigen, aber einmaligen) Einspeisung vorhandener Unterlagen
scheitern viele bestehende RIS, da die Systeme dann nur eine leere Hülle sind und die Partner in Rat und Verwaltung „die Kurve nicht
mehr kriegen“, die sich immer weiter aufbauende Bugwelle von einzupflegenden Informationen abzuarbeiten.
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2. Verzichten Sie auf keinen Fall darauf, die ShortlistAnbieter persönlich einzuladen, ihre Produkte vor
der Arbeitsgruppe (oder bei Interesse im Rahmen
einer größeren Sitzung) ausführlich vorzustellen.
Dazu sollte man sich Demo-Versionen zeigen lassen. Erst die konkrete Inaugenscheinnahme ermöglicht einen Eindruck von der praktischen Qualität der Produkte. Erst die Präsentation vor Ort unter Einbeziehung der Nutzergruppen vermittelt
Ihnen einen eigenen, subjektiven Eindruck von der
Zweckmäßigkeit Ihres zukünftigen Systems.
Schritt 8:
Klären Sie die Kosten vor der Auftragsvergabe: Wer
trägt die Hauptlast der Kosten? Wer beteiligt sich
an den Kosten? Wem kommen mögliche Einsparungen zu Gute?
Wenn die RIS-Arbeitsgruppe sich auf einen Anbieter oder zumindest auf zwei oder drei Optionen geeinigt hat, sollte man diese Angebote dem Gremium zur Entscheidung vorlegen, das auch den
Grundsatzbeschluss gefasst hat. Eine wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz ist in diesem Zusammenhang, Optionen der Kostenträgerschaft
anzubieten bzw. diese gemeinsam mit den Nutzern
(interfraktionelle AG oder Teilnehmerkreis aus der
Auftaktveranstaltung) zu entwerfen.
Bei der Ausstattung der Ratsmitglieder mit der notwendigen Infrastruktur taucht sofort die Frage auf,
ob die Hardware und Software privat bezahlt werden muss, ob eine Infrastruktur bereits besteht
(etwa bei Selbständigen oder Lehrern), ob private
Investitionsbereitschaft zu erwarten ist und inwiefern die Stadt die Ausstattung komplett oder anteilig bezuschussen will. Weiterhin ist zu klären, inwieweit Ratsmitglieder ihre u. U. von der Stadt bezuschusste Ausstattung auch privat nutzen dürfen.
Viele Kommunen, die RIS verwenden, sind bereits
dazu übergegangen, im Regelfall ihren Mandatsträgern pauschale Zuweisungen zu geben und die
Anschaffung bzw. Erneuerung der Geräte den Ratsmitgliedern zu überlassen, da ohnehin ein beträchtlicher Teil der Mandatsträger über EDV und
Internetanschluss verfügt.
Weiterhin sollte geklärt werden, ob Ratsmitglieder,
die durch das RIS – sofern dies nach der jeweiligen
Lage zulässig ist – komplett auf Post und Papier
verzichten wollen, die eingesparten Kosten angerechnet bekommen.
Schritt 9:
Planen Sie die nötigen Schulungsmaßnahmen ein:
Wer führt die Schulungen durch? Für wen? Wie lange/
wie aufwändig müssen die Schulungen sein?
Achten Sie darauf, dass der IT-Anbieter, für den Sie
sich entschieden haben, die nötigen Schulungen in
das Angebot integriert. Stellen Sie sicher, dass eine
laufende qualifikatorische Betreuung gegeben ist.
Diese kann durch den Anbieter erfolgen oder durch
entsprechend ausgebildetes eigenes Personal der
Verwaltung. In der Regel sind die Anwendungen
der RIS einfach zu erlernen und benötigen kein umfangreiches IT-Vorwissen mehr. Oft sind es bei bisherigen Nicht-Nutzern vielmehr die inneren Hemmschwellen, die zu überwinden sind und – wohlwollende aber nachdrückliche – Unterstützung von
außen benötigen. Wer die üblichen MS-Office-Produkte oder andere Anwenderprogramme im Bereich Textverarbeitung, Internet und E-Mail leidlich
kennt, hat auch mit einem RIS keine Probleme. Nur
die Spezifika des betreffenden Programms müssen
dann noch erlernt und eingeübt werden.
Hierfür sollten ausführliche Schulungsveranstaltungen angesetzt werden, die mit Hilfe des Anbieters durchgeführt werden. Es muss weiterhin gesichert sein, dass Nachrücker im Rat oder neue Ratsmitglieder nach einer Kommunalwahl die Chance
haben, sich ebenso fundiert mit dem RIS vertraut
zu machen wie die Mandatsträger der ersten Stunde. Hierfür müssen verwaltungsseitig Personalkapazitäten bereitgestellt werden. Ein anderer Weg
ist, dass die Fraktionen intern ein RIS-Mentorensystem aufbauen oder einen ›Beauftragten‹ bestimmen, der für die Einführung von neuen Mitgliedern, möglicherweise aber auch für den Ausbau
des RIS durch weitere Module zuständig ist.
Auch die Ausgaben für diese Maßnahmen sind in
die Folgekostenberechnung des Investitionsprogramms einzubeziehen.
Schritt 10
Evaluieren Sie den Erfolg: Wird das RIS intensiv genutzt? Wie ist die Zufriedenheit? Gibt es Ausbauoder Änderungsbedarf?
In regelmäßigen Abständen, zumindest aber ein
halbes bis ein Jahr nach der Implementierung Ihres
RIS, sollten Sie eine Evaluation durchführen. Diese
legt die technische Leistungsfähigkeit im Echtbetrieb, die Akzeptanz des RIS unter den Räten, mögli165
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che Fehler und Verbesserungspotenziale, Ausbaubedarfe und letztendlich die Zufriedenheit mit
dem angeschafften System offen. Die Fragen sollten dabei nicht nur den Nutzern im Rat gestellt
werden, sondern auch dem Ratsservice und den für
die technische Pflege zuständigen Personen in der
Verwaltung. Prüfen Sie auch, ob und inwieweit Sie
mit dem bestehenden RIS ein Bürgerinformationssystem aufsetzen wollen.
Die Evaluation sollte unter anderem diese Fragen
beantworten:
1. Sind die Nutzer allgemein zufrieden mit dem RIS?
2. Findet das System ausreichende Akzeptanz im Rat?
3. Wird das RIS auch in der Verwaltung unterstützt?
4. Hat die Anwendung des RIS zur Erreichung der
schon obengenannten Ziele erfüllt:
■ Zeitersparnis und Entlastung der Ratsmitglieder von Zeitfressertätigkeiten
■ verbesserte Informationsbasis und dadurch
höheres Niveau der politischen Beratungen
■ interessantere, weniger abschreckende Ratsarbeit
■ Informationstransparenz innerhalb der Fraktionen
■ gesteigertes Bewusstsein für e-Government
■ höhere Verwaltungseffizienz durch weniger
Anfragen und Störungen
■ mehr Bürgernähe
5. Hat es die in ihrer Auftaktveranstaltung formulierten spezifischen Ziele erfüllt? (Aspekte, die Sie
gesondert mit Ihren Partnern vereinbart haben)
6. Wenn nein, warum sind die betreffenden Ziele
nicht erfüllt worden?
7. Wie ist die allgemeine Nutzungsintensität des
RIS (zeitliche und inhaltliche Kriterien)?
8. ›Digital divide‹ im Rat: Wird das RIS in den einzelnen Fraktionen und ggf. auch innerhalb der
Fraktionen unterschiedlich stark genutzt? Könnte dies langfristig zu Spannungen führen? Welche Vorschläge werden gemacht?
9. Bei Unzufriedenheit mit einzelnen Elementen
des Systems: Welche konkreten Verbesserungen
schlagen die Nutzer des RIS vor?
10. Bei Nichtnutzung: Aus welchen Gründen verzichten Ratsmitglieder auf das RIS? Kann man
diese Gründe ausräumen? Wenn ja, wie?
11. Besteht weiterer Schulungsbedarf?
12. Muss das System aktualisiert oder ausgebaut
166
werden, insbesondere mit Blick auf ein umfassendes e-Government?
13. Wie gut ist die Zusammenarbeit mit bzw. die Betreuung durch den IT-Anbieter?
14. Hat das RIS zu Kosteneinsparungen geführt, wo
sind weitere Einsparpotenziale?
15. Welche Kosten verursachte das RIS im Vergleich
zur ursprünglichen Prognose?
16. Wie aktuell ist das RIS? In welchen Intervallen
werden die Daten gepflegt?
5. Fallbeispiel Emsdetten:
Wie sich die Ratsarbeit durch das
Ratsinformationssystem
verändert hat
Andreas Hoge, 1. Beigeordneter der Stadt Emsdetten
und Geschäftsführer der KAAW (Kommunale ADVAnwendergemeinschaft-West)
Die Globalisierung von Informationen, Wissen, Produkten und Dienstleistungen hat nicht nur für die
Wirtschaft und für den Einzelnen, sondern auch für
die Kommunen unmittelbare Auswirkungen. Zur
Sicherung ihrer Zukunftsfähigkeit müssen die
Kommunen die neuen Medien für sich nutzbar machen. Die Frage ist bereits heute nicht mehr ob,
sondern wie sich eine Verwaltung im Internet präsentiert. Denn am Netz als der Kommunikationsplattform der Zukunft kommt keiner mehr vorbei.
Dienstleistungs- und Kundenorientierung sind zu
Leitbildern in der Verwaltung geworden. Die konsequente Verzahnung interner und externer Arbeitsvorgänge durch die Internettechnologie kann
diese Neuausrichtung der Verwaltung unterstützen. Sinnvoll eingesetzt vervielfacht die Einbindung der neuen Technologien die bisherigen Effekte der Neuen Steuerungsmodelle und unterstützt
so den Schritt zur nächsten Stufe: der Bürgerkommune. In diesem Sinne hat die Stadt Emsdetten es
sich zum Ziel gesetzt, dem Bürger durch das kommunale Internetangebot zeit- und ortsunabhängig
Dienstleistungen anzubieten und ihm zugleich
neue Beteiligungs- und Gestaltungsmöglichkeiten
anzubieten. Mit der Einführung des Rats- und Bürgerinformationssystem geht die Stadt Emsdetten
ein weiteren Schritt auf dem auf dem Weg zu einem ganzheitlichen ›e-Government‹.
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5.1 Die Vorgeschichte
Der Kommunale Sitzungsdienst bei der Stadt Emsdetten wurde bis 1990 ohne EDV-Unterstützung
durchgeführt. Durch die fortschreitende Vernetzung mit Terminals des damals vorhandenen BullZentralrechner wurde bereits Anfang 1989 die
Forderung nach einer automatisierten Sitzungsbearbeitung laut. Ziel war es, die Rats- und Ausschussvorlagen im Erscheinungsbild zu vereinheitlichen und die Arbeit des Sitzungsdienstes zu optimieren und zu vereinfachen. Auf Initiative einiger
größerer Gemeinden trat daraufhin im Juni 1989 ein
Arbeitskreis ›Kommunaler Sitzungsdienst‹ auf
Kreisebene zusammen. Dieser Arbeitskreis mit Vertretern aus sieben Kommunen entwickelte in Zusammenarbeit mit Computerspezialisten einen Anforderungskatalog für ein Sitzungsdienstprogramm
und begleitete die weitere Entwicklung. Das Programm einschließlich des Moduls Sitzungsgeldabrechnung kam schließlich ab 1991 bei der Stadt
Emsdetten zur Anwendung. Ab Januar 1996 wurde
das Programm auf eine Windows-Version umgestellt. Nach zahlreichen Verbesserungen bzw. Programmänderungen wurde im November 2001 ein
Ratsinformationssystem im Intranet/Internet für
Bürger, Politik und Verwaltung hinzugenommen.
5.2 Rats-/Bürgerinformationssystem
Informationen über die Arbeit der Gemeinde- und
Stadträte finden sich auf den Internetseiten der
Kommunen eher selten und wenn, dann sind sie
nicht sehr ausführlich. Es reicht beileibe nicht aus,
die Namen der gewählten Vertreter, ihre Parteizugehörigkeit und die Zusammensetzung der Gremien zu nennen. Alle Termine, der Stand der Beratungen, Beschlüsse und die Niederschriften von
Sitzungen sollten zum Pflichtteil der Onlineveröffentlichung gehören. Daher war mit der Einführung eines Bürger-/Ratsinformationssystems
beabsichtigt,
die Kommunikationsbarrieren zwischen der Verwaltung, dem Rat und den Bürgern abzubauen,
■ mehr Transparenz zu schaffen und die Informationszugänge zu verbessern,
■ die Beteiligung der Bürger/innen zu erleichtern,
■ flexiblere Arbeitszeiten der ehrenamtlich tätigen
■
Ratsmitglieder und sachkundigen Bürger/innen
zu ermöglichen.
Die gehegten Erwartungen hinsichtlich des Informationssystems haben sich erfüllt. Seit dem 01.
November 2001 können sich Internet-Nutzer über
die Internetseiten der Stadt Emsdetten nicht nur
die Ergebnisse der politischen Beratungen im Rat
sowie in den Ausschüssen online auf den Bildschirm holen, mit Suchbegriffen recherchieren und
Angaben zu Ratsmitgliedern erfahren, sondern
auch schon vorab die öffentlichen Beschlussvorlagen einsehen. Durch die Erweiterung des vorhandenen Sitzungsdienstprogramms um ein Internetmodul war dies für die Stadt Emsdetten ein relativ
einfacher Schritt. Neben dem freien Zugriff auf ein
Bürgerinformationssystem mit den öffentlichen
Dokumenten im Internet konnte parallel ein Ratsinformationssystem mit einem gesicherten Zugriff
für Ratsmitglieder auf alle öffentlichen und nichtöffentlichen Dokumente im Internet aufgebaut werden. Ausgangspunkt für diese Neuerung im Rathaus Emsdetten war, die politischen Beratungen in
den Ratsgremien möglichst weiten Bevölkerungskreisen zugänglich zu machen. Die Ratssitzungen
sind öffentlich, auch die meisten Ausschussberatungen finden nicht hinter verschlossenen Türen
statt. Warum kann die Öffentlichkeit sich nur in,
aber nicht über die Sitzung informieren?
Das Ziel lautete daher: Zu jeder Zeit und von jedem
Ort sollte der Zugriff auf Beschlussvorlagen und
Beratungsergebnisse möglich sein. Mit dem Internet besteht ein Medium, das diese Vorgaben exzellent umsetzen kann. Das Ergebnis ist ein Rats- und
Bürgerinformationssystem, das ohne zusätzlichen
Aufwand aktuelle Informationen zu Sitzungsterminen, Rats- und Ausschussmitgliedern, Vorlagen,
Beratungsergebnissen und Protokollen enthält. Bereits in der täglichen Arbeit kennzeichnen die Sitzungsdienstmitarbeiter alle erzeugten bzw. geänderten öffentlichen und nichtöffentlichen Dokumente mit einem Freigabe-/Archivstatus für den
späteren Export. Je nach Bedarf werden die Daten
in das RIS exportiert. Zusätzlichen Komfort bietet
die integrierte Volltextrecherche. Sie ermöglicht
die Suche nach Worten bzw. Wortfragmenten. Das
Auffinden der Suchbegriffe wird in den Dokumenten durch farbige Markierungen unterstützt. Ebenfalls vorhanden ist eine Darstellung der Sitzungs167
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
termine des laufenden Jahres. Das eingerichtete
Programm garantiert eine einfache Aktualisierung
der Informationen. Damit wird die Internetpräsenz
der Stadt Emsdetten nicht zu einer weiteren, zeitund kostenintensiven Aufgabe. Vielmehr stellt sie
ein Nebenprodukt der eigentlichen Arbeit der Verwaltung dar. Das Bürgerinformationssystem ist
eingebunden in das Internetangebot der Stadt
Emsdetten unter www.emsdetten.de (Schaltfläche: Rathaus, Rat und Ausschüsse, Bürgerinformationssystem).
5.3 Infosystem für die Mandatsträger
(Ratsinformationssystem)
Ergänzend zu den frei zugänglichen Informationen
im Bürgerinformationssystem erhalten Rats- bzw.
Ausschussmitglieder in diesem Teil je nach Mandatsfunktion und Berechtigung Zugang auch zu allen nichtöffentlichen Daten des Sitzungsdienstes.
Voraussetzung ist jeweils die vorherige Freigabe
der öffentlichen bzw. nichtöffentlichen Dokumente
durch die Sitzungsdienstmitarbeiter. Das Ratsinformationssystem verfügt zusätzlich über ein persönliches Menü.
Darüber hinaus kann sich jeder Mandatsträger über
seine persönlichen Termine und Dokumente informieren. Das persönliche Profil erlaubt es, interaktiv
weitere Informationen wie den beruflichen Werdegang und Stellungnahmen zu aktuellen politischen
Themen oder Privates zu hinterlegen.
168
Auch Mitteilungen können von einer Person zu einer anderen oder einer Personengruppe (z.B. an alle
Ausschussmitglieder) versandt werden.
Der Nutzen des Ratsinformationssystems liegt primär in der schnelleren Verfügbarkeit und dem einfacheren Zugriff auf Informationen und führt damit (nach einer gewissen Anlaufzeit) zu einer Entlastung des Rats wie auch der Verwaltung (viele
Rechercheaufträge fallen weg). Die Konsequenz ist,
dass der Rat auf besserer Informationsgrundlage
Anträge stellt und Beschlüsse fasst. Wesentliche
Voraussetzung hierfür ist die rechtzeitige und vollständige Vorhaltung aller Unterlagen sowie die flexible und benutzerfreundliche Aufbereitung der
Daten. Damit es nicht erforderlich ist, sich täglich in
das System einzuloggen, um nach neu eingestellten Vorlagen oder Niederschriften zu suchen, wäre
es wünschenswert, wenn das einzelne Ratsmitglied per E-Mail über neu eingestellte Unterlagen
im Ratsinformationssystem informiert wird. An der
Weiterentwicklung des Ratsinformationssystem in
Richtung solcher Verbesserungen wird ständig gearbeitet.
Für Ratsmitglieder und sachkundige Bürger wurden bislang 26 Zugänge beantragt und eingerichtet. Zur Zeit besteht der Rat einschließlich Bürgermeister aus 45 Mitgliedern. 56 Sachkundige Bürger
und sachkundige Einwohner sind zusätzlich in den
Ausschüssen vertreten. Die Nutzer des Ratsinformationssystems befinden insbesondere die Bereiche Terminliste, Vorlagen und Recherche für gelun-
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gen. Insbesondere der letzte Bereich erspart den
Ratsmitgliedern viel Zeit und macht die umfangreiche Archivierung von Vorlagen und Niederschriften
in Papierform überflüssig. Der jederzeitig mögliche
Zugriff auf die Archiv- und Datenbankfunktionen,
die schnelle Einsicht in ständig aktualisierte Datenbestände, macht das System so zu einem sehr sinnvollen Arbeitsinstrument.
5.4 Das Ratsinformationssystem im Detail
Mit dem Ratsinformationssystem kann der Sitzungsdienst mit den bisherigen Vorlagen und Formularen termingerecht durchgeführt werden. In
gewohnter Windows-Umgebung wird weiterhin
die volle Funktionalität von Microsoft Word genutzt. Die Sitzungsdienstarbeit wird durch aktuelle
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Hinweise zu Terminen und Wiedervorlagen unterstützt. Jederzeit kann der aktuellen Status der Sitzungen erkannt werden,und es ist ein Überblick über
den Stand der Vorlagen möglich. Die Vor- und Nachbearbeitung der Sitzungen kann komfortabel und effizient erledigt werden. Recherchen sind mit umfangreichen Suchfunktionen einfach zu erledigen.
Die Erstellung von:
• Serienbriefdaten mit vielen Selektionsmöglichkeiten,
• Vorlagen, Anträgen, Anfragen, Mitteilungen,
• Tagesordnungen/Einladungen/Bekanntmachungen,
• Beschlussempfehlungslisten, Niederschriften/Anwesenheitslisten/Auszüge aus den Niederschriften/Beschlussblättern
erfolgt komfortabel und automatisiert. Alle benötigten Daten werden nur einmal erfasst.
Für den Beschlussvorschlag, die Sachdarstellung, abweichende Beschlüsse und Wortmeldungen werden
eigene Textbausteine angelegt. Diese Textbausteine
lassen sich in nachgelagerten Funktionen wieder verwenden. Das Programm terminiert die Beratungsfolge und überträgt sie in die Sitzungsvorlage und stellt
alle Sitzungsvorlagen eines Termins nach vorgegebenen Ordnungskriterien zu einer druckreifen Tagesordnung zusammen.Ein Beschlussprotokoll wird vollautomatisch zur Verfügung gestellt und korrespondiert mit einer Beschlussempfehlungsliste, die vor
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der Sitzung vorliegt ist. Die Daten der Anwesenheitsliste werden an das integrierte Modul Sitzungsgeldabrechnung übergeben. Der Sitzungsdienst kann frei
ausgestaltet werden und bietet die Möglichkeit, jederzeit in den Bearbeitungsablauf einzugreifen. Es
verfügt über einen umfangreichen Zugriffsmechanismus (lesen/schreiben, Ämter/Fachbereiche, öffentlich/nichtöffentlich und einzelne Funktionen).
Das Sitzungsdienstprogramm stellt sich vollkommen
auf die vorhandenen Formulare ein. Neben den Standardformularen lassen sich weitere Vordrucke mit beliebigem Inhalt generieren. Vielfältige Einstellmöglichkeiten gestatten einen individuellen Zuschnitt der
Sitzungsdienstarbeit. Frei kann entschieden werden,
mit welchen Ablauf-, Freigabe- und Kontrollfunktionen gearbeitet werden soll.
5.5 Das Internetmodul im Detail
Das Ratsinformationssystem beinhaltet auch ein
Internetmodul. Dadurch können vollautomatisch
ausgewählte Sitzungsdienstdaten im Internet/
Intranet veröffentlicht werden. Das Internetmodul
enthält einen eigenständigen Datenbestand, der im
Internet oder Intranet veröffentlicht wird. Je nach
Bedarf werden die im Sitzungsdienstprogramm verwalteten Daten exportiert. Die Grundeinstellungen
des Moduls bestimmen hierbei den Umfang und die
Zeitspanne der betreffenden Daten. Zudem kann
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das Internetmodul leicht und ohne großen Aufwand an das anwenderspezifische Design der kommunalen Internetseiten angepasst werden.
Neben dem öffentlichen Zugang als Bürgerinformationsportal im Internet können parallel öffentliche und nichtöffentliche Dokumente als Ratsinformation in einem hausinternen Intranet oder einem
gesicherten Internetbereich abgelegt werden. Zu
den Informationen, die im Internet/Intranet veröffentlicht werden können, gehört der Aufbau der Verwaltungsstruktur sowie Informationen zu Fachdiensten, Gremien, Fraktionen, Mandatsträgern,
Sitzungsterminen, Bekanntmachungen, Einladungen, Niederschriften, Beschlüssen und archivierten
Dokumenten.Während der täglichen Arbeit können
die Dokumente durch eine explizite Freigabe für
den nächsten Exportlauf vorbereitet werden. Die
zu veröffentlichenden Daten für das Internetmodul
werden mit einem zeitgesteuerten Funktionsaufruf bereitgestellt, so dass keinerlei weiteren zusätzlichen Transfer-, Kopier- oder Exportfunktionen gestartet werden müssen. Eine Protokollfunktion verzeichnet detailliert jedes exportierte Dokument.
Alle abgerufenen Daten präsentieren sich in übersichtlichen Tabellen. Über markierte Links kann in
weitere Detailanzeigen verzweigt werden. Auf separate Anlagen zu Dokumenten wird in Form eines
eigenen Links mit Tipptext zum Inhalt und einer
Größenangabe hingewiesen.
5.6 Ausblick
Die Einführung des Bürger- und Ratsinformationssystems steht am Anfang weiterer Entwicklungen,
bei denen Informationen aus der Verwaltung und
der Ratsarbeit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Ist der Zugang für alle
Ratsmitglieder gewährleistet und würden alle Ratsmitglieder auf Papiervorlagen verzichten, könnte
die vollkommen papierlose Arbeit zwischen Rat
und Verwaltung Realität werden. In einem ersten
Schritt könnten die Ratsmitglieder, die das Ratsinformationssystem benutzen, auf die Zusendung
der Unterlagen in Papierform verzichten. Im Jahr
2001 wurden ca. 270.000 Blatt Papier an Einladungen, Vorlagen und Niederschriften verteilt. Allein
dadurch entstanden der Stadt Kosten in Höhe von
ca. 13.200 2. In diesem Betrag sind die Zustellkosten noch nicht enthalten. Bei Verzicht auf Unterlagen in Papierform ist es sicherlich sinnvoll und notwendig, einen Zuschuss für Ausdruckkosten an die
Ratsmitglieder zu zahlen. Finanzielle Einsparungen
werden durch die Einführung des Ratsinformationssystems nicht unmittelbar entstehen, aber
auch die anderen Vorteile rechtfertigen die Umstellung.
Der ehrenamtliche Rat besteht natürlich nicht nur
aus Computerbegeisterten, d.h. alle Ratsmitglieder
und Fraktionen müssen sich erst an das neue Sys171
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tem gewöhnen und die Vorteile für die tägliche
Ratsarbeit erkennen. Da das Programm logisch und
einfach aufgebaut ist, ist der Schulungsaufwand
minimal. Bisherige Internetnutzer unter den Ratsmitgliedern kommen auch ohne Schulung mit dem
Programm zurecht. Auch wenn die Stadt zur Zeit
nicht beabsichtigt, Computer für die Ratsmitglieder anzuschaffen, nimmt die Akzeptanz und Benutzung des Ratsinformationssystems ständig zu.
6. ANHANG
6.1 Musterformulare
Hans Venjakob, Stadt Rietberg
In der Stadt Rietberg wird seit 1999 der gesamte
Sitzungsdienst mit dem Computerprogramm SD
Office (Firma Sternberg, Bielefeld) abgewickelt. Das
Programm erfüllt alle wesentlichen e-GovernmentVoraussetzungen: Terminplanung, Einladungen, Tagesordnung, Beschlussvorlagen, Niederschriften,
Recherche und Archivierung.
Innerhalb der Verwaltung steht dieses Programm
allen Fachbereichen und Abteilungen zur Verfügung. Der Informationsaustausch erfolgt hier seit
der Einführung nahezu papierlos. Das Programm
beinhaltet auch eine Internetschnittstelle.
Alle öffentlichen Teile des Sitzungsdienstes werden
nach Freigabe automatisiert im Internet zur Verfügung gestellt. Damit steht allen Interessierten über
die Homepage der Stadt Rietberg www.rietberg.de
seit Mitte 2000 ein umfangreiches Bürger- und
Ratsinformationssystem zur Verfügung. Durch einfachen Mausklick erhält man schnell einen Überblick über die verschiedenen Ämter und Gremien
mit den dazugehörigen Ansprechpartnern bzw.
Mitgliedern und deren Funktionen. Der Terminkalender informiert über alle Rats-, Ausschuss- und
Fraktionssitzungen. Über eine weitere Schaltfläche
wird die Tagesordnung der Sitzungen angezeigt.
Außerdem gelangt man hierüber auch zu den Beschlussvorlagen und den Beschlüssen. Mittels umfassender Recherchemöglichkeit kann nach beliebigen Begriffen und Thematiken gesucht und Einblick in die entsprechenden öffentlichen Dokumente
genommen werden.
172
Für die Bürger wird damit die Politik greifbarer und
transparenter. Für Rat und Verwaltung fließen die
Informationen schneller und kostengünstiger und
sind gezielter nutzbar – zwei Argumente, welche die
gute Resonanz auf das Online-Angebot erklären.
Das Programm bietet auch die Möglichkeit, berechtigten Personen (also vor allem Rats- und Ausschussmitgliedern) über ein geschütztes Kennwort
Zugang zu den nichtöffentlichen Informationen zu
verschaffen. Als Voraussetzung müssen die berechtigten einen eigenen PC, möglichst einen ISDN-Anschluss, mindestens aber einen analogen Internetanschluss mitbringen. Inzwischen haben mehr als
die Hälfte aller Ratsmitglieder ihr Interesse an dem
(zumindest teilweise) papierlosen Informationsaustausch schriftlich erklärt. Mit den interessierten
Rats- und Ausschussmitgliedern wird aus rechtlichen Gründen eine entsprechende Vereinbarung
(siehe die nachfolgende Dokumentation) abgeschlossen, in der diese auf die postalische Zusendung der Unterlagen verzichten.
Diese Vereinbarung trägt den bisher nicht geänderten Regelungen der Geschäftsordnung für den
Rat und die Ausschüsse der Stadt Rietberg Rechnung, die nach wie vor eine Zustellung von gedruckten Dokumenten vorsehen.
Rats- und Ausschussmitglieder, die nicht an dem
teilweise papierlosen Informationsaustausch teilnehmen, erhalten – wie bisher auch – postalisch
oder durch Zustellung ihre Vorlagen.
Bei den am teilweise papierlosen Informationsaustausch teilnehmenden Rats- und Ausschussmitgliedern wird auf das Versenden der Vorlagen verzichtet. Ihnen stehen die Unterlagen im Internet
zur Verfügung.
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6.1.1 Rechtsvorschriften, die dem Beispiel in Rietberg
zugrunde liegen (Auszüge)
Gemeindeordnung für das Land NordrheinWestfalen (GO)
§ 47 (2) Die Ladungsfrist, die Form der Einberufung
und die Geschäftsführung des Rates sind durch die
Geschäftsordnung zu regeln, soweit hierüber nicht
in diesem Gesetz Vorschriften getroffen sind…
§ 52 (1) Über die im Rat gefassten Beschlüsse ist
eine Niederschrift aufzunehmen…
d) die behandelten Beratungsgegenstände,
e) die gestellten Anträge; Sachbeiträge einzelner
Ratsmitglieder sind auf deren ausdrücklichen
Wunsch zu protokollieren,
f) die gefassten Beschlüssen und die Ergebnisse
von Wahlen,
g) die Namen der Ratsmitglieder, die gem. § 31 GO
an der Beratung und Entscheidung nicht mitgewirkt haben.
6.1.2 Dienstanweisung für den Sitzungsdienst bei
der Stadt Rietberg
a) Allgemeines
§ 58 (2) Auf…das Verfahren in den Ausschüssen finden die für den Rat geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung…
Hauptsatzung der Stadt Rietberg
§ 15 Das Verfahren des Rates und seiner Ausschüsse
ist in einer Geschäftsordnung zu regeln, die vom
Rat zu beschließen ist.
Geschäftsordnung für den Rat und die Ausschüsse
der Stadt Rietberg
§ 1 (2) Die Einberufung erfolgt durch Übersendung
einer schriftlichen Einladung an alle Ratsmitglieder
sowie an den Beigeordneten und die Amtsleiter.
§ 1 (3) In der Einladung sind Zeit, Ort und Tagesordnung anzugeben. Ihr können schriftliche Erläuterungen zu den einzelnen Tagesordnungspunkten
(Vorlagen) beigegeben werden.
§ 1 (4) Die örtlichen Medien sind über die öffentlichen Sitzungen des Rates regelmäßig vorher in
geeigneter Weise zu unterrichten.
§ 24 (1) Über die im Rat gefassten Beschlüsse ist
durch den Schriftführer eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift muss enthalten:
a) die Namen der anwesenden und der fehlenden
Ratsmitglieder,
b) die Namen der sonstigen an den Beratungen
teilnehmenden Personen,
c) Ort,Tag sowie Zeitpunkt des Beginns einer etwaigen
Unterbrechung und der Beendigung der Sitzung,
Diese Dienstanweisung gilt für die Vorbereitung
und Durchführung von Sitzungen des Rates und
der Ausschüsse der Stadt Rietberg. Für Beiräte, Arbeitskreise o.ä. ist sie sinngemäß anzuwenden, soweit ihr andere Vorschriften nicht entgegenstehen.
Die Vorschriften der Gemeindeordnung NW und
der Geschäftsordnung des Rates der Stadt Rietberg
in der jeweils geltenden Fassung gehen dieser
Dienstanweisung vor.
Für die Wahrnehmung der Aufgaben des Sitzungsdienstes bei der Stadt Rietberg steht das EDV-Programm SD Office zur Verfügung.
Terminplanung – Sitzungsvorlagen – Einladung –
Tagesordnung – und Niederschriften sind ausschließlich über dieses Programm abzuwickeln.
b) Zuständigkeiten
Der Sitzungsdienst wird zentral wahrgenommen
vom Ratsbüro für den
• Rat
• Haupt- und Finanzausschuss
• Wahlausschuss
• Wahlprüfungsausschuss
Im übrigen gilt nachstehende Zuständigkeitsregelung:
• Bau-, Planungs- u. Verkehrsausschuss
• FB V Bauen, Abt. 60
• Grundstücksausschuss
• FB V Bauen, Abt. 23
• Kuratorium der Jugendfreizeitstätte ›Südtorschule‹
– FB III Schule & Soziales, Abt. 50
• Lenkungsgruppe – Stadtmarketing
• FB I Innere Verwaltung, Abt. 04
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• Schul-, Kultur- u. Sportausschuss
• FB III Schule & Soziales, Abt. 40
• Sozial-, Ausländer- u. Kindergartenausschuss
• FB III Schule & Soziales, Abt. 50
• Umweltausschuss
• FB IV Bürgerdienste, Abt. 36
• Werksausschuss
• FB IV Bürgerdienste, Abt. 66
c) Terminplanung
Die Sitzungstermine für den Rat und die Ausschüsse werden jeweils für 1 Jahr im Voraus festgelegt.
Der Sitzungskalender wird zentral im Ratsbüro aufgestellt und mittels der o.a. Software in Abstimmung mit dem Bürgermeister, den Ausschussvorsitzenden und dem Beigeordneten geführt. Den
Sitzungskalender erhalten alle Rats- und Ausschussmitglieder. Die Dienststellen der Verwaltung
informieren sich über das Programm SD Office.
d) Sitzungsvorlagen
Nachtrags- oder Folgevorlagen erhalten die Drucksachennummer der ersten Vorlage und einen Zusatz.
Beispiel: 1/2002 1. Ergänzung
Beschlussvorlage
Ist eine Vorlage in mehreren Gremien zu beraten,
z.B. in mehreren Ausschüssen und abschließend im
Rat, so ist für alle Gremien eine einheitliche Vorlage
zu fertigen. Diese Vorlage dient als Beratungsgrundlage in allen zu beteiligenden Gremien. Als
Beschlussvorschlag ist die Entscheidung so zu formulieren, wie sie das entscheidungsberechtigte
Gremium zu treffen hat.
Diese Beschlussvorlage enthält Angaben über die
Beratungsfolge und die Sitzungstermine.
Im ›Betreff‹ ist der Inhalt der Vorlage knapp, aber
eindeutig anzugeben. Er dient auch als Bezeichnung des Tagesordnungspunktes.
Vorlagen unterzeichnet grundsätzlich der fachlich
zuständige Dezernent/Fachbereichsleiter. Nach der
Unterzeichnung werden die Vorlagen im Programm SD Office freigegeben.
Grundsatz, Arten und Vordrucke
Vorlagen sind so rechtzeitig zu erstellen, dass sie
zum Zeitpunkt der Einladung des 1. Beratungsgremiums zur Verfügung stehen.
Es werden folgende Vorlagearten unterschieden:
• Beschlussvorlage (Muster Anlage 1)
• Mitteilungsvorlage (Muster Anlage 2)
• Antrag/Anfrage (Muster Anlage 3)
Drucksachennummer
Alle Vorlagen erhalten durch das Programm SD Office eine Drucksachennummer. Die Drucksachennummer setzt sich aus der Jahreszahl und der fortlaufenden Nummer zusammen.
Beispiel: 1/2002
Die Drucksachennummer hat eine Ordnungsfunktion. Sie
• erleichtert die Recherche,
• schafft die Verbindung zwischen der Tagesordnung und der Vorlage sowie zu anderen Vorlagen
und Anlagen,
• vereinfacht das Verfahren bei der Beratung und
Beschlussfassung und
• ist Grundlage für die Dokumentation.
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Mitteilungsvorlage
Durch eine Mitteilungsvorlage informiert die Verwaltung die politischen Gremien aus ihrer fachlichen Sicht z.B. über
• noch nicht beschlussreife Angelegenheiten,
• von der Verwaltung in eigener Zuständigkeit getroffene Entscheidungen, die den Rat oder die
Ausschüsse interessieren könnten,
• sonstige wichtige Angelegenheiten, z.B. über die
bei der Ausführung eines Beschlusses auf getretenen Probleme.
Für die Mitteilungsvorlage ist der Vordruck lt. Anlage 2 zu verwenden. Er wird auch verwendet für die
Beantwortung von Anträgen und Anfragen der
Fraktionen.
Mitteilungsvorlagen unterzeichnet grundsätzlich
der fachlich zuständige Dezenent/Fachbereichsleiter. Nach der Unterzeichnung werden die Mitteilungsvorlagen im Programm SD Office freigegeben.
Anträge/Anfragen
Anträge und Anfragen werden von den Fraktionen
mit Hilfe des einheitlichen Vordruckes (Anlage 3)
gestellt.
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e) Einladung und Tagesordnung
Anhand der Anmeldungen zur Tagesordnung, der
im Programm SD Office erstellten Vorlagen und der
eingegangenen Anträge erstellt die für den Sitzungsdienst zuständige Dienststelle mittels SD Office die Tagesordnung und die Sitzungseinladung.
Sind alle Sitzungsvorlagen rechtzeitig erstellt, geschieht dies automatisiert. Nach Unterzeichnung
der Einladung ist diese im Programm SD Office freizugeben. Damit steht sie, soweit öffentlich, im
Internet zur Verfügung, für berechtigte Rats- und
Ausschussmitglieder auch der nichtöffentliche Teil.
Die Fachabteilungen sind für die rechtzeitige Versendung der Einladung verantwortlich. Die Unterlagen sind spätestens einen Tag vor dem Absendetag zur Hausdruckerei zu geben.
Rats- u. Ausschussmitglieder, die keine Vereinbarung über den teilweise papierlosen Informationsaustausch geschlossen haben, erhalten zusätzlich
die im Programm SD Office erstellten Vorlagen. Die
übrigen Rats- und Ausschussmitglieder informieren sich im Internet.
f) Sitzungsprotokoll
Das Ergebnis der Beratungen in den politischen
Gremien ist in einem Protokoll in der Gegenwartsform festzuhalten. Zum Inhalt des Protokolls wird
auf § 25 der Geschäftsordnung für den Rat und die
Ausschüsse der Stadt Rietberg verwiesen.
Der Entwurf des Protokolls wird durch das Programm SD Office automatisiert mit den Beschlussvorschlägen der Vorlage erstellt. Wird bei der Beschlussfassung von der Vorlage abgewichen, ist die
Beschlussdatei für die jeweilige Sitzung entsprechend zu ändern. Außerdem ist das Abstimmungsergebnis nachzutragen. Der wesentliche Beratungsverlauf ist unter der Schaltfläche ›Wortmeldungen‹ zu erfassen.
Die Protokolle sind unverzüglich nach der Sitzung
fertigzustellen und zur Unterschrift vorzulegen.
Nach Unterzeichnung erhalten Protokollauszüge
• die Fachabteilungen, die über den gefassten Beschluss informiert werden und/oder den Beschluss
durchführen müssen,
• bei Beschlüssen mit finanzieller Auswirkung die
Finanzabteilung.
Rats- und Ausschussmitglieder, die keine Vereinbarung über den papierlosen Informationsaustausch
geschlossen haben, erhalten die Niederschrift wie
bisher in P0apierform. Für alle übrigen Rats- und Ausschussmitglieder steht sie im Internet zur Verfügung.
Ein Exemplar der Protokolle ist nach den allgemeinen Grundsätzen über die Aktensicherung und
nach den Bestimmungen der Aktenordnung der
Stadtverwaltung Rietberg gesichert und zusammengefasst aufzubewahren. Die Verpflichtung
zur Archivierung erstreckt sich neben den Originalen der Sitzungsprotokolle auch auf die Anlagen,
die u.a. die gefassten Beschlüsse sowie die Vorlagen der Verwaltung enthalten.
g) Inkrafttreten
Diese Dienstanweisung tritt am
in Kraft.
6.1.3 Vereinbarungen zwischen der Stadt Rietberg
und einem Rats- bzw. Ausschussmitglied über
die Nutzung und Bezuschussung eines privateigenen PC zum Zwecke des papierlosen Informationsaustausches
Präambel
Im Rahmen des Pilotprojektes e-Government soll
u.a. das Ratsinformationssystem weiter entwickelt
und genutzt werden. In einem ersten Schritt wird
der teilweise papierlose Informationsaustausch
eingeführt. Ausgenommen sind Sitzungseinladungen unter Beifügung der Tagesordnung (§ 1 der Geschäftsordnung für den Rat und die Ausschüsse der
Stadt Rietberg vom 6. 11. 97)
Zwischen der Stadt Rietberg
und..........
wird folgende Vereinbarung getroffen:
1. Herr/Frau............... erwirbt einen zur Kommunikation mit der Stadtverwaltung Rietberg geeigneten PC und erklärt sich gleichzeitig bereit, den Informationsaustausch mit der Stadt über dieses
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Gerät vorzunehmen und vornehmen zu lassen
(Empfangsbereitschaft). Zum Informationsaustausch kann auch ein bereits vorhandenes geeignetes Gerät verwendet werden.
2. Zur Beschaffung und Bereitstellung eines geeigneten PC bzw. zur Bereitstellung eines vorhandenen Gerätes gewährt die Stadt einen einmaligen
Zuschuss in Höhe von
EUR. Die Auszahlung erfolgt auf entsprechenden Nachweis.
3. Der Zuschuss ist nicht rückzahlbar, solange
die/der Zuschussempfänger(in) Mitglied im Rat
oder in einem Ausschuss der Stadt Rietberg ist
(Wahlzeit 1999 bis 2004). Bei vorzeitigem Ausscheiden ist der Zuschuss anteilig nach verbleibenden Restmonaten zu je 1/30 =...........EUR zurück zu erstatten.
4. Die/der Zuschussempfänger(in) verpflichtet sich
ausdrücklich, auf Beschlussvorlagen zu Sitzungen des Rates oder der Ausschüsse und auf
Niederschriften zu verzichten. Die Sitzungseinladungen mit zugehörigen Tagesordnungen, sowie
etwaige sonstige, nicht digitale Unterlagen, werden weiterhin per Post zugestellt.
5. Für die Teilnahme an dem Informationsaustausch
entsprechend dieser Vereinbarung erhält das
Rats- oder Ausschussmitglied von der Stadt Rietberg ein Kennwort. Das Rats- oder Ausschussmitglied verpflichtet sich, dieses Kennwort
6. Die Stadt Rietberg behält sich das Recht vor, Nutzungsverhalten und Systemzugriffe unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorschriften zu
protokollieren, um einen Mißbrauch des Systems
zu verhindern und um statistische Grundlagen
für die weiteren Planungen in technischer und
organisatorischer Hinsicht zu gewinnen.
7. Für den Fall, dass das Rats- oder Ausschussmitglied seine Bereitschaft zur entsprechenden Nutzung seines PC widerruft, ist der Zuschuss in voller Höhe zurück zu erstatten. Die Stadtverwaltung wickelt sodann den Schriftverkehr wieder
auf Papier ab.
8. Diese Vereinbarung erlischt mit Ablauf der laufenden Wahlperiode; sie endet auch unter Berücksichtigung von Nummer 3 mit dem Ausscheiden aus dem Rat bzw. Ausschuss der Stadt
Rietberg.
9. Sollten einzelne Bestimmungen dieser Vereinbarung unwirksam sein oder werden, so berührt
dies die restlichen Bestimmungen nicht. Es gilt
dann eine dem Zweck der Bestimmung entsprechende oder nahekommende Regelung.
10. Änderungen und Ergänzungen dieser Bestimmungen bleiben jederzeit vorbehalten. Sie bedürfen jedoch der Schriftform.
Rietberg, den
nicht Dritten zu überlassen,
■ nicht an Dritte weiterzuleiten und
■ für Dritte unzugänglich aufzubewahren.
■
Verstöße hiergegen berechtigen die Stadt Rietberg zur sofortigen, fristlosen Kündigung dieser
Vereinbarung und zur sofortigen Sperrung des
Kennwortes und verpflichten das Rats- bzw. Ausschussmitglied zur vollständigen Rückzahlung
des gewährten Zuschusses.
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Bürgermeister
Ratsmitglied
Ausschussmitglied
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6.2 Checkliste Ratsinformationssystem (RIS)
Nötig/ Nicht nötig
Wer ist zuständig?
Bis wann umgesetzt? Erledigt
1. Bestandsaufnahme
(Verwaltung und Ratsmitglieder)
• Hardware/Software
• Nutzungsprofil
• Digitalisierte Datenbestände
• Organisatorische Abläufe
• Gesetzliche Vorgaben (auch Ortsrecht)
• Funktionen und Schnittstellen eines ggf.
bestehenden Sitzungsdienstverfahrens
2. Unterstützung der RIS-Einführung durch die
politische Spitze der Gemeinde (Verwaltungsspitze,
Fraktionsvorsitzende im Rat);Selbstverpflichtung zur
Bereitstellung der voraussichtlich benötigten
Ressourcen (Personal und Finanzen)
3. RIS-Arbeitskreis: Rat/Verwaltung;
ggf. RIS-Beauftragter
4. Auftakt-Veranstaltung: Sensibilisierung der Politik,
Ermittlung der Erwartungen an ein RIS und
voraussichtlicher Nutzungsgrad
5. Grundsatzbeschluss im Rat über die Einführung des
RIS und Zielvereinbarung Rat – (Ober)Bürgermeister
über die Einführung des RIS
• Ziel der RIS-Einführung
• Verantwortungsverteilung für die Umsetzung
• Ziel- und Informationsanforderungen
• Terminierung der Implementierungsschritte
• Bewilligte personelle und materielle Ressourcen
• ›Spielregeln‹
6. Pflichtenheft:
• Festlegung der gewünschten Qualität des RIS
• ›Etikette‹im Umgang miteinander im RIS
• Nutzermatrix
(›Wer darf auf welche Dokumente zugreifen‹)
7. Marktrecherche über Angebotssituation:
• Anbieter
• Leistungs- und Kostenunterschiede der Produkte
8. Vor der Auftragsvergabe: Abschluss der
Vereinbarungen mit Ratsmitglieder
• Kostenbeteiligung an Hard-/software der
Ratsmitglieder
• Druckkostenzuschüsse
• Datenschutzerklärung
• Ggf. Anpassung des Ortsrechtes (Hauptsatzung,
Geschäftsordnung etc.)
• Supportzeiten (Hotline) und Umfang der
Hilfestellung für Ratsmitglieder
9. Planung der Schulungsmaßnahmen:
• Im Rahmen der Einführung des RIS
• Während des Betriebs des RISÏ
10. Regelmäßige Evaluation des RIS:
• Erreichung der beschlossenen Ziele
• Nutzungsfrequenz
• Schulungsbedarf
• Aktualisierung
• Ausbau
• Erweiterung zu Bürgerinformationssystem
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Leitfaden Ratsinformationssysteme
6.3 Ratsinformationssysteme (RIS) im Überblick
Diese Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Zur umfassenden Beschreibung der Produkte nutzen Sie bitte die
Internet-Adressen.
Name des Produkts
Anbieter
Internet-Adresse
Eigenschaften (Auswahl)
sk-RSD, sk-WEB
sysKomm,
Software Entwicklungs-GmbH,
Naumburg
www.syskomm.de
Sitzungsvor- und Nachbereitung, SitzungsgeldAbrechnung; sk-WEB ermöglicht direkt aus sk-RSD die
Veröffentlichung der Sitzungen, Niederschriften und
Beschlüsse im Internet
WRS-RatsInfo
WRS Softwareentwicklung GmbH,
Hamm
www.wrs-hamm.de
Planung und Durchführung der Ratsarbeit, Archivierung,
Recherche, Nutzung über Internet, Sitzungsgeld
SD Office –
Der Sitzungsdienst
Sternberg SoftwareTechnik GmbH,
Bielefeld
www.sternberg24.de
Planung und Durchführung der Ratsarbeit, Archivierung,
Recherche,vollautomatische Veröffentlichung im Internet/
Intranet; Sitzungsgeld
Session
Somacos GmbH & Co
KG, Salzwedel
www.somacos.de
Vorlagenerfassung und -verwaltung, Sitzungsplanung,
Tagesordnung, Einladung, Niederschrift, Beschlussverwaltung und -überwachung, Sitzungsgeld, Intranet- und
Internetkomponente
SiRa
KDZV HellwegSauerland, Iserlohn
www.kdzv-stadt.de
Übersicht über die Rats-Basisinformationen im Internet
(Gremien,Termine, Protokolle) mit öffentlichem und
nichtöffentlichem Zugang und Volltextrecherche
KSD INTRIS
Zweckverband GKD,
www.gkd-rso.de
Rhein-Sieg/Oberbergischer Kreis, Siegburg
Internet-Anwendung auf Basis des Kommunalen
Sitzungsdienstes (KSD) mit Auskunfts- und Recherchesystem und Zugang für geschlossene Benutzergruppen
Rats-Manager/
Ratsinformationsgenerator
Bartel Software
Engineering,
Lindow/Mark
www.bartelsoft.de
Sitzungsdienst mit Dokumenten- und WorkflowManagement inkl.Volltextrecherche dessen Daten mittels
des Generators für das Internet aufbereitet werden
ALLRIS / ALLRIS.net
CC e-gov GmbH,
Hamburg
www.cc-egov.de
Sitzungsvor- und Nachbereitung incl. Abrechung der
Sitzungsgelder, Volltextrecherche, Veröffentlichung im
Intra- bzw. Internet mit ALLRIS NET
e-Komm Sitzung
n-komm GmbH,
Karlsruhe
www.n-komm.de
Sitzungsdienst inkl. Abrechung der Sitzungsgelder,
Volltextrecherche und Vergabe von Zugriffsrechten mit
Präsentation im Internet. Replizierung von Daten für
den mobilen Einsatz
PV-Rat
ProVox Systemplanung GmbH,
Bad Eilsen
www.provox.de
Sitzungsdienst, Verwaltungsdaten, Stammdaten,
Ortsrecht, Volltextrecherche,Workflow-Management,
Abrechnung und Internet
i-wadis
i-kom GmbH,
Bamberg
www.i-kom.de
Modulares System mit Sitzungs-, Dokumenten- und
Workflow-Management,Web-Publishing und Virtuellem
Rathaus
Synergie für
gedas GmbH, Berlin
Kommunen - RatsIS
http://www.gedas.de/ Informationen aus den politischen Entscheidungsprohow_we_work/public/ zessen werden organisiert, dokumentiert, kontrolliert
experience.asp
und (im Internet) veröffentlicht; können mobil von Räten
recherchiert und auch zur Fraktionsabstimmung
genutzt werden
Cuparla
www.cuparla.de
178
T-Systems Nova
GmbH, Kiel
Unterstützt die Kommunikation der Räte untereinander
sowie die Kommunikation mit der Verwaltung
(Telekooperation); unterstützt Vorbereitung,
Durchführung und Protokollierung von Sitzungen,
Volltextrecherche; kein Sitzungsdienst
Leitfaden 240/170 mm(2)
10.07.2003
12:02 Uhr
Seite 180
ISBN 3-00-011803-9