Zeitschrift für Literatur und Kultur
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Zeitschrift für Literatur und Kultur
mosaik Zeitschrift für Literatur und Kultur - von und für StudentInnen DIE ERSTE SEITE Vorwort Was ist ein Mosaik? Vielfalt? Fragmenthaftigkeit? E Pluribus Unum? Die Antwort entspricht dem Gegenstand: alles auf einmal. In dieser Semantik ist für uns das Mosaik ein treffendes Sinnbild sowohl für die Literatur in all ihrem schillernden Facettenreichtum als auch für die Universität, an der Menschen aus aller Welt und allen Schichten in der Verfolgung verschiedenster intellektueller Interessen zusammenkommen. Unser Gedankengang bei der Gründung dieser Zeitschrift (für deren finanzielle Unterstützung wir uns hier bei der ÖH Salzburg bedanken) war, dass ein Mosaik, das diese beiden Sphären vereint, ein interessantes und spannendes Projekt sein könnte, gerade zu einer Zeit, in der das Weltbewusstsein einmal mehr wie die Maus vor der Schlange im Bann blutender Zahlen und abstürzender Graphen steht. INHALT Das geschriebene Wort kann heilen, was Panik, Neid und Gier im Menschen zerstört. Man muss es nur le- Wir starten ... Nackt ... 4 sen. Darum bedanken wir uns auch bei dir, der oder die du gerade vor unserer ersten Zusammenstellung, Gedichtetes 8 unserem ersten Mosaik, sitzt. Denn was wären die Mühen der Autorinnen und Autoren sowie der Redaktion, Fließtext 11 wenn sie nicht von kritischen Kunstliebenden gesehen und gelesen würden. IMPRESSUM Herausgeber: Josef Kirchner, Alexander Macho. Layout/Satz/Grafik/Illustration: Sarah Oswald. Erscheinungsweise: 4 Hefte pro Jahr. Salzburg-Seiten 17 Es war uns eine große Freude, dieses Mosaik aus den Die Texte stellen lediglich die Ansichten der Autorinnen und Autoren dar. Die Rechte bleiben bei den Verfasserinnen und Verfassern. Die Urheber anonym erschienener Texte sind der Redaktion bekannt. Kulturszene E-Mail (für Anfragen und Texteinsendungen): mosaik@studlit.at.; weitere Informationen auch auf unserer Facebook-Seite. Büchertisch 24 teratur dadurch zu neuen Höhenflügen gelangt. Mosaik versteht sich als nicht-profitorientiertes Magazin zur Veröffentlichung studentischer Texte. Ermöglicht wird dies durch die unentgoltene Mitarbeit und Unterstützung der österreichische HochschülerInnenschaft Salzburg - Fakultätsvertretung Kultur- und Gesellschaftswissenschaften. Heute schon was vor? 28 Die Redaktion. 2 20 zahlreichen Einsendungen zu gestalten, und wir hoffen, dass das Interesse für studentische Kunst und Li- 3 WIR STARTEN ... NACKT ... Geleut Werte Freunde, Riesentitte folgt im Entenschritt dem grauen Mehr Haut als Haar, ganz dem Haupte der Schnauzbart, den Ledrigen ziehend. Besitzer ähnlich. Er den Ledrigen zerkauend. Beider. Einen guten Platz für die weiche Rückenverlängerung Lichtungen höchster Feinheit. rollt das Pergament auf, Reinheit? zückt eure Federn Er schlurfend, die Füße graben sich ins Pflaster. Schenkste denkste. und lasst sie über das weiße Blatt gleiten. Selbiges flattert sichtbar. Schuppen groß wie Fingerkuppen. Nehmt euch Zeit und Winterzeit. Auf Haupt und Haar, auf Schultern, Beinen wunderbar. schreibt so lange, Stiefelzeit. Mit lockenden Locken. bis eure Finger erlahmen. Socken blitzen. Fettig. Lasst euch führen Noch und nöcher, Für jeden Bazillus ein Festtagsgenuss. von diesem unwiederbringlichen Loch und löcher. Fertig mit dem Ledrigen, verputzt samt Kern Fluss eurer Gedanken direkt in Weiß mit Fusseln. eure Fingerspitzen. Dusseln. Es dürstet sie aber wohl, die holde Maid, in ihrem Unterbrecht sie nicht Modemuffeln. diese einzigartige Verbindung Er in den Schnauzer krümelnd. Des Ledrigen Schuld. Nach Wasser, nach Wein, vielleicht auch Sekt eher zwischen den pulsierenden Geistesblitzen, Zu ledrig. Zu zäh. aber doch und das ists was sie schließlich die da pfeilschnell hinuntersausen, Sie hingegen sich streichelnd dem Schnauzer neckt, aus dem Geschlurfe sie erweckt. und dem Vollstrecker des Schreibprozesses. Was könnts sein, wenn doch nicht edler Wein? Schöpft aus dem Vollen, Die Brille leckt. Das Ohr ausschleckt. Die Milch, ach herrje, du dummer Knilch. gebt euer Herzblut, Ekel? – Ach, wenn das Hundi das mag. Die ists. opfert all euer Empfinden eurem Text. Ich persönlich verzag. Milch, oben mit Sahne fein bedeckt. Geht auf in diesem bis zur Vollkommenheit Seh die Bazillen, die um ihretwillen sie infizieren, Nach der sie sich die Finger leckt. und nützt diese Gelegenheit, Leider keine Kuh in der Näh, welch jammer, welch die uns die ehrenwerte Gesellschaft Er genervt die Brösel aus dem Bart, oder immer der Gründer und Herausgeber des „Mosaik“ Das Packerl tuts auch – scheint so der Brauch. hier bieten, Sie die Backe trocknet. Wenns auch schon alt, schreibt und beglückt uns mit eurem Geschriebenen, Weiterschlurfend, weiterlurchend. lumpig und klumpig der Inhalt. und wenn ihr endlich Und ach, was sehe ich? Ihr Antlitz sich doch wendend, hat etwas Fahles. auf dem Höhepunkt eures Schaffens Die Ritze auf der man eigentlich sitze. Lactobacillales. angelangt seid, Bloß und blößer, groß und größer. Oje. eurem Text die Phrase Riesentitte folgt der Ritzenschnitte den ledrigen, Mehr ich nicht berichten kann, zu weit weg ist der mit dem meisten Gefühl gewidmet habt – dann kommt rasch zu einem Ende. Er den Hund. zu finden ihr Ziel. zuwendet, dem leinigen. sie verviren. tiefer hinein verscharrt. fedrigen, da alt, schleifend. und Stiel. halb zerrissnen Kleid. Kummer, welch Schmäh. wandelnde Speck. Zug fährt ein, weg sind die drein. Wuschelig kuschelig? Eva W., Germanistik & Italienisch Nein. Ekelig quäkelig froschig. 4 Sarah Krennbauer, Germanistik & Englisch 5 NACKT ... NACKT ... Um eine OrgasmuSlänge Die Tat Ich beeilte mich und griff bereits nach dem Toiletten- Wir wissen nicht einmal, ob der Mann nebenan Porno- papier, als ich es hörte: Das unmissverstehbare Stöh- darsteller ist, also weg mit dem Schnurrbart, versuchte nen aus der Nachbarkabine, begleitet vom Klatschen, der Verstand zumindest etwas wieder die Oberhand welches erzeugt wird, wenn Haut auf Haut schlägt. zu gewinnen. Außerdem hat ein Schnurrbart nicht bringen und möchte mich bereits zum Verlassen der Ich hielt inne. weiß zu sein, erzeugt doch bitte keine Widersprüche. Kabine bereit machen, da höre ich, dass nun wohl Zweifellos gab sich da jemand seinem Trieb hin... Verstand contra Phantasie. Phantasie hört nicht zu, auch mein Nachbar seine Sache beenden würde. Tem- Mich beschlich ein schlechtes Gewissen, belauschte Verstand wendet sich genervt ab. pussteigerung beim Klatschen, Tonerhöhung beim ich da etwa unfreiwillig einen intimen Moment, den Da sitzt er nun, der große Mann mit der tiefen Stimme Stöhnen. Gelegentliches Keuchen. Dann erlösendes besagte Person einzig und allein nur mit sich selbst und dem kleinen Bärenbäuchlein, nicht zu vergessen Seufzten. verbringen sollte? der weiße Bart, der kein Schnurrbart ist. Die Erinne- Stille. Ob er wohl auch Klopapier verwendet hat? frag- Naja, wie intim kann es schon sein, wenn man auf ei- rung hat ihm noch schnell die braunen Augen des Ver- te der unpassende Gedanke, der manchmal gar nicht ner öffentlichen Toilette onaniert? mieters, den 14 Millimeterhaarschnitt des Jungen der so unpassend erschien, während ich die Klinke in die Angetrieben von meiner zügellosen Phantasie begann sich an der Kassa vordrängte und eine angedeutete Hand nahm. ich mir den Mann vorzustellen. Er stöhnte tief, also Hakennase wie sie Frau Monika besitzt, verpasst. Hosen Rascheln, Reißverschluss zippen und schon war war seine Stimme vermutlich eben so. Männer mit tie- Jetzt glich er fast ein wenig Professor Bachmunder. der behaarte, braunäugige, der garantiert nicht Herrn fer Stimme sind groß, dachte ich weiter, und wenn er Ein kranker Gedanke: Herrn Professor Bachmunder, Professor Bachmunder war, beim Waschbecken. Nun groß ist, dann hat er auch einen dicken Bauch. Das Fachbereichleiter für Hydrologie beim Wichsen am meldete sich das schlechte Gewissen. Er wusste sicher macht zwar überhaupt keinen Sinn, dass große Män- Bahnhofsklo. Ein zutiefst verstörender Gedanke. Die nicht, dass er einen geheimen Lauscher hatte. Konnte ner einen dicken Bauch haben, warf mein Verstand ein, Selbstschutzvorrichtung der psychischen Gesundheit ich ihm das antun? Hatte ich das Recht nach diesem aber die Phantasie war schon längst weiter galoppiert schaltet sich nun ein, merkt mit analytischer Präzision Lauschangriff jetzt durch diese Tür zu treten? und hatte dem Mann einen kleinen Waschtrommel- an, dass Professor Bachmunder anders stöhnen wür- NEIN - Beschloss der Anstand, der zwar wieder einmal bauch verpasst; stark beharrt natürlich. Während alles de. Die verdrängte Erinnerung schreit gellend auf. zu spät kam, aber alle anderen in diesem Augenblick unterhalb des Schwimmreifens keine Rolle zu spielen übertönte. Sogar den Verstand, der leise vor sich hin Es ist wie ein Wort schien, kam nun der Kopf dran. Männer tragen Bärte Stille. etwas von voranschreitender Uhrzeit murmelte, sich das nicht stimmt und noch bevor der Verstand etwas erwidern konnte, Dann Wirbel und Aufbrausen... aber nicht zu Widersetzen traute. das vielleicht nie gestimmt hat beschloss die Phantasie, dass dieser Mann, der gera- Da stand ich also auf der Männertoilette des West- de rekonstruiert, wobei vermutlich eher kreiert wurde, Der Selbstschutz fügt ein "Stimme" vor /anders/ ein bahnhofes, eine Ewigkeit wartend bis sich ein Unbe- noch rufen sie Karl einen weißen Bart trug. und ersetzt "stöhnen" durch klingen. Die verdrängte kannter, jetzt aber bereits irgendwie Vertrauter, seine und ziehen mit dem Straps Stefan zufolge sind Pornodarsteller Schnurrbartträger, Erinnerung kommt zur Ruhe und schläft wieder ein. Hände gewaschen (ab-ge-waschen?) hatte, während einen Pornopenis ins WC meldete sich nun die Erinnerung zu Wort. Stefan, das Selbstschutz ist mit seiner Arbeit zufrieden, stellt eine auf Bahnsteig zehn mein Zug anrollte. ist mein Mitbewohner. Er wusste selbst, dass das nicht Gedankenweiche in Richtung Uhrzeit und geht. das Kreuz tut ihnen weh stimmte, aber er stellte gerne absurde Behauptungen gewiss auf. So kam es auch, dass der Papst ein Oktoberfest Ich blicke auf die Uhr. Entsetzen. Es ist bereits 18:42 ist es Wort im Vatikan einführen möchte - immerhin ist er Bayer -, um 18:44 würde mein Zug die Station verlassen. Mei- Schafhirten aus Prinzip allesamt Probatophil sind und ne Hand ist noch immer in Richtung Toilettenpapier eben ja, Pornodarsteller Schnurrbärte haben. ausgestreckt. Ich lasse den Arm die Tätigkeit zu Ende Eine Studentin der Germanistik 6 Ende Ich hatte ihn verpasst, um eine Orgasmuslänge. Nicole B. 7 GEDICHTETES Das dritte semester… GEDICHTETES Alles verbindet Literatur und Geschichte Balzac als Meister, der Dichter Tolstoi Die Phase des Eingangs liegt nun hinter mir Fouché in Politik und Macht Eröffnet ist das dritte Semester Des Menschen Innerstes hinzu bei Nietzsche Das Letzte Fest Referate warten, Arbeiten rufen Und dies alles hier Eine Komposition der Welt Fugenelemente alles verbinden Wartet draußen! Wer will rein? Im glanzvoll errichteten ‚Schloss Versailles‘ Ein freies Morphem neidet es dem gebundenen Gar viele gute Töchterlein! Einen Vergleich ist es wert Keines von beiden wird jemals in Frage gestellt Bringen Gold und Gaben. Heteronym, jedes in seiner Funktion Ja so, viel Burschen! Kann’s heut sein? Lexikalisch, grammatisch Ja, Morgen sind, wir, ganz allein! Im Geiste schwebt ein ‚p‘ Worte entstehen, phonologisch & semantisch wunderschön Sind Fest und kaum noch Narben. Germanische Völker verzauberten es Gemeinsam erklingen sie alle als Ton Weit ist alles, der Gedanken gleich Man fühlt sich frei Woll’n mit euch Brot und Wein vermehren. Wandle dich hin zu einem ‚F‘ Folgen werden Konsonantenverwandte in spe Eingang ist das Recht begehren. Nun zur Präzision Fachtexte erwünschen expressive Neutralität Es war vor endlos langer Zeit Man enthält sich der Metaphern Die ‚tîd‘ ist zu Staub verfallen Allgemeingültig beschrieben jede Argumentation Wir gedenken ihrer im ‚hiute‘ und jetzt MYRTE Doch aus dem alten Siebz’gerhaus, da schaun’ schon Fuchs und Hahn heraus. ein bett der besinnung auf ruhenden wogen Doch alles im Wandel immerzu den huren des Wer soll das Loch im Boden flicken? Mimesis der Natur sei der Künste Stern fortschritts Kannst du dir selbst Pullover stricken? Handwerk, Alchemie, Die Jagd und Künste am Hof ‚inspiratio‘ nimmt alles in Besitz den rücken gekehrt da Kaiser, Ritter Sturm, Drang-kommt zur Ruh soll mein geist rasten Kommt, Freunde, zu dem fixen Zwecke, im schosse der Als Musterschüler in der Ecke, Was Wahrheit, was Dichtung? Nun? nymphen Ein Teil vom Festen rechten Winkel, Eines im Anderen bloß verborgen? umgeben von lerchen- Wo ist hier Platz für Eigendünkel? Dichtung, allein der Name Auch die Tragödie in der Komödie? und amsel-gesang Walther von der Vogelweide, Johannes von Garlandia Ich muss Goethe sein, um da in mir zu ruh´n dem walde Ließ mann der Weltuhr ihren Lauf. erliegend Ein aufgeweckter junger Haas, ‚gezieret‘ klingt das Alte, es is a freid Herzoge mit namen Heinrich So stolz, unendlich groß Klangvoll, erhaben Jede ‚vrouwe‘ sich einzig fühlt als Dame Irrt zielsicher, treppab, treppauf, Dies alles zu erfahren, mich niemals reute Wie ein Märchen das Leben in blau-kühlen stunden Die inner’n Wände längst aus Glas. Eine Art Biographie vergangener Tage Klassisch auch der Abschluss umzittern mich flieder- Die Schmiedetür ein Tor, aus Licht, Diese Dichtungen uns erweisen …und wenn sie nicht gestorben sind, studieren sie noch heute. und myrten-geruch... Doch mancher fand den Schalter nicht. Silke Wallner, Germanistik André Herzog, Germanistik & Sport Michaela Metz, Germanistik Portraitieren Schriftsteller der neuen Zeit Menschengeschlechter, in Freude und Plage 8 9 GEDICHTETES FLIEßTEXT "Etwas wie leben?" Zwischen den leblosen Kadavern kommt es zur Ruhe. Die Tränen der vermissten Zukunft haben Angst davor zu fließen. Es darf doch keine Gefühle zeigen! Es muss stark sein und welchen, der ihm sein Essen stiehlt sie sich wehren. Sie würden schreien und sie würden muss es im Schlaf unter der Stille, die kaum zu Atmen wüten. Es sind so viele aber sie sind immer noch still. vermag und ihm noch mehr Angst macht als die Tat Der Meister ist ein Mensch. Der Meister weiß was er selbst, ersticken. Wie groß war doch seine Schande tun muss um die Menschen vor diesem Ungeziefer zu gewesen? Es hat es vergessen! Die abgemagerten retten. Wertlos tummeln sie sich zwischen den am Bo- Die unerbitterliche Gegenwart der Angst Hände, die als solche nicht mehr erkennbar waren, den still liegengebliebenen Kreaturen. Sie sollen doch war mir allein, selten ein harter Begleiter. umschlossen noch Minuten danach den bereits toten arbeiten. Warum liegen die so faul herum? Doch in dem Spiel des Lebens dual Körper. Es sieht ihm ins Gesicht. War das eine Frau? „Mami? Warum fühle ich meine Beine nicht mehr?“ bekam ich endlich einen Reiter. Die lieblose kalte Finsternis verschluckte jedes An- „Das ist nicht schlimm!“ zeichen eines Geschlechts doch waren sie nicht alle „Aber ich muss doch laufen können! Ich möchte dir Langsam schleichend und unbemerkt gleich? In diesem Moment trägt der Wind das Kno- bei der Arbeit helfen!“ sprang sie herüber aus der Fantasie. chenmehl gen Himmel. Die Seele ist frei. „Das brauchst du jetzt nicht mehr.“ Die Zeit der eisernen klaren Klinge Es riecht nach vermodertem Fleisch. Aber der Wind „Aber warum weinst du denn Mami? Hab ich was Fal- stetig auf mein Haupt gerichtet das Genie. wird den Gestank hinüber fegen zu jenem der unbeirrt sches gesagt?“ weiter mordet. Zu dem der es versteht sein eigenes „Nein mein Kind. Schlafe jetzt. Ich werde dir nicht weh Volk verhungern zu lassen. tun. Ich bringe dich an einen Ort, wo dir nie mehr je- Flowd Insane In meiner nacktesten Sekunde gemein sticht sie tief aus meinen Gedanken. mand Schmerzen bereiten wird!“ now lurking in the shadows Heraus gar deftigstes Gericht der Gefahr Die Zeit wird vom Wind getragen „Nicht Mami, das tut weh bitte hör auf!“ waiting for the deed und hält es mir blitzartig vor die Flanken. und jener der sie eingeatmet hat „Schhhh gleich ist es vorbei mein Liebling. Warte auf das werden ihm die Toten sagen mich ich werde dir bald folgen“ filled with dark desire to destroy all I achieved So nah unten die Angst nie vermutet sieht sich an den Folgen immer noch nicht satt. verdaut sie jeden schmerzenden Gedanken neu hervor. leblose Körper ohne Geist Zum Abschluss: Zur gleichen Zeit vergehen glückliche when reality is crumbling In der Geschwindigkeit des Tages haben ihren Weg in den Abgrund gefunden Zeiten. Keiner denkt an etwas Schlimmes. Es werden and empty eyes stare into night vorbei am rettenden helfenden Fort. Auf dass Er sie auf den Boden niederreißt Geburtstage gefeiert und Geschenke verteilt. Mahlzei- schmerzerfüllt vom Blut betrunken ten werden vorbereitet und unter Gelächter verspeist. Die Brücke über ihren Abgrund aber die Liebe nimmt er ihnen nicht Aber warum auch nicht. Es weiß doch niemand was und weder Tag ein Tag aus an die Angst kettet. Nur der, der noch zu lieben wagt vor sich geht. UND WENN SIE ES WÜSSTEN, DANN and as my world just fades to gray Die klaffenste Wunde braucht heilende Kraft das wäre der größte Verzicht WÜRDEN SIE ES TROTZDEM NICHT SEHEN!? Es war and there is nothing left to feel so auch ein lenkender Lehrer wie Furcht die Freiheit. wird von diesem Sturm noch heute geplagt ein Mensch, es war ein Mensch, es war ein Mensch, in the shadows I will dance alone Und erst in der Aufgabe meines Rechts wondering what is real zogen sich die Nägel des Sattels aus dem Rücken der Zeit. I will rise on blackened wings ready for a deadly flight es war ein Mensch, es war ein Mensch, es war ein Nun ist bestimmt schon ein Jahr vergangen und die Mensch, ... Arbeiter arbeiten noch immer. Das sind keine MenSimon Hotinceanu, Psychologie Patricia Lang, Germanistik & Biologie 10 schen denke ich. Wenn das Menschen wären würden Melanie Stepina, Germanistik & Philosophie/Psychologie 11 FLIEßTEXT FLIEßTEXT Die Bandscheibenkastanie Neulich saß ich auf einer Bank an der Salzach. Es war schien. (Ich bedauerte die Thermohosenträger, die ein recht sonniger Vormittag, warm, aber trotzdem zu noch schneller als gewöhnlich zu laufen schienen, und kühl, um die Jacke auszuziehen. Dazu kam noch eine die Geschäftsmänner, weil sie lauter als sonst in ihre Bahnhof gekauft habe, in Händen, reiße sie auf. frische Brise, die allmählich damit begann, die brau- Mobiltelefone brüllten.) Ich weiß nicht mehr, wie lange Ich werde versagen. Werde keine versteckte, himm- eigentlich nen und teilweise schon verdorrten Blätter von den wir in diesem Zustand absoluter Verzückung verweilt lische Geschmacksnote finden, keinen Duft den man ein idyll Bäumen zu wehen. Ein wunderbares Schauspiel, das waren, jedenfalls verabschiedete sich der Alte, indem nur annähernd als appetitanregend bezeichnen könn- durch das dumpfe Geräusch ständig herabfallender er mir die Kastanie in die Hand drückte und meinte: te, kein gar nichts. Wie so oft komme ich wieder zu 1 zittert zwar, lässt 2 aber ganz nahe an sich heran, bis und auf dem Gehsteig platzender Kastanienschalen „Nimm sie, du bist noch jung!“ Und genauso langsam, der festen Überzeugung, dass Lakritze leider rein gar die beiden einander berühren. vervollständigt wurde. wie er gekommen war (nein noch langsamer), entfern- nichts an sich hat, das man auch nur ansatzweise als So bleiben sie einige Augenblicke. Er nieste gerade, als ich auf ihn, diesen alten, sehr di- te er sich (vielleicht war es aber nicht er, der langsamer gut bezeichnen könnte. Jeder für sich. cken Mann, aufmerksam wurde. Langsam kam er den war als zuvor, sondern die schnelleren Läufer und die Und unweigerlich vergleiche ich sie mit mir. 1 nickt mehrmals "Everything's allright!” worauf 2 Gehsteig entlang gehumpelt (sehr zum Missvergnü- schon regelrecht dahinstolpernden Anzugträger, die Vollkommen reizlos. Könnte ich nicht ein Zitronen- schwach lächelt und sich wieder von ihm löst. gen der in Thermohosen laufenden Läufer und der diesen Eindruck erweckten). Ich betrachtete die Kas- Bonbon sein? Ein Lolly mit Kirschgeschmack? Ein “Love u, Darl!” Aktenkoffer schleppenden Anzugträger, die gezwun- tanie noch eine ganze Weile… Gummibärchen? Nein, ich bin wie Lakritze. In Zeitlupe schießen ihr die Tränen in die Augen und gen waren ihm auszuweichen, um ihre Pulsfrequenz Wenn mich heute jemand fragt „Was willst du wer- Werde versucht, analysiert, als reizloses, geschmack- nach einer kurzen beinah unerträglichen Atempause nicht sinken zu sehen bzw. die aktuellsten Ideen zur den?“, dem antworte ich „Lehrer.“ oder sonst irgend- lich uninteressantes Etwas definiert, um dann so schnell umklammern die beiden einander erneut. Gewinnmaximierung nicht zu verlieren). Dann blieb etwas, wenn ich ein tiefsinniges Gespräch vermeiden wie möglich weggepackt zu werden. Im Glücksfall. er stehen. Sein Gesicht verzog sich vor Schmerz, als will. Wäre ich ehrlich, würde diese Person nur eine Denn die Klugen machen von vornherein einen wei- Zeitgleich kritisiert ungefähr zweitausend Kilometer er sich bückte, um schließlich den Lohn seiner An- Antwort auf diese Frage erhalten: „Ein glücklicher, ten Bogen um mich, wohlwissend, dass ich ihnen nicht entfernt eine Eva ihren Johannes, der sein Geständnis strengung in Händen zu halten. Eine Kastanie. „Ist fetter, alter Mann.“ gut tue und sie an mir nichts versäumen. mit einem "Wir sehen uns später!" und hoffnungsvol- die schön!“, murmelte er freudestrahlend, als er sie in len Augen beendet hat. “Eigentlich heißt es ‘wir se- seine Tasche gleiten lies. (Die Anzugträger, durch die- Wolfgang Gratzl, Germanistik, Theologie & Philosophie Ich blicke nur kurz auf. hen einander später’ und nicht ‘wir sehen uns später’. ses abrupte Stehenbleiben des Alten völlig aus dem (werdender glücklicher, fetter, alter Mann) Noch einmal, etwas länger. WIE WÄRE ES DENN, WENN ENGLÄNDER PLÖTZ- Konzept gebracht, schüttelten den Kopf, die Läufer Lasse meinem Herzen etwas Zeit um sich zu beruhigen. LICH 'WE SEE US' SAGTEN?!" Ihre Mundwinkel be- beschleunigten den Schritt, um von dem Gebrabbel Blicke noch einmal auf. ben, während sie spricht, doch ihre Stimme verrät kei- des Alten nicht etwa peinlich berührt zu werden.) Der Ein Lächeln. ne Erregung. Ruhig fährt sie fort: "Es wäre einfach nur Alte, der diese ihm entgegengebrachte Missgunst zu schön, wenn die Menschen wieder einander und nicht bemerken schien (wahrscheinlich wusste er, dass die nur sich gern haben würden!” “Eigentlich schon, ja!”, Läufer und Anzugträger bereits die Kosten für eine Ich hasse Lakritze. sicher. Er ist etwas Besonderes. antwortet Johannes erleichtert, weil er sich verstan- Bandscheibenbehandlung berechneten und zwar mit Ich hasse den Geschmack, die Farbe, eigentlich hasse Noch ein Lächeln, dann die Frage: „Ist das Lakritze?“ den fühlt und nickt, Eva enthusiastisch an sich drü- Zinseszins!), wandte sein Gesicht, aus dem zwei fra- ich alles daran. Und doch kaufe ich mir immer wie- Ich blinzle verwirrt. Ooh. Frage ihn, ob er welche ckend, während zweitausend Kilometer entfernt 1 nun gende Augen guckten, zu mir. Ich lächelte ihn an, er der eine Packung mit der festen Absicht irgendetwas möchte. auch die Waffe auf 2 richtet und die beiden einander begann zurückzulächeln. Wir mussten nicht sprechen, zu finden, das als Erklärung dienen könnte, warum es Meine Gehirnwindungen verknoten sich, als er sagt: auf 3 erschießen. um uns in diesem Moment zu verstehen. Die Freude Leute gibt, die dieses Zeug freiwillig essen. Ich sitze „Sehr gern. Ich liebe Lakritze.“ über eine kleine Kastanie hatte es geschafft, uns ei- im Zug, halte die Packung, die ich mir zuvor wider nen Raum zu eröffnen, an dem die Zeit still zu stehen besseren Wissens bei dem Süßigkeitenautomaten am Wolfgang F. Berger, Philosophie & Germanistik 12 Jemand betritt mein Abteil. Lakritze Mir gegenüber sitzt … ein Engel? Nein, nein. Er ist ein Lolly! Einer mit Kaugummi in der Mitte, ich bin ganz Sandra Grübler, Germanistik & Geschichte 13 FLIEßTEXT FLIEßTEXT Freiheitskampf Weggehen. Das war es! Fort. Alles hinter sich lassen. Schon stand er vor ihr, in Anzug und Krawatte, den Wange gepresst, darauf bedacht, ihre aufgeplatzte Als er sich fluchend ans Bein griff, kroch sie auf die Weg von der Angst, dem Schmerz. Frei sein... Schnurrbart ordentlich gekämmt. Sofort fiel sein Blick Lippe nicht zu berühren. Anrichte zu und rappelte sich stöhnend auf. Wie of waren ihr diese Worte in letzter Zeit in den auf den gedeckten Tisch und das leere Scotch-Glas Schnell zerrte sie ihre Reisetasche unter dem Bett her- Da schlossen sich seine Hände auch schon von vorne Sinn gekommen? Alles hinter sich lassen. Neu anfan- in ihrer Hand. vor und warf wahllos einige Kleidungsstücke hinein. um Lindas Hals und drückten zu. Seine Augen glitzer- gen... „Lindaa?“, fragte er mit gespielter Freundlichkeit. Die Reisetasche in der Hand, stürmte sie wieder hin- ten wie im Wahn. Panisch trommelte Linda mit ihren Doch so einfach war das nicht. „Wieso ist das Essen noch nicht fertig?“ Seine Stim- unter. Doch als sie den letzten Treppenabsatz erreich- Händen auf seine Unterarme. Ihre Augen tränten und Sie seufzte und streute Salz in das Wasser, das gerade me wurde immer lauter. „Es ist doch wohl nicht zu viel te, ging die Haustür auf und ihr Mann trat ein. sie nahm alles nur noch verschwommen wahr. zu köcheln begonnen hatte. Dann nahm sie das gro- verlangt, dass das Essen auf dem Tisch steht, wenn Linda blieb wie angewurzelt stehen, die Augen weit Er würde sie töten, dann irgendwo verscharren, er ße Messer, mit dem sie zuvor das Fleisch geschnitten ich nach Hause komme! Den ganzen Tag schufte ich aufgerissen. würde damit davonkommen... hatte, und begann die Karotten damit zu zerkleinern. mir den Rücken krumm! Und so dankst du es mir?“ Er „Ich hab nur meinen Hut verge...“ Der Blick ihres Man- Da kam ihr eine Idee. Unwillkürlich fiel ihr Blick auf die Uhr, die über der schlug mit der Faust auf die Tischplatte. nes fiel auf die Reisetasche. Ihre rechte Hand tastete auf der Anrichte hin und her Küchentür hing. 5 vor 6. Ihr Mann würde gleich nach Linda wich bis an die Spüle zurück. Mit schnellen „Du elendes Miststück!“ – bis sie den hölzernen Griff des Messers ertastete, Hause kommen und das Essen war noch nicht fertig. Schritten durchmaß er den Raum, bis er direkt vor ihr Ihre Gedanken rasten genauso schnell wie ihr Herz, mit dem sie die Karotten zerkleinert hatte. Ihre Finger Sie hatte zuvor lange mit Teri telefoniert – ihrer bes- stand. Sein nach Alkohol riechender Atem stieg ihr in als er auf sie zustürmte. schlossen sich um den Griff. ten Freundin –, der sie aber noch nie etwas von ihrer die Nase, als er brüllte: Vielleicht konnte sie durch die Hintertür entkommen. Mit letzter Kraft stieß Linda zu. Sehnsucht wegzulaufen erzählt hatte. Es gab Dinge, „Und wo zum Teufel ist mein SCOTCH?“, ihr die leere Wenn sie nur schnell genug war... die sie einfach keinem anderen anvertrauen konnte. Flasche aus der Hand riss und sie so fest auf die An- Da lief sie auch schon quer durchs Wohnzimmer – so Plötzlich in Eile, warf sie die Karottenstückchen in den richte schlug, dass sie zerbrach. schnell, dass ihre langen dunklen Haare im Luftzug Topf und rührte einige Male um. Sie nahm zwei Teller Linda zuckte zurück, als er mit der freien Hand aus- wehten. aus dem Schrank, lief zum Tisch, stellte sie ab und holte und ihr ins Gesicht schlug. Doch sie wehrte sich Als sie gerade am Küchentisch vorbeisprintete, wur- platzierte Messer und Gabel daneben. Dann hastete nicht, ließ es geschehen. Wenn sie sich wehren wür- de sie plötzlich von hinten an der Schulter gepackt Auf einer kleinen Polizeiwache kurz nach sie zurück zum Topf, um nach den Karotten und dem de, würde er nur noch fester zuschlagen. und zurückgerissen. Sie schrie auf. Die herabsausen- Mitternacht Fleisch zu sehen. „Mein Scotch – sofort! Mein Essen – sofort! Und mach de Faust verfehlte sie nur knapp. Der Fuß, der sie am Ein verzweifelter Ausdruck trat in ihre Züge. Das Es- die Scherben weg!“ Schienbein traf, jagte Wellen des Schmerzes durch ih- Im Halbschlaf starrt der dicke Polizist vor sich auf die sen würde noch mindestens zehn Minuten brauchen. Schweigen wandte Linda sich um und stellte das ren zarten Körper. Der Schlag gegen ihren Magen war Schreibmaschine, die fast schon so alt ist wie er selbst Das würde er ihr übel nehmen. Essen vor ihm auf den Tisch, dass lief sie in den Keller so hart, dass sie quer über den Küchentisch flog und und wundert sich mal wieder, warum auch der nichtigs- Autoscheinwerfer huschten über das Fenster. Sie griff und holte eine neue Flasche Scotch. am Boden liegen blieb. Die Tritte, die sie dann trafen, te Bericht in dreifachem Durchschlag getippt werden nach dem Glas, das sie bereitgestellt hatte und füllte Er leerte das Glas in einem Zug und als er aufstand, hatten nichts von ihrer Kraft verloren. Und die ganze muss. Dann wandert sein Blick zur nackten Glühbirne, es zur Hälfte mit Eiswürfeln, als die Haustür aufging. um sich fürs Casino umzuziehen, saß Linda noch Zeit über brüllte er auf sie ein. die von der Decke baumelt und deren Licht bedenklich Hastig nahm sie die Scotch-Flasche aus dem Kühl- immer auf dem Boden, mit Tränen in den Augen, und Er würde sie umbringen. flackert. Vielleicht sollte er sie endlich auswechseln, schrank. Zu ihrem Entsetzen war sie leer. sammelte die Scherben der Flasche und ihres Lebens Diese Erkenntnis traf sie wie ein Schlag. Plötzlich sah aber nicht heute, morgen, oder so. Sein um einiges „Hallo Liebling!“, ertönte die Stimme ihres Mannes auf. Sie hatte das alles satt! sie wieder klar. Sie würde sich von diesem Monster jüngerer und um vieles dünnerer Kollege sortiert alte aus der Eingangshalle. Dann fiel endlich die Haustür hinter ihrem Mann ins nicht das Einzige nehmen lassen, das ihr nach so vie- Akten neu, doch auch er ist nicht mit allzu viel Eifer bei Als sie nicht antwortete, brüllte er gereizt: „Linda! Wo Schloss. len Jahren noch wichtig war – ihr Leben. der Sache. Die Uhr tickt, nur gestört von gelegentli- bist du?“ Linda sprang auf und hastete die Treppe in ihr Schlaf- Vor dem nächsten Angriff rollte sie sich auf die Seite chen übermüdeten Seufzern. „Ich bin in der Küche... Schatz“, rief Linda schwach. zimmer hoch, die linke Hand auf ihre schmerzende und trat ihm mit ganzer Kraft ins Schienbein. Ein leichtes Klopfen an der Tür lässt sie hochschrecken. 14 Alexandra Nobis, Germanistik 15 FLIEßTEXT SALZBURG-SEITEN Der Dienstältere fasst sich aber fast augenblicklich wieder und durchbricht mit einem tief-brummenden „HeSalzburg (ein lied) rein“ die träge Stille. Vorsichtig betritt eine junge Frau Es hat die Stadt schon oft verflucht, auf Highheels, deren Klacken im Rhythmus der Uhr „Natürlich!“ sie bis zum Schalter begleitet, die Wache. Sie ist ge- „Gut, dann müsste ich jetzt nur noch wissen, wann und Wenn ich so durch die Straßen geh, Es gibt da nur wenig Angebot, schminkt, aber nicht zu sehr und hat ihre roten Locken wo es zur Tat kam.“ den Gaisberg vor mir stehen seh, Es herrscht Wohnungsnot. hochgesteckt. Von ihrem Auftreten tief beeindruckt „Vor etwa einer halben Stunde, mitten auf der Tanzflä- dann fällt mir manchmal ein, Doch schaut man sich dann eine Bleibe an, wuselt der Dicke zum Sprechfenster. che im Blue Moon.“ eigentlich könnt ich ganz glücklich sein. fragt man sich, ob man sich’s leisten kann. „Wie kann ich Ihnen behilflich sein, mein Fräulein?“ „Aha. Könnten Sie den Tathergang eventuell näher In Salzburg hat man sei sölige Ruh, Denn egal in welchem Gemäuer, fragt er mit einem ins Lächerliche abgleitenden Dienst- schildern?“ In der Linzer Gasse sperren die Geschäfte zu, Die Mieten sind viel zu teuer eifer. „Also, ich komme gerade mit einem Long Island von Und trotz dem Regen und dem Fön, „Ich möchte einen Diebstahl melden. Man hat mich der Bar, und als ich mich umdrehe steht er da plötzlich Salzburg ist so wunderschön. ausgeraubt.“ vor mir. Er starrt mich an, ich starre ihn an, und da …“ „Formular CX13!“ faucht er dem Dünneren, der die Si- Geräuschvoll räuspert sich der Jüngere und blickt mit Ja Salzburg is a schöne Stadt, die außern Mozart gar nix hat, tuation bisher nur neugierig beobachtet hat entgegen. einem übermüdeten Lächeln von seinem Vorgesetzten a schöne Stadt, a schöne Stadt, absolut nix hat. Geistesabwesend händigt dieser seinem Vorgesetzten zur jungen Frau und wieder zurück. die außern Mozart gar nix hat, einen dünnen Stapel blauen Papiers aus. „Was?!?“ keift ihn der Dicke an. leider sonst nix hat. „Das ist ZX13, du Hornochse, zur Meldung eines her- „Sind Sie sicher, dass Sie hier keinen Fehler machen? renlosen Bienenschwarms. Ich sagte CX13!“ Für mich klingt das eher nach einem UL42 als nach ei- Die Leute kommen aus aller Welt, Und in Eisenstadt kann man wenigstens günstig leben. Und noch während der Dicke versucht einen Mittel- nem CX13.“ weil ihnen Salzburg sehr gefällt, In Salzburg gibt’s dafür den Schnürlregen. weg zwischen bescheuertem Grinsen und bösem Blick Verwirrt wird er angestarrt. Der Hauptwirtsaftsfaktor ist zu finden, drückt der andere ihm einen hellgrünen Sta- „Vermisstenanzeige?“ versucht der Ältere nachzuvoll- In der Stadt der Tourist. Events vermisst man weit und breit, pel in die Hand. ziehen, ob er richtig verstanden hat. Die Japaner fotografieren sehr gern Es sei denn, es ist Festspielzeit. „So, entschuldigen Sie bitte. Also, sie wollen einen „Ganz genau“ wird ihm bestätigt und gleichzeitig ein Und die Amis wollen nur Sound of Music hören, Dann sind die Schickimickis da Diebstahl anzeigen.“ brummt die Stimme des Älte- etwas dickerer Stapel blassrosa Papiers ausgehändigt. In Salzburg komm ich mir oft vor Und es gibt an mords an Trara. ren. „Gnädige Frau, ich glaube fast, mein Kollege hier hat Wie in an Freilichtmuseum für Barockarchitektur. Und was schaut man sich dann an? „Ja“ seufzt die junge Frau kurz auf „Man hat mir mein Recht. Sie sollte eine Vermisstenanzeige machen.“ be- Herz gestohlen.“ stätigt der Dicke. Ja Salzburg is a schöne Stadt, Genau so, wies schon immer war, „Kennen Sie den Täter, oder können Sie ihn näher be- Und sie beginnen das neue Formular auszufüllen, als a schöne Stadt, a schöne Stadt, die letzten 90 Jahr. schreiben?“ beginnt der Dicke die Punkt für Punkt ein- es plötzlich an der Türe klopft und ein junger Mann, die außern Mozart gar nix hat, studierte Befragung durchzuführen. auf den die Täterbeschreibung genau passt, eintritt leider sonst nix hat. „Nein, ich weiß nur, dass er mittelgroß und dunkel- und gehetzt hervor presst: haarig ist und die wunderschönsten blauen Augen der „Entschuldigen Sie, es ist dringend! Ich habe eine Ver- Paris hat den Louvre mit der Mona Lisa die außern Mozart gar nix hat, Welt hat.“ misstenanzeige zu machen!“ Und in Wien, da steht der Stephansdom. leider sonst nix hat. Ja Salzburg is a schöne Stadt, a schöne Stadt, a schöne Stadt, In Berlin da solls ein super Nachtleben geben. Und in Linz da kann man sehr gut Schoppen gehen. Völlig Klar, den Jedermann! Ja Salzburg is a schöne Stadt, a schöne Stadt, a schöne Stadt, Und in Pisa steht der Schiefe Turm von Pisa. „Wären Sie in der Lage ihn bei einer Gegenüberstellung wieder zu erkennen?“ Wer hier nach einer Wohnung sucht Eva Bernadette Müller, Linguistik 16 Und in Salzburg hams den Kiefer-Pavillion. MMag. Andreas Haider, Geschichte 17 SALZBURG-SEITEN SALZBURG-SEITEN SALZBURG - EINE LIEBESERKLÄRUNG Bitte – belästigen Sie mich doch nicht mit Ihrem Ver- man hierher, und wüsste man's nicht, nach einem Re- Beinahe-Getaufte, man darf sich aussuchen, wie man fall und gehen Sie doch weiter und gehen Sie doch gentag im Winter, man meinte, es sei die letzte Stadt stirbt, aber nicht wann, es kann sein, dass die Salzach fort und räumen Sie die Plätze und den öffentlichen vor dem Ende der Welt. zu wenig Wasser führt zum Ersaufen, sodass stöck- Raum und in Salzburg gibt es einen Platz und das ist Man muss auf der Hut sein. Die Straßen führen etwas chensuchende Hunde einen an Land ziehen können, der Residenzplatz und in Salzburg gibt es viele Plätze im Schilde. Es trennen die Berge, es trennt der Fluss, es kann sein, Spaziergänger kreuzen den Weg, von so etwa den Dom-, Kapitel- oder Mozartplatz, aber es trennen die Einbahnen. Die Gassen reißen die Be- dem man sich eben werfen wollte in die Altstadt hin- nur einen Residenzplatz, auf dem die Steinpferde auf gegnungen an sich, sie wiederholen sie nicht. Hier ist ein, es kann sein, dass Begegnungen stattfinden, die die Menge heruntertrampeln und die Fiakertierchen man noch ein Ärgernis: alte Damen nehmen es auf so taub machen, dass man nicht weiß, wo sich noch sich hätscheln lassen, und in Salzburg gibt es den sich stehen zu bleiben und Frauen zu mustern. Sie berühren lassen. Und fällt man in Salzburger Laken, so Mönchsberg, der alles schluckt (vor allem, vor allem schütteln die Köpfe und geizen mit Absolution. fällt man tief. Und fiele man nicht, so hätte man jeden ja die Sonne, wie wir wissen, sodass immer nur auf ei- In Salzburgs Gassen habe ich mich verirrt. Man muss Halt verloren. ner Seite des Flusses Licht sein kann, wo nie die Stadt sich den Gebäuden stellen, sonst kommt man nicht zu Jeder Gasse einen Namen und jeder Brücke Pfeiler, liegt, nur der Rest), und Theater, die sich dem Berg Recht, der Dom ist unkündbar und so ist sein Schatten. jedem Menschen seinen Dämon und jedem Bewoh- anbiedern, und Menschen, die sich einem Katholizis- Es gibt kein Recht auf Sonne und keins auf einen Wie- ner seine Begegnung, den Brunnen die Pferde und mus anbiedern, und auch lokalheroischen Schriftstel- senplatz. Der Weg ist niemals selbstgewählt, erst Fia- den Konzerthäusern die Anzugträger, jedem Ich ein lerstandbildern und in Salzburg gibt es Kirchen und kerfahrer, dann Reisegruppen, Wochenmarktbesucher gewaltsam verabreichtes Du – so hat Salzburg mich kirchliche Gymnasien und belichtete Gymnastikhallen, und Ortsansässige, Eingefleischte und Gutbetuchte, verwundet, so hat jedes Du mich verwundet und je- dert und teert Atem (Stoß) Weise ins Leere weicht ins abends um acht, aber in Salzburg gibt es nur einen Unverschämte, Musiker. Rettet man sich in Buchläden, der gegangene Weg war mein Versäumnis, jeder Plan Ohr ge (Stoß) en tönend sich fort (Stoß) pflanzend in Residenzplatz und auf dem findet ein Zusammenprall wird Unrecht angetan: „Suchst du was Bestimmtes?“ mein Urteil, jede Erfahrung mein ungelebtes Leben jeden Stein (Stoß) Winkel während Dummheit sich ver statt von zwei Menschenleibern, durch dessen Wucht Und fällt man aus einem Innenstadtlokal in eine Gasse – aber nichts hat mich verwundet wie die Dachkam- (Stoß) kriecht in siebenfacher Sünde (Stoß). Das Sin- eine Handtasche zu Boden fällt und sich dort über den hinein, weil man die Schwelle nicht gesehen hat und mer, sie hat sich in meinem Herzen eingenistet und gen das Schwingen (Stoß) Verkünden das Ge (Stoß) Kies entleert, ein paar Gegenstände ausspeiend, die die Jacke erst halb angezogen, und weil man nicht es gewaltsam geöffnet. Der Weg zu ihr so steil, dass kotze überschwappend in Ge (Stoß) hörgang und eilig wieder aufgerafft werden müssen unter spötti- mehr sicher auf den Beinen ist, so könnte es über- man fallen muss. Man geht an gegen dieses Fallen, Gebärmund. Auf (Stoß) steigend rot schwarz Sumpf schen Augen, die sich, sehnsuchtsgeil, so gerne allem all geschehen. So könnte es überall geschehen, und man geht so schnell wie man fällt und so muss man (Stoß) Innereien (Stoß) Bewegung. Lautanmaßung zuwenden. Und der Gegenstand Mensch: eine junge könnte es nicht, weil hier, zwischen Berg und Fluss die stehen bleiben, dass es einem den Atem nimmt. Man ringsherum allgegen (Stoß) wärtig ausufernd (Stoß) Frau, deren Blick im Weitereilen bodenhaftet. (Ich tra- seltsamsten Menschen sich rotten (man muss sie zu darf nicht mehr bei Kräften sein, wenn man oben Stille. Einsickern durchdringen das Schwing (Stoß) ge nach: PADAUZ). Boden treten und anschreien: jetzt sag mir, wer du ankommt. Man wird dort nicht zu Kräften kommen. Gestein Fensterglas Vorhangstoff Körper (Stoß). Still- Man eilt, man eilt, denn wo soll man sich aufhalten; bist, und wenn du's nicht sagst, zurück auf den Gang Was hört man, wenn niemand spricht, keine Münder, schwellung Ver (Stoß) taubung euphorisch rasende der Blick klettert die Fassaden empor und rutscht ab, mit dir und grüß nur nett, wenn wir uns sehen) – und keine Hände, was hört man, unangeblickt, unerlöst, (Stoß) Rast schwall (Stoß) trunken. Blau (Stoß) Sehnen zu hoch, zu glatt, zu alt, der Boden ist sich uneins, man weiß nicht genau, sind sie nur blöd im Kopf oder zurückgedrängt auf die eigenen Knie und den Platz Dumpfung viehische. Kopf (Stoß) fassen wegdrücken Kies, Baustellen, Kopfsteinpflaster. schon Denker. den man einnehmen muss, was hört man, wenn man Atem (Stoß) hören auf (Stoß) schreien Herz (Stoß) klat- Kennt man das Café Tomaselli? Man kennt es, aber Wer in Salzburg ist kommt von überall oder war nir- hören möchte was niemand sagen will, man hört, man schen auf (Stoß) brechen zerplatzen bersten auslaufen man geht nichts trinken dort. Man kennt die Verrück- gendwo, oder geht den Kompromiss ein: Oberös- hört die vermaledeiten Kirchen (Stoß) Glocken die absacken Atemende Kopfstücke Wegzucken vermale ten, gediegener als anderswo, sie haben Ballett ge- terreich. Wer nach Salzburg kommt, spricht gern von ihre Gesinnung aus (Stoß) schreien, schütten ü (Stoß) – deite – Kirchen – Glocken. tanzt und gehen jetzt einkaufen, den Rest ihres Lebens früher oder später, denn Salzburg ist der Wartesaal ber die ganze Stadt in ihrem (Stoß) Wiegen Wabern lang. Man kennt, und das Kennen rettet – denn käme unter den Städten, die Vorhölle, ein Fegefeuer für Schaffen (Stoß) während der Becken (Stoß) Boden fe- 18 Marlen Mairhofer, Germanistik 19 KULTURSZENE Patrick Brandstätter, BE & Werkerziehung ärger aus der dreifaltigkeitsgasse 3 KULTURSZENE ansprüchen genüge getan, im 20. jh. zumindest. heute in sich birgt, der jedoch durch die ganze glorifizierung würde man ihn vielleicht ein wenig umformulieren müs- der toten ständig unterdrückt wird: man fühlt sich im sen, z.b. „der tod des autors(künstlers) ist die onanie ständigen wettbewerb mit den eigenen idolen, dem der masse“. ein hartes urteil im angesicht der tatsache, eigenen lieblingstoten, und vergisst dabei, dass man dass es treue leser und kunstbegeisterte gibt, die sich immer noch träume hat, die andere unmöglich haben einem solchen urteil eher entziehen würden, als dass können, weil sie anders träumen bzw. geträumt haben. sie es unterschreiben. doch gilt dieser spruch weniger viele vergessen auch, dass kunst noch ein anderes er- ihnen, sondern gerade den anderen, den kunstbanau- lebnis in sich trägt und zwar: die zusammenkunft. kunst sen und profitgeilen nichtwissenden, die aus der be- schafft dialoge, zwischenmenschliche dialoge, sie geisterung anderer, die sich mit der kunst schon ihr schafft interpretationsräume, die alle menschen und leben lang beschäftigen, ihre schlusspunkte ziehen, alle meinungen mit einschließt. um dann den größtmöglichen profit zu schlagen. heut- künstler und künstlerinnen versammelten sich seit je zutage nennt man so etwas „prozente bekommen“ her in gruppen, wie tiere vor einem wasserloch sich oder „gefährliches halbwissen“. seit duchamp wissen versammeln. was das wasserloch hergibt: leben und wir: auch urinale lassen sich als kunst prima verkaufen; freiheit des augenblicks. egal, ob die kunst romantisch, tote künstler umso besser. beides wird auf jeden fall symbolistisch, dekadent, experimentell oder postmo- verschleißware, es wird sinnentleert bis zur kompletten dern war, die gemeinsamkeit lag in der zusammenkunft, auflösung des gegenstandes, wobei dies dem urinal in dem zusammenstoß der künste, unabhängig jeder weniger schaden wird als dem künstler, der dann auf gattung. wir denken an dichterzirkel, künstlertreffs oder irgendewelchen trinkbechern, umhängern, aufnähern, an die salone des 19. jh. wir denken an trakls dichterzir- fensteraufklebern, schlüsselaufhängern, papppodes- kel „minerva“ oder die freundschaften zwischen rodin ten, überteuerten marzipangefüllten schokoladenku- und rilke, paul celan und ingeborg bachmann oder an geln, schuhen, jacken, hosen, hosenträgern, strümpfen, stefan zweig, den meister der freundschaften und des tellern, kochtöpfen oder billigen einwegfeuerzeugen künstlerischen dialogs. viele altbeakannte literaten und künstler salzburgs wür- wohl stimmt und weisen dir den weg zur besagten to- um 6,80€ das stück landet. dazu kommen noch die aber das schwelgen brachte nie etwas anderes als sehn- den wahrscheinlich in zweifacher sicht ihre köpfe wie ilette; im 21. jh. wird der weg zum dorfklo beschildert, unzähligen tonnen papier, die sein gesicht tag für tag sucht mit sich, also das verderben und sterben eines farbdosenmischer schütteln, würden sie sehen, wie ein denkmal wird sogar daneben errichtet, manche sa- tragen müssen; am ende kommt er noch auf den geld- weiteren traumes. tat wäre angebrachter, jedoch über- heute mit ihnen und mit ihrem werk umgegangen wird. gen, der künstler hat hier die idee für sein kapitalwerk schein und die leute müssen ihre augen anstrengen, wiegt die angst. wie aber im angesicht bestehender rewind: viele tote, altbekannte literaten und künstler bekommen. dies kennen wir nur allzu gut, die besten um die kleingedruckten buchstaben zu lesen, die so kunstinstitutionen, welche die kunst messen und ihr ein salzburgs drehten sich wahrscheinlich jetzt gerade in ideen kommen ja bekanntlich während des kontemp- kurz wie möglich beschreiben sollen, was den mann so schwachsinniges wort wie „stellenwert“ zukommen ihren gräbern, würden sie sehen, wie mit der kunst in lierens auf der schüssel. oder die frau so berühmt gemacht hat: w.a. mozart. lassen, wie selber kunst machen, dabei aber immer im dieser stadt und, generell, in der welt immer noch um- die kunst ist schon längst ein millionengeschäft gewor- komponist; i. bachmann. schriftstellerin. schatten anderer agieren ? es gilt selber einen schatten gang gepflegt wird. dass die toten als solche immer den und keineswegs für die künstler: diese verrotten und doch, bei all diesem dilemma, bei all dieser onanie zu werfen, ohne dabei an institutionen oder die inst- schon ein großes geschäft waren, lässt sich nicht von gemütlich in ihren wohnungen und warten sehnsüchtig und aufgeilung der irregeführten masse für einen to- rumentalisierung von kunst zu denken. in den ganzen der hand weisen. irgendwo, in einem abgelegenen kaff auf den ersten verkauf oder den ersten preiswährend ten körper, gibt es noch die kunst, es gibt immer noch künstlerhäusern und kunstinstitutionen ist kunst zu ei- inmitten der einöde steht eine dorftoilette, in der ir- andere sehnsüchtig auf den tod des künstlers warten. einen freien raum außerhalb der grenzen des mit den ner gewohnheit verkommen, zu einer geste ohne sub- gendwann einmal im 19. jh. ein künstler sich erleichtern dabei hat barthes‘spruch „der tod des autors(künstlers) eigenen füßen abgelaufenen raumes. was viele oft ver- stanz. eine lästige pflicht, der stadt und land irgendwie musste: im 20. jh. sagen die ortsansässigen, dass dies ist die geburtsstunde des lesers“ schon längst seinen gessen, ist, dass kunst ein raum ist, den jeder mensch entgegenkommen müssen: minimalbudget! 20 21 KULTURSZENE KULTURSZENE Junge Literatur für Salzburg – Celans auszeichnen, erzählen in einer Folge assoziati- Salzburg, einer poetische Landvermessung. Getragen keine objektive Rezension ver Bilder vom Krieg und der Kindheit. Der schwierige, von einer abgründigen Komik und stets an der Gren- oftmals hermetisch erscheinende Charakter von Dinics ze zur Tragödie taumelnd, bleibt uns das Lachen buch- 14.12.2011. 20:00 - Die Vereinigung Junge Literatur für Poesie erschließt sich nicht sofort, bleibt dunkel und fra- stäblich im Hals stecken. Mairhofer erzählt in einem Salzburg lädt unter dem Kampftitel Kulturkeule zu ei- gend. Der Autor, im in den Balkankriegen verheerten Ton zwischen Lakonie und Verzweiflung von Verletzung ner Lesung in die Bergstrasse. Es versammeln sich vier Serbien aufgewachsen, beschwört die Welt seiner Kind- und Trauma, vom existentiellen Drama des Lebens, von Autorinnen und Autoren, deren poetische Programma- heit, die Kirschbäume und die Asche der Städte. Dinic der Verurteilung zur Unfreiheit. Dies geschieht in einer tiken kaum verschiedener sein könnten. erzählt nicht, er schafft Bilder für Stimmungen und ver- enigmatischen Sprache, dunkel und strahlend zugleich, In der Reihenfolge ihres Auftretens lesen Sarah Eder, knüpft diese, wobei die Sinnfindung dem Leser über- die man nicht beschreiben könnte – wo Bezugspunkte dabei wissen die leute nicht, dass es gerade in salz- Marko Dinic, Peter W. und Marlen Mairhofer. lassen bleibt. Die Gedichte bleiben ein Netz von Ver- finden? Surrealismus, Existenzialismus? Ja, aber. Und burg viele, von den ganzen institutionen unabhägige Sarah Eder liest aus Kleine Konjunktive, einer Fortset- weisen, Andeutungen und Anklängen, er verschweigt dieses Aber bleibt bestehen und wird groß und größer künstlerkreise gibt, die regelmäßig ihre eigenen ver- zung ihres Debüts Herr Leben, die Rechnung bitte!. mehr, als er benennt. Die erwarteten Auflösungen, die während wir uns fragen, ob wir vergleichbares in der anstaltungen haben: die reihe „sowhat-wörtlich“ mit In ihrem Email Roman - übrigens wesentlich schöner, Losungen bleiben verschollen. Man wird nach ihnen su- Literatur der letzten zehn Jahre gelesen haben. Spätes- regelmäßigen lesungen von jungen salzburger auto- schlauer, witziger und von einer sprachlichen Dichte, chen müssen. tens mit dem Lautgemälde, das den Schluss des Textes rInnen im jazzclub „SoWhat!“; die „kulturkeule“ in der die man bei Daniel Glattauer vergeblich sucht - be- Peter W. liest Prosa und Gedichte, unplugged, wie er bildet, ein Katarakt aus Kirchenglocken und zerplatzen- bergstrasse 13, bei der leute bis spät in die nacht über handelt Eder die großen und kleinen Lebensdramen, betont. Die Nonsense-Gedichte erinnern an Texte von den Herzkammern – wenn Sie mir nicht glauben, lesen verschiedenste themen diskutieren; „wort klang und die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der Liebe. Mit Funny van Dannen und Sven Regener, eine Klasse, die sie nach – ist klar womit wir es hier zu tun haben: klug, geschmack“ im shakespeare, wo neben lesungen und Leichtigkeit und Witz erzählt sie von den Erschütterun- der Autor leider selbst nur in den seltensten Augen- belesen, mit skalpellgenauem Blick und doch voller performance auch ein selbstgemachtes buffet serviert gen in den Lebensentwürfen junger Menschen, erzählt blicken erreicht. Die Idee war wohl gut, doch der Text Wortwitz und Verve, sehen wir eine Frau, mit der in den wird; natürlich das „SEAD“: die akademie für zeitge- vom Zusammenleben und von den Schwierigkeiten noch nicht bereit bzw. gereift; so oder so ähnlich. Ent- nächsten Jahren zu rechnen sein wird. Man darf sich auf nössischen tanz bietet vielleicht den besten ort für in- beim „Zweitspracherwerb der Liebe“: Die Protagonis- weder die Idee zündet nicht wirklich, oder, wenn doch, die künftigen Arbeiten dieser schon jetzt eigenartig- teraktion zwischen den künsten in ganz salzburg. es tin Hannah schreibt ihrem Therapeuten, Herrn Leben, wird sie überstrapaziert und anschließend mit bemer- einzigartigen Autorin freuen. gäbe hier noch viel mehr zu sagen. aus dem selbstverordneten Zwangsurlaub mit ihrem kenswertem Enthusiasmus zu Tode geritten. So gesche- Was sich hier abzeichnet ist vielleicht keine Trendwende ausschlaggebend ist: all diese jungen leute stehen im Freund. Hannahs Ausbruchsversuch scheitert; der wei- hen in einem Text, der davon erzählt, dass Gott einen in der deutschsprachigen Literaturlandschaft, aber mit dialog zueinander; die kunst treibt sie zusammen, treibt ße Schatten Sehnsucht, den sie zurückgelassen glaubt, neuen Nachbarn bekommt. Eine Ausnahme bildet der Sicherheit ein Hoffnungsschimmer, dass trotz der lite- sie an. sie zeigen, dass der raum kunst für jeden be- holt sie ein und konfrontiert sie mit der Frage: Was tun, Text Finger in der Milch. Hier schafft W. einen so komi- rarischen Beliebigkeit etablierter Autoren, der „Unter- gehbar ist, der sich traut seinen träumen ausdruck und wenn eigentlich alles stimmen müsste, aber trotzdem schen wie beunruhigenden Ausblick in ein Pandämoni- grund“ nicht schläft. Es gibt weiterhin Autorinnen und form zu verleihen. was verbleibtist der wille der institu- immer irgendetwas nicht ganz so ist wie es eigentlich um häuslicher Grausamkeit. Er schafft einen Moment Autoren, die Literatur nicht als ein Mittel sehen sich ge- tionen diese künstler zu unterstützen, als auf ihren tod sein sollte? genuinen, existenziellen Terrors. Peter W. als Autor ist sellschaftlich zu etablieren und zu Geld zu kommen. Es zu warten. sie zu unterstützen in ihrer unermüdlichen Mit Sprachwitz und Ironie beschreibt Eder die Fallstri- eine Streitfrage, ob es sich bei seinen Texten mehrheit- gibt weiterhin junge Menschen, die schreiben weil sie arbeit an der kultur, unabhängig davon, wie viele prei- cke in unseren Beziehungen. Ein überaus geistreicher lich um Rohrkrepierer handelt, oder ob W. vielleicht in müssen und wir, wir sollten ihnen zuhören. Denn was sie se ein künstler gewonnen hat oder nicht. der künstler Liebesroman also, auch für Menschen die keine Lie- Wirklichkeit doch ein begnadeter Dekonstrukteur kon- uns zu sagen haben, ist schon jetzt wesentlich und wahr. und seine kunst wird ja heute nur noch an den preisen besromane mögen, und vor allem eine spannende, viel ventioneller humoristischer Texte ist, ein Überwinder Lassen wir also meinetwegen dem Herrn Kehlmann die gemessen, die er gewonnen hat. noch eine perversion versprechende Autorin mit einer eigenen, eingängigen von Grenzen, ein wundervoller Selbstvernichter, bleibt original Salzburger Festspiele, aber garantieren wir der des 21. jh.: preiswahn! Sprache. wohl dem Publikum überlassen, das sich in seinen Re- Jungen Literatur für Salzburg die Straßen und Plätze in am ende überwiegt dennoch die tat… Marko Dinic liest aus seinem im Februar erscheinenden aktionen durchaus gespalten zeigte. unseren Ohren, Köpfen und Herzen. Gedichtband Namen.Pfade. Dinics Gedichte, die sich Den berückenden Abschluss der Lesereihe macht Mar- durch eine große Affinität zur lyrischen Diktion Paul len Mairhofer mit ihrer Liebeserklärung an die Stadt Marko Dinic 22 A. N., Germanistik & Anglistik 23 BÜCHERTISCH BÜCHERTISCH IT-Geschichten zum shakespeareschen Königsdrama hochstilisiert. dieses Lebens großen Raum in der Biografie ein, der Das zweite Buch sollte für GeisteswissenschaftlerInnen Aaron Sorkins, der für seine Drehbuchfassung den Os- gegen Ende hin eher noch zunimmt. Der/die LeserIn besonders interessant sein, da es eine von einem der car erhielt, wird auch das Drehbuch zum kommenden wird in Vorstandssitzungen und Design-Meetings mit- Ihren geschriebene Insiderperspektive aus einem Un- Jobs-Biopic schreiben. Der Dritte im Bunde der Son- genommen, er erfährt über Aktiengesetze, Firmenint- ternehmen, das heute praktisch ein Synonym für das nenstaatelite: Google. rigen und Marktentwicklungen. Es ist klar: was einem Internet ist, ist. Facebook und Apple und, wenn auch noch nicht fikti- hier präsentiert wird, ist Jobs der Unternehmer, Visi- Douglas Edwards‘ Erfahrungsbericht „I’m Feeling Lu- onalisiert, Google sind die drei Silicon Valley - Gigan- onär, Schaffer. Schlägt man das Buch zu, findet man cky. The Confessions of Google Employee Number ten, die sich derzeit anschicken, unser digitales Leben sich vor allem widerwillig staunend und beeindruckt. 59” ist die Geschichte eines English Majors, der aus zu übernehmen, und - laut Spiegel - bereits „unseren Was immer man über sein Erbe denkt, nach Isaacsons der Marketing-Abteilung eines etablierten Printunter- Alltag und unser Denken“ verändert haben. Ihre Grün- Lektüre bleibt einem wenig anderes übrig, als Jobs als nehmens die abenteuerliche Flucht in die Do or Die der sind die Popstars der „Netznatives“-Generation, einen Menschen zu respektieren, der sein Leben sei- - Welt eines kleinen, unbekannten Silicon Valley - Star- Es ist noch gar nicht so lange her, da hätte man es jener jungen Menschen, für die eine analoge Welt nur nem Werk untergeordnet hat. tups namens Google wagt. Blättert man auf die Copy- für unvorstellbar gehalten, dass der Tod des Vorstands mehr einen düster archaischen Spuk der Vergangen- Zitat Jobs (nach Isaacson, S. 665): right-Seite, erfährt man, dass es sich für ihn ausgezahlt eines großen, börsennotierten Unternehmens globa- heit darstellt. Sie lehren sie vor allem eines: dass eine Was hat mich angetrieben? Ich denke, die meisten hat: die Einnahmen aus den Buchverkäufen gehen alle le Wellen der Sentimentalität und Trauer auslöst. Mit gute Idee und die Fähigkeit, dazu zu stehen, immer kreativen Menschen wollen ihre Anerkennung dafür wohltätigen Zwecken zugute. dem Tod von Apple-Gründer Steve Jobs am fünften noch mehr wiegt als sämtliche Beziehungen und Par- zum Ausdruck bringen, dass es ihnen möglich war, die Verglichen mit den anderen beiden Büchern ist Edwards‘ Oktober dieses Jahres wurde das Szenario Wirklich- teibücher. Arbeit anderer, die vor uns waren, zu nutzen. Ich habe Text mehr Heldenerzählung denn Unternehme(r/n) keit. Drei in den letzten Jahren erschienene Bücher halten weder die Sprache noch die Mathematik, die ich bei- sbiografie, obgleich nicht klar ist, wer genau der Held In den Tagen nach dem Tod „eines der größten ameri- die Genese dessen, was viele die Zukunft nennen, aus de verwende, erfunden. Ich stelle mein Essen kaum ist, denn der Protagonist, Edwards findet sich kanischen Innovatoren“ (Zitat Barack Obama) erglom- den Gehirnzellen weniger Inspirierter fest. Wer mehr selbst her, meine Kleidung überhaupt nicht. Alles, was Nicht-Technikgenie in einem Unternehmen, das, von men vor Apple Stores rund um den Globus in wehmü- über diese Produkte, die - wie auch immer man zu ih- ich tue, hängt von anderen Vertretern unserer Spezi- ebensolchen gegründet, ebensolche anziehen will, als tigem Andenken Bilder des Gründers auf iPads und nen steht - unsere Lebensrealität unweigerlich verän- es ab und von den Schultern, auf denen wir stehen. Fremdkörper wieder. Er versteht den Jargon nicht, den iPhones, Kondolenzmitteilungen fluteten Foren und dern, und die Menschen dahinter erfahren will, dem Und viele von uns wollen etwas beitragen und unserer Arbeitsethos, das Produkt. Seine konventionellen, auf Kommentarsektionen auf Youtube und der Designer, sei hiermit geraten, in eines dieser Werke zu schauen. Spezies etwas zurückgeben. Das heißt, man versucht Sprache basierten Marketingansätze finden bei seinen der den Bissen im ikonischen Apfel mit dem Profil Das jüngste der drei Bücher ist die Steve Jobs-Bio- etwas auf eine Art und Weise auszudrücken, die die (von ihm so nicht bezeichneten) Gegenspielern Larry Jobs‘ vertauschte, erlangte kurzzeitigen Ruhm. Auf grafie von Walter Isaacson, Biograf und ehemaliger meisten von uns beherrschen -- weil wir keine Songs Page und Sergey Brin, den Gründern, wenig Verständ- der Gedenkveranstaltung in Cupertino spielte Cold- Managing Editor des Time Magazine. Nur wenige wie die von Bob Dylan oder Theaterstücke wie die von nis. Sprache als Wirkungsinstrument kommt für sie play. Sie wurde von tausenden Menschen besucht, die Wochen nach dem Tod des Apple-Gründers erschie- Tom Stoppard schreiben können. Wir versuchen, mit Aberglauben gleich, der sich durch Zahlen empirisch sich unter haushohen Schwarzweißbildern des Verstor- nen, beleuchtet es das Leben eines Mannes, der es den Talenten, die wir besitzen, unsere tief sitzenden kaum unterlegen lässt. benen zusammenscharten. Die Botschaft war klar: hier durch Vision, Rücksichtslosigkeit und Dreistigkeit aus Gefühle zum Ausdruck zu bringen, unsere Anerken- Edwards schildert sein eigenes Geschick innerhalb wird ein Held betrauert. einfachen Verhältnissen ganz nach oben schaffte. nung für alle Beiträge vor uns zu zeigen und dem Flie- des Unternehmens zusammen mit dessen Aufstieg zu Jobs´ Tod ist das Ende nur eines von mehreren Gegen- Der David-gegen-Goliath-Topos, verwirklicht in der ßen etwas hinzuzufügen. Das hat mich angetrieben. einem, wenn nicht dem, führenden Technologiekon- wartsmythen, die in Kalifornien ihren Ursprung nah- Vorstellung des American Dream, klingt bei Isaacson Fazit: Wer sich ein nuancierteres Urteil über einen der zern. Mehr noch als die Jobs-Biografie nimmt dieser men. Sicher hat der/die eine oder andere vor einem allerdings nur insofern an, als sich dem Leser diese Väter unserer heutigen IT-Welt bilden möchte, sollte Text den/die LeserIn mit in eine komplett andere Welt, Jahr „The Social Network“ gesehen, den Film, in dem Assoziationen unweigerlich aufdrängen. Tatsächlich dieses Buch lesen. Gleichzeitig bietet es, wie jeder in der Ingenieure Kaiser sind und alle anderen ihre Zu- Regisseur David Fincher die Gründung von Facebook nimmt die technische und unternehmerische Seite gute Mythos, eine spannende Geschichte. bringer, wobei diese IngenieureInnen keine Zahlent- Foto: v.l. Hanser, Bertelsmann, Houghton Mifflin Harcout 24 25 als BÜCHERTISCH BÜCHERTISCH FUndstück aus der bibliothek NEU In DER BUCHHANDLUNG K. H. Kramberg (Hg.) – Vorletzte Worte rottel sind, sondern durchaus rundum gebildete und Schriftsteller schreiben ihren eige- Thomas Glavinic – Unterwegs im Namen des Herrn interessierte Menschen mit einem realen Interesse, nation, die den/die LeserIn bei der Lektüre von „Der nen Nachruf. Der Untertitel klingt das Leben ihrer Mitmenschen zu vereinfachen. Facebook-Effekt. Hinter den Kulissen des Internet- verheißungsvoll. Und auch das Fazit: Edwards bringt den LeserInnen die Menschen Giganten“ überkommt, liegt am Stoff, nicht an einer Vorwort („Letzte Worte werden „Die nächste Stunde sitze ich da hinter den bunten Buchstaben näher und zeigt einen reißerischen Aufbereitung. Als langjährigem Techno- von Dilettanten entwickelt. Dem und bringe es fertig, nur einen zunehmend als anonyme, bedrohliche Macht empfun- logieschreiber für Fortune gelingt es Kirkpatrick spie- Schriftsteller aber ziemt es, den einzigen klaren Gedanken zu fas- denen Internetgiganten als nichts anderes als ein Pro- lend, die Entwicklung eines Neunzehnjährigen und Epilog des Stückes zu bedenken, sen, und der dreht sich um die dukt von Menschen, mit allen guten und schlechten seines Projekts, Offenheit und Verbundenheit in der das er selbst aufgeführt hat.“) ist Frage, ob Gott, wenn er existiert, Seiten, die damit einhergehen. Welt voranzutreiben, nüchtern und klar aufzubereiten. löblich zurückhaltend. Und fürwahr, jederzeit meine Gedanken liest. Zitat (Edwards, p. 389): Vor allem zeigt er auch, wie sehr Business und Per- es handelt sich um ein literarisches Ansonsten sitze ich einfach da, Is Google secretive? No question. Arrogant? Maybe. sönlichkeit im angloamerikanischen Raum zum Guten und literaturhistorisches Fundstück, dass man im Germa- schaue auf die Straße und bin so Tone-deaf to the concerns of the very users it claims to wie zum Schlechten fusionieren. Wie auch bei den an- nistik-Teil der Unipark-Bib finden kann. serve? Occasionally. But evil? I don’t think so. deren Werken warten am Ende dieser Lektüre einige Autoren wie Peter O. Chotjewitz, Johannes Mario Simmel Der bekennend atheistische Ich- Facebook. Was wurde in den letzten Jahren nicht da- Erkenntnisse über die Welt von heute. oder nicht zuletzt der verstörend verwirrende Kurt Kusen- Erzähler im neuen (Halb-)Autobiographischen Roman rüber geschimpft, geschwärmt, gelacht, geklagt. Man Fazit: Ebenso sehr die Geschichte eines Unterneh- berg halten ihre eigene Grabrede. Aufgrund der großen von Thomas Glavinic macht sich als (blinder) Passagier hat ihm Privatsphärenverachtung vorgeworfen und mens wie die Geschichte eines Zeitgeists. Empfeh- Menge an vertretenen Persönlichkeiten kann man durch- auf die Fahrt nach Medjugorje. Zusammen mit seinem Userausnutzung, Intransparenz und die zunehmende lung: als Nachbereitung zu Finchers „The Social Net- aus von einem breiten Spektrum der deutschsprachigen Freund Ingo will er der Frage auf den Grund gehen, Oberflächlichkeit menschlicher Interaktion. Nichts da- work“ lesen. Literatur der 60er- und 70er-Jahre sowie der literarischen warum Menschen glauben – und welche Menschen von hat verhindert, dass jeden Tag tausende weitere Zitat (Kirkpatrick, S.301): Entfaltung sprechen. Die Sammlung ist eine ideale Mög- das überhaupt sind. Menschen in die Gemeinschaft eintreten, die bereits „Im März 2009 gab das Marktforschungsinstitut Niel- lichkeit, die Literaturlandschaft zu durchkämmen und in- Mit gewohnt scharfsichtigem Blick zeichnet Glavinic mehr ist, als ein soziales Netzwerk wie es MySpace sen eine epochale Veränderung im Internet bekannt. teressante, einem unbekannte Autoren zu finden. eine Typologie der Gläubigen und findet statt Ant- oder Friendster waren. Facebook ist Internet im Inter- Die Zeit, die Internetnutzer in aller Welt in sozialen Ich verwende dieses Buch als Oase im manchmal tristen worten immer mehr Fragen. Der Plot-twist etwa bei net. Man kann darin Tage verbringen, ohne irgendeine Netzwerken verbrachten, war zum ersten Mal länger Bibliotheksalltag. Die kurzen Erzählungen, Reden, Rück- der Hälfte führt den Suchenden schließlich weg vom andere Seite zu betreten, und wenn man eine betritt, als die Zeit, die sie für E-Mail aufgewendet hatten. blicke bieten sich an, spontan im Stehen oder in der Lese- Pilgerort in einen Wahnsinn der ganz anderen Art. betritt man sie über Facebook. Seine Identität nimmt Eine neue Form der Kommunikation war im Main- lounge konsumiert zu werden. Einige Empfehlungen her- Unterwegs im Namen des Herrn schließt nicht naht- man einfach mit. stream angekommen.“ vorzuheben fällt mir schwer – niemand sollte jedoch den los an Das bin doch ich an, wenngleich die Erzähler- fiktiven Abschied von Ernst Jandl versäumen. In einigen stimme die gleiche ist. Einfacher als bei seinem ersten Mark Zuckerberg, der jüngste Milliardär aller Zeiten. Foto: Josef Kirchner Foto: Hanser Verlag schlau wie Gemüse.“ 2010 von Time gekürte Person des Jahres. Von David Edwards, Douglas: I’m Feeling Lucky. The Confessions of wenigen Punkten realisiert er es, seinen als Film gestalte- (Halb-)Autobiographischen Werk zeigt uns der öster- Fincher filmisch als ehrgeiziger, kühler Nerd interpre- Google Employee Number 59. Boston, New York: ten Nachruf vor dem geistigen Auge des Lesers vorzufüh- reichische Autor seine Sicht auf einen Teil des Lebens. tiert. Philantrop. Leuchtturm für Jugendliche überall Houghton Mifflin Harcourt, 2011. ren und schafft dabei ein Meisterwerk seines Schaffens, Wer die Vorgänger kennt, wird auch von dieser Ur- auf der Welt. Isaacson, Walter: Steve Jobs. München: dass vor Surrealismus und Kreativität strotzt. Ich kann nur laubslektüre überzeugt sein – als Einstieg in seinen Facebook + Mark Zuckerberg? Material für eine fes- warnen: Diese Bilder verfolgen mich in meinen Träumen! Kosmos empfehle ich es jedoch nicht. selnde Geschichte von dem unbedarften Jüngling, Kirkpatrick, David: Der Facebook-Effekt. Hinter den Kulissen dessen Talent und Interesse die Welt veränderte. Da- Signatur: II KRA 6 (Germanistik) Hanser | 207 S. | € 18,40 Josef Kirchner, Geschichte & Germanistik Josef Kirchner, Geschichte & Germanistik C.Bertelsmann, 2011. des Internet-Giganten. München: Hanser, 2010. vid Kirkpatrick lässt sich von der Sogwirkung seines Materials glücklicherweise nicht anziehen. Die Faszi- Alexander Macho, Germanistik & Anglistik 26 27 HEUTE SCHON WAS VOR? 20.01.12 | 21.00 | Das Kino Nacht der Programmkinos Die bewährte Initiative der kulturell orientierten Kinos in Österreich geht in die zweite Runde. Ein Filmmosaik bis tief in die Nacht bei freiem Eintritt. 20.01.12 | 20.00 | Literaturhaus Lesen lassen! Gäb es uns nicht schon in gedruckter Form, wären wir wohl diese Veranstaltung. Sei es, wie es ist: Wir sind auf jeden Fall dabei! 28.01.12 | 16.30 | Rockhouse Local Heroes Bandcontest - Vorrunde Unter Mitwirkung von Bodo Hell liest die düstere Literatin aus Ihrer neuen Prosa „vom Umhalsen der Sperlingswand, oder 1 Schumann- wahnsinn“. Ein Mosaik an Textbausteinen. 30.01.12 | 20.00 | Literaturhaus Lesung: Frederike Mayröcker 03.02.12 | Mark Eröffnungsfest Der größte Live-Bandcontest im deutschsprachigen Raum, auch heuer im Rockhouse. Weitere Vorrundentermine: 04.02. und 25.02. Endlich wird das Freizeitzentrum feierlich eröffnet. Wir feiern mit. Weitere Informationen folgen in Kürze auf www.marksalzburg.at 11.02.12 | 21.00 | Jazzit The Pond Pirates Ein Mosaik aus Stilen und Instrumenten fusioniert zu einem unverkennbaren Klangerlebnis Made in Salzburg. Es wird getanzt werden. 18.02.12 | MdM Mönchsberg Röcke Tragen Kleidung als Möglichkeit der Selbstverwirklichung - eine Selbstverständlichkeit. Bis Anfang Juni widmet sich eine Ausstellung der Adaption in der Fotographie. 22.02.12 | 19.30 | Schauspielhaus Premiere: Othello 23.02.12 | 20.00 | Republic Science Busters - global warming tour 24.02.12 | 21.00 | ARGE-Kultur Roter Salon: The Helmut Bergers… 25.02.12 | 19.00 | Landestheater Premiere: Das weite Land William Shakespeare führt uns in eine Spirale der Intrigen. Ein TheaterKlassiker im modernen Gewand. Am Spielplan bis Anfang April. Endlich jemand, der uns Geisteswissenschaftern die Welt erklärt. Stilecht von Vortragenden mit Titelangabe. Das FM4-Programm auf Abendlänge. … Allen Alexis und Freud. Ein Mosaik aus FM4-Musik, allen voran die Salzburger Wunderkinder - das ergibt einen abgerundeten Salon-Abend. Schnitzlers gesellschaftskritische Analyse ist heute aktuell wie vor hundert Jahren. Eine der vielen Annäherungen zum Jubiläum. Bis Anfang Juni am Spielplan. Du hast eine Veranstaltung für uns? Egal ob Film, Fest oder Vortrag: lad uns und alle Leser des mosaik ein! Du warst auf einer Veranstaltung oder freust dich auf Zukünftiges? Lass uns teilhaben und schick uns deine Erfahrungen! Wir freuen uns auf deinen Beitrag: mosaik@studlit.at