Zeitschrift für Literatur und Kultur

Transcription

Zeitschrift für Literatur und Kultur
mosaik
Zeitschrift für Literatur und Kultur - von und für StudentInnen
DIE ERSTE SEITE
Vorwort
Was ist ein Mosaik? Vielfalt? Fragmenthaftigkeit?
E Pluribus Unum?
Die Antwort entspricht dem Gegenstand: alles auf
einmal.
In dieser Semantik ist für uns das Mosaik ein treffendes Sinnbild sowohl für die Literatur in all ihrem schillernden Facettenreichtum als auch für die Universität,
an der Menschen aus aller Welt und allen Schichten in
der Verfolgung verschiedenster intellektueller Interessen zusammenkommen.
Unser Gedankengang bei der Gründung dieser Zeitschrift (für deren finanzielle Unterstützung wir uns hier
bei der ÖH Salzburg bedanken) war, dass ein Mosaik,
das diese beiden Sphären vereint, ein interessantes
und spannendes Projekt sein könnte, gerade zu einer
Zeit, in der das Weltbewusstsein einmal mehr wie die
Maus vor der Schlange im Bann blutender Zahlen und
abstürzender Graphen steht.
INHALT
Das geschriebene Wort kann heilen, was Panik, Neid
und Gier im Menschen zerstört. Man muss es nur le-
Wir starten ... Nackt ...
4
sen. Darum bedanken wir uns auch bei dir, der oder
die du gerade vor unserer ersten Zusammenstellung,
Gedichtetes
8
unserem ersten Mosaik, sitzt. Denn was wären die Mühen der Autorinnen und Autoren sowie der Redaktion,
Fließtext
11
wenn sie nicht von kritischen Kunstliebenden gesehen
und gelesen würden.
IMPRESSUM
Herausgeber: Josef Kirchner, Alexander Macho. Layout/Satz/Grafik/Illustration: Sarah Oswald. Erscheinungsweise: 4 Hefte pro Jahr.
Salzburg-Seiten
17
Es war uns eine große Freude, dieses Mosaik aus den
Die Texte stellen lediglich die Ansichten der Autorinnen und Autoren dar. Die Rechte bleiben bei den Verfasserinnen und Verfassern. Die Urheber
anonym erschienener Texte sind der Redaktion bekannt.
Kulturszene
E-Mail (für Anfragen und Texteinsendungen): mosaik@studlit.at.; weitere Informationen auch auf unserer Facebook-Seite.
Büchertisch
24
teratur dadurch zu neuen Höhenflügen gelangt.
Mosaik versteht sich als nicht-profitorientiertes Magazin zur Veröffentlichung studentischer Texte. Ermöglicht wird dies durch die unentgoltene
Mitarbeit und Unterstützung der österreichische HochschülerInnenschaft Salzburg - Fakultätsvertretung Kultur- und Gesellschaftswissenschaften.
Heute schon was vor?
28
Die Redaktion.
2
20
zahlreichen Einsendungen zu gestalten, und wir hoffen, dass das Interesse für studentische Kunst und Li-
3
WIR STARTEN ...
NACKT ...
Geleut
Werte Freunde,
Riesentitte folgt im Entenschritt dem grauen Mehr Haut als Haar, ganz dem Haupte der
Schnauzbart, den Ledrigen ziehend.
Besitzer ähnlich.
Er den Ledrigen zerkauend.
Beider.
Einen guten Platz für die weiche Rückenverlängerung Lichtungen höchster Feinheit.
rollt das Pergament auf,
Reinheit?
zückt eure Federn
Er schlurfend, die Füße graben sich ins Pflaster.
Schenkste denkste.
und lasst sie über das weiße Blatt gleiten.
Selbiges flattert sichtbar.
Schuppen groß wie Fingerkuppen.
Nehmt euch Zeit und
Winterzeit.
Auf Haupt und Haar, auf Schultern, Beinen wunderbar.
schreibt so lange,
Stiefelzeit.
Mit lockenden Locken.
bis eure Finger erlahmen.
Socken blitzen.
Fettig.
Lasst euch führen
Noch und nöcher,
Für jeden Bazillus ein Festtagsgenuss.
von diesem unwiederbringlichen
Loch und löcher.
Fertig mit dem Ledrigen, verputzt samt Kern
Fluss eurer Gedanken direkt in
Weiß mit Fusseln.
eure Fingerspitzen.
Dusseln.
Es dürstet sie aber wohl, die holde Maid, in ihrem Unterbrecht sie nicht
Modemuffeln.
diese einzigartige Verbindung
Er in den Schnauzer krümelnd. Des Ledrigen Schuld.
Nach Wasser, nach Wein, vielleicht auch Sekt eher zwischen den pulsierenden Geistesblitzen,
Zu ledrig. Zu zäh.
aber doch und das ists was sie schließlich die da pfeilschnell hinuntersausen,
Sie hingegen sich streichelnd dem Schnauzer
neckt, aus dem Geschlurfe sie erweckt.
und dem Vollstrecker des Schreibprozesses.
Was könnts sein, wenn doch nicht edler Wein?
Schöpft aus dem Vollen,
Die Brille leckt. Das Ohr ausschleckt.
Die Milch, ach herrje, du dummer Knilch.
gebt euer Herzblut,
Ekel? – Ach, wenn das Hundi das mag.
Die ists.
opfert all euer Empfinden eurem Text.
Ich persönlich verzag.
Milch, oben mit Sahne fein bedeckt.
Geht auf in diesem bis zur Vollkommenheit
Seh die Bazillen, die um ihretwillen sie infizieren,
Nach der sie sich die Finger leckt.
und nützt diese Gelegenheit,
Leider keine Kuh in der Näh, welch jammer, welch die uns die ehrenwerte Gesellschaft
Er genervt die Brösel aus dem Bart, oder immer der Gründer und Herausgeber des „Mosaik“
Das Packerl tuts auch – scheint so der Brauch.
hier bieten,
Sie die Backe trocknet.
Wenns auch schon alt,
schreibt und beglückt uns mit eurem Geschriebenen,
Weiterschlurfend, weiterlurchend.
lumpig und klumpig der Inhalt.
und wenn ihr endlich
Und ach, was sehe ich?
Ihr Antlitz sich doch wendend, hat etwas Fahles.
auf dem Höhepunkt eures Schaffens
Die Ritze auf der man eigentlich sitze.
Lactobacillales.
angelangt seid,
Bloß und blößer, groß und größer.
Oje.
eurem Text die Phrase
Riesentitte folgt der Ritzenschnitte den ledrigen, Mehr ich nicht berichten kann, zu weit weg ist der mit dem meisten Gefühl gewidmet habt –
dann kommt rasch zu einem Ende.
Er den Hund.
zu finden ihr Ziel.
zuwendet, dem leinigen.
sie verviren.
tiefer hinein verscharrt.
fedrigen, da alt, schleifend.
und Stiel.
halb zerrissnen Kleid.
Kummer, welch Schmäh.
wandelnde Speck.
Zug fährt ein, weg sind die drein.
Wuschelig kuschelig?
Eva W., Germanistik & Italienisch
Nein. Ekelig quäkelig froschig.
4
Sarah Krennbauer, Germanistik & Englisch
5
NACKT ...
NACKT ...
Um eine OrgasmuSlänge
Die Tat
Ich beeilte mich und griff bereits nach dem Toiletten-
Wir wissen nicht einmal, ob der Mann nebenan Porno-
papier, als ich es hörte: Das unmissverstehbare Stöh-
darsteller ist, also weg mit dem Schnurrbart, versuchte
nen aus der Nachbarkabine, begleitet vom Klatschen,
der Verstand zumindest etwas wieder die Oberhand
welches erzeugt wird, wenn Haut auf Haut schlägt.
zu gewinnen. Außerdem hat ein Schnurrbart nicht
bringen und möchte mich bereits zum Verlassen der
Ich hielt inne.
weiß zu sein, erzeugt doch bitte keine Widersprüche.
Kabine bereit machen, da höre ich, dass nun wohl
Zweifellos gab sich da jemand seinem Trieb hin...
Verstand contra Phantasie. Phantasie hört nicht zu,
auch mein Nachbar seine Sache beenden würde. Tem-
Mich beschlich ein schlechtes Gewissen, belauschte
Verstand wendet sich genervt ab.
pussteigerung beim Klatschen, Tonerhöhung beim
ich da etwa unfreiwillig einen intimen Moment, den
Da sitzt er nun, der große Mann mit der tiefen Stimme
Stöhnen. Gelegentliches Keuchen. Dann erlösendes
besagte Person einzig und allein nur mit sich selbst
und dem kleinen Bärenbäuchlein, nicht zu vergessen
Seufzten.
verbringen sollte?
der weiße Bart, der kein Schnurrbart ist. Die Erinne-
Stille. Ob er wohl auch Klopapier verwendet hat? frag-
Naja, wie intim kann es schon sein, wenn man auf ei-
rung hat ihm noch schnell die braunen Augen des Ver-
te der unpassende Gedanke, der manchmal gar nicht
ner öffentlichen Toilette onaniert?
mieters, den 14 Millimeterhaarschnitt des Jungen der
so unpassend erschien, während ich die Klinke in die
Angetrieben von meiner zügellosen Phantasie begann
sich an der Kassa vordrängte und eine angedeutete
Hand nahm.
ich mir den Mann vorzustellen. Er stöhnte tief, also
Hakennase wie sie Frau Monika besitzt, verpasst.
Hosen Rascheln, Reißverschluss zippen und schon war
war seine Stimme vermutlich eben so. Männer mit tie-
Jetzt glich er fast ein wenig Professor Bachmunder.
der behaarte, braunäugige, der garantiert nicht Herrn
fer Stimme sind groß, dachte ich weiter, und wenn er
Ein kranker Gedanke: Herrn Professor Bachmunder,
Professor Bachmunder war, beim Waschbecken. Nun
groß ist, dann hat er auch einen dicken Bauch. Das
Fachbereichleiter für Hydrologie beim Wichsen am
meldete sich das schlechte Gewissen. Er wusste sicher
macht zwar überhaupt keinen Sinn, dass große Män-
Bahnhofsklo. Ein zutiefst verstörender Gedanke. Die
nicht, dass er einen geheimen Lauscher hatte. Konnte
ner einen dicken Bauch haben, warf mein Verstand ein,
Selbstschutzvorrichtung der psychischen Gesundheit
ich ihm das antun? Hatte ich das Recht nach diesem
aber die Phantasie war schon längst weiter galoppiert
schaltet sich nun ein, merkt mit analytischer Präzision
Lauschangriff jetzt durch diese Tür zu treten?
und hatte dem Mann einen kleinen Waschtrommel-
an, dass Professor Bachmunder anders stöhnen wür-
NEIN - Beschloss der Anstand, der zwar wieder einmal
bauch verpasst; stark beharrt natürlich. Während alles
de. Die verdrängte Erinnerung schreit gellend auf.
zu spät kam, aber alle anderen in diesem Augenblick
unterhalb des Schwimmreifens keine Rolle zu spielen
übertönte. Sogar den Verstand, der leise vor sich hin
Es ist wie ein Wort
schien, kam nun der Kopf dran. Männer tragen Bärte
Stille.
etwas von voranschreitender Uhrzeit murmelte, sich
das nicht stimmt
und noch bevor der Verstand etwas erwidern konnte,
Dann Wirbel und Aufbrausen...
aber nicht zu Widersetzen traute.
das vielleicht nie gestimmt hat
beschloss die Phantasie, dass dieser Mann, der gera-
Da stand ich also auf der Männertoilette des West-
de rekonstruiert, wobei vermutlich eher kreiert wurde,
Der Selbstschutz fügt ein "Stimme" vor /anders/ ein
bahnhofes, eine Ewigkeit wartend bis sich ein Unbe-
noch rufen sie Karl
einen weißen Bart trug.
und ersetzt "stöhnen" durch klingen. Die verdrängte
kannter, jetzt aber bereits irgendwie Vertrauter, seine
und ziehen mit dem Straps
Stefan zufolge sind Pornodarsteller Schnurrbartträger,
Erinnerung kommt zur Ruhe und schläft wieder ein.
Hände gewaschen (ab-ge-waschen?) hatte, während
einen Pornopenis ins WC
meldete sich nun die Erinnerung zu Wort. Stefan, das
Selbstschutz ist mit seiner Arbeit zufrieden, stellt eine
auf Bahnsteig zehn mein Zug anrollte.
ist mein Mitbewohner. Er wusste selbst, dass das nicht
Gedankenweiche in Richtung Uhrzeit und geht.
das Kreuz tut ihnen weh
stimmte, aber er stellte gerne absurde Behauptungen
gewiss
auf. So kam es auch, dass der Papst ein Oktoberfest
Ich blicke auf die Uhr. Entsetzen. Es ist bereits 18:42
ist es Wort
im Vatikan einführen möchte - immerhin ist er Bayer -,
um 18:44 würde mein Zug die Station verlassen. Mei-
Schafhirten aus Prinzip allesamt Probatophil sind und
ne Hand ist noch immer in Richtung Toilettenpapier
eben ja, Pornodarsteller Schnurrbärte haben.
ausgestreckt. Ich lasse den Arm die Tätigkeit zu Ende
Eine Studentin der Germanistik
6
Ende
Ich hatte ihn verpasst, um eine Orgasmuslänge.
Nicole B.
7
GEDICHTETES
Das dritte semester…
GEDICHTETES
Alles verbindet Literatur und Geschichte
Balzac als Meister, der Dichter Tolstoi
Die Phase des Eingangs liegt nun hinter mir
Fouché in Politik und Macht
Eröffnet ist das dritte Semester
Des Menschen Innerstes hinzu bei Nietzsche
Das Letzte Fest
Referate warten, Arbeiten rufen
Und dies alles hier
Eine Komposition der Welt
Fugenelemente alles verbinden
Wartet draußen! Wer will rein?
Im glanzvoll errichteten ‚Schloss Versailles‘
Ein freies Morphem neidet es dem gebundenen
Gar viele gute Töchterlein!
Einen Vergleich ist es wert
Keines von beiden wird jemals in Frage gestellt
Bringen Gold und Gaben.
Heteronym, jedes in seiner Funktion
Ja so, viel Burschen! Kann’s heut sein?
Lexikalisch, grammatisch
Ja, Morgen sind, wir, ganz allein!
Im Geiste schwebt ein ‚p‘
Worte entstehen, phonologisch & semantisch wunderschön
Sind Fest und kaum noch Narben.
Germanische Völker verzauberten es
Gemeinsam erklingen sie alle als Ton
Weit ist alles, der Gedanken gleich
Man fühlt sich frei
Woll’n mit euch Brot und Wein vermehren.
Wandle dich hin zu einem ‚F‘
Folgen werden Konsonantenverwandte in spe
Eingang ist das Recht begehren.
Nun zur Präzision
Fachtexte erwünschen expressive Neutralität
Es war vor endlos langer Zeit
Man enthält sich der Metaphern
Die ‚tîd‘ ist zu Staub verfallen
Allgemeingültig beschrieben jede Argumentation
Wir gedenken ihrer im ‚hiute‘ und jetzt
MYRTE
Doch aus dem alten Siebz’gerhaus, da schaun’ schon
Fuchs und Hahn heraus.
ein bett der besinnung
auf ruhenden wogen
Doch alles im Wandel immerzu
den huren des
Wer soll das Loch im Boden flicken?
Mimesis der Natur sei der Künste Stern
fortschritts
Kannst du dir selbst Pullover stricken?
Handwerk, Alchemie, Die Jagd und Künste am Hof
‚inspiratio‘ nimmt alles in Besitz
den rücken gekehrt da
Kaiser, Ritter
Sturm, Drang-kommt zur Ruh
soll mein geist rasten
Kommt, Freunde, zu dem fixen Zwecke,
im schosse der
Als Musterschüler in der Ecke,
Was Wahrheit, was Dichtung? Nun?
nymphen
Ein Teil vom Festen rechten Winkel,
Eines im Anderen bloß verborgen?
umgeben von lerchen-
Wo ist hier Platz für Eigendünkel?
Dichtung, allein der Name
Auch die Tragödie in der Komödie?
und amsel-gesang
Walther von der Vogelweide, Johannes von Garlandia
Ich muss Goethe sein, um da in mir zu ruh´n
dem walde
Ließ mann der Weltuhr ihren Lauf.
erliegend
Ein aufgeweckter junger Haas,
‚gezieret‘ klingt das Alte, es is a freid
Herzoge mit namen Heinrich
So stolz, unendlich groß
Klangvoll, erhaben
Jede ‚vrouwe‘ sich einzig fühlt als Dame
Irrt zielsicher, treppab, treppauf,
Dies alles zu erfahren, mich niemals reute
Wie ein Märchen das Leben
in blau-kühlen stunden
Die inner’n Wände längst aus Glas.
Eine Art Biographie vergangener Tage
Klassisch auch der Abschluss
umzittern mich flieder-
Die Schmiedetür ein Tor, aus Licht,
Diese Dichtungen uns erweisen
…und wenn sie nicht gestorben sind, studieren sie noch heute.
und myrten-geruch...
Doch mancher fand den Schalter nicht.
Silke Wallner, Germanistik
André Herzog, Germanistik & Sport
Michaela Metz, Germanistik
Portraitieren Schriftsteller der neuen Zeit
Menschengeschlechter, in Freude und Plage
8
9
GEDICHTETES
FLIEßTEXT
"Etwas wie leben?"
Zwischen den leblosen Kadavern kommt es zur Ruhe.
Die Tränen der vermissten Zukunft haben Angst davor zu fließen. Es darf doch keine Gefühle zeigen! Es
muss stark sein und welchen, der ihm sein Essen stiehlt
sie sich wehren. Sie würden schreien und sie würden
muss es im Schlaf unter der Stille, die kaum zu Atmen
wüten. Es sind so viele aber sie sind immer noch still.
vermag und ihm noch mehr Angst macht als die Tat
Der Meister ist ein Mensch. Der Meister weiß was er
selbst, ersticken. Wie groß war doch seine Schande
tun muss um die Menschen vor diesem Ungeziefer zu
gewesen? Es hat es vergessen! Die abgemagerten
retten. Wertlos tummeln sie sich zwischen den am Bo-
Die unerbitterliche Gegenwart der Angst
Hände, die als solche nicht mehr erkennbar waren,
den still liegengebliebenen Kreaturen. Sie sollen doch
war mir allein, selten ein harter Begleiter.
umschlossen noch Minuten danach den bereits toten
arbeiten. Warum liegen die so faul herum?
Doch in dem Spiel des Lebens dual
Körper. Es sieht ihm ins Gesicht. War das eine Frau?
„Mami? Warum fühle ich meine Beine nicht mehr?“
bekam ich endlich einen Reiter.
Die lieblose kalte Finsternis verschluckte jedes An-
„Das ist nicht schlimm!“
zeichen eines Geschlechts doch waren sie nicht alle
„Aber ich muss doch laufen können! Ich möchte dir
Langsam schleichend und unbemerkt
gleich? In diesem Moment trägt der Wind das Kno-
bei der Arbeit helfen!“
sprang sie herüber aus der Fantasie.
chenmehl gen Himmel. Die Seele ist frei.
„Das brauchst du jetzt nicht mehr.“
Die Zeit der eisernen klaren Klinge
Es riecht nach vermodertem Fleisch. Aber der Wind
„Aber warum weinst du denn Mami? Hab ich was Fal-
stetig auf mein Haupt gerichtet das Genie.
wird den Gestank hinüber fegen zu jenem der unbeirrt
sches gesagt?“
weiter mordet. Zu dem der es versteht sein eigenes
„Nein mein Kind. Schlafe jetzt. Ich werde dir nicht weh
Volk verhungern zu lassen.
tun. Ich bringe dich an einen Ort, wo dir nie mehr je-
Flowd
Insane
In meiner nacktesten Sekunde gemein
sticht sie tief aus meinen Gedanken.
mand Schmerzen bereiten wird!“
now lurking in the shadows
Heraus gar deftigstes Gericht der Gefahr
Die Zeit wird vom Wind getragen
„Nicht Mami, das tut weh bitte hör auf!“
waiting for the deed
und hält es mir blitzartig vor die Flanken.
und jener der sie eingeatmet hat
„Schhhh gleich ist es vorbei mein Liebling. Warte auf
das werden ihm die Toten sagen
mich ich werde dir bald folgen“
filled with dark desire
to destroy all I achieved
So nah unten die Angst nie vermutet
sieht sich an den Folgen immer noch nicht satt.
verdaut sie jeden schmerzenden Gedanken neu hervor.
leblose Körper ohne Geist
Zum Abschluss: Zur gleichen Zeit vergehen glückliche
when reality is crumbling
In der Geschwindigkeit des Tages
haben ihren Weg in den Abgrund gefunden
Zeiten. Keiner denkt an etwas Schlimmes. Es werden
and empty eyes stare into night
vorbei am rettenden helfenden Fort.
Auf dass Er sie auf den Boden niederreißt
Geburtstage gefeiert und Geschenke verteilt. Mahlzei-
schmerzerfüllt vom Blut betrunken
ten werden vorbereitet und unter Gelächter verspeist.
Die Brücke über ihren Abgrund
aber die Liebe nimmt er ihnen nicht
Aber warum auch nicht. Es weiß doch niemand was
und weder Tag ein Tag aus an die Angst kettet.
Nur der, der noch zu lieben wagt
vor sich geht. UND WENN SIE ES WÜSSTEN, DANN
and as my world just fades to gray
Die klaffenste Wunde braucht heilende Kraft
das wäre der größte Verzicht
WÜRDEN SIE ES TROTZDEM NICHT SEHEN!? Es war
and there is nothing left to feel
so auch ein lenkender Lehrer wie Furcht die Freiheit.
wird von diesem Sturm noch heute geplagt
ein Mensch, es war ein Mensch, es war ein Mensch,
in the shadows I will dance alone
Und erst in der Aufgabe meines Rechts
wondering what is real
zogen sich die Nägel des Sattels aus dem Rücken der Zeit.
I will rise on blackened wings
ready for a deadly flight
es war ein Mensch, es war ein Mensch, es war ein
Nun ist bestimmt schon ein Jahr vergangen und die
Mensch, ...
Arbeiter arbeiten noch immer. Das sind keine MenSimon Hotinceanu, Psychologie
Patricia Lang, Germanistik & Biologie
10
schen denke ich. Wenn das Menschen wären würden
Melanie Stepina, Germanistik & Philosophie/Psychologie
11
FLIEßTEXT
FLIEßTEXT
Die Bandscheibenkastanie
Neulich saß ich auf einer Bank an der Salzach. Es war
schien. (Ich bedauerte die Thermohosenträger, die
ein recht sonniger Vormittag, warm, aber trotzdem zu
noch schneller als gewöhnlich zu laufen schienen, und
kühl, um die Jacke auszuziehen. Dazu kam noch eine
die Geschäftsmänner, weil sie lauter als sonst in ihre
Bahnhof gekauft habe, in Händen, reiße sie auf.
frische Brise, die allmählich damit begann, die brau-
Mobiltelefone brüllten.) Ich weiß nicht mehr, wie lange
Ich werde versagen. Werde keine versteckte, himm-
eigentlich
nen und teilweise schon verdorrten Blätter von den
wir in diesem Zustand absoluter Verzückung verweilt
lische Geschmacksnote finden, keinen Duft den man
ein idyll
Bäumen zu wehen. Ein wunderbares Schauspiel, das
waren, jedenfalls verabschiedete sich der Alte, indem
nur annähernd als appetitanregend bezeichnen könn-
durch das dumpfe Geräusch ständig herabfallender
er mir die Kastanie in die Hand drückte und meinte:
te, kein gar nichts. Wie so oft komme ich wieder zu
1 zittert zwar, lässt 2 aber ganz nahe an sich heran, bis
und auf dem Gehsteig platzender Kastanienschalen
„Nimm sie, du bist noch jung!“ Und genauso langsam,
der festen Überzeugung, dass Lakritze leider rein gar
die beiden einander berühren.
vervollständigt wurde.
wie er gekommen war (nein noch langsamer), entfern-
nichts an sich hat, das man auch nur ansatzweise als
So bleiben sie einige Augenblicke.
Er nieste gerade, als ich auf ihn, diesen alten, sehr di-
te er sich (vielleicht war es aber nicht er, der langsamer
gut bezeichnen könnte.
Jeder für sich.
cken Mann, aufmerksam wurde. Langsam kam er den
war als zuvor, sondern die schnelleren Läufer und die
Und unweigerlich vergleiche ich sie mit mir.
1 nickt mehrmals "Everything's allright!” worauf 2
Gehsteig entlang gehumpelt (sehr zum Missvergnü-
schon regelrecht dahinstolpernden Anzugträger, die
Vollkommen reizlos. Könnte ich nicht ein Zitronen-
schwach lächelt und sich wieder von ihm löst.
gen der in Thermohosen laufenden Läufer und der
diesen Eindruck erweckten). Ich betrachtete die Kas-
Bonbon sein? Ein Lolly mit Kirschgeschmack? Ein
“Love u, Darl!”
Aktenkoffer schleppenden Anzugträger, die gezwun-
tanie noch eine ganze Weile…
Gummibärchen? Nein, ich bin wie Lakritze.
In Zeitlupe schießen ihr die Tränen in die Augen und
gen waren ihm auszuweichen, um ihre Pulsfrequenz
Wenn mich heute jemand fragt „Was willst du wer-
Werde versucht, analysiert, als reizloses, geschmack-
nach einer kurzen beinah unerträglichen Atempause
nicht sinken zu sehen bzw. die aktuellsten Ideen zur
den?“, dem antworte ich „Lehrer.“ oder sonst irgend-
lich uninteressantes Etwas definiert, um dann so schnell
umklammern die beiden einander erneut.
Gewinnmaximierung nicht zu verlieren). Dann blieb
etwas, wenn ich ein tiefsinniges Gespräch vermeiden
wie möglich weggepackt zu werden. Im Glücksfall.
er stehen. Sein Gesicht verzog sich vor Schmerz, als
will. Wäre ich ehrlich, würde diese Person nur eine
Denn die Klugen machen von vornherein einen wei-
Zeitgleich kritisiert ungefähr zweitausend Kilometer
er sich bückte, um schließlich den Lohn seiner An-
Antwort auf diese Frage erhalten: „Ein glücklicher,
ten Bogen um mich, wohlwissend, dass ich ihnen nicht
entfernt eine Eva ihren Johannes, der sein Geständnis
strengung in Händen zu halten. Eine Kastanie. „Ist
fetter, alter Mann.“
gut tue und sie an mir nichts versäumen.
mit einem "Wir sehen uns später!" und hoffnungsvol-
die schön!“, murmelte er freudestrahlend, als er sie in
len Augen beendet hat. “Eigentlich heißt es ‘wir se-
seine Tasche gleiten lies. (Die Anzugträger, durch die-
Wolfgang Gratzl, Germanistik, Theologie & Philosophie
Ich blicke nur kurz auf.
hen einander später’ und nicht ‘wir sehen uns später’.
ses abrupte Stehenbleiben des Alten völlig aus dem
(werdender glücklicher, fetter, alter Mann)
Noch einmal, etwas länger.
WIE WÄRE ES DENN, WENN ENGLÄNDER PLÖTZ-
Konzept gebracht, schüttelten den Kopf, die Läufer
Lasse meinem Herzen etwas Zeit um sich zu beruhigen.
LICH 'WE SEE US' SAGTEN?!" Ihre Mundwinkel be-
beschleunigten den Schritt, um von dem Gebrabbel
Blicke noch einmal auf.
ben, während sie spricht, doch ihre Stimme verrät kei-
des Alten nicht etwa peinlich berührt zu werden.) Der
Ein Lächeln.
ne Erregung. Ruhig fährt sie fort: "Es wäre einfach nur
Alte, der diese ihm entgegengebrachte Missgunst zu
schön, wenn die Menschen wieder einander und nicht
bemerken schien (wahrscheinlich wusste er, dass die
nur sich gern haben würden!” “Eigentlich schon, ja!”,
Läufer und Anzugträger bereits die Kosten für eine
Ich hasse Lakritze.
sicher. Er ist etwas Besonderes.
antwortet Johannes erleichtert, weil er sich verstan-
Bandscheibenbehandlung berechneten und zwar mit
Ich hasse den Geschmack, die Farbe, eigentlich hasse
Noch ein Lächeln, dann die Frage: „Ist das Lakritze?“
den fühlt und nickt, Eva enthusiastisch an sich drü-
Zinseszins!), wandte sein Gesicht, aus dem zwei fra-
ich alles daran. Und doch kaufe ich mir immer wie-
Ich blinzle verwirrt. Ooh. Frage ihn, ob er welche
ckend, während zweitausend Kilometer entfernt 1 nun
gende Augen guckten, zu mir. Ich lächelte ihn an, er
der eine Packung mit der festen Absicht irgendetwas
möchte.
auch die Waffe auf 2 richtet und die beiden einander
begann zurückzulächeln. Wir mussten nicht sprechen,
zu finden, das als Erklärung dienen könnte, warum es
Meine Gehirnwindungen verknoten sich, als er sagt:
auf 3 erschießen.
um uns in diesem Moment zu verstehen. Die Freude
Leute gibt, die dieses Zeug freiwillig essen. Ich sitze
„Sehr gern. Ich liebe Lakritze.“
über eine kleine Kastanie hatte es geschafft, uns ei-
im Zug, halte die Packung, die ich mir zuvor wider
nen Raum zu eröffnen, an dem die Zeit still zu stehen
besseren Wissens bei dem Süßigkeitenautomaten am
Wolfgang F. Berger, Philosophie & Germanistik
12
Jemand betritt mein Abteil.
Lakritze
Mir gegenüber sitzt … ein Engel? Nein, nein. Er ist ein
Lolly! Einer mit Kaugummi in der Mitte, ich bin ganz
Sandra Grübler, Germanistik & Geschichte
13
FLIEßTEXT
FLIEßTEXT
Freiheitskampf
Weggehen. Das war es! Fort. Alles hinter sich lassen.
Schon stand er vor ihr, in Anzug und Krawatte, den
Wange gepresst, darauf bedacht, ihre aufgeplatzte
Als er sich fluchend ans Bein griff, kroch sie auf die
Weg von der Angst, dem Schmerz. Frei sein...
Schnurrbart ordentlich gekämmt. Sofort fiel sein Blick
Lippe nicht zu berühren.
Anrichte zu und rappelte sich stöhnend auf.
Wie of waren ihr diese Worte in letzter Zeit in den
auf den gedeckten Tisch und das leere Scotch-Glas
Schnell zerrte sie ihre Reisetasche unter dem Bett her-
Da schlossen sich seine Hände auch schon von vorne
Sinn gekommen? Alles hinter sich lassen. Neu anfan-
in ihrer Hand.
vor und warf wahllos einige Kleidungsstücke hinein.
um Lindas Hals und drückten zu. Seine Augen glitzer-
gen...
„Lindaa?“, fragte er mit gespielter Freundlichkeit.
Die Reisetasche in der Hand, stürmte sie wieder hin-
ten wie im Wahn. Panisch trommelte Linda mit ihren
Doch so einfach war das nicht.
„Wieso ist das Essen noch nicht fertig?“ Seine Stim-
unter. Doch als sie den letzten Treppenabsatz erreich-
Händen auf seine Unterarme. Ihre Augen tränten und
Sie seufzte und streute Salz in das Wasser, das gerade
me wurde immer lauter. „Es ist doch wohl nicht zu viel
te, ging die Haustür auf und ihr Mann trat ein.
sie nahm alles nur noch verschwommen wahr.
zu köcheln begonnen hatte. Dann nahm sie das gro-
verlangt, dass das Essen auf dem Tisch steht, wenn
Linda blieb wie angewurzelt stehen, die Augen weit
Er würde sie töten, dann irgendwo verscharren, er
ße Messer, mit dem sie zuvor das Fleisch geschnitten
ich nach Hause komme! Den ganzen Tag schufte ich
aufgerissen.
würde damit davonkommen...
hatte, und begann die Karotten damit zu zerkleinern.
mir den Rücken krumm! Und so dankst du es mir?“ Er
„Ich hab nur meinen Hut verge...“ Der Blick ihres Man-
Da kam ihr eine Idee.
Unwillkürlich fiel ihr Blick auf die Uhr, die über der
schlug mit der Faust auf die Tischplatte.
nes fiel auf die Reisetasche.
Ihre rechte Hand tastete auf der Anrichte hin und her
Küchentür hing. 5 vor 6. Ihr Mann würde gleich nach
Linda wich bis an die Spüle zurück. Mit schnellen
„Du elendes Miststück!“
– bis sie den hölzernen Griff des Messers ertastete,
Hause kommen und das Essen war noch nicht fertig.
Schritten durchmaß er den Raum, bis er direkt vor ihr
Ihre Gedanken rasten genauso schnell wie ihr Herz,
mit dem sie die Karotten zerkleinert hatte. Ihre Finger
Sie hatte zuvor lange mit Teri telefoniert – ihrer bes-
stand. Sein nach Alkohol riechender Atem stieg ihr in
als er auf sie zustürmte.
schlossen sich um den Griff.
ten Freundin –, der sie aber noch nie etwas von ihrer
die Nase, als er brüllte:
Vielleicht konnte sie durch die Hintertür entkommen.
Mit letzter Kraft stieß Linda zu.
Sehnsucht wegzulaufen erzählt hatte. Es gab Dinge,
„Und wo zum Teufel ist mein SCOTCH?“, ihr die leere
Wenn sie nur schnell genug war...
die sie einfach keinem anderen anvertrauen konnte.
Flasche aus der Hand riss und sie so fest auf die An-
Da lief sie auch schon quer durchs Wohnzimmer – so
Plötzlich in Eile, warf sie die Karottenstückchen in den
richte schlug, dass sie zerbrach.
schnell, dass ihre langen dunklen Haare im Luftzug
Topf und rührte einige Male um. Sie nahm zwei Teller
Linda zuckte zurück, als er mit der freien Hand aus-
wehten.
aus dem Schrank, lief zum Tisch, stellte sie ab und
holte und ihr ins Gesicht schlug. Doch sie wehrte sich
Als sie gerade am Küchentisch vorbeisprintete, wur-
platzierte Messer und Gabel daneben. Dann hastete
nicht, ließ es geschehen. Wenn sie sich wehren wür-
de sie plötzlich von hinten an der Schulter gepackt
Auf einer kleinen Polizeiwache kurz nach
sie zurück zum Topf, um nach den Karotten und dem
de, würde er nur noch fester zuschlagen.
und zurückgerissen. Sie schrie auf. Die herabsausen-
Mitternacht
Fleisch zu sehen.
„Mein Scotch – sofort! Mein Essen – sofort! Und mach
de Faust verfehlte sie nur knapp. Der Fuß, der sie am
Ein verzweifelter Ausdruck trat in ihre Züge. Das Es-
die Scherben weg!“
Schienbein traf, jagte Wellen des Schmerzes durch ih-
Im Halbschlaf starrt der dicke Polizist vor sich auf die
sen würde noch mindestens zehn Minuten brauchen.
Schweigen wandte Linda sich um und stellte das
ren zarten Körper. Der Schlag gegen ihren Magen war
Schreibmaschine, die fast schon so alt ist wie er selbst
Das würde er ihr übel nehmen.
Essen vor ihm auf den Tisch, dass lief sie in den Keller
so hart, dass sie quer über den Küchentisch flog und
und wundert sich mal wieder, warum auch der nichtigs-
Autoscheinwerfer huschten über das Fenster. Sie griff
und holte eine neue Flasche Scotch.
am Boden liegen blieb. Die Tritte, die sie dann trafen,
te Bericht in dreifachem Durchschlag getippt werden
nach dem Glas, das sie bereitgestellt hatte und füllte
Er leerte das Glas in einem Zug und als er aufstand,
hatten nichts von ihrer Kraft verloren. Und die ganze
muss. Dann wandert sein Blick zur nackten Glühbirne,
es zur Hälfte mit Eiswürfeln, als die Haustür aufging.
um sich fürs Casino umzuziehen, saß Linda noch
Zeit über brüllte er auf sie ein.
die von der Decke baumelt und deren Licht bedenklich
Hastig nahm sie die Scotch-Flasche aus dem Kühl-
immer auf dem Boden, mit Tränen in den Augen, und
Er würde sie umbringen.
flackert. Vielleicht sollte er sie endlich auswechseln,
schrank. Zu ihrem Entsetzen war sie leer.
sammelte die Scherben der Flasche und ihres Lebens
Diese Erkenntnis traf sie wie ein Schlag. Plötzlich sah
aber nicht heute, morgen, oder so. Sein um einiges
„Hallo Liebling!“, ertönte die Stimme ihres Mannes
auf. Sie hatte das alles satt!
sie wieder klar. Sie würde sich von diesem Monster
jüngerer und um vieles dünnerer Kollege sortiert alte
aus der Eingangshalle.
Dann fiel endlich die Haustür hinter ihrem Mann ins
nicht das Einzige nehmen lassen, das ihr nach so vie-
Akten neu, doch auch er ist nicht mit allzu viel Eifer bei
Als sie nicht antwortete, brüllte er gereizt: „Linda! Wo
Schloss.
len Jahren noch wichtig war – ihr Leben.
der Sache. Die Uhr tickt, nur gestört von gelegentli-
bist du?“
Linda sprang auf und hastete die Treppe in ihr Schlaf-
Vor dem nächsten Angriff rollte sie sich auf die Seite
chen übermüdeten Seufzern.
„Ich bin in der Küche... Schatz“, rief Linda schwach.
zimmer hoch, die linke Hand auf ihre schmerzende
und trat ihm mit ganzer Kraft ins Schienbein.
Ein leichtes Klopfen an der Tür lässt sie hochschrecken.
14
Alexandra Nobis, Germanistik
15
FLIEßTEXT
SALZBURG-SEITEN
Der Dienstältere fasst sich aber fast augenblicklich wieder und durchbricht mit einem tief-brummenden „HeSalzburg (ein lied)
rein“ die träge Stille. Vorsichtig betritt eine junge Frau
Es hat die Stadt schon oft verflucht,
auf Highheels, deren Klacken im Rhythmus der Uhr
„Natürlich!“
sie bis zum Schalter begleitet, die Wache. Sie ist ge-
„Gut, dann müsste ich jetzt nur noch wissen, wann und
Wenn ich so durch die Straßen geh,
Es gibt da nur wenig Angebot,
schminkt, aber nicht zu sehr und hat ihre roten Locken
wo es zur Tat kam.“
den Gaisberg vor mir stehen seh,
Es herrscht Wohnungsnot.
hochgesteckt. Von ihrem Auftreten tief beeindruckt
„Vor etwa einer halben Stunde, mitten auf der Tanzflä-
dann fällt mir manchmal ein,
Doch schaut man sich dann eine Bleibe an,
wuselt der Dicke zum Sprechfenster.
che im Blue Moon.“
eigentlich könnt ich ganz glücklich sein.
fragt man sich, ob man sich’s leisten kann.
„Wie kann ich Ihnen behilflich sein, mein Fräulein?“
„Aha. Könnten Sie den Tathergang eventuell näher
In Salzburg hat man sei sölige Ruh,
Denn egal in welchem Gemäuer,
fragt er mit einem ins Lächerliche abgleitenden Dienst-
schildern?“
In der Linzer Gasse sperren die Geschäfte zu,
Die Mieten sind viel zu teuer
eifer.
„Also, ich komme gerade mit einem Long Island von
Und trotz dem Regen und dem Fön,
„Ich möchte einen Diebstahl melden. Man hat mich
der Bar, und als ich mich umdrehe steht er da plötzlich
Salzburg ist so wunderschön.
ausgeraubt.“
vor mir. Er starrt mich an, ich starre ihn an, und da …“
„Formular CX13!“ faucht er dem Dünneren, der die Si-
Geräuschvoll räuspert sich der Jüngere und blickt mit
Ja Salzburg is a schöne Stadt,
die außern Mozart gar nix hat,
tuation bisher nur neugierig beobachtet hat entgegen.
einem übermüdeten Lächeln von seinem Vorgesetzten
a schöne Stadt, a schöne Stadt,
absolut nix hat.
Geistesabwesend händigt dieser seinem Vorgesetzten
zur jungen Frau und wieder zurück.
die außern Mozart gar nix hat,
einen dünnen Stapel blauen Papiers aus.
„Was?!?“ keift ihn der Dicke an.
leider sonst nix hat.
„Das ist ZX13, du Hornochse, zur Meldung eines her-
„Sind Sie sicher, dass Sie hier keinen Fehler machen?
renlosen Bienenschwarms. Ich sagte CX13!“
Für mich klingt das eher nach einem UL42 als nach ei-
Die Leute kommen aus aller Welt,
Und in Eisenstadt kann man wenigstens günstig leben.
Und noch während der Dicke versucht einen Mittel-
nem CX13.“
weil ihnen Salzburg sehr gefällt,
In Salzburg gibt’s dafür den Schnürlregen.
weg zwischen bescheuertem Grinsen und bösem Blick
Verwirrt wird er angestarrt.
Der Hauptwirtsaftsfaktor ist
zu finden, drückt der andere ihm einen hellgrünen Sta-
„Vermisstenanzeige?“ versucht der Ältere nachzuvoll-
In der Stadt der Tourist.
Events vermisst man weit und breit,
pel in die Hand.
ziehen, ob er richtig verstanden hat.
Die Japaner fotografieren sehr gern
Es sei denn, es ist Festspielzeit.
„So, entschuldigen Sie bitte. Also, sie wollen einen
„Ganz genau“ wird ihm bestätigt und gleichzeitig ein
Und die Amis wollen nur Sound of Music hören,
Dann sind die Schickimickis da
Diebstahl anzeigen.“ brummt die Stimme des Älte-
etwas dickerer Stapel blassrosa Papiers ausgehändigt.
In Salzburg komm ich mir oft vor
Und es gibt an mords an Trara.
ren.
„Gnädige Frau, ich glaube fast, mein Kollege hier hat
Wie in an Freilichtmuseum für Barockarchitektur.
Und was schaut man sich dann an?
„Ja“ seufzt die junge Frau kurz auf „Man hat mir mein
Recht. Sie sollte eine Vermisstenanzeige machen.“ be-
Herz gestohlen.“
stätigt der Dicke.
Ja Salzburg is a schöne Stadt,
Genau so, wies schon immer war,
„Kennen Sie den Täter, oder können Sie ihn näher be-
Und sie beginnen das neue Formular auszufüllen, als
a schöne Stadt, a schöne Stadt,
die letzten 90 Jahr.
schreiben?“ beginnt der Dicke die Punkt für Punkt ein-
es plötzlich an der Türe klopft und ein junger Mann,
die außern Mozart gar nix hat,
studierte Befragung durchzuführen.
auf den die Täterbeschreibung genau passt, eintritt
leider sonst nix hat.
„Nein, ich weiß nur, dass er mittelgroß und dunkel-
und gehetzt hervor presst:
haarig ist und die wunderschönsten blauen Augen der
„Entschuldigen Sie, es ist dringend! Ich habe eine Ver-
Paris hat den Louvre mit der Mona Lisa
die außern Mozart gar nix hat,
Welt hat.“
misstenanzeige zu machen!“
Und in Wien, da steht der Stephansdom.
leider sonst nix hat.
Ja Salzburg is a schöne Stadt,
a schöne Stadt, a schöne Stadt,
In Berlin da solls ein super Nachtleben geben.
Und in Linz da kann man sehr gut Schoppen gehen.
Völlig Klar, den Jedermann!
Ja Salzburg is a schöne Stadt,
a schöne Stadt, a schöne Stadt,
Und in Pisa steht der Schiefe Turm von Pisa.
„Wären Sie in der Lage ihn bei einer Gegenüberstellung wieder zu erkennen?“
Wer hier nach einer Wohnung sucht
Eva Bernadette Müller, Linguistik
16
Und in Salzburg hams den Kiefer-Pavillion.
MMag. Andreas Haider, Geschichte
17
SALZBURG-SEITEN
SALZBURG-SEITEN
SALZBURG - EINE LIEBESERKLÄRUNG
Bitte – belästigen Sie mich doch nicht mit Ihrem Ver-
man hierher, und wüsste man's nicht, nach einem Re-
Beinahe-Getaufte, man darf sich aussuchen, wie man
fall und gehen Sie doch weiter und gehen Sie doch
gentag im Winter, man meinte, es sei die letzte Stadt
stirbt, aber nicht wann, es kann sein, dass die Salzach
fort und räumen Sie die Plätze und den öffentlichen
vor dem Ende der Welt.
zu wenig Wasser führt zum Ersaufen, sodass stöck-
Raum und in Salzburg gibt es einen Platz und das ist
Man muss auf der Hut sein. Die Straßen führen etwas
chensuchende Hunde einen an Land ziehen können,
der Residenzplatz und in Salzburg gibt es viele Plätze
im Schilde. Es trennen die Berge, es trennt der Fluss,
es kann sein, Spaziergänger kreuzen den Weg, von
so etwa den Dom-, Kapitel- oder Mozartplatz, aber
es trennen die Einbahnen. Die Gassen reißen die Be-
dem man sich eben werfen wollte in die Altstadt hin-
nur einen Residenzplatz, auf dem die Steinpferde auf
gegnungen an sich, sie wiederholen sie nicht. Hier ist
ein, es kann sein, dass Begegnungen stattfinden, die
die Menge heruntertrampeln und die Fiakertierchen
man noch ein Ärgernis: alte Damen nehmen es auf
so taub machen, dass man nicht weiß, wo sich noch
sich hätscheln lassen, und in Salzburg gibt es den
sich stehen zu bleiben und Frauen zu mustern. Sie
berühren lassen. Und fällt man in Salzburger Laken, so
Mönchsberg, der alles schluckt (vor allem, vor allem
schütteln die Köpfe und geizen mit Absolution.
fällt man tief. Und fiele man nicht, so hätte man jeden
ja die Sonne, wie wir wissen, sodass immer nur auf ei-
In Salzburgs Gassen habe ich mich verirrt. Man muss
Halt verloren.
ner Seite des Flusses Licht sein kann, wo nie die Stadt
sich den Gebäuden stellen, sonst kommt man nicht zu
Jeder Gasse einen Namen und jeder Brücke Pfeiler,
liegt, nur der Rest), und Theater, die sich dem Berg
Recht, der Dom ist unkündbar und so ist sein Schatten.
jedem Menschen seinen Dämon und jedem Bewoh-
anbiedern, und Menschen, die sich einem Katholizis-
Es gibt kein Recht auf Sonne und keins auf einen Wie-
ner seine Begegnung, den Brunnen die Pferde und
mus anbiedern, und auch lokalheroischen Schriftstel-
senplatz. Der Weg ist niemals selbstgewählt, erst Fia-
den Konzerthäusern die Anzugträger, jedem Ich ein
lerstandbildern und in Salzburg gibt es Kirchen und
kerfahrer, dann Reisegruppen, Wochenmarktbesucher
gewaltsam verabreichtes Du – so hat Salzburg mich
kirchliche Gymnasien und belichtete Gymnastikhallen,
und Ortsansässige, Eingefleischte und Gutbetuchte,
verwundet, so hat jedes Du mich verwundet und je-
dert und teert Atem (Stoß) Weise ins Leere weicht ins
abends um acht, aber in Salzburg gibt es nur einen
Unverschämte, Musiker. Rettet man sich in Buchläden,
der gegangene Weg war mein Versäumnis, jeder Plan
Ohr ge (Stoß) en tönend sich fort (Stoß) pflanzend in
Residenzplatz und auf dem findet ein Zusammenprall
wird Unrecht angetan: „Suchst du was Bestimmtes?“
mein Urteil, jede Erfahrung mein ungelebtes Leben
jeden Stein (Stoß) Winkel während Dummheit sich ver
statt von zwei Menschenleibern, durch dessen Wucht
Und fällt man aus einem Innenstadtlokal in eine Gasse
– aber nichts hat mich verwundet wie die Dachkam-
(Stoß) kriecht in siebenfacher Sünde (Stoß). Das Sin-
eine Handtasche zu Boden fällt und sich dort über den
hinein, weil man die Schwelle nicht gesehen hat und
mer, sie hat sich in meinem Herzen eingenistet und
gen das Schwingen (Stoß) Verkünden das Ge (Stoß)
Kies entleert, ein paar Gegenstände ausspeiend, die
die Jacke erst halb angezogen, und weil man nicht
es gewaltsam geöffnet. Der Weg zu ihr so steil, dass
kotze überschwappend in Ge (Stoß) hörgang und
eilig wieder aufgerafft werden müssen unter spötti-
mehr sicher auf den Beinen ist, so könnte es über-
man fallen muss. Man geht an gegen dieses Fallen,
Gebärmund. Auf (Stoß) steigend rot schwarz Sumpf
schen Augen, die sich, sehnsuchtsgeil, so gerne allem
all geschehen. So könnte es überall geschehen, und
man geht so schnell wie man fällt und so muss man
(Stoß) Innereien (Stoß) Bewegung. Lautanmaßung
zuwenden. Und der Gegenstand Mensch: eine junge
könnte es nicht, weil hier, zwischen Berg und Fluss die
stehen bleiben, dass es einem den Atem nimmt. Man
ringsherum allgegen (Stoß) wärtig ausufernd (Stoß)
Frau, deren Blick im Weitereilen bodenhaftet. (Ich tra-
seltsamsten Menschen sich rotten (man muss sie zu
darf nicht mehr bei Kräften sein, wenn man oben
Stille. Einsickern durchdringen das Schwing (Stoß)
ge nach: PADAUZ).
Boden treten und anschreien: jetzt sag mir, wer du
ankommt. Man wird dort nicht zu Kräften kommen.
Gestein Fensterglas Vorhangstoff Körper (Stoß). Still-
Man eilt, man eilt, denn wo soll man sich aufhalten;
bist, und wenn du's nicht sagst, zurück auf den Gang
Was hört man, wenn niemand spricht, keine Münder,
schwellung Ver (Stoß) taubung euphorisch rasende
der Blick klettert die Fassaden empor und rutscht ab,
mit dir und grüß nur nett, wenn wir uns sehen) – und
keine Hände, was hört man, unangeblickt, unerlöst,
(Stoß) Rast schwall (Stoß) trunken. Blau (Stoß) Sehnen
zu hoch, zu glatt, zu alt, der Boden ist sich uneins,
man weiß nicht genau, sind sie nur blöd im Kopf oder
zurückgedrängt auf die eigenen Knie und den Platz
Dumpfung viehische. Kopf (Stoß) fassen wegdrücken
Kies, Baustellen, Kopfsteinpflaster.
schon Denker.
den man einnehmen muss, was hört man, wenn man
Atem (Stoß) hören auf (Stoß) schreien Herz (Stoß) klat-
Kennt man das Café Tomaselli? Man kennt es, aber
Wer in Salzburg ist kommt von überall oder war nir-
hören möchte was niemand sagen will, man hört, man
schen auf (Stoß) brechen zerplatzen bersten auslaufen
man geht nichts trinken dort. Man kennt die Verrück-
gendwo, oder geht den Kompromiss ein: Oberös-
hört die vermaledeiten Kirchen (Stoß) Glocken die
absacken Atemende Kopfstücke Wegzucken vermale
ten, gediegener als anderswo, sie haben Ballett ge-
terreich. Wer nach Salzburg kommt, spricht gern von
ihre Gesinnung aus (Stoß) schreien, schütten ü (Stoß)
– deite – Kirchen – Glocken.
tanzt und gehen jetzt einkaufen, den Rest ihres Lebens
früher oder später, denn Salzburg ist der Wartesaal
ber die ganze Stadt in ihrem (Stoß) Wiegen Wabern
lang. Man kennt, und das Kennen rettet – denn käme
unter den Städten, die Vorhölle, ein Fegefeuer für
Schaffen (Stoß) während der Becken (Stoß) Boden fe-
18
Marlen Mairhofer, Germanistik
19
KULTURSZENE
Patrick Brandstätter, BE & Werkerziehung
ärger aus der dreifaltigkeitsgasse 3
KULTURSZENE
ansprüchen genüge getan, im 20. jh. zumindest. heute
in sich birgt, der jedoch durch die ganze glorifizierung
würde man ihn vielleicht ein wenig umformulieren müs-
der toten ständig unterdrückt wird: man fühlt sich im
sen, z.b. „der tod des autors(künstlers) ist die onanie
ständigen wettbewerb mit den eigenen idolen, dem
der masse“. ein hartes urteil im angesicht der tatsache,
eigenen lieblingstoten, und vergisst dabei, dass man
dass es treue leser und kunstbegeisterte gibt, die sich
immer noch träume hat, die andere unmöglich haben
einem solchen urteil eher entziehen würden, als dass
können, weil sie anders träumen bzw. geträumt haben.
sie es unterschreiben. doch gilt dieser spruch weniger
viele vergessen auch, dass kunst noch ein anderes er-
ihnen, sondern gerade den anderen, den kunstbanau-
lebnis in sich trägt und zwar: die zusammenkunft. kunst
sen und profitgeilen nichtwissenden, die aus der be-
schafft dialoge, zwischenmenschliche dialoge, sie
geisterung anderer, die sich mit der kunst schon ihr
schafft interpretationsräume, die alle menschen und
leben lang beschäftigen, ihre schlusspunkte ziehen,
alle meinungen mit einschließt.
um dann den größtmöglichen profit zu schlagen. heut-
künstler und künstlerinnen versammelten sich seit je
zutage nennt man so etwas „prozente bekommen“
her in gruppen, wie tiere vor einem wasserloch sich
oder „gefährliches halbwissen“. seit duchamp wissen
versammeln. was das wasserloch hergibt: leben und
wir: auch urinale lassen sich als kunst prima verkaufen;
freiheit des augenblicks. egal, ob die kunst romantisch,
tote künstler umso besser. beides wird auf jeden fall
symbolistisch, dekadent, experimentell oder postmo-
verschleißware, es wird sinnentleert bis zur kompletten
dern war, die gemeinsamkeit lag in der zusammenkunft,
auflösung des gegenstandes, wobei dies dem urinal
in dem zusammenstoß der künste, unabhängig jeder
weniger schaden wird als dem künstler, der dann auf
gattung. wir denken an dichterzirkel, künstlertreffs oder
irgendewelchen trinkbechern, umhängern, aufnähern,
an die salone des 19. jh. wir denken an trakls dichterzir-
fensteraufklebern, schlüsselaufhängern, papppodes-
kel „minerva“ oder die freundschaften zwischen rodin
ten, überteuerten marzipangefüllten schokoladenku-
und rilke, paul celan und ingeborg bachmann oder an
geln, schuhen, jacken, hosen, hosenträgern, strümpfen,
stefan zweig, den meister der freundschaften und des
tellern, kochtöpfen oder billigen einwegfeuerzeugen
künstlerischen dialogs.
viele altbeakannte literaten und künstler salzburgs wür-
wohl stimmt und weisen dir den weg zur besagten to-
um 6,80€ das stück landet. dazu kommen noch die
aber das schwelgen brachte nie etwas anderes als sehn-
den wahrscheinlich in zweifacher sicht ihre köpfe wie
ilette; im 21. jh. wird der weg zum dorfklo beschildert,
unzähligen tonnen papier, die sein gesicht tag für tag
sucht mit sich, also das verderben und sterben eines
farbdosenmischer schütteln, würden sie sehen, wie
ein denkmal wird sogar daneben errichtet, manche sa-
tragen müssen; am ende kommt er noch auf den geld-
weiteren traumes. tat wäre angebrachter, jedoch über-
heute mit ihnen und mit ihrem werk umgegangen wird.
gen, der künstler hat hier die idee für sein kapitalwerk
schein und die leute müssen ihre augen anstrengen,
wiegt die angst. wie aber im angesicht bestehender
rewind: viele tote, altbekannte literaten und künstler
bekommen. dies kennen wir nur allzu gut, die besten
um die kleingedruckten buchstaben zu lesen, die so
kunstinstitutionen, welche die kunst messen und ihr ein
salzburgs drehten sich wahrscheinlich jetzt gerade in
ideen kommen ja bekanntlich während des kontemp-
kurz wie möglich beschreiben sollen, was den mann
so schwachsinniges wort wie „stellenwert“ zukommen
ihren gräbern, würden sie sehen, wie mit der kunst in
lierens auf der schüssel.
oder die frau so berühmt gemacht hat: w.a. mozart.
lassen, wie selber kunst machen, dabei aber immer im
dieser stadt und, generell, in der welt immer noch um-
die kunst ist schon längst ein millionengeschäft gewor-
komponist; i. bachmann. schriftstellerin.
schatten anderer agieren ? es gilt selber einen schatten
gang gepflegt wird. dass die toten als solche immer
den und keineswegs für die künstler: diese verrotten
und doch, bei all diesem dilemma, bei all dieser onanie
zu werfen, ohne dabei an institutionen oder die inst-
schon ein großes geschäft waren, lässt sich nicht von
gemütlich in ihren wohnungen und warten sehnsüchtig
und aufgeilung der irregeführten masse für einen to-
rumentalisierung von kunst zu denken. in den ganzen
der hand weisen. irgendwo, in einem abgelegenen kaff
auf den ersten verkauf oder den ersten preiswährend
ten körper, gibt es noch die kunst, es gibt immer noch
künstlerhäusern und kunstinstitutionen ist kunst zu ei-
inmitten der einöde steht eine dorftoilette, in der ir-
andere sehnsüchtig auf den tod des künstlers warten.
einen freien raum außerhalb der grenzen des mit den
ner gewohnheit verkommen, zu einer geste ohne sub-
gendwann einmal im 19. jh. ein künstler sich erleichtern
dabei hat barthes‘spruch „der tod des autors(künstlers)
eigenen füßen abgelaufenen raumes. was viele oft ver-
stanz. eine lästige pflicht, der stadt und land irgendwie
musste: im 20. jh. sagen die ortsansässigen, dass dies
ist die geburtsstunde des lesers“ schon längst seinen
gessen, ist, dass kunst ein raum ist, den jeder mensch
entgegenkommen müssen: minimalbudget!
20
21
KULTURSZENE
KULTURSZENE
Junge Literatur für Salzburg –
Celans auszeichnen, erzählen in einer Folge assoziati-
Salzburg, einer poetische Landvermessung. Getragen
keine objektive Rezension
ver Bilder vom Krieg und der Kindheit. Der schwierige,
von einer abgründigen Komik und stets an der Gren-
oftmals hermetisch erscheinende Charakter von Dinics
ze zur Tragödie taumelnd, bleibt uns das Lachen buch-
14.12.2011. 20:00 - Die Vereinigung Junge Literatur für
Poesie erschließt sich nicht sofort, bleibt dunkel und fra-
stäblich im Hals stecken. Mairhofer erzählt in einem
Salzburg lädt unter dem Kampftitel Kulturkeule zu ei-
gend. Der Autor, im in den Balkankriegen verheerten
Ton zwischen Lakonie und Verzweiflung von Verletzung
ner Lesung in die Bergstrasse. Es versammeln sich vier
Serbien aufgewachsen, beschwört die Welt seiner Kind-
und Trauma, vom existentiellen Drama des Lebens, von
Autorinnen und Autoren, deren poetische Programma-
heit, die Kirschbäume und die Asche der Städte. Dinic
der Verurteilung zur Unfreiheit. Dies geschieht in einer
tiken kaum verschiedener sein könnten.
erzählt nicht, er schafft Bilder für Stimmungen und ver-
enigmatischen Sprache, dunkel und strahlend zugleich,
In der Reihenfolge ihres Auftretens lesen Sarah Eder,
knüpft diese, wobei die Sinnfindung dem Leser über-
die man nicht beschreiben könnte – wo Bezugspunkte
dabei wissen die leute nicht, dass es gerade in salz-
Marko Dinic, Peter W. und Marlen Mairhofer.
lassen bleibt. Die Gedichte bleiben ein Netz von Ver-
finden? Surrealismus, Existenzialismus? Ja, aber. Und
burg viele, von den ganzen institutionen unabhägige
Sarah Eder liest aus Kleine Konjunktive, einer Fortset-
weisen, Andeutungen und Anklängen, er verschweigt
dieses Aber bleibt bestehen und wird groß und größer
künstlerkreise gibt, die regelmäßig ihre eigenen ver-
zung ihres Debüts Herr Leben, die Rechnung bitte!.
mehr, als er benennt. Die erwarteten Auflösungen, die
während wir uns fragen, ob wir vergleichbares in der
anstaltungen haben: die reihe „sowhat-wörtlich“ mit
In ihrem Email Roman - übrigens wesentlich schöner,
Losungen bleiben verschollen. Man wird nach ihnen su-
Literatur der letzten zehn Jahre gelesen haben. Spätes-
regelmäßigen lesungen von jungen salzburger auto-
schlauer, witziger und von einer sprachlichen Dichte,
chen müssen.
tens mit dem Lautgemälde, das den Schluss des Textes
rInnen im jazzclub „SoWhat!“; die „kulturkeule“ in der
die man bei Daniel Glattauer vergeblich sucht - be-
Peter W. liest Prosa und Gedichte, unplugged, wie er
bildet, ein Katarakt aus Kirchenglocken und zerplatzen-
bergstrasse 13, bei der leute bis spät in die nacht über
handelt Eder die großen und kleinen Lebensdramen,
betont. Die Nonsense-Gedichte erinnern an Texte von
den Herzkammern – wenn Sie mir nicht glauben, lesen
verschiedenste themen diskutieren; „wort klang und
die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der Liebe. Mit
Funny van Dannen und Sven Regener, eine Klasse, die
sie nach – ist klar womit wir es hier zu tun haben: klug,
geschmack“ im shakespeare, wo neben lesungen und
Leichtigkeit und Witz erzählt sie von den Erschütterun-
der Autor leider selbst nur in den seltensten Augen-
belesen, mit skalpellgenauem Blick und doch voller
performance auch ein selbstgemachtes buffet serviert
gen in den Lebensentwürfen junger Menschen, erzählt
blicken erreicht. Die Idee war wohl gut, doch der Text
Wortwitz und Verve, sehen wir eine Frau, mit der in den
wird; natürlich das „SEAD“: die akademie für zeitge-
vom Zusammenleben und von den Schwierigkeiten
noch nicht bereit bzw. gereift; so oder so ähnlich. Ent-
nächsten Jahren zu rechnen sein wird. Man darf sich auf
nössischen tanz bietet vielleicht den besten ort für in-
beim „Zweitspracherwerb der Liebe“: Die Protagonis-
weder die Idee zündet nicht wirklich, oder, wenn doch,
die künftigen Arbeiten dieser schon jetzt eigenartig-
teraktion zwischen den künsten in ganz salzburg. es
tin Hannah schreibt ihrem Therapeuten, Herrn Leben,
wird sie überstrapaziert und anschließend mit bemer-
einzigartigen Autorin freuen.
gäbe hier noch viel mehr zu sagen.
aus dem selbstverordneten Zwangsurlaub mit ihrem
kenswertem Enthusiasmus zu Tode geritten. So gesche-
Was sich hier abzeichnet ist vielleicht keine Trendwende
ausschlaggebend ist: all diese jungen leute stehen im
Freund. Hannahs Ausbruchsversuch scheitert; der wei-
hen in einem Text, der davon erzählt, dass Gott einen
in der deutschsprachigen Literaturlandschaft, aber mit
dialog zueinander; die kunst treibt sie zusammen, treibt
ße Schatten Sehnsucht, den sie zurückgelassen glaubt,
neuen Nachbarn bekommt. Eine Ausnahme bildet der
Sicherheit ein Hoffnungsschimmer, dass trotz der lite-
sie an. sie zeigen, dass der raum kunst für jeden be-
holt sie ein und konfrontiert sie mit der Frage: Was tun,
Text Finger in der Milch. Hier schafft W. einen so komi-
rarischen Beliebigkeit etablierter Autoren, der „Unter-
gehbar ist, der sich traut seinen träumen ausdruck und
wenn eigentlich alles stimmen müsste, aber trotzdem
schen wie beunruhigenden Ausblick in ein Pandämoni-
grund“ nicht schläft. Es gibt weiterhin Autorinnen und
form zu verleihen. was verbleibtist der wille der institu-
immer irgendetwas nicht ganz so ist wie es eigentlich
um häuslicher Grausamkeit. Er schafft einen Moment
Autoren, die Literatur nicht als ein Mittel sehen sich ge-
tionen diese künstler zu unterstützen, als auf ihren tod
sein sollte?
genuinen, existenziellen Terrors. Peter W. als Autor ist
sellschaftlich zu etablieren und zu Geld zu kommen. Es
zu warten. sie zu unterstützen in ihrer unermüdlichen
Mit Sprachwitz und Ironie beschreibt Eder die Fallstri-
eine Streitfrage, ob es sich bei seinen Texten mehrheit-
gibt weiterhin junge Menschen, die schreiben weil sie
arbeit an der kultur, unabhängig davon, wie viele prei-
cke in unseren Beziehungen. Ein überaus geistreicher
lich um Rohrkrepierer handelt, oder ob W. vielleicht in
müssen und wir, wir sollten ihnen zuhören. Denn was sie
se ein künstler gewonnen hat oder nicht. der künstler
Liebesroman also, auch für Menschen die keine Lie-
Wirklichkeit doch ein begnadeter Dekonstrukteur kon-
uns zu sagen haben, ist schon jetzt wesentlich und wahr.
und seine kunst wird ja heute nur noch an den preisen
besromane mögen, und vor allem eine spannende, viel
ventioneller humoristischer Texte ist, ein Überwinder
Lassen wir also meinetwegen dem Herrn Kehlmann die
gemessen, die er gewonnen hat. noch eine perversion
versprechende Autorin mit einer eigenen, eingängigen
von Grenzen, ein wundervoller Selbstvernichter, bleibt
original Salzburger Festspiele, aber garantieren wir der
des 21. jh.: preiswahn!
Sprache.
wohl dem Publikum überlassen, das sich in seinen Re-
Jungen Literatur für Salzburg die Straßen und Plätze in
am ende überwiegt dennoch die tat…
Marko Dinic liest aus seinem im Februar erscheinenden
aktionen durchaus gespalten zeigte.
unseren Ohren, Köpfen und Herzen.
Gedichtband Namen.Pfade. Dinics Gedichte, die sich
Den berückenden Abschluss der Lesereihe macht Mar-
durch eine große Affinität zur lyrischen Diktion Paul
len Mairhofer mit ihrer Liebeserklärung an die Stadt
Marko Dinic
22
A. N., Germanistik & Anglistik
23
BÜCHERTISCH
BÜCHERTISCH
IT-Geschichten
zum shakespeareschen Königsdrama hochstilisiert.
dieses Lebens großen Raum in der Biografie ein, der
Das zweite Buch sollte für GeisteswissenschaftlerInnen
Aaron Sorkins, der für seine Drehbuchfassung den Os-
gegen Ende hin eher noch zunimmt. Der/die LeserIn
besonders interessant sein, da es eine von einem der
car erhielt, wird auch das Drehbuch zum kommenden
wird in Vorstandssitzungen und Design-Meetings mit-
Ihren geschriebene Insiderperspektive aus einem Un-
Jobs-Biopic schreiben. Der Dritte im Bunde der Son-
genommen, er erfährt über Aktiengesetze, Firmenint-
ternehmen, das heute praktisch ein Synonym für das
nenstaatelite: Google.
rigen und Marktentwicklungen. Es ist klar: was einem
Internet ist, ist.
Facebook und Apple und, wenn auch noch nicht fikti-
hier präsentiert wird, ist Jobs der Unternehmer, Visi-
Douglas Edwards‘ Erfahrungsbericht „I’m Feeling Lu-
onalisiert, Google sind die drei Silicon Valley - Gigan-
onär, Schaffer. Schlägt man das Buch zu, findet man
cky. The Confessions of Google Employee Number
ten, die sich derzeit anschicken, unser digitales Leben
sich vor allem widerwillig staunend und beeindruckt.
59” ist die Geschichte eines English Majors, der aus
zu übernehmen, und - laut Spiegel - bereits „unseren
Was immer man über sein Erbe denkt, nach Isaacsons
der Marketing-Abteilung eines etablierten Printunter-
Alltag und unser Denken“ verändert haben. Ihre Grün-
Lektüre bleibt einem wenig anderes übrig, als Jobs als
nehmens die abenteuerliche Flucht in die Do or Die
der sind die Popstars der „Netznatives“-Generation,
einen Menschen zu respektieren, der sein Leben sei-
- Welt eines kleinen, unbekannten Silicon Valley - Star-
Es ist noch gar nicht so lange her, da hätte man es
jener jungen Menschen, für die eine analoge Welt nur
nem Werk untergeordnet hat.
tups namens Google wagt. Blättert man auf die Copy-
für unvorstellbar gehalten, dass der Tod des Vorstands
mehr einen düster archaischen Spuk der Vergangen-
Zitat Jobs (nach Isaacson, S. 665):
right-Seite, erfährt man, dass es sich für ihn ausgezahlt
eines großen, börsennotierten Unternehmens globa-
heit darstellt. Sie lehren sie vor allem eines: dass eine
Was hat mich angetrieben? Ich denke, die meisten
hat: die Einnahmen aus den Buchverkäufen gehen alle
le Wellen der Sentimentalität und Trauer auslöst. Mit
gute Idee und die Fähigkeit, dazu zu stehen, immer
kreativen Menschen wollen ihre Anerkennung dafür
wohltätigen Zwecken zugute.
dem Tod von Apple-Gründer Steve Jobs am fünften
noch mehr wiegt als sämtliche Beziehungen und Par-
zum Ausdruck bringen, dass es ihnen möglich war, die
Verglichen mit den anderen beiden Büchern ist Edwards‘
Oktober dieses Jahres wurde das Szenario Wirklich-
teibücher.
Arbeit anderer, die vor uns waren, zu nutzen. Ich habe
Text mehr Heldenerzählung denn Unternehme(r/n)
keit.
Drei in den letzten Jahren erschienene Bücher halten
weder die Sprache noch die Mathematik, die ich bei-
sbiografie, obgleich nicht klar ist, wer genau der Held
In den Tagen nach dem Tod „eines der größten ameri-
die Genese dessen, was viele die Zukunft nennen, aus
de verwende, erfunden. Ich stelle mein Essen kaum
ist, denn der Protagonist, Edwards findet sich
kanischen Innovatoren“ (Zitat Barack Obama) erglom-
den Gehirnzellen weniger Inspirierter fest. Wer mehr
selbst her, meine Kleidung überhaupt nicht. Alles, was
Nicht-Technikgenie in einem Unternehmen, das, von
men vor Apple Stores rund um den Globus in wehmü-
über diese Produkte, die - wie auch immer man zu ih-
ich tue, hängt von anderen Vertretern unserer Spezi-
ebensolchen gegründet, ebensolche anziehen will, als
tigem Andenken Bilder des Gründers auf iPads und
nen steht - unsere Lebensrealität unweigerlich verän-
es ab und von den Schultern, auf denen wir stehen.
Fremdkörper wieder. Er versteht den Jargon nicht, den
iPhones, Kondolenzmitteilungen fluteten Foren und
dern, und die Menschen dahinter erfahren will, dem
Und viele von uns wollen etwas beitragen und unserer
Arbeitsethos, das Produkt. Seine konventionellen, auf
Kommentarsektionen auf Youtube und der Designer,
sei hiermit geraten, in eines dieser Werke zu schauen.
Spezies etwas zurückgeben. Das heißt, man versucht
Sprache basierten Marketingansätze finden bei seinen
der den Bissen im ikonischen Apfel mit dem Profil
Das jüngste der drei Bücher ist die Steve Jobs-Bio-
etwas auf eine Art und Weise auszudrücken, die die
(von ihm so nicht bezeichneten) Gegenspielern Larry
Jobs‘ vertauschte, erlangte kurzzeitigen Ruhm. Auf
grafie von Walter Isaacson, Biograf und ehemaliger
meisten von uns beherrschen -- weil wir keine Songs
Page und Sergey Brin, den Gründern, wenig Verständ-
der Gedenkveranstaltung in Cupertino spielte Cold-
Managing Editor des Time Magazine. Nur wenige
wie die von Bob Dylan oder Theaterstücke wie die von
nis. Sprache als Wirkungsinstrument kommt für sie
play. Sie wurde von tausenden Menschen besucht, die
Wochen nach dem Tod des Apple-Gründers erschie-
Tom Stoppard schreiben können. Wir versuchen, mit
Aberglauben gleich, der sich durch Zahlen empirisch
sich unter haushohen Schwarzweißbildern des Verstor-
nen, beleuchtet es das Leben eines Mannes, der es
den Talenten, die wir besitzen, unsere tief sitzenden
kaum unterlegen lässt.
benen zusammenscharten. Die Botschaft war klar: hier
durch Vision, Rücksichtslosigkeit und Dreistigkeit aus
Gefühle zum Ausdruck zu bringen, unsere Anerken-
Edwards schildert sein eigenes Geschick innerhalb
wird ein Held betrauert.
einfachen Verhältnissen ganz nach oben schaffte.
nung für alle Beiträge vor uns zu zeigen und dem Flie-
des Unternehmens zusammen mit dessen Aufstieg zu
Jobs´ Tod ist das Ende nur eines von mehreren Gegen-
Der David-gegen-Goliath-Topos, verwirklicht in der
ßen etwas hinzuzufügen. Das hat mich angetrieben.
einem, wenn nicht dem, führenden Technologiekon-
wartsmythen, die in Kalifornien ihren Ursprung nah-
Vorstellung des American Dream, klingt bei Isaacson
Fazit: Wer sich ein nuancierteres Urteil über einen der
zern. Mehr noch als die Jobs-Biografie nimmt dieser
men. Sicher hat der/die eine oder andere vor einem
allerdings nur insofern an, als sich dem Leser diese
Väter unserer heutigen IT-Welt bilden möchte, sollte
Text den/die LeserIn mit in eine komplett andere Welt,
Jahr „The Social Network“ gesehen, den Film, in dem
Assoziationen unweigerlich aufdrängen. Tatsächlich
dieses Buch lesen. Gleichzeitig bietet es, wie jeder
in der Ingenieure Kaiser sind und alle anderen ihre Zu-
Regisseur David Fincher die Gründung von Facebook
nimmt die technische und unternehmerische Seite
gute Mythos, eine spannende Geschichte.
bringer, wobei diese IngenieureInnen keine Zahlent-
Foto: v.l. Hanser,
Bertelsmann, Houghton
Mifflin Harcout
24
25
als
BÜCHERTISCH
BÜCHERTISCH
FUndstück aus der bibliothek
NEU In DER BUCHHANDLUNG
K. H. Kramberg (Hg.) – Vorletzte Worte
rottel sind, sondern durchaus rundum gebildete und
Schriftsteller schreiben ihren eige-
Thomas Glavinic – Unterwegs im Namen
des Herrn
interessierte Menschen mit einem realen Interesse,
nation, die den/die LeserIn bei der Lektüre von „Der
nen Nachruf. Der Untertitel klingt
das Leben ihrer Mitmenschen zu vereinfachen.
Facebook-Effekt. Hinter den Kulissen des Internet-
verheißungsvoll. Und auch das
Fazit: Edwards bringt den LeserInnen die Menschen
Giganten“ überkommt, liegt am Stoff, nicht an einer
Vorwort („Letzte Worte werden
„Die nächste Stunde sitze ich da
hinter den bunten Buchstaben näher und zeigt einen
reißerischen Aufbereitung. Als langjährigem Techno-
von Dilettanten entwickelt. Dem
und bringe es fertig, nur einen
zunehmend als anonyme, bedrohliche Macht empfun-
logieschreiber für Fortune gelingt es Kirkpatrick spie-
Schriftsteller aber ziemt es, den
einzigen klaren Gedanken zu fas-
denen Internetgiganten als nichts anderes als ein Pro-
lend, die Entwicklung eines Neunzehnjährigen und
Epilog des Stückes zu bedenken,
sen, und der dreht sich um die
dukt von Menschen, mit allen guten und schlechten
seines Projekts, Offenheit und Verbundenheit in der
das er selbst aufgeführt hat.“) ist
Frage, ob Gott, wenn er existiert,
Seiten, die damit einhergehen.
Welt voranzutreiben, nüchtern und klar aufzubereiten.
löblich zurückhaltend. Und fürwahr,
jederzeit meine Gedanken liest.
Zitat (Edwards, p. 389):
Vor allem zeigt er auch, wie sehr Business und Per-
es handelt sich um ein literarisches
Ansonsten sitze ich einfach da,
Is Google secretive? No question. Arrogant? Maybe.
sönlichkeit im angloamerikanischen Raum zum Guten
und literaturhistorisches Fundstück, dass man im Germa-
schaue auf die Straße und bin so
Tone-deaf to the concerns of the very users it claims to
wie zum Schlechten fusionieren. Wie auch bei den an-
nistik-Teil der Unipark-Bib finden kann.
serve? Occasionally. But evil? I don’t think so.
deren Werken warten am Ende dieser Lektüre einige
Autoren wie Peter O. Chotjewitz, Johannes Mario Simmel
Der bekennend atheistische Ich-
Facebook. Was wurde in den letzten Jahren nicht da-
Erkenntnisse über die Welt von heute.
oder nicht zuletzt der verstörend verwirrende Kurt Kusen-
Erzähler im neuen (Halb-)Autobiographischen Roman
rüber geschimpft, geschwärmt, gelacht, geklagt. Man
Fazit: Ebenso sehr die Geschichte eines Unterneh-
berg halten ihre eigene Grabrede. Aufgrund der großen
von Thomas Glavinic macht sich als (blinder) Passagier
hat ihm Privatsphärenverachtung vorgeworfen und
mens wie die Geschichte eines Zeitgeists. Empfeh-
Menge an vertretenen Persönlichkeiten kann man durch-
auf die Fahrt nach Medjugorje. Zusammen mit seinem
Userausnutzung, Intransparenz und die zunehmende
lung: als Nachbereitung zu Finchers „The Social Net-
aus von einem breiten Spektrum der deutschsprachigen
Freund Ingo will er der Frage auf den Grund gehen,
Oberflächlichkeit menschlicher Interaktion. Nichts da-
work“ lesen.
Literatur der 60er- und 70er-Jahre sowie der literarischen
warum Menschen glauben – und welche Menschen
von hat verhindert, dass jeden Tag tausende weitere
Zitat (Kirkpatrick, S.301):
Entfaltung sprechen. Die Sammlung ist eine ideale Mög-
das überhaupt sind.
Menschen in die Gemeinschaft eintreten, die bereits
„Im März 2009 gab das Marktforschungsinstitut Niel-
lichkeit, die Literaturlandschaft zu durchkämmen und in-
Mit gewohnt scharfsichtigem Blick zeichnet Glavinic
mehr ist, als ein soziales Netzwerk wie es MySpace
sen eine epochale Veränderung im Internet bekannt.
teressante, einem unbekannte Autoren zu finden.
eine Typologie der Gläubigen und findet statt Ant-
oder Friendster waren. Facebook ist Internet im Inter-
Die Zeit, die Internetnutzer in aller Welt in sozialen
Ich verwende dieses Buch als Oase im manchmal tristen
worten immer mehr Fragen. Der Plot-twist etwa bei
net. Man kann darin Tage verbringen, ohne irgendeine
Netzwerken verbrachten, war zum ersten Mal länger
Bibliotheksalltag. Die kurzen Erzählungen, Reden, Rück-
der Hälfte führt den Suchenden schließlich weg vom
andere Seite zu betreten, und wenn man eine betritt,
als die Zeit, die sie für E-Mail aufgewendet hatten.
blicke bieten sich an, spontan im Stehen oder in der Lese-
Pilgerort in einen Wahnsinn der ganz anderen Art.
betritt man sie über Facebook. Seine Identität nimmt
Eine neue Form der Kommunikation war im Main-
lounge konsumiert zu werden. Einige Empfehlungen her-
Unterwegs im Namen des Herrn schließt nicht naht-
man einfach mit.
stream angekommen.“
vorzuheben fällt mir schwer – niemand sollte jedoch den
los an Das bin doch ich an, wenngleich die Erzähler-
fiktiven Abschied von Ernst Jandl versäumen. In einigen
stimme die gleiche ist. Einfacher als bei seinem ersten
Mark Zuckerberg, der jüngste Milliardär aller Zeiten.
Foto: Josef Kirchner
Foto: Hanser Verlag
schlau wie Gemüse.“
2010 von Time gekürte Person des Jahres. Von David
Edwards, Douglas: I’m Feeling Lucky. The Confessions of wenigen Punkten realisiert er es, seinen als Film gestalte-
(Halb-)Autobiographischen Werk zeigt uns der öster-
Fincher filmisch als ehrgeiziger, kühler Nerd interpre-
Google Employee Number 59. Boston, New York: ten Nachruf vor dem geistigen Auge des Lesers vorzufüh-
reichische Autor seine Sicht auf einen Teil des Lebens.
tiert. Philantrop. Leuchtturm für Jugendliche überall
Houghton Mifflin Harcourt, 2011.
ren und schafft dabei ein Meisterwerk seines Schaffens,
Wer die Vorgänger kennt, wird auch von dieser Ur-
auf der Welt.
Isaacson, Walter: Steve Jobs. München:
dass vor Surrealismus und Kreativität strotzt. Ich kann nur
laubslektüre überzeugt sein – als Einstieg in seinen
Facebook + Mark Zuckerberg? Material für eine fes-
warnen: Diese Bilder verfolgen mich in meinen Träumen!
Kosmos empfehle ich es jedoch nicht.
selnde Geschichte von dem unbedarften Jüngling,
Kirkpatrick, David: Der Facebook-Effekt. Hinter den Kulissen dessen Talent und Interesse die Welt veränderte. Da-
Signatur: II KRA 6 (Germanistik)
Hanser | 207 S. | € 18,40
Josef Kirchner, Geschichte & Germanistik
Josef Kirchner, Geschichte & Germanistik
C.Bertelsmann, 2011.
des Internet-Giganten. München: Hanser, 2010.
vid Kirkpatrick lässt sich von der Sogwirkung seines
Materials glücklicherweise nicht anziehen. Die Faszi-
Alexander Macho, Germanistik & Anglistik
26
27
HEUTE SCHON WAS VOR?
20.01.12 | 21.00 | Das Kino
Nacht der Programmkinos
Die bewährte Initiative der kulturell orientierten Kinos in Österreich geht in die
zweite Runde. Ein Filmmosaik bis tief in die Nacht bei freiem Eintritt.
20.01.12 | 20.00 | Literaturhaus
Lesen lassen!
Gäb es uns nicht schon in gedruckter Form, wären wir wohl diese Veranstaltung. Sei es, wie es ist: Wir sind auf jeden Fall dabei!
28.01.12 | 16.30 | Rockhouse
Local Heroes Bandcontest - Vorrunde
Unter Mitwirkung von Bodo Hell liest die düstere Literatin aus Ihrer neuen
Prosa „vom Umhalsen der Sperlingswand, oder 1 Schumann- wahnsinn“.
Ein Mosaik an Textbausteinen.
30.01.12 | 20.00 | Literaturhaus
Lesung: Frederike Mayröcker
03.02.12 | Mark
Eröffnungsfest
Der größte Live-Bandcontest im deutschsprachigen Raum, auch
heuer im Rockhouse. Weitere Vorrundentermine: 04.02. und 25.02.
Endlich wird das Freizeitzentrum feierlich eröffnet. Wir feiern mit. Weitere Informationen folgen
in Kürze auf www.marksalzburg.at
11.02.12 | 21.00 | Jazzit
The Pond Pirates
Ein Mosaik aus Stilen und Instrumenten fusioniert zu einem unverkennbaren Klangerlebnis Made in Salzburg. Es wird getanzt werden.
18.02.12 | MdM Mönchsberg
Röcke Tragen
Kleidung als Möglichkeit der Selbstverwirklichung - eine Selbstverständlichkeit.
Bis Anfang Juni widmet sich eine Ausstellung der Adaption in der Fotographie.
22.02.12 | 19.30 | Schauspielhaus
Premiere: Othello
23.02.12 | 20.00 | Republic
Science Busters - global warming tour
24.02.12 | 21.00 | ARGE-Kultur
Roter Salon: The Helmut Bergers…
25.02.12 | 19.00 | Landestheater
Premiere: Das weite Land
William Shakespeare führt uns in eine Spirale der Intrigen. Ein TheaterKlassiker im modernen Gewand. Am Spielplan bis Anfang April.
Endlich jemand, der uns Geisteswissenschaftern die Welt erklärt.
Stilecht von Vortragenden mit Titelangabe. Das FM4-Programm
auf Abendlänge.
… Allen Alexis und Freud. Ein Mosaik aus FM4-Musik, allen voran die
Salzburger Wunderkinder - das ergibt einen abgerundeten
Salon-Abend.
Schnitzlers gesellschaftskritische Analyse ist heute aktuell wie vor hundert
Jahren. Eine der vielen Annäherungen zum Jubiläum. Bis Anfang Juni am
Spielplan.
Du hast eine Veranstaltung für uns? Egal ob Film, Fest oder Vortrag: lad uns und alle Leser des mosaik ein!
Du warst auf einer Veranstaltung oder freust dich auf Zukünftiges?
Lass uns teilhaben und schick uns deine Erfahrungen!
Wir freuen uns auf deinen Beitrag: mosaik@studlit.at