Wellen - Deutsche Börse AG

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Wellen - Deutsche Börse AG
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5 Euro
02.03.2009
1/09
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1585
Business Journal Deutsche Börse Group
Wellen
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KONJUNKTUR
KRISE
KLIMA
Erklären lange Wellen
die Weltwirtschaft?
Wie geht’s weiter,
Dr. Doom?
Bietet die Erderwärmung
auch Chancen?
03.03.2009
12:37 Uhr
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11.03.2009
16:50 Uhr
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INHALT
1585
3
Effiziente Märkte seit 1585: Deutsche Börse Group
Ob Bad Bank, Boni oder Bürgschaft: An den Märkten schlagen
schon wenige Wörter große Wellen. Wenigstens akustisch,
auf dem Bildschirm künstlerisch verfeinert, sieht das sehr gut aus,
wie das aktuelle Cover zeigt. In dieser Ausgabe dreht sich alles
um Wellen – und die Frage, wie sich die jetzigen Turbulenzen
wieder beruhigen.
22
KRISE
Titelfoto: Mehau Kulyk / Science Photo Library / Agentur Focus; Fotos: Win McNamee / Gettyimages, Jim Reed / SPL / Agentur Focus, RIA Nowosti / AKG
Nouriel Roubini hat als einer von wenigen
Ökonomen weltweit frühzeitig vor der
Finanz- und Wirtschaftskrise gewarnt. Im
Exklusivinterview mit „1585“ in New York
verrät „Dr. Doom“ (Dr. Untergang) jetzt, wie
es mit der Weltwirtschaft weitergeht und
mit welchen Rückschlägen Anleger noch zu
rechnen haben.
06
28
KLIMA
Hurrikans, Hitzewellen,
Sturmfluten: Auch Unternehmen müssen auf die
Erderwärmung reagieren,
fordert der Klimaexperte
der Münchener Rück –
wenn sie vom Klimawandel
profitieren wollen.
04
10
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KONJUNKTUR
Vor 80 Jahren entwickelte der
Russe Nikolai Kondratieff die
„Theorie der langen Wellen“, um
damit Konjunkturzyklen zu erklären. Jahrzehntelang verspottet,
erlebt Kondratieffs Modell in
der aktuellen Marktkrise
nun seine Wiederauferstehung.
NEWS/IMPRESSUM
ASTRONOMIE Ein Radioteleskop blickt in die Kindheit des Alls
SPOT ON La Ola – die Geschichte einer Massenbewegung
BAUAKUSTIK Zwischen Weinberg und Schuhschachtel
FACTS & FIGURES Wellen in Zahlen
INSIGHT Das Wesen der Welle
FOTOSTORY Welle aus Licht und Schatten von Balthasar Burkhard
GUIDE Gibraltar, Finanzplatz zwischen zwei Meeren
NICE TO HAVE Produktideen, die Wellen schlagen
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4
03.03.2009
17:18 Uhr
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NEWS
DEUTSCHE BÖRSE GOES EAST
Expansionswelle. Die Deutsche Börse baut ihr
Engagement auf Asiens Wachstumsmärkten aus.
Seit Dezember ist sie mit einer Repräsentanz in
Peking vertreten. Zudem eröffnete Eurex Büros in
Tokio und Hongkong und wird ab Juli auch in Singapur vertreten sein. Auch Clearstream unterhält
mehrere Büros in Asien und wickelt vor allem in
China Aktiengeschäfte ausländischer Investmentbanken ab. „Damit sind wir fürs Erste sehr gut
aufgestellt“, sagt Roland Schwinn, Leiter Business
Development Asia & Middle East der Deutschen
Börse. „Zumal wir von Peking, Tokio, Hongkong
und Singapur auch weitere asiatische Märkte
besser bearbeiten können als von Europa aus.“
Die derzeitige Finanzkrise ändere daran nichts,
sagt Schwinn: „Das Wachstum in Asien wird
andauern – trotz Krise. Die Vergangenheit hat
gezeigt, dass sich die Märkte dort schneller
wieder erholen.“ Der nächste Schritt ist bereits
beschlossen: Eurex erhält von der Korea Stock
Exchange in Seoul ab 2010 das Recht zum weltweiten Listing, Handel und Clearing von Derivaten auf den koreanischen Aktienindex KOSPI-200,
sodass internationale Anleger zu europäischen
Handelszeiten KOSPI 200-Optionen handeln
können. Die Papiere gehören schon heute zu den
liquidesten Derivaten weltweit.
SERVER AN
STEUERBORD
Japan: Schlanker Staat
Wellenrechner. Neben Frachtern und Kreuz-
Diätwelle. Weil gut 30 Prozent der Japaner zu viel wiegen, greift
fahrtschiffen könnten bald auch Rechenzen-
Tokios Regierung ein. Die Kommunen ermitteln jetzt jähr-
tren über die Weltmeere schippern. Der Such-
lich Gewicht, Blutwerte und Hüftspeck aller
maschinen-Riese Google überlegt, Server in
40- bis 74-Jährigen – und verordnen bei
schwimmende Container-Pontons auf die
zu viel Bauchumfang das Abspecken.
Ozeane auszulagern. Der Clou: Die Rechner
Auch die Arbeitgeber ziehen mit. So
versorgen sich selbst. Seitlich angebrachte
registriert Toyota auf dem Betriebs-
Wasserräder wandeln die Energie der Wellen
ausweis, wie viele Kalorien
in Strom um. Herrscht kein Seegang, springen
in der Kantine geordert
Dieselgeneratoren an. Eine Kühlung ist dage-
werden. Kein Wunder:
gen verzichtbar: Das kalte Meerwasser schützt
Firmen mit überdurch-
vor Überhitzung. Die Hochsee-Rechenzentren
schnittlich übergewichtiger
würden somit nicht nur umweltfreundlich
Belegschaft müssen übermä-
arbeiten, sondern wären auch standortunab-
ßig viel in die Krankenversiche-
hängig. Ob oder wann die maritimen Server-
rung einzahlen. So eine Staats-
farmen den Betrieb aufnehmen, ist allerdings
Diät stünde auch anderen Nationen
noch offen. Bisher reichte Google nur einen
gut: Weltweit leben die meisten
Patentantrag in den USA ein. Erste Experi-
Dicken in den USA, europaweit die
mente mit den Wellengeneratoren sollen
meisten in Deutschland. Laut WHO
jedoch bereits laufen.
verschlingen die Folgen von Übergewicht sieben Prozent der Gesund-
Internet: www.google.com
heitsausgaben.
Internet: www.who.int
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03.03.2009
17:18 Uhr
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NEWS
KENNZAHL CONTRA RISIKO
5
Dösen vorm Düsen
Sicherheitswelle. Kann man Risiken sinnvoll
Reisewelle. Eine ausgeschlafene Idee macht
in Zahlen fassen, messbar und vorhersagbar
Vielflieger froh – und wieder munter: Zwei
machen? Man kann: Mit dem neuen Datenpro-
Kabinen namens Napcab laden jetlag-gestress-
dukt SENSIS liefert Deutsche Börse – Market
te Geschäftsreisende im Transitbereich des
Data & Analytics objektive Kennzahlen zur syste-
Münchner Flughafens zum Ausruhen und Aus-
matischen Messung von Wertpapierrisiken. „Dank
strecken, Abschalten und Auftanken ein. Oder
ihnen können Anleger jetzt ohne großen Auf-
zum ungestörten Arbeiten: Die komfortablen
wand und ohne in teure Analysedienste oder
Klein-Container bieten nicht nur ein Bett, son-
-software investieren zu müssen, tagesaktuell ent-
dern auch Mini-Schreibtisch, Strom- und Web-
scheiden, welche Werte das Portfoliorisiko unnö-
Anschluss. Entwickelt wurden sie von Studen-
tig erhöhen“, sagt Produktentwickler Christian
ten der Technischen Universität München, die
Libor. „Kurz: SENSIS hilft den Anlegern, schnell
sich mit ihrer Idee selbstständig machten.
zu erkennen, auf welcher Welle sie gerade reiten.“
Internet: www.napcabs.com
Internet: www.deutsche-boerse.com/sensis
O -TON
Die Werbemüll-Flut ebbt nicht ab: Gut 80 Prozent aller weltweit verschickten E-Mails sind laut
Symantec Corp. Spams. Allein die weltgrößte Spam-Schleuder Srizbi ballert 60 Milliarden
E-Mails raus – pro Tag. Das lohnt – unglaublich, aber wahr – noch immer: Trotz nur einer
Bestellung pro 12,5 Millionen Spams winke dem Versender ein Jahresumsatz von 3,5 Millionen US-Dollar, ermittelten die Unis Berkeley und San Diego. Die nächste Angebotswelle rollt
bereits. „Die Spammer haben die Finanzkrise für sich entdeckt: Der Spam-Anteil für
Sofortkredite zu Paradieszinsen steigt drastisch“, berichtet Candid Wüest, Threat Researcher
von Symantec. Da hilft nur: Hirn und Spamfilter aktivieren. Oder eine klug gewählte Adresse:
Der britische IT-Experte Richard Clayton ermittelte, dass mit Q, Y oder Z beginnende E-MailAccounts mit Abstand am wenigsten Werbemüll erhalten.
Noch auf Platz 5 – Experten erwarten Flut an Finanz-Spams
6%
7%
Betrugsversuche
6%
Vorschussbetrug
Sex
„Technologiewellen sieht
man recht früh, du musst
nur entscheiden, auf
welcher du surfen willst.
Entscheidest du weise,
entfaltet die Welle langsam ihre Kraft und trägt
dich sehr lange.“
Steve Jobs, Apple-Gründer
24%
Internet
10%
Fotos: Jo Yong Hak / Reuters, Michael Boyny / Stockfood, White / Landov / Picture-Alliance
Finanzen
18%
Freizeit
11%
Gesundheit
Quelle: Symantec Corp.
18%
Produkte
IMPRESSUM
Herausgeber: Deutsche Börse AG, Neue Börsenstraße 1, 60487 Frankfurt am Main, Internet: www.deutsche-boerse.com, E-Mail: 1585@deutsche-boerse.com
Chefredaktion Gruppe Deutsche Börse: Ulrich Meißner (V. i.S.d.P.), Andreas von Brevern, Ralph Kühn Verlag: corps. Corporate Publishing Services GmbH, Kasernenstraße 69, 40213 Düsseldorf
Geschäftsführung corps: Holger Löwe, Wilfried Lülsdorf Redaktion: (Ltg.) Florian Flicke und Christian Pietschner; Frank Burger, Daniel Ferling, Birgit Gehrmann, Mirko Hackmann,
Bernd Hettlage, Katharina Hodes, Christine Mattauch, Axel vom Schemm Objektleitung: Jan Leiskau Anzeigenleitung: Ralf Zawatzky, E-Mail: anzeigen@corps-verlag.de
Artdirection: formwechsel.de Bildredaktion: Sabine Schmidt Druck: Buersche Druckerei Neufang KG, Gelsenkirchen Repro: ORT Studios, Berlin Bestellnummer: 1000-2796
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Verwendung nur mit Genehmigung. ©2009 Gruppe Deutsche Börse
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04.03.2009
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THEORIE
KOMMT ALLES WIEDER
Die 80 Jahre
alte und nie voll akzeptierte Idee eines Russen ist wieder aktuell: Nikolai Kondratieffs
„Theorie der langen Wellen“ in der Konjunktur weise den Weg aus der derzeitigen
Krise, glauben ihre Jünger. Sie erleben derzeit ihre eigene Konjunktur.
1. Kondratieff
1840
E
rik Händeler ist neuerdings ein vielbeschäftigter Mann. Er redigiert die siebte
Auflage seines Buchs „Die Geschichte der
Zukunft“, bekommt zahlreiche Anfragen
für Vorträge und Gastbeiträge für die Tagespresse. Ein gutes Gefühl: Seit 15 Jahren forscht
und publiziert Händeler über die Theorie der
langen Wellen und stieß mit ihr oft genug auf
Ablehnung. Bislang. „Seit der Wirtschaftskrise finde ich zunehmend Gehör“, sagt der
39-jährige Wirtschaftsautor.
Denn in der derzeitigen Rezession geraten
auch Erklärungs- und Lösungsansätze in
den Fokus, die in Tagen der Stabilität wenig
er
2. Kondratieff
beachtet, wenn nicht gar belächelt werden.
Die Theorie der langen Wellen, die auf den
Arbeiten des russischen Wirtschaftstheoretikers Nikolai Kondratieff aus den 1920er
Jahren fußt, gehört zu diesen Kandidaten. Im
Kern geht sie davon aus, dass die Konjunktur
unweigerlich wiederkehrenden Zyklen von
Auf- und Abschwung folgt, die eine Dauer
von gut 50 Jahren haben – eine deterministische Auffassung, die im Widerspruch zum
heutigen Mainstream der Volkswirtschaftslehre steht. Für Autoren wie Erik Händeler
und andere jedoch zeigt die umstrittene
Theorie Auswege aus der derzeitigen Misere.
Innovationen in Umwelttechnik, Biotechno-
1890
er
3. Kondratieff
logie oder Gesundheitswesen sollen den
Startschuss geben für den Beginn eines neuen Kondratieff-Zyklus. Und der stehe unmittelbar bevor, sagen sie.
Dem Wesen der Wirtschaft entsprungen
Nikolai Kondratieff selbst blickte in die Vergangenheit: Er studierte vor allem die Entwicklung von Preisstatistiken in England,
Frankreich, Deutschland und den USA über
einen Zeitraum von gut 140 Jahren und nahm
die Werte als Messgröße für die Konjunktur.
Dabei beobachtete er regelmäßige Wellen,
die sich im Abstand von 40 bis 60 Jahren wiederholten, jeweils mit einem Aufschwung
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04.03.2009
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THEORIE
Fotos: Foto Deutsches Museum, Wolfgang Maria Weber / TV Yesterday, Imagebroker / Imago, VW, Bianchetti / Leemage / Picture-Alliance
1940
er
4. Kondratieff
begannen und mit einer Rezession endeten.
Kondratieff folgerte: „Die langen Wellen entspringen Ursachen, die im Wesen der kapitalistischen Wirtschaft liegen.“
Kondratieff veröffentlicht seine Theorie 1926.
Ein Jahrzehnt später greift sie Wettbewerbspapst Josef Schumpeter auf. Er nennt die Wellen ihrem Entdecker zu Ehren „KondratieffZyklen“ und entwickelt das Modell fort:
Schumpeter betrachtet Basisinnovationen
wie Dampfmaschine oder Eisenbahn als Auslöser jedes Wellen-Aufschwungs. Demnach
begann der erste Kondratieff-Zyklus durch
die Dampfmaschine, der zweite durch die
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1980
er
Eisenbahn, der dritte durch Elektrotechnik
und Chemie. Den vierten Zyklus initiierte die
Massenmotorisierung und den fünften
schließlich die Informationstechnologie. Ob
aber diese Welle noch anhält oder schon
ausläuft, wann ein sechster Kondratieff
beginnen, und was ihn kennzeichnen wird –
daran scheiden sich die Geister.
Beruhigende Botschaft ohne Beweis?
Noch mehr aber an der Frage, ob die Theorie
der langen Wellen überhaupt haltbar ist.
Ihre Faszination gründet vor allem auf zwei
Umständen. Zum einen lassen sich komplexe
Umwälzungen in der Vergangenheit wie die
7
5. Kondratieff
Industrialisierung oder die Große Depression simpel erklären – es musste einfach so
kommen. Zum anderen enthält die Theorie
die beruhigende Botschaft: Auf Regen folgt
Sonnenschein – so schlimm eine Krise auch
sein mag, irgendwann geht’s wieder bergauf.
Aber wieso eigentlich? Ein überzeugendes
Argument für unabwendbare Zyklen fehlt der
Theorie. Einige wenige historische Beispiele
erlauben nur schwer den Schluss auf ein
allgemeingültiges Konjunkturmuster. Zudem
kritisieren moderne Ökonomen, dass Kondratieffs Modell vor allem auf Preisreihen gründe, was keine Rückschlüsse auf
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8
04.03.2009
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THEORIE
„Seit
zwölf Jahren
predige ich, dass die Strukturen
geändert werden müssen, damit
die Krise nicht kommt ...“
?
Erik Händeler
wachsende Arbeitslosenzahlen die ersten Risse in
der heilen Welt des Westens zeigten, fand die Idee
wieder Beachtung, ohne vom makroökonomischen
Mainstream jemals als gültig anerkannt zu werden.
Gesamtinvestitionen und Wachstumsdynamik erlaube. Und Statistiker monieren, dass die angebliche
Periodizität der Zeitreihen Ergebnis eines mathematischen Fehlers sein könnten, des sogenannten
Slutzky-Effekts. Er bewirkt, dass die angewandten
Verfahren der Trendbereinigung und Glättung des
Datenmaterials die Zyklen überhaupt erst erzeugen.
Und auch die Schumpetersche Version der Kondratieff-Zyklen, die Basisinnovationen in den Mittelpunkt stellt, stößt oft auf wenig Gegenliebe –
warum, verdeutlicht Rolf Kroker, Leiter des
Bereichs Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik am
Institut der Deutschen Wirtschaft Köln: „Erstens
sind Innovationen meist ein kontinuierlicher Prozess, sie treten nicht als plötzlicher Schub auf. Zweitens ist eines ihrer Merkmale ja gerade die Unvorhersagbarkeit – im Kondratieff-Zyklus dagegen
sollen sie ausgerechnet rund alle 50 Jahre auftreten.“
Was sich tatsächlich gut vorhersagen lässt, ist der
Zeitpunkt, zu dem die Theorie der langen Wellen
selbst Konjunktur hat: in der Krise, wenn Heilsversprechen Glauben finden. So wurde der KondratieffZyklus in den Wirtschaftswunderjahren belächelt
als Historiker-Marotte; erst in den 1970er und
1980er Jahren, als sich durch den Ölschock und
Das musste Erik Händeler am eigenen Leib erfahren, als er nach seinem Wirtschaftsstudium keinen
Doktorvater für eine Dissertation über Kondratieff
fand. „Die Theorie der langen Wellen findet in der
offiziellen ökonomischen Debatte einfach nicht
statt. Denn natürlich hört es ein Keynesianer nicht
gern, wenn man ihm mit Kondratieff sagt, dass
Größen wie Preise, Zinsen, Löhne, Geldmenge oder
Inflation nicht die Ursache der ökonomischen Entwicklung seien, sondern nur deren Folge.“
Umwelt, Biotech, Gesundheitssektor?
Die Ablehnung hat Händeler nur angestachelt. Seit
gut anderthalb Jahrzehnten widmet er sich nun dem
verfemten Russen, hat mehrere Bücher über dessen
Gedankenwelt geschrieben, hält gut 60 Vorträge im
Jahr, arbeitet mit Prominenten wie dem Trendforscher Matthias Horx und freut sich, dass plötzlich
doch größtes Interesse an Kondratieff aufkeimt.
Endlich findet er das große Publikum für seine
These: Ein sechster Kondratieff-Zyklus mit brummender Wirtschaft und rapide steigenden Beschäftigtenzahlen stehe bevor, wenn die Kraft der Basisinnovationen auf dem richtigen Feld eingesetzt wird
– dem Gesundheitswesen. „Der Hintergrund ist,
dass wir die Produktivität unseres Wissens massiv
steigern müssen. Dazu aber muss jeder Mensch sein
Wissen so lange und so effizient wie möglich einsetzen können. Das wiederum geht nur, wenn er
gesund ist und es bleibt. Wir brauchen also ein von
Grund auf verändertes Gesundheitswesen, das auf
Gesunderhaltung abzielt. Auf Eigenverantwortung,
Vorsorge, Bewusstseinsschärfung.“
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04.03.2009
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THEORIE
Auch Leo A. Nefiodow hat den Gesundheitsmarkt
als entscheidendes Feld des sechsten Kondratieff
ausgemacht. Der 69-jährige Wirtschaftstheoretiker, ehemaliges Mitglied der Arbeitsgruppe „Our
Future Economy“ des Club of Rome, betrachtet wie
Händeler die Basisinnovationen als bedeutendstes
Element der Theorie der langen Wellen. Als mögliche Kandidaten für den sechsten KondratieffZyklus kommen nach Nefiodows Ansicht zwar
auch Biotechnologie oder der Umweltmarkt infrage,
dem Gesundheitssektor aber bescheinigt er so großes Wachstumspotenzial, dass er gar die Rückkehr
der Vollbeschäftigung für möglich hält: „In den USA
ist zwischen 2001 und 2007 jeder zweite neue
Arbeitsplatz im Gesundheitswesen entstanden. Das
ist in jedem entwickelten Land der Erde möglich.“
„Man muss nur hinschauen“
Foto: RIA Nowosti / AKG
Man müsste nur die richtigen Weichen stellen.
Doch Leo A. Nefiodow und Erik Händeler fühlen
sich als Rufer in der Wüste. Obwohl sie wachsende
Aufmerksamkeit für ihre Thesen erfahren, vermissen beide eine konsequente Umsetzung. „Dabei
sind meine Forschungsergebnisse längst veröffentlicht“, sagt Nefiodow, „man muss nur hinschauen.“
– „Seit zwölf Jahren predige ich, dass die Strukturen
geändert werden müssen, damit die Krise nicht
kommt“, sagt Händeler, „und jetzt ist sie da.“
Immerhin droht den beiden Kondratieff-Experten
nicht das Schicksal ihres Vorgängers im Geiste:
Kondratieff hatte 1926 auch nachgewiesen, dass
kapitalistische Systeme nicht zwangsläufig dem
Untergang geweiht sind, sondern sich in Krisenzeiten mittels der Kräfte des Marktes erneuern
können. Eine Erkenntnis, die Wellen schlug – aus
Kondratieffs Sicht leider auch bei Josef Stalin. Der
Diktator ließ den Wellentheoretiker wenige Jahre
später als Konterrevolutionär erschießen. „
1585 AUSGABE 1/09
Kondratieff & Co.
Wirtschaftstheoretiker mögen wohl Wellen: Eine ganze Reihe von Kondratieffs
Kollegen sieht in ihnen ebenfalls das
perfekte Erklärungsmuster.
Schon der französische Arzt und Konjunkturforscher Clément Juglar beschrieb im Jahr 1862 einen sieben
bis elf Jahre dauernden Zyklus, für
den er die Entwicklung von Bruttoinlandsprodukt (BIP), Investitionen, Inflation und Arbeitslosigkeit
in den USA, Frankreich und Großbritannien zugrunde legte. Die
Existenz von Juglar-Zyklen ist
heute allgemein anerkannt, mit
dem Begriff werden mittlerweile
vor allem Investitionszyklen charakterisiert.
Einen wesentlich kürzeren Zyklus von drei bis
vier Jahren beschrieb in den 1920ern der südafrikanische Statistiker und Goldhändler Joseph
Kitchin, der den Verlauf von Großhandelspreisen und Zinssätzen in den USA und Großbritannien von 1899 bis 1922 untersuchte. Der
Erklärungsansatz für die Schwankungen: Bei
günstiger wirtschaftlicher Entwicklung bauen
Unternehmen ihre Lagervorräte stark auf, bei
ungünstiger Entwicklung bauen sie sie
stark ab. Noch heute werden Kitchin-Zyklen
zur Beurteilung der betriebswirtschaftlichen Produktions- und Absatzplanung sowie
Lagerbestandshaltung herangezogen.
Ein dritter Klassiker ist der US-Amerikaner
Simon Kuznets, der 1958 seine Theorie der
sogenannten „Long Swings“ oder Kuznets-Zyklen
veröffentlichte und 1971 den Nobelpreis für Wirtschaft erhielt. Die von Kuznet identifizierten Zyklen
dauern rund 15 bis 23 Jahre und beruhen auf der
Akkumulation von Produktionsmitteln sowie der Bauzeit
und Dauer der Nutzbarkeit von Immobilien.
9
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10_13_d_Radioauge_RZ
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04.03.2009
18:15 Uhr
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ASTRONOMIE
DAS RADIOAUGE
Es hört nicht, sondern es sieht Radiowellen: Das
100-Meter-Radioteleskop bei Bonn blickt bis
in die Kindheit des Universums. Ein Pixel Empfangsleistung genügt, um Milliarden Lichtjahre weit
ins All zu spähen – außer auf dem Mond wird gerade
telefoniert.
V
erdurstende in der Wüste wären nicht glücklicher gewesen: Wasser, das ist Wasser! Mitte
Dezember entdeckten die Forscher um Violette
Impellizzeri vom Bonner Max-Planck-Institut für
Radioastronomie (MPIfR) tatsächlich Wasser.
Natürlich nicht irgendwo. Sondern in einer Ödnis,
gegen die Sahara, Gobi & Co Feuchtgebiete sind:
mitten im MG J0414+0534, einem Quasar aus der
Frühzeit des Universums – und 11,3 Milliarden
Lichtjahre von jeder irdischen Oase entfernt.
Ein echter Coup, pünktlich zum Beginn des UNJahrs der Astronomie. Die entdeckte Molekülwolke
ist das bisher am weitesten entfernte Wasser, das
jemals aufgespürt wurde. Und sie wurde mit einem
nach wissenschaftlichen Maßstäben uralten Instrument gefunden: dem 37 Jahre alten 100-MeterRadioteleskop des MPIfR in Effelsberg bei Bonn.
Präzise konstruierter Koloss
Wie ein eben gelandetes Ufo duckt sich das weiße,
3.200 Tonnen schwere Stahlungetüm in eine Senke
der Hügellandschaft. 7.850 Quadratmeter, so viel
wie ein Fußballfeld, misst die Öffnung des vollbeweglichen Parabolspiegels. Trotzdem hört man nur
ein leises Surren, wenn sich der Koloss dreht. Grund
ist seine extrem präzise Konstruktion: Raffiniert
10_13_d_Radioauge_RZ
04.03.2009
18:15 Uhr
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ASTRONOMIE
DUFTSTOFFE
e Langer Blick zurück: Darstellung
des Quasars in über elf Milliarden
Lichtjahren Entfernung, in dem das
Radioteleskop Effelsberg Wasser
aufspürte.
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04.03.2009
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ASTRONOMIE
So klingt’s im All
Hören Sie den Pulsar PSR 2021+51 im
Sternbild Cygnus (Schwan), aufgenommen
vom Radioteleskop Effelsberg:
www.mpifr-bonn.mpg.de
/audioobjekte/pulsar2021/audio.mp3
Oder 22 Pulsare aus dem Sternenhaufen
47 Tucanae, aufgenommen vom Parkes
Radioteleskop in Australien:
www.mpifr-bonn.mpg.de
/audioobjekte/47tuc/audio.wav
angeordnete Stützrohre an der Rückseite ziehen die
Schüssel nach jedem Drehen und Schwenken wieder in Form. Ein Sieg gegen die Schwerkraft: Trotz
seiner Masse weicht der Spiegel maximal 0,45 Millimeter von der Idealform eines Paraboloids ab. Und
selbst diese Differenz kann über einen neuen Zweitspiegel nochmals deutlich verringert werden.
„Unser Teleskop ist ein perfekt ausbalanciertes
Meisterstück deutscher Ingenieurkunst“, betont
Dr. Norbert Junkes, Sprecher des MPIfR. Zum Vergleich: Das weltweit größte Radioteleskop in Green
Bank, West Virginia, misst nur zwei Meter mehr
Durchmesser – wiegt aber mehr als das Doppelte.
Irdische Naturgesetze gelten auch im All
Beeindruckender als die Statik ist aber die Leistungsfähigkeit. Der Wasserfund war nur der jüngste
Erfolg: Im Sommer 2008 gelang den MPIfR-Wissenschaftlern auch der Nachweis, dass eine der fundamentalen Naturkonstanten der Physik, das Massenverhältnis zwischen Protonen und Elektronen, auch
noch in sechs Milliarden Lichtjahren Entfernung
dem auf der Erde nahezu exakt entspricht. Soll heißen: Sie bewiesen, dass irdische Naturgesetze auch
im All gelten. Und nicht zuletzt wurden von den
über 200 Supernova-Überresten in der Milchstraße
allein 40 von Effelsberg aus entdeckt. Wer es irdischer mag: Auch die Drift der Kontinentalplatten
lässt sich in Effelsberg millimetergenau messen.
Was das Teleskop kann, verrät weniger ein Blick in
den Kontrollraum. Aufschlussreicher ist der Flur des
Observatoriums: Hier hängt eine sechs Meter lange
Radio-Karte der galaktischen Ebene. 42 SupernovaReste sind auf ihr zu sehen. Junkes, der vier davon
während seiner Diplomandenzeit selbst mitentdeckte, tippt mit dem Zeigefinger auf seine Lieblingsgegend, einen gelben Haken ziemlich in der
Mitte der Milchstraße. Offiziell heißt er G54.4-0.3:
„Das ist einfach faszinierend“, begeistert sich der
Astronom, „ein Supernova-Überrest inmitten einer
Molekülwolke. Und eine Babystation: Hier entstehen gerade viele, viele neue Sterne – Sie sehen die
Verbindung von Tod und Geburt, konzentriert an
einem Ort!“ Junkes gerät beinahe ins Schwärmen.
Neun Jahre wurde für die Karte gemessen. 2,2 Millionen Messpunkte sind auf ihr abgebildet, fast
6.500 kompakte Strahlenquellen wurden dabei
katalogisiert, die meisten davon außerhalb unserer
Milchstraße. Und zwar mit Kameras, die jeden
Hobbyfotografen erst einmal bitter enttäuschen
würden: Das bildgewaltigste der insgesamt 18 Empfangssysteme verfügt nicht über eine Auflösung von
sieben Millionen Pixel, wie jede bessere Digitalkamera – sondern über eine von genau sieben Pixel.
Oder die zylinderförmigen sogenannten Hornantennen: Sie sind zwar bis zu fünf Meter lang – aber
nur Ein-Pixel-Empfänger.
Störquelle Handy
Dafür aber hochempfindlich: Mit optischen Kameras oder Teleskopen wäre Junkes Lieblingsort in der
Milchstraße ohnehin nie zu sehen. „Viel zu viel kosmischer Staub. Nur die Radioteleskopie kommt
durch“, sagt Junkes. Und apropos Kamera: „Wir
lauschen nicht ins All, wir sehen hinein“, erklärt er.
„Wir sind ein Auge, kein Ohr: Radiowellen sind
eigentlich Radiolicht.“ Allerdings ein extrem schwaches: Die stärksten Signale außerhalb des Sonnensystems strahlt Supernova-Überrest Cassiopeia A
in 10.000 Lichtjahren Entfernung aus, gefolgt von
Cygnus A, der stärksten bekannten Radiogalaxie in
750 Millionen Lichtjahren Entfernung. „Würde ein
Astronaut auf dem Mond aber nur ein normales
Zwei-Watt-Handy einschalten, wäre es schon die
drittstärkste Strahlungsquelle“, illustriert Junkes.
Und die würde viele andere Signale überlagern. Kein
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18:15 Uhr
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ASTRONOMIE
13
Wellen aus dem Weltraum
Radiostrahlung zählt zur langwelligsten im elektromagnetischen
Spektrum: Ihre Wellen liegen im Bereich zwischen 0,35 Millimetern
und gut 15 Metern – und treffen ständig aus dem Kosmos auf die Erde.
Zum Vergleich: Die Wellenlänge des optischen, also des vom menschlichen Auge wahrnehmbaren Lichts, liegt im Bereich zwischen 400
(violett) und 800 (rot) Nanometern (Milliardstel Metern).
Entdeckt wurden kosmische Radiowellen im Jahr 1932 vom USamerikanischen Funkingenieur Karl Jansky. Er hatte den Auftrag, die
immer wieder auftretenden Störungen im transatlantischen Funkverkehr aufzuklären. Zur eigenen Überraschung stellte er dabei fest: Eine
der Störquellen konnte nicht irdischen Ursprungs sein, sondern
stammte aus Richtung Milchstraße.
Seitdem hat sich die Radioastronomie zu einer der bedeutendsten
Methoden für die Erforschung des Universums entwickelt – fast alle
bisher mit dem Nobelpreis bedachten beobachtenden Astronomen
waren Radioastronomen. Ihr Hauptvorteil: Im Gegensatz zur optischen
Teleskopie werden radioastronomische Beobachtungen nicht durch
kosmische Staub- oder Nebelwolken behindert. Deshalb gelang es erst
dank der Radioteleskopie, die genaue Struktur unserer Milchstraße zu
bestimmen sowie zuvor unbekannte Himmelskörper wie Quasare und
Pulsare zu entdecken.
Fotos Seite 10–11: A.Schaller / STScl; Fotos Seite 12–13: Enker / Laif, Ekkehard Culmann
c Wie ein Ufo in der Senke:
Perfekt ausbalancierte 3.200
Tonnen Stahl – erst aus der
Vogelperspektive werden die
Dimensionen des MPIfR-Teleskops deutlich.
Wunder also, dass rund um das Effelsberger Teleskop striktes Handyverbot gilt.
Störsignale sind für das MPIfR ohnehin Ärgernis
Nummer eins. Junkes: „Aber wir können den Leuten im Dorf ja schlecht verbieten, Mikrowellenherde zu benutzen.“ Die Tal-Lage des Teleskops
schirmt zwar viele Störquellen ab, etwa auch Radarstrahlen. Gegen den Hauptnachteil schlechthin hilft
das aber nicht: „Unsere Arbeit ist Grundlagenforschung, sie liefert reinen Erkenntnisgewinn. Das ist
im öffentlichen Interesse und deshalb auch von der
öffentlichen Hand finanziert“, sagt Junkes. „Nur tut
sich die öffentliche Hand manchmal schwer, ihr
eigenes Interesse auch zu vertreten.“
Wissenschaft versus Wirtschaft
Soll heißen: Es gibt für die Radioteleskopie zwar gut
ein Dutzend geschützte Frequenzbänder. Doch im
Konfliktfall haben die Astronomen oft das Nachsehen. Besser gesagt: Sie sehen dann nichts mehr.
Etwa als 1994 der TV-Satellit Astra 1D in Betrieb
ging: Seitdem misst das Teleskop auf dem ehemals
geschützten Wellenlängenband von 2,8 Zentimetern nur noch weißes Rauschen. „Im Zweifelsfall“,
so Junkes, „siegt das Interesse der Industrie.“
Ein solches Desaster aus Sicht der Astronomen
könnte sich wiederholen: Eines ihrer wichtigsten
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Bänder ist das von 1,3 Zentimeter Wellenlänge. Auf
ihm spüren sie Ammoniak und Wasser im All nach.
Ausgerechnet auf dieses Band haben sich auch die
Hersteller von Abstandsradarsystemen für Autos
gesetzt. Ihnen steht zwar auch ein höheres Band zur
Verfügung – das jedoch bereitet auch höhere Kosten. Die Folgen laut Junkes: „Die Strahlung eines
Bremsassistenten entspricht noch in einem Kilometer Entfernung von unserem Teleskop dem Tausendfachen der stärksten Radioquelle außerhalb
unseres Sonnensystems.“ Zieht die Radioastronomie im Frequenzstreit den Kürzeren, könnte ein
Wasserfund wie der im Dezember in Zukunft vielleicht unmöglich werden. „Deswegen ist es so wichtig, dass geschützte Frequenzbänder auch für die
Forschung erhalten bleiben“, fordert Junkes.
Noch können die Forscher gut zwei Prozent des
gesamten Frequenzspektrums nutzen. Nach außerirdischem Leben fahnden die Effelsberger Astronomen in ihm jedoch nicht. Junkes kann die wohl häufigste Frage von Besuchern schon nicht mehr hören:
„Nein, E.T. und Konsorten interessieren uns nicht,
dafür sind andere zuständig“, winkt er ab. Eher spüren sie da schon ausgebrochene Rinder auf. „Wenn
in der Gegend ein elektrischer Weidezaun gestört
ist, zuckt bei uns das Signal“, lacht er. „Wir könnten
dem Bauern dann eigentlich Bescheid geben: Sieht
so aus, als hätten Sie da einen Pulsar.“ „
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SPOT ON
LA O L
A
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SPOT ON
15
MASSENBEWEGUNG
_____ DIE
Als „Mexican Wave“, „La Ola“, „Stadium Wave“ oder schlicht als
„The Wave“ schwappt sie durch alle Stadien der Welt. Vielfältiger als
der Name sind nur die Legenden, wer dieses stimmungsvolle
Zuschauerspektakel überhaupt erfand.
DER CHEERLEADER
_____ CLINCH
Zwei ehemalige US-Cheerleader streiten erbittert um die Urheberschaft: Rob Weller will am 31. Oktober 1981 im Husky Stadium der
University of Washington während eines Footballspiels die erste
Welle losgetreten haben. Krazy George hingegen verweist auf ein
Video, das beweisen soll, dass er bereits am 15. Oktober 1981 während der American League Championship Series im McAfee Coliseum
in Oakland „The Wave“ initiierte.
MEHR VÄTER
_____ NOCH
Als weiteren Erfinder handeln Experten Bill the Beerman, der die
Football-Massen im Seattle’s Kingdom bereits 1976 in Wallung
gebracht haben soll. Zudem beanspruchen russische und kanadische
Eishockeyteams die Urheberschaft. Oder war es gar kein Sportler –
sondern Frank Zappa? Schon 1969 beim Denver Pop Festival im Mile
High Stadium soll die Welle gewogt haben, nachdem der RockRebell mittels Klängen und Gesten zur gern von ihm praktizierten
„audience participation“ aufgerufen hatte. Zu welchem Song ist
nicht überliefert – womöglich „Lemme take you to the beach“.
LÄUFT’S RUND
_____ SO
Wo und wann die erste Welle lief, bleibt unklar. Ihr Wie ist dagegen
gut erforscht: Ein deutsch-ungarisches Wissenschaftler-Team veröffentlichte in „Nature“ den Befund, dass sich die Fans bei der Welle
nicht anders als chemische Teilchen verhalten. Dass es analog zu chemischen Prozessen auch bei „La Ola“ einer kritischen Masse bedarf,
um die Reaktion in Gang zu bringen. Und dass sich The Wave in
der Regel im Uhrzeigersinn mit zwölf Metern pro Sekunde bewegt.
NUR FREUNDE
_____ NICHT
Die gruppendynamische Übung begeistert jedoch nicht jeden:
US-Sportjournalist Lincoln Arneal etwa nennt sie „evil“. Mehr als
alles andere sei sie ein Indiz für Langeweile und stelle somit eine
Respektlosigkeit gegenüber den engagierten Sportlern dar. Zudem
zerstöre sie die Spielatmosphäre, weil sie dem spontanen Ausbruch
eines kollektiven Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms gleichkäme.
Foto: Walter Spaeth
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BAUAKUSTIK
Vom Ton
zum Klang
Anspruchsvolle Architektur schmeichelt dem Auge.
Und dem Ohr: Akustikprofis beherrschen die
verborgene Kunst, Schallwellen im Raum in Klang
zu verwandeln. Längst werden sie nicht mehr nur
beim Bau von Konzerthäusern hinzugezogen.
V
enedig hat seine Seele verloren“, weinte
Luciano Pavarotti: In der Nacht zum 29. Januar
1996 brannte Venedigs Prunkoper La Fenice nieder,
in der Verdi fünf seiner Opern uraufgeführt hatte
und Enrico Caruso oder Maria Callas das Publikum
bezaubert hatten. Die Lagunenstadt trauerte.
Wellentempel mitten im Strom
Von der Elbe umspült entsteht in Hamburg
auf einem alten Kaispeicher der derzeit
spektakulärste Konzertsaal-Neubau: die
Elbphilharmonie (siehe 3D-Illustrationen).
Ihre unregelmäßig ineinander verwobenen
Terrassenränge schieben sich um Dirigent
und Orchester zu einem steilen Zuschauerkessel empor. Das Konzept garantiert
eine optimale Optik auf jedem Platz – und
ist eine echte Herausforderung für die
Akustiker.
Aber nicht lange. Schon am Tag darauf beschlossen
die Stadtväter den Wiederaufbau. „Der Phönix“,
wie La Fenice auf Deutsch heißt, sollte aus seiner
Asche wieder auferstehen. Und zwar „com’era e
dov’era“ – wie es war und wo es war. Auch die
berühmte Akustik sollte in mindestens gleicher
Qualität wiederhergestellt werden. Eine große
Herausforderung für Jürgen Reinhold von der
renommierten Akustikfirma Müller-BBM aus Planegg bei München, die mit dieser Aufgabe betraut
wurde. „Zumal“, so Müller, „das Publikum heute
einen längeren Nachhall bevorzugt, als das in historischen Opernhäusern der Fall ist.“
Die Nachhallzeit ist die wichtigste Größe für den
Akustiker. Sie ist das zentrale Gütekriterium für
einen Konzertsaal, eine Theaterbühne, einen Hörsaal oder ein Großraumbüro. Sie bezeichnet die Zeit,
die vergeht, bis der Schallpegel in einem Raum auf
ein Tausendstel seines Ausgangswerts abgefallen ist.
Für einen Konferenzraum oder ein Theater, in
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BAUAKUSTIK
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BAUAKUSTIK
Minilautsprecher für maximalen Musikgenuss: Mit einem
Holzmodell im Maßstab 1:10 simulieren und optimieren die
Akustiker den Klang in der künftigen Elbphilharmonie.
denen das gesprochene Wort klar ins Ohr des
Hörers gelangen soll, benötigt man eine möglichst
kurze Nachhallzeit von unter einer Sekunde. Bei
einem Klassikkonzert darf sie ruhig doppelt so lang
sein. Ein Orgelkonzert in einer Kirche aber entfaltet
seinen dramatischen Klang erst bei einem Nachhall
von bis zu zehn Sekunden.
Die „Schuhschachtel“
Die klassische Form eines Konzertsaals
ist die Schuhschachtel: lange, vergleichsweise schmale und oft sehr hohe Säle.
Die Bühne liegt am Ende des Quaders.
Die großen Konzerthallen des 19. Jahrhunderts wurden so konstruiert. Als beispielhaft gilt der 1870 eingeweihte
Goldene Saal des Wiener Musikvereins.
Seine Akustik wird bis heute gerühmt.
Ein gelungenes Beispiel einer Schuhschachtel aus der Neuzeit ist der 1998
eröffnete Konzertsaal des Kultur- und
Kongresszentrums in Luzern (Foto). Er gilt
wegen seiner imposanten Höhe auch als
„Kathedrale der Akustik“.
Erst Reflexionen garantieren Genuss
Töne – ob Musik, Sprache oder Geräusche – versetzen die Luft in Schwingungen. Diese Schwingungen gelangen als Schallwellen an unser Ohr. Aber
erst das Know-how der Akustiker macht aus der
Vielzahl der Einzeltöne eines Konzerts für die
Zuhörer das raumfüllende Klangerlebnis. „Wir
Akustiker fügen Mosaiksteinchen zusammen“, sagt
Reinhold. Das fängt bei der Form des Saales und der
Anordnung der Ränge an und geht bis in Details wie
den optimalen Bezug der Sitze.
Und die Arbeit erfordert Umwege: Der direkte
Schall, der vom Orchester das Ohr des Zuhörers
trifft, klänge alleine viel zu kalt und trocken. Erst die
sogenannten Reflexionen bringen Hörgenuss: Der
Schall muss auch auf die Wände und die Decke des
Saales treffen, von wo er auf die Ohren des Zuhörers
abgelenkt wird. Das erst erzeugt einen satten, warmen Klang im Ohr.
Um die gewünschten Reflexionen zu erzielen,
haben die Akustiker eine Menge Tricks auf Lager:
Wände werden großporig verkleidet, um den Schall
genau in der gewünschten Stärke abzugeben.
Wandpaneele können in verschiedene Richtungen
gedreht werden, je nachdem, wie groß das Orchester ist. Auch Balkons, Brüstungen, Stuckverzierungen und Logen tragen ihren Teil zum Gesamtklang
bei, weil sie den Schall streuen und damit Echos verhindern. Im La Fenice ließ Reinhold die vorher flache Decke über dem Orchester ein paar Grad in
Richtung Publikum neigen, um den Schall besser
in die hinteren Ränge zu leiten. Manche Hallen wie
der Konzertsaal des Kultur- und Kongresszentrums
(KKL) im schweizerischen Luzern, dessen Akustik
weltberühmt ist, besitzen sogar einen Hallraum hinter der Bühne, um das Saalvolumen zu vergrößern
und damit für einen längeren Nachhall zu sorgen.
Sein Schöpfer war der vor zwei Jahren verstorbene
New Yorker Russell Johnson, einer der weltweit
angesehensten Akustiker.
Und nicht zu vergessen: Das Auge hört immer mit.
Die Größe eines Raums bietet dem Konzertbesucher Orientierung, je größer der Saal ist, desto mehr
Nachhall erwartet er. Der japanische Akustiker
Yasuhisa Toyota, momentan wohl der Bekannteste
seiner Zunft, sagt sogar, dass zur Akustik immer
Fotos Seite 16–17: Herzog & de Meuron; Fotos Seite 18–19: Jörg Fokuhl, Ralph Larmann, Ruault / Keystone / Picture-Alliance
„Wir
Akustiker
fügen
Mosaiksteinchen
zusammen.“
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ISLAMISCHE GELDANLAGEN
BAUAKUSTIK
auch Psychologie gehöre (siehe Interview). Jürgen
Reinhold kennt das: „Musiker fühlen sich mit Holz
wohler.“ Wenn man eine Betonwand mit Holz verkleide, ohne dass sich an den akustischen Werten
etwas ändere, meinten die meisten Musiker dennoch, der Klang sei besser geworden.
Auch der Opernsall des La Fenice war beinahe vollstädnig mit Holz verkleidet gewesen. Nun sollte der
Saal originalgetreu wieder erstehen, der Spielraum
für die Akustiker war also gering. Immerhin, einen
Vorteil bot der Wiederaufbau ihnnen: „Weil die
Baustruktur im Innern zerstört war, gab es die Möglichkeit, zwischen dem Opernsaal und dem Rest des
Gebäudes eine schalldichte Fuge einzubauen“, sagt
Reinhold. Zwischen die holzverkleidete Ziegelwand des Saales und die Betonwand zu den äußeren
Räumen kam eine schalldämmende Hartfaserschicht, die alle Störgeräusche aus den Nebenräumen oder von der Straße zuverlässig abwehrt. Innen
herrscht seitdem Stille. Und Stille ist, so paradox es
klingt, eine wichtige Größe für den Akustiker: Sie ist
die Grundlage für einen guten Klang.
Auf den guten Ton kommt es auch in Parlamentsgebäuden an. Während Reinhold sich mit La Fenice
auseinandersetzte, bereitete seinem Kollegen Karlheinz Müller das Berliner Reichstagsgebäude
Kopfzerbrechen. Der 66-jährige Bruder des Firmengründers von Müller-BBM gilt als deutscher Akustik-Doyen und wird in einem Atemzug mit Toyota
und Johnson genannt. Müller sollte für die Akustik
des Deutschen Bundestags in Berlin sorgen. Das Problem: Die Halle ist eigentlich viel zu groß für einen
Sprachraum. Ohne akustische Maßnahmen hätten
die Reden der Politiker wohl eher wie Predigten in
einer Kathedrale geklungen. Müller ließ deshalb
schallschluckende Kammern unter dem Teppichboden einbauen, die bis zu fünf Meter in die Tiefe
reichen. Die unzähligen kleinen Löcher im Boden,
durch die der Schall geschluckt wird, sind unter dem
Teppich nicht zu sehen.
Der Ozeandampfer der Oper
Die größere Herausforderung bleiben aber Konzertsäle: In ihnen muss der Klang von der ersten Aufführung an perfekt sein. Eine der spektakulärsten
Konzerthallen entsteht derzeit in Hamburg: die Elbphilharmonie. Auf einen alten Kaispeicher, der von
Wasser umgeben ist, setzen die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron einen wellenförmigen
Aufbau aus Glas. Das ganze Gebäude erinnert an
einen Ozeandampfer. Der Saal im Innern wird 2.150
Plätze haben. Verantwortlich für die Akustik ist
Yasuhisa Toyota.
Der japanische Klangmeister ist ein Verfechter des
„Weinbergs“: Konzerthallen, in denen das Orchester
in der Mitte des Saales sitzt und rundum von
Zuschauerrängen umgeben ist. Ganz im Gegensatz
zu einer traditionellen „Schuhschachtel“ wie dem
KKL in Luzern (siehe Randspalten). Toyotas bis dato
bekanntestes Werk ist die 2003 eröffnete Walt
Disney Concert Hall in Los Angeles, ein Segelknäuel
aus Stahl, entworfen vom Stararchitekten Frank
Gehry. Sie war noch eine Kombination zwischen
beiden Formen: Außen ist sie eine rechteckige
Schuhbox, innen aber wie ein Weinberg ausgebaut.
Die Symbiose gelang: Die Trennschärfe im Orchesterklang sei enorm, lobten die Kritiker, der Sound
warm, direkt und klar.
Die Elbphilharmonie sei einmalig, sowohl von der
Form als auch von den verwendeten Materialien her,
sagt der Japaner. Um für einen perfekten Klang zu
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19
Der „Weinberg“
Beim Weinberg liegt das Podium fast in
der Mitte, die Ränge liegen wie Terrassen
um das Orchester herum. Durch die
kreisförmige Anordnung und den sanften
Anstieg der Sitzreihen können die Konzertbesucher die Musiker von allen Plätzen
aus gut sehen. Das Weinberg-Modell gilt
deshalb auch als „demokratischer“ Konzertsaal. Das Vorbild dafür ist die Berliner
Philharmonie, die 1963 eröffnet wurde
(Foto). Die Kritik titulierte sie damals als
„grandiose Klangburg“.
e Planspiel: 56 Messpunkte
im Modell sollen garantieren,
dass die Akustikberechnung für
die Elbphilharmonie tatsächlich
aufgeht.
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BAUAKUSTIK
Meister des Mysteriums
Akustik: Yasuhisa Toyota
„Die
Akustik
ist
Teil
der
Kunst.“
Der weltweit erste „Weinberg“ war übrigens einst
umstritten: Als der deutsche Star-Architekt Hans
Scharoun 1956 den Wettbewerb um die Berliner
Philharmonie gewann und dabei das Orchester in
der Mitte des Konzertsaals platzierte, kam das einer
Sensation gleich. Die Widerstände gegen die eigenwillige Form des Gebäudes wie auch des Saales
waren groß. Herbert von Karajan, damals Dirigent
des Berliner Philharmonischen Orchesters, musste
erst drohen, die Stadt zu verlassen, bevor Scharouns
Entwurf schließlich doch realisiert wurde. Nachher
begeisterte die Akustik in der Philharmonie alle. „
Akustik-Papst Yasuhisa Toyota über Perfektion, Kompromisse und den Glücksmoment des ersten Tons.
Herr Toyota, Sie sagen, die Akustik in einer Konzerthalle bleibe immer ein Stück weit ein
Mysterium. Ist sie denn keine exakte Wissenschaft?
Sie ist zugleich Wissenschaft und Kunst. Wir können die Akustik, den Sound, ja nicht ohne
Musik wahrnehmen. In einem leeren Raum hören wir nichts. Wenn wir also von Akustik
sprechen, meinen wir immer auch die Musik, die gerade erklingt. Die Akustik ist damit Teil
der Kunst. Für den Akustiker bleiben deshalb immer viele unbekannte Komponenten.
Können Sie denn bereits an der Gestaltung einer Konzerthalle mitwirken oder greifen Sie
erst ein, wenn diese fertig konzipiert ist?
Der Entwurf des Bauwerks ist natürlich zunächst der Job des Architekten, wir können nur die
akustische Unterstützung liefern. Die Form der Halle entwickeln wir aber meist gemeinsam
mit dem Architekten. Da gibt es Diskussionen, an denen wir in der Regel beteiligt sind. Jeder
Architekt hat natürlich seinen eigenen Charakter, mit jedem ist die Zusammenarbeit anders.
Sie gelten als jemand, der niemals Kompromisse macht.
Kompromiss ist nicht das richtige Wort, das klingt mir zu negativ. Aber wir müssen immer
diskutieren und eine Balance finden. Gemeinsam die bestmögliche Lösung zu finden, würde
ich nicht gleich als Kompromiss bezeichnen.
Gibt es die Konzerthalle mit dem perfekten Klang?
Ein perfekter Klang ist immer ein subjektives Erlebnis. Dazu benötigen Sie perfekte Musik,
aber können Sie sich perfekte Musik vorstellen? Das ist immer nur auf den Moment bezogen,
auf das Konzert, in dem Sie gerade sitzen. Es ist ein Zusammenspiel aus Akustik, Musik und
Psychologie.
Sie versäumen niemals das erste Konzert in einer Halle, bei der Sie für die Akustik verantwortlich waren ...
Das erste Konzert ist wichtig, aber viel wichtiger ist die erste Orchesterprobe. Da bin ich
fürchterlich nervös (lacht). Der heikelste Moment für mich ist, wenn der erste Ton erklingt,
denn vorher wissen wir nichts. Da zeigt sich dann die Arbeit von vielen Monaten. Wenn die
Akustik dann so ist, wie ich sie haben wollte, bin ich glücklich.
Foto: Christian O.Bruch / Visum
sorgen, ließ er ein fünf mal fünf Meter großes
Modell des Saales bauen. Im Innern ist jeder der
2.150 Sitze mit einer Puppe besetzt, um volle Rängen zu simulieren. Das Problem ist, dass die in einer
Konzerthalle begehrten frühen Reflexionen hier
schwer zu erzielen sind – Schallwellen, die von den
Seitenwänden zurückgeworfen werden und das
Ohr in weniger als 60 Millisekunden erreichen. Sie
vor allem sorgen für Raumgefühl, weil das menschliche Gehör innerhalb dieser Zeit noch die Richtung
bestimmen kann, aus der die Töne kommen. Wer
in Hamburg jedoch nah beim Orchester sitzt, ist
sehr weit von der nächsten Wand entfernt. Für
Abhilfe sorgt ein trichterförmiger Reflektor, der an
der Decke hängt und höhenverstellbar ist.
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FACTS AND FIGURES
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WELLEN IN ZAHLEN
470
2.600 10
4
1.000
2,7
970
400
21,4375
Die AMAZONAS-WELLE POROROCA kann 970 Kilometer zurücklegen. Das Phänomen tritt jedes
Frühjahr bei Voll- und Neumond auf, wenn die Gezeiten des Atlantiks Meerwasser den Flusslauf
heraufdrücken. Der TIEFSTE TON , den ein Mensch in der Regel gerade noch hören kann, hat eine
Wellenlänge von exakt 21,4375 Metern. Er liegt nur etwa eine Oktave unter dem tiefsten Klavierton. Die
ERSTE DAUERWELLE entwickelten die Römer vor 2.600 Jahren. Sie wellten ihr Haar mit einem ersten
Brenneisen. Die chemische Dauerwelle wurde erst 1906 von Charles Nessler entwickelt. Die
RIESENHONIGBIENE APIS DORSATA bildet mit über 1.000 Artgenossen eine Verteidigungswelle, um
Feinde abzuwehren. Koordiniert schlägt eine Biene nach der anderen ihren Hinterleib nach oben.
In Sekundenbruchteilen entsteht so eine bis zu zwei Meter breite Stachel-Welle. Laut seiner Entwickler
soll der Prototyp der WELLENKRAFT-PUMPE SEARASER 470 Haushalte mit Strom versorgen. Der
WAVE ROCK ist 2,7 Millionen Jahre alt. Mit jährlich über 130.000 Besuchern ist die Gesteinsformation
eine der beliebtesten Naturattraktionen Australiens. GAMMASTRAHLEN sind mit weniger als 10 Pikometern Wellenlänge nicht nur extrem kurzwellig, sondern auch außerordentlich energiereich. Sie
können selbst meterdicke Bleiplatten durchdringen. 10 Pikometer entsprechen 10 -12 Meter. Zum Vergleich:
Das Wasserstoffatom hat als kleinste atomare Einheit einen Atomradius von 37 Pikometern. Ein
MARSHMALLOW bläht sich im Mikrowellenherd um 400 Prozent auf. Glühbirnen dagegen beginnen in ihm
zu leuchten – genauso wie PC-Mäuse. INFRAROTLICHT vom Typ A (Wellenlänge 750 bis 1.400 Nanometer) dringt vier Zentimeter tief in den menschlichen Körper ein, bevor es sich in Wärme wandelt.
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02.03.2009
18:20 Uhr
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INTERVIEW
Nahezu als einziger Ökonom hat Nouriel Roubini die globale
Finanzkrise und Rezession vorausgesagt. Seitdem heißt der
New Yorker nur noch „Dr. Doom“: Dr. Untergang. „1585“ sprach
mit ihm über die Ursachen der Krise, das Auf und Ab
der Weltwirtschaft – und was noch auf sie zukommt.
„DAS WAR KEIN
METEORIT AUS
DEM NICHTS“
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02.03.2009
18:20 Uhr
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INTERVIEW
HERR ROUBINI, welche Frage stellt man Ihnen
derzeit am häufigsten?
Die meisten wollen wissen, ob das Schlimmste hinter uns liegt.
Herr Roubini, liegt das Schlimmste hinter uns?
Das Schlimmste liegt noch vor uns. Im größten Teil
der Welt, insgesamt 60 Prozent des Weltinlandsprodukts, schrumpft die Wirtschaftsleistung. Der
Zusammenbruch des Bankensystems ist bisher verhindert worden, aber wir haben immer noch gewaltige Lasten zu schultern. Die Verluste aus Krediten
können auf 3,6 Billionen US-Dollar steigen, weitere Banken drohen insolvent zu werden, es wird
eine weitere Verstaatlichungswelle geben.
Können Sie verstehen, dass die Menschen allmählich genug haben von diesen Horrornachrichten?
Natürlich, aber es bringt ja nichts, ein Ende der Talfahrt vorherzusagen, nur weil man es sich wünscht.
Nach jedem Schock des vergangenen Jahres – der
Zusammenbruch von Bear Stearns, die BeinahPleite von AIG, der Bankrott von Lehman – haben
die Leute gehofft, dass das Schlimmste vorbei ist,
dass wie nach einem kathartischen Ereignis die
Heilung einsetzt. Aber wir sind noch mitten im
Teufelskreis: Die Finanzkrise führt zur Kreditklemme, die führt zur Rezession, durch die Rezession werden noch mehr Kredite notleidend. Nein,
wir haben den Boden noch nicht erreicht.
Foto: Win McNamee / Gettyimages
Sie sind als „Dr. Doom“ berühmt geworden. Sie
können Ihren Ruhm noch steigern, wenn Sie
uns verraten, was nach der Krise kommt. Also?
Ich bin kein Berufspessimist. Nach dem Deleveraging, also dem Abbau von Risikooptionen, wird
eine Erholung einsetzen. Allerdings wird es langsam gehen und sich zunächst noch wie eine Rezes1585 AUSGABE 1/09
sion anfühlen. Dieses Jahr wächst die US-Wirtschaft noch nicht, 2010 vielleicht um ein Prozent.
Braucht die Wirtschaft ein Auf und Ab, so wie
zum Tag die Nacht gehört?
Sie braucht das nicht, aber es ist wohl unvermeidlich. Ausgelöst werden die Wellen oft durch externe
Schocks, zum Beispiel steigende Ölpreise oder
Kriege. In den letzten Jahren hingegen kann man
schon fast von Kreditzyklen sprechen. Die Innovationen auf dem Finanzsektor wurden nicht von entsprechenden Regulierungen begleitet. Die Spekulationsblasen haben deshalb zugenommen.
Bis vor kurzem dachten viele, die Stabilisierung
sei gelungen. Die Wirtschaft wuchs, die Inflation blieb niedrig ...
... aber tatsächlich hat die Kombination von hohem
Wachstum, geringer Inflation und niedrigen Zinsen die Bildung von Spekulationsblasen begünstigt.
Es klingt paradox, aber man hat das Gegenteil von
dem erreicht, was man wollte.
Die negativen Begleiter eines Abschwungs –
Pleiten, Arbeitslosigkeit – sind bekannt. Sehen
Sie auch positive Aspekte?
Schumpeter hat sie im Prinzip der schöpferischen
Zerstörung beschrieben: die Schwachen verschwinden vom Markt, die Starken breiten sich aus. Aber
eine kleine Rezession ist etwas anderes als die Krise,
die wir jetzt haben. Es sind enorme Vermögenswerte
vernichtet worden. Die Budgetdefizite, mit denen
die Regierungen Einlagensicherungen und Konjunkturprogramme finanzieren, bedeuten eine riesige Last für die künftigen Generationen.
Zurzeit ist es offenbar en vogue, in der Wirtschaftsentwicklung nach Mustern zu forschen. Der Historiker David Fischer etwa will
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18:20 Uhr
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INTERVIEW
festgestellt haben, dass es wiederkehrende
lange Inflationswellen gibt, die über 100 Jahre
dauern. Auch die Theorie von Kondratieff
(siehe Seite 6) wird wiederentdeckt. Ist da aus
Ihrer Sicht etwas dran?
Ich bin skeptisch. Die Ökonomie entwickelt sich
nicht mechanistisch. Der technologische Wandel,
geopolitische und wirtschaftshistorische Ereignisse
– wie die Abschaffung der festen Wechselkurse oder
die stärkere Rolle der Zentralbanken – unterliegen
keinen Regelmäßigkeiten. Aber all diese Faktoren
prägen das Wirtschaftsgeschehen ganz erheblich.
Auf der anderen Seite gibt es die „Black Swan“Theorie des Erkenntnistheoretikers Nassim
Nicholas Taleb: ein zufällig auftretendes, seltenes Phänomen bringt die normale Entwicklung durcheinander. Ist die Finanzkrise ein
„Schwarzer Schwan“?
Nein. Ich traf den Autor kürzlich, und er selbst ist
der Ansicht, dass die Finanzkrise ein „Weißer
Schwan“ ist, also eine folgerichtige Entwicklung aus
Ungleichgewichten und politischen Fehlern. Dies
hat uns nicht getroffen wie ein Meteorit, der aus
dem Nichts kommt.
Auf welche Theorie bauen Ihre Voraussagen?
Mein Ansatz ist eklektisch. Ich versuche das ganze
System zu betrachten: die Entwicklung der globalen
Daten, historische Vorbilder, Verhaltensmuster in
Krisensituationen. Man muss kreativ sein. Kein
simples Modell kann die Welt erklären. Nichts gegen
analytische Strenge, aber um komplexe Entwicklungen zu erfassen, muss man einen ganzheitlichen
Ansatz verfolgen und jede nützliche Information
verwerten.
Sie warnen vor einer Kombination aus Stagnation und Deflation ...
...ja, ich mache mir Sorgen darüber, dass die USWirtschaft einen L-förmigen Verlauf nehmen
könnte, wie in Japan in den 90er Jahren. Die Gefahr
besteht.
c Nouriel Roubini, 50, hat mit der Finanzkrise Karriere gemacht:
Weil er sie als einer von ganz wenigen Ökonomen nicht nur schon
sehr früh, sondern auch richtig prognostizierte, stieg der Sohn persischer Juden zum geachteten Star der internationalen Finanzgemeinde auf. Der Wirtschaftsprofessor lehrt an der Stern School of
Business, die zur New York University gehört. Ende der 90er Jahre
gehörte er unter Bill Clinton für kurze Zeit dem Rat der Wirtschaftsberater des Weißen Hauses an. 2004 gründete er die Beratungsund Analysefirma RGE (Roubini Global Economics), deren online
verfügbare Expertisen mittlerweile einen exzellenten Ruf genießen.
Andere Ökonomen befürchten hingegen mittelfristig eine
Inflation. Halten Sie dies für
unbegründet?
Inflationsängste bestehen, weil
die Leute sich vorstellen, dass
der Staat Geld druckt, um mithilfe der Preissteigerung seine
Verschuldung zu reduzieren.
Das wäre aber mit hohen volkswirtschaftlichen
Kosten verbunden und würde die Glaubwürdigkeit
untergraben, die die Zentralbanken in den letzten
25 Jahren aufgebaut haben. Ich glaube nicht, dass es
die Fed so weit kommen lässt.
Weil man aus der Vergangenheit gelernt hat?
Die Politik geht heute anders mit den Problemen um
als zu Zeiten der Großen Depression und hat auch
aus der Asienkrise gelernt. Außerdem drängen die
Europäer die USA, echte Reformen durchzuführen
und nicht nach der Krise zur Tagesordnung überzugehen und dadurch die nächste Blase zu riskieren.
Wir haben jetzt die Chance, das System so zu regulieren, dass wir exzessive Entwicklungen vermeiden.
Was mich zuversichtlich stimmt, ist, dass die BRICs
so stark sind, also Brasilien, Russland, Indien und
China. Larry Summers, heute Obamas Nationaler
Wirtschaftsberater, hat die Integration von China
und Indien in die Weltwirtschaft einmal mit der
Bedeutung der Renaissance und der industriellen
Revolution verglichen. Das mag etwas übertrieben
sein, aber richtig ist, dass allein China mit 1,3 Milliarden Menschen das globale Arbeitskräftepotenzial
verstärkt. Das ist ein radikaler Wandel. Die Wachstumsperspektiven der Emerging Markets sind gewaltig. Davon profitiert die Weltwirtschaft.
Optimistische Worte von Dr. Doom.
Ich sage ja, ich bin kein Berufspessimist. Wir können die Wirtschaft auf eine langfristig solide Basis
stellen. Wenn wir Wege finden, mit den begrenzten
Ressourcen umzugehen und Energiesicherheit herzustellen. Das Problem der globalen Ungleichgewichte lösen. Ein stabiles Finanzsystem verankern.
Einen weltweiten ökonomischen Verhaltenskodex
entwickeln. Das alles geschieht nicht von selbst.
Es liegt viel Arbeit vor uns.
Womöglich können Sie dazu beitragen, dass
sie erledigt wird? Immerhin suchen Minister,
Beamte, Banker, CEOs auf der ganzen Welt
Ihren Rat.
Ich will meine persönliche Rolle nicht überschätzen. In unsicheren Zeiten suchen die Leute zuverlässige Information. Mein Rat und der meiner Firma
sind gefragt, weil wir unabhängig sind. Wir bemühen uns um ehrliche, intelligente und realistische
Analysen. In diesem Business ist es so ähnlich wie
bei Schauspielern, die werden auch nicht nur nach
ihrem letzten Film beurteilt. Es kommt darauf an,
über einen längeren Zeitraum eine gute Performance zu zeigen. „
Foto: James Leynse / Corbis
24
02.03.2009
02.03.2009
18:20 Uhr
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www.rado.com
22_25_d_Roubini_RZ
RADO. SHAPING THE FUTURE.
Ceramica.
High-tech ceramics.
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26
09.03.2009
14:04 Uhr
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INSIGHT
DIE WELLE MACHEN
Wasserwellen sind mehr als eintöniges Auf
und Ab. Seit Jahrhunderten versuchen Wissenschaftler, dem Wesen der Welle auf den
Grund zu gehen. Allen schweren mathematischen Geschützen zum Trotz, haben sich die
Brecher bis heute ihre Geheimnisse bewahrt.
So galten Monsterwellen, die sich auf offener
See zu 40 bis 50 Meter hohen Wänden aus
Wasser türmen, bis vor wenigen Jahren als
Seemannsgarn. Erst Satellitenbilder wiesen
zweifelsfrei ihre Existenz nach. Die moderne
Quantenmechanik vermochte, die Entstehung der Wellen zu erklären – und wieder
einmal Theorien der traditionellen, linearen
Physik auf den Kopf zu stellen. Die Realität
hatte Verteilungsmodelle versenkt, die zuvor
jahrzehntelang die statistische Basis zur Bestimmung von Wellenlängen geliefert hatten.
Heute ist bekannt, dass Megawellen jährlich
hundertfach über die Weltmeere peitschen –
und manchem Kapitän Schweißperlen auf die
Stirn treiben. Da es nicht möglich ist, Monsterwellen auf offenem Meer zu untersuchen,
behelfen sich Forscher mit Laborsimulationen. In Wellenkanälen können sie inzwischen alle Wellenformen nachbilden. Die
Universität Hannover und die Hamburgische
Schiffbau-Versuchsanstalt arbeiten mit 300
Meter langen und 20 Meter breiten Becken,
die zu den größten Europas gehören. „
WIND ALS TRIEBFEDER
Der Wind ist im wahrsten Wortsinn treibende Kraft bei der Entstehung von Wasserwellen. Dort, wo Luft auf Wasser trifft, entsteht
vereinfacht ausgedrückt durch die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Elemente eine Schubspannung, das Meer gerät aus dem
Spiegel. Entscheidend für die Ausprägung von Wellen sind Windstärke und -dauer sowie die Angriffsfläche auf dem Wasser. Auf
großen Binnengewässern wie dem Bodensee in Deutschland oder
den großen Seen in den USA gibt es immer wieder hohe Wellen,
da auch sie dem Wind genügend Angriffsfläche bieten.
S
S
WIE MONSTERWELLEN ENTSTEHEN
Für die Entstehung von Monsterwellen existieren drei Annahmen. Mög-
der Meerestiefe ab. Je größer die Distanz zum Grund und je länger die
lichkeit 1: Überlagerung. Schnelle, größere Wellen holen langsamere
Welle, desto schneller wird sie. Eine Tiefwasserwelle von einem Kilome-
ein. In bestimmten Konstellationen türmen sie sich zur Monsterwelle.
ter Länge ist mit etwa 140 Stundenkilometern unterwegs. Wichtig ist
Möglichkeit 2: Trifft eine Strömung auf Sturmwellen, staucht die Drift die
zudem die Bewegung mikroskopisch kleiner Wasserteilchen, die Orbital-
Wellen zusammen. Da Wasser nicht komprimierbar ist und die Energie
bewegung. Im tiefen Meer treiben diese Teilchen auf kreisförmigen
der Wellen gleich bleibt, erheben sie sich zur Monsterwelle. Möglichkeit
Spiralbahnen fort, wenn eine Welle sie passiert. Dieses Phänomen reicht
3: Beim Kreuzseen-Modell entstehen Monsterwellen durch das Zusam-
bis in eine Tiefe, die etwa der halben Wellenlänge entspricht. In diesem
menspiel von Wasserstrudeln und sich drehenden Winden – selbst bei
Fall sprechen Experten von Tiefwasserwellen. Bei Flachwasserwellen
ruhiger See. Die Geschwindigkeit einer Welle hängt von ihrer Länge und
sind die Orbitalbahnen elliptisch und reichen bis zum Grund.
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09.03.2009
14:04 Uhr
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INSIGHT
40 METER HOHE MONSTER
Erst seit rund 30 Jahren befassen sich Wissenschaftler mit Monster- oder Killerwellen, auch Freak Waves genannt – intensiv sogar
erst seit jüngster Zeit. Wellenhöhen von 40 Metern und mehr sind
keine Seltenheit. Heute unterscheiden Experten drei Typen: Kaventsmänner sind vergleichsweise schnell und pflanzen sich entgegen
dem Seegang fort. Drei Schwestern bezeichnen das Phänomen von
zumeist drei schnell aufeinander folgenden sehr großen Wellen.
Die Weiße Wand ist eine extrem steile Monsterwelle, die ihren
Namen der Gischt verdankt, die vom Wellenkamm herab läuft.
S
[40 METER]
[15 METER]
RUHEWASSERPEGEL
S
MS BREMEN IN SEENOT
Kamen die Passagiere des Luxusliners Queen Elisabeth II. 1995 mit
dem Schrecken und ein paar kaputten Fenstern davon, traf es die
111 Meter lange MS Bremen schlimmer. Im Februar 2001 durchIllustration: www.josekdesign.de
schlug im Südatlantik ein 40 Meter hoher Brecher die Fenster der
Brücke und zerstörte die Elektronik. Mit Schlagseite trudelte das
Schiff 30 Minuten manövrierunfähig in stürmischer See, bis es
gelang, den Hilfsmotor zu starten und sich nach Buenos Aires zu
retten. Das 260 Meter lange Containerschiff München verschwand
1978 nördlich der Azoren vom Radar – und blieb verschollen.
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KLIMA
UND NUN ZUM WETTER ...
Die Erde erwärmt sich – schlimm. Schlimm? Nicht unbedingt. Sagt Ernst Rauch. Der Klimaexperte der Münchener Rück
sieht beide Seiten der Medaille: Unternehmen und ganze
Volkswirtschaften werden vom Klimawandel auch profitieren.
D
ie Hitzewelle in Europa 2003, die Rekordhurrikansaison 2004 in der Karibik und in
Florida sowie Hurrikan Katrina im August 2005 –
extreme Wetterereignisse wie diese häufen sich.
Erst im vergangenen Jahr trieben der Zyklon Nargis
in Myanmar oder der Hurrikan Ike die Schäden auf
den dritthöchsten Stand der Geschichte.
Kein Zweifel: Die Welt wird wärmer und das verursacht Schäden. Das aber bietet auch Chancen.
„Erstaunlicherweise ist der Klimawandel infolge
einer unglücklichen Diskussion, die oft außerhalb
der seriösen Wissenschaft liegt, fast ausschließlich
negativ besetzt“, sagt Ernst Rauch. Das sei jedoch
nur die halbe Wahrheit: „Zahlreiche Industriezweige und Regionen werden von der neuen Situation auch profitieren.“
Rauch weiß, wovon er redet. Der 49-jährige Geophysiker leitet das Corporate Climate Centre des
Rückversicherers Münchener Rück. Das heißt: Er
ist dafür mitverantwortlich, dass sein Unternehmen vom Wetter profitiert. „Wir betrachten die
globale Erwärmung nicht nur als ein Thema für
unser Risikomanagement, sondern auch als Möglichkeit, unsere Geschäfte weiterzuentwickeln“,
sagt Rauch. Neue Technologien, mit denen vor allem
die Industriestaaten auf den weltweiten Klimawandel reagieren, müssten schließlich auch abgesichert
werden.
Die Münchener Rück bietet ihren Kunden entsprechende Versicherungen an – etwa in den Bereichen
Solarenergie, Windenergie, Geothermie oder Emissionshandel. Passgenau können solche Produkte nur
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03.03.2009
8:14 Uhr
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Fotos: NASA / SPL / Agentur Focus, J.Büttner / dpa / Picture-Alliance, Jim Reed / SPL / Agentur Focus, EPA / dpa / Picture -Alliance
KLIMA
mit einer exzellenten Datenbasis entwickelt werden. Geophysiker Rauch hat sie: Das Corporate
Climate Centre der Münchener Rück beobachtet seit
mehr als 30 Jahren weltweit alle Wetterphänomene,
mehr als 25.000 Einzelereignisse wurden seitdem
in der hauseigenen NatCat-Datenbank erfasst.
90 Prozent das Risiko von Wetterkatastrophen
mindestens verdoppelt. „Volkswirtschaften, Politik und die Menschheit können dieser Entwicklung
nicht beliebig lange tatenlos zusehen. Deshalb müssen wir die Schadensanfälligkeit von Gesellschaften
reduzieren“, sagt Rauch.
Das Risiko steigt
Ihre Botschaft ist eindeutig: Die Daten aus München beweisen, wie deutlich sich die Schäden häufen. „Geologische Risiken wie etwa Erdbeben oder
Vulkanausbrüche sind in unserem Beobachtungszeitraum zwar weitgehend konstant geblieben“,
sagt Rauch. „Wetterextreme haben dagegen deutlich zugenommen.“ Und das Risiko steigt weiter.
Einer aktuellen Studie zufolge hat der menschliche
Einfluss mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als
So müssten etwa Gebäude dringend sturmsicherer
konstruiert werden. Oder die Landnutzung müsste
so geplant werden, dass die Überschwemmungsgefahr minimiert wird. Mit anderen Worten: Eine Riesenchance für die Bauwirtschaft. Sie profitiert von
Klimaschutz- und Gebäudesicherungsmaßnahmen, für Architekten und Ingenieure eröffnen sich
ganz neue Betätigungsfelder. Und auch die Besitzer
von Immobilien profitieren – zumindest langfristig.
Zwar liegt der Immobilienmarkt derzeit weitgehend
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03.03.2009
8:14 Uhr
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KLIMA
e Nur nicht einfach abwarten:
„Die Unternehmen müssen reagieren“, fordert Ernst Rauch, Leiter
des Corporate Climate Centre der
Münchener Rück.
brach, aber in einigen Jahren werden Eigenschaften
wie Sturmfestigkeit oder eine klimafreundliche
Bauweise den Wert sicherlich steigern und die Versicherungsprämien senken.
Die Münchener Rück
und der Klimawandel
Bereits seit Beginn der 1970er Jahre
setzt sich die Münchener Rück mit dem
Phänomen der globalen Erderwärmung
auseinander. Einige Betriebswirte und
Juristen spürten intuitiv, dass sich die
üblichen Schadensmuster änderten. Im
Jahr 1973 warnte das Unternehmen
in einer Studie vorsichtig vor den Folgen
eines möglichen Klimawandels. 1974
gründete das Unternehmen eine eigene
Forschungsabteilung, um dem Phänomen
auf der Spur zu bleiben – die Keimzelle
des heutigen Corporate Climate Centre.
Sein Herzstück ist die weltweit größte
Datenbank für Naturkatastrophen. In ihr
hat die Versicherung rund 25.000 Ereignisse seit 1970 detailliert erfasst, zudem
alle Großkatastrophen seit 1950 und
ausgewählte epochale Ereignisse der vergangenen 2000 Jahre.
„Das alles bedeutet natürlich nicht, dass die Menschheit weiterhin unbegrenzte Mengen an CO2 in
die Atmosphäre pusten darf“, wehrt Rauch die renitenten Leugner einer menschgemachten Erderwärmung ab. Genau das hatte eine Gruppe von
Wissenschaftlern um den republikanischen USSenator James Inhofe erst kürzlich in einem als
„Minderheitsreport“ deklarierten Papier wieder
behauptet. Rauch hält dagegen: „Ein zentraler
Grund für die globale Erwärmung ist die sozioökonomische Entwicklung, der Bevölkerungs- und
Wertewandel.“
Kosten fast überschaubar
Und auch wenn bestimmte Regionen und Branchen
vom Klimawandel profitieren, darf die Erwärmung
nicht unendlich lange weitergehen. „Um das globale System stabil zu halten, kann die Entwicklung
nur innerhalb bestimmter Grenzen laufen. Für
einen Privatunternehmer ist das normalerweise die
Grenze, bis zu der Risiken versichert werden können“, sagt Rauch. Die Kosten dafür sind – zumindest gemessen an den aktuellen Zahlen aus dem
Finanzsektor – fast schon überschaubar zu nennen:
Die Unternehmensberatung McKinsey kommt in
Düsterer Befund: Wetterkatastrophen nehmen alarmierend zu
Wetterbedingte Gesamtschäden von 1950 bis 2008 in Milliarden US Dollar
200
180
160
140
einer aktuellen Studie zu dem Schluss, dass international nur 810 Milliarden Euro in neue Technologien
investiert werden müssten, um die Erderwärmung
bis zum Jahr 2030 zu bremsen. Das entspricht einem
Drittel des deutschen Bruttoinlandsprodukts im
vergangenen Jahr.
Wo genau die Belastbarkeitsgrenze liegt, hat Nicholas Stern, früherer Chefökonom der Weltbank und
heute Berater der britischen Regierung sowie Professor an der London School of Economics, errechnet. In seiner vielbeachteten Publikation „Stern
Review on the Economics of Climate Change“
(Stern-Report) hat er die wirtschaftlichen Folgen
der globalen Erwärmung untersucht. Zentrales
Ergebnis: Wenn die Regierungen sofort handeln,
kostet es etwa ein Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts, die Treibhausgaskonzentration in
der Atmosphäre auf einem erträglichen Niveau zu
halten. Wird nicht gehandelt, entstehen Schäden,
die mindestens fünf Prozent und inklusive Nebenwirkungen sogar 20 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts aufzehren können.
Wirkung wie ein Konjunkturprogramm
Auch Stern sieht jedoch die Chancen, die hinter dieser Entwicklung stecken: Die nötigen Anpassungsreaktionen auf dem Klimawandel würden wie ein
langfristiges, hocheffektives Konjunkturprogramm
wirken. „Um uns an die Folgen der globalen Erwärmung anzupassen, benötigen wir viele neue Technologien, vor allem im Energiesektor“, sagt Geophysiker Rauch. Daher werden insbesondere die
hochindustrialisierten Volkswirtschaften, deren
Kapital das Know-how ist, per Saldo zu den Gewinnern der globalen Erwärmung zählen. Aber auch
wenig industrialisierte Gegenden wie Nordrussland
werden profitieren: Hier wird es aufgrund der
Erwärmung bereits in wenigen Jahren möglich sein,
Getreide anzubauen.
100
80
60
40
20
0
1950
1955
Quelle: Münchener Rück
1960
1965
1970
1975
1980
1985
1990
1995
2000
2005
Nur einfach abwarten, wie Wetter und Klima wohl
werden, dürfe niemand. Die CO2-Konzentration in
der Atmosphäre wird weiter steigen, die Erderwärmung vorantreiben und so noch häufigere Wetterkatastrophen mit horrenden Schäden provozieren.
„Die Unternehmen müssen darauf reagieren“,
fordert Rauch. „Indem sie analysieren, welche Veränderungen für sie relevant sind, und aus den Ergebnissen Reaktionen auf mögliche Chancen und Risiken ableiten.“ „
Foto: Eric Nguyen / corbis
120
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03.03.2009
8:14 Uhr
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FOTOSTORY
31
ART COLLECTION:
Wellen aus Licht und Schatten
D
Foto: Balthasar Burkhard
ie Dünen in Namibia hat der Wind geschaffen – ein Kunstwerk aus Milliarden Sandkörnern, entstanden in vielen tausend Jahren. Nur
Bruchteile einer Sekunde dagegen benötigte der
Schweizer Fotograf Balthasar Burkhard für seinen
Druck auf den Auslöser – und hatte damit sein eigenes Kunstwerk geschaffen.
Das Bild beeindruckt im Original schon wegen seiner imposanten Größe, es ist fast drei Meter breit.
Trotz der Schwarz-Weiß-Tonalität hat das Werk
etwas Lebendiges, das Spiel von Hell und Dunkel
verstärkt noch den überwältigenden Eindruck der
Dünen.
1585 AUSGABE 1/09
Das ist Burkhards Art der Fotografie: großflächige
Bilder von klarer Einfachheit und dennoch großer
Tiefe, die den Betrachter nach und nach in ihren
Bann ziehen. Licht und Schatten kommen vor allem
in der Schwarz-Weiß-Fotografie zur Geltung –
„Farben würden da nur ablenken“, ist Burkhard
überzeugt. Er sei wenig an Details interessiert, sondern vielmehr an der Essenz des Motivs. Besonders
fasziniert hat den Künstler aus Bern auch der Blick
auf unsere Welt von oben. Und das nicht nur über
Namibias Wüste: Seine Arbeiten aus der Vogelperspektive gehören zu Burkhards bekanntesten
Bildern, zum Beispiel seine Luftaufnahmen von
Megastädten wie Mexiko City. „
Art Collection Deutsche Börse
Wüste – Namibia, 2000 von Balthasar
Burkhard gehört zur Art Collection
Deutsche Börse. Diese Sammlung besteht
seit zehn Jahren und wächst kontinuierlich – inzwischen umfasst sie etwa 700
überwiegend großformatige Arbeiten von
rund 70 internationalen Künstlern.
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04.03.2009
14:29 Uhr
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GUIDE
NICHT NORMAL
VERTEILT
Tomasz Garlinski, Chef der
ARB Financial Group, handelt auf Eurex und Xetra und führt uns
durch das britische Überseegebiet Gibraltar im Süden Spaniens.
Gibraltar
Gute Aussichten
Tomasz Garlinski liebt den grandiosen
Blick: Steile 426 Meter erhebt sich der
Kalksteinfelsen zwischen Atlantik und
Mittelmeer über die anbrandenden Wellen.
Gibraltar hat knapp 30.000 Einwohner
auf 6,8 Quadratkilometern, Tendenz
durch Landgewinnung steigend. Es hat
einen eigenen Flughafen, dessen Startund Landebahn die vierspurige Straße
nach Spanien kreuzt. Dort landen Maschinen aus Großbritannien – und die Royal
Air Force. Die militärische Bedeutung der
Halbinsel hat seit Ende des Kalten Kriegs
freilich nachgelassen. Dafür blüht der
Tourismus, zumal sich auch die Beziehungen zu Spanien entspannt haben und die
Grenzkontrollen beschleunigt wurden.
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04.03.2009
14:29 Uhr
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GUIDE
U
nter dem Leuchtturm ragt das Wrack der Fedra aus den Wellen.
Der 225 Meter lange Frachter zerschellte vergangenes Jahr im
Oktobersturm an den Klippen. „Die Seeleute konnten gerade noch
geborgen werden“, weiß Tomasz Garlinski. Er hat uns zur Südspitze
Gibraltars gefahren. Afrika ist zu sehen und ganz deutlich eine lange
Welle, in der Mittelmeer und Atlantik zusammentreffen. Rund
40 Ozeanriesen ankern vor den beiden Küsten. „Wohl dreimal so viel
wie sonst! Die warten auf Aufträge, der Welthandel stagniert“, meint
Garlinski. Betriebsam geht es noch auf der Westseite zu: Der Seehafen
hier ist die größte Schiffstankstelle des Mittelmeers.
Vom Kalksteinfelsen genießt man die beste Aussicht auf Schiffe und
beide Meere. Wer per Seilbahn oder Taxi hochfährt oder zu Fuß
hinaufsteigt, stößt auf die berühmtesten Bewohner der Insel: 200 bis
300 Makaken leben auf dem Felsen und wagen sich mitunter an die
Ostküste hinunter: Die einzige frei lebende Affenkolonie Europas
steht unter Naturschutz. Tomasz Garlinski hat Respekt vor den nicht
immer possierlichen Tieren, noch mehr aber vor den großen Möwen,
die hier ihre Kreise ziehen: „Neulich beim Joggen hat mich eine bis in
den Ort verfolgt, die Vögel können wirklich gefährlich sein!“
Fauna und Finanzen
Für seine Makaken ist Gibraltar berühmt. Aber nicht nur für sie: Wirtschaftlich ist es vor allem für seine Finanzbranche bekannt. Seit gut
zehn Jahren wächst kein Wirtschaftszweig der Halbinsel stärker als
sie. Eine ihrer wichtigsten Adressen liegt in einem neuen, dem Meer
abgetrotzen Stadtviertel vor der von Kasematten gesäumten Altstadt:
Seit 2004 bietet Eurex hier einen Zugangsknoten, den inzwischen
mehr als ein halbes Dutzend Teilnehmer nutzen.
Entscheidend für die Stärke der Finanzbranche ist das Steuersystem.
Erst kürzlich hat ein europäisches Gericht dem Überseeterritorium
das Recht auf eine eigene Fiskalpolitik bestätigt. Gibraltar beging das
am 12. Januar 2009 sogar mit einem einmaligen Feiertag. Aber für
Garlinski ist das britische Überseeterritorium vor allem „der ideale
Ort für Arbeit und Leben, englische Gesetze und spanische Lebensfreude“. Er lobt die strenge, aber unbürokratische Financial Services
Commission Gibraltars, das schöne Wetter, die freundlichen Menschen aus aller Herren Länder. Kein Wunder, ist er selbst doch ein europäischer Weltbürger: „Mein Geburtsort ist polnisch, mein Pass
deutsch, mein Führerschein englisch, und über Holland und die
Schweiz kam ich als Eigenhändler nach Gibraltar.“
In seiner Geburtsstadt Breslau besuchte Garlinski nach dem mathematischen Elitegymnasium die Uni und studierte Mathe. Sein zweites
Fotos: Markus Altmann
f Europas solider Südzipfel:
Schifffahrt, Telekommunikation und
Tourismus, aber vor allem die
Finanzbranche bestimmen Gibraltars
Wirtschaft – und Immobilien erzielen
hier noch immer Rekordpreise.
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33
Talent brachte ihn in den Westen: das Tennis. In der Heimat gewann
er erst die polnische Juniorenmeisterschaft. Später, Anfang der 80er
Jahre, tourte er als Profispieler und Tennislehrer durch Bayern – wo er
auch Deutscher Staatsangehöriger wurde. Erst danach wendete er sich
seiner eigentlichen Leidenschaft, der Börse, zu und beendete in den
frühen 90er Jahren sein Breslauer Studium als einer der Ersten mit
dem innovativen Schwerpunkt Finanzmathematik.
„Krisen lassen sich nicht vorausberechnen“
Bei aller Vorliebe für die Mathematik hat sich Garlinski jedoch eine
gesunde Portion Skepsis gegenüber der eigenen Spezialdisziplin erhalten: Auch sie garantiere nun mal keine Gewinne. „Wellen halten sich
nicht immer an die Gaußsche Normalverteilung – weder im Ozean
noch auf den Finanzmärkten. Die Formel der Nobelpreisträger Black
und Scholes zur Berechnung von Optionspreisen basiert auf Gauß, sie
nähert sich der Wahrheit aber eben nur an. Krisen lassen sich nicht
vorausberechnen“, sagt der Finanzprofi. „Es ist eben nicht alles immer
normal verteilt.“
So hat auch Garlinski das Auf und Ab der letzten Jahre an den Börsen
mitgemacht – letztendlich jedoch erfolgreich. Heute betreibt er vor
allem Arbitrage-Geschäfte und trägt als Market Maker zur Liquidität
der Märkte bei. Das Programm für seinen automatisierten Handel über
die standardisierte offene Schnittstelle zur Börse, den VALUES API,
läuft jetzt im eigenen Rechenzentrum in Gibraltar. Im Basisgeschäft
lebt Garlinski von rechnergestützten Trades auf Eurex und Xetra.
Darüber hinaus hat er sein Geschäft auf Asset Management und einen
Strategiefonds ausgeweitet.
Und die weltweite Finanzkrise? Garlinski gibt sich entgegen allem
Pessimismus auf den Märkten zuversichtlich: „Krisen sind für gesunde
Märkte ebenso notwendig wie Euphoriewellen.“ Physiker hätten einmal in einer Simulation nachgewiesen, dass ein System ohne jeden
Fehler schon bei der kleinsten Krise völlig untergehe. „So gesehen“,
betont Garlinski, „sind Krisen langfristig sogar lebensnotwendig.“ 34_d_NiceToHave_RZ
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03.03.2009
8:34 Uhr
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NICE TO HAVE
NICE TO HAVE
Mag so manche Modewelle auch
nur eine reine Marketinggeburt sein – einige Produkte überdauern immer wieder das
Auf und Ab des ewigen In und Out. „1585“ stellt fünf neue Kandidaten vor, die hoffentlich
nicht so schnell wieder in der Versenkung verschwinden:
Kultig
Stylish
Auch mit der hippsten Sonnenbrille fällt am Beach niemand
mehr auf – mit Gummistiefeln aus dem Hause Gucci aber
ganz sicher: Das erste original italienische Schuhdesign, das
sogar aggressives Salzwasser aushält.
Preis: ca. 220 Euro
Internet: www.gucci.com
Gestehen Sie! In den 1960er Jahren löste kein deutscher
TV-Kommissar einen Fall ohne seine Kaiseridell-Schreibtischlampe. Heute dürfen Designfans gestehen: Die
schönste Form der Retrowelle ist auf jeden Fall die Neuauflage dieser originalen Bauhaus-Leuchte.
Preis: 599 Euro
Internet: www.kaiseridell.com
Scharf
Dass das Auge mitisst, ist bekannt. Doch der wahre
Gourmet achtet schon bei der Zubereitung auf den
optisch letzten Schliff: Das handgearbeitete Danubia
Hocho Sontoku der Mettener Messerschmiede
Dick besticht nicht nur durch besten japanischen
Stahl und glanzpolierten Rentierhorngriff, sondern vor allen durch die spektakuläre Wellenstruktur des 64-lagigen Edelstahl Damasts.
Preis: 385 Euro
Internet: www.dick.biz
Leicht
Weniger ist mehr, demonstrieren die CarbonEdelräder von Wave Bike: Der True-MonocoqueRahmen bleibt auch in der Serienproduktion
bei unter einem Kilo Gewicht – und gern vor der
Konkurrenz. Zumindest wenn Top-Triathleten
wie Olaf Sabatschus auf ihm sitzen.
Preis: ab 3.700 Euro
Internet: www.wave-bike.com
Formvollendet
Fotos: PR
So schnittig sieht es aus, wenn die Form optimal der Funktion folgt –
sofern sie hinterherkommt: Immerhin schafft die Windy 44 Chinook,
Europas Motoryacht 2009 in der Klasse bis 50 Fuß, locker 40 Knoten.
Preis: ab ca. 570.000 Euro
Internet: www.windyboats.com
03.03.2009
12:37 Uhr
Seite 1**admin **Mac 03:private:var:tmp:folders.501:TemporaryItems:
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0,40 %
- Kein Ausgabeaufschlag bei Handel über die Börse
- Lyxor AM verwaltet in ETFs rund Euro 22 Mrd. per Feb. 2009
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Lyxor Asset Management 2009. Stand: Februar 2009. Eine umfassende Beschreibung der Fondsbedingungen und Risiken, bis hin zu einem theoretischen Totalverlust, enthalten die Verkaufsprospekte von Lyxor Asset Management. Die Verkaufsprospekte erhalten Sie kostenlos auf Anfrage bei Lyxor Asset Management, Neue Mainzer Straße 46-50, 60311 Frankfurt am Main sowie unter
www.lyxoretf.de. Die Fonds bilden jeweils die ihnen zugrunde liegenden Indizes nahezu 1:1 ab. Die vergangene Wertentwicklung stellt keine Garantie für die zukünftige Entwicklung dar. Die jeweiligen
Fonds werden von den Sponsoren der Indizes nicht empfohlen, verkauft oder beworben, noch geben die Sponsoren der Indizes sonstige Zusicherungen zu den jeweiligen Fonds ab. Die Sponsoren
der hier aufgeführten Indizes geben keinerlei Zusicherungen oder Gewährleistungen in Bezug auf Ergebnisse, die durch die Nutzung ihrer Indizes und/oder der Indexstände an einem bestimmten
Tag erzielt wurden, oder in anderer Hinsicht.
EVERY CASE TELLS A STORY.
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5 Euro
02.03.2009
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1585
Business Journal Deutsche Börse Group
Wellen
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Eine Chilischote ist auch nur Gemüse.
Bis man reingebissen hat.
Der neue Boxster S.
Wir haben nachgewürzt: die Benzindirekteinspritzung (DFI). DFI spritzt
den Kraftstoff direkt und millisekundengenau in den Brennraum ein.
Für mehr Leistung und ein höheres Drehmoment. Bei modellabhängig bis
zu 15% weniger Verbrauch und bei bis zu 16% weniger CO2-Emissionen.
Porsche empfiehlt
Kraftstoffverbrauch l/100 km: innerstädtisch 14,1 · außerstädtisch 6,6 · insgesamt 9,4 · CO2-Emission: 221 g/km
KONJUNKTUR
KRISE
KLIMA
Erklären lange Wellen
die Weltwirtschaft?
Wie geht’s weiter,
Dr. Doom?
Bietet die Erderwärmung
auch Chancen?