Knorpelverletzungen am Kniegelenk

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Knorpelverletzungen am Kniegelenk
Knorpelverletzungen am Kniegelenk
Knorpelverletzungen am Kniegelenk
B. Schewe,1 J. Fritz,1 K. Weise2
1
2
Winghofer Medicum Rottenburg
Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen
Knorpelschäden und die sich daraus ergebenden Folge−
erkrankungen des Kniegelenkes gehören zu den weit ver−
breiteten Erkrankungen weltweit. Häufig ist dabei ein iso−
lierter Knorpelschaden Ausgangspunkt für eine später
generalisierte Gelenkerkrankung. Solche Läsionen können
in vielen Fällen lange Zeit asymptomatisch bleiben. Auf−
grund ihrer prognostischen Bedeutung sollte jedoch mög−
lichst frühzeitig diagnostiziert und therapiert werden.
Durch eine rechtzeitige Diagnose und adäquate Therapie
sollten solche Defekte lokal repariert und damit die gene−
relle Gelenkerkrankung verhindert werden.
In diesem Beitrag werden die heute bekannten molekula−
ren Grundlagen sowie die Ätiologie und Diagnostik von
Knorpelschäden erläutert. Darüber hinaus wird ein Kon−
zept zur Therapie und Nachbehandlung solcher Gelenk−
knorpeldefekte vorgestellt.
Dem Knorpelgewebe, insbesondere dem des Erwachse−
nen, fehlt die Fähigkeit zur Heilung bzw. zur Regeneration,
sodass isolierte Knorpelschäden dann häufig in einer
Arthrose enden.
Einleitung
Laut einer Erhebung der WHO im Jahr 2000 befanden
sich Erkrankungen des Bewegungsapparats beim Ver−
lust an gesunder Lebenszeit an dritter Stelle nach koro−
naren Herzerkrankungen und zerebrovaskulären Er−
krankungen und noch vor den Neoplasien! Neben der
Reduktion der Lebensqualität durch zunehmende funk−
tionelle Beeinträchtigung und Schmerzen ergibt sich
aus der Behandlung der fortgeschrittenen Knorpelschä−
den ein erhebliches sozioökonomisches Problem. So
müssen in der BRD von den Kostenträgern jährlich ca.
15 Milliarden Euro für Behandlung und die Folgen
degenerativer Gelenkerkrankungen aufgebracht wer−
den. Dies entspricht ungefähr 7 % der Gesamtkosten
im deutschen Gesundheitswesen.
Epidemiologie
Während für die Arthrose als fortgeschrittenes Stadium
artikulärer Knorpelschäden mittlerweile eine Reihe
epidemiologischer Studien aus verschiedenen Ländern
publiziert wurde, existieren bislang erst wenige Unter−
suchungen zur Prävalenz und Inzidenz von umschrie−
benen Knorpeldefekten. Dieser Umstand erklärt sich vor
allem aus diagnostischen Schwierigkeiten, dass isolierte
Knorpelschäden in konventionellen Röntgenverfahren
in der Regel nicht erkannt werden und neue MRT−Tech−
niken, die kleinere Knorpelschäden durch Abweichun−
gen und Irregularitäten im Wassergehalt des Knorpels
aufzeigen, nur in wenigen Zentren zur Verfügung
stehen.
Es bedarf deshalb in den meisten Fällen isolierter
Knorpelschäden zur Bestimmung von Lokalisation,
Größe und Tiefe einer arthroskopischen Untersuchung.
In letzter Zeit wurden Untersuchungen aus 3 größe−
ren arthroskopischen Studien veröffentlicht, die sich vor
allem mit der Häufigkeit, Lokalisation, Größe und Tiefe
von Knorpeldefekten im Kniegelenk sowie mit mögli−
chen Ursachen und Begleiterscheinungen beschäftigt:
n
In einer prospektiven Studie aus Norwegen und
Schweden wurden Ergebnisse aus 1000 Kniegelenk−
arthroskopien veröffentlicht. Bei 61 % der Patienten
fanden sich chondrale oder osteochondrale Läsionen.
Fokale chondrale oder osteochondrale Läsionen fan−
den sich bei 19 % der Patienten. 61 % der Patienten
führten ihre aktuellen Knieprobleme dabei auf ein
vorausgegangenes Trauma zurück. Bei 42 % bzw. 26 %
wurden begleitende Meniskusschäden oder Schäden
am vorderen Kreuzband entdeckt. Die durchschnitt−
liche Defektfläche der Knorpelschäden betrug dabei
2,1 cm2. In 58 % der Fälle waren die Defekte am me−
dialen Femurkondylus lokalisiert, in 11 % an der late−
ralen Tibia oder retropatellar, in 9 % der Fälle am
lateralen Femurkondylus, in 6 % in der Trochlea und
in 5 % an der medialen Tibia. Ein vollschichtiger
Knorpeldefekt mit einer Größe von mindestens 1cm2
wurde bei Patienten unter 40, 45, und 50 Jahren in
5,3 %, 6,1 % bzw. 7,1 % aller Arthroskopien gefunden.
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3
ê2008 ê77 ± 94 êDOI 10.1055/s−2007−995662
77
Beckengürtel und untere Extremität
n
Hintergrund
Osteochondrosis dissecans
Bei der Beschäftigung mit isolierten Knor−
pelverletzungen darf die Osteochondrosis
dissecans (OD) nicht unbeachtet bleiben.
Dadurch, dass nicht nur der Knorpel,
sondern in erster Linie der subchondrale
Knochen betroffen ist, nimmt sie eine
Sonderstellung ein. Die Prävalenz beträgt
6 Erkrankungen auf 10 000 Personen. Die
höchste Inzidenz findet sich dabei in der
Altersgruppe der 20 ± 30−Jährigen. Hier
beträgt die Häufigkeit 30 Erkrankungen/
100 000 Einwohner bei Männern und
20 Erkrankungen/100 000 Einwohner bei
Frauen.
Es werden dabei 2 Formen der OD unter−
schieden:
n eine juvenile Form, die bei noch offenen
Wachstumsfugen auftritt,
n eine adulte Form, bei der die Wachs−
tumsfugen geschlossen sind.
Während die juvenile Form Jugendliche im
Alter zwischen 10 und 20 Jahren betrifft,
und dabei die jungen Männer zweimal
häufiger als junge Frauen, zeigt die adulte
Form keine solchen Verteilungsunter−
schiede.
n
78
Bei Jugendlichen, die kniebelastende
Sportarten wie Laufen, Tennis, Squash
oder Kontaktsportarten ausüben, findet
sich deutlich häufiger eine OD als bei
weniger aktiven Teenagern oder jungen
Erwachsenen. Grundsätzlich kann die OD
in allen Altersgruppen diagnostiziert wer−
den. Die Erstdiagnose hat jedoch einen
Häufigkeitsgipfel in der Altersgruppe der
15 ± 35−Jährigen.
Bei der OD kommt es offensichtlich zu
einer Überlastung des Knorpels und sub−
chondralen Knochens. Dies wird mög−
licherweise durch intensive sportliche Be−
tätigung, wie sie häufig von jungen
Männern ausgeübt wird, verursacht. Dabei
könnte es zu klinisch inapparenten Mikro−
läsionen kommen, die dann im weiteren
Verlauf zu einer OD führen.
Verglichen mit anderen Ursachen für
Knorpeldefekte ist die Prävalenz der OD in
den westlichen Ländern jedoch ziemlich
niedrig.
In einer norwegischen Studie wurden 993 Knie−
arthroskopien, die innerhalb von 6 Monaten an
3 Kliniken durchgeführt wurden, bei Patienten mit
einem Durchschnittsalter von 35 Jahren ausgewer−
tet. Bei 66 % der untersuchten Kniegelenke wurde
eine Knorpelläsion festgestellt. Eine lokalisierte
Knorpelläsion in Verbindung mit degenerativen Ver−
änderungen wurde in 5 % und ohne degenerative
Veränderungen in 11 % der untersuchten Patienten
gefunden. Die schwerwiegendsten Knorpelschäden
fanden sich meist im Bereich der medialen Femur−
kondyle und der Patella. Ein vollschichtiger Knorpel−
schaden mit einer Größe von mehr als 2 cm2 wurde
bei 6 % aller Kniegelenke gefunden. Patellare Dislo−
kationen, assoziiert mit Knorpelschäden traten am
häufigsten auf (57 %), gefolgt von älteren Rupturen
des vorderen Kreuzbandes (27 %). Die meisten loka−
lisierten Knorpelschäden fanden sich in den jünge−
ren Altersgruppen (durchschnittlich 30 Jahre). Eine
akute traumatische Genese ergab sich bei 59 % der
993 Patienten, bei 41 % fand sich eine graduelle Ent−
stehung ohne bekanntes Trauma. Sport und körper−
liche Betätigung waren die häufigsten Aktivitäten,
die im Zusammenhang mit einem Knorpelschaden
standen. Kontaktsportarten wie Fußball oder Hand−
ball wurden dabei am meisten genannt.
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3
ê2008 ê77 ± 94
In einer britischen Studie wurden im Rahmen einer
Kohortenuntersuchung 378 erwachsene Patienten
(geschlossene Wachstumsfugen, kein weiteres
Wachstum, Durchschnittsalter 27,3 Jahre, 16 ± 50
Jahre), davon 282 Männer und 84 Frauen, untersucht.
Bei allen wurde eine primäre Kniegelenkarthrosko−
pie durchgeführt im Zeitraum von Januar 1986 und
August 1993. Bei allen 378 Patienten fand sich eine
Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Dabei fand sich
bei 157 Patienten mindestens eine Knorpelläsion. An
der medialen Femurkondyle traten dabei am häu−
figsten Knorpelläsionen auf, insbesondere in der
Hauptbelastungszone. Bei Patienten mit einer Korb−
henkelläsion des medialen Meniskus war dabei die
Degeneration ausgeprägter als bei Patienten mit an−
deren Meniskusrissen. Es konnte ein zeitlicher Zu−
sammenhang zwischen Verletzung und Entwicklung
einer Knorpelläsion gezeigt werden.
Zusammenfassend zeigen die beschriebenen epidemio−
logischen Daten, dass ein lokalisierter vollschichtiger
Knorpelschaden im Kniegelenk auch bei jüngeren Men−
schen relativ häufig vorkommt. Dabei kann ein solcher
Defekt über einen längeren Zeitraum in vielen Fällen
ohne klinische Symptomatik verlaufen.
In neueren prospektiven Untersuchungen zeigte sich,
dass Knorpeldefekte das Risiko der Entstehung einer
vorzeitigen Gonarthrose bei jungen Menschen verdrei−
fachen und bei Erwachsenen mehr als verfünffachen. In
der Folge eines isolierten Knorpeldefektes im Kniege−
lenk junger Sportler traten innerhalb von 14 Jahren bei
mehr als 40 % der Untersuchten Zeichen einer Arthro−
seentstehung im Spontanverlauf auf.
Bei Meniskusresektionen aufgrund einer Knieverlet−
zung, die für sich genommen schon eine Erhöhung des
Arthroserisikos zur Folge haben, ist durch eine zusätz−
liche Knorpelverletzung das Risiko nochmals um mehr
als das Doppelte erhöht.
In Studien zur OD an der Femurkondyle konnte ge−
zeigt werden, dass der Spontanverlauf bei geschlosse−
ner Wachstumsfuge in der überwiegenden Zahl der
nachuntersuchten Fälle zu einer frühzeitigen Arthrose
führte. Bei noch offenen Wachstumsfugen hingegen
scheint das Arthroserisiko bei isolierten Knorpel−Kno−
chen−Schäden im Verlauf deutlich geringer zu sein.
Allerdings konnte gezeigt werden, dass unter diesen
Bedingungen bei einer OD im Kniegelenk über 30 % der
Patienten mittelfristig eine Arthrose entwickeln. Das
Arthroserisiko ist dabei unabhängig vom Patientenalter
und nimmt ähnlich wie bei Meniskusschäden statis−
tisch signifikant mit der Größe des Defekts zu.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Knor−
pel− und Meniskusläsionen die Last aufnehmende
Oberfläche verkleinern und damit neben einer Erhö−
hung der punktuellen Spitzendrucke die Kompensa−
Knorpelverletzungen am Kniegelenk
tionsfähigkeit der Gelenkfläche für horizontale Scher−
kräfte reduzieren. Dies scheint einer der wichtigsten
Risikofaktoren für die Entstehung einer Früharthrose zu
sein.
All diese neueren Erkenntnisse zur Epidemiologie
und zum Spontanverlauf umschriebener Knorpeldefek−
te lassen den Schluss zu, dass sie einen deutlich höheren
Anteil an der sekundären Entstehung einer Arthrose
haben als bisher angenommen.
Abb. 1 n
Knorpelkontu−
sion im femuro−
patellaren Gleit−
lager nach
rezidivierenden
Stürzen beim
Volleyball.
Ätiologie
Bei Verletzungen des Knorpels handelt es sich in der
Regel um umschriebene Defekte in der Knorpelober−
fläche. Diese werden häufig durch eine mechanische
Überlastung der entsprechenden Gelenkregion verur−
sacht.
Eine zunächst meist unbemerkt verlaufende Über−
lastung des Knorpels stellt dabei die Kontusion dar
(Abb. 1 u. 2). Dabei kommt es durch eine direkt einwir−
kende Kraft, z. B. durch ein direktes Anpralltrauma, zu
einer mechanischen Überlastung der Knorpelregion.
Dabei kann eine subchondrale Einblutung auftreten, die
im weiteren Verlauf dann zu einer regionalen Zerstö−
rung des Knorpels führt.
Viel rascher macht sich eine traumatisch bedingte
Überlastung des Knorpels bemerkbar, die z. B. mit einer
Distorsion eines Gelenkes oder einer Gelenkfraktur
(Abb. 3) einhergeht. Typische Beispiele dafür sind die
Tibiakopffraktur (Abb. 3), Patellaluxation (Abb. 4 u. 5)
oder die Komplexverletzungen des Kniegelenkes, die
häufig mit einem Knorpelschaden vergesellschaftet ist.
Die dabei auftretenden Scherkräfte führen nicht nur zu
einer direkten lokalen Schädigung des Knorpels an der
Stelle höchster Krafteinleitung, sondern durch die Zer−
störung weiterer Gelenkkomponenten wie z. B. Bändern
und Menisken kommt es zu einer vermehrten Instabi−
lität des Gelenkes und damit zu einem Verlust gelenk−
protektiver Strukturen. Dies bedingt zusätzliche
unphysiologische Druckbelastungen, die zu einer Ver−
änderung der Gelenkhomöostase führen. Chondrozyten
produzieren unter diesen Bedingungen vermehrt ent−
zündliche Botenstoffe und Proteasen, die durch Spal−
tung von Kollagen die extrazelluläre Matrix aufweichen
und somit die weitere Knorpeldestruktion fördern.
Für die Schwere und Ausdehnung eines umschriebe−
nen Knorpelschadens sind neben der traumatisch be−
dingten Krafteinleitung weitere Faktoren verantwort−
lich.
Wichtige Risikofaktoren für die Arthroseentstehung
sind:
n
genetische Einflüsse,
n
Alter,
n
Übergewicht,
n
verschiedene Stoffwechselerkrankungen,
Abb. 2 n
Knorpelkontu−
sion im MRT mit
begleitendem
Knochenmark−
ödem.
n
n
Achsfehlstellungen,
falsche Ernährung und Lebensstil.
Die Bedeutung genetischer Einflüsse für die Arthrose−
entstehung ist dabei zurzeit im Wesentlichen nur kli−
nisch quantifizierbar. Insbesondere findet sich immer
wieder eine familiäre Häufung von Arthrosen. Es ist
jedoch noch nicht möglich, dies mit definierten lokali−
sierten Gendefekten zu korrelieren.
Verschiedene Stoffwechselerkrankungen begünsti−
gen zusätzlich eine katabole Stoffwechsellage des Ge−
lenkmilieus, was die Arthroseentwicklung begünstigt.
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Beckengürtel und untere Extremität
Abb. 3 n
Stufen in der Ge−
lenkfläche nach
medialer Tibia−
kopffraktur.
Abb. 4 n
Lateralisation
der Patella nach
stattgehabter
Luxation.
Abb. 6 n Schnitt durch einen kindlichen Femurkondylus bei noch
offenen Wachstumsfugen. Deutlich zu erkennen ist die Verbindung
zwischen Gelenkknorpel und der epiphysären Zone der Wachstumsfuge
(Quelle: Kohn D. Knie. In Wirth/Zichner, Orthopädie und Orthopädische
Chirurgie, Thieme, 2005).
Es bestehen darüber hinaus auch gelenkabhängige Dif−
ferenzen in der Arthroseanfälligkeit. Nach derzeitigem
Kenntnisstand sind dafür verschiedene Faktoren ver−
antwortlich. Dazu gehören Unterschiede
n
im anatomischen Gelenkaufbau,
n
in der Zusammensetzung der extrazellulären Matrix,
n
in der Anfälligkeit gegenüber biomechanischer
Belastung
n
in den zell− und molekularbiologischen Eigen−
schaften der Knorpelzellen.
Abb. 5 n
Retropatellarer
Knorpelschaden
nach stattge−
habter Luxation.
So besitzt zum Beispiel die extrazelluläre Matrix des
Knorpels im Sprunggelenk im Vergleich zum Kniege−
lenk einen höheren Proteoglykan− und Wassergehalt.
Der Knorpel des Kniegelenkes besitzt deshalb eine ge−
ringere Steifigkeit und hat eine reduzierte Permeabilität
für Nährstoffe und anabole Faktoren.
Die Knorpelzellen des Kniegelenkes reagieren au−
ßerdem stärker auf katabole Faktoren, wie Interleukin−1
oder Fibronektinfragmente. In der Antwort auf eine
mechanische Schädigung synthetisieren sie weniger
extrazelluläre Matrixproteine als die Chondrozyten des
Sprunggelenkes. Es tritt häufig sogar ein vermehrter
Kollagenabbau auf. Auch der subchondrale Knochen des
Kniegelenkes reagiert empfindlicher auf Knorpelläsio−
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Knorpelverletzungen am Kniegelenk
nen. Die Summe dieser Eigenschaften führt im Ver−
gleich zum Sprunggelenk zu einer erhöhten Arthrose−
anfälligkeit des Kniegelenkknorpels.
Auch altersspezifische Besonderheiten führen zu Un−
terschieden in der Ausbildung einer sekundären trau−
matisch bedingten Arthrose. So besteht bei Kindern und
Jugendlichen vor Schluss der Wachstumsfugen ein
Anschluss der Knorpeloberfläche an eine gewebespe−
zifische regenerative Zellpopulation (Abb. 6). Dies be−
günstigt eine spontane Knorpelregeneration und ist
mitverantwortlich für die bei Kindern immer wieder
zu beobachtenden günstigen Spontanverläufe.
Klassifikation
Zur genauen Beschreibung von Knorpelläsionen hat sich
zunehmend im klinischen Alltag die Klassifikation der
ICRS (International Cartilage Repair Society) durchge−
setzt. Grundsätzlich wird dabei zwischen OD−Läsionen
und traumatischen/posttraumatischen Läsionen unter−
schieden (Abb. 7).
Das Klassifikationssystem ist für die klinische An−
wendung praktikabel und dabei in seiner Aussage sehr
genau.
Das komplette ¹Cartilage Evaluation Package“ kann
auf www.cartilage.org eingesehen und heruntergeladen
werden.
Diagnostik
Isolierte Knorpelverletzungen können in vielen Fällen
zunächst unbemerkt bleiben, da hyaliner Knorpel selbst
nicht innerviert ist. Treten sekundäre Symptome auf,
wie Schwellung und Schmerz, oft infolge einer genera−
lisierten Synovitis, und Blockierungserscheinungen,
sollte an eine Knorpelläsion gedacht werden.
Es sollte außerdem bei jedem frischen Knietrauma
eine mögliche Knorpelläsion im Rahmen der Diagnostik
ausgeschlossen werden.
Abb. 7 n Einteilung der Knorpelläsionen entsprechend den Emp−
fehlungen der ICRS.
a Grad 0 ± normal.
b Grad 1 ± nahezu normal. Oberflächliche Läsionen. Erweichung der
Oberfläche (A) und/oder oberflächliche Fissuren und Risse (B).
c Grad 2 ± abnormal. Läsionen erreichen < 50 % der Knorpeltiefe.
d Grad 3 ± stark abnormal. Knorpeldefekte, die > 50 % der Knorpeltiefe
(A), die Zone des mineralisierten Knorpels (B) oder die subchondrale
Lamelle (C) erreichen. Blasenbildung kann auftreten (D).
e Grad 4 ± stark abnormal. Osteochondrale Verletzungen. Läsionen, die
geringfügig durch die subchondrale Knochenplatte dringen (A) oder
tiefere, in den trabekulären Knochen reichende Defekte (B).
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Beckengürtel und untere Extremität
Klinik
Der Untersuchungsalgorithmus entspricht dabei der
allgemein gängigen Praxis in der Unfallchirurgie und
Orthopädie.
Im Rahmen der Anamnese sollte nach einem Trauma
und dessen Mechanismus gefragt werden. Außerdem
sollten mögliche prädisponierende Faktoren wie z. B.
familiäre Belastungen (OD, Stoffwechselerkrankungen)
erfragt werden. Wichtig ist auch die Frage nach frühe−
ren Traumen und Therapien, um das Ausmaß der Vor−
schädigung möglichst früh abschätzen zu können.
Die sich anschließende klinische Untersuchung ist für
die weitere apparative Diagnostik richtunggebend. Es
sollten dabei verschiedene pathologische Elemente ab−
geklärt werden, u. a.:
n
Ergussbildung,
n
Schmerzlokalisation,
n
Reibegeräusche,
n
Instabilitäten,
n
Blockierungsphänomene,
n
Meniskuszeichen,
n
Bewegungsstörungen der Kniescheibe wie Latera−
lisationsneigung oder Luxationstendenzen.
Auf die Vielzahl vorhandener Tests einzugehen, würde
den Rahmen sicher sprengen.
Abb. 8 n Osteochondraler Defekt der medialen Femurkondyle im
Stadium IV.
" Ein wichtiges Problem beim frischen Trauma ist die
schmerzbedingt eingeschränkte Untersuchbarkeit. Hier
gewinnt die Anamnese des Unfallmechanismus an Be−
deutung, um eine Abschätzung der Verletzungsschwere
zu ermöglichen.
Insbesondere in diesen Fällen wird sich dann rasch die
apparative Diagnostik anschließen, die aus Röntgen,
Kernspintomographie und schlussendlich diagnosti−
scher Arthroskopie besteht.
Bildgebende Verfahren
Röntgen. Die native Röntgenuntersuchung in 2 Ebenen
hat auch im Zeitalter moderner Schnittbilddiagnostik
noch ihre Berechtigung. Es lassen sich rasch knöcherne
Traumafolgen, z. B. osteochondrale Flakes, erkennen.
Außerdem gibt diese Untersuchung Auskunft über die
traumaunabhängige, vorbestehende Gelenksituation.
Es lassen sich dabei Informationen gewinnen über:
n
Gelenkspaltveränderungen,
n
Verkalkungen,
n
osteophytäre Anlagerungen,
n
Knochenveränderungen (OD; Abb. 8),
n
Achsabweichungen,
n
Gelenkinkongruenzen (z. B. Patellagleitverhalten),
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n
vorbestehende trauma− oder entzündungsbedingte
Veränderungen.
MRT. Die Kernspintomographie erlaubt eine detaillierte
Darstellung der Weichteilsituation und ist deshalb ein
fester Bestandteil im diagnostischen Algorithmus zum
Ausschluss von Knorpelverletzungen. Die Möglichkei−
ten der Knorpeldarstellung verbessern sich ständig, so−
dass heute ein ambitionierter Untersucher unter An−
wendung entsprechender spezieller Sequenzen mit
einem 1,0− oder 1,5−Tesla−Gerät Gelenkknorpel gut zur
Darstellung bringen kann. Entscheidend ist dabei die
Wahl der richtigen Sequenzen. Dies setzt jedoch eine
möglichst präzise Fragestellung voraus.
In einzelnen Zentren stehen heute schon 3−Tesla−
Geräte zur Verfügung. Mit diesen lässt sich unabhängig
von der Wahl der Sequenzen die Qualität der Knorpel−
darstellung nochmals deutlich verbessern (Abb. 9).
Zur Klärung von Knorpelverletzungen sollte vor
allem die Frage nach Größe, Tiefe und Lokalisation be−
antwortet werden. Außerdem sollte das MRT Aussagen
machen zu Begleitverletzungen der subchondralen
Platte, zu knöchernen Läsionen (OD, Knochenmark−
ödem; Abb. 10) und zu weiteren Begleitpathologien
wie Bandläsionen und Meniskusverletzungen.
Knorpelverletzungen am Kniegelenk
Abb. 9 n
Vergleich der
Knorpeldarstel−
lung im MRT
im 1,5− (a) und
3,0−Tesla−Mag−
netfeld (b).
Abb. 11 n
Knorpelschaden
4. Grades an der
Femurkondyle
nach Absche−
rung eines os−
teochondralen
Flakes.
Abb. 10 n Osteochondrale Läsion im MRT mit erkennbarem
Knochenödem und Sklerosierungszone.
Arthroskopie. Im Rahmen einer Arthroskopie erfolgt
dann die detaillierte Beurteilung einer Knorpelläsion.
Bei den derzeitigen Routinebefunden der bildgebenden
Techniken ist es praktisch nur unter arthroskopischer
Sicht möglich, eine ausreichend exakte Aussage über
die Tiefenausdehnung einer Knorpelläsion zu machen.
Insbesondere die ebenso wichtige Beurteilung des Um−
gebungsknorpels einer Läsion ist nur arthroskopisch
möglich (Abb. 11). Es lässt sich dabei die Qualität der
Knorpelränder und eine dort beginnende Delamination
genau beurteilen.
Unter arthroskopischer Sicht kann vom Erfahrenen
die mechanische Belastbarkeit und Elastizität der Knor−
peloberfläche beurteilt werden.
Für die differenzialtherapeutischen Entscheidungen
ist neben einer exakten Tiefenbestimmung des Defektes
auch eine möglichst genau Flächenbestimmung erfor−
derlich. Dies ist mit der Arthroskopie ebenfalls möglich.
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Beckengürtel und untere Extremität
Die Arthroskopie ist dabei nicht nur der letzte diagnos−
tische Schritt, der für die Differenzialindikation der
verschiedenen knorpelreparativen Techniken wichtige
Informationen liefert, sondern es wird im Rahmen der
Arthroskopie gleich die jeweilige Therapie begonnen.
Dies ist bei der Aufklärung der Patienten zur Arthro−
skopie zu berücksichtigen.
Operative Therapie
Knorpelverletzungen machen in den meisten Fällen
eine zeitnahe operative Therapie erforderlich.
Therapieziele
Biologische Rekonstruktion der Oberfläche, um damit
das Risiko einer posttraumatischen Arthrose zu redu−
zieren.
Therapie
Bei der Therapie von Knorpelverletzungen sind ver−
schiedene Faktoren zu berücksichtigen wie Tiefe und
Ausdehnung des Knorpelschadens, Alter des Patienten
und Ausmaß der Begleitverletzungen.
Konservative Therapie
Die konservative Therapie ist bei frischen Knorpelver−
letzungen vor allem bei Kindern und Jugendlichen vor
Schluss der Wachstumsfugen eine mögliche Therapie−
option.
Bei noch offenen Epiphysenfugen hat der Knorpel
Anschluss an die hochregenerative Zellpopulation der
Wachstumsfugen. Bei kleinen bis mittleren Knorpel−
schäden kann deshalb der Spontanverlauf abgewartet
werden. Allerdings ist dann eine regelmäßige Kontrolle
des Befundes z. B. mithilfe der Kernspintomographie
notwendig.
" Um die Gefahr durch einen freien Gelenkkörper für das
Gelenk zu minimieren, sollte dieser in jedem Fall diag−
nostisch sicher ausgeschlossen sein.
Konservative Therapiemaßnahmen sind:
Physikalische Therapie, insbesondere zum Erhalt der
Gelenkbeweglichkeit und der gelenkstabilisierenden
Muskulatur,
n
Eisapplikation,
n
antiphlogistische Medikamente lokal und syste−
misch.
n
Die Gruppe der Chondroprotektiva hat für die Behand−
lung von Knorpelverletzungen keine Bedeutung, ganz
abgesehen von der Tatsache, dass ihre Wirksamkeit
noch nicht hinreichend bewiesen ist.
Zusammenfassend spielt die konservative Therapie
bei der Behandlung von Knorpelverletzungen insbe−
sondere im Erwachsenenalter nur eine untergeordnete
Rolle, da damit nur eine Reduktion von Symptomen er−
reicht wird und keine ursächliche Behandlung möglich
ist.
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Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3
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Durch eine rasche, nahe zum Verletzungszeitpunkt lie−
gende Rekonstruktion wird erreicht, dass Faktoren, die
eine Arthroseentstehung begünstigen, wie mechanisch
ungünstige Oberflächenverhältnisse und katabole
Stoffwechselsituationen, möglichst nur kurze Zeit auf
das Gelenk einwirken.
Es stehen dabei verschiedene Verfahren der biologi−
schen Rekonstruktion zur Verfügung:
n
Refixation,
n
knochenmarkstimulierende Techniken
(z. B. Mikrofrakturierung),
n
osteochondrale Transplantation,
n
Knorpelzelltransplantation.
" Bei der Aufklärung der Patienten zur Operation sollten
die verschiedenen Therapieoptionen besprochen wer−
den, wobei eine Arthroskopie in der Regel Ausgangs−
punkt der operativen Therapie ist. Insbesondere sollte
darauf hingewiesen werden, dass die Entscheidung für
eine der genannten Therapiemöglichkeiten vom intra−
operativen Knorpelbefund abhängt.
n
Refixation
Indikation. Die Möglichkeit der Refixation sollte bei je−
der frischen Knorpelverletzung erwogen werden. Eine
altersabhängige Begrenzung für diesen Eingriff gibt es
nicht. Entscheidend ist dabei die Qualität des ausgebro−
chenen Flakes. Hat das Fragment eine ausreichend gro−
ße knöcherne Fläche und zeigt der Knorpel darüber
hinaus keine ausgeprägten Kontusionsspuren, ist eine
Refixation Erfolg versprechend. Zeigt die knöcherne
Rückfläche bereits makroskopisch eine ausgeprägte
Sklerosierung, ist die Wahrscheinlichkeit, dass das
Fragment einheilt, deutlich reduziert.
Fragmente ohne knöcherne Rückfläche, also reine
chondrale Flakes, haben eine sehr geringe Wahrschein−
lichkeit der Einheilung. Die Refixation chondraler Flakes
sollte deshalb nur bei Kindern und Jugendlichen ver−
sucht werden. Zeigt der Knorpel dabei deutliche Kontu−
sionsspuren, kann auf einen Refixationsversuch ver−
zichtet werden.
Knorpelverletzungen am Kniegelenk
Abb. 14 n Prinzip der
Knochenmark stimulie−
renden Verfahren.
Eröffnung der subchon−
dralen Knochenlamelle.
Abb. 12
n
Refixation eines osteochondralen Flakes nur mit Pins.
schen Untersuchung eine MRT−Untersuchung der ope−
rativen Therapie vorgeschaltet werden, um Begleitver−
letzungen zu erkennen, die für die operative Planung
zu berücksichtigen sind.
In der Regel wird der Eingriff als Arthroskopie be−
gonnen. Damit lassen sich Ausdehnung und Lokalisati−
on der Läsion sicher bestimmen. Es kann außerdem die
Qualität des ausgesprengten Flakes gut beurteilt wer−
den. Bei gut zugänglicher Lokalisation kann die Refixa−
tion dann auch arthroskopisch durchgeführt werden.
In den meisten Fällen ist jedoch je nach Lokalisation
eine parapatellar mediale oder laterale Arthrotomie zur
Refixation erforderlich.
n
Abb. 13 n Refixation eines osteochondralen Flakes mit Pins und
osteochondralen Zylindern.
Spezielle Aufklärung. Bei der Aufklärung der Patienten
zu diesem Eingriff muss darauf hingewiesen werden,
dass die Fixation des Flakes nur bei entsprechender
Qualität erfolgen kann und dass dazu in den meisten
Fällen eine Arthrotomie erforderlich ist.
Neben den üblichen Komplikationen, die bei Arthro−
skopien und Arthrotomien möglich sind, muss über das
mögliche Versagen der Refixation gesprochen werden.
Dies macht dann in der Regel einen weiteren Eingriff
erforderlich.
Technik. Zur Refixation von osteochondralen Flakes ste−
hen verschiedene biodegradable Pin−Systeme zur Ver−
fügung (Abb. 12).
Bei größeren Flakes kann eine additive Fixation mit
osteochondralen Zylindern durchgeführt werden. Es
werden dazu 3 ± 5 mm−Zylinder verwendet, je nach
Größe des Flakes, die wie biologische Pins an mehreren
Stellen des Flakes eingebracht werden (Abb. 13).
Die Refixation osteochondraler Flakes sollte mög−
lichst wenige Tage nach der Verletzung durchgeführt
werden. In jedem Fall sollte neben einer nativradiologi−
Knochenmarkstimulierende Techniken
Indikation. Die knochenmarkstimulierenden Techniken
(Mikrofrakturierung) kommen zum Einsatz bei rein
knorpeligen Defekten mit einer Größenausdehnung bis
2 cm2 (Abb. 14). Außerdem kann diese Technik ange−
wendet werden, wenn osteochondrale Flakes nicht
mehr verwendet werden können und Ausdehnung und
Tiefe des verbliebenen Defektes keine andere Technik
notwendig machen.
Der große Vorteil dieser Technik liegt in ihrer ar−
throskopischen Anwendbarkeit. Das bedeutet, dass
über die vorhandenen arthroskopischen Portale die
meisten Defekte mit den entsprechenden Meißeln er−
reicht werden können. Nur in seltenen Fällen sind zu−
sätzliche Portale notwendig (Abb. 15 u. 16). Dies erklärt
die hohe Akzeptanz des Verfahrens.
Prinzip. Durch das Eröffnen der subchondralen Kno−
chenlamelle kommt es zum Austritt von pluripotenten
Progenitorzellen (¹mesenchymale Stammzellen“) in
dem Hämatom, das sich im Defekt ansammelt. Daraus
entwickelt sich ein Faserknorpelgewebe, das den Defekt
auffüllt, jedoch eine deutlich reduzierte mechanische
Belastbarkeit besitzt. Im weiteren Verlauf kann es des−
halb zum Versagen des Regeneratgewebes und dann zu
erneuten Beschwerden kommen.
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3
ê2008 ê77 ± 94
85
Beckengürtel und untere Extremität
eine negative Korrelation. Dies ist bei der Indikation zu
berücksichtigen. Außerdem muss der Patient über die−
sen Zusammenhang aufgeklärt werden.
Abb. 15 n
Arthroskopisch
durchgeführte
Mikrofrakturie−
rung.
Technik. Die knochenmarkstimulierenden Techniken
sind in der Regel im Rahmen einer Arthroskopie durch−
führbar. Das Knorpelareal, das damit behandelt werden
soll muss zunächst sorgfältig debridiert werden, so dass
die subchondrale Knochenlamelle freiliegt. Außerdem
sollten die Ränder des Defekts so präpariert werden,
dass stabile Knorpelschultern verbleiben. In der Regel
kann dies mit einem entsprechenden Shaver durchge−
führt werden. Gelegentlich ist auch die Verwendung
eines flexiblen scharfen Löffels oder einer Kürette hilf−
reich. Nach diesen Vorbereitungen kann dann die sub−
chondrale Knochenplatte mit speziellen spitzen Mei−
seln perforiert werden. Dabei sollte der Abstand der
Perforationslöcher so gewählt werden, dass die Stabili−
tät der Knochenlamelle nicht gefährdet wird. Treten bei
der Perforation kleine Fetttröpfchen oder Blut aus, kann
von einer ausreichenden Perforationstiefe ausgegangen
werden. Wird am Ende des Eingriffs eine Drainage ins
Gelenk eingelegt sollte diese ohne Sog sein, um zu ver−
meiden, dass möglicherweise das Blutkoagel aus dem
Defekt abgesaugt wird.
Abb. 16 n
Mikrofrakturie−
rung am Femur−
kondylus. Punk−
tueller Blutaus−
tritt.
n
In letzter Zeit werden auch Kombinationen mit einer
Matrixapplikation (¹autologe matrixinduzierte Chon−
droneogenese“ = AMIC) angeboten, um die Qualität des
Defekthämatoms zu verbessern. Hierzu stehen Unter−
suchungen mit längeren Nachuntersuchungszeiträu−
men und größeren Fallzahlen noch aus.
Die Ergebnisqualität knochenmarkstimulierender
Verfahren wird nach heutiger Erkenntnis von der be−
handelten Defektgröße und vom Alter des Patienten
bestimmt.
Bei Kindern und Jugendlichen mit offenen Wachs−
tumsfugen sind die Ergebnisse der Mikrofrakturierung
gut. Sind die Wachstumsfugen bereits geschlossen, ist
mit deutlich schlechteren Ergebnissen zu rechnen.
Spezielle Aufklärung. Das mögliche Versagen des Rege−
neratgewebes ist ein wichtiger Aspekt, der mit den Pa−
tienten präoperativ im Rahmen der Aufklärung bespro−
chen werden muss. Das Regeneratversagen macht dann
häufig einen weiteren operativen Eingriff erforderlich.
Bei der Mikrofrakturierung besteht zwischen De−
fektgröße, Alter des Patienten und Regeneratversagen
86
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3
ê2008 ê77 ± 94
Osteochondrale Transplantation
Indikation. Die osteochondrale Transplantation (Mosa−
ikplastik, OATS, OCT) wird angewendet bei mittleren
Defektgrößen bis 4 cm2 (Abb. 17). Bei guter Knorpel−
und Knochenqualität der Entnahmeregion spielt das
Lebensalter bei der Indikationsstellung eine unterge−
ordnete Rolle. Im dem therapierten Gelenk sollte in den
übrigen Kompartimenten noch keine Arthrose beste−
hen. Außerdem sollte der allgemeine Gesundheitszu−
stand einen Zweiteingriff im Falle einer Komplikation
ermöglichen.
Prinzip. Da die osteochondralen Zylinder aus nicht be−
lasteten Regionen des gleichen Gelenkes entnommen
werden, ist die maximal mögliche Zylinderzahl be−
grenzt. Die Zylinder werden in Presspassung (¹Press−
Fit“) ohne zusätzliche Fixation in den Defekt einge−
bracht. Es werden dabei in der Regel heute eher größere
Zylinder zwischen 8 und 10 mm Durchmesser verwen−
det. Damit bleiben die Zahl der verwendeten Zylinder
und damit das Risiko klein, dass Zylinder nicht einhei−
len oder nekrotisch werden.
" Je größer die Anzahl der verwendeten Zylinder, umso
größer ist das Risiko, dass Probleme in der Entnahme−
region auftreten. Auch deshalb kann nur eine begrenzte
Zahl an Zylindern verwendet werden.
Knorpelverletzungen am Kniegelenk
Abb. 18 n
Mosaikplastik
am Femurkon−
dylus. Arthrosko−
pische Kontrolle
nach 1 Jahr. Deut−
lich erkennbar
sind die Mosaik−
zylinder mit den
Fugen, die mit Fa−
serknorpel gefüllt
sind.
Abb. 19 n
Rekonstruktion
eines osteo−
chondralen
Defektes mit
Mosaikzylin−
dern.
Abb. 17 n Defektauffüllung mit OCT (osteochondraler Transplanta−
tion). Entnahme aus nicht belasteten Gelenkregionen.
Für die Refixation osteochondraler Flakes eignen sich
eher kleine Zylinder (4 ± 6 mm), da hiermit eine biolo−
gische Fixation mit einem körpereigenen Material er−
reicht wird.
Bei der Defektauffüllung ausschließlicher Knorpel−
defekte wird beim Einbringen der Zylinder die sub−
chondrale Knochenlamelle eröffnet. Dies führt zur
Ausbildung von Faserknorpel zwischen den Knochen−
zylinder, sodass hier ein gemischtes Reparaturgewebe
entsteht. Über das Gleitverhalten solcher Mischgewebe
liegen bisher wenige Untersuchungen vor (Abb. 18).
Die klinischen Ergebnisse zeigen, dass sich diese
Methode für mittelgroße Defekte bis 4 cm2 eignet. In
einer prospektiven Untersuchung, die Mosaikplastik
und Mikrofrakturierung verglich, waren die Ergebnisse
nach Mosaikplastik besser.
Spezielle Aufklärung. Die mögliche Beschwerdesympto−
matik in der Entnahmeregion ist im Rahmen der Auf−
klärung anzusprechen, insbesondere auch der Zusam−
menhang mit der Anzahl zu entnehmender Zylinder
und der damit verbundenen Limitierung der Methode.
Ist die Anzahl der Zylinder zu groß, kann eine De−
stabilisierung der subchondralen Lamelle auftreten,
was eine nachhaltige Störung eines größeren Gelenk−
abschnittes bedeutet.
Abhängig von der Lokalisation des Defekts kann man
die Wiederherstellung der Gelenkkontur mit dieser
Technik nur eingeschränkt gestalten (Abb. 19).
Technik. Die Defektauffüllung mittels OCT wird in der
Regel über eine Arthrotomie durchgeführt. Zu Beginn
des Eingriffes sollten mittels Arthroskopie die genaue
Lokalisation und Ausdehnung des Defekts bestimmt
werden. Außerdem sollte arthroskopisch überprüft
werden, ob in der potenziellen Spenderregion intakter
Knorpel zur Verfügung steht.
Für die Transplantation wird dann möglichst direkt
über dem Defekt eine Arthrotomie durchgeführt.
Gelingt die Entnahme der Zylinder nicht über diese
Arthrotomie, kann über der Donorregion eine zweite
kleine Arthrotomie durchgeführt werden. Transplanta−
tionen mit einem oder zwei Zylindern an günstiger
Lokalisation können auch in arthroskopischer Technik
durchgeführt werden.
n
Autologe Chondrozytentransplantation
Indikation. Die autologe Chondrozytentransplantation
(ACT) ist heute für die Behandlung größerer Knorpelde−
fekte (> 4 cm2) die Methode der Wahl. Darüber hinaus
sollte bei der Indikationsstellung das Alter der Patienten
berücksichtigt werden. Bei jungen Patienten mit offe−
nen Wachstumsfugen muss überprüft werden, ob zu−
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3
ê2008 ê77 ± 94
87
Beckengürtel und untere Extremität
pischen Eingriff zur Abtragung des hypertrophen Ge−
webes erforderlich macht. Natürlich muss auch das
Transplantatversagen angesprochen werden. Hier ist in
den meisten Fällen dann ein erneuter Versuch einer ACT
möglich.
Abb. 20 n
Entnahme von
Knorpelzylin−
dern für die ACT
an einer unbe−
lasteten Stelle
des Kniegelen−
kes.
Abb. 21 n
Einbringen der
Zellsuspension
in die wasser−
dichte Kammer
bei der klassi−
schen ACT.
nächst eine Mikrofrakturierung als Primärtherapie
infrage kommt. Die Altersgrenze nach oben wird insbe−
sondere bestimmt von der biologischen Qualität des
Restknorpels. Sie liegt etwa beim 50. Lebensjahr, wobei
hier das biologische Alter entscheidend ist.
Prinzip. Im Rahmen der von den Fachgesellschaften ge−
forderten Qualitätsprüfungen sollte die Syntheseleis−
tung der zu transplantierenden Zellen vom Hersteller
vor Auslieferung des Transplantats überprüft werden.
Die Ergebnisse dieser Qualitätsprüfung, die seit dem
1. 7. 2007 vom GBA zwingend gefordert ist, müssen in
einem entsprechenden Prüfprotokoll dokumentiert sein
und zur OP vorliegen.
Spezielle Aufklärung. In der Regel sind bei der ACT zwei
operative Eingriffe notwendig. Dies muss bei der Auf−
klärung erwähnt werden. Die Patienten müssen auch
darauf hingewiesen werden, dass bei der Transplanta−
tion in der Regel heute eine Arthrotomie erforderlich ist.
Als technikspezifische Komplikationen muss über
eine mögliche Transplantathypertrophie aufgeklärt
werden, die einen zusätzlichen, in der Regel arthrosko−
88
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3
ê2008 ê77 ± 94
Technik. Im ersten Eingriff, der arthroskopisch durchge−
führt wird, wird der Defekt in Tiefe und Ausdehnung
beurteilt. Außerdem werden 2 ± 3 kleine osteochondrale
Zylinder an einer unbelasteten Stelle des Gelenkes ent−
nommen, um Chondrozyten für die Kultivierung zu ge−
winnen (Abb. 20).
Nach einer Kultivierungszeit von 2 ± 3 Wochen kann
dann die Suspension vermehrter Zellen in den Defekt
eingebracht werden. Bei der konventionellen ACT ist da−
bei eine ¹wasserdichte“ Kammer als Transplantatlager
Vorraussetzung. Dies bedeutet, dass der Knorpeldefekt
von stabilen Rändern begrenzt sein muss und dass eine
flüssigkeitsdichte Abdeckung, z. B. mit einem Periost−
lappen oder einer kollagenen Membran, hergestellt
werden muss (Abb. 21).
Da dieses Verfahren technisch aufwendig, der Indi−
kationsbereich dadurch deutlich eingeschränkt ist und
immer wieder Probleme mit Hypertrophien des Pe−
riostlappens auftraten, wird heute die zur Verfügung
stehende trägerassoziierte ACT (Matrix−ACT, ¹MACT“)
favorisiert.
Durch die Verwendung eines biokompatiblen Trä−
gers wird dabei die operative Technik deutlich verein−
facht und die OP−Zeit verkürzt. Außerdem wird der
Indikationsbereich erweitert. So ist es durch Verwen−
dung eines Trägers möglich, auch Defekte ohne voll−
ständigen Knorpelrand aufzufüllen, da der Träger mit
Einzelknopfnähten oder Pins fixiert werden kann
(Abb. 22 ± 24).
Zahlreiche Studien haben inzwischen gezeigt, dass
das Knorpelregenerat in seinem histologischen Aufbau
hyalinem Knorpel sehr nahe kommt. Es zeigt im Ideal−
fall 90 % der mechanischen Stabilität des hyalinen Knor−
pels und unterscheidet sich damit deutlich vom Faser−
regenerat, welches z. B. bei der Mikrofrakturierung
entsteht.
In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden,
dass diese hyalinähnliche Struktur eine wichtige
Voraussetzung für gute Langzeitergebnisse ist. Ver−
gleichende Studien zwischen ACT und Mikrofrakturie−
rung haben gezeigt, dass der Faserknorpel bereits nach
kurzen Nachbeobachtungszeiten von 2 ± 3 Jahren in
einer größeren Anzahl Transplantatversager aufwies.
Die MACT wird insbesondere für die Behandlung
von Knorpeldefekten empfohlen, die eine Ausdehnung
größer als 4cm2 haben. Durch die matrixgestützte
Technik ist es dabei möglich, auch Läsionen mit einem
größeren knöchernen Defekt zu behandeln. Dabei wird
der knöcherne Defekt mit Spongiosazylindern, z. B. aus
Knorpelverletzungen am Kniegelenk
Abb. 24
Abb. 22
n
n
Fixation der Matrix bei der MACT mit biodegredablen Pins.
Einbringen der chondrozytenbeladenen Matrix (MACT).
Abb. 23 n Fixation der Matrix bei der MACT mit Einzelknopfnähten
(6/0, monofil).
Abb. 25 n Auffüllung eines großen und tiefen osteochondralen
Defektes mit Knochenzylindern vom Beckenkamm.
dem Beckenkamm, aufgefüllt und anschließend mit
der Matrix der verbleibende Knorpeldefekt gedeckt
(Abb. 25 u. 26).
" Die Auswahl des operativen Verfahrens bei Knorpel−
verletzungen folgt also demselben Algorithmus, der auch
für die Knorpeltherapie allgemein gilt (Tab. 1). Darüber
hinaus sind bei Knorpelverletzungen noch die Tiefe des
Defektes und die Qualität des ausgesprengten Flakes
entscheidend.
Komplikationen
Bei den hier beschriebenen Techniken sind zum einen
die typischen Komplikationen der Arthroskopie und
Arthrotomie zu erwähnen wie Infekt, Ergussbildung,
Hämatom, Bewegungseinschränkung, Arthrofibrose
und zum anderen sind die speziellen Komplikationen
der biologischen Rekonstruktionsverfahren zu berück−
sichtigen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei in
allen Fällen um ein teilweises oder vollständiges Ver−
Abb. 26 n Der Defekt wird nach Füllung mit Knochenzylindern mit
einer chondrozytenbeladenen Matrix bedeckt.
sagen des biologischen Transplantates. In der Regel ist
es dann möglich nochmals mit einem biologischen Ver−
fahren den Defekt zu verschließen. Die Hypertrophie
des Transplantats ist ebenfalls grundsätzlich bei allen
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3
ê2008 ê77 ± 94
89
Beckengürtel und untere Extremität
Begutachtung
Tabelle 1
Differentialindikation biologischer Knorpelrekonstruktionsverfahren
Knochenmark−
stimulation
Osteochondraler
Transfer (OCT)
ACT
Kinder und Jugendliche
+++
±
±
Defektgröße 1 ± 2 cm2
+++
++
±
Defektgröße 1 ± 4 cm2
+
+++
++
Defektgröße 3 ± 14 cm2
±
+
+++
biologischen Verfahren möglich. Am häufigsten wird
dies bei der Autologen Chondrozytentransplantation
und hier bei der klassischen Technik beobachtet. In den
meisten Fällen ist eine Abtragung des hypertrophen
Gewebes, welches im Allgemeinen arthroskopisch
durchgeführt werden kann, ausreichend um das Prob−
lem zu beseitigen.
In der Nachbehandlung nach operativen Eingriffen
bei Knorpelverletzungen ist vor allem zu berücksich−
tigen, dass methodenunabhängig eine Belastungsre−
duktion von anfangs 10 ± 20 kg Körpergewicht einzu−
halten ist. Abhängig von der verwendeten Methode und
von weiteren Begleiteingriffen schwankt die Dauer der
notwendigen Belastungsreduktion zwischen 4 und 6
Wochen. Nach dieser Zeit kann dann die Belastungs−
steigerung bis zur Vollbelastung durchgeführt werden.
Die beschriebenen Methoden machen grundsätzlich
keine Limitierung der Beweglichkeit notwendig. Aus−
nahmen bilden besondere Lokalisationen der behan−
delten Läsion wie zum Beispiel die retropatellare Ge−
lenkfläche oder das femoropatellare Gleitlager.
Nachbehandlung
In der Nachbehandlung nach operativen Eingriffen bei
Knorpelverletzungen ist vor allem zu berücksichtigen,
dass methodenunabhängig eine Belastungsreduktion
von anfangs 10 ± 20 kg Körpergewicht einzuhalten
ist. Abhängig von der verwendeten Methode und von
weiteren Begleiteingriffen schwankt die Dauer der
notwendigen Belastungsreduktion zwischen 4 und 6
Wochen. Nach dieser Zeit kann dann die Belastungs−
steigerung bis zur Vollbelastung durchgeführt werden.
Die beschriebenen Methoden machen grundsätzliche
keine Limitierung der Beweglichkeit notwendig. Aus−
nahmen bilden besondere Lokalisationen der behan−
delten Läsion wie zum Beispiel die retropatellare Ge−
lenkfläche oder das femoropatellare Gleitlager.
90
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3
ê2008 ê77 ± 94
Knorpelverletzungen treten häufig zusammen mit an−
deren Kniebinnenverletzungen auf. Bei der Begutach−
tung der Folgezustände solcher Kniebinnentraumata
spielt der Zeitraum zwischen Begutachtung und Unfall
eine wichtige Rolle. Bei kurzen Zeitabständen spielen
die Folgen einer Knorpelverletzung in der Regel eine
untergeordnete Rolle. Hier stehen die Folgen der übri−
gen Verletzungen im Vordergrund.
Nach einem größeren zeitlichen Abstand zum
Unfallereignis können mögliche Knorpelverletzungen
dann an Bedeutung gewinnen, da Sekundärarthrosen
auftreten können.
Hier muss in den meisten Fällen der Zusammenhang
zwischen Verletzung und Sekundärarthrose geklärt
werden. Dies ist schwierig, wenn nach einer Verletzung
ein negativer Röntgenbefund besteht. Hier gewinnt der
klinische Befund, insbesondere der posttraumatische
Erstbefund, mit Beschreibung von Blutergüssen, Prell−
marken und intraartikulären Ergussbildungen an Be−
deutung. Außerdem sind heute posttraumatische MRT−
Befunde, die z. B. Knorpelverletzungen oder ein post−
traumatisches Kochenmarködem beschreiben, von
hohem Stellenwert.
Problematisch bleibt die Zusammenhangsbeurtei−
lung, wenn Arthrosen als Vorschädigungen bestehen
und ihre Bedeutung im Verhältnis zu den Folgen der
Unfalleinwirkung abgewogen werden muss. Auch die
Unterscheidung zwischen chronisch−degenerativen
Entwicklungen und der Verschlimmerung einer Sekun−
därarthrose als Unfallfolge ist schwierig.
Es ist heute noch nicht mit ausreichender Sicherheit
möglich, reine Altersvorgänge von sekundär deformie−
renden Veränderungen zuverlässig abzugrenzen. Er−
schwert wird dies dadurch, dass z. B. frühe arthrotische
Veränderungen (wie Schmerzen, Reibegeräusche oder
Osteophyten) in ihrem Stellenwert für die Einschätzung
des zeitlichen Verlaufs noch nicht genau einzuordnen
sind, weiterhin auch durch die Tatsache, dass 40 % der
radiologisch diagnostizierten Arthrosen stumm ver−
laufen.
Unbestritten ist jedoch, dass posttraumatische In−
stabilitäten oder Achsfehlstellungen eine gelenkver−
schleißende Bedeutung haben.
Ist der Zusammenhang zwischen Unfallereignis und
Arthroseentwicklung hinreichend geklärt, ist für die
gutachtliche Bewertung die objektiv feststellbare funk−
tionelle Behinderung ausschlaggebend. Dabei sind zum
Beispiel am Kniegelenk Bewegungs− und Umfangsmaße
und die Fußsohlenbeschwielung zu berücksichtigen.
Abhängig von diesen Befunden ergibt sich dann eine
entsprechende Einschätzung der verbleibenden Minde−
rung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Für die Arthrose des
Kniegelenkes liegt der Spielraum der möglichen MdE,
Knorpelverletzungen am Kniegelenk
abhängig von der daraus resultierenden Funktionsbe−
hinderung, zwischen 10 und 30 vom Hundert.
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Gudas R, Kalesinskas RJ, Kimtys V et al. A prospective randomized clini−
Perspektiven
Für die Behandlung von Knorpeldefekten werden Bio−
materialen weiter an Bedeutung gewinnen. Dabei ist ein
Hauptziel der Forschung die Entwicklung sog. intelli−
genter Biomaterialien, die, z. B. mit Wachstumsfaktoren
bestückt, die Differenzierung mesenchymaler Stamm−
zellen, wie sie bei der Mikrofrakturierung in den Defekt
einwandern, steuern und damit die Gewebequalität
verbessern. Ein bereits in klinischer Erprobung befind−
licher Ansatz ist die Kombination von Mikrofrakturie−
rung und Defektabdeckung mit einer Membran.
Aber auch für die matrixgestützte ACT werden intel−
ligente Biomaterialien eine weitere Verbesserung der
Ergebnisqualität erbringen, z. B. dadurch, dass die phä−
notypische Stabilität der Chondrozyten und ihre Syn−
theseleistung weniger stark durch das Gelenkmilieu
beeinflusst wird.
Ein weiterer Aspekt der Forschung beschäftigt sich
mit der Konditionierung des Gelenkmilieus, um das Indi−
kationsspektrum der ACT zukünftig auch auf arthro−
tisch veränderte Gelenke zu erweitern.
Auch die Zellquelle für die ACT ist im Fokus der For−
schung. Insbesondere stehen Stammzellen als ubiquitä−
rer Zellpool in der aktuellen Fachdiskussion. In diesem
Zusammenhang ist vor allem die kontrollierte Differen−
zierung zum Chondrozyt und die Stabilität und Synthe−
seleistung der differenzierten Zellen Hauptziel der For−
schung.
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A2453
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3
ê2008 ê77 ± 94
91
Beckengürtel und untere Extremität
CME−Fragen
Die folgenden Fragen beziehen sich auf den vorangehenden Beitrag. Sie können uns die entsprechenden
Antworten entweder online unter http://cme.thieme.de oder durch das CME−Teilnahmeheft hinten in dieser
Zeitschrift zukommen lassen. Jeweils eine Antwort ist richtig.
Die Vergabe von CME−Punkten ist an die korrekte Beantwortung der Multiple−Choice−Fragen gebunden.
Welche Aussage
ist richtig?
Welche Aussage
ist richtig?
Neuere prospektive
Untersuchungen
konnten zeigen, dass
Welche Aussage
zu isolierten Gelenk−
knorpelschäden
ist richtig?
92
1
A Die Arthrose findet sich beim Verlust an gesunder Lebenszeit an erster Stelle vor
koronaren Herzerkrankungen und zerebrovaskulären Erkrankungen.
B Von den Kostenträgern müssen jährlich ca. 15 Milliarden Euro für die Behandlung und
Folgen degenerativer Gelenkerkrankungen aufgebracht werden.
C Isolierte Knorpelschäden sind diagnostisch unproblematisch, da sie bereits im Nativ−
röntgenbild in den meisten Fällen erkannt werden.
D Ein lokalisierter vollschichtiger Knorpelschaden kommt bei jüngeren Patienten relativ
selten vor.
E Bei jüngeren Patienten macht sich ein lokalisierter Knorpelschaden frühzeitig mit
typischen klinischen Symptomen bemerkbar.
2
A Knorpeldefekte die Entstehung einer vorzeitigen Gonarthrose bei jungen Menschen
verdreifachen und bei Erwachsenen mehr als verfünffachen.
B infolge eines isolierten Knorpeldefektes bei jungen Sportlern innerhalb von 14 Jahren
höchstens bei 1,4 % der Untersuchten Arthrosezeichen im Spontanverlauf auftraten.
C Meniskusresektionen aufgrund einer Knieverletzung, die für sich genommen schon eine
Erhöhung des Arthroserisikos mit sich bringen, für die Arthroseentstehung keine
wesentliche Rolle spielen.
D offene Wachstumsfugen für das Arthroserisiko bei isolierten Knorpelschäden keine
Bedeutung haben.
E Patientenalter und Defektgröße keine Bedeutung für die Arthroseentstehung haben.
3
A Eine meist unbemerkt ablaufende Überlastung stellt die Knorpelkontusion dar.
B Für die Schwere und Ausdehnung eines umschriebenen Knorpelschadens ist nur das
Ausmaß der traumatischen Krafteinleitung entscheidend.
C Festgestellte isolierte Knorpelschäden weisen in der Regel auf eine rheumatoide
Arthritis hin.
D Der Anschluss der Knorpeloberfläche an die noch offene Wachstumsfuge hat keinen
Einfluss auf die Spontanheilungspotenz bei Kindern und Jugendlichen.
E Bei isolierten Knorpelschäden muss immer von einer traumatischen Ursache
ausgegangen werden.
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 3
ê2008 ê77 ± 94
Knorpelverletzungen am Kniegelenk
Welche Aussage
ist richtig?
Der isolierte Knorpel−
schaden macht sich
durch folgende
klinische Symptome
bemerkbar:
Welche Aussage
ist richtig?
Für die Diagnostik von
Gelenkknorpelschäden
ist einer der folgenden
Algorithmen sinnvoll:
Welche Aussage
ist richtig?
Welcher Risikofaktor
spielt für die Arthrose−
entstehung keine Rolle?
Welche Aussage
ist falsch?
Welche Aussage
ist richtig?
Die Spontanheilung
eines isolierten
Knorpelschadens ist
bei noch offenen
Wachstumsfugen
4
A Es tritt fast immer ein lokaler Schmerz auf, da hyaliner Knorpel gut innerviert ist.
B Bei Schwellung und Schmerz als Folge einer generalisierten Synovitis sowie beim Auf−
treten von Blockierungserscheinungen sollte an einen isolierten Knorpelschaden gedacht
werden.
C Ein Instabilitätsgefühl des Patienten beim Gehen ist ein sicherer Hinweis auf einen lokalen
Knorpelschaden.
D Ein frisches Knietrauma ist in der Regel nicht mit einer Knorpelverletzung vergesellschaf−
tet, sodass dies bei der Diagnostik außer Acht gelassen werden kann.
E Rötung, Schwellung und Überwärmung sollten immer an einen isolierten Knorpelschaden
denken lassen.
5
A
B
C
D
E
Sonographie, körperliche Untersuchung, 3−D−CT, Arthroskopie
Anamnese, Sonographie, Röntgen, Arthroskopie
Röntgen, CT, MRT, Szintigraphie
Familienanamnese, Unfallanamnese, Röntgen, Sonographie
Anamnese, klinische Untersuchung, Röntgen, MRT, Arthroskopie
6
A
B
C
D
E
Achsabweichungen
Übergewicht
Instabilität
Zunehmendes Lebensalter
Männliches Geschlecht
7
A Beim autologen osteochondralen Transfer darf das Risiko der Entnahmemorbidität nicht
außer Acht gelassen werden.
B Die autologe Chondrozytentransplantation wird für die Behandlung größerer lokalisierter
Knorpeldefekte (> 4 cm2) empfohlen.
C Für die Refixation von osteochondralen Flakes können neben biodegredablen Pins auch
ostechondrale Zylinder verwendet werden.
D Knochenmarkstimulierende Verfahren eignen sich besonders für isolierte Knorpeldefekte
mit einer Größenausdehnung bis 2 cm2.
E Knochenmarkstimulierende Verfahren führen in der Regel zur Ausbildung eines hyalinen
Regenerats mit hoher biomechanischer Belastbarkeit.
8
A weniger wahrscheinlich als bei geschlossenen Wachstumsfugen.
B genauso wahrscheinlich wie bei geschlossenen Wachstumsfugen.
C durch den Anschluss der gelenkbildenden Knorpelschicht an die Zellpopulation der
Wachstumsfuge begünstigt.
D in nahezu 100 % der Fälle möglich, deshalb ist keine regelmäßige Verlaufskontrolle
notwendig.
E in keinem Fall wahrscheinlich.
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Beckengürtel und untere Extremität
Welches Verfahren
würden Sie indizieren?
9
A
B
C
D
E
Welche Aussage
ist richtig?
94
10
Ein 20−jähriger Skirennläufer leidet nach einem Sturz an einer anteromedialen Instabilität.
Die weitere Diagnostik ergibt eine vordere Kreuzbandruptur und Meniskusläsion.
Außerdem findet sich ein osteochondrales Flake. Es besteht ein mäßiger intraartikulärer
Erguss. Der junge Mann hat anatomische Beinachsenverhältnisse und wurde noch nie
am Knie operiert.
Es besteht keine Indikation zur Operation. Die Instabilität kann muskulär kompensiert
werden. Der Knorpelschaden wird voraussichtlich spontan heilen und der Flake wird für
die Gelenkfunktion in der Regel keine Rolle spielen.
Es sollte eine autologe Chondrozytentransplantation und eine Kreuzbandplastik durch−
geführt werden.
Es besteht die Indikation zur Entfernung des Flakes, zur Mikrofrakturierung und zur
Kreuzbandplastik.
Es besteht die Indikation zur arthroskopischen Entfernung des Flakes. Der Knorpel−
schaden wird voraussichtlich spontan heilen. Die Instabilität wird in der Regel muskulär
kompensiert und macht langfristig keine Probleme.
Es besteht die Indikation zur Refixation des ausgebrochenen Flakes, soweit dies die
Qualität des Flakes zulässt. Außerdem sollte eine vordere Kreuzbandplastik durchgeführt
werden.
A Für die Begutachtung von Folgezuständen nach Kniebinnenverletzungen spielt der
Zeitraum zwischen Unfallereignis und Begutachtung keine Rolle.
B Die Klärung der Zusammenhangsfrage zwischen Verletzung und später festgestellter
Arthrose ist in der Regel unproblematisch.
C Für die Klärung der Zusammenhangsfrage haben posttraumatisch angefertigte Kernspin−
befunde, die z. B. ein Knochenmarködem oder eine frische Knorpelläsion zeigen, einen
hohen Stellenwert.
D Das Abwägen zwischen der Bedeutung einer vorbestehenden Arthrose und den
Auswirkungen einer Unfallverletzung für die weitere Arthroseentwicklung ist in der
Regel völlig unproblematisch.
E 40 % der radiologisch diagnostizierten Arthrosen verlaufen klinisch stumm. Deshalb
spielen sie für die gutachterliche Beurteilung keine Rolle.
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