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> Neuheiten-Test
Wir waren mal wieder auf Raubzug bei der
Eurobike in Friedrichshafen. Alle, die bei drei
nicht schnell genug auf den Bäumen waren,
mussten ihre Bikes und Parts für den Neuheitentest 2013 rausrücken. Und wir haben fette
Beute gemacht.
Fotos: Lars Scharl
Alutech
Sennes DH
Das nagelneue „Sennes“ haben wir Alutechchef Jürgen Schlender buchstäblich unterm Hintern
weggerissen. „Noch nie durfte jemand einen Prototypen fahren, bevor ich ihn gefahren bin!“,
hat er uns noch nachgerufen, aber da waren wir schon auf und davon. Das „Sennes“, das
uns er überlassen musste, hat noch nicht die später serienmäßige Carbonsitzstrebe. Um
das auszugleichen, wurde das Bike mit Carbonkurbel und -felgen gepimpt. Ansonsten ist die
Ausstattung normal, nicht aber das Gewicht: 15,8 Kilo! Inklusive DH-Reifen und Teleskopstütze.
Moment, eine Teleskopstütze am Downhiller? Jürgen ist ein Bikekonstrukteur, dem die Ideen
für neue Räder auf dem Sattel und nicht im Sessel kommen. Ein DH-Bike, mit dem man in
großen Bikeparkrevieren auch mal den ein oder anderen Ziehweg hochtreten kann und das bei
einem Mégavalanche-Rennen viel Sicherheit gibt UND schnell ist – das sollte es sein! Ein „Fanes
XXL“ sozusagen. Und so sieht das „Sennes“ dann auch aus. Die Rohrformen und der Hinterbau
sind dem Erfolgsenduro sehr ähnlich, aber dahinter steckt eine komplette Neukonstruktion.
Die Geo überraschte uns mit einem extrem steilen 76er-Sitzwinkel. In Kombination mit dem
flachen 62-Grad-Lenkwinkel ergibt das ein kurzes Oberrohrmaß. Reach und Stack sind aber
normal. Die Züge kann man optional komplett im Rahmen verlegen – elegant. Viel ist also
anders als beim „Fanes“. Doch ist es Alutech gelungen, die sehr gute Hinterbauperformance
ihres Enduros auf Downhill-Maße hochzupimpen? Das wusste bis dato nicht mal Jürgen selbst.
Unsere Teststrecke bietet die Option, nach einer Gondelfahrt nochmal 150 Höhenmeter zum
oberen Traileinsteig zu treten. Auf dem „Sennes“ in M sitzt man wegen des kurzen Oberrohres
schon bei einer Körpergröße von 1,72 Metern sehr aufrecht. Ab 1,80 dürfte es zu eng werden.
Beim ersten Aufsitzen dachten wir spontan: „Oha, zu weich abgestimmt.“ Doch die 300er-Feder
lieferte exakt 35 Prozent SAG (67 Kilo Fahrergewicht). Der Hinterbau wippte beim Treten erst
leicht – mit zugedrehter Lowspeed-Druckstufe dann gar nicht mehr. Beim 220 Millmeter Hub
am Heck ist das beeindruckend. Mit 36er-Blatt vorne und 11-36er-Kassette konnten wir den
Leicht-Downhiller so gut nach oben treten. Dreimal sogar. Und bergab? Der Testtrail ist extrem
erodiert und übersät mit hochstehenden Wurzeln. Anspruchsvolles Gelände also. Das Fahrwerk
des „Sennes“ ist hier enorm schluckfreudig. Das Heck arbeitet richtig satt, das Hinterrad klebt
genauso am Boden wie bei dem von uns im Vergleich gefahrenen Specialized „Demo I“. Die
Hinterbaukennlinie arbeitet über einen großen Bereich linear, besitzt aber eine spürbare Endprogression, die Durchschläge effektiv ausschließt. Die sehr sensible Manitou „Dorado“ passt
gut zum Heck. Das geringe Gesamtgewicht spürt man – das „Sennes“ wirkt agil und verspielt.
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Trotz des flachen Lenkwinkels fährt es sich nicht wie
ein sturer Downhillbomber,
sondern liegt in Sachen
Handling eher auf dem
Niveau des Trek „Session“.
Der Hinterbau ist jetzt
spürbar steifer als bei den
ersten „Fanes“-Modellen.
Etwas weicher als bei einem
„Demo“ fühlt es sich im Lenkkopfbereich an. Ob das an der
erfahrungsgemäß weicheren
Upsidedown-Gabel, oder am
Rahmen liegt, ist schwer zu
sagen. Etwas ungewohnt:
Wegen des steilen Sitzwinkels spürt man den Sattel
weiter vorne zwischen den
Beinen. Den Dämpfer kann man
in einer zweiten Position einhängen. Das reduziert den Federweg auf 200 Millimeter und verändert den Charakter des Fahrwerks deutlich. Das Heck strafft sich (bei gleicher Federhärte),
hat aber auch mehr Popp und passt so sehr gut für Bikeparkeinsätze mit flowigeren Strecken,
oder – mit Singlecrowngabel aufgebaut – als tourentauglicher Freerider. Bleibt die Frage, ob
das geringe Gewicht des Leichtdownhillers mittelfristig Probleme bereitet. Jürgen Schlender
ist durch die Erfahrungen bei der Carbonsitzstrebenentwicklung mittlerweile vorsichtig. Der
Rahmen muss noch einige harte Test durchlaufen.
Fazit: Alutech ruht sich nicht auf den „Fanes“-Lorbeeren aus, sondern bringt mit dem
„Sennes DH“ ein spannenden Downhiller auf den Markt. Er überzeugt mit sehr guter
Hinterbaufunktion, einem ausgewogenen Handling und geringem Gewicht. Der Einsatzbereich ist breit: Selbst im getesteten Setup sind leichte Bergtouren drin.
Alutech „Sennes DH“
Größen: S, M (getestet), L, Preis: ca. 5 500 € (Rahmenpreis ohne Dämpfer: ca. 2 000 €,
Gewicht: 15,8 kg (ohne Pedale), Gabel: Manitou „Dorado Pro“ (200 mm), Dämpfer: Fox „DHX RC 4“ (200-220 mm), Lenkwinkel:
62°, Sitzwinkel: 76°, Oberrohr: 535 mm, Kettenstrebenlänge: 431-443 mm, Reach: 402 mm, Stack: 595 mm, Tretlagerhöhe: 350 mm,
Schaltung: Sram „XO“, Kurbel: THM „Clavicula FR“, Bremsen: Avid „XO Trail“, Vorbau: Manitou, Sattelstütze: RockShox „Reverb“,
Sattel: Twin Works, Sun Ringlé „Carbon SRD“- Systemlaufradsatz, Reifen: Schwalbe „Muddy Mary DH“ 2.35, www.alutech-bikes.com
Fotos: Wolfgang Watzke
Fanes on Steroids: Das „Sennes“ bringt die sehr
gute Federungsfunktion des Enduros auf DHNiveau. Der flache Lenkwinkel liefert in Kombination mit dem geringen Gewicht und dem tiefen
Schwerpunkt ein tolles Handling. Die Teleskopstütze macht Sinn. Der Rahmen bietet die Option
auf komplett innenverlegte Züge.
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> Neuheiten-Test
IXS „Dagger“
Noch vor ein paar Jahren waren alle Protektoren für Biker mit Plastik zugepflastert. Handschuhe,
Körperpanzer, Kneepads – überall wurden kleine Hartschalen aufgenäht – man fühlte sich sicher. Dann
kamen die Softcore-Dinger mit automatisch verhärtendem Weltraumwundermaterial in Mode und der
Plastikritter-Look war flugs Geschichte. Da ist der „Dagger“ schon wieder ein Hingucker. Trendig kurz
zwar, aber mit dicker Hartschale über der Patellasehne. Drunter sitzt natürlich noch ein Pad aus dem
Weltraumzeugs, aber für die spitzen Steine am Wegesrand ist jetzt wieder ein Ritterrüstungs­deckelchen
dran. Gut so. Der Sitz ist – ganz rüstungsuntypisch – sehr angenehm. Die zwei breiten Klettbänder
halten den Schützer fix in Position. Trotzdem kann man noch gut pedalieren, ohne dass sie in die Kniekehlen einschneiden. Nach unten sind die Pads mit niedlichen Alibidreieckchen verlängert. Sieht nach
Schutz aus, hört aber just da auf, wo die Bärentatzengefahrenzone beginnt. Sinnlos also. Für moderne
Enduroisten, die mit Klickpedalen durch gezeitete Etappen hetzten, ist das okay, wettkampfabstinente
Plattformtreter müssen aber um ihre Schienbeingesundheit bangen. Schade.
Größen: S, M, L, XL. Preis: 75,95 €, www.hostettler.de
Fazit: Gut gedacht, zu kurz gemacht. Der IXS-Schützer bietet sehr gute Passform und soliden Schutz
Tragekomfort, stabil
an der Kniescheibe. Der Unterschenkel bleibt aber nackig. Ein paar Zentimeter mehr hätten hier
einen großen Unterschied gemacht. So nur was für total Schmerzbefreite oder Klickpedalnutzer.
New SChool gegen Oldschool
O’neaL „AMX“ gegen Roeckl „Mezzano“
Wer hat damit eigentlich angefangen? Ob im Worldcup oder bei den FMB-Wettkämpfen,
überall sieht man nur noch superdünne „Chirurgen-Handschuhe“ – oder gar keine
Gloves mehr. Vielen Profis scheint die Schutzwirkung egal, ihnen geht’s um das direkte
Gefühl zwischen Hand und Lenker. Der „AMX“ von O’Neal ist so ein hauchdünnes Teil:
günstig, leicht, luftig, direkt und nur mit ein paar weichen Leder-Pads verstärkt. Alles
wunderbar, bis man beim Sturz mal entschlossen die Handflächen als Landekufen in die
Erde stemmt. Dann tut’s weh, blutet und der Handschuh ist hin. Das muss man wissen!
Anders beim Roeckl. Das Modell „Mezzano“ setzt auf Schutzwirkung. Elastische Kunststoffplatten panzern die Fingerknöchel, abriebzähes Gewebe die Handflächen, der
gesamte Glove wirkt robust und umschließt die Hand angenehm straff mit einem
gutem Klettverschluss am Handgelenk. Dennoch überzeugte uns der Tragekomfort
des Roeckl. Fashion-Victims mögen ihn „oldschool“ nennen, wir finden ihn vernünftig,
wenn die Gangart rauer wird auf Downhill- und Bikepark-Missionen.
Kurzum: Uns gefielen beide Handschuhe. Schutzwirkung (Roeckl) auf der einen, Belüftung und direkteste Verbindung auf der anderen Seite (O’Neal). Was nun richtig ist, ist
eher eine Grundsatzfrage, die ihr euch am besten selbst beantwortet.
O’neaL „AMX“, 29,90 Euro
Roeckl „Mezzano“, 59,90 Euro
Fazit: Gut verarbeiteter, dünner All-Mountain-
Fazit: Robusterer Downhill-Handschuhe mit Knöchel-
Handschuh. Er gibt Halt und trägt sich sehr
angenehm.
schutz und gutem Tragekomfort.
Belüftung, Tragekomfort, geringes Gewicht
Schutz, Verarbeitung
Schutz
höherer Preis
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zu kurz
66Sick „Espacio Libre“
Ist Ex-Worldcupper und Enfant terrible Sascha Meyenborg jetzt unter die Sattel­
bauer gegangen? Tatsächlich. Der Bike-Profi entwickelte gemeinsam mit Sattelspezialist Tobi Hild (SQlab) den Freeride-Sitz „Espacio Libre“. Er soll coolen Look
mit gesunder Ergonomie verbinden. Die Idee: Das Gewicht lastet auf den Sitzknochen, Penis, Hoden und Damm werden geschont. Schonen ist immer gut, ob man
nun um die Potenz bangt oder nicht. Für die spezielle Sattelform wurde SQlab
übrigens schon mehrfach ausgezeichnet. Die ersten Kilometer sind ungewohnt,
doch dann wird’s angenehm. Gerade auf langen Freeride-Touren bewährt sich
die Ergonomie. Zu schrill? Den „Espacio Libre“ gibt’s auch in dezentere Designs.
Größe: je nach Beckenbreite. Gewicht: 270 Gramm, Preis: 99 €, www.66sick.de
Fazit: Schicker Plateau-Sattel in bewährter Ergonomie, bei der
das Gewicht günstig auf den Sitzhöckern lastet und die Genitalien
geschont werden. Anfangs gewöhnungsbedürftig, doch langfristig
sehr angenehm – gerade auf langen Enduro- und Freeride-Touren
oder mit Gepäck.
Ergonomie, Komfort, Optik
nix
www.bike-magazin.de
GoBandit „Live“
Eine Kamera am Helm ist mittlerweile schon ein Modestatement, er zeigt dass man
seinen Sport mit viel Ambition verfolgt. Entsprechend viele neue Kameras kommen
auf den Markt. Bei dieser hier lässt sich der Bildausschnitt mit einer kostenloser
App über das iPhone ausrichten (Android-App soll kommen). Das ist pfiffig, doch
viel wichtiger ist, was man später auf dem Bildschirm zu sehen kriegt. Auch da
waren wir positiv überrascht. Die Aufnahmen zeigen knackige, scharfe Bilder. Damit
macht die „Live“ den großen Platzhirschen „GoPro“ und „Contour“ Konkurrenz. Die
Kamera misst sogar Höhenmeter, Geschwindigkeit und g-Kräfte! Wir testen weiter
und prüfen das Teil auf Herz und Nieren – dazu bald mehr!
Preis 399 €. www.gobandit.com
Fazit: Die GoBandit glänzt mit raffinierten Funktionen. So können
Aufnahmen sofort per iPhone online gestellt werden. Sie hat das
Potenzial mit den Großen (Contour, GoPro) mitzumischen.
MIT 16 SEITEN EX
TRA
„HERBST-TOURE
MIT ROADBOOKS
N“
ZUM NACHFAHR
EN!
Funktion, Bildqualität, GPS
bisher noch nichts
Der Airoh kommt aus Italien. Trikolore im Lack, Raffinesse im Design. Die Italiener haben’s raus. Bisher produzierte Airoh Motorrad- und Motocross-Helme. Jetzt
wollen sie auch die Downhill- und Freeride-Welt erobern – mit dem „Fighter“ an
der Sturmspitze. Der Helm wiegt unter einem Kilo, besitzt große Öffnungen an der
Helmoberseite und Luftschlitze im spitzen Kinnbügel. Das saugt genug Luft in die
im Schaum eingearbeiteten Kanäle und ventiliert sie am Kopf vorbei. Der Kinnbügel
könnte für bessere Atemfreiheit etwas weiter vorgezogen sein. Angenehm: Die
straffen Polster lassen den Helm satt und mit viel Tragekomfort am Kopf sitzen. Das
sogenannte Sicherheitssystem „MIPS“ mit herausnehmbaren Wangenpolstern soll
im Notfall das Abnehmen des Helms erleichtern. Klingt und wirkt alles sehr vielversprechend. Schade, dass wir das Teil nicht früher in die Hände kriegten: zu gerne
hätten wir den „Fighter“ beim TÜV-Test (siehe Seite68) mit Schlägen malträtiert.
Preis: ca. 250 €, www.airoh.com
Fazit: Schicker Helm mit aggressiver Motocross-Optik. Einen deutschen
Vertriebspartner wollen die Italiener bald bekannt geben.
Gewicht, Ausstattung, Optik
Foto: © Whit Richardson
Airoh „Fighter-Shot Gold“
nix
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> Neuheiten-Test
Cannondale
Jekyll MX
Eigentlich waren das „Jekyll“ ja als All Mountain Trailbike entwickelt worden. Für grobe Einsätze lieferte Cannondale letzte
Saison das „Claymore“ nach. Doch für 2013 bohren die Amis ihr All Mountain für den angesagten Enduro-Renntrend mit 160erGabel und robuster Ausstattung auf. Hinten bleibt es bei 150 Millimetern Maximalhub. Herzstück des abgestützten Eingelenkers
ist immer noch der Zweikammer-Dämpfer Fox „Dyad“, den man über einen Hebel im Hub reduzieren und gleichzeitig in der
Härte deutlich straffen kann. Aggressiv schwarz-gelb lackiert sieht das „Jekyll MX“ potent und massig aus. Die Lenkzentrale
mit Schalt-, Brems-, Sattelstützen- und Dämpferhebel plus Kabelei wirkt etwas überladen. Gemessen am Hub ist es mit seinen
14,15 Kilo nicht wirklich leicht. Beim Probesitzen fühlt sich die Front mit dem recht langen Steuerrohr, dem kegelförmigen
Riesenspacer und dem dicken Vorbau hoch an. Bergauf wünscht man sich spontan eine Gabelabsenkung. Aber nur, bis man
den Dämpferhebel betätigt. Dann wird der Dämpfer so hart, dass das Heck kaum noch einsinkt und damit die Sitzposition
wieder ins richtige Verhältnis zur Lenkzentrale rückt. Eine Art Heckanhebung also. So geht das Cannondale sehr gut bergauf.
Der harte Climb-Modus macht aber nur auf Teer und Schotter Sinn. Auf losem und wurzeligem Untergrund verliert man
damit an Bodenhaftung. Geht es bergab, passt die Geometrie des „Jekyll“ sehr gut. Die Front ist zwar etwas höher als bei
vielen Konkurrenten, aber nicht so hoch, dass man in Kurven den Druck aufs Vorderrad verlöre. Gleichzeitig verhindert die
aufrechtere Sitzposition Überschlaggefühle in steilem Terrain. Das ist auch gut so, denn das Fahrwerk ist nicht gerade das, was
man „satt“ nennt. Speziell der Hinterbau hat uns enttäuscht. Zwar steht er sehr stabil im Hub und liefert beim Abdrücken zu
Sprüngen und beim Herausbeschleunigen aus Anliegern eine gute Plattform, aber bei Wurzelteppichen und anderen schnellen
Schlägen reicht er Vibrationen ziemlich ungefiltert an den Fahrer durch. Je schneller es wird, desto schlechter kommt der
Dämpfer klar. Dass sich 150 Millimeter Hub eigentlich auch potent und komfortabel anfühlen können, hat ja beispielsweise
Trek mit dem „Remedy“ gezeigt. Das gleiche Phänomen hatten wir bereits beim theoretisch freeridelastigeren großen Bruder
„Claymore“ gespürt. Offenbar kostet die aufwändige Zweikammerdrucktechnik des Dämpfers schlicht Bergabperformance.
Auch die einfache Fox „Float“ ohne FIT-Kartusche ist keine Offenbarung. Ein paar PSI zu wenig oder zu viel und sie verliert
an Leistung, taucht weg, oder arbeitet unsensibel. Schade, das „Jekyll“ kann bestimmt mehr, denn die Geometrie ist wirklich
super. Richtig gut gefallen haben uns die „XT“-Schaltung und die Bremse mit ausgezeichneter Hebelergonomie, knackigem
Druckpunkt und guter Verzögerungsleistung.
Fazit: Das Cannondale „Jekyll MX“ passt mit seiner soliden Ausstattung, den standfesten Bremsen und der guten
Bergauffahrleistung eigentlich genau ins Enduro-Race-Segment. Aber speziell der Hinterbau ist mit dieser Dämpferabstimmung in unseren Augen nicht das Gelbe vom Ei. Das Heck wirkt bei hohem Tempo unsensibel und der
„Dyad“-Dämpfer kommt mit schnellen Schlägen nicht wirklich gut zurecht. Die gute Geometrie und das spielerische
Handling des Rahmens hätte einen potenteren Dämpfer verdient. So ist es nur auf flowigen Strecken mit eher glattem
Untergrund wirklich gut und sicher unterwegs.
Cannondale „Jekyll MX“
Größen: S, M (getestet), L, Preis: 3 999 €, Gewicht: 14,15 kg (ohne Pedale),
Gabel: Fox „36 Float“ (160 mm), Dämpfer: Fox „Dyad RT2“(100-150 mm), Lenkwinkel: 66,3°, Sitzwinkel 72°, Oberrohr:
592 mm, Kettenstrebenlänge: 426 mm, Tretlagerhöhe: 360 mm, Reach: 400 mm, Stack: 593mm, Schaltung: Shimano „XT“,
Kurbel: SRAM „X9“, Bremsen: Shimano „XT“, Vorbau: Cannondale, Sattelstütze: RockShox „Reverb“, Sattel: WTB „Volt“,
WTB „Stryker“- Systemlaufsatz, Reifen: Schwalbe „Hans Dampf“ 2.35, www.cannondale.com
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Hoppelhase: Das „Jekyll MX“
springt gut. Der Hinterbau
arbeitet straff und liefert guten
Popp beim Abdrücken. Aber
wo Licht ist, ist auch Schatten.
Die guten Flugeigenschaften
erkauft man sich mit einem
unkomfortablen Heck. Schnelle Schläge überfordern den
Spezial­dämpfer von Fox.
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> Neuheiten-Test
Sichere Sache: Die „Forward Geometry“ bringt maximale Entspannung an der Dropkante. Leider ist die Kennlinie des Hinterbaus sehr linear und hat wenig Endprogression. Harte Landungen quittiert der Hinterbau mit heftigen Durchschlägen.
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Mondraker
Dune XR
Eine der Innovationen für 2013 ist die „Forward
Geometry“ von Mondraker. Optisch gewöhnungsbedürftig, aber mit maximalem Aha-Effekt auf
dem Trail. Das „Dune XR“ ist total anders. Aber
das muss ja nicht unbedingt schlecht sein.
Mondraker „DUne XR“
Größen: M (getestet), L, XL Preis: 5 379 €, Gewicht:
13,85 kg (ohne Pedale), Gabel: Fox „36 Talas 180 FIT
RC2“ (180 mm), Dämpfer: Fox „Float CTD BV“ (160
mm), Lenkwinkel: 65.5°, Sitzwinkel: 74°, Oberrohr:
633 mm, Kettenstrebenlänge: 435 mm, Tretlagerhöhe:
350 mm, Reach: 459 mm, Stack: 589 mm, Schaltung:
SRAM „X9/X0“, Kurbel: E13 „TRS“, Bremsen: Formula
„T1S“, Vorbau: „OnOff“, Sattelstütze: CrankBrothers,
Sattel: Fizik „Gobi XM“, Easton „Haven“-Systemlaufräder, Reifen: Schwalbe „Hans Dampf“ 2,35
www.shock-therapy.com
Okay, als wir vor ein paar Wochen einen Prototypen von Mondraker zu Gesicht bekamen, haben wir uns erstmal erschreckt.
Schön sind die Rahmen mit „Forward Geometry“ auf den
ersten Blick nicht. Obwohl so was ja immer Geschmackssache ist. Die Optik mal außen vor, waren wir vom sicheren
Fahrverhalten des Trailbikes „Foxy XR“ mit gerade mal
140 Millimetern Federweg am Heck beeindruckt. Für den
Neuheitentest konnten wir dem Hersteller das „Dune XR“ mit
180 Millimetern Hub vorne und 160 hinten aus der Achsel
leiern. Das Bike ersetzt den Freerider „Durham“. Die Idee
hinter dem Konzept: Das Oberrohr wird um knapp sechs Zentimeter gestreckt, der Vorbau schrumpft auf Minimaß. Der
Fahrer behält die Position zum Lenker im Vergleich zu einem
normal langen Rahmen mit 60-Millimeter-Vorbau zwar bei,
steht dabei aber viel weiter hinter dem Vorderrad. Das soll
hohe Laufruhe und ein sicheres Gefühl an Steilstufen bringen,
ohne dass sich die Bergaufeigenschaften verschlechtern. Gary
Fisher hatte die Idee schon vor einem Jahrzehnt mit der
„Genesis-Geometrie“. Damals war er seiner Zeit aber mal
wieder voraus. Heute schrumpfen die Vorbauten ja eh immer
mehr, da ist das Konzept von Mondraker nur konsequent. Die
eigentliche Sitzposition auf dem Bike ist tatsächlich völlig
normal. Nur der Blick über den Vorbaustummel aufs weit vor
einem stehende Vorderrad ist ungewohnt.
Bergauf geht das „Dune XR“ auch dank der leichten Laufräder
sehr gut. Mit abgesenkter Gabel und maximaler Druckstufe
im Heck wippt es null. Wiegetritt verträgt sich aber nicht
mit dem VPP-Hinterbau. Dann pumpt das Heck gewaltig und
der Tritt eiert. Etwas gewöhnungsbedürftig ist die nervöse
Lenkung – ein bisschen fühlt es sich immer so an, als wäre das
Vorderrad kurz davor zu steigen, obwohl es das gar nicht tut.
Bergab mochten wir das Handling des Mondraker auf Anhieb.
Es kombiniert auf einzigartige Weise Laufruhe mit sehr direktem Lenkverhalten. Weil man so weit hinter dem Vorderrad
sitzt, fühlt man sich auch
bei hohem Tempo enorm
sicher. An Dropkanten geht
es supereinfach aufs Hinterrad und in der Luft ist es
gut ausbalanciert. Leider
ist die Hinterbaukennlinie
sehr linear ausgefallen.
Den Dämpfer muss man
genau und mit maximal
30 Prozent SAG abstimmen, sonst schlägt er bei
Landungen hart durch.
Auch die „Talas“-Gabel muss
über den Luftdruck und die Druckstufenversteller sauber abgestimmt werden, sonst taucht sie im mittleren Hubbereich
zu schnell weg. Um in Kurven genug Druck aufs Vorderrad zu
bringen, muss man den Lenker aktiv belasten. Doch das fällt
leichter als bei einem „normalen“ Bike, weil man auch hierbei
mit dem Körper weit hinter der Nabe bleibt. In Spitzkehren stößt
das Geometriekonzept aber an Grenzen – hier wirkt das „Dune
XR“ in Größe M etwas behäbig und lang.
Fazit: Mit dem „Dune XR“ macht Mondraker einen gewagten Schritt in die richtige Richtung. Optisch schreckt
das Konzept bestimmt den ein oder anderen Kunden ab,
aber die Fahrleistung der „Forward Geometry“ finden
wir überzeugend, denn sie kombiniert hohe Laufruhe
mit Agilität und gibt auch Novizen viel Sicherheit in anspruchsvollem, steilem Gelände. Hinterbau und Gabel
muss man penibel abstimmen, damit das Fahrwerk gut
arbeitet. Für alpine Spitzkehrenabenteurer ist die Geometrie etwas zu unhandlich.
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> Neuheiten-Test
Avid „XO Trail“
Wir sind große Fans der Avid „Code“. Die Bremse hat Wumms, lässt sich gut dosieren
und mit schneller Griffweitenverstellung einfach handhaben. Ideal für alle Einsätze,
Enduro bis Downhill. Die konventionelle „XO“ schneidet im Vergleich zur „Code“
schlechter ab – darüber trösten selbst die Gewichtsersparnis und die schicken CarbonHebelchen nicht hinweg. Die Situation ist also geklärt – alles wunderbar. Von wegen!
Jetzt bringt Avid die „XO Trail“, eine Vierkolben-Bremse (statt bisher zwei) mit mehr
Biss, guter Dosierbarkeit, einfacher Griffweitenverstellung und kaum Mehrgewicht
(25 Gramm) im Vergleich zur „X0“. Was jetzt? Ausprobieren natürlich. Bisher gefällt
uns die neue Vierkolben-Zange. Wir fuhren sie mit 180er-Scheiben – bei 75 Kilo
Körpergewicht reichten die uns aus. Vor allem die gute Modulation, also dieses Mittelding aus Bremsen und nicht Bremsen, bemerkten wir an der „Trail“. Für Manuals ist
das recht wichtig. Die Dosierbarkeit vermittelt auch auf dem Trail mehr Kontrolle als
ein digitales On/off. Ob die neue „Trail“ ähnlich viel Bremskraft besitzt wie die „Code“
mit ihren größeren Kolben ist schwer zu erfühlen – zumindest bisher. Dazu müssen
wir die Stopper noch auf den Prüfstand strapsen. Eins
steht fest: Avid hat mit der „Trail“ eine sehr interessante
Freeride- und Downhill-Bremse auf den Markt geschoben.
Preis: 260 € pro Bremse mit 200er-Scheibe, Gewicht: 340
Gramm. www.sram.com
Fazit: Sehr sinnig ausgestattete Vierkolben-Bremse mit guter
Dosierbarkeit und Bremskraft, ideal für Enduroisten, Freerider und
Downhiller, die auch das Gewicht im Augen haben. Pfiffig: die schnelle
Griffweitenverstellung ohne Werkzeug.
Bremskraft, Dosierbarkeit
lautes Quietschen bei Nässe
Bliss „ARG 1.0 LD Top“
Enduro hier, Enduro da: Enduro ist das Zauberwort dieser Tage und es beflügelt die Hersteller. Sie setzen all ihre
Freeride-Produkte auf Enduro-Diät. Auch Protektoren-Jacken. Statt Ritterrüstung gibt es jetzt schicke Jerseys mit
integriertem Zauberschaum. Von Bliss zum Beispiel. Die „ARG 1.0 LD Top“ wirkt ein bisschen, als hätte man die
Antirutsch-Matte aus dem Schwimmbad an Ellenbogen, Schultern und Rücken genäht. Ist aber Hightech-Schaum.
Die oberfränkische Marke ist neu im Bike-Business und sahnte mit dieser Jacke zur Premiere gleich mal einen
Eurobike-Award ab. Das leichte Gewicht (856 Gramm) und das neu verwendete Material „Armourgel“ wird die
Jury überzeugt haben. Ähnlich wie beim Schutzmaterial „D30“ oder „Sas Tec“, soll sich auch dieser Schaum
erst beim Aufprall oder bei Stößen verhärten. Die Schutzwirkung mussten wir bisher nicht testen, doch die
Jacke erfüllt zumindest die wichtige CE-Norm. Sie trägt sich angenehm und lässt genügend Luft an die Haut.
Ein durchgehender Reißverschluss erleichtert das An- und Ausziehen. Manko: das zu kurz geratene Rückenteil.
Die Lenden liegen – zumindest bei uns – total frei. Preis: 179,90 €. Mehr Infos unter: www.blisscamp.com
Fazit: Leichte, luftige Protektoren-Jacke, mit Schaumpolstern, die die Euro-Norm CE erfüllen.
Ideal für Enduro-Fahrer, die auch während längerer Touren auf Schutz nicht verzichten wollen,
und für Bikepark-Piloten, die einen dezenten, kaum sichtbaren Schutz vorziehen.
unauffällig, Belüftung, Tragekomfort
zu kurzes Rückenteil
Fox „34 Float CTD“
Als Fox die erste 36er-Baureihe auf den Markt brachte, hatte die wuchtige Gabel nur 150 Millimeter Federweg verpackt in einem
braunen Gewand. Doch im Laufe der Zeit purzelten Gewichte, genauso wie Federwege wuchsen. Die 36er-Fox hat mittlerweile bis zu
180 Millimeter intus, ein 160er-Hub ist neuerdings sogar mit dünnen 34er-Standrohren realisierbar. Ein bei den Herstellern willkommener Trend, wie die diesjährige Eurobike belegt. In der Enduro-Klasse macht sich die neue 34er mit den schlanken Beinen breit und
verdrängt die gute alte 36. Doch was kann die 34 mehr? Die schlankere Bauweise spart zwischen 150 und 200 Gramm. Unsere Testgabel
brachte in der „Float CTD“-Version 1960 Gramm auf die Waage. Mit 15- statt 20-Millimeter Steckachse wirkt die 34er filigraner, als
sie tatsächlich ist. Der Steifigkeitsunterschied beträgt laut hauseigenem Labor nur schlappe 4 Prozent. Dafür baut die Gabel ca. 8–10
Millimeter tiefer, wodurch sich im Vergleich zur 36 der Lenkwinkel um 0,5 Grad erhöht. Auf dem Trail fährt sich die schlanke Fox sehr
solide, spricht gut an und nutzt den vorhandenen Federweg vollständig aus, braucht aber eine gewisse Einfahrzeit. Die „Talas“-Version
arbeitet dagegen deutlich straffer. www.foxracingshox.com
Fazit: Leichter wurden 160 Millimeter bislang noch nie verpackt. Die 34er
hinterlässt einen überzeugenden Eindruck und arbeitet zumindest in der
Float-Version feinfühlig und schluckfreudig. Dabei liegt die tatsächliche
Steifigkeit aufgrund der dünnen Standrohre über der optischen.
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leichteste 160er-Gabel, gute Performance
sorgt im Vergleich zur 36er für einen steileren Lenkwinkel
Poc „VPD Spine Pack 16“
„Wir wollen das Leben so sicher wie möglich machen“,
lautet das Motto der schwedischen Firma Poc. Ein
edles Ziel! Doch auch Design haben sich die Schweden
auf die Fahne geschrieben. Mit ihren Helmen in poppigen Uni-Farben lösten sie einen ganzen Trend aus.
Keine Skilift-Schlange, in der es nicht schlumpfblau,
orange- und rosa-farbenen leuchtet. Jetzt also auch
Rucksäcke. Wir checkten den ungewohnt dezenten „VPD
Spine Pack 16“, der treffender „VPD Spine Pack 12“
hätte heißen müssen, denn beim Volumen haben die
„Poc“aner etwas geschummelt. Der Rucksack ist gut
verarbeitet und sinnvoll ausgestattet, doch sicher keine
Revolution: Einfaches Rückenteil, robustes Nylon-Tuch,
straffe Schultergurte, ein großes Hauptfach mit innen
aufgesetzten Netztaschen und einer guten Halterung
für jegliche Art von Helm. Als Protektor ist eine zertifizierte Schaumplatte ins Rückenfach gesteckt. Den
Schaum kann man auch rausnehmen oder in einen
anderen Rucksack stecken. Preis: 179,95 Euro, Gewicht:
1120 Gramm inklusive Protektor. www.pocsports.com
Fazit: Durchdachter, robuster Daypack mit zertifizierter Schaumplatte
im Rückenfach. Der Schaum hebt vermutlich den Preis des ansonsten
konventionell gemachten Rucksacks.
Tragekomfort, Rückenschutz
keine Außentaschen, teuer
E.thirteen „trs+ Laufradsatz“
Schwalbe „Hans Dampf
Supergravity 2,35“
Der „Hans Dampf“ wurde als Enduro-Reifen konzipiert
– ein Schlappen, der mit seinen quadratischen Stollen
besser zupacken soll als der „Fat Albert“, doch leichter
rollen als die Freeride-Pneus „Muddy Marry“ und Co.
Ein Konzept, das aufging. Das Profil gefiel den Worldcup-Downhillern so gut, dass sie den Reifen sogar im
Rennen einsetzten – allerdings mit dem Wunsch nach
mehr Pannenschutz. Der „Hans Dampf Supergravity“
war geboren, ausgestattet mit einer Downhill-Kar­kasse,
doch besserem Rollverhalten als die richtig fetten
Schlappen. Wir zogen den „Supergravity“ auf, als es zum
Gardasee ging, wir den Mezzocorona unter die Stollen
nahmen und in richtig fiesem Geläuf unterwegs waren,
allerdings noch hochtreten wollten. Das funktionierte
mit der Hardcore-Variante des „Hans Dampf“ bestens.
Die Stollen verzahnen sich gut mit dem Boden, liefern
aber auch auf Fels guten Grip. 977 Gramm bringt er
auf die Waage. Die Laborwerte kennen wir noch nicht,
doch bisher können wir nur Gutes berichten. Mal sehen,
wie lange er hält und wie schnell er sich runterrubbelt.
Ha, was für ein rattenscharfer Sound! Die Hinterradnabe surrt wie eine wild gewordene Hummel mit Schalltrichter
am Po. Schnarrend und laut. Den Aggro-Sound muss man mögen. Aber auch im Stand haben die Systemlaufräder
von E13 einiges zu bieten: coladosendicke Naben mit extrahoher Flansch und Carbonkörper zum Beispiel. Und sehr
leichte Scandium-Felgen. 400 Gramm pro Stück – das ist rekordverdächtig. Entsprechend rasant lässt sich der
1650 Gramm leichte Satz beschleunigen. Positiv ist uns die Steifigkeit aufgefallen. Die kurzen Speichen mit hoher
Spannung sorgen dafür. Die Naben lassen sich über unterschiedliche Endhülsen an diverse Achsbreiten und -durchmesser anpassen. Ein paar Bergtouren und ein übles Schlammdauerregenwochenende in Les Gets haben sie schon
klaglos weggesteckt. Noch laufen die Lager seidenweich und die Felgen stehen perfekt rund da. Mal sehen, wie die
edel verarbeiteten Teile durch den Winter kommen. Preis: 1 079 €, Gewicht: 1 650 Gramm, www.cosmicsports.de
Fazit: Sehr leichter und sehr edler Systemlaufradsatz. Hochwertiger Materialmix, steif und gleichmäßig eingespeicht. Der aggressive Sperrklinkensound ist nicht jedermanns Sache. Wenn er die nächsten
Monate weiter so gut alles mitmacht, ist es ein Top-Tuningpart für All-Mountain bis Freeride.
leicht, steif, Sound, Gewicht
Sound, Preis
Fazit: Der „Hans Dampf Supergravity“ soll so leicht rollen wie ein
Enduro-Reifen, doch mit seiner zäheren Karkasse so viel Pannenschutz
bieten wie ein Downhill-Schlappen. Das Rezept scheint aufzugehen. Wir
waren mit dem Reifen zufrieden. Bisher kein Platten, doch schon viele
lange, anspruchsvolle Touren – ohne Shuttle-Bus.
Grip, Pannenschutz
nicht leicht, hochpreisig
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> Neuheiten-Test
Mörderbiene im Anflug! Das Norco „Killer B“
ist laufruhig und schnell. Aber auch etwas
träge und unhandlich. Die Nachteile von 650B
haben wir im Gelände deutlich gespürt, die
Vorteile nur bedingt. Wir würden das Teil
gerne mal mit 26er-Rädern ausprobieren...
FREERIDE 4/12
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Norco
Range Killer B
Jetzt ist es passiert – die großen Räder entern
den Bikepark! Norco findet, 27,5 Zoll soll auch
bei potenten 160-Millimeter-Enduros die Zukunft
sein. Wir sind da nicht ganz so überzeugt.
Norco „Range Killer B“
Größen: XS, S, M (getestet), L, XL, Preis: noch k.A.,
Gewicht: 14,3 kg (ohne Pedale), Gabel: Fox „34 Talas 160
FIT CTD“ (160 mm), Dämpfer: Fox „DHX Air BVR“ (160
mm), Lenkwinkel: 66,8°, Sitzwinkel: 73°, Oberrohr: 599
mm, Kettenstrebenlänge: 429 mm, Tretlagerhöhe: 335
mm, Reach: 409 mm, Stack: 609 mm, Schaltung: SRAM
„X9“, Kurbel: Race Face „Turbine“, Bremsen: Avid „XO
Trail“, Sattelstütze: RockShox „Reverb“, Sattel: WTB,
Aclass „VED Six“-Systemlaufräder, Reifen: Schwalbe
„Hans Dampf“ 27,5 X 2,35, www.norco-bikes.de
Mit dem „Range Killer B“ setzt Norco im Endurosegment
voll auf die aktuell gehypte 650B-Laufradgröße. Ein paar
Zentimeter mehr Durchmesser sollen dem modernen Mountainbike zu größerer Laufruhe und mehr Traktion verhelfen.
Die Geometrie des „Killer B“ weicht kaum von der eines klassischen 26-Zoll-Enduros ab. Der Lenkwinkel ist vielleicht ein
halbes Grad steiler als in dieser Klasse typisch, der Hinterbau
kaum länger. Auffällig: das sehr tiefe Tretlager (335 Millimeter) des Viergelenkers verspricht ein gutes Handling. Die Fox
„34 Talas“ mit der dreifach verstellbaren Druckstufe und der
altbekannte Fox „DHX Air“ bilden das Fahrwerk. Die Ausstattung ist hochwertig, aber auf der soliden Seite. Resultat: 14,3
Kilo. Das Norco ist unser erstes 650B-Bike. Wir haben mal kurz
auf 29-Zöllern gesessen. Unsere Meinung: Die Riesenreifen
machen für XC-Flitzer vielleicht Sinn, für Freunde handlicher
Spaßbikes ist das aber nix. Und viel Federweg geht damit
auch nicht. Mit 27,5 Zoll aber schon und die mittelgroßen
Räder sollen ja gefühlt dichter dran sein am Normalmaß
und dennoch ähnliche physikalische Vorteile bieten wie die
Riesenreifen. Wir waren gespannt.
Beim ersten Aufsitzen wirkt das Bike nicht zu groß. Man sitzt
schön entspannt und gut ausbalanciert. Unsere Testrunde
beginnt mit einem 300-Höhenmeter-Schotteranstieg. Hier
wirkt das Norco etwas schwerfällig. Zum Vergleich fuhren
wir abwechselnd kurze Passagen mit einem 26-Zöller-Enduro
mit identischer Bereifung und ähnlichem Gewicht. Der Unterschied war deutlich spürbar. Die großen Reifen rauben
Energie, weil sie mit größerem Kraftaufwand beschleunigt
werden müssen. Immerhin ist das Fahrwerk mit zugeklickten
Druckstufen ruhig. Wiegetritt quittiert der Hinterbau aber
mit starken Pumpbewegungen. Dank der guten Sitzposition
kommt man aber dennoch entspannt zum Traileinstieg.
Dann gehts bergab. Auch hier sind die Effekte der großen
Räder spürbar. Das Bike läuft sehr ruhig über Wurzelteppiche.
Dabei wirkt es aber auch groß und nicht besonders handlich. Die Schwungmasse der Laufräder hilft, wenn es schnell
gerade­aus geht, aber bei Lastwechseln und Sprüngen gefiel
uns das Vergleichsenduro mit den kleineren Reifen immer
etwas besser. Auch die „34 Talas“ war nicht der Überflieger.
Im mittleren Federwegsbereich gibt sie zu schnell zu viel Hub
frei. Der Hinterbau arbeitet aber, wie von Norco gewohnt,
schön satt.
Fazit: Vermutlich werden uns die Dehn-Mess-StreifenLactat-Labortests der BIKE-Kollegen bald schon Lügen
strafen, aber wir können dem Mittelmaß 650B nicht so
richtig viel abgewinnen. Das Norco fährt sich subjektiv
träger und unhandlicher als ein 26-Zöller. Ja, es rollt
etwas geschmeidiger über Wurzelteppiche, aber das
alleine wiegt die Handlingnachteile in unseren Augen
nicht auf. Wir sind sicher: Mit kleineren Laufrädern wäre
das „Killer B“ ein (besseres) Spaßenduro.
FREERIDE 4/12
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> Neuheiten-Test
Droppomat oder Rennsemmel –
das neue „Gambler 10“ besitzt
ein variables Fahrwerk und
liefert je nach Set-up sehr unterschiedliche Fahreigenschaften.
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Scott
Gambler 10
Das alte „Gambler“ machte uns im letzten BigBike-Vergleichstest wenig Freude. Der froschgrüne Nachfolger hat mit seinem Vorgänger zum
Glück nur noch den Namen gemein.
Das neue „Gambler 10“ ist als klassischer Eingelenker konstruiert. Die einteilige Schwinge mit hohem Drehpunkt aktiviert
beim Einfedern über eine auffällige Doppelwippenkonstruktion den 267 Millimeter langen Fox „DHX RC4“-Dämpfer.
210 Millimeter Federweg stehen am Heck zur Verfügung. Der
Hauptrahmen erinnert entfernt ans „Voltage“ und soll dank
des sparsameren Materialeinsatzes deutlich leichter sein als
das aufwändige Hydroformteil des Vorgängers. Mit hochwertigen Fox-Federelementen und einem Mix aus Shimano „Zee“und „Saint“-Komponenten ist das „Gambler“ hochwertig und
gleichzeitig robust aufgebaut. Die moderne Geometrie des
Alurahmens ist vielfältig einstellbar. Wird ein kleiner Chip
an der unteren Dämpferaufnahme in der „High“-Position
fixiert, wächst die Tretlagerhöhe um einen Zentimeter (dann
355 Millimeter) und der Lenkwinkel wird ein Grad steiler
(dann 63 Grad). Auch die Hinterbaulänge kann in einer langen
und einer kurzen Position gefahren werden. Je nach Dämpferposition sind 421 bis 440 Millimeter möglich. Zusätzlich
ist ein Steuersatz mit Lenkwinkelverstellung eingebaut, der
in Kombination mit dem Tretlagerchip Lenkwinkel mit superflachen 60,5 und moderaten 65 Grad möglich macht. So soll
der Rahmen für Downhill-Strecken aller Art, aber auch für
Bikeparkeinsätze taugen. Die ersten Abfahrten absolvierten
wir in der Low-Position mit 62er-Lenkwinkel und kurzer Kettenstrebe. Das Scott ist mit fast 18 Kilo ohne Pedale wieder
kein Leichtgewicht. Aber bereits nach wenigen Metern
ist klar, dass die Hinterbaufunktion im Vergleich zum
Vorgänger deutlich verbessert wurde. Das „Gambler“
liegt satt und liefert sehr viel Komfort, ohne dabei in Anliegern zu tief in den Federweg zu sinken. Im Antritt bleibt
der Hinterbau ruhig – dem hohen Schwingendrehpunkt
sei Dank. Im Gegenzug reagiert das Heck sensibel und
schluckfreudig auf große Hindernisse, wenn man nur in
den Pedalen steht und nicht tritt. Die Position des Fahrers
ist gut ausbalanciert und mittig im Bike. Auf schnellen Geradeauspassagen stimmt die Gewichtsverteilung,
beim schnellen Lastwechseln spürt man aber, dass sich
ein großer Teil der Dämpfer-Wippeneinheit recht hoch
im Rahmen befindet. Im Vergleich zum Klassenprimus
Specialized „Demo“ ist es bei Richtungswechseln träger
und wirkt auch deutlich schwerer. Die tiefe Tretlagerposition und der sehr flache Lenkwinkel waren uns auf
den Strecken in Leogang und am Samerberg zu extrem.
Mit 63er-Lenkwinkel und 355 Millimeter hohem Tretlager
macht das Bike mehr Spaß, ist agiler und immer noch
sehr laufruhig. Die extremen Einstellungen sind eher was
für supersteile Strecken wie Champéry. Alles in allem ist
das neue „Gambler“ aber ein sehr gutes Downhill-Bike
geworden. Die zahlreichen Einstellmöglichkeiten lassen
extrem viel Raum für Set-up-Spielereien.
Fazit: Es war die richtige Entscheidung, den Rahmen des
„Gambler“ von Grund auf neu zu konstruieren. Jetzt hat
Scott ein modernes Downhill-Bike mit sehr satter Hinterbaufunktion und moderner Geo am Start. Die Winkel des
Rahmens lassen sich sehr vielfältig und in einem extrem
breiten Bereich einstellen, wobei wir bezweifeln, dass ein
60er-Lenkwinkel wirklich Sinn macht. Die aufwändige
Dämpfer-Wippen-Einheit sitzt recht hoch im Rahmen und
macht mit ihrer Masse das Handling etwas träge.
Scott „Gambler 10“
Größen: S, M (getestet), L Preis: 5 599 €, Gewicht: 17,9 kg
(ohne Pedale), Gabel: Fox „40 Van FIT RC2“ (200 mm),
Dämpfer: Fox „DHX RC4 BV“ (210 mm), Lenkwinkel:
60-65°, Reach: 400 mm, Stack: 584 mm, Kettenstrebenlänge: 421-440 mm, Tretlagerhöhe: 345-355 mm, Schaltung: Shimano „Zee“, Kurbel: Shimano „Saint“, Bremsen:
Shimano „Zee“, Vorbau: FUNN, Sattelstütze: Syncros
„FL15“, Sattel: Scott, DT Swiss „FR 600“-Systemlaufradsatz, Reifen: Schwalbe „Muddy Mary“ 2,35 DH
www.scott-sports.com
FREERIDE 4/12
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