Blütezeit in der Mark - MLUL

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Blütezeit in der Mark - MLUL
Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt
und Landwirtschaft des Landes Brandenburg
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www.mlul.brandenburg.de
Blütezeit in der Mark Bienen und Imkerei in Brandenburg
Telefon: 0331 866 -72 37
Blütezeit in
der Mark
Bienen und Imkerei in Brandenburg
Blütezeit in der Mark
Bienen und Imkerei in Brandenburg
Blütezeit in der Mark
Bienen und Imkerei in Brandenburg
Die Biene
6 Bienenfleiß zum Wohle der Mark
8 Das etwas andere Haustier
8 Lebensweise und Verhalten
12 Die Königin
14 Der Drohn
Geschichtliches
53 Ein ganz besonderer Ort:
Die Honigkirche Neu Hartmannsdorf
56 Bienenhaltung –
Leidenschaft mit Tradition
67 Aufbruch in eine neue Zeit
15 Die Arbeiterin
16 Rhythmus des Bienenvolkes
21 Wildbienen – die große Verwandtschaft
70 Von der Wabe ins Glas
23 Künstliche Nisthilfen für Wildbienen
74 Honig – das süße Gold
25 Kooperation statt Konkurrenz
76 Honig schonend behandeln
27 Klein – aber nützlich
77 Kleine Sortenkunde
28 Bienen als Ertragsfaktor nutzen
78 Typische Sortenhonige in Berlin
35 Pflanzen- und Bienenschutz
und Brandenburg
40 Gemeinsam geht es besser
79 Fester oder flüssiger Honig?
44 Bienenschutz im Kleingarten
81 Welcher Honig ist der beste?
46 Alleen als ökologische Netzwerke
83 Honiggastronomie in der
50 Pflanzenauswahl aus Sicht der Bienen
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Der Honig
Blütezeit in der Mark
Immenstube Chorin
Forschung und Lehre
86 Ein Institut für Bienen
88 Einblicke ins Erbgut
96 Forum für Praxis und Wissenschaft
100 Bienen-Beobachtungskasten für die Schule
104 Bienenerlebniswelt Königs Wusterhausen
109 Ein Lehrbienenstand am Rande der Stadt
Imker und Imkerei
113 Wege zum eigenen Volk
116 Fördergelder von Land und EU
119 Von Bienen lernen – Gemeinschaft erleben
122 Aller Anfang ist schwer – aber Spaß macht es auch
128 Märkische Bienen summen in Berlin
131 Sauberer Stadthonig
134 Eine Anfängerin erzählt
Anhang
138 Literaturempfehlungen
140 Links zu Imkerverbänden und
weiterführenden Informationen
Links zu regionalen Honig-Anbietern
in Berlin und Brandenburg
Blütezeit in der Mark
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Bienenfleiß zum Wohle der Mark
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die Statistiken zwischen Löcknitz und Elster,
Sicher gehören auch in Berlin und Brandenburg
Oder und Elbe nach 1990 dramatische Einbrü-
Bienen zu den zwar geschätzten, aber immer
che – sowohl was die Zahl der gehaltenen Völker
noch unterschätzten Nutztieren. Sechs bis zehn
betrifft als auch die Zahl der aktiven Imker. Die
Sammelausflüge unternimmt eine Biene täglich.
allermeisten Schulprojekte, die Arbeitsgemein-
Für ein Bienenvolk ergeben sich bis zu 200 000
schaften der Jungimker, stellten nach dem Ende
Ausflüge pro Tag. 120 000 Kilometer müsste eine
der DDR ihre Arbeit ein. Heute dominieren vor
einzelne Biene als Gesamtflugstrecke für 500
allem die älteren Jahrgänge die märkische Im-
Gramm Honig zurücklegen. Dabei würde sie
kerschaft.
etwa drei Mal um den Äquatorkreis fliegen. Pro
Kinder und Jugendliche sind zwar leicht für das
Sammelflug trägt eine Honigbiene 25 bis 50 Mil-
Thema Bienen und Honig zu begeistern. Selbst
ligramm Nektar zusammen. Bei der Verarbeitung
in die Bienenhaltung einzusteigen, ist dann aber
des wasserreichen Nektars zu Honig reduziert
noch eine Schwelle, die viele nicht überschreiten.
sich die Masse auf weniger als die Hälfte. Rund
Dabei haben Gärtner und Bauern im Land schon
80 Prozent aller heimischen Nutz- und Wildpflan-
vor Jahren erkannt, dass der Rückgang der Bie-
zen sind auf Honig- und Wildbienen als Bestäu-
nenvölker in Brandenburg sich auf ihre Erträge
ber angewiesen. Bei einem Bestand von 80 Mil-
auswirkt und dringend etwas getan werden muss.
lionen Obstbäumen in Deutschland kommt den
Das Land hat hier mit der Unterstützung der Ar-
Bienen durch ihre Bestäubungsleistung für die
beit der Imkerverbände sowie mit Einsteigerpro-
Obsternte eine unverzichtbare Rolle zu. Auch
grammen einen Beitrag geleistet, um die Zahl
viele weitere Nutz- und Wildpflanzen sind von
der Bienenhalter wieder zu erhöhen und zu ver-
der Bestäubung durch Bienen abhängig. Hierzu
jüngen. Mit Millionenaufwand wurde in den ver-
zählen neben den Ölpflanzen Raps und Sonnen-
gangenen Jahren das Länderinstitut für Bienen-
blume, unser tägliches Gemüse sowie viele Fut-
kunde in Hohen Neuendorf saniert. Das Institut
terpflanzen auf den Weiden.
bietet neben seinen wissenschaftlichen Arbeiten
Wie in allen neuen Bundesländern verzeichnen
wichtige Beratungs- und Dienstleistungen für die
Blütezeit in der Mark
Imkerschaft und ist mit öffentlichkeitswirksamen
sollen die folgenden
Beiträgen zum Thema Bienen aktiv. Eine gute
Seite nicht nur über
Unterstützung für die Vermarktung von heimi-
Bienen in und gesun-
schem Honig ist die Einbindung von Imkern bei
den Honig aus Bran-
großen Landesveranstaltungen, unter anderem
denburg informieren,
auf der Internationalen Grünen Woche, auf der
sondern auch weitere Mitstreiter werben, die sich
Brandenburgischen Landwirtschaftsausstellung
diesem – buchstäblich – lebendigen Hobby, das
oder auch bei der Brandenburger Landpartie.
für einige sogar zum Beruf geworden ist, zuwen-
Angesichts des zunehmenden Bewusstwerdens
den. Doch wenn es nicht gleich eigene Bienen
der Zusammenhänge von Ursachen und Wirkun-
sind – ein paar mehr Blüten helfen auch: im Gar-
gen in Natur und Umwelt sind die Voraussetzun-
ten, im Park und auf dem Feld. Denn leben und
gen heute dafür besser als vor einigen Jahren.
nützlich sein können diese kleinen Helfer nur,
Auch ist nicht zu übersehen, dass der zuneh-
wenn ihnen ihr Lebensraum dies möglich macht.
mende Trend zur Stadtimkerei dazu geführt hat,
die öffentliche und mediale Aufmerksamkeit für
die Bienenhaltung zu erhöhen. Die Vertretung
des Landes Brandenburg im Berliner Regierungsviertel geht mit gutem Beispiel voran und
Jörg Vogelsänger
hält auf ihrem Dach seit 2015 zwei Bienenvölker,
Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt
deren Honig als repräsentatives Geschenk für
und Landwirtschaft Brandenburg
Besucher dienen soll. Darin drückt sich auch
eine Wertschätzung für dieses besondere Naturprodukt aus.
Auch wenn in jüngster Zeit wieder ein Anstieg
bei Bienenvölkern und Imkern in Brandenburg
zu verzeichnen ist, bleibt noch viel zu tun. So
Blütezeit in der Mark
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Im Bienenvolk geht es eng und
harmonisch zu.
Unten sind die sechseckigen
Wabenzellen zu erkennen. Darüber befinden sich verdeckelte Brutzellen.
Lebensweise und Verhalten
Öffnet man einen Bienenstock, dann sieht man
erst einmal nichts – außer Massen an Bienen,
die ganz unkoordiniert auf den Waben herumzuwimmeln scheinen. Doch bei genauerem Hinschauen kommt schnell Struktur in das Ganze.
Im Bienenkasten, der „Beute“, wie der Fachmann
sagt, sind gitterartig strukturierte Tafeln aus
Wachs sichtbar, die senkrecht hängenden Waben. Diese setzen sich lückenlos aus gleichmäßig geformten sechseckigen Zellen zusammen.
Sowohl durch ihre senkrechten als auch durch
Das etwas andere Haustier
Ein Bild, das jeder
kennt: Eine Honigbiene auf einer
Blüte – in diesem
Fall ein Fingerstrauch, ein bis zu
60 Zentimeter hoch
wachsender,
üppig blühender
Zierstrauch
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ihre um 120 Grad abgewinkelten Zellwände wird
Honigbienen halten sich nicht an Grundstücks-
mit geringstem Materialaufwand bei optimaler
grenzen, kennen ihren Besitzer nicht und brau-
Raumnutzung eine extrem hohe Stützlast über
chen auch nicht täglich versorgt werden. Und
viele Etagen hinweg erreicht. Durch Auftrag von
doch benötigen sie die Unterstützung des Men-
Wachsreserven auf die Zellränder werden diese
schen – heute, in der aufgeräumten oder gar
verdickt, wodurch sich ihre Stabilität weiter erhöht
ausgeräumten Kulturlandschaft mehr denn je.
und die Zellöffnungen schließlich rund erschei-
Noch etwas unterscheidet sie von anderen Haus-
nen. So kann eine Wabe im DIN-A4-Format und
tieren: „Man kann zwar eine einzelne Kuh halten
einer Dicke von 2,5 Zentimetern – gebaut aus
oder einen einzelnen Hund, aber keine einzelne
nur 40 Gramm Bienenwachs – erstaunliche zwei
Biene – sie würde in kurzer Zeit zugrunde ge-
Kilogramm Honig aufnehmen. Das ist die fünf-
hen“, wie es Nobelpreisträger Prof. Dr. Karl von
zigfache Menge!
Frisch (1886-1982) ausgedrückt hat.
Doch wie lässt sich so ein Bauwerk ohne Was-
Blütezeit in der Mark
Blütezeit in der Mark
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Aufgrund ihrer
Form werden die
Eier der Königin
auch Stifte genannt.
In jede Zelle kommt
ein Ei, damit sich
die Larve optimal
entwickeln kann.
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serwaage und Messlatte errichten? Der eigene
Die Bienen durchlaufen mehrere Brutstadien: Larven unterschiedlichen Alters.
Links werden die ersten Zellen verdeckelt.
Körper ist das Maß aller Dinge. Wenn er in eine
Zelle passt, passt auch der Körper anderer Bie-
nutzt. In der Nähe des Fluglochs beginnt die Kö-
nen hinein. Und senkrecht zu bauen ist ja wirklich
nigin auf einer mittleren Wabe in immer größer
kein Problem: Einfach der Schwerkraft folgen –
werdenden Kreisen Eier zu legen, aus denen
schon klappt es. Zumindest bei den Bienen. Da-
nach drei Tagen Larven schlüpfen, die infolge
mit der spätere Inhalt nicht aus den waagerecht
intensiver Fütterung in ihrer Zelle liegend schnell
liegenden Zellen der senkrecht hängenden Wa-
heranwachsen. Während ihrer sechstägigen Ent-
ben herausläuft, werden sie mit einer leichten
wicklung schauen die Ammen 2000 bis 3 000 Mal
Neigung von etwa fünf Grad schräg nach oben
nach dem Rechten. In diesen sechs Tagen
gebaut. Die Kapillarwirkung tut ihr Übriges.
wachsen die Larven auf das 1500-fache ihres
Das für den Wabenbau erforderliche Wachs
ursprünglichen Körpergewichts heran. Ein
schwitzen die Bienen aus ihren körpereigenen
menschliches Baby würde bei gleicher Wachs-
Wachsdrüsen, die sich an der Bauchseite befin-
tumsgeschwindigkeit die Größe eines ausge-
den. Mit ihren Beinen nehmen sie die an der Luft
wachsenen Elefanten erreichen!
erhärtenden Wachsplättchen ab und reichen sie
Rasant gewachsen, füllt die jeweilige Bienenlarve
zu den Mundwerkzeugen, die sie knetend ver-
mit ihrer Körpergröße die Zelle, die nun von den
bauen. Ihr Speichel erhöht dabei die Geschmei-
Baumeisterinnen verdeckelt wird. So kann sich
digkeit des Wachses und dient gleichzeitig als
die Larve ungestört einspinnen, verpuppen und
Lösungsmittel, so dass weder die zarten Bein-
durch Metamorphose zu einem völlig anderen
chen noch die Mundwerkzeuge verkleben.
Wesen verwandeln – von der Larve über die
Mehrere dieser im Abstand von einem Zentimeter
Puppe zur erwachsenen, flugfähigen Biene.
parallel angeordneten Waben ergeben wiederum
Ist die Entwicklung der Bienen nach insgesamt
das Wabenwerk eines Bienenvolks. Die Zellen
drei Wochen ab Eiablage beendet, knabbern sie
werden entsprechend dem aktuellen Bedarf ge-
ihren Zelldeckel auf und schlüpfen in ihrer end-
Blütezeit in der Mark
Unter dem Zelldeckel verpuppen sich die noch weißen
Larven (links) und färben sich später schwarz ein.
In beiden Bereichen ist je eine Zelle geöffnet
worden. Rechts sind die Bienen bereits geschlüpft
„Bien“. Soll heißen: Beim Bienenvolk hat man es
nicht mit einer Herde oder einem Rudel gemeinsam agierender Einzeltiere zu tun, sondern mit
gültigen Größe aus der Zelle heraus. Während-
einem einzigen Organismus, sozusagen ein Su-
dessen wird das so entstandene Brutnest auf
perorganismus ohne den die einzelne Biene nicht
die beiderseits benachbarten Waben ausge-
lebensfähig ist.
dehnt. Es wächst dreidimensional. Das Brutnest
In der Tat sind die drei verschiedenen Wesen
wird also weitgehend kugelförmig, wodurch we-
innerhalb des Bienenvolks in Körperbau und
nig Wärme verloren geht. Denn die sich entwi-
Funktion so verschieden, dass jedes Bienenwe-
ckelnde Brut benötigt eine Temperatur von kon-
sen bereits von Geburt an auf bestimmte Aufga-
stant 35 Grad Celsius, im Sommer, im Frühjahr
ben spezialisiert und somit gleichzeitig auf die
und Herbst, bei brütender Hitze ebenso wie bei
anderen angewiesen ist.
Eine junge Arbeiterin hat gerade ihren
Zelldeckel abgenagt
um ihre Puppenstube zu verlassen.
Nun beginnt ihr
Leben als
Arbeitsbiene.
frostigem Wetter.
In den Wabenzellen am Rand des Brutnests lagern die Bienen den gesammelten Blütenstaub,
den Pollen, als Eiweißnahrung. Diese steht für
die Brutpflege in Form des Pollenkranzes rund
um die Brut zur Verfügung. Darüber kommt die
Honigglocke, die den Pollenkranz nach oben
und seitlich abdeckt. Das Wabenwerk samt seinem aus Brut und Vorräten bestehenden Inhalt,
der Königin, den Drohnen und den Arbeiterinnen
bilden letztlich eine Einheit, das Bienenvolk.
Der Altmeister der Bienenzucht Ferdinand Gerstung (1860–1925) prägte 1889 gar den Begriff
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Die Königin sorgt für Nachwuchs
und wird deshalb ständig von
ihrem Hofstaat umsorgt. Der Imker
markiert sie auffällig, um sie ja
nicht zu verletzen.
Die Königin
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hat. In weite Zellen wird die Königin unbefruch-
Die einzige Königin, die Weisel des Bienenvolks,
tete Eier legen, aus denen die dicken Männchen,
ist als weibliches Geschlechtstier für die Nach-
die Drohnen, hervorgehen, in enge Zellen dage-
kommenschaft zuständig.
gen besamte und schließlich befruchtete Eier.
Mit einer durchschnittlichen Körperlänge von 20
Aus diesen wird immer eine weibliche Larve, die
bis 25 Millimetern ist sie etwas größer als alle
je nach Futtermenge und Futterzusammenset-
anderen Bewohner. Nur sie legt Eier, aus denen
zung zu einer Arbeiterin oder einer Königin he-
über das Larven- und anschließende Puppen-
ranwachsen kann.
stadium erwachsene Insekten werden. Durch die
Um diese enorme Nachkommenleistung zu voll-
ausschließliche Ernährung mit Gelee royale –
bringen, wird die Königin ständig von ihrem Hof-
Weiselfuttersaft – einem Drüsensekret aus der
staat umsorgt, einer Gruppe Arbeiterinnen, die ihr
Futtersaftdrüse der Arbeiterinnen, ist sie in der
alle Wünsche von den Augen, den Lippen oder
Lage, täglich 1 000 bis maximal 2 000 etwa 1,5
wo auch immer ablesen – und das ist das Ent-
Millimeter große, länglich geformte Eier zu legen.
scheidende – diese auch tatsächlich erfüllen. Die
Dabei entsprechen 1500 Eier ihrem eigenen Kör-
Königin wird nicht nur mit Gelee royale versorgt,
pergewicht von etwa 0,23 Gramm. Für die Ab-
sondern auch bestens herausgeputzt und erreicht
lage eines jeden Eies steht der Königin also nur
dadurch ein für Insekten biblisches Alter von zwei
etwa eine Minute zur Verfügung. Zum Regieren
bis drei Jahren, im Ausnahmefall sogar fünf.
bleibt da keine Zeit.
Allerdings lässt wie bei anderen weiblichen We-
Jedoch werden die Eier nicht einfach auf einen
sen mit zunehmendem Alter die Fruchtbarkeit
Haufen gelegt, sondern jedes Ei einzeln am senk-
der Königin nach, so dass nicht mehr ausrei-
recht stehenden Boden der richtigen Wabenzelle
chend Arbeiterinnen entstehen und das Volk
platziert. Dafür muss zuvor eine Zelle inspiziert
schwächer werden würde. Dem beugen die Ar-
und mit den Vorderbeinen ausgemessen werden,
beiterinnen vor, indem sie rechtzeitig eine neue
um festzustellen, ob sie frei und ausreichend
Königin aufziehen. Diese Königin wird im Alter
sauber geputzt ist und welches Innenmaß sie
von einer Woche brünstig, fliegt bei warmem,
Blütezeit in der Mark
Blütezeit in der Mark
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Die Fluglochwache: Wer nicht dazu gehört oder nicht zumindest etwas mitbringt, hat keine Chance durchzukommen.
Schlüpfende Drohnen: Die Augen nehmen den deutlich
größten Teil des Kopfes ein. Neben dem Begattungsapparat sind sie ihr wichtigstes Organ.
sonnigen Wetter zur Begattung aus und lässt
Zeit benötigt. Sie werden vom Frühjahr bis in
sich während des Flugs in luftiger Höhe nachei-
den Sommer hinein aufgezogen und im Bienen-
nander von etwa 20 Drohnen begatten. So wird
volk zu mehreren hundert bis wenigen tausend
die Paarung mit nahen Verwandten, damit In-
geduldet.
zucht, vermieden. Während die Drohnen zu Bo-
Bei warmem, sonnigen Wetter fliegen sie mit
den fallen und dort tot aufschlagen, wandern die
dröhnendem Geräusch aus – daher ihr Name –
Spermien in die Samenblase der Königin ein.
und versuchen, ihr Lebensziel zu erreichen: Die
Dort werden die Spermien für den Rest des Le-
Weitergabe ihres Erbguts an Nachkommen. Da-
bens der Königin auf bis heute ungeklärte Weise
mit sie das Ziel ihrer Begierde auch sicher fin-
konserviert und bei Bedarf einzeln abgerufen.
den, haben sie die größten Augen. Aus 7 000
Sie wird nun ihre Mutter ablösen und ihr Leben
bis 8 000 Einzelaugen setzt sich jedes der bei-
lang Eier legen.
den Komplexaugen der Drohnen zusammen.
Diese Augen verleihen ihnen so den bestmögli-
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Der Drohn
chen Rundumblick. Königinnen und Arbeiterin-
Drohnen sind als männliche Geschlechtstiere
nen verfügen dagegen nur über etwa halb so
ausschließlich für die Begattung der jungfräuli-
viele Einzelaugen.
chen Königinnen zuständig.
Drohnen werden durchschnittlich drei Wochen
Sie entstehen aus unbefruchteten Eiern durch
alt. Sie können aber auch bis zu 60 Tage er-
Parthenogenese beziehungsweise Jungfernzeu-
reichen. Sobald sich das Bienenvolk auf den
gung. Sie sind 15 bis 19 Millimeter lang und
Winter vorbereitet, werden die nun überflüssi-
durchschnittlich 0,29 Gramm schwer. Da ein Bie-
gen Fresser an die frische Luft gesetzt, wo sie
nenvolk nur im Sommer junge Königinnen auf-
noch als Vogel- oder Ameisenfutter nützlich
zieht, werden die Drohnen auch nur in dieser
sein können.
Blütezeit in der Mark
Eine Arbeiterin nimmt am Rand
eines Gewässers mit ihrem Rüssel
Flüssigkeit auf und trägt es in ihrem
Tank, dem Honigmagen,
nach Hause.
Die Arbeiterin
Arbeiterinnen im Bienenstaat sind, wie der Name
unschwer erkennen lässt, für die tägliche Arbeit
zuständig: Putzen, Heizen, Lüften, Brut pflegen,
Waben bauen, Flugloch bewachen, Nahrung
sammeln und einlagern. Um Letzteres zu ermöglichen, sind nur bei den Arbeiterinnen die
Beine mit Kämmen, Bürsten und Körbchen ausgestattet. Je nach Alter und Entwicklungsstand
liegen ihnen bestimmte Aufgaben besonders.
Dennoch sind sie im Gegensatz zu manch
menschlichem Zeitgenossen ziemlich flexibel
und werden dort tätig, wo sie gebraucht werden.
So patrouillieren die Arbeiterinnen etwa ein Drittel des Tages durch den Bienenstock, um zu
schauen, wo sie sich nützlich machen können.
Ein weiteres Drittel des Tages arbeiten sie und
für das letzte Drittel ist Ausruhen angesagt. Gearbeitet wird selbstverständlich sieben Tage die
Woche. Allerdings verrichten die Arbeitsbienen
zunächst Innendienst und werden erst mit zunehmendem Alter den Gefahren des Außendienstes ausgesetzt. Denn dort können sie von
einem Vogel gefressen oder von einem Hagelkorn erschlagen werden und sind dann als Arbeitstier für das Volk verloren.
Blütezeit in der Mark
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So wie am Flugloch
unterscheiden sich
die Pollen-Quellen
anhand der Vorräte
in den Wabenzellen.
Pollen ist als Eiweiß-,
Vitamin- und Mineralstoffkonzentrat für
die Brutaufzucht
unerlässlich.
Eine Arbeiterin trägt an ihren Schenkeln den gesammelten
Pollen heim. An der Innenseite des rechten Hinterbeins ist
die Pollenbürste gut erkennbar.
Die einzelne Biene befliegt zwar nur Blüten derselben Pflanzenart, aber andere Bienen nutzen andere Pflanzen. So ist
eine vielseitige Ernährung gesichert.
Biologisch betrachtet sind die Arbeiterinnen Hilfs-
tergegeben, die aus den Eiern der Arbeiterinnen
weibchen ohne Fortpflanzungsaufgaben, die
schlüpfen – ein genialer Trick der Natur.
zwar ebenso wie Königinnen aus befruchteten
Die Anzahl der Arbeiterinnen schwankt im Laufe
Eiern entstehen, aber aufgrund nicht so hoch-
des Jahres: Im Winter sind es etwa 10 000 bis
wertiger Ernährung während ihrer Aufzucht eine
15 000, im Sommer etwa 30 000 bis 45 000, also
völlig andere Gestalt aufweisen sowie unterent-
das Dreifache. Noch größer ist die Spanne der
wickelte Geschlechtsorgane besitzen. Zudem
Lebenserwartung einer Arbeiterin: Wird sie im
sind sie deutlich kleiner als die Vollweibchen,
Sommer angesichts der vielen Arbeit nur drei bis
die Königinnen: Die Arbeiterinnen sind durch-
sechs Wochen alt, kann sie sich im Winter scho-
schnittlich 12 bis 14 Millimeter lang, wogegen
nen und schafft es auf sechs bis neun Monate.
Königinnen, wie erwähnt, 20 bis 25 Millimeter er-
Ihre kurze Lebenserwartung im Sommer und die
reichen. Ihr Gewicht beträgt mit zirka 0,1 Gramm
ungestörte Ruhephase im Winter erklärt ein ein-
weniger als die Hälfte einer Königin. Nur wenn
zigartiges Phänomen in der Haustierhaltung: Bie-
die Königin verstorben ist, ohne dass eine neue
nen kennen ihren Imker nicht. Schließlich sehen
herangezogen werden konnte, können auch Ar-
sie ihn zu selten. Stattdessen muss der Imker die
beiterinnen zur Ersatzkönigin werden und eine
Verhaltensweisen seiner Schützlinge und den art-
geringe Anzahl Eier legen. Diese bleiben aller-
gerechten Umgang mit ihnen erlernen – besser
dings immer unbefruchtet, da Arbeiterinnen nie-
noch als mancher Hundehalter.
mals begattet werden. Weil in diesem Ausnahmefall
keine
neuen
Arbeiterinnen
mehr
aufgezogen werden können, wird dieses Bie-
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Rhythmus des Bienenvolks
Wenn die Eiablage nur dem Ersatz der sterben-
nenvolk zwar nach mehreren Wochen sterben.
den Bienen dient, die eigentlich nichts anderes
Aber dessen Erbgut wird über die Drohnen wei-
als Körperzellen des „Biens“ sind, wie können
Blütezeit in der Mark
Die Weitergabe von Nektar zwischen Arbeiterinnen dient
nicht nur der Verarbeitung zu Honig, so werden auch Informationen übermittelt.
Hier wird eine neue Königin aufgezogen. Der Höhepunkt in
der Entwicklung eines Bienenvolks bahnt sich an – die Vermehrung.
sich dann Bienenvölker vermehren? Auch hier
wird, ist gerade im Spätsommer eine gute Pollen-
sind Honigbienen etwas Besonderes: Die Ent-
versorgung der Völker mittels spät blühender Pflan-
wicklung und Fortpflanzung von Bienenvölkern
zen notwendig. Der Nahrungseintrag fördert zu-
erfolgt nach einem festen jahreszeitlichen „Plan“,
dem die Eiablage der Königin, so dass viele
der dem Jahresrhythmus des Wetters und der
Jungbienen aufgezogen werden können, die den
Vegetation bestens angepasst ist.
Winter sicher überstehen.
Nach dem großen Blühen des Sommers beginnt
Mit den kühler werdenden Tagen und Nächten
das neue Bienenjahr, das vom Kalenderjahr we-
nimmt das Brutgeschehen in den Völkern deut-
sentlich abweicht. Schon ab Juli und insbeson-
lich ab. Häufig nutzen die Jungbienen noch die
dere ab August werden neben den letzten Som-
warmen Tage im Oktober, um sich erstmals ihre
merbienen vornehmlich Winterbienen aufgezogen,
Umgebung anzuschauen. Da es aber bald nichts
die noch weit in den März hinein leben und das
mehr zu sammeln gibt und das Bienenvolk von
Volk im zeitigen Frühjahr in Schwung bringen. Da-
den Reserven leben muss, wird die Aufzucht
mit sie im Gegensatz zu den nur vier bis sechs
neuer Brut uneffektiv. Um den Wärmeverlust zu
Wochen lebenden Sommerbienen tatsächlich
minimieren, ziehen sich die Bienen zu einer en-
sechs bis neun Monate alt werden, müssen die
gen Kugel, der Wintertraube, unmittelbar unter-
künftigen Winterbienen bereits als Larven optimal
halb des Wintervorrats zusammen und stellen
von ihren Ammen gepflegt werden und nach ihrem
die Brutpflege weitgehend ein. Dabei kriechen
Schlupf reichlich Pollen aufnehmen können. Das
Bienen in die leeren Zellen. Andere drängen sich
so entstehende Fett-Eiweiß-Polster dient den Win-
in den umliegenden Wabengassen eng aneinan-
terbienen als Reserve für den zügigen Start der
der. Das oberhalb der Wintertraube befindliche
Brutsaison im zeitigen Frühjahr. Weil Pollen jedoch
Futter wird durch deren Abwärme entsprechend
nur in geringer Menge in den Waben eingelagert
warm gehalten und von den dortigen Bienen auf-
Blütezeit in der Mark
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Dieses Volk fand keine geeignete Höhle. Das Blindfenster
schützt nur notdürftig vor Regen und auch nicht vor Angriffen
von Krähen.
Auch anderen Tieren dienen Honigbienen zur Nahrungsversorgung: Gegen die Hornisse hat diese Biene keine Chance
mehr.
genommen, weitergereicht und als Heizmaterial
Celsius nicht ausfliegen, müssen sie als sehr
verbraucht. So wird die Kerntemperatur der Win-
reinliche Tiere die Stoffwechselprodukte im End-
tertraube auf 30 Grad Celsius gehalten, während
darm sammeln. Wird dieser jedoch durch zu
die Temperatur an ihrer Peripherie bis auf zehn
hohe Stoffwechselaktivität überlastet, kommt es
Grad zurückgeht. Darunter würden die Bienen
zu einer Darmerkrankung. Bei extremen Störun-
in Kältestarre verfallen und sterben. Aber ein Bie-
gen lösen die Bienen sogar den Wintersitz vor-
nenvolk ist ein Sozialstaat im wahrsten Sinne des
zeitig auf und erfrieren. Im Sommer ist die Situa-
Wortes: Die außen sitzenden Bienen drängen
tion jedoch ganz anders: Droht die Temperatur
nach innen, wo sie sich aufwärmen können. Die
im Brutnest über 35 Grad Celsius anzusteigen,
innen sitzenden Bienen wechseln nach außen.
muss gekühlt werden. Ventilatoren gleich lassen
Dabei heizen die Bienen mit ihrem eigenen Kör-
hunderte Arbeiterinnen ihre Flügel schwirren und
per: Die Muskulatur wird kontrahiert. Sie wird im
befördern die warme Luft durch das Flugloch
Wechsel angespannt und entspannt – ähnlich
nach draußen – mit dem Kopf nach innen und
wie bei Sportlern. Insbesondere die sehr ausge-
mit dem Hinterleib nach draußen weisend. Reicht
prägte Flugmuskulatur der Bienen ist hierfür prä-
selbst das nicht, tragen weitere Bienen Wasser
destiniert. Um den Energiebedarf zu minimieren,
herein und verteilen es auf den Waben. Um zu
werden die Aktivitäten und der Stoffwechsel der
verdunsten nimmt das Wasser Wärme auf und
Bienen auf ein notwendiges Minimum reduziert.
verstärkt somit den per Luftaustausch erzeugten
Jegliche äußere Störungen wie Erschütterungen
kühlenden Effekt.
und Vibrationen sind nun zu vermeiden. Denn
Die Kühlung ist ebenso wie die notwendige Sau-
sie lösen den Verteidigungsinstinkt aus und füh-
erstoffversorgung nur bei geöffnetem Flugloch
ren zur Aktivierung des Stoffwechsels.
möglich. Es kann also nicht geschlossen werden.
Da die Bienen bei Temperaturen unter zehn Grad
Auch der Transport von Völkern erfordert zusätz-
Blütezeit in der Mark
Schnell findet sich der Schwarm an
einem Ast zusammen, um von dort
aus eine geeignete
neue Behausung zu suchen.
lichen Lüftungsraum und findet in aller Regel
nachts statt, damit die Bienen nicht an Überhitzung und Sauerstoffmangel leiden.
Oberstes Ziel eines Bienenvolks ist, sich zu vermehren. Mit steigender Temperatur und zunehmender Tageslänge startet das Brutgeschäft.
Werden bei sonnigem Wetter zehn Grad Celsius
oder bei bedecktem Himmel zwölf Grad erreicht,
erfolgt der große Reinigungsausflug. Die Wintertraube löst sich auf und die Bienen fliegen zügig
aus, um ihren Darm zu leeren. Helle Flächen animieren die Insekten dazu ganz besonders. Die
ersten Frühblüher locken nun mit ihrer Blütenpracht: Haselnuss, Kornelkirsche, Weiden, Krokusse und Winterlinge spenden den ersten friIm Winter bildet das
Bienenvolk eine enge
Kugel, damit
möglichst wenig
Wärme verloren geht.
schen Pollen. Während die Königin intensiv an
die Eiablage geht, ist das Wachstum des Bienenvolks vorprogrammiert. Schon bald wird es
in der Behausung zu eng.
dort fliegen Spurbienen aus, um eine neue Be-
Was dann folgt, ist ein faszinierendes Natur-
hausung zu suchen. Zurückgekehrt zum
schauspiel und ein biologisches Phänomen, das
Schwarm werben sie tanzend für eine geeignet
Schwärmen der Bienenvölker. Mehrere tausend
erscheinende Behausung. Weitere Bienen fliegen
Bienen erheben sich zur gleichen Zeit in die Luft,
dorthin und werden bei positivem Urteil ebenfalls
um sich zu einer Wolke, dem Schwarm, zu for-
dafür werben. Wurden verschiedene geeignete
mieren und schließlich in der Nähe als Schwarm-
Höhlen gefunden, geht dieses Werben so lange,
traube, meist an einem Ast, niederzulassen. Von
bis die Mehrheit von einer Behausung überzeugt
Blütezeit in der Mark
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Bienen brauchen gerade im Hochsommer eine Vielzahl blühender Pflanzen, um später erfolgreich zu überwintern.
Königinnen – voraus, die den sexuellen Teil der
Fortpflanzung übernehmen. Mit auf dem Weg in
die neue Wohnung ist nicht etwa die junge Königin, sondern die alte. Sie wurde zuvor auf Diät
gesetzt, was zu einer plötzlich verringerten Eiablage und zu einem geringeren Gewicht der
alten Königin führt. So wird sie wieder flugfähig.
Doch genau diese Vorgehensweise ist im Sinne
des Überlebens nachfolgender Generationen.
Immerhin fliegt der Schwarm in die Ungewissheit:
Wird er eine neue, geeignete Behausung finden?
Der Honigvorrat
dient nicht nur
als energiereiche
Nahrung, sondern
gerade im Winter
auch als Heizmaterial. Geht es
den Bienen gut,
erzeugen sie mehr
Honig als nötig.
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ist und die Entscheidung für die neue Heimat
Wird es dort genügend Nahrung geben? In diese
quasi „demokratisch“ gefällt wird. Das kann we-
Ungewissheit erhebt sich der Schwarm und mit
nige Stunden, aber auch Tage dauern. Dann zie-
ihr die alte Königin.
hen die Bienen in ihren neuen Ort und errichten
In heutiger Kulturlandschaft findet ein Bienen-
einen Wabenbau.
schwarm nur mit Mühe eine geeignete Nisthöhle
Diese Teilung ist der natürliche Vorgang der Fort-
in einer Größe von mindestens 40 Litern, die den
pflanzung eines Bienenvolks. Er ist weder rein
Bienen Schutz vor Regen und Feinden bietet.
geschlechtlicher noch rein ungeschlechtlicher
Sie wären ohne imkerliche Hilfe verloren. Deshalb
Natur, also weder rein sexuell noch rein vegetativ,
versuchen Imker, die Schwärme einzufangen
sondern eine Kombination aus beidem. Schließ-
und in eine geeignete Behausung zu setzen.
lich ging diesem Klonen eines Bienenvolks die
Doch das ist nicht immer einfach: Einerseits set-
Aufzucht neuer Geschlechtstiere – Drohnen und
zen sich die Bienen oft mehrere Meter hoch an
Blütezeit in der Mark
Bäume, Balkone oder Dachvorsprünge. Ande-
Wildbienen –
rerseits ist der Imker durch berufliche oder an-
die große Verwandtschaft
dere Verpflichtungen häufig nicht vor Ort und
Wer an Bienen denkt, denkt an Honigbienen.
kann des Schwarmes nicht habhaft werden. In
Und wer an Wildbienen denkt, meint wildlebende
solchen Fällen hilft es, den Imker anzurufen und
Völker. Doch weit gefehlt. Die Europäische Ho-
ihn zu informieren. Doch wer kennt schon den
nigbiene ist nur eine Art unter vielen. Allerdings
Imker in nächster Nähe? Dann hilft ein Anruf beim
ist sie die einzige Bienenart in Europa, die Honig
nächsten Imkerverein, der sich leicht über die
liefert – daher ihr Name.
Imkerverbände ermitteln lässt (siehe Anhang).
Der diesem fleißigen Tier vom großen Botaniker
Jedes dieser Völker, Schwarm und Muttervolk,
und Zoologen Carl von Linné (1707-1778) ver-
hat nun ein neues Ziel – erfolgreich überwintern.
passte wissenschaftliche Name Apis mellifera –
Deshalb wird es großzügig Waben bauen, inten-
für Apis = Biene und mellifera = Honigeintra-
siv Brut aufziehen und fleißig Nahrung sammeln
gende – zeigt schon an, dass es neben Honig
– in Brandenburg im Juni, Juli und August. So
machenden Bienen auch andere geben muss.
brauchen Bienen gerade im Hochsommer eine
Dabei ist der wissenschaftliche Name nicht ganz
Vielzahl blühender Pflanzen, um später erfolg-
korrekt. Denn heute wissen wir, dass die Honig-
reich zu überwintern. Die einfach blühenden Mi-
biene keinen Honig in ihren Bau trägt, sondern
gnon-Dahlien, Wildrosen, Korbblütler wie Son-
Nektar und Pollen, um daraus erst unter Aus-
nenhut, Sonnenbraut und Sonnenauge, aber
schluss der Öffentlichkeit den wohlschmecken-
auch die verschiedensten Küchenkräuter und
den Honig zu bereiten.
schließlich die Fettblattgewächse sind hierfür
Tatsächlich gibt es allein in Deutschland neben
bestens geeignet.
der Honigbiene zirka 550 Wildbienenarten. Dazu
Unkraut ist nicht
nutzlos: Hier sammelt
eine Solitärbiene
auf Gemeinem
Löwenzahn, der als
Arzneipflanze gilt.
gehören sowohl Hummeln als auch einzeln, also
solitär lebende Arten, die demzufolge als Solitärbienen bezeichnet werden. Wildbienen ma-
Blütezeit in der Mark
21
Ein Hummelnest
sieht bei weitem
nicht so akkurat
aus wie das eines
Bienenvolks.
Wachstöpfchen
werden zu Haufen
aneinandergebaut
und nach Bedarf
genutzt.
chen sich insbesondere bei Pflanzen nützlich,
die von Honigbienen weniger beachtet werden.
Dazu gehören auch viele seltene, vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten. Doch auch für Wildbienen wird ebenso wie für Honigbienen das
Überleben immer schwieriger. Die Ursachen dafür sind zum einen Veränderungen des Klimas
und in der Folge der Vegetation. Direkt mit der
Tätigkeit des Menschen verbunden sind die Beseitigung von Nistmöglichkeiten durch Bebauung
und Versiegelung der Landschaft. Zerstört werden auch Niststätten durch das Beseitigen abgestorbener Bäume.
Häufiges Mähen oder gar das Abbrennen von
Straßen- und Wegrändern, Wiesen und Gartenland führt zur Verminderung des Nahrungsangebots – wie auch die einseitige Gestaltung von
Grünanlagen mit Gräsern und Nadelhölzern sowie großflächige Monokulturen und die Vergiftung durch Pflanzenschutzmittel.
Für rund die Hälfte aller Wildbienenarten genügt eine bewuchsfreie Sandfläche, um ihr kleines
röhrenartiges Nest anzulegen.
22
Blütezeit in der Mark
So nicht: Die Bohrlöcher sind zerfasert und führen zu verletzungen der Flügel.
Grenzwertig: Gut erkennbar ist, dass mit Rissen durchzogene Bohrlöcher nicht angenommen werden.
Künstliche Nisthilfen für Wildbienen
Hilfreich sind menschengemachte Wohnlöcher
in einem aufgehängten Holzklotz – ohne Fasern
und so tief wie der scharfe Bohrer mit unterschiedlichstem Durchmesser reicht, ohne das
Holz komplett zu durchbohren. Dabei gehören
die Bohrungen in die Längs- und nicht in die
Stirnseite des Holzes. Die Bohrspäne müssen
aus den Löchern ausgeklopft und eventuelle Fasern am Eingang weggeschliffen werden. Wohnlöcher mit einem Durchmesser von zwei bis sechs
Millimetern werden am liebsten angenommen,
von manchen Arten auch bis zu 10 Millimeter.
Esche und Linde oder Obstgehölze eignen sich
besonders gut, weil dieses Holz bei hoher Luft-
destens ein Jahr an einem luftigen Platz langsam
feuchtigkeit kaum quillt. Andernfalls würde die
getrocknet ist. Ein regengeschütztes, sonniges
darin befindliche Brut erdrückt werden. Auch soll-
Plätzchen vermeidet das Wachstum von Pilzen,
ten zwischen den Löchern mindestens zwei Zen-
die die Brut zerstören können. Allerdings sollte
timeter Abstand verbleiben, damit das Holz nicht
das Holz keinesfalls imprägniert werden. Denn
zu stark reißt. Damit sich Schwundrisse nicht
Holzschutzmittel unterscheiden nicht zwischen
durch die späteren Brutröhren ziehen, kann man
Schädlingen und Nützlingen – sie töten alles.
das Bohren auch aufschieben, bis das Holz min-
Da Wildbienen für den Verschluss ihrer Niströhren
Blütezeit in der Mark
Die wohl
bekannteste
Wildbiene ist die
Erdhummel
(Bombus terrestris).
23
Hohlstrang-Falzziegel, wie sie gelegentlich zur Dacheindeckung dienen, sind eine einfache Lösung, die allerdings
nur häufig vorkommenden Arten hilft.
wuchsfreien Boden. Das fällt besonders zwischen Pflastersteinen auf, wenn dort kleine „Vulkane“ entstehen. Überlässt man die Bienen ih-
Lehm benötigen, den sie kaum noch finden, hilft
24
rem angeborenen Bautalent, räumen sie die
ein frei zugänglicher kleiner Haufen im Garten
Türmchen wieder ganz allein ab. Reinliches
oder ein Blumentopf mit Lehm. Auch hohle Pflan-
Wegfegen stört sie dagegen, zieht ihre Arbeit
zenstengel werden gern angenommen, am bes-
in die Länge und lässt das Pflaster absacken.
ten am ursprünglichen Standort. Fallen sie aber
Nichtstun ist hier die beste Entscheidung.
beim notwendigen Verjüngungsschnitt an – wie
Nun heißt es nur noch Abwarten. Solitärbienen
dies zum Beispiel bei Brombeeren gelegentlich
sammeln Blütenpollen, den sie ähnlich wie Ho-
erforderlich ist – lassen sich auch Bündel davon
nigbienen an ihre Beinchen geklebt nach
gut im Trockenen aufhängen. Dabei sollten sich
Hause tragen. Dort stampfen sie ihn in die aus-
die Bündel nicht im Wind drehen. Denn das er-
gewählte Röhre, legen ein Ei darauf und ver-
schwert den Anflug der Bienen. Mit solchen waa-
schließen die Zelle mit Lehm. Es folgt der wei-
gerecht und senkrecht aufgehängten dünnen
tere Polleneintrag – darauf ein Ei und wieder
Bündeln wirkt die Fassade einer Gartenlaube viel
wird die Zelle verschlossen, bis die Röhre voll
rustikaler. Und wem bei der Gartenarbeit leere
und das Liniennest, wie der Fachmann sagt,
Schneckenhäuser vor den Füßen herumliegen,
fertig ist. Manche Bienen tragen zuvor noch
der lege sie einfach an einen geschützten Platz,
Nistmaterial ein, zum Beispiel die Blattschnei-
denn auch diese werden besiedelt. Am besten
derbienen. Gerade im sandigen Boden stabili-
ist es, die Nisthilfen zu verteilen, zum Beispiel
siert dies die Seitenwände oder den Nestein-
am Gartenhaus, an Zaunpfählen oder an Bäu-
gang. Aus den Eiern schlüpfen Larven, die sich
men mit lockerer Krone. Andernfalls haben Pa-
vom Pollen ernähren und anschließend verpup-
rasiten und Feinde leichtes Spiel.
pen. Meist erst im nächsten Jahr schlüpfen die
Etwa die Hälfte aller Wildbienenarten gräbt ihre
fertigen Bienen heraus, in umgekehrter Reihen-
Brutstätten in offenen, also weitgehend be-
folge der Eiablage.
Blütezeit in der Mark
Kooperation statt Konkurrenz
Gegen das Ausrauben der Brut durch Vögel helfen engmaschige Gitter unmittelbar vor den Nisthilfen. Gerade
Pflanzenstengel werden sonst gern geplündert.
Mitunter wird behauptet, dass Honigbienen in
Konkurrenz zu Wildbienen stehen. Das ist falsch.
bienen durch eine ganzjährig soziale Lebens-
Honigbienen und Pflanzen haben sich im Laufe
weise aus. Sie überwintern als Volk. Da sie den
der Evolution einander angepasst – und dies be-
Winter aber nicht schlafend, sondern ruhend ver-
vor es Menschen gab, die sie später in ihre Ob-
bringen, zeitweilig sogar brüten, müssen sie im
hut nahmen. Bereits vor mehr als 10 000 Jahren,
Inneren des Wintersitzes mindestens 20 Grad
als sich Europa nach der letzten Eiszeit wieder
Celsius erzeugen, für die Brut sogar 35 Grad.
erwärmte, dehnten sich die Wälder mit wärme-
Dazu benötigen die Honigbienen ausreichend
liebender Flora wie Hasel, Eiche und Buche vom
Brennstoff, nämlich Honig. Um ausreichend Ho-
Mittelmeerraum gen Norden bis nach Skandina-
nigvorräte anzulegen, nutzen sie bevorzugt Mas-
vien aus. Mit ihnen kamen die Honigbienen.
sentrachten.
Imkern ist es zu verdanken, dass es heute noch
Wo Bienenvölker mit einem individuellen Jahres-
Honigbienen gibt. Denn ohne diesen Berufsstand
bedarf von 50 Kilogramm Pollen und 70 Kilo-
würde es den Honigbienen noch schlechter ge-
gramm Honig noch einen Überschuss erzeugen,
hen als den Wildbienen: In einer Kulturlandschaft
kann die Nahrung für einzeln lebende Wildbienen
finden Honigbienen kaum noch geeignete, aus-
mit einem Bedarf von einem bis zehn Gramm
reichend große Nisthöhlen. Hinzu kommen der
Pollen für die Aufzucht der Nachkommen nicht
bereits beschriebene zeitweilige Nahrungsman-
zu knapp sein. Honigbienen arbeiten höchst öko-
gel sowie im Zuge der Globalisierung einge-
nomisch nach folgender Strategie: Einzelne Bie-
schleppte Parasiten.
nen fliegen aus und suchen Nektar sowie Pollen.
Dass Honigbienen und Wildbienen natürlicher-
Finden sie wenig, bestäuben sie dabei die ge-
weise nicht in Konkurrenz stehen, lässt sich auch
fundenen Blüten, damit sie Samen bilden und
zudem biologisch erklären: Im Gegensatz zu al-
sich vermehren können. Anschließend fliegen sie
len anderen Bienenarten zeichnen sich Honig-
wieder nach Hause. Erst, wenn sie reichlich Nah-
Blütezeit in der Mark
25
Bienen werden immer
wieder auch verwechselt – zum Beispiel mit
der Deutschen Wespe
(links im Bild) oder auch
mit der Hornisse
(Vespa crabro) – eigentlich größer und lauter,
die sich rechts im Bild
die Vorderbeine putzt.
rung vorfinden, teilen sie dies im Bienenstock
standserfassung konnten von den deutschland-
mit. Sie rekrutieren so weitere Arbeiterinnen für
weit 550 Wildbienenarten auf dem zwei Hektar
die effektive Nutzung des zeitlich begrenzt ver-
großen Institutsgelände immerhin 83 Arten nach-
fügbaren Nahrungsangebots. Dafür legen sie er-
gewiesen werden. Darunter waren zwei Arten,
forderlichenfalls auch mehrere Kilometer zurück.
die als in der Region ausgestorben galten, sieben
Allein aufgrund der großen Anzahl Bienen in ei-
gelten als sehr selten und 16 weitere als selten.
nem Volk fressen sie also keineswegs einzeln
Dies ist vermutlich durch die gute imkerliche Pra-
(solitär) lebenden Bienen die Nahrung weg. Statt-
xis bedingt, Überbesatz mit Bienenvölkern zu ver-
dessen gibt es unter den Wildbienen konkurrenz-
meiden und die Entwicklung eines breit gefä-
starke Arten wie die Große beziehungsweise Gar-
cherten Nahrungsangebots zu unterstützen.
ten-Wollbiene (Anthidium manicatum), die ihr
Nahrungs- und Nistmöglichkeiten sind also der
Nahrungsrevier, beispielsweise einen Strauch,
Schlüssel zum Überleben unserer heimischen
vehement gegen andere Blütenbesucher erfolg-
Bienenfauna. Doch viele für Wildbienen ange-
reich verteidigen – auch gegen Honigbienen.
botene Saatgutmischungen sind zwar optisch
Ein Beispiel mag verdeutlichen, wie positiv sich
attraktiv, aber wenig nützlich, insbesondere wenn
Honigbienenhaltung auf Wildbienen auswirken
sie gefüllt blühende Sorten und fremdländische
kann. Am Standort des Bieneninstituts Hohen
Arten enthalten. Zur Förderung der Wildbienen
Neuendorf wird nachweislich seit den 1920er Jah-
geeignetes Saatgut bieten auf der Basis gebiets-
ren eine Bienenhaltung mit mehreren Dutzend
heimischer Kräuter unter anderem:
Bienenvölkern betrieben. Zudem verfügt Hohen
Neuendorf über einen ausgesprochen mitgliederstarken Imkerverein mit zahlreichen Nebenerwerbsimkern, der auch für eine hohe Honigbienendichte in der Umgebung sorgt. In einer
Anfang der 1990er Jahre durchgeführten Be-
26
Blütezeit in der Mark
Klein – aber nützlich
Selbstbefruchtung kommt. Dazu brauchen die
In Brandenburg ernten die Imker laut Tierzucht-
Pflanzen einen „Liebesboten“.
report der letzten Jahre des Landesamts für
Die Bestäubung und die daraus resultierende Be-
Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flur-
fruchtung ihrer weiblichen Keimzellen mit den
neuordnung durchschnittlich 34 Kilogramm Ho-
männlichen Pollen anderer Artgenossen führt bei
nig pro Volk und Jahr, insgesamt 1 300 Tonnen.
insektenblütigen Kulturpflanzen zu hoher Ertrags-
Hinzu kommt das Bienenwachs, welches in einer
sicherheit, qualitativ hochwertigen Früchten und
Größenordnung von weniger als einem Kilo-
gleichmäßigem Abblühen samt gleichmäßiger
gramm pro Volk und Jahr gewonnen wird. Ein
Reife. Insektenblütige Pflanzen sind leicht daran
großer Teil davon bringt in Form von Kerzen fest-
zu erkennen, dass sie auffällige Blütenblätter in
liche Stimmung ins Haus.
verschiedensten Farben entwickeln, um die flie-
Darüber hinaus bietet ein Bienenvolk Produkte,
genden Bestäuber anzulocken. Zu ihnen gehören
die zwar nicht von jedem Imker geerntet werden,
die Obstgehölze, Raps, Löwenzahn, Klee und die
aber gerade für medizinische Zwecke äußerst
meisten Gartenblumen. Im Gegensatz dazu sind
interessant sind. Das sind Pollen sowie das von
die Blüten von Windblütlern, zu denen zum Bei-
den Bienen daraus erzeugte Bienenbrot, weiter-
spiel Haselnuss, Birke, Pappeln und Gräser ein-
hin Propolis (Kittharz), Gelee royale (Weiselfut-
schließlich aller Getreidearten ebenso gehören
tersaft), Bienengift und Stockluft. Letztere wird
wie die märkische Kiefer, zumindest farblich sehr
allerdings nicht im eigentlichen Sinne gewonnen,
unauffällig. Allein jener durch die Bestäubungs-
sondern direkt am Bienenstock für Behandlun-
leistung der Honigbiene an Kulturpflanzen er-
gen der Atemwege genutzt.
zeugte Wert ist wesentlich höher als der des Ho-
Die wesentliche Leistung der Bienen besteht al-
nigs. Deshalb zahlen insbesondere Obstbau-,
lerdings in der Bestäubung mit Pollen anderer
aber auch manche Ackerbaubetriebe eine Be-
Blüten derselben Art, um Samen und Früchte
stäubungsprämie für den Einsatz von Bienenvöl-
bilden zu können ohne dass es zu Inzucht durch
kern während der Blütezeit. Allerdings reagieren
Blütezeit in der Mark
Honigbiene
27
Entscheidend ist
der Nutzen aus
der Blütenbestäubung der
Honigbienen:
Honig lässt sich
importieren,
Bestäubung
dagegen nicht.
Insektenblütler haben gegenüber
Windblütlern auffällige Kronblätter,
klebrige Pollen und den Nektar
als Belohnung, wie hier die Birne.
die Pflanzen sehr unterschiedlich auf die Bestäu-
eine Biene etwa hundert Blüten besuchen, um ihren
bungstätigkeit der Honigbienen. Einige sind gute
Honigmagen zu füllen. Für ein Kilogramm Honig
Selbstbestäuber. Sie kommen allein mit etwas
sind das sechs Millionen Blüten.
Wind schon gut zurecht. Dazu zählt der auch in
Da ein Bienenvolk jedoch im Laufe eines Sommers
Brandenburg weit verbreitete Raps. Andere sind
100 Kilogramm Honig erzeugt, von denen es etwa
als strenge Fremdbestäuber dringend auf den
70 Kilogramm selbst verbraucht, lässt sich leicht
Dienst der Honigbiene angewiesen. Dies gilt bei-
ermitteln, dass ein Bienenvolk jährlich 600 Millio-
spielsweise für Rotklee. Aber nicht nur zwischen
nen Blüten besucht. Dafür stehen jedoch nur die
den unterschiedlichen Pflanzenarten, auch inner-
Monate März bis August zur Verfügung, also ein
halb einer Pflanzenart gibt es zwischen den ver-
halbes Jahr. Hiervon abzuziehen sind die gerade
schiedenen Sorten erhebliche Unterschiede.
im März und April noch häufig auftretenden kalten
Nektar, aus dem die Bienen Honig bereiten, hat
sowie die während der gesamten Zeit auftreten-
einen Wassergehalt von zirka 70 Prozent, Honig
den Regentage. Letztlich ist die Zahl der Flugtage
dagegen nur noch maximal 20 Prozent. Unter Be-
auf hundert Tage beschränkt. Das heißt, die Bie-
rücksichtigung des Verbrauchs an Nektar für den
nen eines einzigen Volkes befliegen täglich sechs
Sammelflug müssen die Bienen die dreifache
Millionen Blüten. Doch das ist nur der Durch-
Menge Nektar sammeln, um ein Kilogramm Honig
schnitt. Spitzenleistungen von Bienenvölkern lie-
zu erzeugen, also 3000 Gramm. Da die Biene aber
gen bei 30 Millionen Blütenbesuchen an einem
nur die Hälfte ihres Körpergewichts von 0,1 Gramm
einzigen Tag. Die Honigbiene bestäubt Blüten im
zusätzlich transportieren kann, nämlich 0,05
Umkreis von bis zu drei Kilometer um ihren Stock.
Gramm, sind für die genannte Menge 60 000 Aus-
In seltenen Fällen können es auch zehn Kilometer
flüge erforderlich. Weil die Pflanzen den Nektar je-
und mehr werden.
doch nicht ohne Gegenleistung feilbieten, sondern
die Bienen animieren wollen, den Pollen zwecks
28
Bienen als Ertragsfaktor nutzen
Bestäubung von Blüte zu Blüte zu tragen, gibt jede
Brandenburgs Landwirtschaft und insbesondere
Blüte nur ein winziges Nektartröpfchen ab. So muss
der Gartenbau profitieren von der Bestäubungs-
Blütezeit in der Mark
Blütezeit in der Mark
29
30
leistung der Honigbienen – vor allem, wenn sie in
mehr auf die Nutzung landwirtschaftlicher Kultur-
der Nähe landwirtschaftlicher Flächen aufgestellt
flächen angewiesen, um Honig zu ernten.
werden. Doch inzwischen meiden manche Imker
Ob Raps oder Sonnenblume, Apfel oder Kirsche –
landwirtschaftliche Nutzflächen: Einerseits bieten
viele Kulturpflanzen zeigen alle typischen Merkmale
diese nur für kurze Zeit Nahrung, andererseits hat
eines Insektenblütlers. Mit leuchtenden Kronblättern
der chemische Pflanzenschutz immer wieder für
und intensiver Nektarproduktion werben die Blüten
Unmut bei den Imkern gesorgt. Aufgrund des er-
um den Besuch von Insekten. Auch wenn der Pol-
heblichen Rückgangs der Bienenhaltung in Bran-
len zum Teil durch Wind verbreitet werden kann
denburg nach 1990 sind viele Imker auch nicht
oder es sogar zur Selbstbefruchtung der Narbe
Blütezeit in der Mark
Weißdorn
Berberitze
Brombeere
Säulenkaktus
Pfaffenhütchen
Ebersche
Kornelkirsche
Hartriegel
Blütezeit in der Mark
31
Der Ertrag von
Kulturpflanzen wird
wesentlich von Bienen
beeinflusst. Gerade
Raps, eine der
Hauptfeldkulturen
in Brandenburg,
profitiert davon.
Die Bestäubung
beeinflusst
auch die Qualität: Hier fand keine
ausreichende Bestäubung statt, nicht alle
Keimzellen bildeten
Samen. Der Apfel
wurde schief.
32
mit blüteneigenem
Aussaat an den späteren Einsatz von Bienen-
Pollen kommt, so
völkern zu denken. Pro Hektar insektenblütiger
beweisen neue wie
Kultur sollte mindestens ein Bienenvolk zum Ein-
alte Untersuchungen,
satz kommen, jedoch nicht mehr als vier. Mehr
dass insektenblütige
ist nur bei mittelschweren bis schweren Böden
Pflanzen, zu denen in
und ausreichend Feuchtigkeit ratsam. Auf Sand-
Landwirtschaft und Obstbau alle
böden, wie sie für die „Märkische Streusand-
zweikeimblättrigen Arten gehören, von der Be-
büchse“ typisch sind, würde bei dieser Bienen-
stäubung durch Insekten profitieren.
dichte oft kein Honigertrag mehr möglich sein.
Auffallend ist dabei: Auch wenn die Erträge bei
Die Bienenvölker sind in Gruppen an bezie-
vielen Kulturarten in den letzten Jahrzehnten so-
hungsweise zwischen den Flächen so zu vertei-
wohl durch Züchtung sowie optimierte agrotech-
len, dass die Bienen Radien von nur wenigen
nische und chemische Maßnahmen erheblich ge-
hundert Metern befliegen müssen. Für die Auf-
stiegen sind, hat sich an der Befruchtungsbiologie
stellung eignen sich ebene Splitterflächen, die
nichts geändert. Der bereits vor Jahrzehnten fest-
nicht mehr ackerbaulich genutzt werden und der
gestellte Einfluss auf die Frucht- und Samenbil-
Saumbereich an Windschutzhecken besonders
dung verschiedener Kulturen bestätigt sich bis
gut. Gerade hier ist aber eine Breite von min-
heute – nur eben auf einem deutlich höheren Er-
destens drei Metern erforderlich, da die Imker
tragsniveau.
meist mit einem PKW, Kleintransporter oder Ge-
Für Bienen und Bauern ist das eine Win-Win-Si-
ländewagen samt Anhänger unterwegs sind.
tuation: Für den durch Bienen bedingten Mehr-
Starke Bodenunebenheiten und lehmige, stark
ertrag ist für den Landwirt kein zusätzlicher Mehr-
durchfeuchtete Böden ohne feste Grasnarbe
aufwand erforderlich – von seinem Mehraufwand
können für die Imker zu einem Problem werden.
beim Bergen der größeren Ernte einmal abge-
Obstanlagen bieten dagegen häufig in den Ar-
sehen. Doch damit die Imker mit ihren Bienen-
beitsgassen zwischen und neben den Kulturen
völkern kommen, ist es wichtig, schon bei der
gute Aufstellungsmöglichkeiten.
Blütezeit in der Mark
Blütezeit in der Mark
33
Wichtige Bienenweidepflanzen
Nutzpflanzen
Zwischenfrüchte
Bäume
Sträucher
kultur sowie die Beseitigung von Feldgehölzen
und Feldrainen oft nicht mehr gegeben. Gegensteuern lässt sich mit Windschutzhecken inklu-
Raps
Phacelie
Weiden-Arten
Weiden-Arten
Weiß-/Rotklee
Winterwicke
Obstgehölze
Haselnuss
Kulturen, schadschwellenbezogener Unkrautund Schädlingsbekämpfung, Blühflächen, Bio-
sive Saumbiotop, die Fruchtfolge verschiedener
Bokharaklee
Sommerwicke
Ahorn-Arten
Himbeere
Luzerne
Esparsette
Linden-Arten
Brombeer-Arten
Sonnenblume
Serradella
Robinie
Faulbaum
Silphie
Perserklee
Rosskastanie
Wildrosen-Arten
gaserzeugung auf der Basis verschiedener Pflanzenarten, Zwischenfruchtanbau sowie durch die
gärtnerische Gestaltung betrieblicher Grundstücke, Hof- und Lagerflächen.
Von all dem profitieren auch Wildtierarten. WindTopinambur
Inkarnatklee
Esskastanie
Bocksdorn
Buchweizen
Malve
Eberesche
Schlehe
Spargel
Ölrettich
Bienenbaum
Hartriegel-Arten
schutzhecken lassen sich ebenso leicht wie kostengünstig in Form von Benjes-Hecken anlegen
oder ergänzen. Durch das Aufschichten von
Baum- und Strauchschnitt wird der künftige Heckenverlauf markiert. Die darin nistenden Vögel
Durch einen Abstand von mehreren Dutzend Me-
lassen immer wieder Samen fruchttragender
tern zu Feldwegen oder durch breite, dichte He-
Baume und Sträucher fallen und im Schutz des
cken werden die Bienenstände vor Ausflüglern
entsorgten Gestrüpps entwickelt sich eine neue
und Reitern abgeschirmt. Landwirte sollten ihre
Hecke.
Flächen gemeinsam mit den Imkern vor Aufstel-
Zu guter Letzt: Eine angemessene Bestäubungs-
lung der Bienenvölker besichtigen.
prämie lockt auch Imker an.
Da der Flugradius optimal unter einem Kilometer
liegt und effektiv nur auf wenige Kilometer ausgeweitet werden kann, ist die Nahrungsversorgung in der Feldflur durch großflächige Mono-
34
Blütezeit in der Mark
Pflanzen- und Bienenschutz
Kulturpflanzen und Honigbienen gehen in jedem
werden. Weiterhin ist sicherzustellen, dass blü-
Frühjahr und Sommer eine enge Verbindung ein.
hende Unkräuter im Pflanzenbestand sowie blü-
Damit diese Verbindung auch fruchtbar bleibt,
hende oder von Bienen beflogene Pflanzen an
kommt es darauf an, dass Landwirte und Garten-
Feldrändern, Hecken und anderen angrenzen-
besitzer Pflanzenschutzmittel nicht nur sparsam,
den Bereichen nicht von solchen Pflanzenschutz-
sondern vor allem bienengerecht einsetzen.
mitteln getroffen werden. Die Grundsätze der gu-
Die Blüte vieler Trachtpflanzen wie Raps und
ten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz wie die
Obstkulturen; ist auch die Zeit, in der viele
Vermeidung von Abdrift und das Beachten von
Schadorganismen aktiv sind. Nach Möglichkeit
Windgeschwindigkeit und Windrichtung beim
sollte auf chemische Pflanzenschutzmaßnahmen
Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln sind zwin-
während der Blüte der Kulturen verzichtet wer-
gend einzuhalten.
den. Unbedingt notwendige Anwendungen soll-
Einige Insektizide, die als bienenungefährlich
ten außerhalb des täglichen Bienenflugs erfol-
(B4) eingestuft sind, können negative Auswir-
gen. Ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
kungen auf andere Blütenbesucher haben, die
während der Blüte von Kulturpflanzen unvermeid-
empfindlicher als die Honigbiene reagieren. Ihre
bar – zum Beispiel gegen Monilia-Spitzendürre
Anwendung in die Blüte sollte deshalb möglichst
und Blütenfäule in Steinobst, gegen Schorf in
ebenfalls unterbleiben oder erst in den Abend-
Kernobst oder gegen den Sclerotinia-Pilz im
stunden erfolgen.
Raps – sind die Regelungen zum Bienenschutz
Besondere Vorsicht ist bei Tankmischungen ge-
konsequent einzuhalten. Diese gelten uneinge-
boten. Tankmischungen mehrerer Insektizide,
schränkt auch für Pflanzenschutzmittelanwen-
auch wenn sie einzeln als bienenungefährlich
dungen im Haus- und Kleingartenbereich.
(B4) eingestuft sind, können wegen der sich ad-
Als bienengefährlich (B1) eingestufte Pflanzen-
dierenden Wirkung nicht als bienenungefährlich
schutzmittel dürfen niemals – auch nicht nachts
betrachtet werden. Auch Tankmischungen mit
– in blühende Pflanzenbestände ausgebracht
bestimmten Fungiziden können die Bienenge-
Blütezeit in der Mark
So ist keine Ernte zu
erwarten: Wenn
diese Massen an
Rapsglanzkäfern satt
gefressen sind, ist
hier nichts mehr
zu bestäuben.
35
fährlichkeit erhöhen. Insbesondere bei mit Insek-
36
NB 661: Mittel ist bienengefährlich B1
tiziden gebeiztem Saatgut ist Abdrift von Beiz-
NB 662: Mittel ist bienengefährlich, außer bei
stäuben unbedingt zu vermeiden. Auf die Ver-
Anwendung nach dem täglichen Bienenflug in dem
wendung entsprechender Aussaattechnik ist zu
zu behandelnden Bestand bis 23 Uhr B2
achten. Die Aussaat von mit bestimmten Pflan-
NB 663: Aufgrund der durch die Zulassung
zenschutzmittelwirkstoffen aus der Gruppe der
festgelegten Anwendungen des Pflanzenschutz-
Neonicotinoide behandeltem Maissaatgut ist
mittels werden Bienen nicht gefährdet B3. Wird das
nach wie vor verboten. Ein entsprechendes Ver-
Mittel abweichend von den Anwendungsvorschrif-
bot gilt inzwischen neben Mais auch für weitere
ten eingesetzt (Einsatzzweck, Anwendungszeit,
Kulturen wie Raps, einschließlich Sommerraps.
Konzentration, Aufwandmenge, Tankmischung mit
Nach der Bienenschutzverordnung dürfen als
anderen Pflanzenschutzmitteln – auch mit
bienengefährlich eingestufte Pflanzenschutzmit-
Tankresten), kann dieses Mittel gegebenfalls
tel nicht auf von Bienen beflogene Flächen aus-
bienengefährlich werden.
gebracht werden, unabhängig davon, ob sie
NB 664: Mittel ist bis zur höchsten durch die
zum aktuellen Zeitpunkt blühen oder nicht.
Zulassung festgelegten Aufwandmenge
Was bedeutet das für die Praxis? Bei blühenden
beziehungsweise Anwendungskonzentration als
Kulturen ist die Lage klar. Aber schon wenn sich
nicht bienengefährlich eingestuft B4. Wird das Mit-
die ersten Vorblüher im Bestand zeigen, wenn
tel abweichend von den Anwendungsvorschriften
Unterwuchs oder Durchwuchs zur Blüte kommt,
eingesetzt (insbesondere bezüglich Menge,
dürfen bienengefährliche Mittel nicht angewandt
Konzentration, Tankmischung mit anderen Pflanzen-
werden. Bei starkem Blattlausbefall werden oft
schutzmitteln – auch mit Tankresten!), kann dieses
auch Kulturen beflogen, die für Bienen eigentlich
Mittel gegebenenfalls bienengefährlich werden.
uninteressant sind, zum Beispiel Getreide oder
NB 6643: Wenn das Mittel in Mischung mit
Kartoffeln. Zudem können Wasserpfützen ein
Fungiziden angewendet wird, darf die Anwendung
Problem darstellen, wenn selbige von den Bie-
nur abends nach dem täglichen Bienenflug
nen zur Wasserversorgung genutzt werden.
bis 23 Uhr erfolgen.
Blütezeit in der Mark
Bienengefährliche Planzenschutzmittel dürfen
nicht in von Bienen beflogene Bestände
gelangen – Durchwuchs und Vorblüher dürfen dabei
nicht übersehen werden.
Blütezeit in der Mark
37
Raps ist in
Brandenburg eine
weit verbreitete
Ackerkultur. Hier
bietet der Saumbereich der Windschutzhecke gute
Möglichkeiten zum
Aufstellen von Bienenvölkern.
So kann der Ertrag
für Landwirt und
Imker deutlich
gesteigert werden.
38
Wie stellt man fest, ob Flächen beflogen werden?
dann gegeben, wenn auf mehreren Quadratme-
Blühen insektenblütige Pflanzen wie Obst, Raps,
tern eine einzige Biene zu beobachten ist. Bienen
Sonnenblume, Buchweizen und die verschie-
können in kurzer Zeit viele Blüten aufsuchen und
densten Leguminosen, ist grundsätzlich davon
die meisten Bestände blühen mehrere Wochen
auszugehen, dass sie beflogen werden. Glei-
lang. Andererseits ist der Bienenflug nicht kon-
ches trifft für starken Besatz mit Blattläusen, bei
stant. Abhängig von Pflanzenart und Witterung
blühendem Unterwuchs (zum Beispiel Löwen-
schwankt er im Tagesverlauf und verläuft in der
zahn, Taubnesseln) und Durchwuchs zu.
Fläche ungleichmäßig.
Das Beobachten des Bestands ist zwar möglich,
Das Landesamt für ländliche Entwicklung, Land-
aber sehr schwierig. Ein starker Beflug ist schon
wirtschaft und Flurordnung (LELF) bietet Analy-
Blütezeit in der Mark
www.mlul.brandenburg.de
völkern besetzten Flächen. Oft ist außerhalb der
Mittagssonne die Wirkung besser. Für die Fungizidbehandlung im Raps sind Dropleg-Düsen empfehlenswert, mit denen die Fungizide dorthin gelangen, wo sie wirken sollen: am Stengel.
Eine frühzeitige Abstimmung mit den Imkern über
die vorgesehenen Pflanzenschutzmaßnahmen ist
in beiderseitigem Interesse. Diese kann im Zusammenhang mit der Festlegung der Wanderstandorte erfolgen. Notfalls ist es besser, wenn
die Imker erst mehrere Tage nach Blühbeginn
sen im Pflanzenschutz an. Darüber hinaus prä-
anwandern. Denn im Gegensatz zu anderen Tier-
sentiert das LELF auf seinen Internetseiten um-
arten kann die Behausung von Bienenvölkern
fängliche Informationen und eine weiterführende
nicht über längere Zeit geschlossenen werden.
Link-Sammlung.
Standimker im Umkreis weniger Kilometer um die
Selbst wenn es nicht zu einer Vergiftung kommt,
zu behandelnden Flächen können mit ihren dau-
kann allein der Sprühfilm die getroffenen Bienen
erhaften Bienenständen nicht ausweichen. Deren
im Flugvermögen so beeinträchtigen, dass sie
Standorte können über den örtlichen beziehungs-
nicht in ihren Stock zurückkehren. Andernfalls tra-
weise regionalen Imkerverein erfragt werden.
gen sie die Spritzbrühe in den Stock, was Beein-
Im Interesse einer guten Zusammenarbeit hat es
trächtigungen der Bienenprodukte und ihrer Ver-
sich als sinnvoll erwiesen, bereits im Winter in den
marktungsfähigkeit mit sich bringen kann. Deshalb
Imkervereinen die Pflanzenschutzstrategien der
ist es zweckmäßig, auch bienenungefährliche Mit-
kommenden Saison vorzustellen. Höhere und bes-
tel abends oder am frühen Morgen auszubringen
sere Erträge für den Landwirt, gesündere und
– zumindest an den bekanntermaßen mit Bienen-
leistungsfähigere Bienen für den Imker.
Blütezeit in der Mark
Links:
Das Brandenburger
Agrar- und
Umweltministerium
informiert auf
seiner Hompage
aktuell über die
Themen Bienenhaltung und
Pflanzenschutz.
Um gesund und
leistungsfähig zu
bleiben, brauchen
Bienen blühende
Pflanzen von
A bis A – von
April bis August.
39
Ein starkes Team:
Imker Dietmar Seiler
(2. v. l.) und Landwirt
Günter Barth (3. v.l.),
sind Partner –
gut beraten durch
Dr. Karsten Lorenz
vom Landesbauernverband und
Brigitte Villmow vom
Kreisbauernverband
Elbe-Elster.
Gemeinsam
geht es besser
beispielsweise beim Raps nach einer
Im Dörfchen Lausitz bei Bad Liebenwerda ar-
Bestäubung durch die Honigbiene möglich?
beiten Bauern und Imker in Sachen Bienenschutz
Barth: Das können locker fünf bis acht Deziton-
zusammen, ein nachahmenswertes Beispiel da-
nen pro Hektar sein, ein ganz erheblicher Mehr-
Wie viel Mehrertrag ist nach Ihrer Erfahrung
für, wie durch gute Kommunikation Bienenschutz
ertrag. Wir haben das hier auf zwei Flächen mit
gelingen kann und gegenseitig Vertrauen auf-
gleichem Boden gemessen: Einmal mit der Ho-
gebaut wird. Günter Barth ist Geschäftsführer
nigbiene, einmal ohne sie.
der Agroland Saxdorf GmbH, Dietmar Seiler ist
hier als Imker unterwegs. Brigitte Villmow ist die
Was ist Ihnen der Einsatz von Bienenvöl-
Geschäftsführerin des örtlichen Kreisbauernver-
kern in Ihren Ackerfrüchten wert?
bands Elbe-Elster mit Sitz in Herzberg.
Barth: Die Bienen und die Insektenbestäubung
sind mir wichtig. Deshalb zahle ich eine Bestäu-
Herr Barth, Sie pflegen als Landwirt
bungsprämie an die Imker. Das sind etwa acht
einen engen Kontakt zu Imkern in Ihrer
bis zwölf Euro pro Volk und Kulturart.
Region, warum?
Günter Barth: Seit meiner Jugend interessiere ich
Herr Seiler, wie viele Völker braucht man
mich für Bienen. Ich habe sogar eine Arbeitsge-
pro Hektar Raps für eine gute Bestäubung?
meinschaft „Junge Imker“ geleitet, aber später war
Dietmar Seiler: Zwei bis vier Völker pro Hektar
keine Zeit mehr dafür. Trotzdem habe ich mich im-
sind normal. In der Saatgutvermehrung ist es
mer für Insekten begeistert. Sie sind Teil der Natur
das Doppelte.
und viele bestäuben Blüten. Dadurch können die
Erträge etlicher Kulturpflanzenarten steigen.
Haben Sie Bedenken wegen des
chemischen Pflanzenschutzes, wenn Sie
Ihre Bienen in die Rapsblüte schicken?
40
Blütezeit in der Mark
Seiler: Nein, die Zusammenarbeit zwischen den
Herr Barth, wie hoch ist Ihr
Landwirten und mir ist mit den Jahren immer bes-
Pflanzenschutzaufwand im Winterraps?
ser geworden. Wir sprechen alles ab. Ich weiß ge-
Barth: Wir bauen jedes Jahr auf etwa 100 bis
nau, was Günter Barth wann im Raps machen will.
130 Hektar Winterraps an. Insgesamt bewirt-
Barth: Eine Blütenspritzung gibt es bei uns ge-
schaften wir 1 150 Hektar Ackerland und 200
nerell nicht. Und die anderen Maßnahmen führen
Hektar Grünland. Unsere Böden sind nicht die
wir morgens oder spät abends durch, wenn
besten, die Ackerzahlen liegen zwischen 18 und
keine Bienen mehr unterwegs sind. Die Imker
27. Jedenfalls hat der Raps bei uns immer eine
wissen immer Bescheid darüber, sodass nie-
Anbaupause von drei bis vier Jahren. Deshalb
mand Probleme bekommt.
So wie auch Buchweizen ist Phacelia eine perfekte Zwischenfrucht: Mit keiner anderen Kulturart verwandt und
sechs Wochen nach Aussaat steht sie bereits in Blüte.
hält sich der Aufwand mit dem Pflanzenschutz
in Grenzen. Wir haben zum Beispiel keine Probleme mit dem Rapserdfloh.
Blütezeit in der Mark
Serradella ist eine
hervorragende Untersaat im Getreide. Sie
sammelt Stickstoff aus
der Luft und gibt ihn
an den Boden ab.
Bienen dient sie als
Nahrung.
Buchweizen wird
wieder verstärkt
nachgefragt. Gerade
auf leichten Böden
bringt er einen guten
Ertrag und lockert
als Blattfrucht Halmfruchtfolgen auf.
41
Rotklee verlangt
schon etwas bessere
Böden, ist aber für
jede Wiese zu
empfehlen. Weißklee
sollte zudem auf
Weiden nicht fehlen.
Der Raps ist abgeerntet, die Blüte mit
ihrem überreichen Futterangebot lange
neben der Sonnenblume und später im
vorbei. Wo sammeln die Bienen
Herbst anbieten, wenn sie ihren Wintervorrat
seitdem Nektar und Pollen?
anlegen wollen?
Seiler: Nach der Rapsblüte waren die Bienen in
Barth: Wir bauen Klee- und Luzernegras an und
den Robinien, dann in den Lindenblüten, das
auch Zwischenfrüchte. Bei den Zwischenfrüchten
war aber dieses Jahr nicht ergiebig. Zurzeit sam-
könnte man noch mehr auf attraktive Blühpflan-
meln sie an Wildkräutern.
zen achten, zum Beispiel auf Phacelia und Buch-
Barth: Wir möchten den Bienen gern noch län-
weizen. Die lassen sich auch zusammen mit Senf
gere Zeit Blühflächen bieten, zum Beispiel Son-
aussäen. Diese Blütenvielfalt würden die Honig-
nenblumen. Aber gerade bei den Sonnenblumen
bienen sicher gern annehmen.
ist es so, dass nicht jede Sorte viel Nektar bildet.
Schön wäre es, wenn man bei der Sortenwahl
die Nektarbildung beachten könnte. Aber darum
wird sich unser Bauernverband kümmern.
42
Was könnte man den Bienen im Sommer
Blütezeit in der Mark
Die Wegwarte, deren Name
zu ihrem bevorzugten
Standort passt,
ist heute eher selten.
Brigitte Villmow: Auf unseren Tagungen und
förderung steigt der Anteil an Trachten in unserer
Schulungen sprechen wir auch über Bienen und
Feldflur weiter an. Wichtig für unsere Landwirte
darüber, wie wir sie fördern können. Über das
und Imker ist, dass sie miteinander reden und
Objektivziel Greening im Rahmen der EU-Agrar-
ihre Arbeiten absprechen.
Ackerhummeln
lieben neben Luzerne
auch Winterwicken.
43
Bienenschutz im Kleingarten
Die Brandenburger gelten als Volk mit dem
sprichwörtlichen „Grünen Daumen“. Fast jede
Familie kultiviert hier ihr eigenes Fleckchen Grün.
In der Summe bilden die Blühpflanzen in Kleinund Hauspflanzen ein enormes Nahrungsangebot. Nach den Bestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes dürfen im Haus- und Kleingartenbereich
ohne Sachkundenachweis nur Pflanzenschutzmittel angewandt werden, die für nichtberufliche Anwender zugelassen sind. Sie sind gekennzeichnet
mit dem Hinweis „Anwendung durch nichtberufliche Anwender zulässig“. Dies betrifft auch Pflanzenschutzmittel, die gemäß der frühereren Regelung mit der Angabe „Anwendung im Haus- und
Kleingartenbereich zulässig“ gekennzeichnet sind.
Das BVL führt dazu im Rahmen des Zulassungsverfahrens eine besondere Prüfung durch. Berücksichtigt werden dabei die Eigenschaften des
Mittels, Art und Größe der Verpackung, die Dosiereinrichtung und andere Kriterien. Vielfalt an
Pflanzen, Insektenhotels und Vogelhäuschen sowie der Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel helfen den Nützlingen im Garten.
Sollte es mal zu einem Problem kommen, sollte
man nicht die Mühe scheuen und über den örtlichen
44
Blütezeit in der Mark
Kleingartenverein einen Gartenfachberater zu Rate
sowie unendlich viele Fensterbretter, Balkone und
ziehen und sich nicht nur darauf verlassen, was
Terrassen. Nicht nur im eigenen Garten führt Ein-
Beipackzettel, Internetforen oder Verkäufer von
heitsgrün zu gähnender Langeweile. Auch die städ-
Pflanzenschutzmitteln per Ferndiagnose mitzuteilen
tischen Grünanlagen, das Straßenbegleitgrün wie
haben. Aktuell sind in Brandenburg 65 300 Garten-
Wegränder und Alleen im Amtsdeutsch genannt
freunde, darunter viele Berliner, in 1292 Vereinen
werden, gewinnen durch blühende, heimische Ar-
organisiert, die sich in 32 Kreis-, Bezirks- und Re-
ten. Meist sind die Kosten geringer, als die Auf-
gionalverbände gliedern und insgesamt 4 100 Hek-
wendungen für die Mitarbeiter des Grünflächen-
tar kleingärtnerische Fläche nutzen. Dazu kommen
amts, die mit ihren Aufsitzmähern das kommunale
noch zehntausende Haus- und Siedlungsgärten
Grün kurz halten müssen.
Blütezeit in der Mark
Im Rahmen der
Agrarförderung wird
die Anlage von
Blütenstreifen
besonders unterstützt.
45
Im Sommer wird
der Schatten der
Alleenbäume
geschätzt. Ihre
Kronen dienen aber
auch vielen
heimischen Tierarten
als Nistplatz und
Nahrungsquelle.
46
Alleen als ökologische Netzwerke
Bundes- und Landesstraßen stehen gegenwärtig
Brandenburg ist neben Mecklenburg-Vorpom-
außerorts 2 344 Kilometer Alleen. Die will das
mern ein Land der Alleen. Alleen gehören hier
Land erhalten. Am 22. Juni 2006 hat der Landtag
zum typischen Landschaftsbild. Sie sind in ihrer
einen Beschluss zur Erhaltung der Brandenbur-
Dimension, Geschlossenheit und ästhetischen
ger Alleen als kulturhistorisches Landschaftsele-
Schönheit einzigartig in Deutschland und in
ment gefasst. Jährlich werden Millionenbeträge
Europa. Brandenburg ist von allen deutschen
aufgewendet, um Bäume zu pflegen, zu erhalten
Bundesländern mit Abstand das alleenreichste
und nachzupflanzen, wie auch die 2014 verab-
Land. An den insgesamt 8 600 Kilometern langen
schiedete Alleenkonzeption festgeschrieben hat.
Blütezeit in der Mark
Bevor die Autos den Personen- und Lastentransport übernahmen, wurde das Meiste mit Pferden
bewegt. Damit diese nicht so stark schwitzen, sondern über weite Strecken fit bleiben, wurden Alleen
aus Laubbäumen angelegt. Im Winter ließen diese
mangels Laub viel Licht auf die Wege und im Sommer spendeten sie den ersehnten Schatten.
Auch heute noch sind sie für Fußgänger, Radfahrer und Biergartenbesucher ein Segen. Selbst
Autofahrer spüren bei sommerlicher Hitze den
Unterschied. Wer einmal genau hinschaut, wird
feststellen, dass Alleen oft aus Ahorn, Linden
oder Eichen verschiedenster Arten bestehen.
Diese bieten vielen heimischen Tieren den nötigen Lebensraum – ganz im Gegensatz zu Platanen, die „nur“ Sauerstoff produzieren. Gerade
Pollen-Allergiker sind dankbar, wenn insektenblütige Bäume zum Einsatz kommen. Ahorn und
Linden sind deshalb die Favoriten. Aber auch
die eingebürgerten Robinien haben sich bewährt. Diese insektenblütige Pflanzen lassen –
wie ihr Bestäubungsmechanismus schon verrät
– ihren Pollen zweckmäßig von Bienen und anderen Nützlingen durch die Gegend tragen.
Windblütler wie Birke, Erle und Pappel erhöhen
dagegen das allergene Potenzial der Atemluft.
Blütezeit in der Mark
47
Haselnuss
Weide
Roßkastanie
Weißer Steinklee
Robinie
Hartriegel
Winterling
Krokus
Weißklee
Apfel
Efeu
Distel
Phacelia
Sonnenblume
Löwenzahn
Essig-Rose
Sonnenbraut
Herbst-Sedum
Günstig für Bienen sind
einfach blühende Sorten.
Gefüllt blühende Sorten
sind nutzlos,
wie dieser Vergleich
der Dahlien zeigt.
Aus Sicht der Imkerei ist die Auswahl einheimischer Pflanzen zu empfehlen. Von diesen profitieren nicht nur die Bienen. Vögel und Kleinsäuger kommen so zu Nistmöglichkeiten und
reichhaltiger Nahrung für den Winter.
Voraussetzung dafür ist die Verwendung von
Wildformen, deren Blüten nicht für das menschliche Auge umgezüchtet wurden. Prägnanteste
Beispiele sind sicherlich Rosen und Dahlien:
Während Wildrosen und Mignon-Dahlien einfach
blühend sind, also einen einfachen Kranz aus
Seite 44/45:
Ein Geschicktes
Zusammenstellen
von Pflanzen nach
Blühzeiten wirkt
wie ein
„Trachtfließband“,
das den Bienen ein
durchgehendes
Nahrungsangebot
vom Frühjahr
bis zum Herbst
bietet.
50
Pflanzenauswahl
Zungenblüten ausbilden, der die inneren Röh-
aus Sicht der Bienen
renblüten umgibt, zeigen gefüllt blühende Sorten
In der Natur gilt: Vielfalt ist Trumpf, auch Biodi-
nur noch einen Ball aus Zungenblüten. Diese
versität genannt. Doch während es im Frühjahr
dienen jedoch nur als optisches Signal, um Bie-
oft reichlich blüht, fehlt es in der warmen Jah-
nen anzulocken. Nahrung enthalten sie nicht. Ei-
reszeit. Gerade im Hoch- und Spätsommer
nem ähnlichen Täuschungsmanöver unterliegt,
brauchen die Honigbienen ein reiches Nah-
wer Knospen-Heide pflanzt: Damit sich der
rungsangebot. Denn ab August werden die
Mensch lange an der Blütenfarbe der Heide er-
künftigen Winterbienen aufgezogen. Nur diese
freut, blühen ihre Knospen niemals auf. Denn
sichern das Überleben des Bienenvolks wäh-
das ist nur bei Wildformen der Fall. Neben diesen
rend der kalten Jahreszeit. Wurden sie in ihrer
eignen sich viele Korbblütler wie Sonnenblume,
Jugend mangelhaft ernährt, fehlt ihnen die Kraft,
Sonnenhut, Sonnenbraut und Sonnenauge für
bis zum Frühjahr durchzuhalten. Das Bienenvolk
die sommerliche Blütenpracht. Anschließend tra-
geht vorzeitig ein und trägt zum berüchtigten
gen Sedum-Arten die Erinnerung an diese wär-
Bienensterben bei.
mere Jahreszeit bis weit in den Herbst hinein.
Blütezeit in der Mark
Sommerlinde
Sommerlinde
Berg-Ahorn
Berg-Ahorn
Roßkastanie
Roßkastanie
51
Wenn die Auswahl der
Blühpflanzen stimmt,
können auch Kleingärten
für Bienen attraktiv sein.
52
Blütezeit in der Mark
Ein ganz besonderer Ort:
Die Honigkirche
Neu Hartmannsdorf
Am südöstlichen Stadtrand von Berlin liegt die
700-Seelen-Gemeinde Hartmannsdorf. Ihre äußerlich unscheinbare Dorfkirche im Ortsteil Neu
Hartmannsdorf beherbergt ein einzigartiges Interieur – einen Altar und eine Altarwand aus reinem Bienenwachs.
Schon in einer ersten Urkunde über Hartmannsdorf aus dem Jahr 1510 werden neben Fischern
und Bauern auch Zeidler erwähnt – die Vorläufer
der heutigen Imker. Sie betreuten ihre Bienenvölker noch in den Wäldern in speziell dafür hergerichteten Baumhöhlen hoch über dem Erdboden. Denn dort gab es die ursprünglichen
Behausungen der Bienen – fern des Zugriffs
durch Braunbären und andere honignaschende
Zeitgenossen. Erst später kamen findige Siedler
auf die Idee, die Bienenvölker aus den hochgelegenen Baumhöhlen herunter zu holen und im
Garten hinter dem Haus aufzustellen.
Die ehemalige Gemeindepädagogin Marianne
Stein erläutert, wie es zum Wachsaltar in Neu
Hartmannsdorf kam: „Als die 1858 errichtete
Kirche nach massiven Schäden durch den
Zweiten Weltkrieg baufällig geworden war, entschloss sich die evangelische Kirchengemeinde
Spreenhagen 1988 zur Sanierung. Diese wurde
1993 vollendet. Da der ursprüngliche Altar zwischenzeitlich durch einen düsteren schwarzen
Tisch mit einem ebenso düsteren Holzkreuz ersetzt worden war, ersann die Berliner Künstlerin
Brigitte Trennhaus eine freundliche, einladende
Gestaltung. Inspiriert hatten sie dazu Schilder
örtlicher Imker, die Honig feilboten, ebenso wie
das weithin vernehmbare Leuchten blühender
Löwenzahn-Wiesen rund um den beschaulichen Ort. Um Altes zu bewahren, wurde Holz
des baufälligen Dachstuhls im wächsernen Altar
mit eingeschmolzen. Doch dieses sank offenbar
noch während der Fertigung bis ganz nach unten, zog über die Jahre Feuchtigkeit aus dem
steinernen Fußboden und sprengte schließlich
das Kunstwerk.“
Von außen unauffällig birgt die
Hoffnungskirche Neu-Hartmannsdorf
einen besonderen Altar.
Blütezeit in der Mark
53
So stand 2012 die komplette Erneuerung des
„Am zweiten Advent 2012 wurde der neue Altar
Altars an. Und diesmal sollte er länger halten:
mit einem Festgottesdienst in Gebrauch genom-
Der Landesverband Brandenburgischer Imker
men, nachdem wir uns, ohne es auch nur zu ah-
e.V. rief zu Wachsspenden auf.
nen, beim Abendmahlsgottesdienst am Gründon-
Gemeindemitglieder beteiligten sich zwei Wo-
nerstag gleichen Jahres von seinem Vorgänger
chen lang am Gießen ihres Altars: Vor der
verabschieden mussten“, erinnert sich Marianne
Kirche wurde das von Imkern aus Branden-
Stein noch lebhaft. Der duftende, samtweiche Al-
burg und von weit her gespendete Bienen-
tar ist wie die Zelle einer Bienenwabe sechseckig
wachs geschmolzen. Nun kam es darauf an,
geformt und erreicht im Durchmesser von Ecke
das heiße Wachs mit Eimern in die Kirche zu
zu Ecke 1,35 Meter bei einer Höhe von 97 Zenti-
tragen, um den 800 Kilogramm schweren Al-
metern. Die Wand hinter dem Altar ist mit Bie-
tar vor Ort in die dafür gefertigte Form zu gie-
nenwachs verkleidet, das in bis zu 80 dünnen
ßen. Schicht um Schicht musste aufgetragen
Schichten auf Gipsplatten aufgetragen wurde. So
werden. Nur wenn diese einzeln langsam ab-
wurden an der elf Meter hohen und zwölf Meter
kühlt, können Risse vermieden werden. Zu
breiten Altarwand weitere 200 Kilogramm Bie-
diesem Zweck wurde auch, wie in das Fun-
nenwachs verarbeitet, in welches fruchtbringen-
dament neu entstehender Häuser, ein Draht-
der Blütenstaub eingearbeitet worden ist. Der
geflecht eingelegt. Nach altem Brauch wurde
charakteristische Duft des Wachses erfüllt den
auch eine Schatulle mit Dokumenten und
Raum und seine sanfte goldgelbe Farbe strahlt
Münzen für die Nachwelt hineingegeben.
Ruhe aus. Das obligate Holzkreuz wird aus den
Dann hieß es nur noch Abwarten, bis der Altar
Buchstaben des senkrecht und waagerecht po-
komplett ausgekühlt war und die Verschalung
sitionierten Wortes Licht gebildet.
abgenommen werden durfte...
54
Licht – ein frommer
Wunsch in
Bienenwachs
Einmalig in der Hoffnungskirche:
Altarwand und Altar sind aus reinem
Bienenwachs gefertigt
Blütezeit in der Mark
55
„Spinnengrotte“
Bienenkörbe als
Heimstadt der Völker
verbreiteten sich
zunächst in
waldärmeren
Gebieten westlich
von Elbe und Saale.
Otto I. (912-973)
56
Bienenhaltung –
aus dem Jahr 965. Es ist nicht bekannt, ob der
Leidenschaft mit Tradition
Honig den Bienenvölkern, die in Baumhöhlen
Honigbienen gibt es weit länger als den Men-
lebten, damals unter Zerstörung ihrer Nester ent-
schen: Während letzterer erstmals vor 160 000
nommen wurde, oder ob es schon eine Wald-
Jahren die Welt durchwanderte, summten die
bienenzucht gab.
ersten Bienen schon 90 Millionen Jahre früher.
Die frei gewachsenen, blütenreichen Mischwäl-
Als Jäger und Sammler erkannten sie Ge-
der samt ihrer Lichtungen boten den Bienen Nah-
schmack sowie die Kraft spendende Wirkung
rung vom Frühjahr bis zum Spätsommer. Um
des Honigs, wie eine Felszeichnung in der „Spin-
Bäume, in denen sich Bienenvölker befanden,
nengrotte“ (Cueva de la Arana) bei Bicorb, nahe
vor Windbruch zu schützen, wurden sie gewip-
dem spanischen Valencia, beweist. Auch die
felt, also von der Krone befreit. Jene Menschen,
Brut stellte eine wertvolle Eiweißquelle dar. So
die sich um die Beutenbäume beziehungsweise
blieb es nicht aus, dass Menschen den Bienen
Bienenstöcke, also die als Behausung dienenden
immer wieder nachstellten und die Nester aus-
Bäume samt ihren Bewohnern kümmerten, ent-
raubten beziehungsweise ausbeuteten, daher
wickelten eine hohe Kultur der Bienenpflege –
der Begriff „Beute“ für Behausung. In Afrika, der
Waldimkerei oder auch Zeidlerei (von altdeutsch
Wiege der Menschheit, half der Honigkuckuck
zeideln = Honig schneiden) genannt.
beziehungsweise Honiganzeiger beim Auffinden
Streng darauf bedacht, dass es den Bienen gut
höhlenbewohnender Bienen. Die Urmenschen
ging, um sich mit ihnen den Lebensunterhalt zu
konnten ebenso wie große Raubtiere, wie der
verdienen, zimmerten sie nach dem Vorbild der
Honigdachs, die Höhlen aufbrechen und den
Natur in ausreichend großem Abstand Höhlen in
Honiganzeiger an der Beute teilhaben lassen.
geeignete Bäume. Denn ohne eine ausreichend
Die ältesten schriftlichen Zeugnisse über die Ho-
große trockene Höhle in vor Bären sicherer Höhe
niggewinnung auf dem Territorium des heutigen
können Bienenvölker nicht sicher überleben.
Brandenburg sind Urkunden von Kaiser Otto I.
Die dabei entstandene große Öffnung wurde mit
Blütezeit in der Mark
Das Flugloch ist der Puls des Bienenvolks. Imker können
hier genau beobachten, was passiert.
Viel im Wald unterwegs, wurde den Zeidlern das
einer passgenau gezimmerten Klappe versehen,
Waffenrecht übertragen, um Wilddieben Einhalt
die gegenüberliegende Seite mit einem Flugloch
zu gebieten und die Handelswege gegen Räuber
nach Südost. Die Beuten konnten von der Rück-
sicherer zu machen. Dafür erhielten sie eine Arm-
seite her bewirtschaftet werden, nachdem der
brust und hatten bei Bedarf des Landesherrn
Zeidler den Baum erklommen hatte. Bevorzugt
Kriegsdienst zu verrichten. Auch eine eigene Ge-
nutzten sie Kiefern, Fichten und Tannen in min-
richtsbarkeit wurde dem gesellschaftlich hoch
destens drei Metern Höhe aufgrund ihres gera-
angesehenen Stand der Zeidler verliehen. In
den, astarmen Wuchses, welcher Bären und
diese Zunft konnte nur aufgenommen werden,
Mardern wenig Chancen ließ.
wer die erforderliche Prüfung bestand. Das Aus-
Die Zeidler erwarben großes Ansehen in der Ge-
rauben von Bienenvölkern wurde mit hohen Stra-
sellschaft. War Honig doch lange das einzige
fen bis hin zum Abhacken der Hände
Süßungsmittel, das nicht nur den Lebkuchenbä-
belegt. Am 27. Juni 1775 erließ der
ckern ihren Lebensunterhalt sicherte, sondern
Preußen-König Friedrich II. (1712-1786)
auch Früchten durch Einlegen in Honig oder
eine Verordnung über das Strafmaß für
durch Herstellung von Marmeladen und Konfitü-
die vorsätzliche Schädigung von Bienen-
ren mit selbigem lange haltbar und medizinische
völkern: Sechs Jahre Festungs- und Kar-
Tinkturen genießbar machte. Vergolder gaben
renstrafe. Die Gefangenen hatten am Kar-
in Schlössern und Kathedralen ihrer Grundierung
ren angekettet schwere Transportarbeiten
aus Leimwasser und Essig mittels Honig eine
im Hoch- und Straßenbau zu verrichten.
bessere Haftung. Zudem spendete Bienenwachs
Das Besteigen der Bäume im Wald war
Licht in allen Kirchen und Herrscherhäusern,
mühsam. Es blieb auch nicht aus, dass
während sich das gemeine Volk mit Talglichtern
Beutenbäume umbrachen. Diese waren
begnügte (Talg = feste Fettablagerungen am
jedoch zu wertvoll, um sie am Waldboden
Eingeweide von Rindern, Schafen und Ziegen).
liegen zu lassen, was den baldigen Tod
Blütezeit in der Mark
Als wirtschaftlich wichtiges Gut erhofften sich
die Menschen auch
Schutz für ihre Bienen
vor Raub, Krankheiten
und bösen Geistern.
So wurde der heilige
Ambrosius zum Schutzpatron der Imker.
57
Unter Friedrich II.
galt, wer Bienenvölker
vorsätzlich schädigt
oder vergiftet, wurde
ohne Ansehen der
Person mit sechs
Jahren Festungs- und
Karrenstrafe belegt.
der darin befindlichen Bienenvölker bedeutet
hätte. Der bienenbesetzte Teil des Baumes wurde
kurzerhand herausgetrennt und am Haus des
Zeidlers aufgestellt. So wurde aus der Waldbienenzucht (Zeidlerei) die Hausbienenzucht (Imkerei). Gefördert wurde dieser Prozess des Übergangs von der Wald- zur Hausbienenzucht im
ausgehenden Mittelalter auch durch den zunehmenden Holzbedarf. Die Zeidlerei wurde mit in-
58
tensiverer Waldnutzung schließlich als störend
Die Holzklötze als Beuten – im Fachjargon „Klotz-
empfunden. Denn gerade die kräftigsten und ge-
beuten“ genannt – sind schließlich die Vorläufer
radstämmigsten Bäume eigneten sich nicht nur
der später aus Brettern gezimmerten Bienenkäs-
als Bienenbaum am besten sondern auch als
ten. Darin revolutionierte 1845 der im schlesi-
Baumaterial.
schen Lowkowitz „Bienendorf“ (damals Preußen,
Blütezeit in der Mark
heute Polen) geborene Pfarrer und Erwerbsimker
in der Unterrichtsgestaltung,
Johann Dzierzon (1811-1906) mit einem hölzer-
einschließlich der Abschaf-
nen Oberträger für die Waben die Bienenhaltung
fung der morgendlichen
ungemein. Denn von nun ab war es möglich, je-
Andacht zugunsten natur-
derzeit das Wabenwerk, ohne es zu beschädi-
kundlicher
gen auseinander zu nehmen und in das Innere
halte, seinen Dienst quittie-
des Volkes zu schauen, um so das Leben der
ren müssen.
Bienen zu erforschen.
Erst der englische Arzt und
Eine Sonderform der Bienenbeuten nahmen die
Naturwissenschaftler Charles
Unterrichtsin-
Strohkörbe ein. Diese erlangten jedoch nur in
Darwin (1809-1882) bestä-
den ursprünglich waldarmen Gegenden des
tigte in seinem Hauptwerk
Flachlands westlich von Elbe und Saale weite
„Über die Entstehung der Ar-
Verbreitung.
ten durch natürliche Zuchtwahl“ Spren-
Das erste deutschsprachige Buch über Bienen
gels weltbilderschütternde Erkennt-
und ihre Haltung erschien 1568 übrigens auch
nis zur Bestäubung. Sprengel
von einem Schlesier, dem aus Sprottau stam-
erlebte es nicht mehr. Auch
menden Kürschnermeister und Imker Nickel Ja-
später gingen von Bran-
cob (1505 -1576).
Der in der Stadt Brandenburg geborene und später
in Berlin-Spandau als Rektor tätige Theologe,
Sprachkundler und Lehrer Christian Konrad Sprengel (1750 -1816) beschrieb in seinem Buch „Das
entdeckte Geheimnis der Natur im Bau und in der
Befruchtung der Blumen“ 1793 erstmals die Bestäubung von Blüten durch Bienen. Sprengel hatte
noch im selben Jahr aufgrund vieler Neuerungen
Blütezeit in der Mark
59
60
denburg und Berlin viele Impulse für die Imkerei
1952 erfolgte Gründung des Bieneninstituts in
aus. War doch die preußische Hauptstadt
Hohen Neuendorf initiiert. Damals war es noch
ebenso wie heute ein wichtiger Standort von Ver-
die Abteilung für Bienenkunde und Seidenbau
lagen und Forschungseinrichtungen.
des Instituts für Kleintierzucht der Humboldt-Uni-
1923 wurde das Bieneninstitut an der Landwirt-
versität Berlin.
schaftlichen Hochschule in Berlin-Dahlem unter
Mit der Abteilungsleitung wurde Dr. Grete Mey-
Prof. Dr. Ludwig Armbruster (1886 -1973) gegrün-
erhoff (1913-2002), später Professorin für Bie-
det, der sich auf der Basis der Mendelschen Ge-
nenkunde, beauftragt. Dieses Institut wurde die
setze intensiv mit den Vererbungsvorgängen bei
zentrale bienenkundliche Forschungseinrichtung
der Honigbiene beschäftigte. So hob er die seit
der DDR. Hier wurden wesentliche Arbeiten für
1919 existierende Forschungsstelle für Bienen-
die Erforschung der Bestäubungsleistung der
biologie und Bienenzüchtung am Kaiser-Wilhelm-
Bienen bei verschiedenen landwirtschaftlichen
Institut für Biologie auf eine neue Stufe. Armbruster
Kulturen, zur Gesunderhaltung der Bienenvölker
stellte bald fest, dass nicht das äußere Erschei-
und zur Normung der Beuten und Gerätschaften
nungsbild den Wert einer Biene ausmache, son-
geleistet. Die Führung der DDR hatte sich die
dern ihre Eigenschaften und Leistungen. Damit
Eigenversorgung der Bevölkerung mit Nahrungs-
passte er nicht in die rassistische Ideologie der
mitteln auf die Fahnen geschrieben. Dafür muss-
baldigen Machthaber und musste 1934 gehen.
ten die Bienen einen wesentlichen Beitrag leisten
Als die Landwirtschaftliche Hochschule samt Bie-
– vornehmlich in Form der Bestäubung.
neninstitut nach dem Ende des Zweiten Welt-
Der erzeugte Honig wurde aufgekauft, um ihn
kriegs durch die Spaltung Berlins den ostdeut-
überwiegend in harte D-Mark zu verwandeln. Um
schen Imkern nicht mehr zugänglich war, wurde
trotz materieller Engpässe die Entwicklung der
vom preußischen Ministerialbeamten und Grün-
Bienenhaltung möglichst wenig zu beeinträchti-
der mehrerer preußischer Bieneninstitute der Vor-
gen, wurden neben vielen anderen technischen
kriegszeit sowie Professor für Kleintierzucht der
Geräten und Fahrzeugen auch die Bienenkästen
Nachkriegszeit Dr. Jan Gerriets (1889 -1963) die
der Normung unterworfen und damit die Hinter-
Blütezeit in der Mark
behandlungsbeute lange Zeit festgeschrieben.
zu Engpässen in der Versorgung. Neue Beuten
So legte man als Norm die „TGL-Beute 52“ mit
bekamen Imker bis in die 80er Jahre nur auf
dem bereits 1880 vereinheitlichten Wabenmaß
Vorbestellung und Zuteilung.
(Deutsch-Normalmaß) von 370 mal 223 Millime-
Ein großer Vorteil dieser Hinterbehandlungsbeute;
tern fest.
sie war stapelbar und lastete die verfügbare
Was vorhanden war und sich bewährt hatte,
Grundfläche gut aus. In Bienen-Wanderwagen
wurde vereinheitlicht. Dennoch kam es bei den
untergebracht, konnte mit den landwirtschaftlichen
wenigen Herstellern für Imkereibedarf oftmals
Fahrzeugen jederzeit eine große Völkerzahl ohne
Blütezeit in der Mark
Der Wanderwagen
wurde zum Bienenhaus auf Rädern.
Damit konnten
die Bienen leicht
zu guten Nahrungsquellen gebracht
werden.
61
Zu DDR-Zeiten
waren die bunten
Flugfronten typisch.
So präsentierten
Imker gern
ihre Bienenstände.
Verladeaufwand dorthin
selbst Festnetztelefone waren rar. Neue, industriell
transportiert werden, wo
hergestellte Wanderwagen waren eher die Aus-
sie benötigt wurden.
nahme. Oft wurden die Wagen mit viel Liebe, gu-
Spät abends, wenn alle
tem Sachverstand aber ebenso häufig aus ge-
Bienen zuhause waren,
brauchtem Material zusammengezimmert – von
konnten
kleinen Einachsern bis zu mehrfach bereiften Zwei-
schnell
zwei
Wanderwagen mit je 32
62
Blütezeit in der Mark
achsern, die gelegentlich bis 60 Völker fassten.
oder mehr Völkern zu-
Mit einem Schleuderraum ausgestattet, mit Pro-
sammengekoppelt wer-
pangaskocher und Matratzen versehen, wurden
den und ab ging die
sie bis zu mehrere hundert Kilometer umgesetzt
Reise – oder das Aben-
und am Wochenende von den Imkerfamilien auf-
teuer. Denn wenn die
gesucht. Da der Honig vor Ort gewonnen wurde,
Beuten nicht fest ver-
brauchte er nur nach Hause oder gleich zur Auf-
schraubt waren oder die
kaufstelle transportiert werden. Nach dem Schleu-
überlasteten Reifen den
dern des Honigs gab es abends nicht selten ein
Geist aufgaben, war der
gemütliches Zusammensein mit den Imkerkollegen
Spaß bald vorbei und die
von nebenan, die bald Freunde wurden. Die Im-
Nacht ebenso. Handys
kerei war zu DDR-Zeiten auf den Freizeitbereich
kannte noch niemand,
ausgerichtet und wurde häufig als Nebenerwerb
betrieben. Vollerwerbsbetriebe gab es nur wenige. Denn Privatunternehmen waren wegen dem
damit verbundenen Privateigentum an Produktionsmitteln zwar nicht gänzlich abgeschafft worden, aber unerwünscht.
Ein Widerspruch zum Nebenerwerb? Nein, denn
die DDR brauchte insbesondere die individuelle
Tierhaltung, also Privatinitiative, zur Sicherstellung einer besseren Versorgung der Bevölkerung. Zudem hatte man die Menschen besser
unter Kontrolle, wenn sie ihrer beruflichen Tätigkeit in einem volkseigenen oder genossenschaftlichen Unternehmen nachgingen.
Folglich wurde Ende der 1960er bis Anfang der
70er Jahre in jedem der 15 Bezirke der damaligen DDR eine Großimkerei mit 500 bis 2 000 Völkern zur besseren Absicherung der Bestäubung
gegründet.
So entstand in Flemsdorf bei Angermünde im
heutigen Landkreis Uckermark eine Großimkerei
für den damaligen Bezirk Frankfurt (Oder), eine
weitere am Rand der Stadt Brandenburg an der
Havel für den Bezirk Potsdam.
Die Klotzbeuten führten zur sauber getischlerten Hinterbehandlungs-Beute. Mit Fenstern versehen, ermöglichen sie
dem Imker jederzeit einen kontrollierenden Blick.
Blütezeit in der Mark
63
Diese Einrichtungen übernahmen die praktische
Berufsausbildung und die Leistungsprüfung der
in Hohen Neuendorf gezüchteten Bienen. Im
Rahmen der dualen Berufsausbildung wurde die
landwirtschaftliche Berufsschule in CriewenFlemsdorf 1969 neben anderen Aufgaben auch
Zentralberufsschule für Bienenwirtschaft für die
theoretische Berufsausbildung der Imker der gesamten DDR. Die zunächst mit dieser Aufgabe
betraute Lehr- und Versuchsanstalt für Bienenkunde Tälermühle in Thüringen war wegen von
SED-Parteifunktionären festgestellter politischer
Disziplinlosigkeit ihres langjährigen Leiters Dr.
Hans Oschmann (1915 -1999) geschlossen worden. Oschmann hatte entgegen dem politisch
verordneten Kurs der Partei Kontakte zu westdeutschen Kollegen aufrecht erhalten.
Der Honigbär
gehörte zum
Angebot des DDRLebensmittelhandels und ist bis
heute im Einsatz.
Doch auch in Flemsdorf konnte die Berufsausbildung der Imker nicht auf Dauer etabliert werden.
64
zum Imker-Facharbeiter ebenso wie die Weiterbil-
Mit dem Wechsel der organisatorischen Zuord-
dung zum Imkermeister. Nach dem frühen Tod
nung der Imkerei von der Tierzucht zur Pflanzen-
des einzigen Fachlehrers für Bienenwirtschaft in
zucht war die Verlagerung der Ausbildung an ei-
Flemsdorf, Harald Borchardt (1927-1988), über-
nen pflanzenbaulich orientierten Ausbildungs-
nahm die Berufsschule für Gartenbau in Werder
standort vorprogrammiert. Somit übernahm 1981
(Havel) die zentrale berufstheoretische Ausbil-
die Agraringenieurschule Neugattersleben, heute
dung. Jährlich sorgten 20 bis 30 Lehrlinge für gut
Sachsen-Anhalt, die Erwachsenen-Qualifizierung
gefüllte Imkerklassen.
Blütezeit in der Mark
Äußerst interessant stellt sich die Entwicklung
der Völkerzahl dar. Während in der alten Bundesrepublik die Anzahl der Bienenvölker von
1950 bis 1989 kontinuierlich von knapp zwei Millionen auf die Hälfte zurückging, blieb sie in der
DDR auf etwa gleich bleibendem Niveau von
500 000 Völkern, um nach 1990 auf etwa ein
Fünftel zu sinken.
Wie bereits erwähnt, genoss die Selbstversorgung der DDR mit Nahrungsmitteln hohe Priorität.
Dazu brauchte man die Bestäubungsleistung der
Bienen. Die hierfür Verantwortlichen verstanden
es offenbar, diese Interessenlage im Sinne der
Imker zu nutzen. Immer wieder wurden auf Vorschlag des Bieneninstituts Hohen Neuendorf, allen voran Prof. Dr. Günter Pritsch, Richtlinien verabschiedet, die der Imkerei förderlich waren. So
die Wanderordnung, in der die Unterstützung
der Imker bei der bedarfsgerechten Standort-
halten wurde. So stand beispielsweise ab 1984
verlegung der Bienenvölker ebenso festgeschrie-
der Honigaufkaufpreis von 14 Mark pro Kilo-
ben wurde, wie die Vergütung der Bestäubungs-
gramm dem Preis für eine Hinterbehandlungs-
leistung. Honig wurde staatlich aufgekauft, was
beute von 85 Mark gegenüber, was sechs Kilo-
einer Absatzgarantie entsprach. Der Aufkaufpreis
gramm
wurde im Zuge von Agrarpreisreformen mehrfach
Bestäubungsprämien von fünf Mark je Bienen-
nach oben korrigiert, während der Endverbrau-
volk im Raps bis zu 120 Mark je Bienenvolk in
cherpreis für Imkereigerätschaften niedrig ge-
der Apfelblüte. Der monatliche Bruttoverdienst
Honig
entsprach.
Hinzu
DDR HonigEtiketten
kamen
Blütezeit in der Mark
65
Warten gehörte
zum DDR-Alltag
aller Generationen.
lag zu dieser Zeit laut Statistischem Jahrbuch
dels waren einerseits viele Westprodukte verfüg-
der DDR bei durchschnittlich 1 200 Mark, so dass
bar, andererseits änderten sich aber auch die
die Imkerei zu einem einträglichen Nebenerwerb
Bezugsquellen für agrarische Rohstoffe. Honig
werden konnte.
war nun auch als preiswerte Importware verfüg-
Die Währungsunion am 1. Juli 1990, die das
bar. Außerdem brach die Produktion von land-
Ende der DDR-Mark und die Einführung der D-
wirtschaftlichen beziehungsweise gartenbauli-
Mark im Osten Deutschlands bedeutete, fegte
chen Produkten ein. Gerade in Brandenburg war
die Ostprodukte aus den Regalen. In der Folge
nach der Zerschlagung des Havelländischen
gingen etliche Betriebe der Ernährungswirtschaft
Obstbaugebiets und der daran anschließenden
in die Abwicklung durch die Treuhand oder wur-
Rodung von Obstanlagen ein gravierender Rück-
den von zumeist westdeutschen Konkurrenten
gang in diesem Produktionszweig zu verzeich-
aufgekauft. Viele Traditionsmarken im Lebens-
nen.
mittelhandel, teilweise auch aus Zeiten vor Gründung der DDR, verschwanden vom Markt. Mit
der Neuausrichtung des Lebensmitteleinzelhan-
66
Blütezeit in der Mark
Aufbruch in eine neue Zeit:
Licht und Schatten
Die Zeit nach der politischen Wende im Herbst
1989 warf auch für die Imker neue Fragen und
Probleme auf. Vor allem der bis dahin staatlich
gesicherte Honigaufkauf brach völlig zusammen
und damit die finanzielle Grundlage der Imkerei.
So wurde nach der am 7. April 1990 erfolgten
Gründung des Imkerverbands Berlin (Ost), der
sich bald mit dem Imkerverband Berlin (West)
vereinigte, am 28. April 1990 der Landesverband
Brandenburgischer Imker unter dem Vorsitz von
Dieter Paschke (1928-2000), Fachlehrer für Imkerei an der Zentralberufsschule für Bienenwirtschaft in Werder, gegründet. Somit ist der Imkerverband älter als das zum 3. Oktober desselben
Jahres wiedergegründete Land Brandenburg,
das im Kern die früheren Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam, aber auch kleine Teile
der Bezirke Schwerin und Neubrandenburg umfasst.
Die Wanderung der Bienenvölker war ebenso neu
zu organisieren wie die Überwachung ihrer Gesundheit. Die größte Herausforderung war jedoch
die Vermarktung des Honigs zu einem akzeptablen Preis. Mangels staatlichem Aufkauf war dies
Blütezeit in der Mark
67
Mit der politischen Wende
und dem billigen
Auslandshonig kam für
viele Imker das Aus –
und ohne gebührende
Pflege auch das Ende für
viele Bienenvölker.
nach westlichem Vorbild nur noch genossenschaftlich zu bewältigen oder über die Direktvermarktung. Doch weil letztere zuvor völlig unerwünscht war, mussten hierfür erst die Voraussetzungen geschaffen werden. Dieter Paschke
gelang es mit seinen engagierten Mitstreitern,
über das Brandenburger Agrarministerium Fördermittel zu beschaffen.
Diese Hilfe zur Selbsthilfe unterstütze so manchen Imker, die eine oder andere Hürde in die
Marktwirtschaft zu nehmen. Denn die nun verfügbare und mit Blick in die Zukunft erforderliche
Edelstahltechnik glänzte nicht nur mit ihrer polierten Oberfläche, sondern auch mit entsprechenden Preisen. Viele gaben auf oder erwarteten
vom Landesverband mehr, als dieser ehrenamtlich zu leisten fähig war.
Doch leidenschaftliche Imker bleiben ihren Immen
Seit dem Betritt der Brandenburger Imker zum Deutschen Imkerbund e.V. dürfen sie das seit 1925 erfolgreiche Markenzeichen regionaler Qualität „Echter Deutscher Honig“ nutzen.
treu. Sie suchten unter den neuen Bedingungen
68
neue Wege und nutzten dafür die vielfältigen
wendung des Imkerbund-Glases als Markenzei-
Schulungsangebote des Imker-Landesverbands,
chen für höchste Qualität einheimischer Herkunft
der sich nicht scheute, die Erfahrungen etablierter
möglich.
Verbände im Westen zu nutzen. Mit der Auf-
Doch damit war nur ein Meilenstein gesetzt. Das
nahme der ostdeutschen Imker-Landesverbände
Ziel längst nicht erreicht. Nun galt es, die Imker
in den Deutschen Imkerbund im Oktober 1990
intensiv so zu schulen, dass wirklich nur beste
wurde auch für die Brandenburger Imker die Ver-
Ware an den Kunden gelangt. Darin sah man
Blütezeit in der Mark
schon damals die Chance, langfristig erfolgreich
vertraut macht. Was zunächst mit einem kleinen
auf dem Markt zu bestehen. Denn immerhin wur-
Info-Stand an der heutigen Käserei begann,
den und werden 80 Prozent des in Deutschland
wurde bald in der Paarener Brandenburg-Halle
verzehrten Honigs aus anderen EU-Ländern und
fortgesetzt. Besucher können sich hier über Ho-
aus Übersee importiert. Fast alles, was über den
nigsorten informieren, welche Pflanzen Bienen
Lebensmitteleinzelhandel an Honigprodukten im
unterstützen oder wie man Imker werden kann –
Angebot ist, stammt aus dem Ausland.
egal ob als Hobby oder als Beruf. Seit 2012 prä-
In der Nachwendezeit war schnell klar: Honig-
sentiert Dr. Jens Radtke mit einem alten Bauern-
vermarktung als Grundlage einer rentablen Im-
wagen samt Bienenkörben die kleinsten Nutztiere
kerei muss anders aufgebaut werden. Der Bedarf
gleichberechtigt neben Rind, Schwein, Pferd,
war da, denn relativ schnell waren die Ostdeut-
Schaf, Geflügel und Kaninchen auf dem großen
schen wieder zu ihren Regionalprodukten zu-
Paradeplatz. Hier und auch bei anderen öffentli-
rückgekehrt, soweit diese den Aderlass nach der
chen Veranstaltungen ist gelegentlich ein „ech-
Wirtschafts- und Währungsunion überlebt hatten.
ter“ Zeidler dabei – Holger Ackermann, ein Bie-
Aber für die sich etablierenden Handelsketten
nenfreund aus Groß Schauen, der sich dafür
waren und sind die meisten Imkereien als Liefe-
extra in ein historisches Kostüm eines Waldbie-
ranten zu klein. Deshalb präsentierte sich der
nenzüchters wirft.
Landesverband Brandenburgischer Imker von
Brandenburgs Imker sind bei vielen Großveran-
Anfang an auf der größten Brandenburgischen
staltungen im Land dabei. Sie zählen zu den
Landwirtschaftsaustellung (BraLa), die seit 1991
Gastgebern der Brandenburger Landpartie, die
alljährlich am Himmelfahrtswochenende die Be-
alljährlich am zweiten Juni-Wochenende Zehn-
sucher im havelländischen Paaren/Glien mit der
tausende zum Besuch landwirtschaftlicher und
heimischen Landwirtschaft und ihren Produkten
Gartenbaubetriebe, in Pferdehöfe und Landgast-
Blütezeit in der Mark
Imker präsentieren
sich auf
der Internationalen
Grünen Woche
in Berlin im Januar
eines jeden Jahres.
69
höfe lädt. Sie zeigen beim größten Volksfest des
Landes, der Werderaner Baumblüte, Flagge
Von der Wabe ins Glas
oder offerieren den Besuchern des Choriner Mu-
Während die Imker in früheren Zeiten fern jeden
siksommers auf dem Weg in das Kloster ihre
Trubels völlig abgeschieden in ihrem von Mythen
Erzeugnisse.
umrankten Bienenhaus werkelten, lassen heute
Eindrucksvoll präsentiert sich der Landesver-
viele Bienenfreunde auch Honig-Fans an ihrem
band Brandenburgischer Imker e.V. auch auf
Hobby teilhaben, so auch im Schlosspark Ora-
der alljährlich im Januar stattfindenden Interna-
nienburg. Schon mehrfach hieß es dort: Schau-
tionalen Grünen Woche in Berlin, der größten
schleudern ist angesagt. Die Ernte des neuesten
Verbrauchermesse für Agrarprodukte der Welt.
Honigs steht bevor. Zahlreich versammeln sich
die Schaulustigen am Bienenstand, um dem Imkermeister über die Schulter zu schauen und
schließlich eines der Gläser mit der goldgelben
Köstlichkeit zu ergattern.
„Mit Bienen muss man nur richtig kommunizieren“,
70
Blütezeit in der Mark
Eröffnung der Brandenburgischen Landwirtschaftsaustellung (BraLa) Paaren im Glien: In früheren Zeiten
wurden die Bienenkörbe noch mir Pferden transportiert.
Blütezeit in der Mark
71
Handauflegen bei
Bienen: Wer sie mit
ihren Bedürfnissen
respektiert, braucht
den Stachel nicht
zu fürchten.
Erst müssen die
Bienen von den
Honigwaben
getrennt werden.
72
weiß Jens Radtke „Und so schlimm sind ein paar
Die bienenfreien Waben reicht er dem verdutzten
Stiche gar nicht. Bienengift ist schließlich gesund,
Publikum. So muss er die honigschweren Waben
fördert die Durchblutung. Wer wild um sich schlägt
nicht allein zum Schleuderplatz tragen. Dort an-
oder riecht wie ein Bär, der wird auch als solcher
gekommen, heißt es erst einmal, die konservie-
von den Bienen behandelt. Ruhe ist die erste Im-
renden Deckel von den Honigzellen abzuheben:
kerpflicht, weil sonst die Biene sticht, sticht, sticht.“
„Das Entscheidende dabei ist, dass die Waben
Wagemutig, doch mit sicherem Griff öffnet
heil bleiben, sonst klebt hier alles.“ Geschickt
Radtke den ersten Bienenkasten. Dicht über den
stellt er die entdeckelten Waben in die Honig-
Bienen lässt er seine Hand kreisen, als wolle er
schleuder, die er althergebracht mit Muskelkraft
testen, wie seine Immen heute so drauf sind. Er
betreibt. So lässt sich die goldgelbe Masse fein
will den vielen Zuschauern nur die Angst neh-
säuberlich von den Waben trennen. Gut 200 Um-
men, nicht aber den Respekt.
drehungen pro Minute lassen den Honig gegen
Langsam zieht er eine Wabe nach der anderen
die gläserne Kesselwand spritzen.
aus dem Kasten. „Zunächst muss ich die Bienen
„Dass man heute den Honig nicht mehr aus der
erst einmal wegschicken, damit sie wissen, wer
Wabe lutschen muss, sondern säuberlich aufs
hier der Chef ist.“ Schwuppdiewupp sind die Bie-
Brot streichen kann, ist einer Erfindung aus dem
nen mit einem Federstrich wieder drin im Kasten.
Jahre 1865 zu verdanken. Damals stellte der
Blütezeit in der Mark
österreichische Major Franz Edler von Hruschka
men. „Hmmm, der Honig schmeckt ja toll, nicht
(1813-1888) auf der Wanderversammlung der Bie-
so künstlich wie aus dem Supermarkt. Der ist viel
nenwirte deutscher Zunge – wie es damals so
aromatischer“, lässt eine junge Dame ihre Freundin
schön hieß – die erste Honigschleuder vor. Erfun-
wissen. „Die Vielfalt der Blütenpracht, schonende
den hatte sie jedoch eigentlich sein Sohn. Der
Bearbeitung und kurze Wege vom Bienenvolk bis
sollte nämlich Honigwaben in einem Körbchen
zum Verbraucher machen sich auch im Ge-
nach Hause tragen. Doch wie Kinder nun mal
schmack bemerkbar“, ergänzt der Fachmann.
sind, trug er den wertvollen Schatz nicht bedächtig
„Aber nicht nur deshalb ist es sinnvoll, regional
den Weg entlang, sondern sprang munter vor sich
erzeugten Honig zu kaufen. Je besser die heimi-
her und ließ dabei das Körbchen kreisen.
schen Imker ihren Honig absetzen können, desto
„Und dann war der Honig raus“, tönt es aus dem
mehr Bienen werden sie halten und desto sicherer
Publikum, das nun in schallendes Gelächter ver-
ist auch künftig die Bestäubung bei Kultur- und
fällt. „Sicherlich gab es zunächst eine Ohrfeige,
Wildpflanzen. So können auf rein biologische
doch dann dachte der Papa über das Ungemach
Weise die Erträge stabilisiert werden und heimi-
seines Zöglings nach und so kam ihm die Er-
sche Pflanzen können sich vermehren. Vögel wie
leuchtung.“ Inzwischen läuft den Beobachtern des
Kleinsäuger finden ausreichend Nahrung.“
Dann werden die
Waben entdeckelt.
Goldgelb läuft
der Honig in das
Sieb und wird
anschließend in
Gläser abgefüllt.
seltsamen Treibens das Wasser im Mund zusam-
Blütezeit in der Mark
73
Eine große
Blütenvielfalt verhilft
zu einem Vielblütenhonig, in dem sich
die Vielfalt der Natur
vereint - je nach
Jahreszeit als
Frühjahrs- oder
Sommerblüte.
Honig – das süße Gold
schiedener pflanzlicher Herkunft erzeugen und
Vielen nur als Brotaufstrich bekannt, war Honig in
mit körpereigenen Enzymen (Biokatalystoren) an-
früheren Zeiten bei Medizinern hoch angesehen.
reichern. Je intensiver die Bienen den wasser-
Auch heute ist er aus der Naturheilkunde nicht
reichen Nektar in ihrem Stock umarbeiten und je
wegzudenken. Selbst in die Schulmedizin hält er
schonender der Imker den Honig gewinnt, bear-
wieder Einzug. So konnte er in der Wundbehand-
beitet und lagert, desto höher ist der Anteil bio-
lung wieder Boden zurückerobern, der ihm von
logisch wirksamer Substanzen. Über 180 Inhalt-
Antibiotika lange Zeit streitig gemacht wurde.
stoffe konnten nachgewiesen werden.
Honig ist ein Naturprodukt, das die Bienen aus
Wenn auch die Hauptbestandteile des Honigs Zu-
Nektar (Blütensaft) und Pollen (Blütenstaub) ver-
cker sind, so sind diese nicht mit dem gewöhnli-
Inhaltstoffe
■ 40 Prozent Fruchtzucker (Fructose)
■ 35 Prozent Traubenzucker (Glucose)
■ 18 Prozent Wasser
74
Blütezeit in der Mark
■ 5 Prozent Mehrfachzucker
■ 2 Prozent Vitamine, Mineralstoffe,
Aminosäuren, Enzyme und Aromastoffe
Blütezeit in der Mark
75
Treten einzelne
Pflanzenarten im
Flugbereich der
Bienen besonders
häufig auf, kann
das zu sortenreinem Honig mit
dem für die
jeweilige Pflanze
typischen Aroma
führen. In
Brandenburg ist
das standort- und
witterungsabhängig, unter anderem
bei Obst, Raps,
Robinie, Kornblume, Linde,
Sonnenblume und
Heide.
chen Haushaltzucker, der Saccharose, zu verwechseln. Honig enthält vornehmlich die Einfachzucker
Honig schonend behandeln
Trauben- und Fruchtzucker. Während letzter vielen
Allerdings sind einige Enzyme und Vitamine emp-
Früchten ihren süßen Geschmack verleiht, ist Trau-
findlich gegenüber Licht und übermäßiger Wärme.
benzucker ein beliebter Energiespender, der von
Deshalb sollte Honig dunkel aufbewahrt und nicht
Sportlern und geistig Tätigen häufig in Apotheken
unnötig erhitzt werden. Wegen der Hitzeempfind-
erworben wird. Beide Einfachzucker bewirken das
lichkeit verschiedener Inhaltstoffe wird Honig beim
Ausschwämmen von Wunden und Hautunreinhei-
Kochen und Braten möglichst erst am Ende des
ten, während das Enzym Glukoseoxidase für die
Garprozesses zugesetzt. Er wird erst in die Soße
keimhemmende Wirkung gegenüber verschiede-
gerührt, wenn sie fertig ist. Geflügel oder anderer
nen Erregern verantwortlich zeichnet. Zudem sind
Braten wird erst gegen Ende des Garprozesses
im Honig unter anderem die Vitamine B1, B2, B6
mit Honig bestrichen, zumal dann die Oberfläche
und C sowie die Mineralstoffe Eisen, Kalium, Kal-
besonders knusprig wird.
zium, Magnesium und Zink zu finden.
Wie ist es mit Honig in heißer Milch oder heißem
Nicht von ungefähr hat Honig vielfach auch in
Tee? Gelassenheit ist gefragt, denn auch hier
der Kosmetik seinen festen Platz. Prominentes
gilt: Wird der Honig den Getränken erst im trink-
Beispiel ist die ägyptische Herrscherin Kleopatra
fertigen Zustand zugegeben, nimmt er kaum
(69 -30 v.u.Z.). Sie soll in Milch gebadet und da-
Schaden. Letzterer ist immer ein Produkt aus
nach ihre zarte Haut mit einer Honigmaske ge-
Temperatur und Zeit. Je kürzer eine hohe Tem-
pflegt haben. Ein Liter Milch im Badewasser und
peratur auf den Honig einwirkt, desto weniger
einige Esslöffel Honig dazu sind sicherlich ein
werden seine Inhaltstoffe geschädigt.
guter Anfang. Andere schwören auch auf Honigeinreibungen vor dem Saunagang.
76
Blütezeit in der Mark
In Brandenburg heute sind viele ehemalige Truppenübungsplätze geschützte Heiden. Sie bieten vor allem im Spätsommer ein großes Nahrungsangebot für Bienen.
Kleine Sortenkunde
Stehen den Bienen viele verschiedene Pflanzen
gleichzeitig zur Verfügung, werden die Bienen
einen Vielblütenhonig erzeugen, der je nach Jahreszeit als Frühjahrsblüte oder als Sommerblüte
bezeichnet wird. Vielblütenhonig spiegelt die Vielfalt einer Region wieder. Wie bei einem guten
Wein, schmeckt er in jedem Jahr ein wenig anders. Deutlich verschiedener sind die sinnlich
wahrnehmbaren Eigenschaften dagegen bei Sortenhonigen, wenn also eine Pflanzenart besonders herausgestellt wird. Sind bestimmte Pflanzen
Gelingt es, den überschüssigen reifen Honig rechtzeitig zu
ernten, motiviert das die Bienen, für Nachschub zu sorgen .
Blütezeit in der Mark
77
Je nach pflanzlicher Herkunft zeichnet sich der Honig
durch unterschiedliche Farbe und ein unterschiedlichesGeschmacks-Bukett aus.
Typische Sortenhonige in Berlin
und Brandenburg
Für Brandenburg ist in den Obstbaugebieten der
gelbliche, zarte Obstblütenhonig ebenso typisch
wie der süße, schmalzige Raps-Honig aus den
Ende April bis Mitte Mai gelb leuchtenden Rapsfeldern. Robinienwälder geben den klarflüssigen, lieblichen Robinien-Honig, der mitunter auch als Akazien-Honig bezeichnet wird. Wo im Sommer die
Kornblume Äcker in ein blaues Blütenmeer verwandelt, ist Kornblumen-Honig eine interessante Option.
Andernorts bieten die Lindenalleen, die Berlin und
in deutlicher Überzahl vorhanden, wird sich das
78
Brandenburg durchziehen, eine reiche Grundlage
auch im Honig wiederspiegeln. Überwiegt dieser
für den mentholisch würzigen Lindenhonig. Der zu-
Anteil aus einer Pflanzenart deutlich und weist
rückgehende Sonnenblumenanbau liefert in regen-
der Honig die entsprechenden Merkmale in Ge-
reichen Sommern lieblichen goldgelben Sonnen-
ruch und Geschmack, in seinen chemisch-phy-
blumenhonig. Auf mancher Buchweizenfläche im
sikalischen Eigenschaften als auch in seinem mi-
märkischen Sand kann der dunkle, fast schwarze,
kroskopischen Bild auf, kann die betreffende
kräftig duftende Buchweizenhonig gewonnen wer-
Pflanzenart in der Bezeichnung besonders he-
den. Nicht ganz so dunkel, sondern von eher rötli-
rausgestellt werden. Sortenreine Honige sind we-
cher bis bräunlicher Farbe ist der malzig-würzige
gen des höheren imkerlichen Aufwandes und der
Heidehonig aus den von August bis September in
Laboruntersuchung teurer, als Vielblütenhonige.
zartes Violett gehauchten Heidelandschaften.
Blütezeit in der Mark
Fester oder
flüssiger Honig?
Die Herkunft des Nektars verschiedener Pflanzen beeinflusst nicht
miger Honig kleckert dann auch
nicht so leicht vom Brot.
Bleibt der Honig sich
nur seine Zusammensetzung,
selbst überlassen,
sondern auch seine spätere
kristallisiert er oft
Konsistenz. Zunächst wird jeder
grob und fest aus.
Honig flüssig gewonnen. Doch
Deshalb ist der
der im Honig enthaltene Traubenzucker kristallisiert. Entsprechend seinem natürlichen Gehalt im Honig dauert
dieser Prozess nur wenige Tage oder mehrere Monate. So kann es mit Ausnahme des fruchtzucker-
Honig nicht schlechter. Aber er lässt sich
schwer streichen. Mitunter
bildet er auch an der Oberfläche
und an der Glaswand weiße Flächen. Diese „Blü-
reichen, aber traubenzuckerarmen Robinien- oder
tenbildung“ zeigt einen außerordentlich trockenen,
Waldhonigs schon ab Herbst kaum noch flüssigen
also wasserarmen Honig an und stellt ein physikali-
Honig geben. Doch der Imker sorgt durch richtige
sches Phänomen dar: Während allein der Trauben-
mechanische Bearbeitung, nämlich durch Rühren
zucker im Honig kristallisiert, bilden der Fruchtzu-
bei kühler Umgebungstemperatur dafür, dass der
cker, das Wasser und die darin gelösten Substanzen
Honig äußerst feine Kristalle bildet, die zu einer op-
die dazwischen liegende flüssige Phase, um den
timalen Streichfähigkeit führen. Ein solcher feinkre-
Honig streichfähig zu machen.
Blütezeit in der Mark
79
Die Direktvermarktung
ist in Brandenburg ein
wichtiger Vertriebsweg
für regionale
Honigprodukte.
Ist der Honig sehr wasserarm, zieht sich die flüssige Phase, insbesondere bei kühler Temperatur,
so stark zusammen, dass an der Glaswand die
feinen Traubenzuckerkristalle sichtbar werden.
Steht der Honig im Küchenschrank einige Tage
bei Zimmertemperatur oder wird er gar leicht erwärmt, dehnt sich die flüssige Phase wieder aus
und die weißen Flächen verschwinden – zumindest an der Glaswand. Auf der Honigoberfläche
kann eine leichte weiße Schicht auch durch aufsteigende Luftbläschen gebildet werden, die
während der Gewinnung und Bearbeitung in den
Honig gelangt sind.
Kristallisierter Honig ist bei Zimmertemperatur in
der Regel gut streichfähig. Um seine Inhaltstoffe
und damit seine Qualität nicht zu gefährden,
80
stark essigartigen Geruch und Geschmack er-
sollte man auf ein Verflüssigen verzichten. Allein
kennbar ist, behält Honig seine Verzehrsfähigkeit
als Zutat beim Kochen, Backen und Braten oder
bis weit über das angegebenen Mindesthaltbar-
für die kosmetische Verwendung kann das vor-
keitsdatum hinaus. Dieses ist schließlich nicht
herige Verflüssigen des geschlossenen Honig-
mit einem Verfallsdatum zu verwechseln. Grö-
glases im Wasserbad sinnvoll sein.
ßere Mengen sollen kühl und dunkel gelagert
Honig gehört nicht zu den leicht verderblichen
werden, zum Beispiel im Keller. Das unmittelbar
Lebensmitteln. Unter optimalen Bedingungen
zum Verzehr bestimmte Glas steht dagegen op-
kann er ähnlich wie Wein ohne Qualitätsverlust
timal im Küchenschrank. Andernfalls wird er zu
mehrere Jahre gelagert werden. Sofern Honig
fest und büßt sowohl Streichfähigkeit als auch
nicht in Gärung übergeht, was leicht an einem
Aroma ein.
Blütezeit in der Mark
Echter Deutscher Honig zeichnet sich
unter anderem durch seinen
besonders hohen Reifegrad aus.
Und das ist messbar wie hier
mit dem Refraktometer.
Welcher Honig ist der beste?
Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten.
findlichen Honig gelten und
Hier hilft nur probieren. Doch Geschmack ist ja
sonst nur von Auslese- und Pre-
nicht alles, was Qualität ausmacht. Wichtig ist,
mium-Produkten erreicht wer-
dass der Honig naturbelassen bleibt. Das erreicht
den.
man durch schonende Bearbeitung, Lagerung
Qualität hat ihren Preis. Dafür
und kurze Transportwege vom Erzeuger bis zum
nimmt der Imker auch gerin-
Verbraucher. Direkt vom Imker oder von kleinen
gere Ernten in Kauf. Einheimi-
regionalen Händlern, Wochenmärkten, Bäckern
sche Imker haben auch kein
und Apotheken erhalten Verbraucher Honig aus
Problem damit, ihr Spitzenpro-
der Region und fördern so die heimische Bienen-
dukt eindeutig und unverwech-
haltung. Honig ist aufgrund seiner kleinen Ernte-
selbar als „Deutscher Honig“
mengen eines der am besten untersuchten Le-
oder gar „Echter Deutscher
bensmittel. Regelmäßig kontrollieren die Veterinär-
Honig“ zu deklarieren.
und Lebensmittelüberwachungsämter. Hinzu
Einige Imkereien lassen sich
kommen freiwillige Analysen der Imker oder Kon-
auch als Bio-Betrieb zertifizie-
trollen durch den Deutschen Imkerbund. Dabei
ren. Meist ändert sich damit für
zeigt sich immer wieder, dass die heimischen Im-
die Imker wenig, da von vorn-
ker qualitativ hochwertigen Honig anbieten, mit
herein auf die Erzeugung mög-
dem sie jedoch aufgrund ihrer vergleichsweise
lichst naturbelassenen Honigs
geringen Menge selten im Supermarkt gelistet
geachtet wird. Einschränkun-
werden können. Gerade der Deutsche Imkerbund
gen gibt es bei den Bienenwoh-
kontrolliert den Honig seiner Mitglieder sehr
nungen und ihrer Aufstellung.
streng. So hat er in seiner Warenzeichensatzung
Wer zuvor in Styropor – statt in
deutlich höhere Qualitätsanforderungen festge-
den meist üblichen Holzkästen
schrieben, als sie generell für den im Handel be-
geimkert hat, muss sich umstel-
Blütezeit in der Mark
81
len. Ökologisch bewirtschaftete Ackerflächen sind
ökologischen Landbaus bewirtschaftet. Bundes-
für die Aufstellung der Bienen zu bevorzugen.
weit gesehen gehört Brandenburger Bio damit
Und auch das Winterfutter für die Bienen darf nur
zur Spitze. Für den Bio-Honig sind vor allem Ge-
aus biologischem Anbau stammen. Die damit ver-
biete interessant, die zusammenhängend ökolo-
bundenen Kontrollen und Zertifikate sind mit wei-
gisch bewirtschaftet werden. Das gilt beispiels-
teren Kosten für den Imker verbunden.
weise für Teile der Uckermark oder für das
In Brandenburg wird rund ein Zehntel der land-
Biosphärenreservat Spreewald.
wirtschaftlichen Nutzfläche, das sind mehr als
100 000 Hektar – nach den Grundsätzen des
82
Blütezeit in der Mark
grenzender Wahrscheinlichkeit wurden zu seiner
Honiggastronomie in der
Kloster Chorin
Blütezeit dort auch Bienen gehalten. Heute ist
Immenstube Chorin
das eindrucksvolle, gut erhaltene Kloster ein Ort
Im dünn besiedelten Nordosten Brandenburgs,
der Entspannung, der Begegnung und der Musik,
idyllisch am Amtssee und mitten im Biosphären-
eingebettet in einen Park, den kein geringerer an-
reservat Schorfheide-Chorin mit seinen Wäldern,
legte als der berühmte preußische Landschafts-
Feldern, Mooren und Gutshäusern, steht die
gartenarchitekt Peter Joseph Lenné (1789 -1866).
Ruine des 1258 gegründeten, ehemals einfluss-
Die Besucher des Klosters müssen nicht mehr
reichen Zisterzienser-Klosters. Mit an Sicherheit
wie früher in kalten Räumen nächtigen. In nur
Blütezeit in der Mark
83
500 Meter Entfernung lädt
das Haus Chorin zur Rast.
Honig nicht nur als Brotaufstrich. Er ist neben
Für den Hunger gibt es die
Salaten, Desserts und Getränken auch bestens
Immenstube,
84
Blütezeit in der Mark
über malzig bis würzig. Schließlich eignet sich
erste
zum Kochen, Braten und Backen geeignet – so-
deutsche Honig-Spezialitä-
das
wohl für Süßspeisen als auch für Herzhaftes. So
ten-Restaurant. Während
wird Braten einschließlich Geflügel besonders
schon das Entree der hotel-
knusprig, wenn er im fast garen Zustand mit Ho-
eigenen Villa einem Hofla-
nig bestrichen wird.
den mit heimischen Produk-
Die vielfältigen Einsatz- und Verarbeitungsmög-
ten gleicht, wartet das
lichkeiten beruhen auf langjährigen Erfahrun-
dahinter liegende Restau-
gen. Schließlich war Honig in früheren Zeiten
rant mit Zeugnissen des im-
doch das einzige Süßungsmittel, bis er durch
kerlichen Handwerks auf.
den preiswert herzustellenden Zucker ersetzt
Die Speisekarte bietet eine
werden konnte. Der Berliner Chemiker Andreas
kulinarische Vielfalt, wie
Sigismund Marggraf (1709 -1782) hatte 1747
man sie von einer Küche,
nachgewiesen, dass im Rübensaft Zucker ent-
die auf Honig setzt, gar
halten ist. Die Fabrikationsverfahren, die sein
nicht erwarten würde. Hier
Schüler Franz Karl Achard (1753 -1821) auch
offenbaren sich die vielfäl-
ein Preuße, um 1800 entwickelte, führten 1825
tigen Einsatzmöglichkeiten
zur Entstehung der Rübenzuckerindustrie, die
des süßen Goldes entspre-
bereits Ende des 19. Jahrhunderts im Weltmaß-
chend seines nuancenrei-
stab ebenso viel Zucker erzeugte wie die tradi-
chen Aromas von lieblich
tionelle Rohrzuckerindustrie.
Kloster Chorin: Die Zisterzienser gehören zu den Agrarpionieren in der Mark
Brandenburg. Ihrem Gründer Bernhard von Clairvaux wurde nachgesagt,
dass seine Reden und Lobpreisungen auf Christus „wie Honig fließen“.
Offensichtlich wussten die Mönche, wovon sie schrieben. Honig war zu ihren
Zeiten ein wichtiges Süßungsmittel und wird auf den Abgabelisten immer
wieder erwähnt. Als Fastenspeise sind beispielsweise gequollene Hanfkörner
mit Rosinen und Honig überliefert.
Blütezeit in der Mark
85
Mit dem Bau
seiner Schießhalle
legt der HohenNeuendorfer
Schützenverein
den Grundstein für
die bauliche
Nutzung des
bisherigen
Ackerlands.
Ein Institut für Bienen
Weit über die Grenzen Brandenburgs bekannt
ist das Länderinstitut für Bienenkunde in Hohen
Neuendorf an der nördlichen Stadtgrenze Berlins. Als Abteilung Bienenkunde und Seidenbau
des Instituts für Geflügel- und Pelztierzucht der
Humboldt-Universität Berlin wurde es 1952 gegründet, weil das Bieneninstitut am Standort
Berlin-Dahlem durch die Teilung Berlins für die
Imker der DDR nicht mehr zugänglich war.
„Hohen Neuendorf, den 6. Mai 1903. Hiermit teilen wir (…)
ergebenst mit, dass der Rohbau unserer Schießhalle nebst
Abort vollendet ist (…) A. Richter, gez. Otto Krüger“
Die damals komplizierten Eigentumsverhältnisse
86
brachten dem Bieneninstitut erhebliche Pro-
etabliert. Neben Brandenburg sind Berlin, Sach-
bleme. So war neben der Nutzung der vorhan-
sen-Anhalt, Sachsen und Thüringen Gründungs-
denen Villa samt Ziegenstall nur die Errichtung
mitglieder der Einrichtung und tragen bis heute
von aus Holz gezimmerten Bienenhäusern mög-
durch Projektförderung das Länderinstitut, weil
lich. Erst mit der 1970 erfolgten Gründung des
eines der Länder eine derartige Forschungsein-
VEB Forschungsstelle für Bienenwirtschaft ent-
richtung nicht allein finanzieren konnte und wollte.
standen massive Bauten.
Mit dieser Mehrländerfinanzierung gelang es, in
Entsprechend der Empfehlungen des Wissen-
Hohen Neuendorf eine in den neuen Bundeslän-
schaftsrats der Bundesrepublik Deutschland
dern einmalige Forschungseinrichtung für die
wurde das Institut als Mehrländereinrichtung 1992
praxisorientierte Bienenforschung zu etablieren.
in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins
Doch auch dieses Fünfergespann finanziert nur
Blütezeit in der Mark
einen Teil der erforderlichen Mittel. Ein großer
1995 wurde die Immobilie durch das Land Bran-
Teil des für die Forschung erforderlichen Bedarfs
denburg aus privater Hand erworben, um sie für
muss über Drittmittel eingeworben werden. Nur
die Fortsetzung der bienenkundlichen Forschung
so können sich neben den elf festen Mitarbeitern
und Lehre zu sichern. Pünktlich zum 50jährigen
– vom Wissenschaftler über den Imker bis zur
Institutsjubiläum im Jahre 2002 konnte mit der
Verwaltungskraft – weitere Fachkräfte den ver-
Sanierung der Gebäude begonnen werden, um
schiedenen Forschungs- und Dienstleistungs-
diese mit EU- und Landesmitteln nach und nach
aufgaben widmen.
für die aktuellen Aufgaben fit zu machen. Die Er-
Blütezeit in der Mark
Bereits 1905 wurde
das Restaurant an
die Schießhalle
angebaut. Heute
dient es als
Hauptgebäude
des Bieneninstituts
(Abbildung
um 1910).
87
Engen Verbindungen nach Großbritannien war
es zu verdanken, dass der Patentanwalt
Richard Linde ab den 20er Jahren auf dem
Anwesen des heutigen Bieneninstituts seine
Bienen in Dadant-Magazinen hielt, womit er
hiesigen Zeitgenossen weit voraus war.
neuerung des Institutshauptgebäudes kostete
Varroa-Milbe, einem Mitte der 70er Jahre im Zuge
insgesamt 2,67 Millionen Euro, davon zwei Mil-
der Globalisierung aus Asien nach Deutschland
lionen Euro EFRE-Mittel und 0,67 Millionen Euro
eingeschleppten Parasiten, der seit Anfang der
nationale Kofinanzierung aus dem Haushalt des
1980er Jahre auch in Brandenburg und Berlin
Brandenburger Agrarministeriums. Insgesamt
sein Unwesen treibt. Während die Asiatische Ho-
wurden am Standort 4,8 Millionen Euro investiert.
nigbiene ihrem Parasiten gut widersteht, hatte
Die Kompetenz und Leistungsfähigkeit der wis-
die Europäische Honigbiene keine Chance, sich
senschaftlichen Einrichtung ist nunmehr eng ver-
während ihrer Evolution mit der Varroa-Milbe aus-
bunden mit einer hervorragenden infrastruktu-
einanderzusetzen. Inzwischen wurden in Hohen
rellen Ausstattung. Nur so ist es möglich, auf
Neuendorf Möglichkeiten gefunden, die Vermeh-
aktuelle Fragestellungen der Praxis zeitnah zu
rung der Parasiten mit Maßnahmen der Völker-
reagieren und weitere Forschungsmittel einzu-
führung einzudämmen. In Zusammenarbeit mit
werben.
anderen Bieneninstituten wurde erfolgreich die
Traditionell beschäftigen sich die Institutsmitar-
Anwendung organischer Säuren geprüft, um die
beiter mit der Bienenhaltung und Bienenzucht,
Milben direkt zu bekämpfen. Beides bedeutet
mit der Bekämpfung von Bienenkrankheiten, mit
jedoch zusätzlichen Aufwand für die Imker und
der Honigqualität und mit Fragen der Bienen-
erfordert eine kontinuierliche Überwachung des
weide und Bestäubung. Allerdings haben sich
Parasitenbefalls ihrer Bienenvölker. Züchteri-
dabei die Forschungsziele und Methoden im Ver-
sches Ziel ist es, dass die Bienen diese Aufga-
laufe der mehr als sechs Jahrzehnte währenden
ben ebenso wie ihre asiatischen Verwandten
Arbeit geändert.
selbst übernehmen.
Stand ursprünglich die Zucht einer fleißigen, um-
88
gänglichen, leicht zu handhabenden Biene im
Einblicke ins Erbgut
Vordergrund, sind diese Eigenschaften zwar
Mit Forschungsmitteln in Höhe von 1,3 Millionen
nach wie vor erwünscht. Hinzu kommt jedoch
Euro kann das Länderinstitut für Bienenkunde in
eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber der
Hohen Neuendorf seit 2015 das Projekt „GeSeBi“
Blütezeit in der Mark
Das Schützenhaus
(Blick aus Nord-West)
(Etablierung der genomischen Selektion
zur Verbesserung von Krankheitsresistenz, Leistung, Verhalten und genetischer
Vielfalt bei der Honigbiene) umsetzen.
Fördermittelgeber ist das Bundeslandwirtschaftsministerium. Das Land Brandenburg als Sitzland fördert das Institut durch
Infrastrukturkostenförderung (2014 mit
195 000 Euro) und Fachprojekte (2014 mit
317 000 Euro). In Kombination mit verschiedenen Viren bedroht die Milbe Varroa destructor weltweit die Honigbienen.
Die in manchen Jahren feststellbaren hohen Winterverluste sind im Wesentlichen
auf diesen Parasiten zurückzuführen. So
soll in einem dreijährigen Forschungsprojekt eine neue Zuchtmethode bei der Honigbiene etabliert werden, die die Züchtung
widerstandsfähiger,
resistenter
Bienenvölker gegenüber dieser tödlichen
Bedrohung deutlich verbessern soll. Realisiert werden soll das Projekt am Länderinstitut mit Hilfe eines modernen DNAChips,
vergleichbar
mit
einem
Computer-Mikrochip. Auf diesem Chip
können zukünftig kleinste Unterschiede
Blütezeit in der Mark
89
Speziell für die Nachzucht von Königinnen aus den besten
Völkern wurde 1983 das Aufzuchtzentrum errichtet.
Die zur Bestäubungs-, Krankheitsund Zuchtforschung
benötigten
Bienenvölker wurden
überwiegend in
Hinterbehandlungsbeuten gehalten und
auf bis zu zwölf
Rädern zum
Einsatzort gebracht.
90
im Genom (Gesamtheit aller Gene) der Bienen
aufgespürt und so die möglichen Gründe der unterschiedlichen Widerstandskraft, Leistungsfähig-
Neben Parasiten können aber auch Krankheits-
keit und Sanftmut von Bienen erkannt werden. Ein
erreger den Bienen zu schaffen machen. Deshalb
besonderes Augenmerk liegt aber auf der Ver-
wird den Infektionswegen und krankheitsauslö-
besserung der Resistenz der Honigbienen ge-
senden Faktoren nachgespürt, um natürliche Ab-
genüber der Varroa-Milbe. Zusätzlich erlaubt das
wehrmechanismen aufzudecken und den Bienen
geplante Verfahren auch detaillierte Einblicke in
helfen zu können.
die genetische Vielfalt der einheimischen Honig-
Darüber hinaus wird der Frage nachgegangen:
biene, was eine wesentliche Grundlage für nach-
Wie lässt sich die von den Bienen erzeugte Qua-
haltige Zuchtkonzepte ist. Das Projekt lebt von
lität bis zum Verbraucher erhalten? Dabei ist si-
dem außerordentlich großen Interesse und der
cherlich von Vorteil, dass der heimische Honig
engen Zusammenarbeit mit der deutschen Im-
meist ohne zwischengeschaltete Verarbeiter so-
kerschaft an dieser zukunftsweisenden Techno-
wie Groß- und Einzelhandel direkt vom Imker
logie. Der DNA-Chip wird in enger Kooperation
zum Kunden gelangt oder auch über kleine
mit der Firma Eurofins Medigenomix GmbH in
Händler wie Bäcker, Apotheker und Bauern-
Ebersberg entwickelt. Zukünftig sollen im Rahmen
märkte – allesamt ohne langwierige Lagerwirt-
von Zuchtprogrammen Tiere mit besseren Eigen-
schaft. Damit der Imker die Qualität seines Pro-
schaften gezielt vermehrt werden können. So soll
dukts leicht prüfen lassen kann, werden die
es möglich werden, zunehmend auf die imkerliche
Prüfmethoden beständig weiterentwickelt.
Bekämpfung der Varroa-Milbe zu verzichten. Die
Eine wichtige Aufgabe des Bieneninstituts ist he-
Forscher hoffen, so die Honigbienenzucht voran-
rauszufinden, wie sich die Bestäubungsleistung
zutreiben, damit der Beitrag der heimischen Bie-
der Honigbienen auf die Erträge bei den ver-
nen auf die Landwirtschaft und Pflanzenvielfalt er-
schiedensten Kulturpflanzen, die in immer neuen
halten bleibt.
Sorten auf den Markt gelangen, auswirkt und in-
Blütezeit in der Mark
wiefern die vielen Wildpflanzenarten davon pro-
Damit die heimischen Imker dem Preisdruck
fitieren. Wie viele Bienenvölker werden tatsäch-
durch billig importierten Honig standhalten kön-
lich gebraucht? Schließlich verschwinden die
nen, werden Methoden der Bienenhaltung
Wildbienen durch klimatische Veränderungen
ebenso geprüft und weiterentwickelt wie die im-
und Vernichtung ihrer Lebensräume leise und
kerliche Ausrüstung.
unauffällig.
Ein wesentlicher Schwerpunkt neben der For-
Blütezeit in der Mark
Das sanierte ehemalige Restaurant
Schützenhaus,
Hauptgebäude des
1952 gegründeten
Bieneninstituts,
strahlt seit 2002
wieder in neuem
Glanz.
91
Das in den Jahren von 2003 bis 2006 sanierte Imkereigebäude bietet beste Arbeitsbedingungen.
schung ist der Dienstleistungsbereich. Nur so
kann gesichert werden, dass die Forschungsergebnisse schnell an die Imker gelangen. Durch
Veröffentlichungen in der Imkerpresse, Vorträge,
Lehrgänge und weitere Schulungsmaßnahmen
wird das neueste Wissen den erfahrenen Praktikern ebenso zur Verfügung gestellt wie Einsteigern ins Bienenfach oder künftigen beziehungsweise qualfizierungsbereiten Landwirten und
Gärtnern.
Mit dieser Versuchsanordnung lässt sich der Bestäubungserfolg messen: Heidelbeersträucher werden mit Käfigen versehen, einige davon auch mit Bienen.
Eine weitere Dienstleistung ist die Abgabe züchterisch wertvoller Bienen-Königinnen an interessierte Imker. Ebenso haben die Imker die Mög-
An diesem Tag treffen sich in der Hohen Neuen-
lichkeit, ihren Honig analysieren zu lassen oder
dorfer Friedrich-Engels-Straße 32 Bienen- und
bei gesundheitlichen Problemen ihrer Bienen
Honigfreunde, um Honige zu verkosten, Bienen
Hilfe bei der Ursachenforschung einzuholen.
hautnah hinter Glas zu beobachten oder Kerzen
Auch Schulklassen schauen gern über den Gar-
zu basteln. Dieser Tag ist auch eine gute Gele-
tenzaun. Die Praktikums- und Ausbildungsplätze
genheit, um die Hohen Neuendorfer Experten
werden ebenso gern in Anspruch genommen
auszufragen und einen seltenen Blick in sonst
wie Themen für Bachelor-, Master- und Doktor-
verschlossene Labore zu werfen.
arbeiten.
Wer das Bieneninstitut selbst erleben möchte,
kann sich zum Tag der offenen Tür einfinden, zu
dem die Wissenschaftler jährlich am ersten Sonn-
92
tag im September von 10 bis 16 Uhr einladen.
Blütezeit in der Mark
Einer der Forschungsschwerpunkte ist die Bienengesundheit,
unter anderen die Bekämpfung der Varroa-Milbe.
Ein solcher Parasit (braun) sitzt auf der Biene.
Das Aussaugen des Bluts durch die Varroa-Milbe und
die dabei entstehenden Infektionen führen zu schweren
Erkrankungen der Bienen, zum Beispiel zu
Flügeldeformationen.
Das Varroa-Weibchen legt Eier,
aus denen sich ein Männchen
(Mitte) oder über mehrere
Entwicklungsstadien neue
Weibchen entwickeln.
Blütezeit in der Mark
93
Viele Wildpflanzen
profitieren von
Honigbienen, zum
Beispiel die Schlehe.
So können sich Tiere
im Winter von den
Früchten ernähren:
Die Abbildungen
zeigen einen von
Honigbienen
bestäubten und nicht
bestäubten Zweig.
94
Heidelbeeren: Einige
Sorten bringen
500 Prozent mehr Ertrag
allein durch den Einsatz
von Honigbienen.
Blütezeit in der Mark
95
Eifrig am Erfolg
des Deutschen
Bienen-Journals
beteiligt sind die
Verlagsbienen.
Forum für Praxis und Wissenschaft
Wie kamen Sie auf die eher exotisch
Silke Beckedorf ist Chefredakteurin des Deut-
anmutenden Wildbienen? Lassen
schen Bienen-Journals und steht als Fachjour-
sich die Ergebnisse Ihrer Arbeit in wenigen
nalistin inmitten des Netzwerks der kleinen, aber
Worten zusammenfassen?
hoch engagierten Imker-Gemeinde in Deutsch-
Zu den Bienen bin ich eher zufällig gekommen
land. Spätestens seit dem Film „More than Ho-
und ich muss sagen, dass mir diese Tiere auf
ney“ des Schweizer Regisseurs Markus Imhoof
Anhieb sympathisch waren. Mich hat beein-
aus dem Jahr 2012 erreicht die Botschaft, dass
druckt, was für eine Formenvielfalt und welch
Kultur- und Wildpflanzen maßgeblich auf den
komplexes Verhalten man bei diesen Insekten
zierlichen Flügeln von Honigbienen ruhen, auch
finden kann. In meinen Untersuchungen stellte
die breitere Öffentlichkeit.
ich fest, dass die Artenvielfalt mit der Flächengröße zunimmt – nicht nur absolut, sondern auch
Frau Beckedorf, Sie sind Biologin.
pro Flächeneinheit. Größere Biotope sind also
Wie sind Sie zum Deutschen Bienen-
stabiler. Außerdem nahm die Qualität der Be-
Journal gelangt?
stäubung mit der Artenvielfalt zu. Ein gutes Ar-
Ich habe meine Diplomarbeit an der Universität
gument für den Schutz der Vielfalt. Was für Men-
Göttingen zum Thema Wildbienen verfasst. Es
schen gilt, gilt auch für Bienen: Gemeinsam ist
ging darum, welchen Wert die Artenvielfalt von
man stärker.
Wildbienen auf Streuobstwiesen für die Bestäubung hat. Außerdem habe ich bereits während
Das Deutsche Bienen-Journal hat eine lange
des Studiums als freie Journalistin für Tageszei-
Tradition, die unter wechselnden
tungen geschrieben. Bienen und Journalismus:
Namen viele Jahrzehnte zurückreicht.
Das passte ganz genau zu einer Fachzeitschrift
In dieser Zeit reduzierte sich
für Imker.
die Vielfalt der Imkerzeitschriften deutlich.
Was ist Ihr Erfolgsrezept?
96
Blütezeit in der Mark
Die treue Leserschaft ist ganz sicher eine der
sen nachzuspüren und Beiträge zu schreiben,
wichtigsten Grundlagen für unseren Erfolg. Wir
die interessant zu lesen sind.
haben viele Abonnenten, die bereits seit mehreren Jahrzehnten das Deutsche Bienen-Journal
Das Deutsche Bienen-Journal erhebt den An-
und seine Vorläufer lesen. Manche haben das
spruch, Forum für Wissenschaft und Praxis zu
Abonnement bereits vom Vater übernommen,
sein. Wie werden Sie diesem Anspruch gerecht?
der oft noch einen der Vorgänger las – im Osten
Das lässt sich ganz knapp beantworten: Indem
die Garten- und Kleintierzucht, Ausgabe C – für
wir sowohl praktische Imker als auch Wissen-
Imker, davor die Leipziger Imkerzeitung. Gerade
schaftler zu Wort kommen lassen. Es gibt ja so-
in den letzten Jahren kommen aber auch viele
gar Wissenschaftler, die sich in der Praxis aus-
neue Leser hinzu, die zu den heute typischen
kennen. Diese Kombination schätzen wir an
Neuimkern zählen. Ganz oft sind das Menschen,
Autoren natürlich besonders.
Der Redakteur
des Deutschen
Bienen-Journals,
Dr. Sebastian
Spiewok, und
Chefredakteurin
Silke Beckedorf sind
immer nah
an der Praxis.
die eine gute Ausbildung genossen haben, politisch engagiert sind und etwas für die Umwelt
tun möchten. Dadurch rücken bei uns auch die
Umweltaspekte der Imkerei noch stärker in den
Fokus. Inhaltlich setzen wir auf eine gute Mischung aus praktischen Tipps, Fachberichten
und Reportagen. Ganz wichtig: Ich bin davon
überzeugt, dass auch Fachzeitschriften guten
Journalismus brauchen. Fachtexte müssen nicht
trocken sein. Spannende Reportagen liest jeder
gern. Dabei bin ich immer wieder erstaunt, was
für fesselnde Geschichten sich auf dem Gebiet
der Imkerei abspielen. Es macht uns Spaß, die-
Blütezeit in der Mark
97
Als Fachzeitschrift ist das Deutsche
Bienen-Journal unter anderem auch
Verbandsorgan der Imker-Landesverbände
Berlin und Brandenburg.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit?
Die Imkerverbände und Bieneninstitute schicken
Termine und Meldungen an die Redaktion. Dort
werden sie zusammengefasst und im Deutschen
Bienen-Journal veröffentlicht. Wir haben in der
Mitte jedes Heftes einen rund 20seitigen Teil,
der die Mitteilungen der Vereine und Verbände
enthält. Dort kann man sich über die anstehenden Termine bis hin zum eigenen Ortsverein informieren. Das setzt natürlich voraus, dass uns
die Termine gemeldet werden. Bei den meisten
Vereinen klappt das ganz gut.
lassen und auf der Seite „Fragen & Antworten“
veröffentlichen. Die Rubrik „Vermischtes“ lebt so-
Welche Möglichkeiten hat der Leser,
gar allein von den Tipps unserer Leser, die mit
sich selbst mit seinen
einem Bild samt wenigen Sätzen zahlreiche An-
Erfahrungen einzubringen?
regungen zum Nachmachen weitergeben.
Viele. Wir erhalten oft Hinweise. Manchmal wird
98
daraus ein kleiner Beitrag, manchmal ein Leser-
Was dürfen die Leser in Zukunft
brief. Wer eine flotte Feder hat, schreibt selbst.
vom Deutschen Bienen Journal erwarten?
Doch viele Leser mögen nicht selbst schreiben,
Auf jeden Fall spannende Beiträge rund um das
dann recherchieren wir. Oft kommen Fragen von
Thema Biene! 2016 werden übrigens die Monats-
Lesern, die wir dann von Experten beantworten
hinweise, also die Erläuterungen, was im jeweiligen
Blütezeit in der Mark
Monat an den Bienen zu tun ist, von einem ebenso
professionellen wie interessanten Imkerpaar verfasst: Melanie Röck und Christoph Maaßen sind
junge, welterfahrene Berufsimker. Mit Betriebssitz
in Berlin halten sie ihre Völker auch an verschiedenen Standorten in Brandenburg. Zudem lassen
wir uns wieder auf die Finger schauen: Über unsere Homepage www.bienenjournal.de lässt sich
jederzeit das Treiben unserer „Verlagsbienen“
hoch über den Dächern Berlins verfolgen. Natürlich finden unsere Abonnenten auch brandaktuelle
Informationen auf dieser Website.
Was wünschen Sie sich von Ihren Lesern?
Ich schätze Leser, die ihre Meinung äußern. Wir
müssen nicht immer übereinstimmen, auch Kritik
ist gut. Wir wollen ein Forum für alle Themen sein
die zur Imkerei gehören. Vor allem ein lebendiges
– und das sind wir umso mehr, je aktiver unsere
Leser sich beteiligen. Glücklicherweise sind unsere Abonnenten genau wie unsere Autoren sehr
engagiert – vielen Dank dafür!
Blütezeit in der Mark
99
Ein Bienen-Beobachtungskasten
lässt sich genauso gut im Klassenraum aufstellen wie ein Aquarium.
100
Bienen-Beobachtungskasten
Ein Bienen-Schaukasten bringt Leben in den Bio-
für die Schule
logieraum der Schule. Er lässt sich wie ein Aqua-
Zu DDR-Zeiten halfen Arbeitsgemeinschaften Jun-
rium im Unterrichtsraum installieren. Er wird vom
ger Imker dabei, den Imkernachwuchs zu rekru-
Imker mit Bienen, Brut und Vorräten besetzt. Der
tieren. Leider hat in Brandenburg in den 25 Jahren
Ausflug erfolgt durch eine zeitweilige Öffnung im
seit dem Mauerfall fast keine dieser meist an länd-
Fenster. Spannend wird die Aufzucht der Königin
lichen Schulen aktiven Arbeitsgemeinschaften
ebenso wie das Eintragen von Pollen samt aller
überlebt. Für die aktiven Imker und für viele Fach-
Vorgänge im Inneren. Der Bienen-Schaukasten
leute ist dies einer der Gründe für die seit Jahren
schlägt so eine Brücke vom Klassenzimmer in
festzustellende Überalterung der Imkerschaft.
die Natur. In unmittelbarem Erleben entdecken
Umso wichtiger ist, dass Imker heute vor allem
die Schüler Zusammenhänge in der Umwelt. Sie
auf Kindertagesstätten und Schulen zugehen,
werden sensibel für die Vielfalt an Pflanzen und
um für Bienen und Honig zu werben.
Tieren und wirken so bestens präpariert und mo-
Kinder wollen die Welt entdecken und gehen zu-
tiviert an deren Schutz mit. Ein Imker oder Im-
nächst neugierig und recht unbefangen an
kerverein besetzt etwa ab Mitte Mai für sechs
Neues heran. Was ist da faszinierender als kleine
bis acht Wochen einen vorhandenen Bienen-
Kribbel-Krabbel-Tiere? So ist es auch bei Bienen,
Schaukasten mit ein bis zwei Waben oder stellt
noch dazu wenn sie in großer Zahl in wenigen
ihn komplett der ortsansässigen Schule zur Ver-
Zentimeter Entfernung hinter Glas zu beobachten
fügung. Der Clou: Im Gegensatz zur üblichen
sind. Welche Faszination von einem Bienen-
Besetzung von Schaukästen wird dieser zwar zu
Schaukasten ausgeht, kann jeder Imker leicht
einem Drittel mit Brut und zu einem Drittel als
beobachten, der Kinder zu Besuch hat. Lässt
Futtervorrat samt Bienen besetzt, aber ohne Kö-
sich aus dieser Faszination nicht mehr machen?
nigin. Somit wird die ganze Sache sehr kosten-
Schließlich ist das praktische Lernen immer noch
günstig, erfordert keinen Betreuungsaufwand
die beste Schule.
und spätestens zu Beginn der Schulferien erhält
Blütezeit in der Mark
der Imker den Schaukasten in aller Regel samt
ren Etage, ist eine deutliche Kennzeichnung des
begatteter Jungkönigin zurück. Von Vorteil ist,
Fluglochs sinnvoll. Südlage ist zu vermeiden,
wenn sich auch etwas Drohnenbrut auf der Brut-
wenn der Fensterbereich nicht beschattet ist. Not-
wabe befindet und ein Wabenstück herausge-
falls hilft eine Verdunkelungsfolie oder ein Papier-
schnitten wird, das von den Bienen neu ausge-
bogen, der zugleich Informationen über Bienen
baut werden kann.
bieten kann, gegen starkes Aufheizen des Schau-
Es wird ein Fenster als Aufstellungsort gewählt,
kastens. Dabei sollte gesichert werden, dass das
an dessen Außenseite die Bienen unbehelligt
Ein- und Ausfliegen gut beobachtet werden kann.
ein- und ausfliegen können. Für die wenigen
Um die Bienen ohne Verluste leicht wieder zum
Frühlingswochen lässt sich der Fensterflügel
Bienenstand des Imkers bringen zu können,
oder die Fensterscheibe durch eine Plexiglas-
sollte der Beobachtungskasten in jedem Fall zu
scheibe ersetzen. In diese wird zuvor ein Loch
demontieren sein. Selbstverständlich geht bei all
gebohrt, durch den ein durchsichtiger Kunst-
dem nichts ohne die Hausmeister!
stoffschlauch mit mindestens 20 Millimetern In-
Um die Bienen nicht immer wieder zu irritieren,
nendurchmesser als Kanalverbindung zwischen
ist es am günstigsten, wenn die Lehrkräfte dafür
Schaukasten und Fenster gesteckt werden kann.
sorgen, dass der Schaukasten morgens geöffnet
Praktisch ist auch ein Kanal aus Plexiglas. Sein
und mit Schulschluss wieder geschlossen wird.
Boden sollte jedoch undurchsichtig sein. Hier
Die Bienen gewöhnen sich schnell daran und
eignet sich Sperrholz recht gut. Ist das Auswech-
können von den Schülern in jeder Pause aus-
seln des Fensterflügels nicht möglich, kann auch
giebig beobachtet werden: Ein- und Ausflug, Le-
ein Fensterflügel in leicht geöffneter Stellung fixiert
ben im Bienenstock, Entwicklung der Brut, der
und die entstandene Öffnung mit drei passend
Futtervorräte und natürlich der jungen Königin.
zugesägten Keilen verschlossen werden, von de-
Deren Schlupf, Ausflug und Eiablage sind für je-
nen der senkrechte die Bohrung für den Durch-
den Beobachter spannende Ereignisse. Mit der
gangskanal erhält. Liegt der Raum in einer höhe-
bloßen Hand lassen sich verschiedene Wärme-
Blütezeit in der Mark
Durch einen Kanal
gelangen die
Bienen jederzeit
hinaus und können
so ihren
Lebensrhythmus
beibehalten.
Unbehelligt fliegen
die Bienen ein und
aus und lassen sich
dabei gut
beobachten.
101
Wer frühzeitig lernt,
mit Tieren richtig
umzugehen, bringt
ihnen Toleranz und
Achtung entgegen,
statt sie zu fürchten.
102
zonen erfühlen. Ein Stethoskop gibt nie gehörte
die pflanzliche Umwelt näher untersucht. Vielleicht
Laute preis. Der Bienen-Schaukasten wird so
wird an einigen Blütenständen mit Fliegengaze
zum Bienen-Beobachtungskasten.
oder Damenstrümpfen der Beflug durch Bienen
Wenn sie schon einmal anwesend sind, lassen
verhindert, um ihren Einfluss auf den Fruchtansatz
sich die faszinierenden Lebewesen vielfältig in den
zu prüfen? Mit etwas Fantasie und den Literatur-
Unterricht einbeziehen. So können die Kinder be-
empfehlungen im Anhang lassen sich auch mit
obachten und protokollieren, was im Kasten ge-
wenig Aufwand verschiedene Lernstationen für
schieht. Das Was, Wie und Warum führt zum for-
unterschiedlichste Klassenstufen aufbauen. Viel-
schenden Lernen: Wie können wir die Hypothesen
leicht weckt der Beobachtungskasten den Wunsch
prüfen? Zudem gehen die Beobachtungen bald
nach mehr: Dann kann die Rückkehr des Beob-
über den Beobachtungskasten hinaus. Zusam-
achtungsvölkchens zum Bienenstand des Imkers
menhänge mit dem Wetter werden erkannt und
mit einem Vor-Ort-Besuch verbunden werden.
Blütezeit in der Mark
Keine Demo, sondern
Ausdruck jugendlichen
Engagements: Im Ernteumzug
weisen die jungen
Bienenfreunde stolz auf
ihr ungewöhnliches
Lernumfeld hin.
Blütezeit in der Mark
103
Schult den Riechsinn: Duftorgel
bäude in ein Eldorado für Eidechse, Distelfalter,
Igel und Co. herzurichten. Hier können die Kinder
am lebenden Objekt anschaulich lernen, wie es
in der Natur zugeht. Ein Gehölzlehrgarten, im
Fachjargon Arboretum genannt, ein Gartenteich
und ein Bauerngarten samt Kräuterecke lassen
leicht erkennen: Grünzeug ist nicht nur grün.
Grünzeug blüht bunt. Manches davon schmeckt
sogar. Und das noch besser als das Grünzeug
104
Bienenerlebniswelt
aus dem Supermarkt.
Königs Wusterhausen
Genau so bunt wie die Pflanzenwelt ist auch die
Eigentlich hatte Britta Herter nichts mit Bienen
Tierwelt, die sich dort einstellt. Zwar schillern
zu tun. Eigentlich. Denn eigentlich ist sie Lehrerin
nicht alle Tiere in so leuchtenden Farben wie
für Biologie an der Oberschule Johann Gottfried
Stieglitz, Zitronenfalter oder Tagpfauenauge. Da-
Herder in Königs Wusterhausen. Außerdem leitet
für faszinieren Eichhörnchen, Kohlmeise und
sie die Regionalgruppe der Schutzgemeinschaft
Weinbergschnecke auf andere Weise. So ver-
Deutscher Wald samt Jugendgruppe, den „Wal-
schieden sie doch sind, haben sie irgendwie alle
dies“. Um die Natur zu schützen. Darüber wird
miteinander zu tun.
viel geredet. Taten sind besser – und genau ihr
Doch was wäre diese kleine heile Welt ohne Blü-
Ding. Doch allein die Welt retten? Nein. Allein
tenbestäubung? Schließlich sind Honigbienen in
geht das nicht. Hier ist jeder gefragt. Der Grund-
den vergangenen Jahrzehnten deutlich weniger
stein dafür wird in frühester Jugend gelegt. Wer
geworden. Nur in der Obhut des Menschen ha-
wüsste das besser als eine Lehrerin? Und wer
ben sie noch eine Chance. Doch viele Imker sind
hätte mehr Möglichkeiten?
zu alt, können ihre Schützlinge nicht mehr lange
Deshalb fing Herter mit ihren „Waldies“ frühzeitig
hegen und pflegen. Was dann? Wie lassen sich
an, eine trostlose Fläche hinter dem Schulge-
junge Leute motivieren, sich um die unschein-
Blütezeit in der Mark
baren aber wichtigen Stachelträger zu kümmern?
ßen Außenwelt lassen sich die Bienen mit allen
Nicht durch überreden. Sondern durch Faszina-
Sinnen erleben und verstehen: Nicht nur das Se-
tion. Eine Bienenerlebniswelt. Wo die Schüler zu
hen und Hören wird angesprochen, sondern
Bienen werden und so verstehen(d) lernen. Da
ebenso das Riechen, Schmecken, Tasten.
kam das Konjunkturpaket II gerade recht.
Bereits die Gestaltung des Unterrichtsraums ver-
Einzigartig im Land Brandenburg können heute
setzt die Schüler in eine andere Welt. Die Wände
die Schüler in die Welt der Bienen eintauchen.
sind mit Waben samt Bienen und Brut bemalt.
Sowohl in einem speziell hergerichteten Klas-
Nahrungspflanzen ergänzen die Darstellungen.
senraum als auch in der 3 000 Quadratmeter gro-
Bienen- und Blütenmodelle in Großformat be-
Blütezeit in der Mark
Die Bienenerlebniswelt
in Königs
Wusterhausen
105
Bienen-Quiz:
Welches Bild gehört
zu welchem Text?
Wer das weiß,
darf weiter.
Pollen im Höschen
sammeln und dann
aber ab nach
Hause. Mit der
Seilbahn geht das
wie im Fluge.
106
stärken den Forscherdrang genauso wie mikro-
lände sausen und aus großen Blüten-Nachbil-
skopisch kleine Präparate von Bienenbeinen und
dungen farbige Kugeln einsammeln, die den Pol-
-antennen samt Tasthaaren.
len imitieren. Aber bitte nur in jeweils einer Farbe.
Die Firma Dubrow Naturschutzmanagement
Denn Honigbienen sind blütenstet – eine Eigen-
GmbH hat eine spezielle Duftorgel, eine Geräu-
schaft, die vom Blütenbesuch nicht nur zur Be-
schebox, eine Quiz-Wand und einen Pedal-Ge-
stäubung, sondern zur Befruchtung führt und da-
nerator entwickelt, mit dem man selbst Strom er-
mit zu Samen und Früchten. Damit das auch so
zeugen muss, um an weitere Informationen zu
schnell geht wie im Fluge, steht eine eigens er-
gelangen. In den Schränken sind Lernspiele und
richtete Seilbahn bereit.
Materialien verstaut, mit denen die Kinder Bie-
So lässt sich das gesamte Bienenleben nach-
nenobjekte basteln können. Das erfordert viel
vollziehen und verstehen: Zunächst durchlaufen
Aufmerksamkeit: Wie viele Beine hat eigentlich
oder besser durchkriechen die menschlichen
eine Biene? Und vor allem: Wo hat sie diese?
Bienchen-Darsteller die Entwicklung in den engen
Ganz zu schweigen von der Frage, wofür sie da-
Zellen. Sobald sie herausschlüpfen, putzen sie
von mehr als jeder Vogel braucht. Schließlich
wie einen Bienenstock das Gelände mit Besen
hat sie nicht nur zwei, sondern sogar vier Flügel!
und Schippe, um anschließend aus den sechs-
Doch Natur kann man authentisch nur in der Na-
eckigen Zellen neue Waben zu bauen. An Duft-
tur erleben. Deshalb warten draußen noch grö-
orgel und Geräuschebox schulen sie ihren Riech-
ßere Überraschungen: Ein unverkennbar für die
und Hörsinn, um dann im Rausch der Geschwin-
Bienenerlebniswelt umgerüsteter ehemaliger
digkeit den Blütenbesuch nachzuempfinden.
Bauwagen, dem man seine Vergangenheit nicht
Doch auch die Imkerpraxis kommt nicht zu kurz:
mehr ansieht. Heute erinnert er eher an „Pippi
Etwas abseits fallen bunte Bienenkästen ins
Langstrumpf“ und zieht so die Schüler in ihren
Auge. Sie befinden sich gleich neben dem Holz-
Bann. Mit Flügeln, Fühlern und bunten Bechern
haus, in dem es betörend nach Wachs und Ho-
an ihren Beinen dürfen sie bald über das Ge-
nig duftet. Hier logiert die Imker-AG. Wer Lust
Blütezeit in der Mark
hat, kann sich allwöchentlich die Imkerkleidung
im Winter ruhen, wächst das Volk im Frühjahr,
überstreifen und nachschauen, ob die Bienen
sobald es draußen grünt und blüht. Immer mehr
fleißig waren.
Brut wird aufgezogen, die sich hinter verschlos-
Die Bienen haben zwar eine strenge Ordnung.
senen Zelldeckeln von der fast regungslosen
Doch irgendwie sieht es im Inneren des Volkes
Larve zum flugfähigen Insekt verwandelt. Dafür
immer wieder anders aus. Während die Bienen
werden Waben mit regelmäßigem Sechseckmus-
Blütezeit in der Mark
Blickfang im
Außengelände
ist der
Bienenwagen.
107
Inspektion der
frisch gebauten
Wabe: Was kann
ich tun?
ter gebaut, deren Zellen aber unterschiedlich
groß sind – je nachdem, ob Arbeiterinnen oder
Drohnen entstehen sollen. Und plötzlich werden
noch besonders auffallende Wachszellen an die
Waben gebaut. Sie sehen aus wie Fingerhüte.
Darin werden Königinnen aufgezogen, erklärt
Britta Herter den aufgeregten Schülern. Will sich
das Bienenvolk etwa aus dem Staub machen?
Was tun? Auch dafür hat die Lehrerin inzwischen
eine Lösung. Denn mit der Zeit wird sie immer
mehr zur Imkerin – so wie es vor ihr viele Schulmeister waren.
Jeden Dienstag von 14.30 bis 16 Uhr treffen sich
die „Waldies“ in der Bienenerlebniswelt der Europaschule Johann Gottfried Herder in Königs
Wusterhausen, Erich-Weinert-Straße 9. Interessenten sind herzlich eingeladen.
Das Imkern
kann man am
komplett
ausgestatteten
Bienenstand
lernen.
108
Blütezeit in der Mark
nur) durch Zufall. Nachdem er seinen Beruf als
Ein Lehrbienenstand am
Bauingenieur aus gesundheitlichen Gründen früh-
Rande der Stadt
zeitig an den Nagel hängen musste, erfüllte er
Wer das Pädagogische Zentrum für Natur und
sich seinen Kindheitstraum von eigenen Bienen
Umwelt in Cottbus besucht, stößt auch hier auf
und eigenem Honig. Als 2009 ein Wechsel in der
einen Bienenstand. „Hier gehen keine Bienen in
Führung des Lehrbienenstands auf dem viel ge-
die Lehre, hier können Interessierte alles rund
nutzten Gelände anstand, musste Ulrich Meier
um die Bienen lernen“, – verrät Imker Ulrich Meier.
nicht lange gebeten werden. Schließlich waren
Zum Lehrer in Sachen Bienen wurde er (nicht
seine Kinder bereits flügge und die Weitergabe
Blütezeit in der Mark
Am spannendsten
wird es, wenn
alle ihre Imkerhaube
aufsetzen, um
mit den Bienen
auf Tuchfühlung
zu gehen.
109
Nachwuchs im
Imkerverein
110
eigenen Wissens schien ihm eine reizvolle Auf-
nen Obstplantagen seines Heimatortes half, be-
gabe, zumal ihm der Umgang mit Bienen samt
trachtete er ganz verzückt die vielen bunten Käs-
Honigverzehr neue Kraft verlieh.
ten im reetgedeckten Bienenhaus und weiß seit-
„Wichtig ist, der Jugend Werte zu vermitteln. Es
dem: Ohne Bienen kein Obst.
müssen ja gar nicht alle Imker werden. Wenn
Etwas unheimlich war es schon. Es gab die
die Kinder Verständnis für Bienen entwickeln und
strenge Anweisung, die Bienen nicht zu stören.
einen rücksichtsvollen Umgang mit unserer Natur
Doch wenn der Imker kam und die Tür öffnete,
erlernen, werden sie auch später sorgsam mit
gab es für den kleinen Uli kein Halten mehr: „Ein
diesen wertvollen Gütern umgehen“ hofft Meier.
lieblicher Geruch von Honig und Wachs durch-
„Kinder sind offen für ihre Umwelt und nehmen
strömte den Raum als ob es schon Weihnachten
das an, was wir ihnen vorleben. Wenn schon die
wäre. Die Beengtheit zwischen den Holzwänden,
Eltern aufdringliche Wespen für Bienen halten –
das Schatten werfende Licht der schon tief ste-
wie sollen es dann die Kinder besser wissen?“
henden Sonne, das deutlich vernehmbare Sum-
Schließlich spricht er aus Erfahrung: Während er
men der Bienen und die absolute Ruhe, die der
als Kind bei der Obsternte auf den nahegelege-
Imker verströmte, machten jeden Besuch zu ei-
Blütezeit in der Mark
Tiere sind
für Kinder immer
faszinierend.
nem kleinen Abenteuer. Diese Faszination ließ
sie an der Honigschleuder kurbeln dürfen und
mich nie wieder los. Doch je mehr ich über Bie-
plötzlich die goldgelbe Masse aus den Waben
nen lernte, desto mehr wurde mir bewusst, wie
spritzt. Damit die Schüler das nicht so schnell
wenig ich doch weiß. Heute nehme ich die Natur
vergessen, dürfen sie ein Glas Honig behalten.
noch viel intensiver wahr – den Duft oft unschein-
Beim Abwiegen sind dann alle ganz genau: Sie
barer Blüten oder das Zwitschern unserer reich-
passen auf, dass keiner auch nur ein Gramm zu
haltigen Vogelwelt.“
viel mit nach Hause nimmt. Doch wenn Ulrich
Regelmäßig kommen Klassen der umliegenden
Meier wie ein Zeremonienmeister eine Königin
Schulen in das Pädagogische Zentrum für Natur
krönt, herrscht etwas, was manche Lehrer von
und Umwelt. Mit den Garten-Pädagoginnen ent-
ihren Schülern sonst nicht kennen – atemlose
decken sie hier, wie Kopfsalat entsteht, wo Äpfel
Stille.
wachsen, wann Erdbeeren und Tomaten reifen.
Doch manchmal wünscht sich der Imker schon,
Wie Honig in das Glas gelangt, das zeigt ihnen
dass die Schüler besser vorbereitet zu ihm kä-
der Imker. Meist Staunen die Schüler noch, wenn
men. Er hofft, dass die Lehrer die Eindrücke im
ihnen eine Biene ohne zu pieksen über die Hand
Nachhinein mit den Schülern vertiefen.
krabbelt. Die Augen werden noch größer, wenn
Denn Bienen sind ein gutes Beispiel für die Ab-
Blütezeit in der Mark
111
läufe und Gesetzmäßigkeiten in der Natur. Nicht
nur der Biologieunterricht könnte von Beobach-
praktischen Umgang mit den Tieren zu erlernen.
tungen an Bienen profitieren, auch der Mathe-
Damit das möglichst authentisch funktioniert,
matik-, Physik- und Chemie-Unterricht ließe sich
werden die Termine grob geplant und je nach
nach Meinung des Fachmanns mit dem durchaus
Entwicklung der Bienenvölker sowie der Pflanzen
vorhandenen naturkundlichen Forscherdrang leb-
vor Ort samt der passenden Witterung wenige
hafter gestalten – sogar der Kunst-Unterricht und
Tage zuvor telefonisch oder per Mail konkreti-
die Informatik. Für diesen Zweck wünscht sich
siert. Denn auch das will Ulrich Meier den Neuen
Meier eine elektronische Stockwaage mit Wetter-
gleich mitgeben: Erfolgreich imkern bedeutet,
station und Daten-Fernübertragung. „Damit wür-
das Richtige zum richtigen Zeitpunkt zu tun. So
den sich ganz neue Anwendungsbereiche im Un-
vorbereitet bleiben die meisten dabei. Der Cott-
terricht ergeben. Mit selbst gewonnenen realen
busser Imkerverein wächst.
Daten ließen sich beispielsweise Berechnungen
in Excel durchführen oder Diagramme erzeugen“,
wirbt er für sein Anliegen.
Angetan davon, wie sich Kinder und Jugendliche
für die Natur begeistern lassen, plant Ulrich Meier,
eine Arbeitsgemeinschaft Junge Imker zu gründen. Schließlich könnte er auch hier aus Erfahrung
schöpfen. Diese Begeisterung ist ansteckend.
Gern vermittelt Ulrich Meier heute Neu-Imkern
sein Wissen. Dafür stehen ein Dutzend Bienenvölker in unterschiedlichen Behausungen (Beuten) samt den erforderlichen Gerätschaften bereit.
Wer noch keine Imkerkleidung hat, dem kann
geholfen werden. So geht es nach einem ein-
112
führenden Theorieteil zu den Bienen, um den
Blütezeit in der Mark
In der Bienenmanufaktur
Gaitzsch herrscht
Hochkonjunktur.
Wege zum eigenen Volk
Für die einen ist Bienenhaltung ein Hobby, die
anderen erwirtschaften damit ihr Einkommen. Oft
geht es dabei um einen persönlichen Beitrag für
den Naturschutz. Doch egal was im Vordergrund
steht, die Faszination, der ökologische oder der
wirtschaftliche Nutzen – all das kann sich nur
entfalten, wenn es dem Bienenstaat und jedem
einzelnen Mitglied gut geht.
Somit lässt sich die Aufgabe des Imkers eindeu-
Zwar muss man sich um Honigbienen nicht jeden
tig formulieren: Aufgabe des Imkers ist es, die
Tag kümmern, aber ganz so einfach wie Kanin-
Bienenvölker in ihrer Entwicklung zu unterstützen
chen halten oder Briefmarken sammeln ist Bie-
und die volle Entfaltung ihrer Leistungsfähigkeit
nenhaltung auch nicht. Ein gutes Maß an Kennt-
zu fördern.
nissen der Bienenkunde ist schon erforderlich,
Genau das macht ja den Reiz der Bienenhaltung
um zu erkennen, ob es den Insekten gut geht.
aus. Der Halter muss auf das Bienenvolk und
Ohne Lernen geht es nicht. Der Handel mit Im-
seine Bedürfnisse unter den jeweiligen Gege-
ker-Büchern boomt. Doch kochbuchartige Lek-
benheiten so einwirken, dass es sich bestmög-
türe, frei nach dem Motto „nehme dieses, tue je-
lich entwickelt. Dann kann es Krankheiten,
nes und erwarte, dass dabei etwas heraus
Schädlingen, tierischen Räubern und langen
kommt“, sind wenig hilfreich.
Wintern widerstehen.
Besser ist es, ein Bienenvolk verstehen zu lernen
Mit dem überschüssigen, erntefähigen Honig
und daraus mögliche Lösungsansätze für kon-
steigt auch die Freude an der Bienenhaltung.
krete Probleme ableiten zu können. Deshalb sind
Entscheidend ist, zum richtigen Zeitpunkt das
Bücher mit Hintergrundinformationen, wie sie im
Richtige zu tun. Hier steckt die Tücke im Detail.
Anhang empfohlen werden, oft hilfreicher.
Blütezeit in der Mark
113
Da man aber nicht alles Rüstzeug, das man für
114
nen, die sich allerdings auf die ersten ein bis
den Einstieg benötigt, in einem Buch finden und
drei Jahre verteilen lassen.
auch nicht in kurzer Zeit erlernen kann, ist es
Wer Glück hat und eine neuwertige gebrauchte
sinnvoll, einen Einsteigerkurs zu besuchen, wie
Ausstattung erwerben kann, ist natürlich günsti-
er an den Bieneninstituten in Hohen Neuendorf
ger dran als bei einer kompletten Neuanschaf-
und Berlin-Dahlem, an verschiedenen Volkshoch-
fung. In den folgenden Jahren fallen nur noch
schulen oder von den Imkerverbänden angebo-
Verbrauchsmaterialien an, die mit dem geernte-
ten wird. Adressen bietet der Anhang. Imker-
ten Honig zu finanzieren sind.
Zeitschriften begleiten den Bienenfreund ebenso
Langfristig betrachtet, ist die Imkerei eines der
wie der kostenlos abonnierbare Info-Brief der
wenigen Hobbys, die sich selbst finanzieren:
Bieneninstitute ein Leben lang. Denn als Imker
Selbst wer keinen Honig vermarktet, wird zumin-
lernt man nie aus.
dest keinen süßen Brotaufstrich mehr kaufen
Wer sich der Bienenhaltung widmen will, ist gut
müssen. Mit dem eigenen Honig samt selbst ge-
beraten, sich einem Imkerverein anzuschließen.
bastelten Kerzen aus eigenem Bienenwachs, hat
Im regen Austausch mit Gleichgesinnten lässt
man immer ein persönliches Geschenk.
sich manches unüberwindbar erscheinende Pro-
Für die Betreuung seiner Bienenvölker sollten
blem leicht klären. Hier finden Einsteiger nicht
Einsteiger einen halben Tag pro Woche einpla-
nur fachliche Kompetenz, sondern auch die nö-
nen. Allerdings ist der Betreuungsaufwand nicht
tige Unterstützung für den erfolgreichen Start.
durchgängig gleich. Müssen anfangs Beuten
Oft werden Imkerpatenschaften und das Imkern
(Bienenkästen) und weiteres Material aus dem
auf Probe angeboten. In diesen Fällen können
Imkereibedarfshandel beschafft und teils gestri-
sich Neulinge mit der Bienenhaltung vertraut ma-
chen werden, müssen später die von anderen
chen, ohne zunächst die volle Verantwortung
Imkern gekauften Bienenvölker entsprechend ih-
und die vollen Kosten zu übernehmen. Immerhin
rem Raumbedarf erweitert oder eingeengt, auf
muss man bei einer komplett neuen Ausstattung
eventuelle Krankheiten und Schädlinge kontrol-
einer kleinen Imkerei mit bis zu 2 500 Euro rech-
liert und diese dezimiert sowie die Vermehrung
Blütezeit in der Mark
der Völker überwacht und gelenkt werden.
Hierbei wird vom Imker Hilfestellung durch Bereitstellung neuer Behausungen gewährt. Am einfachsten und sinnvollsten ist, wenn ein Imker die
muss der Nahrungsvorrat bedarfsgerecht abge-
Völker durch Teilung vermehrt, sobald sie ver-
schöpft oder ergänzt werden.
mehrungswillig sind. Dies ermöglicht die witte-
Aber keine Sorge: Imker sind nicht das ganze
rungsgeschützte, weitere Entwicklung, während
Jahr gebunden und Nachbarn müssen sie auch
ein sich selbständig auf die Suche begebendes
nicht mit der Pflege ihrer Lieblinge beauftragen,
Bienenvolk zu oft den sicheren Tod findet. Zudem
sofern sie mal verreisen wollen. Von April bis Juni
Blütezeit in der Mark
Bienen werden
ganzjährig draußen
gehalten.
Die Freiaufstellung
in Magazinbeuten
spart Kosten.
115
Prüfen der Beuten
sollte man allerdings schon wöchentlich am Bienenstand sein. Danach sind auch zwei- bis drei-
Fördergelder von Land und EU
wöchige Urlaubsreisen möglich.
„Mit Fördermaßnahmen hat das Brandenburger
In der Vergangenheit war Bienenhaltung mit dem
Agrarministerium in der Vergangenheit Nach-
Ländlichen verbunden. Heute ist auch die Stadt-
wuchsimkern immer wieder den Start erleichtert.
imkerei voll im Trend. Selbst in Zentren von Groß-
Das Agrarministerium hat bereits seit mehr als
städten wird die Bienenhaltung auf geeigneten
zehn Jahren finanzielle und organisatorische Un-
Dächern zunehmend beliebter. Sofern man über
terstützung bereitgestellt, um die Imker im Land
kein eigenes Wohn- oder Gartengrundstück ver-
beziehungsweise im Verbund mit anderen Bun-
fügt, muss der Eigentümer der avisierten Fläche
desländern zu fördern“, so Agrarminister Jörg
zustimmen. In Kleingartenanlagen ist die Bienen-
Vogelsänger, „mit dem Ergebnis, dass in jüngster
haltung nach Bundeskleingartengesetz sogar
Zeit wieder ein Anstieg vermeldet werden kann.“
ausdrücklich erwünscht. Fördert sie doch den
Zur Neuimker-Förderung sollen bis 2016 jährlich
Fruchtansatz bei Obstgehölzen ebenso wie bei
um die 65 000 Euro bereitgestellt werden. Darin
Erdbeeren, Tomaten und Kürbis. Schließlich und
enthalten sind laut Ministerium auch EU-Gelder.
endlich darf die, wenn auch formlose, Anmeldung
Pro neu gemeldeten Bienenhalter sei ein Zu-
der Bienenhaltung beim Veterinär- und Lebens-
schuss von bis zu tausend Euro möglich. Über
mittelüberwachungsamt des Landkreises oder
die Imkerverbände können diese Fördermittel
der kreisfreien Stadt nicht vergessen werden.
beantragt werden, doch reichen sie nicht für alle.
Wem das alles zu aufwendig ist, der sollte es
In der laufenden EU-Förderperiode bis 2020 wird
mit Wildbienen versuchen. Die brauchen nur eine
die Bienenhaltung insbesondere durch Agrarum-
Behausung und viele blühende Pflanzen im Gar-
welt-Klimaschutzmaßnahmen unterstützt. Hierzu
ten, aber keine Pflege. Allerdings geben sie auch
zählen die Bewirtschaftung von Dauergrünland-
keinen Honig.
flächen mit Verbot der Anwendung von mineralischer und chemisch-synthetischer Stickstoffdüngung und Pflanzenschutzmitteln sowie dem
116
Blütezeit in der Mark
Blütezeit in der Mark
117
Verzicht auf wendende und lockernde Bodenbearbei-
periode 2014 – 2020 neue ökologische Anforderungen.
tung bei Erneuerung der Grünlandfläche, die Anlage,
Dieser Umweltbeitrag, hat zur Folge, dass Landwirte
Pflege und Bewirtschaftung von Schonstreifen oder
30 Prozent ihrer Direktzahlungen nur dann erhalten,
Ackerrandstreifen beziehungsweise Ackerrandflächen
wenn sie konkrete Umweltleistungen erbringen. Diese
(hier ist die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und
umfassen den Erhalt von Dauergrünlandflächen wie
von stickstoffhaltigen Düngemitteln verboten), die Pflege
Wiesen und Weiden, eine verstärkte Anbaudiversifizie-
und regelmäßige Bewirtschaftung von extensiv genutz-
rung (größere Vielfalt bei der Auswahl der angebauten
ten Obstbeständen, die Beibehaltung von Zwischen-
Feldfrüchte) sowie die Bereitstellung sogenannter öko-
früchten oder Untersaaten über den Winter.
logischer Vorrangflächen auf Ackerland.
Im Rahmen des neu eingeführten Greeningkatalogs
Nach der in der EU erzielten Einigung müssen land-
wirkt der Erhalt von Dauergrünlandflächen (Wiesen und
wirtschaftliche Betriebe ab 2015 grundsätzlich zunächst
Weiden), der obligatorische Fruchtartenwechsel beim
fünf Prozent ihrer Ackerflächen als ökologische Vor-
Anbau von Kulturen auf Ackerflächen, die Einrichtung
rangflächen bereitstellen. Diese Flächen müssen im
von ökologischen Vorrangflächen auf fünf Prozent der
Umweltinteresse genutzt werden. Eine landwirtschaft-
Ackerflächen (zum Beispiel durch brachliegende Flä-
liche produktive Nutzung ist unter bestimmten Bedin-
chen, Landschaftselemente, Pufferstreifen, Flächen mit
gungen, zum Beispiel beim Anbau stickstoffbindender
Zwischenfruchtanbau, Flächen mit stickstoffbindenden
Pflanzen, aber zulässig. Auf diesen Flächen soll keine
Pflanzen) als Unterstützung für die Bienenhaltung. Mit
Chemie eingesetzt werden und eine ökologische Infra-
dem Greening erfüllen Landwirte seit der EU-Förder-
struktur entstehen.
118
Blütezeit in der Mark
Imker
Bienenvölker
4 000
40 000
3 500
35 000
3 000
30 000
2 500
25 000
2 000
20 000
1500
15 000
1000
10 000
500
5 000
0
0
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
netzen. Nicht von ungefähr schließen sich seit
Von Bienen lernen –
alters her Imker zusammen, um die Bienenhal-
Gemeinschaft erleben
tung zu harmonisieren, sich auszutauschen, von-
Wer Bienen hält, ist nicht allein. Schließlich haben
einander zu lernen und schließlich ihr Wissen
Honigbienen einen Aktionsradius von zirka drei
und Können an die nächste Generation weiter-
Kilometern um ihre Behausung, den sie bei Be-
zugeben.
darf auch auf über zehn Kilometer ausweiten
Nachdem in den 90er Jahren die Bienenhaltung
können. Insofern stehen schon mal die Bienen-
in Brandenburg durch Preisverfall beim Honig
völker einer Region zumindest potenziell in Kon-
aufgrund massiver Billigimporte sowie infolge ho-
takt, was nicht nur Vorteile bringt. Schließlich
her Arbeitslosigkeit und der damit verbundenen
können auf diese Weise auch Krankheitserreger
existenzielle Probleme sowie durch die boo-
und Schädlinge ausgetauscht und Raubzüge
mende Freizeitindustrie deutlich eingebrochen
begangen werden. Denn so harmonisch wie es
ist, nimmt sie seit 2007 wieder an Fahrt auf. Von
in einem Bienenvolk zugeht – zwischen den Völ-
den nunmehr 4000 Bienenhaltern im Land orga-
kern herrschen andere Gesetze. Umso wichtiger
nisieren sich allein im Landesverband Branden-
ist es, dass sich ihre Heger möglichst gut ver-
burgischer Imker e.V. mit seinen regional verteil-
Blütezeit in der Mark
2014
2015
Nachdem die
Bienenhaltung in
Brandenburg
Anfang der 90er
Jahre auf 20 Prozent
zusammengebrochen
ist, gibt es seit 2007
wieder einen
deutlichen
Aufwärtstrend.
119
– insbesondere wenn es darum geht, Förderprogramme zu initiieren und großflächige Aktivitäten
zu entfalten, ob für imkerliche Investitionen, die
Verbesserung der Vermarktungsbedingungen,
Blühflächenprogramme, Baum- und Alleenschutz, bestäuberfreundliche Biomasseproduktion, bienenkundliche Forschung, Bildung und
Beratung, nützlingsschonenden Pflanzenschutz.
Während Imkerbund und Landesverband auf
Bundes- und Landesebene agieren, arbeitet der
örtlich beziehungsweise regional tätige Imkerverein dort, wo die Imker ihre Bienen halten. Vor Ort
bestehen schließlich die größten Einflussmöglichkeiten auf jene Gremien und Unternehmen, die
oftmals unbewusst über die Nahrungsgrundlagen
der Bienen entscheiden: Umweltämter, Umweltausschüsse, Landwirtschaftsbetriebe. Zudem ist
120
ten Vereinen über 2 300 Imker unter einem Dach.
die Abstimmung mit Landwirten über Pflanzen-
Dafür gibt es gute Gründe. Schließlich ist die Im-
schutzmaßnahmen leichter, wenn beiderseits nur
kerorganisation eine gut aufgestellte Interessen-
wenige Ansprechpartner in Erscheinung treten.
vertretung.
Über den direkten Kontakt der Imker untereinander
Nachhaltige, erfolgreiche Bienenhaltung setzt
und insbesondere des Vorstands zu seinen Mit-
gute Bedingungen voraus. Diese zu erhalten
gliedern sind schnellere Information über aktuelle
oder gar zu verbessern, kann der Einzelne in
Neuigkeiten möglich. Die allgemeinen Medien bie-
der Gemeinschaft wesentlich effektiver angehen
ten für imkerliche Informationen wenig. Imkerzeit-
Blütezeit in der Mark
schriften haben eine monatelange Vorlaufzeit, bis
sonders hohen Qualitätsanforderungen, die der
sie im Briefkasten landen. Über die Imkervereine
Deutsche Imkerbund in seiner Warenzeichensat-
werden aktuell Informationen über Fördermittel für
zung festgeschrieben hat. Die Marke Echter Deut-
Neuimker, Vergiftungsschäden, optimale Witte-
scher Honig tritt in einem einheitlichen Erschei-
rungsbedingungen für die Schädlingsbekämpfung
nungsbild
der
ausländischen
Nach der Süßkirsche warten Birne
und Apfel auf
die Bestäubung.
Konkurrenz
oft noch am selben Tag verbreitet.
entgegen, die den Honigmarkt weitgehend be-
Zudem profitiert der Imker über den Abschluss
herrscht. Der D.I.B. sorgt auch dafür, dass alle
der Gruppenversicherung der Imkerverbände
Angaben, die mit Gesetzen und Verordnungen
durch eine günstige Versicherung. Dies gilt so-
vorgeschrieben werden, auf dem Gewährver-
wohl für die Tierhalter-Haftpflicht als auch die
schluss des Honigglases des D.I.B. enthalten
Tierhalter-Rechtsschutz-Versicherung. Selbst die
sind. Dies bedeutet mehr Rechtssicherheit für den
Abwicklung versicherter Schäden ist relativ ein-
Einzelnen gegenüber der amtlichen Lebensmit-
fach, weil der Versicherer einer relativ großen
telüberwachung. Die Entwicklung von Werbemit-
Anzahl Versicherter gegenübersteht, die sich un-
teln durch den D.I.B. gewährleistet ein einheitli-
tereinander austauschen und dabei die Qualität
ches Erscheinungsbild von Werbung und Produkt.
des Versicherers beurteilen, also einen gewissen
Aufbauend auf einheitlichen Qualitätskriterien und
Druck ausüben.
einem einheitlichen Erscheinungsbild des Honigs
Wer Honig vermarktet, benötigt geeignete Behält-
ist die Teilnahme an Qualitätswettbewerben mög-
nisse samt Etiketten mit allen rechtlich erforderli-
lich. Diese bieten einen guten Anlass für die Öf-
chen Angaben. Er braucht Werbung. Doch nur
fentlichkeitsarbeit in der jeweiligen Region. Darü-
Mitgliedern von Imkervereinen, die den Landes-
ber hinaus dienen die Urkunden der Werbung im
verbänden des Deutschen Imkerbunds e.V.
eigenen Verkauf, insbesondere bei der Vermark-
(D.I.B.) angehören, ist die Verwendung des D.I.B.-
tung ab Haus oder über einen Hofladen.
Glas einschließlich der hiermit verbundenen Wer-
Schließlich und endlich bietet der Imkerverein
bemittel möglich. Dieses Glas steht für die be-
die Gemeinschaft. Man lernt hier neue Leute ken-
Blütezeit in der Mark
121
Aller Anfang ist schwer
In einer großen Gemeinschaft leben Melanie
Röck und Christoph Maaßen mit ihren Bienen.
Beide sind junge, bestens ausgebildete und welterfahrene Berufsimker. Das heißt, sie wollen nicht
nur mit, sondern auch von den Bienen leben.
Die Süßkirsche
blüht und lässt auf
einen guten Start
hoffen.
122
nen. Oft entstehen daraus intensive Freundschaf-
Maaßen, der schon von Kindesbeinen an mit Bie-
ten, die ein Leben lang halten.
nen vertraut ist, berichtet vom nicht ganz einfa-
Doch wie findet man einen Verein? Der Anhang
chen Start in die Selbständigkeit: „Angefangen
enthält Adressen zu den Imkerverbänden in der
hatte alles 2008 mit dem Abschluss unserer Aus-
Region. Auf deren Internetseiten sind auch die
bildung zum Tierwirt, Fachrichtung Imkerei.“ Me-
zugehörigen Vereine verzeichnet. Vielfach sind
lanie und er hatten das Imkerhandwerk erlernt.
die örtlichen Imkervereine auch in den Vereins-
Sie an einer Universität, er an einem staatlichen
listen der Städte und Gemeinden zu finden. Hier
Bieneninstitut. „Beim winterlichen Blockunterricht
hilft ein Blick auf die Homepage der Stadt- oder
lernten wir uns an der zentralen Berufsschule im
Gemeindeverwaltung. Zudem pflegt mancher
niedersächsischen Celle kennen und lieben. Da
Verein einen eigenen Internetauftritt. Außerdem
unsere Ausbildung im August endete und die
lohnt ein aufmerksamer Blick auf Ankündigungen
Einstellungschancen für einen Imkergesellen im
für Kleintierausstellungen, Herbstfeste und Wo-
Herbst schlecht sind, zogen wir gemeinsam für
chenmärkte: Hier findet sich oft ein Ansprech-
ein dreiviertel Jahr nach Neuseeland“, so der
partner der süßen Zunft. Jetzt nur keine Schwel-
Imker. Dort arbeiteten beide in einem kleinen Fa-
lenangst: Imker sind meist freundliche Leute: Ist
milienbetrieb mit 3 000 Bienenvölkern. Nach der
der erste Kontakt geknüpft, ermöglichen die Ver-
gut behüteten Ausbildung in Deutschland war
eine, zunächst als Gast an ihren Veranstaltungen
das für beide ein Kulturschock. Drei Personen
teilzunehmen – bevor Mann oder Frau sich end-
betreuten dort die Völker. Zwei weitere kümmer-
gültig entscheidet.
ten sich um die Ableger (Jungvölker) und ums
Blütezeit in der Mark
Ausschleudern des Honigs. Die Arbeit war sehr
Im Frühjahr 2011 sollte es richtig losgehen. Die
hart, aber sie hat das Paar auf „ … die vor uns
Maaßens hatten knapp 100 Völker und im Winter
liegende Belastung im eigenen Betrieb optimal
schon große Pläne geschmiedet. Für fast alle
vorbereitet. Glücklicherweise finanzierte uns der
Völker war der Einsatz zur Bestäubung in Obst-
dortige Chef noch den Lkw-Führerschein, der
plantagen Brandenburgs vereinbart.
sich in Deutschland umschreiben ließ. Heute er-
Es fing jedoch recht holprig an. Ein gebraucht
weist uns diese Fahrerlaubnis große Dienste.“
gekauftes Auto ging schon nach einem Tag in
Im Anschluss an Neuseeland arbeiteten die bei-
Rauch auf. So half nur, das Auto von Melanies
den bei einer großen Bioland-Imkerei östlich von
Vater zu nutzen. Für größere Transporte mussten
Berlin und bauten gleichzeitig die eigene kleine
sie ein Auto mieten. Das stellte sich als gar nicht
Imkerei auf. „Ich hatte rund 20 Völker aus meiner
so schlecht heraus, da so die Fahrzeuge flexibel
alten Heimat, der Eifel, mitgebracht, die wir in
eingesetzt werden konnten. Geschleudert wurde
Wochenendarbeit vermehrten. Im Winter gingen
in einem umgebauten Bauwagen. Die Schleuder
wir noch einmal ins Ausland, um dort bei großen
wurde mit einem Spannungswandler an die Bat-
Honigproduzenten und Königinnenzüchtern den
terie des Autos von Melanies Vater angeschlos-
einen oder anderen Kniff abzuschauen“, erinnert
sen. Abends mussten sie meist auf Starthilfe hof-
sich Maaßen.
fen, damit sie nach Hause konnten: Die Batterie
Blütezeit in der Mark
Vorerst nur
geliehen – aber so
ein Geländestapler
hilft gewaltig.
123
Ergebnis harter
Arbeit: Reiche
Ernte voll
schmackhaftem
Obst
124
war dann platt. „Gefühlt hatten wir mindestens
Da sie fleißig Ableger gebildet hatten, konnten sie
so viel Stress wie bei den Imkern in Neuseeland
trotzdem mit ein paar mehr Völkern in die Saison
mit ihren 3 000 Völkern. Komisch, dachten wir,
2012 starten als im Vorjahr. Sie kauften noch etwas
arbeitet man in einem anderen Betrieb, läuft alles
Material, löteten Mittelwände ein und bauten wei-
rund. Kaum probiert man es selber, klemmt und
tere Beuten. Eine Pumpe und einen Honigsumpf
hakt es an allen Ecken und Enden.“
liehen sie sich von Kollegen. Kurz bevor die Sai-
„Wir verzettelten uns, da wir alles auf einmal woll-
son so richtig losging, fanden sie einen günstigen
ten. Wir ernteten nicht nur Honig, sondern auch
Raum, in dem sie schleudern konnten. Der im
Pollen und Gelée royale und zogen außerdem
ersten Frühjahr in Rauch aufgegangene Kleinlas-
noch Königinnen auf,“ erzählt Maaßen weiter.
ter meldete sich nun nach fast einem Jahr in der
Mittlerweile ist nur noch die Honigproduktion üb-
Werkstatt zurück zum Dienst. Alles lief recht gut
riggeblieben. Das ist auch gut so.
an. Pünktlich zur Rapsernte wollte jedoch die 40
Etwas Glück hatten die beiden dann doch. Sie
Jahre alte Schleuder nicht mehr.
ernteten im Schnitt 50 Kilogramm pro Volk, und
„Bevor uns der Rapshonig in den Waben kristal-
zwar Raps-, Robinien- und Lindenhonig. Dann
lisierte, erlaubte uns ein Berliner Kollege , sonn-
lernten sie die Gründer von Berliner Bärengold,
tags bei ihm zu schleudern. Das war unsere Ret-
einer Vermarktungsinitiative, kennen, die die Ernte
tung“, sagt der Imker. Während der Robinienblüte
kauften. Im Winter gossen sie Kerzen und be-
fuhren Melanie und ihr Vater bis nach Nürnberg,
suchten damit einen Weihnachtsmarkt. Dann
um eine gebrauchte 24-Waben-Schleuder zu kau-
packten sie erneut die Koffer, um in Argentinien
fen. Die Völker waren, wie gesagt, nicht beson-
bei einem großen Königinnenzüchter zu arbeiten.
ders stark aus dem Winter gekommen und beide
Anfang März 2012 kamen beide voll neuer Ideen
machten noch einige Fehler, sodass am Ende
und hochmotiviert nach Deutschland zurück. Die
der Saison rund 30 Kilogramm pro Volk auf die
Überwinterung der Völker in der zweiten Saison
Waage kamen. Die Gesamtmenge lag nur unwe-
2011/2012 war leider nicht besonders erfolgreich.
sentlich höher als im Vorjahr.
Blütezeit in der Mark
Die Beziehung zu den Honigabnehmern war mitt-
stattung wurden auch die Ausgaben für Kran-
lerweile zu einer echten Freundschaft gewach-
kenkasse, Alterskasse und Berufsgenossen-
sen, sodass der Absatz sicher war. „Außerdem
schaft regelmäßig fällig.“
konnten wir außerhalb der Saison bei ihnen ar-
Über die Saison bildeten beide wieder einige Ab-
beiten und so unseren Lebensunterhalt sichern.
leger, so dass sie auf rund 200 Völker kamen und
Denn neben Lebensunterhalt und Betriebsaus-
so für die dritte Saison im Jahr 2013 wieder fleißig
Blütezeit in der Mark
Christoph Maaßen ist
von Kindesbeinen an
ein begeisterter Imker.
Er will nun davon
leben. Melanie Röck
hat für die Bienen und
die Liebe das geplante
Studium an
den Nagel gehängt.
125
Beuten aus professionell vorgefertigten Einzeltei-
126
chend sahen die Völker dann auch aus. Die
len bauen und Mittelwände einlöten durften. Denn
meisten waren erst nach der Robinientracht wie-
Selbstbau war immer noch günstiger als kaufen –
der fit und brachten noch etwas Lindenhonig ein,
wenn man die eigene Arbeitszeit nicht mitrechnet.
bevor wir sie in den Winter schicken mussten.
Und Melanies Vater half wieder mit seiner hand-
Die Bestäubungsprämien fielen mager aus.
werklichen Begabung nach Kräften.
Alle anderen Völker waren gut in Form und auch
Im Winter arbeiteten beide noch einmal einige
recht fleißig, aber aufgrund der Hamburger Er-
Wochen in Australien. „Das war wieder sehr lehr-
fahrung lag der Schnitt wieder nur bei 35 Kilo-
reich, sowohl fachlich als auch menschlich. Wir
gramm Honig pro Volk. Das war viel zu wenig
können das jedem frisch gebackenen Imker-Ge-
für große Sprünge.
sellen nur empfehlen“, so Maaßen.
Aber aufgeben gilt nicht. Für ihre vierte Saison
2013, kurz bevor für die beiden die dritte Saison
kratzten beide wieder alles Geld zusammen, das
losging, kauften sie noch eine zweite Schleuder,
vom Honigverkauf übriggeblieben war und in-
diesmal eine 36-Waben-Radialschleuder. Außer-
vestierten in neue Schleudertechnik. Sie kauften
dem erwarben sie noch eine gebrauchte Entde-
zwei 56-Waben-Radialschleudern mit Programm-
ckelungsbürste. So fühlten sie sich recht gut ge-
automatik, eine Entdeckelungsmaschine, einen
wappnet.
150-Kilogramm-Honigsumpf und eine Pumpe.
Der Kollege, der im letzten Jahr seinen Schleu-
Der erste Schleudertag zur Rapsernte war eine
derraum zur Verfügung gestellt hatte, wollte seine
Katastrophe. Die Schleudern tanzten wie verrückt
Bestäubungsverträge im Alten Land bei Ham-
durch den Raum und verformten sich dabei fast
burg aufgeben.
zu Eiern. Die Entdeckelungs-Maschine entde-
Im Mai 2013 stand ein Teil von Maaßens Völkern
ckelte nur einseitig, die Pumpe pumpte nicht und
also auf den Apfelplantagen im Alten Land bei
die Siebe verstopften nach wenigen Minuten. Um
Hamburg. Es regnete vier Wochen lang ohne
zwölf Uhr mittags gaben sie auf und gingen nach
Unterbrechung. Außerdem war es eiskalt und
Hause, mit den Nerven völlig am Ende. Am nächs-
die Bienen konnten kaum fliegen. Dementspre-
ten Morgen sah die Welt schon wieder anders
Blütezeit in der Mark
ab. „Abends war der erste Schwung Honig im
Fass und wir waren glücklich.“
Zur Robinien- und Lindenernte unterstützte uns
ein polnischer Helfer beim Schleudern. Er schaffte
es auch, dass unser Kleinlaster jetzt Spitzengeschwindigkeiten von 90 Kilometer pro Stunde statt
bisher 70 Kilometer pro Stunde erreichte.
Mit ihrem inzwischen angeschafften Pritschenlaster sind beide jetzt auch für größere Wanderungen gerüstet und können Zargen auf Paletten
bewegen. Die Honigerträge pro Volk steigen allmählich, da sich der Betrieb immer besser an
die Standortbedingungen anpasst.
„Wir hoffen nun, dass wir die gröbsten Investitionen fürs Erste hinter uns haben und uns Reserven schaffen können. Das nächste große Ziel ist
ein eigenes Betriebs- und Wohngebäude,“ zeigt
sich Maaßen optimistisch.
Klein aber fein:
Mit dem eigenen Lkw ist
Christoph Maaßen nun
unabhängiger.
aus. Maaßens befestigten die Schleudern mit Betonankern am Boden, stellten die Entdeckelungsmaschine neu ein und dichteten die Pumpe etwas
Blütezeit in der Mark
127
Märkische Bienen summen in Berlin
Stadimkern ist in. Vor allem die Berliner haben fleißige
Bienchen in ihr Herz geschlossen. Die Stadt, die ja ohnehin als grüne Metropole gilt, ist Heimat für über 5000
Bienenvölker. Sie finden in den ausgedehnten Grünanlagen, auf Balkons und Terrassen sowie in den Hausgärten ein reiches Betätigungsfeld. Seit 2015 ist auch
die brandenburgische Landesvertretung beim Bundesrat
stolze Besitzerin zweier Völker. Agrar- und Umweltminister
Jörg Vogelsänger und Brandenburgs Bundesrats-Staatssekretär Thomas Kralinski haben am 9. Juni 2015 auf
dem Dach der Landesvertretung in der Berliner Innenstadt die Fluglöcher an zwei in den märkischen Farben
gestrichenen Bienenbeuten geöffnet und damit das Signal zum Sammeln gegeben. Die notwendigen Bienenwohnungen stammen vom Landesverband Brandenburgischer Imker e.V. (LVBI), der auch mit Holger Ackermann
die Betreuung der Bienen übernommen hat.
Holger
Ackermann
vom Landesverband
Brandenburgischer
Imker mit
seinen
kleinsten
Mitarbeitern
128
Die beiden Neu-Berliner Völker hat Prof. Dr. Kaspar
Bienenfeld vom Länderinstitut für Bienenkunde Hohen
Neuendorf zur Verfügung gestellt. Der Leiter des LIB
ist zugleich mit Lehr- und Forschungsauftrag vom Albrecht-Daniel-Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften der Lebenswissenschaftlichen Fakultät
der Humboldt-Universität Berlin berufen. In Sachen
Bienenkunde sind Berlin und Brandenburg längst vereint und inzwischen überreicht Kralinski an ausgewählte Staatsgäste seinen Berlin-Brandenburger Honig. Dahinter steckt natürlich mehr als eine
Marketingaktion. Stellvertretend für die gesamte Landesregierung will die Landesvertretung auf die Leistungen, aber auch auf die Probleme der Imkerschaft
hinweisen und einen praktischen Beitrag für Natur und
Umwelt leisten. Verkauft wird nichts: Nur besondere
Gäste erhalten Honig vom Dach der Landesvertretung
als Präsent.
versität oft als zu abstrakt und zu sperrig, also
Auch andere prominente Gebäude dienen den
langweilig. Doch wir wollten Aufmerksamkeit er-
Bienen als Start- und Landebahn.
regen, Artenvielfalt und Artenschutz greifbar ma-
Dr. Corinna Hölzer und Cornelis Hemmer,
diese Entscheider außerhalb des organisierten
Sie sind die Initiatoren von „Berlin summt!“
Naturschutzes möchten wir vom gesellschaftli-
Was ist darunter zu verstehen?
chen Nutzen des Bienenschutzes überzeugen.
chen sowie Führungskräfte inspirieren. Gerade
Dr. Corinna Hölzer
und Cornelis
Hemmer, die
Initiatoren von
„Berlin summt!“,
auf dem Dach des
Berliner Doms,
einem der Projektstandorte
Der Slogan unserer Initiative „Berlin summt!“ lautet: Mit der Biene als Botschafterin zu mehr Stadt-
Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee
natur. Träger ist unsere operative Stiftung für
zu „Berlin summt!“?
Mensch und Umwelt. Der Startschuss fiel im
Die sprichwörtlich fleißigen Bienen entdeckten
Herbst 2010 mit dem Aufstellen von Bienenvölkern
wir als Botschafterinnen für mehr Natur, als wir
auf prominenten Dächern der Stadt – gemeinsam
vom Hobby eines Bühnenbauers der Opera Gar-
mit den Imkern. Das gab es so noch nicht. Der
nier in Paris lasen. Der Zeitungsartikel beschrieb
Berliner Dom, das Abgeordnetenhaus, die Staats-
die Imkerei auf dem Dach dieses außergewöhn-
oper und viele andere öffentliche Häuser hießen
lichen Gebäudes und die große Nachfrage nach
die Immen nach anfänglicher Skepsis willkommen.
diesem Honig. Da wurde uns bewusst, welches
Die Einweihung der neuen Bienenstandorte feier-
Potenzial in der Stadtimkerei schlummert.
ten wir dann auf den Dächern. Plötzlich waren
die Medien begeistert und berichteten eifrig.
Wie finanzieren Sie Ihre Aktionen und
Ziel von „Berlin summt!“ ist es, biologische Vielfalt
welche sind das konkret?
als wichtiges Thema im Bewusstsein der Men-
Das Startkapital kam von der Bundeskulturstiftung.
schen zu verankern. Medien empfinden Biodi-
Damit konnten wir prominente Häuser ausfindig
Blütezeit in der Mark
129
Imkerin Hilde
Smits bei ihren
Bienen auf dem
Dach des
Staatlichen
Instituts für
Musikforschung
mit Musikinstrumenten-Museum;
im Hintergrund
die Philharmonie
Bepflanzung des
Wildbienen-Schaugartens im
Gartenzentrum
des Verbands
der Gartenfreunde
Berlin-Treptow
machen, Kontakte anbahnen und Aktionen vor-
nigbienen und Imkerei stecken, sind wir inzwi-
bereiten. Über Förderstiftungen finanzierten wir
schen mit der „Neuigkeit“ durchgedrungen, dass
anschließend unsere Wanderausstellung, einen
Biene nicht gleich Honigbiene ist. Gerade unser
Gartenwettbewerb und den Bienenkoffer für
Engagement für beide Gruppen, Wild- und Ho-
Grundschulkinder ebenso wie unseren Wildbie-
nigbienen, kommt gut an.
nen-Schaugarten, den wir gemeinsam mit Kleingärtnern gestalteten. Die vielen Mitmachaktionen,
Wo sehen Sie sich neben den Imkerverbänden?
Vorträge und sonstige Events realisieren wir mit-
Wir verstehen uns als Initiative, die quer zu den
tels Spenden und ehrenamtlichem Engagement.
bestehenden Strukturen arbeitet und Akteure zu-
Dafür sind wir auch unseren eifrigen Mitstreitern
sammenbringt, die bislang noch nicht miteinan-
sehr dankbar.
der vernetzt waren. Durch „Berlin summt!“ kamen
viele Imker jenseits von Vereinsgrenzen in Kon-
Wo summt es überall auf Berlins Dächern?
takt. Wir sind eine Naturschutz-Initiative, die mit
Berlin summt inzwischen an zahlreichen Stand-
den Imkern, aber nicht für sie, arbeitet. Mit dem
orten. Nicht alle müssen so prominent sein wie
Imkerverband Berlin verbindet uns übrigens eine
die Staatsoper. Auch mit einer Universitäts-
sehr fruchtbare Zusammenarbeit.
Mensa, dem Tempelhofer Feld oder dem Technikmuseum erreichen wir viele Menschen.
Konnte Ihre Initiative auch auf andere
Städte ausstrahlen?
Wie kommt ihre Initiative in Politik
und Bevölkerung an?
starteten in München und Frankfurt am Main
Die Resonanz auf unsere Arbeit war von Beginn
Schwester-Initiativen. Unter dem Motto „Deutsch-
an überwältigend. Die Medien stürzten sich ge-
land summt!“ engagieren sich inzwischen zwölf
radezu auf die prominenten Bienenstandorte.
Städte-Partner und es gibt weitere Anfragen.
Blieb ihre Berichterstattung zunächst oft bei Ho-
130
Und ob. Kurz nach Gründung von „Berlin summt!“
Blütezeit in der Mark
Sommer-Linden blühen Anfang Juni als erste Baumart in
der Berliner Straße Unter den Linden.
stand dafür vom Berliner Senat. Die Imker mussten
statt der rund 250 Euro, die eine solche Analyse
Sauberer Stadthonig
normalerweise kostet, nur 15 Euro dazuzahlen.
Thomas Ultsch beugt sich über dicke Mauerzinnen
„Wir Stadtimker reden immer davon, dass unser
und zeigt nach unten auf die Kantstraße. Dort
Honig unbelastet ist, aber einen aktuellen Beweis
stauen sich Autos, ein Fahrer hupt. Ein Stück weiter
hatte bislang niemand“, sagt der 70jährige. Immer
hinten braust ein ICE vorbei. Er steht auf dem
wieder wurde er gefragt, ob Stadthonig denn ge-
Dach des Theater des Westens in Berlin. Etwa
sund sein könne. Nun haben er und die vielen
100 Meter Luftlinie entfernt liegt der Bahnhof Zoo,
anderen Stadtimker eine Untersuchung an fünf
dazwischen liegen Straßen, viele Ampeln, an de-
zentralen Standorten der Innenstadt in der Hand.
nen Autos Abgase in die Luft pusten. Neben Ultsch
Schon in den 1980er Jahren hatte Biller eine ähn-
stehen auf dem Dach vier bunt bemalte Bienen-
liche Untersuchung von Berliner Stadthonigen an
stöcke.
der Freien Universität Berlin begleitet. Die Ziel-
Einer der Standorte ist bei Ultsch und seinen Bie-
setzung einer Diplomarbeit am dortigen Institut
nen auf dem Dach zwischen Bahnhof Zoo, Ku-
für Biologie bestand darin, herauszufinden, ob
Damm und Gedächtniskirche. Erwin Biller vom
Honig als Umweltindikator dienen kann. Hierfür
Lehrbienenstand in Marienfelde hat die Schad-
wurde der Bleigehalt von 106 Honigproben an 67
stoffanalyse organisiert und den Honig in einem
Standorten untersucht. Zu dieser Zeit fuhren die
Berliner Lebensmittellabor untersuchen lassen.
Autos noch mit bleihaltigem Benzin, Kraftwerke
Finanzielle Unterstützung bekam der Lehrbienen-
arbeiteten noch nicht mit Filtersystemen wie heute.
Blütezeit in der Mark
Stadtimker Thomas
Ultsch bei seinen
Bienen mitten in
Berlin: Auf dem
Dach des Theaters
des Westens
131
0,02 Milligramm je Kilogramm Blei enthalten sein.
Einen eigenen Grenzwert für Honig gibt es nicht.
„Zieht man den Grenzwert für Trinkwasser heran,
so ist man auf der sicheren Seite, denn Wasser
nimmt man in viel größeren Mengen zu sich als
Honig“, sagt Biller. Selbst ein ausgemachter Honigliebhaber würde es nicht schaffen, über 80 Ki-
132
Dies schlug sich schließlich deutlich in den ana-
logramm Honig in einer Woche zu essen. So viel
lysierten Honigproben nieder. Vergleicht man die
wäre laut einer Hamburger Untersuchung aus
damaligen Werte mit denen der aktuellen Analyse,
dem Jahr 2009 nötig, um die von der Welthan-
zeigte sich laut Biller, dass sich die Berliner Luft
delsorganisation festgelegte tolerierbare Menge
verbessert hat, zumindest bezogen auf die be-
an Blei zu sich zu nehmen. Die Forscher gingen
probten Substanzen. Im Schnitt lagen etwa die
hierbei von einer Menge von 0,02 Milligramm Blei
Bleiwerte in den Honigproben der damaligen Di-
pro Kilogramm Honig aus.
plomarbeit rund 20mal höher als heute – örtlich
Neben Blei wurde in der aktuellen Analyse auch
sogar bis zum 200fachen.
nach Cadmium und nach sogenannten polyzy-
So lautet die Bilanz heute: Blei konnte in vier Pro-
klischen aromatischen Kohlenwasserstoffen
ben nur in geringen Spuren nachgewiesen wer-
(PAK) gesucht. Dies sind Schadstoffe aus Ab-
den (< 0,008 - 0,009 Milligramm je Kilogramm). In
gasen, die bei der Verbrennung im Motor, aber
der fünften Probe lag der Wert unterhalb der Be-
auch in Heizungen und Kraftwerken entstehen
stimmungsgrenze von 0,004 Milligramm je Kilo-
und zum Teil krebserregend wirken können. Der
gramm. Alle Werte lagen damit unterhalb des in
Berliner Honig wurde auf 16 Substanzen dieser
der Trinkwasserverordnung festgelegten Höchst-
chemischen Gruppe untersucht. Doch auch bei
wertes. Für Blei beträgt dieser 0,01 Milligramm je
den PAK und bei Cadmium wurden die Grenz-
Liter. In Babynahrung dürfen zum Beispiel bis zu
werte für Trinkwasser nicht überschritten, die er-
Blütezeit in der Mark
Die Robinie, auch Falsche Akazie genannt, spielt eine wichtige
Rolle für die Nahrungsversorgung der Blütenbesucher.
initiiert worden. Die Flughafenbetreiber wollten
durch die geringen Schadstoffwerte im Honig
mittelten Werte lagen unter der Bestimmungs-
zeigen, dass die Luftbelastung im Umkreis der
grenze. „Außer Wasser dürfte es kaum ein Le-
Flughäfen zu vernachlässigen sei.
bensmittel mit einer geringeren Belastung ge-
„Um diesen Zusammenhang eindeutig herstellen
ben“, schlussfolgert Erwin Biller.
zu können, wären weitere Untersuchungen nötig“,
Als zusätzlichen Beleg nennt er den Stoff
gibt Dr. Birgit Lichtenberg-Kraag vom Länderin-
Benzo(a)pyren, der zu den untersuchten PAK
stitut für Bienenkunde im brandenburgischen Ho-
gehört. Der übliche Wert, der in Lebensmitteln
hen Neuendorf zu bedenken. Dass Schadstoffe
gefunden wird, die wir häufig und in größeren
aus der Stadtluft nicht im Honig landen, bedeute
Mengen zu uns nehmen, liegt beispielsweise bei
nicht zwingend, dass die Luft tatsächlich sauber
Getreide zwischen 0,12 und 0,79 Mikrogramm
sei. Es habe vielmehr mit der Natur der Biene und
je Kilogramm und für Öle und Fette bei 0,19 und
der Pflanzen zu tun. „Die Nektarien, also die Saft-
5,74 Mikrogramm je Kilogramm. In den unter-
drüsen der Pflanzen, sind in der Regel in der Blüte
suchten Honigen lag er mit unter 0,1 Mikrogramm
verborgen und damit nicht direkt der Luft ausge-
je Kilogramm deutlich darunter.
setzt. Die Blütezeit ist zudem relativ kurz“, erklärt
Thomas Ultsch, der hauptberuflich als Hörfunkjour-
Lichtenberg-Kraag. Sei die Umweltbelastung sehr
nalist arbeitet, überlegt nun, wie er seinen Honig-
hoch, sehe man das zwar auch am Honig – wie
kunden die guten Werte der Schadstoffmessung
beim Blei in den 80er Jahren. Bei einer moderaten
aus seiner Stadt näher bringen soll. „Das muss
Belastung sei dies allerdings nicht der Fall.
raus an die Öffentlichkeit“, findet er.
Eine Frage bleibt weiterhin offen: Ob die Biene
Gute Ergebnisse hatten in der Vergangenheit
vielleicht selbst als Filter für Umweltgifte dient, ist
auch Honiganalysen in Frankfurt, München und
wissenschaftlich nach wie vor nicht geklärt. „Mög-
Dortmund ergeben. Allerdings waren diese meist
licherweise gibt die Biene nicht alle aufgenom-
als sogenanntes Biomonitoring von Flughäfen
menen Schadstoffe wieder ab. Da die Bienen den
Blütezeit in der Mark
Strahlt wie
die Sonne: Selbst
wenn die Luft
nicht rein ist,
schadet das dem
Honig nicht.
133
Nektar im Stock mehrmals weitergeben, könnte
Eine Anfängerin erzählt: Simone
es zu einer weiteren Reduktion kommen“, erläutert
Helbig, Neu-Imkerin aus Liebenwalde
Birgit Lichtenberg-Kraag. Dass nicht alle aufgenommenen Gifte automatisch im Honig landen
Frau Helbig, wie sind Sie auf die Idee
müssen, zeigt sich noch deutlicher auf dem Land,
gekommen, Bienen zu halten?
wenn Bienen Nektar an Blüten sammeln, die mit
Bedingt durch meinen anstrengenden Berufsall-
Pflanzenschutzmitteln behandelt sind. Durch die
tag in einem Ingenieurbüro, habe ich nach einem
dabei aufgenommenen Gifte verlieren manche
Hobby gesucht, welches naturverbunden ist und
Bienen die Orientierung und erreichen den eige-
mir die Möglichkeit gibt, mich vom stressigen
nen Bienenstock nicht mehr. Bevor der Schadstoff
Tag zu entspannen. Fernsehsendungen und Li-
im Honig landen könnte, stirbt die Biene.
teratur haben mein Interesse an der Imkerei geweckt. Hierbei wurde mir bewusst, dass ich mit
den Bienen in der Natur einen Beitrag für die
Natur leisten kann. Zudem gibt es in meinem Bekanntenkreis einen Imker, der immer wieder voller
Leidenschaft von seinen Erfahrungen mit Bienen
erzählte. Und schließlich bot unser gut 1 000
Qudratmeter großes, ländlich gelegenes Grundstück ausreichend Platz, um die Bienen gleich
hinter dem Haus aufzustellen.
134
Blütezeit in der Mark
Wie sind Sie vorgegangen?
verschiedene Meinungen und Verfahrensweisen.
Zunächst habe ich versucht, an einem Einstei-
Es ist daher sehr schwer, als Neuimker die pas-
gerkurs zur Imkerei im Länderinstitut für Bienen-
sende Vorgehensweise zu finden. Im Fachhandel
kunde in Hohen Neuendorf oder der Volkshoch-
fand ich keine kompetente Beratung. Ein weiteres
schule teilzunehmen. Leider gab es keine freien
Problem war das geringe Blütenangebot an mei-
Termine. Im Jahr darauf habe ich mich gleich
nem Wohnort. Viele Gärten beherbergen ja nur
nachdem ich das Programm der Kreis-Volks-
noch Rasen und Nadelgehölze.
hochschule Oranienburg im Briefkasten hatte,
zum Kurs „Imkerei – Faszination und Leiden-
Wie konnten Sie die Probleme lösen?
schaft“ angemeldet. Fast gleichzeitig hatte ich
Eine verlässliche Hilfe für die Lösung meiner
in der Presse gelesen, dass ein Imkerverein in
Probleme waren für mich die Rücksprachen mit
meiner Nähe Interessenten sucht. Auch dort mel-
dem Kursleiter an der Volkshochschule. Fachli-
dete ich mich und bekam eine Zusage. So be-
teratur wie das Buch von Werner Gekeler „Ho-
suchte ich also den Kurs der Volkshochschule
nigbienenhaltung“ und die Schulungsmappe
und den Praxis-Lehrgang „Imkern auf Probe“.
des Deutschen Bienen-Journals „Grundwissen
Kritisch betrachtet
Simone Helbig die
Arbeit ihrer Bienen.
Nach und nach
logiert sie ihre
Bienen aus den
vom Imkerpaten
geliehenen Kästen
in neue um. Das
bislang erworbene
Wissen und Können
ermöglicht ihr nebst
Schutzkleidung
einen gelassenen
Umgang mit ihren
Bienenvölkern.
für Imker“ haben mir beim Selbststudium sehr
Welche unerwarteten Probleme ergaben sich?
geholfen. Nicht zu vergessen ist der wöchentli-
Ich hatte nicht erwartet, dass es keine einheitliche
che, kostenlose Infobrief der Bieneninstitute Bie-
Art und Weise der Völkerführung gibt. Ich stellte
nen@Imkerei. Um das fehlende Blütenangebot
fest: In Gesprächen mit drei Imkern gibt es vier
etwas auszugleichen, haben mein Mann und ich
Blütezeit in der Mark
135
Der Garten ist jetzt
viel bunter
und einladender
geworden.
So macht er viel
mehr Freude.
Bereits im zeitigen
Frühjahr breiten
sich die Krokusse
aus.
mit der Umgestaltung unseres Gartens begon-
Wie sehen Sie Ihre imkerliche Zukunft?
nen: Neuanpflanzungen von bienenfreundlichen
Die Bienen begeistern mich immer wieder aufs
Stauden, Sträuchern und Obstbäumen. Auch
Neue. Aber die Imkerei soll ein Hobby bleiben
unsere verbliebene Rasenfläche haben wir mit
und nicht in Arbeit ausarten. Mit zirka fünf Völkern
dem niedrig bleibenden Weißklee aufgepeppt.
gibt es genügend Honig für meine Familie und
unseren Freundeskreis. Sehr gespannt bin ich
Wie stehen Sie heute zu ihrer
auf den Erfahrungsaustausch mit anderen Imkern
Entscheidung, Bienen zu halten?
im Verein.
Meine Entscheidung war die Richtige. Ich habe
136
gelernt, dass die Imkerei mehr Freude als Arbeit
Was würden Sie jemandem empfehlen,
machen kann. Mein Hobby bereitet mir sehr viel
der sich ebenfalls für die Bienenhaltung
Freude, Ruhe und Ausgleich. Hierbei empfinde
interessiert?
ich es als großes Glück, dass mich mein Mann
In jedem Fall sollte man sich im Vorfeld mit den
von Anfang an bei meinem Vorhaben unterstützt
theoretischen Grundlagen der Bienenhaltung be-
hat. Selbst unsere Nachbarn beobachten mit
schäftigen und an einem Lehrgang teilnehmen,
Spannung unsere Bienen an ihrem Gartenteich
der einen Einblick ins Bienenjahr gibt. So weiß
und staunen über das viele Obst an ihren Bäu-
man, was auf einen zukommt und kann manchen
men. Und ganz nebenbei ist unser Zuhause durch
Anfängerfehler vermeiden – wie zum Beispiel Fehl-
die neue Blütenpracht viel bunter geworden.
käufe, die unnötig Geld kosten. Man sollte sich
Blütezeit in der Mark
Um die Terrasse herum duften Lavendel und
andere Küchenkräuter.
einen erfahrenen Imker suchen, der einen im ersten und zweiten Jahr begleitet, um einen kompetenten Ansprechpartner zu haben. Denn unterschiedliche Meinungen verschiedener Ratgeber
verunsichern. Zudem finde ich den Austausch mit
anderen Einsteigern spannend. Deshalb habe ich
immer noch Kontakt zu Gleichgesinnten aus dem
Volkshochschulkurs.
Selbst die Hummeln
freuen sich über
Eisenkraut sowie
einfach blühende
Studentenblumen und
Mignon-Dahlien.
Blütezeit in der Mark
137
Literatur-Empfehlungen für Einsteiger
für Pädagogen
Claus Zeiler (1992)
Ratschläge für den Bienenfreund
Verlag Neumann
ISBN: 978 -3-7402-0114 -2
Irmgard Kutsch, Gudrun Obermann, 2015
Mit Kindern im Bienengarten.
Verlag Freies Geistesleben
ISBN: 978-3-7725- 2394-6
Werner Gekeler (2013)
Honigbienenhaltung
Verlag Eugen Ulmer
ISBN: 978 -3-8001-6969-6
Undine Westphal, 2014
Imkern mit Kindern und Schülergruppen.
Mit Unterrichts-, Bastel- und Spielideen.
Selbstverlag
undine@noergelsen.de
Schulungsmappe: Grundwissen für Imker
Deutscher Bauernverlag
www.bienenjournal.de
Deutsches Bienen Journal
monatlich erscheinende Imkerzeitschrift
www.bienenjournal.de
Info-Brief der Bieneninstitute
bienen@imkerei
während der Bienen-Saison wöchentlich
per E-Mail verteilter Rundbrief;
kostenlos zu abonnieren:
www.Honigbiene.de
Undine Westphal, 2014
Die Schulimkerei
Planung, Aufbau, Betrieb. Mit Extrateil:
Unterrichtsideen. Selbstverlag
undine@noergelsen.de
Hans Joachim Frings, 1994
Experimentelle Bienenkunde in der Schule.
Schulbiologiezentrum Hannover:
http://schulbiologiezentrum.info
für Gartenfreunde
Günter Pritsch, 2007
Bienenweide
Verlag Kosmos
ISBN: 978-3-4401-0481-1
Melanie von Orlow, 2015
Mein Insektenhotel
Verlag Eugen Ulmer
ISBN: 978-3-8001-8449-1
Melanie von Orlow, 2013
Ideenbuch Insektenhotels
30 Nisthilfen einfach selbst gebaut.
Verlag Eugen Ulmer
ISBN: 978-3-8001-7878-0
138
Blütezeit in der Mark
für Gourmets
Renate Frank, 2016
Honig – köstlich, gesund und vielseitig.
Verlag Eugen Ulmer
ISBN: 978-3-8001-8446 -0
Elisabeth Bangert, 2011
Honig
Raffinierte Gerichte mit der besonderen Note.
Verlag Edition XXL
ISBN: 978-3-897361-59 -1
Klaus Friederich, 2006
Süße Verführung mit Honig & Schokolade
Verlag Josef Duschl
ISBN: 978-3-937438 - 47- 4
Friedgard Schaper, 2005
Kochen mit Honig
Verlag Landbuch
ISBN: 978-3-7842- 0654-7
Andrea Nagl, 2002
Honig – Power aus dem Bienenstock.
Die besten Rezepte für Schönheit, Wellness,
Power und Wohlbefinden.
Verlag Seehammer
ISBN: 978-3- 9340 - 5870 -5
Adressen
Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt
und Landwirtschaft des Landes Brandenburg
Referat Tierzucht
Henning-von-Tresckow-Straße 2-13
14467 Potsdam
T 0331 866 – 76 30
poststelle@mlul.brandenburg.de
www.mlul.brandenburg.de
Landesamt für Ländliche Entwicklung,
Landwirtschaft und Flurneuordnung
Dienstsitz Ruhlsdorf
Dorfstraße 1
14513 Teltow
T 03328 436 – 101
poststelle@lelf.brandenburg.de
www.lelf.brandenburg.de
Landesamt für Umwelt
Seeburger Chaussee 2
14476 Potsdam, OT Groß Glienicke
T 033201 442 – 118
www.lfu.brandenburg.de
Länderinstitut für Bienenkunde
Hohen Neuendorf e.V.
Friedrich-Engels-Straße 32
16540 Hohen Neuendorf
T 03303 29 38 30
bienenkunde@hu-berlin.de
www.honigbiene.de
ZALF Müncheberg
Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung
(ZALF) e.V.
Eberswalder Straße 84
15374 Müncheberg
T 033432 82 – 0
pende@zalf.de
www.zalf.de
140
Blütezeit in der Mark
Lehranstalt für Gartenbau und
Floristik Großbeeren e.V.
Theodor-Echtermeyer-Weg 5
14979 Großbeeren
T 033701 22 97 – 0
info@lagf.de
www.lagf.de
Humboldt-Universität zu Berlin
Albrecht-Thaer-Institut
Institut für Agrar- und
Gartenbauwissenschaften
Invalidenstraße 42
10115 Berlin
T 030 20 93 – 468 61 oder – 88 26
oeffentlichkeit_lgf@agrar.hu-berlin.de
www.agrar.hu-berlin.de/
Landesverband
Brandenburgischer Imker e.V.
Dorfstraße 1
14513 Teltow/Ot Ruhlsdorf
T 03328 319 – 310
lv.imker@online.de
www.imker-brandenburgs.de
Imkerverband Berlin e.V.
Mittelstraße 12
14163 Berlin
T 030 80 58 – 39 01
post@imkerverband-berlin.de
www.imkerverband-berlin.de
Landesverband der Buckfastimker
Berlin-Brandenburg e.V.
Jürgen Brauße
Blankenseer Dorfstraße 2
14959 Trebbin OT Blankensee
T 033731 800 – 26
info@apis-brausse.de
www.lvbb.buckfast.de
Interessengemeinschaft
Berlin-Brandenburgische Imker e.V.
Günther Jesse
Torstraße 18
10119 Berlin
T 0172 318 38 50
GJesseBerl@aol.com
Informationsplattform Schutz und Umsiedlung
von Hummeln, Wespen, Hornissen
Dr. Melanie von Orlow
Liesborner Weg 13
13507 Berlin
T 0163 685 95 96
webmaster@hymenoptera.de
www.hymenoptera.de
Online-Studienportal Honigbiene
HOBOS (HOneyBee Online Studies)
Universität Würzburg / Campus Nord
Josef-Martin-Weg 52
97074 Würzburg
T 0931 318 43 19
info@hobos.de
www.hobos.de
Gartenbauverband
Berlin-Brandenburg e.V.
Dorfstraße 1
14513 Teltow/Ruhlsdorf
T 03328 35 17 – 535
info@gartenbau-bb.de
www.gartenbau-bb.de/
Landesbauernverband
Brandenburg e.V.
Dorfstraße 1
14513 Teltow / Ruhlsdorf
T 03328 31 92 – 01
info@lbv-brandenburg.de
www.lbv-brandenburg.de
pro agro
Verband zur Förderung des ländlichen Raumes in
der Region Brandenburg-Berlin e.V.
Gartenstraße 1-3
14621 Schönwalde-Glien
T 033230 20 77 – 0
kontakt@proagro.de
www.proagro.de/
Gartenbauverband Berlin-Brandenburg e.V.
Ricarda-Huch-Straße 2
14480 Potsdam
T 0331 70 – 89 25
Kleingarten-LV-Brandenburg@t-online.de
www.gartenfreunde-lv-brandenburg.de
„Honigkirche“
Hoffnungskirche Neu Hartmannsdorf
Chausseestraße 20
15528 Spreenhagen, OT Neuhartmannsdorf
außerhalb von Gottesdiensten und
Konzerten
empfiehlt sich vorheriger Kontakt mit:
Marianne Stein
T 033 633 – 66 153
oder
Rita Schinkel
T 033 633 – 232
Hotel Haus Chorin
Neue Klosterallee 10
16230 Chorin
T 033 366 – 500
www.chorin.de
Bienenerlebniswelt
Johann Gottfried Herder Europaschule Oberschule
Erich-Weinert-Str. 9
15711 Königs Wusterhausen
hhttp://kinder-brauchen-schutz.de/waldies/jo
mub_herter@t-online.de
Blütezeit in der Mark
141
Links zu regionalen Honig-Anbietern
in Berlin und Brandenburg
(auch wenn es nicht immer
gesondert erwähnt wird – regional
erzeugten Honig gibt es
in fast jedem Hofladen):
www
www.berlin.deutschland-summt.de
www.brandenburg-geniessen.de
www.dein-Bauernladen.de
www.direktvermarkter-brandenburg.de
www.brandenburger-landpartie.de
www.berlinerhonig.de
www.berliner-bärengold.de
www.naturparkhonig.de
www.reiseland-brandenburg.de
www.Rieger-Hofmann.de
www.Wildbienen-Futterpflanzen.de
www.Saaten-Zeller.de
142
Blütezeit in der Mark
Impressum
2. Auflage 3000 Exemplare
Herausgeber:
Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt
und Landwirtschaft (MLUL)
Referat Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Henning-von-Tresckow-Straße 2 – 13, Haus S,
14467 Potsdam
T 0331 8 66 – 70 16
F 0331 8 66 – 70 18
pressestelle@mlul.brandenburg.de
www.mlul.brandenburg.de
Der Herausgeber dankt folgenden Autoren
für die Bereitstellung von Texten,
Fotos und Grafiken sowie für
die Recherche und fachliche Durchsicht:
Dr. Jens Radtke, Christina Gloger,
Christoph Maaßen, Jana Tashina Wörrle
Abbildungen
Seite 2, 3, 8, 9, 10(2x), 11(2x), 13, 14(2x), 15,
16(3x), 17(2x), 18(2x), 19(2x), 20(2x), 21(2x),
22(2x), 23(2x), 24, 25(2x), 26(2x), 27, 28, 29, 30,
31(7x), 32(2x), 35, 37, 39, 41(3x), 42(3x), 43(3x), 45,
48(8x), 49(9x), 50(2x), 56(3x), 57(2x), 58(2x), 61, 62(2x),
63, 67, 68(2x), 69(2x), 74, 76, 77(2x), 79, 80, 81, 82,
86(2x), 87, 90(2x), 91, 92(3x), 93(4x), 94(2x), 95(2x),
100, 101, 102(2x), 104, 105, 107, 108, 110, 112,
115, 120, 121, 124, 132, 133, 134, 135, 136(2x),
137(2x), 139, 141, Jens Radtke
Seite 1, 102, Frank Kirchner
Seite 31, Peter Haack
Seite 48, Hans-Werner Maternowski
Seite 40, Christina Gloger
Seite 5, 23, 33, 38, 39, 44, 46, 47, 51(9x), 53,
54(2x), 55, 56, 57, 59(2x), 64, 65 4x, 66, 67, 74,
75, 78, 81, 83, 84(2x), 98, 99, 118, 119, 120,
128(2x), 129, 131, 132, 144, woge-design
Seite 52, 113, 117, Silvana Hahn
Seite 70, Holger Ackermann
Seite 71, Lisa Heinzel
Seite 72, (2x), 73, Heike Gerber
Seite 73, Alexander Schatjajew
Seite 85, Kerstin Budnick
Seite 88, 89, Richard Linde
Seite 96, Silke Beckedorf
Seite 97(2x), Sabine Rübensaat
Seite 103, Thomas Köpke
Seite 106(2x), 108, Marc Herter
Seite 109, 111, Wilfried Jank
Seite 122, 123, 125, Melanie Röck
Seite 129, Annett Melzer
Seite 130(2x), Corinna Hölzer
Seite 131, Jana Tashina Wörrle
Titel: woge-design
Layout: woge-design
Herstellung: 2015/16
Druck: vierC-print+mediafabrik
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Blütezeit in der Mark
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und Landwirtschaft des Landes Brandenburg
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