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ARTHROSKOPIE AKTUELL
Die Arthroskopie des Radiokarpal-, Midkarpalund distalen Radioulnargelenkes
- Eine Einführung in Diagnostik und Therapie -
DIE ARTHROSKOPIE
DES RADIOKARPAL-, MIDKARPALUND DISTALEN RADIOULNARGELENKES
- Eine Einführung in Diagnostik und Therapie HELMUT-SIEGFRIED NEUMANN
DR. MED. HELMUT-SIEGFRIED NEUMANN
Leitender Oberarzt „Arthroskopische Chirurgie“
Klinik und Poliklinik für Unfall- und Handchirurgie
(Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. E. Brug)
Westfälische Wilhelms-Universität
Waldeyerstraße 1, D-48149 Münster
Tel. ++49-251-8356302
Fax ++49-251-8356318
E-Mail neumanh@uni-muenster.de
Inhalt
1.
Zur Entwicklung der Handgelenksarthroskopie
2.
Indikation
3.
Technisches Equipement
4.
Anästhesieverfahren, Lagerung und Abdeckung
5.
Anatomie
6.
Die arthroskopischen Zugangswege
7.
Ablauf der diagnostischen Arthroskopie
8.
Pathologische Veränderungen des Gelenkknorpels
9.
Pathologische Veränderungen der Synovialis, synoviale Impingementsyndrome
10.
Pathologische Veränderungen des Discus articularis, Läsionen des TFCC
11.
Pathologische Befunde an extrinsischen und intrinsischen ligamentären Verbindungen
12.
Frische knöcherne Verletzungen
13.
Sonstige pathologische Veränderungen
14.
Komplikationen
15.
Abschließende Bemerkungen zur operativen Arthroskopie bei pathologischen
Befunden im Radiokarpal-, Midkarpal- und distalen Radioulnargelenk
Literaturverzeichnis
Abb. der 1. Umschlagseite modifiziert [nach 47]
1.
Zur Entwicklung der Handgelenksarthroskopie
Schon 1931 untersuchte der Amerikaner M. S. Burman im Leichenversuch Handgelenke mit einer 3 mm großen Optik, sah
aber keine Perspektive für die Arthroskopie von Handgelenken, da
die Befundübereinstimmung zwischen Arthroskopie und Arthrotomie nur gering war [6].
Mit der Entwicklung neuer lichtleitender Materialien Ende der
60er Jahre wurde die Herstellung dünnerer Optiken mit trotzdem
ausreichender Lichtstärke möglich. 1971 berichtete der Japaner
M. Watanabe über erste Erfahrungen nach 19 Arthroskopien des
Radiokarpalgelenkes mit einem 1.7 mm durchmessenden Arthroskop [46]. 1978 und 1981 stellte der Amerikaner L. L. Johnson seine ersten Ergebnisse vor [18]. 1979 wurden erste Mitteilungen aus
dem deutschsprachigen Raum von Plank bekannt [32]. 1986 legte der Amerikaner T. L. Whipple eine detaillierte Beschreibung der
arthroskopischen Technik vor [48, 49]. Er beschrieb zahlreiche
neue, an den einzelnen Strecksehnenfächern orientierte Zugänge und empfahl die Arthroskopie unter Distraktion des Handgelenkes. 1992 veröffentlichte er sein Buch "Arthroscopic Surgery The Wrist" [50], im gleichen Jahr gab H. Hempfling das erste
deutschsprachige Buch zur Handgelenksarthroskopie heraus [16].
Seitdem wird die Arthroskopie des Radiokarpal-, Midkarpal- und
distalen Radioulnargelenkes zunehmend häufiger bei persistierenden Beschwerden im Handgelenksbereich eingesetzt; allmählich findet sie auch den Eingang beim frisch traumatisierten Patienten, z. B. bei der distalen intraartikulären Radiusfraktur oder bei
Verletzungen des intrinsischen Bandapparates [2, 9-11, 17, 24, 40].
Indikation
Möglichkeiten der Arthroskopie
Synoviale Veränderungen
Chondrale Läsionen (Arthrosen)
PE zur Diagnosesicherung, (Teil-)Synovialektomie
Shaving, Abtragen mechanisch behindernder/instabiler Korpelanteile, ggf. Methoden zur Knorpelinduktion
Dorsoulnares/ulnokarpales
Synoviale Genese: Teilsynovialektomie
Impingementsyndrom
Bei diskreter Ulnaplus-Variante: Wafer-Procedure
Indikation zur Ulnaverkürzungsosteotomie
TFCC-Läsionen
Diagnosesicherung
v. a. Läsionen des Discus articularis Débridement, (Teil-)Resektion, Diskus-Refixation
Ligamentäre Verletzungen
Beitrag zur Differenzierung zwischen dissoziierten und
nicht-dissoziierten Instabilitäten
Débridement, ggf. arthroskopisch assistierte temporäre
Arthrodesierung
Distale (intraartikuläre)
Primär: ggf. arthroskopisch gestützte Frakturversorgung
Radiusfrakturen
nach Beurteilung und Therapie versorgungspflichtiger
intraartikulärer Verletzungsfolgen
Sekundär: Débridement („Gelenktoilette“)
Indikation zur Umstellungsosteotomie
Abrißfrakturen des Proc.
Stabilitätsprüfung des TFCC, ggf. arthroskopisch
styloideus ulnae
gestützte Refixation
Indikation zur Arthrotomie
Scaphoidfrakturen
Ggf. arthroskopisch gestützte Verschraubung
Scaphoidpseudarthrose
Knorpelbeurteilung, ggf. proximale oder distale
Polresektion
Lunatummalazien
Knorpelbeurteilung, ggf. (Teil-)Resektion
Handgelenkszysten
Ausschluß und ggf. Therapie intraartikulärer Ursachen
Ggf. arthroskopische Resektion
Dorsale Handgelenksganglien
Ausschluß und ggf. Therapie intraartikulärer Ursachen
v. a. beim Rezidiv
Ggf. arthroskopische Resektion
Osteochondralfrakturen
Diagnosesicherung, Gelenkkörperentfernung
Ggf. Indikation zur Arthrotomie
Osteochondrosis dissecans
Diagnosesicherung, Gelenkkörperentfernung
Evtl. arthroskopisch gestützte Refixation
Kontrastmittelallergie
Diagnosesicherung
Tab. 1. Indikationen zur und Möglichkeiten der Arthroskopie
2.
Indikation
Die Indikation zur Durchführung einer Arthroskopie wird nach einer eingehenden klinischen und apparativen Diagnostik formuliert.
Dabei sind chronische Schmerzen sowie unklare Schwellungszustände im Bereich des Handgelenkes, abgesehen von unmittelbar posttraumatischen oder anderen akuten Beschwerden, einige der Hauptgründe, die den Patienten zum Arzt führen [1, 3, 16,
21, 22, 28, 38, 40, 50].
Die Erhebung der vollständigen Anamnese und die klinische Untersuchung mit Inspektion, Palpation, Funktions- und Stabilitätsprüfung ist auch an diesem Gelenk selbstverständlich. Je nach klinischem Befund werden zunächst die sog. Standardröntgenaufnahmen in 2 senkrecht aufeinander stehenden Ebenen durchgeführt. Spezielle Projektionen (z. B. Kahnbeinquartett) und Funktionsaufnahmen (z. B. p.a.-Projektionen in maximaler Ulnar- und
Radialduktion) können sich anschließen. Zunehmend werden
ergänzend Computertomographien (CT) und auch Magnetresonanztomographien (MRT) veranlaßt. Weitere diagnostische Tools
wie die konventionelle Arthrographie, z.T. in Verbindung mit der
MRT, sollten wegen der Invasivität des Verfahrens streng indiziert
sein.
Allerdings unterstreichen u. a. Hempfling und Whipple die Tatsache, daß trotzdem die Mehrzahl v.a. posttraumatischer - hier v. a.
ligamentärer - oder degenerativer - hier v. a. chondromalazischer Läsionen am Handgelenk nicht immer genau reproduzierbar und
ausreichend sicher differentialdiagnostisch dargestellt werden
können [7, 16, 48-50].
Die im folgenden aufgeführten Erkrankungen und Verletzungen
sind in die differentialdiagnostischen Erwägungen v. a. des chronischen Handgelenksschmerzes einzubeziehen und sind als Indikationen zur Handgelenksarthroskopie zu sehen (Tab. 1).
4
3.
Technisches Equipement (s. Tab. 2, 3 und 4)
Für die diagnostische Arthroskopie des Handgelenkes kommen
prinzipiell die gleichen Instrumente wie für die Arthroskopie großer
Gelenke zur Anwendung, nur daß die Dimensionen natürlich entsprechend kleiner ausfallen müssen (sog. small joint set)
[33, 35, 38].
In der Handhabung dieser feinen Instrumente ist besondere Sorgfalt notwendig, da gerade die arthroskopische Optik sehr empfindlich auf Biegebelastungen reagiert. Auch in der Vorbereitung
(Sterilisation, Vorbereiten der Instrumententische, Beziehen der Kamera mit der angeschlossenen arthroskopischen Optik mit einer
sterilen Einmalhülle) sollte man sehr vorsichtig hantieren, um
nicht die Lebensdauer des Systems drastisch zu reduzieren.
Zur intraoperativen Befunddokumentation - die Video-Arthroskopie ist Standard - kann auf einen Videoprinter, ein VHS-,
S-VHS- oder, auch professionellen Ansprüchen genügend, ein
U-Matic-Aufzeichnungssystem zurückgegriffen werden. Auch findet die digitale Befunddokumentation zunehmend Eingang in den
arthroskopischen Bereich, zumal die Kosten für die entsprechende Hardware - z. B. Videosteckkarten mit der Option der Einzelbildaufnahme (sog. frame grabbing) und anschließender Bildbearbeitung - deutlich gesunken sind.
Zur vollständigen diagnostischen Arthroskopie gehört immer auch
die Palpation mit dem Tasthaken, der durch einen separaten, dem
inspektorischen Befund angepaßten Instrumentenzugang eingeführt wird.
Die für arthroskopische Operationen in diesem kleinen Gelenk konzipierten mechanischen Instrumente sind prinzipiell so aufgebaut
wie übliche Faß- oder Schneidezangen, sie unterscheiden sich von
diesen nur durch ihre kleinere Dimensionierung. Man sollte sich
aber vergegenwärtigen, daß zum Öffnen der Instrumente doch wesentlich mehr Platz im Gelenk benötigt wird, als man vielleicht
zunächst meint, zum anderen aber wegen der Feinheit der Branchen die Bruchgefahr nicht unerheblich ist.
Das - in aller Regel bereits vorhandene - motorgetriebene System
sollte daraufhin geprüft werden, ob Fräsaufsätze für kleine Gelenke
(small joint set) auf das Handstück aufgesetzt werden können. Es
ist sicherlich auch von Vorteil, wenn der Fräsaufsatz einfach gegen einen Bohraufsatz ausgetauscht werden kann, denn so können dann z. B. Pridie-Bohrungen vorgenommen oder
Kirschnerdrähte für temporäre Arthrodesen oder zur gezielten
Mobilisation von Knochenfragmenten plaziert werden.
Auch im Handgelenk bietet das Hochfrequenz-Chirurgiegerät
(HF-Messer, Elektromesser) mit entsprechenden Mini-Hakenelektroden viele Vorteile. Allerdings sollte sein Einsatz in einer elektrolytfreien Spüllösung (z.B. Purisole™) erfolgen.
Die Lasertechnologie mit der geringen Dimensionierung der in
das Gelenk einzubringenden Laserfaser ist prädestiniert für operative Eingriffe in solch kleinen Gelenken. Neben Diskus(teil)resektionen und (Teil-)Synovialektomien können Osteophyten abgetragen oder die partielle Resektion des Ulnaköpfchens i. S. e.
Wafer-Procedure [36] vorgenommen werden.
Basisausrüstung
OP-Tisch
Seitlich anzubringender Handtisch
System zum Anlegen einer watteunterpolsterten Oberarmblutleere oder -sperre
Wasserdichte Einmalabdeckmaterialien
Wasserdichte OP-Kittel
2 Instrumententische
Distraktionseinheit (z.B. Traction Tower)
Sterile Mädchenfänger
Steriler Hautmarkierungsstift
Punktionskanüle (22 Gauge)
Einmalspritze (20 ml)
11er Skalpell
feines Mosquitoklemmchen
Tab. 2. Basisausrüstung zur Arthroskopie
Ausrüstung für die diagnostische Arthroskopie
Videokette mit
Chipkamera mit nachregelbarem Objektiv
Kaltlichtquelle und Kaltlichtkabel
Monitor
Videodokumentation (Printer, (S)-VHS, U-matic)
Spüllösung (z.B. Purisole™)
Y-Schlauchsystem
Y-Saugschlauch
30°-Weitwinkel-Optik (1.9 oder besser 2.7 mm Schaftdurchmesser)
Schleuse (2.5 oder 3.8 mm Ø) mit
2 Hähnen zum gleichzeitigen Spülen und Absaugen
stumpfem Obturator
Mini-Tasthaken
Wechselstab (Wissinger rod oder Bündelnagel der entsprechenden Dicke)
4.
Anästhesieverfahren,
Lagerung und Abdeckung
Für die Anästhesie bei der Arthroskopie kleiner Gelenke stehen die
Allgemeinanästhesie, verschiedene Formen der Leitungsanästhesie sowie prinzipiell auch die Lokalanästhesie zur Verfügung.
Sicherlich stellt die Allgemeinanästhesie (Vollnarkose) gute Bedingungen für den Operateur zur Verfügung; sie ist jedoch ein den
Patienten oft belastendes Verfahren. Im eigenen Patientengut
(n=181) wurden über 80 % aller Arthroskopien des Handgelenkes
in subaxillärer Plexusanästhesie durchgeführt, in nur 3 % (n=6)
war dabei ein Verfahrenswechsel auf die Allgemeinanästhesie notwendig.
Die supraklavikuläre Plexusanästhesie gewinnt erst zunehmend Bedeutung und ist wegen der nicht unerheblichen Komplikationsmöglichkeiten wie Pneumo- und Hämatothorax, Mediastinal- und Hautemphysem, Punktion der A. subclavia und parazervikaler Hämatombildung noch kein Verfahren der ersten Wahl.
Auch ist prinzipiell und vom Operateur selbst durchführbar die
Lokalanästhesie möglich. Allerdings wird keine Muskelrelaxation erzielt, der Patient kann während einer Operation durch willkürliche Bewegungen nicht unerhebliche intraartikuläre Läsionen
provozieren. Problematisch ist außerdem die Toleranz einer
Blutsperre oder Blutleere am Oberarm, abgesehen vom psychischen Druck, dem der Arthroskopiker bei nachlassender oder
nicht ausreichend wirksamer Lokalanästhesie - und somit unruhigem Patient - ausgesetzt ist.
Die Operation erfolgt in Rückenlage des Patienten auf dem Operationstisch, wobei der Oberarm im Schultergelenk auf 90° abduziert und der Unterarm im Ellenbogengelenk auf 90° flektiert wird.
Ziel der sich dann anschließenden speziellen Lagerungstechniken
ist die ausreichende Distraktion der zu spiegelnden Gelenkkompartimente (Radiokarpal-, Midkarpal- und distales Radioulnargelenk).
Die Distraktion erfolgt im allgemeinen über sog. Mädchenfänger.
Selbst wenn diese weich und flexibel sind und die Zugbelastung
gleichmäßig auf ein entsprechendes Areal verteilen, ist bei allen
Lagerungstechniken Vorsicht geboten. Es können Verletzungen
der Haut, Dehnungsschäden der Hautnerven und des KapselBand-Apparates der Fingergelenke auftreten, wenn die mechanische Traktionsbelastung unangemessen hoch gewählt wird
[14, 34].
Tab. 3. Ausrüstung für die diagnostische Arthroskopie
Ausrüstung für die operative Arthroskopie (sog. „small joint set“)
Mechanische Instrumente (Ø 2,5 mm, gerade und/oder nach oben abgewinkelt)
Schneidezange
Faßzange
Motorisierte Instrumente eines Shaver-Systems (Ø der Fräsaufsätze 2.5 bzw. 3 mm)
Cutter, seitlich schneidend, z.B. zur (Teil-)Resektion des Discus articularis
Trimmer, z.B. zur (Teil-)Synovialektomie (sog. Full radius- oder Rosenberg-Resektor)
Kugelfräse, z.B. zur Bearbeitung ossärer Strukturen
Shaver, z.B. zur Glättung von Knorpelschichtdefekten
Hochfrequenz-Chirurgiegerät mit
Kabel zum Anschluß von handelsüblichen Einmalneutralelektroden
Einmalneutralelektrode
Elektrodenhandgriff mit Elektrodenarretierung und 2 Fingertastern
(Koagulieren, Schneiden)
Mini-Hakenelektrode (sog. Elektromesser)
Weitere spezielle Instrumente/Materialien in Abhängigkeit der geplanten
operativen Maßnahme
kleine Meißel zum Abtragen von Osteophyten bzw. im Rahmen der WaferProcedure, Materialien zur Naht oder Refixation des Discus articularis
Fakultativ: Laser
Abb. 1
Lagerung bei
frei hängendem
Arm mit am
OP-Tisch
angesetzter
Armstütze
Tab. 4. Ausrüstung für die operative Arthroskopie
5
Erfolgt die Distraktion des Handgelenkes über ein Gegengewicht
von 3-5 kg am frei hängenden Oberarm, werden im allgemeinen
an allen Fingern Mädchenfänger angebracht (Abb. 1). Ein wesentlicher Nachteil dieser zugegeben kostengünstigen Lagerungstechnik liegt sicherlich in der sterilen Abdeckung aller Teile
distal der Mittelhand bzw. Finger (Abb. 2). Zum anderen kann der
Arthroskopiker seine Ellenbogen nur auf einer schmalen Armstütze
ablegen, auf der ein entspanntes Operieren nicht so ohne weiteres möglich ist.
Abb. 2
Aufwendige und zeitraubende Abdeckung für den frei hängenden Arm
Whipple entwickelte einen sog. Traction Tower, der steril angereicht auf einem seitlich anzusetzenden Handtisch ruht, auf den
sich der Operateur auch mit seinen Ellenbogen bequem aufstützen kann. Die Distraktionskraft wird wiederum über Mädchenfänger, nun aber durch eine vom Operateur während der Operation einstellbare Federwaage aufgebracht [50]. Somit wird das OPPersonal nicht mehr für Änderungen der Distraktionskraft benötigt,
wie das bei der zuvor beschriebenen Technik der Fall und nicht
immer unproblematisch seitens der Sterilität ist. Zudem sind sowohl die Ulnar- und Radialduktion als auch die Palmarflexion
und Dorsalextension im Handgelenk variierbar. Außerdem können
je nach intraartikulärer Befundkonstellation durch den Wechsel der
Mädchenfänger auf (Daumen), Zeige- und Mittelfinger das radiale Kompartiment (s. Abb. 4) oder durch Plazierung der
Mädchenfänger an Mittel-, Ring- und Kleinfinger das ulnare Kompartiment gezielt aufgedehnt werden [40].
Nach Auswickeln des Armes mit einer Esmarch-Binde wird die
Blutleere durch das Auffüllen einer watteunterpolsterten, pneumatischen Manschette am Oberarm, beim Erwachsenen auf 300
mm Hg und bei Kindern und Jugendlichen angepaßt an den systolischen Blutdruck, gehalten. Somit kann während der Arthroskopie keine Blutung in das Gelenk hinein erfolgen, die zur Einschränkung der intraartikulären Sichtverhältnisse im Sinne eines
Red-out führen kann [39]. Die Manschette sollte bei der Lagerung
im Traction Tower so weit proximal wie möglich angelegt werden,
damit der Haltegurt den distalen Oberarm sicher auf der Grundplatte fixieren kann.
6
Zunehmend setzt sich auch am Handgelenk die aus der Kniegelenksarthroskopie schon bekannte Technik durch, zwar präoperativ
eine watteunterpolsterte pneumatische Manschette am proximalen Oberarm anzulegen, diese aber erst dann zu füllen, wenn im
Falle einer neu auftretenden Blutung auch mit dem HF-Messer keine ausreichende Blutstillung vorgenommen werden konnte. Der
Vorteil dieser Technik mit einer Blutsperre liegt darin, daß ohne
Blutleere der Unterschied zwischen den verschiedenen anatomischen Strukturen deutlicher hervortritt. Zum anderen erzieht sich
der Arthroskopiker selbst zu einem atraumatischen intraartikulären
Vorgehen [39].
Großlumige, die Streckseite des Handgelenkes und der Handwurzel querende Venen sollten bereits vor dem Auswickeln des
Armes mit einem wasserfesten Stift markiert werden, um deren Verletzung zu vermeiden. Somit werden lästige postoperative Nachblutungen noch weiter minimiert.
Die Desinfektion des Operationsgebietes wird, wie in der Handchirurgie üblich, mit ungefärbtem, steril filtriertem 80%igem Alkohol vorgenommen.
Für die Arthroskopie im flüssigen Medium ist eine Abdeckung des
Operationsgebietes mit wasserdichten Einmalmaterialien erforderlich.
Dazu werden zunächst Rumpf und Thorax des Patienten, anschließend der Oberarm bei der Lagerung mit frei hängendem Arm
abgedeckt. Abschließend erfolgt die Abdeckung der Hand einschließlich der Mädchenfänger und der Aufhängevorrichtung mit
Einmalklebetüchern (s. Abb. 2). Wesentlich einfacher gestaltet sich
die Abdeckung bei Verwendung des Traction Towers: dieser und
die Mädchenfänger sind sterilisierbar und brauchen somit nicht abgedeckt zu werden. Es wird lediglich ein wasserdichtes Lochtuch über die obere Extremität bis unmittelbar zur Oberarmmanschette gezogen (Abb. 3, 4).
Die Positionen von Operateur, Assistent und Operationsschwester
sind mit der Lagerung des Patienten vorgegeben (Abb. 5). Es sollten aber der Übersicht und Ordnung halber alle Kabel und Schläuche aus einer Richtung zum Operationstisch führen. Absaugung,
Shaverwelle, Kamera- und Lichtkabel sowie das Kabel des HFMessers werden vom Arthroskopieturm, der sich seitlich am
Fußende des Patienten befindet, auf einen ersten Instrumententisch, der zwischen Arthroskopieturm und Handtisch steht, geführt,
abrutschsicher fixiert und dort während der arthroskopischen Interventionen zwischengelagert. Alle anderen Instrumente, auch die
Shaveransätze, werden auf einem zweiten Instrumententisch bereitgestellt und können – da sicher vor dem „Kabelsalat“ - von der
Operationsschwester schnell und gezielt angereicht werden.
Abb. 3
Einfache Abdeckung mit nur einem wasserdichten Lochtuch bei der
Lagerung im Traction Tower
Abb. 4
Distraktion des radialseitigen Gelenkspaltes über Mädchenfänger an
Zeige- und Mittelfinger
Abb. 6
Abb. 5
5.
Nach Abschluß der Lagerung und Plazierung der Instrumententische
Anatomie
Das Radiokarpalgelenk setzt sich aus der distalen Radiusgelenkfläche und dem triangulären fibrokartilaginösen Komplex (triangular fibrocartilage complex, TFCC) sowie dem Os scaphoideum,
Os lunatum und Os triquetrum zusammen (Abb. 6).
Eine besondere Rolle spielt dabei der TFCC, der aus dem Discus
articularis, der Sehnenscheide des M. extensor carpi ulnaris, den
radioulnaren Bändern und einem inkonstant angelegten sog.
Meniskushomolog gebildet wird [16, 17, 30, 31]. Im Längsschnitt
ist der Discus articularis als dreieckige, faserknorplige, bikonkave
Scheibe anzusprechen, die zentral sehr dünn, sogar perforiert sein
kann [41]. Dabei kann nicht in jedem Fall hinreichend genau geklärt werden, ob die dann bestehende Verbindung von Radiokarpalund distalem Radioulnargelenk anlagebedingt, traumatisch oder
degenerativ bedingt ist.
Biomechanisch gesehen dient er der konstanten Verteilung von
Druck- und Stoßkräften im ulnaren Radiokarpalkompartiment
(Kräfteverteilung bei intaktem Diskus auf Radius und Ulna 80:20 %,
nach einer Diskusresektion 94:6 % mit der Gefahr der vorzeitigen
radiokarpalen Arthrose!) [16, 31].
Das Midkarpalgelenk (Mediokarpalgelenk, Interkarpalgelenk) findet sich zwischen der proximalen und der distalen Handwurzelknochenreihe, wobei ihre Einzelkomponenten Os trapezium, Os
trapezoideum, Os capitatum und Os hamatum kaum gegeneinander beweglich sind. Hinzu kommt noch das distale Radioulnargelenk, an dem auch die kraniale Fläche des Discus
articularis beteiligt ist.
„Explosionszeichung“ des Handgelenkes. Os capitatum (C), Os
hamatum (H), Os lunatum (L), Radius (R), Os scaphoideum (S), Os
trapezoideum (Tr), Os trapezium (TR), Os triquetrum (Tq), Ulna (U),
Lig. radioscaphocapitatum (RSC), Lig. radioscapholunatum (RSL),
Lig. radiolunotriquetrum (RLT), „synovial tuft“ (ST), Triangulärer fibrokartilaginöser Komplex (TFCC), Lig. ulnolunatum (UL), Lig. ulnotriquetrum (UT) [nach 51]
Die wesentliche Stabilisierung erfolgt durch einen dorsalen, palmaren und seitlichen Kapsel-Band-Apparat, wobei ein extrinsisches
System, das den Carpus mit Radius und Ulna verbindet, von einem intrinsischen System, das die einzelnen Karpalknochen untereinander verbindet, unterschieden wird [16] (s. Abb. 6).
6.
Die arthroskopischen Zugangswege
Jeder arthroskopische Zugangsweg muß unbedingt anatomisch
relevante Strukturen respektieren [16, 39, 45, 49, 50]. Allein aus
diesem Grunde verbieten sich schon palmare Zugangswege. Somit sind dorsale Zugangswege zu wählen (Abb. 7). Diese sind
relativ einfach zu positionieren, wenn als Orientierung das Tuberculum Lister und die Strecksehnenfächer gewählt werden.
Wenn sie den R. profundus a. radialis und die Rr. superficiales n.
radialis et ulnaris respektieren, sind diese auch minimal traumatisierend und ermöglichen trotzdem eine ausreichende Übersicht
auch intraartikulärer dorsaler Strukturen.
3 Zugangswege zum Radiokarpalgelenk werden zwischen
Strecksehnenfächern plaziert und nach ihnen benannt (1-2-, 3-4und 4-5-Zugang). Dabei ist der 1-2-Zugang wegen seiner unmittelbaren Gefahr für den R. superficialis n. radialis sowie den R. profundus a. radialis absoluten Ausnahmeindikationen vorbehalten.
Der Standardzugang, über den der erste diagnostische Rundgang
erfolgt, ist der 3-4-Zugang; er liegt ca. 1 cm distal des Tuberculum
Lister zwischen dem 3. und 4. Strecksehnenfach. Neben dem 45-Zugang sind die beiden ulnaren Zugangswege, die radial und ulnar des 6. Strecksehnenfaches (6-R- und 6-U-Zugang) plaziert werden, im wesentlichen Instrumentenzugänge, in die aber auch wie
in den 4-5-Zugang zur Inspektion radialer Gelenkanteile das
Arthroskop in der Wechselstabtechnik eingebracht werden kann.
7
Abb. 7
Arthroskopische Zugangswege (Erläuterungen im Text) [nach 49]
Oft wird auch der 6-U-Zugang gelegt, um eine Zulaufkanüle plazieren zu können.
Der radiale Zugang zum Midkarpalgelenk (Midcarpal Radial,
MCR) liegt etwa 1 cm distal des 3-4-Zuganges, der ulnare (MCU)
liegt etwa 1 cm distal des 4-5-Zuganges; beide befinden sich in einem leicht palpablen „soft spot“, wobei der MCU-Zugang wegen
des etwas größeren intraartikulären Raumes häufig leichter zu plazieren ist. Der triquetrohamatale und der scaphotrapeziotrapezoidale Zugang [44] werden hier nicht weiter berücksichtigt.
Ein Standardzugang zum distalen Radioulnargelenk liegt knapp
1 cm proximal des 6-R-Zuganges (RUR), ergänzend kann auf etwa
gleicher Höhe ein ulnar des 6. Strecksehnenfaches gelegener Zugang (RUU) etabliert werden. Beschrieben wird auch ein Zugang, der proximal der „sigmoid notch“ liegt [17].
Nachdem alle Vorbereitungen abgeschlossen worden sind (Abdeckung und Lagerung des Armes frei hängend oder im Traction
Tower, Plazieren der Instrumententische, Funktionsbereitschaft
sämtlicher Systeme), werden die Arthroskopzugänge zum Radiokarpal-, Midkarpal- und distalen Radioulnargelenk standardisiert in folgenden Schritten etabliert [nach 40]:
1.
Einzeichnen der Landmarks mit einem wasserfesten Markierungsstift (Abb. 8)
Tuberculum Lister, Proc. styloideus radii, Proc. styloideus
ulnae, Strecksehnenfächer
2.
Palpation des radiokarpalen Gelenkspaltes
Lokalisierung des „soft spot“ knapp 1 cm distal desTuberculum Lister zwischen dem 3. und 4. Strecksehnenfach
3.
Kanülen-Test (Needle-Test) (Abb. 9)
Einstechen einer 12er Kanüle unter Berücksichtigung der
leicht schlüsselförmigen Ausbildung der Radiusgelenkfläche
in einem Winkel von etwa 30-45°, wobei dann der intraartikuläre Raum erreicht ist, wenn sich die Kanülenspitze leicht
nach radial und ulnar bewegen läßt (cave iatrogene Knorpelläsionen!). Der Winkel, in dem das Gelenk erreicht worden ist, ist genau der Winkel, in dem später auch die Trokarhülse einzuführen ist (also merken!).
8
4.
Auffüllen des Gelenkes (Abb. 10)
Einbringen von etwa 5-10 ml Spüllösung in das Radiokarpalgelenk; tritt diese nach Absetzen der Spritze im Strahl heraus („positiver Kanülentest“, Abb. 11), ist die Lage der
Kanüle korrekt.
5.
Herausziehen der Kanüle
6.
Hautinzision (Abb. 12)
Inzision nur der Haut mit einem 15er, besser 11er Skalpell
auf 3-5 mm Länge. Beim tiefen Hineingehen bis auf oder sogar durch die Gelenkkapsel besteht die Gefahr der Läsion
von Hautnervenästen, kleinen Gefäßen und sogar Strecksehnen.
7.
Stumpfes Spreizen des Subkutangewebes mit einem feinen
Mosquito-Klemmchen bis zur Gelenkkapsel (Abb. 13)
8.
Einführen der Trokarhülse mit einem stumpfen Trokar
(Abb. 14). Läßt man einen Zulaufhahn offen und hat vorher
mit dem Klemmchen nicht die Gelenkkapsel perforiert, tritt
in dem Moment, in dem die Trokarhülsenspitze den Gelenkbinnenraum erreicht, Spüllösung aus dem geöffneten
Hahn (Abb. 15). Wie bei der Kniegelenksarthroskopie sollte der dem Trokarschaft anliegende Zeigefinger als „Notbremse“ das tiefe „Hineinrauschen“ in das Gelenk unbedingt
vermeiden! Vorsichtiges Hin- und Herbewegen der Trokarhülse.
9.
Anschluß der Spüllösung und der Absaugung
10.
Herausnahme des Trokars und Einführen des Arthroskopes
11.
Auffüllen des Gelenkes mit Spüllösung und intraartikuläre
Orientierung (Abb. 16)
Das Anlegen eines Arthroskopzuganges zum Midkarpalgelenk
(bevorzugt MCU) (Abb. 17, 18) oder zum distalen Radioulnargelenk (RUR) läuft prinzipiell in gleicher Weise ab.
Abb. 8
Einzeichnen der Landmarks
Abb. 9
Abb. 10
Abb. 11
„Positiver Kanülentest“
Abb. 12
Oberflächliche Inzision mit einem 11er Messer
Abb. 13
Stumpfes Spreizen mit einem feinen Mosquito-Klemmchen
Kanülentest für den 3-4-Standardzugang
Auffüllen des Gelenkes
9
Abb. 14
Einführen der Trokarhülse mit innenliegendem stumpfem Trokar. Zeigefinger als „Notbremse“
Abb. 17
Palpation des „soft spot“ ulnar des Os capitatum
Abb. 15
In dem Moment, in dem die Trokarspitze den aufgefüllten intraartikulären Raum erreicht, tropft Spüllösung aus dem geöffneten Anschlußhahn aus.
Abb. 18
Orientierungskanüle im MCR-Zugang
Nach dem diagnostischen Rundgang im Radiokarpalgelenk wird
- auch in Abhängigkeit vom ersten orientierenden Befund - dann
das ulnare Gelenkkompartiment eingestellt. Das Anlegen eines
Instrumentenzuganges (4-5- oder - bevorzugt - 6-R-Zugang) geschieht wie bei der Arthroskopie anderer Gelenke in der bekannten „Kanülentechnik“ (Abb. 19). Auch hier sollte man bereits versuchen, mit der Kanüle diejenige Struktur zu erreichen, die u. U.
operativ angegangen werden soll. Wegen der relativen Enge der
Gelenkbinnenräume (cave iatrogene Knorpelläsion!) sollte der
Plazierung des Instrumentenzuganges besondere Beachtung geschenkt werden. Auch wird unter dem Aspekt der minimalen
Traumatisierung nur die Haut inzidiert, weiter mit dem Klemmchen
bis zur Gelenkkapsel gespreizt und diese dann vorsichtig unter optischer Kontrolle mit wohl dosiertem Druck perforiert (Abb. 20, 21).
Es gilt der Grundsatz:
Abb. 16
10
Nach Anschluß der Spüllösung und der Absaugung kann die
diagnostische Arthroskopie beginnen.
„Lieber einen weiteren Instrumentenzugang anlegen,
als iatrogene Läsionen mit einem inadäquat plazierten
Zugang zu provozieren!“
Abb. 19
Orientierungskanüle im 6-R-Zugang unter arthroskopischer Kontrolle
Abb. 20
Nach Inzision und Spreizen des Subkutangewebes unter arthroskopischer Kontrolle und wohldosiertem Druck Perforation der Gelenkkapsel und Aufweitung des Zuganges
Abb. 22
Einführen eines Wechselstabes und intraartikuläre Plazierung seiner Spitze unter optischer Kontrolle
Abb. 23
Die Trokarhülse wird unter rotierenden Bewegungen vorsichtig in das
Gelenk vorgeschoben (Zeigefinger als „Notbremse“)
7.
Abb. 21
Der Tasthaken ist der „verlängerte Finger“ des Arthroskopikers
(39)
Erforderliche Wechsel von Arthroskop- und Instrumentenzugang sollten wegen der sich kulissenartig gegeneinander verschiebenden extraartikulären Weichteile in der Wechselstabtechnik (Abb. 22, 23) vorgenommen werden: diese traumatisiert
wenig und ist zudem effektiv, weil zeitsparend (s. Abb. 25).
Ablauf der diagnostischen Arthroskopie
Auch für die Arthroskopie des Radiokarpal-, des Midkarpal- sowie
des distalen Radioulnargelenkes treffen die grundlegenden Überlegungen zu den Prinzipien der Arthroskopie, wie sie Strobel
didaktisch hervorragend für das Kniegelenk aufbereitet hat, zu [39].
Auch diese Gelenke können in „Spalten“ oder „Schächte“ aufgeteilt
werden, in die die arthroskopische Optik vorgeschoben oder aus
der sie zurückgezogen wird und in denen sie geschwenkt werden
kann. Diese können dann am besten eingesehen werden, wenn
man das Lichtkabel so dreht, daß es einen Spalt oder Schacht ideal ausleuchtet: nach Ausrichtung des Horizontes am Monitor ist
dabei die Stellung des Lichtkabels die Orientierungshilfe für die
Blickrichtung. So blickt man z. B. dann orientierend in den radialen Recessus eines rechten Radiokarpalgelenkes, wenn das
Lichtkabel auf der Position 5 oder 6 Uhr steht. Durch Rotation der Optik lassen sich dann weitere Areale in diesem Gelenkanteil ausleuchten und somit inspizieren.
Da zu jeder diagnostischen Arthroskopie auch die Palpation
gehört, erinnere man sich an das Triangulationsprinzip.
Der arthroskopische Untersuchungsgang sollte, wann immer es
geht, standardisiert erfolgen, um keine intraartikuläre Pathologie
zu übersehen.
11
Die diagnostische Arthroskopie des Radiokarpalgelenkes erfolgt nach der Anlage des 3-4-Zuganges nach folgendem Schema
[nach 40] (Abb. 24-27):
1.
Intraartikuläre Orientierung
Ausrichten des Horizontes auf dem Monitor: Os scaphoideum
im oberen und Radiusgelenkfläche im unteren Bildschirmbereich
2.
Gelenkfläche des Os scaphoideum
3
Radiale Kapsel mit radialem Recessus
4.
Radiusgelenkfläche
5.
Radiopalmare Kapsel
6.
Scapholunärer Übergang und Gelenkfläche des Os lunatum
7.
Übergang Radiusgelenkfläche - Discus articularis
8.
Discus articularis
9.
Ulnopalmare Kapsel
10.
Ulnare Kapsel
11.
Gelenkfläche des Os triquetrum mit Übergang zum Os lunatum
12.
Dorsoulnare Kapsel
13.
Anlage der 6-R-Zuganges (s. Abb. 19), ggf. dann
14.
Umstecken des Arthroskops in den 6-R-Zugang
15.
Inspektion der dorsalen und radiodorsalen Kapsel
Abb. 25
Dorsoulnare Synovialishypertrophie mit Impingement (a). Tasthaken in einer oberflächlichen Läsion des Discus articularis (Typ IIA nach Palmer) (b).
Tasthaken am Radiusfirst (c). Wechselstab im 6-R-Zugang (d)
Abb. 26
19jährige Volleyballspielerin (Nationalkader) mit seit einigen Wochen zunehmenden unspezifischen Handgelenksbeschwerden. Radiopalmarer Bandapparat (RSC, RLT) (a). Ulnopalmarer , z. T. aufgefaserter Bandapparat (UL,
UT) (b). Dorsoulnare Synovialishypertrophie (c). Tasthaken an einer chondromalazischen Läsion II-III° der dorsalen Radiuskante (d)
Abb. 27
Tasthaken in einer Läsion des Discus articularis (Typ IIC nach Palmer) (a),
am Os lunatum chondromalazische Veränderungen II-III° (b).
Tasthaken in der Diskusläsion (c, d)
Im Anschluß an die Inspektion sollte sich immer die Palpation mit dem
Tasthaken als conditio sine qua non anschließen. Das weitere Vorgehen richtet sich dann letztendlich nach dem speziellen pathologischen Befund.
Anmerkung zu den folgenden Abbildungen:
a = links oben, b = rechts oben, c = links unten, d = rechts unten
Abb. 24
12
Os scaphoideum und Blick in den radialen Recessus (a). Chondromalazische
Veränderungen II° am proximalen Pol des Os scaphoideum (b). Radiopalmarer Bandapparat (RSC, RLT) (c). Scapholunärer Übergang mit beugeseitigem „synovial tuft“ (d)
Die diagnostische Arthroskopie des Midkarpalgelenkes erfolgt
nach der Anlage des MCU-Zuganges (s. Abb. 17) nach folgendem
Schema (Abb. 28, 29):
1. Intraartikuläre Orientierung
Ausrichten des Horizontes auf dem Monitor: Os capitatum
im oberen und Gelenkflächen der proximalen Handwurzelknochen im unteren Bildschirmbereich
2. Ulnare Gelenkfläche des Os capitatum
3. Ulnarer Recessus
4. Gelenkfläche des Os hamatum und Übergang zum Os
capitatum
5. Gelenkfläche des Os triquetrum und lunotriquetraler Übergang
6. Gelenkfläche des Os lunatum und scapholunärer Übergang
Abb. 29
Midkarpalgelenk: Os capitatum (klein) und Os triquetrum (a). Tasthaken auf dem Os lunatum (b) und dem Os scaphoideum (c). Synovialitis im radialen Kompartiment (d)
Abb. 30
Distales Radioulnargelenk: Kanüle im RUU-Zugang (a). Tasthaken
im Gelenk (b). Shaver nach dem Wechseln des Arthroskops im
RUR-Zugang (c). Chondromalazische Veränderungen II-III° auf
dem Ulnaköpfchen (d)
Abb. 31
Distales Radioulnargelenk: subdiskale Degenerationen (a). Shaver
nahe der „sigmoid notch“ (b). Tasthaken am distalen Radioulnargelenk (c). Dort chondromalazische Veränderungen IV° beider Gelenkpartner (d)
7. Gelenkfläche des Os scaphoideum
8. Dorsoradiale Kapsel und radialer Recessus
9. Radiale Gelenkfläche des Os capitatum
10. Anlage des MCR-Zugangs, ggf. dann
11. Umstecken des Arthroskopes in den MCR-Zugang
12. Inspektion der dorsoulnaren Kapsel
Auch hier sollte sich im Anschluß an die Inspektion immer die Palpation mit dem Tasthaken anschließen, die auch das weitere
Vorgehen mit bestimmt.
Die nur in Ausnahmefällen vorzunehmende diagnostische Arthroskopie des distalen Radioulnargelenkes erfolgt nach der
Anlage des RUR-Zuganges und sollte die Gelenkfläche des Proc.
styloideus ulnae sowie die Unterseite des Discus articularis beurteilen. Ob und wie weit sich das distale Radioulnargelenk einsehen läßt, ist vom Einzelfall abhängig. Auch ist in Abhängigkeit
von der Weite des subdiskalen Raumes immer neu abzuwägen,
ob Tasthaken oder andere Operationsinstrumente mit der erforderlichen
Abb. 28
Midkarpalgelenk: Tasthaken zwischen Os lunatum (links unten) und Os triquetrum (rechts, darüber Os hamatum (a). Os capitatum (links) und Os hamatum (b). Os hamatum (rechts oben) und Os triquetrum (c). Synovialitis
im ulnaren Kompartiment (d)
13
Sorgfalt in diesem Spatium bewegt werden können (Abb. 30,
31). Häufig gelingt ja auch die Inspektion dieses Kompartimentes
über eine, im Einzelfall manchmal ausreichend große, zentrale degenerative oder traumatische Diskusläsion.
Nach Abschluß der diagnostischen und ggf. operativen Arthroskopie werden über die zu den einzelnen Gelenken gelegten Zugänge 6er Redondrainagen eingeführt. Nach Einzelknopfhautnähten mit einem nichtresorbierbaren Nahtmaterial der Stärke
5x0 und Aufkleben kleiner Pflasterverbände können 5-10 ml eines
Lokalanästhetikums ohne Adrenalinzusatz intraartikulär über die
Redondrainagen appliziert werden. Nach dem Anlegen eines
watteunterpolsterten, elastokompressiven Hand-Unterarm-Verbandes und Öffnen der Blutleere oder -sperre empfiehlt sich das
Anmodellieren einer dorsalen Unterarmgipslonguette dann, wenn
zwei oder mehr Gelenke arthroskopiert worden sind. Diese verbleibt
dann bis zur Entfernung des Nahtmaterials.
Das für jeden Einzelfall festzulegende Therapieregime richtet sich
natürlich nach der intraartikulären Pathologie und der (den) durchgeführten arthroskopischen Operation(en).
8.
Abb. 33
29jährige Reiterin mit posttraumatischen Beschwerden nach einem Sturz vom Pferd. Freier Gelenkkörper im ulnaren Radioulnargelenk: Orientierungskanüle für den Zugang (a). Greifen des Gelenkkörpers mit einer Faßzange (b). Einsatz des Rosenberg-Resektors bei dorsaler und dorsoulnarer Synovialishypertrophie (c). Dorsoradiale Synovialishypertrophie mit Zeichen der Entzündung (d)
Abb. 34
Chondromalazie IV° im ulnaren Anteil der Radiusgelenkfläche (a).
Subchondrale Abrasionschondroplastik mit der Kugelfräse (b).
Wafer-Procedure mit der Kugelfräse (c) und dem Meißelchen (d)
Pathologische Veränderungen des
Gelenkknorpels
Wie an anderen Gelenken auch werden traumatische von in der
überwiegenden Mehrzahl vorzufindenden degenerativen Läsionen
unterschieden. Diese können an allen Gelenkflächen, die arthroskopisch einsehbar sind, manifestiert werden und verschiedenen Klassifikationen zugeordnet werden (z.B. die modifizierte
Outerbridge-Klassifikation nach Lindberg [39] oder die Klassifikation
nach Bauer und Jackson [16]. Bei allen degenerativen Knorpelläsionen muß jedoch in Anbetracht des äußerst komplexen biomechanischen Zusammenwirkens aller Gelenkpartner immer
nach der Ursache dieser Veränderungen gefahndet werden; nicht
zuletzt sind interkarpale ligamentäre Insuffizienzen dafür verantwortlich zu machen [3, 8, 9]. Die Osteochondrosis dissecans der
Handgelenke ist eine äußerst seltene Erkrankung [43].
In der Therapie von degenerativen Knorpelläsionen ergeben sich
keine grundlegenden Unterschiede zu der in großen Gelenken
(Knorpelglättung [Abrasion, Shaving], Abtragen mechanisch behindernder und instabiler Knorpelanteile (Abb. 32), Entfernung von
freien Flakes (Abb. 33) oder Dissekaten, Verfahren der Knorpelinduktion über Pridie-Bohrungen, die subchondrale Abrasionschondroplastik (Abb. 34) oder die Micro-fracture-Technik).
9.
Abb. 32
14
29jähriger Patient mit unspezifischen Handgelenksbeschwerden
nach Entfernung eines Riesenzelltumors aus der Tabatière. Teilsynovialektomie an der dorsalen Kapsel nahe des scapholunären
Überganges (a). Tasthaken über den 3-4-Zugang am Knorpel des
Os scaphoideum (b). Tasthaken unter einer scholligen, instabilen
Knorpellamelle des Os scaphoideum (c, d)
Pathologische Veränderungen der
Synovialis, synoviale Impingementsyndrome
Die Arthroskopie ist in idealer Weise dazu geeignet, Veränderungen
der Synovialis (u. a. Entzündungen, generalisierte oder umschriebene, faltenartige Hypertrophien, Fibrosierungen) zu beurteilen und eine (Verdachts-)Diagnose über die histologische Aufbereitung einer gezielt entnommenen, ausreichend großen Gewebeprobe zu sichern [16, 17].
Je nach der ursächlichen Pathologie können Veränderungen generalisiert oder umschrieben in einzelnen Gelenkabschnitten auftreten. Ausgeprägte Synovialishypertrophien können die Übersicht
in einem von sich aus schon kleinen Gelenk z. T. erheblich einschränken. Auch hier muß wie bei chondralen Läsionen in erster
Linie immer danach gefragt werden, ob nicht auch interkarpale Instabilitäten dafür verantwortlich zu machen sind (Abb. 35).
Traumatische Typ I-Läsionen
A
B
C
D
Zentrale Perforation
Ulnare Ablösung mit oder ohne distale Ulnafraktur
Distale Ablösung vom Os lunatum und Os triquetrum
Radiale Ablösung mit oder ohne Fraktur im Bereich der
„sigmoid notch“
Degenerative Typ II-Läsionen („ulnocarpal abutment syndrome“)
A
B
Erweichung
Erweichung mit Knorpelschäden am Os lunatum
und/oder am Ulnaköpfchen
Perforation mit Knorpelschäden am Os lunatum
und/oder am Ulnaköpfchen
Perforation mit Knorpelschäden am Os lunatum
und/oder am Ulnaköpfchen sowie Ruptur des Lig.
lunotriquetrum
Perforation mit Knorpelschäden am Os lunatum
und/oder am Ulnaköpfchen sowie Ruptur des Lig.
lunotriquetrum und ulnokarpale Arthritis
C
D
E
Abb. 35
59jährige Frau mit persistierenden Beschwerden 1 Jahr nach einem
Sturz auf die Hand. Scapholunäre Instabilität II-III° (a). Ulnare und
dorsoulnare Synovialishypertrophie (b). Palpatorisch intakter Discus
articularis (c). Chondromalazie III° am radialen Anteil des Os lunatum (d)
Erfahrungen im eigenen Krankengut bestätigen, daß sich die
Mehrzahl synovialitischer Veränderungen und synovialer Hypertrophien - v. a. posttraumatisch - im dorsoulnaren Kompartiment
des Radiokarpalgelenkes finden. Dort kann auch klinisch ein dorsoulnares Impingement-Syndrom reproduzierbar ausgelöst werden (gleichmäßiger milder Druck von dorsoulnar in Projektion
auf den ulnodorsalen radiokarpalen Gelenkspalt und Hineingehen
in die Dorsalextension) (s. Abb. 35). Intraoperativ sind immer
auch Läsionen des Discus articularis bzw. des TFCC inspektorisch
und palpatorisch auszuschließen.
In der Therapie stehen partielle Synovialektomien im Vordergrund, bei gesicherten Erkrankungen aus dem rheumatischen
Formenkreis sind auch komplette Synovialektomien arthroskopisch
möglich. Histologische Untersuchungen sollten immer veranlaßt
werden, v. a. bei unklaren generalisierten Veränderungen und bei
Veränderungen in mehreren Gelenken. Das rein arthroskopische
Vorgehen reduziert im Vergleich zur ausgedehnten Arthrotomie das
Risiko postoperativer Bewegungseinschränkungen infolge narbiger Kontrakturen und längerfristiger Immobilisation.
10.
Da der Discus articularis eine funktionell bedeutsame Struktur im
ulnaren Kompartiment darstellt, muß - ähnlich der Beurteilung
von Meniskusläsionen - die Frage beantwortet werden, ob nach
einem Débridement, das mit dem motorisierten Instrumentarium
erfolgen kann [30, 55], resezierende oder erhaltende Operationsverfahren zur Anwendung kommen sollen [31].
Bei der Resektion werden in der Fragmentations- oder En-blocTechnik nur diejenigen Anteile des Discus articularis entfernt, die
makroskopisch verändert sind (Abb. 36, 37) und/oder mechanisch stören. Finden sich zentrale Perforationen oder im zentralen Bereich des Diskus gelegene Rupturen, ist nach einer Teilresektion zu prüfen, ob nicht durch Umwendebewegungen im distalen
Radioulnargelenk ein anlagebedingtes, posttraumatisches, postoperatives oder sekundär-degeneratives ulnokarpales Impingement-Syndrom („ulnar impaction syndrome“ [53] manifest wird
(Abb. 38, 39). Es sollte dann zur Reduzierung möglicher weiterer
konsekutiver Druckschäden des Diskus mit einer Fräse oder kleinen Meißeln eine (Teil-)Resektion des Ulnaköpfchen durch den teilresezierten Diskus hindurch angeschlossen werden („Wafer procedure“ [36, 54]); dafür kann auch ein subdiskaler Arbeitszugang
erforderlich werden.
Pathologische Veränderungen des
Discus articularis, Läsionen des TFCC
Der Discus articularis ist diejenige Struktur des TFCC, die arthroskopisch am besten beurteilt werden kann. Es können nicht nur
die Größe und Qualität einer Diskusläsion angesprochen werden,
sondern es lassen sich auch assoziierte Knorpelläsionen und
besonders auch bei interkarpalen Insuffizienzen gerade der lunotriquetralen Verbindung nachweisen. Außerdem ist die direkte
Stabilitätsprüfung des ligamentären Aufhängeapparates palpatorisch und in der dynamischen Untersuchung prüfbar.
Im Rahmen dieser Einführung wird nicht auf die vielfältigen Ursachen einer Diskuspathologie eingegangen, es wird auf die einschlägige Literatur verwiesen [u. a. 16, 17, 19, 25, 39]. Unterschieden werden anlagebedingte Veränderungen wie die zentrale
Perforation von traumatischen, degenerativen sowie sekundär-degenerativen posttraumatischen Veränderungen.
In der Literatur finden sich verschiedene Klassifikationen der
TFCC-Läsionen (u.a. von Bittar [4], Martinek [26] und Osterman
[30]; die am häufigsten zitierte stammt von Palmer [31]:
Abb. 36
Diskusteilresektion (1). 50jährige Frau mit klinischem und magnetresonanztomographischem Verdacht einer Diskusläsion. Orientierungskanüle im 6-R-Zugang (a). Aufweiten der Kapsel mit einem feinen Mosquitoklemmchen (b). Palpatorische Verifizierung des Discus
articularis (Typ IIB/C nach Palmer) (c). Einsatz des E-Messers zur Enbloc-Resektion (d)
15
Abb. 37
Diskusteilresektion (2). Fassen des bis auf wenige Restfasern abgelösten Diskusanteils mit dem Rongeur (a). Glätten der unruhigen Restbasis (b) mit dem
Rosenberg-Resektor (c). Abschließende Palpation (d)
Abb. 39
Diskusteilresektion bei ulnokarpalem Impingement-Syndrom (2). Aufweiten des
Zuganges (a). Subdiskales Débridement (b). Wafer-Procedure mit der Kugelfräse (c). Versiegelnde Koagulation der Resektionsfläche mit dem E-Messer (d)
Abb. 38
Diskusteilresektion bei ulnokarpalem Impingement-Syndrom (1) eines 60jährigen Mannes ohne erinnerliches Trauma. Palpatorische Bestätigung einer Diskusläsion (a). Nach dem Einsatz des E-Messers (b). Palpation der Restbasis mit
dem Tasthaken und Bestätigung einer Knorpelläsion III-IV° der Gelenkfläche des
Ulnaköpfchens, damit Diskusläsion Typ IIIC nach Palmer. Entschluß zur Wafer-Procedure, die durch den zentralen Diskusdefekt kontrolliert werden kann
(c). Orientierungskanüle im RUU-Zugang (d)
Abb. 40
Diskusrefixation in der Kanülentechnik. Perkutanes Einstechen einer Kanüle mit
einem PDS-Faden 3x0 über die basisnah gelegene Ruptur (a). Einstechen einer zweiten Kanüle mit einem zu einer Schlaufe gelegten Fangfaden (b). Durchziehen des ersten Fadens durch die Schlaufe (c). Mit dem Herausziehen der Fangschlaufe wird die U-Naht fertiggestellt. Je nach Länge der Ruptur werden zwei
oder drei U-Nähte gelegt und auf der Kapsel bzw. dem Boden des 6. Strecksehnenfaches geknotet (d)
11.
Frische Rupturen nahe der ulnaren Diskusaufhängung in einem
gut vaskularisierten Areal [Arnoczky in 52] sollten nicht mit einer
Resektion beantwortet werden. Die Refixation des Discus articularis kann nach Anfrischung mit dem motorisierten Instrumentarium prinzipiell so vorgenommen werden wie die Meniskusrefixation. Sie erfolgt in der sog. Kanülentechnik mit resorbierbarem
Nahtmaterial der Stärke 3x0 (Abb. 40). Vor dem Knoten der Fäden ist eine kurze Inzision zwischen den perkutan eingestochenen
Kanülen sinnvoll verbunden mit einem Spreizen des Subkutangewebes, um keine nervalen oder sehnigen Strukturen (cave 6.
Strecksehnenfach!) in die Naht mit einzubeziehen. Postoperativ ist
eine Ruhigstellung in einer Unterarmgipslonguette für 6 Wochen
erforderlich.
Nahe der radialen Aufhängung lokalisierte Rupturen erfordern
ein spezielles Instrumentarium zur transossären Refixation; im eigenen Krankengut fand sich bisher keine derartige frische oder refixationswürdige Verletzung.
16
Pathologische Befunde an extrinsischen und intrinsischen ligamentären
Verbindungen
Insuffizienzen des Kapsel-Band-Apparates sind häufig nur arthroskopisch verifizierbar, und das manchmal erst nach einer Synovialisteilresektion. Unter Sicht kann nämlich mit dem Tasthaken eine
dynamische Prüfung einzelner ligamentärer Strukturen vorgenommen werden.
Allerdings herrscht Unklarheit über die Bedeutung der Arthroskopie bei Schäden am extrinsischen Apparat (Abb. 41). Der intraartikulär gelegene aber extrasynoviale radiopalmare Bandapparat mit den Ligg. radioscaphocapitatum, radiolunotriquetrum, radioscapholunatum (Testut-Ligament), ulnolunatum et ulnotriquetrum (s. Abb. 6) kann zwar eingestellt und auch palpiert werden
- durch Impressionen der Synovialis werden auch die Kollateralbänder inspizierbar -, letztendlich sind aber auch bei einer Ruptur
keine definitiven Aussagen bezüglich der Gelenkstabilität möglich.
Das „Fehlen“ eines Bandes könnte auch eine anatomische
extraartikuläre Variante sein.
Abb. 41
Verletzung großer Teile des extrinsischen Bandapparates bei einer perilunären
Luxation. Ruptur sämtlicher beugeseitigen Strukturen (a, b). Ruptur der scapholunären Bandverbindung (c). Tasthaken am insuffizienten lunotriquetralen
Übergang (d)
Abb. 43
Scapholunäre Instabilität III° (1). Pathologische Beweglichkeit des Os lunatum (a,
b). Palpation des interkarpalen Ligamentes (c) und Darstellung seiner Insuffizienz (d)
Abb. 44
Scapholunäre Instabilität III° (2). Midkarpalgelenk: Tasthaken am scapholunären Übergang (a) mit auch hier darstellbarer Insuffizienz (vermehrte Aufklappbarkeit) (b). Die
Spitze des Tasthakens liegt auf dem Os lunatum und kann dieses nach radial hinabdrücken mit daraus folgender Stufenbildung zum Os scaphoideum hin (c). Auch
hier kann die Arthroskopspitze, nunmehr vom Midkarpalgelenk aus, mühelos in den
scapholunären Spalt hineingeführt werden! (d)
Abb. 45
Scapholunäre Instabilität III° (3). Das Arthroskop wandert nach radial (a, b). Es
kann die Spitze des vom 3-4-Zugang aus eingeführten Tasthakens im Radiokarpalgelenk identifiziert werden (c). Die interkarpale Verbindung war insuffizient (d)
Etwas anders ist die Situation beim intrinsischen System. Hier
sind die scapholunären und lunotriquetralen interossären Verbindungen der arthroskopischen, von radiokarpal aus durchgeführten Untersuchung zugänglich (Abb. 42). Insuffizienzen können
palpatorisch und oft auch durch eine pathologische Beweglichkeit
dieser Handwurzelknochen untereinander nachgewiesen werden (Abb. 43-45).
Abb. 42
Scapholunäre Instabilität IV°. Nach sparsamem Débridement (a). Eingang in die
insuffiziente scapholunäre Verbindung (b). Die Spitze des Arthroskopes kann
mühelos in diesen Bereich hineingeführt werden (c) und ermöglicht schließlich
den Blick in das Midkarpalgelenk auf das Os capitatum! (d)
Hempfling schlägt für die arthroskopisch erkennbaren Manifestationen einer scapholunären Instabilität folgende Einteilung vor
[16]:
Grad I
Grad II
Grad III
Grad IV
Fehlen des hyalinen Knorpelbelages
Lockerung mit oder ohne Dissoziation
Bandruptur mit oder ohne Dissoziation
Fehlen des Bandes mit ungehindertem Blick zwischen
Mondbein und Kahnbein
17
Wird eine Kanüle in das Midkarpalgelenk eingestochen und entweicht dabei über diese Kanüle Spüllösung nach außen, sollte gezielt nach einer interkarpalen Bandinsuffizienz gesucht werden. Die
Arthroskopie des Midkarpalgelenkes kann darüber hinaus noch
scapholunäre oder lunotriquetrale Stufenbildungen oder Knorpelläsionen nachweisen (Abb. 46). Auch ist die Insuffizienz der capitatohamatalen Verbindung nach einer perilunären Luxation gelungen (Abb. 47)
Die arthroskopische Therapie bei Verletzungen interkarpaler Ligamente ist z. Z. noch limitiert. Eine Anfrischung, kombiniert mit
einer unter Bildwandlerkontrolle vorgenommenen temporären
Kirschnerdrahtarthrodese, kann eine ausreichend suffiziente
Narbenbildung provozieren [50]. Allerdings fehlen Ergebnisse an
einem ausreichend großen Kollektiv.
12.
Frische knöcherne Verletzungen
Die arthroskopisch assistierte Versorgung von frischen Frakturen
des distalen Radius, des Proc. styloideus ulnae und radii oder des
Os scaphoideum ist beschrieben [15, 22-23, 36]; eigene Erfahrungen liegen noch nicht vor, allerdings wird das organisatorische
Umfeld vorbereitet. Bei der distalen Radiusfraktur kann nach einem intraartikulären Débridement und der Reposition unter arthroskopischer Kontrolle eine Frakturstabilisierung mit perkutan eingebrachten Kirschnerdrähten vorgenommen werden [15, 36].
Auch werden verdeckte ligamentäre Verletzungen offengelegt
und einer weiteren frühzeitigen Therapie zugänglich. Unter Kenntnis der funktionellen Bedeutung des intakten TFCC für das ulnokarpale Gelenkkompartiment [53] und das distale Radioulnargelenk [19, 25] gewinnen bei der Fraktur des Proc. styloideus ulnae
seine exakte Reposition und Stabilisierung zunehmend Beachtung;
arthroskopisch kann dabei eine TFCC-Läsion verifiziert werden.
Auch können Kahnbeinfrakturen arthroskopisch assistiert verschraubt werden [50].
13.
Sonstige pathologische
Veränderungen
Bei Lunatummalazien [36, 46] (Abb. 48, 49), Scaphoidpseudarthrosen [29, 50] (Abb. 50), zystischen intraossären Veränderungen
der Handwurzelknochen und interossärer Bänder [42], Rezidiven dorsaler Handgelenksganglien, intraartikulären posttraumatischen oder postoperativen Verwachsungen (Arthrofibrosen) finden
sich einige weitere, noch nicht vollständig ausgeschöpfte Indikationen für die minimal-invasive arthroskopische Intervention. Gerade in der Planung eines weiteren arthrotomisch-operativen Eingriffs kann die Arthroskopie des Radio- und Midkarpalgelenkes mit
Gewinn für die Patienten eingesetzt werden.
18
Abb. 46
Scapholunäre und lunotriquetrale Instabilität. Im Midkarpalgelenk
kann eine Stufenbildung in der Gelenkfläche zwischen Os lunatum
(Tasthaken) und Os scaphoideum manifestiert werden (a, b). Auch
findet sich eine Stufe zwischen Os triquetrum (Tasthaken) und Os
lunatum (c, d)
Abb. 47
Verletzung großer Teile des intrinsischen Bandapparates bei einer
perilunären Luxation. Instabilität zwischen Os capitatum und Os hamatum (Tasthaken) (a), zwischen Os scaphoideum und Os lunatum
(Tasthaken) (b, c) sowie zwischen Os lunatum und Os triquetrum
(Tasthaken) (d)
Abb. 48
Lunatummalazie Delcoux III (1). Aufgebrochene Knorpeloberfläche
des Os lunatum (a, b) mit Fragmentierung ossärer Binnenstrukturen (c, d)
14.
Komplikationen
Die Handgelenksarthroskopie ist ein schonendes und relativ komplikationsarmes Verfahren, wenn die sog. learning curve unter Anleitung eines erfahrenen Arthroskopikers frühzeitig ihr stabiles
Plateau erreicht [34]. Trotzdem wird die Anzahl iatrogener intraartikulärer Läsionen - und hier besonders chondraler Läsionen
(Abb. 51) - sicherlich höher sein, als dies bei anderen, größeren
Gelenken der Fall ist [4, 14-16, 20, 27, 34, 37, 50].
An postoperativen Komplikationen werden subkutane Emphyseme nach Arthroskopien im gasförmigen Medium [12, 37, 50],
Weichteilschwellungen bei Verwendung eines flüssigen Auffüllmediums („local compartment syndrome“) [16, 20, 45], postoperative Ergußbildungen, Neurombildungen im Bereich der arthroskopischen Zugangswege [4], partielle Strecksehnenverletzungen
sowie eine Spätruptur der Sehne des M. extensor pollicis longus
[13] neben passageren Weichteilaffektionen berichtet. Schwerwiegende Komplikationen wie Gelenkempyeme oder Durchtrennungen eines gesamten Sehnenquerschnitts oder relevanter arterieller Gefäß- und Nervenstrukturen sind bisher nicht publiziert.
Im eigenen Krankengut (n=181) sind bisher auch keine ernsthaften Komplikationen aufgetreten. Bei 2 Patienten wurden allerdings Narbenrevisionen wegen persistierender elektrisierender
Dysästhesien erforderlich.
15.
Abb. 49
Lunatummalazie Delcoux III (2). Aufgebrochene Knorpeloberfläche des Os lunatum auch im Midkarpalgelenk (a, b). Instabile Anteile des Os lunatum wurden exstirpiert (c, d)
Abb. 50
Scaphoidpseudarthrose. Der Tasthaken befindet sich jeweils am proximalen Fragment. Es sind chondromalazische Veränderungen IV° am Os capitatum erkennbar
(a, b). Das proximale Fragment ist eburnisiert (c, d)
Abb. 51
Iatrogene Knorpelläsion beim Eindringen der Trokarhülse in das Midkarpalgelenk. Die Trokarhülse hat einen Knorpelflake vom Os capitatum ausgeschlagen
(a), der als freier Gelenkkörper auf dem Os lunatum zu erkennen ist (b). Das
Midkarpalgelenk zeigte bis auf eine diskrete Synovialitis (c) keinen weiteren
pathologischen Befund (d)
Abschließende Bemerkungen zur
operativen Arthroskopie bei pathologischen Befunden im Radiokarpal-,
Midkarpal- und distalem Radioulnargelenk
Die transarthroskopisch möglichen operativen Interventionsmöglichkeiten unterscheiden sich prinzipiell nicht von den Leistungen, die z. B. am Kniegelenk erbracht werden können. Allerdings
sind die apparativ-technischen Möglichkeiten immer noch nicht so
weit entwickelt, wie das von der arthroskopischen Chirurgie des
Knie- oder Schultergelenkes bekannt ist. Einerseits ist das Instrumentarium an die Kleinheit und die spezifischen anatomischen Verhältnisse dieser Gelenke anzupassen, andererseits
sind noch nicht alle arthroskopisch verifizierbaren pathologischen
Veränderungen auch unbedingt arthroskopisch therapierbar; man
denke hier nur an frische Verletzungen z. B. der scapholunären
oder lunotriquetralen Bandverletzungen. Auch befindet sich z. B.
die transarthroskopisch gestützte Versorgung distaler intraartikulärer Radiusfrakturen noch in ihren „Kinderschuhen“. Ausreichende Kenntnisse werden vornehmlich in speziellen arthroskopisch-chirurgischen Einrichtungen gesammelt und müssen erst ihre
Verbreitung „nach außen“ erfahren [10, 11, 16, 40].
19
Literaturverzeichnis
1.
Adolfsson L (1992) Arthroscopy for the diagnosis of
post-traumatic wrist pain. J Hand Surg [Br] 17: 46-50
2.
3.
4.
18.
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DER ARTHROSKOPIE
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1097/4 Ausgabe 10