Jahrestreffen 2012 - Ehemalige Ratsgymnasium Bielefeld
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Jahrestreffen 2012 - Ehemalige Ratsgymnasium Bielefeld
Mitteilungen Oktober 2013 Vereinigung der Ehemaligen des Ratsgymnasiums zu Bielefeld Gegründet 1924 Vereinigung der Ehemaligen des Ratsgymnasiums zu Bielefeld Gegründet 1924 Mitteilungen Oktober 2013 Vorstand Hermann Schulze-Niehoff, Humboldtstr. 10, 33615 Bielefeld, Vorsitzender Philip Ohletz, Detmolderstr. 19, 33604 Bielefeld, stellv. Vorsitzender Beirat Dr. Bernhard Hünerhoff, Finkenstr. 77, 33609 Bielefeld Bernard Kiezewski, Wilhelm-Raabe-Str. 16, 33604 Bielefeld Martin Maschke, Rathausstr. 1, 33803 Steinhagen Wolfgang Pickhardt, Grewenbrink 32, 33619 Bielefeld Dr. Helge Richter, Auf der Siegenegge 13, 33647 Bielefeld Andreas Schnadwinkel, Stapenhorststr. 147, 33615 Bielefeld Matthias Foede, Am Nordholz 74, 32130 Enger Anschrift der Vereinigung: Postfach 10 29 42, 33529 Bielefeld Homepage: www.ehemalige-ratsgymnasium-bielefeld.de E-mail: info@ehemalige-ratsgymnasium-bielefeld.de Konto der Vereinigung: Sparkasse Bielefeld (BLZ 480 501 61), Kto.-Nr. 1214 Jahresbeitrag: 16,– E; für Studenten und Auszubildende 5,50 E Bitte vormerken: Jahrestreffen 2014 Voraussichtliches 26.09. – 27.09. 2014 Inhalt Vorwort Philip Ohletz...................................................................................................... 6 Redaktion des Gelben Heftes........................................................................................... 8 An die Freunde des Fördervereins des Ratsgymnasiums Birgit Nordmeyer, 1. Vorsitzende.......................................................................... 10 Begrüßung der Abiturientinnen und Abiturienten zur Entlassungsfeier am 6. Juli 2013 OStD Hans-Joachim Nolting................................................................................. 12 Glückwünsche zur Abiturientenentlassung 2013 StD’ Christa Wegener-Mürbe................................................................................ 14 Schülerrede zur Abiturfeier am 6. Juli 2013 Jan Beutler, Mathis Prestel.................................................................................... 23 Rede zur Verabschiedung der Abiturienten 2013 OStR Dr. Wolfgang Schröder................................................................................ 16 Ergänzung zu Abiturientia Septuagenaria 1942 Dr. Gerhard Limberg.............................................................................................. 32 To whom it may concern oder vor fast 70 Jahren – Das Ratsgymnasium im KLV-Lager Einsiedel am Walchensee Prof. Dr.-Ing. Till Behrens..................................................................................... 33 Schullandheimaufenthalt der Sexta b vom 7. bis 19. April 2013 StR’ Corinna Uffenkamp....................................................................................... 34 Renovierung des Tischtennisraums im Schullandheim StR Markus Panhorst............................................................................................. 36 Großbritannienfahrt 2013: Eight cities in ten days Cecilia Tenge-Rietberg, Bernadette Böllhoff........................................................ 36 Reisetagebuch der Studienfahrt nach Italien 27.09.2012 – 8.10.2012 Viktoria Peter, Tim-Niklas Brilka......................................................................... 40 Studienfahrt zur Isola del Giglio Marie-Luise Rottmann, Abi 2013.......................................................................... 43 In 99 Stunden durch Berlin – die Studienfahrt nach Berlin – 30.01. – 03.02.2013 Jan Beutler, Q2...................................................................................................... 44 Eine besondere Freundschaft Elena Rempe, 10/EP.............................................................................................. 50 Das französische Sprachdiplom DELF (Diplôme d’Etudes en Langue Française) am Ratsgymnasium Dr. Marli Schütze................................................................................................... 52 Hinweis für Internetbenutzer: Zum besseren Navigieren im verlinkten PDF fahren Sie bitte mit dem Handwerkzeug aus Acrobat über die blau umrandete Seitenzahl und klicken darauf – so kommen Sie zügig zum gewünschten Artikel. – Alternativ können Sie auch die Lesezeichen aufrufen. In 12 Tagen einmal in die Antike und zurück – Unsere Studienfahrt nach Griechenland (8.-20. Mai 2013) Tim Kerkmann, 11/Q1........................................................................................... 53 Mach mir den Lanz StR Christian Kass................................................................................................. 56 Mit „KonzentRATSion“ bei der Sache StR Christian Kass................................................................................................. 57 Dr. Hajo Meyer und Justus Meyer: Schicksale jüdischer Ratsgymnasiasten OStR’ Cora Winke................................................................................................. 57 Eine Rarität in der Bibliothek des Bielefelder Ratsgymnasiums zur Bonner Revolutionsgeschichte 1848: „Wahlmann wähle Dahlmann“ OStR Dr. Johannes Altenberend............................................................................ 61 Mit MINT eine Schul-Brücke bauen – Grundschüler als Jungforscher am Rats StD‘ Dr. Heike Biermann...................................................................................... 64 Nicht der Kumpel – Sebastian Reichelt im Gespräch Lisa Pausch, Abi 2013........................................................................................... 65 Ein Preis für Geschichte am Ratsgymnasium OStR’ Cora Winke und die Fachschaft für Geschichte......................................... 67 Experimentalwettbewerb 2013 „Jugend-forscht – Schüler experimentieren“ StR’ Anke Lange................................................................................................... 68 Hockey-Saison 2013 StR Holger Gebauer............................................................................................... 69 Streitschlichtung am Rats’ StR’ Brunhild Hilf................................................................................................. 70 Beitrag zum Schulwettbewerb „Eucharistischer Kongress 2013“ StD’ Romy Tenge.................................................................................................. 71 Lernferien Ostern 2013 – Begabungen fördern Tarik Wörmann, Q1 .............................................................................................. 72 Erfolgreiche Teilnahme beim Regionalwettbewerb – „Jugend debattiert“ StD’ Romy Tenge.................................................................................................. 73 Essays: Denk- und Ausdrucksexperimente Dr. Wolfgang Schröder, Abi ’67........................................................................... 74 Wozu Lyrik?! Julia Stögbauer, OI................................................................................................ 75 Vieh und Vernünftigkeit Jan Beutler, Q1...................................................................................................... 78 Galileo Galilei, ein Held fürs Drama – aber kein Dramenheld?! Julia Stögbauer, OI................................................................................................ 77 „The basis of optimism is sheer terror“ (Oscar Wilde) Laura Herde, 10/EP................................................................................................ 79 Fotosplitter vom Jahrestreffen 2012................................................................................ 81 Aus der Chronik des Schuljahres 2012/2013 StD’ Christa Wegener-Mürbe ............................................................................... 87 Essays (Fortsetzung): Der Optimismus gegenüber seiner eigenen Sinnlosigkeit Maximilian Günnewig-Mönert, OI........................................................................ 98 Verändern moderne Kommunikationsmittel die Sprache? Maximilian Hülshoff, UI....................................................................................... 100 Über Thomas Manns Aussage: „daß ein Schriftsteller ein Mann ist, dem das Schreiben schwerer fällt als allen anderen Leuten“ Lennart Stadtmann, OI........................................................................................... 103 Sprachlosigkeit, Sprachskepsis, Sprachnot Annina Macht, OI.................................................................................................. 101 Ein philosophischer Essay: Psychoanalyse oder Neurowissenschaft? Pascal Féaux de Lacroix, 12 /Q2........................................................................... 104 Ein philosophischer Essay: Von Wölfen und Lämmern Tim Kerkmann, 11 /Q1.......................................................................................... 108 Erinnerung an meine Schulzeit Johannes Ahlmeyer, Abi ’59................................................................................. 111 Pressespiegel ................................................................................................................... 118 Personalia im Schuljahr 2012/2013 StD’ Christa Wegener-Mürbe................................................................................ 133 Abschied von Ursula Herrbold am 19. Juli 2013 StR’ Brunhild Hilf................................................................................................. 134 Es starben ehemalige Schüler und Lehrer........................................................................ 135 Versetzung an eine andere Schule................................................................................... 135 Das Kollegium des Ratsgymnasiums 2013...................................................................... 135 Sextaner 2013................................................................................................................... 138 Abiturientia 1943 – 2013.................................................................................................. 140 Beitrittserklärung............................................................................................................. 157 Die Homepage des Ehemaligen-Vereins Impressum: Matthias Foede und Holger Hinnendahl................................................................ 152 Auflage 2013 Redaktion: Andreas Schnadwinkel, Matthias Foede Textbeiträge:OStD Hans-Joachim Nolting, Dr. Wolfgang Schröder, Hermann Schulze-Niehoff, Lehrer und Schüler des Ratsgymnasiums Anzeigen: Marion Burow-Gamerschlag, Hermann Schulze-Niehoff, Philip Ohletz Satz, Layout, Grafik: Britta Freund Druck: Gieselmann Druck und Medienhaus GmbH & Co.KG Vorwort Liebe Ehemalige und Freunde des Ratsgymnasiums, verehrte Leser! Viele von Ihnen werden sich vielleicht wundern, dass die einleitenden Zeilen zu unserem Gelben Heft in diesem Jahr nicht aus der Feder des Vorsitzenden unserer Vereinigung, Herrn Hermann Schulze-Niehoff, stammen. Er hätte Sie gerne in der gewohnten Manier begrüßt, ist aber leider erkrankt. Aus diesem Grunde hat er mich als seinen Stellvertreter gebeten, einige Grußworte an Sie zu richten, was ich natürlich gerne tue. Wenn eben möglich, möchte Hermann aber auf jeden Fall an unserem Jahrestreffen im Oktober persönlich teilnehmen. Bis dahin, lieber Hermann, von uns allen die besten Genesungswünsche ! Ein ereignisreiches, wenn auch nicht gerade spektakuläres Jahr liegt hinter uns. Ereignisreich in schulischer Hinsicht war sicherlich und vor allem der doppelte Abiturjahrgang. Eine große Herausforderung, die die gesamte Schule mit Kollegium sowie Schülerinnen und Schülern mit Bravour bewältigt haben, wie sich z. B. an den anlässlich der Entlassungsfeier unserer Abiturientinnen und Abiturienten zahlreich vorgenommenen Ehrungen und Preisverleihungen zeigte. Wegen der großen Anzahl der Absolventen konnte die Entlassungsfeier im übrigen in diesem Jahr nicht wie gewohnt in unserer Aula stattfinden, sondern musste in die größeren Räumlichkeiten des benachbarten Gymnasiums Am Waldhof ausweichen. Dieses tat der Feierlichkeit der Veranstaltung jedoch keinen Abbruch. Vielmehr konnte die Feier auch dort in dem gewohnten Rahmen ausgesprochen würdevoll abgehalten werden. Hierfür unserer befreundeten Nachbarschule auch von dieser Stelle noch einmal unseren ganz herzlichen Dank! Über die weiteren Vorkommnisse des zurückliegenden Jahres berichtet dieses Gelbe Heft in der gewohnten Art und Weise mit Beiträgen von Lehrern, Schülerinnen und Schülern und auch – und das ist uns wich- 6 tig – von Ehemaligen. Dieses alles zeugt von der Verbundenheit zu unserer Schule, auf die wir mit Fug und Recht stolz sein können. Ein wesentlicher Dank gilt unseren beiden Beiratsmitgliedern Matthias Foede und Andreas Schnadwinkel. Diese haben, wie schon in den Vorjahren, dieses Heft mit ihrem Fachwissen nicht nur redaktionell gestaltet, sondern sich darüber hinaus auch ganz wesentlich für die Belange unserer Vereinigung eingesetzt. Letzteres gilt im übrigen auch und ganz besonders für unsere Sekretärin Frau Marion BurowGamerschlag, die mit ihrer Zuverlässigkeit und Hilfebereitschaft inzwischen zu einem wichtigen Bindeglied unserer Vereinigung geworden ist. Auch ihr ein herzliches Dankeschön! Und dann sind da natürlich auch noch unsere Schülerinnen und Schüler aus der Oberstufe, die durch ihren großen Einsatz bei dem Treffen im letzten Jahr wieder entscheidend zu dessen Gelingen beigetragen haben. All diesen fleißigen Helfern noch einmal unser besonderer Dank! Bei dieser Gelegenheit darf ich auch an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass unser nächstes Jahrestreffen 2014 wegen der Herbstferien nicht wie gewohnt in der zweiten Oktoberwoche stattfinden kann, sondern auf das Wochenende 26./27. September 2014 vorverlegt werden musste. Bitte schon einmal vormerken! Schließlich noch eine kleine Bemerkung in eigener Sache: zur Finanzierung der Gelben Hefte sind wir dringend auf Anzeigenkunden angewiesen. Leider sind im letzten Jahr mehrere Inserenten abgesprungen und konnten nur teilweise durch andere ersetzt werden. Dieses ist eine durchaus bedrohliche Entwicklung, der es gegenzusteuern gilt, um das Erscheinen der Gelben Hefte in der gewohnten Qualität auch weiterhin zu gewährleisten. Darum die dringende Bitte an alle Leserinnen und Leser, doch wieder mehr Anzeigenbereitschaft zu zeigen und Alte Bielefelder und ehemalige Ratsgymnasiasten Rechtsanwälte und Notar Volker Kiso Rechtsanwalt Notar a. D. Philip Ohletz Rechtsanwalt Mediator (Universität Bielefeld) Jochen Eberlein Rechtsanwalt und Notar Fachanwalt für Arbeitsrecht • Allgemeines Zivilrecht • Fachanwalt für Arbeitsrecht • Erbrecht • Immobilienverwaltungen • Wirtschaftsmediation • Arbeitsrecht • Mietrecht • Verkehrsrecht Detmolder Str. 19, 33604 Bielefeld Tel. 05 21/6 14 90 u. 6 72 35 Fax 05 21/6 28 81 E-Mail: Info@rae-kiso-ohletz.de auch vielleicht im Freundes- und Bekanntenkreis hierfür zu werben. Die Anzeigenpreise sind durchaus moderat. Im Namen des Vorstandes und des Beirats der Vereinigung der Ehemaligen des Ratsgymnasiums zu Bielefeld grüße ich alle ehemaligen Lehrer, Schülerinnen und Schü- ler sowie das Kollegium, Schülerinnen und Schüler als auch Freunde der Schule. Philip Ohletz, Abi ’72 Die Redaktion Haben Sie Anregungen oder Hinweise zum Gelben Heft oder zu dem Inhalt? Wir freuen uns über ihre Nachricht. Sie erreichen uns: Matthias Foede: matthias.foede@ neue-westfaelische.de Andreas Schnadwinkel: schnadwinkel@ westfalen-blatt.de Die Redaktion bedankt sich beim Kollegium unter der Leitung von Hans-Joachim Nolting für die zahlreichen Textbeiträge und besonders bei Dr. Wolfgang Schröder für die Koordination. Außerdem danken wir Amandus Peters für die Unterstützung bei den Korrekturen. 8 Wir schaffen Verbindungen! Prüfdienstleistungen und werkstofftechnisches Know-how bietet unser akkreditiertes Prüflabor unseren Kunden, unseren Niederlassungen sowie externen Auftraggebern. Mit kompetentem Prüfpersonal und moderner Ausstattung werden mechanisch-technologische, physikalische, chemische und metallografische Prüfungen an Verbindungselementen und -systemen durchgeführt. Böllhoff Gruppe Archimedesstraße 1– 4 33649 Bielefeld www.boellhoff.com info@boellhoff.com Unser Prüflabor ist fachkundig auf dem Gebiet der zerstörenden Prüfung und verfügt über eine große Expertise bei kundenspezifischen Prüfungen sowie Schadensuntersuchungen. Der Leistungskatalog sowie das Akkreditierungszertifikat des Labors sind unter www.boellhoff.de/labor zu finden. Joining together! Liebe Freunde des Förderverein Ratsgymnasium, zunächst einmal möchten wir vom Vorstand die neuen Mitglieder willkommen heißen. Bedanken möchten wir uns für die eingegangenen Spenden und auch für die tatkräftige Unterstützung – durch Kuchenspenden und Verkaufshilfe – bei unseren diversen Aktivitäten wie dem Stand auf dem Weihnachtsbasar und dem Sommerfest, aber auch bei der Begrüßung der neuen Sextaner oben im Forum. Es macht Freude, gemeinsam im Elternkreis etwas zu bewegen. Gerne informieren wir Sie an dieser Stelle wieder über die Förderbeiträge des vergangenen Schuljahres, wobei wir einen Beitrag etwas genauer beleuchten möchten: So wurde nun schon zum zweiten Mal das Verkehrsprojekt in der Einführungsphase (EP, Klasse10) mitfinanziert. Frau Echterhoff, die dieses Projekt federführend betreut und bei der wir uns herzlich bedanken, erläuterte uns, dass hier den Schülern anschaulich Gefährdungspotentiale im Straßenverkehr aufgezeigt werden, um so Unfallsituationen zu vermeiden. Dieses Thema wird in verschiedenen Projekten in den Fächern Kunst und Musik – z. B. durch Erstellen eines entsprechenden Raps – aber auch im Fach Religion durch Diskussionen über Eingriff in das eigene Leben und das Leben anderer, die Frage nach Schuld etc. vertieft und soll so besser ins Bewusstsein dringen. Außerdem werden Filme gezeigt, ein Crashtest wird durchgeführt und Ersthelfer berichten. Dieses Projekt erachten wir als förderungswürdig, da so den Jugendlichen im Alter von 15/16 Jahren die Folgen von schweren Unfällen aufgrund von 10 Regelüberschreitungen nahe gebracht werden können, in der Hoffnung auf eine entsprechend verantwortungsvolle Teilnahme am Straßenverkehr dieser. Wir freuen uns, dass wir im letzten Schuljahr wieder mehrere Fachschaften durch die Anschaffung von Materialien und Lehrmitteln unterstützen konnten: es waren dies die Fachschaften Latein/Griechisch, Physik, Sport, Kunst, Musik und Englisch. Auch wurden die Musikfreizeit und das Schulsanitäter-Projekt sowie die Roboter und die Schach-AG wieder gefördert. Einen gut angenommenen Themenabend zum Thema „Leistung zählt – und was zählt noch“ haben wir auch gerne unterstützt. Ich möchte daher an dieser Stelle allen Mitgliedern des Fördervereins für Ihre Mitgliedschaft herzlich danken. Sollten Sie noch nicht Mitglied des Fördervereins sein, aber auch gerne die Schule Ihrer Kinder oder Enkelkinder unterstützen wollen, so würden wir uns sehr über Ihren Beitritt und Ihre Unterstützung freuen! Beitrittsformulare erhalten Sie über das Sekretariat oder aber über die Homepage der Schule (www. ratsgymnasium-bielefeld.de unter der Rubrik „Freunde“). Ihre Birgit Nordmeyer 1.Vorsitzende Förderverein Ratsgymnasium zu Bielefeld e.V. Konto Nr. 72009004, Sparkasse Bielefeld, BLZ 48050161 Ab sofort richtig: die Duden. So einen Duden gab es noch nie: Zum Buch erhalten Sie mit der neuen, 26. Auf lage die Wörterbuch-App und die Duden-Rechtschreibsoftware – für einen Preis. Und da der neue Duden auch noch 5 000 neue Wörter enthält, machen Sie ab sofort noch viel mehr richtig – jederzeit und überall. Der neue Duden. Jetzt bei Ihrem Buchhändler oder auf www.duden.de Premiere: Duden³ Buch, App und Software € 24, 99 www.duden.de/duden1 Begrüßung der Abiturientinnen und Abiturienten zur Entlassungsfeier am 6. Juli 2013 OStD Hans-Joachim Nolting Liebe Abiturientinnen und Abiturienten, sehr geehrte Eltern, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste, „Sie suchen eine Schule mit familiärer Atmosphäre und optimaler Betreuung in kleinen Klassen? Eine Lernumgebung, die von gegenseitigem Respekt geprägt ist? Sie haben sie gefunden.“ So hat es auf der Homepage der privaten Fachoberschule in Schweinfurt gestanden, die derzeit im Mittelpunkt der Medien steht, weil alle Schülerinnen und Schüler durch die zentralen Fachabiturklausuren gefallen sind. Indikator für Qualität von Schule ist eben nicht die idealisierende Werbung auf einer Homepage, nicht das Label „privat“ und auch nicht das zu entrichtende Schulgeld. Ich freue mich, dass ich Sie – hier – heute Morgen begrüßen kann, dass die Veranstaltung nicht mangels erfolgreicher Schülerinnen und Schüler ausfallen muss, vielmehr bei uns das Gegenteil gilt! Ein durchaus außergewöhnlich erfolgreicher Jahrgang hat die Abiturprüfungen fast schon mit einem Übermaß hervorragender Ergebnisse abgeschlossen. Ich begrüße Sie herzlich zur Entlassfeier des Ratsgymnasiums heute Morgen hier in der Aula des Gymnasiums am Waldhof. Vielleicht haben Sie sich über die Ortswahl etwas gewundert. In unserer Aula hätte jeder Abiturient heute nicht einmal 1,7 Gäste mitbringen dürfen. Was hätte das gegeben, wenn Sie, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, im schlimmsten Fall die Begleitplätze unter Ihren Eltern hätten verlosen müssen? – Nun haben beispielsweise auch Großeltern, Paten oder andere wichtige Menschen in Ihrem Leben die Chance, an diesem bedeutsamen Tag dabei zu sein. So können wir im gewünschten Rahmen feiern. Und wenn wir schon nicht in der eigenen Aula den Schlusspunkt Ihrer Schullaufbahn setzen können, so können Sie immerhin das Rats im 12 Blick haben. Das ist eine Sichtmöglichkeit, die bisher noch kein Abiturjahrgang hatte! Sie haben also eine besondere Perspektive! Die räumliche Nähe ermöglicht es im Übrigen, die Veranstaltung mit einem Glas Sekt auf unserem Schulhof ausklingen zu lassen. Und ich hoffe, Sie können die Gestaltung des Tages heute genießen. Ich freue mich auf jeden Fall, dass wir hier heute das Gastrecht bekommen haben und danke den Verantwortlichen des Gymnasiums am Waldhof sehr. – – – – – – – Liebe Abiturientinnen, liebe Abiturienten, über Ihre Schulzeit, Ihre Abiturbedingungen und Ihre Belastungen ist so viel nachgedacht, diskutiert und geschrieben worden wie über wenige zuvor! Das zusammenfassende Stichwort heißt „Doppeljahrgang“! Über Sie ist schon intensiv diskutiert worden, bevor sie überhaupt von der Grundschule zum Gymnasium gewechselt sind. Zum Beispiel hätte man schon ein Jahr eher mit der Schulzeitverkürzung starten können – was übrigens fast keine Schule getan hat. Insbesondere Eltern, die Kinder mit einer Altersdifferenz von knapp einem bis ca. 1,5 Jahren Altersunterschied in zwei aufeinander folgenden Klassenstufen hatten, traten mit Verve dafür ein, schon eher mit der Schulzeitverkürzung zu starten, um zu verhindern, dass Ihre Kinder trotz der Altersdifferenz zusammen Abitur machen. Das zu verhindern hat Familien dazu bewegt, den Älteren oder die Ältere eine Klasse überspringen zu lassen. Gleichwohl haben wir heute so viele Geschwisterpaare unter den Abiturientinnen und Abiturienten wie nie, die altersverschieden sind und von denen dennoch keiner sitzengeblieben ist. Der eine Teil von Ihnen, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, musste es verarbeiten, dass plötzlich ein ganzer nachfolgender Jahrgang sich im eigenen wiederfand, gemeinsame Kurse gebildet wurden. Der andere Teil von Ihnen musste damit fertig werden, dass plötzlich Mitschüler und Mitschülerinnen neben Ihnen saßen, die nicht nur älter waren, sondern auch ein Jahr länger zur Schule gegangen waren und in einigen Fächern auch schon mehr Unterrichtserfahrungen einbringen konnten. Für unsere Schule lässt sich heute feststellen, dass Sie, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, sich diesen Erfahrungen stellen mussten, dass sich aber, vom Ergebnis her, die damit einhergehenden Befürchtungen nicht bewahrheitet haben! Als Gesamtjahrgang haben Sie mit einem hervorragenden Schnitt abgeschlossen und die Abiturientinnen und Abiturienten, die dem G8 Durchgang angehören, haben in keiner Weise, vom Schnitt her nicht einmal ein Zehntel oder ein Hundertstel, schlechter abgeschnitten als diejenigen, die eine neunjährige Gymnasialzeit durchlaufen haben. Das Charakteristikum Ihres Abiturjahrgangs ist eine Vielfalt und Buntheit in der Zusammensetzung, die ihresgleichen sucht. Die Altersspreizung von 6 Jahren ist wahrlich nicht alltäglich. Die Geburtsjahrgänge 1990 bis 1996 sind unter Ihnen vertreten. Die Bezeichnungen G8 oder G9 greifen also in der Phänomenbeschreibung in dieser Hinsicht zu kurz. 11- bis 16-jährige Schulzeiten liegen hinter Ihnen! Allerdings – und das wird in Ihrem Jahrgang, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, wiederum besonders deutlich –, ist eine verlängerte Schulzeit oder ein nicht so herausragender Schnitt kein eindeutiger Indikator für weniger ausgeprägte Anstrengungsbereitschaft oder nicht so ausgeprägte Fähigkeiten. Wenn jemand erst in der achten Klasse und ohne Deutschkenntnisse nach Deutschland gekommen ist, hier zudem noch die Schule infolge eines Umzugs wechseln musste und in seinem letzten Schuljahr, in der Q2, wochenlang gefehlt hat, um in der Familie, die aus Vater und drei Kindern besteht, den Vater in der Endphase seiner Krankheit zu begleiten, dann kann man, wie ich finde, die Energieleistung, die dahinter steckt, wenn das Abitur trotzdem erfolgreich abgelegt wurde, nicht hoch genug einschätzen. Das Gleiche gilt, wenn jemand sogar erst in der zehnten Klasse nach Deutschland kommt, als die Sicherheitslage im Heimatland als zu kritisch eingestuft wird, um dort zu bleiben. Wer die gesamte Schulzeit bis dahin im Iran verbracht hat und dann aufbauend auf die Sprachkenntnisse, die noch aus der Kindergartenzeit in Deutschland stammen, hier im glatten Durchgang seine Reifeprüfung ablegt, verdient, wie ich finde, unsere besondere Bewunderung und Anerkennung. Meine zumindest hat er. Und übrigens, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, Sie alle dürfen auf so viel mehr stolz sein als auf Ihren erfolgreichen Abschluss. Ich erinnere mich zum Beispiel des von Ihnen in vollends eigenständiger Regie initiierten, entwickelten und gestalteten Abends der Künste! Die beeindruckende Vielfalt der Beiträge an dem Abend aus den so unterschiedlichen Genres, die Moderation, ohne im Vorfeld Programmgestaltung und Werbung aus dem Blick zu verlieren: Das war eine Teamleistung und zugleich eine Summe besonderer Leistungen Einzelner, auf die Sie mit Stolz zurückschauen dürfen. Ich gratuliere Ihnen allen herzlich und wünsche Ihnen für Ihre Zukunft alles erdenklich Gute! – – – – – – – Lassen Sie mich bitte noch einen Dank ergänzen! Da ich in diesem Abiturjahrgang auch als Vater betroffen bin, habe ich mich nicht nur wie in früheren Jahren von der Klasse, deren Konferenzen etc. und später dem Jahrgang sozusagen ferngehalten, sondern habe ich 13 auch den Abiturvorsitz an Frau WegenerMürbe abgegeben, um den größtmöglichen Abstand zu wahren. In Zeiten des Zentralabiturs war das, wie ich denke, auch noch nötiger als es dies vielleicht in früheren Jahren gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund möchte ich aber abschließend es nicht versäumen, insbesondere Frau Wegener Mürbe und Frau Fujiwara ausdrücklich zu danken. Frau Wegener-Mürbe hat das Abiturverfahren in diesem Jahr geleitet und Frau Fujiwara hat die Jahrgangsstufenleitung innegehabt. Frau Fujiwara hatte damit in Ihrem ersten Durchlauf als Jahrgangsstufenleiterin gleich den Doppeljahrgang zu meistern, was konkret bedeutete, dass aufgrund der eben schon erwähnten Altersspreizung z.B. so viele verschiedene Prüfungsordnungen mit unterschiedlichen Bedingungsgefügen wie noch nie parallel anzuwenden waren. Beiden gilt mein ausdrücklicher Dank! Glückwünsche zur Abiturientenentlassung 2013 StD’ Christa Wegener-Mürbe Liebe Abiturientinnen, liebe Abiturienten Liebe Eltern, Großeltern, Geschwister und weitere Familienangehörige, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ganz herzlich möchte auch ich Sie alle zu unserer Entlassungsfeier des Abiturjahrgangs 2013 begrüßen. „Herzliche Glückwünsche zum Abitur“ – das wird Ihnen, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, in den letzten Tagen oft gesagt worden sein. Und jetzt hören Sie es auch noch von mir! Was bedeutet es eigentlich, wenn wir das Wort „Glückwunsch“ sagen? Ich zitiere den Duden: „Glückwunsch, Substantiv, maskulinum, Plural: Glückwünsche Bedeutung: Wunsch für Glück und Wohlergehen zu einem besonderen Fest oder der Ausdruck der freudigen Anteilnahme an einem Erfolg, einer Leistung, einem freudigen Ereignis o.Ä.“ Sie sehen, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, dass wir mit diesem Begriff ganz richtig liegen, denn wir nehmen freudig Anteil an Ihren Leistungen und Ihrem Erfolg! Lassen Sie mich das zusammengesetzte Wort in seine beiden einzelnen Substantive unterteilen: „Glück“ und „Wünsche“ „Ich wünsche Dir viel Glück / Wir wünschen Ihnen Glück“ – das haben Sie im Zusammenhang mit Ihren Prüfungen von vie- 14 len Menschen gehört, die Ihnen Ihre Sympathie und Zuneigung zeigen wollten. Nicht nur als gesprochenes Wort, sondern auch in der Form kleiner Glücksschweine, Kleeblätter oder Käfer bekamen Sie erlaubte Unterstützung bei Ihren Prüfungen. Beim Austeilen der Prüfungsaufgaben konnten wir auf manchen Tischen gleich ganze Batterien von Glücksbringern wahr-nehmen, mal ganz abgesehen von den liebevoll vorbereiteten Frühstückspaketen, die von zuhause mitgegeben wurden – auch dieses Umsorgtsein ist eine Form des Glücks! Es würde Ihre Geduld im Rahmen dieser Feier überstrapa-zieren, wenn ich auf die vielen Facetten des Begriffes „Glück“ eingehen würde, die uns begegnen und von jeden einzelnen von uns auch sehr individuell wahrgenommen werden. Deshalb möchte ich hier nur auf einen Aspekt eingehen: Wir als Schule hatten und haben Glück mit Ihnen, dass Sie als Doppeljahrgang bei uns gewesen sind: viele motivierte und engagierte junge Menschen mit unterschiedlichen Begabungen, Lebensgeschichten und Zielen! Sie haben uns bereichert mit Ihren individuellen Leistungen im Bereich der Musik, des Theaters, der Kunst, des Schulsports, mit einem Abend der Künste, bei der SV-Arbeit, der Teilnahme an Wettbewerben, Ihren hervorragenden schulischen Leistungen und nicht zuletzt Cornelsen Verlagskontor Das Cornelsen Verlagskontor, kurz CVK, mit Sitz in Bielefeld, wurde 1966 gegründet und ist heute einer der deutschlandweit führenden Full-Service-Dienstleister im Bereich der Buch- und Warenlogistik. Hierzu gehört seit 2013 auch die europaweit größte Auslieferung von Kalendern für den Handel. Das CVK-Leistungsspektrum reicht von der Lagerhaltung über Sendungsbündelung, Verpackung und Auslieferung inklusive individueller Statistiken bis hin zur Abwicklung von Print-on-Demand Aufträgen und der Entwicklung von Softwarelösungen. Zu den insgesamt über 40 Mandanten des CVK gehören das Bibliographische Institut, der Cornelsen Verlag, der Kalenderverlag KV&H, der Delius Klasing Verlag, uvm.. Jährlich bewegt das Unternehmen mehr als 1,4 Mio. Sendungen in 110 Länder - von der Einzelbuch- bis zur tonnenschweren Palettensendung. Das vollautomatische Hochregallager hat eine Lagerkapazität von 60.000 Palettenplätzen. Täglich werden bis zu 60.000 Bestellpositionen erfasst und verarbeitet. Nach der Kommissionierung, die über 30.000 Handlagerplätze abgewickelt wird, durchlaufen alle Sendungen vor der Abholung ein automatisches Verpackungssystem. Umweltbewusstes Handeln ist CVK ein großes Anliegen: Eine Geothermie-Anlage erwärmt im Winter und kühlt im Sommer die 2006 in Betrieb genommene neue Warenein- und -ausgangshalle, und auch der seit 2009 eingesetzte Folienschrumpftunnel wird mit alternativer Energie betrieben. CVK beschäftigt mehr als 400 Mitarbeiter und gehört zur Franz Cornelsen Bildungsgruppe, Berlin. Wir lieben Bücher & Kalender Cornelsen Verlagskontor GmbH Kammerratsheide 66 Tel.: +49 (0)521 9719-0 33609 Bielefeld Fax: +49 (0)521 9719-260 info@cvk.de www.cvk.de mit dem heutigen Gottesdienst. Dafür möchte ich Ihnen ganz herzlich danken. Die Schule ihrerseits hat Ihnen in spezieller Form das Glück zukommen lassen: heißt doch Ihre Stufen-leiterin mit dem Vornamen „Beate“. „Wünsche“ – das zweite Substantiv: Ein Motto auf den Abi-Shirts war angelehnt an „per aspera ad astra“ – den ersten Stern haben Sie mit Ihrem Abitur erreicht , holen Sie sich weitere! Vor Ihnen liegt Ihre ganz individuelle Zukunft, die Sie mit Konsequenz und Fleiß, Ideen und Kreativität, Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit, Planung oder Zufall – so wie es Ihrem jeweiligen Typ entspricht - beginnen werden. Seien Sie neugierig, wenn Sie jetzt den Schutzraum der Schule und vielfach auch des Elternhauses hinter sich lassen - wir sind gespannt von Ihnen als Ehemalige zu hören, wenn Sie das gute alte Rats besuchen. Christa Wegener-Mürbe, StD’, stellvertretende Schulleiterin Rede zur Verabschiedung der Abiturienten 2013 OStR Dr. Wolfgang Schröder „Unterschiedenes ist / gut“ Ein anderes freilich ists, Unterschiedenes ist gut. Ein jeder und es hat Ein jeder das Seine. (Friedrich Hölderlin) Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Abiturientinnen und Abiturienten! Eine Schar voller Verschiedenheiten! Am ersten Schultag der neuen Doppeljahrgangsstufe sagte jemand aus G9: „Man fühlt sich wie sitzengeblieben.“ Ein anderer aus G8 rief: „Das wächst sich aus!“ Und tatsächlich – obwohl man anfangs meinte, nun seien subtile Differenzierungsmaßnahmen nötig, hat sich alsbald herausgestellt, dass der gemeinsame Unterricht den Unterschieden hinreichend Rechnung trägt. Dabei ist Differenzierung seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ein wichtiger pädagogischer Leitgedanke. 1969 postulierte der Deutsche Bildungsrat die institutionalisierte Differenzierung der Schüler nach Leistungen und Interessen, worauf die Differenzierungspädagogik feinsinnige Muster entwarf, um solche Abstufungen objektivieren zu können. Während sich so der Differenzierungsgedanke etablierte, versuchte gleichzeitig ein zunächst unterschwelliger, bald aber auch offensiver Verallgemeinerungsdrang sich 16 Geltung zu verschaffen. Um Unterschiede ermessen zu können, so meinte man nämlich, müsse es Vergleichbarkeiten, d.h. gemeinsame Maßstäbe geben. In solcher Situation kann sich die Paradoxie auftun, dass um der Differenzierung willen ein Differenzierungsabbau geschieht. Das würde bei mangelnder Kognition oder durch leichtfertige Pragmatik mit Blick auf sogenannte individuelle Förderung etwa die Merkwürdigkeit zu Folge haben, dass nicht primär das Individuum oder der letztlich unverfügbare Einzelne gesehen wird, sondern der Standard, dem dieser sich zu fügen hat. Aber das Unterscheiden ist ein aufklärerisches Prinzip und kulturell ebenso wesentlich wie Assimilation oder Integration. Zu wünschen wäre, dass die Schule, die eine Insel der Aufklärung sein darf, die bestehenden Verwechslungsgefahren erkennt. Davon gibt es allerdings viele. Beispielsweise scheint der Hinweis sinnvoll, dass Standard nicht unbedingt vom Mittelmaß abzuleiten ist. Auch müsste gelegentlich daran erinnert werden, dass Wissen höher rangiert als Information. Bücher sind mehr als Texte. Stellungnehmen sollte man nicht mit Meinen verwechseln. Es ist gut, wenn man kapieren und kopieren voneinander unterscheidet, Transparenz ebenso sehr von Fadenscheinigkeit abgrenzt wie von Durchblick, von Diagnose. Man könnte lange so fortfahren. Über Gleichheit und Unterscheidung nachzudenken, ist zweckvoll auf vielen Ebenen – hier: erstens aus Interesse an klaren Denkstrukturen, zweitens mit Blick auf globale Entwicklungen, drittens zur Einschätzung der Stellung des Menschen. – – – – – – – Auf der Ebene des wissenschaftlichen Denkens erhellt sich das Außergewöhnliche wie das Gewöhnliche durch das Licht der Forschung, das oft auf Fantastisches stößt. Angesichts der Teilchenphysik kann man sich beispielsweise über den Gegensatz zwischen der Verschiedenheit von Gegenständen und der Ununterschiedenheit ihrer ‚innersten’ Bestandteile wundern. Einmal soll der Physiker John A. Wheeler, angeregt durch seinen Doktoranden Richard Feynman, den späteren Nobelpreisträger, am Telefon diese Frage aufgegriffen und ebenso einfach wie verblüffend beantwortet haben. „Alle Elektronen seien nicht nur gleich, sondern dasselbe, meinte Wheeler – tatsächlich gebe es im gesamten Universum nur ein Elektron.“ Dies berichtet ein wissenschaftsjournalistischer Artikel von Hans Christian von Baeyer in Die Zeit aus dem Jahre 1997. „Dieses eine und einzige Elektron“, so heißt es dort weiter, „trete nur stets aufs neue in Erscheinung. Nachdem es in ferner Vergangenheit seinen Anfang genommen habe, rase es vorwärts durch die Gegenwart, wo Beobachter einen flüchtigen Blick darauf erhaschen könnten. Dann verschwinde es in der fernen Zukunft und komme als Elektron zurück, das sich in der Zeit rückwärts bewege, vorbei an Instrumenten, die es als Positron (das Antiteilchen des Elektrons) in Vorwärtsbewegung registrierten. Wieder in der Vergangenheit angekommen, kehre es um und beginne die ganze Zickzackreise von vorn.“ Der Autor schließt den Bericht mit der Bemerkung, die Hypothese Wheelers ziehe „so viele unüberwindliche experimentelle und theoretische Einwände“ auf sich, „daß ihr Schöpfer sie fast augenblicklich wieder fallenließ.“ Wieso aber erscheint die Vorstellung, eine Singularität sei zugleich etwas Universales, so gewagt? Ist es denn etwa nicht minder erstaunlich, dass die Industrie die Möglichkeit bereitstellt, in das Design eines weltweit verbreiteten Produkts die unterschiedlichsten Verbraucherindividualitäten zu integrieren. Sie finden uns gegenüber vom Ratsgymnasium. Anzeige_Villa_Bozi_92_68.indd 1 17 02.07.12 10:45 Während in der Physik zu fragen ist, wo genau der Übergang von der Gleichheit zur Einzigartigkeit stattfindet, ist in der Welt des Konsums zu erkennen, dass sich Standardisierung und Differenzierung in einer schillernden Singularität vereinen, in jeweiliger Exklusivität, welcher am Ende doch das Besondere fehlt, im einen und einzigen kommerziellen „Elektron“, der Ware, die durch die Gegenwart rast und so in Serie geht. Wenn aber das Einzigartige in Massen auftritt, dann lässt sich das Ununterschiedene vom Unterschiedenen nicht mehr unterscheiden. Maßanfertigung folgt dem Klischee. Das Außergewöhnliche wiederholt sich. Dieser Mainstream der „Massenindividualisierung“ fließt weder an der „Ratskollektion“ – die übrigens ganz vorzüglich ist – noch an der zeitgenössischen Pädagogik vorbei. Viele Didaktiken werden von ihm mitgerissen. Sie neigen zur Pflege standardisierter Beliebigkeit, weshalb der Literaturdidaktiker Johannes Odendahl den bildungsfeindlichen Missionarismus heutiger Lehrpläne durch folgende Enumeration veranschaulicht: „Ökonomie versus Bildung, Effizienz versus Kultur, Kompetenz versus Wissen, Information versus Einsicht, Pragmatismus versus Tiefsinn, Sachtext versus Literatur.“ Angesichts solcher stereotypen Vertauschungen mag man sich fragen, ob vielleicht die zur Zeit in Nordrhein-Westfalen anhebende Fortbildungsinitiative, die sich sprachmagisch alliterierend „Vielfalt fördern“ nennt, einen Weg eröffnet, um dem verwirrenden und nivellierenden Kontrollgeist eine Stirn zu bieten. Aber noch nimmt das ‚mittelmäßige’ Denken offenbar keinen Anstoß, wenn man etwa das singuläre Cogito mit einem gesichtslosvagen „Ich-denke-mal-so“ verwechselt oder wenn performative Sprache vom „Ich-sagemal-einfach“ abgeleitet wird. Auch täuscht man sich vielleicht nicht, wenn man findet, dass Mündigkeit für Mündlichkeit gehalten oder Freiheit mit Freizeit gleichgesetzt wird. Es gibt viele Verwechslungsgrotesken. Differenzieren im Geiste tut not. Universalisierung, Generalisierung, Standardisierung und Normung sind verschiedene Formen der Verallgemeinerung. Wegen mangelnder Trennschärfe kann man sich 18 Sorgen machen. Seit Kant unterscheiden wir generelle Regeln, nämlich „solche, die im Durchschnitte am öftesten zutreffen“, also in sehr weit gemessenem Umfang vertretbar sind, von universalen Regeln, „die jederzeit und notwendig gültig sein müssen“, die also zwingend sind. Wenn ein für unstrittig gehaltenes oder für konsensfähig erklärtes Prinzip zur unhinterfragten Übernahme empfohlen und in Umlauf gebracht wird, dann betrachten wir dieses Prinzip als Standard. Ein Standard, der sich vom Gebräuchlichen zum Verpflichtenden verhärtet, ist als Norm zu bezeichnen. „Normen“, so schreibt das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) auf seiner Homepage, „erbringen einen hohen betriebs- und volkswirtschaftlichen Nutzen […]. Unternehmen, die sich an der Normungsarbeit beteiligen, erzielen Vorteile durch ihren Wissens- und Zeitvorsprung.“ Standards und Normen sind keine Tugenden und keine Pflichten, die moralisieren könnten. Aber sie bieten pragmatische Vorteile. Von solcher Rationalisierung wäre eine Vereinheitlichung abzugrenzen, die unerbittlich nach dem Menschen – dem Humankapital – greift. Für die „Akkumulation von Humankapital“ hat der französische Philosoph Michel Foucault den Begriff der „Kompetenzmaschine“ geprägt und sie mit Blick auf die „grenzenlose Verallgemeinerung der Form des Marktes“ als „Bedrohungsfaktor“ beurteilt. – – – – – – – Doch der emphatische Globalismus – zweiter Aspekt dieser Ausführungen – bezweckt keine Einpassung des Menschen in die Gleichförmigkeit, sondern blickt in planetarische Weiten. „Die Erde fängt an, rund zu werden auch im Erlebnis der Menschen, nicht bloß in der Kenntnis“, meinte Max Frisch in einem 1952 gehaltenen Vortrag. Freilich herrschte schon in der europäischen Renaissance ein starkes globales Bewusstsein, und das Erdrund war ein ideales Signum des Neuen. Shakespeares Friar Lawrence versucht dem verzweifelten Romeo Mut gegen dessen Gefangenschaft in den Banden vorurteilsverhafteter Differenzen zu machen, indem er die planetarisch gewordene Perspektive seines Zeitalters in wenige Worte fasst: the world is broad and wide. www.westfalen-blatt.de Täglich neues Wissen. www.ezeitung.info Im achtzehnten Jahrhundert wurde die Menschheit in doppelter Bedeutung, die ‚Gesamtheit aller Menschen’ und die ‚menschliche Natur’, zum Leitgedanken großer zukunftgerichteter Konzepte – bei Kant, bei Lessing, bei Herder, bei Schiller. Vom Weitblick begeistert schrieb Johann Gottfried Herder 1772: „Nun ist offenbar der ganze Erdboden für das Menschengeschlecht und dies für den ganzen Erdboden gemacht […]. “Für den Humanisten ist die Menschheit nicht ohne die Universalität der Sprache denkbar. Er schätzt sie als Inbegriff der geistigen Vielfalt, des universalen Wesen der bunten Menschheit, der Differenz also, und nennt sie den „Proteus auf der runden Oberfläche der Erde.“ Während die Sprache im allgemeinen Sinne heute vor allem im Hinblick auf die Pragmatik internationaler Kommunikation in den Blick gerät, hat diejenige Sprache, die einen Ort der Bedachtsamkeit zu bilden pflegt, nämlich die Dichtung, eine eher unauffällig globalisierende Wirkung. Seit Goethe hat hier der Begriff der „Weltliteratur“ sowohl eine Vorreiter- als auch eine Legitimierungsfunktion. Im 20. Jahrhundert machte Hans Magnus Enzensberger deutlich, dass die hochrangige Dichtung der Moderne einen mondänen Lauf genommen hatte. Der Autor beobachtet die „Entstehung einer poetischen Weltsprache“. Darin werde Skepsis – soziales Misstrauens, politische Opposition – perpetuiert. Als „Kompetenzzweifel der Schriftsteller“ hat Dieter Wellershoff das Freisein der Literatur von Standards und vorgefertigten Aufträgen bezeichnet. Solcher „Kompetenzzweifel“ bietet ebenso seriösen wie imaginationsgeleiteten Widerstand gegen jeglichen Opportunismus. Friedrich Schlegel, der Begründer der Frühromantik, verglich die Wandlungen der Vorstellungskraft mit der Komplexität der „Bewegungsgesetze“ des Weltalls. Sein Welt- und Geschichtsverständnis zentrierte im Begriff der „progressiven Universalpoesie“, welche die „Vorstellungsarten vom poetischen Weltsystem“ erkunden sollte. Die Universalpoesie, die es in unterschiedlichen Ausprägungen gibt, setzt, wie man 1968 gesagt hätte, „Fantasie an die Macht“. Sie stiftet keinen Generalkonsens der Perzeption von 20 Sinn, sondern sie ereignet sich in zahlreichen Neuansätzen. Der Begriff des „Gesamtkunstwerks“ zum Beispiel – in der Romantik entstanden, dann von Richard Wagner als das „gemeinsame Werk der Menschen der Zukunft“ definiert – kann als Inbegriff hochgespannter Erwartungen an die Vereinigung ästhetischer wie sozialer Intentionen begriffen werden. Die „Soziale Plastik“ ist ein Konzept, durch welches Joseph Beuys die Idee einer gesellschaftsverändernden, universalen Kunst definierte. Mit dem Begriff „Interkonnektivität“ wird die globale, simultane Vernetzung und wechselseitige Abhängigkeit sozialer und kommunikativer Abläufe beschrieben. Bill Gates benutzt den Ausdruck immer wieder. Als „Zivilisationsökumene“ bezeichnet Hermann Lübbe die sich entwickelnde „Welteinheitszivilisation“. All diese komplexen Entwürfe erscheinen wie mögliche Umschreibungen der von Schlegel gedachten Universalität, wie „Vorstellungsarten vom poetischen Weltsystem“. Möge es mit dem standardisierten Globaldesign nicht verwechselt werden. Möge man durch soziale Netzwerke nicht ungut gelinkt, sondern gut gelenkt werden. Möge die „eine“ Welt nicht die Pluralität aufheben. Der anscheinend bestehenden Neigung zu derartigen Missverständnissen würde aus Rücksicht auf die Stellung des Menschen – dritter Aspekt dieser Ausführungen – entgegenzuwirken sein. – – – – – – – In dem berühmten Fragment „Unterschiedenes ist / gut“ hat Friedrich Hölderlin das Differenziertsein der Wirklichkeit als Grund ihrer Rechtfertigung ausgelegt. Der hinterlassene Satz aus drei Worten, niedergeschrieben mit einem Zeilensprung, der das dritte Wort isoliert, trifft eine Seinsfeststellung: „Unterschiedenes ist“, der das affirmierende Urteil „gut“ folgt. Durch den Zeilensprung entsteht der Anschein, als wollte Hölderlin mit dem naturalistischen Fehlschluss spielen, aber er hütet sich, ihn zu ziehen. Was gut ist, so kann man Hölderlins Sichtweise paraphrasieren, ist als Unterschiedenes gut, nicht ‚einheitlich’ oder ‚durchschnittlich’. Ihm eignet eine universale Stimmigkeit, der vom Menschen nicht widersprochen werden soll. Man könnte sie die Selbstübereinstimmung der Differenzierung nennen. Sie ist „gut“, sie kann ein Segen, ein Glück sein, und man soll sie hüten für das humane Leben. Auch Fragmente mögen „gut“ sein, nicht nur weil sie auf ein vollendetes – vergangenes oder zukünftiges – Ganzes verweisen, sondern indem sie als unregelmäßige, unverbundene Teile die vordergründigen Generallinien und die oberflächlichen Nivellierungen brechen. Die Annahme eines transzendentalen Zusammenhalts der Bruchstücke bleibt dabei unangetastet. Unterschiedenes ist, hat Bestand, es gilt allgemein. So mag hier deutlich werden, dass der Vereinheitlichung selbst vom Begriff der Universalität her, nämlich der Universalität von Distinktion, von Mehrförmigkeit und Abgegrenztsein zwingend zu widersprechen ist. In der globalisierten Welt stehen „Einheitszwang und Unterscheidungswille“ (Jörn Rüsen) freilich nicht nur im Widerspruch zueinander, sondern es herrscht zwischen ihnen auch Machtkampf. Eine Qualität von Kultur wäre es, Andersheit zu tolerieren, indem Abgrenzungen verdeutlicht werden. Denn Toleranz ist nicht Indifferenz und nicht allgemeine Akzeptanz, sondern sie wirkt als Arbeit an dem, was Adorno die „Kommunikation des Unterschiedenen“ genannt hat. Von der totalen, alles vereinheitlichenden, gnadenlos generalisierenden und damit die Universalität von Differenz zunichte machenden Weltmacht und der heillosen Stellung des Menschen in ihrer Gewalt spricht die Offenbarung des Johannes. Der Verfasser hat die Vision, dass eine Welteinheitsregierung herrschen und sich auf politischer, wirtschaftlicher und religiöser Ebene entfalten werde. Auf politischem Gebiet habe die gesamte Weltbevölkerung vor einer monströsen Herrscherinstanz zu zittern. „Was gleicht diesem Ungeheuer? / Wer könnte es wagen, mit ihm zu kämpfen?“ übersetzt Walter Jens aus der Apokalypse. Die Diktatur werde ebenso die Regeln von Verkauf und Konsum unter sich zwingen und auf religiösem Gebiet die Anbetung des Tierbildes fordern. Dieser Welteinheitszwang sei unerbittlich, so die Apokalypse. Nun lässt aber die apokalyptische Bedrohung des Unterschiedenen den bescheidenen Rückschluss zu, dass die angenommene Universalisierung von Differenz ihre guten Gründe hat. Umso mehr wäre dabei skep- Ihre Abrechnung in guten Händen Wärmezähler Wasserzähler Heizkostenverteiler Abrechnungen Ditschun Wärmemesstechnik GmbH Bielefeld 0521 - 339944 www.ditschun.com 21 tisch zu fragen, ob die Essenz und die Tiefe täglich getroffener Unterscheidungen, sofern man sich überhaupt die ihnen gebührende Mühe macht, hinreichen und überzeugen. Einem radikaleren Blick drängt sich vielleicht der Verdacht auf, dass auch die zahllosen Verschiedenheiten der bunten Welt, global gesehen, bloß Schattierungen des Immergleichen sein könnten. Diese Vermutung mag daher rühren, dass sich in vielen Angriffspunkten der konkurrierenden Haltungen kein streitbarer Esprit, sondern die Gemeinsamkeit stolzer Gesinnung zu verbergen scheint, mit der sich die Menschen einheitlich selbst bespiegeln. Verzweifelte Enttäuschung angesichts des allenthalben – und einfallslos – Unterschiedenen hat E. M. Cioran bekannt. Er schreibt: „Ich würde eine Welt lieben, in der es gar kein Kriterium gäbe, keine Form und keinerlei Prinzip, eine Welt der absoluten Unbestimmtheit. Denn in unserer Welt sind alle Kriterien, Formen und Prinzipien dermaßen schal, daß ihre halbe Gegenwart lästiger ist als der unerbittlichste normative Absolutismus.“ Aus Ciorans Worten sprechen das Angewidertsein durch die Pseudoreizungen halbherziger Pluralität und der Verdruss über die Gewöhnung an herrschende Anschauungsformen. Zu solchem Spott über habituell verfestigte Grenzen im Denken könnte ein Beispiel, das alltäglicher sozialer Realität entstammt und dabei das Befangensein im vordergründigen Unterschiedemachen nicht minder souverän in Frage stellt, ergänzt werden. Die Einsicht nämlich, dass es eine Kraft gibt, die „Unterschiedenes […] gut“ sein lässt: die Liebe, bringt etwa ein Ayub KhanDin am Schluss seines Theaterstücks East is East (1997) zur Sprache, das im Milieu einer englischen Kleinstadt und im Kontext einer kleinbürgerlichen Familie von dem handelt, was Samuel P. Huntington 1996 als Clash of Civilizations bezeichnete. This isn’t a family! sagt einer der Söhne. Aber Abdul, sein älterer Bruder, nimmt etwas anderes wahr: dass nämlich seine geplagte englische Mutter seinen poltrigen pakistanischen Vater über alle Schmach hinaus liebt. Für Abdul lässt die Liebe weder Macht oder Willkür noch kulturelle Bevormundung zu. Sie „bläht sich nicht auf“ (1 Ko. 13,4). 22 Der Sohn des Migranten betont die Abgrenzung von denjenigen Grenzen, die sich nur durch Befangenheit definieren, indem er mit Nachdruck beschwört: I’m telling you, things are gonna be different round here. In emphatischer Interpretation ist dieser Satz über den differierenden Trotz eine Ankündigung des Sich-Unterscheidens von den trostlosen Einteilungsweisen der konventionellen Verschiedenheit. Diese andere Andersheit, die Differenz zweiten Grades offenbart das aufgeklärte Desinteresse an Eifersucht und engstirnigem Gegeneinander ebenso wie die Souveränität über erzwungene Familiarität. Durch solche Befreiung kann auf einer höheren Ebene – jenseits der „schalen“ und kontingenten Differenzierungsweisen, die auch ein Cioran abhorresziert hat – „Unterschiedenes“ wahr werden, das „gut“ ist. Da man nun vermuten darf, dass die heute noch emsig reproduzierten Standards und Effizienzparadigmen alsbald verbraucht sein werden, könnte eine künftige Aufmerksamkeit neue Theorien der Besonderung, der Lizenzennutzung, der Autonomie, ja, der Autodidaktik favorisieren, worin Alternativen zum grauen Mittelmaß, zur Massenindividualisierung und zum Differenzierungseinerlei dämmern und nicht zuletzt zu den verwalteten Daten, der neuen Einheitswährung in der Welt des Humankapitals. Dann könnte das Unterscheiden – in höherer Potenz, in globaler Anwendung, für die Stellung des Menschen – erfinderisch, das kriterielle Differenzieren geistreich und das Unterschiedene „gut“ für alle sein. Wie in einer bedachtsamen Pädagogik mehr auf Vertrauen in den lernfähigen Einzelnen und weniger auf den Kontrollgeist der Normung gesetzt würde, so möge – liebe Abiturientia 2013 – auch im jetzt beginnenden Leben nach der Schule nicht nur allgemeiner Durchschnitt oder Abwechslungslangweiligkeit herrschen, sondern Dynamik, die das Besondere – überzeugend Konturiertes, gut Unterschiedenes, Distinguiertes – hervorbringt. Versuchen Sie, das universal Gültige von dem, was nur generell akzeptiert ist oder zu beliebiger Disposition steht, zu unterscheiden. Dass „das Ganze das Unwahre“ sei, hat Adorno gegen Hegel gesagt. Immer kommt es auf ein Etwas an. Und wahr ist, dass sich auch aus scheinbar wenigem viel entfalten kann, aus 4 Grundfarben, aus 7 Leitertönen, aus 24 Lettern, 10 Ziffern, 2 Schaltzuständen, 3 Zeitebenen und Raumdimensionen, 12 Kategorien. Die Schauspielerin Iris Berben, geboren in Detmold, sagte neulich in einem Interview, was sie vom heteronomen Einheitszwang hält: „Die Messlatte, die ei- nem von außen angelegt wird, ist ja nicht unbedingt die eigene. Man muss seine eigene haben. Das ist ein guter Motor.“ Dass der Motor während Ihrer Schulzeit gutes Öl bekommen habe und nun weiterhin bekomme, möchte ich Ihnen wünschen. Fahren Sie umsichtig, jeder seinen, jede ihren Weg! Fahren Sie wohl! Schülerrede zur Abiturfeier am 6. Juli 2013 Jan Beutler, Mathis Prestel Sehr geehrte Lehrerinnen und Lehrer des Ratsgymnasiums! Sehr geehrter Herr Nolting! Sehr geehrte Frau Wegener-Mürbe! Sehr geehrte Stufenleiterin Frau Fujiwara! Liebe Eltern und – vor allem – liebe Mitschülerinnen und Mitschüler! Mathis Prestel: „Vorsicht, bitte!“ So lautet der Titel dieser Rede, ein kurzer, aber dennoch prägnanter Satz, der den hier anwesenden Schülern wohl vor allem aus dem Munde von Herrn Thomas bekannt sein wird. Dieser Satz hat jahrelang als Indikator für das Auf- tauchen einer Lehrkraft gedient, er hat sich abgeschliffen, wurde durch den ständigen Gebrauch bedeutungslos und scheint fast zur Floskel geworden. Dennoch bietet diese Formel noch immer weitreichende Möglichkeiten der Interpretation, die ganz von ihrem Adressaten abhängen. In ihrer ursprünglichen Form am Ratsgymnasium beinhaltet sie die Forderung nach Aufmerksamkeit und den Wunsch, Platz auf dem Gang zu machen. Diese Vorsicht ist geboten, wenn man sich, wie es im Gesetzbuch zur Zielsetzung der Schule heißt, darum bemüht, die Fähig- Modernste technik für perfekten druck ì Stillstand? Das gibt es bei Gieselmann nie. Rund um die Uhr laufen unsere hochmodernen Druckmaschinen und produzieren erstklassige Druckerzeugnisse. Und auch wenn es um Innovationen und Umweltschutz geht, sind wir stets in Bewegung. ì Hans Gieselmann Druck und Medienhaus GmbH & Co. KG Ackerstraße 54 | 33649 Bielefeld | Telefon: 0521 94609-0 | info@gieselmanndruck.de www.gieselmanndruck.de DG-0004 Anzeige_Technik_DINA5_quer_GIE.indd 1 23 09.09.13 10:58 keit zu einem selbständigen kritischen Urteil und zu eigenverantwortlichem Handeln zu erlernen. Ganz allgemein versteht man unter dem Wort „Vorsicht“ zumindest laut Duden Besonnenheit, Behutsamkeit, Voraussicht und Klugheit gegenüber einer Gefahr, Achtgeben usw. Je nach Adressat verändert sich jedoch die Botschaft, wie sich im Laufe dieser Rede zeigen wird. Der Titel ist unter Zeitdruck entstanden, aber wie ja allgemein bekannt ist, entstehen unter Druck Diamanten. Inwiefern das der Wahrheit entspricht, sei Ihrem Urteil überlassen. Wir für unseren Teil können sagen, dass wir mit dem Ergebnis unserer Arbeit sehr zufrieden sind. Denn aus der Not, aus der dieser Titel entstand, ist eine Tugend geworden: In der nun folgenden Rede werden wir eher in Dialog denn in Monologform vorgehen, einerseits zwecks einer gewissen Auflockerung, andererseits um den verschiedenen Positionen gerecht zu werden, die von uns, den beiden Rednern vertreten werden. Außerdem möchte ich die Lehrerinnen und Lehrer darauf hinweisen, dass die Rede zur Stilmittelanalyse schriftlich einsehbar sein wird. Ein Erwartungshorizont wird nachgeliefert. Jan Beutler: „Vorsicht, bitte“, lieber Mathis. Auf der einen Seite hast du recht, aber du darfst eines nicht übersehen: In der letzten Zeit hat sich die Methode, wie man uns den Lernstoff beibringt, stark verändert, und das nicht gerade zum Besseren. Ich glaube, jeder von uns wird sich an Unterrichtsstunden erinnern, die mit unzähligen Lernspielen wie dem „Kugellager“, den „Brief-Konferenzen“, den „Museumsrundgängen“ und all den anderen Erfindungen eifriger Pädagogen gefüllt waren. Das angenehmste Gefühl für einen Schüler war aber immer noch die Gewissheit, dass die nächste Stunde mit Power-Point-Präsentationen angereichert ist. Diese Art der medialen Aufbereitung mag zwar in einigen Fächern effektiv sein, doch ist bei zu häufiger Anwendung die Gefahr des Nichtachtgebens zu groß. Wer hat bei den diversen Power-Point-Marathons schon seine volle Aufmerksamkeit dem Referenten gewidmet und ist nicht in der ruhigen Atmosphäre mit den Gedanken vollends abgeschweift oder hat sich einfach nur zurück- 24 gelehnt? Der Lerneffekt blieb dann meistens aus. Aber nicht nur innerhalb der Stunden ist die Veränderung der Methoden auffallend. Auch die vom Ministerium vorgegebenen Bewertungsmaßstäbe zeugen davon. Mit der Einführung eines Erwartungshorizonts bei jeder Klausur wollte man die Vergleichbarkeit der jeweiligen Arbeiten verbessern und zudem dem Schüler eine bessere Einsicht in seine Fehler und Möglichkeiten zu Verbesserungen geben. Dies mag zwar der Fall sein, doch widerstrebt es dem gesunden Menschenverstand, eine Geschichts-, eine Deutsch- oder ein Philosophiearbeit in Punkten zu bemessen. Dem Urteilsvermögen des Lehrers, ob die Arbeit nun sehr gut, gut oder vielleicht nur ausreichend ist, wird die einfache Addition von Punkten entgegengesetzt. Und wie stellte schon ein allseits geschätzter Mathelehrer fest: „Mathearbeiten sind wie ein Quiz, je mehr Punkte desto besser.“ Dass dies nicht für alle Klausuren in den verschiedenen Fächer zum Leitspruch werden darf, erklärt sich aus meiner Sicht von selbst. Nicht grundlos verweigern sich viele Lehrer diesem Bewertungssystem nach Punkten. Was ist eigentlich von der guten alten Schule übrig geblieben, wird sich manch einer fragen. Natürlich unterliegt alles dem Wandel der Zeit, auch die Schule. Selbstverständlich bedarf es vieler Erneuerungen, gerade im Bereich der Bildung, doch sollte man das Altbewährte nicht ganz außer Acht lassen. Und man möchte den Lehrern dieser Schule ein herzhaftes „Vorsicht, bitte!“ entgegenrufen. Auch eine Stunde ohne Power-Point, Lernspiel oder Gruppenarbeit kann zum Erfolg werden. Es ist ganz leicht. Man nehme einfach eine Diskussion oder das altbekannte Lehrer-Schüler-Gespräch, füge noch etwas Humor und Witz hinzu und nach 45 Minuten bei Ober- und Unterhitze im schlecht gelüfteten Klassenraum erhält man dann dreißig verschiedene Kreationen von Weiterbildung. Mathis Prestel: Halt! „Vorsicht, bitte“, lieber Jan. Denn eines darfst du nicht vergessen. Einzig diese Ausbildung, über die du dich so beklagst, hat dich in den Stand gesetzt, allein diese Rede zu verfassen. Denn so auch einige Mängel an den Lehrern, in der Schule, am System zu finden sind, so stelle ich dir dennoch die Frage: Betrachtest du dich nicht selbst als gebildeten Menschen? Hast nicht du selbst den Anspruch, auch von anderen als solcher betrachtet zu werden? Und weiter, zeigst du nicht ein erhebliches Maß an Undankbarkeit denen gegenüber, die dich auf deinem Weg dorthin angeleitet haben? Nicht die Kritik allein ist es, durch die der gebildete und denkende Mensch die Schärfe seines Geistes beweist, sondern auch und vor allem durch die Fähigkeit, dasjenige anzuerkennen, was gut und richtig ist. Gab es denn nicht die Diskussionen im Unterricht, die Dialoge zwischen dir, den Lehrern und deinen Mitschülern, die dich selbst in geistige Höhenflüge versetzt haben? Gab es denn nicht die Freude an einer wirklich guten Unterrichtsstunde, die selbst wenn sie zugegebenermaßen selten oder nur in bestimmten Fächern vorkam, dennoch einen unschätzbar hohen Wert hatte? Nein, lieber Jan, nur zu kritisieren ist – und ich wende mich hier auch an meine Mitschüler – nicht differenziert, sich von einem sehr subjektiven Verhältnis zur Schule verbittern zu lassen, ist nicht weise. Schon Platon ließ seinen Sokrates sagen: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Dieser Grundsatz sollte auch dir Warnung und Gebot zugleich sein. Jan Beutler: „Vorsicht, bitte!“ lieber Mathis. Es zeugt zwar von ausgesprochen hohem Interesse und Geist, sich mit dem Thema Schule in dieser Art und Weise auseinanderzusetzen, aber wir sollten nicht ganz den Anlass für diese Rede aus den Augen verlieren. Man mag zwar über die allgemeine Lage der Schule schlecht denken oder sie kritisieren, doch befindet sich die Ausbildung am Ratsgymnasium in Bielefeld zugegebenermaßen auf einem dennoch hohen Niveau. Nicht ohne Grund kann das Ratsgymnasium dieses Jahr vier Schüler mit einem 1,0er Abitur vorzeigen. Dies mag zwar vorwiegend dem Fleiß und der Intelligenz der jeweiligen Schüler zuzuschreiben sein, doch auch die Ausbildung an dieser Schule ist dabei ganz wichtig. Die Vermittlung der Unterrichtsinhalte und die Betreuung der Schüler bei Projekten, Facharbeiten oder außerschulischen Wettbewerben zeigen eine hohe Einsatzbereitschaft seitens der Lehrer, wofür Die erste Adresse für gute Adressen. Miet- und Eigentumswohnungen Ein- und Mehrfamilienhäuser Grundstücke und Gewerbeobjekte Verkehrswertermittlungen Fon: 05 21-4 00 24-0 · www.moellmann-immobilien.de 25 ihnen an dieser Stelle gedankt sei. Es ist aber nicht nur die fachliche Kompetenz der Lehrer, die diese Schule auszeichnet, sondern auch das soziale Umfeld. Das neue System von G8 ist zwar an vielen Stellen zu kritisieren, doch ist es gerade bei uns einzigartig gewesen zu sehen, wie innerhalb kürzester Zeit aus zwei Jahrgängen ein Jahrgang geworden ist. Freundschaften haben sich über Klassen-, Kurs- und Stufenverbände hinaus entwickelt, nimm als bestes Beispiel dafür uns beide als Vertreter von G8 und G9. Welcher Jahrgang vor und nach uns kann zudem schon von sich behaupten, mit 115 Mann und Frau auf den Treppen von Schloss Sanssouci gestanden zu haben? Wo wir schon bei Schloss Sanssouci angelangt sind, sei noch einmal ausdrücklich auf die Berlin-Fahrt im Januar dieses Jahres hingewiesen. Im Nachhinein muss ich doch schon schmunzeln, wenn ich mich daran erinnere, im moderaten Schritte durch Berlin gegangen zu sein, während zur gleichen Zeit ein Teil meiner armen Mitschüler dick verpackt und mit Reader in der Hand im Laufschritt ihrem Lehrer hinterhergejagt sind. Die Berlinfahrt war insgesamt nicht nur eine Fahrt, auf der Schüler UND Lehrer etwas gelernt haben, sondern sie war auch ein Zusammenhalt stiftendes Unternehmen. Wenn 17-Jährige zusammen mit 20-Jährigen die Hauptstadt unseres Landes erkunden und sich gemeinsam manch unpopulärer Entscheidung des Lehrpersonals widersetzen, zeigt das, wie eng unsere Stufe in diesen drei Jahren zusammengewachsen ist. Das ist und bleibt einzigartig. Mathis Prestel: Lieber Jan, nicht ganz kann ich dir zustimmen. An was hat mich unsere Schule noch immer erinnert? An ein Bielefelder Stadttheater, das im Gewand der Semperoper erschien. Klischeebehaftet wie kaum eine andere, schämt sich die Schule keineswegs, etliche dieser Klischees auch freudig zu erfüllen. Das Rats durchweht der Geist einer englischen Privatschule. Aufs Rats gegangen zu sein verbindet Leute. Ratsgymnasiasten horchen auf, hören sie davon, dass ihr Gegenüber an derselben Schule sein Abitur gemacht hat. Ein Schüler, dessen Wirken man am Rande miterlebt hat, ist ein „altes Ratsurgestein“. Diese Ei- 26 genart, dieser Charakterzug macht das Ratsgymnasium aus. „Worüber man nicht reden kann, darüber muss man schweigen“ Und so soll hier nicht vom berühmten Hochmut der Ratsschüler gesprochen werden, den einige mit Stolz verwechseln. Die Frage, ob nicht jede Form von Stolz auch eine Form von Intoleranz bedeutet, soll hier nicht gestellt werden. Ob die Ausgrenzung nicht eines seiner wichtigsten Elemente ist? Wer weiß es schon. Auch und gerade an unserer Schule, die die Zeugnisvergabe in den Räumlichkeiten der konkurrierenden Schwesterschule abhalten muss, hat es Akte der Ausgrenzung gegeben, gegenüber anderen Lehranstalten und auch gegenüber Mitschülern. Aber einen tadellosen Ruf hat sie sich dennoch bewahrt, was bei genauer Betrachtung auch das Wichtigste und Wünschenswerteste ist. Was in einer Rede wie dieser nicht fehlen darf, ist außerdem, sich über die Obrigkeit zu beklagen. Wie Kurt Tucholsky sagte: „Wenn man einen Menschen richtig beurteilen will, so frage man sich immer: Möchtest du den zum Vorgesetzten haben?“ Was uns betrifft, waren wir in der angenehmen Lage, diese Frage nicht stellen zu müssen. Die Lehrer waren von Anfang an und gezwungenermaßen unsere Vorgesetzten. Und so kann man den Satz folgendermaßen umformulieren „Wenn man einen Lehrer richtig beurteilen will, so frage man sich immer: Möchtest du mit dem mal ein Bier trinken gehen?“ Die Antwort lautet in etlichen, aber nicht in allen Fällen ja. Deshalb möchte ich alle Lehrerinnen und Lehrer, die von mir wissen, dass ich gegen sie eine persönliche Abneigung hege, bitten, mich nie auf ein Bier einzuladen. Auch sei gesagt, dass sich bestimmte Lehrer nicht gescheut haben, Konflikte und Meinungsverschiedenheiten, die auf der persönlichen Ebene bestanden, gerne und oft in ihre Notengebung und ihren Umgang im Unterricht einfließen zu lassen. Dazu sei nur gesagt: „Der Weise verzeiht alles, aber vergisst nichts.“ Jan Beutler: „Vorsicht, bitte!“ lieber Mathis. Während du meinst, einen Hauch von Eton in unserer Schule zu vernehmen, empfinden andere genau das Gegenteil. Ist Einfach. Mehr. Service. Einfach. Mehr. Service. Unsere Leistungen im Überblick: • Unterhaltsreinigung • Glasreinigung • Sonderreinigung • Industriereinigung Unsere Leistungen • Dienstleistungen im Überblick: • Hausmeisterdienste Facility-Management •• Unterhaltsreinigung Winterdienst •• Glasreinigung • Grau- und Grünflächenpflege • Sonderreinigung • Industriereinigung • Dienstleistungen Krefelder Str. 15 • 33647 Bielefeld • Tel. 0521 / 94 20 80 • Fax 0521 / 94 20 812 • Hausmeisterdienste www.niediek.net • info@niediek.net • Facility-Management • Winterdienst • Grau- und Grünflächenpflege Krefelder Str. 15 • 33647 Bielefeld • Tel. 0521 / 94 20 80 • Fax 0521 / 94 20 812 www.niediek.net • info@niediek.net es denn nicht üblich, dass mit dem Besuch einer Schule auch ein gewisses Gemeinschaftsgefühl entsteht, wenn man seine eigene Schule bei wissenschaftlichen oder sportlichen Wettkämpfen vertritt? Ich kann dennoch deine Empfindung des Elitären nicht ganz von der Hand weisen. Dies hängt aber auch sehr mit dem Ruf unserer Schule zusammen. Du meinst die Erfüllung vieler Klischees zu sehen, ich empfinde mehr die Verteidigung ihres Rufs. Und dieser Ruf ist gut. Erst neulich bekam ich als Reaktion auf meine Aussage, ich sei am Rats gewesen, zu hören: „Oh, das ist gut.“ Und wenn ein Außenstehender den Namen Rats hört, assoziiert er diesen zunächst mit dem Bildungsniveau und nicht mit den gängigen Klischees. Diese zu überprüfen, ist nämlich deutlich schwerer. Und du wirst mir hoffentlich zustimmen, wenn ich behaupte, dass sich die meisten Vorurteile gegenüber dem Rats in den vergangenen Jahren als falsch erwiesen haben. Es ist nämlich nicht die Überheblichkeit oder die Intoleranz der Schüler, welche hier im Vordergrund steht und die Schule auszeichnet, sondern eine angenehme Atmosphäre zwischen Schülern untereinander und im Verhältnis zu den Lehrern. Vor allem diese Beziehung hat sich in letzten Jahren deutlich verbessert. Für unsere Eltern war es nicht denkbar, mit ihren Lehrern ein Bier trinken zu gehen, heute gehört dies schon fast zum guten Ton. Mathis Prestel: Auch nicht ganz falsch, lieber Jan. Es muss an dieser Stelle gesagt werden, dass der Geist, von dem ich eben sprach, Freundschaften geschaffen hat, die hoffentlich ein Leben lang halten werden und die man nicht missen darf. Daher darf und kann eines nicht vergessen werden: Die Existenz kommt vor der Essenz, wie uns Sartre und nicht zuletzt Herr Schröder lehrten. Und demnach ist zu sagen, dass die Schule keine Essenz hat ohne die Existenz der sie prägenden und gestaltenden Schüler. Diese sind hier das Salz in der Suppe. Und so mag einen schon eine gewisse Wehmut ergreifen, denkt man, wie es ja nun heißen muss, zurück an die Schulzeit und ist sich des dauerhaften rien ne va plus bewusst, das nunmehr mit diesem Gedanken verbunden ist. Allerdings ist übertriebene Trauer angesichts des Abgangs 28 von der Schule fehl am Platze. „Per aspera ad Abi“, so war unser Motto. In der Tat, das Raue haben wir für den Moment hinter uns, das Abi ist geschafft. Gleichwohl muss der Griff nach den Sternen noch folgen, die, wie ich hoffe, abholbereit vor uns auf der Straße liegen, die uns ins Ungewisse führt. Wir stehen am Anfang, wir sind bereit. Wem, wenn nicht uns sollte die Hoffnung noch gestattet sein. Vor allem die Hoffnung, dass der Satz, „nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir“ sich für uns bewahrheitet. Was ich für mich persönlich sagen kann, ist, dass ich zumindest durch meine Mitschüler unschätzbar viel über und für das Leben gelernt habe. Deshalb möchte ich auch ihnen ein lautes und klares „Vorsicht, bitte“ entgegenrufen: Lasst euch nicht verbiegen, verliert nicht das, was euch ausmacht! Jan Beutler: An dieser Stelle stimme ich dir vollends zu, lieber Mathis. In der Schule erfährt man nicht nur Bildung als solche, sondern man bildet auch seine eigene Persönlichkeit aus. Und ich möchte dich hier an ein Zitat von Hegel erinnern: „Zum Handeln gehört wesentlich Charakter, und ein Mensch von Charakter ist ein anständiger Mensch, der als solcher bestimmte Ziele vor Augen hat und diese mit Festigkeit verfolgt.“ Dieser Satz, finde ich, greift auch das auf, was du vorhin schon angesprochen hast, nämlich dass die Schule nach offizieller Definition dazu dienen soll, uns selbstverantwortliches Handeln beizubringen. Dies ist jedoch ein langwieriger Prozess, der mit dem Ende der Schule noch längst nicht abgeschlossen ist. Und hier zeigt sich eben, dass es der Charakter ist, der einen ausmacht und nicht das Abitur. Dieses ist zwar im weiteren Leben wichtig, doch das Abitur ist nicht alles! Und dies sei auch ein Appell an all diejenigen unter uns, die mit ihrem Abitur nicht so zufrieden sind, wie sie es sich gerne gewünscht hätten. Es gibt viele bekannte Persönlichkeiten, die es trotz eines eher durchschnittlichen Schulabschlusses weit gebracht haben, man denke nur einmal an Thomas Mann oder Franz Kafka. Nur weil eine 2 oder eine 3 vor dem Komma steht, heißt das noch lange nicht, dass man ein schlechter Schüler ist. Es gibt nämlich auch Talente in unserer Stufe, deren Erfolge und Entspannen auf Langeoog Poggfred, das Haus am Meer, bietet dafür die besten Voraussetzungen. Zentral am Hospizplatz gelegen und trotzdem gleich an der Düne. Seien Sie unsere Gäste, wir freuen uns auf Sie! Anfragen und Reservierungen: Sven Renner · Am Hospizplatz 5 · 26465 Langeoog · Tel. 0 49 72 / 2 66 · www.poggfred.de 29 Leistungen auf dem Abiturzeugnis nur unzureichend gewürdigt werden, so z. B. aus dem Bereich des Sängerkreises oder des Literaturkurses. Hier sei noch einmal auf die Aufführungen des Literaturkurses unter der Leitung von Frau Jung-Lösing hingewiesen, die es beispiellos verstanden hat, die Fähigkeiten der einzelnen Schülerinnen und Schüler zum Ausdruck zu bringen. Dafür sei ihr an dieser Stelle großer Dank ausgesprochen. Mathis Prestel: Und nicht nur ihr: Auch anderen gebührt großer Dank. So darf auf keinen Fall unsere Stufenleiterin Frau Beate Fujiwara-Tönsmann vergessen werden, bei Schülern und Lehrern besser als „Fuji“ bekannt. Ihr gebührt großer Dank nicht nur hinsichtlich ihres großen Organisationstalents, sondern auch bezüglich ihrer unaufgeregten und frischen Art, die uns häufig genug vor dem Kollaps angesichts des Wirrwarrs an Wahlzetteln, Noten und Möglichkeiten bewahrt hat. Dasselbe gilt natürlich auch in gleicher Form für Frau WegenerMürbe. Ebenso möchten wir an dieser Stelle den beiden Sekretärinnen Frau Walter und Frau Haake-Kamp danken, die uns immer mit Rat und Tat sowie einem freundlichem Wort zur Seite standen. Generell gebührt allen Lehrerinnen und Lehrern ein Dank von der Seite der Schülerschaft für die tatkräftige Unterstützung durch all die Jahre und dafür, dass Sie uns nun endlich gehen lassen. Dass wir alle unseren Eltern danken, steht für uns außer Frage. Und, was mir persönlich noch wichtig ist, lieber Jan, ein herzlicher Dank gebührt auch dir, einerseits für die Möglichkeit, gemeinsam mit dir diese Rede zu verfassen, andererseits für den Spaß, den wir beide dabei gehabt haben. Den Spruch „In vino veritas“ kann man da schon mal unterschreiben. Jan Beutler: Lieber Mathis, auch ich möchte mich bei dir bedanken. Wir haben jetzt insgesamt zwei Monate an dieser Rede gesessen, wobei zugegebenermaßen die letzten zwei Wochen die effektivsten waren. Diese Rede hat gezeigt, dass auch Ideen, die samstags morgens um drei Uhr entstanden sind, ein Erfolg werden können und zugleich noch so viel Freude bereiten. Und für mich hat 30 sich beim Verfassen dieser Rede auch wieder einmal eines gezeigt: die ganze Mühe hat sich gelohnt. Und damit meine ich nicht nur die Rede an sich, sondern auch die gesamte Schulzeit. Es war zwar oft genug eine Plackerei und ein Ärgernis. Das eine Mal meinte man sich im großen Zirkus wiederzufinden, das andere Mal fragte man sich auch: Was machst du eigentlich hier? Die Antwort werden wir gleich in unseren Händen halten. Und heute kann jeder auf das, was er erreicht hat, stolz sein, und das sollte auch gefeiert werden. Dass unser Abschied von der Schule in dieser großartigen Weise vonstatten geht, sei es in der Kirche, hier in der Aula oder auch morgen in der Stadthalle, verdanken wir vielen fleißigen Schülerinnen und Schülern in den verschiedenen Komitees, die keine Mühe gescheut haben und die Verantwortung für diese beiden Tage getragen haben. Auch ihnen sei zum Schluss dieser Rede herzlichst gedankt. Was jetzt noch bleibt ist die Erkenntnis, dass die Schulzeit endgültig vorbei ist. Eine Grundausbildung haben wir in 12 bzw. 13 Jahren erhalten, doch das meiste werden wir noch außerhalb der Schule lernen. Und so empfand es auch Wilhelm Busch, als er folgende Reime schrieb: Also lautet ein Beschluß: Daß der Mensch was lernen muss. – Nicht allein das Abc Bringt den Menschen in die Höh; Nicht allein am Schreiben, Lesen, Übt sich ein vernünftig Wesen; Nicht allein in Rechnungssachen Soll der Mensch sich Mühe machen; Sondern auch der Weisheit Lehren Muß man mit Vergnügen hören. Und ich hoffe sehr, dass wir alle dies in unserem weiteren Leben berücksichtigen werden, denn man lernt ja bekanntlich nie aus. Wir sollten uns aber im Klaren darüber sein, dass wir uns mit dem Abitur eine sehr gute Voraussetzung für das weitere Leben erarbeitet haben. Jetzt haben wir die Chance, also lasst uns sie auch nutzen. Vielen Dank! ERBRECHTSKANZLEI Michael Wadehn Notar Rechtsanwalt Fachanwalt für Erbrecht Fachanwalt für Steuerrecht Synthia Winter Rechtsanwältin Mediatorin • • • • • Gestaltung von Testamenten Erbauseinandersetzungen Testamentsvollstreckungen Vorsorgevollmachten Grundstücksrecht 33602 Bielefeld (Nähe Rathaus) Viktoriastraße 22 Tel.: 0521/64950 · Fax: 0521/62330 31 Ergänzung zu Abiturientia Septuagenaria 1942 Mitteilungen Oktober 2012 Sehr geehrter Herr Schulze-Niehoff, ich habe beim Lesen der Mitteilungen 2012 festgestellt, dass von der damaligen „G8“ drei Mitschüler verstorben und nicht aufgeführt worden sind: Behrmann Hans Dieter Abi: 1942 Herrmann Helmut Abi: 1942 Lücking Wilhelm Abi: 1942 Das untenstehende Foto des Abiturjahrganges 1942 wurde bereits 1941 gemacht, weil Einberufungen zur Wehrmacht bevorstanden. Bitte zum Behalt in das Archiv aufnehmen. Mit freundlichem Gruß, Ihr Dr. Gerhard Limberg 32 To whom it may concern oder Vor fast 70 Jahren – Das Ratsgymnasium im KLV-Lager Einsiedel am Walchensee Prof. Dr.-Ing. Till Behrens Einmal in meinem Leben war ich bisher in Bielefeld, 1955 als Chauffeur eines dicken Holzhändlers. Zehn Jahre vorher hatte ich aber das Ratsgymnasium besucht. Wie ging das? Rats und ich lebten nicht an ihren angestammten Orten. Wir trafen uns am schönen Walchensee in Oberbayern. Schüler und Lehrer waren seit 1944 im Hotel Einsiedel am Walchensee in einem KLV-Lager (= Kinderlandverschickung) im Krieg evakuiert worden. Meine aus Babelsberg kommende Familie lebte bereits seit 1942 in einem ebenso romantischen wie primitiven Sommer-Blockhaus im Dorf Walchensee. Damals war von dort keine reguläre höhere Schule zu erreichen. Erst gab mir mein im Krieg für seine Erfindungen u. k. (= unabkömmlich) gestellter Vater abends privaten Unterricht, dann ging ich ab Herbst 1944 für kurze Zeit als Externer im benachbarten Urfeld in die auch in einem KLV-Lager untergebrachte Gisela-Oberschule aus München. Ihr Schulleiter, ein wilder Nazi, verlangte bald, dass ich der intern praktizierten paramilitärisch-nationalsozialistischen Ideologie-Erziehung unterworfen werde. Das hiess morgendliches Antreten in Pimpf-Uniform, Teilnahme an Schiessübungen, Indoktrination mit Verbot von sonntäglichem Nachhausegehen und Wäscheholen zur Vermeidung evtl. schädlicher Familieneinflüsse. Nach dem Sonntagessen kletterte ich folglich aus dem Fenster des zweiten Stockes auf den vorgelagerten Küchentrakt und sprang von dort herab. Nach drei Familienbesuchen hatte mich jemand verraten. Bei der Rückkehr fing mich der Direktor persönlich ab, riss mir das Wäschepaket aus der Hand, warf es mir an den Kopf und machte meinem bereits von den Nazis verfolgten Vater weitere Schwierigkeiten. Uns retteten die katastrophalen hygienischen Verhältnisse des Lagers. Ich bekam die Krätze und wurde ins „Revier“ gegenüber verlegt. Bis zur Gesundung gelang es meinem Vater, meine Verlagerung in das Rats-KLV-Lager in Einsiedel einzuleiten. Hier lief ein Kontrastprogramm ab. Ich durfte nicht nur sonntags die Familie besuchen, sondern auch neu gewonnene Kameraden mitnehmen. Aus dem zu unseren Anwesen gehörenden Bootshaus holten wir öftern den typischen Walchensee-Kahn mit hochgezogenem Bugsteven. Einem im Rudern Ungeübten passierte dabei das Missgeschick, dass er ein damals nicht ersetzbares Ruder zwischen Bootshaus und Boot abknickte. – Sollte er noch leben, möge es ihn trösten, dass nach bald erfolgtem Kriegsende die US-Army den Kahn für recreation-Zwecke konfiszierte –. Nun klauten mein damaliger Freund Langbehn, dessen Vater die Nazis nach dem 20. Juli 1944 ermordet hatten, und ich aus dem der US-Army unterstellten ehemaligen Pionier-Stützpunkt nahe dem Hotel Einsiedel ein deutsches Sturmboot. Mit diesem transportierten später meine Mutter und ich „sterweise“ unser selbstgeschlagenes Brennholz über den See. Eine Bestätigung vom 16. 01.1946 belegt: ich war vor und nach Kriegsende Schülter des Rats in Einsiedel (Schulleiter Hemmer, Klassenlehrer Dr. Crohn). Die Namen der Schulkameraden gingen mir in meiner weiteren chaotischen Schulzeit verloren. Hätte ich Abitur gemacht, wäre es 1951 gewesen. Eine mir freundlicherweise von Frau Burow-Gamerschlag übersandte Liste der 1951er Abiturienten führte bei mir zu keiner Gedächtnis-Auffrischung. Sollte dieser Bericht evtl. bei einem Ehemaligen aus fernen Einsiedeler Zeiten Erinnerungen wecken, würde ich mich über seine Nachricht an folgende Adresse freuen: Prof. Dr.-Ing. Till Behrens Am Treutengraben 25 60488 Frankfurt am Main Tel. 069-76 16 69, Fax: 0 69-7 68 21 10 E-mail: tillbehrens@t-online.de Vielen Dank! 33 Schullandheimaufenthalt der Sexta b vom 7. bis 19. April 2013 OStR’ Corinna Uffenkamp Als Klassenlehrerin, die schon einige Jahre am Ratsgymnasium tätig ist und dementsprechend zahlreiche Schullandheimaufenthalte hinter sich hat, bin ich inzwischen recht gelassen, was die Fahrten angeht. Natürlich gilt es, sich immer wieder neuen Situationen zu stellen und sich auf die verschiedenen Persönlichkeiten neu einzulassen, um den Kindern gerecht zu werden und um eine funktionierende Klassengemeinschaft zu fördern, Kolleg(inn)en mit ins Boot zu holen, spannende und sinnvolle Projekte zu planen und so weiter. Viele Dinge aber sind vertraut und selbstverständlich, sodass ich in der Regel, wie so oft zitiert, eine „Klassenfahrt nach Hause“ plane, bei der ich ungefähr weiß, was mich erwartet. Dieses Jahr war die Langeoogfahrt für mich allerdings die Ausnahme von der Regel. Ich war aufgeregt! Rückblick: Am 23. August 2012 habe ich die Klassenleitung einer neuen Sexta mit Herzklopfen übernommen, da unter den 32 wuseligen Kindern, mit unterschiedlichen Hintergründen, Charakteren und Begabungen eine Schülerin mit Glasknochen war. Nachdem ich die ersten Tage voller Sorge und schweißtreibender „Gluckenhaftigkeit“ hinter mich gebracht hatte, musste ich voller Staunen erkennen, dass die Schülerin sehr gut zurechtkam, den Gefahrenzonen automatisch aus dem Weg ging und den Schulalltag wie alle anderen auf ihre Weise regelte. Die Zusammenarbeit zwischen Eltern, Schülern und Schule funktionierte sehr gut, sodass der Schulalltag, mit kleinen Besonderheiten für diese Klasse, ganz „normal“ verlief. Die anstehende Schullandheimfahrt nach Langeoog stellte dann aber doch wieder eine Herausforderung für mich und die betroffene Familie dar, da Carla das erste Mal ohne vertrautes Umfeld und damit ohne den üblichen Schutz und die schnelle Erreichbarkeit bei einem Notfall unterwegs sein würde. Zudem war zu überlegen, welche gemeinsamen Aktivitäten auf der Insel ge- 34 plant werden konnten bzw. einer Änderung bedurften, damit in der Regel alle Kinder beteiligt sein würden. Bestimmte Aktionen, wie die mehrstündige Wanderung zur Meierei, das gemeinsame Schwimmengehen mit der ganzen Klasse oder die alltäglichen sportlichen Aktivitäten im und am Haus usw. mussten neu überdacht werden. Gleichzeitig war es wichtig, dass die Schüler nicht das Gefühl bekämen, zurückstecken zu müssen. Die Idee, eine zusätzliche Begleitperson zu engagieren, die in solchen Situationen auf Carla aufpassen könnte, war schnell geboren. Die ideale Lösung kam wie von selbst. Die zwei zusätzlichen Begleitpersonen, die Ehemaligen Ann-Christin Neitzel und Thomas Funk, erklärten sich bereit, abwechselnd als besonderer „Begleitschutz“ für Carla zu fungieren. Dazu trafen sie sich einige Male mit der Familie und erhielten Anleitungen. Die beiden wurden damit nicht nur ein Bindeglied zwischen Lehrern und Schülern, wie auf allen anderen Fahrten, sondern zusätzlich zu Carlas „Rittern“, was sich als harmonische und inklusive Maßnahme erwies, denn alle SuS „liebten“ die zwei. Eine funktionierende Klassengemeinschaft lag mir natürlich besonders am Herzen. Um dieses Ziel zu erreichen, um soziale Kompetenz zu erwerben, ist wohl keine andere Institution besser geeignet als unser Schullandheim. Das gemeinsame Miteinander verschafft den SuS eine einzigartige Gelegenheit, sich abseits des Schulalltags besser kennenzulernen, Freundschaften zu vertiefen und voneinander zu lernen. Sie erfahren, dass das Miteinanderleben nur funktioniert, wenn sie sich gegenseitig akzeptieren, und diese Erfahrung schafft ein Bewusstsein dafür, dass es normal ist, verschieden zu sein. Letztendlich haben wir alle Dinge gemacht, die ich mit anderen Klassen auch schon unternommen habe – nur etwas abgewandelt: So gab es bei der Wanderung zur Meierei jeweils eine Gruppe, die mit einer Kutsche Dietrich Wesemann Assekuranz Versicherungsmakler Als Ansprechpartner stehen Ihnen zur Verfügung Herr Dietrich Wesemann & Frau Dr. Sabina Wefing ? Altersvorsorge Krankenversicherung Berufshaftpflicht Praxisinventar Pflegevorsorge Sachversicherungen Mönkebergstr. 110 Fon:+49(521)55775570 info@dw-assekuranz.de Fon: +49(521)173393 info@dw-assekuranz.de 33619 Bielefeld Fax:+49(521)55775571 www.dw-assekuranz.de Fax: +49(521)177110 www.dw-assekuranz.de 35 gefahren wurde, beim Schwimmen wurde die Klasse aufgeteilt, sodass nur jeweils 16 SuS im Bad waren und besser beaufsichtigt werden konnten und bei der Radtour fuhr ein Kind in einem Anhänger mit … Spiel und Spaß im Haus fanden ganz normal statt, wenn auch manchmal eine kleine Schülerin eine Pause einlegen musste oder wir Lehrer manches Mal Bauchweh hatten, weil besagte Schülerin bei der Fete heftig tanzte oder auch das frühmorgendliche Ritual des Guten-Appetit-Wünschens mit vollem Körpereinsatz gestaltete… Es war eine großartige Fahrt, bei der alle Beteiligten Vieles gelernt haben, v. a., dass die Klasse nur als Team funktioniert, dass ein Umdenken aller Beteiligten gar nicht so schwierig ist und letztendlich eine Bereicherung bedeutet. Renovierung des Tischtennisraums im Schullandheim StR Markus Panhorst Seit dem vergangenen Winter erstrahlt der Tischtennisraum im Langeooger Schullandheim in neuem Glanz. Über mehrere Wochen wurde der Raum umfassend renoviert. Der besondere Dank des Schullandheimvereins gilt Ursula Pasch und Kai Brüchner-Hüttemann für die Planung sowie Achim Boenigk und Ulrich Dresing für unzählige Arbeitsstunden. Das Ergebnis kann sich sehen lassen! Großbritannienfahrt 2013: Eight cities in ten days Cecilia Tenge-Rietberg, Bernadette Böllhoff 7.5.2013, 21 Uhr Bielefeld: Abfahrt: Die letzten Schüler der Englisch- und Geschichts-Leistungskurse sowie des Erdkunde-Grundkurses des Ratsgymnasiums Bielefeld trudeln auf dem Parkplatz des Tierparks ein. Alle sind für eine lange Busfahrt und die folgenden zwei Wochen in verschiedenen Städten Großbritanniens gewappnet. Wir verabschieden uns also für die nächsten zehn Tage von Familie und Freunden und steigen in Peters Bus. Mit dem „Reader“ in der Hand, den unsere begleitenden Lehrer, Frau May und Herr Magofsky, mit viel Mühe zusammengestellt haben, steigt die Vorfreude auf die vielversprechenden Inhalte und die verschiedenen Zielorte der Kursfahrt. Es stehen ganze acht Städte auf dem Programm! Es ist übrigens die erste Studien- 36 fahrt des Ratsgymnasiums, welche durch ganz Großbritannien führt. London calling! Nach 12 Stunden Fahrt mit Bus und Fähre erwartet uns ein strammes Programm in der schönen Hauptstadt Englands: London! Zur gleichen Zeit wie die unserer Ankunft spielt sich die traditionelle Eröffnungsfeier des englischen Parlamentes ab, deren Ende wir gerade noch miterleben können. Um noch einen flüchtigen Blick auf die Queen erhaschen zu können, bewegen wir uns also zügig Richtung Westminster, dem Zentrum der englischen Politik. Die Queen bekommen wir zwar nur kurz zu sehen, jedoch sind der Tumult und die Zeremonie der Horse Guards um diese herum mindestens ebenso beeindruckend. Den Rest des Tages erlaufen wir zu Fuß durch den traditionellen Teil Londons, Westminster: Buckingham Palace, Westminster Abbey, the Houses of Parliament. Trafalgar Square, Whitehall werden morgens besichtigt, nachmittags geht es in die National Gallery, in der wir in kleinen Gruppen bedeutende Gemälde studieren und später unseren Mitschülern präsentieren. Am nächsten Tag dreht sich alles um Londons Stadtgeschichte und die ökonomische Entwicklung der Stadt. Zunächst werden alte Sehenswürdigkeiten der City of London, wie z.B. Tower Bridge, Tower of London (s. Foto 1) und das „Monument“ im Gedenken an den großen Brand in London 1666 besichtigt. Unser Weg zur St. Paul's Cathedral führt durch das moderne Business-Viertel, Zentrum des neben New York wichtigsten Banken-, Börsen- und Finanzdienstleistungsplatzes der Welt. Eine kurze Pause nehmen wir zuvor noch im Leadenhall Market. An der berühmten Kathedrale im Stil des Barock angelangt bekommen wir einen Audio-Guide und haben dann reichlich Zeit, uns eine der größten Kirchen Englands genauer anzusehen. Einige Tapfere unter uns klettern sogar die 528 Treppenstufen hoch bis auf den Turm und genießen einen überwältigenden Blick über ganz London! Anschließend geht es natürlich noch weiter in unserem Museumsmarathon: Es steht die Wahl zwischen dem Shakespeare-Museum, um sich vor dem abendlichen Programm mit Englands berühmtesten Dichter des 16. Jahrhunderts ein wenig bekannter zu machen, oder dem British Museum, welches neben dem Tate Modern oder dem National als eines der weltweit wichtigsten kunst- und kulturgeschichtlichen Museen gilt. Gegen neunzehn Uhr besuchen wir als komplette Gruppe das Theaterstück „The Tempest“ von William Shakespeare im Globe Theatre. Als „Groundling“, so nennt man die Besucher mit den traditionellen Stehplätzen direkt vor der Bühne, sind wir unmittelbar in das Theaterstück eingebunden und dürfen miterleben, wie Theater vor vielen Jahrhunderten zu Lebzeiten Shakespeares ablief. Trotz des englischen Wetters im Theater bleibt dies sicherlich als beeindruckend in unserer Erinnerung. Am dritten und letzten Tag in der Hauptstadt widmen wir uns den sozialräumlichen Unterschieden. Nach einem kurzen Aufenthalt am Watney Market in Shadwell, der einen Hinweis auf die Immigration und Armut in der 8 Mio.-Metropole gibt, geht es weiter zu der Isle of Dogs, wo wir das im Zuge der Erweiterung des Bankenviertels revitalisier- 37 te ehemalige Hafen- und Industriegebiet unter die Lupe nehmen. Nachdem wir kurz in Greenwich noch auf dem Nullmeridian, also zugleich in der Ost- und Westhälfte der Weltkugel stehen, haben wir im Zuge des „Monopoly“S p ie ls d ie Möglichkeit, uns eigenständig etwas „umzuschauen“ und uns selbst mit der Stadt vertraut zu machen. Die Aufgabe ist, ein Monopoly-Spielbrett der Stadt London aus den dreißiger Jahren zu aktualisieren, d. h. die verschiedenen Stadtteile und Straßen Londons nach verschiedenen Kriterien zu vergleichen (Wohnungskaufpreis-, -miete, Nutzung, Image etc.) und in eine neue Rangordnung für das Jahr 2013 zu bringen, wenn man so will, ein neues Monopoly zu erstellen. Unsere Gruppe wählt beispielsweise Picadilly Circus und Leicester Square aus, eine sehr belebte, touristische Gegend im Zentrum Londons. Bevor einige abends die Möglichkeit nutzen, das Kunstmuseum Tate Modern zu besichtigen, vergleichen wir anschließend noch kurz die „Ergebnisse“ des Monopoly-Spiels (s. Foto 2). Es hat sich viel getan in London. Zwar sind die Top-Straßen von 1930 auch auf unseren Monopoly-Spielbrett 2013 ganz oben (z. T. mit durchschnittlichen Wohnungskaufpreisen von umgerechnet 15 Mio. €), es sind aber auch einige Straßen aufgewertet worden, andere abgestiegen. Oxford, home of the most prestigious universities in England Am nächsten Tag heißt es Abschied nehmen von London. Auf nach Stratford! Unterwegs legen wir einen Stopp in Oxford ein. Dort verbringen wir zwar nur wenige Stunden, doch mit dem kleinen Stadtrundgang und ein 38 paar Stunden Freizeit, bekommen wir einen runden Eindruck vom englischen Studentenleben. Zwei der Colleges der University of Oxford, das Balliol College und das Christ Church College, schauen wir uns genauer an und erfahren dort mehr, sodass uns zum einen die Historie der Universitäten, zum anderen auch das moderne Studentenleben näher gebracht werden. Stratford Nachdem wir bereits im Shakespeare Globe Theatre einen kleinen Einblick in dessen Werke gewonnen haben, steht nun das Leben des berühmtesten englischen Dichters und Schriftstellers im Fokus unseres Interesses. Wir fahren von Oxford nach Stratford-uponAvon, in ein kleines Youth Hostel etwas außerhalb des Stadtzentrums. Wir alle sind unglaublich angetan von diesem ländlichen Ort und Haus, in dem es sogar eine entzückende Selbstversorgerküche gibt. Einige der Jungs kochen für uns alle Spaghetti und wir lassen den Abend so gemütlich ausklingen. Am nächsten Morgen geht es schon früh ins Zentrum Stratfords, wo wir mithilfe der informativen Referate viel über das Leben in der Elisabethanischen Zeit und über Shakespeares Leben und Schaffen erfahren. Außerdem können wir dessen Taufbecken und Grab in einer kleinen Kirche besichtigen und anschließend auf dem Markt am Fluss Avon bei strahlendem Sonnenschein noch einige „Mitbringsel“ kaufen. Denn es soll auch schon weiter gehen. Next stop: Ex-Industriemetropole Manchester! Wie wir wissen, gilt England in vielen Bereichen der europäischen und globalen Kulur als Vorreiter: nicht nur in der Literatur, wie es das Beispiel Shakespeares zeigt, sondern besonders bei der Industrialisierung des neunzehnten Jahrhunderts. Im riesigen Museum of Science and Industry bekommen wir Einblicke in die verschiedensten Bereiche der englischen Industrialisierung, von der Dampfmaschine und dem mechanischen Webstuhl bis zum Städtebau und dem Abwassersystem. Schottland Edinburgh, Schottland lautet dann auch schon unser nächstes großes Reiseziel. Da- für fahren wir mit dem Bus Richtung Norden und halten aufgrund der längeren Anreise an verschiedenen Orten. Gretna Green ist der erste „Kurzstopp“. Ein Ort, der früher für Liebespaare eine große Bedeutung hatte. Dort, unmittelbar hinter der Grenze zu England durfte man sich schon im Alter von nur sechzehn Jahren verloben, was unzählige Paare in den Ort zog. Noch heute kommen etliche von älteren Ehepaaren dorthin zum Lunch oder Tea und erinnern sich an ihre Jugend. Danach machen wir Halt in New Lanark. Wir sehen uns die ehemalige Baumwollfabrik und Mustersiedlung aus der Zeit der Industrialisierung an, die im Sozialbereich als Vorreiter in Bezug auf Bildung, hygienische Versorgung und Arbeiterrechte gilt. Als dritter Kurzaufenthalt wird uns in South Queensferry ein wunderschöner Ausblick auf den sogenannten „Firth of Forth“ und die beiden „Forth Bridges“ geboten. Als wir in der Hauptstadt Schottlands ankommen, geht es auch gleich an die Spitze: Wir wollen die letzten Stunden des Tages nutzen, um 250 m hoch zum „Arthur´s Seat“ hinauf zu wandern. Dort erwartet uns ein atemberaubender Ausblick über die gesamte Stadt. Wir genießen die typisch schottische Landschaft innerhalb der bedeutenden und wahnsinnig beeindruckenden mittelalterlichen Stadt Edinburgh. Die Vorfreude auf die nächsten drei Tage steigt! Am nächsten Morgen steht ein geführter Stadtrundgang an. Mit unserem sehr sympathischen Guide, James, vergehen die knappen drei Stunden wie im Flug – in einer kurzen Tour durch ganz Edinburgh lernen wir sowohl die wichtigsten „Landmarks“ als auch kleinere Ecken Edinburghs kennen. James erzählt mittelalterliche Schauergeschichten und zeigt uns, wo und wie die Leute damals lebten. In unserer Freizeit bieten uns die Lehrer erneut eine Möglichkeit, zwischen zwei Programmpunkten zu wählen, wie dem Besuch des Edinburgh Castle und einem literarischen Museum, das die berühmtesten Schriftsteller Schottlands vorstellt. Einer dieser Schriftsteller ist zum Beispiel Sir Walter Scott, dessen ehemaliges Ferienhaus/ Museum wir auf einer der weiteren Reisen als Zwischenstopp in Melrose besichtigen. Roman Fort, Hadrian´s Wall Auf dem Weg nach Durham halten wir beim Housesteads Roman Fort, Überreste des römischen Hadrianswalles. Wir lernen im anliegenden Museum und durch die Vorträge unserer Begleiter viel über die britische Insel im Imperium Romanum. Leider kann man nicht grade von gutem Wetter dort sprechen... Es regnet in Strömen – so richtig „englisch“ eben! Durham und York Die Geschichte Durhams und die romanischen Kirche mit ihren architekturgeschichtlichen Besonderheiten werden uns durch einen Kirchgang und Vorträge der begleitenden Lehrer nahe gebracht. Unser nächstes und letztes Reiseziel gilt als Zentrum des englischen Mittelalters und heutzutage als eine der schönsten Städte Englands. Dort beschäftigen wir uns nach einem kleinen Stadtrundgang in selbstständigen Gruppen im York Minster, einer der größten und beeindruckendsten gotischen Kirchen in Nord-Europa. Eins müssen wir unseren Lehrern lassen: Wir können nun endlich von uns selbst stolz behaupten, dass wir die verschiedensten Baustile der englischen Architektur beherrschen. Amsterdam Mit der Nachtfähre setzen wir abends nach Holland über. Als weiterer Bonus unserer Fahrt wird uns die Möglichkeit eines Kurzausfluges nach Amsterdam als Abschluss unserer Exkursion geboten. Wir verbringen den restlichen Morgen zwischen wunderschönen Grachten und kleinen Cafés. Eight cities in ten days... Es erscheint uns allen fast unglaublich, wie viele Orte wir in dieser kurzen Zeit besichtigt haben - London, Oxford, Stratford, Manchester, Edinburgh, York, Durham und natürlich viele andere kleinere Städte. Sicherlich waren einzelne Städte für den einen oder anderen interessanter oder attraktiver, doch als Schüler erhielten wir so eine Art Gesamtbild Großbritanniens und schnappten gleichzeitig kleine Einblicke in das typisch englische Leben auf. 39 Trotz der generalisierenden Feststellung, dass der Regen „das Leitmotiv“ der Exkursion war, bleiben Erinnerungen an wunderschöne Landschaften und beeindruckende Städte mit enormer Geschichte übrig. Die informativen Referate unserer Mitschüler, die intensive Vorbereitung von Frau May und Herrn Magofsky, sowohl vor, während und nach der Fahrt, sowie das Interesse aller Mitfahrenden ermöglichten uns, die Kultur und Geschichte des Landes, in gleicher Weise aber auch die Mentalität der Menschen kennen zu lernen. Sowohl diejenigen, die schon einmal in Großbritannien waren, aber auch die, die das erste Mal Großbritannien besuchten, waren gut in das Programm eingebunden. Es gab zum einen „touristische“ Programmpunkte, doch zum anderen genossen wir auch die Freiheiten, jene Sehenswürdigkeiten oder Orte zu besuchen, die uns ganz individuell interessierten. Diese kulturelle Freiheit, namentlich die englische und schottische Kultur so zu erleben, wie wir wollten, war uns mit dem Rahmenprogramm möglich. Natürlich hatten die Lehrer es nicht immer leicht mit uns! Denn bei so viel Programm war auch die eine oder andere Beschwerde zu hören. So sind wir launischen Jugendlichen eben! Im Rückblick ist dennoch zu sagen, dass wir alle froh und stolz behaupten können, einen Einblick in die englische und schottische Kultur und Geschichte gewonnen zu haben. Acht (Groß-) Städte in zehn Tagen? Empfehlenswert – doch gerne noch ein wenig länger. Anmerkung der begleitenden Lehrer Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen Schülern noch einmal ganz herzlich für die Fahrt sowie den im Anschluss an die Reise mit großer Mühe erstellten Bildband bedanken, der uns ein bleibendes Andenken an diese Studienfahrt sein wird: VIELEN DANK! Reisetagebuch der Studienfahrt nach Italien 27. 09.2012 – 8.10.2012 Viktoria Peter, Tim-Niklas Brilka Auch in diesem Jahr fuhr ganz traditionell der Leistungskurs Latein unter der Leitung Frau Krügers mit der Unterstützung der Geschichtsgrundkurse Herrn Magofskys nach Italien. Im Gegensatz zu den bisherigen Fahrten fuhren wir neben Rom, Paestum, Pompeji und Neapel auch einige der schönsten Städte Italiens an wie Verona, Siena und Florenz. Nachdem wir Schüler in den Wochen vor der Abreise viele Referate und die Lehrer ihrerseits das vielseitige Programm erarbeitet hatten, stellte Herr Magofsky einen „Reader“ aus den jeweiligen Resultaten zusammen, der wohlgemerkt stolze zweihundertsechsundsiebzig Seiten umfasste. Dieser beinhaltete die Historie der jeweiligen Städte sowie Informationen über die signifikantesten Gebäude, Plätze und Museen und die unterschiedlichen geographischen Lagen und deren Auswirkungen auf Wirt- 40 schaft sowie Populationen der Städte. Wir waren also bestens vorbereitet und freuten uns auf sonnige Tage im schönen Italien. Am 27. September fuhren wir dann um 21 Uhr von der Kunsthalle aus mit reichlich Proviant versorgt in einem komfortablen Bus los. Unser erster Halt, nach 12 Stunden Fahrt, war Verona. An der Arena der Stadt angekommen, ereilte uns bereits der erste Lehrervortrag seitens Herrn Magofskys. Darauf folgten kurze Besichtigungen der „Piazza Bra“ und der „Piazza dell’ Erbe“ sowie des Balkons aus „Romeo und Julia“. Schon am Mittag desselben Tages ging unsere Reise weiter nach Rom, wo wir gegen Abend ankamen. „Casa La Salle“ hieß das Hotel, das unsere Unterkunft für die nächsten fünf Tage sein sollte. Das Hotel war ein wenig außerhalb der Innenstadt Roms gelegen, jedoch gab es eine Metrostation in unmittelbarer Nähe, mithilfe derer wir al- les sehr gut und auch problemlos erreichen konnten. Da das geplante Programm für den 28. September, trotz später Stunde, nicht vernachlässigt werden durfte, zeigten uns Herr Magofsky und Frau Krüger wenigstens noch den Tiber und das an diesem außerhalb der historischen Altstadt gelegene Stadtviertel Trastevere. Trastevere, das in der Antike kleine Leute und Einwanderer aus dem Osten des Reiches beherbergte, ist heute durch seine schönen Bars und Restaurants in den restaurierten Gebäuden zu einem beliebten abendlichen Treffpunkt geworden. Auch wir genossen dort unser erstes, typisch italienisches Abendessen. Pizza, Pasta und alles, was dazu gehört, durften dabei natürlich nicht fehlen. „Rom – Hauptstadt der Welt und ewige Stadt?“ – Dies sollte eine der Leitfragen sein, die uns auf unserem Weg durch Rom begleiten sollte. „Roma ab urbe condita“ (nach dem Werk des röm. Historiographen Livius), Rom von seiner Stadtgründung an, – von seinem Mythos bis hin zur Gegenwart – galt es zu besichtigen und zu untersuchen. Bei schönstem Wetter standen dazu in den nächsten Tagen u. a. die Besichtigungen des Piazza Giuseppe Garibaldi, des Kapitolshügels mit dem berühmten Forum Romanum sowie den Kaiserforen, des Pantheons und des Collosseo an. Auch haben wir uns die „Ara Pacis“, die „Fontana di Trevi“, die „Piazza di Spagna“ und das gigantische Nationaldenkmal Roms angeschaut. Die Plätze und Brunnen der Stadt zogen sich wie ein roter Faden durch Geschichte, Gegenwart und Zukunft Roms als „Caput Mundi“. Außerdem erschloss sich uns durch die genannten Besichtigungen die politische und kulturelle Geschichte Roms und wir verfolgten die Entwicklung des ehemaligen Dorfes am Tiber zur Hauptstadt der Welt. Außerhalb der Stadtmauern Roms besichtigten wir im Hinblick auf die Reichs- und Kirchengeschichte Roms die Kirchen „San Giovanni In Laterano“ und die „Catacombe San Callista“, in deren Anschluss einige Abenteuerlustige von uns in strömendem Regen die „Via Appia“ – älteste und aus der Antike erhaltene Straße Roms, begingen, um der Kultur- und Alltagsgeschichte Roms vielleicht ein wenig näher zu kommen. Einen Höhepunkt unseres Aufenthaltes in Rom bildete der Besuch der Vatikanischen Museen und des Petersdoms. Nach fünf anstrengenden, interessanten und äußerst lehrreichen Tagen in Rom, machten wir uns gespannt auf nach Paestum, das, durch seine Lage an der Amalfiküste, in dem ein oder anderen die Hoffnung auf Erholung weckte. Paestum gehört zu Großgriechenland in Süditalien. Unter dem Namen „Poseidonia“ wurde die Stadt etwa 600 v. Chr. von den Griechen gegründet und um 273 v. Chr. wurde sie zu einer römischen Kolonie. In dem Hotel „Villa Rita“ angekommen, erwartete uns noch zu später Stunde ein geschmackvolles Abendessen im schönen Speisesaal. Wir fielen erschöpft von der doch sehr langen Reise in unsere Betten und ersehnten den versprochenen Tag am Strande Paestums. Am nächsten Tag ging es aber doch erst einmal zu der eindrucksvollen Ausgrabungsstätte der antiken Stadt. Schon von weitem erstreckten sich die besonders gut erhaltenen Tempel der Hera, des Poseidon und der Athene oder der Ceres (es ist unklar, wem der beiden der Tempel damals gebührte) vor uns. Auf der Stätte waren unter anderem ein Privathaus, ein Schwimmbad, ein Forum und ein Amphitheater und ein Theater zu besichtigen. Im Anschluss besuchten wir das an die Stätte angrenzende Museum, um uns die dort gefundenen archäologischen Exponate anzuschauen. Besondere Aufmerksamkeit erregte die aufwändig bemalte Steinplatte der Decke des Tauchergrabes. Nach dem Museumsbesuch verwirklichte sich der versprochene Strandtag. Es wurde sich schnellstens strandfertig gemacht und wir liefen gemeinsam zum Strand. Bei Meeresrauschen, sanften musischen Klängen, Sonne und viel Gelächter genossen wir den wohlverdienten und, wie gesagt, lang ersehnten Nachmittag. Einen schönen und gemütlichen Abschluss des Tages bildete ein Abendessen unter uns Schülern in einem strandnahen Restaurant des Örtchens. Am folgenden Tag nahmen wir das Programm routinemäßig wieder auf und fuhren ins nahe Pompeji. Pompeji war eine ehemalige römische Kolonie, wurde bei dem Vul- 41 kanausbruch des Vesuvs 79 n. Chr. zerstört, erst im 18. Jahrhundert erneut entdeckt und ausgegraben. Beim Durchlaufen der alten Straßen erkundeten wir viele antike Privathäuser, eine imposante Therme, ein riesiges Forum und große Theater und bekamen so einen Einblick in das Leben der alten Römer in Pompeji. Als äußerst interessant erachteten wir die vom Vesuv verschütteten Personen, die durch Kalkgestein und unter Luftabschluss konserviert blieben und später ausgegraben wurden. Einen rahmenden Abschluss des Tagesprogramms bildete der Besuch des archäologischen Nationalmuseums in Neapel. Dort schauten wir uns, neben vielen anderen, Fundstücke aus Pompeji an. Am Samstag, dem 6. Oktober, fuhren wir von Paestum aus nach Siena – die Stadt, die als Paradebeispiel für mittelalterliche Gotik in Italien gilt. In der historischen Altstadt, die seit 1995 zum UNESCO– Welterbe gehört, betrachteten wir die Piazza del Campo, die als einer der schönsten Plätze der Welt gehandelt wird, das Rathaus und den weiß-schwarzen Dom. Von Siena aus ging es dann noch am selben Tag in die wunderschöne Renaissancestadt Florenz. Nach Ankunft bezog man rasch die Zimmer in unserer Unterkunft und machte sich danach direkt auf in Richtung Zentrum, um einen ersten Eindruck über die Handels- und Finanzmetropole des 15. und 16. Jahrhunderts, in der Persönlichkeiten wie z. B. Leonardo da Vinci, Michelangelo, Galileo Galilei und die mächtige Dynastie der Familie Medici lebten, zu gewinnen. Wir bekamen Freizeit und einige von uns aßen miteinander zu Abend und kehrten danach ins Hotel zurück, andere erkundeten noch das nächtliche Leben der Stadt. Am nächsten Tag standen wir schon sehr früh auf, weil wir vor der Abreise nach Deutschland noch einiges in Florenz sehen wollten. Beim Frühstück stellte sich heraus, dass wir das Hotel zusammen mit einer Gruppe von evangelischen Pfarrern bezogen hatten, die unsere nächtlichen Aktionen 42 nicht so amüsant zu finden schienen wie wir. Auf dem Tagesplan für den 7. Oktober standen zu allererst die Uffizien, die zu der Zeit der Medici als Verwaltungsgebäude für das Großherzogtum Toskana entstanden waren. Heutzutage stellen sie eines der weltweit bedeutendsten Museen für klassische Kunst, insbesondere der italienischen Malerei dar. Ob der Beliebtheit dieses Museums, standen bereits viele Menschen dort an, als wir ankamen. Frau Krüger ließ ihren Charme spielen und wir bekamen freien Eintritt. So schritten wir an den langen Warteschlangen vorbei. Danach gingen wir auf die anliegende Piazza della Signoria; der Platz der Signori, der höchsten Beamten der Republik Florenz. Dort konnten wir nicht nur den Palazzo Vecchio bestaunen, der seit 1872 wieder als Rathaus und Sitz der Kommunalregierung dient, sondern auch imposante Statuen, unter denen ein originalgetreuer Nachbau des „David“ Michelangelos war. Im Anschluss daran trafen wir uns nach einem kleinen Imbiss an dem Platz, auf dem das nach Stil der Protorenrenaissance errichtete Baptisterium „San Giovanni“ steht, dessen Bau circa in der Mitte des 12. Jahrhunderts abgeschlossen wurde, und dem romanisch-gotischen Dom „Santa Maria del Fiore“, der vom 12.-14. Jahrhundert gebaut und von Filippo Brunelleschi mit einer eindrucksvollen Kuppel versehen wurde. Nach deren Besichtigung machten wir uns in kleinen Gruppen auf, um den Rest der Stadt mit all seinen Sehenswürdigkeiten und Attraktionen, wie zum Beispiel dem Ponte Vecchio und seine unzähligen Lädchen für Goldschmuck jedweder Art, selbstständig zu erkunden. Gegen 18 Uhr versammelten wir uns mitsamt unserem alten und neu erstandenen Hab und Gut und stiegen in unseren Bus, der uns nun wieder nach Deutschland bringen sollte. Gegen Mittag des 8. Oktobers kamen wir schließlich erschöpft aber um einiges schlauer in Bielefeld an und wurden von unseren Familien freudig in Empfang genommen. Studienfahrt zur Isola del Giglio Marie-Luise Rottmann, Abi 2013 Nach einer langen und nervenauftreibenden Nacht in unserem dafür umso komfortableren Reisebus, erfreuten wir uns schon bei unserer ersten Pause in Italien an einem frischen Cappuccino und sommerlichen Temperaturen. Auch das Bild der Landschaft aus den Fenstern hatte sich verändert: immer öfter fuhren wir an Weingärten und Olivenbäumen vorbei und voller Vorfreude erreichten wir schließen gegen Mittag den Hafen Porto Sanct Stefano. Die Überfahrt war mit einem solch enormen Seegang verbunden, dass wir bald erfuhren, was es hieß, wirklich seekrank zu sein. Doch die Übelkeit war bald vergessen, als wir kurz vor dem Erreichen der toskanischen Insel auf die havarierte Costa Concordia trafen, die uns den Atem stocken ließ. Dass das Schiffsunglück immense Folgen für das Ökosystem der Insel mit einem möglichen Auslaufen der Öltanker hätte haben können, wurde uns während unserer Unterrichtsstunden im Institut für Meeresbiologie umso deutlicher. Der Ort Campese mit seinem traditionellen italienischen Charme sollte nun für die folgende Woche unser neues Zuhause sein. Schnell waren wir mit dem heimischen Supermarkt „Fortuna“ vertraut und erkannten die Vorzüge der Strandbar mit ihrem Kaffee und den köstlichen Paninis. Auch arrangierten wir uns mit unseren zugeteilten Appartements, die sogar teilweise mit Meerblick ausgestattet waren. Während der vier spannenden Unterrichtsreihen weckte „Nico“ unser Interesse für das Ökosystem Mittelmeer. An unterschiedlichen Tagen untersuchten wir Organismen aus den Lebensräumen des Sandbodens, der Seegraswiese, des Weich-und Hartbodens und schließlich auch des Freiwasserkörpers. Nach kurzer Anweisung bestimmten wir Stamm, Klasse, Art, Symmetrie, Ernährung, Fortbewegung, Schutz und Fortpflanzung des roten Seesterns (Echinaster sepositus) und unzähliger weiterer Pflanzen und Tiere, wie der Herkuleskeule, der Pfennigalge und der Rasenkoralle. Begeisterung weckte auch die unglaubliche Vielfalt der Mikroorganismen des Freiwasserkörpers, vor allem das Zooplankton mit seinen unzähligen Individuen. Um die sommerlichen Temperaturen und das mediterrane Klima unseres Aufenthalts zu nutzen, unternahmen wir schon am Vormittag Expeditionen zu besonders einzigartigen Buchten der Insel. Unter der Führung Herrn Bökamps nahmen wir riskante Wege über steile Felshänge auf uns und drangen in die Tiefen der Flora und Fauna des toskanischen Archipels ein, um schließlich von einer atemberaubenden Aussicht auf das Mittelmeer überwältigt zu werden, geheime „Meeresschätze“ wie das glitzernde Katengold zu finden und mit Schnorchel und Flossen in die Unterwasserwelt der Insel einzutauchen. Am Wegesrand trafen wir nicht nur auf die für Giglios Flora typischen Mastixsträuche und Korkeichen, sondern auch auf duftenden und wilden Meerfenchel und Rosmarin, mit dem wir unsere abendliche Pasta verfeinerten. Die im Unterricht bestimmten und untersuchten Organismen erkannten wir bei unseren gemeinsamen Schnorcheltouren wieder: Steckmuscheln, Seegraswiesen und Fischschwärme, aber auch mit Moostieren, Algen und Schwämmen dicht bewachsene Felswände. Doch die geheimen Aufenthaltsorte der Schlangensterne, Seegurken und Seesterne entdeckten wir erst während der einstündigen Schnorcheltour mit Mitarbeitern des Instituts für Meeresbiologie Nicht selten kamen wir auch abends noch einmal zusammen und ließen den gelungenen Tag gemeinsam ausklingen. Für den Grillabend bewies jedes Appartement mehr oder weniger kulinarische Begabung und Begeisterung bei der Zubereitung einer Beilage für das frische Grillgut aus Castello, das Herr Bökamp zuvor mit fachmännischer Kenntnis beschafft hatte. Bei Kerzenschein, dem Duft rauchig gebratener Steaks und sonnengereifter Tomaten kam bald familiäre Stimmung auf. Wenn nicht, um zu grillen, dann traf sich die Gruppe auf den Fel- 43 sen vor dem „Torre“ der Bucht, um in der unter-gehenden Sonne italienische Pizza zu genießen. Nach einer von zahlreichen und einzigartigen Erlebnissen geprägten Woche verließen wir am Samstag die Isola del Giglio, um unsere Studienfahrt nach Rom fortzusetzen. Schon am frühen Nachmittag fanden wir uns in der überwältigenden Metropole wieder, die uns durch ihre kulturelle Geschichte faszinierte. An den Wechsel von der Ruhe und Beschaulichkeit Giglios zu der überfüllten Hektik der Großstadt mussten wir uns jedoch erst einmal gewöhnen. Unser Hotel „Beautiful“ bestach durch seine zentrale Lage direkt an dem Hauptbahnhof Roms, den zahlreiche Buslinien und das U-Bahn-Netz passierten. Während unseres Aufenthalts besichtigten wir bedeutende Monumente, wie das Forum Romanum, das Colosseum und den Petersdom. In unserer individuell gestaltbaren Freizeit begaben wir uns selbstständig auf die Spuren des alten Roms und suchten unter anderem die spanische Treppe, den Trevibrunnen und das Pantheon auf. Doch das war nicht alles, was uns von der eindrucksvollen Stadt in Erinnerung bleiben würde: in der Gelateria „DELLA PALMA“ konnten wir uns zwischen 150 Eissorten und anderen Leckereien entscheiden, im Stadtteil „Trastevere“ fanden wir uns in einem Paradis zahlreicher Restaurants, Bars und Cafés wieder und während der „Rush-Hour“ drängten wir uns mit unzähligen Einheimischen und Touristen durch das U-Bahn-Netz der Stadt. Unsere Studienfahrt nahm nach zehn wundervollen Tagen langsam ein Ende und wir begaben uns erschöpft auf den Heimweg. An dieser Stelle gilt es Dank zu sagen an Frau Reinhold, Frau Wagner-Storz und Herrn Bökamp, die durch ihre Organisation und ihr Engagement dazu beigetragen haben, dass unsere Studienfahrt nach Giglio noch lange Zeit in lebendiger Erinnerung bleiben wird. In 99 Stunden durch Berlin – die Studienfahrt nach Berlin – 30. 01. – 03.02.2013 Jan Beutler, Q2 Es gibt auf der Welt nur wenige Städte, in deren Geschichte sich zugleich auch die Geschichte des Landes widerspiegelt, in der sie sich befindet. Berlin ist zweifellos eine solche Stadt. Angefangen mit der Märzrevolution 1848, in der die Bevölkerung ihren Willen zur Freiheit und nationalen Einheit kundgetan hat, über zwei Weltkriege, die das Gesicht Berlins, Deutschlands und Europas verändert haben, und eine 28 Jahre lange Teilung durch eine Mauer bis hin zur Wiedervereinigung im Oktober 1990, war Berlin Drehund Angelpunkt des politischen sowie gesellschaftlichen Lebens. Auf Grund dieser vielfältigen Geschichte ist diese Stadt immer das Ziel der historischen Studienfahrt der Oberprima im letzten Schuljahr. Anders als bei den Studienfahrten im Herbst, fährt bei dieser Exkursion die ganze Stufe 44 mit. In den letzten Jahren betrug die Anzahl der Schülerinnen und Schüler immer 60 bis 70, doch da es sich bei diesem Jahrgang um den Doppeljahrgang handelt, fuhren insgesamt 115 Schüler mit. Dies ist und wird noch lange einzigartig bleiben. Auf Grund dieser hohen Zahl von Schülern, fuhren dieses Mal sechs Lehrer/innen mit: Frau Winke und Frau Unverfehrt sowie Herr Altenberend, Herr Graeser, Herr Gerwin und Herr Magofsky. Mit einem Reader und einem straffen Zeitplan im Gepäck fuhr die Gruppe dann am Mittwoch, dem 30. Januar, pünktlich um 15.30 Uhr vom Tierpark Olderdissen mit zwei Bussen los. Schon auf der fünfstündigen Fahrt nach Berlin wurden die Schüler auf die kommenden Tage mit Filmmaterial eingestimmt. Während im einen Bus „Goodbye Lenin“ gezeigt wurde, erfreuten sich die Schüler im anderen Bus an „Deutschland im Die Gruppe auf der Treppe vor Schloss Sanssouci Jahre Null“ von Roberto Rossellini. Vom Tag schon sichtlich ermüdet, traf die Schulgruppe gegen 21 Uhr in Berlin ein und konnte direkt die Zimmer im „gut überwachten“ Hotel in der Nähe des Kurfürstendamms beziehen. Der Abend stand dann zur freien Verfügung und man konnte eine erste kleine Stadtbesichtigung machen, um danach in einer der vielen Bars und Kneipen den Tag ausklingen zu lassen. Am nächsten Tag stand um 8.30 Uhr der erste Programmpunkt auf dem Plan und bei einem Blick auf eben diesen wurde erkennbar, dass schon der erste Tag ein langer und anstrengender werden sollte. Da der Besuch von Gebäuden, Museen und Gedenkstätten mit 115 Personen gleichzeitig nicht möglich ist, unternahmen die beiden Gruppen an zwei Tagen unterschiedliche Aktivitäten. An diesem Vormittag war für den einen Teil der Stufe unter anderem ein Besuch im Reichstag vorgesehen, der andere Teil behandelte zunächst den Themenbereich des Nationalsozialismus. So begann meine Gruppe den Tag, der sich vorrangig der Geschichte Berlins sowie der Symbolik ihrer Wahrzeichen widmen sollte, im Nikolaiviertel, um von dort am Stadtschloss, welches sich noch im Wiederaufbau befindet, und am Balkon, von dem aus Karl Liebknecht am 9. November 1918 die Räterepublik ausgerufen hat, vorbei zum Bebelplatz zu gehen. Auf diesem fanden im Mai 1933 die von den Nationalsozialisten inszenierten Bücherverbrennungen statt. Nachdem dieses Thema an Hand eines Schülervortrags vertieft worden war, brach die Gruppe wieder in Richtung Reichstag auf. Vorbei am Gendarmenmarkt und durch das Brandenburger Tor als deutsches Nationalsymbol trafen wir dann gegen 11.30 Uhr am Reichstagsgebäude ein. Nach der obligatorischen Kontrolle durch die Polizei wurden wir in das Gebäude geführt und zum Fraktionssaal der Partei „Die Grünen“ geleitet, wo schon Frau Britta Haßelmann auf uns zum Gespräch wartete. Als Abgeordnete mit dem Wahlkreis Bielefeld steht Frau Haßelmann schon lange als Gesprächspartnerin für die Jahrgänge des Ratsgymnasiums zur Verfügung. Bei dem einstündigen Gespräch konnte Mann und Frau Fragen zu ihrer politischen Tätigkeit und dem allgemeinen politischen Tagesgeschäft stellen. Der Abschluss des 45 Bundestagsbesuchs wurde von einem gemeinsamen Foto in der von Norman Foster entworfenen Glaskuppel gekrönt. Der andere Teil der Stufe konnte am darauf folgenden Tag noch einer Bundestagssitzung beiwohnen, in der über das NPD-Verbotsverfahren debattiert wurde. Erschöpft vom ersten Teil des Tages wurde die Mittagspause eingeläutet, doch durfte diese auch nicht zu lange währen, da um 15 Uhr der nächste Programmpunkt anstand, nämlich der Besuch des Deutschen Historischen Museums. Gerade für die Schülerinnen und Schüler, die Geschichte als Abiturfach haben, bot die Ausstellung zur Wiederholung einen guten Überblick über die deutsche Geschichte. Nicht nur reichlich Textmaterial, sondern auch viele Gegenstände der damaligen Zeit wie z. B. Wahlplakate und Uniformen oder der auch der sehr große Schreibtisch Adolf Hitlers aus der Neuen Reichskanzlei wurden in der Ausstellung präsentiert. Als die Gruppe dann gegen 17 Uhr im Bus saß und zuschauen konnte, wie der Himmel über Berlin immer dunkler und die Häuser gleichzeitig immer heller wurden, stand noch ein letzter Programmpunkt auf dem Plan, nämlich das Mauer-Panorama am Checkpoint-Charlie. In einer Stahlrotunde erschuf der Künstler Yadegar Asisi ein 900 m2 großes Gemälde, welches die Mauer sowie die anliegenden Häuser in Ost- und Westberlin an einem Herbstabend zeigt. Dies konnte dann der ganze Jahrgang von einem Holzpodest, wie es sie tatsächlich an der Sperranlage gegeben hat, anschauen, während durch die Lautsprecher Walter Ulbricht mit seiner prägnanten Stimme immer und immer wieder verkündete, dass niemand die Absicht habe, eine Mauer zu errichten. Nach dieser Ausstellung war das Programm für den Tag beendet und die Schüler konnten selbst entscheiden, wie sie den Abend verbringen wollten. Gerade in Berlin bieten sich viele Möglichkeiten, das Abendprogramm vielfältig zu gestalten. Vor allem die Bezirke Prenzlauer Berg, Kreuzberg und Friedrichshain haben sich als neue Szeneviertel etabliert und bieten mit ihren vielen Bars und Kneipen gute Möglichkeiten den Abend zu genießen. 46 Am nächsten Tag stand dann für meine Gruppe der Themenbereich des Nationalsozialismus und der Erinnerung an NS-Herrschaft und Holocaust an. Gerade in Berlin kann man die Zeit des Nationalsozialismus an ehemaligen Schauplätzen und Gebäuden gut aufarbeiten. Einer dieser Orte ist das Strafgefängnis Plötzensee, in dem von 1933 bis 1945 insgesamt über 2.891 Menschen hingerichtet worden sind. Auch konnte man sich an diesem Ort ein Bild von der Gedenkkultur der 1950er Jahre machen, die sich deutlich von der heutigen unterscheidet. Als nächstes folgte der Besuch der Gedenkstätte des deutschen Widerstands im Bendlerblock, der heute als Zweitsitz des Verteidigungsministeriums fungiert. Im Innenhof des Gebäudekomplexes wurden am 20. Juli 1944 nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler die Hauptakteure um Claus Schenk Graf von Stauffenberg hingerichtet. Heute erinnern eine Bronzefigur mit gefesselten Händen und eine kleine Dokumentation der Persönlichkeiten an die Hinrichtungen in dem Hof. Im Innern des Gebäudes ist zudem das Thema Widerstand an Hand einer Ausstellung aufbereitet worden, die danach von den Schülern besucht wurde. Da sie jedoch sehr textlastig war und die genaue Struktur nicht klar erkennbar wurde, brach die Gruppe etwas erschöpft vom vielen Lesen zum Potsdamer Platz auf, um dort die Mittagspause zu verbringen. Der Potsdamer Platz ist einer der größten Plätze Berlins, an welchem sich unter anderem das Sony Center befindet, in dem jährlich die Berlinale stattfindet. Nach der einstündigen Pause traf sich die Gruppe vor der Ausstellung „Topographie des Terrors“ in der ehemaligen Prinz-Albrecht-Straße 8, wo sich in der Zeit des Nationalsozialismus u. a. das Hauptquartier der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) befand. Dies ist heute noch an den freigelegten Zellen zu sehen, die sich am Eingang zur Ausstellung befinden. Die Topographie des Terrors, die seit 1987 zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus beiträgt, wurde anschließend von den Schülern besucht. Sie befindet sich seit 2010 in einem Neubau und enthält neben den üblichen Informationstafeln auch viele Dokumente und Video- sowie Audioaufnahmen, so dass ein Ganzheitliche Finanzberatung von MLP – immer alles im Blick. Der unabhängige Partner für die Strategie Ihres Lebens. Dynamische Finanzmärkte, Unsicherheiten in den staatlichen Sicherungssystemen, geänderte Steuerregeln: Jetzt ist der Blick auf Ihre gesamte Finanzsituation notwendig. 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Detlev-RohwedderHauses befindet sich die U-Bahn-Station Mohrenstraße, in die ein kleiner Abstecher gemacht wurde, da in der Station nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges vermutlich der rote Marmor („Saalburger Marmor“) aus Hitlers Neuer Reichskanzlei verbaut worden ist. Am Stelenfeld angekommen, durfte zunächst jeder für sich das von Peter Eisenmann entworfene Denkmal für die ermordeten Juden Europas durchqueren, um dann, der Zufall wollte es so, mit anschauen zu dürfen, wie mit einem Polizeiaufgebot der amerikanische Vize-Präsident Joe Biden zum Eingang der angrenzenden USBotschaft geführt wurde. Nach diesem für Berlin typischen Vorkommnis wurde die unter dem Mahnmal liegende Ausstellung besucht, die sich mit der Thematik des Judenmords im Zweiten Weltkrieg befasst. Nach gut einer Stunde Besichtigung kam die Gruppe wieder aus der Ausstellung heraus und wurde mit dem Bus zum Hotel zurückgefahren, um sich für den anstehenden Konzertbesuch umzuziehen. Denn für den Abend war der Besuch eines Sinfoniekonzerts mit Werken von Franz Schubert in der Komischen Oper vorgesehen, zu der die ganze Stufe gegen halb acht gebracht wurde. Den Schülern wurde danach die Möglichkeit eröffnet, die restliche Nacht individuell zu gestalten oder mit dem Bus ins Hotel zurückzukehren. Da das Tagesprogramm nun schon zwölf Stunden dauerte, kehrte jeder Schüler mit dem Bus ins Hotel zurück. Die Fahrt ging durch das erleuchtete Berlin am Reichstag vorbei hin zum Schloss Bellevue und dann über den Kreisverkehr an der Siegessäule, bis das Hotel erreicht war. Ermüdet vom ganzen Tagesprogramm be- 48 gann dieses Mal schon früh die Nachtruhe und das war auch dringend angeraten, da das Frühstück für den nächsten Tag wieder auf halb acht angesetzt worden war. Der dritte Tag der Studienfahrt stand ganz im Zeichen des Kalten Krieges und der deutschen Teilung, die chronologisch von 1949 bis 1990 an unterschiedlichen Orten untersucht wurde. Der erste zu besuchende Ort war der Flughafen Tempelhof, der heute nicht mehr in Betrieb ist. Er war 1948/49 Dreh- und Angelpunkt der ersten Berlinkrise. Da die Sowjetunion die Zufahrtswege nach Westberlin gesperrt hatte, sahen sich die West-Alliierten unter der Führung der USA zu einer „Luftbrücke“ gezwungen, die die West-Berliner Bevölkerung mit dem Lebensnotwendigsten versorgen sollte. Insgesamt 277.569 Flugzeuge landeten und starteten in der Zeit der Blockade am Flughafen Tempelhof, woran ein Denkmal aus Beton vor dem Gebäude erinnert. Nicht weit von diesem Ort liegt der Treptower Park, der als nächstes angesteuert wurde. Im Treptower Park steht das etwa 10 Hektar große sowjetische Ehrenmal zum Gedenken der toten Soldaten der Roten Armee bei der Einnahme Berlins. Allein die Größe dieses Mahnmals führt die Gigantomanie der sowjetischen Gedenkkultur vor Augen. Da das Wetter in Berlin leider umschlug und es anfing zu regnen, setzte sich die Gruppe wieder in den Bus, um zum ehemaligen Stasigefängnis Hohenschönhausen gebracht zu werden, in dem für 10.30 Uhr eine Führung vorgesehen war. Das Gefängnis, welches auf DDR-Karten nicht verzeichnet und auch für Anwohner unbekannt war, wurde ab 1945 als zentrale Untersuchungshaftanstalt der sowjetischen Geheimpolizei genutzt, bis es 1951 vom Ministerium für Staatssicherheit übernommen wurde. Nach einem 30-minütigen Einführungsfilm wurde die Gruppe geteilt und von jeweils einem Mitarbeiter der Gedenkstätte durch die Räumlichkeiten geführt. Bei diesen Mitarbeitern handelt es sich um ehemalige Inhaftierte, die der Nachwelt ein Bild von der Situation im Gefängnis machen wollen. Der Zeitzeuge, der uns durch die Gedenkstätte führte, war ein sehr offener Mitarbeiter, der uns im typischen Berliner Dialekt auch vieles aus seinem eigenen Leben erzählte. Zunächst informierte er uns über den Aufbau des Gefängnisses und die Unterbringung sowie die Methoden, mit denen die Mitarbeiter der MfS versuchten, ihre Gefangenen zu „zersetzen“. Diese Schilderungen waren sehr gut nachvollziehbar, da man uns auch einen Blick in die Zellen gewährte, in denen man durch viele Methoden (Temperaturveränderungen, Dunkelheit etc.) den Gefangenen mürbe machte. Doch vor allem die Geschichte unseres Leiters hat es der Gruppe angetan, da er erklärte, weshalb er nach Hohenschönhausen gekommen ist, wie es ihm dort ergangen ist und welche Auswirkungen die Gefangennahme auf sein heutiges Leben hat. Am Beispiel dieses Mannes und dieses Ortes wurde allen vor Augen geführt, dass es sich bei der DDR um einen Unrechts- und Unterdrückungsstaat gehandelt hat. Nach diesem ausführlichen Besuch ging es weiter zum Alexanderplatz, um dort die Mittagspause zu verbringen. Auf dem Weg dorthin, fuhr der Bus durch die Karl-MarxAllee (ehemals „Stalin-Allee“) und an Hand der „Arbeiterpaläste“ auf der „Prachtstraße der DDR“ wurde wieder einmal der Hang zur Gigantomanie der Sowjetunion deutlich. Vorbei ging es auch am Café Moskau und der Karl-Marx-Bibliothek, die auch im Film Das Leben der Anderen zu sehen ist. Als die Mittagspause auf dem Alexanderplatz vorbei war, wurden zunächst Referate über die „Stalin-Allee“ und zum Aufstand vom 17. Juni 1953 gehalten. Der 17. Juni, welcher bis 1990 der „Tag der deutschen Einheit“ in der Bundesrepublik war, hat in der DDR-Geschichte eine besondere Bedeutung, da sich bei diesem Volksaufstand zum ersten Mal die Bürger gegen das System öffentlich aufgelehnt haben. Dieser Tag, an dem mit den Füßen abgestimmt worden ist, trug auch zur Entscheidung zum Bau der Mauer 1961 bei. Um diese Mauer ging es im nächsten Programmpunkt am Mauermuseum in der Bernauer Straße, wo bis heute noch ein originaler Teil der Mauer mit Todesstreifen und Wachtürmen zu sehen ist. Bekannt geworden ist die Bernauer Straße dadurch, dass die Wohnhäuser zum Territorium der DDR gehörten, der Gehweg aber zu Westberlin, weshalb es zu Aktionen gekommen ist, in denen Familien aus dem Fenster sprangen, um noch die DDR verlassen zu können. An der Bernauer Straße gibt es zudem noch ein Dokumentationsgebäude, in dem die Geschichte der Mauer dargestellt ist. Ein wichtiger Tag der deutschen Geschichte ist der 9. November 1989, an dem die Mauer „fiel“ und die Menschen der DDR aus ihrem Land ausreisen konnten. Ein Ort, der mit dem Mauerfall am 9. November in Verbindung gebracht wird, ist die Bornholmer Straße, die danach besucht wurde. Der ehemalige Grenzübergang an der Bornholmer Straße war nämlich der erste, der an diesem Tag geöffnet wurde. Auch hier wurden Informationstafeln installiert. Nachdem die Ereignisse des 9. Novembers in den Gruppen besprochen worden waren, stieg die Gruppe wieder in den Bus. Nach kurzer Absprache fuhr man dann nicht zum Hotel zurück, sondern noch zum Schloss Schönhausen im Bezirk Pankow. Das 1664 erbaute Schloss diente von 1949-1960 Wilhelm Pieck, dem Präsidenten der DDR, als Amtssitz und wurde nach dessen Tod zum Gästehaus der DDR umfunktioniert. Ho Chi Minh, Fidel Castro und Michail Gorbatschow zählten zu den Gästen dieses Hauses. Mit diesem Programmpunkt endete dann der Tag. Der letzte Abend einer Studienfahrt für die Schülerinnen und Schüler hatte begonnen, was bis in die frühen Morgenstunden ausgekostet wurde. Recht müde begann am Sonntag der letzte Tag der Studienfahrt. Dieses Mal ging es nach Potsdam, der Landeshauptstadt Brandenburgs. Zunächst wurde zum Schloss Cecilienhof gefahren, in dem im Juli und August 1945 die Potsdamer Konferenz stattfand, auf welcher Winston Churchill (später Clement Attlee), Harry S. Truman und Josef Stalin über ihr weiteres Vorgehen in Deutschland und Europa berieten. Leider war es nicht möglich, in das Gebäudeinnere zu gelangen, wo der runde Tisch der Konferenzteilnehmer zu sehen ist, doch genügte ein kurzer Sparziergang durch den anliegenden Park. Vom Heiligen See, in dessen Nähe sich der Hof befindet, fuhren wir dann in das Stadtzentrum. Dort wurde u. a. der „Tag von Potsdam“ besprochen, an welchem es zu dem berühmten Händedruck von Hitler 49 und Hindenburg kam. Danach konnten die Schülerinnen und Schüler die restliche Innenstadt in kleineren Gruppen erkunden, z. B. die Garnisonkirche oder das Holländische Viertel. Es war auffallend, dass in Potsdam viel renoviert und restauriert wird, so wird beispielsweise das Potsdamer Stadtschloss wieder aufgebaut, in das nach seiner Fertigstellung der brandenburgische Landtag einziehen wird. Die letzten Sehenswürdigkeiten dieses Tages und der ganzen Studienfahrt war Schloss Sanssouci, die persönliche Sommerresidenz Friedrichs II. sowie das Neue Palais. Von dort aus besuchten wir das Grabmal Friedrichs des Großen, auf dem immer Kartoffeln zu finden sind, da er seinen Bauern befohlen hatte, Kartoffeln für die Zeiten des Krieges und der Not anzupflanzen, was dem Großteil der Bevölkerung das Überleben gesichert hat. Über die großen Treppenanlagen ging es weiter zum Neuen Palais, was einen 20-minütigen Spaziergang bedeutete. Im Gegensatz zum Schloss Sanssouci handelt es sich beim Neuen Palais um ein Repräsentationsgebäude, was sich an der Größe und Verzierung erkennen lässt. Doch auch hier hat Friedrich II. sparen lassen, und die Steine des Gemäuers sind zum größten Teil aufgemalt. Mit diesem Spaziergang endete dann endgültig die Studienfahrt und alle Schülerinnen und Schüler waren froh, im Bus zu sitzen und sich von den anstrengenden Tagen auf der Heimfahrt zu erholen. Als beide Busse um 18.30 Uhr den Parkplatz des Tierparks Olderdissen erreichten, waren genau 99 Stunden seit der Abfahrt von diesem Ort vergangen. In diesen Stunden hat jede Schülerin und jeder Schüler sehr viel gesehen und vielfältige Eindrücke von Berlin und Potsdam mitgenommen. Das gute Gelingen dieser Fahrt ist den eingangs erwähnten sechs Lehrern zu verdanken, die schon ein halbes Jahr zuvor mit der Planung begonnen hatten, zumal es sich mit 115 Schülern um die bis dahin größte Studienfahrt in der 455jährigen Geschichte des Ratsgymnasiums gehandelt hat. Aber nicht nur die Größe der Gruppe hat diese Fahrt einzigartig gemacht. Für diese unvergessenen 99 Stunden sei im Namen aller Schülerinnen und Schüler gedankt. Eine besondere Freundschaft Elena Rempe, 10/EP Neun Schüler des Ratsgymnasiums nahmen in diesem Jahr am Schüleraustausch mit der südfranzösischen Stadt Gap teil. Vom 3. bis 13.Februar 2013 besuchten uns die französischen Schüler des Lycée Dominique Villars in Bielefeld. Als die französischen Schüler am Morgen in Lyon losflogen, waren wir alle sehr aufgeregt und gespannt auf unsere "correspondant/e", mit denen wir zuvor schon über E-Mail und Facebook Kontakt aufgenommen hatten. Auch die französischen Schüler waren sehr nervös, als sie von uns und unseren Familien abends am Hauptbahnhof begrüßt wurden. Das erste Wochenende verbrachte jeder mit der Familie. Es wurde nach anfänglichen 50 leichten Sprachproblemen viel geredet. Interessen wurden ausgetauscht und es wurden auch schon erste Ausflüge gemacht. Am Montagmorgen stand erstmal ein gemeinsames Frühstück auf dem Programm. Deutsche und Franzosen tauschten sich über ihre ersten Erfahrungen aus. Anschließend wurden die französischen Schüler von Herrn Nolting durch die Schule geführt. Nun waren die Unterrichtshospitationen an der Reihe. Von so manchem Lehrer, der sich noch an alte Französischlektionen erinnerte, wurden die Schüler mit einem fröhlichen „Bonjour!“ begrüßt. In den folgenden Tagen waren weitere Aktivitäten, wie eine Stadtralley, eine Führung durch die alte Schulbibliothek sowie eine Die ganze Gruppe bei ihrer Sparrenburgbesichtigung. Führung durch Bethel geplant. Nach dem Unterricht fand man sich in Gruppen zusammen, um gemeinsam an der Präsentation für das Projekt „Le monde des jeunes en France et en Allemagne“ zu arbeiten. Abends trafen wir uns, um zusammen Bowlen oder Essen zu gehen. Besondere Begeisterung löste die französische Führung durch die Dr. Oetker Welt inklusive Verköstigung aus. Die Präsentation des Projektes fand in der Aula des Ratsgymnasiums statt. Die verschiedenen Gruppen hatten jeweils Vorträge über die Themen Schule, Musik, Sport und Elysée-Vertrag vorbereitet. Auf Schlössern verewigten sich die Partnerschüler. Der Hip-Hop-Workshop, in der Tanzschule DansArt löste große Begeisterung aus. Neben der täglichen Arbeit am Projekt und den Unterrichthospitationen stand auch noch ein Ausflug zur Sparrenburg auf dem Programm, wo wir als Erinnerung an den Schüleraustausch Schlösser mit unseren Namen an das Metallgitter anbrachten. Außerdem nahm die Gruppe an einem Hip-Hop-Workshop in der Tanzschule DansArt teil, wo wir uns unter der Leitung von Tanzlehrer Dhélé Agbetou einige Hip-Hop-Moves aneigneten. Als Überraschungsgast stürmte anschließend Tanzlehrer Dhélé die Bühne und führte mit allen gemeinsam den zuvor erlernten Tanz auf. Das lange Wochenende wurde für verschiedene Aktionen wie Kinogänge, Karnevalspartys und Ausflüge in die Region genutzt. Am vorletzten Tag besuchten die Teilnehmer Dortmund. Dort besichtigten wir das berühmte Dortmunder U und gingen nachher 51 in der Thier-Galerie einkaufen, was besonders die Schülerinnen freute. Der Abschied fiel allen sehr schwer. Zahlreiche Freundschaften waren entstanden und auch die Sprachbarriere wurde mit einer Mischung aus Deutsch und Französisch erfolgreich überwunden. Man freut sich auch schon auf den Mai, wenn die deutschen Schüler nach Frankreich kommen und den dortigen Alltag miterleben werden. Für alle Teilnehmer hat sich dieser Austausch in jeder Hinsicht gelohnt. Dies ist nur ein weiterer Beweis für die Existenz der einmaligen deutsch-französischen Freundschaft. Das französische Sprachdiplom DELF (Diplôme d’Etudes en Langue Française) am Ratsgymnasium OStR’ Dr. Marli Schütze Partenaires un jour, partenaires toujours! Mit diesem Bekenntnis zur deutsch-französischen Freundschaft wurde in diesem Jahr die erfolgreiche Umsetzung der Ziele des Elysée-Vertrages aus dem Jahr 1963 ins Bewusstsein gerückt. Vor 50 Jahren unterzeichneten Charles de Gaulle und Konrad Adenauer einen Freundschaftsvertrag, der nicht nur auf kontinuierliche politische Zusammenarbeit auf allen Ebenen abzielte, sondern auch den kulturellen Austausch sowie die Förderung der Vermittlung der Sprachen unseres Tandems planvoll in den Blick nahm. Ein halbes Jahrhundert später, in globalisierten Zeiten, machen die Sprachen Englisch und Spanisch dem Französischen vielerorts das schulische Leben schwer. Umso glücklicher sind wir am Ratsgymnasium über konstant hohe Anwahlzahlen für die Differenzierungskurse unserer Untertertien. In Kooperation mit dem Waldhof führen wir den Unterricht in der Oberstufe im Grundund Leistungskursbereich weiter. Das französische Sprachdiplom DELF hat sich in diesem Zusammenhang als äußerst wertvoller Motivationsfaktor erwiesen. Seit 2005 führt das Institut Français in Zusammenarbeit mit den Schulen Prüfungen zum Erwerb von französischen Sprachdiplomen durch, die den unterschiedlichen Niveaus des europäischen Referenzrahmens (A1 – C2) angepasst sind. Seit 2004 bereiten wir auf die schriftlichen und mündlichen Prü- 52 fungen in den Niveaus A1 (UIII), B1 (EF) und B2 (Q1, Q2) vor. In einer zusätzlichen Wochenstunde werden die Schülerinnen und Schüler mit den Anforderungen im Hör- und Leseverstehen vertraut gemacht sowie in den schriftlichen und mündlichen Kompetenzen geschult. Die Fachschaft Französisch bedankt sich an dieser Stelle ganz ausdrücklich bei Frau Guéguen (B1, B2) und Herrn Schulte (A1) für ihr großes ehrenamtliches Engagement! Wir dürfen uns sehr über die hohe Zahl motivierter Schülerinnen und Schüler freuen, die über den angestrebten Schulabschluss hinaus ins Auge fassen, sich mit einem individualisierten und schulunabhängigen Sprachenzertifikat zusätzlich und aussagekräftig zu qualifizieren, um ihre Chancen auf dem globalen Arbeitsmarkt zu erhöhen. Die Namen der Schülerinnen und Schüler, die das A1-Zertifikat erlangt haben, findet man zumeist auch auf den Listen der höheren Niveaus wieder, obgleich ein Abschluss in einer unteren Kompetenzstufe keine Bedingung für den Einstieg in die Vorbereitung auf die nächst höhere Kompetenzstufe ist. Die Zertifikate sind kostenpflichtig und unbegrenzt gültig. Auf den schriftlichen, an unserer Schule durchgeführten Prüfungsteil folgen im Februar die mündlichen Prüfungen, die vom Institut Français zentral an ausgewählten Schulen im Regierungsbezirk Detmold abgenommen werden. Diese stellen für die Ju- gendlichen ein besonderes Erfolgserlebnis dar: Die Erkenntnis, sich mit dem muttersprachlichen Prüfer tatsächlich verständigen zu können, sich also in der Konversation mit einem „waschechten“ Franzosen bewährt zu haben, erhöht die Motivation für den weiteren Spracherwerb ungemein. Zudem können die DELF-Absolventen durch ihre Erfahrungen an diesem Tag den curricular geforderten mündlichen Leistungsüberprüfungen in der Oberstufe entspannter entgegensehen. Pour résumer: Das trikolore Diplom kann einen wirklich mit Stolz erfüllen! Alors, allez-y! In 12 Tagen einmal in die Antike und zurück – Unsere Studienfahrt nach Griechenland (8.-20. Mai 2013) Tim Kerkmann, 11/Q1 Nach mehreren Wochen der intensiven Vorbereitung auf die langersehnte Studienfahrt nach Griechenland war es am späten Nachmittag des 12. Mai endlich soweit: Vom Tierpark Olderdissen aus starteten 10 Mädchen und 18 Jungen mit den Lehrern Normann Graeser (Geschichtsleistungskurs) und Elsa-Maria Tschäpe (Altgriechischgrundkurs) nach Griechenland. Der Busfahrer Holger Westerhaus brachte uns über die gesamte Studienfahrt hinweg – trotz teilweise grenzwertigen Straßenverhältnissen und serpentinenreichen Gebirgspässen – sicher zu unseren zahlreichen Destinationen und sorgte darüber hinaus auch außerhalb des Busses immer für Unterhaltung und wichtige Ratschläge. Die Mitfahrer setzten sich zum größten Teil aus dem Geschichtsleistungskurs und dem Altgriechischkurs zusammen, letzterer reiste sogar ohne jegliche Ausnahme mit. Nach einer knapp 22-stündigen Fahrt respektive einer mehr oder weniger entspannenden Nacht im Bus erreichten wir am Mittag des folgenden Tages die italienische Hafenstadt Ancona (100.000 Einwohner) an der wunderschönen westlichen Adriaküste. Von dort aus ging es weitere circa 25 Stunden mit einer geräumigen Fähre in die größte Stadt der Peloponnes, nach Patras (220.000 Einwohner). Aufgrund der Tatsache, dass diese Stadt als eher weniger sehenswert einzustufen ist, fuhren wir unverzüglich knapp zwei Stunden weiter in das historisch bedeutende Olympia. Nach einem offiziellen „Griechenland-Begrüßungsessen“, was wir wie fast an jedem Abend gemeinsam in einer netten, landestypischen Taverne eingenommen hatten, hielten wir unseren dringend benötigten Schlaf in einem soliden Hotel im kleinen modernen Dorf Olympias ab. Bevor wir uns die archäologische Ausgrabungsstätte Olympias intensiv angeguckt haben, konnten wir – wie jeden Morgen – ein ausgiebiges Frühstücksbuffet im Hotel genießen. Gestärkt fand dann die erste der zahlreichen Führungen in Griechenland statt, die bis auf wenige Ausnahmen mit Hilfe eines „Expertenpaares“ von den Schülern selbst durchgeführt wurden. Die Stätte der kultischen Olympischen Spiele, die ab 776 v.Chr. über 1000 Jahre dort veranstaltet wurden und von ihrer Bedeutung für die gottesgläubigen Griechen kaum zu überschätzen sind, war ein eindrucksvoller Start der Besichtigungen der antiken, mittelalterlichen, aber auch modernen Stätten griechischer Geschichte. Anschließend ging es in das archäologische Museum vor Ort, bevor Holger uns per Bus quer über die Peloponnes-Halbinsel mit Zwischenstopp in der byzantinischen Ruinenstadt Mystras nach Monemvasia brachte. Die wunderschöne Felsenstadt, die im 6. Jahrhundert ebenfalls von den Byzantinern gegründet wurde, beeindruckte uns mit engen Gassen entlang der mittelalterlichen Häuser. Zudem genossen wir einen herrlichen Blick von dem hohen Felsen auf die vollständig autofreie Siedlung, die wie aus einer anderen Zeit anmutet. Das Abendessen nahmen wir erneut zusammen ein mit einem herrlichen Blick 53 auf die Felsenstadt, bevor wir nach diesem ersten erlebnisreichen Tag in Griechenland noch ein wenig die milde Frühlingsnacht mit einem oder mehreren kühlen griechischen „Mythos“-Bieren genossen. Am nächsten Tag begrüßten uns die Sonne und warme Temperaturen (26 Grad), die uns mit Ausnahme eines Regentages in Athen immer vergönnt waren. Nach mehreren Stunden Busfahrt erreichten wir die antike Stadt Korinth, die aufgrund ihrer geographischen Lage direkt am Isthmus von Korinth (Landenge zwischen der Peloponnes-Halbinsel und dem griechischen Festland) einen damals enormen Reichtum aufweisen konnte. Daraufhin wollten wir die nahe Ausgrabungsstätte Mykene besuchen, doch leider war diese bereits seit 15 Uhr (!) geschlossen. Dennoch konnten wir mithilfe des erfahrenen Griechenlandreisenden Herrn Graeser umdisponieren und entschlossen uns zu einem Besuch der Hafenstadt Nafplio (30.000 Einwohner). Wir wanderten dort von der mittelalterlichen Bergfestung ausgehend hinab in die ehemalige Hauptstadt Griechenlands (1830-1834), die heute vor allem durch enge Fußgängerzonen, eine breite Gastronomie und schmucke Gebäuden besticht. Im nahen Tolo, einem wunderbaren Dorf mit einem herrlichen Sandstrand, verbrachten wir zwei Nächte in einem hervorragenden Hotel inklusive Pool. Von dort aus besichtigten wir am folgenden frühen Morgen die Ausgrabungsstätte in Mykene, die nun - anders als am Vortag- offen war. Dort war es uns möglich, das Leben um 1500 v. Chr. im südlichen Mittelmeerraum nachzuvollziehen, was sich auf politischer, gesellschaftlicher und vor allem kultureller Ebene erheblich vom Leben der klassischen griechischen Antike (500-336 v.Chr.) unterschied. Direkt danach ging es weiter nach Epidauros, der antiken Kultstätte des Heilgottes Asklepios. Dorthin wanderte damals eine unzählbare Masse an Menschen, die von ihren körperlichen Leiden befreit werden wollten, weshalb dort auch Relikte des alltäglichen und kulturellen Lebens zu bestaunen sind. Hierbei sticht zweifelsohne das antike Theater hervor, welches das am besten erhaltene antike Theater der ganzen Welt darstellt. 54 Nach der zweiten Nacht in Tolo fuhren wir frühmorgens von dort aus knapp zwei Stunden erneut über den Isthmus von Korinth auf das griechische Festland zu einem der unbestrittenen Höhepunkte: In die griechische Hauptstadt Athen (4,0 Millionen Einwohner), die Wiege der abendländischen Kultur. Nachdem wir unser Reisegepäck in einem unspektakulären Hotel in einem freilich als weniger sehenswert einzustufenden Viertel Athens deponiert hatten, begannen wir mit einem intensiven Stadtrundgang. Als Höhepunkte sind dabei besonders der Tempel des Olympischen Zeus (Olympieion) sowie das moderne Regierungsgebäude hervorzuheben. Dabei war es uns an vielen Stellen möglich, die griechische Finanzkrise zu erkennen, denn viele Gebäude waren definitiv renovierungsbedürftig und die Stadt bestach – gelinde gesagt – nicht durch ihre Sauberkeit. Nach der ersten Nacht folgte am zweiten Tag in Athen mein persönlicher Höhepunkt der gesamten Reise: Die Besichtigung der Agora sowie der Akropolis mit dem weltberühmten Parthenon-Tempel. In der Epoche der griechischen Klassik diente die Akropolis als Versammlungsplatz der zeitweise mächtigsten Polis (griechischer Stadtstaat). Mithilfe zahlreicher Reformen – beginnend mit Solon um 600 v.Chr. und endend mit Perikles etwa 450 v.Chr. – konnte Athen stückweise von einer Autokratie in eine Demokratie, also in eine „Volksherrschaft“ (δῆμος [dēmos], „Volk“, und κρατία [kratía], „Herrschaft“) umgewandelt werden. Aus diesem Grund gilt die attische Demokratie heute noch als Wiege der westlichen Demokratien, die für Partizipation, Gleichheit im Sinne einer allgemeinen und gleichen Wahl sowie Selbstbestimmung der freien Bürger sorgen. Nach der Besichtigung der wichtigsten Gebäude und demokratischen Institutionen wie beispielsweise der zahlreichen Verwaltungsbauten, bestiegen wir dann die Burganlage, also die Akropolis. Diese wurde sogar noch zahlreicher von Touristen frequentiert als die Agora. Das unbestrittene Highlight war dabei der Parthenon-Tempel, der im 6. Jahrhundert vor Christus erbaut worden ist und der Stadtgöttin Pallas Athene Parthenos gewidmet war. Als weitere Tem- pelbauten auf der Akropolis konnten wir das Erechtheion oder auch den Niketempel bestaunen. Diese und weitere Gebäude auf der Akropolis sowie die zeitgenössische Bedeutung der antiken Burganlage bekamen wir anhand einer interessanten Führung durch das modernste und meistbesuchte Museum Griechenlands, das Akropolis-Museum, vermittelt. Am Abend genossen wir unsere Freizeit in der Plaka, der Altstadt Athens unterhalb des Akropolis-Hügels, bevor wir die zweite Nacht im Hotel in dem etwas dubios anmutenden Viertel verbrachten. Am nächsten Morgen stand dann der letzte Programmpunkt in Athen auf dem Plan: Der Besuch des griechischen Nationalmuseums, in dem uns die uns bereits vom AkropolisMuseum bekannte Museumsführerin besonders die archaische und antike Epoche im östlichen Mittelmeerraum auf interessante und kurzweilige Art und Weise näherbrachte. Anschließend ging es dann per Bus mehrere Stunden in Richtung Norden. Wir arrivierten am späten Nachmittag bei den herrlichen Meteora-Klöstern in der Region Thessalien. Dort besichtigten wir eines der 24 einzelnen Klöster, die bereits im frühen Mittelalter einsam auf hohen Felsen errichtet wurden. Das Ensemble aus den wunderschönen klösterlichen Gebäudekomplexen und der geologisch beinahe einzigartigen Felsenformationen raubte uns allen den Atem. In der Nähe des UNESCO-Weltkulturerbes verbrachten wir unsere erste und einzige Nacht auf einem Campingplatz, in dem wir erst spät in der Nacht in unseren Zelten einschliefen. Die Sonne „begrüßte“ uns am nächsten Morgen erneut mit einem wolkenlosen Himmel, sodass wir gutgelaunt und voller Erwartung ein zweites Kloster besichtigten (Mégalo Méteora), was das größte der 24 Klöster darstellt; es mutete schon fast wie ein kleines Dorf auf einem Felsen an mit mehreren Gebäuden wie Museen, einer großen Kapelle und Unterkünften für die immer noch dort lebende Gemeinschaft von knapp 20 Mönchen. Von dort aus ging es weiter zu der Fährhafenstadt Igoumenitsa (24.000 Einwohner), denn der Abend des 17. Mai war leider bereits unser letzter in Griechenland. Aufgrund dessen verbrachten wir einen unvergesslichen Abschiedsabend in einem schönen Restaurant in einer ruhigen Bucht mit herrlichem Sandstrand. Nach einem ausgiebigen Abendessen, was wir geschlossen als das beste während unserer gesamten Reise bezeichneten und einer sehr langen Nacht hieß es am frühen Morgen des nächsten Tages Abschied nehmen von dem wunderschönen Land, was sowohl landschaftlich als auch kulturell einen ungeheuren Reichtum besitzt, auch wenn die derzeit schlechte wirtschaftliche Lage durchaus zu erkennen ist. Nach einer erneut ungefähr 25-stündigen Fährfahrt, die dieses Mal von Igoumenitsa und nicht von Patras startete, erreichten wir die wunderschöne italienische und weltberühmte Stadt Venedig. Vor allem die morgendliche Einfahrt in den wunderschönen „Canale Grande“ wird den meisten von uns als ein unvergessliches Erlebnis im Kontext der rundum gelungenen Studienfahrt im Gedächtnis verbleiben. Daraufhin besichtigten wir trotz strömenden Regens, der glücklicherweise zunehmend abflaute, knapp sechs Stunden lang die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der historisch besonders im ausgehenden Mittelalter so bedeutsamen Stadt. Vor allem der Markusdom, die Rialtobrücke, der Dogenpalast sowie die unzählbaren Kanäle vermittelten uns einen Einblick in den Reichtum der Stadt vor knapp 600 Jahren. Anschließend ging es nach dieser kurzen, aber sehr intensiven Stadtbesichtigung per Bus weiter in das italienische Südtirol, wo wir die Nacht in einem Hotel verbrachten, um nicht vollständig erschöpft am Nachmittag des 20. Mai in Bielefeld zu arrivieren. Unsere Unterkunft in der Nähe von Brixen (italienisch BresaXXXX) stellte uns ein hervorragendes Abendbuffet zur Verfügung, sodass wir unsere unvergessliche Studienfahrt bei einem fröhlichen Beisammensein ausklingen lassen konnten. Am nächsten Morgen mussten wir dann erneut sehr zeitig aufstehen, denn unsere Abfahrt in Richtung Bielefeld war bereits auf 7:00 Uhr terminiert. Ein wenig müde, aber ohne größere Verkehrsbehinderungen oder Staus wurden wir dann gegen 17:00 Uhr von unseren Eltern und Geschwistern erwartet. Glücklicherweise war am nächsten Tag auf- 55 grund eines beweglichen Ferientages schulfrei, sodass wir unser reichlich angesammeltes Schlafdefizit zumindest annähernd ausgleichen konnten. Zusammenfassend war diese Studienfahrt nach Griechenland ein unvergessliches Erlebnis: Viele interessante kulturelle Sehenswürdigkeiten, antike historische Ausgrabungsstätten, aber auch herrliche, unberührte Landschaften begeisterten uns alle für dieses zwar krisengeschüttelte, aber enorm liebenswürdige Land. Zudem sind wir als Gruppe zunehmend vertrauter geworden und haben uns untereinander ohne jegliche Vorbehalte sehr gut verstanden, sodass auch lange feucht-fröhliche Abende sich definitiv zu unseren Erinnerungen an diese Zeit gesellen werden. In diesem Kontext auch herzlichen Dank an Herrn Graeser, der uns als Geschichtslehrer auf zahlreiche Dinge von historischer Relevanz im ganzen Land hingewiesen hat und ein enormes Geschick beim Handeln über einen günstigen Preis in Hotels und Restaurants bewies. Des Weiteren auch ein großes Lob an Frau Tschäpe, die so einige in Altgriechisch „verschlüsselte“ Wörter und längere Texte übersetzt hat und zudem mit ihrem fundierten Wissen über die griechische und römische Antike viele essentielle Informationen vermittelt hat. Mach mir den Lanz StR Christian Kass Kamera an, freundlich lächeln, spontan ein paar Sätze sagen und Feierabend. So oder so ähnlich klingen häufig die Vorstellungen vom Leben eines Fernsehmoderators. Dass dieses Bild aber nur wenig mit der Realität zu tun hat, mussten die Schülerinnen und Schüler des Deutsch-Leistungskurses der Q1 von Herrn Kass am eigenen Leib erfahren. So besuchten zwei Mitarbeiter des WDRStudios Bielefeld am 15. Juli 2013 das Ratsgymnasium, um den Schülerinnen und Schülern einen Einblick in die Arbeit beim WDR zu geben. Nach einem kurzen theoretischen Einstieg über den WDR und den Journalismus im Allgemeinen durften die Schüler direkt praktisch arbeiten. In kleinen Gruppen mussten sie mit Hilfe der erfahrenen Mitarbeiter sowohl einen Fernseh- als auch einen Radiobeitrag erarbeiten. Während die Radio-Arbeit den meisten Schülerinnen und Schülern noch recht leicht fiel, stellte spätestens die Arbeit mit der Kamera viele vor eine große Herausforderung. Schließlich musste nicht nur die Aufnahmeleitung zu jeder Zeit im Blick haben, was gerade passiert, sondern auch der Kameramann die optimale Einstellung finden, um alles ins rechte Licht zu rücken. Doch besonders überraschend war es für die Schülerinnen und Schüler feststellen zu müssen, wie schwer die Arbeit vor der Kamera ist. 56 Obwohl man den Text im Vorfeld vorbereiten konnte, war es dann doch alles andere als einfach, diesen fehlerfrei und ohne Verhaspeln in die Kamera zu sprechen. Spätestens wenn dann beim Außendreh auch noch der ausparkende Lastwagen oder sich ansammelnde Schaulustige für Chaos sorgten, wurde deutlich, wie aufregend, bunt, aber eben auch schwierig und anstrengend die Arbeit beim Fernsehen sein kann. Als dann nach vollendeter Arbeit die fertigen Beiträge gemeinsam begutachtet werden konnten, konnte man aber doch zu einem positiven Fazit kommen: Zwar sind die Arbeiten vor und auch hinter der Kamera deutlich schwieriger, als man sich das vorstellt, doch es war ein spannender und unterhaltsamer Vormittag, der einen interessanten Einblick in die Arbeit des WDR vermittelt hat und bei dem ein oder anderen auch das Interesse an der Berufsperspektive Journalismus wecken oder verstärken konnte. Mit „KonzentRATSion“ bei der Sache StR Christian Kass Vom neu gegründeten Jugendforum über das Generationenmanifest oder die SV bis hin zum letzten Fehlkauf: Es gibt unzählige Themen, die täglich am Rats diskutiert werden und Schüler, Lehrer und Eltern beschäftigen. Für diese und viele weitere Themen gibt es am Rats seit einigen Monaten eine neue Möglichkeit, sich zu informieren. Mit der „KonzentRATSion“ ist im Oktober 2012 eine neue Schülerzeitung gegründet worden, die unter der Leitung von Frau Unverfehrt, Frau Linke und Herrn Kass mit 12 Schülerinnen und Schülern von Klasse 5 bis zur Oberstufe versucht, unterhaltsam und informativ über das aktuelle Geschehen am Rats zu informieren. Neben aktuellen Berichten über das Leben am Rats, das abgesehen von besonderen Highlights und viel diskutierten Themen auch Berichte aus dem Unterricht und den AGs umfasst, geht es um alles, was Schülerinnen und Schüler in Freizeit und Gesellschaft interessiert. Das Besondere der Schülerzeitung ist dabei, dass sie online zur Verfügung gestellt wird. Unter der Adresse http://www.konzentratsion.de sind die Artikel zu jeder Zeit abrufbar und geben so allen am Rats interessierten Menschen die Möglichkeit, sich aus erster Hand über Neuigkeiten aus dem Rats zu informieren. „Anders als bei einer gedruckten Schülerzeitung haben wir die Möglichkeit, topaktuell und zudem kostenlos zu berichten“, erklärt Chefredakteur Herr Kass. Dabei ist es ihm allerdings wichtig zu betonen, dass es sich um eine Schülerzeitung handelt. „Wir greifen zwar unterstützend und betreuend ein, die Artikel stammen aber von den Schülerinnen und Schülern“. Nachdem die Seite im Dezember 2012 online gegangen ist, ist die Entwicklung aber noch nicht abgeschlossen. „Wir freuen uns, dass der Start so gut geklappt hat und wir so schnell in der Schule bekannt geworden sind, aber wir sind dennoch für jede Unterstützung dankbar“. So ist es in den kommenden Monaten nicht nur das Ziel, die Seite Schritt für Schritt weiterzuentwickeln, sondern auch die Leserzahl weiter zu steigern. „Wir freuen uns über jeden, der uns hilft, unsere Seite noch bekannter zu machen, damit wir mit unseren Artikeln ein möglichst großes Publikum erreichen.“ Dr. Hajo Meyer und Justus Meyer: Schicksale jüdischer Ratsgymnasiasten OStR’ Cora Winke Beide haben eines gemeinsam: eine Schülerkarriere am Ratsgymnasium und die Erfahrung von Ausgrenzung und Entrechtung im Deutschland der 1930er Jahre aufgrund ihrer jüdischen Religion. Und doch war ihr weiterer Lebensweg so verschieden … Dr. Hajo Meyer: zu Gast in der Aula Einer der letzten Überlebenden von Auschwitz, der 89jährige Hajo Meyer, Schüler am Ratsgymnasium bis 1938, war am 17.5.2013 zu Gast in seiner alten Schule, um sich in der vollbesetzten Aula den interessierten Fragen Foto: Neue Westfälische 57 der Schülerinnen und Schüler der Obertertia und Sekunda zu stellen. Hajo Meyer wurde 1924 in Bielefeld geboren. Sein Vater war ein angesehener Bielefelder Rechtsanwalt, Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg, später von den Nationalsozialisten ins Konzentrationslager Theresienstadt verbracht und dort zu Tode gekommen. Seine Mutter nahm sich daraufhin das Leben. Hajo selbst floh noch 1938, allein und 14jährig, in die Niederlande, machte dort sein Abitur und tauchte unter. 1944 wurde er verraten und nach Auschwitz gebracht. Mit viel Glück überlebte er die acht Monate hindurch bis zur Befreiung des Vernichtungslagers. Um die Bilder der Vergangenheit aus seinem Kopf zu verdrängen, wählte er die größtmögliche Ablenkung: er studierte theoretische Physik, wurde Projektleiter bei Philips in den Niederlanden. Obwohl er sich selbst als wenig religiös beschreibt, stellte er sich seinem jüdischen Erbe und machte sich in den letzten Jahren einen Namen mit scharfer Kritik an der israelischen Politik in den besetzten Palästinensergebieten. Auf Einladung der Nahost-Initiative war er am 16. Mai 2013 nach Bielefeld gekommen, um seine heftig umstrittenen und provokanten Thesen mit einer interessierten, gleichwohl polarisierten Zuhörerschaft in der Kapelle der Städtischen Kliniken zu diskutieren. Laut Hajo Meyer würden die Israelis die Palästinenser heute genauso entrechten und ihre Menschenwürde mit Füßen treten, wie es die Nationalsozialisten in den 30er Jahren mit den Juden getan hätten. Und die Welt würde aus Scham vor dem Nichtstun während des Holocausts die Augen vor dem heutigen Unrecht verschließen und Israel in der ewigen Opferrolle sehend gewähren lassen. Diese Sichtweise setze voraus, dass man die Ausgrenzungs- und Entrechtungsphase der 30er Jahre von der Vernichtungsphase der 40er Jahre, die uns rückblickend als Einbahnstraße erscheint, trennen könne. Doch ist das möglich? Weniger brisant und kontrovers, indes ebenso hochinteressant sprach Hajo Meyer tags darauf in der von der Fachschaft Geschichte organisierten Veranstaltung in der Aula mit den Schülerinnen und Schülern vor allem 58 über die Erfahrungen in seiner Jugendzeit. Am Ratsgymnasium sei er von den Lehrern stets zuvorkommend behandelt worden, antisemitische Äußerungen habe es nur von Seiten eines einzigen Mitschülers gegeben. Der Hausmeister sei beschämt gewesen, ihn am Tag nach der Reichspogromnacht nicht mehr in die Schule einlassen zu dürfen. Er habe demnach nur positive Erinnerungen an seine Schulzeit in Bielefeld. Aber er habe auch nie das Bedürfnis verspürt, nach 1945 wieder nach Deutschland zurückzukehren, denn: „Man wird nur einmal aus einem Land hinausgeworfen.“ Seine abschließende Botschaft war ein Aufruf zu mehr Toleranz. Nicht nur im israelisch- palästinensischen Konflikt gelte es, einem Denken in den Kategorien „wir hier“ und „die da“ entgegenzuwirken, um Ausgrenzungs- und Entrechtungserscheinungen frühzeitig zu bekämpfen. Justus Meyer: eine Diskussionsrunde mit seiner Witwe und Herrn Dr. Klaus Kreppel Angeregt durch die Diskussionsrunde mit Hajo Meyer in der Aula wollten es die Schülerinnen und Schüler der OIIIa genauer wissen. War die Biografie von Hajo Meyer der Normalfall jüdischen Schicksals ehemaliger Ratsgymnasiasten? Ein zweites Beispiel zum Vergleich sollte dieser Frage nachgehen. Herr Dr. Klaus Kreppel, ehemals Lehrer am Heeper Gymnasium, der sich intensiv mit der Geschichte der jüdischen Partnerstadt Nahariya beschäftigt hat, in die v. a. deutschsprachige Juden ausgewandert sind, und Gründungsvater der Städtepartnerschaft Bielefelds mit Nahariya ist, erklärte sich bereit, gemeinsam mit der Witwe des verstorbenen Justus Meyer den Schülerinnen und Schülern Rede und Antwort zu stehen. Justus Meyer, geboren 1913 in Rheda, namensgleich, doch nicht verwandt mit Hajo Meyer, machte 1931 sein Abitur am Ratsgymnasium. Die Diskussionsrunde am 3.6.2013 im Forum wurde mit einer Filmsequenz eingeleitet. In einem vor einigen Jahren gedrehten Interview, das Justus Meyer in den Räumen seiner alten Schule zeigt, berichtet dieser von seiner Schulzeit. Antise- Zu jeder Jahreszeit. Wohnen Wohlfühlen Genießen Astenstraße 24 59955 Winterberg-Altastenberg Tel. 02981/8090 Fax 02981/809198 berghotel@astenkrone.de www.astenkrone.de 59 mitische Anfeindungen seien die Ausnahme gewesen. Die Lehrer hätten sich professionell und korrekt verhalten. Sticheleien habe es nur unter Mitschülern gegeben. Seine Witwe bekräftigte im anschließenden Gespräch, dass seine Erfahrungen insofern mit denen von Hajo Meyer vergleichbar seien. Doch statt Flucht, Verrat und Konzentrationslager erfahren zu müssen, war sein weiterer Lebensweg von der rechtzeitigen Emigration gekennzeichnet. Unter den Eindrücken der Ausgrenzung und Entrechtung der Juden seit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten musste die Familie von Justus die väterliche Fabrik in Rheda 1937 zu einem Achtel des tatsächlichen Wertes verkaufen. Sie wählte die Ausreise nach Israel ins damalige britische Mandatsgebiet Palästina. Obwohl seine Eltern aus dem Berliner Bürgertum stammend in Rheda zum mittelständischen Unternehmertum mit akademischem Hintergrund gehört hatten, erging es ihnen wie vielen gebildeten Juden aus Westeuropa. Studierte Ärzte, Juristen, Professoren und Unternehmer bestritten nun ihren Lebensunterhalt mit bäuerlichen und handwerklichen Tätigkeiten in dörflichen Siedlungen. Die Familie von Justus Meyer betrieb in Nahariya eine Dorfschlosserei. Mit den arabischen Nachbarn habe man friedlich zusammengelebt, gleichwohl hätten viele von ihnen das Land im Zuge des Sechs-Tage-Krieges mehr oder weniger freiwillig verlassen. Anders als Hajo Meyer habe Justus, der nur Halbjude gewesen sei, seine deutschen Wurzeln nicht gekappt und seine letzten Lebensjahre in Bielefeld verbracht. 60 Am Ende auch dieser interessanten Diskussionsrunde offerierte Herr Dr. Kreppel den interessierten Schülerinnen und Schülern ein besonderes Geschenk. Er überreichte allen ein Exemplar seines Buches „Wege nach Israel. Gespräche mit deutschsprachigen Einwanderern in Nahariya“ . Darin konnten sie nicht nur die Lebensgeschichte von Justus Meyer nachlesen, sondern auch die von anderen nach Nahariya ausgewanderten deutschen Juden. Foto: C. Winke Insgesamt bereicherte die Konfrontation mit der Alternative Auswanderung versus Verfolgung und Vernichtung im nationalsozialistischen Deutschland den Blick der Schülerinnen und Schüler auf jüdische Schicksale und regte an, sich mit der Frage der Unverletzbarkeit der Menschenwürde in Vergangenheit und Gegenwart im Allgemeinen und mit der Geschichte und heutigen Politik des Staates Israel im Besonderen auseinanderzusetzen. Eine Rarität in der Bibliothek des Bielefelder Ratsgymnasiums zur Bonner Revolutionsgeschichte 1848: „Wahlmann wähle Dahlmann“* OStR Dr. Johannes Altenberend Bibliotheksleiter und Sammler sind in der Regel stolz auf ihre seltenen und kostbaren Bücher. Raritäten stoßen nämlich weitaus mehr als die normalen Bestände auf das Interesse von Forschung und Öffentlichkeit. Das gilt vor allem für Unikate, die nur noch in einem Exemplar nachweisbar oder tatsächlich vorhanden sind und deshalb auch gern gezeigt und ausgestellt werden. Das bekannteste Unikat der Bibliothek des Ratsgymnasiums in Bielefeld ist sicherlich die spätmittelalterliche Handschrift mit dem nur in dieser Fassung bekannten Bericht über die Translation des Bistumsheiligen Liborius von Le Mans nach Paderborn.1 Unscheinbar und wenig beeindruckend ist dagegen eine Bonner Flugschrift, die nur noch aus einem doppelseitig bedruckten Quartblatt besteht. Das Blatt wurde im Frühjahr 1848 von dem Bonner Universitätsdrucker Carl Georgi hergestellt und galt schulintern bisher als ein Unikat.2 Das anonym herausgegebene Flugblatt beginnt mit dem groß und fett gedruckten Aufruf: „Wahlmann wähle Dahlmann für Frankfurt, wo er nicht zu entbehren ist aus zweien Gründen.“ Das Flugblatt wurde also aus Anlaß der Wahlen zur Nationalversammlung in Frankfurt veröffentlicht und dürfte zwischen den Urwahlen am 1. und der Zusammenkunft der Wahlmänner am 10. Mai 1848 erschienen sein. Der seit 1842 in Bonn tätige und politisch aktive Geschichtsprofessor und Staatswissenschaftler Friedrich Christoph Dahlmann (1785-1860) war als Kandidat des liberalen, protestantischen und preußischen Bildungsbürgertums in der rheinischen Universitätsstadt aufgestellt worden. Gegen die Kandidatur hatte sich jedoch der Widerstand des katholischen Bürgertums geregt, das sich mit der Wahl des katholischen Juraprofessors Peter Franz Deiters schließlich auch durchsetzte.3 Die Kandidatur Dahlmanns für den Wahlkreis Bonn wurde in der Flugschrift damit begründet, dass es „in Deutschland jetzt keinen größern Staatsmann, keinen bewährtern, erfahrnern, tiefsinnigern Kenner aller Staatsgrundgesetze, alles Verfassungswesens“ gäbe als Dahlmann.4 Dürfte, so wurde gefragt, „Der bei der Errichtung des neuen deutschen Reichsgebäudes fehlen, der für den besten Staatsbaumeister gilt?“ Zweitens führte der Verfasser an, dass der Bonner Professor bei dem Entwurf eines deutschen Reichsgrundgesetzes, den der sogenannte Siebzehnerausschuss am 26. April 1848 veröffentlicht hatte, entscheidend mitgewirkt habe. Das Vorwort dieses Entwurfes wurde auf der Rückseite des Flugblattes mit abgedruckt. Schließlich folgte eine kurze biographische Skizze mit seiner wissenschaftlichen Laufbahn. Vor allem wurde auf die Protestaktion der Göttinger Sieben 1837 und die daraus resultierenden persönlichen Folgen für Dahlmann sowie auf seine Bedeutung bei den Vorbereitungen für die Erarbeitung einer Reichsverfassung hingewiesen. Abschließend fragten die Verfasser: „Wer ist diesem Manne an Kühnheit, Unerschrockenheit, an *Nachdruck aus den Ravensberger Blättern. Organ des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg, H. 1, 2013. 1Bibliothek des Ratsgymnasiums, HS 2 (alte Signatur O 2). Eine ausführliche Beschreibung liefert Volker de Vry, Liborius. Brückenbauer Europas. Die mittelalterlichen Viten und Translationsberichte, Paderborn 1997, S. 261 ff. 2Bibliothek des Ratsgymnasiums, Sammlung Loebell, Miscell. Band, Nr. 2565 (Sonderstandort). 3Max Braubach, Bonner Professoren und Studenten in den Revolutionsjahren 1848/49, Köln u. Opladen 1967, S. 19 ff. Dahlmann wurde schließlich vom holsteinischen Wahlkreis Segeberg in das Frankfurter Parlament geschickt, wo er u. a. eine herausragende Rolle bei der Erarbeitung der Reichsverfassung spielte. 4Zu Dahlmann vgl. jetzt vor allem Wilhelm Bleek, Friedrich Christoph Dahlmann. Eine Biographie, München 2010. 61 62 staatsmännischer Einsicht und Erfahrung vergleichbar?“ Es folgte dann noch einmal die Parole „Wahlmann wähle Dahlmann“. Wer dieses Flugblatt verfaßt hat, ist nicht sicher nachgewiesen. In der Bonner Literatur ist es schon frühzeitig dem patriotischen Schriftsteller, Politiker und an der dortigen Universität lehrenden Professor Ernst Moritz Arndt (1769-1860) zugewiesen worden, der von anderen Professoren unterstützt worden sei.5 Wohl auf Grund der klaren, einprägsamen und schlagkräftigen Wahlkampfparole ist die Flugschrift bis in die jüngste Zeit immer wieder von der Bonner Stadtgeschichtsforschung und der Arndt-Forschung zitiert worden, ohne daß ein detaillierter Nachweis des Fundortes angegeben worden ist.6 Nur Edith Ennen hat sich die Mühe gemacht, das Blatt in einem Nachlaß des Bonner Stadtarchivs aufzuspüren.7 Immerhin war schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts durch die bibliographischen Bemühungen zum Werk Ernst Moritz Arndts bekannt, dass ein Exemplar der Flugschrift in der Bibliothek des Bielefelder Gymnasiums vorhanden ist. Der beste Kenner der Gymnasialbibliothek, der Mathematiklehrer Theodor Bertram, hatte nämlich die Bedeutung des Blattes erkannt und der Preußischen Staatsbibliothek diesen Fund gemeldet. Daraufhin ergänzte Paul Trommsdorff seine Arndt-Bibliographie, veröffentlichte eine Annotation und bedankte sich im Dezember 1906 bei Bertram.8 Bis 5Anton Springer, Friedrich Christoph Dahlmann, 2. T., Leipzig 1872, S. 252. Vgl. beispielsweise Wilhelm Bleek, Die Politik6 Professoren der Paulskirche, in: Von der Arbeiterbewegung zum modernen Sozialstaat. Festschrift für Gerhard A. Ritter zum 65. Geburtstag. Herausgegeben von Jürgen Kocka, Hans-Jürgen Puhle und Klaus Tenfelde, München u.a. 1994, S. 276-299, hier S. 279; Gerhard Loh, Arndt Bibliographie. Verzeichnis der Schriften von und über Ernst Moritz Arndt, Greifswald 1969, S. 87, Nr. 497; Karl Heinz Schäfer, Josef Schawe, Ernst Moritz Arndt. Ein bibliographisches Handbuch 1769-1969, Bonn 1971, S. 263, Nr. 975. 7Edith Ennen, Dietrich Höroldt, Vom Römerkastell zur Bundeshauptstadt. Kleine Geschichte der Stadt Bonn, 3. Aufl., Bonn 1976, S. 218 u. 437. 8 Paul Trommsdorff, Zur Bibliographie von Ernst Moritz Arndt. (Nachtrag.), in: Zentralblatt für Bibliothekswesen, Bd. 23 (1906), S. 551 f, hier S. 551; siehe Anm. 2. heute sind also nur zwei Exemplare dieser Flugschrift bekannt geworden. Dass die Flugschrift in der Bibliothek des Bielefelder Ratsgymnasiums zu finden ist, ist leicht erklärbar. Der Bonner Professor Johann Wilhelm Loebell (1786-1863) 9, ein Kollege der beiden politisch aktiven Historiker, vermachte vor 150 Jahren dem heutigen Ratsgymnasium seine Büchersammlung, wodurch die Bibliothek des Gymnasiums um einen überaus wertvollen Schatz vermehrt wurde.10 Die Privatbibliothek Loebells umfaßte fast 7.000 Bände, darunter ein „Miscellan-Band zur preußischen Gesch. 1848 u.1849“ mit „Broschüren von d`Ester, Willisen, Urlichs u. A.“11 Ernst Moritz Arndt wird in diesem Verzeichnis nicht mit Namen genannt, was nicht weiter verwundern muß, denn die namentlich genannten und weitere sieben „Broschüren“ enthielten umfangreichere Traktate. Das Flugblatt war ursprünglich zwischen zwei Schriften gebunden und wurde offensichtlich von Professor Bertram aus dem Einband herausgetrennt.12 Auf den ersten Blick ist es überraschend, daß Loebell die oben genannte Flugschrift in seine Bibliothek eingereiht hat, denn er galt in Bonn wegen seiner konservativen und gegen den revolutionären Liberalismus 9Paul Schmidt, Johann Wilhelm Loebell 1786-1863, in: Bonner Gelehrte. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Bonn. Geschichtswissenschaften, Bonn 1968, S. 79-92; Roland Köhne, Prof. Johann Wilhelm Loebell (1786-1863) und die „Loebellsche Bibliothek“ in Bielefeld, in: Ravensberger Blätter 1/2000, S. 26-34; ders., Nachträgliches zur Biographie Johann Wilhelm Loebells, in: Ravensberger Blätter 1/2007, S. 56-59. 10Roland Köhne, Johannes Altenberend, Die Bibliothek des Ratsgymnasiums, in: Deo et Literis. Schule mit Geschichte – Schule mit der Zeit. Festschrift zum 450-jährigen Jubiläum des Ratsgymnasiums Bielefeld. Herausgegeben im Auftrag der Schule von Johannes Altenberend und Wolfgang Schröder, Bielefeld 2008, S. 93-106, hier S. 101. 11Katalog der Loebell`schen Bibliothek. Als Festschrift für die Loebell`sche Gedenkfeier am 15. September, zugleich als Beigabe zu dem diesjährigen Programm des Gymnasiums in Bielefeld ausgegeben, Bielefeld 1864, S. 54, Nr. 2565. Dieser durch den Oberlehrer Adolf Wortmann erstellte Katalog beruht auf einem handschriftlichen Verzeichnis Loebells, das aber nicht mehr vorhanden ist. 12Sammlung Loebell, Nr. 2565. 63 gerichteten politische Grundeinstellung sowie wegen seiner wissenschaftlichen Ausrichtung als Außenseiter und Sonderling. Auf der anderen Seite gehörte er zusammen mit Arndt und Dahlmann der Philosophischen Fakultät an und lehrte wie die bekannteren und anerkannteren Kollegen das Fach Geschichte.13 Unter dem Eindruck radikaler demokratischer Strömungen einerseits und einer starken katholischen Partei in der Stadt andererseits hat er sich im Verlauf der Revolution konstitutionellen Verfassungsvorstellungen angenähert und ist dafür in der Bonner Öffentlichkeit eingetreten.14 Die Forderung nach nationaler Einheit unter preußisch-protestantischer Führung sowie 13 Edith Ennen, Ernst Moritz Arndt 1769-1860, in: Bonner Gelehrte (wie Anm…..); Karl Dietrich Bracher, Friedrich Christoph Dahlmann 1785-1860, in: ebenda, S. 115-128. 14Friedrich von Bezold, Geschichte der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität von der Gründung bis zum Jahr 1870, Bonn 1920, S. 434 ff. die antirepublikanische und gegen den Ultramontanismus ausgerichtete Einstellung gehörten bei Unterschieden im Einzelnen zum politischen Kanon der drei Professoren. Deshalb hat Loebell die Kandidatur Dahlmanns zum Bonner Abgeordneten für das Paulskirchenparlament sicher unterstützt. Private Beziehungen zu den Kollegen Dahlmann und Arndt sind nicht bekannt geworden; doch hatte Loebell schon aus wissenschaftlichem Interesse wichtige Werke seiner Kollegen angeschafft und durchgearbeitet.15 Diese Bücher geben wie die Flugschrift einen Einblick in die Denk- und Verhaltensweisen intellektueller Eliten im deutschen Vormärz und in der 1848er Revolution. 15Vgl. bsw. F.C. Dahlmann, Geschichte der englischen Revolution, Leipzig 1844 (Sammlung Loebell, Nr. 2810); E.M. Arndt, Versuch in vergleichender Volksgeschichte, Leipzig 1843 (Sammlung Loebell, Nr. 934). Mit MINT eine Schul-Brücke bauen – Grundschüler als Jungforscher am Rats StD’ Dr. Heike Biermann Im Schuljahr 2012/13 hat das Ratsgymnasium erfolgreich an dem Bielefelder Projekt „mit MINT gemeinsam lernen, entdecken und Schul-Brücken bauen“ teilgenommen, das von der Stiftung Bildung initiiert wurde. Die Idee Eine „Schul-Brücke“ zu bauen, d. h. gemeinsam zu lernen, dazu haben Schülerinnen und Schüler der Klassen VIb (5b) und Vc (6c) des Ratsgymnasiums zwei vierte Klassen der Klosterschule Bielefeld eingeladen. Die heimlichen Stars dieses naturwissenschaftlichen Projektes waren lebendige Insekten – Stabschrecke, Gespenstschrecke, Samtschrecke und Totenkopfschabe. Insbesondere deren Tarnungs- und Anpassungsmechanismen wurden genauer untersucht. Anschließend wurde das erworbene Wissen in einem (fiktiven) Insektenparcours praktisch angewendet. 64 E r m ö g lic ht wurde unser schulisches Projekt durch eine Kooperation mit der Universität Bielefeld, Fakultät für Biologie. Vom Ratsgymnasium waren als Biologielehrer Mathias Lemm und Heike Biermann beteiligt. Die Klassen der Klosterschule wurden von der Schulleiterin Frau Müller-Borchert und Herrn Limberg begleitet. Die „Gastgeber“ der VIb und Vc wurden drei Wochen zuvor auf die Inhalte vorbereitet. In intensiver Stationenarbeit konnten die Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klassen die Insekten ausgiebig erforschen. Nach anfänglicher Zurückhaltung („ih, eine Totenkopfschabe“) wurden die lebendigen Tiere auch auf die Hand genommen. Natürlich mussten dabei die zuvor besprochenen Regeln für einen sorgsamen Umgang eingehalten werden. Der Besuch Während der zur Verfügung stehenden Stunde erforschten die Grundschülerinnen und -schüler an Stationen die Anpassungs- und Tarnungsmechanismen der vier verschiedenen Insekten – anhand eines Laufzettels mit Fragen. Dazu hatten die Schülerinnen und Schülern der 5. und 6. Klassen im Vorfeld besonders spannende Forschungsfragen ausgewählt und konnten dann als Experten die jüngeren Schülerinnen und Schüler beraten und unterstützen. Abschließend hatten die Schülerinnen und Schüler der Klosterschule die Aufgabe, bei einem fiktiven Insektenwettrennen mit Hindernissen und Schutzzonen das Gewinnerinsekt zu ermitteln. Das begeisterte Mitarbeiten aller Schülerinnen und -schüler zeigte, dass das Konzept geglückt ist. Die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums haben ihre naturwissenschaftlichen Kompetenzen vertieft und Verantwortung übernommen. Die Grundschülerinnen und -schüler haben aktiv an Stationen geforscht und aus „erster Hand“ von den nur wenig älteren Schülerinnen und Schülern gelernt. Fazit Das Besondere an diesem Projekt war die „Schul-Brücke“, d. h. das gemeinsame Lernen über Schulen und Schulstufen hinweg – in diesem Fall von der Grundschule zur weiterführenden Schule. Das Projekt war für alle Beteiligten ein Gewinn. Man fragt sich eigentlich, wieso man nicht schon früher auf diese schöne Idee gekommen ist. Das Projekt ist in einem kleinen Film auf der Homepage des Ratsgymnasiums zu sehen. Nicht der Kumpel – Sebastian Reichelt im Gespräch Lisa Pausch, Abi 2013 Am 26. November 2012 wurde Studiendirektor Sebastian Reichelt, seit 1993 mit den Fächern Geschichte und Evangelische Religionslehre am Ratsgymnasium tätig, in Berlin mit dem renommierten Deutschen Lehrerpreis ausgezeichnet. Lisa Pausch, Abiturientin des Jahrgangs 2013,interviewte ihn für die Schülerzeitung des Ratsgymnasiums nach der Peisverleihung. KonzentRATSion: Herr Reichelt, was ist das für eine Auszeichnung, die Sie erhalten haben? Sebastian Reichelt: Das ist der deutsche Lehrerpreis, den es erst seit 2007 gibt. Ein wichtiges Motiv der Stifter war es, all das Positive, das tagtäglich an Deutschlands Schulen geschieht, stärker zu würdigen. Da- Foto: Lisa Pausch zu zählen zum einen besonders gelungene Unterrichtsprojekte und zum anderen einzelne Lehrerinnen bzw. Lehrer, die von ihren ehemaligen Schülerinnen und Schülern für den Preis vorgeschlagen werden können. Im gesamten Bundesgebiet gab es im letzten Jahr über 3500 Vorschläge, die von 65 einer strengen Jury, bestehend aus Kultusministern, Professoren und Anderen geprüft wurden. KonzentRATSion: Wer hat Sie nominiert? Reichelt: Das waren zwei Schüler des letzten Abiturjahrgangs, der ehemalige stellvertretende Schülersprecher Jonathan Tenge und der Kurssprecher Christoph Busse. Beide waren bei mir im Geschichte-Grundkurs und haben sich die Mühe gemacht, nach ihrem Abi-Stress ein drei Seiten umfassendes Gutachten zu schreiben. KonzentRATSion: Wissen Sie, ob schon einmal ein Lehrer vom RATS nominiert wurde oder direkt den Preis erhalten hat? Reichelt: Ob jemand nominiert wurde, ist mir unbekannt; einen Preisträger hat es bislang aber noch nicht gegeben. Lange Zeit wusste ich nicht, dass es diesen Preis überhaupt gibt. Vor ein paar Jahren habe ich zufällig davon erfahren, mich aber nicht weiter damit beschäftigt. Im Rahmen des Abiballs 2012 kamen dann Jonathan und Christoph auf mich zu, gaben mir einen Umschlag mit einem Brief und meinten, dies sei ein Dank für drei Jahre tollen Geschichtsunterricht und im Übrigen hätten sie mich für den deutschen Lehrerpreis nominiert. KonzentRATSion: Das kam für Sie also ziemlich überraschend... Reichelt: Völlig überraschend! Ich habe spontan den beiden gesagt, sie seien total verrückt. Widerspruch sei zwecklos, Bewerbungsschluss sei fünf Tage zuvor gewesen, war ihre Antwort. Im November erhielt ich dann Post, in der mir mitgeteilt wurde, ich gehörte zu den 16 Preisträgern in Deutschland. KonzentRATSion: Worin besteht der Preis genau? Reichelt: Ich habe mit den beiden Schülern eine Einladung nach Berlin erhalten, dort fand die Feierlichkeit sehr stilvoll auf einem rotem Teppich statt. Die Schüler haben mir in Anwesenheit des Kultusministers und des Präsidenten der Humboldt-Universität eine „Trophäe“ überreicht. Dazu habe ich einen Gutschein über 1000 Euro für die Schule erhalten. 66 KonzentRATSion: Warum sind Sie der beste Lehrer? Reichelt: So würde ich das nie formulieren. Dieser Preis ist eine Auszeichnung stellvertretend für ganz viele gute Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland. Ich hatte einfach Glück – das darf ich in aller Bescheidenheit sagen – dass ich so großartige, engagierte Schüler hatte, die sich gesagt haben: »Wir möchten, dass Herr Reichelt den Preis erhält«. Dieser Einsatz ist tatsächlich belohnt worden; die Jury war von der Aussagekraft des Bewerbungsschreibens offensichtlich überzeugt. Ich selbst war sehr gerührt, dass so viel aus meinem Unterricht angekommen ist. KonzentRATSion: Was macht für Sie guten Unterricht aus? Reichelt: Zunächst einmal gilt die alte Binsenweisheit, die nicht zuletzt durch die Ergebnisse des neuseeländischen Forschers John Hattie weltweit wieder ins Bewusstsein gerufen worden ist: auf die Lehrerinnen und Lehrer kommt es an! Deshalb ist ein gutes Unterrichtsklima eine hilfreiche Voraussetzung. Ein Lehrer sollte Humor und Geduld sowie Interesse an seinen Schülerinnen und Schülern mitbringen. Wer dies nicht hat, der sollte eher die Finger vom Lehrerberuf lassen. Wir sind dazu da, um junge Menschen zu fordern und gleichzeitig zu fördern. Wir sollten deutlich machen, dass wir die Schüler und unsere Fächer, für die wir stehen, gern unterrichten und versuchen, unsere Schüler für die Sache zu begeistern, in der Hoffnung, dass ein Funke überspringt. Ich bin Realist genug, um zu wissen, dass ich nie alle erreichen kann. Trotzdem sollten wir versuchen, möglichst viele Schüler zu motivieren und die Bedeutung unserer Fächer, ja von Schule und Erziehung insgesamt transparent und wirksam werden zu lassen. Guten Unterricht zeichnet deshalb immer auch aus, dass er neben einer klaren Struktur sinnstiftende Gespräche ermöglicht, und dabei darf auch, was lange in den Hintergrund geraten ist, das Üben und Wiederholen nicht zu kurz kommen! KonzentRATSion: Sind Sie eher der strenge oder der lockere Lehrer? Reichelt: Die richtige Mischung macht's. Das kommt auch immer darauf an, wie sehr sich eine Klasse oder ein Kurs auf gewisse Dinge einlässt. Zunächst sollten die Regeln klar sein – und da ist es sehr hilfreich, wenn das Kollegium an einem Strang zieht – und da bin ich froh, dass dies am Ratsgymnasium der Fall ist. Ich unterrichte z. B. in einer 8. Klasse. Einige Schüler meinten zu Beginn, sie würden als die schlimmste Klasse der Schule gelten. KonzentRATSion: Und dann haben Sie die Klasse »gezähmt«? Reichelt: Ich habe erst gedacht: „Na, das wird eine Herausforderung, aber vielleicht sind sie ja gar nicht so wie ihr vermeintlicher Ruf.“ Ich versuche, mich auf jede neue Klasse ohne Vorurteile einzulassen. Am Anfang ist es auch wichtig, streng zu sein, darauf zu achten, dass Gesprächsregeln und Anforderungen eingehalten werden. Aber wenn deutlich wird, dass diese verinnerlicht worden sind, kann der Unterricht lockerer gestaltet werden. Übrigens: diese 8. Klasse ist wirklich eine Zucker-Klasse. KonzentRATSion: Um das jetzt mal ganz kitschig zu fragen, ist mit diesem Preis ein kleiner »Traum« in Erfüllung gegangen, einer der besten Lehrer zu sein? Reichelt: Ich hatte nie den Traum, einer der Besten zu sein. Es gibt so viele gute Lehrer. Wenn mir Ehemalige sagen: »Bei Ihnen habe ich ganz besonders viel gelernt«, dann freut mich das. Was will man mehr, als dass sich die Schüler auf den Unterricht freuen und ihn später in guter Erinnerung behalten? KonzentRATSion: Haben Sie die Trophäe Zuhause ausgestellt? Reichelt: Die hat einen Ehrenplatz im Bücherregal im Wohnzimmer. KonzentRATSion: Sind Sie unter Ihren Kollegen jetzt der »Musterschüler«, der alles richtig gemacht hat? Reichelt: Man wird nie alles richtig machen. Den perfekten Menschen und Lehrer gibt es glücklicherweise nicht. Ich hoffe nicht, dass ich unter den Kollegen jetzt der Musterschüler bzw. -lehrer bin. Ich habe mich gefreut, dass die Kollegen zum Preis herzlich gratuliert haben. Das war für mich ein schönes Signal, dass es Menschen gibt, die sich mitfreuen können. Ein ehemaliger inzwischen pensionierter Kollege schrieb mir, dass der Preis ein Zeichen für die Qualität der gesamten Arbeit am Ratsgymnasium sei. Ich sehe das genauso und möchte gar nicht der Musterlehrer sein. Das wäre eine überflüssige Bürde. KonzentRATSion: Also was muss ein Lehrer haben? Er muss Schüler motivieren und zum selbstständigen Denken und Arbeiten anleiten können. Er sollte dies mit Humor, Menschlichkeit und Geduld tun und sich über seine Rolle als Lehrer im Klaren sein. Denn der Lehrer ist nicht der Kumpel seiner Schüler, sondern ihr Gegenüber, deshalb sollte er ihnen sowohl mit Strenge als auch mit Liebe und Geduld begegnen. KonzentRATSion: Was haben Sie sonst noch vor? Reichelt: Mein größter Wunsch ist es, gesund zu bleiben und weiterhin mit Freude meinen Schülern wie meinen Referendaren begegnen zu können. Mich reizt die Kombination aus Fachleiter und Lehrer, die Aufgabe ist sehr vielseitig und stellt einen immer wieder vor neue Herausforderungen. Dass ich darüber hinaus in den Steuergruppen in Schule und Seminar mitwirken und Impulse für die Schulentwicklung geben kann, bereitet mir Freude. Ein Preis für Geschichte am Ratsgymnasium OStR’ Cora Winke und die Fachschaft für Geschichte Im November 2012 erhielt Studiendirektor Sebastian Reichelt, seit nunmehr 20 Jahren Mitglied unseres Kollegiums und Lehrer für die Fächer Geschichte und Evangelische Religionslehre sowie als Fachleiter am Paderborner Seminar tätig, in Berlin den Deutschen Lehrerpreis. Der Preis ist nicht nur mit einer Trophäe versehen – zusätzlich erhält 67 der Preisträger 1000.- €, die für schulische Zwecke zu verwenden sind. Herr Reichelt hat sich dafür entschieden, Schülerinnen und Schülern, die in ihrer Qualifikationsphase ebenso wie im Abitur herausragende Leistungen im Fach Geschichte erbracht haben, mit dem von ihm neu gestifteten Geschichtspreis auszuzeichnen. Damit soll der Stellenwert des Faches Geschichte, der Tradition des Ratsgymnasiums gemäß, unterstrichen und das große Inter- esse überdurchschnittlich vieler Schülerinnen und Schüler unserer Schule am Fach Geschichte gewürdigt werden. Im Rahmen der Abiturfeierlichkeiten erhielten in diesem Jahr fünf Schüler den Geschichtspreis! Für die Zukunft wünschen wir uns weiterhin viele zu ehrende Schülerinnen und Schüler und danken Herrn Reichelt für die Möglichkeit, besonderes Engagement im Fach Geschichte auch in den nächsten Jahren auf diese Weise auszeichnen zu können! Experimentalwettbewerb 2013 „Jugend forscht – Schüler experimentieren“ StR’ Anke Lange Dieses Jahr haben an dem Wettbewerb „Jugend forscht bzw. Schüler experimentieren“ vom Ratsgymnasium insgesamt 7 Schülerinnen und Schüler in den Fachbereichen Chemie und Mathematik mit interessanten Themen teilgenommen. Mattis Harhoff, der schon im Vorjahr angetreten war, hat mit Lukas Zielonka aus der Klasse 7 b Casein hergestellt. Casein ist ein umweltverträglicher Kunststoff, der nicht aus Erdöl, sondern aus Milch gewonnen wird und so biologisch abbaubar ist. Ebenfalls im Fachbereich Chemie sind auch Henriette Kleinebenne und Kaja Hildebrand mit Versuchen rund ums Thema „Kaugummi“ angetreten. Eine Fragestellung war, ob Kaugummi den pH-Wert des Mundspeichels verändert. Zur Untersuchung dieser Fragestellung mussten die Schülerinnen und Schüler der Klasse 7 b Zahnpflegekaugummis, zuckerfreie und zuckerhaltige Kaugummis kauen und sowohl vor als auch nach dem Kauen den pH-Wert des Mundspeichels mittels Indikatorstreifen testen. Und tatsächlich reduziert das Zahnpflegekaugummi den Säuregehalt im Mundspeichel, so dass die Zähne vor „Säureangriffen“ geschützt sind. Sie haben mit dieser Arbeit den dritten Platz belegt. David Schüler und Vincent Adler aus der Klasse 8a, die bereits im Vorjahr im Fachbereich Chemie angetreten sind, haben 68 diesmal untersucht, ob Musikhören beim Mathelernen die Konzentration beeinflusst. Hierzu haben sie Mitschülerinnen und Mitschülern aus der eigenen Klasse und den Parallelklassen Matheaufgaben lösen lassen. Die verschiedenen Schülergruppen hatten dabei klassische Musik und Popmusik bzw. gar keine Musik gehört. Die beiden Schüler David und Vincent konnten durch diesen Versuch zeigen, dass Musik die Konzentration beim Rechnen negativ beeinflusst, wobei die Ergebnisse bei klassischer Musik noch besser waren als bei Popmusik. Sie belegten den zweiten Platz im Fachbereich Mathematik. Marie Féaux de Lacroix (8 a) war ebenfalls im letzten Jahr dabei und hat Roboter programmiert. In diesem Jahr ist sie mit Untersuchungen zum Pascalschen Dreieck angetreten und hat nicht nur die Besucher des Wettbewerbs in der Sparkassenfiliale in Herford beeindruckt, sondern auch die Jury: Sie erhielt den ersten Platz und nahm beim Regionalwettbewerb in Essen teil. Und die Vorbereitungen für den Wettbewerb im Jahr 2014 laufen bereits: Kaja Hildebrands Ehrgeiz und Interesse wurden geweckt: Sie untersucht zusammen mit ihrem Bruder Keke und der Mitschülerin Luisa Hebrock, inwieweit sich die Temperatur von Salzlösungen verändert und ob und wie man diese exotherme Energie nutzbar machen kann. Robin Bauer und Tjorven Wörmann wollen experimentell herausfinden, aus welchen Ausgangsstoffen sich Bioethanol als Energieträger herstellen lässt. Sie experimentieren mit Karotten und warten auf die Zuckerrübenernte.... Tjorven war bereits beim Wettbewerb 2012 mit Fabian Kastrup und Pascal Krause im Fachbereich Chemie erfolgreich: sie belegten den zweiten Platz zum Thema „Salzgehalt in Salzstangen“. Es werden sich sicherlich im neu- en Schuljahr noch weitere „Jungforscher“ einfinden und eventuell am Wettbewerb teilnehmen. Als betreuende Lehrerin macht es mir Spaß, die Ideen, den Ehrgeiz und letztendlich die Ausdauer der Schülerinnen und Schüler zu erleben. Und nicht umsonst treten mehrere Schülerinnen und Schüler wiederholt an.... Drücken wir ihnen beim nächsten Wettbewerb die Daumen. Hockey-Saison 2013 StR Holger Gebauer Großen Erfolg und noch mehr Freude bescherte die diesjährige Hockeysaison den Teilnehmern der Hockey-AG unserer Schule. Nach den Titeln auf Stadt- und Bezirksebene wurde es für die Jungen und Mädchen der Wettkampfklasse III bei den Westfalenmeisterschaften im Feldhockey dann so richtig spannend. Die Mädchen mussten sich hier erst im finalen Duell dem Gymnasium Dionysianum aus Rheine geschlagen geben und haben prompt daraufhin sofort die Suche nach Verstärkungen angekündigt. Für die Jungen verlief das Turnier noch erfolgreicher. Dank engagierten und geschlossenen Mannschaftsleistungen sowie großem Einsatz setzte sich das von Abiturient MaxPhilip Wochner hervorragend gecoachte Team in allen Partien durch und löste sensationell das Ticket für das Landesfinale in Mönchengladbach. Damit bekam eine lediglich zur Hälfte aus Vereinsspielern bestehende AG-Mannschaft die Möglichkeit, sich in der vielleicht größten Hockeyregion Deutschlands mit NRW-Auswahlspielern und Jugend-Nationalspielern zu messen. Und gerade dieses Turnier wird in der Erinnerung Bestand haben, bot es doch tolle Rahmenbedingungen, blieb nicht ohne eigenen Torerfolg und sorgte für viele neue Erkenntnisse. Damit stellte es auch einen gebührenden Abschluss des dreijährigen intensiven und pro- fessionellen Einsatzes der Abiturienten MaxPhilip Wochner und Christian Mattiat dar, der sicherlich für viele Schülerinnen und Schüler ein echter Glücksfall war. Auch an dieser Stelle noch einmal mein ausdrücklicher Dank dafür! Doch auch die Zukunft ist schon eingeleitet. So wurde der Stab im Verlauf des Jahres an Paul-Frederik Wochner und Christian Hogenkamp weitergegeben, zwei Schüler die ihre Qualitäten bereits diesen Sommer bei der Durchführung des jährlichen Hockey-Ferienkurses eingebracht haben. 69 Streitschlichtung am Rats’ StR’ Brunhild Hilf Seit vielen Jahren werden in der Mittelstufe am Ratsgymnasium Streitschlichter ausgebildet, die anschließend für ein Schuljahr zur Verfügung stehen, um Schüler zu unterstützen, die Streitigkeiten beilegen wollen. Lehrer, die in ihren Klassen Zwistigkeiten beobachten, machen die Beteiligten darauf aufmerksam, dass es diese quasi-professionelle Friedenshilfe gibt. Die Voraussetzung für eine echte Versöhnung ist also die Freiwilligkeit des Verfahrens. Das Regelwerk der Streitschlichtung sieht u. a. vor, dass die Schlichter allparteilich sind und zusammen mit den Streitern eine für beide Seiten akzeptable Lösung anstreben. Welche Eigenschaften und Fähigkeiten müssen solche jugendlichen Mediatoren mitbringen, um als Friedensrichter für jüngere oder gleichaltrige SchülerInnen tätig sein zu können? Ihre herausgehobene Rolle innerhalb der Schülerschaft können sie nur spielen, wenn sie von einer Position der Selbstreflexion und Selbstsicherheit aus in der Lage sind, Vertrauen zu ihren MitschülerInnen aufzubauen, sie ernst zu nehmen und Empathie für sie zu entwickeln. Sie müssen die aktuelle Konfliktsituation erkennen, analysieren, mögliche latente Hintergründe erahnen und einbeziehen und verstehen, wann eine Lösung geeignet ist, akzeptabel zu sein für jeden, ohne dass eine/r der Beteiligten dabei sein Gesicht verliert. Es geht also um weitaus mehr als um das versierte Spiel auf der Klaviatur der Mediationsregularien, dass alle Unterstufenschüler irgendwann einmal kennen gelernt haben. Seit einigen Jahren ist es Andreas Luckey, studierter Pädagoge, Psychologe und Philosoph, zudem ausgebildet in klassischer Pantomime und Körpersprache durch Samuel Molcho, der – gern unter dem Dach der Franziskaner in Wiedenbrück – ihre Vorbereitung gestaltet. Dabei spielt die konkrete Strategie der Streitschlichtung nur eine nachgeordnete Rolle. Im Vordergrund stehen Erlebnisse der Selbst- und Fremdwahrnehmung hinsichtlich von Emotionen, Motiven und Interessen, Mutproben, die objektiv gefährlich und nur zu bestehen sind bei größtem Ernst aller Teilnehmer, Vertrauen in die Verlässlichkeit der Mitspieler und deren absolute Solidarität und Übungen der Teamarbeit zur kooperativen und kreativen Konfliktlösung. Den abschließenden Höhepunkt des Ausbildungsseminars bildet eine Simulation, in der die Schüler(innen) die schmerzhafte Erfahrung machen, dass sie existentieller Grundlagen ihres Selbst- und Weltverständnisses beraubt werden: Was bleibt in der Situation äußerster Gefahr? Worauf kommt es an im Leben? Gestalten wir unser Leben in diesem Bewusstsein? Jede/r Teilnehmer/in muss sich diesen Fragen stellen. Wenn die Schüler(innen) aus diesen Tagen wieder nach Hause kommen, sind sie nicht mehr dieselben. Damit im Alltag des darauffolgenden Schuljahres, in dem die jungen Streitschlichter „im Amt“ sind, diese Kompetenzen nicht in Vergessenheit geraten, ist im Schuljahr 2012/13 zum ersten Mal ein Begleitprogramm erprobt worden, das insgesamt erfolgreich war und daher 2013/14 nur wenig modifiziert fortgeführt werden wird. In monatlichen Treffen besuchen wir gemeinsam Personen und Institutionen, die im weitesten Sinne mit Konfliktverarbeitung zu tun haben: – Professionelle Unterstützung bieten uns die Mediatoren und Mediatorenausbilder Mechthild und Axel Stockmeier, die uns nebenbei auch den lebenspraktischen Wert der Methode der gewaltfreien Kommunikation vor Augen führen, die jeder Mediation zugrunde liegt. – Vertiefung der Empathiefähigkeit erfahren wir bei einer erfahrenen Kinder- und Jugendpsychotherapeutin, beim Verein „Sterntaler“, der Kindern und Jugendlichen Trauerbegleitung bei Sterbefällen im Familienkreis anbietet, und bei „unserem“ 70 Polizisten, der von Situationen häuslicher Gewalt und Not und deren Deeskalation berichtet. – Erfahrungen und Strategien im Umgang mit eigener und fremder Aggressivität erleben wir beim Besuch der Schulpsychologischen Beratungsstelle und in einer Malwerkstatt. Dieser Beitrag soll den hohen pädagogischen Wert der Streitschlichtung zeigen, die – so sie diese Chance erhält! – in ihrer Ausstrahlung in die Schülerschaft eine unschätzbare Bereicherung für das Innenleben der Schulgemeinschaft bedeutet. Wir Lehrer sollten uns bei Streitigkeiten unserer Schüler(innen) häufiger zurücknehmen und die Chancen einer Unterstützung durch unsere kompetenten jungen Mediatoren nutzen. Beitrag zum Schulwettbewerb „Eucharistischer Kongress 2013“ StD’ Romy Tenge Unter dem Motto „Wenn nicht jetzt, wann dann. Eucharistie – Aufbruch zum Leben“ waren die Schülerinnen und Schüler eingeladen, sich mit der Emmausgeschichte (LvK. 24, 13 – 35) zu beschäftigen. Hier sollten sie Anregung finden, das Thema Eucharistie in seiner Bedeutung für das eigene Leben und für den Glauben zu bedenken und in verschiedenen Kunstformen auszudrücken. Musik, Kunst, Medien, Literatur.... die Schüler/innen des Grundkurses Katholische Religionslehre wählten verschiedene Zugänge. Julia Furmanczyk drückte ihre Gedanken in einem Gedicht aus: Emmaus Finsternis das Ende unbekannt das heilige Licht scheint für immer verloschen Die Tränen der klagenden Frauen versiegen im Sand Ein Windhauch streift die vergrämten Gesichter der Odem der Glaube die vollkommene Liebe Seeligkeit erfüllt das Licht die Luft die Erde erblüht vor Fruchtbarkeit Ein Fremder Zwei Wanderer Die Nachricht aufbrausend, nachdenklich stimmend Worte, in Zuversicht gesprochen, von einer Stimme wohlbekannt, decken auf, was verborgen und verschwunden galt Funken, hoffnungsvoll im brennenden Herzen, schweben in Anmut durch den Himmel, bei Anbruch der Nacht Und wo sie sich niederlassen bleiben Spuren weitergetragen von dem Glauben, schützend eingerahmt von Gottes Plan 71 Lernferien Ostern 2013 – Begabungen fördern Tarik Wörmann, Q1 In der ersten Woche der Osterferien, vom 25.03. bis zum 29.03., bin ich in die Lernferien nach Hückeswagen, nahe Remscheid, gefahren. Als Veranstaltungsort hatte das Schulministerium des Landes NRW dort eine Jugendbegegnungsstätte ausgesucht. Meine Stufenleiterin hatte mich für die Lernferien vorgeschlagen und mit mir das Anmeldeformular ausgefüllt. Im Lernkurs waren wir insgesamt 21 Schüler der Jahrgangsstufe 11/Q1 an Gymnasien bzw. der Jahrgangsstufe 12 an Gesamtschulen aus ganz NRW. Eine Kursteilnehmerin musste sich am ersten Tag aus privaten Gründen wieder verabschieden. So verblieben 20 Teilnehmer, 15 Mädchen und 5 Jungen. Die Unterbringung erfolgte überwiegend in 2-3-Bettzimmern. Wir wuchsen schnell zu einer lockeren und freundschaftlichen Lerngemeinschaft zusammen. Das Thema der Woche lautete „Ich bin die Zukunft: Begabung und soziale Verantwortung in der Gesellschaft“. Zu diesem Thema haben wir Vorträge von diversen Referenten gehört, zum Beispiel zum Thema humanitäre Hilfe. Dazu referierte eine Sozialwissenschaftlerin, die einige Jahre in Thailand und anderen ostasiatischen Ländern verbracht hat. Aufgrund ihrer Erfahrungen dort ist sie einer Organisation beigetreten, die humanitäre Hilfe in Krisengebieten leistet, nicht nur nach einer Katastrophe, sondern auch zur Vorbeugung von Kriegen und anderen Konflikten. Da die Referentin ihre Arbeit und die Zustände in den Ländern anschaulich geschildert hat, waren wir von dem Vortrag so sehr beeindruckt, dass wir sogar während des Mittagessens und in der anschließenden kurzen Pause darüber weiterdiskutierten. Auch das Thema Nachhaltigkeit spielte in der Woche eine große Rolle. Wir haben uns dem Thema genähert, indem wir zum Einstieg ein kurzes Video gesehen haben, das uns die Auswirkungen des fahrlässigen Wegwerf-Verhaltens verdeutlichte. Danach war es unsere Aufgabe, Plakate zum Thema Nachhaltigkeit zu entwerfen. Als Hilfe diente uns ein wissenschaftlich gehaltener Bericht zur Nachhaltigkeit. Zum Abschluss sollten 72 wir in einer Art Selbstreflexion unser persönliches Bewusstsein in Sachen Nachhaltigkeit herausfinden. Im Anschluss an diesen Workshop referierte ein Mitarbeiter von Bayer Crop Science, einem Unternehmen der Bayerwerke, aus einer ganz anderen Perspektive, nämlich der eines Chemiekonzerns, das Thema Nachhaltigkeit. Für ihn bedeutete Nachhaltigkeit, anhand von neuen Pflanzenschutzmitteln und Erfolgen in der landwirtschaftlichen Gentechnik Wege zu finden, eine stetig steigende Weltbevölkerung auf der heute vorhandenen landwirtschaftlichen Nutzfläche ausreichend zu ernähren, also vorhandene Ressourcen besser zu nutzen. Bei einigen Schülern stieß er damit jedoch auf Widerstand, vor allem wegen der Gefahren in der Gentechnologie. Er konnte sich dem aber mit aussagekräftigen Argumenten widersetzen. Zum Abschluss der Woche war eine Berufsberatung angesetzt, die allerdings nicht, wie man erwarten würde, von den Mitarbeitern, sondern von den Teilnehmern selbst in Kleingruppen durchgeführt wurde. Dazu hat jeder sein persönliches Profil erstellt, vom Kindergarten bis zur Gegenwart, das dann in der Gruppe vorgestellt wurde. Aus den genannten Eigenschaften schlussfolgerten die Gruppenteilnehmer mögliche, individuell geeignete Berufe. Daraus resultierten volle Mindmaps, die jedem Teilnehmer entweder neue Berufsvorschläge lieferten oder ihn in der eigenen Berufsvorstellung bestätigten. Unter Lernferien hatte ich mir ursprünglich Methodentraining und Hilfen vorgestellt, die mir nützen sollten, schulisches Lernen in der Oberstufe und darüber hinaus effizienter zu gestalten. Meine Erwartungen wurden in dieser Woche auf andere Art dennoch übertroffen. Die Lernatmosphäre in den Workshops und Diskussionsrunden war entspannter und lockerer, als es im Alltag der Schule mit seiner Stofffülle möglich ist. Ich habe in dieser Woche oft Gelegenheit gehabt, meine Gedanken zu den Themen einzubringen. Diese Art des Lernens in der Gruppe war für mich hilfreich und (ent-)spannend. Erfolgreiche Teilnahme beim Regionalwettbewerb – „Jugend debattiert“ Maurice Schürmann (Jahrgang 10) in der Finaldebatte! StD’ Romy Tenge Romy Tenge und Dr. Egon Gindele mit dem Debattierclub des Ratsgymnasiums vor der Bezirksregierung Detmold. Acht Schüler/innen des Ratsgymnasiums nahmen am 20.02.2013 am Regionalwettbewerb „Jugend debattiert“ teil, der in den Räumen der Bezirksregierung Detmold stattfand. Insgesamt haben sich 84 Schüler unterschiedlicher Schulen aus OWL am Regionalwettbewerb beteiligt. Erfolgreich diskutierten die Schüler(innen) der Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II Bereich zu interessanten Themen: Altersgruppe I ( Klassen 8-9) 1.Sollen Jugendliche erst ab 16 Jahren Mobiltelefone besitzen und benutzen dürfen? 2.Soll der Betrieb von PKW, die auf 100 km über 10 Liter Kraftstoff verbrauchen, verboten werden? 3.Sollen in der Schule Dialekte stärker gepflegt werden? Altersgruppe II (Jahrgangsstufen 10-12) Sollen Plastiktragetüten verboten wer1. den? 2. Sollen Sportler, die in einer deutschen Nationalmannschaft antreten, bei Sportveranstaltungen verpflichtet sein, die Nationalhymne laut und deutlich mitzusingen? 3.Sollen in unserer Stadt Straßen, die nach politisch umstrittenen Personen der Zeitgeschichte benannt sind, umbenannt werden? Maurice Schürmann aus dem Jahrgang 10 gelang sogar die Teilnahme an der Finaldebatte! Herzlichen Glückwunsch! S e it S chuljahresbeginn trifft sich regelmäßig eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern unter der Leitung von Frau Tenge und Herrn Dr. Gindele, um ihre Talente und Kompetenzen in den Bereichen Sprache, Rhetorik und Argumentation zu entwickeln und weiter auszubauen. Nach verbindlich festgelegten Regeln setzen sich die Schüler/innen mit unterschiedlichen Themen auseinander und trainieren in einem fairen Wettstreit Sachkenntnis, Ausdrucksvermögen, Gesprächsfähigkeit und Überzeugungskraft. Der Debattierclub wird von der Familie-Osthushenrich-Stiftung gefördert und auch finanziell unterstützt. „Jugend debattiert“ ist ein Projekt der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung auf Initiative und unter der Schirmherrschaft des Bundespräsifenten, unterstützt von Kooperationspartnern, wie z. B. die Heinz-NixdorfStiftung, die Kultusministerkonferenz und die Kultusministerien der Länder. Es handelt sich um den größten bundesweiten Schülerwettbewerb zur sprachlich-politischen Bildung. Über neue Debattantinnen und Debattanten freut sich der Debattierclub! 73 Essays: Denk- und Ausdrucksexperimente OStR Dr. Wolfgang Schröder, Abi ’67 „Man wittert eine bestimmte Wahrheit, aber hat sie noch nicht, man umkreist sie in immer wieder ansetzenden Schlussketten, anschaulichen Wendungen und vielleicht ausschweifenden Reflexionen, um Lücken, Konturen, Kerne, Sachverhalte zu entdecken.“ So umschreibt der Kunstphilosoph Max Bense die komplexen Impulse zum Schreiben von Essays. Er zählt diese ebenso tastenden wie oft „ausschweifenden“ Texte zur „experimentellen Literatur“. Die erhebliche Freiheit der essayistischen Prosa bedeutet Versuch und Wagnis, aber nicht selten auch Verirrung und Scheitern. Selbst für den professionellen Essayisten gibt es keine Patentrezepte. Und wer hier nach einem Standard fragt, muss sich die verbreitete Gleichsetzung dieses Begriffs mit dem Mittelmaß schleunigst abgewöhnen. So ist es bemerkenswert und durchaus ein bisschen erstaunlich, dass ausgerechnet im Zeitalter der Bildungsstandards die wesentlich undefinierbaren Essays, diese unabgesicherten, netzlosen Übungen zur Gedankenkür an Beliebtheit gewinnen. Trotz des durch viele Kompetenzmodelle und Kontrollmodule sich ziehenden Niedergangs der verbalen Ansprüche – der schleichende Prozess geschieht bei häufiger Verwechslung von Mündigkeit und Mündlichkeit – und im lichtenden Widerspruch zu gewissen Diagnosen der Geistesferne wird von Bedachtsamen die bleibende Potenz der Sprache, des Ausdrucks und der Schrift wahrgenommen. Hier scheint eine Chance zur Wiederbelebung der Nachdenklichkeit und der Kultur des Formulierens zu dämmern. In der Welt sprachlicher Setzungen tritt dabei das Interesse am Datengemenge zurück, um der Lust am möglichst konturscharfen Schreiben den ihr gebührenden Raum zu geben. Der Dichter und Literaturwissenschaftler Michael Hamburger hat dies auf die professionelle Essayistik bezogen, indem er, den inflationären Informationsbegriff in Frage stellend, in einem „Essay über den Essay“ 74 schrieb: „Seit Montaigne ist der Essay höchst individualistisch, setzt aber zugleich eine Gesellschaft voraus, die den Individualismus nicht nur duldet, sondern auch genießt – eine Gesellschaft, die Zeit hat, zudem genug Bildung, um auf Information zu verzichten.“ Die Technologie der Datenverarbeitung bezweckt die Speicherung, Zuordnung, Abrufbarkeit und leichte Wiederverwendung registrierbaren Wissens. Erkenntnis und Einsicht verdanken sich jedoch der Vertiefung, der Essentialisierung und insbesondere der vernunftgeleiteten Verarbeitung von Gründen und Argumenten. Erkenntnisse haben und Einsicht nehmen auch Geheimdienste, und zwar in sturer Entschlossenheit. Die Suche nach dem Einleuchtenden und geistig Bereichernden aber fragt, wo der Witz ist. Die Essayistik bezweckt Datenverarbeitung mit Esprit. Für das vorliegende Heft wurden wieder Beispiele aus der im Unterrichtsalltag an unserer Schule gepflegten Schüler-Essayistik ausgewählt. Den Anfang macht ein schöner Aufsatz von Julia Stögbauer über den Sinn und das Erleben von Lyrik. Der Aufsatz entstand im Leistungskurs Deutsch (OStR H. Tiemeyer). Auch der Text über Bertolt Brecht ist von Julia Stögbauer. Der Beitrag von Jan Beutler stellt das Resultat einer ganz „normalen“ Hausaufgabe dar. Laura Herde und Maximilian Günnewig-Mönert wurden schon 2011 für ihre erfolgreiche Teilnahme am Bundes- und Landeswettbewerb Philosophischer Essay ausgezeichnet. Das Lob mit Urkunde wurde ihnen vom Landesbeauftragten Dr. Gerd Gerhardt verliehen. Beide Wettbewerbsteilnehmer diskutieren in ihren Essays einen Ausspruch von Oscar Wilde, den der Philosoph und Schriftsteller Ulrich Horstmann, ein Virtuose gegenwärtiger Unheilswahrnehmung, zur Bearbeitung vorgeschlagen hatte: „Die Grundlage des Optimismus ist die nackte Angst.“ Der Aufsatz von Maximilian Hülshoff über die sprachliche Kommunikation in der heutigen Zeit entstand als Beitrag zum landes- weiten Schülerwettbewerb „Deutsch: Essay“. Der Text wurde mit Lob seitens der Landesbehörde bedacht. Der Beitrag über Sprache und Sprachkritik von Annina Macht entstand als Abschlussaufgabe einer Unterrichtsreihe im OI-Grundkurs Deutsch. Lennart Stadtmann macht sich Gedanken über Thomas Manns These, der Schriftsteller sei ein Mann, „dem das Schreiben schwerer fällt als allen anderen Leuten.“ Lennart thematisiert dabei das Problem der Sprachverantwortlichkeit aller Sprachteilnehmer, womit er unausdrücklich zugleich auf die zentrale Aufgabe des Essayschreibens an der Schule verweist. Für ihre Essays beim Philosophie-Wettbewerb wurden im letzten Jahr wieder zwei Schüler unserer Schule mit Urkunden gelobt: Pascal Féaux de Lacroix (Q2) für seine Gedanken über die Alternative „Psychoanalyse oder Neurowissenschaft“, Tim Kerkmann (Q1) für seinen Aufsatz „Von Wölfen und Lämmern“. Ob Wettbewerbsbeitrag oder Hausaufgabe zwischen zwei Unterrichtsstunden, ob selbstgewählte Fragestellung oder zusammenfassende und weiterführende Reflexion am Ende einer Reihe – die Verarbeitung eines Themas in sprachlich angemessener Form setzt das Bemühen um Wortwahl, Satzbau und Textgestaltung voraus. Allen Beiträgern, die ihre individuellen Deutschund Philo-Texte zur Verfügung stellten, sei herzlich gedankt. Essay: Wozu Lyrik?! Julia Stögbauer, OI Der folgende Aufsatz von Julia Stögbauer (Foto) über ihre persönliche Lyrikrezeption entstand als Abschlussaufgabe einer Gedichtreihe im Leistungskurs Deutsch OI bei Herrn OStR Hermann Tiemeyer. Steht in der Oberstufe das Thema „Lyrik“ auf abgeheftet wurdem Lehrplan, stöhnen die meisten Schüler den. Als Gedichnur gelangweilt auf. Wissen sie doch genau, te einfach nur da was ihnen nun bevorsteht: formale und in- waren. haltliche Analysen, epochale Zuordnungen, Ich bin überzeugt davon, dass fast jeder von ellenlange Vergleiche. Für die nächsten Wouns diesen Moment einmal erlebt hat: den chen sehen sie sich konfrontiert mit Jamben Moment, in dem ein Gedichte einfach nur da und Kreuzreimen, Sonetten und Gedankenwar, nichts verlangt und nach nichts gefragt lyrik, Barock und Empfindsamkeit. Längst hat, aus sich selbst heraus existierte und sich nicht mehr erinnern sie sich daran, was Lyrik aus sich selbst heraus erklärte. In meinem vielleicht einmal für sie bedeutete, als man Moment war ich gerade siebzehn Jahre alt noch nicht von ihnen verlangte, aus einem geworden, es war mein Geburtstag. Mein daunreinen Versmaß auf die Erschütterung der maliger Freund hatte mir abends zuvor einen Menschen unter dem Eindruck des Dreißigriesigen Pappkarton vor die Tür gestellt, in jährigen Kriegs zu schließen. Als Gedichte welchem sich unter einer Menge Zeitungsnoch nicht den schalen Beigeschmack der papier ein Mp3-Player befand. Mein Freund trockenen Theorie hatten, sondern einfach hatte mir für den gesamten Schultag kleine, nur da waren, um gelesen und erfahren zu persönliche Nachrichten aufgesprochen. werden, individuell und subjektiv. Als der Eindruck und die Deutung noch nicht vom Die letzte, wichtigste von allen, war ein GeSchulministerium in einem strengen Erwar- dicht. Nein, es war nicht nur ein Gedicht, es tungshorizont festgelegt, standardisiert und war DAS Gedicht. 75 Es war das Gedicht, in meinem ganz eigenen Moment, das einfach nur da war. Für mich: Aber Zuerst habe ich mich verliebt in den Glanz deiner Augen in dein Lachen in deine Lebensfreude Jetzt liebe ich auch dein Weinen und deine Lebensangst und die Hilflosigkeit in deinen Augen Aber gegen die Angst will ich dir helfen denn meine Lebensfreude ist noch immer der Glanz deiner Augen (Erich Fried) Nachdem er es zu Ende gesprochen hatte, sagte mein Freund auf dem Band lange Zeit nichts. Und dann, nach einer kaum auszuhaltenden, scheinbar endlosen Stille, schließlich: „Ich liebe Dich.“ Dieses Gedicht hat es vermocht, etwas in mir auszulösen, was ich noch bis heute, Jahre danach, wieder hervorholen kann wie eine Schatzkiste, die man in sich trägt und jeder Zeit öffnen kann. Ich habe mich wiedergefunden in diesem Gedicht, ich habe mich verstanden und aufgehoben gefühlt und tue es noch heute. Dies hätte kein Prosatext vermocht: das Zusammenspiel von bedacht ausgewählten und miteinander kommunizierenden Worten, geschickt angeordnet in drei einfachen Versen, eingebettet in den wohligen Klang der Sprache. Die, um es mit den vom Schulministerium verlangten Fachtermini zu sagen, bewusste Desemantisierung der optischen und formalen Ebene zu Gunsten der Semantisierung der inhaltlichen Ebene; die Kombination aus Anaphern, Repetitionen und Antithesen, welche auf subtile Weise die Thematik verdeutlichen und dem Gedicht und seiner Aussage Kraft, etwas Beständiges, vielleicht Ewiges verleihen. Als ich das Gedicht das erste Mal hörte, habe ich nicht an Semantisierung oder Alliterationen gedacht, und das musste ich auch gar nicht: ich habe ihre Wirkung gespürt 76 und damit die ganz persönliche Botschaft des Gedichtes an mich verstanden. Und so wurde aus einem Gedicht das Gedicht, mein Gedicht. Sicherlich gibt es viele eher rational fundierte Antworten auf die Frage „Wozu Lyrik?!“ wie: „Lyrische Werke sind Zeitzeugen, weil sie die literarischen, historischen und soziokulturellen Strömungen der Zeit aufnehmen und widerspiegeln“ – oder: „Die Analyse der Lyrik, sei es konkrete Poesie oder ein Gedicht, schult die analytische Fähigkeit des Lesers, welcher die Überstrukturiertheit des Werkes erkennen und deuten lernt.“ Und mit Sicherheit sprechen diese Argumente wichtige Aspekte der Lyrik an, welche bei einer ganzheitlichen Betrachtung nicht vernachlässigt werden dürfen. Doch für mich liegt der Hauptgrund, der Sinn, die Rechtfertigung der Existenz der Lyrik in ihrer Existenz selbst. In ihrer Existenz, die darauf wartet, von jemandem entdeckt und erkannt zu werden, nicht nur optisch, akustisch und semantisch, sondern emotional, mit dem Herzen. Lyrik vermag es, die Menschen zu bewegen, ohne dass sie sogleich wissen, wodurch. Es sind vielleicht keine detaillierten Charakterisierungen oder haarscharfen Beschreibungen und Argumentationen, wie wir sie aus Prosawerken kennen. Es ist die Magie des lyrischen Werks an sich, welche es vermag, den Leser zu berühren. Sicherlich bildet die Überstrukturiertheit ebenso wie der formale Aufbau eine Grundlage dafür, dass dieser magische Prozess zunächst in Gang kommt. Doch es ist letztlich mehr als das, es ist der Dialog zwischen Leser und Gedicht, ein Geben und Nehmen von Eindrücken, Assoziationen und Gedanken, welcher nicht nur rational erklärt, sondern auch emotional empfunden werden kann. Diese Magie macht Lyrik besonders, geheimnisvoll und unabdingbar im Leben eines Menschen, der bereit ist, sich fallen zu lassen, ohne zu hinterfragen, um sich selbst zu finden. Es gab da mal einen schlauen Fuchs, der zu einem kleine Prinzen sagte: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Essay: Galileo Galilei, ein Held fürs Drama – aber kein Dramenheld?! Julia Stögbauer, OI Der folgende Aufsatz von Julia Stögbauer über Bertolt Brechts Bild des Galileo Galilei entstand als Abschlussaufgabe einer Unterrichtsreihe zu Brechts Theaterstück und seiner besonderen Dramaturgie im Leistungskurs Deutsch OI bei Herrn OStR Hermann Tiemeyer. „Woyzeck ist sehr wohl ein Held fürs Drama. Woyzeck darf nie ein Dramenheld werden. Das ist klar.“ Die freie Enzyklopädie Wikipedia definiert: „Ein Held (griechisch ἥρως hḗrōs, althochdeutsch helido) ist eine Person mit besonders herausragenden Fähigkeiten oder Eigenschaften, die sie zu besonders hervorragenden Leistungen, sog. Heldentaten, treiben. Dabei kann es sich um reale oder fiktive Personen handeln, also um Gestalten der Geschichte, aber auch der Legende oder Sage. Die Taten des Helden können ihm entsprechenden Heldenruhm bescheren. Seine heldischen (auch heldenhaften oder heroischen) Fähigkeiten können von körperlicher Art (Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer etc.) oder auch geistiger Natur sein (Mut, Aufopferungsbereitschaft, Einsatzbereitschaft für Ideale oder Mitmenschen). Helden stehen meist in einem Gegensatz zum Schurken oder Feigling (Neiding).“ Vergleicht man diese Definition eines Helden mit dem Galilei, wie er sich in der 14. Szene von Brechts epischem Theaterstück „Leben des Galilei“ präsentiert, erfährt man vor allem eines: Desillusionierung. Da sitzt er, der kranke und mittlerweile halbblinde Astronom, und lässt sich von seiner Tochter Virginia mit fetter Gans bedienen – ein entmündigter Greis, ein demoralisierter alter Mann, der sich einst Wissenschaftler nennen durfte. Nichts ist übrig geblieben von seinem revolutionären Geist, seiner Leidenschaft, seinem einst unerschütterlichen Ehrgeiz. Er scheint sich seinem Schicksal gefügt zu haben, anstatt ihm zu trotzen, um sich fallen zu lassen in den Schoß der von ihm stets so verhassten Kirche, um seinem größten Laster zu frönen: dem Genuss. Hier ist nicht etwa die Rede vom Genuss der Forschung oder der intellektuellen Erkenntnisse, nein, es geht um Wein und viel, viel gutes Essen. Ganz banal. Es stimmt, Galilei ist kein Dramenheld. Da ist keine Stringenz und Konsequenz in seinem Handeln, da ist Ambivalenz und Diskontinuität und zwar von der ersten Szene an. Galilei kämpft nicht mit der Unerschütterlichkeit einer Iphigenie und ist auch nicht bereit, für seine Ideale zu sterben wie eine Antigone. Das Tragische hierbei: Galilei hat zwar eine Überzeugung, und nicht nur irgendeine, sondern die Überzeugung von einer besseren Welt, die Idee von einer Revolution zugunsten der gesamten Menschheit – doch er verfügt nicht über die nötige charakterliche Stärke, für all dies einzustehen. „Ich habe widerrufen, weil ich den körperlichen Schmerz fürchtete“, gesteht er selbst ein, als sein ehemaliger Schüler Andrea ihm in seiner Verzweiflung noch taktische Klugheit attestieren möchte. Nein, Galilei hat nicht widerrufen, um im Stillen weiterschreiben zu können, weil er sich darüber im Klaren war, dass dies der einzige Weg sein würde, seine Forschungen fortzusetzen. Es war kein ausgeklügelter Plan, kein eiskaltes Kalkül, was ihn dazu gebracht hat, seine gesamte wissenschaftliche Arbeit vor aller Welt öffentlich zunichte zu machen. Es war Todesangst. Schlichte Todesfurcht, von Andrea zur „menschlichen Schwäche“ erklärt. Spätestens hier steht also fest: Galilei ist ein Feigling – „Helden stehen meist in einem Gegensatz zum Schurken oder Feigling.“ Und doch kann dieses niederschmetternde Urteil, diese universale Kritik nicht alles gewesen sein, was von Galilei bleibt. Es bleibt (Alfred Kerr in einer Rezension aus dem Berliner Tageblatt vom 6. April 1921 über „Woyzeck“ von Georg Büchner) 77 tatsächlich ganz schön viel von diesem charakterlich so schwachen, feigen Genussmenschen: ein Drama, das es in sich hat. Das nicht einlädt, die Füße hochzulegen und abzuschalten, weil man „ja eh weiß, wie’s ausgehen wird“: denn der Standard-Held setzt seine Ideale entweder durch oder geht für sie in den Tod. Das Drama um, oder besser gesagt, das Drama durch Galilei ist ein ganz anderes: Man weiß nie, was kommt, was Galilei tut, wie er sich entscheidet. „Die epische Form des Theaters – sie macht ihn (den Zuschauer) zum Betrachter, aber weckt seine Aktivität“ – so definiert Brecht selbst die von ihm entwickelte neue Form des Theaters. Und an dieser Stelle ist es die Dialektik im Charakter der Hauptfigur selbst, welche die Aktivität des Zuschauers weckt, ihn stets auf Spannung hält, ihm keine Ruhe gönnt und ihn aufruft zur Wachsamkeit, zur Reflexion, zur Aktivität. Um Galilei und sein Handeln verstehen zu können, ist der Zuschauer angehalten, seine Taten immer im jeweiligen Kontext des Geschehens zu betrachten und sich immer wieder auf neue Perspektiven und Facetten einzustellen. Wenn wir es überspitzt darstellen wollten, könnten wir behaupten, dass Galilei im Prinzip schon nach der ersten Verwarnung durch die Inquisition hätte seine Forschung einstellen können – zumindest, wenn er konsequent wäre, in seiner Genusssucht und Feigheit. Doch noch nicht einmal das ist sicher, noch nicht einmal auf Galileis menschliche Schwäche kann man sich verlassen: er schweigt lediglich acht Jahre, dann kommt ein neuer Papst auf den Thron und schon beginnt er erneut, sich der kopernikanischen Lehre zu widmen, frei nach Konrad Adenauer: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.“ Da ist also ganz schön was los, nicht nur im Drama selbst, sondern auch im Zuschauerraum, denn immer wieder fragt man sich: „Warum hat er das getan?“ – „Wieso tut er nun dies wieder?“ – „Hat er nicht noch in der letzten Szene etwas ganz anderes behauptet?“ Und genau das, diese Aktivität im Drama und außerhalb des Dramas, wäre schlichtweg nicht vorhanden, wenn da nicht Galilei wäre, dieser kleine, unberechenbare, ziemlich gewitzte Feigling, der nicht einmal in seiner Feigheit konsequent sein kann. Er ist ein Held fürs Drama, eben weil er kein typischer Dramenheld ist, eben weil er inkonsequent, schwach und vollkommen ambivalent in seinen Handlungen ist. Weil er nicht nach Schema F seine Idee verteidigt, unerbittlich bis zur Durchsetzung oder zum Märtyrertod, sondern weil er schwankt und weil er fällt – weil er Mensch ist. Nein, Galilei ist kein typischer Dramenheld, aber er ist ein Held fürs Drama: weil er das Drama macht. Essay: Vieh und Vernünftigkeit Jan Beutler, Q1 Die hier abgedruckte Hausaufgabe verfasste Jan Beutler eines Nachmittags im ersten Halbjahr der Stufe Q1. Im Grundkurs – Fachlehrer: Dr. W. Schröder – wurde Büchners „Woyzeck“ besprochen. Der Text der Hausaufgabe ist kurz und bringt die Sache auf den Punkt. „Zeig deine viehische Vernünftigkeit! Beschäme die menschliche Societät!“ – Mit diesem Satz im Stück „Woyzeck“ widerruft Georg Büchner die gesamte Aufklärung mit all ihren Erkenntnissen und Errungenschaften. Nachdem Kant den Wahlspruch aufge- 78 stellt hat: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ und die Menschen in Frankreich mit Gewalt ihren neuen Ansichten Ausdruck verliehen haben, macht Büchner all dies in einer kleinen Textpassage zunichte. Das Vieh, welches dem Menschen seit jeher untergeben war, soll nun Verstand besitzen? Ja sogar mehr als der Mensch? Daraus muss man folgern: Der Mensch kann sich gar nicht seines eigenen Verstandes bedienen, denn er besitzt gar keinen. Dagegen das Vieh! Die Rollen werden vertauscht, die Menschen in ihren Grundfesten erschüttert. Das wirkt beschämend. Seit Adam und Eva wissen wir, dass die ersten Menschen auch nicht ihren Verstand benutzt haben. Und warum dann ausgerechnet jetzt? Die Aufklärung ist kein Schalter, den man umlegen muss, damit einem das Licht aufbzw. angeht. Aufklärung ist vielmehr ein Prozess, der ins Rollen gebracht wurde und der bei Menschen unterschiedlich lange stattfindet. Intellektuelle, so die weit verbreitete Meinung, seien aufgeklärt, und somit abgegrenzt von den anderen „einfachen“ Bürgern. Aber Büchner zählt das Vieh sogar zu den Professoren an den Universitäten und macht damit die These von der aufgeklärten Vernunft, die alles besser werden lässt, lächerlich und wirkungslos. Büchner hat mit dem Vergleich die provokanteste Art der Verdeutlichung gewählt, dass die Menschen auch 45 Jahre nach der von der Aufklärung beeinflussten Französischen Revolution nicht im geringsten aufgeklärt sind, sei es als einfacher Bürger oder als Professor. Und gerade in diesem Punkt zeigt sich, dass Büchner ein radikal modernes Stück geschaffen hat. Er ist keine „Marionette mit himmelblauer Nase“, wie er einmal von den Idealisten –Schiller zum Beispiel – gesagt hat, sondern ein illusionsloser Realist, der die Welt in seinen Werken nicht verbessert, sondern sie – radikal – dem Leser so vorsetzt, wie Gott sie erschaffen hat. Ein Essay zum Thema: „The basis of optimism is sheer terror“ (Oscar Wilde) Laura Herde, 10/EP Der folgende Aufsatz von Laura Herde entstand als Beitrag zum Bundes- und Landeswettbewerb Philosophischer Essay. Es ist allgemein bekannt, dass jeder Mensch ein Gefühlsempfinden besitzt. Eines der Gefühle, mit dem es sich stark zu beschäftigen gilt und mit dem wir uns nun näher beschäftigen wollen, ist ein wohl sehr unbeliebtes und allseits abgestrittenes, dessen man sich bewusst ist, auch wenn man es sich nicht einzugestehen vermag. Das zu behandelnde Gefühl nennt sich Angst. Die Angst ist, wie jeder weiß, ein unangenehmes Gefühl, das einen überkommt, wenn man sich in einer misslichen und ungünstigen Lage befindet, der man möglichst schnell wieder zu entfliehen versucht. Sie überkommt uns, wenn wir sie am wenigsten benötigen, und geht erst wieder, wenn uns durch äußere Einflüsse signalisiert wird, dass es nun an der Zeit ist, sich zu entspannen. Selbst zuversichtliche Menschen kennen dieses Gefühl, auch wenn man es ihnen weniger anmerkt als anderen, doch ist keineswegs zu behaupten, dass ihnen dieses Gefühl unbekannt ist oder sogar erspart bliebe. Optimismus ist, im Gegensatz zur Angst, weniger ein Gefühl als vielmehr eine Einstellung. Positiv eingestellte Men- schen hinterlassen bei uns den Anschein, nie aus der Ruhe zu kommen und im allem und jedem das Gute, das Positive zu sehen. Für eine optimistische Lebenseinstellung, an jede sich stellende Aufgabe mit gutem Gefühl heranzugehen und alles in ein orange-rotes Licht zu tauchen (hierbei stehen die Farben orange und rot für den Optimismus), wird jedoch mehr als nur ein frohes Gemüt und eine glückliche Vergangenheit benötigt. Vielmehr sind Gefühle, ob in der Vergangenheit oder Gegenwart empfunden, verantwortlich für unsere Einstellung gegenüber Situationen, Aufgaben, Mitmenschen und natürlich uns selbst. Daraus lässt sich folgern, dass es eine Grundlage für den Optimismus gibt, eine Voraussetzung, die uns diese Einstellung überhaupt erst ermöglicht. Diese Grundlage, mit der wir uns nun näher beschäftigen wollen, ist das oben genannte Gefühl, die Angst. Wenn wir also Angst vor etwas haben, das mit großer Wahrscheinlichkeit in nächster Zukunft eintreffen wird, so versuchen wir diese zu überspielen und sie uns auf diese Weise nicht anmerken zu lassen. Mit Optimismus, einem Lächeln vielleicht, versuchen wir, dem künftigen Ereignis positiv gestimmt entgegen zu blicken, und allein unser Unterbewusstsein 79 ist sich darüber „bewusst“, dass all diese vorgetäuschten positiven Einstellungen und Gefühle nicht echt sind. Wir jedoch halten am Optimismus fest, brauchen ihn, sind nahezu abhängig von ihm, da wir sonst in dieser Welt nicht überleben könnten. Stellen wir dazu ein kleines Gedankenexperiment an: Stellen wir uns vor, wir müssten uns in naheliegender Zukunft mit einer Situation auseinandersetzen, und allein der Gedanke daran bereitete uns Unbehagen. Wir sind darauf vorbereitet, in einen Konflikt verwickelt zu werden, da dieser unumgänglich scheint. Es bleibt uns jedoch schlicht und ergreifend nichts anderes übrig, als uns mental darauf vorzubereiten und dem Ereignis mit einem unguten, aber dennoch unterdrückten Gefühl entgegenzusehen. Da dies aber an die Grenzen unserer psychischen Belastbarkeit, wenn auch nur unterbewusst, stoßen würde, versuchen wir uns anderweitig darauf einzustellen. Diese Einstellung bezeichnen wir als Optimismus. Er hilft uns, die Angst, die Scheu, vor der ungünstigen Situation zu bekämpfen oder vielmehr, sich ihr zu stellen. Denn wir beschäftigen uns mit dem Ereignis, setzten uns auseinander, wägen Für und Wider ab und kommen zu dem Schluss, dass dieser Konflikt auch etwas Gutes mit sich bringen wird. Dies muss nicht unbedingt stimmen, vielmehr ist es sogar wahrscheinlich, dass wir nur wenig Positives aus der Angelegenheit ziehen, doch in diesem Moment zählt allein die Einstellung. Wir denken uns also in die Situation hinein, und wenn wir Glück haben, sehen wir etwas Gutes darin, wie zum Beispiel die Bewältigung der Angst oder das Aus-demWeg-Räumen eines Problems, das uns schon 80 viel zu lange verfolgt. Dadurch ändert sich unsere Grundeinstellung und wir gehen mit einem anderen Gefühl und einer anderen Sichtweise an das Problem heran, erkennen eine Art Sinn, den wir ihm selbst gegeben haben. Deshalb dient die Angst als Grundlage unserer Einstellung, sie allein beeinflusst unsere Gedankengänge und verleitet uns dazu, ein Projekt optimistisch in Angriff zu nehmen. Denn ohne Angst, ja sogar ohne Zweifel, würden wir nie auf den Gedanken kommen, etwas so zu sehen, wie es tatsächlich ist, und zwar eine Situation mit all ihren Nachteilen. In Anbetracht der Nachteile, die wir uns vor Augen führen, ist es vielleicht unser Instinkt, auch die positiven Dinge daneben zu stellen und Pro und Kontra gegeneinander abzuwägen. Damit scheint uns der Optimismus, ebenso wie die Angst, in die Wiege gelegt, also angeboren. Sie gehört unabdingbar zum menschlichen Wesen dazu. Unser Verhalten wird demnach allein durch unsere Einstellung, unser Verhältnis zu den Dingen und unsere Herangehensweise zur Bewältigung von Aufgaben und Konflikten sowohl bedingt als auch beeinflusst. So kommen wir zu dem Schluss, dass die Angst, die uns angeboren ist, unser Verhalten drastisch beeinflusst, ja nahezu die Grundlage für unsere Einstellungen und unsere Ansichten darstellt. Demnach gehört sie zu dem Menschen, wie die Erde in das Universum. Unser Dasein ist ohne Angst nahezu unvorstellbar, woraus sich aber eben auch die optimistische Einstellung bilden und weiterentwickeln kann. Aus eigener Kraft gewachsen und mit unserer 75-jährigen Tradition sind wir mit zurzeit 35 Mitarbeitern in der juristischen Beratung und Prozessführung tätig. Individualität und Kompetenz bei der Betreuung unserer Mandanten sind uns Anspruch und Verpflichtung. 33602 Bielefeld Niederwall 43 Telefon 0521.96431-0 Telefax 0521.96431-50 info@diekmeyer.de www.diekmeyer.de Rechtsanwälte und Notare Robert Wagenknecht Dr. Jan C. Nordmeyer Rechtsanwälte Dr. Christoph Meyer-Rahe Fachanwalt für Arbeitsrecht Fachanwalt für Medizinrecht Stefan Meißner Fachanwalt für Verkehrsrecht Hermann Kloock Ricarda Osthus Jan Wittenborn Fachanwalt für Verwaltungsrecht Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht Dr. Frank-André Mönkemöller Fachanwalt für Informationstechnologierecht Heike Klockemann Fachanwältin für Arbeitsrecht Caroline Sellmann Fachanwältin für Familienrecht Jahrestreffen 2012 Fotos: Fotoatelier Berries 82 Besuchen Sie uns auch im Internet: Herforder Str. 197 · 33609 Bielefeld · Tel.: 05 21/ 3 23 73-0 www.autohaus-berning.de Jahrestreffen 2012 Fotos: Fotoatelier Berries 84 Gemütlicher Abend mit Freunden oder große Betriebsfeier. Wir sind für Sie da! Kompetente Beratung ist für uns selbstverständlich. Events & Catering mobil: 0171 / 32 29 118 festnetz: 05207 / 95 46 103 Mail: alexander-einecke@t-online.de www.einecke-events-catering.de 85 Jahrestreffen 2012 Fotos: Fotoatelier Berries 86 Chronik des Schuljahres 2012/2013 Jahrestreffen 2012 StD’ Christa Wegener-Mürbe Die folgende Chronik spiegelt – wie in jedem Schuljahr – einen Ausschnitt schulischer Ereignisse wieder, die über den täglichen Unterricht hinaus zum Schulleben gehören. Aktivitäten einzelner Klassen, z. B. Schullandheimaufenthalte, Wandertage oder Exkursionen, haben alle ihre wichtige Bedeutung, können aber der gebotenen Kürze wegen nicht berücksichtigt werden. 22.08.2012 Nach den Sommerferien startet das neue Schuljahr für alle Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer. 23.08.2012 Für 96 Sextanerinnen und Sextaner beginnt die Schulzeit am Rats! Nach einem Gottesdienst mit Herrn Genetzky in der Altstädter NicolaiKirche treffen sich die Schülerinnen und Schüler mit ihren Eltern zu einer kleinen Feier in der Aula. Die musikalische Umrahmung liegt in den Händen von Herrn Kamps. Anschließend begleiten die Klassenleitungen Frau Tschäpe, Frau Uffenkamp und Herr Jansen ihre Klassen in die Klassenräume, um die ersten Stunden gemeinsam zu verbringen. Für die Eltern der neuen Schülerinnen und Schüler haben Eltern des Fördervereins im Forum ein Kaffeetrinken vorbereitet und knüpfen die ersten Kontakte. 30.08.2012 Im Theaterlabor findet die zweite Bildungskonferenz der Stadt Bielefeld zum Thema „Individuelle Förderung“ statt. Beim „Markt der Möglichkeiten“ präsentiert eine Arbeitsgruppe mit Frau Aland, Frau Schulz und Herrn Topp unter der Federführung von Frau Dr. Biermann Ergebnisse aus der Förderung am Ratsgymnasium. 31.08.2012 Im Stadion an der Rußheide finden die Leichtathletik-Bundesjugendspiele statt. Die Fachschaft Sport hat das Sportfest organisiert, an dem alle Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I und der Einführungsphase der Sekundarstufe II teilnehmen. Neben dem Dreikampf, in dem wieder viele Urkunden erworben werden, finden auch die Staffeln aller Jahrgangsstufen statt. Die Fachschaft Sport wird bei der Durch-führung vom Kollegium und den Sportkursen der Jahrgangsstufe 11 (Qualifikationsphase Q1) unterstützt. 28.09.2012 Die Schulrunde der Mathematikolympiade „MaRa“ fordert die Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I zu kreativen Lösungen von mathematischen Knobelaufgaben heraus. In der kleinen Turnhalle und in der Aula stellen die Teams sich zwei Stunden den Aufgaben, die Frau Dr. Biermann zusammengestellt hat. 28.09. – 10.10.2012 Der Doppeljahrgang mit den Jahrgangsstufen 13 und 12 fährt auf Studienfahrt: Frau Reinhold und Frau Wagner-Storz, unterstützt von Herrn Bökamp, begleiten eine Gruppe zur Biologischen Station in Giglio, Frau Krüger und Herr Magofsky fahren mit ihrer Gruppe nach Italien, Frau Winke, zeitweise Herr Boenigk und Herr Lohr begleiten die Fahrt nach Griechenland, Frau Hauer und Herr Rotter sind mit der Schülergruppe in Andalusien und Herr Dr. Altenberend und Herr Gerwin begleiten die Fahrt nach Wien. 30.09. – 10.10.2012 23 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 9 fahren gemeinsam mit Frau Dr. Schütze und Frau May zum Austausch nach England: „Abingdon School“ und „The School of St. Helen and St. Katherine“ sind unsere Partnerschulen, die in jedem Herbst besucht werden. Neben der Teilnahme am Unterricht und dem Leben in den Familien und im Internat bereichern Ausflüge nach Bath und Oxford die Eindrücke. 02.10.2012 In der Aula des Gymnasium am Waldhof findet für die Jahrgänge 10 und 11 eine Lesung der Hamburger Kolumnistin Andrea von Treuenfeld statt. Sie liest aus ihrem Buch „In Deutschland eine Jüdin, eine Jeckette in Israel“. Die Lesung soll die Schülerinnen und Schüler mit dieser Problematik vertraut machen, ein kleiner Baustein im Hinblick auf die religiöse Studienfahrt nach Weimar und Buchenwald. 27.10. – 28.10.2012 Die Vereinigung der Ehemaligen feiert das jährliche Treffen in der Schule. Am Freitagabend treffen sich viele ehemalige Schülerinnen und Schüler aller Altersgruppen in der festlich geschmückten kleinen Halle und genießen bei Essen und Getränken das lockere Zusammensein mit Freunden, Lehrerinnen und Lehrern. Am Samstag besuchen einige Ehemalige den UnterFotos: Fotoatelier Berries richt, bevor mittags in der Aula der Festakt unter 87 Jahrestreffen 2012 der Leitung von Herrn Schulze-Niehoff beginnt. Im Anschluss an das Mittagessen in der kleinen Halle nutzt eine Gruppe von etwa 40 Ehemaligen die Möglichkeit, von Herrn Nolting durch die Schule geführt zu werden. Gegen 16.00 Uhr trennen sich die letzten Interessierten von ihrer ehemaligen Schule. 29.10. – 31.10.2012 Unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit findet für die Jahrgangsstufe 10 /Einführungsphase ein fächerverbindendes Projekt statt. Nachdem unter der Leitung der Verkehrswacht der Gurtschlitten, der Überschlagsimulator und der Fahrradsimulator ausprobiert werden konnten, werden die Erfahrungen von den Fächern Physik, Chemie/Biologie, Kunst und Musik umgesetzt. Die Leitung und Organisation liegt in den Händen von Frau Echterhoff und Herrn Thomas. 29.10.2012 Im Rathaus findet eine weitere Anhörung der beteiligten Gruppen zum Thema des möglichen Standorts eines Regenrückhaltebeckens statt. Das Ratsgymnasium ist mit einer Gruppe von 12 Schülerinnen und Schülern, Elternvertretern und Lehrerinnen und Lehrern vertreten, um sich an der Diskussion um alternative Planungen zu beteiligen. 30.10.2012 Die Schülerinnen und Schüler des Abiturjahrgangs 2013 laden zu einem Abend der Künste in die Aula des Ratsgymnasiums ein. Ein beeindruckendes Programm mit klassischer Musik, Jazz und Rock, aber auch Tanz und Textvorträgen ist von der Stufe eigenständig vorbereitet worden. Eine Ausstellung von Arbeiten aus dem Kunstunterricht sowie Getränke und Imbiss runden das Programm ab. Mit dem Erlös des Abends soll der Abiturientenball im Sommer 2013 unterstützt werden. 31.10.2012 Am Vormittag findet die Ehrungsveranstaltung der Beigelschen Stiftung für das Ratsgymnasium in der Aula statt Schülerinnen und Schüler werden für ihre guten Leistungen im Schuljahr 2011/2012 mit Buchpreisen ausgezeichnet. Die Preisverleihung erfolgt durch Herrn Stratenwerth, Mitglied im Vorstand der Stiftung, Herrn Nolting und Frau Wegener-Mürbe. Außerdem werden alle Schülerinnen und Schüler, die im vergangenen Schuljahr erfolgreich im Schulsport, bei Sprach- und anderen Wettbewerben gewesen sind, geehrt. Die musikalische Umrahmung der Veranstaltung erfolgt durch den SexFotos:Andreij Fotoatelier Berries taner Fadejew am Klavier. 88 09.11.2012 Die Gedenkfeier der Stadt anlässlich der Reichspogromnacht 1938 findet unter Beteiligung unseres Schulorchesters statt. Unter der Leitung von Frau Wagner-Storz wird die Gedenkstunde im Neuen Rathaus mit dem Stück „Theme from „Schindler´s List“ von John Williams eröffnet. 12.11. - 16.11.2012 423 Schülerinnen und Schüler nehmen erfolgreich am Wettbewerb „Informatik-Biber 2012“ teil und können 5 erste Plätze, 11 zweite Plätze und 148 dritte Plätze belegen. 15.11.2012 In der Aula finden sich viele Eltern von Grundschülerinnen und Grundschülern der vierten Klassen ein, um an einem Informationsabend über die Konzepte unserer Schule informiert zu werden. 17.11.2012 Am Samstagvormittag nutzen viele Familien die Gelegenheit, unsere Schule am ersten Tag der offenen Türe kennenzulernen. Ob die Teilnahme am Unterricht der Sexten oder die erste Lateinstunde: während die Schülerinnen und Schüler ihren ersten Unterricht am Rats erleben, informieren sich Eltern in Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen über unsere Angebote von Langeoog über individuelle Förderung und Übermittag-Betreuung bis zur Bigband und den Schulpartnerschaften. 17.11.2012 17 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 9 nehmen an der Regionalrunde des Landeswettbewerbes Mathematik. Nick Breit (Vla) und Fabian Brüggemann (OIIIc) qualifizieren sich für die Landesrunde. 20.11.2012 Zu einem pädagogischen Elternabend für die Eltern der Sekundarstufe I kommen interessierte Eltern und Kollegen in unser Forum. Zum Thema „Leistung – und was zählt noch?“ referiert Diplomtheologe Benedikt Bohn vom Generalvikariat in Paderborn. Die Organisation des Abends liegt in den Händen von Frau Tenge. 23.11.2012 Auf dem Schulsport-Ehrentag, den das Amt für Schulsport, der Stadtsportbund und die Olympische Gesellschaft ausrichten, wird das Ratsgymnasium mehrfach für die Leistungen im Schuljahr 2011/2012 ausgezeichnet: die Schulmannschaft im Feldhockey wird Meister im Regierungsbezirk, die Mädchen der Rhythmischen Sportgymnastik werden NRW-Meister und die Schule erhält den zweiten Platz beim Wanderpreis der Deutschen Olympischen Gesellschaft. 26.11.2012 Herr Reichelt erhält in Berlin die Auszeichnung „Lehrer des Jahres“. Für den Preis vorgeschlagen wurde er von seinem Geschichtskurs des Abiturjahrgangs 2012. 01.12.2012 Am alljährlichen Weihnachtsbasar bieten die Klassen der Sekundarstufe I in ihren Klassenräumen Selbstgebasteltes, Gebackenes, Kaffee oder Tee sowie Cocktails oder herzhafte Würstchen an. Theatervorführungen und musikalische Darbietungen runden das Angebot ab. In Raum 5 werden wieder zahlreiche liebevoll gepackte Päckchen für die Schülerinnen und Schüler unserer Partnerschule in Benin abgegeben, die noch am selben Abend für die lange Reise verpackt werden. Viele Eltern, Lehrer, Gäste erleben das bunte vorweihnachtliche Treiben im Gebäude. 20.12.2012 Mit der Weihnachtsmusik in der Altstädter Nicolai-Kirche beenden Schülerinnen und Schüler mit ihren Familien, Lehrerinnen und Lehrer, Ehemalige und Gäste den Schulalltag des Jahres 2012. Das musikalische Programm unserer Gruppen unter der Leitung von Frau JungLösing, Frau Wagner-Storz, Herrn Gerwin und Herrn Kamps sowie die Wortbeiträge unter der Vorbereitung von Herrn Genetzky stimmen auf das bevorstehende Weihnachtsfest ein. 19.01.2013 Am zweiten Tag der offenen Türe nehmen wieder zahlreiche Eltern und ihre Grundschulkinder die Möglichkeit wahr, sich über unsere Schule zu informieren, am Unterricht der Sexten teilzunehmen, eine erste Lateinstunde zu erleben und in verschiedene AG-Angebote zu schnuppern. 21.01.2013 Für die Eltern der Jahrgangsstufe 7 findet ein Informationsabend zum Thema „Computerund Konsolenspiele“ statt. Der Referent des Abends, Herr Thomas Erzberger, gibt wertvolle Informationen und bindet die interessierten Eltern in eine weiterführende Diskussion ein. Die Organisation des Abends liegt in den Händen von Frau Tenge und Frau Kastrup. 29.01.2013 Für die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 6 findet am Vormittag der Projekttag „Surfen mit Sinn“ statt, in dem es um die Nutzung des Internets geht. Am Abend findet für die Eltern dieser Jahrgangsstufe ein Elternabend zu diesem Thema statt. 30.01. – 02.02.2013 Die Schülerinnen und Schüler der2012 JahrgangsJahrestreffen stufen 12 und 13 unternehmen gemeinsam mit Frau Winke, Herrn Dr. Altenberend, Herrn Graeser und Herrn Magofsky die obligatorische Geschichtsfahrt nach Berlin. 31.01.2013 Die Jahrgangsstufe Q1 nimmt an der Veranstaltung „Car Crash NRW“ der Polizei in der Kunsthalle Bielefeld teil. Es geht darum, die jungen Autofahrerinnen und -fahrer für die Unfallproblematik zu sensibilisieren. 01.02.2013 Für die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 11 gibt es die Halbjahreszeugnisse. 02.02. – 13.02.2013 Unter der Leitung von Frau Hell und Herrn Dautais kommen unsere Partnerschülerinnen und -schüler des „Lycée Dominique Villars“ aus Gap zum Austauschbesuch nach Bielefeld. Neben Unterrichtsprojekten bleibt genug Zeit für Erkundungen in der Stadt, den Besuch der Oetker-Welt, einen Hip-Hop-Workshop und einen Ausflug nach Dortmund. 06.02.2013 Julius Herzig nimmt an der 1. Runde des Physikwettbewerbs in der Juniorstufe in Darmstadt erfolgreich teil und erreicht einen 3.Platz. Damit qualifiziert er sich für die Teilnahme in der 2. Runde. 06.02.2013 – 14.02.2013 Unsere Austauschpartner der „School of St. Helen und St.Catherine“ und der „Abingdon School“ aus Abingdon kommen mit Frau Clark, Frau von Widdern und Herrn Revill zum Besuch nach Bielefeld. Die 22 Schülerinnen und Schüler fahren traditionell nach Münster, erleben einen Tag in der Autostadt Wolfsburg, nehmen mit ihren Partnern am Unterricht teil und bereiten ein gemeinsames Projekt vor. 06.02.2013 Die Theater-AG unter der Leitung von Frau Jung-Lösing zeigt im Forum die Ergebnisse ihrer Arbeit. 8 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 6 bis 9 präsentieren „Der Mensch vor dem Gericht der Tiere“. Bei Kaffee, Tee, Saft und Kuchen verbringen Eltern, Großeltern, Geschwister, Freunde, Kolleginnen und Kollegen einen kurzweiligen Abend. 08.02. – 12.02.2013 Traditionell am Karnevalswochenende fahren unsere Musikgruppen zum intensiven Proben Fotoatelier in Berries im Hinblick auf dasFotos: Frühjahrskonzert unser 89 Jahrestreffen 2012 Schullandheim auf Langeoog. Frau WagnerStorz, Frau Reinhold, Herr Gerwin und Herr Kamps betreuen die Schülerinnen und Schüler aller Jahrgänge. 20.02.2013 Am Regionalwettbewerb „Jugend debattiert“ in der Bezirksregierung in Detmold nimmt erstmalig eine Gruppe des Ratsgymnasiums teil: Laetitia Augustyniak, Nikolaus Dühlmeyer, Laurenz Esser und David Schüler aus der UIIIa und aus der Jahrgangsstufe 10: Paul Behne, Maurice Schürmann, Ferdinand Stoye und Leon Sundermann. Maurice Schürmann erreicht in der Finaldebatte einen dritten Platz.Die Gruppe wird vom ehemaligen Dezernenten Herrn Dr. Gindele und Frau Tenge geleitet. Während des Wettbewerbes übernimmt zusätzlich Herr Hülsmann die Betreuung der Schülerinnen und Schüler. 23. und 24.02.2013 An der Landesrunde der Mathematik-Olympiade – Landeswettbewerb Mathematik NRW in Köln nehmen Nick Breit (Vla) und Fabian Brüggemann (Olllc) erfolgreich teil. Fabian erhält einen 3. Preis und Nick einen Anerkennungspreis. 24.02.2013 Im Regionalwettbewerb „Jugend forscht“ in Herford engagiert sich die Arbeitsgruppe von Frau Lange: Mathias Harhoff und Lukas Zielonka sowie Kaja Hildebrand und Henriette Kleinebenne (lVb) vertreten das Fach Chemie. Für das Fach Mathematik nehmen Vincent Adler und David Schüler sowie Marie Féaux de Lacroix (Ullla) teil. Marie geht mit ihrem Beitrag zum dreidimensionalen Pascal‘schen Dreieck als Siegerin des Wettbewerbs hervor. 25.02.2013 Die kollegiale Fortbildung des Kollegiums dient der Auffrischung und Vertiefung von Maßnahmen zur Ersten Hilfe, die speziell auf den Aufgabenbereich in der Schule zugeschnitten ist. Für einen Teil des Kollegiums schließen sich weitere Termine an, um die Qualifikation als betriebliche Ersthelfer zu erlangen. 20.03. und 21.03.2013 An zwei Terminen findet das diesjährige Schulkonzert in der überfüllten Aula statt. Unter der Leitung von Frau Jung-Lösing, Frau WagnerStorz, Herrn Gerwin und Herrn Kamps zeigen die Musikgruppen ein reichhaltiges, abwechslungsreiches und exklusives Programm. 22.03.2013 Vor dem Start in die Osterferien feiern die Schülerinnen und Schüler des Doppeljahrgangs Fotos: Fotoatelier Q2/13 ihren letztenBerries Schultag. 90 18.04.2013 Die Mädchengruppe (WKIII) der Rhythmischen Sportgymnastik unter der Leitung von Frau Winke belegt bei der Landesmeisterschaft in Gütersloh den zweiten Platz. 01.05.2013 Julius Herzig (lVc) wird für seine Teilnahme in der 2. Runde des Physikwettbewerbs in Hamburg ausgezeichnet. 04.05. – 14.05.2013 Unter der Leitung von Frau Krüger fahren 8 Schülerinnen und Schüler zum Besuch unserer Partnerschule „ Lycée Dominique Villars“ in Gap (Frankreich). Die kleine Gruppe erlebt einen erlebnisreichen Austausch mit einem abwechslungsreichen Programm. 08.05. – 20.05.2013 Die Jahrgangsstufe Q1 ist auf Studienfahrt. Frau May und Herr Magofsky begleiten die Gruppe nach Großbritannien, Frau Rottmann und Frau Reinhold leiten die meeresbiologische Fahrt nach Giglio in Italien, Herr Dr. Gertz, Herr Königsberger und Frau Unverfehrt sind mit einer Gruppe in Rom sowie im Paestum und Frau Tschäpe und Herr Graeser betreuen die Griechenlandfahrt. 10.05.2013 Katharina Erdmann (UIIIb) wird für ihre erfolgreiche Teilnahme am Mittelstufenwettbewerb des Bundeswettbewerbs Fremdsprachen in der Sprache Englisch ausgezeichnet. 14.05.2013 Bei den Landesteilmeisterschaften Westfalen im Feldhockey in Bielefeld erreichen die Jungen (WKIII) den ersten Platz und die Mädchen (WKIII) den zweiten Platz. Die erfolgreichen Mannschaften werden von Herrn Gebauer betreut. 17.05.2013 Der ehemalige Schüler unserer Schule und Ausschwitz-Überlebende Hajo Meyer berichtet in der Aula den Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 9 und 10 als Zeitzeuge über seine Zeit als Schüler des Ratsgymnasiums, das er bis zum 9. November 1938 besucht hat. 23.05. – 25.05.2013 An der Schülerakademie Mathematik OWL (SAM-OWL) nimmt für die 6. Klassen Moritz Hölterhoff (Vd) teil. 04.06.2013 Im Rahmen einer besonderen Lernleistung im Zusammenhang mit dem Abitur gibt Jeehun Choi in der Aula ein Vortragskonzert zum The- ma „Virtuoses Geigenspiel in Barock, Klassik und Romantik im Vergleich“. 05.06.2013 Beim größten landesweiten Lego-Roboterwettbewerb gewinnen die Schülerteams des Ratsgymnasiums als einzige Schülerteams aus Bielefeld einen 7. und 14. Platz. Die Betreuung der Teams liegt in den Händen von Herrn Jansen. 17.06.2013 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Literaturkurses des Schuljahres 2011/2012 führen unter der Leitung von Frau Jung-Lösing das Stück „Der Streit“ von Pierre de Marivaux im Theaterlabor auf. 19.06.2013 An einem hochsommerlichen KennenlernNachmittag erkunden unsere künftigen Sextanerinnen und Sextaner, begleitet von zukünftigen Tutoren, unsere Schule. Vom Quiz über Musik bis zum Sport hat Frau Meier-Götte gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen ein buntes Programm zusammengestellt. 20.06. – 22.06.2013 An der Schülerakademie Mathematik OWL (SAM OWL) für die 8. und 9. Klassen nehmen Vincent Adler und David Schüler aus der UIIIa teil. 27.06.2013 Im Forum und auf den Oberstufenfluren präsentieren die Kunstkurse des Abitur-jahrganges Arbeiten aus den letzten beiden Jahren. Bei einer kleinen Feierstunde zur Eröffnung der Ausstellung erfahren die Gäste, wie die Arbeiten entstanden sind, welche Ideen zu den Ergebnissen führten. Die Ausstellung wird von den Fachlehrerinnen Frau Kansteiner und Frau Uffenkamp vorbereitet. 02.07.2013 In der Aula des Gymnasiums am Waldhof findet eine Informationsveranstaltung zum Thema der „Entzerrzeiten im öffentlichen Nahverkehr“ statt, in der für das Ratsgymnasium und das Gymnasium am Waldhof das Zeitmodell der Verschiebung des Unterrichtsbeginns dargestellt wird. Die Entzerrung der Schulanfangszeiten soll die Stadt finanziell entlasten. 06.07.2013 Nach einem ökumenischen Gottesdienst in der Altstädter Nicolaikirche, der gemeinsam von Herrn Genetzky und Herrn Hofnagel mit den Abiturientinnen und Abiturienten, dem Orchester und dem Mädchenensemble vorbereitet worden ist, wird der Jahrgang verabschiedet. In einer abwechselungsreichen Feierstunde in der Aula des Gymnasiums am Waldhof nehmen die Abiturientinnen und Abiturienten ihre Jahrestreffen 2012 Zeugnisse und Auszeichnungen entgegen. Der Vormittag wird mit einem Sektempfang auf dem Schulhof des Ratsgymnasiums bei strahlendem Sonnenschein beendet. 07.07.2013 Der Doppeljahrgang 2013 lädt zum Abiturball in die Stadthalle ein. In der festlich geschmückten Halle feiern Familien und Freunde sowie das Lehrerkollegium mit den Abiturientinnen und Abiturienten. 08.07. – 18.07.2013 Für die Jahrgangsstufe 10 findet das Schülerbetriebspraktikum statt. Es soll den Schülerinnen und Schülern einen Einblick in die Arbeitswelt vermitteln. Die Betreuung des Praktikums liegt in den Händen von Herrn Bruderhofer. 12.07.2013 Die Bundesjugendspiele für die Sekundarstufe I finden unter besten Wetterbedingungen im Stadion an der Rußheide statt. Ein Höhepunkt an in diesem Tag ist das Fußballspiel von Schülern der Oberstufe gegen eine Lehrermannschaft. 17.07.2013 In der Ravensberger Spinnerei findet eine weitere öffentliche Sitzung zum Thema der Regenrückhaltung statt, an der die Schule mit einer Gruppe von Kolleginnen und Kollegen sowie Eltern teilnimmt. 18.07.2013 Die Schülerinnen und Schüler engagieren sich bei der „Aktion Tagwerk“ für unsere Partnerschule in Benin, indem sie den Verdienst ihres eintägigen Jobs zur Verfügung stellen. Schülerinnen und Schüler ohne Arbeitsvertrag helfen in der Schule: die Bühne für das Sommerfest wird aufgebaut, ein Dachboden wird geräumt, zahlreiche Fachräume werden aufgeräumt und viele Tische gereinigt. Nachmittags findet bei bestem Wetter das Sommerfest statt. Neben Auftritten der Bigband und einem Gesangswettbewerb gibt es die Möglichkeit, beim Rodeo eigene Erfahrungen zu sammeln. Bei Getränken, Kuchen, Crepes und Bratwürstchen genießen Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer den sommerlichen Nachmittag. 19.07.2013 In der dritten Stunde bekommen die Schülerinnen und Schüler ihre Zeugnisse und starten anschließend in die verdienten Sommerferien. Am Mittag des Tages beginnen die SommerfeFotos: Fotoatelier Berries rien für das Kollegium. 91 Jahrestreffen 2012 Fotos: Fotoatelier Berries 92 Jahrestreffen 2012 Fotos: Fotoatelier Berries 94 tockmeier.de www.stockmeier.de R GRUPPE ist Ihr kompetenter und zuverlässiger gebot: emie Die STOCKMEIER GRUPPE ist Ihr kompetenter und zuverlässiger Partner. 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Wales Wilken Kisker Rechtsanwalt Loebellstraße 1, 33602 Bielefeld Tel. 05 21/560 610 u. 6 50 55, Fax 05 21/1710 17 E-Mail: info@heise-diekmann.de www.anwaltskanzlei-bielefeld.com 97 Essay: Der Optimismus gegenüber seiner eigenen Sinnlosigkeit Maximilian Günnewig-Mönert, OI Der folgende Aufsatz von Maximilian Günnewig-Mönert entstand als Beitrag zum Bundes- und Landeswettbewerb Philosophischer Essay. 2011. „The basis of optimism is sheer terror.“ Wenn dieser Ausspruch Oscar Wildes zutrifft, dann würde unser Glaube an das Gute, der Optimismus, aus einer Negativposition entstehen. Und impliziert dies, dass die Grundlage des Pessimismus in der Freude liegt? Seien wir einmal ehrlich, wer in unserer heutigen Zeit denkt schon, dass es der Angst bedarf, um das Beste zu wollen? Der Optimismus: Wir sollen optimistisch sein – so propagiert es das amerikanische Lebensprinzip. Wir sollen uns nicht immer so miesepetrig oder schwarzseherisch aufführen. Dieses und ähnliches propagiert auch die FAZ unter dem Motto „Optimisten finden leichter einen Job“ (13.04.2011). Doch was ist dieses optimistische Denken, und wie passt es zu dem, in diesem Zusammenhang, eher antithetisch erscheinenden Zitat von Wilde? „Optimismus-Training“; „Unsere Kinder brauchen Optimismus“ oder – mein persönlicher Favorit – „Lebe ohne Sorge. Die Macht des Optimismus “. Dies sind die Titel von Büchern, die uns etwas über unser Dasein erzählen oder weismachen sollen und es, im besten Falle, verbessern. Wie sie dies vermitteln, wird schon durch eben die Titelwahl deutlich. Wir leben alle in einer schwarzseherischen, pessimistischen, gar positive Gefühle unterdrückenden Welt. Auch klar; die Schuld daran, dass wir so sind, trägt die Angst; eben diese Angst, die Oscar Wilde für die Grundlage des Optimismus hält. Paradox! Was sagt uns das? Ich denke, wir müssen hier einen kleinen Blick auf unsere Gesellschaft wagen. Was ist das, was wir heute als Optimismus deklarieren? Es ist der amerikanische Lebenslauf! Es ist der Frontier-Gedanke, es ist der „Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär“Mythos, kurzum, es ist der Zwang, das Glück und das Beste wollen zu müssen. Die Großen machen es vor, die Kleinen machen es nach. „Optimismus-Training“: Wir müssen 98 unseren Optimismus trainieren, wie etwa in einem Fitness-Studio; klar, denn dieser Vergleich ist zeitgemäß. Wenn wir den Optimismus „erlernen“ müssten, und zwar im Sinne einer philosophischen Reflexion, oder etwas „über“ den Optimismus lesen müssten, dann wäre das ja veraltet; heute trainiert man. Genauso zeitgemäß ist es, dass der Optimismus allgegenwärtig ist. Überall wird er propagiert, mit aller Macht durchgesetzt. An der Börse spricht man von einem „fundamentalen Kauf“, wenn ein Verkauf dringend anzuraten ist, oder es heißt: „Die Aktie sollte man halten“, wenn eine Aktie schlecht bewertet ist. In der Politik spricht man von der „Umstrukturierung“ des Sozialsystems, wenn Kürzungen bevorstehen. Im ArbeitgeberArbeitnehmer-Verhältnis ist die Anwendung des Optimismus schon lange etabliert. Wenn jemand entlassen wird, weil er nichts geleistet hat, wird in das Zeugnis geschrieben: „Er war stets bemüht!“ Warum bedienen wir uns derartiger Umschreibungen, anstatt das Kind beim Namen zu nennen? Die Antwort lautet: Dies ist die Wahrheit – was allerdings meist vergessen wird, eine geschönte – weil man die Wahrheit ja keinem anderen zumuten kann. Ganz besonders manifestiert sich dieses in dem Titel „Unsere Kinder brauchen Optimismus“. Kinder sollen positive Erfahrungen mitnehmen, sich durch keine Zwänge bedrängt fühlen und, was wohl das allerwichtigste zu sein scheint, Spaß haben. Eine rosafarbene Zuckerwelt demonstrieren wir unseren Kindern, vor allem zum Schulanfang, weil sie sonst, was ja Realität ist, aber auch irgendwie nicht Realität sein darf, die „Bürden der Welt“ nicht ertragen können. Doch sind es immer so altruistische Motive, wie die Kinder vor der Realität zu bewahren oder dem Menschen die schwere Last der Realität erträglich zu machen? Man könnte es meinen, denn alle Welt sieht in dem bewussten „Positivdenken“ und „Positivreden“ die Lösung aller Probleme. Hört es sich nicht viel schöner an, wenn ich meine Angestellten „freisetze“, statt „rauswerfe“? Ja, das tut es. Doch der Effekt ist derselbe. Wozu dann also Euphemismen? Die Antwort ist so offensichtlich wie einfach. Am nächsten Tag wird in der Zeitung von der Freisetzung einiger Mitarbeiter gesprochen. Ich muss hier noch nicht einmal um den Vorwurf der Wortmanipulation fürchten, denn Freisetzen ist in der Tat mit Entlassen gleichzusetzen. Diese bewusst optimistische, positive Bezeichnung entbindet mich, den Geschäftsführer, auf eine perfide Art von der Verantwortung und meinem schlechten Gewissen. Doch spielt hier noch eine weitere, viel wichtigere Komponente hinein: die nackte Angst. Wir fürchten uns vor der Wahrheit, vor der Verantwortung, vor einem schlechten Gewissen, welches durch die Medien oder die Gesellschaft verstärkt werden könnte. Der Broker fürchtet um seine Aufträge, der Politiker um seine Wähler und der Arbeitgeber vor der Verurteilung und der öffentlichen Geißelung. Wir müssen optimistisch denken. Wir würden andererseits doch gar nicht existieren können. Unsere Welt ist derart moralisch sensibilisiert, dass ein anderes Denken mittlerweile verwerflich wäre. Doch ist dies echter Optimismus und bedarf es der Angst, um diese Einstellung zu „erlangen“? Der Optimismus muss trainiert werden, mit Hanteln und Laufbändern, aber möglichst ohne große Anstrengung. Auf knapp 200 Seiten wird man zum „Optimisten“. Der Optimist ist dann so sehr gegen den Pessimismus, dass er vor lauter Positivdenkerei und dem Glauben an das Beste sich selbst und die Wirklichkeit vergisst. Er handelt aus falschem Altruismus und denkt, er gehöre jetzt zu der Sorte von Menschen, denen alles gelingt oder gelingen soll. Allerdings ist der Optimismus ein fragliches Gedankenkonstrukt. Er stellt keine philosophische Disziplin oder Kunst dar. Deshalb ist das Erlernen bzw. „Trainieren“ des Optimismus wohl auch wahrscheinlich ohne wirklichen Erfolg. Ebenso wenig ist es Optimismus, wenn ich meine Wortwahl ändere, nur aus Angst, moralisch verfehlt zu wirken. Und auch der Zwang, immer an das Beste zu glauben und unseren Kindern die Zukunftsangst zu nehmen, ist kein Optimismus. Dieser ist nämlich eigentlich gar kein Zwang, sondern der GLAUBE an das Gute bzw. das Beste. Ein metaphysischer Gedanke, der dem Menschen dient, sich die Welt nahbarer zu machen. Vorgänge oder Gefühle die den Menschen lähmen, ihm unerklärlich erscheinen, wie etwa das Absurde bei Camus, können unter Zuhilfenahme des Optimismus bewältigt werden. Und eben in diesem Punkt fehlt es dem Argument Wildes vermutlich an Kraft, denn die Angst allein ist kaum die einzige Triebfeder des Optimismus. Albert Schweitzer sah den Optimismus als diejenige „Weltanschauung“ an, welche die „Welt und das Leben“, entgegen dem Nichts, womit vielleicht der Nihilismus Nietzsches gemeint war, bejaht. Für ihn war dieses gedankliche Konstrukt die „Zuversicht“, die, in Anbetracht der rationalisierten Welt, den Menschen eine Perspektive gibt. Wildes „Angst“ ist eine spezielle Form dessen, was ich zu Beginn anführte: die Negativposition. Etwas Positives kann meist nur aus etwas Negativem entstehen, da der Kontrast und die damit verbundenen Leiden, die dem Menschen aufgebürdet werden, lediglich durch den Glauben an das Gute beseitigt werden können. Die Angst ist nur ein Aspekt, neben Ereignissen, die lähmen, neben Trauer, Scheitern oder gar Hass. Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Absurde. Albert Camus betonte, dass es einen Konflikt gibt, der aus dem Ordnungsstreben der Menschen und aus der Sinnlosigkeit – beispielsweise von Naturkatastrophen – resultiert. Auch dies kann ein Grund für Optimismus sein, ist er doch, laut Albert Schweitzer, das einzige, was dem Menschen, in Anbetracht einer solchen Absurdität, Zuversicht gibt. Zuversicht, der Glaube an das Gute, Lebensbejahung. Der Antagonismus zur heutigen Zeit wird deutlich. Am optimistischsten sind diejenigen, die in größter Not leben. An ihnen manifestiert sich der Kontrast zwischen Absurdität und Lebensbejahung; alles andere ist kein Optimismus. Der unbedingte Wille zum Erfolg, gepaart mit unterdrückten (Selbst-)Zweifeln und geschönt mit Euphemismen ist bloße Überheblichkeit über das Gefühl und Angst vor der Moral! Eigentlich steht der heutige „Optimismus“ seiner eigenen Sinnlosigkeit gegenüber. Der Begriff ist entfremdet und erweckt, so paradox wie dies klingt, einen pessimistischen Eindruck! 99 Essay: Verändern moderne Kommunikationsmittel die Sprache? Maximilian Hülshoff, UI Der folgende Aufsatz von Maximilian Hülshoff über die sprachliche Kommunikation in der heutigen Zeit entstand als Beitrag zum landesweiten Schülerwettbewerb „Deutsch: Essay“, angeregt im Grundkurs Deutsch UI bei Herrn OStR Dr. W. Schröder. Jean-Paul Sartre sagte einmal, dass es vielleicht schönere Zeiten gebe, doch diese sei die unsere. Wie wahr! In dieser, unserer Zeit, der Zeit von Facebook, ICQ, Twitter oder den fast schon antik anmutenden SMS, stolpert man immer wieder über Wortneuschöpfungen wie „twittern“, „simsen“ oder „mailen“, die den Unbeteiligten rasch so verdutzt und überfordert machen wie einst Jean-Francois Champollion die Hieroglyphen. Abkürzungen wie „lol" (laughing out loud) oder „rofl” (rolling an the floor laughing) haben längst Einzug in den Sprachgebrauch gehalten, besonders in den von jungen Menschen, jener so leicht zu beeinflussenden Menschenschicht, die ja bekanntermaßen Hauptnutzer dieser neuen medialen Massenindustrie sind. Doch aus welchen Gründen folgt man dort (Facebook, Twitter, ICQ, ...) kaum noch den überlieferten grammatischen Regeln? Ist es eine Art Protest gegen diese Regeln, weil sie im Unterricht oft wenig spannend behandelt werden und man sich nicht auch noch in seiner Freiheit – zeitgemäßer: Freizeit – mit diesen Dingen beschäftigen möchte? Ist der massenhafte Einzug von Anglizismen in die deutsche Sprache oder die Globalisierung schuld? Und warum überhaupt dieser Begriff – „Schuld"? Impliziert das nicht ein Übel, für das man eigene Verantwortung trägt? Tragen wir nicht die Verantwortung für unser Handeln? So lautet die Frage also nicht nur, ob moderne Kommunikationsmittel die Sprache verändern, sondern auch: Wie stehe ich zu dieser Veränderung? Welche Verantwortung empfinde ich? Das Erste, was ich tat, als ich mir zum ersten Mal einen PC kaufte, war das Chatpro- 100 gramm ICQ zu installieren, mit dessen Hilfe man über eine funktionierende Internetverbindung zu allen Menschen Kontakt aufnehmen konnte, die gerade „online“ (auch ich habe Anglizismeritis) sind, denen man schreiben kann, das Neueste aus der Schule, vom Sportplatz oder der verflossenen Beziehung berichten oder sich einfach nur zum Spaß – hey, mit dem möchte ich jetzt kommunizieren – austauscht. Zwei bis drei Jahre später erkannte ich, dass ich all das doch eher aus Opportunismus und ohne wesentliche Herausforderung tat, nicht weil ich wirklich dauernd erreichbar sein wollte, sondern es sein musste, nämlich meinem sozialen Status zuliebe. Im nachhinein finde ich diese opportunistische Haltung abstoßend. Ich löschte dieses Programm nach einem archimedischen Heureka und freute mich über diesen Schritt. Bis heute habe ich ihn nicht bereut. Falls mein Chef später fragen sollte, ob ich ihn nicht „adden“ ( Ich weiß, auch dagegen gibt es etwas von ratiopharm) wollte und ich sagen müsste, nein, tut mir leid, ich habe kein Programm zum aktiven Austausch von Nachrichten mithilfe des Internets, wäre ich stolz auf diesen Schritt. Die tatsächlich bevorstehende Möglichkeit, dauernd erreichbar zu sein, per Handy, ICQ, Facebook oder was auch immer, stellt den Grund dar, warum diese modernen Mittel der Kommunikation die Sprache verändern. Ständige Erreichbarkeit! Hätte der Mensch immer schon ständig erreichbar sein sollen? Das muss man sich mehrmals gründlich durch den Kopf gehen lassen. Denn die ständige Erreichbarkeit ist so vorteilhaft wie sie beängstigend ist. Das Hin und Her in der Kommunikation wird auf ein Minimum an Zeit reduziert, so dass sprachliche Besinnung kaum noch stattfinden kann. Zwischenmenschlicher Kontakt wird in der elektronischen Kommunikation sehr reduziert. Kurzformeln sind natürlich praktisch, und letztlich könnte man auch sagen, dass eine verstümmelte Sprache unserem heutigen atomisierten Weltbild perfekt entspricht, das auch aus lauter Splittern, Bruchstücken und Teilen von Teilen besteht. Deshalb wird in der modernen Literatur oft die restringierte Sprache der elaborierten, das Gestammel der vollendeten Phrase vorgezogen. Aber um wirklich perfekt einfach und schmucklos zu schreiben, muss man extrem sensibel für Unter- und Nebentöne sein. Das wiederum ist in der hastigen Kommunikation beinahe ausgeschlossen. Wozu einen Brief schreiben, wo man sich womöglich Gedanken über einzelne Formulierungen und treffende Wortwahl machen muss, und noch schlimmer, mehr Zeit aufwendet als mit dem Schreiben einer SMS ...?! Es ist, als ob es nur nach der Zeit und um Zeitgewinn geht. Je schneller ich kommuniziere, desto weniger achte ich auf Stil, Form und Grammatik. Sprechen, und auch Sch- reiben, vor allem Schreiben, braucht aber Grammatik und verlässliche Regeln. Kann man sich ohne Formulierungsgerüst überhaupt artikulieren? Kann man Kommunikationsnetze ohne eingespielte Fertigkeiten und ohne Strukturkonzepte spannen? Sollen die Strukturen vielmehr verfließen? Und braucht es nicht ein solides Fundament, um Haltbarkeit zu gewährleisten? Ja, natürlich. Und genauso ist es mit der Sprache, die Grammatik ist unser sprachliches Fundament, auf dem wir bauen müssen, mit dessen Hilfe wir dem Geschriebenen einen Sinn geben. Facebook, Twitter und Co. können wir ruhig auf Sand bauen lassen – dann müssen wir nur noch auf eine Welle warten ... Sobald dort der Boden wegrutscht, wird man, wie wohl zu wünschen ist, zur Besinnung kommen. Diese Besinnung täte der heutigen Zeit gut. Es hat vielleicht sprachgewaltigere Zeiten gegeben, aber diese ist die unsere. Essay: Sprachlosigkeit, Sprachskepsis, Sprachnot Annina Macht, OI Der folgende Aufsatz von Annina Macht über Sprache und Sprachkritik entstand als Abschlussaufgabe einer Unterrichtsreihe im Grundkurs Deutsch OI bei Dr. W. Schröder. Spätestens zur Zeit der Jahrhundertwende entwickelten viele Autoren eine zunehmend sprachkritische Haltung. Begriffe oder Metaphern wurden in Frage gestellt, denn sie schienen nur noch einer kunstvollen Ausgestaltung zu dienen, aber keinerlei Beziehung mehr zur Realität zu besitzen. Die Worte und Sätze schienen immer weiter verblassende Bilder geworden zu sein, sodass die sprachskeptischen Dichter einen „Bruch zwischen Sprache und Realität“ beklagten und sich nicht mehr in der Lage sahen, ihre Gedanken in konventionellen Texten auszudrücken. Die zunehmende Selbstkritik zeigte sich besonders in Hugo von Hofmannsthals 1902 veröffentlichtem fiktiven Brief des Lord Chandos an Francis Bacon: Chandos bekennt darin, ihm sei „die Fähigkeit abhanden ge- kommen, über irgend etwas zusammenhängend zu denken oder zu sprechen“. Mittels der Sprache könne er nicht mehr denken und sich nicht mehr artikulieren, da die Sprache als Vermittlung zwischen Innen und Außen nicht mehr geeignet scheint. Auch Nietzsche meinte, dass man mit der Sprache nicht die Wahrheit sagen könne und begründete dies durch die fehlende Bedeutung in den Wörtern. Er sagte: „Wir glauben etwas von den Dingen selbst zu wissen, wenn wir von Bäumen, Farben, Schnee und Blumen reden, und besitzen doch nichts als Metaphern der Dinge, die den ursprünglichen Wesenheiten ganz und gar nicht entsprechen.“ Begriffe und Wörter haben demnach nur einen schemenhaften Charakter, aber warum stimmen sie nicht mit den Vorstellungen des denkenden Ichs überein? Warum ist Sprache ungleich Denken? Zunächst kann festgehalten werden, dass Wörter von Menschen erfunden und weitergegeben wurden, um damit etwas zu benennen. Wörter und allgemein Sprache sind nicht natürlichen Ur- 101 sprungs und nicht gleichwertig mit der Natur. Versucht man die Gedanken der Innenwelt in Worten auszudrücken, das heißt der Außenwelt mittels Sprache seine Gedanken zu vermitteln, scheitert man, denn die Worte sind nur unvollkommene Bilder. Schon Platon waren Abbilder verhasst, da sie nicht zur Idee führten, sondern sich immer weiter davon entfernten. Die Wahrheit verblasst, da Worte diese nicht darstellen können. Schließlich ist es auch so, dass jeder Mensch unterschiedliche Assoziationen zu Begriffen hat, wie bei einer Betrachtung eines Kunstwerkes, wo die Interpretation abhängig vom Weltbild des Betrachters ist. Es wird keine Interpretation jemals den Kern der Wahrheit treffen, denn Kunstwerke und auch Worte haben schon durch ihren abbildhaften Charakter einen Großteil an Wahrheit verloren. Bei der Vermittlung zwischen Innenwelt und Außenwelt – dies ist nach Johann Gottfried Herder eine Hauptfunktion der Sprache – kann folglich nur eine eingeschränkte Übertragung stattfinden. Jeder Gedanke muss auf dem Weg von der Innenwelt zur Außenwelt unweigerlich in die Muster der Grammatik eingeordnet bzw. eingesperrt werden und verliert so seinen eigentlichen Wahrheitsgehalt. Aber auch die Aufnahme von Eindrücken der Außenwelt ist der Sprache als Vermittlerin unterworfen. Die Eindrücke werden erst dem denkenden Ich zugeführt, wenn sie in grammatikalische Strukturen geordnet wurden. So scheint es fast unmöglich, unabhängig von Sprache und Grammatik zu denken. Sprache und Denken sind zwar unterschiedlich, aber anscheinend eng ineinander verwoben, sodass der Mensch nicht einmal mehr fähig scheint, die Wahrheit zu denken, geschweige denn sie mitzuteilen, was Hugo von Hofmannsthal auch an sich selbst bemerkte. Schränkt Sprache den Menschen also letztendlich in seiner Freiheit ein? Ja, denn die lebendige, sich ständig wandelnde Welt wird vom Menschen mit Worten sortiert. Das hat gewiss viele Vorteile, aber auch den Nachteil, dass die Freiheit der Reflexion dadurch schwinden kann. Die man- 102 gelnde Freiheit, über die Realität reflektieren zu können, führt natürlich dazu, dass die Wahrheit nicht voll erkannt werden kann, was ein Schaden für die Menschheit ist. Aber wahrscheinlich schätzen wiederum auch viele Menschen die einschränkende Wirkung der Sprache, da sie das Denken zu entlasten scheint. So scheint es manchen Menschen sogar angenehm zu sein, dass sie nicht die Möglichkeit haben, hinter die Abbilder zu gelangen. Außerdem, selbst wenn sie die Wahrheit zweifelsfrei wüssten, könnten sie diese mittels der Sprache nicht umfassend mitteilen. Die Zunahme von Bildern und Abbildern in unserer Welt ist auch zu begründen durch die Industrialisierung und die Massenmedien. Kunst, Film und Zeitungen dienen nur einer eingeschränkten, schwachen Abbildung der Realität. Sie sind aber so populär, dass sie Originalität und wesentliche Werte verdrängen. Die Sprache, welche früher idealisiert wurde, sollte folglich skeptisch betrachtet werden, denn sie ist als Vermittlerin zwischen Innen und Außen nicht optimal und wird anscheinend auch immer schlechter durch ihren Verfall. Allerdings gibt es keine Alternative zur Sprache. Eine Metasprache ohne Objektsprache wäre sinnlos, sodass es vorrangig und wichtig ist, den Verfall der Begrifflichkeit aufzuhalten durch die größtmögliche Förderung des Wortschatzes und einen bewussten Gebrauch von Begriffen. Denn – so sagt es Konfuzius – „stimmen Worte und Begriffe nicht, so ist Sprache konfus. Ist die Sprache konfus, so entstehen Unordnung und Misserfolg. Gibt es Unordnung und Misserfolg, so geraten Anstand und Sitten in Verfall. […] Darum muss der Edle die Begriffe und Namen korrekt benutzen und auch richtig danach handeln können. Er geht mit seinen Worten niemals leichtfertig um.“ Wir können unsere Sprache nicht einfach abschaffen und können sie nicht ungestraft verkümmern lassen. Wir müssen deshalb das Vermittlungsorgan zwischen Innenwelt und Außenwelt mit allen Mitteln der Sensibilität und der Vernunft pflegen. Essay: Über Thomas Manns Aussage: „daß ein Schriftsteller ein Mann ist, dem das Schreiben schwerer fällt als allen anderen Leuten“ Lennart Stadtmann, OI Der Text von Lennart Stadtmann entstand als Hausaufgabe während einer Unterrichtsreihe im Grundkurs Deutsch OI zum Thema Sprache. „Das Schreiben“, gestand Thomas Mann am 10. Dezember 1946 dem Lyriker, Dramatiker und Erzähler Gottfried Kölwel, „wurde mir immer schwerer als anderen, alle Leichtigkeit ist da Schein.“ Etwas weiter gefasst, sagt Thomas Mann damit, dass er in dem Phänomen „Sprache“ ein Problem verankert sieht, das ihren Gebrauch zu einer Herausforderung werden lässt. Gemäß dem Zitat aus der Novelle „Tristan“, „daß ein Schriftsteller ein Mann ist, dem das Schreiben schwerer fällt als allen anderen Leuten“, birgt die Sprache mehrere Ebenen, und entsprechend ist es entweder „leichter“ oder „schwerer“ zu sprechen bzw. zu schreiben. Wieso aber sollte es einem überhaupt schwer fallen zu schreiben? Es ließen sich unterschiedlichste Gründe erwägen. Gemeint ist wahrscheinlich eine Schwierigkeit, die aus dem Funktionsprinzip „Sprache“ selbst abzuleiten ist. Sie funktioniert nämlich nicht eindeutig und nicht immer unfehlbar. Hier kann eine schöne Parallele zu Johann Gottfried Herder gezogen werden, der in der „Abhandlung über den Ursprung der Sprache“ (1772) sagt, unsere Sprache sei von einem tierischen Signalsystem zu unterscheiden. Der wesentliche Unterschied liege in ihrem Ursprung. Während das Signalsystem noch in den Einflussbereich der unfehlbaren Naturgesetze fällt, die keinen Handlungsspielraum für den freien Willen lassen, nimmt die menschliche Sprache eine Sonderstellung ein. Da die Sprache menschlichen Ursprungs ist, eignen ihr Vernunft und freier Wille auf Kosten der Unfehlbarkeit. Das Wesen der Sprache ist ungegenständlich, und zu ihrer Anwendung müssen allgemeingültige Vereinbarungen unter den Menschen getroffen worden sein. Dazu werden Begriffe „… wer ihn sah, mußte zu der Anschauung gelangen, daß ein Schriftsteller ein Mann ist, dem das Schreiben schwerer fällt als allen anderen Leuten.“ (Thomas Mann, Tristan) erstmal willkürlich Gegenständen, Handlungen, Emotionen, Tönen etc. zugeordnet. Missverständlichkeiten können auf Grund der immer nur lose geknüpften Verbindung zwischen Denotation und Konnotation nicht ausgeschlossen werden. Dieser Sachverhalt muss nicht für jedermann zu einem Problem werden. Damit konfrontiert sieht Thomas Mann primär eine bestimmte Gruppe von Menschen, die er als „Schriftsteller“ klassifiziert. Gemeint sind all jene, deren Aufgabe es ist oder die Wert darauf legen, ihre Aussageabsichten möglichst klar und eindeutig zu vermitteln. Erst eine tiefer gehende Beschäftigung mit dem, was eigentlich gesagt wird, offenbart die Herausforderung dahinter. Bei oberflächlicher Kommunikation hingegen fällt ihr Gewicht gar nicht erst auf. Missverständnisse in der mündlichen Kommunikation verfliegen mit der Zeit, aber solche, die auf Papier festgehalten werden, ziehen möglicherweise weitreichende Konsequenzen nach sich. Der „Schriftsteller“ steht damit in besonderer Verantwortung gegenüber seinem Wort und tut sich folglich schwerer, dies zu verfassen als „andere Leute“, die über Sprache gar nicht erst nachdenken. In gewisser Weise ist das Zitat aber auch ironisch zu verstehen. Die Unterteilung in die zwei Gruppen „Schriftsteller“ und „andere Leute“ ist erweiterbar auf diejenigen Leute, die sich überhaupt gewählt auszudrücken pflegen und Gesagtes oder Geschriebenes reflektieren, und solche, denen in ihrer Naivität die Bedachtheit und Reflexion ihrer Äußerungen mangelt. Theoretisch besteht doch an jeden der Anspruch, ein Sprachverantwortlicher, also, wie Thomas Mann sagt, ein „Schriftsteller“ zu sein. 103 Ein philosophischer Essay: Psychoanalyse oder Neurowissenschaft? Pascal Féaux de Lacroix, 12 /Q2 Die hölzerne Spule drehte sich. Gespannt verfolgte Freud die Rotation und registrierte, wie die Spule den Raum durchquerte und hinter dem Bett wohl kurz zum Stillstand kam, bis sie nach energischem Ziehen am Bindfaden wieder hervor schnellte und zu ihrem Ursprungsort zurückkehrte, so dass das Spiel von neuem beginnen konnte. Sein Enkel fand hörbaren Gefallen an seiner neuen Beschäftigung, quittierte das Verschwinden seines Spielzeugs mit einem langgezogenen „Ooh“ und stieß ein verzücktes „Da“ aus, wenn die Spule wieder ihren Weg zurück in seine Hände fand. Das Spiel wirkte frei, aus einer Laune geboren und gerade in seiner Schlichtheit bedeutungslos, doch der Großvater ahnte schon lange, welche tiefe Bedeutung er ihm zumessen musste. Denn sein Enkel verfolgte seine Spule viel zu manisch, als dass es unverfänglich sein konnte, und verschiedene Elemente des Spiels hatte er schon in anderen Zusammenhängen wiederkehren sehen. So stieß sein Enkel das „Ooh“ immer aus, wenn Gäste aus dem Haus verabschiedet wurden, es bedeutete wohl so viel wie „fort“, und hatte auch in anderen Spielen seinen Platz, in denen der Enkel scheinbar willkürlich und aus rein destruktivem Antrieb Gegenstände durch den Raum warf und sie mit eben jenem „Ooh“ verabschiedete. Die Bedeutung des kindlichen Spiels an sich erschloss sich Freud in seiner Auseinandersetzung mit neurotischen Patienten, deren Neurosen durch kindliche Traumata verursacht waren, die gerade im bedeutungsvollen Symbolismus beim Spielen aus ihrer unbewussten Verdrängung zu Tage traten und meistens wohl kuriert werden konnten. Vielfach diagnostizierte der Großvater dabei einen unterdrückten Sexualtrieb, also das Streben nach Lust, als Ursache psychischer Konflikte, doch das Spiel seines Enkels schien dieses Erklärungsmuster zu sprengen. Zwar vermochte er einige Elemente des Spiels mit seinen Theorien in Einklang zu bringen – die Spule schien ihm ein Symbol 104 „Wie viele Menschen wohnen denn in uns? Einer oben, einer in der Mitte, einer im Keller? Vielleicht auch einer gefesselt irgendwo in einem verriegelten Kabinett? Ich misstraue der Psychologie und der Psychoanalyse. [...] Man kann den Dämon des Menschen wohl andeutungsweise beschreiben, aber sezieren kann man ihn nicht [...] Der Dämon bleibt: Schmerzen, Tod, Liebe, Hass.“ (George Grosz) für die Mutter zu sein, von der sich der Kleine trotzig trennte, um sie schließlich, durch den Bindfaden immer an sie gebunden, wieder zu sich zu holen, so dass das „Da“ als Ausdruck der Freude über die Wiedergefundene gedeutet werden konnte – doch gerade diese Dialektik von „Kommen“ und „Gehen“ der Mutter, die für sich gesehen durch das Lustprinzip erklärt werden konnte, wurde durch die rein destruktiven Spiele des Enkels nicht bestätigt. Entscheidender als die Lust an der Wiederkehr war die Lust am Wegwerfen, elementarer als das Lustprinzip die Freude an der Dekonstruktion und der sinnlosen Zerstörung – der Todestrieb. Auch als die Mutter des Enkels starb, also wirklich „fort“ war, wiederholte der Enkel nicht sein Spiel der symbolischen Wiederkehr, sondern das des symbolischen Todes. (Anekdote frei erzählt nach Manfred Geier.) Der Großvater, der nicht nur Großvater war, sondern mit der Begründung der Psychoanalyse das bisherige Menschenbild revolutionierte, hatte den „Dämon“ des Todes gefunden, er konnte ihn sezieren, er konnte seine Auswirkungen sogar bis in das Spiel der Kinder zurückführen und mithilfe seines Theoriegebäudes nachvollziehen. War also nicht genau das möglich, was George Grosz in obigem Zitat leugnet: die Dämonen des Menschen zu sezieren? Freuds Theorien entzünden sich an der Banalität des Alltags, wie an der Spule seines Enkels, sind davon ausgehend aber als ge- waltige Theoriekathedrale systematisiert und kehren mit einem totalitären Deutungsanspruch in die Tiefen der menschlichen Praxis zurück. Diesem Anspruch unterworfen ist auch der Ansatz der Psychoanalyse, die „Dämonen“ des Menschen, all das, was ihn existenziell bewegt, zu finden und zu analysieren. Gefunden wird der „Dämon“ des Menschen – im Menschen selbst. Er ist nicht abstrakt gedacht, ist Teil des „Systems“ Mensch und gerade dadurch genau sezierbar, wie das Beispiel des Todestriebs zeigt. So verdeutlicht das Spiel des Enkels doch dies: Der Tod bildet nicht einen unfassbaren Rand des Lebens, die Auseinandersetzung des Menschen mit ihm vollzieht sich konkret, und er ist nicht nur existenzielles Grundrauschen eines absoluten „Ichs“. Der Mensch ist gefangen in der Dialektik aus Sein („Lustprinzip“) und Nichtsein („Todesprinzip“), dem Streben nach Bewusstsein und dem von Freud mit Schrecken diagnostizierten Trieb hin zum Nichts, zur Dekonstruktion und Auflösung, ist dadurch aber in seinem Wesen so grundlegend davon bestimmt, dass er ohne das nicht gedacht werden kann. Die Grundidee der Psychoanalyse ist, dass das „Ich“ immer als Teil eines Prozesses vorgestellt werden muss, der hauptsächlich unterbewusst abläuft und versucht unterbewusste Triebe zu verarbeiten – diese entspringen aber aus der Auseinandersetzung des Ichs mit seiner Umwelt, d. h. das „Ich“ kann nicht weltunabhängig gedacht werden. Die Idee eines ohne die Welt denkbaren „Ichs“ entspringt historisch dem cartesischen Dualismus, Freud zeigt aber, dass das „Ich“ sich erst durch seine Auseinandersetzung mit der Welt konstituiert und die Idee eines unveränderliches „Ichs“ als Wesenskern des Menschen einerseits die Komplexität des Bewusstseins als systemischen Prozess unterschätzt, aber andererseits in seiner Geltungskraft überschätzt – ein stetiger Kern des Menschen löst sich auf in seiner Funktionalisierung. Das was wir meinen, wenn wir von „Ich“ sprechen, ist eigentlich das Produkt eines Systems aus funktionellen Einheiten, wie dem Über-Ich oder dem Es. So ist auch das Böse als Dämon des Menschen ihm nicht metaphysisch enthoben oder irgendwie sonst gebannt, sei es in die Gesellschaft, das System oder psychische Andersartigkeit, sondern es vollzieht sich nach Freud in jedem Menschen selbst als Folgerung aus dem Todestrieb, der den funktionalen Einheiten der Psyche innewohnt, als eine blinde, zerstörungswütige Aggression. Das Böse ist also eine Frage der Gewichtung im System Mensch, des Ineinandergreifens von verschiedenen funktionalen Einheiten, die bei unglücklichem Ablauf als „Output“ Böses erzeugen. Wenn das Böse als messbar, empirisch sogar im Spiel der Kinder nachweisbar ist – ist es dadurch seziert? Eine Frage, die zum Widerspruch geradezu herausfordert. Das sind unheimlich provozierende Gedanken, die vor allem ein Künstler wie Grosz nicht stehen lassen kann. Hatte nicht gerade die Kunst für sich die Aufgabe gefunden, die Dämonen des Menschen, wenn sie schon nicht seziert werden können, dann doch zu beschreiben, und sich ihnen vorsichtig zu nähern? Warum sollte sie das jetzt der Wissenschaft überlassen, und noch dazu einer Wissenschaft, die sie selbst zum bloßen Produkt des unterdrückten Sexualtriebs degradierte? Die Wissenschaft schien doch durch die Systematisierung der Triebe die Dämonen des Menschen beschreiben zu können, aber verstanden hatte sie sie dadurch noch lange nicht. Wenn Grosz uns aber die Möglichkeit abspricht, die Dämonen des Menschen sezieren zu können, so versteht er sie in Wirklichkeit als „Universalien“, als für sich gedachte begriffliche Einheiten, die vielleicht monokausal auf den Menschen einwirken, aber nicht in einer Systematisierung, wie die Psychoanalyse sie betreibt, aufgehen. Grosz sucht „das“ Böse, „die“ Liebe, „den“ Tod, als unabhängige Entitäten. Aus der bloßen Intuition, das Böse sei doch mehr als der Output eines Systems, referiert er auf irgendetwas Unsagbares, Abgeschiedenes. Mit diesem Anspruch bewegt er sich auf einer Ebene mit den platonischen Ideen. Auch sie sind Universalien, die höchstens vom Menschen „geschaut“ werden können, auf die aber ansonsten als unveränderbaren begriffliche Abstraktion nicht eingewirkt werden kann, die so aber trotzdem als Erklärungsmodell für menschliche Erkenntnis 105 herhalten. Der Erkenntnisprozess ist jedoch ein Prozess, und Abstraktion kann nicht durch einen einfachen Verweis auf etwas Metaphysisches erreicht werden, sondern ist das Produkt eines komplexen gedanklichen Prozesses eines Systems, das, mit Wahrnehmung als „Input“ gefüttert, begriffliche Abstraktionen wieder ausspuckt. Wie genau dieser Prozess abläuft, ist dann Gegenstand der Erkenntnistheorie, die aber zeigt, dass der Erkenntnisprozess über ein einfaches Nebeneinander von „Ich“ und „Idee“ hinausgeht. „Das“ Böse ist vergleichbar mit „der“ Idee des Pferdes und trifft letztendlich in seiner Beziehung zum Menschen auch keine sinnvollen Aussagen. Warum soll die menschliche existenzielle Situation nur in einem bloßen Nebeneinander aus „Ich“ und Dämonen als Universalien bestehen? Zeigt sich nicht durch die Psychoanalyse, dass das System deutlich komplexer ist? Dabei darf natürlich nicht davon ausgegangen werden, dass die psychoanalytische Systematisierung des Geistes seine wirklichen Prozesse richtig widerspiegelt. Sie bleibt nur ein Modell der Psyche – und ein ziemlich schemenhaftes noch dazu. Die Dreiteilung aus Es, Ich und Über-Ich ist ein erster Schritt der funktionalen Erfassung des Geistes, als solche aber auch sehr rudimentär und anthropomorph und wird der Komplexität des Geistes nicht wirklich gerecht. Dies erklärt vielleicht die Reaktion von Grosz, der durch die Psychoanalyse verschiedene Menschen in ein Ich gesetzt sieht. In dieser anthropomorphen Zuspitzung zeigt sich ebenso die abwehrende Haltung vor der anthropozentrischen Kränkung, dass das „Ich“ aus einem systematisierbaren Prozess hervorgeht, als auch, wie sehr die Psychoanalyse noch in Metaphern denkt, in unscharfen Bildern. So zeigt sich: Die Psychoanalyse ist weit davon entfernt den Geist zu begreifen – vielleicht weil sie einen noch zu menschlichen Blick auf ihn wirft. Einer anderen Wissenschaft gelingt das vielleicht besser. Die Neurowissenschaft zeigt uns, wie sich die funktionellen Prozesse des Geistes physisch realisieren. Dadurch ermöglicht sie einen systematischeren Zugang als die Psychoanalyse. Gehirnzustand XY kann so als derjenige funktionale Zustand 106 des Geistes identifiziert werden, in dem beispielsweise die Entscheidung zu einem Verbrechen getroffen wird und sich das Böse offenbart. Dadurch, dass die Neurowissenschaft die neuronalen Netzwerke des Gehirns beobachten kann, kann sie direkte Rückschlüsse auf seine funktionale Ordnung ziehen, anders als die Psychoanalyse, die als Grundlage praktisch nur den „Output“ des Systems hat und anhand von Störungen auf die zugrunde liegende Ordnung schließen kann. So kann die Neurowissenschaft vielleicht ein umfassenderes Bild vom Menschen zeichnen, das auch genauere Einsicht über das Böse und seine Rolle gewinnen kann. Können wir durch das schärfere Bild der Neurowissenschaft also das Böse in der Systematisierung auflösen? Die Neurowissenschaft könnte doch alles offen legen – welche funktionalen Zustände warum und wie zu etwas Bösem führen. In seiner Systematisierung zeigt sich die „Banalität des Bösen“. Und noch weitere Konsequenzen müssten sich ergeben: Wenn das Böse so verständlich ist, könnte es doch auch gebannt werden. Wenn die funktionalen Rollen klar sind, können sie doch auch gestoppt werden und das System Mensch bereinigt ohne bösen Output laufen. Psychoanalyse war doch erst der Anfang – wir brauchen Psychotherapie! Trotzdem sind auch hier Zweifel geboten. Heißt das jetzt, dass wenn der Mensch vollkommen als funktionaler Prozess aufgeklärt wäre und auf seine Gehirnzustände zurückgeführt werden könnte, er vollkommen erfasst wäre? Hat ein Roboter mit dem Computerzustand XY dasselbe existenzielles Grundbefinden wie der Mensch mit dem Gehirnzustand XY? Wird er von denselben Dämonen heimgesucht? Anscheinend braucht es mehr als die Systematisierung, auch wenn es sich dabei vielleicht wieder nur um eine anthropomorphe Intuition handelt. Auch wenn ich erklären kann, dass der Schmerz eine funktionale Rolle hat, indem er anzeigt, wo im Körper eine Schädigung auftritt, so habe ich dadurch noch nicht erklärt, warum sich der Schmerz so anfühlt, wie er sich anfühlt. Der qualitative Gehalt eines Gehirnzustandes scheint so doch seine funktionale Rolle zu übersteigen. Dass ich das Rote so sehe, wie ich es sehe, hat vielleicht einmal die Funktion, dass dadurch verschiedene Gegenstände unterschieden werden können, geht aber nicht in dieser Rolle auf. Ich könnte das Rote ja auch ganz anders sehen, als ich es sehe, und es würde trotzdem weiter seine Rolle erfüllen. Und vielleicht sehen ja auch alle Menschen das Rote anders, obwohl sie das gleiche meinen, wenn sie darüber kommunizieren. Dasselbe gilt doch wohl auch für die von Grosz genannten Dämonen des Menschen. Das Böse mag durch seine funktionale Rolle geklärt sein, trotzdem gibt es doch so etwas wie ein bestimmtes Empfinden, böse zu sein. Liebe hat nicht nur eine Rolle, sie ist vor allem eine Art des Empfindens – das sind alles Aspekte, die durch die Systematisierung nicht mehr berücksichtigt werden. Insofern zeigt Grosz vielleicht doch auf: Dass der Dämon banalisiert und seziert wird, heißt doch nicht, dass seine Macht geschmälert wird. Das Böse ist nicht weniger hart, nur weil es erklärt werden kann, die Liebe weniger intensiv, der Hass schwächer. Und gleichzeitig ist eine Betrachtungsweise, die diesen qualitativen Gehalt nicht berücksichtigt, nicht umfassend. Der Mensch ist Mensch durch sein existenzielles Befinden. Insofern braucht es auch eine Anthropologie, die nicht nur funktionalisiert, sondern den Menschen als von diesem Befinden geprägtes Wesen analysiert. Ein systemabhängiges Ich kann nicht zu einer objektiven Erkenntnis über sich selbst kommen. Nur in einer methodisch umfassenden Perspektive kann der Mensch mit seinen Dämonen gänzlich erfasst werden. Die Konsequenzen der Systematisierung des Geistes reichen aber noch weiter und erschüttern das Fundament der Philosophie und damit die Frage, woran eigentlich die Dämonen des Menschen gemessen werden. Das Beispiel Erkenntnistheorie zeigt, wie der neue Geistesbegriff die Fundamente der Erkenntnis unterhöhlt. Die Kartographie der Vernunft bei Kant ermöglichte Einsicht über ihre Operatoren, ihre Wirkungsweise, ging dabei aber von einem autonomen und als eine Entität gedachten „Ich“ als logischer Grundlage aus. Sie vermochte als kopernikanische Wende beweisen, dass sich die Erkenntnis der Gegenstände nach den Operatoren des Geistes richtet, trotzdem bleibt im neuen Weltbild das „Ich“ als „unbewegter Beweger“ der Gegenstände im Mittelpunkt zurück. So greift nun die Psychoanalyse dieses Fundament der kantischen Philosophie an: Wenn das „Ich“ in einem System aufgeht, sei es nun in der Freudschen Dreiteilung aus Es, Ich und Über-Ich, verliert es seinen Status als verlässliches, logisches Fundament. Es gibt nicht nur ein begreifbares Ich, sondern viele verschiedene „Ich-Zustände“, die sich aus unterschiedlicher Konstitution des Systems ergeben, was größtenteils unbewusst vonstatten geht. Welches „Ich“ soll dann als Fundament der Erkenntnis dienen? Letztlich fehlt die logische Begründung, wenn sich das Fundament der Erkenntnis, das Ich, das „Cogito“ in seiner Systematisierung auflöst und es keinen absoluten Maßstab mehr gibt. Diese Unterhöhlung der Maßstäbe zeigt sich auch in der Ethik. Das absolute Ich ist auch sein eigener Gesetzgeber in moralischen Frage: Welcher funktionale Geisteszustand aber ist identisch mit dem freien autonomen Willen, der in Übereinstimmung mit seiner Pflicht handelt? Ethische Gesetze werden logisch abgeleitet, setzen aber als Fundament wieder das gesetzte, absolute „Ich“ voraus. Wenn dieses aber nicht existiert, sondern immer relativ konstituiert wird – was dann? Gilt dann so etwas wie der neurowissenschaftliche Imperativ: Handle so, dass die Maxime deines Willens im Gehirnzustand XY zugleich Grundlage einer allgemeinen Gesetzgebung werden könne? Da es aber keine logische Grundlage dafür gibt, dass gerade Zustand XY frei und autonom ist, und sich Gehirnzustände laufend ändern, universalisiert er keine Maximen mehr, er generalisiert sie nur. Die Folge: Ethische Gesetze können nicht mehr logisch bestimmt werden, es ist nicht mehr logisch ableitbar, was gut ist. Dadurch ist aber auch nicht mehr ableitbar, worin gerade das Böse bestehen soll. Es fehlt der Maßstab, anhand dessen beurteilt werden soll, wann ein funktionales System etwas Böses produziert. Die Frage, wo die Dämonen des Menschen liegen, kann letztendlich also doch nicht beantwortet werden, denn die Konsequenz der Systematisierung des Geistes ist ein Relativismus im erkenntnistheoretischen und 107 ethischen Bereich. Wenn sich alles als ein voneinander abhängiges System zeigt, fehlt das Fundament, auf dem dieses System steht – aber vielleicht brauchen wir dieses Fundament auch nicht, wenn sich das System selbst trägt. Es bleibt nur die Freiheit. Die Freiheit, wie wir das System betrachten und wo wir Maßstäbe anlegen für unser Handeln und welche funktionalen Zustände wir gesellschaftlich akzeptieren. Ist Gehirnzustand XY unser Maßstab für den freien Willen oder Gehirnzustand XZ? Logisch begründen lässt sich das nicht mehr. So muss die Gesellschaft selbst entscheiden, welche Gehirnzustände sie als Fundament wählt, und welche sie ablehnt. Schon heute zeigt sich das, wenn Betrunkenheit als Zustand juristisch strafmildernd ist. So bleibt zum Schluss: Die Dämonen des Menschen wurden seziert, und haben doch kein Skelett – der einzige Dämon, der bleibt, ist die Freiheit. Ein philosophischer Essay: Von Wölfen und Lämmern Tim Kerkmann, 11/Q1 Was will der deutsche Philosoph Hans Blumenberg mit dieser Fabel ausdrücken? Um die Frage zu beantworten und mit historischen Entwicklungen sowie meiner eigenen Meinung zu untermalen, werde ich versuchen, stückweise diesen Buchauszug zu analysieren und zu interpretieren. Anfangs nimmt Blumenberg den Zustand eines materiellen Friedens an, der jedoch nicht auf sozialer und gesellschaftlicher Ebene herrscht. Während einige „Wölfe“, also die wirtschaftlichen und politischen Eliten autoritär über die Staatsgeschäfte entscheiden, werden die „Lämmer“, die schwächeren, unteren sozialen Schichten bevormundet und „gefressen“. Menschen, die gegen diese gesellschaftliche Ordnung vorgehen, verkennen dabei die menschliche Natur, die durch eine ständige Institutionenbedürftigkeit gekennzeichnet ist. Denn viele „Lämmer“ verlangen oft nach „Führungswölfen“, wofür die Weltgeschichte leider zahlreiche Beispiele geliefert hat (z.B. das „Dritte Reich“ unter Hitler 1939-45 oder die Diktatur Stalins in der ehemaligen UdSSR 1927-53). Die Utopie des vollständigen sozialen und gesellschaftlichen Friedens scheint auf Grund all der Kriege, der sozialen Ungerechtigkeit und des menschlichen Egoismus immer eine Illusion zu bleiben. Der zweite Satz ist derart komplex, dass man ihn auf viele verschiedene Weisen interpretieren und ausdeuten kann. Die Wahrscheinlichkeit der Anpassung der autoritären, rei- 108 „Die unzufriedenen Friedensfreunde, die mit dem Zustand des nichtfließenden Blutes noch nicht genug haben, denken in den Bildern eines messianischen Reiches, in dem Wolf und Lamm miteinander weiden. Die kleine Unwahrscheinlichkeit, daß der Wolf dabei überleben kann, indem er Gras frißt, wird hingenommen, obwohl sie doch an den Zeitpunkt denken läßt, an dem die Wölfe vom Aussterben bedroht sein werden und sich die Wolfsfreunde zusammentun müssen, um von irgendwoher Lämmer für die Wolfserhaltung zu beschaffen – die Lämmer von anderen Weiden natürlich. Man merkt, daß es ein anderer sein mußte, der sich den messianischen Zustand ausgedacht hat, als der, der sich die Natur ausgedacht hatte.“ (Hans Blumenberg) chen Machthaber an die sozial schwächeren Menschen mit oftmals geringer Bildung ist verschwindend gering. Der gewöhnliche Prozess des „Fressens“ bezeichnete damals in vielen Ländern das wahre Töten (z.B. die Judenverfolgung im nationalsozialistischen Deutschland oder auch der globale Sklavenhandel im Kolonialismus, der von der ökonomischen und politischen Elite vorangetrieben wurde). Heutzutage ist er dagegen charakterisiert durch sehr hohe Abgaben, Entlassungen oder auf der ideellen, politischen Ebene durch Bevormundungen. Die Utopie der gemeinsamen Weide, auf der diese komplementär einander gegenüber stehenden Tierarten beziehungsweise menschlichen Wesen zusammen grasen, scheint unmöglich. Denn durch den engen Kontakt mit den Lämmern und die plötzliche Friedfertigkeit sind die Wölfe vom Aussterben bedroht, weil sie ihre gewohnte Macht verlieren (metaphorisiert wird die Machtlosigkeit hierbei durch das Fressen des Grases). Diesen Zustand ertragen die Wölfe nicht, die geradezu nach dem Einfluss auf die Lämmer verlangen, ähnlich wie auch die Machtmenschen nach immer mehr Opfern verlangen. Um nun das Bedürfnis nach anderen Lämmern zu stillen, müssen die Wölfe anderswo nach frischem Fleisch suchen, was die Gier nach Ausbeutung von Menschen darstellt. Die besänftigte Aggressivität wendet sich also nach außen, indem die Wölfe sich zusammentun müssen, um neue Lämmer von anderen Weiden zu beschaffen. Dieser Schritt stellt eine Besonderheit dar, denn die Machtmenschen sind eher Einzelgänger, welche häufig als Despoten die vollständige Macht besitzen wollten, wie auch heutige Beispiele verdeutlichen (z.B. der ägyptische Präsident Mohammed Mursi oder Kim Jongun in Nordkorea). Auch auf wirtschaftlicher Ebene lässt sich dieser Vorgang sogar in Deutschland gut erkennen: Die Unternehmer müssen auf Grund des verhältnismäßig hohen Lohnniveaus in Mitteleuropa den Arbeitnehmern viel Geld zahlen. Aus diesem Grund lassen immer mehr deutsche Unternehmen im Ausland (vor allem in Ostasien) ihre Produkte zu Dumpinglöhnen herstellen, sie „fressen“ also „Lämmer von anderen Weiden“, was durch den Prozess der Globalisierung vereinfacht wird. Blumenberg beschreibt in dem dritten Satz dieses Textauszuges treffend, dass die Natur einen Antagonismus eingerichtet hat, der darin beseht, dass autoritäre Staats- und Wirtschaftseliten die machtlosen Menschen bevormunden, unterdrücken und ihnen Leid zufügen. In ähnlicher Art und Weise geht es auch in der Fauna zu. Dort gibt es bei vielen Tierarten klar festgelegte Rangordnungen, die aber durchaus zum Überleben der gesamten Spezies beitragen (z.B. die Alpha-Wölfin im Wolfsrudel, wo sie durch die Erfahrung dem Rudel hilft, jedoch gegen Konkurrentinnen kämpft). Blumenberg verknüpft mit der Darstellung des natürlichen menschlichen Zusammenlebens eine strikte Absage an kommunistische und religiöse Utopien. Die Natur ist nämlich bestimmt durch den zum Teil knallharten Kampf ums Überleben. Auch wenn in heutiger Zeit gesellschaftliche, technische und auch politische Errungenschaften in vielen Staaten der Welt für demokratische Entwicklungen mit den Menschenrechten gesorgt haben, so existieren dennoch Führungseliten (z.B. die Politiker oder die Leiter von großen Wirtschaftsunternehmen) mit stark divergierendem materiellem Eigentum. Die kommunistische Vorstellung einer „klassenlosen Gesellschaft“ ohne jegliches Privateigentum, wie sie Karl Marx (1818-1883) vorgestellt hatte, hat sich leider als undurchführbar erwiesen auf Grund des menschlichen Egoismus und besonders durch die bestehende Ungleichheit. Blumenberg beendet diese Fabel mit einer markanten Pointe, in der er auch die Religion angreift. Er sagt nämlich offen, dass es nicht ein Gott gewesen sein kann, welcher sich diesen paradiesischen Zustand ausdachte und gleichzeitig die Natur mit ihren vielen ungerechten und bösen Eigenschaften schuf. Damit entspricht diese Fabel, sofern man sie auf das menschliche Zusammenleben bezieht, dem negativen Menschenbild, wie es beispielsweise Thomas Hobbes (1588-1679) vertrat. Der englische Philosoph verdeutlichte mit dem Ausspruch „homo homini lupus“, dass der Naturzustand des Menschen vor jeglicher Staatenbildung schlecht sei. Das Miteinander der menschlichen Spezies sei bestimmt durch einen ständigen Kampf untereinander mit ungleichen Gegnern (Wölfe versus Lämmer). Daraus folgert Hobbes die Idee des Gesellschaftsvertrages. D. h., die Bürger eines Staates übertragen die gesamte Macht auf einen Souverän, sie geben freiwillig ihr Recht auf Selbstbestimmung auf, um so Schutz zu erhalten durch den mächtigen „Leitwolf“. Hobbes war damit der größte Theoretiker des Absolutismus (etwa 1600-1750), einer Epoche, in der die Könige, Fürsten und Herzöge in Europa zum Teil willkürlich über Menschenleben entscheiden konnten. 109 Die „Lämmer“ sind jedoch oftmals nicht fremdverschuldet in ihre Lage geraten, sondern sie haben häufig aus Bequemlichkeit und unaufgeklärten Verhaltensweisen selber den Raum für Bevormundung und Heteronomie geschaffen, der von ehrgeizigen Machtmenschen nur allzu gerne eingenommen wurde. Erst die Französische Revolution (1789-99) markierte in Europa eine Epochenschwelle: Von nun an wollten die Bürger und Arbeiter mitbestimmen und gleichzeitig das anachronistische Ständesystem auflösen. Im weitesten Sinne bedeutet dies, dass die Lämmer selber bestimmen wollten, wer nun die Leitwölfe sind, so wie es auch in einer modernen Demokratie der Fall ist. Meiner Meinung nach hat sich die Machtlosigkeit der zahlreichen „Lämmer“ gegenüber den Machtbefugnissen der wenigen „Wölfe“ glücklicherweise verringert durch die Epoche der Aufklärung, durch den Liberalismus ab dem Ende des 18.Jahrhunderts sowie durch die schrittweise Demokratisierung der Staaten mit dem Abbau der autoritären Herrschaftsstrukturen bis hin zur Volkssouveränität. Durch die Tatsache, dass die „Lämmer“ nun die „Wölfe“ wählen dürfen, müssen sich die Machtmenschen nach ihren Wählern aus der breiten Bevölkerungsmasse richten. Allerdings gibt es dennoch in vielen Staaten der Welt – meist Entwicklungsländer – noch viele „Wölfe“, welche die „Lämmer“ konsequent ausbeuten, indem sie diese Schwächeren „fressen“, also in tiefste Not versetzen. So werden besonders im westlichen Afrika viele Staaten autokratisch regiert. Die politische Führungselite bereichert sich an den Einnahmen besonders durch Steuergelder und beutet so die armen Menschen aus. Wegen dieser Machtbedürfnisse der Menschen hat auch die kommunistische Utopie des imaginierten Naturzustandes einer friedlichen Koexistenz von Wölfen und Lämmern in vielen Staaten seit 1917 (u.a. Russland, DDR, Polen oder auch im ehemaligen Jugoslawien) leider das Gegenteil bewirkt. Der Arbeits- und Innovationsanreiz ist gesunken, die Wirtschaft war von einer ökonomischen Rezession geprägt und die Selbstbestimmung und Meinungsfreiheit der „Lämmer“ war stark eingeschränkt. Viel- 110 mehr bestimmte die Parteielite, wie sich die Bevölkerung in allen möglichen Lebenssituationen zu benehmen hatte. Die menschliche Natur schien den Marxismus als unmöglich zu gestalten, ebenso wie die religiöse Theorie des messianischen Zustandes, den Blumenberg anspricht. Über den messianischen Zustand schreibt Jesaja im Alten Testament der Bibel: „Wolf und Lamm sollen weiden zugleich, der Löwe wird Stroh essen wie ein Rind, und die Schlange soll Erde essen. Sie werden nicht schaden noch verderben auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der HERR.“ (Jes 65,25) Gott wird in der Bibel ja bekanntlich als der Schöpfer der Natur bezeichnet, deshalb widerspricht Jesajas Ausspruch der Realität. Denn in der Natur läuft eben nicht alles friedlich und gerecht ab, sondern sie ist geprägt vom ständigen Kampf ums Überleben, der wiederum die Evolution prägt. Dieser egoistische Wille ist meines Erachtens irreversibel, auch Blumenberg enthüllt seine persönliche Meinung im letzten Satz des Zitats. Ich halte jedoch auch die Ansicht von Hans Magnus Enzensberger (*1929) zu diesem Thema für sehr interessant. Anders als es die meisten Literaten gemacht haben und weiterhin tun, übt er keine Kritik an den Wölfen, die die Lämmer unterdrücken. Enzensberger nimmt vielmehr die andere Sichtweise ein, welche die Wölfe verteidigt: „gelobt sei´n die räuber; ihr, / einladend zur vergewaltigung, / werft euch aufs faule bett / des gehorsams, winselnd noch / lügt ihr, zerrissen / wollt ihr werden, ihr / ändert die welt nicht mehr.“ Die Verse bilden die letzte Strophe eines Gedichtes im Buch „verteidigung der wölfe gegen die lämmer“, das 1962 veröffentlicht wurde, also 17 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Es kritisiert eindeutig die breite deutsche Bevölkerungsmasse, also die „Lämmer“, welche gegen die führenden Nationalsozialisten, also die „Wölfe“, nichts unternommen haben, sondern die Machtausübung durch ihre Komplizenschaft erst ermöglichten. Die Lämmer haben sich also „fressen“ lassen und sind auch nicht untereinander für sich eingetreten, so dass auch der Holocaust mit mehr als 6 Millionen getöteten Juden möglich wurde. Ich denke, es ist die Aufgabe aller Menschen und aller staatlichen Gewalt, genau diese Ungleichheit zu minimieren. Dennoch sollte es nie wieder Ziel einer Ideologie sein, diese empirischen Unterschiede aller Individuen, also auch zwischen den Wölfen und Lämmern, zu nivellieren. Denn dieser Versuch könnte zu tragischeren Situationen führen, als es vorher der Fall gewesen ist. Für das menschliche Gesellschaftssystem ist diese Arbeitsteilung nämlich von enormer Bedeutung: einerseits für die „Wölfe“, welche die Regierungsgeschäfte leiten oder wichtige ökonomische Entscheidungen tätigen, andererseits für die „Lämmer“, welche durch die ewige Graserei wichtige Arbeitskräfte darstellen und so erst den Staat aufrechterhalten können. Die Bevölkerung sollte auf jeden Fall immer über das Recht verfügen, die Führungselite, also die Politiker, zu wählen, damit die Bürger so am erfolgreichsten und glücklichsten ihr Leben gestalten können. Dabei hat sich meiner Meinung nach herausgestellt, dass eine gewisse Staatselite mit Mitgliedern auf Zeit notwendig ist, um so die politischen und gesellschaftlichen Themen eingehend zu behandeln und um überlegt sowie gezielt einzugreifen. Die Wölfe sollten dabei ihre Autorität durchaus nicht untergraben, aber dennoch immer das Wohl der „Lämmer“ im Auge behalten, um bei allen Parteien des gesellschaftlichen Miteinanders für zufriedenstellende Bedingungen zu sorgen. Gerade diese demokratische Regierungsstruktur, für die viele Generationen über zahlreiche Jahrzehnte hinweg gekämpft haben, betrachte ich als die wichtigste Errungenschaft und das höchste Gut der menschlichen Wesen. Diese gilt es immer zu verteidigen, komme, was wolle! Erinnerung an meine Schulzeit Johannes Ahlmeyer, Abi ’59 Steingraben 17/19 59494 Soest Der Autobiograph Johannes Ahlmeyer: 1940 in Bethel geboren, bin ich 1959 mit dem Abitur vom späteren Ratsgymnasium abgegangen, habe in Bethel, Bonn und Münster evangelische Theologie studiert (die immer auch katholisch ist). Seit dem I. Examen 1964 verheiratet, kam ich ins Vikariat nach Gelsenkirchen und wurde 1966 nach dem II. Examen in Dortmund–NO zum Pastor ordiniert, tat Dienst in Hagen, Plettenberg und Ahlen. Tätigkeitsschwerpunkte außer Gemeindearbeit waren Krankenhausseelsorge, Diakonie, Justizvollzug. Seit „Zurruhesetzung“ 1998 wirke ich in vielen Ehrenämtern. Aus der werdenden Autobiographie (Jahrgang 1940 und Pastor geworden – Rückblicke auf mein Erleben und Denken) summiere ich – zwangsläufig blass – aus zwei Kapiteln folgenden redaktionell gekürzten Text. Zur Gymnasialzeit der 50er Jahre: Fünfhundert Schüler hatten sich über ihre Eltern – zwanzig Mark Schulgeld je Kind mo- natlich – um Aufnahme ins Traditionsgymnasium beworben, zweihundert würden angenommen werden. Zunächst war eine Testprüfung zu bestehen. Dreihundert Jungen bestanden die eigentliche Aufnahmeprüfung, hundert wurden u. a. als zu jung ausgesiebt, je fünfzig sollten die beiden neusprachlichen Klassen bilden und je eine mathematisch-naturwissenschaftliche sowie meine altsprachliche. Als ich aufgerufen wurde, mich mit Handschlag vom Direktor aufnehmen zu lassen, redete er mich an: „Heh, meine Seele, die Mütze nimmt man zur Begrüßung ab.“ Umgangssprachlich hieß er wie der englische Pfirsich Pietsch oder Pietsch Müller. In der Tat glich sein Haupt mit Vollglatze über der pyknischen Gestalt einem Pfirsich. Charakterlich war er nicht nur nationalsozialistisch unbe- 111 lastet, sondern eher dem Widerstand zuzudenken. Ganz und gar Schulmann Hallescher Prägung, hatte er höhere Berufungen abgelehnt. Mit welchen Lehrern er Schule zu machen hatte? Mit wenigen kaum noch mittleren Alters: Sei Emil erwähnt, der Turner und Organisator, der aus geringstem Anlass den kleinen Grünewald neben mir, beide kaum Sextaner geworden, derart mit Fäusten zusammenschlug, dass dieser sich noch eine gute halbe Stunde am Boden krümmte und nach Luft hechelte. Nenne ich zum Lateinischen dessen herben Vertreter, Ede mit Spitznamen, der gefährlich erschien und vielleicht sogar gewesen war! Also die Vokabeln und grammatischen Formen rauf und runter aufsagen, vorwärts und rückwärts, einzeln und chorweise als sprachliches Formalexerzieren! Meine Anerkennung seiner Pädagogik rechnet ihm aber ungern jene Schlagfertigkeit zu, die er auch mit der zur Faust geballten Hand bewies. In der Oberstufe kamen wir wieder auf ihn zurück als Freiwillige seiner Arbeitsgemeinschaft, in der wir lyrisches Latein von feinsten Nuancen des Gefühlsausdrucks lasen. Hervorragend fand ich auf Sexta Dr. Raabs DeutschUnterricht, inhaltlich genau parallel zu Edes lateinischen Bemühungen um uns. Zum Lateinunterricht von nun nicht mehr sechs Wochenstunden kam Englisch hinzu, vom Lehrer ergänzt um eine Lautschrift zur sehr genauen Aussprache. Denn: „Man sollte nicht sofort im Feindesland – Verzeihung: im fremden Land als Deutscher auffallen. Sein „ungemütliches Viertelstündchen“, von dem Ede gern sprach, bekam Wolfgang aus dem Nachbarhaus des „Pinguin“ genannten Erdkundelehrers. Der Junge wurde beidhändig mit Ohrfeigen begrüßt. „Wie heißen wir?“ Ob Wolfgang Vor- oder Nachnamen nannte, wurde er noch und noch geohrfeigt, bis einige und zunehmend weitere von uns aufstanden und den Lehrer fixierten. Da erst begann der Unterricht, als sei nichts gewesen. Die Mittelstufe ließ uns noch jenen Lateinlehrer, der uns auch in Religionslehre und Geschichte unterwies. Erste lateinische Lektüre wurde Gaius Julius Caesars Schrift „Über den gallischen Krieg.“ Einen „Pons“, die „von einem Schulmann“ in winzige Buchform gebrachte Übersetzung ins Deutsche, 112 hielt der promovierte Herr Studienrat anfangs hinter dem Pult verborgen. Für ihn war Gallien das zeitweilig Deutschland unterworfene Frankreich, das er kreuz und quer als Kradmelder durchpflügt hatte. Im Geschichtsunterricht bot er an, Verdun getrost mit einstmals deutschem Namen „Wirtten“ zu benennen. In eben diesem Zusammenhang auf die Städte Eupen und Malmedy zu sprechen zu kommen, erntete Lob: „Braves Jungchen“, berlinerte er dann. Pietsch hatte einen Stellvertreter, den einzigen Lehrer im Direktorenrang, bei dem wir ab Untertertia Griechisch lernten. Er paukte mit uns nicht, wie es uns in jenen Flegeljahren hätte guttun können, und stand stets, zur rätselhaften Persönlichkeit geworden, im Gegenlicht vor dem Fenster. Er galt uns als höchst gebildeter, antik-religiös durchdrungener Heide, der er vermutlich nicht war. Faulheit ahndete er allenfalls mit höflichem Spott. Griechisch wurde fortgesetzt bei einem habilitierten Vertreter seines Faches, einem Freund von Goethe und Hölderlin, der sich nicht zu schade war, auch Persönliches preiszugeben. Das entschädigte dann für die Beschäftigung mit den Vorsokratikern und mit Platon, immer wieder Platonlektüre als antike Philosophiegeschichte. Wenigstens das Gerücht will ich anfügen, dass die eingereichten Klausurtexte zur Reifeprüfung in Griechisch manchen Jahrgängen dank einer bestimmten Forschungsmethode rechtzeitig bekannt geworden seien. Nach lyrisch orientiertem Deutsch-Unterricht bei zwei Herren, einer mit einer Kriegsverletzung an der Hand, der andere seinem Fliegerhorst in Trondheim innerlich nahegeblieben, bekamen wir schließlich Dr. Raab zurück. Bei den wirklich alten Lehrern denke ich mit Hochachtung an Herrn „Owb“, der sich nur abgekürzt mal so, mal als Herr „Owb“ anreden ließ und über die Lehrbefähigung für Philosophie und Sport verfügte. In seinem dunkelbraunen Trainingsanzug hinterließ er überall im Gebäude einen gepflegten Eindruck. Ausgesprochen würdige und lebenspraktische alte Herren hatte Pietsch in seinem Kollegium zu unserer Unterrichtung in Mathematik während der Mittelstufe, einer erschien nach einem halben Jahr nicht mehr; eine Krankheit aus dem schizophrenen Formenkreis soll ihn dauerhaft dienstunfähig gemacht haben. Schülern wurde über solchen Weggang nichts erklärt. Ein anderer Mathematiker, früher Vorstandsmitglied eines Hüttenwerks, trat ausschließlich in braunen Lackschuhen ohne das geringste Stäubchen auf. Er fiel für längere Zeit aus, kam zwar wieder, verschwand aber nach seinem zweiten Schlaganfall für immer. Der dritte ältere Mathematiker hatte wegen einer Handverletzung seinen Beruf als Markscheider aufgegeben. Seine leider schwache Gesundheit ließ ihn keine zwei Jahre an unserer Schule überstehen. Ausgerechnetes Glück hatten wir nach viel Lehrerwechsel in der Unterund Mittelstufe während der beiden letzten Jahre mit einem letzten Mathelehrer. Ich verstand zwar Mathematik einigermaßen, habe es aber in den entscheidenden Jahren bis Obertertia an Übungsfleiß fehlen lassen, so dass ich ohne Rechenfertigkeit blieb und mir alle Formeln und ähnlichen Voraussetzungen für eine Klassenarbeit zeitraubend erschließen musste und schon während des Studiums meine Versäumnisse zu bereuen begann. Die es sich wie ich auch freiwillig erwählten, hätten biblisches Hebräisch gründlich lernen können, hätte nicht der Lehrer, ein alter Priester mit dem Spitznamen „Emanuel“ sich fürchterlich bemogeln lassen und selbst gemogelt. Im letzten Halbjahr ist „Emma“ nicht mehr zu sehen, ein evangelischer Pfarrer, Vater eines Klassenkameraden, unterrichtet uns als strenger Leistungskontrolleur an seines Vorgängers Stelle. Um auf wenige jüngere Lehrer einzugehen, so hatten wir anfangs einen sehr guten Musiklehrer, in dessen Schülerchor ich mitsang, mit sechzehn Jahren noch im Sopran, aber das musikalische Fach war plötzlich nicht mehr besetzt. Wir waren bei diesem ersten Musiklehrer sicher genug im Schreiben und Erkennen von Noten, im Erspüren der grundlegenden Dreiklänge jeder Tonart und ihren Umkehrungen geworden: Tritonus, Quartsextakkord, Septimakkord. Kam darüber Langeweile auf, zog unser begnadeter Lehrer die Stange über dem Tastaturdeckel des Flügels ab und begann zu spielen, zum Beispiel Schumanns „Wilden Reiter“ oder Beethovens „Wut über den verlorenen Groschen“. Eines Tages war der Bruder Musikus leider verschwunden. Später hieß es, er sei mit gefälschten Papieren am Gymnasium angetreten, habe auch nie die erforderlichen Examina abgelegt. Mit Eintritt in die die Obersekunda hatten wir je einzeln die Aufgabe bekommen, eine Weile vor Schulbeginn eintreffenden Lehrern höflich grüßend die Tür zu öffnen und die Mitschüler draußen bis fünf Minuten vorher warten zu lassen. Auch hatten wir uns siezen zu lassen. Vom Peenemünder Raketenspezialisten Willi, der sich bei uns allerpeinlichst anbiederte, erwartete ich also ein „Sie“. Er kommt, ich reiße die Tür auf, mache artig meinen Diener und beginne „Guten Morgen, Herr …“ –, als er mich schon leutselig unterbricht: „Mensch Ali, biste befördert worden?“ Wie von selbst kommt meine Antwort: „Ja, wir werden neuerdings gesiezt.“ Nicht die Situationskomik geht ihm auf, nur meine schlagfertige Distanzierung. „Aha, so einer bist du“, sagt er und: „Dich will ich mal sofort dem Chef melden.“ Wir starren uns einen langen Augenblick gegenseitig an, dann dreht er sich auf dem Absatz um und entschwindet eilig in Richtung Treppe und Lehrerzimmer. Es muss auf der Stelle meinethalben eine Konferenz stattgefunden haben, denn aller Unterricht beginnt eine Viertelstunde verspätet. Karlchen Raab spricht mich hernach kopfschüttelnd an: „Ahlmeyer, mussten Sie den Mann derart runtermachen?“ Spät erst begriff ich: Ich habe eine große humorlose oder sich billig auf meine Kosten mit Willi solidarisierende Lehrerschaft gegen mich aufgebracht. Wie i