Herstellung und Eigenschaften von
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Folge 25 LENZINGER Herstellung und Eigenschaften von Bikomponentenfäden Dr. GerhardHofinger ChemiefaserLenzingAG., Lenzing BERICHTE Mai 1968 An Hand zahlreicherPatentschriftender letzten Jahrekann man nun eine interessanteNeuentwicklungauf dem Gebiet der Synthesefasernbeobachten.Danachwerden die Fasern oder Fäden aus zwei verschiedenartigenPolymerenhergestellt, die sich währendder Fadenbildungnicht m iteinander vermischensollen und einen Faden irrhomogenerZusammensetzungergeben. Diese Bikomponenten-oder Verbundfaden sollen bessere Gebrauchs-und Veredlungseigenschaften aufweisenund besitzen einelatente Kräuselung. Zwei Typen von Bikomponentenfasernbzw. -fadenwerden von der Firma DuPont bereits in den Handel gebracht: Bikomponentenfäden werden durch gleichzeitiges Auspressen zweier verschiedener Polymerlösungen oder -schmelzen durch ein Düsenloch hergestellt. Die beiden Komponenten schrumpfen bei der Nachbehandlung in unterschiedlichem Ausmaß und bewirken dadurch eine Einkräuselung des Fadens. Bikomponentenfäden können sowohl nach dem Schmelzspmnverfahren als auch durch Trocken- oder Nal)spinnen erzeugt werden. Bei der Auswahl der Komponenten muß auf gute Haftung aneinander und auf Beständigkeit der Kräuselung geachtet werden. Die Eigenschaften der Bikomponentengame werden in einer Tabelle mit jenen mechanisch texturierter Garne verglichen. Schließlich wird noch auf die speziellen Verarbeitungsmöglichkeiten der Bikomponentengarne hingewiesen. a) Orlon 21@, Orlon 23@und Orlon 27@: PolyacrylnitrilStapelfasern,die in Konkurrenz m it Wolle vor allem im Strickwarensektorverwendetwerden; b) Cantrece@:Bikomponentenfadenaus Polyamiden, die als Mono- oder Multifilamente vor allem in der Damenstrumpfindustrieeingesetztwerden. Es erscheint uns von Interesse,in einem zusammenfassenden Artikel über das zugrundeliegendePrinzip sowie über die wichtigsten Verfahren zur Herstellung solcher Bikomponentenfadenund deren textiltechnologischeBehandlung zu berichten. 2. Ursachen der Kräuselung Two-component trusion through polymer melts. shrinkage of the fdaments are produced by the simultaneous exone jet hole of two different polymer solutions or Fiber crimp is produced by varying degrees of two components during subsequent treatment. Two-component filaments tan be produced by the melt-spinning process as weh as by dry or wet spinning. Satisfactory fiber-to-fiber adhesion and stability of crimp arc requirements to be considercd in selecting the components. The Paper includes a table comparing the properties of twocomponent yarns with those of yarns texturized by mechanical means. Finally, the special applications in which two-component yarns tan be used are pointed out. 1. Einleitung Besteht ein Fadenüber seineganzeLangeauszwei verschiedenenKomponenten,die Seite an Seite oder in einer KemMantel-Formunlösbarm iteinanderverbundensind, so muß sich dieser Faden, sobald auf ihn keine äußereSpannung einwirkt, spontankräuseln,wenn die beidenKomponenten bei einer beliebigentextiltechnologischenBehandlungeine unterschiedlicheLängenänderungerfahren. Als Ursachen dafti kommen in Betracht: a) UngleicheLängenänderung nach unterschiedlicherFeuchtigkeitsaufnahmeder beidenKomponenten. b) UngleicherSehrumpf beim Abwickeln des verstreckten Fadens von der Streckspuleinfolge unterschiedlichen Relaxationsverhaltensder beiden Komponentenim gespanntenZustand. c) Ungleicher Sehrumpf beim Heißfeeren, zum Beispiel infolge unterschiedlicherKristallinität bzw. Orientierung der beidenKomponenten. Nach Aufnahme der Großproduktion von Fasernaus synthetischen Polymerenwar man laufend bestrebt, die Herstellungsverfahrenund die Eigenschaftendieser Fasern zu Das erstePhoto der Abbildung 1 zeigt eine Querschnittsaufverbessern.Beispielsweisekonnten Licht- und Thermostabi- nahme von unverstrecktenBikomponentenfasern(Vergrölität durch Zusatz von Stabilisatorenerhöht werden.Durch ßerung 25O:l) und das zweite einen Ausschnitt aus derselVerspinnungvon Kopolymerenwurden Fasernm it höherer ben Aufnahme (Vergrößerung5OO:l). Auf dem dritten Anftibbarkeit, geringererelektrostatischerAufladung und Bild sind dieselbenFasernnach einerVerstreckungim Verschwächerer Pillneigung erhalten. Durch Variation der hältnis 15 zu sehen.In allen drei Fallen war eine KompoSpinn- und Nachbehandlungsbedingungen konnten je nach nente rußgefarbt.Die vierte Aufnahme zeigt schließlichdie dem vorgesehenenEinsatzgebiet die Fasereigenschaften QuerschnitteunverstreckterBikomponentenfasem,bei denen eine Komponentemattiert war. beeinflust werden. 52 LENZINGER Folge 25 BERICHTE Mai 1968 Bild 2: UnVISfreCkt iverorößerung 5M):lI Bild 3: Mntrskt iVergrökun0 2 W 1 ) Bild 4: unwrstmckt iVsrgößeNnp 5M):l) Abb. 1: Faserquerschnitte von Bikomponentenfaden 3. H.ntdlU<ipPrinzi bzw. g e h t . Durch getrennte Zufiihnuigsleitungen werden Die Herstellung von Bikomponentenfnden ist sowohl nach die beiden Schmelzen bzw. m g e n zu einer Spinndiisendem Schmehpinn- als auch nach dem Trocken- oder Na5- platte traosportiert, wo sie unmittelbar vor den W n spinnverfahren mö&h. Das PRnPp iai bei d e n drei Me- löchern aufeinandertreffen und nebeneinander durch diese ihoden g i e a Zwei Polymere werden “parat geschmolzen M€nungen ausßepre%twerden. 54 LENZINGER Mai 1968 Abbildung 2 zeigt den Längsschnitteiner solchenSchmelzspinnvorrichtungl). Diese besteht aus einer Spinndüsenplatte (1) und einer Verteilerplatte (2). Letztere hat eine zentrische(3) und eine ringförmige Ausnehmung(4). Die geschmolzenen Polymerenwerdenin diesebeiden öffnungen gepreßtund in die ringförmigenKanäle (5 und 6) der Platte 1 weitergeftit. Die Schmelzenwerden durch die Leitungen (7 und 8) zu den kreisförmig angeordnetenDüsenlöcherngedruckt. BERICHTE Die so erhaltenenBikomponentenfadenkönnen auf die übliche Weise abgezogenund aufgespult werden. Nach ,anschließendemVerstreckenwerden die Fäden einer Wärmebehandlungdurch Heißluft oder Sattdampf unterworfen. Diese Fixierung, die man entwederkontinuierlich am laufendenFadenoder diskontinuierlicham Strangdurchführen kann, bewirkt je nach der dabei angewandtenSpannung eine Erhöhung oder eine Erniedrigungder Einkräuselungin jedem Fall aber eine Abnahme des Kochsehrumpfs. 4. Auswahl der Komponenten 25 Auch KomponentengleicherchemischerZusammensetzung, jedoch ungleicherViskosität sollen in ihrem Schnunpfverhalten ziemliche Unterschiedeaufweisen.Als Beispielehiefti wurden bereits Polyamide4), Polyolefme5) und Polyeste#) beschrieben. SchJiefihchkann man auch aus ein und derselbenhomogenen Pol~e&unelze Bikomponenten-Kräuselfäden gewinnen, indem man aus dieserSchmelzegetrennteStrömemit einer Fließgeschwindigkeitim Bereich von 1:1,5 bis 1:4 bildet7). Durch Differenzen in der Ausspritzgeschwindigkeit innerhalb ein und desselbenDüsenlocheserreicht man auch eine unterschiedlicheVororientierung während des Abzugs und damit eine ungleichmäl3igeSehrumpfneigung der beidenKomponenten. 5. Voraussetzungen ten aneinander Abb.2 Folge für eine gute Haftung der Komponen- Sind die beiden Komponenten eines Verbundfadensihrer Natur nach verschieden(z.B. Nylon 66 und Polyäthylenterephthalat),so besteht - falls der Faden nicht eine KemMantel-Struktur aufweist, sonderndie KomponentenSeite an Seite gesponnenwurden - die Neigung, daß sich diese beim Verstreckenwieder trennen.Betrachtetman den Querschnitt einessolchenFadens,so kann man die beidenKomponenten, wenn sie ungleich stark mattiert sind, gut voneinanderunterscheiden.Auch die Trennlinie ist genaufestzustellen und als feiner Strich zu erkennen.Währendbei Fäden aus chemischoder strukturell ähnlichenKomponenten eine Trenmmgin ihre Bestandteileniemalszu beobachten ist, zeigt sich bei BikomponentenfadenausPolyäthylenterephthalatund Nylon 66 ein anderesBild: Bei einer Reihe von Fasernist die Trennlinie zwischenden beidenKomponenten zu einem Spalt erweitert, dessenTiefe beim Einstellen desMikroskopsauf verschiedene Ebenenzu beobachten ist. Einzelne Fäden sind sogargänzlichgespaltenund ihre Hälften liegen durch andereFäden voneinanderräumlich getrennt. Nach den vorliegendenPatentvorschlägenunterscheiden Verstreckt man jedoch bei relativ hohen Temperaturen, sich die Komponentenentwederin ihrem chemischenAuf- und zwar bei ,mindestens60°C unter dem Schmelzpunkt bau oder in ihren physikalischenEigenschaften. der niedrigerschmelzendenKomponente,so kann dasAufspalten des Polyester/Polyamid-Bikomponentenfadens in Es kann die eine Komponenteein Homopolymer sein und seinezwei Bestandteilevermiedenwerdena). die andereein Kopolymer mit wenigstens70 Prozent der Struktureinheitendesersteren1 ). Nach diesemPrinzip kom- fih weitere Möglichkeit, das Auseinanderplatzender Kombiniert man ein Polyamid mit einem Kopolyamid, einen ponenten zu verhindern, kann die Berührungszeitder Polyester mit einem Kopolyester oder Kopolymere ver- Schmelzströmeoberhalb der Düsenöffnungverlängertwerschiedenermengenmäßiger Zusammensetzung miteinander. den. Auf diese Weise diffundieren die beiden Schmelzen Ebenso wurde die Kombination zweier Homopolymerer, besserineinander,sodaßsich die beiden Berührungsflächen wie beispielsweiseeines Polyesters mit einem Polyamid in ihrer Zusammensetzung einanderangleichen. oder eines Polyesters mit einem Polypropylen, vorgeDie Haftung wird ferner auch dadurch verstärkt, daß die schlagen2). Verbindungsliniezwischenden beidenBestandteilenim FaBikomponentenfadenaus Polyacrylnitril erhält man auch, denquerschnitt nicht mehr eine Geradeist, sondern die wenn die eine Komponentemehr ionisierbareGruppenauf- Komponenten - eine in die andere oder gegenseitig- in weist als die andere,sodaß ein beträchtlicherUnterschied Form von scharf begrenztenEinbauchurigenmeinander in denhydrophilenEigenschaftender Polymerenentsteht3). eindringen9). 55 LENZINGER Folge 25 BERICHTE Mai 1988 6. Vonunaaungsn iür eine gute K~uralbesiändigkek Man erhält eine gute Kräuselbeständigkeit, wenn die Komponente, die den höheren Schrumpf aufweist, auch die bessere elastische Erholung besitzt2). Durch eine relativ geringe Spannung entzieht man dem Faden die Kräuselung, Sodas er sich glättet. Bei höheren Spannungen wird der Faden gedehnt, wobei die kürzere Komponente also jene mit dem grWren sehnimpf, welche die Innenseite der schraubenfbmügen Kräuselung bildet stärker belastet wird. Beaitzt nun die „hiimgende” Komponente eine geringere elasüsche Erholung, so kann man die Kräuselung-durch Behtung der Fid& wrhältnismWg leicht entfernen. Zeint das Polvmere mit den höheren schrumpfeigenschaftei nicht von- Anfang an auch die beaaere elastische Erholung, so kann man das du& Nachbehandlung der veAtreckten Fäden erreichen. Diese s d eine Kristallisation und LängenStabilisierung der Komponente mit der hliheren schrumuffiihkkeit bewirken. wobei die andere Komponente aber-nicht verändert wnden darf. Die Kristaihtion kann durch eine Wärmebehandlung oberhalb der minimalen Kxist~tionstemperatwder zu fixierenden Komponente erreicht werden. - - - I I I ~ Bild 1: Bikornponentenfsden 7. chukteririerumgda Knurlung a) E i n h W e h g Die Euikräuselung E wird wie fdgt definiert: E=- LS-LK . 100 LK = Länge der Faser im gesireckten Zustand unter jener Spannung, die gerade die Kräuselung aufhebt, ohne die Substanz wesedich zu belasten. LK = Länge der Faser im gekräuselten Zustand unter einer definierten minimalen Spannung. Bild 2: Crimdim b) KW8eibesiändigkeit gegen mechanische Bannrpluchwrg Die mechanische Kräuselbeständigkeit kann bei statischer und dynaiiliccher Beanspruchung bestimmt werden. Als Kennzahl für die Beständigkeit kann man jene Einkräuselung heranziehen, die vor und nach der Belastung gemessen wird. Als statische Beanspruchung kommt die einmalige Belastung der Faser mit 0.6, 0.8, 1.0und 1.2 p/den (wobei bereits die „Substanz”in Mitleidenschaft gezogen wird) in Betracht. Für Messungen der Kräuselbeständigkeit bei dynamischer Beanspnichung sollten mehrmalige Be- und Entlastungszyklen durchgeführt werden. a ~igenrohatan,vaarb.ituw Einsatzgebii Die Kräuselung der Bikomponentenfiden ist dreidimensiod und schraubenförmig. Das erste Photo in Abbildung 3 zeigt die typishe Kräuselung eines Bikomponentenfadens. Auf den nächsten beiden Aufnahmen sind zum Vergleich zwei mechanigch texturierte Kräuselfäden (czmtpleneund 56 Bild 3:SChapirn Abb. 3: Kräuselungsbilder von texturierten Fäden LENZINGER Mai 1966 BERICHTE Tabelle 1: Vergleich mechanisch texturierter Texturierte Garne Einkräuselung ohne Fixierung Bikomponentengarn Kräuselbeständigkeit (in %) Bikomponentengam I Bikomponentengam 11 Bikomponentengam III 5.5 7,3 32 14,9 4,3 10.0 10.4 10.8 Einkräuselung p/den 103 98 127 109 113 116 114 109 nach Fixierung bei 3.3 mp/den bei 1.7 mp/den 9.7 8 3 9.8 7 5 bei 0.33 mp/den 25 27 9 25 Garne mit Bikomponenten-Kräuselgarnen 0.6 Schapira Crimplene Diolen loft Courtolon Depalene Depalon Helanca He 100 Helanca SPZ 300 Folge (in %) spannungsfrei 31 40 12 Schzpira) abgebildet.Die Kräuselungder Bikomponenten- faden verschwindet,wenn man eine höhere Spannunganwendet, sie tritt aber spontan wieder auf, sobaldder Zug nachläßt bzw. ganz aufhört. Selbst wenn man den Faden unmittelbar nach der Verstreckungunter höhererSpannung aufspult und langelagernläßt, wird dadurchdie Kräuselung in keiner Weisebeeinträchtigt.Wird die Spannungaufgehoben, so springendie Filamente um den gleichenBetragein wie unmittelbar nach dem Verstrecken. In Tabelle 1 sind die wichtigsten Kräuseleigenschaften von Bikomponenten-und von mechanischtexturierten Garnen übersichtlichzusammengestellt.lhr ist zu entnehmen,daß die Einkräuselungswerte von Bikomponentengamenin einem weiten Bereichvariiert und wesentlichhöhereWerte alsbei den mechanischtexturierten Garnenerhaltenwerden können. Die Kräuselbeständigkeit der Bikomponentengarne ist durchausmit jener von texturierten Garnenvergleichbar, die nachdem Falschdraht-oder Stauchkräuselverfahren hergestelltwurden,ja zum Teil sogarnoch besser. Bikomponentengarnezeichnensich durch hohe Elastizität und Fülligkeit aus. Sie dienen zur Erzeugungvon Strick-, Wirk- und Webwaren.Durch Verarbeitungunter Spannung können zunächstglatte Textilien gefertigt werden, die jedoch in entspanntemZustand einspringen.Man kann aber bei Zwischenbelastung 0.8 102 82 133 114 112 119 118 115 Kräuselbeständigkeit nach Zwischenbelastung 1.7 mp/den 0.8 0.6 plden 104 111 133 112 1 .o 40 42 151 124 125 121 127 118 p/den 1.2 10 31 177 131 157 124 126 123 Vorfixierung 1 .o 132 123 bei 1.2 94 141 148 auch ein glattes Garn erzeugen,um die Kräuselungdann später durch Wärmebehandlungdes fertigen Produktes zu entwickeln. Dadurchkönnen die Art der Oberflächesowie der Griff günstig beeinfluf3t und hohe Fülligkeit, Warmehaltigkeit und Deckfähigkeiterzielt werden. Bikomponentepgarne können Bir Socken, Strümpfe, Strumpfhosen,Skihosen,Florgewebe,Pullover und Strickjacken, Damenoberbekleidung,Badeanzuge,Wäsche,Tep piche und Möbelstoffeverwendetwerden. Literatur: 1) DuPont; B.P. 964.407, 22. 6.1964 2) Alvin L.. Breen, DuPont; A.P. 2,931.091, 5. 4.1960 3) DuPont; O.P. 227.367, 1510.1962 4) Soci& de la Viscose Suisse; Be1g.P.671.992, 8. 6.1966 5) Soci& de la Viscose Suisse; Be1g.P.671.993, 1. 3.1966 6) Soci& de Ia Viiose Suisse;Belg.P. 672.236, 1. 3.1966 7) Egidius Welfers, Farbwerke Hoechst; DAS 1,238.610, 13.4.1967 8) Walter G. Settele, Soci& de la Viscose Suisse; ö.P. 228.919, 1512.1962 9) Kanegafuchi Spinning Co.; B.P. 1,048.370, 16.11.1966 57