the broken circle
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April 2013 EIN FILM VON FELIX VAN GROENINGEN THE BROKEN CIRCLE www.pandorafilm.de www.trailer-ruhr.de MUSIKTHEATER IM REVIER GELSENKIRCHEN WWW.MUSIKTHEATER-IM-REVIER.DE KARTENTELEFON 0209.4097-200 DER KAISER VON ATLANTIS Oper von Viktor Ullmann Ein Projekt des MiR-Jugend-Orchester Premiere am 7. April 2013, 18.00 Uhr, Kleines Haus Weitere Termine 12., 13., 19. April 2013 SPRING AWAKENING (FRÜHLINGS ERWACHEN) Musical von Duncan Sheik und Steven Sater Weitere Termine 23., 24., 27., 28. April 2013 Eine Kooperation mit der Folkwang Universität der Künste -ruhr.de Mehr Meinung. Service. Hintergrund. – In NRW. empfehlen | weitersagen | kommentieren Alle Texte. Ihre Stimme. Filmkritik im FORUM. B 5 www.trailer-ruhr.de I April 2012 trailer-Thema. 5 UNSER WASSER Der Streit um die Wasserprivatisierung 6 Themeninterviews „Akute Gesundheitsgefahren bestehen nicht“ „Wasser ist keine Ware“ Bühne. 10 Theater Ruhr „Futur II“ im Schlosstheater Moers 11 Aalto Theater/Grillo Theater 12 Premiere H. Schmidt-Rahmer über „Clockwork Orange“ 13 Theater Oberhausen/ Ebertbad 14 Theater Ruhr u. a. „Wohin?“ im KJT Dortmund 15 Theater Duisburg 16 Theater Ruhr u. a. „Hamlet“ im Schauspielhaus Bochum 17 Consol Theater 18 Theater Ruhr „Peer Gynt“ im Düsseldorfer Schauspielhaus Komikzentrum Ruhr 19 Landestheater Neuss/ Cabaret Queue 21 Theater Fletch Bizzel 23 Theater im Rathaus Essen 24 Opernzeit Wagners Musikdrama Parsifal Theater demnächst 26 Theater-Kalender Ruhr 30 culture club Musical „Massachusetts“ in Düsseldorf Literatur. 50 Wortwahl/ ComicKultur 51 Textwelten Russlands Gesetz zum Verbot von Kinderbüchern 52 Literatur-Kalender SPEZIAL © Tom Jost Innovation 8 BÜHNE © Thomas Aurin Kino. Kunst. 31 Film-ABC Vorspann 32 Film des Monats: „Die Jagd“ Der neue Film von Thomas Vinterberg 33 Kritikerspiegel Ruhr Kino-Kalender Ruhr 34 Foyer u. a. „Sachamanta“ im Endstation Bochum Filmwirtschaft Die Produzentenstudie 2012 35 weitere Film-Kritiken 39 Roter Teppich Katja Riemann im Interview 41 Gespräch zum Film Hannes Lang über „Peak“ 43 Festival Internationales Frauenfilmfestival Dortmund 58 culture club Kino-Café: „Die Vermessung der Welt“ 53 RuhrKunst Otto Modersohn-Werkschau im Osthaus Museum 54 Sammlung Marianne Pitzen über die Ausstellung „Mascha + Nina + Katjuscha“ im Bonner Frauenmuseum 55 RuhrKunst u. a. Paul Klee im Museum Folkwang 56 Kunstwandel Das Künstlerduo Gilbert und George in Duisburg 57 Kunst-Kalender NRW Diözesanmuseum Paderborn Kultur in NRW. überregional 20 Theater in NRW Begegnung mit dem Regisseur Bolat Atabajew Oper in NRW Verdis „Der Troubadour“ in Dortmund 22 Tanz in NRW Die Freie Tanzszene Kölns vor der Zerschlagung Musical in NRW „Das Geheimnis des Edwin Drood“ in Münster 47 Improvisierte Musik in NRW Songwriter Gregor Meyle bleibt bodenständig 48 Popkultur Das Kölner Label Kompakt wird zwanzig Klassik in NRW Frauenliebe zur Musik 57 Kunst in NRW Ausstellungen in Düsseldorf und Essen Theater Ruhr 16 KINO Musik. 30 culture club Mayday in Dortmund 46 Kompakt Disk Neue Alben im April 48 Interview Benedikt Stampa über das Konzerthaus Dortmund 58 culture club 25. Jazzfest Gronau trailer Spezial. 4 Intro 8 Über Tage Piet Klocke über sein Leben vor und nach RTL 9 Innovation Ökologischer Landbau entwickelt sich nur langsam 58 Auswahl Veranstaltungstipps im April 62 Impressum 63 Magenbitter Lesen Sie mehr auf www.trailer-ruhr.de! Dieses Icon zeigt Ihnen den Weg. Film des Monats KUNST 32 © MKM Kunstwandel 56 Intro -ruhr.de April 2013 trailer + trailer-ruhr.de Alte und neue Mythen, Foto: Francis Lauenau Woody Guthrie wohnt in Duisburg Im Doppelpack mehr Service, Meinung und Hintergrund Thema 6 Verschmutzung vorbeugen Markus Rüdel, Pressesprecher des Ruhrverbandes in Essen, ist sicher: Die Techniken zur Wasseraufbereitung werden sich weiter verbessern. Die Ruhr selbst sei so sauber wie seit über hundert Jahren nicht mehr Markus Rüdel Foto: Ruhrverband Theater 12 Gehirndoping für alle Für seine Bühnenadaption von „Clockwork Orange“ befasste sich der Regisseur mit Gehirnforschung und Neurobiologie – und ist überzeugt, dass die Manipulation des Denkens in 30 Jahren Realität sein wird. Hermann Schmidt-Rahmer Foto: Lena Obst Film 39 Intensiv einlesen Katja Riemann im trailer-Interview: Zur Vorbereitung auf ihren aktuellen Film „Das Wochenende“ hat die Schauspielerin sämtliche Werke von Schlink gelesen, dazu etliche RAFBücher. Katja Riemann Film 41 Mit der Realität auseinandersetzen Regisseur Hannes Lang sprach mit trailer über seinen Film „Peak“, in dem er sich mit den sichtbaren Veränderungen der alpinen Landschaft auseinandersetzt. Hannes Lang Foto: Hannes Lang Kunst 54 Verkannte Heldinnen Museumsdirektorin Marianne Pitzen initiierte in Bonn eine Ausstellung über den Kriegseinsatz von Frauen in der Roten Armee. Dabei setzt sie auch auf einen Austausch von Kunst und historischer Forschung. Marianne Pitzen Nicht der echte. Aber unserer. Frank Baier treffe ich immer, wenn ich es am allerwenigsten vermute. „Mensch Lutz“ ist seine Standardbegrüßung. Und da hat er in der Tat Recht: Ganz menschlich versuche ich, vor ihm meine kleine Einkaufstüte zu verstecken. Für die Tochter habe ich eine DVD gekauft. Fantasy. Griechische Götter metzeln am Empire State Building. Soll er nicht sehen. Ich schäme mich da ein bisschen vor der RuhrgebietsLiedermacherlegende. Als würde ich Hollywood gucken. „Guck doch mal rein!“, sagt er und drückt mir ein Buch, dick wie ein Telefonbuch, in die Hand. „Glück auf“ heißt das druckfrische Liederbuch plus Lexikon, das er zusammen mit Jochen Wiegandt herausgebracht hat. Da sind sie wieder, meine Helden von damals und heute. Reinhard Mey und Fasia Jansen, Tana Schanzara, Jürgen von Manger und sogar Helge Schneider. Zum Abschied lugt Frank dann doch in meine Tüte. „Klasse Film. Hab ich schon gesehen. Mensch Lutz, mach’s gut.“ Nicht minder politisch geht es zurzeit im Untergrund des Ruhrgebiets zu. Wem werden in Zukunft die Wasserleitungen gehören? Die Europäische Kommission plant eine Richtlinie, die die Privatisierung der Wasserwirtschaft forcieren wird. Dagegen regt sich inzwischen europaweit Protest, denn Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass Leitungswasser von der Aktiengesellschaft teurer und dreckiger ist als von den Stadtwerken. Das trailer-Thema heißt also UNSER WASSER. Dreckig war auch so manches Lebensmittel, das in den letzten Monaten angeboten wurde. Pferd in der Lasagne, Schimmel im Tierfutter, Antibiotika in der Pute. trailer wirft deshalb in der Rubrik INNOVATION einen Blick auf die BIOLANDWIRTSCHAFT. Das ÜBER TAGE-Interview führt trailer diesmal mit der Personifizierung der Chaos-Theorie PIET KLOCKE, dem wirrsten der sieben Köpfe der sieben Tage. Musikalisch widmet sich diese Ausgabe vor allem dem Gesang. Die OPER DORTMUND gibt den TROUBADOUR. Ein zeitgenössischerer Sänger kommt nach Bochum und Bottrop. GREGOR MEYLE, bekannt geworden durch die Castingshow von Metzgergeselle Raab, ist ein talentierter Songwriter. Und natürlich gibt es auch wieder Kunst. Das OSTHAUS MUSEUM in Hagen zeigt eine Werkschau des Landschaftsmalers OTTO MODERSOHN. In Dortmund ist in diesem Monat das Kino weiblich. Das INTERNATIONALE FRAUENFILMFESTIVAL öffnet seine Pforten unter dem Motto EXZESS. Unabhängig davon (und von trailer im Gegensatz zu manchem Fernseh-Talker respektvoll behandelt) erzählt KATJA RIEMANN, wie sie sich ihrer neuen Rolle in dem Film DAS WOCHENENDE annäherte. Dort trifft ein aus dem Gefängnis entlassener Terrorist auf sein ehemaliges soziales Umfeld. Hochexplosiv. Der dänische Spielfilm DIE JAGD erzählt von einem Erzieher, der unter Verdacht gerät, ein Kind sexuell missbraucht zu haben. Kein Mainstream wird hier gezeigt, denn der Angeklagte ist schuldlos und die Ankläger voller Schuld. Und dann redet trailer noch mit dem Regisseur HANNES LANG über seinen Film PEAK, in dem er die Zerstörung der Alpen durch den Wintersport dokumentiert. LUTZ DEBUS Foto: Hans Weingartz 4 Thema Zurzeit in aller Munde: das „blaue Gold“, Foto: Mira Moroz Ha-zwei-Oh! Die geplante Privatisierung der Wasserversorgung sorgt für heftigen Streit Ein Molekül, bestehend aus zwei Wasserstoffa- Korruption zu verhindern, will die EU nun eine tomen und einem Sauerstoffatom, beschäftigt europaweite Ausschreibung öffentlicher Dienstseit Wochen die politische Klasse Deutschlands leistungen vorschreiben. Darunter fällt auch die und Europas. Wasser ist in aller Munde. Seit der Wasserversorgung. Dabei entgeht dem Brüsseler Europäische Kommissar für Binnenmarkt und Mikrokosmos, dass die Verhältnisse in den verDienstleistungen Michel Barnier seinen Entwurf schiedenen Mitgliedsstaaten nicht zu vergleichen sind. In Deutschland ist einer sogenannten trailer-Thema im April: die Wasserversorgung Konzessionsrichtlizu einem großen Teil nie vorstellte, forin kommunaler Trämiert sich in vielen Seit einiger Zeit sorgt eine geplante EU-Richtlinie gerschaft. Dort, wo Mitgliedsstaaten der für Furore, die die Liberalisierung unserer Wasserversorgung vorantreiben könnte. Ist die Debatte sich Private eingekauft EU eine breite Wimehr als nur ein „Sturm im Wasserglas“? haben, möchten die derstandsbewegung. Kommunen und komWaren bislang – zumindest in Deutschland – die Wasserwerke und munalen Verbände ihre Anteile inzwischen oft Leitungsnetze überwiegend in kommunaler Trä- wieder zurückkaufen. Hier offenbart sich eine gerschaft, so droht nun eine gänzliche Privati- Schwäche der Europäischen Einigung. Europasierung der Branche. Manche Märkte aber lassen weit geltende Verordnungen und Gesetze können sich schlecht liberalisieren. Diese Einsicht müsste regional oder national funktionierende und sinnsogar bei den wirtschaftsliberalsten Politikern in volle Strukturen zerstören. Europa schreibt vor, Berlin und Brüssel im Zuge der Diskussion ange- wie groß Äpfel und Birnen sein müssen. Europa kommen sein. Wasser möchte, anders als Strom schreibt vor, dass es nicht mehr Diplom- sondern und Gas, dem Gesetz der Schwerkraft folgen. nur noch Bachelor- und MasterstudienabschlüsWer den Wasserturm befüllt, ist der Anbieter. se gibt. Und nun will Europa vorschreiben, dass Auf dem Wassermarkt kann für den Kunden kein der deutsche Wassermarkt in das Haifischbecken echter Wettbewerb herrschen. Die Privatisierung der internationalen Finanzmärkte verlagert wird. der Wasserversorgung sorgt eher dafür, dass die Dass diese Fehlentwicklungen in den Büros der zu erwirtschaftenden Gewinne nicht in öffent- Europäischen Kommission und nicht etwa in liche Kassen fließen, sondern die Bilanzen großer dem demokratisch gewählten Europäischen ParUnternehmen aufhübschen. Die Möglichkeit, bei lament ihren Ursprung haben, fördert bei vielen einem monopolistisch strukturierten Markt große Menschen ein generelles Unbehagen bezüglich des Projekts Europa. Die Europäische KommissiGewinne zu erzielen, ist verlockend. on, ein von den Regierungschefs der MitgliedsDemokratie ist machbar, auch für alle eu- staaten zusammengewürfelter Haufen, wirkt ropäischen Nachbarn nicht gerade demokratisch legitimiert. Eigentlich Warum aber werden die bisherigen Versorgungs- müsste das Europäische Parlament eine Europästrukturen von der Europäischen Kommission in ische Regierung wählen. So weit geht bislang der Frage gestellt? Das Motiv für eine Neuregelung Mut der Beteiligten nicht. Die Angst vor einer war durchaus edel. In einigen EU-Staaten werden legitimen europäischen Regierung fördert also öffentliche Dienstleistungen in eher undurch- letztlich die Angst vor Europa. Ein Gutes aber hat sichtigen Verfahren an Private vergeben. Um der Streit der letzten Monate: Noch nie zuvor hat Unser Wasser 5 sich eine so breite Widerstandsbewegung organisiert, um der Brüsseler Bürokatie die Stirn zu bieten. Bereits über 1,2 Millionen Unterschriften hat die Kampagne right2water gesammelt, und man ist optimistisch, bis September die ZweiMillionen-Grenze zu überschreiten. Die Pläne von Kommissar Michel Barnier werden also nicht stillschweigend im Europaparlament durchgewunken. Den Europaskeptikern zum Trotz ist bewiesen: Demokratie ist machbar, auch für alle europäischen Nachbarn. Eines der Hauptargumente gegen die Privatisierung ist neben mangelnder Versorgungssicherheit und steigender Preise der drohende Qualitätsverlust. An vielen Orten in Deutschland hat Leitungswasser eine höhere Qualität als teures Mineralwasser. Kann dies so bleiben, wenn erst einmal ein Lebensmittel- oder Energiemulti für unser täglich Wasser zuständig ist? Oder sind nur staatliche Versorgungsstrukturen Garant für sauberes Leitungswasser? Vor sieben Jahren wurde im Trinkwasser von Arnsberg eine um das Fünffache über den Grenzwert liegende Konzentration von Perfluorierten Tensiden (PFT) gefunden. Dieser wahrscheinlich krebserregende Stoff gelangte durch aus Industrieabfällen hergestellten Dünger zuerst auf die Felder, dann in Möhne und Ruhr und letztlich über den Morgenkaffee in den Menschen. Hier griff die Kontrolle des Wassers erst sehr spät. Der PFT-Skandal zeigte, dass öffentliche Wasserversorger nicht fehlerfrei handeln. Aber der Verursacher für die Brunnenvergiftung war ein Geschäftsmann, der Besitzer einer Bodenaufarbeitungsfirma. Er steht inzwischen vor Gericht. Private Firmen sind also kein Garant für sauberes Wasser. TEXT/INTERVIEWS: LUTZ DEBUS www.right2water.eu Thema Durch Privatisierung könnte schnell auch die Wasserqualität leiden, Foto: Mira Moroz „Akute Gesundheitsgefahren bestehen nicht“ Markus Rüdel über die Wasserqualität der Ruhr trailer: Herr Rüdel, die Ruhr ist in den letzten Jahren nicht aus den Schlagzeilen gekommen. Markus Rüdel: Die Ruhr ist so sauber wie seit 150 Jahren nicht mehr, aber es gab diesen PFTSkandal. In diesem Zusammenhang wurden auch andere Mikroverunreinigungen diskutiert. Vor kurzer Zeit wurde von Rückständen von Pflanzenschutzmitteln berichtet. Wir haben es der verbesserten Analysetechnik zu verdanken, dass wir all diese Stoffe überhaupt nachweisen können. In unseren Laboren können wir Reststoffe im Nano- und Piktogramm-Bereich finden. Wenn Sie ein Stück Würfelzucker im Bodensee versenken, dann sind wir in der Lage, dieses Stückchen Zucker nachzuweisen. Die Aufregung der letzten Jahre war Hysterie? Natürlich müssen wir uns fragen, ob die gefundenen Reststoffe Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen haben. Die Wissenschaft hat hier zu vielen Stoffen noch keine endgültige Antwort gefunden. Akute Gesundheitsgefahren bestehen nicht. Da sich manche Stoffe in der Umwelt anreichern, müssen wir Vorsorge für die nächsten Generationen treffen. Was ist zu tun? Die Techniken zur Wasseraufbereitung werden sich weiter verbessern. Noch wichtiger allerdings sind Maßnahmen, die verhindern, dass gefährliche Stoffe in die Ruhr gelangen. Muss man Arzneimittel nicht anders designen, damit nicht so viele Rückstände im Abwasser sind? Ähnliches gilt für Biozide. Allerdings ist die Ruhr hier im Vergleich zu anderen Flüssen in NRW gering belastet. Aber beim PFT-Skandal ging es doch nicht nur um die alltägliche Umweltvergiftung, sondern um kriminelle Handlungen? Das ist richtig. In einem Bodenaufbereitungswerk im Paderborner Raum wurde PFT-haltiger Klärschlamm mit Kompost vermischt und an Bauern verkauft. Das ist Gegenstand eines laufenden Gerichtsprozesses. Deshalb kann man noch nicht sagen, ob und wer dort letztendlich gegen Gesetze verstoßen hat. Der Kompost wurde dann auf die Felder verteilt und durch Regenwasser in die Möhne und in die Ruhr geschwemmt. Die Gefahr ist gebannt? Ja. Neben das Feld, das am stärksten belastet war, hat man eine Reinigungsanlage gebaut. Die Menge an PFT im Trinkwasser ist absolut unschädlich. Lesen Sie die Langfassungen unter: www.trailer-ruhr.de/thema ZUR PERSON Markus Rüdel (47) ist Pressesprecher des Ruhrverbandes in Essen. Foto: Ruhrverband „Wasser ist keine Ware“ Petra Kammerevert über die Pläne der EU und deren Risiken für unsere Wasserversorgung trailer: Frau Kammerevert, was macht die Europäische Union mit unserem Wasser? Petra Kammerevert: Die Konzessionsrichtlinie, über die in letzter Zeit viel geredet und geschrieben wurde, ist grundsätzlich keine Privatisierungsrichtlinie. Sie schreibt nicht zwingend Privatisierungen vor. Allerdings sind viele Regelungen in dieser Richtlinie enthalten, die am Ende des Tages dazu führen könnten, dass bei vielen Stadtwerken der Privatisierungsdruck im Bereich Wasser deutlich erhöht wird. Das grundsätzliche Ziel der Richtlinie, Qualität und Bezahlbarkeit von öffentlichen Dienstleistungen sicherzustellen, Transparenz zu wahren und Korruption zu verhindern, wenn Konzessionen von Kommunen an Private vergeben werden, ist ja durchaus zu unterstützen. Aber trotzdem sind Sie mit dem Vorschlag der Kommission nicht einverstanden. Warum? Wir Sozialdemokraten kämpfen darum, dass die Wasserversorgung aus der Konzessionsrichtlinie der Europäischen Kommission wieder herausgenommen wird. Wasser ist keine Ware, sondern das Lebensmittel Nummer eins. Es gehört zur Daseinsversorgung. Beim Thema Wasser werden wir leider von der Bundesregierung nicht unterstützt, die so die Kommunen alleine lässt. Bei der Wasserversorgung können ja enorme Gewinne erwirtschaftet werden. Ist die Politik der Europäischen Kommission abhängig von der Lobby großer Wirtschaftsunternehmen? Gerade bei solchen Vorgängen ist der Einfluss von Lobbyisten nicht ganz auszuschließen. Als Abgeordnete erfahren wir täglich, wie intensiv Lobbyismus in Brüssel betrieben wird. Dass die Kommission sehr wirtschaftsliberal ausgerichtet ist, liegt aber auch an den Mehrheitsverhältnissen in den Mitgliedsstaaten. Insofern rennen 6 Lobbyisten bei der Kommission natürlich offene Türen ein. Spielen die Probleme des Trinkwassers EuropaSkeptikern in die Hände? Ja, insofern sind solche Vorschläge der Kommission ausgesprochen ärgerlich. Deshalb wird auch auf allen parlamentarischen Ebenen, vom Europaparlament über Bundestag, Bundesrat bis hin zu einigen Landtagen gegengesteuert. Die Entwicklung in Europa hat natürlich auch etwas mit politischen Mehrheiten im Europaparlament zu tun. ZUR PERSON Petra Kammerevert (46) ist Mitglied im Europäischen Parlament für die SPD und kommt aus Düsseldorf. Foto: Europäisches Parlament Thema Hohe Renditen bei der Wasserversorgung, Foto: Francis Lauenau Kostenfreie Albträume Eigentlich sollte alles kommerzialisiert werden, nicht nur das Trinkwasser Ich entstamme ja der Generation, die viele Dinge für unumstößliches Gesetz und andere Dinge für absolut unmöglich hielt. In meiner Kindheit wurde ich abends ins Bett geschickt mit der Anweisung „Waschen, Zähne putzen und dann ab in die Buntkarierten! Und dann LICHT AUS! Und nicht mehr lesen!“ Gerne fügte mein Vater auch den kleinen Scherz hinzu: „... und benutz beim Waschen ruhig ein bisschen Wasser!“ Haha, was fand ich das komisch. Komisch würden die Kinder heutzutage diese Verabschiedung auch finden – nur aus ganz anderen Gründen. Die Jugend heutzutage braucht man nicht zum Wasserverbrauch zu animieren. Stundenlange Dusch- und Ganzkörperrasurorgien machen halbe Talsperren leer. Und was könnten die Eltern meinen mit der Ermahnung, im Bett nicht mehr zu lesen? Wozu sollten sie das tun? Lesen? Höchstens noch schnell ein paar Posts bei Facebook aktualisieren und ein paar Buchstaben bei Whatsapp abstreifen. „bin jz auf chillmodus! Lol ... c u. hdgdl!“ Das haben Sie jetzt nicht verstanden? Das meinte ich mit den Dingen, die wir Älteren noch vor ein paar Jahren als unmöglich eingestuft hätten. Gut, Zeiten ändern sich. Dennoch glaubte ich, dass bestimmte Dinge sich ganz sicher nie ändern würden. Dass Wasser beispielsweise etwas ist, was uns allen zum Benutzen als Allgemeingut zur Verfügung steht. Einen Spaziergang im Mondlicht könnte man ganz gut verkaufen Nun überkommt uns alle das blanke Entsetzen bei der Vorstellung, dass Wasser privatisiert und dadurch möglicherweise unbezahlbar wird. Andererseits, wenn man‘s recht bedenkt, da tun sich doch ganz neue Geschäftsideen auf. Schließlich wurde den Indianern auch seinerzeit Land weggenommen, was sie für teures Geld irgendwann hätten zurückerwerben können, wenn sie denn Geld gehabt hätten. Warum also nicht einfach alles vermarkten, was uns so scheinbar selbstverständlich ständig umgibt. Eine Firma, die unseren Sauerstoffverbrauch pro Tag misst und uns unsere Luft zum Atmen verkauft. Wer, so wie die Jedem Dorf sein eigener Brunnen Die Vergabe von Wasserlizenzen ist in der EU alles andere als einheitlich Ein einheitliches Gesetz zur Vergabe der Wasserkonzessionen hat es in Europa noch nicht gegeben. Die politische Praxis vieler Länder ist dabei unterschiedlich. Mal sind es Mischverhältnisse aus kommunalen und privaten Anbietern, mal ist es nur die eine der beiden Seiten, die für Leitungen, Trinkwasserqualität und -versorgung sowie Abwässer zuständig ist. Von den Turbulenzen der internationalen Märkte sind aber alle betroffen. Frankreich: In Frankreich beziehen mehr als 70% der Haushalte ihr Wasser von privaten Anbietern. Der überwiegende Marktanteil geht dabei an die internationalen Wasser- und Energieriesen Veolia und GDF Suez. Verteilt werden die Aufträge von den Kommunen. In den letzten Jahren hat die stetig sinkende Kaufkraft in Frankreich aber zu einer Neuverhandlung zahlreicher Verträge zwischen den Kommunen und den Konzernen geführt – mit der Folge, dass die Preise teilweise um 10 bis 20% gesenkt wurden. Im Gegenzug stellten Veolia und GDF Suez an manchen Orten Dienstleistungen ein. Andere Kommunen kehrten derweil zu rein kommunalen Versorgungsstrukturen zurück. Polen: Im östlichen Nachbarstaat Polen fallen alle Bereiche der Wasserwirtschaft in die Zuständigkeit kommunaler Unternehmen. Lediglich 3% des Marktes für Trinkwasser sind hier in privatwirtschaftlichen Händen. Die große Steuerungszentrale ist dabei die Landesverwaltung für Wasserwirtschaft, die mit einem 187 Milliarden starken Investitionsprogramm den Ausbau von Leitungen, Kläranlagen sowie die Verbesserung der Wasserqualität voranbringen soll. Problematisch sind in Polen aber die regionalen Preisunterschiede. In beliebten Städten wie in Warschau ist das Wasser deutlich teurer als in ländlicheren Gebieten. England: Inzwischen ist das englische Versorgungssystem zum Prellbock für alle Gegner der EU-Pläne zur Wasserkonzession geworden. 7 meisten Politiker, viel heiße Luft von sich gibt, darf mit ordentlichen Vergünstigungen rechnen. Und warum sollen wir nicht auch die Sonnenmitbenutzung bezahlen? Und einen Spaziergang im Mondlicht mit freiem Anbl ick des nächtlichen Firmaments. Das könnte man doch ganz gut verkaufen. Auch Schlafen, Weinen oder Träumen könnte ganz bestimmt in irgendeiner Weise vermarktet werden. Wenn man‘s so betrachtet, dann ist doch die Privatisierung des Wassers noch ein recht lächerlicher Anfang. Wenn wir dann später unsere Enkel und Urenkel ins Bett schicken, dann mit der Ermahnung: Geht jetzt schön Zähne putzen ... in Mamas Flasche ist noch ein Rest Champagner, bitte nehmt den zum Waschen, das ist billiger. Und dann Gardinen zu, Mond hatten wir diesen Monat schon zweimal! Und vergesst nicht, den Traumkontrollator einzuschalten, sonst müssen wir wieder die teure Pauschale zahlen ...“ Sie finden, ich übertreibe? Stimmt, das tue ich gern. Kost ja nix! Noch nix. LIOBA ALBUS B Hintergrund ist aber weniger die Versorgung in England, die ausschließlich privat geregelt ist, als jene in London. Dort häuften sich in den vergangenen Jahren die Meldungen über steigende Wasserpreise, verschlechterte Wasserqualität und Lecks in den Leitungen. Bis heute ist die Reparatur der Leitungen absolut notwendig, aber getan hat sich noch nichts. Portugal: Die Situation Portugals ist symptomatisch für die mögliche Entwicklung in der Wasserwirtschaft Südeuropas. Sollte das notwendige Wirtschaftswachstum nicht erfolgen, müssen immer mehr Güter privatisiert werden. In Portugal sollen, so steht es in einem Quartalsbericht der EU-Kommission, die Regionalregierungen die Wasserlizenzen europaweit ausschreiben und somit den verschuldeten staatlichen Wasserbetrieb Águas de Portugal von seinen Dienstleitungspflichten befreien. DAWID KASPROWICZ Über Tage Zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen: Piet Klocke, Foto: Heyne Verlag, Bettina Dewald „Wenn Dada nicht schon erfunden wäre, ich stünde bereit“ Piet Klocke über sein Leben vor und nach RTL und das Chaos in seinem Kopf Und dann haben Sie Ihren Beruf gewechselt? In Amsterdam habe ich nach dem Abitur fast drei Jahre gelebt. Dort gab es die Musiktheatergruppe „Hauser Orkater“, bei der wirklich alles möglich war: Lesung, Pantomime, Musik, Szene, Tanz Ist für Sie das Ruhrgebiet Heimat? Schon. Andererseits bin ich überall, wo ich mich und Schauspiel, mal ernst und melancholisch, mal tragisch, mal lustig. Das wohlfühle, Freunde, gute Re„Ich bin nicht der Typ, der staurants und Theater habe, des Geldes wegen immer den wollte ich auch machen. Habe dann im Ruhrgebiet das viele sehr schnell in einer Art Heimat. gleichen Scherz macht“ danach beeinflussende KAMIDa ich den überwiegenden Teil meines Lebens im Ruhrgebiet verbracht habe, ist KAZE ORKESTER gegründet. Nebenbei aber auch weiterhin Filmmusik komponiert. Irgendwann aber hier für mich mein „Stammlokal“. gab es in Köln ein Comedy-Festival. Ich wusste damals, so um 1994, noch gar nicht recht, War das Ruhrgebiet für Sie prägend? Auf jeden Fall. Ich fühle mich hier sehr wohl. Bin was das denn wohl sein sollte. Bin zusammen mit Jürgen von Manger aufgewachsen. Die Leu- mit einer Saxophonistin, Simone Sonnenschein, te hier sind große Klasse, sprechen klare Worte, zwei Abende dort aufgetreten, praktisch ab dem nächsten Morgen stand mein Telefon nicht mehr machen kein großes Brimbamborium. still, es hatte wohl eingeschlagen! In der Jugend haben Sie rebelliert? Ich war das bravste und konservativste Kind weit Gibt es Parallelen zwischen Helge Scheider und breit und bis in die Zehenspitzen Sportler. und Ihnen? Kann sein. Helge kenne ich noch aus „alten Die sind von Haus aus braver. Zeiten“. Wir improvisieren beide und laufen soMusikalisch verorteten Sie sich damals beim mit immer Gefahr, dass auch mal etwas in die Jazz-Punk. Wie geht denn diese Kombination? Hose geht. Wer Angst vorm Scheitern hat, sollte Ich bin Klassischer Gitarrist, später Blues- und davon die Finger lassen und sich an feste Texte Rockgitarrist. Als die Punkzeit anfing, habe ich halten. Ich weiß, die Zuschauer lieben es, wenn eine Funkband gehabt. Ich liebe rhythmisch be- mal etwas schief geht. Vielleicht liegt das am tonte, tanzbare, soulige Musik. Einige Musiker übermäßigen und dadurch schnell sterilen Perkamen vom Free-Jazz, dadurch der etwas wil- fektionsdrang der meisten Unterhaltung. Helge dere, rauere Groove. Das wurde dann unter dem besitzt hohes anarchistisches Potenzial. Und ist auch Musiker. Ich allerdings spiele nicht viele Etikett Punk-Jazz eingeordnet. Instrumente, im Gegenteil, ich muss mit meiner Und dann machten Sie Filmmusik. Das ist doch Protest-Gitarre vorliebnehmen. Ein Trauerspiel! auch ein Genre, das nicht jeder beackert. Filmmusik habe ich 16 Jahre meines Lebens Sind Sie beide nicht auch ein bisschen geigemacht. Eine schöne Zeit. Das erste Mal, dass stesverwirrt? ich – für einen ARD-Zweiteiler – mit den Prager Oho! Das mag vielleicht oft so aussehen. Ohne Film-Symphonikern arbeiten durfte. Vielleicht einen klaren Kopf jedoch kann ich unmöglich nicht ganz einfach, diese seriöse Tätigkeit mit sämtliche sprachlichen Assoziationen, die in einem Komödianten zu verbinden. Dabei macht Sekundenbruchteilen auf mich einpreschen, der Komödiant eine genauso ernsthafte Arbeit. beobachten und gleichzeitig auf Qualität hin Viele sagen sogar, Humor sei das Schwierigste. überprüfen. Mein Chaos ist ebenso durchstrukAls Filmmusik-Komponist muss man sich der Idee turiert wie das des Universums. An manchen anderer unterordnen. Das ist für viele Musiker Tagen herrscht friedlich-wohlige Ordnung und aufgrund ihres Egos nicht immer ganz einfach am nächsten schon scheinbar alles zerstörendes und natürlich etwas ganz anderes, als würde Chaos. Aufpassen muss man in jedem Fall und man in völliger Freiheit einen Song komponieren. einfach genießen, dass dem so ist. trailer: Herr Klocke, ich möchte mit Heimatkunde beginnen. Piet Klocke: Heimatkunde mag ich sehr gern. 8 Sie sind also die Personifizierung der Chaostheorie? Sie haben Recht, wenn Dada nicht schon erfunden wäre, ich stünde bereit. Unterscheiden Sie sich privat eigentlich von der Person, die wir im Fernsehen oder auf der Bühne erleben? Von der sogenannten „Kunstfigur Professor Schmitt-Hindemith“ habe ich persönlich eine ganze Menge. Dazu muss ich aber nicht ständig assoziativ beeinflusst sprechen. Denken reicht. Jetzt sind Sie nicht mehr wöchentlich auf RTL zu sehen. Im Fernsehen tauchte ich in den letzten Jahren so gut wie nicht mehr auf. Wenn man Ansprüche hat, seine Kunst weiterentwickeln will, muss man sich nicht zwangsläufig ständig wiederholen. In meinem Buch „Kann ich hier mal eine Sache zu Ende?“ gibt es deshalb auch neben Humoresken, Sprüchen und Aphorismen melancholische Liebes-Gedichte oder Foto- und Bildergeschichten. Ich bin nicht der Typ, der des Geldes wegen immer den gleichen Scherz macht. Das Leben selbst ist Vielfalt, da muss der Mensch sich doch nicht beschränken. Welche Zukunftspläne haben Sie? Ich arbeite mit der Saxophonistin Simone Sonnenschein gerade an einem neuen Bühnen-Programm. In meiner Schublade liegen noch Ideen für Film und Fernsehen. Da ich aber großen Wert aufs Leben lege, dauert bei mir halt alles etwas länger. Glückauf! INTERVIEW: LUTZ DEBUS Interviewserie „Über Tage“ „Über Tage“ handeln, ohne „unter Tage“ zu vergessen. trailer-ruhr spricht mit streitbaren Menschen über das Ruhrgebiet. ZUR PERSON Piet Klocke (55) ist Kabarettist, Schauspieler, Autor und Musiker. e ün Gr Innovation en it Se 13 20 Im Gewächshaus des Trantenrother Hofes werden die ersten Bio-Salate der Saison herangezogen: Bert Schulze-Poll verkauft sie im Hofladen und auf Bochums Wochenmärkten, Foto: Tom Jost „Wir schmeißen nicht mehr mit Steinen“ Ökologischer Landbau entwickelt sich nur langsam im Rhein-/Ruhrgebiet „Die Welt wird sich ökologisch ernähren oder gar nicht“. Selten hat ein Zitat – wie hier vom geläuterten Bio-Bauer Felix zu Löwenstein – eine der großen Zukunftsfragen pointierter in die Diskussion gebracht. Es geht vorrangig nicht um Geschmack und Gesundheit, sondern um Strategien, wie unser täglich Food so erzeugt werden kann, dass Böden und Tiere nicht langfristig kollabieren. Ökologisch vertretbar und nachhaltig eben. Aber klappt das auch in Ballungsregionen wie dem Rhein-Ruhrgebiet? Schauplatz Witten, Trantenrother Hof. Gut 500 Meter weiter nördlich donnern die Autos auf der A44 vorbei, nur doppelt so weit ist es nach Westen zur A43. Bio-Höfe stellt man sich irgendwie in anderer Umgebung vor. Bert Schulze-Poll betrachtet dies als Denkfehler: „Wir leben hier in einer Region, die genauso belastet ist wie der Schwarzwald. Der Unterschied besteht darin, dass ich kein weiteres Gift hinzufüge.“ In diesem Frühjahr, das der Winter so elend lang Jürgen Haugrund zieht in Hattingen französische Bio-Rinder auf, Foto: Tom Jost vor sich herschob, ist auf den Feldern rund um den Hof noch nicht viel passiert. Dafür grünt es im unbeheizten Folien-Gewächshaus kräftig. Feldsalat sprießt aus den Löchern der schwarzen Vlies-Bahnen, die den Boden bedecken und das lästige Unkraut hemmen. In einigen Wochen wird er im Hofladen die Kisten füllen, zudem viermal wöchentlich auf Bochums Wochenmärkten angeboten. Zusammen mit Kohl, Porree und Zucchini. „Wir können mit Supermärkten preislich nicht konkurrieren“, sagt Schulze-Poll, „auch haben die konventionellen Landwirte ein Drittel mehr Ertrag als wir. Unsere Stärke ist halt die Kompetenz. Und jeder Skandal schwemmt uns neue Kunden in die Arme.“ Freilich gibt sich der Kunde nicht zufrieden mit dem, was der Wittener Hof so erzeugt. Selbst vom Gemüse stammen nur 30 Prozent aus der Region – der Rest wird über zuverlässige Großhändler hinzugekauft. Die Kollegen vom Kornkammer-Haus Holte etwa gelten als die Biokartoffel-Lieferanten fürs gesamte Ruhrgebiet. Das Bio-Obst dagegen stammt in dieser Jahreszeit aus fernen Ländern. Orangen aus Spanien und Kuba, die Birnen aus Argentinien. Schulze-Poll erlaubt sich auf dem Wochenmarkt eine spezielle Aufklärung. Die Tafel mit dem Herkunftshinweis sagt „12.000 Kilometer“. Der Kunde soll reflektieren, welche Wege nötig sind, um ihm den jahreszeit-unüblichen Genuss zu bieten. Markt-Überblick kann man Michael Radau sicherlich attestieren. Der Mann hat als Pionier die SuperBioMarkt-Kette aufgebaut und es bisher auf 19 Vollsortiments-Läden gebracht – so in Dortmund, Gelsenkirchen, Düsseldorf und Wuppertal. „Wenn ich jemanden habe, der in der Region Zwiebeln, Möhren, Kartoffeln in der nötigen Qualität anbietet, nehme ich das selbstverständlich“, sagt der Münsteraner. Die Backwaren in seinen Läden seien fast zu 100 Prozent regionalen Ursprunges, die überprüften Bio-Eier ebenso und selbst Käse stamme aus NRW-Käsereien: „OK, aber das sind 30 von 200 Sorten.“ Beim Obst könne der Chile-Apfel trotzdem die bessere Wahl sein, denn deutsche Ernten per Sauerstoffentzug und Kühlhaus bis zum nächsten Juni verfügbar zu halten, koste immense Energie. 9 Mit ökologischen Grundnahrungsmitteln wird sich NRW noch lange nicht selbst versorgen können. Radau registriert ein deutliches Nord-SüdGefälle in NRW in Erzeugung und Konsum ökologischer Lebensmittel: NRW habe sich „positiv entwickelt, aber noch reichlich Luft nach oben“. Derselben Meinung ist das Umweltministerium, das die Umstellung auf Bio-Landbau zu beflügeln sucht. Ende 2010 zählte man rund 1.800 solcher Betriebe – ein Anteil von fünf Prozent. Jährlich kommen, gefördert durch Prämien und Zuschüsse zu den Kontrollkosten, zwischen 50 und 150 Betriebe hinzu. Aber das Verfahren gestaltet sich schleppend. „Entweder sind es Freaks aus der Stadt, die einen Hof umstellen, oder es passiert beim Generationswechsel in der Landwirte-Familie“, hat Bert Schulze-Poll beobachtet, der sich seit 1999 dem Öko-Landbau verschrieb. Immerhin sind die alten Feinbilder verdorrt. „Früher haben die Öko-Lehrlinge den Bauern, der mit der Spritze herumfährt, noch mit Steinen beworfen.“ Heute leiht man sich gegenseitig die Maschinen zur besseren Nutzung aus. Übrigens hat auch die Annahme „Öko-Landwirt = Vegetarier“ nie gestimmt. Auf dem Trantenrother Hof gackern 280 Hühner, laufen ein paar Puten und acht Schweine herum, mit Bio-Getreide gepäppelt. Noch deutlicher wird dies beim Hattinger Viehwirt Jürgen Haugrund. Der hatte schon früher das Grünland extensiv ohne Kunstdünger bearbeitet, stellte seinen Betrieb nach der BSEKrise auf Bio-Fleischerzeugung um. Seit 2000 tummeln sich jedes Jahr 60 „Charolais“-Rasserinder auf der Öko-Weide, die einjährig in der Region geschlachtet werden. Hafer, Erbsen und Ackerbohnen als Zusatzfutter stammen aus eigenem, geschlossenem biologischen Kreislauf. Das Fleisch wird in 15-Kilo-Paketen an Stammkunden vermarktet – ausschließlich im Winterhalbjahr, damit man keine aufwändige Kühlung unterhalten muss. „In Hattingen sind wir die Exoten und werden immer noch ein bisschen belächelt“ schmunzelt Haugrund. „Aber wir bleiben dabei – aus Überzeugung.“ Es ist auch der Grund, weshalb der Mann sein Bio-Fleisch im Zweifelsfall eher selbst auf den Teller legt, als es zu verkaufen: „Ich weiß ja, wo es herkommt.“ TOM JOST Theater Ruhr Hoffen auf Verwilderung Das Wilde hat gesiegt: Langsam schwimmt der blöde Wetterfrosch vorbei, Foto: Jakob Studnar Ulrich Greb entwickelt mit „Futur II“ im Moerser Schlosstheater einen furiosen Umweltabend Das Wasser steht auf Höhe meines Sitzplatzes. Meine Füße liegen noch hoch und trocken. Gerade schwimmt langsam die Leiche des Meteorologen Jörg Dühne (Matthias Heße) im Schlosstheater Moers an mir vorbei. Ein Opfer der vorangegangenen Diskussionsrunde um Erderwärmung und CO2Ausstoß. Auch der Unternehmer Harald Bachmann (Patrick Dollas), der endlich über Machenschaften der Energieriesen auspacken wollte, ist bereits tot. Dann kommt der Umweltaktivist Carlos (Frank Wickermann) und zieht mir den Stuhl unter den Füßen weg. Das ist beileibe Theater an den Grenzen der Witterung (draußen klirren -3 Grad), das ist Theater ohne Furcht und Tadel eben. Regisseur und Schlosstheater-Chef Ulrich Greb hat aus der Bühne einen alles verschlingenden Pool gemacht. Schwimmen wir zum Anfang. In einer Talkshow will die Moderatorin Dorothée Vogel (Katja Stockhausen) mit Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft drängende Fragen zur Umwelt klären. Anlass ist das erklärte UN-Klimaziel, die Erderwärmung bis 2100 auf zwei Grad plus zu begrenzen. Doch dazu müssten bis 2050 mindestens 80 Prozent der CO2-Emissionen reduziert werden. Tatsächlich steigt die Konzentration der Treibhausgase nach wie vor an; ein Umstand, den die geladenen Umweltaktivisten – die Schauspielerin Ilka Alda (Marieke Kregel) und Carlos – auf ihre jeweils ureigene Art anprangern. Für Ilka ist das Element Wasser Inbegriff des Lebens, für den gewaltbereiten Carlos geht es um einen Kampf gegen die menschliche Zivilisation und ihre technischen Errungenschaften. Und so wird ausgerechnet ein Wasserspender in Grebs Inszenierung zum verbindenden Element für die Diskutanten, die sich erst verbale Schlachten liefern und sich dann an die Wäsche gehen. Und Carlos hat noch ein Fläschchen Wasser in der Tasche, direkt aus dem Block 3 von Fukushima, sauber verseucht mit spaltbarem Material und wie dazu geschaffen, den aufgeblasenen Bachmann den Bach hinunterzuspülen, der behauptet, die ganze Klimakatastrophe sei vor allem ein gigantisches Geschäftsmodell. Auch Dühne, einst Fernseh-Wetterfrosch, widerspricht der Theorie der hausgemachten dramatischen Erderwärmung. Immer wenn es turbulent wird, trifft man sich gemeinsam am Wasserspender und lädt nach. Bis hierhin ist das Stück, das Greb aus Original-Zitaten von Wissenschaftlern, Statements von Umweltschützern und literarischen Texten zusammengeschweißt hat, ziemlich authentisch und lehrreich. Schon lehnen sich die Zuschauer leicht zurück zum informellen Abend, da tropft es erst von der Decke und dann strömt unter der Studiorückwand auf der Bühne Wasser in den Raum. Das Wasser schlägt zurück. Denn es ist tatsächlich mehr als nur H2O. Die Verbindung aus zwei Molekülen Wasserstoff und einem Molekül Sauerstoff soll Informationen speichern können, und wenn das stimmt, dann müsste dieses Gedächtnis aus dreidimensionalen Netzwerken, den sogenannten „Clustern“, voller menschlicher Abgründe sein. Der Schwall hört nicht auf, alle fünf sitzen im Wasser und diskutieren ungerührt weiter, von der Natur lässt sich keiner bevormunden. Nur wie viel Katastrophe braucht es, damit der Mensch sich doch wieder als Teil der Natur begreift? Ganz einfach: Dieser Punkt ist spätestens dann erreicht, wenn es um das eigene Leben geht. Als Erster ist es Bachmann, der das vergiftete Fläschchen trinkt und dann erbärmlich vor die Hunde geht. Langsam verschwimmen die zivilisatorischen Errungenschaften aus Nächstenliebe und Opferbereitschaft. Das Wasser steht bereits bis zu den Hüften. Die Inszenierung nimmt noch mehr Fahrt auf, jetzt fallen langsam die letzten Schranken. Carlos deklamiert ein Loblied auf die Verwilderung als Allheilmittel für eine Gesellschaft, die längst auch all die Leistungsprinzip-Schranken fallen gelassen hat, die einst als Bollwerk gegen das unverdiente, weil leistungslose Vermögen der Aristokratie installiert wurden; deren erbärmliche Folgen von Gier und Eigennutz heute aber nicht nur den Menschen, sondern den gesamten Planeten bedrohen. Wetterfrosch Dühne kümmert sich derweil lieber um plastifizierte Rettungsmittel, doch Dorothée Vogel hat nur noch nackte Angst vorm Ertrinken und drückt Dühne so lange unter Wasser, bis er tot bei mir vorbeischwimmt. Das Rohe, das Wilde hat gegen die blöden Schwätzer gesiegt, das großartige Ensemble einen hochinteressanten Abend produziert, die 30 Kubikmeter Wasser werden erst spät am Abend wieder abgepumpt. Werden aber wiederverwendet. Kriegen immer Sauerstoff und Chlor, sagt der Regisseur. Ich geh mal lieber meine Socken auswringen. PETER ORTMANN „Futur II“ | Fr 13.4. 19.30 Uhr | Schlosstheater Moers | 02841 8 83 41 10 10 D E C A DA N C E C LO C K WO R K ORANGE TANZSTÜCK VO N OHAD NAHARIN Choreographie Ohad Naharin Kostüme Rakefet Levy Licht Avi Yona Bueno VO N A N T H O N Y B U R G E SS FA SS U N G VO N H E R M A N N S C H M I DT- R A H M E R Premiere 27. April 2013 Weitere Vorstellungen 30. April; 2., 4., 8., 10., 16. Mai; 1., 9., 21., 22. Juni 2013 Aalto-Theater Premiere 7. April 2013, 19:00 Uhr, Grillo-Theater Vorstellungen 11., 20., 24. April; 3. Mai 2013, Grillo-Theater Tickets T 02 01 81 22-200 www.theater-essen.de Tickets T 02 01 81 22-200 www.schauspiel-essen.de 11 Trailer_92_265mm.indd 1 15.03.13 13:54 Premiere Das Gehirn ist auch nur eine Maschine, die Daten verarbeitet, Grafik: Theater Essen „Der Mensch kann sich wirklich an alles gewöhnen“ Regisseur Hermann Schmidt-Rahmer über die Sinnhaftigkeit einer Inszenierung von „Clockwork Orange“ in Essen Das Buch machte seinen Autor 1961 schlag- Entscheidung, die am Ende dem Publikum überartig berühmt, Stanley Kubricks Verfilmung lassen bleibt – und auch sollte. zehn Jahre später wurde Kult: Alex und seine Gang ziehen Nacht für Nacht tollschockend Und wie ist das mit Gehirndoping für alle? durch die Stadt und stürzen sich auf wehr- Das kommt. Ich bin zutiefst überzeugt davon, lose Opfer – zynisch, grausam und gewis- dass die Manipulation des eigenen Denkens eine senlos. Eine solch grundlose Lust an Gewalt Entwicklung sein wird, die in den nächsten 30 Jahren auf uns zukommt. Das und Zerstörung verstört auch „Gewalt ist Bestand der Finstere daran wird nicht die heute noch. Unsere Gesellmenschlichen Kultur“ Frage sein, ob das kommt, sonschaft steht den Verbrechen ohnmächtig gegenüber und sucht nach Erklä- dern unter welchen Voraussetzungen und ob rungsmustern. Die „Lösung“ in Anthony Bur- man sich dem eines Tages vielleicht sogar angess’ Roman ist effektiv: Gehirnwäsche! Aus- schließen muss. Und dass es vielleicht geradezu gehend von „Clockwork Orange“ beschäftigt ein Beleg für Schuld im strafrechtlichen Sinne sich Regisseur Hermann Schmidt-Rahmer in sein wird. Da wird dann gesagt werden: Sie haseiner eigenen Bühnenfassung mit aktuellen ben sich ja nicht enhanced. Sie haben ja nicht die Entwicklungen der Gehirnforschung und Neu- Verantwortung für Ihre Gefühle, für Ihr Handeln und Denken übernommen. Wenn Sie quasi ohne robiologie. einen Impulshemmer auf die Straße gehen, dann trailer: Herr Schmidt-Rahmer, Tollschocken muss der Ihnen zwangsweise verabreicht werist immer noch in? Gewalt gegen alle nimmt den. Ich denke, das wird die Entwicklung sein, die da kommt. zu – oder war sie nur unterdrückt? Hermann Schmidt-Rahmer: Ich glaube, Gewalt ist in unterschiedlichen Ausprägungen Bestand Klingt nach einer eher düsteren Zukunft. der menschlichen Kultur. Sie hat in der Mensch- Ich glaube, jeder Blick auf Zukunft und auf Utoheitsbildung in einem gewissen Sinn sicherlich pien ist immer ganz schwer einzuschätzen für eine wichtige Rolle gespielt. Aber die entschei- Zeitgenossen derer, die diesen Blick tätigen. Bei dende Frage ist, ob wir vielleicht, was unser bio- allen technologischen Entwicklungen sind in logisches Verhalten betrifft, in einer sehr starken Deutschland da erst mal massive Ängste. Bei den Diskrepanz stehen zu den sozialen und techni- US-Amerikanern ist es tatsächlich so, dass diese Frage überhaupt nicht gestellt wird. Bei denen schen Möglichkeiten, die wir heute haben. heißt es: eine technische Verbesserung? SelbstSpielen Beethoven und Milch in Ihrer Fassung verständlich! Eine Verbesserung des Gehirns? Selbstverständlich! Die Fähigkeit des Menschen eine Rolle? Milch spielt eine Rolle – Beethoven nicht! (lacht) besteht im Wesentlichen darin, dass er sich wirklich an alles gewöhnen kann. Insofern werden Würde es Alex mit dem heutigen Wissens- wahrscheinlich unsere Nachfolge-Generationen stand – Stichwort Neuro-Enhancements – den „Menschen 2.0“, der da kommen mag, als vollkommen selbstverständlich hinnehmen. besser ergehen? Das ist eine gute Frage. Da würde ich zurückfragen: besser für wen? Das Neuro-Enhancement Aber vom Transhumanismus sind wir dann beschreibt ja tatsächlich die Idee, dass über ei- doch noch ein paar Jahre entfernt? nen medizinisch-technischen Eingriff im Gehirn Das ist schwer zu sagen. Ray Kurzweil, der HauptDenken verändert wird, pharmakologisch oder Vorkämpfer des Transhumanismus in Nordameriüber die direkte Intervention. Die nordamerika- ka, setzt ja in seiner persönlichen Lebensplanung nische Forschung geht ja so weit zu sagen, das alles daran, möglichst viel gesunde biologische Böse oder moralisches Fehlverhalten ist eine Substanz seines Körpers so lange wie möglich Krankheit, die sich therapieren lässt. Was für ein zu erhalten, damit er diesen Moment der „SinMenschenbild für das Individuum dabei heraus- gularity“, wie er das nennt, noch erleben wird. käme, wenn man diese Ansätze konsequent zu Und Kurzweil sagt, wenn die Technologie sich so Ende denkt, ist genau das Thema des Abends. Ob schnell, so exponentiell weiterentwickelt – vor das besser oder schlechter ist, ist vielleicht eine allen Dingen auf der digitalen Seite – wird man 12 im Jahr 2030 eine Mensch-Maschine entwickeln können, die vom Menschlichen bald nicht mehr zu unterscheiden ist. Aber das würde auch bedeuten, dass die Entmenschlichung, die wir heute bereits feststellen, immer weitergehen würde. Die Transhumanisten bezeichnen das ja nicht als Entmenschlichung. Sie sagen, das ist eine upgedatete Version Mensch. Die ist besser, die ist schneller. Ich glaube, das ist eine Frage der Sicht. Aus der gegenwärtigen Zeit scheinen uns solche Visionen immer wie Horrormodelle. Man kann das auch gut am medizinischen Fortschritt sehen. Wenn jemand eine Krankheit wie Parkinson oder Alzheimer hat und die Möglichkeit hätte, mit einem Gehirnschrittmacher die Symptome zu beseitigen, dann gäbe es nur eine Minderheit, die dann sagt, ich mache das nicht. Und auch Gott ist dann eine Maschine? In dem Modell einer automatisch per Superhumanismus ablaufenden Evolution, wo die Evolution also auf die technologische Ebene springt, findet Gott natürlich nicht statt. Wobei jemand wie Ray Kurzweil sich da auch sehr raffiniert aus der Affäre zieht, weil er sagt, die Vereinigung sämtlicher Gehirne der Menschheit zu einem Supergehirn ist das, was Hegel oder andere als Allbewusstsein beschreiben würden. Das ist der konsequente Schritt zur kompletten Erleuchtung. Da würde die religiöse Komponente durch die Hintertür schon wieder dabei sein. INTERVIEW: PETER ORTMANN „Clockwork Orange“ | So 7.4. 19 Uhr (P) Grillo Theater Essen | 0201 8 12 22 00 ZUR PERSON Hermann Schmidt-Rahmer wurde 1960 in Düsseldorf geboren. Er studierte Musikwissenschaft und Philosophie in München und absolvierte ein Schauspielstudium an der Universität der Künste Berlin. Nach Engagements an der Freien Volksbühne Berlin, am Schauspielhaus Köln, dem Hamburger Schauspielhaus und dem Wiener Burgtheater arbeitet er seit 1990 als freier Regisseur und ist Professor für Szene an der Universität der Künste in Berlin. Foto: Lena Obst Programm April Vorstellungen vom 03.04. - 07.04.2013 REGIE: GERBU RG JAHNK E 09.04. Markus Krebs – AUSVERKAUFT 10.04. Matthias Deutschmann 11.04. Nils Heinrich 12.04. Wein, Weib & Gesang mit Constanze Jung & Freunde 14.04. 151. Klassikmatinee 14.04. JazzO - Vol. 2 – Benefiz zugunsten des Kinderhospizes Essen 17.04. Emmi und Herr Willnowsky 18.04. Max Uthoff 19.04. Matthias Reuter 20.04. Sebastian Pufpaff – AUSVERKAUFT 21.04. Carrington-Brown 23.04. Ehnert vs Ehnert 24.04. Maybebop 25.04. Kay RayShow 25.04. Bier- und Leseabend mit Matthias Reuter und Gästen – Falstaff 30.04. Tanz in den Mai mit Constanze Jung und Nito Torres und Band Ebertplatz 4 · 46045 Oberhausen · Tel. 0208 /20 54 024 · Fax 0208 /20 54 027 www.ebertbad.de Theater Ruhr „Fly Me To The Moon“, Foto: Stefan Kühler „Vakuum im Überfluss“, Foto: Thomas Hof „Wohin“, Foto: Birgit Hupfeld Mondfahrt retro It’s a mad world Dealing with difficulties Ein Swing-Abend im Theater Hagen „Vakuum im Überfluss“ in Dortmund Die Collage „Wohin?“ im KJT Dortmund „Fly Me To The Moon“ ist der Titel eines JazzStandards, den Frank Sinatra und nicht zuletzt Apollo 11 in den 1960ern weltberühmt machten. Der Song liefert in Hagen den Titel für ein gut zweistündiges Show-Programm, das mit gut zwei Dutzend Nummern den Bogen über ein halbes Jahrhundert spannt - von den Goldenen Twenties bis in die späten 70er. Eine Nacht, eine Party. Neun Jugendliche, die versuchen, sich selbst zu finden und zu lieben. Doch wie soll das gehen, zeigt der Spiegel doch einen Körper, der nicht der eigene zu sein scheint? Wie soll das gehen, wenn man keins von den „coolen kids“ und kein „Hollister-Girl“ ist? Falsches Essen, falsches Auto, falscher Job, falsche Stadt, falscher Partner. Die großen und kleinen Fehler und Fehlentscheidungen im Leben, man muss sie erst einmal machen und treffen, um sie hinterher bereuen zu können. Doch wie fängt man dieses Großprojekt Leben an, wo soll es hingehen, wo ist der Sinn, ist die Richtung vielleicht falsch und überhaupt – was nun? Kapellmeister Steffen Müller-Gabriel versammelt darin Hits der Swing-Ära von „Singin’ In The Rain“ bis „New York, New York“. Und er versammelt als Gesangssolisten die gesamte Riege amerikanischund englischstämmiger Ensemblemitglieder: Marilyn Bennett, Jaclyn Bermudez, Raymond Ayers, Jeffery Krueger und Orlando Mason singen neben Tanja Schun als einziger Ausnahme. Mit Gershwins „Let’s Call The Whole Thing Off“ liefern sich die Britin Bennett und der Amerikaner Ayers dann auch einen witzigen Disput über die Feinheiten ihrer Muttersprache. Bariton Ayers fällt es hörbar am schwersten, den Operngestus abzulegen, in den auch die Sopranistin Jaclyn Bermudez noch so manches Mal verfällt. Alles in allem aber gelingt es dem Dirigenten Müller-Gabriel durchaus gut, die klassisch geprägten Orchestermusiker und Sänger zum Swingen zu bringen. „Fly Me To The Moon“ ist vielleicht kein Programm für gestrenge Swing-Puristen, aber in jedem Fall eines, das Spaß macht – den Aufführenden unübersehbar genauso wie dem Publikum. Als Moderatorin führt Marilyn Bennett halb auf Deutsch, halb auf Englisch und überaus charmant durch diesen Abend. Insgesamt aber werden nicht allzu viele Worte gemacht außerhalb der Musik. Die Inszenierung lebt vom Glitter und Glamour der prächtigen Kostüme (Christiane Luz), der beleuchteten Showtreppe im Retro-Look (Bühne: Jan Bammes) und den Choreographien von Ricardo Fernando. Der Ballettchef hat nicht nur die Sänger auf Trab gebracht, sondern lässt es sich auch nicht nehmen, die anspruchsvolleren Tanzeinlagen persönlich mit seiner Stellvertreterin Carla Silva auf die Bühne zu bringen – zumindest bei einem Teil der Aufführungen. KARSTEN MARK „Fly Me To The Moon“ I Fr 19.4. 19.30 Uhr Theater Hagen I Infos: 02331 207 32 18 Die Jugendlichen, die „Theaterpartisanen“ haben sich mit Fragen auseinandergesetzt, die sie selbst betreffen. Ihr Thema, zu dem sie das Stück erarbeitet haben, heißt „Leere und Genuss“. Diese sehr weiten Begriffe werden leider oft mit Oberflächlichkeiten gefüllt – es geht dann um schlechte Matheklausuren und die Ansprüche der Eltern, Lehrer und Freunde, in ihrem Sinne perfekt zu sein. Die SchauspielerInnen verkörpern dabei unterschiedliche Typen, wie z.B. das Naivchen, die Frohnatur, oder den stets Deprimierten. Dies funktioniert für einige Figuren sehr gut und sorgt für eine gewisse Situationskomik, andere Charaktere bleiben jedoch etwas konturlos. Das fällt vor allem in Massenszenen auf, in denen diese unscheinbareren Figuren doch recht unmotiviert ihren Platz auf der Bühne suchen. Aufgepeppt wird der Abend mit einigen Gesangseinlagen und live gespielte Gitarrenmusik. Schade nur, dass die Akustik eher schlecht ist, denn singen können die Jugendlichen alle. Die Liedauswahl ist vor allem textlich motiviert und stets der Stimmung entsprechend, so singen sie beispielsweise gemeinsam „Mad world“, mit der Betonung auf Sätzen wie „no tommorow“ oder „going nowhere“, die die Orientierungslosigkeit der Jugendlichen ausdrücken sollen, in einer Zeit, in der es immer weniger direkte Kontakte gibt, sondern viel mehr via SMS oder facebook kommuniziert wird. Von dieser Auf- und Umbruchsituation erzählt die Stückcollage „Wohin?“, die Regisseurin Isabel Stahl und Theaterpädagogin Christine Köck zusammen mit zehn jungen Erwachsenen zwischen 13 und 21 Jahren erarbeitet haben. Der Handlungsrahmen ist schnell umrissen: Ein Jahr nach dem Abitur lädt der angehende Kosmonaut Leo zum Klassentreffen ein: Es wird berichtet und verglichen und die neu gewählten Lebenskonzepte erstmals auf den Prüfstand gestellt, wovon die meist monologisierenden Episoden zu berichten wissen. Die strebsame Ronja lernt weiterhin verbissen, während Hannes die Einschreibefrist an der Uni verpennt hat, Ellen wird schon Mama und über alle dem schweben die großen, schweren Fragen des Lebens, auf die auch später keine/r eine Antwort hat: Doch lieber vernünftig sein oder besser dem Herzen folgen? Geld verdienen oder Ideale haben? Dem Weg folgen oder den eigenen gehen? Schnell sprinten oder treiben lassen? Es war eine kluge Entscheidung dieser Inszenierung, darauf keine Antwort zu geben, dafür aber die Angst spür- und den Druck greifbar zu machen, so früh so viele Entscheidungs- und damit eben auch Fehlermöglichkeiten zu haben. Insgesamt überwiegt so eher die Leere. Viele Szenen zeigen die Unmöglichkeit, etwas mit sich selbst anfangen zu können oder der Langeweile des Alltags zu entgehen. Die Darstellung des Genusses kommt zu kurz, egal ob es sich um den eher flüchtigen Alkohol- und Drogen-Genuss handelt oder um zwischenmenschliche Genüsse wie Sex oder Liebe; beide dürften bei der jugendlichen Selbstfindung jedoch häufig eine größere Rolle spielen. Der Gefühlsmix aus Aufbruchsstimmung und unangenehmem Schwebezustand wird auch in der sehr charmanten Videoinstallation deutlich, in der sowohl die DarstellerInnen selbst als auch ältere Semester zu Wort kommen. Die zweifelsohne ungemein privilegierte Position, sich nach dem (bestandenen) Abitur relativ frei von Geldzwängen für einen Lebensweg entscheiden zu dürfen, wird leider überhaupt nicht reflektiert. Den tobenden Premierenapplaus hat das nicht gestört. ALEXANDRA BRUNDIERS ANNA SCHIFF „Vakuum im Überfluss“ I Sa 13.4. 20 Uhr Theater Dortmund (Studio) I 0231 502 72 22 14 „Wohin?“ I KJT Dortmund 0231 502 72 22 15 Theater Ruhr Dimitrij Schaad (Hamlet), Foto: Thomas Aurin „Gut gegen Nordwind“, Foto: Theater im Rathaus „Faust I und II“, Foto: Birgit Hupfeld Beiläufig Hamlet Schwankende Oberfläche Faust auf Faust Jan Klata inszeniert in Bochum „Gut gegen Nordwind“ in Essen Goethe im Essener Grillo Zugegeben, es war kein verlorener Abend, den Jan Klata mit seinem Hamlet im Bochumer Schauspielhaus auf die Bühne schrillte. Viele Bilder, mit denen er seine Inszenierung garnierte, sind Teil der kulturellen Geschichte. Der polnische Regisseur, der bald die künstlerische Leitung des renommierten Stary Teatrs in Krakau übernimmt, hat bei Damien Hirst den Schädel okkupiert, bei David Bowie die „Ashes to ashes“ Choreografie und auch die Grab-Skulptur aus Büchern kam irgendwie bekannt vor. Dazu ein rockiger Soundtrack mit White Stripes-Groove. Man muss es mögen, Hamlet neu erfunden wurde nicht. Sehr schön auch, das er Ulrich Wildgrubers Mantel aus der Zadek-Inszenierung von 1977 nutzte, so sauber habe ich das rote Teil noch nie gesehen und mir fehlt eigentlich schlagartig Eva Mathes. Klata zitiert dazu noch sich selbst, hat den Hamlet schon in der ehemaligen Leninwerft in Danzig inszeniert. In Bochum lässt er seinen „polnischen“ Frontmann (Marcin Czarnik) den Geist von Hamlets Vater spielen und am Ende als Fortinbras mit einem Gedicht von Sbigniew Herbert den Rachefeldzug brachial entmythisieren. Unser Leben hängt inzwischen in der Hauptsache an Nullen und Einsen, wie weit es im Internetzeitalter auch an einzelnen Buchstaben hängen kann, das beschreibt der österreichische Schriftsteller Daniel Glattauer in seinem Stück „Gut gegen Nordwind“, das gerade en suite im Theater im Rathaus in Essen zu sehen ist. Dominique Siassia und Ole Eisfeld sind Emmi und Leo, die sich via Email kennen lernen, weil sie bei einer AboKündigung einen Buchstaben zuviel tippt und er genervt antwortet. Aus dem anfänglichen Geplänkel entwickelt sich eine Schreibromanze, die im Laufe des Stücks immer intensiver wird. Die beiden Schauspieler, die nur durch eine Wand getrennt auf der Bühne in zwei unterschiedlichen Welten leben müssen, transportieren die Mailinhalte souverän, Regisseur Peter Kühn inszeniert dazu eine Choreografie-Mischung aus Kleidungswechsel, Schuhfetischismus und Minigolf. Das Boulevard ist eben dem heutigen Geschehen angepasst. Ein Sechserpack macht den verbalen Anfang: „Besonders aber laßt genug geschehn! Man kommt zu schaun, man will am liebsten sehn. Wird vieles vor den Augen abgesponnen, So daß die Menge staunend gaffen kann.“ Rumpel. Langsam fährt der „Eiserne Vorhang“ im Theater Essen hoch. Goethes „Vorspiel auf dem Theater" ist vorbei, das Sechserpack Faust verteilt sich auf Gottes Acker, der braun und körnig auf der Bühne liegt, zu einem kleinen Podest geklopft, auf dem die Figurenkonstellationen neu und nach Bedarf arrangiert werden, nur Mephisto (Stefan Diekmann) fuchtelt nun für sich allein. Diekmanns Spiel erhellt den Abend durch eine interessante Färbung dessen, der stets verneint und doch erst einmal die Tiraden des allzu wüsten Gelehrten ertragen muss. Die Nebelmaschine generiert den weiblichen Erdgeist, dann schließen sie mit Handschlag den Pakt, Regisseur Christoph Roos hat die Johann Wolfgang von-Tragödie ziemlich gejätet und die einzelnen Pflanzen etwas umgesetzt, sehenswert ist der erste Teil allemal, visuell und choreografisch. Überall nur Männer und in der Mitte die einzige Frau (an diesem Abend ist es wegen der grassierenden Grippe Helen Wendt aus Krefeld), die leidet und liebt und doch nicht überlebt, aus dem Acker schiebt sich dafür eine schiefe Ebene, die das Gretchen ziemlich unsanft in die Grube zwingt. Ist das noch Kunst? Wenn Bücher auf die Bühne stürzen und Pfützen bilden? Wenn Hamlet mit Rosenkranz und Güldenstern mit Farbflaschen „performen“ und damit die altbackenen 1970er wieder heraufbeschwören? Wenn Schauspieler sich unters Publikum mischen? Nein. Emmi und Leo steigern sich in diese „Beziehung“ ohne Sicht- oder gar Körperkontakt hinein, sie ist nicht gerade euphorisch verheiratet, er hat eine On/Off Beziehung hinter sich. Die Zeichen stehen also relativ gut für eine reale Begegnung mit ungewisser Zukunft, doch ein kleiner Buchstabe verhindert das finale Happy End, oder war es vielleicht doch da? Die Leistung, die Klata mit seinem Hamlet vollbringt, ist die Zertrümmerung der Geschichte um den Schwedenprinzen, der als Racheengel daherkommt, aber eher ein armes Würstchen zu sein scheint, der im eigenen Wahn gefangen, einfach nur Menschen zerstört. Den Abend der Beiläufigkeit, des gehobenen Spektakels ohne innere Mitte rettet Dimitrij Schaad als Hamlet. Seine Version des durchgeknallten, aber zielstrebig konsequenten Unholds ist die einzige Konstante, die wirklich überzeugt. Auch sein schwertloser Kampf mit Laertes erinnert eher an eine Blutorgie von Kampfhähnen, die zwar ihrer Dornen beraubt dennoch aufeinander losgehen, da werden die Herzen aus den Körpern gerissen, das letzte Sterben gerät zum martialischen Tanz über dem schwedischen Hades. Denn der Subtext zeichnet ein ganz anderes Bild. Durch die Möglichkeit im Internet in relativer Echtzeit schriftlich zu kommunizieren, hat sich eine neue Oberfläche entwickelt, die Projektionen auf lebende Fantasiegebilde zulässt, die dazu noch die Angewohnheit haben können, diese durch nichts beweisbaren Fiktionen aktiv zu unterstützen und mitzuleben. Das führt im Extremfall (wie in Essen) zu einer unheiligen Vermengung von Wunsch, Hoffnung und der Verdrängung realer Tatsachen, die das Konstrukt, das bis zur Einbildung von gefühlter Nähe führen kann, immer weiter treiben und anheizen. Emmi und Leo sind definitiv erhitzt, doch bevor sie den Schriftwechsel in Töne transponieren können, schlägt die Realität erbarmungslos zu. Ein gut gebautes VorsprechStück, weniger zum Lachen, aber zum nachdenken. PETER ORTMANN PETER ORTMANN „Hamlet“ Do 18.4. 19.30 Uhr I Schauspielhaus Bochum 0234 33 33 55 55 „Gut gegen Nordwind“ bis 17.4. I Theater im Rathaus, Essen 0201 245 55 55 16 Der zweite Teil huldigt ausschließlich dem schnöden Mammon. Die schiefe Ebene zeigt nun senkrecht gestellt Börsenkurse, Faust auf dem Selbstfindungstrip mitten im königlichen Wirtschaftswunderland zwischen Kredit und Würdigkeit, aber auch zwischen Macht und Besitztum. Hier hat Roos die Theater-Aktionäre ziemlich betrogen. Ausgerechnet die traditionell optischen Leckerbissen um den Homunkulus und die wilde Walpurgisnacht wird vorenthalten, dafür schleppen die Bühnenarbeiter Häuserblocks (sind das etwa alte Requisiten?) auf die Bühne, die nun das aus dem Meer abgerungenen kostenlosen Land hinter dem Strand ersetzen muss. Doch es muss zwangsumgesiedelt werden. Den fiebrig gewordenen Global-Player Faust, sonst immer für Visionen gut, zwickt plötzlich das schlechte Gewissen, er wird erst erblinden und dann auch ins Grab sinken. Den Erlösungsmüll erspart uns die Regie. „Es ist so gut, als wär' es nicht gewesen." Genau. PETER ORTMANN „Faust I und II“ Sa 13.4. 19 Uhr I Grillo, Essen 0201 812 22 00 Fr, 12.04. um 20.00 Uhr in der Kellerbar Amerika gibt es nicht KUNSTAUSSTELLUNG Twistet Entities. Zeitgenössische polnische Kunst Geschichten auf Consol So, 14.04. um 17.00 Uhr, Di, 16.04. und Mi, 17.04. um 10.30 Uhr bis 28.04.2013 12+ Die besseren Wälder Museum Morsbroich, Gustav-Heinemann-Str. 80, 51377 Leverkusen www.museum-morsbroich.de von Martin Baltscheit FILM Polnische Akzente beim +PVGTPCVKQPCNGP(TCWGPſNOHGUVKXCN&QTVOWPF-ÑNP 09.-14.04.2013 YYYHTCWGPſNOHGUVKXCNGW THEATER 0KGOCPFU.CPF<KGOKCPKE\[LC XQP,WNKC*QNGYKēUMCWPF.QVJCT-KVVUVGKP 10.–13.04.2013, 20.00 Uhr Di, 16.04. um 19.00 Uhr in der Kellerbar 6JGCVGTKO$CNNUCCN(TQPICUUG$QPPYYYVJGCVGTKODCNNUCCNFG KOnzertMEDitation 19.-20.04.2013, 20 Uhr Klang und Stille mit Michael Geesund dem Kölner Vokalquartett Theater im Pumpenhaus, Gartenstr. 123, 48147 Münster, www.pumpenhaus.de Fr, 19.04. um 11.00 Uhr und Sa, 20.04. um 19.00 Uhr W. – junge Leiden KUNSTAUSSTELLUNG 6'4'5#/74#-<WYGOIGJUVFW Ein Gastspiel des piccolo-Theaters Cottbus Mi, 24.04. und Do, 25.04. um 10.30 Uhr und Fr, 26.04. um 19.00 Uhr 12.04. – 28.06.2013 )CNGTKGFGU2QNPKUEJGP+PUVKVWVU&×UUGNFQTH %KVCFGNNUVT&×UUGNFQTH Let`s kiss WELTMUSIK JANUSZ PRUSINOWSKI TRIO Do, 25.04. um 20.00 Uhr 13+ Ein Testgelände für 13 Liebesanfänger Hans Wanning Trio feat. Djamel Larrousi GEjazzt auf Consol Mittwoch, 24.04.2013, 20.00 Uhr $TQVHCDTKM-TGW\UVTC²G$QPP www.brotfabrik-bonn.de Sa, 27.04. um 20.00 Uhr Improtheater &QPPGTUVCI7JT Mit »Panhas« aus Gelsenkirchen 6JGCVGTWPF-QP\GTVJCWU -QPTCF#FGPCWGT5VTC²G5QNKPIGP (TGKVCI7JT FQOKEKN*CPUCUVTC²G&QTVOWPF YYYFQOKEKNFQTVOWPFFG 8145%*#7(¯4/#+ /75+&×UUGNFQTHGT,C\\4CNN[ PIOTR WOJTASIK QUARTET 5COUVCI7JT So, 28.04. um 15.00 Uhr, Mo, 29.04. um 9.00 Uhr und 11.00 Uhr (QTWOFGT5VCFVURCTMCUUG $GTNKPGT#NNGG&×UUGNFQTH YYYFWGUUGNFQTHGTLC\\TCNN[FG 6+ Pünktchen und Anton von Erich Kästner 2QNPKUEJGU+PUVKVWV&×UUGNFQTH%KVCFGNNUVTC²G&×UUGNFQTH 6GNGHQPYYYRQNPKUEJGUKPUVKVWVFG 17 Bismarckstraße 240 45889 Gelsenkirchen Tel.: 0209 9 88 22 82 E-Mail: kontakt@consoltheater.de www.consoltheater.de Theater Ruhr Ein Ekelpaket Komikzentrum Ruhr „Peer Gynt“, Foto: Sebastian Hoppe Ex-Intendant Holm kehrt mit „Peer Gynt“ nach Düsseldorf zurück Ein nacktes Paar steht feixend voreinander; drei junge Frauen fliegen durch die Luft; Rehe stieben im Scheinwerferlicht auseinander; ein schmaler Weg führt an einem kahlen Hügel entlang – verweisen die großformatigen Schwarzweiß-Fotos an den graugetönten Wänden nun auf die Lebensgeschichte Peer Gynts oder eher auf den Kanon der Kunst? Sie verorten jedenfalls die Geschichte dieses umtriebigen Egomanen, der auch visionärer Fabulierer und Frauenverschleißer ist, nicht an den Stationen einer weltumspannenden Reise, sondern im Museum. Ibsens Ichsucher ist in einem Museum gelandet, umstellt von den Identitätsan-geboten der bürgerlichen Kunstgeschichte und (vielleicht) ergriffen vom Unbehagen in der Kultur. Schauspiel-Intendant Staffan Valdemar Holm hatte Anfang der Spielzeit aufgrund einer Burnout-Erkrankung den Stab in Düsseldorf hingeworfen und sich in Behandlung begeben. Jetzt ist er zurückgekehrt, um zumindest seine Regieverpflichtungen zu erfüllen. Ibsens romantisch-präfreudianisches Seelengestochere baut sich über einen merkwürdigen Kontrast auf. Der Museums-welt gegenübergestellt ist eine traditionsverhaftete Welt mit Peer im Norwegerpullover, der umgeben ist von Männern in Anzügen mit breitkrempigen Hüten, Frauen in langen Röcken – in seinen strengen Schwarzweiß-Tönen erinnert das an eine amerikanische Sekte. Die Hochzeit der jungen Ingrid wird mit folkloristischen Tänzen gefeiert – und dazwischen der Peer des Olaf Johannessen als Ekelpaket. Ständig provozierend, egoman in seinen Träumen, triebhaft und immer unter Druck. Doch was Peer letztlich antreibt, aus dieser Welt auszubrechen, auf diese Frage bleibt Holm eine Antwort schuldig. Ist es die Enge? Die Tradition? Die Identitätssuche oder doch das Abenteuer? Immerhin: Die Welt der Trolle, die mit runden Brillen, langen Schwänzen unter schwarzer Tracht und verzerrter Gestik aufwarten, ist ziemlich grotesk. Der Mädchenchor im Tschador um die arabische Prinzessin Anitra (Claudia Hübbecker) dreht sich derwischhaft; der Chef der Kairoer Heilanstalt Begriffenfeldt ist bei Slobodan Besti ein durchgeknallter faschistoider Arzt – doch trotz manch beeindruckender, auch einiger komischer Szenen plätschert der Abend in einem behäbigen Rhythmus dahin und wickelt betulich Szene für Szene auseinander. Man schnappt vergeblich nach interpretatorischen Anhaltspunkten: Was ist mit dem Homo Oeconomicus in Peer, was mit dem kolonialistischen Weltunterwerfungsdrang? Alles da, aber ohne Gewichtung, im fast monotonen Gleichlauf. Am Ende schwingt sich die Inszenierung noch einmal zu zwei Höhepunkten auf. Zum einen die faustische Szene zwischen Peer und dem Knopfgießer mit der Verhandlung um mehr Lebenszeit und schließlich Peers Heimkehr zu der stoischen Solveig. Anna Kubin spielt sie als emotional unbewegte junge Frau, die nicht altert, die im Museum sitzt und wartet – bis dieser verlorene Sohn den Kopf in ihren Schoß legt, sein Körper aber sich bis in den Tod aufbäumt, windet, sträubt, bockt. Kein romantisches Erlösungsgefasel, sondern die Idee von einem nicht versöhnten, unstillbar durstigen Ich. Peer – Kunsttraum fürs Museum. HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN „Peer Gynt“ von Henrik Ibsen | R: Staffan Valdemar Holm Düsseldorfer Schauspielhaus | 3./12./14./18./26.4. 19.30 Uhr www.duesseldorfer-schauspielhaus.de Mit allen kabarettistischen Wassern gewaschen: Max Uthoff, Foto: Michel Neumeister Blumengeburtstag und ein Bayer Fil & Sharkey gratulieren, Max Uthoff sondiert die Lage der Nation Es gibt nur ganz wenige Künstler, die die inflationär gebrauchte Bezeichnung Kult verdienen. Zu diesen seltenen Exemplaren gehört Fil. Der als Philip Tägert in Berlin geborene und dort im Märkischen Viertel aufgewachsene Comedian, Comic-Zeichner, Ex-Punk, Handpuppenspieler, Sänger und Songwriter entzieht sich den üblichen Kriterien des Showbiz. „Die große Fil & Sharkey Show“ heißt das Programm, in dessen Verlauf er (am 26. April im Cabaret Queue in Dortmund) abgedroschene Versatzstücke des alltäglichen Sprachgebrauchs durch den Wolf dreht – und zwar so, dass sie in ihrer ganzen Hohlheit überhaupt erst sichtbar werden. Er singt Songs vom Nebeneinanderliegen, baut absichtlich kleine Fehler ins Alphabet („sonst zürnt Gott!“) und berichtet von Buchverkäuferinnen, die sich cooler vorkommen, als sie sind. Kurz: Fil wickelt seine Zuschauer mit der Spiellust eines Kindes und der Unerbittlichkeit eines Wahrheitssuchenden um den Finger. Natürlich hat er den Handpuppenhai Sharkey im Gepäck – und sicher auch die schöne „Fabel vom Blumengeburtstag“. Aus Bayern angereist kommt ein Mann, der weder so aussieht noch so spricht: Max Uthoff, der Kleinkunstpreisträger des Mainzer Unterhauses 2012 in der Sparte Kabarett, ist so ziemlich das Beste, was einem passieren kann, wenn man mit politisch unkorrekten, aber ungemein unterhaltsamen Ausführungen über die Besonderheiten der krisengeschüttelten Nationen des Euro-Pakts und den Segnungen der modernen Technik konfrontiert werden will. Allen voran die Facebook-Gemeinde, in der weltweit rund sieben Millionen Menschen nach Wahrnehmung gieren. „Nirgendwo erfahren Sie früher, dass der sympathische Rentner über Ihnen seit zwei Wochen tot ist“, konstatiert Uthoff – und trifft damit pointiert ins Schwarze. Dass er als Bayer ein entspanntes Verhältnis zur Überwachung hat, ist die eine Seite seiner Herkunft, die andere, dass Gott sowieso alles sieht – und vielleicht doch nicht so vollkommen ist, wie mancher glaubt. Uthoff sprengt die Grenzen des politischen Kabaretts und geht den Widersprüchen auf den Grund. Er kann genau erklären, wo sich die Mitte der Gesellschaft befindet, outet sich als Feminist und vergleicht Familienministerin Christina Schröder mit dem Einbruch der naiven Malerei in ein deutsches Sittengemälde. Der Mann weiß, wovon er spricht, wenn er Juristen als nützliche Idioten des Patriarchats bezeichnet, immerhin hat er auch das Zweite Staatsexamen der Rechtswissenschaft in der Tasche – ein Studium, bei dem man lerne, Urteile über Dinge zu fällen, von denen man kaum etwas versteht. Sicher ist er sich aber in einer Sache: „Wenn wir Männer gebären müssten, dann gäbe es nach zwei Wochen eine Rechtsverordnung, die das natürliche Gebären verbieten würde.“ Bevor er zur Grabrede für die FDP anhebt, das Auffangbecken für moralisch Halbseidene und Philipp Rösler als den „Monchhichi der Partei“ bezeichnet, bekommen die Grünen seine geballte Enttäuschung zu spüren. Den BadenWürttembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann nennt er ein ideologisches Kirschkernkissen. Der Rest der Partei glaube offenbar, dass Soldaten aus nachwachsenden Gehölzen bestehen. Statt Mao-Anzügen trage man heutzutage Nieder-Tracht. Kurz: Uthoff kommt in seinem Programm „Oben bleiben“ seinem Bestreben, das kapitalistische System mit den Mitteln der Satire aus den Angeln zu heben, ein gutes Stück näher – überzeugen Sie sich selbst. Gelegenheit dazu ist am 18. April im Ebertbad in Oberhausen. Also nix wie hin, empfiehlt Ihre stets über Tage lebende ANNE NÜME 18 rt: e i t n e s prä Highlights A P R I L 1 Sa. bis Mo. 30.03. - 01.04. Cabaret Queue 1 Sa. 06.04. Cabaret Queue 2 2 3 4 Hermannstr. 74 · Dortmund-Hörde Di.-Sa.18°°-1°° Tickets + Gastro 0231-413146 Lioba Albus „Best of Hammelsprung“ Peter Vollmer „Frauen verblühen – Männer verduften“ Maria Vollmer „Sex & Drugs im Reihenhaus“ Gerd Knebel (ex-Badesalz) „World of Drecksäck!“ Hubert Burghardt „Sex in der Krise“ Sa.13.04. Cabaret Queue 3 Cabaret Queue 4 Fr. 19.04. Cabaret Queue 5 Sa. 20.04. Stadthalle Oer-Erkenschwick Fr. 12.04. www.cabaretqueue.de Cabaret Queue Sa. 27.04. Cabaret Queue Di. 30.04. Cabaret Queue 7 Hagen Rether „Liebe“ Simone Fleck „Von Windeln verweht“ 6 Volker Pispers - ausverkauft FIL Die große Fil & Sharky Show Martin Herrmann „Balz Verhalten - ein Vorspiel für Schüchterne“ Tanz in den Mai 8 Sa./So. 20./21.04. Cabaret Queue Mi. 24.04. Stadthalle Oer-Erkenschwick Fr. 26.04. 6 7 8 9 10 9 VORSCHAU: 04.05. Anka Zink; 24.05. Philipp Weber; 25.05. Stephan Bauer; 08.06. René Steinberg; 5 Dienstags Cabaret Queue Mittwochs Cabaret Queue Donnerstags Cabaret Queue Tango Salon mit DJ Topolino Dinner Attacke Italienisches Buffet mit Überraschungskünstler Lachen, Live & Lecker Menue am Donnerstag mit Live-Programm Theater Aktuell Woran sollen wir noch glauben? Schauspiel Premiere am Sa, 27.04.13, 20.00 Uhr .P %P .J 4B 6IS 6IS 6IS 6IS 4P 6IS %J 6IS 'S 6IS www.rlt-neuss.de Telefon Theaterkasse 0 21 31 - 26 99 - 33 19 %BT3IFJOJTDIF-BOEFTUIFBUFSt0CFSTUSt/FVTT 10 Theater in NRW Atabayev an der Theaterakademie Köln, Foto: Almas Azhabayev Oper in NRW Hermine May als Azucena, Stefano La Colla als Troubadour Manrico, Foto: Björn Hickmann Der Unruhestifter Starkes Solisten-Quartett Von Hans-Christoph Zimmermann „Schauspieler!“ ruft Bolat Atabajew und stolziert mit eitlem Gehabe im Probenraum herum. Der kasachische Regisseur erzählt von seinen Erfahrungen kurz nach der Wende, als er mit Darstellern aus Ost- und Westdeutschland zusammengearbeitet hat. Unschwer zu „Die Gefahr für die Schauerkennen, wofür die selbstverliebte Kaspieler ist einfach zu groß“ rikatur steht. Mit solchen Anekdoten würzt der Sechzigjährige seinen Vortrag über episches und dramatisches Theater, den er an der Kölner Theaterakademie hält, und man merkt, wie er die Aufmerksamkeit der jungen Studenten genießt. Seit Dezember lebt Atabajew in der Domstadt. Im Exil, muss man wohl sagen, auch wenn er diesen Begriff nicht gerne hört. Er sei in Deutschland zu Hause, betont der Mitbegründer und frühere Künstlerische Leiter des Deutschen Theaters in Almaty und heutige Leiter der Freien Gruppe Aksarai. Bolat Atabajew gilt derzeit in seinem Land als Persona non Grata, und an Rückkehr ist nicht zu denken. Im Mai 2011 traten Ölarbeiter in Schangaösen in den Ausstand. Sieben Monate dauerte der zunächst friedliche Streik, bis die Sicherheitskräfte des seit 1989 regierenden Diktators Nursultan Nasarbajew den Protest gewaltsam niederschlugen. Atabajew hatte früh für die Streikenden Partei ergriffen und war ein halbes Jahr nach dem Ausstand wegen „Anstiftung zur sozialen Unruhe“ verhaftet worden. Als der internationale Protest immer stärker wurde, ließen die kasachischen Behörden den Regisseur nach zwei Wochen wieder frei, und er reiste nach Deutschland aus. Von Karsten Mark Mangelnder Mut lässt sich Dortmunds Intendant Jens Daniel Herzog wirklich nicht vorwerfen. Vor gut einem Jahr nahm er mit Bellinis „Norma“ ein Primadonnen-Stück auf den Spielplan, welches von Stadttheatern aus gutem Grund gemieden wird, und nun „Eine plausibel nachvollziehist es Verdis „Troubadour“, von dem Enbare Geschichte lässt sich aus rico Caruso einst behauptete, man braudem ‚Troubadour‘ stricken“ che es einfach nur mit den vier besten Sängern der Welt zu besetzen, um eine gute Aufführung zu erhalten. Allerdings fehlt es der Dortmunder Oper eindeutig an Budget, um die Weltelite nach Westfalen zu holen. Dass dies aber auch gar nicht nötig sein muss, und dass es sogar spannender sein kann, junge, noch nicht so bekannte Sänger zu entdecken, bewiesen sowohl die junge Miriam Clark als Norma als auch die beachtlich gute Solistenriege, die nun im Dortmunder Troubadour auf der Bühne steht. Susanne Braunsteffer (Leonora), Hermine May (Azucena), Sangmin Lee (Graf Luna) und Stefano La Colla (Troubadour) beweisen einmal mehr die glückliche Hand Herzogs bei der Zusammenstellung seiner Besetzungen. Begegnung mit dem kasachischen Regisseur Bolat Atabajew Bolat Atabajew im blauen Jackett und mit leger um den Hals gewickeltem Schal tigert in dem schlecht beheizten Raum der Theaterschule herum und erläutert in fast perfektem Deutsch die Unterschiede zwischen den Theorien Brechts und Stanislawskis. Es geht um mehr als nur ästhetische Fragen. Mit großer Selbstver-ständlichkeit verortet sich Atabajew in einer aufklärerischen Tradition des deutschen Theaters von Schiller bis Brecht. Eine geistige Heimat, aus der sich auch sein Engagement für eine Zivilgesellschaft speist. „Theater macht das Immunsystem der Gesellschaft stark“, sagt er mit Nachdruck. Was er damit meint, lässt sich an seiner letzten Inszenierung in Kasachstan ablesen. Atabayev zeigt sie auf einer kleinen Tournee seiner Theatergruppe durch Deutschland: Die Parabel „Die Lawine“ um ein kleines Dorf, in dem neun Monate nur geflüstert und drei Monate gefeiert werden darf, arbeitet mit sparsamsten Mitteln die Absurdität der Unterdrü-ckung heraus, ohne je in aufklärerisches Pathos zu verfallen. Die Aufführung passierte anstandslos die Zensur. Atabajew weiß, dass er vom Regime auch als kritisches Aushängeschild benutzt wurde. Ursprünglich wollte Atabajew mit seiner Gruppe ein Stück über den Streik in Schangaösen produzieren. Doch die Gefahr für die jungen Schauspieler, bei der Rückkehr verhaftet zu werden, ist einfach zu groß. So wird er sein Stück nun mit Studenten der Theaterakademie erarbeiten, dazu sein Stück „Lady Milford von Almaty“ über die Emigration einer Schauspielerin nach Deutschland. Vor allem aber will er an der Kölner Theaterakademie unterrichten. „Ich Hans-Christoph Zimmermann finde schon meine Nische in Deutschland“, sagt er zum Journalist und Theaterkritiker Abschied. Man wünscht es ihm. Verdis „Der Troubadour“ in Dortmund Den gängigen Erwartungen entsprechen indes vor allen die Frauen nicht unbedingt. Besonders auffällig ist dies bei Hermine May, die für ein rachsüchtiges altes Weib wie die Zigeunerin Azucena deutlich zu sympathisch wirkt und gesanglich zuweilen überraschend lyrisch und sanft klingt. In geringerem Maße gilt dies auch für „Leonora“ Susanne Braunsteffer, die in den hochdramatischen Momenten das letzte Quäntchen Biss und Schärfe vermissen lässt. Indes hat sich Kapellmeister Lancelot Fuhry mit den Dortmunder Philharmonikern auf die sanften Seiten der Solistinnen eingelassen, und so ergeben sich in der Musik keine allzu großen Diskrepanzen. In jedem Fall wiegen die Qualitäten der Solistinnen das Manko auf. Hermine May verfügt über ein reizvolles, facettenreiches Mezzo-Timbre und eine sichere Technik, Susanne Braunsteffer besticht durch einen jugendlichen Schönklang und natürlichen Gestus bis in die Spitzentöne. Stefano La Colla ist ein Tenor mit Strahlkraft und Feuer, der sein Hohes C am Ende des dritten Aktes mit vitaler Präsenz über die Rampe bringt. Bariton Sangmin Lee ist stimmlich ein mindestens ebenbürtiger Widersacher, wirkt leider nur als Darsteller ein wenig hölzern. Auf Seiten der Inszenierung sperrt sich wie schon die „Norma“ nun auch der „Troubadour“ gegen eine stringente Umsetzung. Intendant Herzog belässt es dennoch nicht bei einer konzertanten Aufführung, die sicher weniger Aufmerksamkeit gefunden hätte. Bei Hausregisseurin Katharina Thoma liegt die Aufgabe in sicheren Händen. Ihre Ansätze zur Aktualisierung sind konkret genug, um interessant zu sein, aber offen genug, um der Logikfalle zu entgehen. Mit Bildeinblendungen und den Kostümen von Irina Bartels werden Bezüge geschaffen zum Spanischen Bürgerkrieg und aktuellen Nahostkonflikten. Eine plausibel nachvollziehbare Geschichte lässt sich aus dem „Troubadour“ nicht Karsten Mark Journalist mit Schwer- stricken. Das schafft auch Thoma nicht und vermeidet punkt (Musik-)Theater glücklicherweise die Brechstange. „Der Troubadour“ | 6.4. 19.30 Uhr | Oper Dortmund I 0231 502 72 22 20 DASS NACH DEM TAG DIE NACHT KOMMT von Tim Etchells Premiere am 6. um 20.00 h, weitere Vorstellungen: am 7. um 19.00 h, am 12. und 13. um 20.00 h T H E AT E R I M PROGR AMM 04–013 prinz regent theater GESTALTUNG: DESIGNBÜRO SCHÖNFELDER · FOTO: HANS JÜRGEN LANDES d APRIL 2013 IPHIGENIE AUF TAURIS von J. W. von Goethe am 9. um 20.00 h, am 10. um 11.00 h BUDDENBROOKS von Thomas Mann am 17. und 19. um 19.30 h KABALE UND LIEBE von Friedrich Schiller am 21. um 19.00 h, am 23. und 30. um 19.30 h DIE SCHÖNE MAGELONE von Johannes Brahms am 26. und 27. um 20.00 h DEUX SWING DADA Musik im Foyer am 28. um 20.00 h www.prinzregenttheater.de Prinz-Regent-Straße 50-60, 44795 Bochum · Kartenreservierung unter: Fon: 0234 - 77 11 17 · E-Mail: info@prinzregenttheater.de THEATER FLETCH BIZZEL Mi. 03.04. Humboldtstr. 45 44137 Dortmund Tel. 02 31/14 25 25 www.fletch-bizzel.de MITTWOCH-SPECIAL IMPROSHOW „Jubel, jubel, Jubiläum“ ENSEMBLE FLETCH BIZZEL April 13 € 15,-/10,- Fr. 05.04. „Shakespeares sämtliche Werke“ € 15,-/10,- Sa. 06.04. „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ € 15,-/10,- So. 07.04. HOLY CROSS THEATRE COMPANY 17.00 Uhr Fr. 12.04. „Kein Kind von schlechten Eltern“ LIOBA ALBUS & HERR FRÖHLICH „ErLachet – Sie auch“ € 10,- / 7,€ 19,-/13,- Sa. 13.04. ENSEMBLE FLETCH BIZZEL So. 14.04. CHRISTI KISS & STEFAN KEIM Fr. Sa. 19.04. 20.04. KAI MAGNUS STING & HENNING VENSKE Fr. Sa. 26.04. 27.04. ENSEMBLE FLETCH BIZZEL So. 28.04. BIANKA LAMMERT Di. 30.04. „Sancho, träumst du noch von Don Quichotte?“ € 15,-/10,„Kiss me Keim“ € 15,-/10,- € 19,-/13,- „Gegensätze“ „Der letzte der feurigen Liebhaber“ „Das kunstseidene Mädchen“ € 15,-/10,€ 15,-/10,- ENSEMBLE FLETCH BIZZEL „Sancho, träumst du noch von Don Quichotte?“ € 15,-/10,- Veranstaltungsbeginn: 20.00 Uhr · So. 18.00 Uhr KINDER MUSIK & THEATER TURBO PROP THEATER Do. 18.04. Martin Hörster „Das kleine ICH-BIN-ICH" -10 Uhr KARTEN „Kuckucks-Ei auf Insel drei“ So. 07.04. -11 Uhr · Mi. 17.04. -10 Uhr · So. 21.04. - 11 Uhr · TICKETSHOP im Theater Fletch Bizzel Mo.-Fr. · Tel.: 0231 14 25 25 · 14.-18. Uhr Online: www.fletch-bizzel.de 21 Tanz in NRW Musical in NRW Szenenfoto aus Tanztausch NRW Leipzig Berlin, Foto: Archiv „Edwin Drood“. Foto: Jochen Quast Soll der Lebensnerv gekappt werden? Originelles Mitmach-Musical Die Freie Tanzszene steht in Köln vor der Zerschlagung „Das Geheimnis des Edwin Drood“ am Theater Münster Von Thomas Linden Was wird aus dem Tanz in Köln? Ab 2008 sollten jährlich 450.000 Euro im Haushalt bereitgestellt werden, man plante ein Tanzhaus, das sich dann als Wolkenkuckucksheim entpuppte. Im letzten Monat noch fragte die FDP in ihrem Kulturforum nach der Million „Köln würde unter das für den Tanz. Wo ist sie geblieben? Für Niveau mancher deutscher den Verzicht auf ein eigenes Ensemble Kleinstadt fallen” – nach dessen Chef-Choreographen Hans-Georg Bögner von der SPD und Kulturdezernent Georg Quander schon auf die Suche geschickt worden waren – installierten Oper und Schauspiel eine Gastspielreihe. Eine Entschädigung von einer Million, die dem Kölner Publikum Produktionen von Weltstandard bot. Von Rolf-Ruediger Hamacher Der Komponist, Liedtexter und Librettist Rupert Holmes nahm 1986 das gleichnamige Romanfragment von Charles Dickens als Vorlage, um das erste interaktive Musical zu erschaffen, „Schauspielerisch ein bei dem das Publikum das Ende, gevergnüglicher Abend” nauer gesagt, die beiden Enden mitbestimmt. Denn es gilt nicht nur, den mutmaßlichen Mörder der Hauptfigur zu entlarven, sondern auch ein Paar ins Happy End zu entlassen. Der Reiz von Holmes Dickens-Adaption liegt nicht nur in der Einbeziehung des Publikums, sondern auch in der als Theater-im-Theater erzählten Story. Der Prinzipal (großartig: Gerhard Mohr) einer Schmierentheater-Truppe im viktorianischen England stellt die Schauspieler mit ihren wirklichen und ihren Rollen-Namen vor, führt dann, immer wieder mit dem Publikum kommunizierend, durch das Stück. Aber auch die Darsteller begeben sich ab und an in den Zuschauerraum, mischen sich selbst in der Pause unter die Besucher – um das Interesse an Edwins Verschwinden aufrechtzuerhalten. Leider sind diese „Nebenschauplätze“ schon das Salz in der Suppe. Denn auf der Bühne tut sich die Inszenierung des aus Graz stammenden Karl Absenger doch etwas schwer. Bei den „Massenszenen“ ist einfach zu wenig Bewegung auf der Bühne, der Opernchor strahlt die gewohnte Stadttheater-Bräsigkeit aus, und Teresa Rotembergs Choreographie zeigt wenig (Musical-) Talent. Dabei hat Holmes trotz der Sinfonie-Lastigkeit seiner Partitur durchaus ein paar dem Veaudeville-Charakter der Handlung geschuldete Nummern auf Lager. Mit dem Mitklatsch-Song „Wer macht das Rennen?“ wird man entspannt in die Pause entlassen, und lja Harjes lamentiert als Diener Bazzard umwerfend komisch darüber, dass er immer nur Nebenrollen bekommt („Ich hab nie Glück“). Aber die emotional aufgeladenen Duette der beiden Versprochenen, aber sich nicht Liebenden Rosa (Julia Lißel) und Drood (Roberta Valentini) verpuffen leider irgendwo sprachlich unverständlich im Raum. Da es in den letzten Jahren in Oper und Schauspiel zu Mehrausgaben kam, die stückweise abgetragen werden müssen, strich man auch dem Tanz, der diese Entwicklung nicht zu verantworten hat, zunächst 300.000 Euro. Nun soll ganze Arbeit geleistet werden, indem der Gastspieletat auf null gefahren wird. Damit nicht genug, geht es als nächstes an die Existenz der ansässigen Tanzszene. Barnes Crossing, das Choreographen-Netzwerk im Kölner Süden, erhält keine Förderung mehr für seinen Mietvertrag in der Wachsfabrik. Zum 31. Juli dieses Jahres droht damit die Schließung an der Industriestraße. Köln verlöre nicht alleine seinen einzigen originären Tanzort, sondern auch die wichtigste Produktionsstätte und eine Halle, in der jährlich 46 Aufführungen über den Tanzboden gingen. Damit nicht genug, wird im Haushaltsentwurf der Verwaltung der Zuschuss für die Bühne der Kulturen in Ehrenfeld von 125.000 Euro gestrichen. Noch einmal 42 Aufführungen wären auf diese Weise aus dem Jahresplan getilgt. Insgesamt würden 45 Prozent des Gesamtvolumens eines Jahres wegfallen. Köln würde unter das Niveau mancher deutscher Kleinstadt fallen. Dass knapp 50 Prozent aller Tänzer in NRW ihre private Heimat in der Domstadt haben, hilft da auch niemandem mehr. Zumal Freie Gruppen keine Förderung von Stadt oder Land mehr erhalten, wenn sie keine Spielstätte für ihre Produktionen vorweisen können. Der Absturz aus dem internationalen Netzwerk ist dann besiegelte Sache, da man ja nicht mehr im Wechsel mit internationalen Ensembles agieren könnte, wenn sich Choreographen aus anderen Ländern keine Möglichkeit eröffnet, in Köln zu gastieren. Nach der Streichung der Tanzsparte an den Bühnen der Stadt Köln droht jetzt also die Zerschlagung der Freien Szene. Während das Bürgerhaus Stollwerck derzeit mit einer Unterschriftensammlung seine angedachte Schließung abzuwenden versucht, vermag die Alte Feuerwache ihre Kapazität nicht entscheidend für die Freie Szene zu erweitern. Auch die Orangerie befindet sich schon an der Grenze ihrer Kapazität. Karin Baier hat gezeigt, wie man neue Spielorte entdeckt. Für den Tanz fand sich in den letzten zwanzig Jahren in der Millionenstadt Köln keine neue Spielstätte. Das mag auch daran gelegen haben, dass es kein Bekenntnis zu dieser Kunstsparte gab. Ende des Monats tagt der Rat der Stadt, dann gilt es für alle Fraktionen, Farbe zu bekennen, indem man sich der Frage Thomas Linden Journalist und Jurymitstellt, wie lebenswert eine Stadt noch ist, wenn man ihr glied des Kölner Kinderu. Jugendtheaterpreises den kulturellen Lebensnerv gekappt hat. Vielleicht hatte Ex-Intendant Wolfgang Quetes ja doch Recht, dass er Musicals nicht für Stadttheater-tauglich hielt. Leider zogen er und sein Nachfolger, Dr. Ulrich Peters, in der siebenjährigen Münsteraner Abstinenzzeit nicht die Konsequenzen und statteten das Haus mit einer adäquaten Tonanlage aus. So können zwar die Sinfoniker unter der Leitung von Thorsten Schmid-Kapfenburg glänzen, aber die in vielen Musicals (u.a. „Kein Pardon“) schon überzeugende Roberta Valentini und Julia Lißel, eine unserer liebreizendsten Musical-Darstellerinnen, müssen ihre Stimmen hier unter Wert verkaufen. Schauspielerisch aber bot das gesamte Ensemble einen vergnüglichen Abend, der doch noch mit einem Happy End zu Ende ging. Denn nach der Pflicht-Abstimmung zur Ermittlung des Mörders – per Umfrage im Publikum –, für dessen acht Varianten Holmes den jeweiligen Geständnis-Song komponiert hat, schritten die Zuschauer per Beifallstärke-Messgerät zur Kür: Aus 18 Kombinationsmöglichkeiten durften sie das Liebespaar des Stückes R.-Ruediger Hamacher wählen. Statistisch gesehen müsste man also 26 AuffühHochschuldozent und Vorstand des Filmkri- rungen von „Edwin Drood“ besuchen, um in den vollen tikerverbandes Genuss dieses außergewöhnlichen Musicals zu kommen. „Edwin Drood“ | www.theater-muenster.com 5./19.4. 19.30 Uhr, 21.4. 15 Uhr 22 Sparkasse Dortmund präsentiert: Theater Fletch Bizzel im Spiegelzelt Theater im Rathaus RuhrHOCHdeutsch Einfach die beste Unterhaltung! immer immer immer immer Im April mit: Gut gegen Nordwind bis 17. April montags dienstags mittwochs donnerstags Pommes, Currywurst, Bier und Kabarett vom Feinsten “Der Bauch lacht mit” Siegfried & Roy oder Franziska Mense-Moritz inkl. 5-Gänge-Menü Lioba Albus lädt ein: HerzDame sticht Die Highlights der KomikerInnen Bruno “Günna” Knust und seine Hartz-VegasSegers-Band Bullemänner 28. Juni Jochen Malmsheimer 5. - 7. Juli Fritz Eckenga 12. & 13. Juli Frank Goosen 19. - 21. Juli Night Wash 26. Juli, 23. August, 27. Sept. Richard Rogler 27. & 28. Juli Werner Schneyder 2. & 3. August Konrad Beikircher 24. August Jochen Busse 30. & 31. August Jürgen Becker 1. September Bernd Stelter 4. Oktober Dieter Hildebrandt 13. Oktober Motown - Die Legende und viele mehr... ab 21. April ktober 2013 O . 3 1 i n u J . 27 Hdeutsch.de C O H r h u .r w ww uft!!! Vorverkauf lä rt! o d n a t S r e u e N Eine musikalische Begegnung mit den größstem Hits des so außergewöhnlichen Plattenlabels. Mit starken Stimmen und Live-Band auf der Bühne! Spiegelzelt IM PARK AM STEINERNEN TURM Infos und Karten: 0201 / 24 55 555 40 www.theater-im-rathaus.de Porscheplatz 1 45127 Essen DO - Rheinlanddamm ECKE Ardeystraße THEATER FLETCH BIZZEL Neuer Standort: Dortmund-Rheinlanddamm / Ardeystraße 23 Veranstalter: Theater Fletch Bizzel · Humboldtstr. 45 · 44137 Dortmund · Tel. 0231/14 25 25 · www.fletch-bizzel.de Theater demnächst Opernzeit Habemus Parsifal „Parsifal“, Foto: Irma Flesch Wagners Musikdrama als Religionsersatz „Heinrich“-Premiere im Mai in Oberhausen, Foto: Theater Oberhausen Heinrich und Margot Zwei Leben im Kopf der anderen Nietzsche erklärte Gott für tot und warf Wagner vor, in seinem Alterswerk zu Kreuze gekrochen zu sein. Damit saß er einem fundamentalen Irrtum auf, ging es Wagner doch gerade um eine Erneuerung des Christentums durch die Kunst. Wagner bezeichnete sein Opus Ultimum als Bühnenweihfestspiel und verlieh ihm damit einen religiösen Charakter, wobei er das Christentum als überkommen ansah. In seiner Schrift „Kunst und Religion“ aus dem Jahr 1880, die einen philosophischen Kommentar zum Parsifal darstellt, schreibt er der Kunst die Aufgabe zu, den Kern der Religion zu retten. Wagner komponierte sein Bühnenweihfestspiel exklusiv für das Bayreuther Festspielhaus. Nach der Uraufführung im Jahr 1882 durfte es 30 Jahre nirgendwo anders aufgeführt werden. Statt sich zu amüsieren, sollte der Zuschauer sich durch das Kunsterlebnis gereinigt und geläutert fühlen. Der Parsifal stellt mehr ein Epos als ein Drama dar, da der Musik nicht die Aufgabe zukommt, das gesprochene Wort zu dramatisieren, sondern das Geschehen zu kommentieren. Leitmotive knüpfen Verbindungen zur Vorgeschichte und vergegenwärtigen das Vergangene. Wagner schuf für das Bayreuther Festspielhaus einen magischen Orchesterklang. Dieser Männerbund, der sich dem Erhalt christlicher Werte und der Keuschheit verschrieben hat, hütet den Heiligen Gral, der Überlieferung nach die Schale des letzten Abendmahls, in der das Blut Christi nach dem letzten Speerstoß am Kreuz aufgefangen worden ist. Die Glaubensgemeinschaft ist vom Untergang bedroht, nachdem Amfortas, der Anführer der Gralsritter, den Heiligen Speer an Klingsor verlor. Er ist ein Abtrünniger, der dem Keuschheitsgebot nicht gerecht wurde und sich in einem Akt des Selbsthasses entmannte. Nun will er den Untergang der Gralsgemeinschaft herbeiführen. In seinem Zaubergarten erliegen die Gralsritter den Verführungskünsten seiner Blumenmädchen. Kundry, die den Heiland einst am Kreuz verhöhnte und als Dienende und als Hure zwischen beiden Welten umherirrt, steht ebenfalls in Klingsors Diensten. Sie war diejenige, die Amfortas verführte, so dass Klingsor ihm während des Liebesaktes den Speer rauben und ihm eine Wunde im Unterleib zufügen konnte, die nicht mehr heilt. Der Gralskönig ist somit zu einem sündigen Hüter des Heiligtums geworden, die Enthüllung des Grals wird zu einem peinigenden Ritual, bei dem die Wunde immer wieder aufbricht und ihn an seine Schuld gemahnt. Es gibt nur einen Ausweg aus der schuldhaften Verstrickung: Ein Außenstehender muss den Speer zurückgewinnen und der Macht des Sexus entsagen. Ein Außenstehender wird zum Hoffnungsträger: Parsifal, der als reiner Tor auftritt, wird durch Mitleid wissend und erkennt den Schuldzusammenhang, als Kundry auch ihn zu verführen versucht. Er widersteht und erringt den Speer zurück, so dass Klingsors Reich vergehen muss. Nach Jahren des Umherirrens trifft er auf die verwahrloste Gralsgesellschaft, der er den Speer zurückbringt. Er salbt und tauft die Sünderin Kundry, heilt die Wunde Amfortas‘ und enthüllt als neuer König den Gral. Manchmal spiegelt das Theater die Oberfläche unter der Oberfläche wider. Figuren werden dem historischen Kontext entrissen oder gleich in ihrer Gänze generiert. Der englische König Heinrich V. ist so ein Beispiel. Shakespeare erzählt seine (mögliche) Geschichte in drei gewaltigen Dramen, die im Mai im Theater Oberhausen zum sogenannten Heinrich-Abend zusammengefasst werden. Die Geschichte beginnt in der schwierigen Regierungszeit seines Vaters Heinrich IV., der seinen Vetter Richard II. vom Thron gestürzt hatte. Konflikte mit dem Parlament und der Geistlichkeit, die Rebellion der Barone zehren an seinen Nerven, und der Sohnemann Prinz Heinz zieht lieber weit weg mit dem zweifelhaften Sir John Falstaff durch die Wirtshäuser. Als sein Vater ihm ins Gewissen redet, bequemt sich der Prinz und zieht mit ihm in die Schlacht von Shrewsbury. Die Aufständischen werden niedergeschlagen. Prinz Heinz besiegt im Zweikampf Percy, Sohn vom Grafen Northumberland. Der sinnt auf Rache, Falstaffs Treiben in London nimmt immer haltlosere Züge an, Heinrich immer mit. Dann stirbt sein Vater, und Heinz wird Heinrich V. Mit neuem Hobby: Krieg gegen Frankreich. Es beginnt der dritte Teil der alten Saga: die Schlacht von Azinxourt am 25. Oktober 1415. Wider Erwarten gewinnen die Engländer zwar das Massaker, doch Heinrich verliert sein Herz an die schöne Catherine, die im fünften Akt weiß, wie die Männer ticken: „Oh, Lord! Die Zungen der Männer sind voll von Betrug“. Logisch, Hauptsache es gibt genug Soldaten, die sich schlachten lassen. Ganz anders Margot Maria Rakete (nicht verwandt mit Jim Rakete). Auch sie kennt zwar die Extreme, hat aber im Gegensatz zu Heinrichs kriegerischem Fußvolk einen schier unzerstörbaren Körper. Margot Maria Rakete ist ein Avatar, besteht aus rund neunzig Einzelteilen, ist annähernd 5.000 Jahre alt, und ihr Leben ist so vielfältig, dass es sich unmöglich nacherzählen lässt, außer natürlich, auch Shakespeare wäre digital verfügbar. Dennoch explodiert und zieht sich ihr Körper zusammen, kristallisiert und zerfließt am Grund, er windet sich in kollektiver Sehnsucht nach Einheit und Zerstreuung, nach Zusammenhalt und Abgrenzung. Immerhin hat sie der Dortmunder Sprechchor aus den Biographien seiner Mitglieder heraus programmiert, und so hat Margot Maria Rakete eine Stimme wie ein antiker Schrei bekommen, mit Blubbern und Brausen aus den ersten Tagen der Menschheit. Ein ungeheuerliches Flüstern und markdurchdringendes Klagen, aber auch ein dionysisches Lachen des Weins, des Glücks und der Liebe. Margot Maria Rakete hat ein Leben, das jede Chronologie Lügen straft: Gestern, heute und morgen folgen nicht mehr aufeinander, nur was ist virtuell und programmiert, und was geschieht wirklich in der Kollektivsimulation? Der Dortmunder Sprechchor ist das 17. Ensemblemitglied am Schauspiel Dortmund. Seit Mai 2011 proben annähernd 100 Dortmunder Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit Schauspieler Christoph Jöde und Dramaturg Alexander Kerlin. Mit „Das phantastische Leben der Margot Maria Rakete“ wird nun erstmals ein abendfüllendes Stück entwickelt, bei dem der Chor als Protagonist auf der Studiobühne steht. PETER ORTMANN Eine Aufführung dieses ergreifenden und aktuellen Musikdramas, das in zwei sehr unterschiedlichen Lesarten an der Kölner Oper (Fura del Baus) und dem Essener Aalto-Theater (Joachim Schlömer) zu sehen ist, sollte man sich nicht entgehen lassen. KERSTIN MARIA PÖHLER „Parsifal“ | Oper Köln/Aalto Theater Essen „Heinrich“ | Premiere: 24.5. | Theater Oberhausen | 0208 857 81 84 „Das phantastische Leben der Margot Maria Rakete“ | Premiere: 1.6. Theater Dortmund (Studio) | 0231 502 72 22 24 Essen-Altenessen FR 5. April, 20 Uhr Mustafa Yeşilyurt: ACI´YI BAL EYLEDIK APRIL 2013 DI MI FR SO DI SO 7. April, 20 Uhr Katakomben PostdramaEnsemble Lücken der Logik – Der Plan MI FR 12. April, 20 Uhr Kavpersaz - Anregendes Anatolien SA SO SO SA 13. April, 20 Uhr Katrin Schahin Storey K’s Cabaret FR 02.04 | IMPERIAL STATE ELECTRIC 10.04 | HONIG & BAND 12.04 | PRO:C-DUR 14.04 | LAING 16.04 | ZU GAST BEI KUNST SCHAFFT STADT 17.04 | THE GRANDMOTHERS OF INVENTION 20.04 | WOODEN WAND 21.04 | RUHRPOTT REVUE 21.04 | COMEDYCARL MIT MOSES W. UND GÄSTEN 26.04 | 100% SKA MIT: THE TOASTERS, U.A. 01.05 | INTERKULTURELLES 1. MAI FEST SA 13. April, 23 Uhr MARJINAL 45 LIKLER MI Di 16. April, 18 Uhr Mardelli-Musikabend mit Rashid Moussa PARTYS FR 19. und SA 20. April, jeweils 20 Uhr BUTTERFAHRT 5 FR 05.04 | 80s/90s PARTY SA 06.04 | NACHTTANZ Dunkelparty auf Carl DO 25. April, 20 Uhr Clubdates mit der Gregor Hilden Band feat. Natascha Bolden SA 27.04 | GLAMOURDOME DANCENIGHT DI 30.04 | TANZ IN DEN MAI FR 26. April, 20 Uhr HANS WANNING TRIO FEAT. DJAMEL LAROUSSI VORSCHAU SA 27. April, 20 Uhr “Spanish Colours” Spanische Gitarrenmusik – Flamenco Tanz DI 30. April, 20 Uhr „Welttag des Jazz“ der UNESCO DASKwartett mixed crossed string music FIESTA DE SALSA – jeden Freitag www.katakomben-theater.de MI 01.05 INTERKULTURELLES 1. MAI FEST / SO 05.05 RUHRPOTT REVUE / SO 12.05 COMEDY CARL / MI 22.05 SHANTEL & BUCOVINA CLUB ORKESTAR / DO 23.05 CHRISTINE PRAYON / SA 25.05 BUDDY OGÜN / SO 09.06 MALEDIVA / SO 16.06 COMEDY CARL / SA 06.07 EXTRASCHICHT / SO 21.07 COMEDY CARL / FR 26.07 TORCHÉ / SO 08.12 TURBOSTAAT VVK unter www.zechecarl.de und an allen bekannten VVK-Stellen Stand: 11.03.2013 (Änderungen vorbehalten!) www.zechecarl.de Das Kleine Theater Essen Übe rsch rift Highlights in Dortmund 5. April 2013 6. April 2013 ...immer mittendrin... 6. April 2013 13. April 2013 18. April 2013 19. April 2013 20. April 2013 Unser weiteres Programm: KEINE LEICHE OHNE LILY Kriminalkomödie von Jack Popplewell 12.04. und 26.04.2013 - 20 Uhr GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT Schauspiel von Jean-Paul Sartre 19.04.2013 - 20 Uhr 20. + 21. April 2013 21. April 2013 27. April 2013 30. April 2013 11. Mai 2013 12. Mai 2013 13. Mai 2013 23. Mai 2013 24. Mai 2013 8. Juni 2013 Alle Termine hier : THEATER! THEATER! oder WER ERMORDETE LORD T. Eine (unfreiwillige) Kriminalkomödie von Sabine Misiorny und Tom Müller 05.04. und 13.04.2013 - 20 Uhr Tickets von 11,- bis 15,- € / Kindertheater ab 5,- € Gänsemarkt 42 - 45127 Essen - Tel. 0201 / 52 098 52 www.kleines-theater-essen.de - bestellung@kleines-theater-essen.de 25 JUSTIN BIEBER MITTERLALTERLICH PHANTASIE SPECTACULUM THE MUSICAL BOX ATZE SCHRÖDER GREGORIAN CINDY AUS MARZAHN DEUTSCH-TÜRKISCHE KULTUROLYMPIADE DORTMUNDER ANTIK- UND SAMMLERMARKT SANTIANO MAYDAY PARTYMARATHON UNHEILIG & SPECIAL GUESTS JAMES LAST P!NK GIANNA NANNINI JETHRO TULL`S IAN ANDERSON PETER WILLEM Änderungen vorbehalten MI 3./10./17./26. April, jeweils 20 Uhr Jazz for the People…jeden Mittwoch! Eintritt Frei! Der schnellste Weg zu Ihren Tickets: TICKET-HOTLINE für Westfalenhallen und bundesweite Veranstaltungen: Telefon: 0231/1204-666 Internet: www.westfalenhallen.de Kostenloser e-mail-Newsletter: www.newsletter.westfalenhallen.de Besuchen Sie uns auch auf facebook. Theater-Kalender Ruhr Die Theater-Übersicht der Region STADTTHEATER THEATER ESSEN (GRILLO) 0201 812 22 00 Clockwork Orange SCHAUSPIELHAUS BOCHUM 0234 33 33 55 55 So. 7.4. 19.00, Do. 11.4. 19.30, Sa. 20.4. 19.30, Mi. 24.4. 19.30 Well, you’re my friend Di. 9.4. 19.30 Mo. 1.4. 19.00, Di. 16.4. 19.30 Liliom Hiob Die Erschaffung der Welt – Das Musical Mi. 10.4. 19.30, Fr. 26.4. 19.30 Kaspar Häuser Meer Faust I+II Volpone Die Ästhetik des Widerstands Woyzeck Fr. 12.4. 20.00, So. 28.4. 19.00 König Richard der Dritte So. 14.4. 17.00 Vor Sonnenaufgang Mi. 17.4. 19.30 Die Dreigroschenoper Di. 30.4. 19.30 THEATER DORTMUND 0231 502 72 22 Die 39 Stufen Fr. 5.4. 19.30, Sa. 20.4. 19.30 Die Leiden des jungen Werther So. 14.4. 18.00, Sa. 20.4. 19.00 THEATER OBERHAUSEN 0208 857 81 84 King Kim, Kobold von Kombodscha DEUTSCHE OPER AM RHEIN DUISBURG 01805 44 70 The Rake‘s Progress Sa. 4.4. 19.30, Fr. 12.4. 19.30, So. 14.4. 15.00, Mi. 17.4. 19.30, Sa. 20.4. 19.30, Sa. 27.4. 19.30 Bezahlt wird nicht! Carmen Mi. 10.4. 19.30, Fr. 12.4. 19.30, Sa. 20.4. 19.30 So. 7.4. 18.30, So. 21.4. 18.30 Do. 18.4. 19.30 Rote Erde Nowhere Men Fr. 19.4. 19.30, Do. 25.4. 19.30 Die Grönholm-Methode Mo. 22.4. 19.30 Kabale und Liebe Fr. 19.4. 19.30, Fr. 27.4. 19.30 Alle im Wunderland Le nozze di Figaro Do. 25.4. 19.30 So. 28.4. 18.30 Der Sparkommissar Sa. 27.4. 19.30 MUSIKTHEATER I. REVIER GELSENKIRCHEN 0209 409 72 00 Lady Macbeth von Mzensk Tanz-Trilogie Fr. 5.4. 19.30, Fr. 12.4. 19.30, Do. 18.4. 19.30, Sa. 20.4. 19.30 Richard O’Briens Rocky Horror Picture Show Sa. 6.4. 19.30 THEATER AN DER RUHR MÜLHEIM 0208 96 09 60 Minna von Barnhelm So. 7.4. 15.00 Selma Ježková (Dancer in the dark) Sa. 13.4. 19.30, Di. 16.4. 19.30, Do. 25.4. 19.30, So. 28.4. 19.30 Fr. 5.4. 19.30, So. 14.4. 18.00 Der Barbier von Sevilla Do. 11.4. 11.00, Di. 16.4. 11.00 Der Zigeunerbaron Fr. 5.4. 19.30 Sa. 20.4. 19.30 Gastspiel: Schöne Dinge sind auf unserer Seite Anatevka So. 7.4. 19.30 Don Carlo Der Wildschütz Die Csárdásfürstin Fr. 19.4. 19.30, Mi. 24.4. 19.30 Fr. 26.4. 19.30 Do. 4.4. 19.30 Kannibale und Liebe Arche Noah Do.18.4. 20.00 Kabale und Liebe Di. 23.4. 19.30 Fr. 5.4. 20.00, Sa. 20.4. 19.30 Cabaret So. 14.4. 18.00, So. 21.4. 18.00 Die Großherzogin von Gerolstein Fr. 26.4. 19.30 Die Hochzeit des Figaro So. 7.4. 15.00 A Tribute to Johnny Cash Was ihr wollt Fr. 12.4. 19.30, So. 21.4. 19.00 Gespensterjäger auf eisiger Spur Sa. 20.4. 20.00 Di. 23.4. 19.30 Eugen Onegin So. 14.4. 18.00 So. 7.4. 16.30, So. 28.4. 16.30 + Sa. 13.4. 19.00, So. 14.4. 16.00, Sa. 27.4. 19.00 THEATER HAGEN 02331 207 32 18 Im Dickicht der Städte Das Mädchen, das die Streichhölzer zu sehr liebte Fr. 12.4. 19.30 Der Diener zweier Herren Fr. 19.4. 19.30 Parsifal Fr. 5.4. 19.30, Sa. 6.4. 19.30 Sa. 6.4. 19.30, Sa. 13.4. 19.30, So. 21.4. 19.00, Mi. 24.4. 19.30 + Hamlet So. 7.4. 19.00, Do. 18.4. 19.30, Sa. 27.4. 19.30 Mi. 10.4. 19.30 + Sa. 13.4. 19.30, Mi. 17.4. 19.30, Sa. 20.4. 19.30 Futur II KARABAHTLI KARDEŞLERİN BİTMEYEN ŞEN GÖSTERİSİ | Die niemals endende, heitere Geschichte der unglücklichen Geschwister Do. 11.4. 19.30 Kaos Fr. 19.4. 19.30 So. 21.4. 18.00 Il Barbiere di Siviglia Fr. 26.4. 19.30, So. 28.4. 18.00 OPER DORTMUND 0231 502 72 22 Feine Jade Mi. 17.4. 19.30, So. 21.4. 18.00, Mi. 24.4. 19.30 König Lear Sa. 6.4. 20.00, So. 28.4. 18.30 Die Comedian Harmonists Sa. 20.4. 19.30 Fr. 5.4. 19.30, Do. 11.4. 19.30, Sa. 20.4. 19.30, Fr. 26.4. 19.30 Arsen und Spitzenhäubchen Fr. 26.4. 19.30 Der kleine Prinz Il Trovatore So. 21.4. 19.30 So. 7.4. 18.00, So. 21.4. 15.00, Mi. 24.4. 19.30 Wer hat Angst vor Virginia Woolf? So. 7.4. 18.30, So. 21.4. 18.30 MIGHTYSOCIETY - Die Restposten Fr. 12.4. 20.00, Do. 18.4. 20.00, Sa. 27.4. 20.00 Die Nibelungen Sa. 13.4. 19.30, Do. 18.4. 19.30, Sa. 27.4. 19.30 + Vakuum im Überfluss Sa. 13.4. 20.00, Mi. 24.4. 20.00 Einige Nachrichten an das All So. 14.4. 18.00 Die Agonie und die Ekstase des Steve Jobs So. 14.4. 18.30 Das Fest Mi. 17.4. 19.30, Fr. 26.4. 19.30 Antigone Fr. 19.4. 20.00 Der Live-Code: Krieg und Frieden im globalen Dorf Sa. 20.4. 20.00 Kabale und Liebe Do. 25.4. 19.30 Endspiel Do. 25.4. 20.00 THEATER DUISBURG 0203 300 91 00 Herr Kolpert Mi. 10.4. 19.30, Do. 11.4. 19.30 Klasse Tour Mo. 29.4. 19.30, Di. 30.4. 19.30 Woyzeck. Ein musikalischer Fall THEATER KREFELD 02151 80 51 25 Filmbühne: La Vida Loca - Die Todesgang Do. 4.4. 20.00 Die Csárdásfürstin Sa. 27.4. 19.30 Gott Was ihr wollt Fr. 5.4. 20.00 The Rocky Horror Picture Show L‘Elisir d‘amore So. 7.4. 18.00, Fr. 12.4. 19.30, So. 28.4. 18.00 Immer noch Sturm So. 28.4. 19.30 Die lustigen Nibelungen Sa. 6.4. 19.30, So. 14.4. 18.00 Fr. 26.4. 19.30 Sa. 13.4. 19.30, Fr. 19.4. 19.30 Le Nozze di Figaro So. 21.4. 18.00 Anna Nicole Di. 30.4. 19.30 Sa. 27.4. 19.30 WESTF. LANDESTHEATER CASTROP-RAUXEL 02305 97 80 20 VARIETE + BOULEVARD Sa. 6.4. 20.00 Puppentheater: Der Drache will heiraten So. 7.4. 11.00 Rienzi So. 7.4. 19.30, So. 14.4. 19.30, Sa. 27.4. 19.30 König Lear Sa. 13.4. 20.00, Di. 16.4. 20.00, Fr. 26.4. 20.00 Carmen-Special Mi. 17.4. 20.00 Filmbühne: Amores Perros Do. 18.4. 20.00 Theater Extra: Der kleine Wagnerianer Loriots Gesammelte Werke Mi. 3.4. 20.00, Sa. 6.4. 20.00, So. 7.4. 18.00 Sa. 13.4. 15.00/20.00 CABARET QUEQUE DORTMUND 01803 77 68 42 NippleJesus Dinner Attacke Käpten Knitterbart und seine Bande So. 14.4. 18.00, Mo. 15.4. 20.00, Di. 16.4. 20.00, Mi. 17.4. 10.00/20.00 Clavigo Mi. 24.4. 20.00 Sa. 20.4. 20.00 SCHLOSSTHEATER MOERS 02841 20 17 31 MUSIKTHEATER Mi. 3.4. 18.00, Fr. 5.4. 18.00, Mi. 10.4. 18.00, Mi. 17.4. 18.00, Mi. 24.4. 18.00 Peter Vollmer Sa. 6.4. 20.00 Maria Vollmer Fr. 12.4. 20.00 Gerd Knebel Sa. 13.4. 20.00 Lachen Live & Lecker Kein Licht. | Prometheus Fr. 5.4. 19.30, Di. 9.4. 19.30, Sa. 27.4. 19.30 Ein Volksfeind Sa. 6.4. 19.30, Fr. 12.4. 19.30, Fr. 19.4. 19.30 Wer hat Angst vor Virginia Woolf? So. 7.4. 18.00, Fr. 26.4. 19.30 AALTO MUSIKTHEATER ESSEN 0201 812 22 00 Do. 18.4. 18.00, Do. 25.4. 18.00 Aida Hagen Rether Sa. 6.4. 19.00, Do. 18.4. 19.30 Hubert Burghardt Fr. 19.4. 20.00 Sa. 20.4. 20.00 Menschliche Hybris und unzähmbare Natur Di. 9.4. 18.30 Für sein Stück über König Richard den Dritten nimmt Regisseur Roger Vontobel nicht nur das berühmte gleichnamige Drama von William Shakespeare als Grundlage, sondern auch Teile aus dessen weniger bekanntem Historiendrama „Heinrich VI.“ – und erzählt so die ganze Geschichte, nicht nur deren dramatisches Ende. Foto: Arno Declair „Futur II“ untersucht in farcenhafter Überzeichnung die Frage, wie viel Katastrophe es braucht, damit sich der Mensch wieder als Teil der Natur begreift: Die Moderatorin Dorothée Vogel führt in ihrer Talkshow Umwelt-Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft mit Umweltaktivisten zusammen. Angeregt disputieren sie, bis sie die Kontrolle über die Ereignisse verlieren. Foto: Jakob Studnar 26 = Premiere = trailer Empfehlung auf den Auswahlseiten Simone Fleck Sa. 20.4. 20.00, So. 21.4. 20.00 Volker Pispers Mi. 24.4. 20.00 Die große Fil & Sparkey Show Fr. 26.4. 20.00 Martin Herrmann Sa. 27.4. 20.00 Amerika gibt es nicht PRINZ REGENT THEATER BOCHUM 0234 77 11 17 Fr. 12.4. 20.00 Die besseren Wälder So.14.4. 17.00, Di. 16.4. 10.30, Mi. 17.3. 10.30 Dass nach dem Tag die Nacht kommt W.-junge Leiden Sa. 6.4. 20.00, So. 7.4. 20.00, Fr. 12.4. 20.00, Sa. 13.4. 20.00 Fr. 19.4. 11.00, Sa. 20.4. 19.00 Let´s kiss Iphigenie auf Tauris Mi. 24.4. 10.30, Do. 25.4. 11.30, Fr. 26.4. 19.00 Di. 9.4. 20.00, Mi. 10.4. 11.00 Improtheater GOP VARIETE ESSEN 0201 247 93 93 Plüfoli Mi. 3.4. 20.00, Do. 4.4. 20.00, Fr. 5.4. 18.00/21.00, Sa. 6.4. 18.00/21.00, So. 7.4. 15.00, Mi. 10.4. 20.00, Do. 11.4. 20.00, Fr. 12.4. 18.00/21.00, Sa. 13.4. 18.00/21.00, So.14.4. 18.00/21.00, Mi. 17.4. 20.00, Do. 18.4. 20.00, Fr. 19.4. 18.00/21.00, Sa. 20.4. 18.00/21.00, So. 21.4. 15.00/19.00, Mi. 24.4. 20.00, Do. 25.4. 20.00, Fr. 26.4. 18.00/21.00, Sa. 27.4. 18.00, So. 28.4. 15.00/19.00 MONDPALAST WANNE-EICKEL 02325 58 89 99 Wilhelmstraße Mo. 1.4. 17.00, Mi. 17.4. 20.00, Fr. 19.4. 20.00, Sa. 20.4. 20.00, So. 21.4. 17.00, Mi. 24.4. 20.00, Fr. 26.4. 20.00, Sa. 27.4. 20.00, So. 28.4. 17.00 THEATER IM RATHAUS ESSEN 0201 245 55 55 Buddenbrooks Sa. 27.4. 20.00 Mi. 17.4. 19.30, Fr. 19.4. 19.30 Pünktchen und Anton Fr. 5.4. 20.00, Sa. 6.4. 20.00 Fr. 5.4. 19.30, So. 6.4. 19.30 Max Uthoff Magnet der Affen Do. 18.4. 20.00 Fr. 12.4. 19.30, Sa. 13.4. 19.30 Matthias Reuter Fr. 19.4. 20.00 ROTO THEATER DORTMUND 0231 42 27 79 Ehnert vs.Ehnert Di. 23.4. 20.00 Der große Erich Kästner Abend FLOTTMANN-HALLEN HERNE 02323 16 29 51 Fr. 5.4. 19.30 Francois Villon Sa. 6.4. 19.30 Hinterm Mond Do. 11.4. 18.00 Der große Rilke Abend So. 14.4. 18.00 Udo Jürgens: Ich war noch niemals in New York KULTUR ZENTRUM HERNE 02323 16 27 79 Sa. 20.4. 19.30 Urban Priol Der Heinz Erhardt Abend Heine in Paris So. 21.4. 18.00 Sa. 27.4. 19.30 Kollaboration Der große Hesse Abend Do. 18.4. 19.30 April 1961: Angriff auf Cuba So. 28.4. 18.00 Di. 23.4. 16.00 Sa. 13.4. 20.00 Ein Stück Himmel So. 21.4. 19.00 Sa. 13.4. 18.00, So. 14.4. 18.00 Horst Schulze Entrum: „Satt aber glücklich“ Sa. 20.4. 20.00 PACT ZOLLVEREIN ESSEN 0201 289 47 00 Transfabrik Philippe Quesne (FR) Sigi Domke Trio / Beziehungs-Weisen Die Schlossfabrik Mi. 24.4. 19.00 Budenzauber - Freunde der deutschen Wurst Fr. 26.4. 20.00, Sa. 27.4. 20.00 Ein Kopleck geht fremd perfekte nacht Fr. 19.4. 20.00, Sa. 20.4. 20.00, Do. 25.4. 12.00 girlsnightout So. 21.4. 19.00 FischBar Do. 25.4. 20.00 Der Herr Karl Fr. 26.4. 20.00, Sa. 27.4. 20.00 THEATER ROTTSTR5 BOCHUM 0163 761 50 71 Nach Einlass kein Beginn So. 7.4. 19.30 Café Hauser Fr. 19.4. 20.00 Fr. 19.4. 20.00, Sa. 20.4. 20.00, So. 21.4. 19.00 Schlaflos im Sankt Walter Cirillo: „Die Reise“ Laurent Chétouane (FR/DE) Die Heimatsschwindler Der Großinquisitor KULTURZENTRUM WICHERN DORTMUND 0231 86 30 98 3 Knacki Deuser / Mist mir geht’s gut – Ausgabe 2013 Mo. 15.4. 18.30, Mi. 17.4. 18.30 RÜ-BÜHNE ESSEN 0201 384 67 66 Sa. 27.4. 20.00, So. 28.4. 19.00 Fr. 12.4.- Sa. 20.4. Jugend-Theater-Club: Alles erste Sahne Do. 4.4. 19.30 Sa. 20.4. 19.00, So. 21.4. 18.00 Di. 16.4. 19.30 Fr. 12.4. 20.00, Sa. 13.4. 20.00, So.14.4. 20.00 THEATER IM DEPOT DORTMUND 0231 982 23 36 Sa. 13.4. 19.30 Fr. 26.4. 11.00/19.00 Unter Lappen So. 28.4. 19.00 Der große Tucholsky Abend Fr. 19.4. 20.00 Freunde der italienischen Oper So. 7.4. 18.00, Fr. 19.4. 19.30 Fr. 12.4. 19.30, Fr. 26.4. 19.30 Gesocks – Eine psychomediale Sockenperformance Do. 4.4. 19.00 Der Loriot Abend Neil Simon. Ein ungleiches Paar Di.16.4. 11.00, Mi. 17.4. 11.00/19.00 Sa. 6.4. 20.00 So. 7.4. 19.00, So. 14.4. 19.00 THEATER FREUDENHAUS IM GREND ESSEN 0201 851 32 30 Simulacra Do. 11.4. 20.00 Die Bremer Stadtmusikanten Georg Büchner: Woyzecks Tod | Lenz und Lena So. 28.4. 18.00 Nils Heinrich Ein ganz spezieller Mord Gegensätze mit Kai Magnus Sting & Henning Venske Bianka Lammert „Das kunstseidene Mädchen“ Klasse(n)treffen Weggezapped! BAHNHOF LANGENDREER 0234 687 16 12 Fr. 26.4. 20.00, Sa. 27.4. 20.00 PINGLOKSCHUPPEN MÜLHEIM AN DER RUHR 0208 99 31 60 Fr. 12.4. 20.00 FREIE SZENE Ensemble Fletch Bizzel „Der letzte der feurigen Liebhaber“ Mi. 10.4. 20.00 VARIETÉ ET CETERA BOCHUM 0234 130 03 jeden Mi.-Sa. 20.00, So. 19.00 Fr. 19.4. 20.00, Sa. 20.4. 20.00 Matthias Deutschmann Räuber spielen Di. 30.4. 19.30 Kai Magnus Sting & Henning Venske „Gegensätze“ Fr. 26.4. 20.00, Sa. 27.4. 20.00 Motown - Eine Legende Suche impotenten Mann fürs Leben So. 14.4. 18.00 EBERTBAD OBERHAUSEN 0208 205 40 24 + Mi. 3.4. 19.30, Fr. 5.4. 19.30, Sa. 6.4. 16.00/19.30, So. 7.4. 19.00, Di. 9.4. 19.30, Mi. 10.4. 19.30, Do. 11.4. 19.30, Fr. 12.4. 19.30, Sa. 13.4. 16.00/19.30, So. 14.4. 19.00, Mi. 17.4. 19.30 So. 21.4. 19.30, Mo. 22.4. 19.30, Di. 23.4. 19.30, Mi. 24.4. 19.30, Do. 25.4. 19.30, Fr. 26.4. 19.30, Sa. 27.4. 19.30, So. 28. 4. 19.00, Mo. 29.4. 19.30 Kriszti Kiss & Stefan Keim „Kiss me Keim“ So. 21.4. 19.00, Di. 23.4. 19.30, Di. 30.4. 19.30 Die schöne Magelone NIMM MICH MIT, ALTER Gut gegen Nordwind Kabale und Liebe So. 28.4. 15.00, Mo. 29.4. 9.00/11.00 + = trailer Theaterkritik Fr. 12.4. 20.00, Sa. 13.4. 20.00 Di. 16.4. 20.00 Fr. 5.4. 19.30 Trainspotting Einmal noch Marseille Mo. 8.4. 19.30, Do.18.4. 19.30 Geschlossene Gesellschaft Do. 11.4. 19.30 Elektra Fr. 12.4. 19.30 THEATER FLETCH BIZZEL DORTMUND 0231 14 25 25 Werther Emscherblut So. 14.4. 19.30 Sa. 13.4. 19.30 Fight Club Mi. 3.4. 20.00 S. – Requiem für Sylvia Plath „Shakespeares sämtliche Werke“ (leicht gekürzt) Fr. 19.4. 19.30 Batman hält die Welt in Atem Fr. 5.4. 20.00, Sa. 6.4. 20.00 Fr. 26.4. 19.30 „Kein Kind von schlechten Eltern“ KrimiTheater So. 28.4. 19.30 So. 7.4. 17.00 Krankheit der Jugend Amphitryon Lioba Albus & Herr Fröhlich „Erlachet – Sie auch!“ Mo. 29.4. 19.30 CONSOL THEATER GELSENKIRCHEN 0209 988 22 82 Fr. 12.4. 20.00 WERK°STADT WITTEN 02302 171 31 65 Nathan Sa. 13.4. 20.00, Di. 30.4. 20.00 So. 21.4. 20.00 Fanny de Chaillé (FR) Mi. 17.4. 20.00 Ensemble Fletch Bizzel „Sancho, träumst du noch von Don Quichotte? Benefiz Fr. 19.4. 20.00, Sa. 20.4. 20.00, So. 21.4. 20.00 Di. 9.4. 10.00/12.00 Opernregisseur und Theaterleiter Michael Hampe zeigt, wie man die Handlung des intrigenreichen Spiels „Le nozze di Figaro“, die konkrete Räume erfordert, in die freie Natur verlagern kann, wo alle Spielarten der Liebe möglich erscheinen und als Quintessenz des Stücks die Absurdität der Klassengesellschaft vorführen. Die Buddenbrooks sind nicht nur eine Familie, vor allem sind sie ein Unternehmen. Damit ist jedes Familienmitglied dem ständigen Zwiespalt zwischen ökonomischer Notwendigkeit und persönlicher Neigung ausgesetzt. Regisseurin Sibylle Broll-Pape bringt Thomas Manns Roman über den „Verfall einer Familie“ auf die Bochumer Bühne. Foto: Matthias Jung Foto: Ursula Kaufmann 27 Beflügelnd. Unsere Grugahalle 03 | 04 | 2013 Hansi Hinterseer Frühlingsmelodien 11 | 05 | 2013 DDT live in Germany „Anders“ 30 | 05 | 2013 Martin Rütter „Der tut nix!“ 29 | 06 | 2013 Herbert Knebels Affentheater ! erkauft 25 Jahre - JubiläumsshowAusv 12 | 07 | 2013 – 21 | 07 | 2013 42. Sommerfest an der Grugahalle 18 | 09 | 2013 OTTO „Geboren um zu blödeln“ 28 | 09 | 2013 Willkommen bei Carmen Nebel Große ZDF Fernsehgala 18 | 10 | 2013 Teddy Show „Was labersch Du...“ 10 | 11 | 2013 Schallplattenbörse im Foyer 14 | 11 | 2013 Cindy aus Marzahn „Pink is bjutiful“ 06 | 12 | 2013 – 07 | 12 | 2013 Mario Barth „Männer sind schuld, sagen die Frauen“ 15 | 12 | 2013 Paul Panzer „Alles auf Anfang“ 21 | 12 | 2013 Wise Guys Anti-Depressivum Tour 17 | 01 | 2014 Dieter Nuhr „Nuhr ein Traum“ Terminstand: März 2013 . Änderungen vorbehalten Ticket-Hotline: 02 01.72 44 290 Ganz nah dran mit dem QR-Code. MESSE ESSEN GmbH Geschäftsbereich Grugahalle Norbertstraße . D-45131 Essen Telefon: +49.(0)201.7244.0 Telefax: +49.(0)201.7244.500 Montag bis Freitag 10.00 – 18.30 Uhr info@grugahalle.de . www.grugahalle.de 28 www.trailer-ruhr.de www DEAD MAN DOWN EIN FILM VON NIELS ARDEN OPLEV www.deadmandownmovie.com ab 4.4. im Kino culture club präsentiert: Festival präsentiert: Musical MAYDAY MASSACHUSETTS Durch das Motto „never stop raving“ hebt Mayday die Werte der elektronischen Musikkultur hervor. Über 50 internationale DJs und Liveacts kommen in die Dortmunder Westfalenhallen, um den Besuchern die gesamte Bandbreite elektronischer Musik zu präsentieren. Mit dabei ist auch einer der gefragtesten Künstler weltweit: DJ Armin van Buuren aus den Niederlanden. Eindrucksvoll erzählt das Musical die Geschichte der legendären Band Bee Gees und lässt das Publikum an den entscheidenden Stationen ihres Ruhms teilhaben – von den Anfängen über die heiße „Saturday Night Fever“-Zeit bis zu ihrem letzten großen Album „You Win Again“. „The Italian Bee Gees“ spielen alle großen Hits und bieten dabei eine authentische Live-Performance. Westfalenhallen Dortmund Karten an allen bekannten Vorverkaufsstellen trailer verlost 3x2 Karten. E-Mail bis 21.4. an verlosung@trailer-ruhr.de, Kennwort: Mayday Sa 27.4. 18-9 Uhr VOM PRODUZENTEN VON SERENGETI UND DAS GRÜNE WUNDER – UNSER WALD culture club Mitsubishi Electric Halle Siegburger Str. 15, Düsseldorf Karten an allen bekannten Vorverkaufsstellen trailer verlost 3x2 Karten. E-Mail bis 14.4. an verlosung@trailer-ruhr.de, Kennwort: Massachusetts Düsseldorf Mi 24.4. 19.30 Uhr 59. INTERNATIONALE KURZFILMTAGE OBERHAUSEN 2. — 7. MAI 2013 LICHTBURG FILMPALAST WWW.KURZFILMTAGE.DE AXEL PRAHL W W W.D I E N O R D S E E -D E R F I L M . D E /D I E N O R D S E E D E R F I L M © Anna Wagner, minimal tunesia ERZÄHLT VON A B 18 . A P R I L 2 013 I M K I N O KOS TEN LOS D OWN LOA D EN: Das interaktive Begleitbuch zum Film! www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino 30 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Film-ABC Vorspann Eine emotionale Achterbahnfahrt mit Sogwirkung: The Broken Circle, S. 35 KULTUR.KINO.RUHR. FILMKRITIK-ÜBERSICHT April 2013 FILMSTART-TERMINE 28.3. 4.4. 11.4 18.4. 44 An Enemy To Die For X 40 Bastard 44 Beautiful Creatures 45 Broken City X 45 Das hält kein Jahr X 41 Das Leben ist nichts für Feiglinge 38 Das Wochenende 44 Dead Man Down X 45 Der unglaubliche Burt Wonderstone X 32 Die Jagd 38 Die Nordsee – Unser Meer 35 Ein freudiges Ereignis 38 Eine Dame in Paris 42 Free the Mind X 44 G.I. Joe 2: Die Abrechnung X 40 Georg Baselitz X 42 Ginger & Rosa X 35 Heute bin ich blond 40 I Am a Woman Now 42 Jenseits der Mauern 44 Kiss the Coach X 35 Mademoiselle Populaire X 45 Mama 45 Mitternachtskinder 44 Oblivion 41 Peak 42 Rendezvous in Belgrad 35 The Broken Circle 45 Thor – Ein hammermäßiges Abenteuer 45 Unterwegs mit Mum 44 Voll abgezockt 40 You Drive Me Crazy 44 Zimmer 205 X X X X X X X X X X X X X X X X 25.4. X X X X X Wertung unter den Filmkritiken: 1( ) bis 6 ( ) 6 Punkte = Höchstwertung Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … Ist gespannt auf thematische Filmfestivals: Lisa Mertens Cinematicum politicum Gesellschaftspolitisch und unterhaltsam Im Spätsommer 2014 soll es soweit sein: Kinder mit Behinderung haben einen Rechtsanspruch, gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung unterrichtet zu werden. Doch die Idee Inklusion steht momentan unter keinem guten Stern. Grundschullehrer und Grundschullehrerinnen sehen wenige Möglichkeiten, der Förderung aller Kinder gerecht zu werden. Zu wenige Sozialpädagogen, zu große Klassen, dazu die nicht geklärte Finanzierung – die Klagen der Lehrer sind gerechtfertigt. Das Problem liegt dabei nicht an der Inklusion per se, sondern an einer Politik, die mit realitätsfremden Zahlen rechnet. Dabei ist es wichtig, dass die Inklusion bereits in der frühesten Phase der Bildung ansetzt. Wenn früh ein Bewusstsein für die Selbstverständlichkeit der gemeinsamen Partizipation an Gesellschaft geschaffen wird, kann in Zukunft Vorurteilen gegen Menschen mit Behinderung in der Berufswelt entgegengewirkt werden. Die 5%-Pflichtquote und Ausgleichszahlungen scheinen zwar ein funktionierendes System zu sein, doch Vorbehalte gegen Arbeitnehmer mit Behinderung sind noch immer verbreitet. Ist genannte Quote recht unumstritten, wird die Frauenquote in den letzten Jahren durch alle politischen Lager und Initiativen kontrovers diskutiert. Trotz der Hinweise, dass Frauen sich schlechter bezahlte Berufe aussuchen, häufig in Teilzeit arbeiten und wegen Schwangerschaft sowie Kindererziehung pausieren, ist es Fakt, dass Frauen noch immer schlechter bezahlt werden und es schwieriger haben, in hohe Positionen aufzurücken. Mal davon abgesehen, dass es nicht einleuchtend ist, warum „frauentypische“ Berufe wie Krankenschwester vergleichsweise schlecht bezahlt werden. Ob eine gesetzliche Quote hilft, sei dahingestellt. Ganz sicher aber helfen polemische Sprüche nicht. Nüchterne Auseinandersetzung ist das Zauberwort. Eine Auseinandersetzung mit diesen beiden Themen findet im Monat April in Form von zwei Filmfestivals statt. Das Festival der Aktion Mensch „Überall dabei“ findet in ganz Deutschland statt. Im Ruhrgebiet werden Oberhausen (19.-21.4.) und Dortmund (25.4.-1.5.) bespielt. Das Kino im Walzenlager bzw. das Kino im Depot und das SweetSixteen zeigen sechs Kinofilme, die sich mit Behinderung auseinandersetzen, unter anderem den schwedischen Erfolgsfilm „Die Kunst sich die Schuhe zu binden“. Im SweetSixteen wird das Festival zudem begleitet von Ausstellungen, Konzerten, Party und Gesprächsrunden. Dem eigenen Motto werden die Kinos natürlich gerecht und sind in jeder Hinsicht barrierefrei. Das zweite Festival ist ebenfalls in Dortmund verortet. Das Internationale Frauenfilmfestival legt den Fokus vom 9. bis 14.4. auf weibliche Filmschaffende. Ist die Studierendenschaft der Filmhochschulen paritätisch verteilt, können sich Frauen in der Filmwelt nur selten dauerhaft durchsetzen. Das IFFF zeigt in vier Kinos und einem Atelier die Bandbreite des filmischen Schaffens von Frauen. Insgesamt 105 Filme aus 24 Ländern, Kurzfilme, Stummfilme, politische Filme, Exploitationfilme bieten neben dem Schulfilmprogramm und Weiterbildungsangeboten qualitativ hochwertige Festivaltage. Zwar sind beide Festivals gesellschaftspolitisch ausgelegt, sie sind dennoch auch Filmfestivals mit Betonung auf Film. Filme sind Unterhaltung, sind Erlebnis. Der geneigte Zuschauer muss diesen Monat nicht nur Homo Politicus, sondern darf natürlich auch Homo Ridens sein. Und wenn das Kino beides verbinden kann, umso besser. LISA MERTENS 31 31 www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Film des Monats Aus Hilflosigkeit wird Wut: Lucas (Mads Mikkelsen) attackiert seinen besten Freund Theo (Thomas Bo Larson) Hexenjagd „Die Jagd“ von Thomas Vinterberg Der 40jährige Kindergärtner Lucas ist allseits beliebt. Doch dann steht ein Gerücht von Kindesmissbrauch im Raum. C Eskalation einer Mutmaßung Lucas (Mads Mikkelsen) steht mit 40 Jahren an einer Zäsur: Er ist frisch von seiner Frau geschieden, seinen Job als Lehrer hat er nach der Schließung der Schule verloren. Nun wohnt er alleine in seinem Haus und darf per gerichtlichem Beschluss seine Frau nicht mal mehr anrufen. Seinen schon jugendlichen Sohn (Lasse Fogelstrøm) sieht er nur alle vierzehn Tage. Doch so schlecht stehen die Dinge nicht: Gerade hat er im Dorf eine Stelle als Kindergärtner angenommen. Seine attraktive Kollegin Nadja (Alexandra Rapaport) macht ihm deutliche Avancen, denen auch er nicht abgeneigt ist. Sein Sohn äußert den Wunsch, zu ihm zu ziehen und die Chancen stehen nicht schlecht, dass dessen Mutter doch noch nachgibt. Und außerdem sind da die vielen alten Freunde im Dorf, mit denen er gesellige Abende verbringt und auf die er sich verlassen kann. Wie fragil all diese Bindungen sind, erfährt Lucas, als ein vager Verdachtsmoment aufkommt, er hätte sich im Kindergarten an Klara (Annika Wedderkopp), der Tochter seines besten Freundes Theo (Thomas Bo Larsen), vergangen. Schleichendes Gift des Misstrauens Dies ist kein Psychothriller und auch kein Kriminalfilm: Der Zuschauer weiß im Gegensatz zu den Figuren im Film von Anbeginn, dass Lucas unschuldig ist. Auch arbeitet Regisseur Thomas Vinterberg nicht mit genretypischen Spannungselementen: „Die Jagd“ ist betont schlicht erzählt und erinnert darin an Vinterbergs größten Erfolg: Der Däne reüssierte 1999 mit dem ersten Dogma-Film „Das Fest“. Zuvor hatte er mit 24 Jahren als jüngster Absolvent aller Zeiten sein Studium an der Dänischen Filmschule erfolgreich mit einem für den Oscar nominierten Kurzfilm abgeschlossen. Sein Langfilmdebüt „Zwei Helden“ von 1996 blieb hingegen recht unbeachtet. Vinterbergs Karriere blieb auch danach ein ewiges Hin und Her in Bezug auf den künstlerischen und finanziellen Erfolg seiner Filme, und auch stilistisch überraschte Vinterberg – ähnlich wie der Dogma-Mitbegründer Lars von Trier – stets aufs Neue. Mit „Das Fest“ löste er die Dogma-Forderung nach Selbstbeschränkung und technischer Askese ein, der Nachfolger – das artifizielle Liebesdrama „It's all about Love“ – wirkte dazu wie eine Antithese. Mit „Die Jagd“ ist er ästhetisch nun wieder deutlich näher an „Das Fest“. Zwar gibt es hier keinen konsequenten Verzicht auf technische Mittel wie künstliches Licht, Filmmusik o.ä., aber der Grundton der Inszenierung ist sehr zurückgenommen. Vinterberg konzentriert sich ganz auf die Personen und ihr Handeln. Diese Fokussierung in der Beobachtung macht das schleichende Gift des Misstrauens, dass langsam aber sicher Lucas' Beziehungen zersetzt, um so plastischer spürbar. www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Unwillkürlich erinnert man sich an Arthur Millers „Hexenjagd“, seine dramatische Bearbeitung der amerikanischen Hexenprozesse in Salem als Kommentar auf die McCarthy-Ära. Man denkt auch an Vinterbergs Landsmann Carl Theodor Dreyer, der 1943 mit „Tag der Rache“ einen in seiner Art stilistisch strengen, als Kommentar auf die deutsche Besatzung ausgelegten Film zur Hexenverfolgung drehte. Falschanschuldigung mit Kettenreaktion Und schließlich erinnert man sich daran, dass sogar der für seine raffinierten Effekte und dramatischen Inszenierungen bekannte Alfred Hitchcock 1956 seinen Film „Der Falsche Mann“ über eine Falschbeschuldigung in ungewöhnlich zurückgenommener Art ins Bild setzte. Thomas Vinterberg stellt sich mit seiner modernen Hexenjagd, die die Kehrseite einer für Missbrauch sensibilisierten Gesellschaft ist, in diese Tradition – und in seine eigene. Dass „Das Fest“ und „Die Jagd“ bis hin zum Titel künstlerische Raffinesse hinter die Geschichte zurückstellen, ist kein Zufall. Es gibt auch eine inhaltliche Nähe der beiden Filme, die „Die Jagd“ wie das Gegenstück zu „Das Fest“ erscheinen lässt. Während Vinterbergs früher Erfolg die Mühen zeigte, einen tatsächlichen Kindesmissbrauch innerhalb der Familie gegen das hohe Ansehen des Täters glaubhaft zu machen, verbreitet sich in seinem neuen Film eine Falschanschuldigung ganz ohne Mühe. Lucas kann nur hilflos zusehen, wie das Misstrauen langsam aber sicher alle seine sozialen Bindungen zersetzt. Auf den Vertrauensentzug reagiert er hilflos mit Trotz und Wut. Am Ende dieser Kettenreaktion bleibt kaum einer unschuldig – nicht einmal die Kinder, die so gerne als die personifizierte Unschuld gelten. Dagegen ist Lucas für Mads Mikkelsen eine ungewöhnlich friedliche und sympathische Figur. Bekannt geworden ist er durch die brachialen Werke des Dänen Nicolas Winding Refn („Pusher“, „Walhalla Rising“), seinen Auftritt als Bond-Gegenspieler in „Casino Royale“ und die schwarzen Komödien „Dänische Delikatessen“ und „Adams Äpfel“. Wie in „Die Jagd“ spielte er in Susanne Biers Dogma-Film „Open Hearts“ oder ihrem Drama „Nach der Hochzeit“ vergleichbar ruhige, aber vom Schicksal gebeutelte Figuren. Mikkelsen trägt den Film mit seiner Performance ebenso wie die anderen Darsteller, darunter die fünfjährige Annika Wedderkopp. Ohne diese beeindruckende Darstellung der Schauspieler könnte Vinterbergs ruhige Inszenierung ihre Wirkung nicht entfalten. CHRISTIAN MEYER DIE JAGD Cannes 2012: Bester Darsteller – Mads Mikkelsen DK/S 2012 - Drama - Regie: Thomas Vinterberg - Kamera: Charlotte Bruus Christensen mit: Mads Mikkelsen, Th. Bo Larsen, Susse Wold - Verleih: Wild Bunch Start: 28.3. BO: Union, DO: Camera, DU: Filmforum, E: Filmkunsttheater, GE: Apollo 32 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Kritikerspiegel Ruhr April 2013 Die häufigsten Nennungen Arnold Hohmann WAZ Das Leben ist nichts Herausragend für Feiglinge von A. Erkau Bemerkenswert Ein freudiges Ereignis von R. Bezançon Best of Comedy Mademoiselle Populaire von R. Roinsard Best of Drama Die Jagd von T. Vinterberg Besondere Erwähnung Dead Man Down von N. A. Oplev Sebastian Ko WDR Ingrid Bartsch ARD 1 LIVE Morgenmagazin Die Jagd von T. Vinterberg R.-Ruediger Hamacher film-Dienst Sascha Westphal EPD-Film Mitternachtskinder von D. Mehta Die Jagd von T. Vinterberg Das hält kein Jahr von D. Mazer You Drive Me Crazy von A. Thiele Die Jagd von T. Vinterberg Die Jagd von T. Vinterberg Ein freudiges Ereignis von R. Bezançon Mademoiselle Populaire von R. Roinsard Dead Man Down von N. A. Oplev Das Wochenende von N. Grosse Mademoiselle Populaire von R. Roinsard Die Nordsee Unser Meer von J. Röver Susan Vahabzadeh Süddeutsche Zeitung Christian Meyer choices Daniel Kothenschulte Frankfurter Kultur.Kino.Köln. Rundschau Mademoiselle Populaire von R. Roinsard Die Jagd von T. Vinterberg Hartmut Ernst engels Kultur.Kino. Wuppertal Frank Brenner engels Kultur.Kino. Die Jagd von T. Vinterberg Ginger & Rosa von S. Potter Die Jagd von T. Vinterberg Ein freudiges Ereignis von R. Bezançon Das Wochenende von N. Grosse Das Leben ist nichts für Feiglinge von A. Erkau Mademoiselle Populaire von R. Roinsard You Drive Me Crazy von A. Thiele Rendezvous in Belgrad von B. Vuletic Das Leben ist nichts für Feiglinge von A. Erkau Heute bin ich blond von M. Rothemund Dead Man Down von N. A. Oplev Das Wochenende von N. Grosse Kino-Kalender Ruhr PREVIEWS, FILMREIHEN, FESTIVALS & SONDERVORFÜHRUNGEN 30.3., 17 Uhr BEAUTIFUL CREATURES, CineStar Dortmund Nach dem Roman von Kami Garcia und Margaret Stohl. Preview, s. S. 44. 17.4., 14.30 Uhr LIEBE, Schauburg Gelsenkirchen Goldene Palme 2012: Hanekes Drama im Kino-Café. 30.3., 22.30 Uhr ZOMBIES FROM OUTER SPACE, Schauburg Gelsenkirchen Der geheimnisvolle Filmclub Buio Omega lädt zu einer Sonderveranstaltung. 17.4., 14.30 Uhr DER VORNAME, Filmwelt Herne Eskalation eines gepflegten Dinners. Kino-Café. 18./19.4., 20 Uhr DER LETZTE KURIER, Kino im U Dortmund In der Reihe: Filmgebiet Ruhrgebiet, Regisseur Adolf Winkelmann ist anwesend. 2.4., 15 Uhr DAS SCHWEIN VON GAZA, Casablanca Bochum Unterhaltsamer sowie ausgezeichneter Film von Sylvain Estibal im OldieKino der VHS. 19.4., 20 Uhr KENNEN SIE KINO?, Schauburg Dortmund Filmmusik-Quiz mit Livemusik. 3.4., 14.30 Uhr TO ROME WITH LOVE, UCI Bo/Du Woody Allens letzter Film aus der ewigen Stadt im Kino-Café. 4.4., 19.30 Uhr HALLAM FOE, Babylon Hagen Drama von David Mackenzie in der Originalversion. Das Schwein von Gaza 7.4., 11 Uhr DIE ZAUBERFLÖTE: MOZARTS VERMÄCHTNIS, Lichtburg Essen Premiere. Regisseur Axel Fuhrmann ist anwesend. 21.4., 12.45 Uhr DAS WUNDER DES MALACHIAS, Schauburg Gelsenkirchen Klassiker, in Gelsenkirchen gedreht. KoKi. 8.4., 20 Uhr PULP FICTION, UCI Bo/Du Fußmassage und Quarter Pounder: Happy Birthday zum 50., Quentin. 21.4., 18 Uhr UND DANN DER REGEN, Babylon Hagen Publikumsliebling auf der Berlinale 2011. In der Reihe Kirchen & Kino. 9.4., 19 Uhr GINGER & ROSA, CineStar Dortmund Eröffnungsfilm des Internationalen Frauenfilmfestivals (IFFF), s. S. 36 und 42. 23.4., 20 Uhr THE BROKEN CIRCLE, Lichtburg Essen Premiere des einnehmenden Dramas mit anschließendem Konzert, s. S. 35. Pulp Fiction 25.4., 18.30 Uhr CIGARETTE-DOUBLE FEATURE, StudienKreis Film Bochum Das Uni-Kino zeigt „Thank you for Smoking“ und „Coffee and Cigarettes“. 26.4., 20 Uhr FILMQUIZ, Kino im U Dortmund Unterhaltsamer Abend mit Fragen quer durch die Filmgeschichte. 10.4., 20 Uhr OBLIVION, Cinestar Dortmund Preview der Verfilmung der Graphic Novel von Joseph Kosinski, mit Tom Cruise und Olga Kurylenko, s. S. 44. 26.4., 23 Uhr COLD SWEAT, Apollo Gelsenkirchen Midnight-Movie. Eintritt ist frei (bei 5 Euro Mindestverzehr). 12.4., ab 20 Uhr LANGE FILMNACHT, sweetSixteen Dortmund Im Rahmen des IFFF: Stummfilme und vieles mehr, s. S. 42. 28.4., 18 Uhr VIOLETTA PARRA, Casablanca Bochum Doku über die chilenische Künstlerin. Sektmatinee. Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … Coffee and Cigarettes 25.4., 19 Uhr BLIND, sweetSixteen Dortmund Eröffnungsfilm des Festivals „Überall Dabei“ der Aktion Mensch (25.4.-1.5.). 10.4., 19 Uhr LIVING IN EMERGENCY, Endstation Bochum Kritische Auseinandersetzung mit der Arbeit humanitärer Helfer an Kriegsschauplätzen. 16.4., 20.15 Uhr JÄGER DES AUGENBLICKS, Astra Theater Anschließend Filmgespräch mit Regisseur Stefan Glowacz. Liebe 19.4., 22.30 Uhr GAYBY, Metropolis Bochum Komödie in der Reihe homochrom. OmU. 8.4., 17.15 Uhr DJANGO UNCHAINED, Union Kino Bochum Tarantinos neuester Streich im Kino am Montag für 4 Euro. 9.4., 19.30 Uhr NUR MEINER FRAU ZULIEBE, sweetSixteen Dortmund Komödie mit Cary Grant aus dem Jahr 1948 in der Reihe „Architektur und Film“ (2.-23.4). 19.4., 18 Uhr ZWILLINGSBRÜDER: 53 SZENEN EINER KINDHEIT, Walzenlager Oberhausen Eröffnungsfilm des Festivals „Überall Dabei“ der Aktion Mensch in Oberhausen (19.-21.4.). Ginger & Rosa 33 33 30.4., 20 Uhr IRON MAN 3, Lichtburg Oberhausen Preview. Der Rüpelheld Robert Downey Jr. muss erneut die Welt retten. Iron Man 3 www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Filmwirtschaft Foyer Lebhafte Fragende im Astra Kino in Essen, Foto: Lisa Mertens Nicht nur Lola hat es eilig, sondern auch die Produzenten, Foto: Mira Moroz Engagiert und energisch Sinkende Budgets allüberall „Schnupfen im Kopf“ im Casablanca Bochum Bochum, 25.2. – Da war selbst Andrea Nolte von der Diakonie Ruhr überrascht: So voll hat sie das Kino bei der Veranstaltungsreihe „Wahnsinns fette Beute“ noch nie erlebt. Das autobiographische Doku-Tagebuch von Gamma Bak, das in Ausschnitten den 14jährigen Filmreihen im Casablanca Weg in und aus der Psychose wiedergibt, stieß im Anschluss auf geteilte Meinung. Von „gefallen“ konnte nicht die Rede sein, zu ernst war den Zuschauern das Thema, von welchem sie selbst persönlich oder mittelbar betroffen sind. Muss der Filme eine Erklärung geben, wie Gamma Bak ihre Psychose überwunden hat? Oder ist nicht vielmehr jede Psychose so einzigartig, dass der Umgang mit der Psychose ihrerseits und seitens ihres Umfelds nicht aufschlussreichere Einblicke gibt? Dass es jedoch immer einen individuellen Ausweg aus der Psychose gibt, dazu ermutigten die Zuschauer sich gegenseitig. Der Beruf des Filmproduzenten gilt allgemein als glamourös und aufregend, ein Leben mit Stars, rauschenden Partys und dicken Zigarren. Die Wahrheit – zumindest in Deutschland – sieht doch anders aus. Das Branchenblatt „Blickpunkt: Film“ titelte sogar „Kreative Mangelwirtschaft“. Erstmalig seit langem haben verschiedene Förderinstitutionen eine umfassende Studie über den deutschen Produktionsmarkt erarbeiten lassen und dabei eine ganze Reihe interessanter Ergebnisse zu Tage gefördert. „Sachamanta“ im Endstation Bochum Bochum, 4.3. – Kameradisten nennen sie sich: Drei Mitglieder dieses Berliner Filmkollektivs stellten im Endstation.Kino ihren aktuellen Film „Sachamanta“ vor. Es geht um die politische Bewegung der Kleinbauern in Argentinien, die sich gegen Landraub und GroßKameradisten im Endstation.Kino grundbesitzer zur Wehr setzen. Wichtiges Mittel, um in dem entlegenen Landstrich miteinander zu kommunizieren, sind selbstverwaltete Bürgerradios. Den Kameradisten, allen voran der Initiatorin des Film-Projekts Viviana Uriona, hat es der David gegen Goliath-Kampf im Hinterland angetan. Mit ihrem klassischen Bewegungsfilm touren sie nun durchs Land und fanden auch in Bahnhof Langendreer ein interessiertes und diskussionsfreudiges Publikum. „Der Mondmann“ im Astra Essen Essen 14.3. – Für einige der Schulkinder war es der erste Besuch im Kino. Erleben konnten sie ihren Einstand gleich mit einem Regisseurbesuch. Stephan Schesch begrüßte die Schulklassen und die vereinzelten Erwachsenen fröhlich zu seinem Trickfilm nach dem Stephan Schesch und sein gleichnamigen Kinderbuch von Tomi Ungerer neuer Kinofilm und hatte gleich eine Quizfrage vorab: Warum hat er nur einen grüne Jacke an? Die Kinder beantworteten sie nach dem Film ohne Zögern und forderten mit hochgereckten Fingern nun ihrerseits unzählige Antworten. Wie ein Zeichentrickfilm funktioniere, wer die Eltern vom Mondmann seien, wie man sich an einem Meteoriten festhalten könne, das sei doch gar nicht möglich – die Kinder wollten alles genau wissen. An der Frage, ob der Film ihnen gefallen hatte, ließen sie nach dem freudigen „Jaaaa!“ keinen Zweifel. TEXTE/FOTOS: LISA MERTENS/BETTY SCHIEL/LISA MERTENS Produzentenstudie 2012 Insgesamt sind rund 1.700 Produktionsfirmen in Deutschland tätig, die im Jahr 2011 4,8 Milliarden Euro umgesetzt haben. Etwa die Hälfte davon entfällt auf klassische Produktionsfirmen, die für Kino und Fernsehen arbeiten, die andere Hälfte ist im Bereich des Werbefilms tätig. Der klassische Produktionsbereich wiederum teilt sich auf in 75% für TV-Produktionen, 25% oder rund 614 Millionen Euro entfallen auf den Kinofilm. Die wichtigsten Umsatzsäulen des Filmproduzenten sind mit 40% die Filmförderung, 32% sind andere Koproduzenten sowie Eigenmittel. Der Verleih gibt eine Verleihgarantie in Höhe von 10%, in seltenen Fällen (6%) können Erlöse aus dem Weltvertrieb realisiert werden, und schließlich 12% entfallen auf die TV-Sender. Die Mangelwirtschaft wird auch dadurch gekennzeichnet, dass jeder vierte Kinoproduzent im Untersuchungsjahr 2011 rote Zahlen schrieb, weitere 42% hatten eine Rendite von unter 5%. Die Produzenten von TV-Produktionen sind hingegen solider aufgestellt, wenngleich auch hier sinkende Margen zu beklagen sind. Die großen Player sind die UFA und Constantin, die mit 300 Millionen Euro und 180 Millionen Euro exakt 10% auf sich vereinigen. Zusammen mit den nächsten acht Plätzen kontrollieren die Top Ten 53% des Gesamtmarktes. Anders ausgedrückt: 1.690 Produktionsfirmen erreichen nicht einmal die Hälfte des Umsatzes. Auch die durchschnittlichen Kosten eines Kinofilms können aus der Studie herausgelesen werden, sie betragen kaum 4 Millionen Euro. Dabei ist die Bandbreite der Minutenkosten relativ, denn sie reicht von etwa 70.000 Euro für Fiction und internationale Koproduktionen über 30.000 Euro für deutsche Produktionen bis zu 5.500 Euro pro Minute für Dokumentarfilme. Im Bereich der TV-Produktionen liegen die Minutenkosten bei Unterhaltung und Reportage bei unter 2.500 Euro, bei Serien bei knapp 10.000 Euro, und auch der TV-Movie kommt auf nur rund 15.000 Euro. Das öffentlich-rechtliche Premium-Produkt, die Tatort-Produktion, muss sich zunehmend mit einem geringer werdenden Budget zufriedengeben, mit knapp 1,3 Millionen Euro pro Folge stehen 10% weniger Mittel zur Verfügung als noch vor knapp 10 Jahren. Realisiert wird die Kostensenkung durch einen geringeren Aufwand und immer kürzere Produktionszeiten (23 Drehtage). Gerade bei den Produktionen der TV-Anstalten werden die sinkenden Budgets und Minutenpreise beklagt, steigen doch die Werbeund Gebühreneinnahmen der Sender seit Jahren stetig an. Über die Qualität der Produktionen trifft die Studie naturgemäß keine Aussagen. Dies ist sicherlich auch ein deutlich schwierigerer Evaluationsprozess als das Zusammenstellen der Zahlen. Aber damit ist sicherlich schon mal ein guter Anfang gemacht, denn über Qualität lässt sich deutlich besser streiten als über Zahlen! Lesen Sie die Langfassungen unter: www.trailer-ruhr.de /foyer Foyer Nachrichten aus der Kino-Welt KIM LUDOLF KOCH 34 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Neue Filme Das große Glück einer großen Liebe: Elise und Didier Die Party ist für Sophie bald vorbei Ein Land für Träumer Einfach weiterleben „The Broken Circle“ von Felix van Groeningen „Heute bin ich blond“ von Marc Rothemund Ein junges Paar verliert jeglichen Halt, als ihre gemeinsame Tochter lebensbedrohlich erkrankt. C Emotionale Achterbahnfahrt mit Sogwirkung Studentin Sophie leidet an einer heimtückischen Krebsart mit geringen Heilungschancen. Mit eisernem Willen kämpft sie um ihr Leben. C Nuanciertes Krankheitsdrama Die Tattoo-Künstlerin Elise und Bluegrass-Sänger Didier leben in einer alternativen Traumblase aus selbstrenoviertem Bauernhaus, frei umherlaufenden Tieren und einem Haufen bärtiger Unikate, mit denen sie musizierend durch die Kneipen ziehen. Die Blase platzt, als Tochter Maybelle an Krebs erkrankt. Felix van Groeningen erzählt in „The Broken Circle“ von dem großen Glück einer großen Liebe – und vom Verlust all dessen, was diese Liebe ausmacht. Momente höchster Euphorie und tiefster Trauer stehen sich in der achronologischen Montage gleichberechtigt gegenüber, wenn der Zauber des Anfangs und das Elend der Krankheit parallel montiert werden. Mit seinem Mut zum unbedingten Gefühl gelingen Van Groeningen Augenblicke von schmerzhaftschöner Intensität, die allen Abstand verlieren lassen. MARIEKE STEINHOFF Angesiedelt zwischen dem schonungslosen semi-dokumentarischen Stil von Andreas Dresens Sterbedrama „Halt auf freier Strecke“ und der schwarzhumorigen Variante, die „Heiter bis wolkig“ mit Jessica Schwarz einnahm, gleicht Marc Rothemunds („Sophie Scholl – Die letzten Tage“) Krebsdrama noch am ehesten der US-Independentproduktion „50/50 – Freunde fürs (Über)Leben“. Die autobiografische Geschichte wird vom Regisseur auf sensible und findige Weise adaptiert. Das Spiel der Hauptfigur, nach der Chemotherapie mit unterschiedlichen Perücken in verschiedene Charaktere und Verhaltensmuster zu schlüpfen, bietet der Nachwuchsdarstellerin Lisa Tomaschewsky („Verbotene Liebe“) Gelegenheit, ihren Charme und ihre Wandlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. FRANK BRENNER THE BROKEN CIRCLE HEUTE BIN ICH BLOND Berlinale 2013: Panorama-Publikumspreis B/NL 2012 - Drama / Komödie - Regie: Felix van Groeningen - Kamera: Ruben Impens mit: Johan Heldenbergh, Veerle Baetens - Verleih: Pandora Start: 25.4. BO: Metropolis/Casablanca, DO: Camera, DU: Filmforum, E: Filmkunsttheater D/B 2013 - Drama / Komödie - Regie: Marc Rothemund - Kamera: Martin Langer mit: Lisa Tomaschewsky, Karoline Teska, David Rott - Verleih: Universum Start: 28.3. BO: Union, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater, GE: Apollo, MÜL: Cinemotion Seltenes Glück zu dritt Selbstverwirklichung beim Schnellschreibwettbewerb Auf und Ab Nostalgie mit Stil „Ein freudiges Ereignis“ von Rémi Bezançon „Mademoiselle Populaire“ von Régis Roinsard Barbara und Nicolas sind jung und verliebt. Als Barbara schwanger wird, beginnt eine Achterbahnfahrt der Gefühle. C Tragikomischer Film über das Eltern-Werden Rose beherrscht zwar nur das Zwei-Finger-System, aber ihr Chef Louis ist so fasziniert von ihr, dass er sie zum Schnellschreib-Wettbewerb anmeldet. C Vergnügliche Zeitreise in die Fifties Ein bisschen Angst schwingt auch mit, als Barbara und Nicolas erfahren, dass sie ein Kind bekommen. Barbara ist noch nicht fertig mit dem Studium, Nicolas jobt in einer Videothek: Die Ausgangslage ist nicht perfekt. Aber irgendwie arrangieren sich die beiden. Doch Barbara merkt zunehmend, dass das Mutterglück nicht allumfassend ist. Eltern und Freunde nerven mit guten Ratschlägen, auch die Ärzte. Und als dann das Kind da ist und sich alles ändert, wird die Liebesbeziehung auf eine harte Probe gestellt. Louise Bourgoin, die mit ihrem Verve und Charme sogar einen Film wie Frédéric Beigbeder „Das verflixte 3. Jahr“ ein wenig gerettet hat, meistert auch Bezançons schwungvolle Entmystifizierung des obligatorischen Mutterglücks. CHRISTIAN MEYER Wer würde hierzulande einem Regie-Debütanten einen 15 Millionen Euro-Film anvertrauen? In Frankreich hatte man das Vertrauen – und wurde von dem Ergebnis nicht enttäuscht. Denn Regisseur Régis Roinsard lässt in den von Kameramann Guillaume Schiffman stilvoll komponierten Cinemascope-Bildern jene Zeit wieder auferstehen, in der Emanzipation ein Fremdwort war und die Frauen noch ihre Chefs anhimmelten. Eine ebenso amüsante wie romantische Reminiszens an die legendären Technicolor-Filme, deren Farbgebung sich hier in den Dekors und Kostümen wiederspiegelt. Selbst die großartige Hauptdarstellerin Déborah François hat was vom keimfreien Charme einer Doris Day. Und Romain Duris beweist als ihr misanthropischer Chef ungeahnte komödiantische Qualitäten. ROLF-RUEDIGER HAMACHER EIN FREUDIGES EREIGNIS MADEMOISELLE POPULAIRE F 2011 - Komödie / Drama - Regie: Rémi Bezançon - Kamera: Antoine Monod mit: Louise Bourgoin, Pio Marmaï, Josiane Balasko - Verleih: Camino Start: 4.4. BO: Metropolis/Casablanca, DU: Filmforum, OB: Lichtburg F/B 2012 - Drama - Regie: Régis Roinsard - Kamera: Guillaume Schiffman - mit: Déborah François, Romain Duris, Bérénice Bejo - Verleih: Studiocanal Start: 11.4. BO: Metropolis/Casabl., DO: Camera, DU: Filmforum, E: Filmkunsttheater, OB: Lichtburg 35 35 www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … SPECIALS Eröffnungsfilm: GINGER & ROSA von Sally Potter Das Frauenfilmfestival startet mit Sally Potters aktuellem Film GINGER & ROSA, der in den 1960er Jahre in London spielt in einem Setting von Kaltem Krieg und sexueller Revolution. Di 9.4., 19 Uhr, CineStar Do 11.4. 20 Uhr, Schauburg GINGER & ROSA EXZESS Exzesse überall: Dramatische Zahlen über globale, wirtschaftliche, ökologische und soziale Krisen bei maximaler Ausbeutung der Ressourcen für das nie endende Wachstum. Anlass genug, 2013 den EXZESS ins Visier zu nehmen und aktuelle wie historische Filme von Frauen zur Diskussion zu stellen. Vom Stummfilm mit Klavierbegleitung über trashige Exploitationfilme reicht die Bandbreite, von der Avantgarde bis zum bildgewaltigen Spielfilm: Über 100 Filme, Vorträge, Performances, Workshops – Ein sechstägiges Filmfest, zu dem alle nach Dortmund herzlich eingeladen sind. WETTBEWERBE Spielfilmwettbewerb Acht Spielfilme gehen ins Rennen um den – mit 25.000 Euro dotierten –Internationalen Spielfilmwettbewerb für Regisseurinnen. Hier ist geballtes Können zu entdecken. Intime Geschichten und große Kinobilder vom Roadmovie bis zum Thriller. Die Filme werden von den Filmschaffenden persönlich präsentiert und in Filmgesprächen diskutiert. Jackie PEACHES DOES HERSELF Lange Filmnacht Gefeiert wird der Kurzfilm in witzigen, bissigen und exzessiven Nuancen. Formal abwechslungsreich sind Musikvideos, Animationen und Experimentelles zu sehen. Dabei werden auch passende, künstlerische Antworten angeboten rund um die Debatten von Sexismus und Feminismus im Jahre 2013. Fr 12.4., ab 20 Uhr, sweetSixteen Ehrenpreis Dokumentarfilm Für ihr Lebenswerk bekommt Heddy Honigmann den Dortmunder Ehrenpreis Dokumentarfilm 2013. Film und Gespräch: Sa. 13.4., 20 Uhr, Schauburg Publikumspreis Über den trailer Ruhr Publikumspreis in Höhe von 1.000 Euro stimmen die Zuschauer aus allen aktuellen abendfüllenden Filmen des Programms ab. Exakte Vision Hörspiel von U. Haage und U. Voswinckel Eine Dreiecksgeschichte aus den 1920er Jahren, die durch François Truffauts Film Jules und Jim (1962) weltberühmt geworden ist. Di 9.4. – So 14.4. 10 bis 18 Uhr, MO Lautsprecher, U4 im Dortmunder U Stummfilme Die Reihe Böse Frauen zeigt Stummfilme, in denen skrupellose und gerissene Frauen Verbrechen aus lauter Spaß am Abenteuer und Lust am Verbotenen begehen. Doch sie werden nicht bestraft für ihre Untaten. Sa 13.4., 15 Uhr, Kino im U So 14.4., 11 Uhr, Kino im U Alice Guy ist eine außergewöhnliche Frau in der Filmgeschichte: Sie war die erste Filmemacherin und eine der ersten, die überhaupt Filme für ein schaulustiges Publikum drehte. Zu sehen sind in Dortmund 13 Kurzfilme aus den Jahren 1900 bis 1907. So 14.4., 14 Uhr, Kino im U Rapsodia Satanica Die italienische Diva Lyda Borelli gibt eine ältere Dame, die sich nach ihrer verlorenen Jugend sehnt und einen Pakt mit dem Teufel schließt. Fr 12.4., 20 Uhr, sweetSixteen Klavier: Maud Nelissen und Joachim Bärenz Werkstattgespräch Bildgestaltung Sophie Maintigneux im Gespräch mit Birgit Gudjonsdottir Sa 13.4., 13 – 17.30 Uhr, Schauburg Ticketvorverkauf: www.frauenfilmfestival.eu und www.adticket.de Das ganze Programm und Infos rund ums Festival: www.frauenfilmfestival.eu GOLEM Die Förderer: MADAME A DES ENVIE VON ALICE GUY Die Sponsoren: Das A bis Z der langen Filme DIE 727 TAGE OHNE KARAMO Anja Salomonowitz, A 2013, 80´, Dok Bi-nationale Paare, die unter der österreichischen Einwanderungs-Politik leiden. Anschl. Diskussion Fr 12.4., 18 Uhr, Schauburg A ANTON’S RIGHT HERE Lyubov Arkus, RUS 2012, 110´, Dok Porträt des Jungen Anton, ein Autist, für dessen Leben die Regisseurin im Laufe der Dreharbeiten beginnt, die Verantwortung zu übernehmen. Sa 13.4., 18.15 Uhr, Schauburg B THE BALLAD OF GENESIS AND LADY JAYE Marie Losier, USA/F 2011, 75´, Dok Industrial-Pionier Genesis Breyer POrridges und seine Partnerin loten eine radikale Form der Verschmelzung aus: zwei Körper, die sich angleichen. Mi 10.4., 20.15 Uhr, Schauburg C CANNED DREAMS Katja Gauriloff, FIN 2011, 81´, Dok Globale Arbeits- und Produktionsbedingungen zur Herstellung einer Dose Ravioli und die Träume der Arbeiter_ innen. Fr 12.4., 20.15 Uhr, Schauburg CHILDREN OF SARAJEVO Aida Begić, BIH 2012, 90´ Rahima und ihr kleiner Bruder schlagen sich alleine durch. Sie versucht, das Sorgerecht für ihn zu erhalten, damit er nicht in die Hände von Kriminellen gerät. Mi 10.4., 17.30, Kino im U COLOMBIANOS Thora Mårtens, S 2012, 90´, Dok Zwei Brüder: Der eine weiß genau, was er will, während der andere verloren durch die Welt pendelt und der Versuchung durch Drogen erlegen ist. Dann kommt alles anders. Do 11.4., 15 Uhr, Kino im U So 14.4., 16 Uhr, Schauburg THE CONNECTION Shirley Clarke, USA 1961, 105´ Eine Gruppe von Jazzmusikern wartet in einem New Yorker Loft auf ihren Heroindealer. Cinéma vérité pur. So 14.4., 14 Uhr, sweetSixteen C.K. Barbara Visser, NL 2012, 52´, Dok Der Finanzleiter des Amsterdamer Kunstfonds Clemens K. setzt sich ins Ausland ab – mit 15,8 Mio. Euro in den Taschen. Sa 13.4., 20.30 Uhr, Schauburg D DEADLY WEAPONS Doris Wishman, USA 1974, 75´ Lustvoll zelebrierter Dilettantismus und Sexploitation. Chrystel (Chesty Morgan) rächt die Mörder ihres Liebhabers, doch der Schrecken nimmt kein Ende. Fr 12.4., 22 Uhr, Kino im U DIALOGUES WITH MADWOMEN Allie Light, USA 1993, 90´, Dok Sieben Frauen, darunter die Regisseurin, sprechen über Wahnsinn. Psychiatrische Diagnosen erscheinen durch die persönlichen Ausführungen in einem anderen Licht. Fr 12.4., 16 Uhr, Schauburg E EAT SLEEP DIE Gabriela Pichler, S 2012, 104´ Rasa („Shooting Star“ Nermina Lukac) verliert ihren Job in der Fabrik und fragt sich, ob es noch mehr gibt im Leben als Essen, Schlafen, Sterben. Fr 12.4., 20 Uhr, Schauburg So 14.4., 18 Uhr, Schauburg F FILIBUS Mario Roncoroni, I 1915, 69´ Die Baronesse Troixmondes (Cristina Ruspoli) terrorisiert aus ihrem Zeppelin heraus ganz Sizilien. Eine der ersten lesbischen Darstellungen der Filmgeschichte. Klavierbegleitung: Maud Nelissen So 14.4., 11 Uhr, Kino im U G GINGER & ROSA I IN THE NAME OF Małgośka Szumowska, PL 2012, 96´ Adam ist katholischer Priester in der polnischen Provinz. Als er Łukasz begegnet, fällt ihm die selbst gewählte Enthaltsamkeit immer schwerer. Sa 13.4., 17.30, Kino im U J JACKIE Antoinette Beumer, NL 2012, 100´ Sofies und Daans Mutter, die sie nie kennen gelernt haben, ist erkrankt. Die Schwestern fliegen nach Amerika und begegnen Jackie (Holly Hunter), einem unzugänglichen Althippie. Das Roadmovie im Wohnmobil kann beginnen. Fr 12.4., 20 Uhr, Kino im U L DIE LEBENDEN Sally Potter, GB/DK 2012, 89´ Im London der 1960er Jahre – Kalter Krieg und sexuelle Revolution. Ideologische Differenzen und ein Treuebruch stellen die Freundschaft der Teenager Ginger und Rosa auf die Probe. Di 9.4., 19 Uhr, CineStar Do 11.4., 20 Uhr, Schauburg Barbara Albert, A/D/PL 2012, 112´ Sita ist 25 und studiert Germanistik. Gegen den Willen ihres Vaters beginnt sie, in der belasteten Vergangenheit ihres geliebten Großvaters zu kramen. Eine Reise, die sie von Berlin über Wien und Warschau bis nach Rumänien führt. Fr 12.4., 17.30 Uhr, Kino im U GOOD HUSBAND, DEAR SON LEONES Heddy Honigmann, NL 2001, 50´, Dok Ein bosnisches Dorf, im Krieg komplett niedergebrannt. Frauen und Kinder wurden verschont, sie erzählen von den Toten. Dortmunder Ehrenpreis Dokumentarfilm. Sa 13.4., 20 Uhr, Schauburg Jazmín López, ARG/F/NL 2012, 82´ Fünf Freunde wandern durch einen Wald. Irgendwann können sie nicht mehr verheimlichen, dass ihre Situation sehr besonders ist. Mi 10.4., 20 Uhr, Schauburg Sa 13.4., 11 Uhr, Schauburg GRANDMA LO-FI I. Birgisdóttir, O. Jónsson, K. Kristjánsdóttir, IS/DK 2011, 65´, Dok Mit 70 Jahren beginnt Sigrídur Níelsdóttir, ihre eigene Musik vom Wohnzimmer aus zu veröffentlichen. Eine Selfmade-Musikerin mit Kultstatus. Anschl. Performance des ensemble labsa. Sa 13.4., 20 Uhr, Plateau GUT RENOVATION Su Friedrich, USA 2012, 81´, Dok Friedrich dokumentiert die radikale Gentrifizierung ihrer Nachbarschaft Williamsburg in Brooklyn, wo Handwerker und Künstler durch Bauspekulanten verdrängt werden. Mi 10.4., 18 Uhr, Schauburg So 14.4., 12 Uhr Schauburg H THE HOUSES THAT ARE LEFT Shelly Silver, USA 1991, 76´ Chris und ihre drei Freunde arrangieren sich mit ungeliebten Jobs und mehr oder weniger erfüllten Beziehungen. Was sie nicht wissen: Sie stehen unter Beobachtung aus dem Jenseits. Do 11.4., 18 Uhr, Schauburg HUMANOIDS FROM THE DEEP Barbara Peeters, USA 1980, 81´ Monster stiften Unheil in einer Kleinstadt. Eine Mischung aus Science-Fiction und Horror-Trash aus der Exploitation-Schmiede von Roger Corman. Mi 10.4., 22.30 Uhr, Kino im U M MOTHER’S SOUL Pham Nhue Giang , Vietnam/F 2011, 93´ Während ihre Mutter sich mit einer unglücklichen Liebe beschäftigt, gibt Thu all ihre Zuwendung dem Waisenjungen Dang. Die Auswirkungen des Kapitalismus in einer vormals kommunistischen Gesellschaft. Mi 10.4., 20 Uhr, Kino im U P PEACHES DOES HERSELF Peaches, D 2012, 80´ Eine fulminante Electro-Rock-OperShow, in der Peaches zunehmend in Konflikt mit den Erwartungen ihrer Fans gerät und sich in eine atemberaubende Transsexuelle verliebt. Sa 13.4., 22 Uhr, sweetSixteen PLUTO Shin Su-won, Korea 2012, 114´ Im Bestreben, zum Club der Besten zu gehören, trifft ein Schüler auf eine skrupellose Elite, die über Leichen geht. Thriller Fr 12.4., 11.30 Uhr, Kino im U Sa 13.4., 20 Uhr, Kino im U Q THE QUEEN OF VERSAILLES Lauren Greenfield, USA 2012, 103´, Dok Eine Metapher für den US-Wirtschafts-Wahnsinn: Der Milliardär David Siegel und seine Frau Jackie planen, das größte private Wohnhaus der Welt zu bauen. Nach dem FinanzCrash 2008 wird ihr gescheiterter Versailles-Bauplan zu einem Problem. Mi 10.4., 16 Uhr, Schauburg Sa 13.4., 18 Uhr, Schauburg R RAPSODIA SATANICA Nino Oxilia, I 1917, 45´ Die alternde Diva Alba d’Oltrevita (Lyda Borelli) sehnt sich nach ihrer verlorenen Jugend und schließt einen Pakt mit dem Teufel: Mephisto schenkt ihr ewige Jugend, wenn sie auf die Liebe verzichtet. Klavierbegleitung: Joachim Bärenz Fr 12.4., 20 Uhr, sweetSixteen, Auftakt der Langen Filmnacht S SEARCHING FOR SUGAR MAN Malik Bendjelloul, S/GB 2012, 86´, Dok Oscar-prämiertes Porträt über den amerikanischen Musiker Sixto Rodriguez, der in Südafrika zum Star wurde, ohne es zu wissen. Do 11.4., 11 Uhr, Kino im U SNACKBAR Meral Uslu, NL 2012, 83´ In Alis Imbiss treffen sich die marokkanischen Jugendlichen aus dem Viertel. Es ist ein guter Ort, aber was ist, wenn Alis Backgammon-Sucht alles aufs Spiel setzt? Do 11.4., 20 Uhr Kino im U SUBURBIA Penelope Spheeris, USA 1983, 94´ Kultfilm über die Punk-Szene in L.A. The Rejected-Gang bekommt heftigen Ärger mit den spießigen „Bürgern gegen Kriminalität“. Do 11.4., 22.30 Uhr, Kino im U V LES VAMPIRES / JUDEX Musidora als Ganovin in zwei spektakulären Stummfilm-Serien. Klavierbegleitung: Joachim Bärenz Sa 13.4., 15 Uhr, Kino im U VARIETY Bette Gordon, USA 1983, 100´ Christine jobbt als Kassiererin in einem Pornokino. Statt an diesem Ort Objekt des Blicks zu werden, nimmt sich Christine den Raum für sich selbst, dreht Blickstrukturen um. So 14.4., 16 Uhr, sweetSixteen W WATCHTOWER Pelin Esmer, TK 2012, 97´ Nach einem traumatischen Erlebnis geht Seher mit Nihat eine Notgemeinschaft in einem entlegenen Wachturm in den Bergen ein. Do 11.4., 17.30 Uhr, Kino im U Y YOUNG AND WILD Marialy Rivas, Chile 2011, 92´ Coming-of-Age-Geschichte einer jungen Bloggerin, die im Umfeld einer religiösen Familie ihre sexuellen Interessen auscheckt. Sa 13.4., 22.30 Uhr, Schauburg Neue Filme Mal poetisch, mal profan: die Nordsee Beim Abendessen brechen alte Konflikte auf Wasserwelten Dieser Moment „Die Nordsee – Unser Meer“ von Jörn Röver „Das Wochenende“ von Nina Grosse Regisseur Jörn Röver taucht ein in die nordische Natur. C Eindrucksvoller Dokumentarfilm Ein RAF-Terrorist kommt aus dem Gefängnis und begegnet Weggefährten. C Dicht inszeniertes Thrillerdrama „Mann, kann das hier langweilig sein. Und dann diese magischen Momente …“ So eröffnet Schauspieler Axel Prahl seinen Off-Kommentar zu diesem Naturfilm, der sich der Nordsee widmet und dabei von Deutschland aus gen Dänemark, Norwegen, Großbritannien und Niederlande reist. Die Kameras über, auf und unter Wasser, so bietet der Film malerische bis abenteuerliche Einsichten. Den Fokus bildet die Tierwelt, aber mitunter begegnet man auch dem Menschen, sei es als Urlauber, sei es als Postbote zwischen den Halligen. Der Kommentar bewegt sich dabei zwischen profund, profan und poetisch und neigt gelegentlich, mal schnackend, mal schnippig, zur Vermenschlichung der tierischen Protagonisten. Große Reise durch Ebbe, Flut, Felswatt und Kaltwasserkoralle. CARLA SCHMIDT DIE NORDSEE – UNSER MEER D 2013 - Dokumentarfilm - Regie und Buch: Jörn Röver - Kommentar: Axel Prahl Verleih: polyband Start: 18.4. DO: Cinestar, DU: Filmforum Besuch bei der alten Dame Unangepasst „Eine Dame in Paris“ von Ilmar Raag Eine Estin tritt einen Job in Paris an. Dort erwartet sie neben einer trotzigen Alten die Fremde. C Melancholisches Drama Nach dem Tod ihrer Mutter nimmt die Estin Anne (Laine Mägi) einen Pflegejob in Paris an. Stéphane (Patrick Pineau) hat sie engagiert, Anne soll sich um die 80-jährige, ebenso betuchte wie unangepasste Frida (Jeanne Moreau) kümmern. Die allerdings zeigt sich wenig begeistert, gibt sich trotzig und schikaniert ihre neue Mitbewohnerin. Anne erkundet derweil Paris – und sucht Halt in der Fremde. Regisseur Ilmar Raag verarbeitet mit seinem Drama eigene Erfahrungen mit seiner Mutter. Skizzenhaft und stimmungsvoll erzählt er vom Alter, von Fremde und Heimat, von Einsamkeit und von Paris. Melancholische Sinnsuche mit kleinen Spitzen auf Mann, Frau und Frankreichs Hauptstadt, getragen von einer wundervollen, grantigen Jeanne Moreau. HARTMUT ERNST EINE DAME IN PARIS F/EST/B 2012 - Drama - Regie: Ilmar Raag - Kamera: Laurent Brunet mit: Jeanne Moreau, Laine Mägi, Patrick Pineau - Verleih: Arsenal Start: 18.4. BO: UCI, Union, DO: Cinestar, DU: UCI, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino „Da war dieser Moment, dass man eingreift. Die Möglichkeit einer Veränderung.“ Regelmäßig setzt sich der deutsche Film mit Momenten wie diesen auseinander, Momente, aus denen heraus sich in den ausgehenden 1960er Jahren Menschen radikalisierten, organisierten und die RAF formierten. Inzwischen, über vier Jahrzehnte später, nähert sich das Kino dem Thema nicht mehr nur über den historischen Rückblick. Inzwischen fiktionalisiert die Leinwand die Terroristen von einst, beruft sich nicht zwingend auf reale Figuren. Und da der eine oder andere Gefangene heute seine Haftstrafen abgesessen hat, fragt das Kino, was bei der Rückkehr in die Freiheit geschieht. So geschehen 2008 mit der Racheparabel „Schattenwelt“, so geschehen mit diesem Drama von Nina Grosse. In beiden Filmen kommt der Protagonist nach zwei Jahrzehnten aus dem Knast. In „Schattenwelt“ begegnet er der Tochter eines Mannes, für dessen Tod er verantwortlich zeichnet. In „Das Wochenende“ begegnet Jens Kessler (Sebastian Koch) nach 18 Jahren seinen einstigen Mitkämpfern. Kessler wurde seinerzeit für einen Mord verurteilt, überführt wurde er durch den Verrat aus eigenen Reihen. Die erste Schritte in die Freiheit führen ihn zum ländlichen Wohnsitz seiner Schwester Tina (Barbara Auer), die ihn, ebenso fürsorglich wie überfordert, aufnimmt. Tina lädt Freunde ein: Henner (Sylvester Groth), der damals ausstieg, als der Widerstand beschloss, für die Sache zu morden, und der später ein streitbares Buch veröffentlichte. Auch Inga (Katja Riemann) erscheint, die einstige Geliebte Kesslers, mit dem sie einen erwachsenen Sohn hat. Inzwischen ist sie gutbürgerlich mit Ulrich (Tobias Moretti) verheiratet. Schon bald führt Kesslers rachsüchtige Suche nach dem Verräter von damals zu der Einsicht: Es mag einen Verräter geben, die Sache aber haben sie allesamt verraten. Mit stimmungsvoller Kameraarbeit liefert Nina Grosse ein intensives und dabei überraschend kurzweiliges Kammerspiel, in dem sich die Figuren szenisch begegnen, duellieren, reiben, lieben. Die Last der Materie umgeht der Film geradezu frech, indem er die Konflikte allesamt nicht vertieft, sondern sie bloß streift, punktuell eskalieren lässt, abbricht. Man kann dem Film damit durchaus Oberflächlichkeit vorhalten. Das Script, das auf dem Roman von Bernhard Schlink basiert, hätte ohne Probleme für einen immer noch kurzweiligen Zweieinhalbstünder gereicht. Zugleich bildet die Andeutung auch die Stärke des Dramas, bietet sie doch das Potenzial zu reichhaltiger Reflexion und wirkt dabei weder verkopft noch überanstrengt. Nein, die Ansätze sind stark genug, die Dialoge sind es, vor allem aber die Figuren: Der Überzeugungstäter, der Aussteiger, die Mitläuferin, die ewig Unentschlossene, zu denen sich Ingas Kinder gesellen (Robert Gwisdek, Elisa Schlott), also der Nachwuchs, der unter zerbrochenen Familienstrukturen leidet. Allesamt verkörpert von einem starken Cast, das dieses visuell und dramaturgisch überzeugend dicht inszenierte Thrillerdrama souverän trägt. HARTMUT ERNST DAS WOCHENENDE D 2012 - Drama - Regie: Nina Grosse - Kamera: Benedict Neuenfels mit: Katja Riemann, Sebastian Koch, Tobias Moretti - Verleih: Universum Start: 11.4. BO: Metropolis/Casablanca, DO: Cinestar, E: Filmkunsttheater trailer verlost 3x2 Karten. E-Mail bis 7.4. an verlosung@trailer-ruhr.de, Kennwort: Wochenende 38 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Roter Teppich Ungewohnter Look: Katja Riemann in „Das Wochenende“ „Mein Herz schlägt für künstlerische Prozesse“ Katja Riemann über „Das Wochenende“, das Entwickeln einer Rolle und die RAF Seit 20 Jahren gehört Katja Riemann zu den das eine Vorgabe durch den Roman oder das großen Stars der deutschen Filmlandschaft. Drehbuch? Nach Anfängen in Unterhaltungsfilmen wie Nee, das war meine Idee. Ich bin eigentlich zu jung für die Rolle, und die Frage war, „Der bewegte Mann“, „Stadtgespräch“ oder „Die Apotheke- „Man muss sich nicht nur in mit welchen Mitteln versucht rin“ konzentrierte sie sich mehr eine Rolle einfinden, sondern man, das Alter zu erreichen. Dasie auch erfinden“ her sagte ich, wir müssen meinen und mehr auf anspruchsvollere Typ komplett verwandeln, das ist Rollen in Filmen wie „Rosenstraße“, „Ich bin die Andere“ oder „Der Ver- viel interessanter, als mir Gummimilch ins Gesicht dingbub“. Aktuell kann man sie in der Bern- zu reiben. Aber es ist nicht das erste Mal, dass ich hard-Schlink-Adaption „Das Wochenende“ in mit derlei Mitteln arbeite; bei den Filmen „Das ungewohntem Look in der Rolle der Inga Lansky wahre Leben“, „Verdingbub“ und „Relativitätstheorie der Liebe“ habe ich ebenfalls mit kompletter auf der Leinwand sehen. Verwandlung gearbeitet. trailer: Frau Riemann, wie würden Sie Ihre Rolle Hat Ihnen das geholfen, sich leichter in die Fiin „Das Wochenende“ charakterisieren? Katja Riemann: Ich denke, das Lebensthema von gur der Inga Lansky einzufinden? Inga ist ihre Ambivalenz zu ihrer Lebenssituati- Na ja, ich würde sagen: andersherum. Es gilt ja on, ihre Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen. nicht nur sich einzufinden, sondern sie zu erfinSie verdrängt die Geschichte mit dem Vater ihres den. Eine Figur muss man ja auch kreieren, und da Sohnes. Sie ringt mit der aus dieser Verdrängung gibt es innere wie auch äußere Mittel, da gibt es resultierenden Schwermütigkeit und den immer ein Auf-die-Figur-Zugehen und ein Die-Figur-anwiederkehrenden depressiven Schüben. Ich habe sich-Heranziehen. Aus dem Konglomerat habe ich versucht, diese Frau, die ein bisschen älter ist als meine Inga entwickelt. Eine andere Schauspielerin ich, aus diesem Gedanken der Schwermut und der hätte dieselbe Rolle sicherlich anders gespielt. Erschöpfung zu spielen. Deswegen ist sie wahrscheinlich auch mit so einem „gesunden“ Mann Haben Sie den Roman im Vorfeld gelesen oder sich sogar mit Bernhard Schlink darüber auszusammen, der heiter und pragmatisch ist. getauscht? Und was ist ihre Funktion in Bezug auf die an- Na klar habe ich den Roman gelesen. Ich habe für die Vorbereitung alles von Schlink gelesen, weil deren Figuren des Films? Ich würde denken, dass sie das Verbindungsstück man ja nicht weiß, ob das vielleicht in irgendeiner der anwesenden Personen ist; die die Zeiten, von Weise hilfreich sein könnte. Und ich habe tausend denen gesprochen wird, in sich vereint, die sich in RAF-Filme und tausend RAF-Bücher gelesen, um ihr reiben und von denen sie sich wiederum zerrei- innerhalb des Umfeldes sicher zu sein. Das hat ben lässt. Sie ist zentral, aber passiv. Sie betrach- aber nicht wirklich was für die Schauspielerei tet, statt zu handeln. Das ist ihr Thema, ihr Trau- dieser spezifischen Rolle gebracht. Herrn Schlink ma; ihr „Need“, würde Lee Strasberg sagen. Am durfte ich kennenlernen, als er uns einmal am Set Ende dann die Katharsis: Sie entscheidet sich für besuchte. Was vielleicht noch von Interesse sein ihr eigenes Wohl aus einem Moment heraus und könnte, ist, dass es meine Figur bei Schlink nicht für einen Moment, um etwas zu beenden, was sie gibt, bzw. sie im Buch bereits tot ist. Das gab uns, vor langer Zeit begonnen hat und zu verdrängen meiner Regisseurin und mir, auch eine schöne versuchte. Sie geht in die Aktion, um wieder atmen Freiheit in Bezug auf die Figurenentwicklung. zu können. Sie dreht sich quasi aus der Mitte herWie wichtig sind im Film die politischen Hinteraus, um ihren Mittelpunkt in sich zu stabilisieren. gründe der Geschichte? Sie sind in „Das Wochenende“ mit untypischer Der Film erzählt von Menschen, die sehr politisiert Frisur und ungewohntem Look zu sehen. War in die Welt hineingegangen sind. Einer von ihnen Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … 39 39 hat sich sogar radikalisiert. Er ist in den Untergrund gegangen und hat irgendwann eine Waffe in die Hand genommen. Die anderen haben letztlich einen bürgerlichen Weg gewählt, indem sie nach ihrem Studium Ärzte, Juristen Studienoberräte oder was auch immer geworden sind. Ich weiß nicht, ob man so schlicht sagen kann, dass sie mit der Wahl dieses Lebenswegs das verraten haben, womit sie früher in die Welt gegangen sind. Als junger Mensch ist man radikal, gerade weil man jung ist und erst mal in die Opposition geht, was gut und richtig ist. Sonst würde sich die Welt nicht bewegen. Wie haben Sie selbst damals die RAF und ihre Aktionen wahrgenommen? Ich war ein sehr kleines Kind zu Zeiten der RAF, aber ich erinnere mich an das Fahndungsbild, das bei uns in der Sparkasse hing und mit 10.000 DM ausgelobt war. Darauf waren Meinhof, Baader, Ensslin, Raspe nicht zu erkennen, aber sie waren es wohl. Später erinnere ich mich an die Nachrichten, die mit Bonn und Mogadischu eingeleitet wurden. Und die Politisierung, die vielleicht ausgelöst durch die RAF in meiner Generation entstand, die dann dazu führte, Häuser zu besetzen, sich auf die Startbahn West zu setzen oder auf Gleise, um gegen Gorleben zu protestieren, auch die 1. Mai-Demos ... Sowohl im Theater als auch beim Film pendeln Sie zwischen leichter Publikumskost und anspruchsvollen Werken. Wofür schlägt Ihr Herz? Leichte Publikumskost? Was sollte das Ihrer Meinung nach sein? „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ – das war mein letztes Theaterstück. „Das Wochenende“? – das ist mein neuer Kinofilm. „Verratene Freunde“? – das ist mein neuer TV-Film. Also, ich sag mal so: Mein Herz schlägt für die Herausforderung, mein Herz schlägt für künstlerische Prozesse, für Inspiration und Kreation und für gemeinschaftliche Entwicklungen und Arbeiten. Und da ist es dann piepegal, ob es leichte oder schwere Kost ist oder ein Menü, if you know what I mean ... INTERVIEW: FRANK BRENNER www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Neue Filme Ganz normales Verkehrschaos in Mumbai, Indien Malerei auf den Kopf gestellt: Georg Baselitz im Atelier Fernfahrer Knietief in der Kunst „You drive me crazy“ von Andrea Thiele und Lia Jaspers „Georg Baselitz“ von Evelyn Schels Autofahren unter erschwerten Bedingungen – das versuchen eine Deutsche in Indien, ein Amerikaner in Japan und eine Koreanerin in Deutschland. C Dokumentarische Culture-Clash-Komödie Zum 75. Geburtstag des einstmals jungen Wilden gelingen private und aufschlussreiche Einblicke in seinen Schaffensprozess. C Intimes Künstlerporträt Das Auto steht in den meisten Ländern im Zentrum der Gesellschaft: Es verbindet die abgelegensten Orte. Mit seiner individuellen Handhabe ist es für viele Menschen ein Symbol für Freiheit. Die Autos sind vergleichbar, doch die Gesellschaft drumherum unterscheidet sich in den Ländern. So sind die Deutsche Mirela in Indien, der Amerikaner Jake in Japan und die Südkoreanerin Hye-Won in Deutschland zunächst überrascht, ihren Führerschein in der Ferne noch einmal machen zu müssen. Dabei lernen sie nicht nur das Fahren unter ihnen fremden Bedingungen, sie lernen auch die Fremde besser kennen. Den Regisseurinnen ist damit eine dokumentarische Culture-ClashKomödie gelungen. CHRISTIAN MEYER Bis zur Biennale 1980 hatte er es schwer: Wegen „gesellschaftspolitischer Unreife“ aus der Kunsthochschule in Ostberlin entlassen, halfen selbst die inszenierten Skandale der Galeristen nicht, die Bilder von Baselitz populär zu machen. Doch ein Eklat in Venedig öffnete schließlich die Tür für den internationalen Durchbruch. Evelyn Schels ist eine langjährige Vertraute des Ehepaares Baselitz und konnte daher einen besonders freimütigen Blick auf den als grimmig und verschlossen geltenden Maler und Bildhauer werfen, der die Kunst wortwörtlich auf den Kopf stellte. SILVIA BAHL D 2012 - Porträt / Biographie - Regie: Evelyn Schels - Kamera: Christian Meckel, Wolfgang Lehner - mit: Georg Baselitz - Verleih: Alamode Start: 11.4. E: Filmkunsttheater YOU DRIVE ME CRAZY D/F 2012 - Dokumentarfilm - Regie: Andrea Thiele, Lia Jaspers Kamera: Sebastian Bäumler - Verleih: RealFiction DO: sweetSixteen GEORG BASELITZ Start: 18.4. trailer verlost 2x2 Karten. E-Mail bis 7.4. an verlosung@trailer-ruhr.de, Kennwort: Baselitz Spielt ein perfides Spiel: Mathilda (Antonia Lingemann) Ein erfülltes Leben als Frau Täter und Opfer Perfekt „Bastard“ von Carsten Unger „I am a Woman now“ von Michiel van Erp Ein Kind wird entführt, zwei Jugendliche geraten unter Verdacht. C Spannendes Psychodrama Fünf Frauen, die mal Männer waren, erzählen von ihrem Leben. C Sympathische Doku über Transgender-Frauen Als der neunjährige Nikolas entführt wird, nimmt sich die Polizeipsychologin Claudia Meinert (Martina Gedeck) der Eltern an. Wenig später steht ein dreizehnjähriger Schüler (Markus Krojer) im Haus und beginnt ein perfides Spiel. Die gleichaltrige Mathilda (Antonia Lingemann) steht ihm dabei zur Seite. In seinem Spielfilmdebüt spinnt Regisseur Carsten Unger einen verstörend spannenden Genremix aus Krimi, Psychothriller und Sozialdrama. Vorneweg überzeugen die beiden jugendlichen Hauptdarsteller, die ihr Spiel so emotionskalt verfolgen wie dereinst die Protagonisten aus Michael Hanekes „Funny Games“, nur dass Unger den Tätern hier ein Motiv verpasst. Atmosphärische, originell gesponnene Genrekost mit sozialkritischer Note. HARTMUT ERNST Sie heißen Jean, Corinne, Marie-Pierre, April und Colette, und sie verehren allesamt einen Menschen wie einen Heiligen: Dr. Georges Burou aus Casablanca. Die Protagonistinnen dieser sympathischen Doku sind allesamt Transgender-Frauen, die in den 60er und 70er Jahren als Mann zu Dr. Burou reisten und als Frauen wiederkehrten. „Ich bin in Casablanca geboren“, sagt eine von ihnen, und spricht so manch anderer aus der Seele. Der Film bittet die selbstbewussten Damen zum Interview und porträtiert sie fernab von Exotik oder Melodramatik. Nein, Regisseur Michiel van Erp bietet musikalisch munter unterlegte Ein- und Rückblicke, die zwar auch von Leid und Diskriminierung, aber noch vielmehr von einem erfüllten zweiten Leben erzählen. HARTMUT ERNST BASTARD I AM A WOMAN NOW Festival Film Policier, Liege 2012: Bestes Drehbuch D 2011 - Thriller - Regie: Carsten Unger - Kamera: Lars Petersen - mit: Martina Gedeck, Markus Krojer, Antonia Lingemann - Verleih: W-Film Start: 18.4. E: Filmkunsttheater Int. Schwulen- und Lesben-Festival San Francisco 2012: Dokumentarfilm-Preis NL 2011 - Dokumentarfilm - Regie: Michiel van Erp - Kamera: Mark van Aller Verleih: Neue Visionen Start: 18.4. DO: sweetSixteen www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino 40 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Gespräch zum Film Skiurlaub in der Steinwüste Schneematsch Regisseur Hannes Lang, Foto: Hannes Lang Grundversprechen des Kinos Regisseur Hannes Lang über seinen Film „Peak“ „Peak“ von Hannes Lang Im Winter verschneit und bevölkert, im Sommer trostlos und verlassen: Der Skitourismus hinterlässt seine Spuren in der Bergwelt. C Erschreckender Blick hinter die Kulissen eines Skigebiets Hannes Lang, selber in den österreichischen Bergen aufgewachsen, erforscht in langen, statischen Einstellungen die Veränderungen in der Bergwelt durch den Skitourismus. Langs Blick zeigt die erschreckenden Folgen des Versuchs, die durch den Klimawandel verursachten Veränderungen in der Natur mit technischen Mitteln einzudämmen. Wenn man den Teufel mit dem Beelzebub austreiben will, dann produziert man absurde Bilder. Lang fängt sie ein: Unkommentiert lässt er das Absurde auf das Logische und das Schöne auf das Hässliche prallen – auch auf der Tonebene. Selbst wenn die Ästhetik des Films mitunter maniriert wirkt: Die Langsamkeit lässt Raum für Erkenntnisse und Rückschlüsse. CHRISTIAN MEYER PEAK D/I 2011 - Dokumentarfilm - Regie: Hannes Lang - Kamera: Hajo Schomerus, Thilo Schmidt - Verleih: Farbfilm Start: 28.3. DO: sweetSixteen Hannes Lang, 1981 in Brixen in Italien geboren, lernte zunächst Tischlern und Technisches Zeichnen, bevor er an der Kunsthochschule für Medien Köln studierte. „Peak“ ist sein erster Kinofilm. trailer: Herr Lang, das Thema der landschaftlichen Veränderungen durch den Wintersport ist nicht neu. Was lag Ihnen daran, einen Film darüber zu machen? Hannes Lang: Ein Film wie „Peak“, der sich mit den sichtbaren Veränderungen der alpinen Landschaften auseinandersetzt, ermöglicht durch sein konkretes Abbilden, dass ein Zuschauer eine konkrete Erfahrung machen kann – dass er sieht, hört, spürt und so im besten Falle Anregungen findet, um sich mit dieser Realität auseinandersetzen zu können. Der Film muss eine Erfahrung für den Zuschauer sein, die er zuvor noch nicht gemacht hat, um einen Prozess in Gang zu bringen. Dabei müssen die Themen nicht immer neu sein – wie sonst könnte es beispielsweise so viele Liebesfilme geben – sondern einen anderen Blickwinkel auf etwas Bekanntes vorschlagen. Hatten Sie keine Probleme, Drehgenehmigungen oder Statements zu bekommen? Ihr Film preist nicht gerade die Leistungen des Wintersporttourismus … Es war allen Beteiligten von Anfang an klar, dass „Peak“ kein Imagefilm für die Alpen werden würde. Mir geht es aber nicht darum, den einzelnen Unternehmer zu verteufeln, der versucht, in einer Region, die aufgrund ihrer geologischen Grundvoraussetzungen im globalen Gefüge wenig Überlebenschancen hätte, eine rentable Industrie zu unterhalten. Aber den meisten Menschen wird klar sein, dass wir uns am Limit des Tragbaren befinden. Die Natur kränkelt, die Paradiese gibt es nicht mehr, oder sie müssen durch einen massiven Aufwand an Technik aufrechterhalten werden. Grufti-Girl, Kleinkrimineller, und dazwischen der Papa Manchmal möchte ich schreien „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ von André Erkau Als die Mutter stirbt, müssen Vater und Tochter ihr Leben neu ordnen. C Erfrischende Tragikomödie Kim (Helen Woigk) ist 15, als ihre Mutter stirbt. Das unangepasste Grufti-Girl und ihr Vater Markus (Wotan Wilke Möhring) versuchen gerade, mit der Situation klar zu kommen, da steht schon die nächste Herausforderung an: Der Gesundheitszustand von Oma Gerlinde (Christine Schorn) verschlechtert sich. Ein Kleinkrimineller und eine lebenslustige Altenpflegerin bringen Schwung in die Trübsal. Man mag dieser Tragikomödie vorwerfen, sie sei verklärt und nähere sich den Konflikten nur oberflächlich. Zugleich aber ist eben diese Leichtigkeit auch die Stärke des Dramas: Mit verschrobenen Figuren und tollen Darstellern vermag Regisseur André Erkau („Arschkalt“) nicht nur leichthändig zu unterhalten, sondern ebenso zu berühren. HARTMUT ERNST DAS LEBEN IST NICHTS FÜR FEIGLINGE D/DK 2012 - Drama / Komödie - Regie: André Erkau - Kamera: Ngo The Chau mit: Wotan Wilke Möhring, Helen Woigk, Christine Schorn - Verleih: NFP Start: 18.4. DO: Cinestar, E: Filmkunsttheater, OB: Lichtburg Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … Es gibt vor allem Bilder außerhalb der üblichen Tourismussaison in den Bergen. In welchem Zeitraum fanden die Dreharbeiten statt? Die Dreharbeiten fanden zu 80% außerhalb der touristischen Hochsaison statt, weil der Film zeigen will, welche Produktionsprozesse hinter dem Skitourismus stecken. All die Bemühungen bleiben dem Touristen verborgen, wenn er im Winter auf perfekten Kunstschneepisten fährt. Ein wenig geht es in „Peak“ deshalb auch darum, den Mythos von unberührter Natur zu entzaubern und unser von Phantasmen geprägtes Naturverständnis zu hinterfragen. Sehen Sie sich mit Ihrem strengen Stil aus unkommentierten, langen, statischen Einstellungen in einer Tradition ähnlich arbeitender Filmemacher wie Nikolas Geyrhalter oder Michael Glawogger? Jeder Inhalt braucht eine Form, die ihn soweit spiegelt, dass sie selbst Teil des Inhalts werden kann. Und jedes Bild verdient die Zeit, die es braucht, um einen Zustand beim Zuschauer hervorrufen zu können. Das ist das Grundversprechen des Kinos und wurde sicherlich auch von Filmemachern wie Glawogger und Geyrhalter bedacht. Die Form, die ich für „Peak“ gewählt habe, spiegelt das Artifizielle und das Surreale, das ich in der Landschaft vorgefunden habe. Nur, dass uns beim Schauen eines Filmes im Gegensatz zum Betrachten einer Landschaft bewusst ist, dass es sich um einen Zauber handelt, der auf einer hochkomplexen Technologie basiert. INTERVIEW: CHRISTIAN MEYER 41 41 www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Neue Filme Verklärter Protest der beiden Teenager Die Welt retten Entdecken ganz neue Seiten an sich: Paulo und Ilir Zerrissen „Ginger & Rosa“ von Sally Potter „Jenseits der Mauern“ von David Lambert Zwei Freundinnen verirren sich in den Idealen der 60er Jahre. C Ergreifendes, poetisches Drama Zwei junge Männer begegnen sich, verlieben sich, werden voneinander getrennt. C Beziehungsmelodram London in den frühen 60er Jahren: Ginger (Elle Fanning, „Super 8“) und Rosa (Alice Englert) sind beste Freundinnen. Doch mit der Jugend gehen die Interessen auseinander: Während Ginger die Welt vor der Atombombe retten will, sucht Rosa die große Liebe. Gingers Vater unterstützt die Interessen beider Mädchen und stolpert dabei dramatisch über seine freiheitsliebenden Ideale. Unspektakulär inszeniert, und dabei zugleich zutiefst poetisch, spiegelt das Drama von Sally Potter das Lebensgefühl der 60er Jahre, geprägt von sexueller Revolution und politischem Engagement. Die Darsteller, allen voran Elle Fanning, brillieren in einer intensiven und kompromisslosen Abrechnung mit einem verklärten Protest gegen Tyrannei und Spießertum. HARTMUT ERNST Paulo (Matila Malliarakis) wirkt verloren: Er ist liiert mit seiner Freundin, die ihm nicht traut, und als er sich abends in einer Bar betrinkt, wacht er neben dem Kellner und Musiker Ilir (Guillaume Gouix) auf. Von dem Impuls und der Lust getrieben will er Ilir öfter sehen, die beiden kommen sich näher. Dann wird Paulo von seiner Freundin rausgeschmissen und steht vor der Tür seines Liebhabers. Ein Zwischenfall zerreißt die junge Beziehung und verändert die zwei Liebenden dramatisch. Mit behäbigem Tempo und langen Einstellungen folgt das Melodram seinen beiden Protagonisten. Ein vornehmlich atmosphärisches Spielfilmdebüt von Regisseur David Lambert, das subtil und tragisch zerrissene Gefühlswelten spiegelt. HARTMUT ERNST GINGER & ROSA JENSEITS DER MAUERN Int. Filmfestival Santa Barbara 2013: Virtuoso-Award: Elle Fanning GB/DK/CDN/KRO 2012 - Drama - Regie: Sally Potter - Kamera: Robbie Ryan mit: Elle Fanning, Alice Englert, Alessandro Nivola - Verleih: Concorde Start: 11.4. BO: Endstation, DO: Camera, E: Filmkunsttheater B/F/CDN 2012 - Drama - Regie: David Lambert - Kamera: Matthieu Poirot-Delpech mit: Guillaume Gouix, Matila Malliarakis, Mélissa Désormeaux-Poulin Verleih: Salzgeber Start: 28.3. DO: sweetSixteen Auch Kinder können von Yoga profitieren Der Chor der Belgrader Stewardessen Das Fremde in dir Temperament und Tragik „Free the Mind“ von Phie Ambo-Nielsen „Rendezvous in Belgrad“ von Bojan Vuletic´ Meditieren statt Pillen schlucken! Die Doku bietet Einblicke in interessante alternative Therapieformen. C Doku über die aktuelle Hirnforschung Vier binationale Liebesgeschichten in der Hauptstadt Serbiens. C Schwarzhumoriger Episodenfilm Der amerikanische Professor Richard Davidson ist Hirnforscher an der Universität von Wisconsin. Die Dokumentation begleitet drei traumatisierte Probanden: Zwei US-Soldaten, die nach ihren Kriegserlebnissen mit ihrem posttraumatischen Syndrom zu kämpfen haben, ein kleiner Junge, der an ADHS und einer ausgeprägten Fahrstuhlphobie leidet. Davidson verzichtet auf die zweifelhaften Errungenschaften der Pharmaindustrie. Er ermutigt seine Patienten vielmehr dazu, selbständig die Kontrolle wiederzuerlangen, vornehmlich durch Meditation und Yoga. Der Langzeiterfolg bleibt noch abzuwarten – der Film aber zeigt erste Erfolge der Selbstheilung auf und ergänzt seine Beobachtungen mit gewitzten Animationen. HARTMUT ERNST Man hat noch die Kriegsbilder im Kopf, doch Belgrad gilt längst als prosperierende Metropole mit einer anziehenden Partyszene. Die wechselhafte Vergangenheit und die Widersprüche greift Vuletic´s Episodenfilm selbstironisch auf: Vier überdrehte binationale Liebesgeschichten erzählt der Film, zusammengehalten von schwarzhumorigen Stadtführertexten und skurrilen Chören. Auch wenn die Gattung des Episodenfilms generell problematisch und selten zwingend ist: Die vier Geschichten sind zugleich schwarzhumorig und berührend. Ob der Film nun vom städtischen Tourismusmarketing gefördert wurde, oder wie es zu der Idee kam, bleibt unklar – unterhaltsam ist er allemal. CHRISTIAN MEYER RENDEZVOUS IN BELGRAD FREE THE MIND DK 2012 - Dokumentarfilm - Regie: Phie Ambo-Nielsen - Kamera: Phie Ambo-Nielsen Verleih: mindjazz Start: 28.3. DO: sweetSixteen SRB/D/F/H/KRO 2011 - Episodenfilm / Lovestory - Regie: Bojan Vuletić Kamera: Jelena Stankovic - mit: Julie Gayet, Marko Janketic, Anita Mancic Verleih: Film Kino Text Start: 11.4. DO: sweetSixteen www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino 42 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Festival Der südkoreanische Film „Pluto“ ist Anwärter auf den Internationalen Spielfilmpreis 2013 Exzessiv, kreativ und progressiv Das Internationale Frauenfilmfestival in Dortmund mit gesellschaftspolitischem Schwerpunkt Exzess – das klingt nach Ausschweifung, hemmungslosen Partys, Maßlosigkeit, oder sogar nach Todsünde. Doch Exzess meint mehr als einen dekadenten Spaß, der nach dem moralischen Zeigefinger verlangt. Exzess ist zunächst einmal ein Heraus- oder Überschreiten. Genau dieses Themas nimmt sich das Internationale Frauenfilmfestival (IFFF) in Dortmund vom 9. bis 14. April an. Es meint damit einerseits den rein filmästhetischen Exzess der Festivalbeiträge, setzt gleichzeitig aber auch den gesellschaftspolitischen Schwerpunkt der vergangenen Jahre fort: Wenn die Gesellschaft Menschen heute zur Selbstoptimierung über die Maße zwingt, wenn in unserem schnelllebigen Zeitalter Bio- und Humanressourcen ausgebeutet werden, ist das ein Exzess, den es aufzuhalten gilt. Daneben gibt es auch förderliche Exzesse, wenn zum Beispiel einzelne Menschen aus gesellschaftlichen Normen ausbrechen, um eigentlich selbstverständliche Rechte – wie das Recht zu lieben – einzufordern. Exzesse in kleinen Häppchen über vier Stunden hinweg bietet die Lange Filmnacht am Festivalfreitag, in der kurze Stummfilme, Musikfilme, Animationen und Experimentalfilme dem zunächst doch sehr abstrakten Begriff konkretes Leben einhauchen. Von der Faust-Interpretation „Rapsodia Satanica“, einem richtungsweisenden Stummfilm mit Klavierbegleitung, über den Experimentalfilm „Mademoiselle“, der sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum thematisiert, bis zum Musikvideo „Fjögur Píanó“ der Ausnahmeband Sigur Rós mit Shia LaBeouf als Protagonist: Die Lange Filmnacht spiegelt mit ihren Kurzfilmen und Gästen die Vielfalt des Festivals wider (12.4., sweetSixteen). Ebenfalls ab Freitag beschäftigt sich die Filmreihe „Exzess der Ordnung“ damit, wie in unserer Gesellschaft alles vermeintlich Andersartige ausgeschlossen wird, um Ausbrüche aus der Ordnung zu verhindern. Anja Salomonowitz zeigt in „Die 727 Tage ohne Karamo“, wie österreichische Institutionen binationale Liebe zu einem bürokratischen Albtraum werden lassen. Im feministischen Klassiker „Dialogues with Madwomen“ sprechen sieben Frauen über ihre psychischen Erkrankungen, die Entstehungsgeschichte, die Behandlung, und benennen dabei die unrühmliche Rolle von Familie, Kirche und Gesundheitssystem. ris gibt es rotzig-kritischen Punk in „Suburbia“, mit Barbara Peeters den Monster-Horror „Das Grauen aus der Tiefe“, und Doris Wishman zelebriert die Waffen einer Frau in „Deadly Weapons“ so gekonnt trashig, dass selbst der Geheimnisvolle Filmclub Buio Omega – eine Institution des Genres – sich 2001 mit einem Ehrenpreis vor ihr verneigte. Damit gelingt erfreulicherweise gleichzeitig die Förderung von Frauen in einem Bereich, in dem sie allgemein unterrepräsentiert sind. Auch im Kinofilmbereich ist es laut Festivalmachern leider Fakt, dass Regisseurinnen nicht einmal die 20-Prozent-Marke knacken – obwohl sie an den Filmhochschulen noch zahlreich vertreten sind. Das IFFF macht nicht nur mit Diskussionsrunden auf diese Diskrepanz aufmerksam, sondern wirkt ihr auch entgegen: Zum fünften Mal wird der Internationale Spielfilmpreis für Regisseurinnen verliehen. Der mit 25.000 Euro dotierte Preis geht sowohl an die Regisseurin des ausgezeichneten Films als auch an den deutschen Filmverleih, um so die Kinoauswertung des Gewinners in Deutschland zu fördern. Aus über 100 eingereichten Beiträgen wurden vorab acht Filme aus verschiedenen Ländern ausgewählt, die nun um den Preis konkurrieren. Die Regisseurinnen greifen dabei die Facetten ihrer jeweiligen Gesellschaft auf: „Snackbar“ porträtiert marokkanische Jugendliche in Rotterdam, die in „Alis Imbiss“ eine Heimat und in Ali einen ratgebenden Onkel finden. „Pluto“ aus Südkorea ist ein Thriller unter Eliteschülern. Da die Förderung von Frauen im Kino- und Filmbereich möglichst früh ansetzen soll, bietet das Festival neben dem breit aufgestellten Schulfilmprogramm (zu dem natürlich auch Jungs herzlich eingeladen sind) einen berufsorientierenden Workshop im Bereich Sounddesign für Schülerinnen ab 16 an. Vorträge über den Feminismusbegriff in den Medien, Workshops und Werkstattgespräche über den Stand weiblicher Filmschaffender runden den kritisch-aktiven Aspekt des diesjährigen IFFF ab. Interessierte aus dem Rheinland können eine Auswahl des Programms in Köln genießen, mit dem sich Dortmund den Festivalstandort alternierend teilt. Exzessive und aktive Teilnahme an den Angeboten des Filmfestivals ist also erwünscht – und für den trailer-Publikumspreis sogar notwendig. LISA MERTENS Das Kino im U zeigt vom 10. bis 12.4. die Reihe „Exploitation“ und damit ein in sich bereits äußerst exzessives Genre. Das Frauenfilmfestival hat drei Filme von Regisseurinnen im Angebot, die sich gegen den Gedanken wehren, das Genre sei vor allem ein „Männer-Ding“. Mit Penelope Sphee- Internationales Frauenfilmfestival | 9.-14.4. | diverse Kinos in Dortmund www.frauenfilmfestival.eu 43 43 www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … Neue Filme G.I. Joe 2: Die Abrechnung An Enemy To Die For USA/CDN 2012 - Action - Regie: Jon M. Chu - Verleih: Paramount - Start: 28.3. S/D/N 2012 - Thriller / Drama - Regie: Peter Dalle - Verleih: MFA+ - Start: 4.4. Nach dem schnittig-unterhaltsamen ersten Teil, in dem die Hightech-Elitekampftruppe dem Terroristennetzwerk Cobra den Garaus gemacht hat, setzt das Böse nun alles daran, die Guten zu diskreditieren, vor allem aber zu terminieren. Schwindelerregende Popcornkurzweil mit u.a. Bruce Willis. HE 1939 begibt sich ein international besetztes Forscherschiff auf Expedition zum Nordpol. Leiter der Mission ist der deutsche Geologe Friedrich (Axel Prahl), der mit britischen und schwedischen Wissenschaftlern kooperiert, die Crew besteht aus Norweger und Russen. Der Ausbruch des Weltkriegs sorgt für entsprechende Konflikte. Spannendes, gut besetztes Historienabenteuer. HE BO: Bofimax, UCI, DO: Cinestar, DU: UCI, E: Cinemaxx, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion, OB: Lichtburg DO: Voll abgezockt Beautiful Creatures USA 2013 - Komödie - Regie: Seth Gordon - Verleih: Universal - Start: 28.3. USA 2013 - Fantasy - Regie: Richard LaGravenese - Verleih: Concorde - Start: 4.4. Nach seiner wenig subtilen Komödie „Kill the boss“ erzählt Regisseur Seth Gordon diesmal von einem Mann namens Sandy (Jason Bateman, „Kill the boss“), dessen Kreditkarte 2000 Meilen entfernt von einer unbekannten Frau (Melissa McCarthy, „Brautalarm“) geschröpft wird. Sandy sucht die Nutznießerin auf. Dabei immer im Rücken: Sein unerträglicher Boss (Jon Favreau). HE Weiter geht es mit teeniegerechter Genrekost: Nach Zombies („Warm Bodies“) und Vampiren („Twilight“) rücken den jugendlichen Helden diesmal Hexen und Dämonen auf die Pelle. Der junge Ethan (Alden Ehrenreich) verguckt sich nämlich in Lena (Alice Englert), nur wird Lena gerade 16 und muss sich zwischen Licht und Dunkel entscheiden. Eher romantisch als schaurig. HE BO: Bofimax, Union, E: Cinemaxx, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion BO: Bofimax, UCI, Union, DU: UCI, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion, Dead Man Down Zimmer 205 USA 2013 - Thriller - Regie: Niels Arden Oplev - Verleih: Wild Bunch - Start: 4.4. D 2011 - Thriller / Horror - Regie: Rainer Matsutani - Verleih: NFP - Start: 4.4. Victor ist ein schweigsamer Loner, der für Gangsterboss Alphonse durch dick und dünn geht. Eines Tages begegnet er Beatrice, die Victor schon bald für ihre Rachepläne instrumentalisiert. Es kristallisiert sich heraus: Die beiden sind Schicksalsgefährten. Spannender, stimmungsvoller Rachethriller. HE In diesem Remake des dänischen Horrorstreifens „Kolleggiet“ aus dem Jahr 2007 zieht die junge Katrin in das Zimmer 205 eines Studentenwohnheims ein und genießt den neuen Lebensabschnitt. Das geht so lange gut, bis Katrin merkwürdige Videobotschaften der Vormieterin erhält – und es Tote regnet. Atmosphärischer Psychohorrorspuk aus deutschen Landen. HE BO: Endstation, UCI, DO: Cinestar, DU: UCI, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater, GE: Apollo, HE: Filmwelt BO: UCI, DO: Cinestar, GE: Apollo Kiss the Coach Broken City USA 2012 - Komödie/Drama - Regie: Gabriele Muccino - Verleih: Splendid - Start: 11.4. USA 2013 - Drama / Thriller - Regie: Allen Hughes - Verleih: Universum - Start: 18.4. König Fußball spielt in den USA bekanntlich nur eine untergeordnete Rolle. Als jedoch der attraktive Ex-Profikicker Dryer im Hinterland Virginias die Mannschaft seines Sohnes trainiert, wirft plötzlich so manche Mutter ein Auge auf den Sport, oder zumindest auf den Sportsmann. Tragikomödie. HE Nach einem tragischen Vorfall arbeitet der ehemalige New Yorker Polizist Billy recht erfolglos als Detektiv. Als ihn der Bürgermeister beauftragt, seine Frau zu beschatten, stimmt dies Billy zuversichtlich. Doch schon bald entpuppt sich der Fall als ausgeklügeltes politisches Spiel. HE BO: UCI, Union, GE: Apollo BO: UCI, DO: Cinestar, DU: UCI, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater trailer verlost 3x2 Karten. E-Mail bis 7.4. an verlosung@trailer-ruhr.de, Kennwort: Coach Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … trailer verlost 3x2 Karten. E-Mail bis 14.4. an verlosung@trailer-ruhr.de, Kennwort: Broken City 44 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Thor – Ein hammermäßiges Abenteuer Oblivion ISL/D/IR ‘12 - Regie: Ó. Jónasson, G. Karlsson, T. Genkel - Verleih: Koch Media - Start: 11.4. USA 2013 - Action / Sci Fi - Regie: Joseph Kosinski - Verleih: UPI - Start: 11.4. Nachdem Chris Hemsworth als dickköpfiger Göttersohn die Leinwand erbeben ließ, bildet dies die Variante für die ganz kleinen Kinobesucher: Thor lebt hier als Nachwuchsschmied im Hinterland. Als das Dorf von Riesen überfallen wird, besinnt sich der ungestüme Junge seiner Wurzeln und strebt so ambitioniert wie unbeholfen, seinesgleichen zu befreien. Turbulenter Trickfilmspaß. HE Es ist 60 Jahre her, da wurde die Erde von Außerirdischen angegriffen. Die Menschheit hat den Krieg gewonnen – die Erde aber wurde verloren. Verstreut befinden sich noch Plünderer auf der Erde – und Jack Harper, der Drohnen wartet und sichert. Und dabei einem Geheimnis auf die Spur kommt. HE BO: Bofimax, UCI, DU: UCI, E: Cinemaxx, HE: Filmwelt BO: Bofimax, UCI, Union, DO: Cinestar, DU: UCI, GE: Apollo, Schauburg, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion, OB: Lichtburg Mama Unterwegs mit Mum E/CDN 2012 - Horror - Regie: Andres 'Andy' Muschietti - Verleih: UPI - Start: 18.4. USA 2012 - Komödie - Regie: Anne Fletcher - Verleih: Paramount - Start: 18.4. Die kleinen Geschwister Victoria und Lilly durchleben die Hölle bei einer Familientragödie – fünf Jahre später werden sie von ihrem Onkel und dessen Freundin in einer entlegenen Hütte gefunden. Das Paar nimmt sich der verschreckt verstörten Schwestern an. Und schon bald macht sich im neuen Heim der Horror breit. Atmosphärische Schauermär - spooky! HE Andy hat ein umweltverträgliches Reinigungsmittel erfunden. Um es an den Mann zu bringen, plant er eine Promotour durch die Vereinigten Staaten. Und damit es nicht langweilig wird, packt er seine verwitwete, extravagante Mutter (Barbara Streisand) mit ins Auto, die er unterwegs zu verkuppeln sucht. Starbesetzter Road-Movie-Spaß von Anne Fletcher („27 Dresses“). HE BO: UCI, DU: UCI, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion BO: UCI, Union, DO: Cinestar, DU: UCI, E: Cinemaxx, HE: Filmwelt Der unglaubliche Burt Wonderstone Das hält kein Jahr USA 2013 - Komödie - Regie: Don Scardino - Verleih: Warner - Start: 4.4. USA 2013 - Komödie - Regie: Dan Mazer - Verleih: Studiocanal - Start: 18.4. Burt und Anton sind so etwas wie die Nachfolger von Siegfried & Roy: Erfolgreich verzaubern sie das Publikum in Las Vegas. Bis eines Tages Steve Gray (Jim Carrey) auftaucht und den beiden mit seiner originellen Performance die Show stiehlt. Die beiden Magier treten an gegen den unliebsamen Konkurrenten – und gegen Burts Ego. Klamaukkomödie. HE Was nicht passt, wird passend gemacht! Das zumindest denkt der Freundeskreis von Nat (Rose Byrne) und Josh (Rafe Spall) über deren Liaison, die am Ende gar zur Hochzeit führt. Das grundverschiedene Paar muss sich in dieser schrillen romantischen Komödie so einigen Herausforderungen stellen. HE BO: Bofimax, UCI, Union, E: Cinemaxx, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion BO: UCI, Union, DO: Cinestar, DU: UCI, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion Mitternachtskinder CDN/GB 2012 - Drama - Regie: Deepa Mehta - Verleih: Concorde - Start: 28.3. 1983 veröffentlichte Salman Rushdie sein Epos „Mitternachtskinder“, das von Saleem Sinai erzählt, der am Tag der Unabhängigkeit Indiens geboren – und im Krankenhaus vertauscht wird. Eines Tages begegnet er seinem gleichaltrigen Gegenüber. Das historische Familienepos, das sich über sechs Jahrzehnte streckt, wurde für die Leinwand spürbar gerafft adaptiert. HE BO: Metropolis/Casablanca, DO: Camera, E: Filmkunsttheater, OB: Lichtburg Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … 45 45 www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Improvisierte Musik in NRW Kompakt Disk Kryptisch und selbstreferentiell „Privilege“ von den Parenthetical Girls versammelt 12 von 21 Stücken der stark limitierten Serie von fünf EPs, die in den letzten beiden Jahren erschienen. Ihr Kunst-Pop reicht von orchestralem Pathos bis zu elektronischem … Pathos. Das muss so sein bei Zac Pennington, der mit seinem dramatischen, exaltierten Vibrato-Gesang die Stücke zusammenhält (Splendour). Keine Chance, nicht die Beach Boys und Brian Wilson zu erwähnen, und bei dem Bandnamen nicht die Schublade Dream Pop aufzumachen: Die sechsköpfigen Young Dreams aus Norwegen klingen nach psychedelischem Westcoast-Pop der 60er Jahre, neigen mehr zu Experimenten als die Fleet Foxes, aber zerlegen ihre Songs weniger als das Animal Collective. So könnte man ihr Debüt „Between Places“ einkreisen. Und dazu passt ja auch der Albumtitel perfekt (Modular). Das Kölner Duo Coma gehört zur Popfraktion des Technohouse, kann aber auch Club. Soll heißen: Nach mehreren EPs gibt es auf ihrem Debütalbum „In Technicolor“ ein munteres Hin und Her zwischen Popsongs mit AnalogBass und Gesang und euphorischen Club-Hymnen. Letztere gelingen ihnen knackiger (Kompakt). Für seine Soloarbeiten nennt sich Thomas Klein, der Schlagzeuger von Kreidler, Sølyst. Das Album „Lead“ stellt den Rhythmus in den Vordergrund – analogen wie digitalen. Ein Bezugspunkt ist auch hier Krautrock, ein weiterer Ambient. Beides verbindet sich zu getragenen, düster pulsierenden Soundscapes (bureau b). Joy Frempong alias OY macht elektronische Musik und singt dazu. Ihr eklektizistischer Sound und ihre Stimme erinnern an die Kölnerin Niobe, der Spagat zum Club an Santigold, und die afrikanischen Einflüsse in der Musik der Schweizerin mit ghanaischem Elternteil lassen Erinnerungen an die Slits oder Raincoats aufkommen. So spannend klingt dann auch ihr neues Album mit dem geheimnisvollen Namen „Kokokyinaka“ (Creaked). Burnt Friedman & Jaki Liebezeit erforschen bereits zum fünften Mal „Secret Rhyhtms“. Die lange Zusammenarbeit des Nonplace-Labelbetreibers und des ehemaligen Can-Schlagzeugers spürt man in den organischen, psychedelischen Tracks, die wie ein Teppichgewebe immer weiter gleiten – von Schlaufe zu Schlaufe respektive von Loop zu Loop (Nonplace). Bassekou Kouyate & Ngoni Ba zelebrieren auf ihrem neuen Album „Jama Ko“ den weichen, melodischen Mali-Blues mehr denn je. Die vielstimmigen Melodien der Ngoni, der malinesischen Langhalslaute, die hier gleich vierfach zu hören sind, verbinden sich wunderbar mit dem Gesang von Amy Sacko. Als Gäste tauchen die Barr Brothers, Taj Mahal und andere auf. Der melancholische Grundton klingt im Kontext der aktuellen Ereignisse wie eine Klage über die jüngsten Unruhen im Land (Out here). Auch wenn man etliche Kilo Spex-Hefte im Regal liegen hat – wegschmeißen geht auch nicht, nachdem Max Dax und Anne Waak mit „Spex – Das Buch“ eine Compilation des einflussreichen Popmagazins zusammengestellt haben. Das Magazin feierte seit 1980 Subjektivismus und neue Blickwinkel, die Polemik und das Fantum und war durchdrungen von politischen und soziologischen Fragestellungen. Frühe Artikel zu Madonna, Nirvana, Blumfeld oder Daft Punk zeugen für ein gutes Gespür – aber entscheidend war nicht nur das Was, sondern auch das Wie. Das Kryptische und Selbstreferentielle am Magazin wurde immer wieder kritisiert, war aber Teil der Strategie einer anderen Sicht, die man sich erarbeiten musste. Etwas mehr als zwei Artikel pro Jahr finden sich auf knapp 500 Seiten. An Altpapiercontainer für die Magazine ist also trotz des Buchs nicht zu denken (Metrolit). CHRISTIAN MEYER Keine Stretch-Limo Gregor Meyle, immer auf Tour Songwriter Gregor Meyle bleibt bodenständig Von Olaf Weiden Sein Bruder hat ihn damals bei Stefan Raabs Talentshow angemeldet. Und obwohl Gregor Meyle eigene Songs gegen die Cover-Kids und ihre eingängigen Welthits auffuhr – ein Novum in der langen Castingshow-Geschichte –, belegte am Ende der sympathische „Er will keine Kohle machen, Schwabe den zweiten Platz. Insider sondern Musik“ murmelten hinter verdeckter Hand, es könne daran gelegen haben, dass Gregor bereits vor dem Casting einen Plattenvertrag in der Tasche hatte und deshalb vom Metzgergesellen aus Köln-Sülz nicht so effektiv verwurstet werden konnte – böse Zunge. Damals gewann Stefanie Heinzmann, die Soulröhre unter den Primanerinnen, und auch die hat ja wirklich was drauf. Meyle wird in diesem Jahr 35 Jahre jung, drei CD-Produktionen liegen hinter ihm. Trotz verkaufter 50.000 Tonträger von der ersten Ausgabe war er zu klein für seine Plattenfirma, und Meyle musste sein Ding allein durchziehen: Musik und Texte aus seiner Welt, aus seinem Herzen, aus seinem Sinn. Gregor überzeugt in seinen Storys besonders durch eine unverstellte, auf nichts zielende Ehrlichkeit. Selbst Hit-Rakete Raab konstatierte: „Du bist einer der begnadetsten Songwriter!“ Davon konnte sich Meyle allerdings nichts kaufen. Auf seinem Fahrplan stand nämlich nun die sogenannte „Schweinetour“, wo dem Künstler nichts geschenkt wird. Kleine bis mittlere Säle werden bespielt, vor ein paar Dutzend Fans, manchmal ein paar Hundert. Nach Einschaltquote wird auch die Band bestimmt. Und die Musiker haben Spaß an Gregors Stücken, die häufig eine musikalische Dynamik entwickeln, wie sie nur von wenigen Pop-Produzenten erreicht werden. Das Geheimnis der magischen Kraft seiner Musik und ihrer Leichtigkeit liegt vielleicht in Meyles unkommerziellem Ansatz: Er will keine Kohle machen, sondern Musik! Dabei ist er nach nunmehr jahrelangem „On the road again“ kein Tagträumer. Die Band braucht ein Fahrzeug, und dieses benötigt Sprit und Reifen. Aber er lebt ganz gut ohne Stretch-Limo, auch mal Nickern bei Freunden oder bei Mama – im schönen Jagsttal am Rande des Hohenloher Landes ist es immer nett. Die Musiker, allesamt Profis, gehen auch mal mit keiner oder kleiner Gage nach Hause. Aber anders als in anderen konfektionierten Popproduktionen darf bei Gregors Live-Konzerten improvisiert werden. Das liegt schon daran, dass Gregor selbst seine Musiker präsentieren will. Das klingt nach einer Ansammlung von Gutmenschen, aber ein bisschen ist es so – hier waltet ein guter Geist. Der Fan-Kreis im deutschsprachigen Raum wächst kontinuierlich, und wer einmal zur Gemeinde zählt, bleibt gern dabei. Die letzte CD, mit der Gregor und Co. aktuell „Meyle für Meyle“ die Republik abgrasen, haben seine Freunde bereits vorfinanziert. Hier gibt es auch Kostproben im Duett mit Jasmin Schwiers, eigentlich eine gut beschäftigte junge Schauspielerin, die ihr zartes Stimmchen in den Dienst von Gregors Texten stellt – sie ist nämlich auch Fan wie Starkoch Tim Mälzer, Kollege Olaf Weiden Xavier Naidoo, Ina Müller oder Edo Zanki. Der hat sogar Musiker und Musikkritiker einen Meyle-Song gecovert. Gregor Meyle | 5.4. Bochum (Zirkuszelt am JuMa), 6.4. Koblenz (Café Hahn), 7.4. Köln (Altes Pfandhaus), 20.4. Bottrop (Saalbau) | www.gregor-meyle.de 46 Otto JAZZFEST G R O N A U Modersohn LANDSCHAFTEN DER STILLE 25.04. - 05.05.2013 P R O G R A MwwM w.jazzfest.de Ev. Stadtkirche, 25.04.2013, 20.00 Uhr Richard Galliano Tangaria New Quartet Piotr Rangno Bürgerhalle, 26.04.2013, 20.00 Uhr Al Jarreau Yobassa Bürgerhalle, 27.04.2013, 20.00 Uhr Max Herre Flo Mega & The Ruffcats Bürgerhalle, 28.04.2013, 16.00 Uhr Götz Alsmann „Paris!“ Bürgerhalle, 02.05.2013, 20.00 Uhr Jethro Tull’s Ian Anderson (Thick as a Brick II) Innenstadt, 03.05.2013, 20.00 Uhr Nacht der Nächte (20 Bands „live“) Jazz, Blues, Soul, Funk, Boogie, Swing, Balkan-Beat etc. Bürgerhalle, 04.05.2013, 20.00 Uhr Earth, Wind & Fire Exp. feat. 27. JANUAR BIS 21. APRIL 2013 The Al Mc Kay All Stars Mezzoforte Jazz-Frühschoppen in den Kneipen, 05.05.2012, 11.00 Uhr Thomas Gerdiken & friends Lutz Eikelmann & friends Tickets: www.eventim.de oder Touristik-Service Gronau, Fon 02562/99006 · info@stadtmarketing-gronau.de Info: Kulturbüro Gronau GmbH, Fon 0 25 62 / 7 18 70 47 47 MUSEUMSPLATZ 1 58095 HAGEN WWW.OSTHAUSMUSEUM.DE Popkultur in NRW Den Blick zurück oder voraus? Voigt & Voigt Klassik in NRW Ganz Frau in der Musik: Mascha Blankenburg Hinter der Bassdrum geht‘s weiter Tastenfieber und Liebeslust Von Christian Werthschulte Es ist eins dieser Jubiläen, die man verpasst, weil man einfach nicht glauben will, dass die Zeit so schnell vergehen kann. Kompakt, die Kölner TechnoInstitution, ist dieser Tage 20 Jahre alt geworden. 2013 ist auch das Jahr, wo man sich auf Kompakt ein wenig von „Kompakt hat sich von der der reinen Lehre der geraden Bassdrum reinen Lehre der geraden Bassverabschiedet. Den Anfang macht das drum verabschiedet“ Gebrüderpaar Reinhard und Wolfgang Voigt. Beide hatten Kompakt 1993 als Zweigstelle des Frankfurter Plattenladens Delirium mitbegründet, und danach sind sie ihre eigenen Wege gegangen. Von Olaf Weiden Sie bot ihr Leben lang ein gutes Beispiel dafür, dass es sich lohnt, für eine eigene Sache einzutreten. Elke „Mascha“ Blankenburg, seit 1970 Kantorin einer evangelischen Gemeinde in Köln, war kein Ja-Sager. Bereits in ihren Startjahren und in den zwei Jahrzehnten „Genial war der universale ihres Kirchendienstes bot sie ihrer GeEinsatz dieser Musikerin“ meinde eine moderne Form seelsorgerisch-musischen Engagements. Die energische Dame, gebürtig aus einem Allgäu-Örtchen, ganz in der Nähe des verschlafenen Kurortes, in dem die Wiege des Filmrevolutionärs Rainer Werner Fassbinder schaukelte, fühlte sich neben ihrer Kantorentätigkeit auch immer als Künstlerin. So entwickelte sie ihren „Kirchenchor“ über die Jahre zur „Kölner Kurrende“, einem semiprofessionellen Ensemble, mit dem sie in der Kölner Chorlandschaft dank ihrer emotional ergreifenden Aufführungen besonders für ein junges Publikum zur Dirigentinnen-Ikone aufstieg. Ein weiteres kleines Ensemble, nach Isabella Leonarda benannt, wurde für die Ältere Musik gegründet, um auf breitem Felde Sturm zu laufen für die Rettung wunderbarer Musiken, die aus einem einzigen Grunde in einem Dornröschenschlaf verhaftet waren: Ihre Urheber waren Frauen, Komponistinnen nämlich. Das Kölner Label Kompakt wird zwanzig Wolfgang betrieb unter seinen Pseudonymen Mike Ink und GAS Techno mit Referenz, machte sich als bildender Künstler einen Namen und war in den Nullerjahren lange als A&R für Kompakt tätig. Seine letzten Releases als Solokünstler widmen sich der Erforschung des Klaviers oder übersetzen die Stimme Franz Kafkas in den Kontext elektronischer Musik. Reinhard Voigt übernimmt mittlerweile die Arbeit im Hintergrund von Label und Vertrieb, ist aber lange als Techno- und Ambientproduzent rund um die Welt aufgetreten. Reichlich betriebsam ist das Brüderpaar also, trotzdem haben sie in den letzten Monaten immer wieder Zeit gefunden, in ihr Kellerstudio zu gehen und sich von den Helden ihrer Jugend inspirieren zu lassen. Entstanden ist dabei „Die wunderbare Welt der Anderen“, eine Hommage an die Zitatpopper von Scritti Politti, Prefab Sprout und ABC oder den Soul-Pop von George Michael. Über den recht straighten Electrobeats liegt mal ein Gitarrensample, dann mal eine Flöte und immer eine leichte Schicht Nostalgie. Frauenliebe zur Musik Es ist ein Soundtrack zu einem Köln, das längst nicht mehr existiert, wo am Tresen lange über Platten diskutiert wurde und darüber Freundschaften zerbrechen oder – noch viel häufiger – entstehen konnten. So ist „Die wunderbare Welt der Anderen“ dann auch ein strukturiertes, abwägendes Album geworden, das die Unmittelbarkeit der Clubnacht gegen die nostalgische Erinnerung an die Glanzzeit des Diskurspop eintauscht. Auf der Tanzfläche zu Hause sind dagegen Marius Bubat und Georg Conrad aka Coma, deren Debüt „In Technicolor“ gut fünf Jahre nach ihrem ersten Liveauftritt erscheint. Tatsächlich hört man dem Debüt der beiden ihre Indie-Vergangenheit an – und das ist ausnahmsweise mal ein Kompliment. Die Strophen und Refrains ihrer instrumentalen Songs tarnen sich als Dancetracks, können aber niemals so richtig verbergen, dass sie später einmal als Popsongs in die weite Welt hinaus möchten. Die Synthesizer schlagen wenig Haken, sondern spielen kleine Melodien, zwischendurch wird ein wenig ins Mikro gehaucht. Seinen Charme erzielt „In Technicolor“ aber durch seine Unschärfe. Anstatt ihre Loops messerscharf in das Diktat der Software einzupassen, lassen Coma sie aus dem Ruder laufen und erzeugen so den eigentümlichen Groove, der immer an Christian Werthschulte ein Post-Punk-Konzert erinnert und damit an einen Journalist und Anspruch Kompakts von Beginn an – unabhängig zu sein. Musikkritiker Um die Werke zu beleben, musste Mascha zuerst die schriftlichen Zeugnisse in den internationalen Archiven aufspüren und heben. Ihre Arbeit sicherte sie sich ab durch die Gründung eines „Internationalen Arbeitskreises Frau und Musik“. In Unna, wo sie als erste Stadtmusikerin eine „Internationale Komponistinnen-Bibliothek“ aufbaute, initiierte sie ein Frauenmusik-Festival. Als Mascha 1980 trotz einiger Widerstände ihr erstes Frauenmusikfestival in Köln und Bonn ausrief, führte sie als Höhepunkt eine komplette Oper von Francesca Caccini auf. Diese älteste bekannte Oper einer Komponistin rief nachdrücklich in Erinnerung, wie lange die Unterdrückung solcher großartigen Werke schon währt. Berühmt sind die Lieder und Chöre der Fanny Mendelssohn, die teilweise in Sammlungen ihres Bruders Felix unter dessen Namen erschienen. Louise Farrenc und Lili Boulanger gehörten zu den heute wieder erwähnten Namen, für deren Werke Mascha sogar ein Orchester gründete, das „Clara Schumann Orchester“. Genial, weil unendlich effektiv, war der universale Einsatz dieser Musikerin für ihre Entdeckungen: Sie grub aus, transkribierte, gab heraus und führte die Werke auf. Viele Einspielungen und Produktionen zeugen heute von dem Einsatz dieser kämpferischen Musikerin. In den letzten Jahren folgte konsequent noch ein Lexikon der zurzeit agierenden Dirigentinnen, und es wurde ein ansehnlicher Band. Mascha konnte fantastische Anekdoten über ihre frühen Konfrontationen mit der damals noch strengeren Männerdomäne „Orchester“ erzählen. Sie besaß nämlich den Humor, der den vielleicht berechtigten Hass besiegen kann. Mit einer solchen Leichtigkeit gelingen Dinge, die einem akribischen Historiker oder einem perfektionistischen Dirigenten auf ewig verschlossen bleiben. Dass Fanny MenOlaf Weiden delssohn-Hensel heute als Fanny Hensel bekannt ist, hat Musiker und sie u.a. dem Einsatz der Mascha Blankenburg zu danken. Musikkritiker Voigt & Voigt: „Die wunderbare Welt der Anderen“ Coma: „In Technicolor“ | beide erschienen auf Kompakt www.kompakt.fm Autobiographischer Roman: „Tastenfieber und Liebeslust“ www.mascha-blankenburg.de 48 Interview Konzertsaal mit Standortvorteil, Foto: Mark Wohlrab „Der Gegenentwurf wäre ein Kulturreservat“ Benedikt Stampa über Programm und Standort des Konzerthauses Dortmund trailer: Herr Stampa, Dortmund und Kultur, passt das eigentlich zusammen? Benedikt Stampa: Man unterschätzt Dortmund oft. Die Stadt ist gut 1.100 Jahre alt. Hier existierte schon sehr früh ein bürgerliches Kulturleben, das dann aber durch Kohle und Stahl überdeckt wurde. Bedeutung für den Menschen hat, dann doch, wenn es funktioniert, Mahler, Schostakowitsch oder Schönberg in solch einem Viertel zu spielen. Es ist sehr gut, das hier immer wieder ausprobieren zu können und zu sehen: Klassische Musik hat heute definitiv eine Bedeutung. Der Gegenentwurf wäre ein Kulturreservat. Im Vergleich zu anderen Städten sieht Dort- Dortmund hat ein Haus, Bochum noch immer obdachlose Symphoniker. Ist das nicht ein mund oft eher blass aus. Eine höfische Tradition, die im Bereich Oper und bisschen blöde organisiert? Auch München behauptet, dass Schauspiel Sehenswertes her„Wird es gelingen, aus dem es dort ein obdachloses Orvorbrachte, hat Dortmund natürlich nicht. In solchen Städ- Konglomerat von Städten eine chester gibt. Auch in Hamburg Metropole zu schaffen?“ wird erst jetzt die Elbphilharten ist alte Kultur in breiten monie gebaut. Ich kann nur für Bevölkerungsschichten selbstverständlich. Dortmund gehörte aber 100 Jahre Dortmund sprechen. Diese Stadt hat mit ihrem zu den reichsten Regionen Europas. Hier stellt Konzerthaus etwas Besonderes geschaffen. sich die Frage nach dem Kulturbegriff. Wenn nur alte Kultur veritable Kultur ist, kann Dortmund Gibt es eher Kooperation oder Konkurrenz nicht so viel bieten. Aber diese Frage stelle ich zwischen den Städten hier? Natürlich gibt es gute Kooperationen mit Essen mir hier gar nicht mehr. und auch mit Köln auf hohem Niveau. Aber es gibt auch Konkurrenz. Fühlen Sie sich denn wohl hier? Selbstverständlich. Dortmund ist eine spannende Stadt. Das Ruhrgebiet insgesamt ist klas- Oft wird kritisiert, dass jede Stadt im Ruhrse. Ich bin geboren und aufgewachsen in West- gebiet das gesamte kulturelle Angebot abdefalen, habe lange in Hamburg gelebt und bin seit cken will und dadurch viel Geld verschlungen sieben Jahren wieder im Ruhrgebiet. Die Men- wird. Sehen Sie das auch so? schen, die ich hier vorfinde, sind von meinem Das ist die spezifische Situation im Ruhrgebiet, die wir ja nicht einfach wegdiskutieren können. Schlag, und ich mache das gern hier. Es gibt die 53 Städte hier, die alle ihre GeschichDie Brückstraße, an der Ihr Konzerthaus te und ihre Eigenheiten haben. Die spannende steht, ist ja nicht gerade ein Villenvorort. Ist Frage lautet: Wird es gelingen, aus diesem Konglomerat von Städten eine Metropole zu das ein Nachteil? Für uns ist unsere Adresse ein Standortvorteil. schaffen? Dieses Experiment kann nirgendwo Es gibt viele Konzerthäuser, die auf der soge- anders auf der Welt gelingen. Für 5,3 Millionen nannten grünen Wiese oder auf einem grünen Menschen ist mit zwei großen Konzerthäusern Hügel gebaut wurden. Wir sind eines der weni- in Dortmund und in Essen das Angebot nicht zu gen Konzerthäuser, die direkt im Zentrum einer groß. Berlin hat zwei Konzerthäuser, Wien hat Stadt stehen. Viele Musiker finden es fantas- zwei Konzerthäuser, München wird demnächst tisch, wenn sie nach ihrem Konzert noch ge- zwei haben. öffnete Restaurants finden. Auch die Besucher profitieren davon. Natürlich ist das Brückstra- Und Bochum bekommt jetzt auch noch eins. ßen-Viertel nicht gerade ein Repräsentations- Dieses Haus wird eher für das lokale Musikleben viertel. Aber diese Spannung, die dadurch ent- gebaut. An die Häuser in Dortmund und Essen werden andere Erwartungen gestellt. steht, finde ich gut. Eigentlich müssten Sie ständig „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ spielen … Wenn Klassische Musik überhaupt noch eine Sie bieten mit Ihrem Programm ja nicht gerade die Klassische Klassik an, sondern eher Crossover. 49 Dieser Begriff ist absolut unpassend. Wir bieten neben Klassik auch Jazz, Weltmusik, Pop, Kabarett und Chanson. Aber wir mischen die Genres nicht. Der Austausch zwischen den Genres kann natürlich befruchten. Im April gastiert bei uns Anoushka Shankar, die Tochter von Ravi Shankar. Sie wird im Rahmen eines viertägigen Festivals mit vielen Musikern die große Welt der Indischen Musik in Dortmund präsentieren. Solch ein Festival ist wichtig für einen urbanen Konzertsaal. Häuser in London und Paris bilden diese Art Klassische Musik seit Jahrzehnten ab. Was können wir von den Indern lernen? Ihre Musiktradition basiert nicht auf niedergeschriebenen Noten. Interessant ist, dass der indische Raga mit dem spanischen Flamenco verwandt ist. Wenn man das Publikum hier entsprechend vorbereitet, ist es bereit, sich dieser komplexen Musik zu stellen. Und der Raga ist in seiner Komplexität unserer Klassischen Musik durchaus mindestens ebenbürtig. Die Kunst liegt darin, für verschiedene Genres offen zu sein und in dieser Offenheit die Qualität zu entdecken. Das ist quasi mein Job. Das gelingt auch? Das Echo unserer Arbeit beim Publikum und in der Presse, bei den Sponsoren und den Verantwortlichen bei der Stadt Dortmund beweisen dies. Sie haben Ihren Vertrag gerade bis 2018 verlängert. Was haben Sie mit Dortmund noch vor? Wir werden weiter renommierte Künstler hier ans Haus binden. Außerdem werden wir im Bereich der jungen Künstler die besten aussuchen. Dortmund gilt inzwischen als Plattform für musikalische Karrieren. INTERVIEW: LUTZ DEBUS ZUR PERSON Benedikt Stampa (47) ist Intendant des Konzerthauses Dortmund. Foto: Achim Multhaupt ComicKultur Wortwahl Dramatische Erinnerung Vom Leben gezeichnet Mit „Geschichten aus dem Viertel“ erzählt Gabi Beltrán von seiner Jugend auf Mallorca. Nicht als Tourist, sondern als Einwohner vor dem Urlaubsboom auf der Insel Anfang der 80er Jahre. Er und seine Kumpels streunen zwischen Huren und Gangstern durch die Gegend und versuchen, an Geld zu kommen, kassieren aber häufig Prügel oder handeln sich anderen Ärger ein. Bartholomé Seguí illustriert die realistische und berührende Coming of Age-Geschichte in lebendigen Farbzeichnungen (avant verlag). Noch ein Viertel: „Böse Geister“ erzählt von einem älteren Mann, der in sein altes Viertel zurückkommt, als er erfährt, dass es abgerissen werden soll. Im verlassenen Haus seiner Kindheit kommen Erinnerungen an die Nachkriegszeit hoch, mit ehemaligen Nazis als Lehrer und Comics, die als Schund galten. Peer Meter und Gerda Raidt ist ein atmosphärisches Zeitportrait gelungen, das raffiniert Spannungsmomente setzt (Reprodukt). „Die Frau ist frei geboren“ erzählt die Geschichte von Olympe de Gouges, jener frühen Feministin, die schließlich von Robespierres Terrorregime zum Tode verurteilt wurde. José-Louis Bocquet erzählt de Gouges bewegtes Leben und ihren Kampf für die Gleichberechtigung auf 400 Seiten. Die vielen Personen und politischen wie gesellschaftlichen Hintergründe machen dennoch einen 50seitigen Anhang nötig. Nach dem ungewöhnlichen Frauenportrait „Kiki de Montparnasse“ ist es auch hier Catel Muller, von der die schwungvollen Schwarzweiß-Zeichnungen kommen (Splitter). Außergewöhnlich ist „Der Tod von Adorno“. Helmut Wietz hat den Anfang seines surrealen AgitpopArt-Comics vor über 40 Jahren für die Aufnahmeprüfung an der Filmschule begonnen und dann liegen lassen. Erst jetzt, im Ruhestand, hat er ihn vollendet. Das semi-autobiografische Werk erzählt vergnüglich und quietsch- Das Leben hinterlässt seine Spuren?! Wie niedlich: Hier ein Grübchen, da ein paar Fältchen? Johan Willners fotografische Szenen sprechen eine andere Sprache; speziell die Peopleaufnahmen. Stills, inszenierte Momente, stumm und anklagend, Ausschnitte aus dem Leben, in denen es nicht nur um ein paar lächerliche Schrammen geht. Leer, angefressen, ausgehöhlt, innerlich vernarbt erscheinen die Blicke der Protagonisten und lassen ihre Augäpfel zu Spiegeln unserer eigenen Seele werden. Selbst der Titel des Fotobildbands „Boy Stories“ (HatjeCantz) gibt sich nur vermeintlich harmlos, versteckt sich doch auch unter seiner Oberfläche eine viel abgründigere, prägende Wahrheit, die Stoff für ganze Romane, Dramen oder Horrorstorys birgt. Was für ein Horror, wenn man sich zum Beispiel völlig zu Unrecht wegen Mordes angeklagt im Gefängnistrakt der zum Tode Verurteilten wiederfindet. In das Gesicht des Taxifahrers Jeff Sutton möchte man gar nicht blicken, zumal außer seinem gefühlstoten Zellennachbarn niemand an seine Unschuld glauben will. Wenn dann noch die Ermittlung Beweise manipuliert, zieht sich die Schlinge erbarmungslos zu: „Hoffnung ist Gift“ (Deuticke); und was den Kloß im Hals des Lesers noch dicker werden lässt: Ian Levisons Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit. / Insofern könnte man bei Bodo Kirchhoffs Roadstory „Die kleine Garbo“ (dtv) beinahe aufatmen. Doch bereits das pulpartige Intro entwickelt einen unglückseligen Sog. Hier „Der Mann, der nur sich selbst erschießen wollte“, sich aber spontan für einen Bankraub entscheidet, in dessen Folge er aus Versehen zwei Menschen umlegt. Dort der zwölfjährige TVStar, dem die Welt scheinbar naturbedingt zu Füßen liegt. Zwei Gegenpole, deren schicksalhafte Verstrickung die Zweifelhaftigkeit des Glücks erahnen lässt. Was heißt auch schon Glück? Ist es „Das Geschenk“ (dtv), das Wolf Wondratscheks einstiger Haudrauf Chuck einunddreißig Jahre nach seinen selbstver- bunt von Studentenbewegung, Zielgruppenfilmen, Pornografie und Adorno im Bundestag (Metrolit). Mit dem vierten Band von „Klezmer“ verfolgt Joann Sfar weiterhin das Schicksal eines Klezmer-Ensembles im Russland des frühen 20. Jahrhunderts. In Odessa angekommen landet die Truppe in einem Zirkus, und Sfar nutzt das Ambiente, noch mehr als bisher das Leben in all seinen Facetten mit wilden Zeichnungen, Liebe und Gewalt zu zelebrieren (avant verlag). Nach Thomas Bernhards „Alte Meister“ nimmt sich Nicolas Mahler nun gleich zwei Vorlagen auf einmal vor: „Alice in Sussex“ verknotet Lewis Carrols „Alice in Wonderland“ mit „Frankenstein in Sussex“ des Österreichers H.C. Artmanns, der ja schon Alice mit Mary Shelleys Monster verband. Also Zitat hoch zwei, was Mahler da in seinem gewohnt trockenhumorigen Minimalismus betreibt (Suhrkamp). „Spiegelstärke“ ist ein 1995 von Marc-Antoine Mathieu konzipiertes Erzählexperiment, das vorne wie hinten begonnen werden kann und in der Mitte zusammenfindet. Es ist der letzte Band der kafkaesken Vexierspiele um den Angestellten Julius Corentin Acquefacques, der nun wieder vorliegt (Reprodukt). liebten Prosagedichten („Chucks Zimmer“) erfährt? Von wegen: „Chuck, der sein Kind liebt, das nie zur Welt kommen wird“. Nun sitzt das ergraute Narbenherz seinem 14jährigen Sohn gegenüber und muss erkennen „Ein Kind macht sich auf, sein Leben zu beginnen, während der Vater, lächerlich wie ein Vater, verwundbar wie ein Vater, sich damit abzufinden hat, sein Leben als Anfänger zu beenden!“ Zeit zur schonungslosen Selbstdemontage; anhand der verwegenen Zeugungsgeschichte seines Nachfahrens. / Die Reflexion des Anfangs vom Ende. Auch in Claire Vaye Watkins‘ Titelstory „Geister, Cowboys“ (Ullstein) steht diese Rekonstruktion am Anfang: „Am Ende kann ich nicht aufhören, über Anfänge nachzudenken.“ Und so beginnt das Leben der Erzählerin doch nicht mit dem Moment, an dem Razor Blade Baby einzog, oder als ihre Eltern mit Charles Manson auf eine Ranch zogen, oder als der Architekt Himmel Green Reno seinen Stempel aufdrückte, oder, oder, oder, sondern als Charles Fuller eine Holzbrücke über den Truckee baute – und damit den Goldschürfern und Minenarbeitern, Glückssuchern und anderen Sonderlingen den Weg in Watkins‘ psychedelisch-pulsierende Storys vom Leben und den Narben, die es hinterlässt, zu bereiten. Und das Ende vom Leid: der keinerlei Glückseligkeit versprechende, dafür aber beruhigend nüchtern abschließende Blues „The Way Home“ (HatjeCantz), wie er sich in Tom Hunters Fotografien manifestiert. Ob leere Gebetsräume oder triste Wohnzimmer samt ihrer Bewohner, verwaiste Parkanlagen, spooky Puppentheater oder ewig Reisende in ihren Heimen, und selbst die als Story aufgefangenen Momente, nicht nur die vom Ende des Lebens und dem Anfang der Hölle, auch jene vermeintlich medias in res festgehaltenen, sie alle zelebrieren das Ultimative. Ob unglücklich oder glücklich, leer oder lächelnd, geschlagen oder stur: Die Protagonisten, die Szenen, die Räume in den Fotografien des Briten strahlen – trotz oder gerade wegen der schicksalhaften Narben und Wunden – eine eigentümliche Ruhe aus, die Ruhe des finalen Moments. LARS ALBAT „Parker“ basiert wie der gleichnamige Film mit Jennifer Lopez oder John Boormans Klassiker „Point Blank“ von 1967 auf Donald E. Westlakes Roman „The Hunt“. Darwyn Cooke erzählt die Noir-Story um Verrat im Verbrechermilieu im coolen 60‘s-Style und ist damit näher an Boorman als an Lopez (Eichborn). Ebenfalls im Zeichen des Noir-Krimis steht Benoît Sokals „Inspektor Canardo“-Reihe. Auch mit dem 21. Band „Schneeschnackseln“ hält der Belgier mit seinen tragikomischen Krimis um den Entendetektiv im Trenchcoat die Qualität. Der Handlungsort ist ein eingeschneites Schloss, die Protagonisten sind degenerierte Politiker und verarmter Adel – allesamt ziemlich notgeil (Schreiber & Leser). CHRISTIAN MEYER 50 Textwelten FREUNDESKREIS KUNSTWERKSTATT AM HELLWEG WATTENSCHEIDER HELLWEG 9 44869 BOCHUM TEL 02327 957433 FAX 02327 957434 mail@kunstwerkstatt-am-hellweg.de www.kunstwerkstatt-am-hellweg.de Konzerttermine im April 2013 Gibt es bald Bücher mit „18+“-Kennzeichnung? Foto: Mira Moroz Hetzkampagne Klavierabend Inga Fiola Chopin, Scrjabin, Liszt Freitag 5. April Sonntag 7. April Russland installiert Gesetz zum Verbot von Kinderbüchern Russen lesen gerne, vor allem auf Deutsche Literatur richtete sich stets ein großes Interesse. Immerhin sprechen in Russland mehr Menschen Deutsch als im Rest der Welt, abgesehen von Deutschland, Österreich und der Schweiz. Aber wer weiß, ob sich in Zukunft überhaupt noch ein Kinderoder Jugendbuch in Putins Reich verkaufen lässt. Denn jetzt ist ein Gesetz in Kraft getreten, das „Jim Knopf“ oder den „Räuber Hotzenplotz“ zu einem Fall für die Polizei macht. Was auf den ersten Blick nicht unvernünftig wirkt, ein Gesetz zum „Schutz der Kinder vor Informationen, die ihrer Gesundheit und Entwicklung schaden“ zu formulieren, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als übler Versuch, die Zensur zu installieren. „A Story I will tell you“ Lieder und Kammermusik aus Renaissance und Barock von G. Ph. Telemann, G. Torelli, E. de la Guerre, J. Dowland, B. Strozzi, J. Greber u.a. Barock-Ensemble Aliquando + Banquetto Musicale Freitag 19. April 19:30 Sonntag 21. April 16:00 Klavierabend Vladimir Mogilewski Tschaikowski und Liszt Dienstag 23. April So berichtet Christiane Raabe, die Direktorin der Internationalen Jugendbibliothek in München, von den Konsequenzen, die die neue Regelung fordert. Sie verpflichtet „Verlage, Kinder- und Jugendbibliotheken und Buchhandlungen ab sofort, Bücher mit „18+“ zu kennzeichnen, in denen Gewalt geschildert, Drogen, Tabak und Alkohol konsumiert, Selbstmord verübt, Konflikte mit Gewalt thematisiert, der Wert der Familie und die Autorität der Eltern infrage gestellt, Sexualität, Pornographie und Krankheiten (darunter fällt in Russland auch Homosexualität) verhandelt und Schimpfwörter enthalten sind.“ Im „Räuber Hotzenplotz“ wird geflucht, und in Michael Endes „Jim Knopf“ genehmigt man sich bisweilen einen Schluck aus der Rum-Pulle. Freilich ist diese Attacke zur Vernichtung eines ganzen Bereichs des literarischen Lebens, wie ihn in dieser Verbissenheit nicht einmal die Kommunisten vor 25 Jahren betrieben, auf der Ebene des Hotzenplotz nicht zu verhandeln. So richtig böse geht es nämlich im Kleingedruckten zur Sache. Die russischen Bürger werden dazu aufgerufen, Anzeige zu erstatten, wenn sie sich über den Inhalt eines Jugendbuchs ärgern, so dass Buchhandlungen oder Verlegern der Prozess gemacht werden kann. Die Hetze, zu der aufgerufen wird, hat schon begonnen. Nach der Veröffentlichung von Beate Teresa Hanikas Roman „Rotkäppchen muss weinen“ gab es nach den Worten von Christiane Raabe öffentliche Anfeindungen gegen den Verlag von Seiten der Journalisten und Eltern. Ein bezeichnender Fall, weil dieser Roman, der zu den literarisch besten deutschen Texten im Jugendbereich der letzten zehn Jahre zählt, subtil die Auswirkungen sexuellen Missbrauchs thematisiert. Hier offenbart sich, dass ein Gesetz, wie es hier unter dem Mäntelchen des Jugendschutzes formuliert wird, keinen Schutz bietet, sondern die Auseinandersetzung über gesellschaftliche Probleme wie Missbrauch oder Gewalt im Keim zu ersticken versucht. Interessant auch, wie umsichtig dieses Zensurgesetz angelegt ist. Indem es bewusst auf die Denunziation setzt, fordert es konsequent zum Kesseltreiben gegen die Kulturschaffenden auf. Wir kennen solche Gesetze aus den dreißiger Jahren, als man das Wort von der Entarteten Kunst erfand. Was kann man tun? Widerstand könnte sich formieren, und zwar gleich in den oberen Etagen der literarischen Repräsentation. Der Vorsteher des Börsenvereins und der Vorsitzende des PEN sind gefragt. Verleger, Autoren, Journalisten und Leser müssen zusammenstehen, denn dem russischen Beispiel werden auch andere undemokratische Regime in Europa folgen wollen. THOMAS LINDEN 51 19:30 16:00 19:30 Eintritt € 10,-- , Kinder und Jugendliche frei Detailinformationen unter www.kunstwerkstatt-am-hellweg.de www.westfalenbad.de HAGENs Sauna- und WellnessOASE KirschblütenfestSaunanacht Sa., 13.04.2013 | ab 19:00 Uhr r erhalten *Clubmitgliede tt auf 2 Euro Raba eis. den Eintrittspr reits be f au (Kein Rabatt tte.) ba Ra rte äh w ge Ein entspannter Abend mit kulinarischen Highlights und stimmungsvoller Live-Musik aus Japan. Preis: 38,00* EUR, inkl. Saunatageskarte und Buffet. Anmeldung unter 02331-208-602 erforderlich. Alle regulären Gäste werden gebeten, die Sauna um 19 Uhr zu verlassen oder den Aufpreis nachzubuchen. Stadionstr. 15 | 58097 Hagen | Tel. 02331-208-600 | info@westfalenbad.de Literatur-Kalender Ruhr 24.04.2013 So viele Fragen stellt das Leben – Tritt ein in die Bibel wie durch eine Tür! Lesung mit dem Autor Rainer Oberthür In einer kleinen Lesereise gibt Rainer Oberthür Einblicke in seine philosophischen und biblisch-religiösen Bücher, immer geschrieben für Kinder und alle im Haus. Denn die großen Fragen stellt der Mensch schon als Kind, aber auch darüber hinaus. Eintritt: 5,00 € - 19.00 Uhr Die Bochumer Literaten präsentieren ihre Frühjahrslesung, Foto: Bochumer Literaten Die Literatur-Termine der Region Bochum – Bahnhof Langendreer Gelsenkirchen – die flora 0234 6 87 16 10 0209 1 69 91 05 Wladimir Kaminer: Onkel Wanja kommt … Eine Reise durch die Nacht Mi 17.4. 20 Uhr Mit dem Russentaxi durch Berlin. Auch am 30.4. in Dortmund (Harenberg City Center). Heinrich Hauser: Schwarzes Revier Do 18.4. 20 Uhr In einer szenischen Lesung folgen die „Spielkinder“ Till und Nils Beckmann gemeinsam mit FAZ-Feuilletonredakteur Andreas Rossmann und dem Klangkünstler Peter Eisold den Spuren Heinrich Hausers durch das Revier von 1928. Bochum – Buchhandlung Janssen 0234 38 55 88 07.05.2013 „Kolja – Erzählungen aus Israel“ Lesung und Gespräch mit dem deutsch-israelischen Autor Chaim Noll. Sensibel beschreibt Chaim Noll in seinen Erzählungen aus Israel kleine Begebenheiten und große Ereignisse. Zusammengenommen zeichnen sie ein detailliertes Portrait der gegenwärtigen israelischen Gesellschaft, in der Politik und Religion ganze Lebensläufe bestimmen. Eintritt: 10,00 € - 19.30 Uhr Bochumer Literaten: Frühjahrslesung Fr 19.4. 20 Uhr Auf Einladung der Literarischen Gesellschaft lesen die Bochumer Literaten unter dem Motto „Aus der Werkstatt“ aus ihrer Produktion und geben Einblick in ihr Schaffen. Bochum – Schauspielhaus/Theater Unten 0234 3 33 30 Goosens neue Bücher Di 9.4. 19.30 Uhr Frank Goosens Leidenschaft für Bücher dürfte so groß sein wie seine Liebe zum VfL. Seine Lesetipps sind allerdings erstklassig … Bochum – Rotunde 0234 3 6 14 86 Tilman Rammstedt: Die Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters Mi 10.4. 20 Uhr TIPP 23.05.2013 „Nathan und seine Kinder“ Lesung und Gespräch mit der Autorin Mirjam Pressler anlässlich der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille an die Autorin Nathan der Weise, Lessings Plädoyer für religiöse Toleranz, ist eines der meistgespielten deutschen Dramen. Klug, weitsichtig und brillant erzählt Mirjam Pressler den klassischen Stoff neu - provozierend zeitgemäß, aber nicht ohne Hoffnung für eine friedliche Koexistenz der Religionen. Eintritt: 10,00 € - 19.30 Uhr Duisburg – Grammatikoff 0203 2 79 16 Prophet – Konzert/Lesung mit Tex Sa 26.4. 19.30 Uhr Mit TV Noir hat Tex ein Musik- und Talkformat zu Kultstatus erhoben. Auf sein eigenes Programm mit Texten des Philosophen Khalil Gibran sowie eigenen Songs und Überraschungsgästen darf man gespannt sein. Essen – Heldenbar (Schauspiel Essen) 0201 8 12 20 Happy End – Ein Feenmärchen von Jakob Arjouni Do 11.4. 19.30 Uhr Die Schauspielerin Ines Krug erinnert an den im Januar im Alter von nur 48 Jahren verstorbenen Schriftsteller. Essen – Museum Folkwang 0201 8 84 54 44 Josef Winkler: Wortschatz der Nacht Fr 19.4. 20 Uhr 34 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung wird das Jugendwerk Winklers anlässlich seines 60. Geburtstags wiederveröffentlicht. Daraus und aus seinem neuen Buch „Mutter und der Bleistift“ liest der Büchner-Preisträger. Kartenvorverkauf Medienforum des Bistums Essen Zwölfling 14 / 45127 Essen Tel.: 0201 / 2204-274 Fax: 0201 / 2204-272 medienforum@bistum-essen.de Gelsenkirchen – Schloss Horst 0209 1 69 61 59 Gerald Asamoah: Dieser Weg wird kein leichter sein … Mo 15.4. 19 Uhr Gemeinsam mit dem Sportreporter Peter Großmann beschreibt der Fußballer seinen Weg von den Straßen Ghanas bis in die deutsche Nationalmannschaft. TIPP = trailer-Empfehlung auf den Auswahl-Seiten Hagen – Kulturzentrum Pelmke 02331 3 36 96 Slime: Deutschland muss sterben Fr 5.4. 20 Uhr Daniel Ryser hat die Biographie einer der prägendsten deutschsprachigen Punkbands geschrieben und geht nun mit Bandmitgliedern auf Lesetour. Natürlich gibt es dann auch ein exquisites Akustik-Set auf die Ohren. Hattingen – Mayersche Buchhandlung 02324 9 19 86 80 Rainer Küster: Wolfszorn Fr 12.4. 17.30 Uhr Im neuen Krimi des Bochumer Autors muss eine Profilerin des LKA die Kommissare Brenner und Rogalla unterstützen. Hattingen – Stadtbibliothek 02324 2 04 35 60 Fritz Eckenga: Alle Zeitfenster auf Kippe Di 23.4. 19.30 Uhr Fritz Eckenga sorgt für ordentlich Durchzug in den Köpfen. Mülheim – Ringlokschuppen 0208 99 31 60 Olga Martynova: Mörickes Schlüsselbein Mi 10.4. 19.30 Uhr Die letztjährige Bachmann-Preisträgerin zu Gast bei der Lesereihe „Textrevolte“ des Literaturbüros Ruhr. Witten – Mayersche Buchhandlung Krüger 02302 28 28 00 Tanya Stewner: Liliane Susewind – Mit Freunden ist man nie allein Di 23.4. 11 Uhr Liliane Susewind ist eine empfehlenswerte Kinderbuchreihe um ein Mädchen, das mit Tieren sprechen kann. Doch warum findet die Lesung an einem Wochentag vormittags statt, wenn die Zielgruppe in die Schule gehört? Auch am 24.4. in Hattingen (ebenfalls Mayersche Buchhandlung). Witten – unikat info@unikatclub.de Ulrich Land: Krupps Sollbruchstelle Mi 24.4. 20 Uhr Herbst 1902: Kurz nachdem das Gerücht die Runde macht, dass Friedrich Alfred Krupp homosexuelle Kontakte pflegt, wird er tot aufgefunden. Empfehlungen von Frank Schorneck Der Kalender wird präsentiert von: Literaturmagazin, im Bahnhofsbuchhandel, www.Die-Lust-am-Lesen.de 52 RuhrKunst Otto Modersohn, Dorfstraße in Worpswede, 1897, Öl auf Leinwand, 102 x 173 cm, Otto Modersohn Stiftung, © Otto Modersohn Museum, Fischerhude, VG Bild-Kunst, Bonn In der Natur Das Osthaus Museum in Hagen zeigt eine Werkschau von Otto Modersohn Die Zeit, welche jedes dieser Bilder einfängt und in atmosphärischer Dichte erfahrbar werden lässt, sollte man sich im Osthaus Museum nehmen. Der Landschaftsmaler Otto Modersohn (1865-1943) hatte nach seinem Tod einfach Pech. Zwar gibt es das Otto Modersohn Museum an seinem Wohnort Fischerhude, aber in den letzten drei Jahrzehtnen war in Deutschland keine umfassende Museumsschau seiner Malerei zu sehen. Folglich ist die Ausstellung in Hagen eine echte Entdeckung und Rehabilitierung. Vielleicht liegt die öffentliche Missachtung daran, dass er stets mit der Worpsweder Künstlervereinigung um Heinrich Vogeler in Verbindung gebracht wird (aus der er aber schon 1899 wieder austrat), die dem Jugendstil zugerechnet werden kann, und dass er im Schatten seiner berühmten Frau Paula ModersohnBecker stand. Aber Otto Modersohn hat voller Leidenschaft herausragende Bilder zwischen Realismus und Expressionismus gemalt und dabei verschiedene Werkphasen durchlaufen. Er war künstlerisch auf der Höhe seiner Zeit und besaß mit Böcklin, Van Gogh oder Max Liebermann veritable Vorbilder, die er reflektierte, nicht kopierte – all das zeigt die Werkschau in Hagen, die sich auf seine größte Leistung konzentriert: auf die Malerei und Zeichnung der Landschaft, die Modersohn von der direkten Anschauung der Natur genommen hat. Ergänzend sind einzelne Figurenbilder und die heute vergessenen Märchenillustrationen ausgestellt. Mit letzterem fiel er übrigens Rilke auf, als dieser nach Worpswede kam. Die Weite der norddeutschen Landschaft Otto Modersohn überwindet in seinen Landschaftsbildern gerade jeden Symbolismus und alles Pathos und verwirklicht eine Schlichtheit, für welche die Weite der norddeutschen Landschaft geeignet war. Mitunter ist es, als würde man über das Meer schauen, der Horizont ist tief gesetzt, der Himmel mit seinen Wolken ist ausmodelliert, oft aufgewühlt und vermittelt noch die Witterung und die Atmosphäre des Tages – das ist, grob gesagt, das Konzept, welches der Kunst von Otto Modersohn zugrunde liegt. Otto Modersohn, der in Soest geboren wurde und an der Düsseldorfer Kunstakademie studiert hat, kommt 1889 gemeinsam mit seinem Studienkollegen Fritz Mackensen erstmals nach Worpswede, wo er sich schon bald niederlässt. Hier ist die Natur unberührt und verkörpert eine ursprüngliche „heile“ Welt, als Gegenentwurf zur zunehmenden Verstädterung und Industrialisierung mit der Zerstörung der Umwelt. Seine Bilder zeigen lapidare, genau komponierte Landschaftsausschnitte im lebhaften Pinselduktus in einer erdigen Farbpalette mit vielen Grüntönen; vor allem mit dem Grün erreicht er immer wieder eine relative Unschärfe, die 53 als reine Malerei wirkt. Zumal in der Worpsweder Zeit bringt er duftenden Lokalkolorit, schorfige Oberflächen und die Lösung von allem Gegenständlichen in eine Balance. Großartig auch, wie sich in seinen Gemälden die Dorfstraße von Worpswede in die Tiefe zieht und dabei Licht- und Schattenpartien wechseln. Das kann man natürlich nur vorm Original – derzeit in Hagen – erfahren. Von Worpswede nach Fischerhude Nach dem Tod seiner Frau 1907 verlässt Otto Modersohn Worpswede und lässt sich, unterbrochen von Reisen, in der Künstlerkolonie im nahe gelegene Fischerhude am Rande des Teufelsmoores nieder. Hier wird seine Malerei zum verdichteten, niemals ausschweifenden Sinnbild. „Die Natur muss zwar allem zu Grunde liegen, aber man muss sie … vor allem vereinfachen, zusammenziehen, kurz umformen“, schreibt Modersohn 1910. „Ein Bild muss eine Einheit sein; auf geschlossene Bildwirkung, auf organische Geschlossenheit der farbigen Form, auf Umsetzung des Eindrucks in das flächenhafte Farbige … kommt es an“. Die Landschaft wird nun in das große Ganze eingefasst, und nun erreicht Modersohn eine große Innigkeit bei malerischer Komplexität. Dazu kommt er immer wieder auf die gleichen Motive zurück, die Wiesenlandschaft, die Bauernhäuser oder die nächtliche Bootsfahrt auf dem Fluss Wümme oder dessen Ufersaum, vorgetragen in expressiver Unruhe, bei der sich die Äste und Blätter in der Spiegelung im Wasser auflösen. Tayfun Belgin, der Direktor des Osthaus Museum, hat dazu begleitend Modersohn aber noch in seiner Zeit verortet. Im Altbau sind Bilder etwa von Christian Rohlfs sowie den „Brücke“-Künstlern zu sehen, die unterstreichen, wie stark Otto Modersohn gegen alle avantgardistischen Tendenzen am realistischen Malen und an der Darstellung der Landschaft festhielt und sich damit zunehmend außerhalb aller Moden befand. Ausgestellt sind zudem – als Leihgaben aus Privatbesitz – mehrere Bilder von Paula Modersohn-Becker. Ihre Sache ist die stille, unprätentiöse Figur. Die Landschaftsdarstellungen von Otto Modersohn nehmen übrigens noch Fühlung zur nächsten Schau im Osthaus Museum auf: Ab Anfang Mai stellt hier mit Klaus Fußmann (geb. 1938) einer der heute wichtigsten gegenständlichen Maler aus, der sich mit seinen expressiven Landschaftsstücken nicht um Stile und Ismen kümmert. Ihm ergeht es besser als Modersohn: Die Kraft und radikale Widerborstigkeit seiner Malerei ist längst vom aktuellen Ausstellungsbetrieb erkannt worden. THOMAS HIRSCH „Otto Modersohn: Landschaften der Stille“ bis 21. April im Osthaus Museum Hagen I www.osthausmuseum.de Sammlung Generalleutnant Nina Lobkowskaja mit Scharfschützinnen der 3. Stoßarmee, 1945Museum Berlin-Karlshorst e.V., Foto: Boris Wdowenko „Die Kunst wagt mehr als Forscher“ Museumsdirektorin Marianne Pitzen über die Ausstellung „Mascha + Nina + Katjuscha“ im Bonner Frauenmuseum Um den Kriegseinsatz von Frauen in der Roten Maße mehr, auch weil es ziemlich ungewöhnlich Armee ranken sich Schreckensbilder und My- war, weil die Frauen sicher auch Vorbehalte und then. Im Gegensatz zu den männlichen Soldaten Aggressionen bei den Männern hervorgerufen haerfuhr die große Mehrheit der Rotarmistinnen ben und Fragen wie: Was machen die denn hier, nehmen die uns unseren männliweder Heroisierung noch Ver„Frauen greifen immer dann chen Nimbus? In Russland waren ehrung als Veteranen; ihre zur Waffe, wenn sie sehen: die Frauen schlichtweg NotwenLeistungen und ihr Frontalltag Jetzt muss es sein“ digkeit. In den ersten Kriegstasind noch heute weitgehend aus dem öffentlichen Gedächtnis verschwun- gen sind durch Hitlers Überfall auf russischer Seite den. Die Ausstellung im Bonner Frauenmuseum unheimlich viele Männer umgekommen, und auch thematisiert die Mythen um die Rotarmistinnen vorher schon, durch Stalins Säuberungen. und setzt ihnen die vielschichtige Realität ihres Fronteinsatzes entgegen. Das Thema bezieht Nach dem Krieg sind die Frauen dann nicht sich nicht nur auf eine fremde Gesellschaft in mehr beachtet worden? einer fernen Vergangenheit: Auch heute leis- Nicht sehr. Das war den Leuten in Russland ten Frauen in vielen Armeen dieser Welt Dienst, wahrscheinlich peinlich. Irgendwie war das auch unter anderem in der Bundeswehr. eigenartig, man hätte sie doch als Heldinnen hervorheben müssen, die Frauen, die all ihr normales trailer: Frau Pitzen, Frauen waren im Krieg Muttersein, Frausein mal hintangestellt hatten, allgegenwärtig – auf deutscher wie auf so- um ihr Vaterland zu retten. Es blieb ihnen ja auch wjetischer Seite. Die noch immer verbreitete nichts anderes übrig. Es ist aber interessant, dass Vorstellung, der Vernichtungsfeldzug gegen die Frauen immer dann zur Waffe greifen, wenn die Sowjetunion sei ein rein männlicher Krieg sie sehen: Jetzt muss es sein. Doch wurden sie gewesen, ist also in jeder Hinsicht ein Mythos? eben nicht als Heldinnen gefeiert, erst viel später Marianne Pitzen: Das kann man so sagen. Bei wurde das ein bisschen nachgeholt. Aber zunächst den Russinnen waren das riesige Zahlen: Mehr als war es so: Bloß aus den Augen, aus dem Sinn. 800.000 Frauen waren da im Dienst, die meisten freiwillig, aber ab 1942 gab es auch zwangswei- Muss jetzt die Kunst die Historiker belehren? se Verpflichtungen. Außerdem zählt man ja die Das ist oft so, dass die Künstlerinnen und Künstnicht mit, die in der Rüstungsindustrie tätig wa- ler erst mal was ausgraben, was den Historikern ren. Diesen Umstand kann man auch mit Zahlen nicht besonders wichtig ist. Dann wird ihnen oft in Deutschland vergleichen. Gegen alle Vorstellun- unterstellt, dass sie da historisch nicht ganz korgen, was eine brave NS-Frau sein und tun sollte, rekt arbeiten und an der Wahrheit entlangschrapwaren die deutschen Frauen massenhaft in der pen. Häufig regen sie die Historiker aber mit einer Rüstungsindustrie tätig. ganz neuen Hypothese an. Dann wird empirisch nachgeforscht und plötzlich bewahrheitet sich Die Rotarmistinnen riefen ihre Kameradinnen das – und meist zusätzlich in einer enormen, eimit der Abkürzung PPZ (Feldfrau), was auch ner nicht erwarteten Zahl. In diesem Fall war es eine gängige Maschinenpistole bezeichnete. In ja auch so. Wir hatten im Frauenmuseum schon Deutschland nannte man sie Offiziersmatrat- 2003 ein Projekt über Frauen beim Militär: WOzen. MEN IN ARMS. Schon damals kamen wir auf die Beides ist nicht gerade hübsch. Da war sicher tollsten Sachen. eine Menge Gewalt im Spiel, nicht nur nach außen, sondern auch intern. Man könnte auch mal Das Deutsch-Russische Museum Berlin-Karlsrecherchieren, was heute so Gang und Gäbe ist in horst erinnert am Ort der bedingungslosen Kaden Heeren. Aber damals war das in erheblichem pitulation der Wehrmacht an das Kriegsende 54 in Europa. Sind die kämpfenden Frauen dort Dauerthema? Eigentlich nicht. Wenn ich mir so die Websites von Museen anschaue, auch die von dem Deutsch-Russischen in Berlin, dann vermisse ich die Frauen. Manchmal tauchen sie kurz auf, aber dann verschwinden sie wieder in der Versenkung. Die Zusammenarbeit mit dem Haus wegen der Ausstellung ist aber sehr gut und man ist in jeder Beziehung sehr hilfsbereit. Trotzdem vermisse ich die Frauen dort als Dauerthema. Im Frauenmuseum wird die historische Ausstellung gemischt mit aktueller Kunst? Ja, dafür sind wir auch bekannt. Wir erzielen damit die schöne Wirkung, dass die Kunst hier das sinnliche Element mit einbringt, weil die reine Historie die Menschen auf eine merkwürdige Art erst einmal abschreckt. Kunst verbindet die historischen Zeiten ganz anders, denn die Kunst wagt mehr als Forscher. Das macht den Reiz aus. Umgekehrt profitieren oft die Künstlerinnen und Künstler ziemlich viel von der historischen Betrachtung: Man lernt voneinander, man lernt auch, zu vermitteln und zusammen mit einem Publikum, das in beide Richtungen nicht immer so willig ist, etwas zu begreifen. Dieser Austausch tut sehr gut und hat sich bewährt. INTERVIEW: PETER ORTMANN „Mascha + Nina + Katjuscha. Frauen in der Roten Armee 1941-1945“ 31.3.-12.5. | Frauenmuseum Bonn 0228 69 13 44 ZUR PERSON Marianne Pitzen führte 1969 ihre erste eigene Ausstellung durch. Drei Jahre später gründete sie die Galerie „Circulus“ und 1974 zusammen mit ihrem Mann Horst Pitzen die Zeitschrift „Circular“. 1981 gründete sie in Bonn das weltweit erste Frauenmuseum, für das sie bis heute die Verantwortung für Konzeption und Organisation trägt. Die Bundesverdienstkreuzträgerin und Matronen-Forscherin ist immer noch weltweit künstlerisch aktiv. Foto: Hans Weingartz RuhrKunst Bente Stokke, Parallels, 2009, © VG Bild-Kunst, Bonn; courtesy Kunsthalle Recklinghausen Paul Klee, mehr Vogel, 1939, Bleistift auf Papier, Bern © Foto: Zentrum Paul Klee; courtesy Museum Folkwang, Essen HA Schult „Roman People“, Piazza del Popolo, Rom 2007, Foto: © Thomas Hoepker Zeichnen als Erfahrung Gezeichnete Engel Müll fürs Leben Bente Stokke in Recklinghausen Paul Klee im Museum Folkwang HA Schult im Detmolder Diözesanmuseum Für die bislang größte Ausstellung von Bente Stokke in Deutschland ist die Kunsthalle Recklinghausen der ideale Ort. Ihre frühen Konzepte, bestehend aus kleinformatigen Blättern an der Wand oder auf dem Boden, und die transparenten malerischen Schichtungen, die mitten im Raum platziert sind, und schließlich die neueren Folgen von körperhaft schwarzen Flächen füllen großzügig die drei Stockwerke. In Recklinghausen vermittelt der Wechsel von der Nah- zur Fernsicht, um was es Bente Stokke in ihrer Kunst schon immer geht: um Prozess und Handlung mit dem ganzen Körper und mittels des Mediums Zeichnung, in der Erfahrung von Zeit und Raum, die doch untrennbar mit unserer Existenz verbunden ist. Folglich tragen die Arbeiten etwas Flüchtiges und sind mehr subjektives Erlebnis als Manifestation. Neben Zeichenkohle und Grafit tragen als Materialien dazu Asche und Staub bei. Bente Stokke, die zwischen 1973 und 1981 in Oslo, London und Maastricht studiert hat, wendet sich schon früh dem Medium der Zeichnung zu, als Rhythmus und Plan, der ganz knapp, aber auch ausgreifend formuliert sein kann. Dazu braucht Bente Stokke eigentlich nur Zeichenstift und Papier. Die Ausstellung verdeutlicht, wie sich dieses Werk entwickelt und sich allmählich die Interessen verlagern und die Maßnahmen erweitern. Bildet anfangs nur ein Punkt als Stakkato ohne weitere Vorgabe auf mehreren oder vielen kleinformatigen Blättern die Basis der Arbeit, so thematisieren die Werke später noch die Geste des Vortrags. So zeichnet Bente Stokke sogar auf Glasscheiben. Und die Zeichnung greift bisweilen die Symmetrie des Körpers auf oder sie umfasst, in einer anderen Werkgruppe, eine messbare Länge. Sie ist stabil und direkt und dann wieder fragil oder aber geschlossen, undurchdringbar. Alles Lapidare wirkt plötzlich geheimnisvoll, auch im Sinne einer Einübung hin zur Meditation. Bekannt wurde Bente Stokke 1993 auf der Biennale in Venedig, seit 2006 hat sie eine Professur für Zeichnen an der Kunsthochschule BerlinWeißensee inne. Nun endlich ist ein umfassender Einblick in ihr Werk zu sehen. Es überrascht, dass die „Engel“ von Paul Klee noch nicht Thema einer eigenen Ausstellung waren. Diese überwiegend kleinformatigen, unmittelbar aus der Zeichnung gewonnenen Bilder, bei denen sich rein aus Linien Geschöpfe konturieren, gehören mit zu den populärsten Werken des berühmten Künstlers, der auf so feinsinnige Weise die Kunst seiner Zeit reflektiert hat und die Zeitgeschichte mit seinem eigenen, tragischen Schicksal einfließen ließ. Paul Klee wurde 1879 bei Bern geboren. Er hat in München studiert und selbst am Bauhaus in Weimar unterrichtet, ehe er 1931, bereits international anerkannt, an die Kunstakademie Düsseldorf berufen wurde. Aber schon 1933 wurde er von den NS-Machthabern fristlos entlassen, noch im gleichen Jahr floh er nach Bern. Dort starb er nach langer Krankheit 1940. Die „Engel“ nun zeichnete, malte er überwiegend in seinen letzten Lebensjahren, vielleicht sind sie ja eine Art Vorahnung an der Schwelle vom Leben zum Tod. Aber das Spektrum der Bedeutungen reicht viel weiter. So gibt es bei Klee ebenso Schutzengel wie abgefallene Engel. Engel sind geradezu menschliche Begleiter, aber auch sphärische Geistwesen. Sie wirken, zumal im grafischen Vortrag, spielerisch und sind doch ernst. Vor allem aber sind sie uns immer zugewandt und entsprechend so notiert, dass sie sofort zu erkennen sind. Paul Klee übersetzt auch dabei die Erfahrungen des Bauhauses und von Delaunay's Farb-Licht-Raum in eine Formensprache, die noch die Aussage unterstützt. Zwar ist der wohl bekannteste „Engel“, der „Angelus Novus“, den Walter Benjamin besaß und in einem Text beschrieb, im Museum Folkwang nicht ausgestellt, aber die Form der Vermittlung mit einem Faksimile und einer Hörstation bringt doch zum Ausdruck, wie symbolträchtig schon allein dieses Werk ist. Paul Klee ist ein Einzelgänger der modernen Kunst, der heute trotz der meist kleinen Formate enorm geschätzt wird. Eine weitere Klee-Ausstellung ist noch bis 21. April in K21, der Dependance der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf zu sehen – sie ergänzt sich vorzüglich mit der Essener Schau. Ein Tausendsassa, ein Hasardeur der Kunst. Wie man den Kölner Selbstdarsteller - documenta 5 (1972 unter Harald Szeemann) und 6 (1977 unter Manfred Schneckenburger) - Teilnehmer auch bezeichnen will. In NRW liegen seine Wurzeln, hier wird er geschätzt und hier kann er sich vermarkten, ein Umstand, der Teil seiner Aktionskunst ist und der von Stadtmarketing-Fachleuten auch nicht unterschätzt wird. Schon sein Flügelauto, ein Vehikel als goldener Vogel, das 1991 im Rahmen der Aktion „Fetisch Auto“ in Köln entstand, war ein Brennpunkt heikler Diskussionen, seine beleuchtete Weltkugel thronte lange Jahre auf dem 70 Meter hohen Pylon der Severinsbrücke. Auch sein „Hotel Europa“ in der Ruine des Kaiserbaus an der A59 sah jeder, der mit Auto in Richtung Bonn fuhr. Der Abriss wurde zum Politikum der Kommunen. Auch seine weltweit inszenierten “Trash People“ (die so genannte „Schrottarmee“) starteten 1996 in Xanten, erreichten nicht nur markante Plätze des Planeten, selbst auf der chinesischen Mauer konnte der Künstler sein pseudochristliches Credo: „Wir produzieren Müll, sind aus Müll geboren und werden wieder zu Müll“ in die begeisterte Zuschauermenge verströmen. Immer erscheint der Aktionskünstler in den vergangenen 40 Jahren als zivilisationskritischer Seher und Mahner - das Vergessene, Weggeworfene, Unerwünschte erfährt in seiner künstlerischen Arbeit eine sublime Umdeutung. Das Diözesanmuseum in Paderborn widmet Schult jetzt unter dem Titel "Die Zeit und der Müll" eine große Retrospektive. "Seine Kunst ruft uns unsere Verantwortung für die Schöpfung in Erinnerung", sagt Alfons Hardt, Generalvikar des Erzbistums Paderborn bei der Eröffnung, drei Jahrzehnte nach dem Museum Ludwig in Köln zeigt ausgerechnet ein kirchliches Museum in der Provinz des Kunstmarkts die zweite große Werkschau. Zu sehen ist auch das "Biokinetische Labor", mit dem Schult auf der documenta 5 vertreten war. Der war mit seinen Gedanken schon längst bei der nächsten Aktion. Mit Unterstützung von 150 Kindern hat er gerade auf dem Paderborner Domplatz ein „Herz aus Müll" geformt, wie schon sechs Jahre vorher in Rom. THOMAS HIRSCH THOMAS HIRSCH PETER ORTMANN „Bente Stokke – Zeichnen im Raum“ bis 7.4. I Kunsthalle Recklinghausen www.kunst-re.de „Die Engel von Paul Klee“ bis 14.4. I Museum Folkwang in Essen www.museum-folkwang.de 55 „HA Schult – Die Zeit und der Müll“ bis 12.5. I Diözesanmuseum Paderborn 05251 125 14 00 Kunstwandel Kunst in NRW Gilbert & George, Money, 2011, © Gilbert & George/Courtesy of the Artist and White Cube Erwin Blumenfeld, Rage for Color, 1958, © The Estate of Erwin Blumenfeld, Museum Folkwang Am Ende lockt das Verbrechen Medium zur Zeit Die „Jack Freak Pictures” geistern noch durch den Kopf, wenn man die heiligen Hallen des ehemaligen Getreidelagers in Duisburg betritt. Das extravagante Künstlerduo Gilbert und George aus England zeigt dort seinen neuen Zyklus, die „London Pictures“. Vom Allgemeinen ins Spezielle könnte man denken, vom Union Jack und der Selbstbefindlichkeit vergangener Jahre zur gesellschaftspolitischen Kleinteiligkeit – wenn die beiden Kunstgiganten das nicht schon in den letzten Jahrzehnten längst ausgereizt hätten. Irgendwie. Und dann hängen da 69 großformatige völlig neue Arbeiten an den weißen Wänden. Immer noch Pop, immer noch Gilbert (the Shit) und George (the Cunt) auf den Collagen, aber irgendwie doch anders. „Wir wollen nicht wie irgendjemand anderes sein“, das war immer ein Statement, aber Stillstand kennen sie nicht: „Wir entwickeln uns immer weiter.“ Jetzt sind sie in der Kriminalität gelandet, Normalität in London, ausgefallen und ausgefeilt in ihren Headline-Werken über Sex, Murder und Death. Von Thomas Hirsch An der Ausstellung von Wolfgang Tillmans kommt man in diesen Wochen nicht vorbei. K21 in Düsseldorf zeigt derzeit eine dicht vibrierende, immer wieder überraschende Werkschau des 1968 geborenen, in London und Berlin lebenden Künstlers, der dem Medium „Forschung am Bild“ Fotografie neue Impulse verliehen hat und damit international erfolgreich ist. Tillmans schließt in seiner Kunst zunächst einmal nichts aus, er dokumentiert das zeitgenössische urbane Leben, arbeitet dazu mit einem motivischen Spektrum vom Portrait über die Landschaft und das Himmelsbild bis zum Stillleben und gelangt noch zu gänzlich abstrakten lichthellen Farbräumen: Die Offenheit und Experimentierfreudigkeit ist Konzept seiner künstlerischen Arbeit. Tillmans fotografiert mit s/w wie auch mit Farbe, er stellt klassische Abzüge ebenso wie Fotokopien, Tintenstrahl- und Laserdrucke her, die noch frei an der Wand hängen können oder als Zeitschriftenmaterial plan auf Tischen liegen. Tatsächlich aber ist hier nichts beliebig; selbst die Präsentation hat Tillmans vor Ort arrangiert, und so lapidar manches zunächst erscheinen mag: Immer geht es Tillmans auch um eine Forschung am Bild mit unseren heutigen Möglichkeiten und Verfahren des Sehens. Aber sind die Bilder von Tillmans nicht auch direkt gesellschaftskritisch? „Ich möchte, dass die Arbeit Wirkung zeigt“, sagt Wolfgang Tillmans. „Aber ohne dass ich ein politischer Künstler bin.“ Tatsächlich ist das Spektrum zu weitläufig, um seine Kunst zu vereinnahmen. Und auch wenn Tillmans in Werkgruppen arbeitet, so ist jedes Bild doch ein eigenes Erlebnis voller Intensität und immer mit der Aura der Einmaligkeit. Auf eine sehr andere Weise hat sich Erwin Blumenfeld vor sieben Jahrzehnten mit den Maßnahmen der Fotografie in die Bilderflut seiner Gegenwart eingeklinkt. Aber es ist spannend, mit der Erfahrung der Werke von Tillmans auf seine fotografische Arbeit zu schauen. Erwin Blumenfeld (1897-1969), der früh vom Dadaismus beeindruckt war, emigrierte 1941 nach New York, wo er schon zwei Jahre später ein Fotostudio eröffnete und für zwei Jahrzehnte zu einem der bestbezahlten Modefotografen der führenden Magazine aufstieg. Blumenfeld „bespielte“ die Cover und die Ausklapper, wobei seine eigenen Abzüge oft von den ZeitschriftenVersionen abweichen. Auch das belegt die Ausstellung im Museum Folkwang, die ausgesprochen frisch auftritt. Sie arbeitet mit Regalen, Vitrinen und Referenzmaterial, sie berücksichtigt exemplarisch das Frühwerk und würdigt Blumenfeld als wichtigen Künstler seiner Zeit, der trotz des angewandten Mediums zu einem eigenen Stil gefunden hat. Blumenfeld entdeckt die Farbe und betont deren leuchtende Transparenz. Wie ein Regenbogen fächert er sie auf und lässt dazwischen die Models auftreten. Und er zeigt in dieser Zeit sehr mutige Motive, etwa knallrote Lippen mit einer milchig rauchenden Zigarette – natürlich nimmt er da schon Momente der Pop Art vorweg. Sowohl Blumenfeld als auch Wolfgang Tillmans bedienen sich des Zeitgeistes Thomas Hirsch und dechiffrieren ihn: Damit sind die Fotografien beider Kunsthistoriker, Kurator und Journalist Künstler radikal und immer wieder verblüffend. Das Künstlerduo Gilbert und George im Museum Küppersmühle Über lange Jahre trugen Gilbert & George 3.712 Plakate der britischen Boulevardpresse zusammen, die mit Sex, Murder und Death Kasse macht. Sie haben sie am Kiosk oder in Läden geklaut, als Gentlemandiebe der gehobenen Klasse, kaufen ging nicht, zu abgedreht erschien den Besitzern ihr Ansinnen. Also gab es einen Standardtrick: Der eine kaufte Kaugummi, der andere packte heimlich die bedruckte Pappe ein. Zu Hause haben sie die Beute gesichtet, abfotografiert und anhand von 292 Stichwörtern sortiert. Death, Arrest oder Burglar ist da zu lesen, aber auch Schlagzeilen von ermordeten Jugendlichen oder Todesfahrern. Auf allen riesigen Tableaus, die aus zahlreichen Einzelfotografien bestehen, die alle einzeln schwarz gerahmt sind, sind Gilbert und George natürlich auch zu sehen, sie schauen ernst auf den Betrachter, keine Freakshow oder Anzüglichkeiten mehr, das ist bei der Thematik auch nicht mehr notwendig. Alle Bilder werden durch die Queen geadelt, die als historischer Münzstempel immer unten rechts mit eingebaut ist, darunter „It’s written all over them“. Elizabeth wird den beiden verzeihen. Das Duo sieht es auch eher technisch: „Das ist eine Art von amtlichem Siegel“, sagt George, der Brite, der seit den 1960er Jahren mit Gilbert aus Südtirol zusammen lebt und arbeitet. Kennengelernt haben sie sich an der Kunst-Uni und nur (und das ist eine gesicherte Anekdote), weil George wohl der Einzige war, der Gilberts Englisch verstand. So einförmig, wie die 69 Arbeiten da auf den ersten Blick erscheinen, sind sie gar nicht. Und wenn die Besucher das Gefühl haben, dass sie nach mehreren Tableaus abstumpfen, die Wirkung nachlässt, dann haben sie das universale Prinzip verstanden, wie heute Prävention vor und Reaktion auf Gewalt und Betrug funktioniert: nämlich ausschließlich schleppend. Wer dafür verantwortlich ist? Auch das haben Gilbert und George in die Bilder eingebaut. Auf vielen ist auch das britische Pfundzeichen vorhanden, mit zum Teil gigantischen Beträgen. „Money Last“ (2011) oder „Money First“ (2011) sind die Titel, die die eigentlichen Verursacher der gesellschaftlichen Misere benennen. Die Queen hat dennoch immer nur ihr Münzeinheitsgesicht aufgesetzt. PETER ORTMANN „Gilbert & George – London Pictures“ | bis 30.6. Museum Küppersmühle, Duisburg | 0203 30 19 48 10 Ausstellungen in Düsseldorf und Essen „Wolfgang Tillmans“ | bis 7. Juli | K21 Ständehaus der Kunstsammlung NRW, Düsseldorf | www.kunstsammlung.de „Blumenfeld Studio“ | bis 5. Mai I Museum Folkwang, Essen www.museum-folkwang.de 56 Kunst-Kalender Große Retrospektive Ausstellung Wolfgang Tillmans, K21, Düsseldorf, © W. Tillmans, Foto: Achim Kukulies Die Kunst-Termine NRW BIELEFELD – Kunsthalle www.kunsthalle-bielefeld.de HERFORD – MARTa www.marta-herford.de Schönheit und Geheimnis bis 7.7. Überblick über den deutschen Symbolismus Eva & Adele bis 26.5. Zeichnungen des spektakulären Künstlerpaares BOCHUM – Kunstmuseum www.bochum.de KÖLN – Museum für Angewandte Kunst www.makk.de Ursula Schulz-Dornburg 13.4.-26.5. Die Konzeptfotografin mit Bildern aus Armenien Isn’t it romantic? bis 21.4. Erstaunliche Tendenzen im Möbeldesign BONN – Kunst- und Ausstellungshalle www.kah-bonn.de Auf den Spuren der Irokesen bis 4.8. Eine Kulturgeschichte durch die Jahrhunderte BRÜHL – Max Ernst Museum www.maxernstmuseum.lvr.de Entdeckungsfahrten zu Max Ernst bis 23.6. Max Ernst und seine Kunst in der Sammlung des Filmemachers Peter Schamoni DORTMUND – HMKV im Dortmunder U www.hmkv.de His Master’s Voice bis 7.7. Sprache in der Medienkunst DÜSSELDORF – Kunsthalle www.kunsthalle-duesseldorf.de KÖLN – Museum Ludwig www.museum-ludwig.de Saul Steinberg bis 23.6. Ein Bilderfries zur Weltausstellung 1958 MÜLHEIM – Kunstmuseum www.kunstmuseum-mh.de Schauplatz Stadt bis 2.6. Der Wandel von Stadt, Städtebau und Architektur in der Kunst des 20. Jahrhunderts NEUSS – Clemens Sels Museum www.clemens-sels-museum-neuss.de Horizonte bis 12.5. Landschaftsmalerei seit dem 17. Jahrhundert aus der Sammlung dieses Museums OBERHAUSEN – Gasometer www.gasometer.de Michael Kunze 6.4.-30.6. Surreal anmutende realistische Malerei Christo – Big Air Package bis 30.12. Eine riesige, begehbare Lufthülle des berühmten Land Art-Künstlers DÜSSELDORF – K21 www.kunstsammlung.de PADERBORN – Diözesanmuseum www.dioezesanmuseum-paderborn.de Wolfgang Tillmans bis 7.7. Werkschau des wichtigen experimentellen Hauptvertreters einer subjektiven Fotografie HA Schult bis 12.5. Werkschau des Aktionskünstlers, der die Zerstörung der Umwelt thematisiert DUISBURG – Museum Küppersmühle www.museum-kueppersmuehle.de C.O. Paeffgen bis 1.9. Der Kölner Einzelgänger (geb. 1933) mit einer Werkschau seiner ironischen Pop Art ESSEN – Folkwang Museum www.museum-folkwang.de SIEGEN – Museum für Gegenwartskunst www.mgk-siegen.de Kairo. Offene Stadt bis 5.5. Fotografien, Zeichnungen und Installationen zum Wandel in der ägyptischen Stadt Sigmar Polke bis 30.6. Ein kompletter Überblick über die Editionen Otto Modersohn bis 21.4. Norddeutsche Landschaftsmalerei zwischen Symbolismus und Expressionismus Die Zeit und Der Müll REMAGEN – Arp Museum Rolandseck www.arpmuseum.de Gilbert & George bis 30.6. Foto-Tafeln der berühmten Londoner Künstler HAGEN – Osthaus Museum www.osthausmuseum.de HA Schult „Trash Man“ Salzstock Gorleben, 2004 · © VG Bild-Kunst, Bonn 2012 HA Schult Diözesanmuseum Paderborn 22.2.– 12.5.2013 WUPPERTAL – Skulpturenpark Waldfrieden www.skulpturenpark-waldfrieden.de Jan Fabre bis 22.6. Bronzeskulpturen des belgischen Künstlers Empfehlungen von Thomas Hirsch 57 www.dioezesanmuseum-paderborn.de 05251 125-1400 culture club Auswahl culture club BOCHUM BAHNHOF LANGENDREER Mi 17.4. 20 Uhr So 7.4. 19 Uhr Wladimir Kaminer: Onkel Wanja kommt … präsentiert: Kino-Café präsentiert: Festival DIE VERMESSUNG DER WELT 25. JAZZFEST GRONAU Zwei Männer im 19. Jahrhundert, die ihr Leben der Wissenschaft verschrieben haben: Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß. Schriftsteller Daniel Kehlmann schuf einen Abriss zwischen Forschung und Fiktion – Detlef Buck bringt den frechen Historienschwank ins Kino. Wie immer gibt es zu diesem FilmHighlight Kaffee und Kuchen. Die Macher des 25. Jazzfestes präsentieren unter dem Motto „In the Spirit of New Orleans“ einen ausgewogenen Mix aus Tradition und Moderne, aus Weltstars und Amateuren. Für die Konzerte von Richard Galliano, Max Herre, Götz Alsmann, Jethro Tull’s Ian Anderson sowie Earth, Wind & Fire Exp. feat. The Al Mc Kay All Stars verlost trailer je 2x2 Karten. UCI Kinowelt Ruhr Park Am Einkaufszentrum, Bochum Karten: 0234 239 02 34 UCI Kinowelt Duisburg Neudorfer Straße 36-40 Karten: 0203 301 91 91 trailer verlost 3x2 Karten. E-Mail bis 21.4. an verlosung@trailer-ruhr.de, Kennwort: „Vermessung Bochum“ oder „Vermessung Duisburg“ Mi 1.5. 14.30 Uhr Div. Spielstätten in Gronau Karten an allen bekannten Vorverkaufsstellen www.jazzfest.de trailer verlost insgesamt 10x2 Karten (div. Konzerte). E-Mail bis 14.4. an verlosung@trailer-ruhr.de, Kennwort ist der Titel des jeweiligen Wunschkonzerts. 25.4.-5.5. Foto: Katja Hentschel Mit „Onkel Wanja kommt …“ setzt Schriftsteller und Kolumnist Wladimir Kaminer seine Erfolgssträhne, die im Jahre 2000 mit seiner „Russendisko“ begann, fort. In sein neuestes Werk lässt Kaminer viel von seiner Persönlichkeit einfließen, und so ist die Wahrnehmung der Herrlichkeit der Welt nur eine Gemeinsamkeit, die Onkel Wanja und Kaminer verbindet. Der Leser wird mitgenommen auf eine Odyssee durchs nächtliche Berlin, bei der Kaminer auf unterhaltsame Weise – „Wir kommen in ein Dönerparadies, wo Onkel Wanja aber nichts essen will, denn aus der Erfahrung der Menschheit, sagt er, weiß man: Im Paradies darf man nichts essen“ – eine Welt eröffnet, die als großes Museum erscheint und nur darauf wartet, entdeckt zu werden. Mit viel Witz und Entertainment schafft er es immer wieder, das Publikum mitzureißen al Infos: 0234 687 16 10 KULTURBAHNHOF LANGENDREER Mo 22.4. 20 Uhr Klar bringt mich ein Studium vorwärts! , für Fachkräfte mit Berufsausbildung , Studienförderung auch berufsbegleitend www.aufstiegsstipendium.de Eläkelaiset „Die Rentner“ sind los: Die 1993 gegründete finnische Band machte den Humppa, eine finnische Variation des Foxtrotts, wieder salonfähig, indem sie bekannte Popsongs ins Finnische übersetzten und mit den charakteristischen OffbeatElementen sowie dem eingängigen 2/4-Takt versahen. Mit Elementen der Polka, des Punk und Rock verspricht Humppa einfach nur tierischen Spaß, gute Laune und einen schier unbändigen Drang, sich auf der Tanzfläche auszutoben. Nicht zuletzt trägt das Image partywütiger Finnen dazu bei, dass Abende mit Eläkelaiset zu einem wahren Publikumsmagneten werden. Im Kulturbahnhof Langendreer fühlen sich die Nordeuropäer bereits wie zu Hause, und so heißt es für alle Tanzwütigen, Finnlandbegeisterten, Optimisten und all diejenigen, die es werden wollen: Ab geht die Post. al Infos: 0234 687 16 10 58 CHRISTUSKIRCHE BOCHUM #28 Hidden Orchestra & Poppy Ackroyd urban urtyp geschieht abseits des Mainstream. Immer einmal im Monat, immer anders, immer für eine Überraschung gut und immer brillant: Eine experimentelle und spannungsgeladene Klangwelt wird sich dem Zuhörer in diesem Monat eröffnen, wenn sich Joe Archeson, Mitglied des Edinburgher Quartetts „Hidden Orchestra“, und Poppy Ackroyd, Künstlerin und Komponistin aus London, zusammentun. Großes Kino und hochspannende musikalische Dramatik verspricht ein Abend, bei dem für jeden etwas dabei ist. al Infos: 0234 96 29 04 19 KUNSTMUSEUM bis 28.4., Di-So 10-17, Mi 10-20 Uhr wir wieder hier Die Jahresausstellung des Westdeutschen Künstlerbundes ist nach zehn Jahren erneut zu Gast im Kunstmuseum Bochum. In seinen Ausstellungen hat sich der Westdeutsche Künstlerbund als wichtige repräsentative Plattform der zeitgenössischen Kunst im Ruhrgebiet bewährt. Neben den Mitgliedern und Gästen sind Künstler der kroatischen Vereinigung HDLU an dieser Ausstellung beteiligt. Themen oder Medien sind diesmal nicht vorgegeben, also: Alles ist möglich. th Infos: 0234 910 42 30 ROTTSTR. 5 Mo 8.4./Do 18.4. 19.30 Uhr Einmal noch Marseille Man sagt doch immer: In Krisenzeiten kann man auf die Familie zählen. Doch was bedeutet das ganz konkret, wenn es um mehr als ums Zuhören und Ratschläge-Geben geht? In Alexander Ritters Inszenierung nach einer Erzählung von Björn Kern begleitet der Zuschauer den Ich-Erzähler, der durch die Diagnose der Mutter, sie werde an einer unheilbaren Krankheit sterben, in eine Situation zwischen Liebe, Verantwortungsgefühl und völliger Überforderung gerät. Sachlich und präzise beschreibt der Ich-Erzähler seine Situation, verschweigt nicht seinen Egoismus, sein eigenes Leben eigentlich weiterleben zu wollen, und kreiert dadurch eine emotionale Nähe und die Möglichkeit, sich sensibel und ohne religiöse Vorgabe mit dem Prozess des Sterbens auseinanderzusetzen. al Infos: 0163 761 50 71 ROTUNDE Lindner als Myrtle Gordon ein Bühnenstück nach einem Film von John Cassavetes, das auch der magischen Welt des Theaters die Suche nach al Leben und Liebe zugesteht. Infos: 0234 33 33 55 55 SCHAUSPIELHAUS (THEATER UNTEN) Mi 10.4. 20 Uhr Do 4.4. 18 Uhr, Mi 24.4. 19 Uhr Tilman Rammstedt: Die Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters Im Jahr 2008 stellte Tilman Rammstedt mit seinem Roman „Der Kaiser von China“ unter Beweis, dass man den altehrwürdigen Bachmannpreis auch mit einer gehörigen Portion Humor gewinnen kann. Nun legt er einen noch absurderen, hochkomischen Roman nach, in dem ausgerechnet ein Bankberater und Bruce Willis die Hauptrollen spielen (müssen). Rammstedt schlüpft in die Rolle eines von Selbstzweifeln und Erwartungsdruck gezeichneten Autors, dessen Abgabetermin für einen neuen Roman unaufhaltsam näherrückt. In immer verzweifelteren E-Mails versucht er, Bruce Willis dazu zu bewegen, in seinem Roman die Rolle des Bankberaters zu spielen, der sich in eine ausweglose Situation manövriert hat, aus der nur ein wahrer Actionheld wieder herausfinden könnte. Ein umwerfend komischer und dennoch bis ins Detail filigran ausgearbeiteter Roman. fs Infos: 0234 36 14 86 SCHAUSPIELHAUS Sa 6./13.4 19.30 Uhr, So 21.4. 19 Uhr, Mi 24.4. 19.30 Uhr Norway. Today SCHAUSPIELHAUS (KAMMERSPIELE) Fr 12.4./Do 18.4. 19.30 Uhr Kinder der Revolution Foto: Diana Küster Auf einer Reise in die Einsamkeit Norwegens kann viel passieren. Sie macht etwas mit einem, es ist wie eine Reise zu dem eigenen Ich. So ergeht es auch Julie und August, die sich im Internet kennengelernt und beschlossen haben, ihrem Leben in den Fjorden Norwegens gemeinsam ein Ende zu setzen. Igor Bauersima schaffte im Jahre 2001 mit „Norway Today“ seinen Durchbruch als Nachwuchsautor. Basierend auf einer wahren Begebenheit, bei der sich zwei junge Menschen tatsächlich das Leben nahmen, eröffnet Regisseurin Martina van Boxen dem Zuschauer mit ihrer Inszenierung eine Möglichkeit, die Schönheit und Sinnhaftigkeit des Lebens wiederzuentdecken und den Tod eben nicht als letzten Ausweg zu begreifen. al Infos: 0234 33 33 55 55 Liliom SCHAUSPIELHAUS (KAMMERSPIELE) So 7.4. 19 Uhr, Sa 13.4./Mo 22.4./Sa 27.4. 19.30 Uhr Junge Menschen waren es, die das Gesicht der Welt, wie wir sie bisher kannten, in den letzten zwei Jahren veränderten. Auch Demonstrationen in westlichen Ballungszentren wie der Londoner Innenstadt oder in Madrid zeigen den Aufbruch einer jungen engagierten Generation. Neun Bochumer Schauspielstudenten bildeten ein internationales Netzwerk mit Gleichaltrigen und erzählen unter der Regie von Nuran David Calis und mit Unterstützung der Folkwang Universität der Künste von einem Leben zwischen Protest und Aufbruch, zwischen Hoffnung und Drama. al Infos: 0234 33 33 55 55 ZECHE Di 16.4. 20 Uhr Opening Night Blumentopf Foto: Diana Küster Als eine Mischung aus Märchen und Sozialdrama erscheint das von Christina Paulhofer inszenierte Werk des ungarischen Dramatikers Ferenc Molnár. Liliom, Vorstadtcasanova und Taugenichts, begegnet eines Tages auf dem Rummel dem Dienstmädchen Julie. Die beiden verlieben sich ineinander und heiraten, aber schnell zeigt es sich, dass selbst wahre Gefühle den Alltag und die Sorgen nicht vergessen machen können. Arbeitslosigkeit und Geldsorgen verwandeln Liliom in einen brutalen Ehemann und einen gescheiterten Dieb. Lilioms Selbstmord aber lässt die Geschichte noch nicht enden, und plötzlich erkennt man, wie nahe Brutalität und Zärtlichkeit doch manchmal beieinanderliegen, und wie irrational die Liebe sein kann. al Infos: 0234 33 33 55 55 Foto: Wolfgang Silveri Der letzte Satz ist gesprochen, die letzte Note verklungen, und dann bricht er los, der tosende Applaus, und du spürst: Das ist der Moment, du hast es geschafft, du bist geachtet, dein Leben ist voller Glanz und Glamour … Der Vorhang fällt, und plötzlich erlischt dieses magische Gefühl, diese Traumwelt. Das Leben des Film- und Theaterstars Myrtle Gordon findet zwischen den Welten statt. Auf der Bühne ist sie ein gefeierter Star, doch hinter den Kulissen verliert Myrtle immer mehr die Kontrolle über ihr Leben – Bühnenwelt und Realität verschmelzen ineinander. Regisseur Anselm Weber inszeniert gemeinsam mit Katharina 59 Der Blumentopf mag im 21. Jahr seines Bestehens nicht mehr der heißeste Hip Hop-Act Deutschlands sein – seine besonderen Qualitäten hat die Münchener Crew aber schon hinlänglich und tausendfach bewiesen. Spätestens nachdem sie mit ihren „Raportagen“ im Rahmen der ARDBerichterstattung von den letzten großen Fußballturnieren vertreten waren, weiß auch die breite Masse: Es gibt Dinge, die kann nur der „Topf“ und kein anderer deutscher Rapper. Weitere Belege liefert das aktuelle Album „Nieder mit der GbR“. cs Infos: 0234 720 03 Auswahl BOTTROP DORTMUND MUSEUM QUADRAT FZW bis 16.6., Di-Sa 11-17, So 10-17 Uhr So 7.4. 20 Uhr HARTWARE MEDIENKUNSTVEREIN Kurt Kocherscheidt, Malerei Retro Stefson bis 7.7. Di/Mi/Sa/So 11-18, Do/Fr 11-20 Uhr urigen Hafenkneipe und mit dem einen oder anderen Getränk lässt sich der Alltag dann auch sehr schnell al vergessen … Infos: 0231 82 08 07 His Master’s Voice THEATER DORTMUND Sa 13.4./Do 18.4./Sa 27.4. 19.30 Uhr Seit seiner Teilnahme an der documenta 1992 zählt der österreichische Maler und Holzbildhauer (geb. 1943) zu den wichtigsten Künstlern seines Landes. Kocherscheidts Malereien besitzen eine enorme Stofflichkeit, sie sind schründig und sie verhalten sich zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit, indem sie wieder und wieder einfache Formen zeigen. th Infos: 02041 297 16 2012 bewiesen Retro Stefson beim Pfingst Open Air in Essen-Werden, was für eine begeisternde Liveband sie sind. Die Isländer reüssierten bei dem Festival, das von vielen Jugendlichen wegen seiner Eigenschaft als „Umsonst & Draußen“ eher für die Party denn die Bands besucht wird, mit einer ansteckenden Energie und rasanten Indie-Songs mit Hit-Potenzial. cs Infos: 0231 286 80 89 10 n{ n~n Uȗ l}jrj xvkrÕ uj} rw |nrwn{ |lq²w|}nw x{vÕ Ignas Krunglevicius, Interrogation, 2009, 2-Kanal-Video-Installation, Staatliche Museen zu Berlin, © I. Krunglevicius Das Nibelungenlied Ein Evergreen sondergleichen und heimliches Nationalepos der Deutschen: Zum 200. Geburtstag und 150. Todestag des Dichters Friedrich Hebbels, der die bis heute berühmteste Fassung des Dramas erschaffen hat, kann der Zuschauer das im Mittelalter entstandene Nibelungenlied in der Inszenierung Martin Laberenz‘ genießen. Für seine Interpretation des Epos, das sich um den Burgunderkönig Gunther, den Helden Siegfried, Hagen von Tronje sowie Kriemhild und Brunhild rankt, setzt Laberenz Texte von Ernst Jünger und Friedrich Nietzsche sowie Musik von Richard Wagner ein und entführt den Zuschauer in eine Welt voller Heldenmut, Intrigen, Ränkeal spiele, Rache und Magie. Infos: 0231 502 72 22 Es ist natürlich das ideale Thema für einen Medienkunstverein. Und waren vor kurzem im HMKV Positionen zu einem Stück der Stille von John Cage präsentiert, so kehrt das Geräusch nun als menschlicher Laut, genauer: als Stimme wieder. Die Stimme kann sich vom Sprecher lösen oder spezifisch für bestimmte Berufsgruppen sein. Bauchredner und Synchronsprecher kommen hier zu Wort, in einer Schau, die Beiträge der letzten Jahrzehnte umfasst, u.a. von Richard Serra, Asta Gröting th THEATER DORTMUND und Artur Zmijewski. Infos: 0231 496 64 20 Fr 12.4./So 14.4./Di 16.4./Mi 17.4. Do 18.4. 18 Uhr SUBROSA Do 18.4 19 Uhr Grimm spielen 3Klang: Das Bonsai-Festival Vol. 13: Der Punk, der Sonntag & ein Karussell Foto: Gerfried Guggi rv ȗk |xox{} ~oÕ x{n{tj ȗkkrum~wp nrp} xwmn{j~||}j}}~wp n{ n~n Uȗ l}jrj xvkrÕ r} |nrwnv nr}ux|ßnunpjwß }nw n|rpwÖ rwwxj}rnw rlqn{qnr}|ß ~wm xvox{}||}nvnw ~wm nrwnv jmnxu~vnw xw kr| ~ ĖÕĜęĕ r}n{w n{krwmn} n{ j~v ~wm wjvrt rw x{krumurlqn{ n{ont}rxwÕ {n~nw rn |rlq j~o mnw kn|}nw l}jrj juun{ nr}nwÕ wm kn|}nuunw rn |rlq |lqxw sn}} q{ xmnuuÕ {jo}|}xoon{k{j~lq oÆ{ juun n{oÆpkj{nw x}x{nw rw uăĖĕĕ tvÖ rwwn{x{}|Ø ĜÖĖ ß ęÖě× j~¿n{x{}|Ø ęÖĝ ß ĘÖĘ× txvkrwrn{}Ø ĚÖĜ ß ĘÖĝ× ėßvr||rxwÖ txvkrwrn{}Ø ĖĘė ß ĞĞ pătv ìpnv¿ ìí {Õ ĜĖĚăėĕĕĜíÕ ȗ~}xvxkrun {rnmnw|nrlqn vk j|}{xyn{ nuunp ĖĕĞÖ ęęĝĕĚ Ȗxlq~v nuØ ĕėĘę ĘĚėĞĖęÖ jØ ĕėĘę ĞĘěėĖĝě o{rnmnw|nrlqnÕpoûyj{}wn{Õ|txmjßj~}xÕmn Õj~}xvxkrunßo{rnmnw|nrlqnÕmn Drei Bands in 33 Minuten – das Projekt hat sich bewährt: Seit 2010 kombiniert Hannes Weyland in unregelmäßigen Abständen nationale und internationale Line-Ups und begeistert die Zuhörer mit einem teils ungewöhnlichen und überraschenden Potpourri an unterschiedlichen Musikgenres. Mit Carrousel aus der Schweiz, Forest Pooky aus D.C. und Domingo aus Haldern und Bochum vereinen sich auf der Bonsai-Bühne dieses Mal französischer ChansonPop, echter akustischer Punk-RockSound und amerikanische Folk und Indie-Musik zu einem wahrlichen Genuss aus energetischer und doch so sinnlich-melancholischer Stimmung. Zusammen mit dem internationalen und kultigen Flair der 60 Erwachsene schwelgen in Erinnerungen an ihre Kindheit, Kinder tauchen ein in eine Welt voller Hexen, Helden und böse Wölfe: Regisseur Andres Gruhn lässt Groß und Klein auf den Spuren der Gebrüder Grimm wandeln und inszeniert mit seinen Protagonisten Bianka Lammert, Rainer Kleinespel, Andreas Ksienzyk, Götz Vogel von Vogelstein und Johanna Weißert eine spannende und märchenhafte Reise durch die tollsten Geschichten der beiden berühmten Schriftsteller, und plötzlich erkennt man: So kompliziert und schwer einzelne Lebensstationen auch sein mögen – am Ende bleibt ein Gefühl der Stärke zurück und die Gewissheit, dass man mutig genug ist, auch zukünfal tige Krisen zu bewältigen. Infos: 0231 502 72 22 Auswahl ESSEN DUISBURG STEINBRUCH Do 11.4. 20 Uhr A Hawk And A Hacksaw Es gab eine Zeit, in der nicht wenige darauf wetteten, dass A Hawk And A Hacksaw eine ähnlich große Karriere bevorstünde wie Zach Condon alias Beirut. Ganz so ist es nicht gekommen, vor allem deshalb, weil das Duo bei seinen Feldforschungen in Sachen Folklore keine Konzessionen an Popsongs machen wollte. Dementsprechend wichtig und einzigartig ist seine Musik, die auf mittlerweile schon sechs Alben Folk aus den verschiedensten Ecken der Welt aufgecs nommen und aufbereitet hat. Infos: 0203 363 28 82 Dramatikers David Gieselmann. Die Geschichte ist schnell erzählt: Was als ein gemütlicher Abend unter Arbeitskollegen beginnt, mündet durch die zunächst scherzhafte Bemerkung der Gastgeber, es gebe eine Leiche in ihrer Wohnung, in einer bestialischen Gewaltorgie. In abgewandelter Form führt Erpulat eine dem Überdruss zum Opfer gewordene Gesellschaft vor, indem er sie um obskur und sehr „deutsch“ wirkende Ideale kämpfen und politisch inkorrekte Witze erzählen lässt. al Infos: 0203 300 91 00 THEATER DUISBURG Mo 29.4. 19.30 Uhr, Di 30.4. 11 Uhr Klasse Tour AALTO KLEINES THEATER ESSEN Mo 1.4. 18 Uhr, Do 11.4. 19.30 Uhr Fr 5.4./Sa 13.4. 20 Uhr Othello Spannungsgeladen, innovativ und voller Emotionen präsentieren sich Armen Hakobyan als Othello und Yulia Tsoi als Desdemona, wenn sie temporeich mit Streetdance-Elementen und zu einer Mischung aus Kammermusik und elektronischen Klängen die uralte Angst der Menschen, betrogen und hintergangen zu werden, auf der Bühne ausdrücken. An dem Gefühl der Eifersucht scheitert es meistens, und die Tatsache, dass Hass und Liebe nahe beieinander liegen, hat seit Shakespeares Zeiten nicht an Aktualität verloren. Denis Untila und Michelle Yamamoto inszenieren eine moderne, ausdrucksstarke Adaption des vieldiskutierten Werkes von Shakespeare, bei dem ein gut aufgelegtes Ensemble gemeinsam mit den Helden und Bösewichten der Tragödie brilliert und begeistert. al Infos: 0201 887 23 33 Theater! – Theater! Oder Wer ermordete Lord T. Ein Horrorszenario sondergleichen für jeden noch so gewieften Theaterregisseur: Der Abend der großen Premiere naht, und ein Darsteller fällt aufgrund einer Verletzung aus. In der Kriminalkomödie von Sabine Misiorny und Tom Müller passiert dies Regisseur Falk, der jedoch wohlweislich vorgesorgt hat. Ein Kollege des Verletzten soll die Rolle übernehmen. Doch was wäre das Leben langweilig, wenn alles glatt liefe? Der Ersatzmann scheint ein Mythos zu sein, denn niemand weiß, wie er aussieht, und blicken lässt er sich erst recht nicht. Als dann der Zuschauer Herr Schmidt zum unfreiwilligen Protagonisten des Stückes wird, nimmt das Chaos seinen Lauf … Ingo Scheuer führt durch eine Welt des Theaters, in der der Einzelne zu einem Meister der Improvisation mutiert, um das Publikum al zufriedenzustellen. Infos: 0201 20 16 44 77 FREAK SHOW Fr 5.4. 20 Uhr THEATER DUISBURG Mi 10.4./Do 11.4. 19.30 Uhr Herr Kolpert Provokant, sozialkritisch, brutal und ein Spiegel unserer Gesellschaft? Gemeinsam, unter anderem mit der vielgerühmten Sesede Terziyan wagt sich der neue Hausregisseur des Düsseldorfer Schauspielhauses, Nurkan Erpulat, an das bekannteste Theaterstück des deutschen Klassenfahrten bedeuteten immer ein bisschen Ausnahmezustand – für Lehrer wie für Schüler. Abseits des normalen Schulalltags stehen die regulären Konstellationen einer Klasse plötzlich auf dem Prüfstein, die Gruppendynamik verändert sich, und auf einmal wird der Schüchterne zum Anführer der Gruppe und der Starke offenbart seine Schwäche. Die Masken fallen und öffnen eine Welt neuer Freundschaften, Erfahrungen und der Gewissheit, der Suche nach dem eigenen Platz im Leben ein kleines Stückchen näher gekommen zu sein. Gemeinsam mit wunderbar sympathischen Protagonisten, schon bekannt aus dem ersten Teil „Klasse Klasse“, geleitet Regisseur Michael Vogel durch den Abend. al Infos: 0203 300 91 00 Josef Albers Museum . Quadrat Bottrop Kurt Kocherscheidt. Malerei 24.3. 16.6.2013 www.quadrat-bottrop.de Fon 02041 29716 Partner des Museums 61 Vietcong Pornosürfers Seit 2007 rocken die vier Jungs Tom, Affe, Teddy und Rackarn die Bühnen der bisher bekannten Welt, immer in Begleitung ihres auffälligen, mit schwarzen Haifischzähnen bemalten Tourbusses. Gegründet, um den Mangel an coolen, wahren Rockbands auszugleichen, erschien im Jahr 2010 ihr Debüt-Album „Restless, Young, Hungry and Free“ und zwar, entgegen allem neumodischen Schnickschnack, als altmodisches Kassettentape. Mit der Single „I hate your Band“ starteten die Pornosürfers vor kurzem ihre aktuelle Kick Off-Tournee quer durch Europa, die im Mai 2013 mit der Veröffentlichung ihres zweiten Albums „We spread diseases“ vorerst endet. Uns al gefällt’s. Auswahl GELSENKIRCHEN KLEINES THEATER ESSEN THEATER ESSEN (GRILLO) Fr 12./26.4. 20 Uhr So 7.4. 19 Uhr (P), Do 11.4./Sa 20.4./ Mi 24.4. 19.30 Uhr Keine Leiche ohne Lily Clockwork Orange Foto: Petra Broszeit Mit dieser Kriminalkomödie von dem englischen Schriftsteller Jack Poppleswell lockt Regisseurin Petra Broszeit den Zuschauer in die Welt der Putzfrau Lily, die dem genervten und ein wenig überfordert erscheinenden Inspektor Harry Baxter mit pseudo-kriminalistischen Tipps, Nerven wie Drahtseilen und einer gehörigen Portion Entschlossenheit bei der Klärung zweier Morde zur Hand geht. Verschwundene Leichen, widerspenstige Verdächtige und der liebestolle Hilfsinspektor Goddard sind da nur einige Schwierigkeiten, die sich dem ungleichen Ermittlerduo in den Weg stellen. al Infos: 0201 20 16 44 77 THEATER ESSEN (GRILLO) Fr 5.4. (P)/Sa 13.4./Mi 17.4./Sa 20.4. 19 Uhr Verpiss dich gewiss IMPRESSUM Mitarbeit an dieser Ausgabe: Lars Albat, Lioba Albus, Silvia Bahl, Frank Brenner, Alexandra Brundiers, Lutz Debus, Hartmut Ernst, Rolf-Ruediger Hamacher, Tatjana Hense, Thomas Hirsch, Tom Jost, Dawid Kasprowicz, Kim Ludolf Koch, Thomas Linden, Anna Lenkewitz, Karsten Mark, Lisa Mertens, Christian Meyer, Anne Nüme, Peter Ortmann, Kerstin Maria Pöhler, Betty Schiel, Anna Schiff, Carla Schmidt, Frank Schorneck, Christian Steinbrink, Marieke Steinhoff, Olaf Weiden, Christian Werthschulte, Hans-Christoph Zimmermann Projektleitung: Ralf Schiessl Grafik: Dominik Empl, Michael Hennemann, Mira Moroz, Thomas Müller Anzeigenverwaltung: Berndt Media Dr.-C.-Otto-Str. 196, 44879 Bochum E-Mail:info@berndt-media.de Tel. 0234-94191-0, Fax -94191-91 Buchhaltung: Karin Okniewski Alle nicht gesondert gekennzeichneten Bilder sind Pressefotos. Do 18.4. 20 Uhr Axel Hacke: Oberst Huhn bittet zu Tisch Wie sähe die Entscheidung unserer Gesellschaft aus, wenn es die Möglichkeit gäbe, aus brutalen Schlägern, Verbrechern und Vergewaltigern „gute Bürger“ zu machen? Clockwork Orange, im Jahre 1962 von Anthony Burgess geschrieben und 1971 von Stanley Kubrick verfilmt, stellt genau diese Frage. Die Geschichte rankt sich um den grausamen Protagonisten Alex, der die Gewalt um der Gewalt willen liebt. Verschiedene Umstände bringen ihn schließlich ins Gefängnis, wo er während der Teilnahme an einer Studie auf das „Gut sein“ konditioniert wird. Paradebeispiel gelungener Resozialisierung oder Opfer der modernen Welt? An der Hauptfigur entfaltet der Regisseur Hermann Schmidt-Rahmer Fragen nach dem Recht auf Selbstbestimmung, auf Freiheit und die ewige Debatte um die Erbsünde des Menal schen. Infos: 0201 812 22 00 „Die deutsche Sprache kommt im Ausland erst so richtig zu sich selbst“. Darum geht es in Axel Hackes neuem Roman „Oberst von Huhn bittet zu Tisch“. Aus „Onion Rings“ kann dann das wunderbare Gericht „Zwiebel ruft an“ werden, was „ja nicht richtig, aber auch nicht ganz falsch ist“. Auch den Trend hin zu gefühlten Gerichten greift Hacke in seinem Buch auf und entzückt den Leser mit Gerichten der internationalen Küche. Mit einem Plädoyer für die Freiheit der deutschen Sprache ohne Grammatik und Struktur greift Axel Hacke auf eine großartig witzige Weise ein Thema auf, das einen selber im Ausland immer wieder zum Schmunzeln bringt. al Infos: 0209 409 70 ZECHE CARL Schauplatz Stadt MÜLHEIM KUNSTMUSEUM bis 2.6., Di, Mi, Fr 11-17, Do 11-21, Sa, So 10-17 Uhr Mi 10.4. 20 Uhr Herausgeber: trailer Verlag Joachim Berndt, www.berndt-media.de Dr.-C.-Otto-Str. 196 6-8, 44879 Bochum E-Mail: info@berndt-media.de Tel./Fax: 0234-941910 Redaktion: Linda Breuer-Hoemberg, Maren Lupberger (v.i.S.d.P.), MUSIKTHEATER IM REVIER Honig & Band Foto: Diana Küster Wenn das eigene Gewissen doch nicht immer so herrisch und aufmüpfig wäre, könnte das Leben doch wunderbar sein: Godehard hat es geschafft, denn privat wie beruflich hat sich endlich Erfolg eingestellt. Ilse betet ihn an und sein Chef Herbert will ihn sogar zum Geschäftsführer einer seiner Wurstbrätereien machen. Alles könnte so schön sein, wenn Godehard nicht eines Tages seinen Chef und dessen spezielle Behandlung der Rohwürste mit Arsenlauge beobachtet hätte. Doch was soll Godehard nun tun? Wenn der Erfolg anklopft, gibt es schließlich immer Kollateralschäden. Doch das Gewissen sagt was anderes … und dann gibt es eine Leiche. Autor Hartmut Musewald gewann mit diesem Stück den ersten Essener Autorentag „Stück auf!“, wobei die Thematik zurzeit kaum aktueller sein dürfte. al Infos: 0201 812 22 00 Peter Brüning, Straßenszene, 1967, übermaltes Offsetplakat, 92 x 125 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn Das vergangene Jahr muss dem Düsseldorfer Songwriter Stefan Honig wie ein einziger Traum vorgekommen sein: Nach Jahren des Werkelns im Untergrund bekam er für seine Musik auf einmal Lob von allen Seiten, renommierte Labels und Konzertagenturen begannen, sich für ihn zu interessieren. Hört man sein aktuelles Album „Empty Orchestra“, versteht man dieses Interesse: Es enthält Folksongs von einer Ideenvielfalt und Güte, die man hierzulande lange suchen kann. cs Infos: 0201 834 44 10 62 Thema ist der urbane Raum im 20. Jahrhundert. Anhand einer Vielzahl an Positionen, die von Max Beckmann und Lyonel Feininger bis zu den jüngeren Künstlern Jan Brokof und Silke Schatz reichen, werden die Veränderungen der Architektur und der gesellschaftlichen Befindlichkeit, auch die Umwälzungen durch die beiden Weltkriege reflektiert. Zugleich deutet sich die Entwicklung der Kunst mit den unterschiedlichen Ismen selbst an. Eine wichtige Ausstellung, die noch von Berliner Ansichten von Heinrich Zille begleitet wird. th Infos: 0208 455 41 38 OBERHAUSEN BUNKER-THEATER Di 9.4./Mi 10.4./Sa 13.4. 20 Uhr Bartsch, Kindermörder – Eine Selbstdarstellung Jürgen Bartsch, der „Kirmesmörder“, der das Ruhrgebiet in den 60er Jahren mit einer Mordserie in Aufregung versetzte: Opfer waren vier kleine Jungen, die von Bartsch gedemütigt, vergewaltigt und schließlich zerstückelt wurden … Jürgen Bartsch, ein Waisenkind, das bis zu seinem sechsten Lebensjahr isoliert in einem vergitterten Kellerloch leben und auch als Jugendlicher noch unter dem Sauberkeitsfanatismus und der Strenge seiner Adoptivmutter leiden musste, der den Demütigungen und sexuellen Übergriffen der Erzieher im Internat hilflos ausgeliefert war. Jürgen Bartsch – Opfer oder Täter? Regisseur Martin Kindervater und Schauspieler Martin Müller-Reisinger geleiten den Zuschauer in die Welt eines Sadisten, eines Psychopathen und eines gleichzeitig doch so bemitleidenswerten Menschen. al Infos: 0208 857 81 84 DRUCKLUFT Mi 17.4. 20 Uhr Maserati + Kokomo Es gibt nur wenige Bands aus dem Postrock-Genre, die ähnlich konsequent nach neuen Ausdrucksformen forschen wie Maserati aus Athens. Durch ihren unbedingten Willen zu experimentieren sind sie mittlerweile eine der wegweisenden Bands dieses Stils geworden, es ist kaum vorherzusagen und dementsprechend spannend, welche Pfade sie nun wieder eingeschlagen haben. Ihr aktuelles Album „Maserati VII“ ist nur ein vorläufiges Dokument des ewigen Fortschreitens dieser Band, nichtsdestotrotz ist es anregend und inspirierend. cs Infos: 0208 85 24 54 GASOMETER bis 30.12., Di-So 10-18 Uhr Christo – Big Air Package Christo, Big Air Package, Dachkonstruktion Gasometer Oberhausen, © Christo, Foto: Wolfgang Volz Im Gasometer errichtet Christo eine Kathedrale aus Licht und Luft. Er lässt im Inneren eine Hülle auf eine Höhe von 90 m aufblasen, die ei- nen Durchmesser von 50 m besitzt und nicht nur von außen zu sehen, sondern auch begehbar ist – das ist die größte jemals aufgeblasene Hülle ohne Gerüst. Im Grunde kehrt Christo hier den Effekt der Verpackung um, aber wie auch in seinen früheren berühmten Arbeiten ist eine enorme Vorbereitung nötig, um einen an sich simplen Eingriff vorzunehmen. th Infos: 0208 850 37 30 THEATER OBERHAUSEN Do 4.4. 11 Uhr, So 7.4. 15 Uhr, Di 23.4. 11 Uhr, So 28.4. 15 Uhr Der geheime Garten Die kleine Mary, in Indien in luxuriösen Verhältnissen, aber ungeliebt aufgewachsen, wird nach dem Tod der Eltern zu ihrem kauzigen Onkel Craven nach England geschickt. Dieser hält nicht viel von Kindern im Allgemeinen und vergräbt sich lieber in der Trauer um seine verstorbene Gattin Lily. Nach und nach bricht Mary gemeinsam mit der Gouvernante Martha und dessen Bruder den Fluch, der auf dem Anwesen des Onkels und dem verwilderten Garten der verstorbenen Lily lastet und verwandelt das bisher kalte und unwirtliche Heim in einen Ort der Liebe und Freiheit. Die englischamerikanische Autorin Frances Hodgson Burnett faszinierte ganze Generationen mit ihren Geschichten wie „Der kleine Lord“. In der Bearbeitung von Thomas Birkmeir und unter der englischen Regisseurin Lily Sykes erleben die Zuschauer eines der schönsten Klassiker der englischen Jugendliteratur. al Infos: 0208 8 57 81 84 THEATER OBERHAUSEN Sa 6.4./Do 11.4./Mi 17.4./Di 30.4. 19.30 Uhr Fiesta Es geht um das Scheitern der Menschen und um eine „verlorene Generation“, die die Schrecken des Ersten Weltkrieges erst noch verarbeiten muss: Paris und Pamplona sind die beiden Schauplätze in Hemingways 1926 erschienen ersten großen Roman „The sun also rises“. Regisseur Tilman Raabke kreiert Hemingways Geschichte um den Protagonisten Jake Barnes herum, der mit der schönen Lady Ashley eine komplizierte Beziehung führt und zusammen mit einer Gruppe von Freunden und Bekannten erst das Pariser Nachtleben unsicher macht, bevor sie schließlich als Gruppe bei der Fiesta San Fermin in Pamplona landen. Unerwiderte Liebe, Affären und Trinkgelage führen schließlich zu den Spannungen, die unweigerlich den Niedergang des Einzelnen bedeuten. al Infos: 0208 857 81 84 63 Neuer Ansatz Planwirtschaft Hat Zentralismus in NRW Zukunft? Manchmal greift man nach der ganzen Welt, Manchmal meint man, dass der Glücksstern fällt, Manchmal nimmt man, wo man lieber gibt, Manchmal hasst man das, was man doch liebt. (KARAT) Von Peter Ortmann Wir sind nicht mehr Papst. Oder nur noch mittelbar. Oder nur noch ein bisschen. Jedenfalls ziemlich zurückgezogen. Aber wir mögen diese megazentralistische Ordnung im Vatikan wohl, denn nicht nur dass die Wahl des neuen Chefs der christlichen Päderasten-Versteckorganisation Titelthema der Nachrichten-Organe war (Begründung: weil der selbsternannte Petrusnachfolger so mächtig ist, weil das so viele Christen in Südamerika so interessiert, weil das immer so tolle rauchige Bilder produziert, weil die Vatikanbank es so wollte), sie wurde auch mit Sondersendungen garniert, so dass alle jetzt endlich wissen, wer der „heilige“ Giovanni Battista Bernardone aka Franz von Assisi gewesen ist. Ich erspare mir also hier die Biografie. Es bleibt dabei, der Vatikanstaat ist eine absolute Monarchie. Staatsoberhaupt ist der Papst, der die volle Legislative, Exekutive und gerichtliche Gewalt ausübt. Wer will das schon. So was hatten wir auch mehrfach in Deutschland, ohne Papst, aber mit Kaiser oder Führer. Auch die Partei, die das Christliche in ihrem Namen führt, scheint von diesem religiösen Zentralismus mitten im bundesdeutschen Föderalismus beseelt. So scheint es jedenfalls in Düsseldorf, wo kleine Museen und Kulturinstitute nach dem Willen der Ratsmehrheit künftig von einer Dachgesellschaft verwaltet werden sollen. Da geht es um Marketing, Presse, Einkauf, Technik und natürlich die finanzielle Unterstützung. Auslagern will man, einlagern wohl nicht. Anders als im Vatikan soll dieser Zentralismus kulturelle und ökonomische Synergieeffekte erzielen. Alles gut also? Nicht wirklich. Im Grunde genommen ist das ein Modell, mit dem Geld gespart werden soll, ohne dass die Qualität der einzelnen Häuser wenigstens gewahrt wird. Auch wenn die Häuser, es geht mit Sicherheit nicht nur um die Museen, in der künstlerischwissenschaftlichen Leitung eigenständig bleiben sollen, ein paar Mitarbeiter müssen sich garantiert Sorgen machen und können schon mal nach dem heiligen Stuhl zu Hause schauen. Die Ratsmehrheit professionalisiert damit den kommunalen Kulturbetrieb, der zukünftig wie ein Konzern geführt werden soll, quasi als Aktiengesellschaft mit Aufsichtsrat und dem restlichen Brimborium. Vielleicht auch mit Boni und Dividende? Eine schreckliche Vorstellung. Denn dann wäre bei Schwierigkeiten der Finanzierung immer der Stellenabbau das erste Mittel, siehe Börse, siehe sogenannte DAX-Bluechips. Anwenden könnte man das Modell natürlich nicht nur in der Landeshauptstadt. Das wäre denkbar für alle Metropol-Regionen oder gleich das ganze Bundesland. Dann würde die Monarchie im Kulturbetrieb wieder eingeführt, mit allem lustigen Beiwerk. Sollte das die Zukunft sein, würde ich schon mal eine Bewerbung schreiben – als Narr, der neben dem (natürlich von einem ganz großen NRW-Künstler gestalteten) goldenen Thron sitzen darf, ein buntes Trikot trägt und blanken Unsinn redet. April 2013 www.trailer-ruhr.de Das Verg gene i nicht t, es i nich t einmal verg gen . WILLIAM FAULKNER DAS WOCHENENDE EIN FILM VON NINA GROSSE NACH DEM GLEICHNAMIGEN ROMAN VON BERNHARD SCHLINK (“DER VORLESER”) www.daswochenende-film.de ab 11.4. im Kino