Rockstar Games präsentiert Tischtennis
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Rockstar Games präsentiert Tischtennis
COMPUTER- UND VIDEOSPIELKULTUR Deutschland Euro 3,00 : Österreich Euro 3,30 : Schweiz sfr 5,90 JULI-AUGUST [2006] : www.play-magazin.de Top aktuelle Kritiken zu Prey > Loco Roco > Chromehounds > Half-Life 2: Episode 1 > Der Herr der Ringe: Schlacht um Mittelerde 2 > New Super Mario Bros. > Grand Theft Auto: Liberty City Stories > Galaga > Pac-Man > Cloning Clyde und wie immer viele schöne Geschichten, fantastische Bilder und ein tolles Tischtennis-Turnier. HIGHLIGHTS: Special-Ausgabe für alle Jäger und Sammler, das Beste aus zwei Jahren [ple:]-Magazin in einem Heft Abenteuer Egoshooter Rennspiele Mobile Gaming Rollenspiele Design+Lifestyle Next-Gen+Film Rockstar Games präsentiert Tischtennis DER #1 HIT FÜR PSP™ JETZT AUCH FÜR PLAYSTATION®2 ERHÄLTLICH ”HERVORRAGEND INSZENIERTE, TECHNISCH AUFWÄNDIGE GANGSTER-ACTION MIT VIELABWECHSLUNG UND BEWEGUNGSFREIHEIT.” PSP - DAS OFFIZIELLE MAGAZIN WWW.ROCKSTARGAMES.DE/LIBERTYCITYSTORIES © 2006 Rockstar Games, Inc. Rockstar Games, Rockstar Leeds, Rockstar North, das Logo, Grand Theft Auto, das Grand Theft Auto Logo sowie das A Take-Two Company Logo sind Marken und/oder eingetragene Marken von Take-Two Interactive Software. Rockstar Games, Rockstar North und Rockstar Leeds sind Tochterunternehmen von Take-Two Interactive Software. Alle anderen Marken und Zeichen sind Eigentum ihrer jeweiligen Besitzer. Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieses Videospiels ist frei erfunden. Es soll keine tatsächlich lebende Person, Firma oder Organisation dargestellt werden. Jede Ähnlichkeit zwischen einem Charakter, Dialog, Ereignis oder Handlungselement und tatsächlich lebenden Personen, Firmen oder Organisationen wäre rein zufällig. Es ist nicht die Absicht der Hersteller und Publisher dieses Videospiels, das in diesem Spiel gezeigte Verhalten gutzuheißen, zu entschuldigen oder zu fördern. Tina Zimmermann, www.tinaz.net »IN CONTROL« Basierend auf »research on molecular controllers« entsteht eine neue evolutionäre Verzweigung zum „homo consolis“, ein Wesen, das nur noch die Körper- und Sinnesorgane ausbildet, die es zum Videogaming benötigt: Auge, Gehirn und Daumen. Die vermeintliche Kontrolle, die Mensch auf Maschine ausübt, um die allgegenwärtige Mattscheibe zu füllen und zu verwalten, kehrt sich um zur Kontrolle der Maschine über den Menschen, da nun jegliche Tätigkeit, sei es in Bereichen Kunst, Wirtschaft, Handwerk, Medizin, selbst Sport unumgänglich an die Datenverarbeitung durch den Auge-Monitor-Kopf-Rechner-HandMaus-Kreislauf gebunden ist. Allein der „homo consolis“ gibt sich komplett freiwillig dieser avataristischen Abhängigkeit hin. EDITORIAL 4 U m endlich einmal mit einer Floskel einzusteigen: Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Genau das tun wir. Im Klartext: Dies ist die letzte [ple:]-Ausgabe. Für immer. Autsch, ja, das tut weh. Es geht aber nicht anders. Doch jetzt erst ein paar gute Nachrichten Das vorliegende Heft fasst die Höhepunkte aller vergangenen Ausgaben zusammen und ist unser Abschied für einen – kurzen – Moment. Denn wir haben die vergangenen Monate genutzt, um ein neues, monatlich erscheinendes Magazin für Video- und Computerspiele zu entwerfen, dass ihr zur Games Convention in Leipzig Ende August diesen Jahres erstmals zu Gesicht bekommen werdet. Natürlich ist es schade, dass wir mit der [ple:] in dieser Form nicht weitermachen können. Doch ein solches Konzept hat am Kiosk nie genügend Leser gefunden. Die [ple:] war immer ein sehr ambitioniertes Heft, von ihren Lesern für toll und wichtig befunden. Einige Publisher unterstützten unsere Bestrebungen großzügig. Doch am Ende war die Resonanz einfach nicht groß genug. Vielleicht sieht das in einigen Jahren anders aus. Vorerst hören wir auf die Weilheimer Indieband „The Notwist“. Die Jungs texteten in der bayerischen Idylle im Jahr 2002 die abschließend gültige Zeile für all jene gut gemeinten, ambitionierten aber leider finanziell nicht abschließend tragfähigen Projekte dieser Welt: „Fail with consequence, lose with eloquence and smile“. Wir summen mit, lächeln und freuen uns auf das neue Heft. Danke fürs Dabeisein, Lesen, Kritisieren, Unterstützen. Eure [ple:]-Redaktion. ÆÇWdZÆFbWoIjWj_edÇWh[h[]_ij[h[ZjhWZ[cWhaie\Iedo9ecfkj[h;dj[hjW_dc[dj?dY$ÆFIFÇWdZÆ ÇWh[jhWZ[cWhaie\Iedo9ecfkj[h;dj[hjW_dc[dj?dY$7bbh_]^jih[i[hl[Z$ pfligjg%Zfd 5 A<KQK8L:?@EN<@JJ% INHALT 6 HIGHLIGHTS KRITIK 02 04 Blickwinkel Editorial IMPRESSUM 08 09 10 Nachrichten: GC setzt Siegeszug fort Nachrichten: Schwarz auf weiß - Nintendo DS Lite vs. PSP Ceramic White Was bedeuten dir Videospiele? Verlag: [ple:] Medien (Gaca, Metzger + Meyer GbR), Schliemannstr. 25 A, 10437 Berlin, info@play-magazin.de 14 18 21 22 24 28 30 32 34 38 40 42 44 46 48 50 52 54 55 56 60 62 64 Pixelfreunde Egoshooter: Egoshooter als Spiegel der Gesellschaft Abenteuer: Maßnahmen zur Verkehrserziehung Egoshooter: Fördern brutale Videospiele die Aggressionsbereitschaft? Rennspiele: Gentlemen, start your engines. Geschichte der Rennspiele Rennspiele: Eine Studie sagt, Rennspiele sind gefährlich für die Psyche Mobile Gaming: Benjamin J. Heckendorn – der König der kleinen Konsolen Mobile Gaming: Gunpei Yokoi – der Mann, der den Gameboy erfand Rollenspiele: Jeder spielt hier nur seine Rolle. Geschichte der Rollenspiele Rollenspiele: Spielen und spielen lassen. Dienstleister für Levelarbeit Rollenspiele: Die Flucht vor der Realität in die nächste Realität Rollenspiele: Ink 11 – über den Tod eines „PSO“-Characters Design + Lifestyle: Pac-Man in Manhattan Design + Lifestyle: Sounddesign bei Video- und Computerspielen Design + Lifestyle: In Norrath gehen die Lichter aus. Besuch in „Everquest“ Film: Krieg der Welten. Stilmix bei Spielen und Filmen Gespräch: Hideo Kojima Gespräch: Geoff Crammond Gespräch: Benjamin J. Heckendorn Gespräch: Gregg Tavares Gespräch: Yoshiki Okamoto Realitäten Popwissen Redaktionsanschrift: [ple:] Magazin, Schliemannstr. 25 A, 10437 Berlin, info@play-magazin.de 67 68 70 72 73 74 75 76 77 Kritik: „Prey“ Kritik: „Rockstar Games präsentiert Tischtennis“ Kritik: „Chromehounds“ Kritik: „Der Herr der Ringe: Schlacht um Mittelerde 2“ Kritik: „Half-Life 2: Episode 1“ Kritik: „Loco Roco“ Kritik: „New Super Mario Bros.“ Kritik: „Grand Theft Auto: Liberty City Stories“ Kritik: „Live Arcade“ 79 80 Nachbestellungen Game Over Herausgeber: Kristian Metzger Redaktion: Christian Gaca (CG), Chefredakteur, christian@play-magazin.de, Kristian Metzger (KM), kristian@play-magazin.de Autoren: Matthias Adler (MA), Hagen Bohrloch (HB), Jin Choi (JC), Martin Eiser (ME), Carsten Görig (GÖ), Heiko Häusler (HH), Andreas Heiberger (AH), Kalle Max Hofmann (KH), Martin Karras (MK), Christian Keichel (CK), Malte Klein-Luyten (KL), Shelley Masters (SM), Alex Pöschel (AP), Max Scharl (MS), Hias Wrba (HW) sowie Bernhard Hübner, Uwe Viehmann und Lars Borges (Fotograf, www.larsborges.de) Art Direction: Mirka Meyer, mirka@play-magazin.de, meyer@metorical.com Marcus Tonndorf, tonndorf@metorical.com Metorical, www.metorical.com Webseite: lieblinx GmbH Reichenberger Str. 125, 10999 Berlin Webmaster: Matthias Adler [ple:] im Netz : www.play-magazin.de Anzeigenleitung: Kristian Metzger, anzeigen@play-magazin.de Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 1 - 2006 Druck: Stürtz GmbH, Würzburg Vertrieb: ASV Vertriebs GmbH Bezugsbedingungen: [ple:] erscheint sechs mal im Jahr, der Preis eines Einzelheftes beträgt 3,00 Euro. Sämtliche Texte und Fotos sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos können nicht zurückgeschickt werden. hundertgrad.de Way of Life! Und so geht’s: Einfach bei Ihrem Suzuki Händler auf der Bildfläche erscheinen und das highscoreverdächtig günstige Leasingangebot erwähnen. Dann gibt’s den Suzuki Swift² mit Klimaanlage und Winterkompletträdern schon ab 89,— EUR¹* pro Monat. Außerdem sollten Sie sich nicht die aufregend realistische Probefahrt entgehen lassen. Weitersagen erlaubt. Insider-Cheat für Zocker. Swift fahren schon ab monatlich 89,— EUR¹* mit Der Swift. Rock the Road! Klimaanlage Winterkompletträdern³ und www.suzuki-swift.de ¹Ein Angebot der Suzuki Finance, Service-Center der Santander Consumer CC-Bank. ²Kraftstoffverbrauch: 6,1 l/100 km bis 6,9 l/100km im kombinierten Testzyklus; CO -Ausstoß: 143 g/km bis 170 g/km im kombinierten Testzyklus (80/1268/EWG). ² ³Gilt nicht für den Swift Sport und Swift Classic. Aktionszeitraum 1.7.— 31.12.2006. Abbildung zeigt Sonderausstattung. *Leasingbeispiel: Kaufpreis für Swift 1.3 3D Club mit Klimaanlage und Winterkompletträdern: 11.690,— EUR Mietsonderzahlung: 1.990,— EUR Laufzeit 36 Monate Restwert 6.386,62 EUR Jährliche max. Fahrleistung: 10.000 km Effektiver Jahreszins: 0 % NACHRICHTEN 8 GC setzt Siegeszug fort Im August 2006 sind auch wir bei der Games Convention mit dabei Schon der fulminante Start 2001 machte klar, dass in Leipzig etwas Großes geboren wurde. Auch wenn Nintendo im ersten Jahr nicht mit dabei war, fanden Journalisten, Spieler und Publisher gleichermaßen perfekte Bedingungen vor. Die wunderbare Trennung zwischen Business-Center für Geschäftstermine und den Hallen für die regulären Messenbesucher stellte sich als ideale Lösung heraus. So hat die Games Convention trotz der nicht ganz perfekten Lage in Leipzig nicht nur 30 Prozent Publikumssteigerung in fünf Jahren geschafft, sondern sich vor allem beim Fachpublikum einen echten Namen gemacht. Gerade amerikanische Entwickler freuen sich, die Reaktionen des begeisterten Publikums zu erleben. Im Gegensatz zur E3 in Los Angeles, wo sich mittlerweile immer stärker nur die Fachleute treffen, gibt es in Leipzig den direkten Zugang zur Zielgruppe und deutlich mehr Atmosphäre. Das satte Zuschauerwachstum der letzten Jahre hat aber auch für ein paar ernste Probleme gesorgt. Vor allem die gläsernen Übergänge zu den beliebten Hallen 4 & 5 waren regelmäßig überfüllt. Um dieses Problem aus der Welt zu schaffen, bekommt bei der nächsten Games Convention vom 24. bis zum 27. August jeder große Hardware-Hersteller eine Halle zugewiesen. Unabhängige Studios und PC-Publisher dürfen sich dagegen frei verteilen. Außerdem werden auch die Freiflächen genutzt, um die Besucher-Massen besser zu kanalisieren. Diese Maßnahme wird die Gänge genauso entlasten, wie die zwei zusätzlichen Eingänge direkt am Parkplatz. Nur so ist das Wachstum durch die größere Ausstellungsfläche und die „The Dome“-Veranstaltung am Freitag, 25.August, in Halle 1 abzufedern. Doch nicht nur für alle Zocker hat die Messe den Service verbessert, auch die GC Family bekommt ein überarbeitetes Konzept geliefert. Neben spannenderen Ständen und Podiumsdiskussionen gibt es erstmals so genannte GC-Guides, die scheuen Anfängern und besorgten Eltern gleichermaßen per Führung die Haupthallen schmackhaft machen. Weitere Details gibt es unter www.gc-germany.de. Ein weiteres Novum wird unsere eigene Teilnahme sein. Schaut ab und zu auf die Webseite www.play-magazin.de vorbei, dort werden wir unseren Standort und unser Konzept ankündigen. Dort gibt es auch Details zum Zeitplan, damit ihr auch schön auf dem Laufenden seid. Wer es nicht zur Games Convention schafft, bekommt auf der Webseite auch die Gelegenheit, unser neues Projekt digital in Augenschein zu nehmen. An alle anderen: Wir sehen uns in Leipzig! (KM) 9 Nintendo DS als Lite-Gewicht / PSP in neuem Ceramic-Look Auch wenn Nintendo bisher zum Teil die innovativeren Spiele liefert, konnte der Nintendo DS bisher beim Thema Styling keinen Blumentopf gewinnen. Der silbergraue Plastikriegel wurde in seiner Hässlichkeit höchstens vom ersten Gameboy geschlagen, der trotz seiner technischen Brillanz eher an einen Backstein, denn an ein modernes Spielgerät erinnerte. Doch Nintendo hat seine Hausaufgaben gemacht und bei der Neuauflage des DS alten Qualitäten wiederentdeckt. Wie schon bei anderen Gameboy-Varianten wurde einfach erfolgreich ein bekanntes Design adaptiert und massentauglich auf die kleine Handheld-Konsole übertragen. Das Opfer der Design-„Huldigung“ ist das weiße Apple-iBook der ersten Generation, dessen durchscheinende Kunststoff-Optik für den DS Lite nahezu identisch übernommen wurde. Außerdem hat Nintendo die Technik großzügig überarbeitet. Die beiden Bildschirme sind jetzt nicht nur dimmbar, sondern auch einfach mal fast doppelt so hell. Wie schon bei anderen Neuauflagen, gibt es diesmal neben der weißen Version weltweit auch eine ganze Menge andere Farben. Im Gegensatz zu früher wurde aber auf allzu quietschige Farben verzichtet. In Deutschland gibt es den DS Lite momentan, wie übrigens das neue MacBook auch, sogar nur in schwarz und weiß. Doch nicht nur Nintendo, sondern auch Sony hat Apple über die Schulter geschaut und mit der „Creamic White Edition“ der Playstation Portable das matte Weiß der letzten iBook-Generation übernommen. Passend dazu gibt es ein schickes „Loco Roco“-Bundle, das die schickere PSP-Hardware auch noch mit dem aktuell besten PSP-Spiel kombiniert. Sonst wurde an der Konsole nichts verändert. Nintendo hat damit also, zumindest was das Design angeht, deutlich aufgeholt. Abschließend bleibt die Frage, ob Apple nun vor Wut über den Design-„Raub“ schäumt oder sich eher geschmeichelt fühlt. Doch selbst wenn Designer entrüstet die Nase rümpfen, die Videospieler werden sich allesamt freuen, denn mit der neuen Optik wirken die beiden Geräte noch ein wenig moderner und sind entgültig bereit, auch vor den kritischen Blicken der Freundin zu bestehen. (KM) NACHRICHTEN Schwarz auf weiß „Für den Spaß. Für den Wettbewerb“ WAS BEDEUTEN DIR VIDEOSPIELE? 10 Kristian Metzger Die Jagd nach dem Kick hat mich schon mein ganzes Leben begleitet. Bereits mit elf Jahren bekam ich meinen ersten Computer geschenkt und gab mich meiner Spielsucht hin. Gameboy, Konsolen und später der so genannte eSport am PC – immer wieder fand ich in Spielen eine Möglichkeit, noch tiefer einzutauchen und mehr von mir zu fordern. Doch nun, wo Spielen zu meinem Beruf geworden ist und damit meinen Lebensunterhalt sichert, hat sich mein Spieltrieb verändert. Noch immer tauche ich begeistert in die Welten von Entwicklern und Designern ein, doch meine Freizeit mit Freunden oder aber vor dem Fernseher ist wichtiger geworden. Ich genieße es, mich einfach nur zurückzulehnen und mich berieseln zu lassen. Spielen ist nicht mehr mein ganzes Leben, sondern nur noch ein Teil davon. Trotzdem werden mich Spiele ein Leben lang begleiten und spätestens im Altersheim kann ich alle verpassten Meisterwerke ja noch nachholen. Das Foto machte Lars Borges. 11 Je länger ich darüber nachgedacht habe, und das ist mit jeder neuen, in dieser Rubrik niedergeschriebenen Meinung geschehen, je deutlicher wurde es. Würde ich mir die Frage selbst stellen, ich sollte bloß nicht damit anfangen zu Schwadronieren über die tiefenpsychologische Relevanz des Spielens, die Probleme mit dem Eskapismus und die Vorzüge des Mood-Managements. Drauf geschissen. Es ist alles einfacher. Es gab und gibt bis heute zwei Gründe, warum ich das Zocken liebe: Spaß und Wettbewerb. Spaß alleine, Spaß mit mehreren. Wettbewerb mit mir selbst, Wettbewerb mit anderen. Videospiele begleiten mich seit über 20 Jahren. Ich wollte eigentlich immer nur eine gute Zeit haben. Möglichst lange. Daran habe ich gearbeitet. Und Glück gehabt. So platt es klingt: Hobby zum Beruf gemacht, dafür bin ich dankbar. Sicher zocke ich als Rentner noch immer. Darf mich jeder gerne für infantil halten, ist mir egal. Ich freu mich auf das abgefahrene Zeug, das es in den kommenden Jahrzehnten zu sehen und zu erleben gibt. Ich bin dabei. Für den Spaß. Und den Wettbewerb. Mirka Meyer Also, eigentlich spiele ich ja nicht. Und von ein paar Gameboy-schlage-den-Highscore-des-kleinen-Bruders-Eskapaden in den späten 80ern einmal abgesehen, habe ich das bis vor kurzem durchaus souverän durchgezogen. Seit circa zwei Jahren ernte ich jedoch für das Nicht-Spielen nicht wie gewohnt befürwortendes Nicken der Freunde, sondern verständnisloses Kopfschütteln der Kollegen. So habe ich mich, pflichtbewusst wie ich bin, hingesetzt und gespielt. Und gelernt, dass man sich auch als Superheld hoffnungslos verlaufen kann. Dass Buttons extra fest drücken nur zu Blasen an den Daumen, nicht aber zum besseren Spielergebnis führt. Dass die Seekrankheit beim Spielen kein Mythos, sondern üble Wahrheit ist. Nichtsdestotrotz muss ich zugeben, was ich seit den 80ern verschwiegen habe und nun endlich offen zugeben kann: Wenn einen erst mal der Ehrgeiz packt, Highscores überboten, Level durchgespielt und Gegner besiegt sind... macht Spielen wirklich einfach Spaß. WAS BEDEUTEN DIR VIDEOSPIELE? Christian Gaca Fast zwei Jahre [ple:]-Magazin liegen hinter uns, Grund genug, die subjektiv betrachtet schönsten Stücke aus den vergangenen Ausgaben in einem Heft der Höhepunkte zusammenzufassen. Enjoy! Wir jedenfalls haben genau das immer getan. HIGHLIGHTS: INTRO HIGHLIGHTS 13 PIXELFREUNDE HIGHLIGHTS: PIXELFREUNDE 14 Lara Croft Pikmin Tomb Raider Pikmin, Pikmin 2 Brüste, Brüste, Brüste. Die sekundären Geschlechtsmerkmale sind bei der guten Lara Croft wirklich von Anfang an nicht zu übersehen gewesen. Ein wahrscheinlich noch heute pubertierender Programmierer schnitzte sich mit der aparten Archäologin sein Idealbild einer Freundin zusammen, die er nie wird haben können. Intelligent, hübsch, gut gebaut, wortgewandt, sicher an der Waffe. Trotzdem ist sie eine Ikone und war eminent wichtig für die Emanzipation. Denn wann haben sich Jungs das letzte Mal so lange mit einem Mädchen beschäftigt – die Sandkastenliebe nicht mitgerechnet? (CG) Die kleinen Pikmin sind wunderbare Spielcharaktere von schlichter Schönheit. Sie sind, aufs Charakterdesign gemünzt, die skandinavische Designvariante: einfach, rund, schlichte Farben. Pikmin kommen ohne aufwendig gestaltete Kostüme aus. Brauchen keine Waffen. Die nasenlosen Wesen schaffen eine Gratwanderung zwischen niedlich und stylisch wie niemand sonst. Pikmin sind nur rund drei Zentimeter groß und wachsen wie Karotten aus der Erde. Irgendwann stiefelt unausweichlich der sorglose Captain Olimar vorbei und missbraucht die unschuldigen Gewächse für seine rastlose Suche nach Raumschiffteilen. Und schickt dabei unversehens eins ums andere Mal hunderte Pikmin ins Verderben. Ein trauriges Schauspiel. [CG] 15 Cate Archer Mario GTA: Vice City No One Lives Forever Super Mario Land 1 Tommy Vercetti ist ein guter Junge. Hunderte Kilometer haben wir zurückgelegt, immer neue Missionen abgecheckt. Erst Liberty City gerockt, dann Vice City. Tommy und ich, wir haben uns einen Namen gemacht, als skrupellose Typen mit Hang zum Fahrzeugdiebstahl. Coole Nummern sind gelaufen, unvergessen der dreiste Panzerdiebstahl. Haben ihn der Army abgezogen, als sie uns wegen der Sache mit der Panzerfaust und der Straßenkreuzung drankriegen wollten. Nur waren wir schneller – und haben das Teil in die eigene Garage eingeparkt. Tommy, Junge, ich werde dich nie vergessen. (CG) Mit Cate Archer bekam die Zunft der Shooterspieler nicht nur eine wehrhafte, sondern auch eine verdammt hübsche Frau geliefert, die mit ihrem coolen Sixties-Style nicht nur Männerherzen im Sturm eroberte. Als englische Geheimagentin durfte sie auf abgefahrene Gimmicks zurückgreifen. So musste man sich spätestens, wenn Cate ihren Schminkspiegel als Waffe einsetzte, vor Lachen auf dem Boden krümmen. Leider hat die Vorstellung, mit einer sexy Frau gegen Bösewichter zu kämpfen, nicht genug Spieler begeistert. Deswegen blieben der erste Teil und auch der Nachfolger wie Blei in den Regalen liegen. (KM) Als kleines Kind dachte ich, die Welt auf den Bildschirmen sei schwarzweiß und nur das echte Leben farbig. Irgendwann im Jahr 1982 oder 1983 wurde der kleine Christian durch einen Wega-Farbfernseher erleuchtet, und die Sesamstraße war plötzlich ein bunter Acid-Trip eines Siebenjährigen. Mit Mario war es genau umgekehrt. Den kannte ich nur in Farbe, plötzlich dann war sein blauroter Arbeitsdress nur noch in Graustufen zu sehen. Zum Ausgleich war er dafür transportabel geworden. Auf dem Gameboy durchlitten wir gemeinsam sein erstes mobiles Abenteuer, meistens im Werte & NormenUnterricht auf dem Gymnasium. Ich wollte halt lieber ein Pixel-Klempner sein, als mit Bäumen zu reden. (CG) HIGHLIGHTS: PIXELFREUNDE Tommy Vercetti HIGHLIGHTS: PIXELFREUNDE 16 Viewtiful Joe Ulala Chocobo Viewtiful Joe, Viewtiful Joe 2 Space Channel 5 Final Fantasy IV Viewtiful Joe wird zweifelsohne sämtlichen Anforderungen an einen modernen Helden gerecht. Er ist weder zu hart noch ist er zu weich, strahlt Kraft und Selbstsicherheit aus und ist zu 98 Prozent schwiegermuttertauglich. Er versöhnt Nostalgiker und Freunde der dritten Dimension. Und er hat verdammt viel Stil. Mit dem roten, hautengen Anzug und einem sexy, rosa Cape ist er emanzipierter als jeder bisher dagewesene Held, bewegt sich anmutig und elegant. Dennoch müssen Gegner seine Linke fürchten. Eindrucksvoll bewiesen hat er ebenfalls, dass Technik doch über Größe siegen kann. So schön waren Faustkämpfe seit den Abenteuern von Indiana Jones nicht mehr! Henshin-a-go-go, Baby! [ME] So wie in „Space Channel 5“ musste die Zukunft aussehen: Störende Ecken und Kanten waren verschwunden, alles war bunt – und gekämpft wurde mit Tanzschritten. Daran konnte man vor fünf Jahren glauben. Damals, als Ulala aus ihrem Raumschiff stieg. Wie eine gute Freundin kam sie auf die Erde und gab uns Glauben. Glauben daran, dass Videospiele Pop und charmant sein könnten. Dabei war Ulala gleichzeitig sexy und asexuell – wie eine Teenagerversion von Emma Peel, erschaffen in psychedelischen Traumwelten. Leider ist sie kurz danach verschwunden und hat uns mit faden Gestalten wie dem Master Chief allein gelassen. Nur noch eine kleine Figur auf dem Schreibtisch erinnert an die schöne Zeit. [GÖ] „Ein Pferd. Ein Pferd. Mein Königreich für ein Pferd“, versprach einst Richard III., inszeniert von William Shakespeare. Vielleicht hätte der verzweifelte König nach einem Chocobo rufen sollen. Die possierlichen Tierchen lassen sich nämlich ebenfalls prima reiten. Tauchen nicht selten sogar ungefragt auf, allerdings nur in den Weiten der „Final Fantasy“-Welten. Die Vorzüge der eigenartigen Mischung aus Mustang und Kampfhenne wissen Abenteurer zu schätzen: Lange Wege werden angenehm kurz. Und vor allem wartet nicht hinter jedem Baum ein neuer Kampf. Auf der Suche nach den letzten Geheimnissen ein unschätzbares Fortbewegungsmittel, das hätte bestimmt auch König Richard gedacht. (CG) 17 Pikachu Drizzt Do Urden Jet Set Radio, Jet Set Radio Future Pokémon Rot & Blau Baldur‘s Gate I+II, Baldur‘s Gate: Dark Alliance Die Graffiti-Rebellin und InlineArtistin Gum ist eine Veteranin des Kampfes gegen graue Wände. Angetrieben vom Piratensender Jet Set Radio verschönert sie ganz Tokyo mit aerosolgetriebenem Farbwahnsinn. Gleichzeitig verdeutlicht sie wie keine Zweite Segas ästhetisches Potenzial. In den für Dreamcast und Xbox erschienenen Style-Epen wurde jedoch nicht beim szenetypischen Charakterdesign Halt gemacht. Die von US-Sprayergröße Haze beigesteuerten Tags sowie der explosive Soundtrack von Gruppen wie BranVan 3000 und Cibo Matto verschmolzen mit der Cel-Shading-Grafik zum Gesamtkunstwerk. Kein Wunder, dass es die geschmackssichere Schönheit Gum bis zum Covergirl gebracht hat! (KH) Böse Zunge sagen, „Pokémon“ sei das Koks der „Generation Grundschule“. Natürlich rein metaphorisch gesprochen. Ist vielleicht übertrieben, aber die Sammelleidenschaft kann nicht nur Kinder dauerhaft beschäftigen. Die kleinen „Pokémon“-Monster versteckten sich auf zwei Cartridges, wobei sich die ganz seltenen und starken Exemplare jeweils auf einer der beiden verbargen. Keine Frage, dass erstmals beide Spiele hermussten, um den vollen Erfolg des Pokémontrainers zu sichern. Zum Glück ist dieser Kelch an mir vorüber gegangen. Wirklich, ich war nie auf „Pokémon“. Ganz ehrlich. Kannte aber einige Erwachsene, die eine Weile ziemlich viel davon konsumiert haben. Vielleicht zu viel. (CG) Es gibt kaum eine andere Figur in der Welt der Dungeons & Dragons, die solch eine gewaltige Fangemeinde besitzt, wie der verstoßene Dunkelelf Drizzt Do Urden. In einer gewaltigen Saga hat der Buchautor R.A. Salvatore den Charakter ins Leben gerufen und ihm damit zu Auftritten in den verschiedensten Rollenspielen verholfen. Obwohl Drizzt Do Urden ein Dunkelelf ist, hat er sich mit seinen magischen Krummschwertern und einem ebenso magischen Panther dem Kampf gegen das Böse verschworen. Digital zum Leben erweckt, kämpfte er schon beim ersten Teil von „Baldur’s Gate“ an der Seite des Spielers und durfte auch in vielen anderen Spielen meist als Special Charakter ins Boot geholt werden. (KM) HIGHLIGHTS: PIXELFREUNDE Gum Egoshooter als Spiegel der Gesellschaft 18 HIGHLIGHTS: EGOSHOOTER Von Kristian Metzger In den 80er Jahren waren Videospiele noch abstrakte Erlebnisse, die nur wenig mit der Realität zu tun hatten. Erlebnisse, die neben der Geschicklichkeit vor allem das Vorstellungsvermögen anstrengten. Doch mit den technischen Errungenschaften verloren die elektronischen Spielwiesen immer mehr ihre Unschuld und verwandelten sich in komplexe Gebilde, die einen nachhaltigen Eindruck bei ihren Nutzern hinterließen. Und immer mehr hinterlassen. Doch nicht nur die optische Präsentation, sondern auch die Perspektive veränderte sich. So wurde der Spieler immer tiefer in die künstlichen, elektronischen Gebilde hineingezogen, bis er selbst bei Star Wars den Steuerknüppel in die Hand nahm oder aus der Sicht eines Piloten eine Boeing sicher über den Atlantik brachte. Diese Egoperspektive blieb lange den Simulatoren vorbehalten, für eine glaubwürdige Umgebung aus der Sicht eines Menschen gab es lange Zeit nicht genug Rechenpower. Dank der groben Grafik und der großen Distanz zum Erlebten war es bei diesen Spielen kein Problem, zwischen der realen und der virtuellen Welt hin und her zu wechseln. Dieser Umstand sollte sich 1992 schlagartig ändern, denn id Software versetzte erstmalig satte Action in die ungewohnte Ich-Perspektive. Das Genre der Egoshooter war geboren. NEUE HÖHEPUNKTE DER GEWALTDARSTELLUNG Schon das Debüt der Amerikaner sorgte für viel Wirbel, denn mit „Wolfenstein 3D“ erreichte die Darstellung von Gewalt neue Höhepunkte. Auch der Einsatz von Nazi-Deutschen, die schon wie beim zweidimensionalen Vorgänger als Feindbild für den Rest der Welt herhalten mussten, war schockierend. Erstmals war die Mauer zwischen den Realitäten durchlässig. Der Spieler FLIGHT SIMULATOR STAR WARS wurde direkt in die Rolle seines virtuellen Pendants hineingezogen. Diese emotionale Nähe rief schnell die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften auf den Plan, die „Wolfenstein 3D“ indizierte und am Ende sogar beschlagnahmen ließ, was den Verkauf des Spiels zu einem Straftatbestand machte. Wer beschlagnahmte Spiele besitzt, macht sich indes nicht strafbar. Der Fall „Wolfenstein“ sorgte jedenfalls dafür, dass während der nächsten Jahre vor allem Egoshooter ins Visier der Behörde gerieten. Lange schien es unmöglich, dass gerade jun- WOLFENSTEIN 3D DOOM Es wird Zeit. Zeit für einen Versuch, das Phänomen Egoshooter und die heftigen Reaktionen der deutschen Öffentlichkeit zu verstehen. Und klar zu machen, warum man Gewalt nicht von diesem Genre trennen kann. Obwohl einige Ausnahmespiele wie „Half-Life 2“ zeigen, dass mit einer guten Story und einem stimmigen Konzept intelligente Unterhaltung für Erwachsene machbar ist, gibt es leider auch weiter die schlechten Beispiele, die Kritikern immer wieder neues Futter geben. So werden Egoshooter trotz klarer Jugendschutzbestimmungen direkt in die Schmuddelecke befördert. Doch genau dort gehören sie nicht hin. Denn sie sind – genau wie anderen Medien – ein Teil unserer heutigen Gesellschaft. 19 HIGHLIGHTS: EGOSHOOTER ge Menschen genug Distanz zu den schnellen Bildern aufbauen können, weswegen mangels gesetzlicher Altersgrenzen viele Egoshooter direkt nach ihrer Einführung vom Markt genommen wurden. Obwohl auch im Fernsehen mit dem Siegeszug von CNN und den Reality-TV-Formaten immer mehr reale Gewalt Einzug in die Wohnzimmer hielt, taten sich die Jugendschützer mit dem neuen Medium schwer. Doch der Siegeszug des Genres war nicht mehr aufzuhalten, vor allem da die Entwickler geschickt neue Spielelemente einbauten und aus den seelen- QUAKE HALF-LIFE losen Ballerorgien komplexe Gameplay-Gebilde konstruierten. Der wirkliche Durchbruch gelang aber erst mit Valves „HalfLife“, das durch geskriptete Events mitten im Spielgeschehen eine Story vermittelte und durch detaillierte Charakterzeichnungen aus seelenlosen Polygonhaufen richtige Freunde und Feinde machte. Damit brach die Grenze zwischen den unterschiedlichen Medien endgültig zusammen, und Computer- und Videospiele versetzten den Spieler endlich mitten hinein in eine epische Handlung. Durch „Half-Life“ wurden Actionfilme er- COUNTER-STRIKE DOOM 3 20 lebbar. Vormals passive Zuschauer wurden zu Akteuren, der Begriff Interaktivität bekam damit eine gänzlich neue Qualität. Parallel dazu wurde der Mehrspielerbereich immer stärker ausgebaut. Durch schnellere Internet-Verbindungen und der Einführung von Flatrates entwickelte sich eine neue Subkultur, die inzwischen hunderttausende Spieler umfasst. Vor allem eine von Fans erschaffenen Modifikation von „Half-Life“, der Onlineshooter „Counter-Strike“, gelangte zu einer solch großen Popularität, dass aus der reinen Freizeitbeschäftigung die eSports-Szene entstand. Die Spieler organisierten sich in Clans, der Internet-Variante von Vereinen, und begeisterten sich für die Auseinandersetzung mit menschlichen Gegenspielern in Ligen und auf Turnieren. Gleichzeitig wurden Netzwerk-Partys immer populärer und ermöglichten es den Aktiven, ihrem virtuellen Hobby ein reales Gesicht zu geben. So entwickelte sich ein harter Wettkampf um Geld und Ruhm, der nur vom sportlichen Wettstreit und nicht von sinnlosen Schlachtorgien geprägt ist. Den Wettkämpfern geht es hier nur um Latenz-Zeiten, Mausunterlagen und Reaktionsgeschwindigkeit. Blutige Grafikeffekte zählen nicht, dafür ist Können gefragt. Vor allem auf den friedlichen Netzwerk-Partys sieht man, dass zwar viele der jungen Spieler definitiv zu lange vor ihrem PC sitzen, dass von gewaltbereiten Tendenzen allerdings so gut wie gar nichts zu spüren ist. Doch die friedliche Community musste 2001 einen herben Rückschlag einstecken, nachdem in Erfurt der vermeintliche Egoshooterfan Robert Steinhäuser mit einer Pistole 16 Menschen in seiner eigenen Schule tötete. Schnell hatten Politiker die Egoshooter als kollektiven Sündenbock für die Tragödie ausgemacht und wollten gleich das ganze Genre verbieten. Auch viele Medien stimmten diesem Aufruf zu. Es begann eine unreflektierte Hatz auf die Spieler, die in Zukunft vor allem in den Familien ausgetragen werden sollte. Doch nicht nur die Kritiker, auch die Aktiven selbst torpedierten mit peinlichen Aussagen in diversen Foren eine objektive Auseinandersetzung und waren deswegen mit Schuld an den oft sinnentleerten Diskussionen, bei denen viel schmutzige Wäsche gewaschen wurde. DOOM 3 PAINKILLER Erst langsam wächst eine neue Elterngeneration heran, die Verständnis für das Hobby ihrer jugendlichen Kinder hat und begreift, dass brutale Spiele im Allgemeinen und Egoshooter im Besonderen niemanden automatisch zum Massenmörder machen. Video- und Computerspiele sind ähnlich wie Filme ein Spiegel der Gesellschaft, nur stecken sie im Vergleich zu jenem alten Medium noch in den Kinderschuhen. Genau wie die dazugehörigen wissenschaftlichen Untersuchungen. PROBLEMFÄLLE RECHTZEITIG ERKENNEN Noch haben die Beteiligten ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft nicht erkannt. Es müssen Richtlinien gefunden werden, wie man in Zukunft mit der nahezu perfekten Abbildung der Realität umgeht. Vor allem bei Egoshootern zwingt die Nähe zum Spielgeschehen die Entwickler dazu, sich mit diesem Thema noch stärker auseinander zu setzen. Doch nicht nur die Macher, auch die Spieler selbst müssen umdenken und die Argumente der Gegenseite annehmen. Computerspiele können genau wie andere Medien labile Personen nachhaltig negativ beeinflussen, weshalb die Spieler selbst über solche Themen sprechen müssen, auch um in der Community Problemfälle rechtzeitig zu erkennen. Leider bestimmt seit Erfurt fast ausnahmslos das Thema Gewalt die öffentliche Diskussion über Egoshooter. Dabei braucht das Genre selbst Hilfe und dringend neue Ideen, die über die Darstellung von Brutalität hinausgehen. Spiele wie „Doom 3“ zeigen, dass allein eine herausragende Optik nicht ausreicht, um die Spieler längerfristig zu begeistern. Erst durch Elemente aus anderen Bereichen, einer packenden Geschichte und glaubwürdigen Figuren kann es gelingen, das alte Image abzustreifen und Egoshooter auch für die nächsten zehn Jahre attraktiv zu machen. EIN SCHRITT IN DIE RICHTIGE RICHTUNG „Half-Life 2“ ist hier ein Schritt in die richtige Richtung, obwohl auch Shooter der alten Schule wie „Killzone“ oder „Halo 2“ ihre Daseinsberechtigung haben, selbst wenn sie im Vergleich doch etwas veraltet wirken. Hoffentlich versteht die Öffentlichkeit irgendwann einmal, dass Werke wie „Half-Life 2“ mit ihrer komplexen Welt wenig mit reinen Schlachtplatten wie „Painkiller“, „Serious Sam“ und Konsorten gemein haben. Gleichzeitig muss aber klar sein, dass auch solche Spiele eine absolute Daseinsberechtigung haben – nur eben ausschließlich für erwachsene Menschen. Den Jugendschutz in allen Ehren, es sollte nicht versucht werden, mit Zensur die Gesellschaft gleichzuschalten. Andere Medien wie der Film haben gezeigt, dass das Jugendschutzsystem grundsätzlich gut funktioniert. SERIOUS SAM HALF-LIFE 2 21 HIGHLIGHTS: ABENTEUER Maßnahmen zur Verkehrserziehung Forschungsdrang führt zu Erkenntnissen. Manchmal aber hilft auch der Zufall. Ich behaupte mal, man kann Kinder im frühen Grundschulalter für sie schadlos eine Runde, sagen wir, „GTA: Vice City“ spielen lassen. Das Beisein wenigstens eines rational denkenden Erwachsenen vorausgesetzt und die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Kein öffentliches Rumhantieren mit Waffen, keine Leute überfahren und – eigentlich – auch keine Autos „ausleihen“. Als ich „GTA: Vice City“ damals einem wenig videospielenden Freund präsentierte und den Inhalt der eben vollzogenen Aufzählung als amüsant mit ihm abfeierte, platzten dessen siebenjährige und fünfjährige Töchter Leonie und Lotte in die traute Runde. Die Mädchen starrten auf den Fernseher: „Was ist das für ein Spiel?“ Hmm, was nun antworten? „Na ja, da kann man mit dem Auto durch eine Stadt fahren und sich die angucken.“ Genialer Zug, eine ebenso treffende wie hoffentlich abschreckend-langweilige Beschreibung. Die beiden: „Oh, können wir zugucken?“ Hmm, was nun antworten? „Okay, aber nicht lange“, man wird sich ja schließlich mal ein paar Minuten am Riemen reißen können. Gut, hallo „GTA: Peace City“, ich will aber ein Auto haben. Da klauen nicht geht, also „schnell“ zu Fuß zur nächsten Garage mit Inhalt. Dort in den Sportwagen gehüpft und ab. Schon nach den ersten Metern folgt der kindliche Dämpfer. „Eh, die Ampel da war Rot“ ... „Und die auch“ ... „Eh, da darfst Du nicht fahren“ – okay, ich bremse, sie haben ja Recht. Das abrupte Bremsmanöver führt – wie könnte es anders sein – zu einem Auffahrunfall, der weitere kindliche Verkehrserziehungsmaßnahmen sowie Rufe nach einem unverbrauchten Gefährt zur Folge hat. Okay, steig‘ ich halt aus dem demolierten Sportwagen aus und wie selbstverständlich ins nächste Taxi ein. Natürlich nicht als Passagier, sondern indem ich den Fahrer aus seinem gelben Gefährt zerre. Upps, ein Versehen, klauen geht ja eigentlich nicht. Zum Glück bleiben kindliche Kommentare aus, die Freude über das neue Taxi überwiegt. „Nimm mal einen mit“, fordert Leonie. Gerne! Doch der freundliche Kunde will ans andere Ende der Stadt, und Leonie und Lotte wird die Sache auf halber Strecke zu langweilig. „Ach, lass‘ den mal hier raus.“ Okay – und nun? „Nimm doch einfach ein neues Auto.“ Was soll man da noch sagen? (CG) Munition Fördern brutale Videospiele die Aggressionsbereitschaft? Eine Frage, die gerade im Kontext von Egoshootern immer wieder kontrovers diskutiert wird. Wir haben wissenschaftliche Literatur gewälzt und eine Auswahl der wichtigsten Grundlagen zusammengefasst. Das Ziel: eine verbale Schutzweste wie auch Munition zur Verteidigung für die nächste Diskussion über unser vermeintlich brutales Freizeitvergnügen. HIGHLIGHTS: EGOSHOOTER 22 Ein Großteil der Studien beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit das Spielen gewalthaltiger Video- oder Computerspiele aggressive Einstellungen oder aggressives Verhalten fördert. Viele Arbeiten sind in der Medienwirkungsforschung zu Hause, entleihen sich ihr Theoriegerüst nicht selten bei der teils recht alten Forschung über Auswirkungen des Konsums von Gewaltdarstellungen im Fernsehen. Grundsätzlich werden auch heute noch zwei Meinungen vertreten, die bereits vor ewiger Zeit von zwei alten Griechen propagiert wurden. Platon unterstellte den Dichtern seiner Zeit einen schlechten Einfluss ihrer Schriften auf die Jugend, forderte die unbedingte Kontrolle des geistigen Outputs. Sein Widersacher Aristoteles war der An- sicht, die Rezeption von Gewalt habe eine kathartische Funktion, reinige die Psyche und reduziere somit die Gewaltneigung. DER MOTIVATIONSPSYCHOLOGISCHE ANSATZ Die Motivationspsychologin Rita Steckel widmete sich 1998 intensiv den Wirkungsweisen zwischen Gewalt in Video- und Computerspielen und dem Verhalten von Kindern. Sie geht davon aus, dass schon sehr früh mit der Ausbildung der Bindungsqualität zwischen Familie und Kind zentrale Impulse für die weitere Persönlichkeitsentwicklung gesetzt werden. Bei unsicherer Bindung, Angst vor einer feindlichen Umwelt und einem hieraus folgenden, negativen Selbstkonzept, könne ein Kind eine antisoziale Persönlichkeit entwickeln. Im Laufe seiner Sozialisation, so die These Rita Steckels, generiert das Kind aggressive Ziele und Werte und wird empfänglicher für aggressive Modelle. Innerhalb der Familie und bei Gleichaltrigen werde es dadurch zu zahlreichen Konfliktsituationen kommen. Das aggressive Verhalten führe nun seinerseits dazu, dass das Kind viel Ablehnung und Zurückweisungen erfährt und das negative Selbstkonzept sich weiter verstärkt. Rita Steckel meint, dass sowohl Kinder (aber auch Erwachsene), die eine bedeutsame Angst vor Misserfolgen ausgeprägt haben, Video- und Computerspiele bevorzugen, in denen sie Erfolge erringen können und sich vor allem den Maßstab für Erfolg selbst setzen können. Nach Ansicht der Wissenschaftlerin werden in einem Großteil aller Videospiele zudem Gewalt- und Kampfaktionen thematisiert. Die häufige Konfrontation mit Gewalt und Aggression im Spiel kann die Einstellung gegenüber Gewalt verändern und ihre Akzeptanz stärken. Hemmungen, Gewalt zur Konfliktlösung auch im realen Leben einzusetzen, würden in der Folge immer stärker verdrängt. Tatsächlich sagt sie voraus, dass nun aggressive Mittel zur Konfliktlösung eingesetzt werden. Ein solches Verhalten führe dann zu weiterer Zurückweisung durch weniger aggressive Altersgenossen. Hier setze dann bei Kindern endgültig ein zirkulärer Prozess ein. Das zurückgewiesene und in der Folge auch in der Schule frustrierte Kind werde sich verstärkt dem Videospiel widmen, was eine weitere Abschwächung der Hemmmechanismen für aggressives Verhalten nach sich ziehe. Es könne, so Rita Steckel, nicht zwangsläufig davon ausgegangen werden, dass nur hoch aggressive Kinder sich verstärkt dem Videospiel widmen und nur bei diesen Kindern die negativen Effekte aggressionshaltiger Spiele greifen. Auch Kinder, die weniger aggressiv sozialisiert wurden, kommen mit diesen Spielen in Kontakt. Hier bestehe ebenso die Gefahr, dass sich das noch im Aufbau befindliche Norm- und Wertesystem durch den Umgang mit Gewaltspielen verändert, was sich ebenfalls langfristig in einer veränderten Einstellung zeigen werde. DIE PROBLEME DER FORSCHUNG Katharsis steht für das Sichbefreien von psychischen Konflikten und inneren Spannungen durch emotionales Abreagieren, ein Akt seelischer Reinigung also. Der Wissenschaftler Seymour Feshbach versteht unter Katharsis das Ausüben eines aggressiven Aktes. Hierdurch soll sich der Anreiz für den Einzelnen verringern, Aggression an und in seiner Umwelt tatsächlich auszuleben. Das Beobachten und virtuelle Ausleben von Gewaltdarstellungen soll dazu führen, dass die Die systematische Erforschung von Auswirkungen gewalthaltiger Video- oder Computerspiele ist kompliziert, vieles bisher nicht hinreichend geklärt. So ist theoretisch betrachtet unklar, worin genau im Kontext die Gewalt besteht und welche Rolle die Interaktivität spielt. Auch methodisch hakt es. Der Einfluss von Spielern auf den Spielverlauf kann nicht nachvollzogen werden. Im Labor ist nicht simulierbar, welche Gewalt wann wie auf einen Spieler wirkt, der selbst bestimmt, wie er ein Programm steuert. Auch kann die Aggression, die durch Video- und Computerspiele ausgelöst werden kann, nicht valide erfasst werden. Die Ergebnisse aller aktuellen Studien führen zu keinen einheitlichen Ergebnissen. Eine im Jahr 2001 von John Sherry durchgeführte, umfangreiche Metaanalyse von fast 30 Einzelstudien belegt nur einen geringen, aggressionsfördernden Effekt gewalthaltiger Video- oder Computerspiele. Craig Anderson und Brad Bushman attestieren indes in ihrer Metaanalyse von 2001 einen deutlich stärkeren Zusammenhang. Bereitschaft des Rezipienten abnimmt, selbst gewalttätiges Verhalten auszuüben. Hört sich gut an, wird auch heute noch gerne zitiert. Leider gilt die Katharsishypothese innerhalb der Wirkungsforschung von Gewaltdarstellungen als empirisch widerlegt, da sich in diversen Experimenten keine signifikanten Ergebnisse messen ließen. Der Philosoph Prof. Dr. Wolfgang Michaelis von der Universität Augsburg bezieht deutlich Stellung: „Die Forschungslage ist so eindeutig wie selten in den empirischen Sozialwissenschaften: Der gewalthaltige Inhalt von Bildschirmspielen hat nur eine sehr geringe Wirkung auf das Verhalten und die Gefühlslage und eine geringe Wirkung auf Gedankeninhalte.“ Nach seiner Zusammenfassung aus 68 empirischen Untersuchungen der letzten 20 Jahre gelte diese Aussage sogar nur für kurzfristige Wirkungen im Minutenbereich. Über mittel- oder gar langfristige Wirkungen fehle jegliche Forschung, die eine Ursache-Wirkung-Aussage erlaube. (CG) DAS GENERAL-AFFECTIVE-AGGRESSION-MODELL Craig Anderson und Karen Dill haben im Jahr 2000 umfassende Studien zum General-Affective-Aggression-Modell (GAAM) vorgelegt. Die beiden Forscher unterscheiden aggressive Kognitionen (Skripte für aggressives Verhalten), aggressive Gefühle sowie physiologische Erregung (beschleunigter Herzschlag) und sagen, dass bereits die Aktivierung eines dieser Bereiche ausreiche, um Gewalthandlungen auszulösen. Der Konsum gewalthaltiger Video- und Computerspiele könne Effekte in allen drei Bereichen hervorrufen. Emotionale und physiologische Effekte indes würden auch bei anderen Spielen genauso auftreten, etwa durch Frustration bei einer Niederlage. Ihren Fokus legen die Forscher auf die Frage, ob Spieler aggressive Skripte erlernen und diese in der Realität anwenden. Sie sagen voraus, dass Video- und Computerspiele langfristig die Persönlichkeit verändern. Die aggressiven Skripte sollen so ihren Weg aus der Virtualität in die Realität finden. BASISWISSEN LITERATUR ANDERSON, CRAIG & BUSHMAN, BRAD (2001): „Effects of violent video games on aggressive behavior, aggressive cognition, aggressive affect, physiological arousal, and prosocial behaviour“, Psychological Science, Vol. 12, No. 5, 2001 BANDURA, ALBERT (2001): „Social cognitive theory of mass communication“, Media Psychology, Vol. 3 MICHAELIS, WOLFGANG (2003): „Die Auswirkungen gewalthaltiger Bildschirmspiele“, http://www.philso.uni-augsburg.de/lehrstuehle/Psychologie2/PCSpieleEmpiriewww.pdf SHERRY, JOHN (2001): „The effects of violent video games on aggression“, Human Communication Research, Vol. 27 STECKEL, RITA (1998): „Aggression in Videospielen: Gibt es Auswirkungen auf das Verhalten von Kindern?”, Münster 23 HIGHLIGHTS: EGOSHOOTER DER KATHARSISCHE ANSATZ Gentlemen, start your engines Von Christian Gaca Der schnelle Einblick in den Kopf eines Redakteurs, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, einen umfassenden Text über die Entwicklung und Schönheit des Genres der Rennspiele zu schreiben, verheißt nichts Gutes. Ein Gewirr aus Informationen und Informationsfetzen rangelt zwischen den Synapsen ungestüm um den Platz auf der Pole Position. Womit nur anfangen? Vielleicht so: Was überhaupt darf als Rennspiel gelten? Klingt zwar banal, aber klar gezogene Linien helfen nicht nur im Straßenverkehr dabei, die Übersicht zu behalten. A uf jeden Fall braucht es ein Gefährt mit (manchmal auch ohne) Motor. Einen bedienbaren Lenkmechanismus sollte es geben, egal ob Steuer, Lenkrad, Lenker oder Zügel. Start und Ziel sind obligatorisch, aber eine volle Runde muss nicht zwanghaft absolviert werden. Selbst wenn Rundenzeiten natürlich seit jeher der Messwert für die Fähigkeiten eines Rennspielers sind. Alle jene Spiele, die zumindest in Teilen einen solchen Charakter aufweisen, dürfen jederzeit als Rennspiele bezeichnet werden. Viele andere bestimmt auch, darüber lässt sich im Einzelfall trefflich streiten und bitte glaubt: das haben wir mehr als einmal getan. Ein Beispiel? Bitte sehr. Erinnert sich noch jemand an „Speed Rage“, den, so lobpreist die Selbstempfehlung auf der Verpackung, „ultimativen Mega-Renn-Wahnsinn mit voller Netzwerkunterstützung für bis zu 16 Teilnehmer“? Ein PC-Spiel des deutschen Entwicklers Hexerei von 1996. Hat 91 Prozent Wertung von „PC Attack“ und 92 Prozent von „Ultimate Future Games“ bekommen und, daher die Erwähnung, das wohl hässlichste Cover der Welt. „SpeedRage“ ist spielerisch gar nicht so schlecht, aber eben nicht herausragend wichtig. Das Dilemma: Irgendwer erinnert sich gerne an „SpeedRage“, irgendwessen Lieblingsspiel ist es garantiert gewesen. Verzeihung für das Weglassen. Stellvertretend für alle vergessenen Individual-Hits. 25 DIE JAGD AUF RUNDENREKORDE BEGINNT 1974 Streng genommen ist „Formel 1-Rennen“ eine eigenartige Mischung aus Videospiel und klasischem Brettspiel. Im Lieferumfang sind zwei verschieden große, farbige Overlays enthalten, die zur Freude der Erziehungsberechtigten mit Tesafilm auf den Fernsehschirm geklebt werden müssen und so die Illusion einer Rennstrecke aus der Vogelperspektive schaffen. Über diese Rennstrecke können nun zwei Pixelquadrate gesteuert werden, und die Gewinner einer Runde dürfen ihren kleinen Plastikrennwagen auf dem Spielbrett vorrücken. Wenn ihnen denn keine der 25 Pitstopkarten einen Strich durch die Rechnung macht. Formel 1-Rennen funktioniert für zwei bis vier Spieler und benötigt eine gehörige Portion Fantasie, um echte Rennatmosphäre aufkommen zu lassen. Die Vogelperspektive ist auch 1977 noch Standard, als Spiele wie „Autorennen“ (Saba Videoplay) oder „Indy 500“ (Atari 2600) schon deutlich spannendere Rennduelle ermöglichen, von monotonen Midi-Motorengeräuschen begleitet. Obwohl das Brettspiel nun fehlt, ist es tatsächlich so, dass Videospiele (viel mehr HIGHLIGHTS: RENNSPIELE Die Jagd auf Rundenrekorde und Pole Positionen im Wohnzimmer beginnt im Jahr 1974 mit einem Spiel, das tatsächlich Wipeout heißt – jedenfalls in Amerika. Das erste Rennen startet auf der US-amerikanischen Konsole Odyssey von Magnavox. Wipeout ist damals entweder als einzelnes Spiel erhältlich oder dann in der zweiten Generation der Odyssey-Geräte, die primär für den Export nach Europa bestimmt sind, bereits fest enthalten. Für den deutschen Markt bekommt „Wipeout“ selbstredend einen passenden deutschen Namen: „Formel 1-Rennen“. Jahr kommt trotzdem noch „Pole Position“ für den VCS 2600, ein unglaublich erfolgreicher Titel von Activision und das zündende Erlebnis für Zocker, die heute knapp 30 Jahre alt sind. So trage auch ich, gerade übrigens 30 geworden, hierzu eine kleine Geschichte im Herzen. 1985 im Kino, der Film heißt „D.A.R.Y.L. – Der Außergewöhnliche“ und handelt von einem kleinen Jungen, der ein menschlicher Roboter ist und es zuerst selbst nicht weiß. Irgendwann gibt es in dem Film eine Szene, wo D.A.R.Y.L. „Pole Position“ oder vielleicht auch „Pitstop“ spielt. Und einen unfassbaren Run hinlegt. Programm spielt gegen Programm, und am Ende tiltet natürlich das Spiel und nicht der Junge. Ich jedenfalls wollte immer sein wie D.A.R.Y.L., der ultimative Computerspieler quasi. als später die Computerspiele) ein gesellschaftliches Ereignis sind, das im Wohnzimmer von der gesamten Familie zelebriert wird. In frühen Anzeigen von Atari & Co. ist so nicht selten die Dame des Hauses zu bewundern, wie sie ihrem Rollenbild entsprechend nicht nur die Mission Haushalt bewältigt, sondern nebenbei fröhlich mit ihrem Gatten und dem Nachwuchs etwa bei einer Runde „Night Driver“ (Atari 2600) entspannt. Mit „Night Driver“ erfährt das junge Genre 1978 jenen Boost, den es dringend benötigt. Denn „Night Driver“ ist das erste aus der Egoperspektive spielbare Rennspiel. Zu sehen ist, der Name lässt es fast vermuten, nicht besonders viel. Schwarzer Bildschirm, blaue Pixelblöcke (die Autos), magentafarbene Fahrbahnbegrenzungspfosten deuten an, um was es geht. Und jeder versteht es. KURZ VOR DEM KOLLAPS KOMMT HYPERCHASE 1982, kurz vor dem Kollaps der Branche, freuen sich neureiche Besitzer eines MB Vectrex, jener legendär teuren Konsole mit integriertem Bildschirm, über „Hyperchase“. Mit der Rückkehr der Overlays startet das Genre erste Fahrversuche in der dritten Dimension. Wobei „Hyperchase“ eine permanente Gratwanderung zwischen Hochspannung und Unspielbarkeit ist, denn die dreidimensionale Steuerung ist Anfang der 1980er Jahre eine motorisch relativ ambitionierte Angelegenheit. Wer 1982 das günstigere ColecoVision sein Eigen nennt und ein bisschen Spielgeld investiert, bekommt im Fachhandel das „Expansion Module #2“: ein Dreispeichenlenkrad mit Fußpedal, um das geniale Rennspiel „Turbo“ endlich in Formvollendung genießen zu können. 1983 startet dann „Pitstop“ auf dem Brotkasten durch, der nur älteren Semestern sofort als Commodore 64 bekannt ist. Der erste wirklich erfolgreiche Heimcomputer löst erstmal die Vorherrschaft der Konsolen in Wohlgefallen auf und ist die nächsten zwei bis drei Jahre die Plattform überhaupt. Im selben 1985 ist übrigens auch das Jahr, in dem mit „Hang-On“ (Sega Master System) das erste brauchbare Motorradrennspiel über den Fernseher rast. Die späten 1980er sind dann dominiert von „Test Drive“ (für die Amiga-Nerds) und „Outrun“ (Sega Master System). Letzteres trägt neben der TV-Serie Magnum P.I. maßgeblich dazu bei, der Allgemeinheit vorzugaukeln, allein der Besitz eines roten Ferrari qualifiziere dafür, jede Blondine klarzumachen. AUTOS SCHIESSEN MIT SCHILDKRÖTENPANZERN Ist bis dato noch eher das grundsätzliche Ziel innerhalb des Genres, immer realistischere Rennspiele zu machen, teilt sich Anfang der 1990er die Straße in zwei Fahrspuren. Es gibt Entwickler wie Geoff Crammond, der 1986 mit dem unspielbaren, aber über eine erstaunliche Fahrphysik verfügenden „REVS“ (C 64) dem Simulationswahn verfällt. Der Brite sorgt später auf dem PC mit „Stunt Car Racer“ und der „Grand Prix“-Serie für eine immer präzisere Umsetzung realistischer Fahrverhältnisse in Algorithmen. Auf der anderen Seite stehen Konsolieros wie Shigeru Miyamoto, die nichts anderes im Sinn haben, als dass Autos plötzlich mit Schildkrötenpanzern schießen können und nicht von normalen Menschen, sondern von Pilzen, Drachen und Prinzessinnen gefahren werden. Oder das Geschehen wird gleich ins Weltall verlagert, um dort bei Geschwindigkeiten jenseits der 1000 Stundenkilometer nie gekannte Actionduelle abzufahren. Seither jagt in Jahresabständen (vor allem auf dem PC-Markt) eine technologische Revolution die nächste, was auch dazu führt, dass die Vogelperspektive endgültig den Heldentod stirbt. Nach „Micro Machines“ (NES) traut sich dort niemand mehr so recht heran, die Rennspielwelt ist auf Isometrie und vor allem Dreidimensionalität gepolt. Immer schnellere Prozessoren lassen die Rennspiele immer flüssiger laufen und sorgen für extrem präzise Simulationen. So freut sich die große Gemeinde der Realismusfetischisten über so wahnsinnige Spiele wie „F355 Challenge“ (Dreamcast), die Actionfraktion feiert derweil Hits vom Rang eines „Crazy Taxi“ (Dreamcast) oder „Destruction Derby“ (Playstation) ab. Die goldenen 1990er sind verantwortlich für populäre Hitserien wie „Wipeout“ (das echte Profis nur mit dem Negcon spielen), „Ridge Racer“, „Gran Turismo“ oder „Grand Prix“. Zudem wird Anfang der 1990er auf dem Amiga der Grundstein gelegt für das große Ding des 21. Jahrhunderts: vernetztes Spielen. Die Rennen finden nun nicht mehr nur an einem Gerät statt, sondern werden in Local Area Networks und ins Internet transferiert. Zuerst nur am PC möglich, ziehen Anfang 2000 die Konsolen hinterher. Mittlerweile werden Weltmeisterschaften im Zocken veranstaltet, wo sechsstellige Gesamtpreisgelder ausgeschüttet werden und auch virtuelle Top-Rennfahrer in „Need for Speed Underground 2“ (PC) oder „Project Gotham Racing 2“ (Xbox) mehr als nur ein Taschengeld abkassieren können. Seit 1974 ist viel digitales Gummi auf den digitalen Asphalt geklebt worden, aber manches scheint beständig zu sein. In so gut wie keinem regulären Rennspiel etwa, die heute vorzugsweise Rennsimulation heißen, können die Autos wirklich umkippen. Zwar gehört ein ordentliches Schadensmodell mittlerweile fast immer zur Grundausstattung jedes Spiels, doch allzu viel Realismus ist den Lizenzen verteilenden Autoherstellern dann wohl doch unheimlich. Könnte schließlich die Verkaufszahlen negativ beeinträchtigen. Von derart kleinen Problemen abgesehen, hat sich das Genre seit über 30 Jahren tapfer weiterentwickelt. Und wird dies garantiert weiter tun, mit immer mehr Realismus, immer mehr Action und hoffentlich hin und wieder auch einer grundsätzlich neuen Idee. HIGHLIGHTS: RENNSPIELE DIE HITSERIEN DER GOLDENEN 1990ER 27 Abflug Eine Studie sagt, Rennspiele sind gefährlich für die Psyche Von Christian Gaca Was bei Egoshootern funktioniert, muss sich auch auf Rennspiele ummünzen lassen. Hat sich offenbar die Allianz Versicherung gedacht und den hauseigenen Analytiker auf die Sache angesetzt. Resultat: Diplom-Psychologe Jörg Kubitzki hat am Allianz Zentrum für Technik (AZT) im Jahr 2004 eine Pilotstudie beendet, die den wenig reißerischen Titel „Auto- und Motorsport-Videospiele sowie Reparatur- und Tuningverhalten bei 13-17-jährigen männlichen Jugendlichen” trägt. Inhaltlich allerdings geht es mal wieder hemmungslos und wenig begründet gegen die Video- und Computerspiele zur Sache. Z uerst zu den statistisch erhobenen Daten. Für die Studie wurden 657 männliche Jugendliche aus dem Freistaat Bayern befragt, von denen 40 Prozent in der Stadt und 60 Prozent auf dem Land lebten. 77 Prozent all dieser Jugendlichen gaben an, regelmäßig Rennspiele an PC oder Konsole zu spielen. Sie begannen dies der Studie zufolge im Alter von elf Jahren. Zwölf Prozent bestätigten, sie hätten bereits „gut“ Auto fahren gelernt, über 17 Prozent wollen schon einmal selbst illegal Auto gefahren sein, llegale Straßenrennen haben 21 Prozent miterlebt und vier Prozent sind Zeuge eines Pkw-Unfall geworden. WETTRENNEN UND SPEKTAKULÄRE CRASHS Besonders die Frage nach den Spielmotiven in der Studie („mich reizt besonders“) bringt, sagen wir, interessante Erkenntnisse zum Vorschein: 62 Prozent geben als treibendes Motiv „Wettrennen“ an, 59 Prozent „spektakuläre Crashs“, 58 Prozent „Ausfahren hoher Geschwindigkeiten“ und 57 Prozent „Nervenkitzel“. Immerhin noch 30 Prozent finden besonderen Gefallen an „Burnouts/Kojac-Wende u.a. Manövern“. Im Prinzip wenig erstaunlich, dass der „Erwerb von Fahrkenntnissen“ nur 13 Prozent interessiert, das „Lernen von Verkehrsregeln“ gar nur noch 5 Prozent. Daraus lässt sich folgerichtig eigentlich gar nichts schließen. Einerseits wäre denkbar, dass der im Spiel ausgelebte Drang nach Geschwindigkeit und spektakulären Crashs in der Realität dazu führt, es dort besser zu machen. Was zutreffen kann, aber nicht zutreffen muss. Andrerseits ließe sich spekulieren, dass ein aggressives Fahrverhalten durch das Spielen erlernt und später im Straßenverkehr regelmäßig angewandt wird. Was zutreffen kann, aber nicht muss. UNFALLVERHERRLICHENDE STREET-RACING-GAMES Die Studie jedenfalls bestätigt Jörg Kubitzki zufolge, dass die Lebenswelt männlicher Jugendlicher in einem hohen Maße von kraftfahrzeugbezogenen, motorsportlichen und verkehrsregelwidersetzenden Inhalten bestimmt sei. Wegen des negativen Einflusses der „unfallverherrlichenden Video-Rennspiele (primär Street-Racing-Games)“ vor allem während der Sozialisation fordert das AZT darum dringend eine strengere Klassifizierung (mindestens USK 16 Jahre) durchzusetzen. Gleichwohl wird im nächsten Satz festgestellt, dass „in Bezug auf den Einfluss von Video-Rennspielen auf Einstellungen und Verhalten im Straßenverkehr [noch] erheblicher Forschungsbedarf“ bestünde. Was ja klar heißt, dass genaues Wissen über den tatsächlichen Einfluss nicht existiert, sondern aus den statistischen Daten herausinterpretiert wurde. Eigenartig ist, dass im Rahmen der Studie der „Einfluss gewalthaltiger Videospiele 29 HIGHLIGHTS: RENNSPIELE auf Verhalten und Erleben [als] wissenschaftlich kaum mehr strittig“ eingestuft wird, was schlicht nicht stimmt. Gleich der nächste Satz offenbart dann das dünne Eis, auf dem sich die Studie in Sachen Wirkungsforschung bewegt: „Shooterspiele wurden vom Militär zu Trainingszwecken (Tötungshemmung) entwickelt“. Zwei Sätze zur Ausgangslage, das war’s dann zu dem Thema. POSITIVE VERSTÄRKUNG VON VERKEHRSVERSTÖSSEN? In den Quellen zur Wirkungsforschung bezieht sich Jörg Kubitzki primär auf jene Studien der nicht gerade als Freunde der Video- und Computerspiele bekannten US-Psychologen Craig Anderson, Brad Bushman und Karen Dill zum General Affective Aggression Modell. Dieses unterstellt ein Erlernen von gewalttätigen Skripten (Handlungsmustern) durch den Konsum gewalthaltiger Video- und Computerspiele. Diese Skripte sollen sich bei wiederholtem Spielen beständig aktualisieren und somit die Chance steigern, dass sie im realen Leben abgerufen werden. Empirisch gesichert ist das alles nicht. Der Philosoph Wolfgang Michaelis von der Universität Augsburg stuft die Forschungslage als „so eindeutig wie selten in den empirischen Sozialwissenschaften“ ein. Der gewalthaltige Inhalt von Bildschirmspielen habe nur eine sehr geringe Wirkung auf das Verhalten und die Gefühlslage und eine geringe Wirkung auf Gedankeninhalte. Wenn es Auswirkungen gebe, seien die nur kurzfristig im Minutenbereich messbar. Über mittel- oder gar langfristige Wirkungen, auch etwa häufigen Spielens, fehle jegliche Forschung, die eine Ursache-Wirkung-Aussage erlaube. Jörg Kubitzki erkennt richtig, dass „das Freizeitverhalten Videospielen insgesamt mittlerweile bereits im frühen Kindesalter einsetzt“. Aus den bereits beschriebenen statistischen Daten und seinen Erkenntnissen aus der Lektüre der Wirkungsforschung leitet er nun die Hypothese ab, dass eine „positive Verstärkung von Verkehrsverstößen, unfallgeneigten Fahrergewohnheiten (Kurven schneiden, lane drifting) und Elementen des competitive bzw. reckless driving (Burnouts, Ampelstart) Einfluss auf die Entwicklung fahrbezogener Einstellungen und Verhaltensweisen nimmt“. Wenn auch er einschränkt, dass die Pilotstudie „noch nicht die gesicherte Aufdeckung spezifischer Zusammenhänge zum Ziel“ hatte. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Die gesamte Studie von Jörg Kubitzki kann im Internet heruntergeladen werden: http://allianz.jugendpresse.de/publikationen/pilotstudie/pilotstudie_gesamt.pdf Benjamin J. Heckendorn aus Madison im USBundesstaat Wisconsin liebt Videospiele. Und er liebt sie klein. Durch diesen Fetisch ist der 29Jährige zu einer kleinen Berühmtheit geworden. Er gilt als die Koryphäe überhaupt auf dem Sektor des Eigenbaus von tragbaren Konsolen. HIGHLIGHTS: MOBILE GAMING Der König der kleinen Konsolen 30 Für alle Bastelfreunde hat Benjamin J. Heckendorn ein großartiges, gerade erschienenes Buch geschrieben. „Hacking Video Game Consoles : Turn your old videogame systems into awesome new portables” erläutert detailliert und verständlich den Bau der eigenen Mitnehmkonsole. Für den Atari VCS, 8-bit-Nintendos und die Sony Playstation bietet Benjamin vorgefertige Gehäuse zum Kauf an, um die Arbeit zu erleichtern (http://www.benheck.com/ book/index.htm). Englischkenntnisse für die Lektüre und Freude am Löten sind allerdings absolute Grundvoraussetzung. Das Buch ist für 20 US-Dollar über amazon.com zu beziehen, soll aber auch auf Deutsch erscheinen. 31 HIGHLIGHTS: MOBILE GAMING Von Christian Gaca S eit fast sechs Jahren bastelt Ben Heck, wie er von seinen Fans und Bewunderern oft genannt wird, nun schon an seiner Vision: all diese wunderbaren Videospiel-Erinnerungen aus seiner Kindheit endlich immer dabei haben zu können. Angefangen hat alles Ende 1999 in der Call-Center-Warteschleife eines Computerherstellers. Als Grafikdesigner gehört Benjamin damals zu jenen, die noch immer gerne das Papier auf dem Schreibtisch vollkritzeln. Als ihn die Monotonie der Warteschleife abdriften lässt, landen seine Gedanken bei Atari: „Hmm, tragbarer Atari 2600, das wäre nett, Cartridge hier, Batterie da, Bildschirm, Tasten … auf dem Papier sah es aus wie ein Gameboy Color“. Er kritzelt weiter, und schon ist die Idee fest ins Hirn eingebrannt. Das muss doch umzusetzen sein, denkt er sich. Rückblickend betrachtet war das wohl etwas blauäugig. Benjamin selbst besitzt damals nur einen Atari 7800, der allerdings komplett bleiben soll. Ein Freund hingegen hat noch einen alten Atari 2600, den er (bitte festhalten), seit Jahren nicht benutzt hat. Der arme Atari muss dran glauben, aber es dient ja der höheren Wissenschaft. Dr. Benjamin zerlegt die Konsole komplett in ihre Einzelteile. Schnell sieht er ein, dass das bloße Ausbauen der Teile und Wiedereinbauen in ein kleines Gehäuse sinnlos ist. Er sägt das Mainboard kurzerhand in mehrere Teile, lötet getrennte Adern in minutiöser Kleinstarbeit wieder zusammen. Zwischenzeitlich lässt ein Casio EV-550 Taschenfernseher ordentlich Federn, damit der tragbare Atari VCS ein Farb-TFT-Bildschirm mit sechs Zentimetern Diagonale bekommen kann. Doch der härteste Part ist das Gehäuse. Konnte sich Benjamin bei den Inneren noch aufs Neuverlöten und Rearrangieren konzentrieren, muss hier etwas völlig Neues her. Das Gehäuse muss Platz haben für das neu zusammengelötete Mainboard, den Bildschirm nebst Kabelage, den Cartridge-Slot, die Batterien, die Controllereinheit und einen An-Aus-Knopf sowie einen Lautstärkeregler. Am wichtigsten ist Benjamin allerdings etwas anderes: „Es sollte cool aussehen!“ Das gelingt ihm schon mit der ersten Version des Atari VCSp, wie die tragbaren Ataris getauft werden. Mittlerweile ist die sechste Überarbeitung dieses Gerätes umgesetzt, nebst einigen Special-Edition-Modellen aus Holz mit fantastischen Details. Zudem hat Benjamin die Sony Playstation, den Nintendo NES und SNES und ein Sega Megadrive verkleinert, ein N64 ist in Arbeit, ein Dreamcast in Planung. Über die Jahre hat Benjamin rund 60 Geräte verkauft, für zwischen 300 bis 400 USDollar. Die Warteliste war und ist lang. Was dazu führte, dass Benjamin seinen Grafikerjob aufgegeben hat und mittlerweile hauptberuflich große Konsolen klein macht. Oder als Buchautor dafür sorgt, dass sein Wissen im besten Do-it-yourself-Sinne unters Volk gestreut wird. Natürlich verkauft Ben auch weiterhin selbst seine kleinen Kunstwerke, allerdings ist gerade mal wieder alles ausverkauft. Plätze auf der Warteliste reserviert man sich am besten im persönlichen Gespräch via Mail an benheck@benheck.com. Sagt ihm einen schönen Gruß von uns. Die offizielle Seite: http://www.classicgaming.com/vcsp/ 160 x 144 Pixel und vier Graustufen braucht ein Mann aus Kyoto, um die Kinderzimmer auf diesem Planeten für immer zu verändern. Gunpei Yokoi ist jemand, der über sich selbst sagt, dass er ein Karikaturist sei, der die Momente des Lebens verstünde und Abstraktionen von ihnen erschaffen könne. Gunpei Yokoi ist der geistige Vater des Nintendo Gameboy, nur kennt ihn fast niemand. Und das, obwohl er neben dem größten wirtschaftlichen Erfolg auch den größten Misserfolg für Nintendo verbucht hat. Der famose aber formidabel gefloppte Virtual Boy entstammt ebenso seinen Gehirnwindungen. Gunpei Yokoi: Der Mann, der den Gameboy 32 Von Christian Gaca D ie Karriere von Gunpei Yokoi beginnt 1965, als er direkt nach dem Uni-Abschluss bei Nintendo anheuert. Sein langweiliger Job zunächst: Produktionsanlagen zu überwachen, die jene legendären Hanafuda-Karten herstellen, die Nintendo groß gemacht haben. Ende der 1960er Jahre dann eine neue Mission: Gunpei Yokoi wird für die neue „Spiele“-Abteilung von Nintendo verpflichtet. Der Legende nach stellt er am ersten Arbeitstag ein Produkt namens The Ultrahand vor, ein verlängerbarer Plastikarm mit Greifklaue am Ende. Das Plastikspielzeug hatte er sich in seiner Freizeit ausgedacht. In den Händen des Großkonzerns wird Ultrahand zu einem Verkaufsschlager. Danach erfindet Gunpei Yokoi die abstruse Ultra Machine, eine Baseball-Wurf-Maschine, die einen Softball so sanft wegschleudert, dass ein gefahrloses Spiel auch im Wohnzimmer möglich ist. Den Abschluss der Ultra-Serie bildet das erfolglose Ultra-Scope. Ein Periscope, das es ermöglicht, um Ecken zu gucken. Regelmäßige YPS-Leser werden sich an ähnliche Gerätschaften erinnern. 1969 wird Gunpei Yokois famoser Lovetester ein weiterer Hit für Nintendo. Zwei Menschen fassen Händchen haltend im Lovetester zwei Griffe an, damit die Maschine ihre Liebeschancen errechnet. Natürlich misst der Lovetester tatsächlich nur elektrische Strömungen, aber das Resultat ist von Nintendo sehr glaubwürdig verpackt. Abwandlungen der Maschine sind auf jedem gut sortierten Jahrmarkt noch heute zu finden. Nach diesen Erfolgen lockt Gunpei Yokoi den Ingenieur Masayuki Uemoura von Sharp zu Nintendo und die beiden beginnen mit der Entwicklung der Nintendo Beam Gun. Das fertige Produkt Laser Kure wird 1973 vorgestellt Es ist nichts anderes als eine Lasergun, die mit einigen aufstellbaren Solarzellen-Zielen vertrieben wird. Für knapp 5000 Yen verkaufen sich auch hiervon schnell über eine Million Exemplare – ein kurzer, aber großer Erfolg. Irgendwann Mitte der 1970er überlegt sich Firmenpatriarch Hiroshi Yamauchi, dass Nintendo künftig Videospiele verkaufen muss. Seinem Lieblingserfinder gibt der Boss eine schlichte Anweisung: Denk’ dir was komplett Neues aus. Gunpei Yokoi macht genau das. Resultat sind eine Reihe von simplen, kostengünstig produzierbaren Handhelds mit LCD-Display. Die Geburtsstunde des Game & Watch markiert den Anfang einer langjährigen Erfolgsgeschichte, die in knapp 40 Millionen verkauften Einheiten mündet. Damals denkt sich Gunpei Yokoi übrigens nebenbei auch gleich das digitale Steuerkreuz aus, das auf den heutigen Controllern noch häufig zu finden ist. Auch der klassische NES-Controller wurde von ihm entworfen. erfand Nachdem Nintendo mit dem NES ein beeindruckender Erfolg gelingt, ist es für Gunpei Yokoi Zeit, sich etwas Neues auszudenken. Die Gedanken und Ideen von Gunpei Yokoi, seiner rechten Hand Saturo Okada und dem 45 Mann starken Entwicklerteam kumulieren in einem beigefarbenen Handheld mit einem 160 x 144 Pixel großen Bildschirm, der vier Graustufen anzeigen kann. Der 4,19 Mhz schnelle 8-bit-Prozessor des Nintendo Gameboy sorgt 1989 für eine Revolution in Kinderhänden rund um den Erdball und wird ein unglaublicher Erfolg. In seiner Urform verkauft er sich weltweit über 60 Millionen Mal. Der Gameboy ist damals nicht der erste Handheld, der programmierbare Cartridges schluckt. Aber er ist günstig, hat eine gute Grafik und vor allem gute Spiele zu bieten. Die erfinderische Erfolgsträhne von Gunpei Yokoi scheint unendlich. Bis zu jenem Tag im Jahr 1992, an dem er die Arbeit zu seinem größten Projekt aufnimmt: der Realisierung des Virtual Boy. Die eigentümliche Mischung aus Tabletop-3DKonsole und Handheld landet 1995 nach fast dreieinhalb Jahren Entwicklungszeit in den Läden. Es folgt ein beispielloser Flop. Gunpei Yokoi setzt 1996 noch den Gameboy Pocket für Nintendo um, um einige Wochen nach dessen Launch am 15. August 1996 zu kündigen. Er gründet sein eigenes Unternehmen, die Koto Company. Und unterstreicht offiziell immer wieder, dass nicht der Misserfolg der Grund für seinen Weggang ist. Die Koto Company zeichnet verantwortlich für die Entwicklung des Handhelds Wonderswan, der noch von Gunpei Yokoi persönlich entwickelt wird. Das erste Wonderswan-Spiel heißt dann sogar erfurchtsvoll „Gunpey“. Am 4. Oktober 1997 sitzt Gunpei Yokoi als Beifahrer im Wagen seines Geschäftspartner Etsuo Kisoo auf dem Hokuriku Expressway in Neagarimachi. Der fährt auf einen vorausfahrenden Lkw auf. Als die beiden ihren Wagen verlassen, um den Bagatellschaden zu begutachten, werden sie von einem vorbeifahrenden Wagen gestreift. Etsuo Kisoo bricht sich dabei eine Rippe. Gunpei Yokoi indes verstirbt zwei Stunden später im Krankenhaus an seinen schweren Verletzungen. Er wird nur 57 Jahre alt. 33 HIGHLIGHTS: MOBILE GAMING Nachdem Atari mit Spielen wie „Pac-Man“ oder „Space Invaders“ Erfolge feiert, wird auch im Hause Nintendo das Interesse für komplexere Spiele geweckt. Gunpei Yokoi soll einem neuen Mitarbeiter bei seiner Arbeit an einem dieser komplexen Spiele assistieren. Der neue Mitarbeiter heißt Shigeru Miyamoto, das Spiel „Donkey Kong“. Der Rest ist Geschichte. HAUPTTEXT 34 WIE AUS DEM EXOTENHOBBY „CHAINMAIL“ EINE ECHTE MASSENBEWEGUNG WURDE 35 Von Kristian Metzger HIGHLIGHTS: ROLLENSPIELE N icht jeder Mensch lebt ein aufregendes Leben, in dem er immer neue Erfahrungen macht und sich ständig weiterentwickelt. Manchmal zwingen uns die Gesellschaft oder wir uns selbst ein Leben in geordneten Bahnen auf, das aus einem kleinen Dorf in Süddeutschland schnell eine lebenslängliche Gefängnisstrafe macht. In solchen Momenten möchte jeder einfach mal der Realität entfliehen und Urlaub von sich selbst nehmen. SPASS UND EINE NEUE PERSÖNLICHKEIT Manche stürzen sich in das Nachtleben, eine Drogensucht, ihren Sexualtrieb oder ein sinnloses Hobby, nur um für einen Moment jemand anderes zu sein. Genau dieser Trieb liegt der Erschaffung der Rollenspiele zu Grunde. Denn im Vergleich zu anderen Spielerfahrungen gibt es hier nicht nur Spaß geschenkt, sondern auch für kurze Zeit eine andere, vielleicht aufregendere Persönlichkeit. Im Prinzip ist es mit Schauspielerei zu vergleichen, nur schreibt jeder Spieler sein eigenes Drehbuch. Auch wenn diese Form des Rollenspiels schon seit Jahrtausenden existiert, soll sich hier auf das moderne Rollenspiel konzentriert werden, das wie fast der gesamte Fantasy-Boom auf J. R. R. Tolkiens Werken zum Herrn der Ringe basiert. Mitte der 1960er werden erstmals die Kriegssimulationen des 19. Jahrhunderts mit den fantastischen Schlachten von Mittelerde kombiniert und so dem ganzen Genre eine neue Richtung gegeben. Das Rollenspiel in der heutigen Form hatte also von Beginn an eine starke Verbindung zu strategischen Elementen, die trotz der Konzentration auf die Charakterentwicklung noch immer eine große Rolle spielt. VOM STIFT BIS ZUR TASTATUR Das erste Szenario, das noch streng an die taktischen Simulationen angelehnt ist, erschaffen Jeff Perin und Gary Gygax unter dem Namen „Chainmail“. Zuerst wollen die Beiden nur mittelalterliche Schlachten nachstellen, doch mit der Zeit be- Ult Wiz Dar Dun Bar Poo and Was Dra Pha Eye Beh Fin Buc Lan Bre Ear Wil Mer Har Fal Bal Alu Gra Dar Arc Got Doch nicht nur hinter den Kulissen von „Dungeons & Dragons“ brodelt es gewaltig. Auch die öffentliche Meinung ist damals recht zwiespältig, wie heute übrigens auch noch oft. Die eingeschworenen Rollenspieler werden von der Gesellschaft als ein Verein von Sonderlingen skeptisch beäugt. Für viele Menschen ist es schlicht nicht nachvollziehbar, wieso Erwachsene sich die die Nächte nur mit Papier, Stift und ihrer Fantasie bewaffnet um die Ohren schlagen. Angesichts der enormen Herausforderung an die Vorstellungskraft ist es kein Wunder, dass irgendwann jemand versucht, den komplexen und manchmal oft anstrengenden Spielverlauf zu vereinfachen und vom Computer erledigen zu lassen. Anfangs gibt es nur Programme, die die Auswertung der Kämpfe, die Verwaltung der Charaktere und die Würfelarbeit übernehmen. Doch der Schritt zum ersten reinen Computer-Rollenspiel ist nicht weit. SPIELER ENTWICKELN EIGENE BIOGRAFIEN RICHARD GARRIOT GELINGT DER GROSSE WURF Ähnlich pragmatisch wie das Problem mit dem Platz wird auch das der Würfelwahl gehandhabt. Da alle Lieferanten von Würfeln nur ganze Pakete mit verschiedenen Würfelflächen anbieten, werden die Regeln eben auf vier- bis zwanzigseitige Würfel ausgelegt. Doch auch wenn der Fokus noch immer stark auf den Kämpfen liegt, gibt es erstmals individuelle Figuren mit Charakterwerten wie Stärke und Intelligenz, samt einiger Spezialfähigkeiten wie Zaubersprüchen und besonders starken Kampffertigkeiten. Die Spieler beginnen außerdem Biografien für ihre Figuren zu entwickeln und versuchen, ihr Verhalten an diesen Charakterzügen auszurichten. Erstmals wird es möglich, tatsächlich in eine andere Rolle zu schlüpfen. Schon Ende der 1970er entwirft Richard Garriot mit dem Spiel „Aklabeth“ für den Apple II eine erste komplette Fantasy-Welt, die sich auf die Zusammenhänge der Pen & Paper-Rollenspiele stützt. Doch erst mit Ultima gelingt es dem Rollenspiel-Veteranen, eine komplexe und konsistente Spielwelt auf den Bildschirm zu bannen. Ultima wird so erfolgreich, dass es noch neun Fortsetzungen erlebt und lange das Fortkommen des Rollenspielgenres fundamental beeinflusst. Parallel zu den 2D-Welten gibt es 1985 mit „Bard’s Tale“ erste Versuche, durch die Egoperspektive den Spieler näher ans Fire Seltsamerweise erreichen nicht Gary Gygax oder Jeff Perin die nächste Evolutionsstufe, sondern der Spieledesigner David Arneson. Ausgestattet mit den „Chainmail“-Regeln entwirft er eine spezielle Kampagne, die einzelne Figuren in das Zentrum des Spielprinzips setzt. Statt ganzer Horden befehligen die Spieler nur wenige Helden durch sein Szenario innerhalb der Mauern von Blackmore Castle. Nachdem sich die Existenz der Kampagne unter der Fans wie ein Lauffeuer herumgesprochen hat, lädt Gary Gygax seinen Kollegen David Arneson zu sich nach Genf ein und sie überarbeiten das komplette Regelwerk. Allein schon aus Platzgründen werden die Regeln vom Tabletop mit seinen gigantischen Ausmaßen auf einfache Papierzeichnungen und damit in die Fantasie der Spieler befördert. Außerdem wird durch die Konzentration auf eine Spielfigur die Anzahl der möglichen Mitspieler drastisch erhöht. Im Jahr 1974 kommt dann sein neues Pen & Paper-Rollenspiel auf den Markt. Es heißt „Dungeons & Dragons“. Erstmals sind die Spieler aktive Teilnehmer und verhelfen ihren Kreaturen zum Leben. Dieser kreative Prozess entführt zahllose Bankangestellte, Lebensmittelverkäufer, aber auch Schüler und Studenten aus dem grauen Alltag in eine andere Realität. Lore ginnen sie, die üblichen Einheiten durch die Zwerge, Elfen und Orks der Tolkien’schen Vorlage zu ersetzen. Als das Werk im Jahr 1971 veröffentlicht wird, sind die Spieler begeistert. Doch das Genre steht erst am Beginn seiner Entwicklung. ound Arms dian Moon lout Gate ndra loud ndia anum thic 36 tima ower rdry ster Tale agic l of ance Star land the rior lder tasy gers 37 BIS 1993 IM WESTEN NICHTS NEUES Im Westen stagniert die Entwicklung bis 1993. Erst „Ultima Underworld“ reißt das Genre mit einer voll begehbaren 3D-Grafik aus dem Dornröschenschlaf und sorgt für einen gewaltigen Popularitätsschub. Ähnlich wie schon in Japan bei Spielen wie „Secret of Mana“ werden nun auch Action-Elemente eingebaut. Dies führt 1996 zu der Entstehung des Action-Rollenspiels. Das von Blizzard entwickelte „Diablo“ verlangt nicht nur einen hellen Kopf, sondern auch flinke Finger. Erstmals wird hier auch der Online-Modus sinnvoll eingesetzt. Kein Wunder also, dass gerade mal ein Jahr später mit „Ultima Online“ das MMORPG-Zeitalter eingeleitet wird. Nun wird nicht nur eine Geschichte erzählt, sondern es gibt auch virtuelle Berufe und die Möglichkeit, virtuelle Besitztümer anzuhäufen. Damit erreichen die elektronischen Varianten, dem Begriff Rollenspiel näher zu kommen als ihre Pen & Paper-Vorgänger. Seit diesem Zeitpunkt ist ein virtuelles Abenteuer möglich, das nie endet und der Realität immer ähnlicher wird. Damit haben Rollenspiele einen Punkt erreicht, bei dem sie nicht nur eine spielerische, sondern auch eine gesellschaftliche Rolle spielen. Viele Menschen versinken seitdem komplett in dieser Parallelwelt und verlieren am Ende jeden zwischenmenschlichen Kontakt zur realen Welt. Doch das ist wahrscheinlich der Tribut, den das Genre auf dem Weg vom Exotenhobby zur Massenbewegung zahlen muss. HIGHLIGHTS: ROLLENSPIELE Rollenspielgeschehen heranzubringen. Die 3D-Welt besteht zwar nur aus Standbildern, die je nach Bewegung nachgeladen werden, doch zu diesem Zeitpunkt ist die Idee revolutionär. Während bei westlichen Vertretern lange diese Form der Darstellung dominiert, werden bei den japanischen Spielen die 2DPerspektive und die Präsentation weiterentwickelt. Die „Dragon Warrior“- und „Final Fantasy“-Serien, die großen Rivalen der 1990er Jahre, prägen diese Form der Darstellung, die sich vor allem in Japan noch heute großer Beliebtheit erfreut. Spielen und spielen lassen Von Christian Gaca D as Zocken mit Konsole und Computer kostet Zeit, gerade bei den zunehmend beliebten MMORPGs (massively multiplayer online role-playing games). Das Zocken konkurriert zudem bei steigendem Lebensalter mit einer Vielzahl von unumgänglichen Zeitfressern wie Studium oder Arbeit oder gleich beidem. Und den zahlreichen, selbst gewählten Zeitfressern wie Freundin, Familie, nicht spielende Freunde oder eben eines der anderen, potenziell genauso interessanten Hobbys. Aus dieser Konkurrenz erwächst nun ein ewiges Dilemma. Ein typisches Beispiel gefällig? Gut. Wie bringe ich mein Mädchen dazu zu verstehen, dass ich heute unbedingt mindestens sechs Stunden „Final Fantasy XI“ spielen muss? Ist wichtig, damit ich levelmäßig im Vergleich zu meinen geschätzten Onlinefreunden nicht zu weit ins Hintertreffen gerate und auch tolle Items finde. Richtig, das wird nichts. Ein Unterfangen, von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Das große Problem, das ewige Dilemma: das eigene Mädchen will niemand wirklich verprellen. Nicht zocken geht aber auch nicht. Und nun? Es gibt Lösungen, die findige Geschäftsleute derzeit vor allem aus den USA, Japan oder Korea anbieten – auch für deutsche Spieler. Einer der Großen im Geschäft ist der amerikanische Wer keine Lust mehr hat, selbst zu spielen, der lässt heute einfach spielen. Vor allem in den USA, Japan und Korea versuchen sich findige Geschäftsleute derzeit damit, der Zockergemeinde zu predigen, dass sie für ein kleines Entgelt die lästige Levelarbeit übernehmen. Ein Einblick in den Sekundärmarkt für virtuelle Währungen, Güter und Dienstleistungen. 39 PROBLEMLÖSUNG: POWER LEVELING SERVICES IGE besitzt mittlerweile auch die Internetplattform www.playerauctions.com, auf der zu zahlreichen Spielen die eben erwähnten Güter, maßgeblich aber Teil Zwei der Problemlösung angeboten werden: die Power Leveling Services. Gegen Bezahlung bieten zahlreiche kleine Unternehmen dort, ebenso wie auf www.ebay.de an, das lästige Spielen für zahlungswillige Kundschaft zu übernehmen. Um die 40 US-Dollar kostet es derzeit bei einem Unternehmen mit dem vertrauenswürdigen Namen RMT4U, einen „World of Warcraft“-Charakter von Level 1 auf Level 20 bringen zu lassen. Einer der größten Wettbewerber ist die US-Firma TopGameSeller, die in Asien nach eigenen Angaben 400 Mitarbeiter damit beschäftigt, für andere Spieler zu spielen. 1,80 US-Dollar kostet der Service pro Stunde. Oder 210 US-Dollar pro Woche, wenn die fleißigen Berufszocker im Drei-Schichten-System durch die virtuelle Welt ziehen. Dass neben den erreichten Levelsteigerungen auch die während des Spielens gefundenen, seltenen Waffen und Rüstungen bei dem Besitzer des Charakters verbleiben, wird hoch und heilig garantiert. Aber ob dem so ist, lässt sich kaum nachprüfen. Ohnehin sollte sich jeder Spieler genau überlegen, wie wenig Sinn das Powerleveling eigentlich macht. Klar, zum Überbrücken von zwei Wochen Urlaub kann es sich gelegentlich lohnen. Ansonsten mal ehrlich: Es ist relativ sinnentleert, jemand anderen mit der eigenen virtuellen Identität zocken zu lassen, nur um nicht selbst zocken zu müssen. Wer nicht mehr selbst kann oder will, der sollte das einfach als Fakt einsehen. Vor Wochen geisterte die Meldung durchs Netz, dass ein US-Amerikaner für 10.000 US-Dollar auf www.ebay.com einen „World of Warcraft“-Paladin im höchsten Level mit allerlei seltenen Gegenständen gekauft hat. Der Wahnsinnige. Nichtsdestotrotz dürfte so etwas die große Ausnahme sein, denn bei den meisten Auktionen, egal ob große oder kleine Website, bietet kaum jemand mit. Die 39 US-Dollar für 50 virtuelle Goldstücke etwa will niemand zahlen. Genauso wenig wie die 2280 US-Dollar für ein fremdgesteuertes Durchspielen von „Final Fantasy XI“ bis zum 75. Level. Irgendwie beruhigend, dass es die meisten Spieler unterbewusst offenbar mit dem guten Ephraim Kishon halten. Der passionierte Schachspieler hatte das Thema mal auf seine ihm eigene, feinsinnige Art kommentiert. Man könne sich ja zwei Schachcomputer kaufen, die dann gegeneinander spielen lassen und endlich mal wieder ins Kino gehen. Wie recht er damit hat. HIGHLIGHTS: ROLLENSPIELE Dienstleister IGE. Das von Brock Pierce bereits 1991 gegründete Unternehmen handelt vornehmlich mit virtuellen Gütern, kauft und verkauft virtuelle Währungen, Waffen, Land, Zaubertränke und ähnliches. IGE beschreibt das Kerngeschäft als Erschaffen eines sekundären Marktes für das Kaufen und Verkaufen von virtuellen Währungen und Eigentümern. Dieser sekundäre Markt erlaubt es einigen Spielern ihren Spielspaß zu verbessern, während andere gleichzeitig reales Geld damit verdienen können, dass sie ihren Reichtum aus der Virtulität anderen Spielern zur Verfügung stellen. Interessant ist, dass IGE tatsächlich ein eigenes Handelssystem für den Tausch von realer in virtuelle Währung und zurück entwickelt hat. Das webbasierte Virtual Currency Exchange-System rechnete am 5. April für einen Spieler von Final Fantasy XI auf dem amerikanischen „Ragnarok“-Server vor, dass er für 9.000.000 virtuelle Gil immerhin 117 US-Dollar von IGE bekommen würde. Die Flucht vor der Realität in die nächste Realität LIVE-ROLLENSPIELER SIND EINE EIGENARTIGE SPEZIES. DAZU EINE FALLSTUDIE. HIGHLIGHTS: ROLLENSPIELE 40 Von Kristian Metzger E igentlich sind schon Pen & Paper-Rollenspiele für den Großteil der Bevölkerung ein ungewöhnliches Hobby, schließlich erschließt sich die Faszination der Fantasy-Welten Außenstehenden nur begrenzt. Noch schwerer haben es aber Live-Rollenspieler, auch LARP, genannt, die mit wilden Kostümen bekleidet durch den Wald hetzen und mit Gummi-Waffen aufeinander einprügeln. Selbst gestandene Rollenspiel-Fans belächeln oft das wilde Treiben auf den Conventions, wo viel Einsatz von den Spielern erwartet wird. Die Story wird dabei vom Game-Master vorgegeben und die Spieler versuchen, ihrer Gesinnung entsprechend auf die Ereignisse zu reagieren. So lauern Orks wehrlosen Elfen auf und Paladine vernichten das Böse, wo sie nur können. Die Kämpfe mit den Gummischwertern erschließen sich dabei Eingeweihten schnell und einfach, ganz anders sieht es allerdings mit den Zauberfähigkeiten aus. Fast wie bei kindlichen Räuberpistolen wird einfach Feuerball gerufen und der Gegner wehrt zum Beispiel mit Magie-Schild den Spruch ab. Wer dabei dann am Ende gewinnt, ist nicht einfach festzustellen. Spaß macht es aber scheinbar trotzdem. Doch nicht nur für Fantasy-Fans gibt es Veranstaltungen. Noch beliebter sind reine Mittelalter-Vereine, die sich Wochenende für Wochenende in ganz Deutschland treffen, um möglichst realistisch die Zeit der Ritter und Wikinger nachzuspielen. Auch hier wird kräftig gekämpft, im Gegensatz zu LARP aber mit echten Metallwaffen. Aus diesem Grund befolgen die Kämpfer genaue Regeln, damit es nicht zu schweren Verletzungen kommt. Auch wenn beide Spielarten auf den ersten Blick ähnlich erscheinen, überwiegt bei den Live-Rollenspiel-Veranstaltungen der spielerisch-kämpferische Charakter, während im Mittelalter auch viele Teilnehmer ihre Freude am Handwerk oder der Kochkunst finden. Was beide Gruppen vereint ist der Versuch, an diesen Wochenenden die Realität so weit wie möglich auszuklammern und vollkommen in ihrer gewählten Rolle zu versinken. Es ist dabei erstaunlich, mit wie viel Leidenschaft die Protagonisten ihr Hobby bis in den Arbeitsalltag hineintragen. Gerade die Handwerker machen dabei oft aus dieser Leidenschaft einen Beruf, der sie sogar einigermaßen vernünftig ernährt. Trotz dieser starken Identifikation findet man auf diesen Festen kaum echte Spinner. Die Menschen dort suchen nach einer Einfachheit, die im realen Leben oft nicht mehr zu finden ist. Es gibt klare Regeln und den Ehrgeiz, eine Rolle so gut wie möglich zu erfüllen. Dabei überrascht vor allem die Perfektion der äußerlichen Anpassung. Gerade die Wikinger mit ihren Runen-Tatoos, gepflegten Bärten und erschreckend realistischen Outfits und Waffen versetzen selbst den unbeteiligten Zuschauer zurück in die Zeit der Nordmänner. Doch auch die Ritterturniere mit Holzlanzen beeindrucken. So abgedreht dieses Leben vielen Außenstehenden erscheinen mag, eine Frage muss sich jeder Computerspieler stellen. Ist es denn wirklich besser, nächtelang starr vorm Bildschirm und damit Jahre des eigenen Lebens mit Computerspielen zu verbringen? Gerade nach Gesprächen mit den Beteiligten erscheint ihre Faszination nachvollziehbar und berechtigt. Durchgeknallt sind sie irgendwie oft trotzdem. HIGHLIGHTS: ROLLENSPIELE Fotos: Martin Karras 41 HIGHLIGHTS: ROLLENSPIELE 42 Von Christian Gaca Ein fataler Ladefehler wurde dem ausdauernden Kämpfer zum Verhängnis Ö Ink 11 Ö Der kühne PSO-Ranger und Rappy-King Ink 11 verstirbt plötzlich und unerwartet am Morgen des 9. April 2003 Phantasy Star Online Episode I & II Wir alle werden Ink11 vermissen und ihm stets ein würdiges und ehrendes Andenken bewahren. 43 ngläubigkeit unter den treuen „Phantasy Star Online“Fans, als eine unfassbare Meldung die Runde zu machen beginnt. Dann die traurige Gewissheit, von offizieller Seite bestätigt: Am Morgen des 9. April 2003 verstirbt plötzlich und unerwartet der kühne PSO-Ranger und als Rappy-King bekannte Ink 11. Ein fataler Ladefehler einer als anfällig geltenden Brooklyn-Memorycard wurde dem mutigen und ausdauernden Kämpfer zum Verhängnis. Lange hatte er seine kostbare Zeit für eine bessere Welt, eine besseres Ragol ohne Monster geopfert. Ink 11 lebte 110 bewegte Levelstufen wie ein echter Ranger und wurde nach weit über 150 Stunden faktischer Spielzeit begraben wie einer. Ink 11 wurde aus Versehen von der grausamen Brooklyn-Speicherkarte mitsamt allen lebenswichtigen Daten und seltenen Waffen, Rüstungen und Items formatiert. Die Trauerszenen in der Lobby auf Ragol erinnerten in ihrem Ausmaß an jenen Moment, als überall auf der Welt junge Männer vor ihren Fernsehern saßen und erlebten, wie Dale Earnhardt im Februar 2001 beim Indy 500 direkt in die Wand rast und stirbt, weil er seinem Sohn den Sieg ermöglichen will. Ink 11 weilt wie Dale Earnhardt nun nicht mehr unter uns. Ein schwerer Verlust für die Hunters-Guild, ein schwerer persönlicher Verlust. Seine guten Freunde kannten und schätzen Ink 11 als liebevollen und treusorgenden Familienvater. Mit bis an die Selbstaufgabe grenzender Mühe und Geduld zog er seine beiden Mags Bhirava und Goldkind Pushan groß. Stets fütterte die Kleinen nur mit dem Besten, Leckersten und Teuersten, was der Itemshop zu bieten hatte. Auch seinen zahlreichen Freunden gegenüber war er stets überaus generös, versorgte sie selbstlos mit schönen Waffen, Rüstungen und anderen nützlichen und seltenen Gegenständen, die in den raren roten Kisten verborgen sind. Auch im Kampf, der schließlich und endlich sein Leben war, war auf Ink 11 immer Verlass. Mit seiner Bravace +30 hielt er Freunden unter Einsatz des eigenen Lebens den Rücken frei, wenn Gefahr im Verzug war. Ging mal etwas schief, hatte er immer einen Moon Atomizer in der Tasche, um die Dinge wieder ins Lot zu bringen. Er war mutig, selbstlos, gerecht und – wenn es sein musste – knallhart. Ink 11 verleugnete nie, dass er ein passionierter Rappy Wing-Sammler war. Oft streifte er unruhig Tage und Nächte lang durch den ragol’schen Forrest auf der Suche nach den seltenen, blauen ALRappys und den noch selteneren regenbogenfarbenen PALRappys. Der Hege (ergo dem Abschuss) gerade dieser possierlichen Tierchen hatte sich Ink 11 intensiv verschrieben, schließlich versprach ihr Tod mit großer Sicherheit eine rote Kiste. Er kannte nicht nur den PipeTrick, sondern zählte auch Beats und wartete auf den richtigen Moment, um an Ort und Stelle zu sein und zuzuschlagen. Wir alle werden Ink 11 vermissen und ihm stets ein würdiges und ehrendes Andenken bewahren. Wir denken an Dich und sind immer bei Dir – die Hunters-Guild, Dr. Montague, der Principal, Dark Falz, Volt, De:Rol, all die Boomas, die Gillichs und ich, Dein vielstündiger Weggefährte Zas 10. Rest in peace my digital friend, virtual life will not be the same anymore without you. Der Text wurde vom Autor im April 2003 als digitaler Nachruf für die Website www.zockt.com verfasst. HIGHLIGHTS: ROLLENSPIELE U Wie Spieledesign die Wechselwirkung von Realität und Virtualität beeinflusst Von Christian Gaca D as Design, die Machart der Video- und Computerspiele, beides prägt ihre Rezipienten. So viel ist einmal klar. Mögliche Prägungen und Gründe dafür gibt es viele. Nicht alles ist belegt und belegbar, manches Spekulation, manches Wunschdenken. Die eine Gruppe von Wissenschaftlern sagt, Video- und Computerspiele unterstützen den Lernwillen und die Lernfähigkeit von Kindern. Die anderen Forscher behaupten, sie machen aggressiv und gefühlskalt. Die Beweisführung beider Lager ist kompliziert, für eine subtilere Form der Auseinandersetzung mit dem Thema spielt sie aber ohnehin kaum eine Rolle. Ab von der interessanten und wichtigen Frage nach der faktischen Wirkungsweise ist eine andere Facette interessanter. Die Frage danach, wie Videospiele unterschwellig auf die visuelle Wahrnehmung der Menschen wirken, wie sie ihr Denken über Schönheit und Zeitgeist beeinflussen auf der Wanderung zwischen virtueller und echter Realität? Video- und Computerspiele sind zweifelsohne Endprodukte eines vielschichtigen Designprozesses. Allerdings sind sie zumeist von der echten Realität beeinflusst, der umgekehrte Fall ist selten zu beobachten. Noch finden für Video- oder Computerspiele designte Inhalte kaum den Weg ins wirkliche Leben. Noch werden nicht Gebäude aus „Half-Life 2“ real nachgebaut, weil sie eine berauschende Architektur besitzen. Noch werden nicht Kleidungsstücke in großer Stückzahl nachproduziert, weil Lara Croft einen neuen Hosenstil geprägt hat, der sich ins kollektive Bewusstsein gebrannt hat und nun eine echte Nachfrage nach echten Hosen generiert. Noch werden nicht Rennwagen nachgebaut, die nur für ein Spiel erdacht worden sind. Dafür wird derzeit allerlei Energie darin investiert, den umgekehrten Weg zu perfektionieren. Also etwa eine Stadt möglichst präzise in der Virtualität abzubilden, um das Spielerlebnis mit möglichst vielen Aha-Erlebnissen und Schnittmengen zu garnieren. Ganz nach dem Motto: „Uhh, die Burgerkette da an der Straßenecke gibt‘s wirklich“. Keine Frage, dass so etwas die Begehrlichkeiten der werbetreibenden Industrie und der ihr zuarbeitenden Agenturen weckt. Werbung und Product Placement in Video- und Computerspielen wird bedeutsamer werden, da sind sich nicht nur mehrere Marktforschungsunternehmen und flankierende Wissenschaftler sicher. Und doch gibt es Bestrebungen, den Designprozess umzukehren und die Welt aus dem Video- und Computerspiel greifbar zu machen. Zuerst natürlich die profanen wie etwa die Produktion und der Verkauf von Action-Figuren der Videospielhelden. Doch zum Glück bleibt es nicht bei der bloßen Vermarktung, auch der Untergrund leistet seine Arbeit. Etwa in Form der absurd-lustigen Idee von Pacmanhattan. Das Projekt liefert die analoge Version des Atari-Klassikers „Pac-Man“, indem sich die Protagonisten als Geister Inky, Blinky, Pinky and Clyde verkleiden und einen ebenso verkleideten und Plastikmarkierungen sammelnden Pac-Man durch die Straßen 45 HIGHLIGHTS: DESIGN + LIFESTYLE New Yorks jagen. Die Verständigung wird über Mobiltelefone und Wifi-Handhelds erledigt, Straßenecken sind mit für normale Fußgänger sinnlosen Markierungen bemalt. Neben solchen Spaßprojekten gibt es aber auch immer wieder verbindlich ernsthafte, künstlerische Ansätze, die Video- und Computerspiele aus ihrem digitalen Korsett zu befreien. Der Berliner Videokünstler Oliver Pietsch wollte die sensitiven Erfahrungen beim Spielen von Egoshootern real erfahrbar machen. Er ließ einen Protagonisten mit Videokamera und großer Nadel vor der Linse durch eine Fabrikhalle hetzen, die mit bunten Luftballons gefüllt ist. So betritt der digitale Einzelkämpfer einen echten Ort, wird die Spielhandlung eines Egoshooters überspitzt und im Sinne des Wortes „realisiert“. Viele der in Video- und Computerspielen erschaffenen Welten lassen sich allerdings weder von Kunst noch von Kommerz sinnvoll ins reale Leben transferieren, da ihre Ideenwelten absurden Zukunfts- oder schlimmen Vergangenheitsszenarien entspringen, die entweder noch niemand real umsetzen kann oder niemand mehr real umsetzen will oder sollte. Wobei ein von Hideo Kojima analog zu den Metal Gear Solid-Levels designter, realer Abenteuerspielplatz durchaus seine Reize hätte. Wer weiß, dies alles ist selbst noch Zukunftsmusik. Die Wechselwirkung von Realität und Virtualität wirft noch eine interessante Frage auf: Welche positiven visuellen Zusatzqualifikationen bekommt der einzelne Spieler durch das Zocken mit auf den Weg? Lerntheoretiker gehen davon aus, dass das räumliche Sehvermögen, das räumliche Verständnis ganz allgemein durch Video- und Computerspiele geschärft oder gar weit reichend verbessert wird. Auch kann eine gut gemachte Rennsimulation durchaus als Vorbereitung auf das reale Autofahren dienen, die Komponente der Verkehrsregeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen einmal ausgeklammert. Eine ziemlich gute Idee davon, wie Schaltung, Gaspedal und Lenkrad zu bedienen sind, vermitteln aktuelle Rennspiele allemal. Andrerseits gibt es auch hier negative Effekte. So ist es erstaunlich, dass ungeübte Menschen beim Spielen von schnellen Egoshootern durch die rasanten, dreidimensionalen Bewegungsabläufe schnell mit einer Übelkeit ähnlich einer leichten Seekrankheit zu kämpfen haben. Und eine auf den ersten Blick kleine Sache trägt zur allgemeinen Schulung der Fähigkeiten im Umgang mit komplexen technischen Abläufen bei. Gemeint ist das Durchklicken von Menüs und Untermenüs. Wer einmal einem einigermaßen geübten Spieler bei einem Echtzeitstrategiespiel über die Schulter schaut wird staunen, in welch kurzer Zeit, mit welch rasender Geschwindigkeit und scheinbar fremdgesteuert ein Mensch sich durch Menüführungen klicken kann. So wird unterbewusst eine interessante und nützliche Form von Informationsverwaltung eingeübt, die auch im täglichen Leben helfen kann. Informationen werden unterbewusst navigiert und besser strukturiert, in Zeiten immer stärkeren Medienkonsums des Einzelnen mit Sicherheit eine gute Hilfe. HIGHLIGHTS: DESIGN + LIFESTYLE 46 Von Nils Dittbrenner Simple Wellen, Wie sich das Sounddesign für biepende Daddelkisten, Video- und Computerspiele seit den Anfängen weiterentwickelt hat komplizierte Programmierung S ounddesign ist spätestens seit den Geständnissen der Automobilbranche, im Kundeninteresse am gefälligen Motorsound zu feilen, für Otto-Normalverbraucher kein Neuland mehr. Ja, unsere klangliche Umwelt ist designt, form follows function, und sei es der Signalton beim Überqueren einer Fußgängerampel. In Video- und Computerspielen haben Soundeffekte (die grundsätzlich von der Hintergrundmusik getrennt werden soll) verschiedene Aufgaben: Sie liefern Informationen, unterstützen die Aufmerksamkeit und sorgen nicht zuletzt für Ambiente, also Stimmung. Vorher, also bis über die 16-bit-Plattformen hinaus, wurden eigene Bausteine, so genannte Soundchips verwendet, die in ihrer Funktionsweise mit Synthesizern verglichen werden können. Der Gedanke hierbei: Möglichst wenig (Steuer-)Daten erzeugen Musik und Soundeffekte, wobei die Klangerzeugung des jeweiligen Soundchips benutzt wird. Historisch lässt sich die Entwicklung der Klangerzeugung für Spiele in drei größere Abschnitte unterscheiden, die jeweils ganz eigene Anforderungen an das Sounddesign stellen. Bei der ersten ist die Abhängigkeit des klingenden Ergebnisses von den technischen Möglichkeiten am offensichtlichsten. Die frühen Spielautomaten der 70er Jahre enthielten in der Regel analoge Schaltkreise zur Klangerzeugung. Logischerweise hätten diese, um andere Soundeffekte erzeugen zu können, komplett neu verdrahtet werden müssen. Musik wurde von ihnen daher kaum wiedergegeben. Auch die Soundchips der 8-bit-Generation, die ab Ende der 70er Jahre aufkamen, waren vor allem durch Mangel definiert. Wenige Stimmen, wenige Klangfarben und wenig Speicherplatz im Code des Spiels schränkten die Komponisten im Vorhinein ein, weshalb vor allem die Abhängigkeit von den Limitierungen das Sounddesign bedingte. Maximal vier Stimmen blieben für die Programmierung der Soundeffekte und der Musik; ihr Eigenklang war aufgrund der simplen Wellenformen eben so, wie wir das Biepen der alten Daddelkisten in Erinnerung haben. Ihre Programmierung war der Zeit entsprechend hartes Brot: Möglichst schlanker Assemblercode musste gehackt werden; wollte man gar Hintergrundmusik für ein Spiel, musste auch der Code eben jener Rücksicht nehmen auf das Hauptprogramm. Soundeffekte wurden ebenso programmiert und in den Code eingearbeitet. Mit den Yamaha-Soundchips auf Basis der FM-Synthese, die Mitte der 80er Jahre entwickelt wurden, besserte sich sowohl die Stimmenanzahl als auch die Güte der erzeugten Klänge. Als OPL-Chips fanden sie auf den ersten PC-Soundkarten ebenso Verwendung wie auch in den Spielautomaten der 16- DIE KALASCHNIKOW AUS DER SAMPLING-BIBLIOTHEK Erst mit den 32-bit-Konsolen sowie der CD-Rom als StandardDatenträger wurden Musik und Soundeffekte im Digital-AudioFormat zum Standard: Seit dieser Zeit wirken vergleichsweise wenig Limitationen im Hinsicht auf Klangfarben und Mehrstimmigkeit auf das Sounddesign für Spiele ein. Ein aufgenommenes Klangsignal kann als Hintergrundmusik integriert werden, für Schussgeräusche muss nicht mehr ein bestimmter Klangkanal im Soundchip auf Rauschen gestellt werden, um für eine bestimmte Zeit lang mit einer bestimmten Tonhöhe ein Signal wiederzugeben. Nein, der Klang der Kalaschnikow kann aufgenommen werden oder gängiger: Er stammt aus einer Sampling-Bibliothek, wie sie etwa auch für die Filmsynchronisation benutzt werden. Hinzugekommen sind stattdessen die spatialen Audio-Engines, die eine bestimmte Klangquelle in Relation zu dem Listener Object mit Hall und Filter versehen, so dass – ein Surround-Setup vorausgesetzt – dem Spieler ein dreidimensionaler, klanglicher Raum geboten werden kann. Hierfür gibt es Standards, die Chips von höherwertigeren Soundkarten neben Surround bereits beherrschen: Diese stellen Hall- und Filter-Settings bereit, was der GameEngine Rechenpower abnimmt. Das Sounddesign für letztere Anwendungen ist also im Vergleich zu der harten, alten Programmierung sehr viel ähnlicher der Vertonung eines Films geworden, bei dem auch verschiedene Klangquellen als Samples eingespielt und der abgebildeten Umgebung entsprechend mit Effekten versehen werden. Allein fehlt, anders als bei damaligen Klängen, die Gewissheit für den Sounddesigner, dass die Mühe, die zu einer entsprechenden Soundscape führt, auch von allen Zuhörern gleich wahrgenommen wird. Zu unterschiedlich sind die verschiedenen Lautsprecherpositionen und die Unterschiede zwischen (nennen wir mal die Extreme): Mono-Fernseherlautsprechern und Dolby Digital 5.1-Setup im Heimkino mit Boombox unterm Sessel. Klar wird: Sounddesign ist für Videound Computerspiele schon lange ein Thema, auch wenn sich die Grundbedingungen für dieses – wie auch in anderen Bereichen der Spieleproduktion – mit der Entwicklung der Technologie grundlegend gewandelt haben. Klar ist aber auch, dass selbst heutzutage einige, vor allem portable Plattformen, eine Menge an Limitierungen mit sich bringen. 47 HIGHLIGHTS: DESIGN + LIFESTYLE Bei dem Design von Soundeffekten muss also immer eine Abwägung der eben genannten Funktionen stattfinden, ein einzelner Sound kann in der Regel einer Funktion mehr und den anderen weniger zugeordnet werden. Neben diesen Punkten ist das Design von Soundeffekten und Hintergrundmusik für Video- und Computerspiele vor allem in der Vergangenheit von den technischen Möglichkeiten abhängig gewesen. Viele kennen das WAV- oder AIF-Format. Beide stehen für unkomprimierte, digitalisierte Wellenformen, wie sie sich auch auf der Audio-CD befinden. Im Standardformat gespeichert (16-bit / 44,1 kHz) benötigt eine Sekunde Mono-Klang jedoch um die 90 KByte; ein Speicherplatz, der für Computerspiele erst seit Anfang der 90er Jahre mit den 32-bit-Plattformen (und der CDRom) verfügbar wurde. bit-Ära, dem Mega Drive und dem Neo Geo. Diese Chips der Baureihe YM boten erstmals die Verwendung von „Instrumentalklängen“, die Abkehr vom Biep wurde möglich. Durch die Weiterentwicklung der Signalverarbeitung und dank des steigenden Speicherplatzes wurde das Verfahren des Soundsamplings für Computerspiele interessanter. Bereits auf Plattformen wie dem C64 und dem NES wurden gesampelte Klänge verwendet. Das Verfahren lieferte aufgrund der geringen Auflösung jedoch bei gesampelten Stimmen kaum gute Ergebnisse. Erst auf dem Commodore Amiga wurde die samplebasierte Klangerzeugung zum Standard. Sein Soundchip Paula bietet die Möglichkeit, vier Stimmen von in 8-bit aufgelöstem Klangmaterial wiederzugeben. Auch die Klangerzeugung der 16-bit-Konsolen basierte auf den bereits angesprochenen Technologien Sampling und FM-Synthese, was vor allem zu einem „Mehr an Möglichkeiten“ führte: mehr Stimmen, mehr Klangfarben, mehr Speicherplatz. Dennoch blieb die Programmierung eine fusselige Angelegenheit. In Norrath gehen die L Norman Habakuck 48 Guido Alt Hajo Neu Jochen Färber Daniel Feld Sascha Appel Désirée Kuhm Stefan Gundelach Stefan Dettmering Sven Harald Ebert Alexandra Wankum Christian Teichmann Bernd Reinartz Karin Pflüger Tanja Hohmann Nils Kedeinis Ekkehard Brüggemann Peter Weiss Markus Wilding M Dirk Schülgen Claus Sc Kai Stüwe Miriam Nau Markus Wilding Felix Pet Von Peter Stegmaier S ie heißen Trevyn, Hartmut, Shalindra und Orsolya. Zwei Männer, zwei Frauen, die in der Gilde Travelers-beyondTime zusammengefunden haben, um gemeinsam die NorrathWelten des hierzulande wohl bekanntesten Onlinespiels „Everquest“ zu erkunden. Oder sind es vier männliche Spieler, zwei davon in weiblichem Gewand? In MMORPGs (massive multiplayer online role-playing games) ist vieles möglich. Allein bei Everquest verbünden sich weltweit 550.000 Spieler gegen virtuelle Feinde. Feilen hingebungsvoll an ihren Charakteren, feilschen um Rüstungen und Items. Oder kämpfen um das allseits begehrte Platin. Es geht ohnehin um viel Geld: Im Spiel und um das Spiel herum. Denn an begeisterten Zockern verdienen nicht nur die Spielehersteller, sondern auch eine vielschichtige Schattenwirtschaft, etwa mit dem virtuellen Item-Handel. Schatten anderer Art, nämlich jene des Todes, legten sich über die für deutsche Spieler so heilen Welten Norraths Ende Juni diesen Jahres. Mit einem Fackelzug am Strand der Welt NordRo verabschiedeten sich über 150 deutsche Everquestler von ihrem Heimatserver Kael Drakkal. Der Grund: Ubisoft, der deutsche Publisher von „Everquest“, beendete sein nicht gerade von Erfolg gekröntes Dasein als Betreiber der lokalisierten europäischen Spielserver und machte einfach dicht. Quasi über Nacht wurden die deutschen Spieler auf Antonius Bayle, einen englischsprachigen Server von Sony Online Entertainment (SOE) transferiert. Sie trafen hier auf tausende internationaler Spieler mit viel längerer Erfahrung, einem ganz anderen und viel raueren Umgangston und einem viel höheren Preisniveau. Koste- ichter aus Olaf Schäfer Wolfgang Ebert Bernd Reinartz Ute Palmer Claudia Langer Christian Brodda Max Bimboese Boris Mackrodt Stefan Truss Markus Kohlstock n Liebold Jan Sturm Niels Bogdan Theodossios Theodoridis Jochen Langenbach Karsten Lehmann hmidt Pete Larsen tzel ten hilfreiche Items wie Schutz spendende Ringe früher wenige Platins, werden sie im neuen Bazaar für mehrere Hundert gehandelt. Die Deutschen kamen und fühlten sich auf einmal wie die armen Nachbarn. Offiziell kommunizierte Ubisoft den Spielern den Server-Umzug als positive Nachricht. „Um die Erfahrung unserer Spieler, in einem Spiel in dem es so wichtig ist, miteinander zu interagieren, zu maximieren, haben UbiSoft und Sony Online Entertainment beschlossen die „Everquest“-Server umzustrukturieren, damit alle Spieler die Chance haben, eine große und aktive Community zu genießen“, wurde wenige Tage zuvor in gebrochenem Deutsch per Posting auf der „Everquest“-Onlineplattform verlautbart. Als Teil dieser Reorganisation werden alle Ubisoft-Kunden des Spiels „Everquest“ an SOE übergeben. Bei den Spielern indes wird der Vorgang ganz anders bewertet. Zum einen werden in den diversen Online-Foren die erheblichen Umsatzrückgänge von Ubisoft für das erste Quartal des Geschäftsjahres 2005/2006 (minus 43 Millionen Euro, 30 Prozent unter dem Vorjahreswert) thematisiert. Vor allem aber diverse Fehler mit dem Aufbau eines eigenen, nicht-englischsprachigen Servers. Dabei fing im November 2002 alles so positiv an. „Der Grundgedanke, ein lokalisiertes „Everquest“ auf den Markt zu werfen, war seitens SOE hervorragend, da auch der deutsche Markt durchaus Potenzial für Spiele dieser Art besaß“, urteilt zum Beispiel Everquest-Kenner Trevyn, Gildenmeister von Travelers-beyond-Time. Und gleichzeitig legt der Für Trevyn steht außer Frage, dass Ubisoft schon sehr früh jegliches Interesse an „Everquest“ verloren hat. Ihm sind noch gut telefonische Kommentare von Mitarbeitern zum Beispiel bei Beschwerden über nicht funktionierende Quests oder Bugs im Spiel in Erinnerung: „Wie? Das Spiel gibt es noch?“ Ein anderer Spieler namens Kellean vermutet dagegen, dass S0E die für den reibungslosen Spielverlauf nötigen Patches „bewusst verzögert hat, um Ubisoft los zu werden.“ Die Wahrheit wird eine unlösbare Quest bleiben. Klar ist indes, dass der Online-Spielemarkt ein Zukunftsmarkt ist. „Everquest“ braucht wie jedes andere Onlinespiel, auf dem sich tausende und abertausende Spieler gleichzeitig bewegen können, eine ähnlich hohe Computerleistung wie für einen Raketenstart bei der Nasa benötigt wird. Als im März 1999 das erste „Everquest“ auf den Markt kam, überfluteten die Spieler die 45-Mbit-Leitung, die Sonys Serverfarm verbinden. Eine von 1500 Serverfarmen steht in San Diego. Sie alle sollen den Millionen von Spielern jene Datenmengen zur Verfügung stellen, damit diese ihre virtuelle Everquest-Welten durchstreifen können. In den letzten sechs Jahren waren das über neun Millionen Gigabyte. Dies ist ein technischer Aufwand, der erst einmal zu stemmen ist: Denn mit der hier vereinten Rechnerkapazität gehört die SOE-Serverfarm zu den Top-100 Supercomputern der Welt. „Everquest“ ist im deutschsprachigen Raum vielleicht das bekannteste, aber schon lange nicht mehr das erfolgreichste Online-Spiel auf dem Markt. Das jüngst erschienene „World of Warcraft“ eroberte fast aus dem Stand stolze 3,5 Millionen vor allem junge Spieler und hat nun satte 22 Prozent Marktanteil. SPIELLEIDENSCHAFT KOSTET VOR ALLEM ZEIT Und doch: SOE schneidet sich von dem weltweiten Kuchen ein beträchtliches Stück ab. Alleine rund 550.000 Everquestler zahlen pro Monat zwischen 13 und 15 US-Dollar für ihr Spielvergnügen – zusätzlich zum einmaligen Einstandspreis der Erst-CD-Ausstattung von rund 50 US-Dollar. Und auch zusätzliche Add-Ons kosten Geld. Wer ein wirklich dem Spiel verfallener Zocker ist, der lässt sich seine Leidenschaft allerdings vor allem eines kosten: Zeit. Welche hohe emotionale Bedeutung die Zeitinvestition und virtuelle Güter haben können, zeigte jüngst ein 41-jähriger Chinese. Er hatte einem Spieler-Freund ein für ihn wertvolles virtuelles Schwert geliehen und nicht mehr zurückbekommen. Er zeigte er seinen Mitspieler bei der Polizei an, die die Klage auf Byte-Diebstahl jedoch zurückwies, weil in China virtuelle Gegenstände nicht als echtes Eigentum geschützt sind. Der Chinese, ganz alter Traditionalist, macht den „Dieb“ im realen Leben ausfindig und tötete ihn im Mai 2005 nach einer Auseinandersetzung, vermutlich mit einem echten Schwert. Der 41-Jährige bekam lebenslänglich, ohne Internetzugang. Eine andere Spielerin bleibt ebenfalls lebenslang dem Spiel verhaftet: Sie taufte ihre Tochter auf den „Everquest“-Charakter Firiona Vie Ayers. 49 HIGHLIGHTS: DESIGN + LIFESTYLE Martin Lorbeer Georg Reckenthäler Jens Schäfer Carsten Otte Matthias Mirlach 30-Jährige, im echten Leben Software-Spezialist aus der Nähe von Karlsruhe, auch den Finger in die Wunde: „Zum Zeitpunkt, als Everquest durch Ubisoft nach Europa kam, war der Markt der Online-Spiele noch sehr überschaubar. Damals wie heute ist es versäumt worden, das vorhandene Spielerpotenzial deutlich besser auszuschöpfen oder überhaupt erst zu generieren.“ Krieg der Welten: Stilmix bei Spielen und Filmen Von Lena Thiele und Kristian Metzger W HIGHLIGHTS: FILM 50 ährend das Kino über viele Jahrzehnte hinweg Zeit hatte, seine Stärken und Schwächen zu entwickeln, stehen neue Medien vor ganz anderen Aufgaben. Oft müssen sie noch ihre eigene Identität finden, während ihre Ausdrucksweisen und damit die Technologie mit einer gigantischen Geschwindigkeit vorauseilen. Trotz der schicken Fassade, beginnen Video- und Computerspiele erst langsam ihren eigenen Stil zu entwickeln. So wurden in den letzten Jahren vor allem beim Film Erzählstrukturen und Stilmittel großzügig ausgeliehen. Doch seit kurzem gehen die beiden Genres eine noch stärkere Verbindung ein, die weit über plumpe Umsetzungen hinausgeht. In der gegenseitigen Annäherung werden vorrangig zwei Umsetzungsstrategien genutzt, die jeweils die Vorzüge des anderen Mediums aufgreifen. einen emotionalen Rahmen. Dazwischen hat der Spieler Zeit für seine interaktiven Handlungen. Bei der Umsetzung von Videound Computerspielen im Film wird vor allem auf populäre Heldenfiguren und die Hintergrundgeschichte des Spiels zurückgegriffen. Stilistisch ist der Film dabei weiter das Maß der Dinge. Vereinzelt entleihen Filme Stilmittel wie lange Subjektive, bekannt aus Egoshootern wie „Doom“, oder typografische Einblendungen eines Computermonitors wie im Fall von „Avalon“. Diese Mittel werden meist eingesetzt, um thematisch einen engen Bezug zum Thema Computerspiel zu erzeugen. Bei einer Umsetzung eines Films als Video- und Computerspiel wird meist die Vorlage als Rahmensequenz eingebunden und darauf aufbauend ein Handlungsrahmen für die Spielfiguren geschaffen. Der treibende Faktor des Spiels ist demnach weniger die Geschichte als vielmehr die Aktion innerhalb der Erzählwelt, in der die Geschichte spielt. Dafür werden meist kleine filmische Sequenzen am Anfang und auf Triggern abgespielt. Das Filmerlebnis spielt sich im Kopf des Spielers ab und liefert Es ist eine Entwicklung, in der klassische Erzählstränge im Film aufgebrochen werden und das Thema Interaktiver Film vermehrt theoretisch diskutiert und praktisch erprobt wird. Gleichzeitig werden die grafischen Möglichkeiten in Video- und Computerspielen aufgrund technischer Entwicklungen weiter verbessert, wodurch rein optische Hülle von Filmen und Spielen in Zukunft immer schwerer zu unterscheiden sind. Vielleicht ist es einmal denkbar, dass der Spieler jederzeit in einen Film eingreifen und die Hauptfigur steuern kann. Der Zuschauer könnte selbst entscheiden, welche Rolle er spielen möchte. Moderne Spiele wie Fahrenheit bieten schon jetzt erste Ansätze für solche Entwicklungen und erlauben einen Blick in die Zukunft. DER FILM IM SPIEL DAS SPIEL IM FILM Fahrenheit Avalon Quantic Dreams, Atari, 2005 Bandai Visual, Media Factory, Dentsu, Nippon Herald Film, 2001 Regie: Mamoru Oshii Schon beim Tutorial dieses ungewöhnlichen Softwareprojektes wird die Nähe zum Film gesucht. Der Regisseur erklärt inmitten einer Kulisse die Handlungsmöglichkeiten des Spielers. Große Abschnitte in diesem Thriller um einen mysteriösen Mord werden in der In-Game-Grafik dargestellt. Der Spieler übernimmt dabei nicht nur die Rolle des zu Unrecht angeklagten Verdächtigen, sondern auch die der Polizisten, die ihn jagen. Die Handlung steht dabei klar im Vordergrund, die eigentlichen Spielelemente bestehen aus klassischen Rätseln und neuen Interaktionsmöglichkeiten, die geschickt die Emotionen der Charaktere in den Vordergrund stellen. Unterschiedliche Kameraperspektiven und klare narrative Konzepte verdeutlichen hierbei die stilistische Bedeutung dieses Werkes. Trotz der schwachen technischen Projektion ein kleiner Ausblick auf die Möglichkeiten. (Lena Thiele) In einer düsteren Zukunft existiert unter jungen Leuten eine neue Droge: das illegale und potenziell tödliche Spiel Avalon. In einer düsteren Welt, die vom Krieg gekennzeichnet ist, bekämpfen sie sich als Soldaten. Dafür taucht der Spieler mit seinem Geist in das Spiel ein und geht gerade in höheren Levels die Gefahr ein, im Spiel verhaftet zu bleiben, während sein Körper in der Welt nur noch vor sich hin vegetiert. In surrealistischen Bildern erzählt uns der Film von einer Welt, in der sich „Realität“ und virtuelle Realität nach und nach immer stärker vermischen. Die filmischen Mittel wie die auffällige Farbgestaltung der Bilder, Kameraperspektiven und Raum- und Zeit-Gestaltung werden immer wieder aus den Konventionen der Computerspiele zitiert und gezielt eingesetzt, um Spielwelten mit der „Realität“ im Film zu vermischen. (Lena Thiele) DAS SPIEL IM FILM Doom Universal, 2005 Regie: Andrzej Bartkowiak Spiel: id Software, 2004 51 DER FILM IM SPIEL Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs Warner Brothers, 2004 Regie: Peter Jackson Spiel: Electronic Arts, 2004 Das Spiel setzt bereits in seiner Werbeaussage auf seine Nähe zum Film. Kern des Spiels ist es, das große Abenteuer selbst erleben und interaktiv mitgestalten zu können. Der Film und seine Helden werden dabei als Referenz für das Erleben genutzt. Über zwölf originale Settings aus dem Film stellen den Rahmen für die spielerische Interaktion. Auf Trigger gesetzte Filmsequenzen sind eng mit der Spielhandlung verbunden. Dabei setzt das Spiel aber allein auf den kämpferischen Aspekt des Films. Zusätzlich zu Setting und Filmausschnitt ist auch innerhalb der interaktiven Spielsequenzen auf eine filmische Anmutung geachtet worden. Die Kamera wählt automatisch Einstellungsgrößen und Kameraperspektiven, je nachdem, wo sich der Spieler im Raum bewegt. Damit wird sowohl thematisch, als auch vermehrt stilistisch die Erlebniswelt des Filmes zitiert. (KM) STILELEMENTE IN VIDEO- UND COMPUTERSPIELEN Hier steht, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Interaktion im Vordergrund. Erst in der jüngsten Zeit wird versucht durch erzählerische Elemente nicht nur der Geschichte, sondern auch den Charakteren ein Gesicht zu geben. Die Erzählung bietet hier nur einen Rahmen für die eigene Handlung. Die Erzählform, und damit das optische und inhaltliche Design, werden nur selten in den Vordergrund gestellt. Kameraeinstellungen müssen sich nach der Handlung richten und unterstützen nur selten die Wahrnehmung der Handlung. Gute Spielbarkeit steht hier meist im Vordergrund. Der Ton dient auch hier zur Untermalung, kann aber durch die offene Handlung nur bedingt dramaturgisch eingesetzt werden. Die Entwicklung geht aber auch hier parallel zu den technischen Möglichkeiten immer stärker zu einem angepassten Klangbild. Dramaturgische und erzählerische Elemente werden momentan meist vorher gestaltet und auf Trigger abgespielt. Erst jetzt werden solche recht plumpen Darstellungsweisen durch fließende Übergänge abgelöst. STILISTISCHE KONVENTIONEN IM FILM In der klassischen Narration wird die Handlung vor allem durch die persönlichen Anliegen der Figuren vorangetrieben, oft unterstützt durch eine unerwartete Veränderungen der Umgebung der Charaktere und den damit verbundenen Reaktionen und Ziele der Figuren. Auch der Ton hat meist einen narrativen Charakter und unterstützt das Geschehen emotional, ohne zu stark in den Vordergrund zu treten. Die Montage der einzelnen Storyelemente richtet sich meist nach Continuity, also der direkten Fortsetzung der unterschiedlichen Handlungsstränge. Die Aufnahmen richten sich im klassischen Hollywoodkino nach Achsen, auf denen sich die Handlung bewegt. Mit dem Einsatz von Computertechnologie wird dieser Zusammenhang aber immer stärker aufgebrochen. Kamera, Bildgestaltung, Licht und Montage unterstützen dabei die Dramaturgie und geben den Kreativen die Möglichkeit, auch die Form der Geschichte nachhaltig zu beeinflussen. (Lena Thiele) HIGHLIGHTS: FILM Während sich der Film optisch recht stark an das Spiel anlehnt, wird bei der Handlung dem Geschmack des Kinopublikums Tribut gezollt. Statt Dämonen sind gentechnische Experimente der Auslöser für das Blutbad in einer geheimen Mars-Basis. Auch bei den narrativen Elementen wurde Abstand von dem recht stumpfen Action-Element der Spielvorlage genommen, ohne natürlich die Konventionen des Hollywood-Actionkinos zu durchbrechen. Im Gegensatz dazu konnte die Designabteilung aus dem Vollen schöpfen. Die plastischen 3D-Modelle und Architekturen der Spielvorlage wurden penibel umgesetzt, um den Spielern den Medienwechsel so einfach wie möglich zu machen. Der Wiedererkennungswert stand hier klar im Vordergrund. Auch die zehnminütige Egoperspektive, die der subjektiven Kamera im Film entspricht, wurde nicht nur als Hommage an die spielerische Vorlage verwendet, sondern auch als einfaches Stilmittel. (KM) HIDEO KOJIMA HIGHLIGHTS: ABENTEUER 52 E s gibt nicht viele Persönlichkeiten der Videospielbranche, die in Europa außerhalb der Branche überhaupt wahrgenommen werden. Nintendo-Mastermind Shigeru Miyamoto ist so ein Kandidat. Peter Molyneux auch. Fällt indes der Name Hideo Kojima, horcht kaum jemand auf. Eigentlich komisch, denn der 41-jährige Japaner arbeitet seit 1986 erfolgreich beim Publisher Konami und gilt als einer der innovativsten Köpfe. Das US-Magazin Newsweek hat ihn 2002 unter jene zehn Menschen gewählt, die „in diesem Jahr und darüber hinaus“ beobachtet werden müssten, weil sie „die Zukunft gestalten“. Hideo Kojima ist eine Ausnahmeerscheinung. Er hat etwas entwickelt, das in der schnelllebigen Welt der Videospiele kaum einem Designer gelingt: einen durchgängigen, eigenen Stil, eine völlig autarke Bildsprache. Die große Zuneigung zum Kino ist an vielen Stellen in seinen Spielen sichtbar. Hideo Kojima erzählt und visualisiert Geschichten mit einem klassischen Spannungsbogen. Sein erstes Spiel „Metal Gear“ erscheint 1986 für den Heimcomputer MSX. In den folgenden Jahren arbeitet Hideo Kojima an zahlreichen Titeln. Die wichtigsten sind „Policenauts“, „Zone Of The Enders“ und die „Metal Gear“-Reihe. Auch für eine der intelligentesten Innovationen der letzten Jahre ist er verantwortlich. 2002 brachte er den Gameboy-Titel „Boktai: The Sun Is In Your Hands“ auf den Markt. Eine Solarzelle auf dem Spielmodul absorbiert Sonnenlicht und beeinflusst das Spielverhalten. Ist es nun möglich, hinter die Fassade dieses Menschen zu schauen, der als kleiner Junge in Setagaya, Tokyo am liebsten mit Freunden Verstecken spielte und oft gewonnen hat, weil er gute Verstecke kannte und lautlos an Wänden entlangschleichen konnte? 30 Minuten Zeit auf der Games Convention in Leipzig bleiben für die Antworten, in einem kleinen, lauten Büro. Sitzt da nun ein betont höflicher Popstar mit jungenhaftem Gesicht, ein selbstverliebter Künstler oder einfach ein erwachsener Junge, der immer noch am liebsten Verstecken spielt, nur heute mit Worten? (CG) „MIT HILFE DER INTERAKTIVITÄT Herr Kojima, wann ist Ihnen eigentlich klar geworden, dass man Sie als Star wahrnimmt? Wahrscheinlich auf der E3 im Jahr 2000. Sie gelten als jemand, der großen Wert auf ästhetisch durchkomponierte Spiele legt, wunderschöne Landschaften kreiert. Nehmen Sie sich mehr als Künstler wahr oder doch eher als Programmierer? (Lacht) Ich glaube, ich bin jemand aus der Dienstleistungsbranche. Ich diene den Menschen, liefere ihnen eine Dienstleistung ab. Huch, nicht ein kleines bisschen Künstler? Nein, nicht wirklich. Ich liefere den Menschen einfach etwas, das sie dann hoffentlich mögen. Außerdem möchte ich sie überraschen. Würden Sie denn sagen, dass Videospiele generell künstlerischer werden? Das entwickelt sich gerade erst. Videospiele haben sich noch nicht als Subkultur etabliert. Einer der Gründe dafür ist, dass es da draußen momentan unglaublich viele Spiele gibt, die nur grundlos Gewalt zeigen. Wenn sich das nicht ändert, werden Videogames keine Ausdrucksform werden, über die Menschen diskutieren wie über Kunst, die rezensiert werden wird wie Kunst. Es ist allerdings auch unsere Aufgabe als Videospieldesigner, Spiele zu entwickeln, die nicht nur einfach gewalttätig sind. Da Sie über Inhalte reden: Gibt es einen speziellen Moment in einem Spiel, der Sie total bewegt hat, in den letzten Monaten, womöglich Jahren? (Lacht) Das einzige Spiel, dass ich in den letzten Jahren gesehen habe, ist „Metal Gear Solid“. Das habe ich bis zum Umfallen spielen müssen. 53 Können Sie sich an das schönste Erlebnis erinnern, das Sie mit einem Videospiel hatten? Damals, als noch Zeit war. Es gab da dieses Spiel für das Famicon (Nintendo NES), „Portopia Murder Case“. Ein Adventure, in dem man einen Cop spielt, der gemeinsam mit seinem Partner einen Mord aufklären soll. Es stellt sich heraus, dass der Partner den Mord begangen hat. In dem Moment, wo das im Spiel klar wird, denkt man sich: Oh mann, der! Andrerseits aber hatte er seine Gründe für den Mord, und Geschichte und Gründe werden erklärt. Damals, als die meisten Spiele reine Actionspiele waren, wurden in „Portopia Murder Case“ echte Geschichten erzählt. Das war schockierend gut für mich. Wenn das ein wichtiger Moment war, wo sehen Sie dann für sich Potenzial, solche Momente zu kreieren? Videospiele sind ein interaktives Medium. Darum können sie Menschen überraschen, verblüffen, schocken. Filme, Bücher, Musik haben ihre eigenen Mittel, Emotionen zu transportieren. Aber gerade weil Videospiele interaktiv sind, können sie das im Vergleich zu anderen Medien eigentlich viel besser. Wenn ich Spiele entwerfe, will ich verblüffen. Wenn man im Spiel einen Charakter kontrolliert, ist man Teil seiner virtuellen Erfahrung. Aber das, was der Charakter im Spiel erfährt, wird auch von einem selbst in der Realität wahrgenommen. Das ist nicht virtuell, das ist eine echte Erfahrung, die erlebt wird. So etwas können nur Videospiele. Macht aber nicht genau das Videospiele schon zu einer eigenständigen, ernstzunehmenden Subkultur? Spiele nutzen Musik, in Spielen werden Geschichten erzählt wie in Büchern. Spiele leben von Bildern, genau wie der Film. So betrachtet, mit alldem und der Interaktivität, sind Videospiele einzigartig, haben großes Potenzial. Aber gleichzeitig macht all dies es schwierig, wirkliche Aussagen durch und mit Videospielen zu transportieren. Haben Sie eine Ahnung, wie die Zukunft der Videospiele aussehen wird? Oder wie hätten sie es gerne? Videospiele werden immer bequemer zu handhaben und natürlich immer spaßiger. Die derzeitigen Spiele lehnen sich noch stark an die grundsätzlichen Wünsche der Kunden an: also an etwa solche Bedürfnisse wie eben Gewalt. In der Zukunft werden Videospiele Elemente aus allen möglichen Gesellschaftsfeldern aufsaugen. Mit Hilfe der Interaktivität werden wir vollständig neue Sachen sehen. Und das wären welche zum Beispiel? Bedenken Sie: Alles im Videospiel ist digital konstruiert, es ist ein Fake, es existiert nicht. Da die Grafik immer realistischer wird, wird es einen Trend zu mehr Realismus geben. Gleichzeitig aber werden sich die Videospiele der Zukunft nicht mehr nur auf den digital konstruierten Weg beschränken, sondern es wird mehr real Greifbares geben, die Dinge werden organischer werden, natürlicher. Nehmen Sie zum Beispiel „Boktai: The Sun Is In Your Hands“, dass nutzt Sonnenlicht als aktives Spielelement. Oder „EyeToy“, da ist man selbst das Organische. Wenn man sich nun MGS: Snake Eater anschaut, gibt es irgendetwas, dass Sie gerne eingebaut hätten, dass aber partout nicht machbar war? So viele Sachen, zu viele. Ständig müssen wir etwas rausschmeißen, weil die Zeit zu eng wird oder es nicht geht. Auf der alten MGS-Presse-DVD steht in Ihrer Biografie nur ein Satz: La-Li-Lu-Le-Lo. Was steckt dahinter? Ein Geheimnis, das ich Ihnen wirklich nicht verraten kann. Das Gespräch führte Christian Gaca. HIGHLIGHTS: ABENTEUER WERDEN WIR VOLLSTÄNDIG NEUE SACHEN SEHEN“ GEOFF CRAMMOND „Wir sind noch nicht angekommen“ HIGHLIGHTS: RENNSPIELE 54 Herr Crammond, was für ein Auto besitzen Sie und halten Sie sich für einen guten Fahrer? Ich fahre einen BMW 545i und mag das Gefühl von Beschleunigung. Darum neige ich auf gerader Strecke dazu, sehr schnell zu fahren, in Kurven allerdings nie. Ich glaube, dass ich defensiv fahre, immer das Schlimmste von den anderen Verkehrteilnehmern erwartend und durchaus in dem Bewusstsein, selbst natürlich auch Fehler zu machen. So fahre ich auf der Straße, auf der Rennstrecke ist es anders. Ein Fahrlehrer in einer Rennfahrschule hat mich mal als „sehr schnell aber wie ein Elefant im Porzellanladen“ beschrieben. Zugegeben, ich wurde mehr als einmal von verängstigten Fahrlehrern angebrüllt. Wissenschaftler glauben, dass Rennspiele Jugendlichen schlechtes Fahrverhalten beibringen und sie so später zu schlechteren Autofahrer machen. Rennen fahren heißt immer am Rande der Bodenhaftung zu fahren und ist eine völlig andere Erfahrung als normales Autofahren. Jemand, der nur am Computer gefahren ist, muss doch immer noch zur Fahrschule gehen und dort lernen, ein echtes Auto zu fahren, eine Fahrprüfung machen. Außerdem hätte ich geglaubt, der Selbsterhaltungstrieb würde den Rest übernehmen. Sie werden dafür bewundert, mit „Grand Prix 4“ jene Rennsimulation erschaffen zu haben, die der Realität am ähnlichsten ist. Wie haben Sie sich das Wissen dafür angeeignet? Ich habe Physik studiert und dann acht Jahre lang für die Industrie mathematische Modelle programmiert und Algorithmen entwickelt. In den letzten beiden dieser Jahre habe ich Computerspiele gemacht. Als ich 1984 mit meinem ersten Rennspiel „REVS“ anfing, einer F 3-Simulation, arbeitete ich nur noch an Spielen. Ich hatte bereits einen „Space Invaders“-Clone und einen Flugsimulator programmiert. Für „REVS“ holte ich mir in Silverstone Hilfe von F 3-Fahrer David Hunt und seinem Team, dass übrigens damals von Eddie Jordan geleitet wurde. Sie haben mir reichlich technische Daten zur Verfügung gestellt, was mir sehr dabei geholfen hat, die Simulationsmodelle korrekt zu konstruieren. Die Modelle sind mit jedem Teil der „Grand Prix“Serie merklich besser geworden. Als GP4 im Jahr 2002 auf den Markt kam, hatte ich für eine sehr lange Zeit am Simulationsmodell gefeilt – immer mit technischer Hilfe von Formel 1Teams. Sind Sie mal selbst einen Formel-1-Wagen gefahren? Ich bin einsitzige Rennwagen gefahren, Formel 1 noch nicht. Ich beabsichtige aber zu versuchen, an einem dieser Selbsterfahrungstage einen Formel 1-Rennwagen zu fahren. Wenn Sie die Realität in die Virtualität transformieren, was ist dabei der schwierigste Akt in Bezug auf Rennsimulationen? Alle individuellen Probleme sind schwierig, bis sie gelöst sind. Dann kommt es einem alles ganz einfach vor. Das Übertragen der Fahrphysik, das Streckendesign und die Künstliche Intelligenz waren große Brocken. Ab davon hat eines viel Arbeit bedeutet: die Entwicklung der Schlechtwetter-Effekte, des dynamischen Wetters überhaupt, räumlich wie zeitlich. Dazu gehört das korrekte Austrocknen der Ideallinie, die damit verbundene Fahrphysik und die darauf bezogene Taktik des Computers. Es gibt zwangsläufig Grenzen bei einem Simulator, etwa die nicht existenten Fliehkräfte. Ich glaube trotzdem, dass man ein ziemlich gutes „Gefühl“ für das Auto bekommt, nur durch die Art und Weise wie es sich grafisch bewegt. Was bringt Sie dazu, jeden Morgen aufzustehen und weiter an Rennsimulationen zu arbeiten? Ich bin derzeit mit Nachforschungen und Entwicklungen beschäftigt, die vielleicht, vielleicht nicht, zu einem neuen Spiel führen, das vielleicht, vielleicht nicht, ein Rennspiel sein wird. Arbeiten Sie denn noch an der Neuauflage von „Stunt Car Racer“? Können Fans gar auf ein „Grand Prix 5“ hoffen? „Stunt Car Racer Pro“ hat sich mit der Schließung von Lost Toys erledigt. Es gibt keine Pläne, das Projekt wieder aufzunehmen. Was „GP 5“ betrifft, denke ich, dass der Bedarf einer Formel 1-Lizenz ein Formel 1-Spiel immer zu einem sehr schwierigen Projekt macht. Dennoch bin ich demgegenüber aufgeschlossen eingestellt. Haben Sie eine Idee, wo sich das Genre der Rennspiele hinbewegt? Neue Ideen scheinen ja eher selten zu sein. Ja, es gab bereits so viel. Trotzdem denke ich, dass es weiter einen Bedarf für große Verbesserungen des Realismus gibt. Wir sind noch nicht angekommen. Mal ehrlich, denken Sie nicht, ein echtes Formel-1-Rennen ist heutzutage ziemlich langweilig geworden? Ich habe 2003 aufgehört, Formel 1 zu verfolgen. Teils, weil ich nach zwölf unbarmherzigen Jahren des ununterbrochenen Entwickelns von Formel 1-Spielen eine Pause brauchte. Wie auch immer, es ist schon verblüffend wie interessant es plötzlich wieder wird, wenn du einen bestimmten Fahrer unterstützt, der in einem konkurrenzfähigen Auto sitzt. 2004 war ein großartiges Jahr für Jenson Button, und siehe da: Ich schaue wieder Formel 1. Das Gespräch führte Christian Gaca. B. J. HECKENDORN „Ich betrachte meine Arbeit wie das Restaurieren alter Autos“ Tut es Ihnen eigentlich weh, wenn Sie eines Ihrer Geräte verkaufen? Ich könnte mir vorstellen, man müsste jedes Einzelne wie einen Schatz hüten. Nee. Ich fühle mich sogar gut. Ich kann sowieso nicht alle behalten, dass würde langfristig zu teuer werden. Den ersten VCSp besitze ich aber noch, und gebe ihn nie her! Das Beste am Verkaufen ist, dass ich Geld für Bier verdiene und mich ans nächste Design machen kann. Wenn ich die Geräte nur im Regal stapeln würde … nein, das könnte ich nicht. Herr Heckendorn, ich wette, Sie haben einen riesigen Fernseher zu Hause, um Ihre Videospiele zu genießen? Hmm, nein. Nur ein 21 Inch-Modell (Anm.d. Red. 55 Zentimeter Diagonale), aber ich sitze immer so nahe davor, dass alles sehr groß aussieht. Warum wollen Sie Videospiele auf diesen kleinen TFT- oder LCD-Bildschirmen ihrer selbst gebauten Handhelds spielen? Ganz einfach: der kleine Bildschirm macht die Spiele eben tragbar. Und: Sind nicht Flatscreen-Fernseher momentan der letzte Schrei. Überhaupt bin ich aus mir nicht erklärlichen Gründen schon immer von tragbaren Mini-Fernsehgeräten fasziniert gewesen. Welches ist das schönste Gerät, das Sie je gebaut haben? Ich liebe den originalen Atari 2600 VCSp, den ich im Jahr 2000 gebaut habe, genauso wie das jüngste Atari 2600-Projekt in meinem Buch. Es ist wohl die Holzvertäfelung, ich bin schon immer auf die Holzvertäfelung reingefallen. Sie beschreiben Ihre Arbeit als Kunst des Tragbarmachens. Was ist das größte Problem während dieses Prozesses? Wahrscheinlich das ganze Innenleben der Originalgeräte in ein einigermaßen kleines Gehäuse zu kriegen. Allerdings ist das Finden der richtigen Batterien auch eine ziemliche Mission. Wenn das erstmal erledigt ist, müssen nur noch reichlich Drähte verlötet werden. Gab es Beschwerden von offizieller Seite? Haben Atari, Nintendo oder Sony gar gedroht, ihre Projekte zu verbieten? Noch nicht (klopft dreimal auf den Tisch)! Ich betrachte meine Arbeit ohnehin eher wie das Restaurieren alter Autos. Man nimmt etwas mit einem geringen, wahrgenommenen Wert und macht wieder etwas Cooles daraus. Das ist doch nicht so schlecht. Haben Sie denn noch ein Konsolen-Minimierungs-Projekt auf der Rechnung? Ich liebäugele schon länger damit, den Atari VCSp in Serie zu produzieren. Es müsste schneller gehen, um der Nachfrage gerecht zu werden. Damit beschäftige ich mich wohl im Frühsommer nochmal. Außerdem will ich mein Atari 800-Notebook zu Ende bauen. Aber es ist kompliziert ein Display zu finden, das funktioniert (seufzt). Als Experte: Nintendo DS oder Sony PSP? Nun ja, ich habe die „offizielle“ PSP noch nicht gespielt, allerdings muss ich sagen, dass ich vom DS überhaupt nicht beeindruckt war. Ich halte ihn für ein Gimmick. Mal ehrlich, Nintendo macht doch jedes Jahr einen neuen Gameboy, und für Sony ist es das erste Mal. Sollte also ein interessanter Kampf werden, obwohl die PSP in vielen Belangen besser aufgestellt ist. Der DS hat nicht annähernd die Grafik eines N64, die PSP dagegen hat fast die Qualität einer PS 2. Das ist der große Unterschied. Was mich nur beunruhigt ist, dass der PSP-Bildschirm ziemlich schnell zerkratzen dürfte. Das Gespräch führte Christian Gaca. 55 HIGHLIGHTS: MOBILE GAMING Ist mal ein Projekt komplett in die Hose gegangen? Ich habe über einen Monat an einem tragbaren N 64 gearbeitet, dass ist zwei Mal so viel Zeit wie ich sie sonst für ein Projekt benötige. Das ist enttäuschend, auch wenn ich mit dem Portable N64 bald fertig sein sollte. Und: Ich habe es noch nicht geschafft, einen tragbaren Dreamcast zu bauen. „Es wird end lich die 56 Freiheit ins S piel kommen !“ Natürlich lief für Gregg Tavares fast zwangsläufig alles 57 auf ein Engagement bei Sony Computer Entertainment dessen „Heimatland“ zu arbeiten, ist die unausweichliche Konsequenz für einen Spieledesig-ner, der schon bei Sega Japan, Naughty Dog oder Shiny Entertainment beeindruckende Arbeit ablieferte. Bereits als Jugendlicher konvertierte Gregg Tavares den Klassiker „Centipede“ vom Atari 800 auf den Commodore 64. Aktuell entwickelt er für die Sony PSP. Der US-Amerikaner zeichnet als leitender Programmierer unter anderem für das gefeierte „Jak and Daxter“ oder für die schnelle Arcade-Action von „Zombie Revenge“ verantwortlich. Doch wie so oft hat auch Tavares’ Medaille zwei Seiten. Drei Versuche, eigene Spielefirmen langfristig zu etablieren, scheiterten allesamt. Seine Arbeit bei Naughty Dog quittierte er wegen eines Burnout-Syndroms. In Tokyo sprach Alexander Pöschl für [ple:] mit dem 40-Jährigen unter anderem über seine Rückkehr in die Spiele-Industrie, seine Abneigung gegen 2D-Spiele auf NextGeneration Konsolen und warum Japaner merklich weniger Software kaufen. Herr Tavares, im Internet tauchte vor einigen Monaten der Bericht einer Frau auf, deren Mann bei Electronic Arts unzählige Überstunden leisten musste und praktisch keine Zeit mehr für die Familie hat. Hier in Japan lachen die Leute darüber. Unabhängig davon, in welcher Branche du arbeitest, der Job hat stets Priorität. Einer meiner Kollegen heiratete vor zwei Monaten, dennoch hockt er von früh bis spät im Büro. Seine Frau mag sich zwar beklagen, aber sie weiß genau: So läuft das eben. Es gibt Deadlines wie Weihnachten. Sollte dieser Termin in Gefahr geraten, verbringt man eben die meiste Zeit des Tages im Büro. Die Manager würden es in diesem Fall gar nicht akzeptieren, dass man nach acht Stunden nach Hause geht und sich einen schönen Abend macht. Erinnert das nicht an die Zeiten, als Entwickler noch auf PizzaSchachteln im Büro schliefen? Richtig, nur hatte das Team damals zehn oder weniger Leute. HIGHLIGHTS: DESIGN + LIFESTYLE Japan hinaus. Für den Branchenführer der Industrie in HIGHLIGHTS: DESIGN + LIFESTYLE 58 Jeder kannte jeden, die Atmosphäre war fast familiär. Natürlich teilten sämtliche Kollegen dasselbe Schicksal, denn die konnten ja auch nicht früher nach Hause. Wenn man heute etwa bei Electronic Arts arbeitet, sind da 100 Kollegen und das vertraute Klima ist dahin. Ich arbeite momentan in einem kleinen Team von rund zehn Leuten. Trotzdem fühle ich mich gewissermaßen schlecht, wenn ich mir Gedanken um die Art und Weise meines Lebens mache. Ist das Kreieren von Videospielen wirklich die Essenz des Lebens? Ich habe fünf Weihnachten regelrecht verpasst, weil ich programmieren musste. Wenn ich dann sehe, dass trotz meiner harten Arbeit doch nur der Chef den Ferrari fährt und ich mit meinem Durchschnittseinkommen abgespeist werde, mache ich mir umso mehr Gedanken. lange wie nötig. Die Löhne, speziell hier in Japan, sind leider wirklich unterste Schublade. Bei Sony oder Sega beträgt das höchste Gehalt, das man als Programmierer verdienen kann, rund sechs Millionen Yen [Anm.: umgerechnet rund 44.000 Euro] pro Jahr. Also doch besser noch eine eigene Firma? Mit einer eigenen Firma macht das langwierige Entwickeln natürlich mehr Spaß, denn wenn sich das Spiel entsprechend verkauft, gibt es einen befriedigenden Anteil. Ich würde es mir auch ein viertes Mal zutrauen, eine eigene Firma zu gründen. Aber das könnte dann nur ein überschaubares Team sein. „Final Fantasy“ oder „Grand Theft Auto“ entwickeln zu wollen, hätte keinen Sinn. So etwas wie „Lumines“ für die PSP wäre genau mein Ding, daran haben nur wenige Programmierer gewerkelt. Sie haben sich Ende der 90er Jahre von dem Entwickler Naughty Dog zurückgezogen. Es hieß, sie seien ausgebrannt, dem Druck nicht mehr gewachsen. Das Burnout-Syndrom scheinen Programmierer und Spieledesigner nur allzu gut zu kennen? Zwei Kollegen bei Naughty Dog quittierten bereits vor mir ihre Arbeit. Aber wie sieht es denn derzeit aus? Die Entwicklerstudios bestehen fast ausschließlich aus jungen Leuten um Ende 20. Wo sind die älteren Semester, die noch vor zehn Jahren aktiv waren? Aus finanziellen, gesundheitlichen und familiären Gründen wäre ein Wechsel in die Finanzbranche sehr lukrativ. Ein ehemaliger Sega-Kollege hat diesen Wechsel bereits vollzogen, er verdient nun das Doppelte, hat einen Acht-Stunden-Tag und kann seine Kinder aufwachsen sehen. Ich bin momentan alleinstehend, über 40, kinderlos und in einem fremden Land. Insofern kann ich nicht sagen, ob ich in zwei, drei Jahren noch Videospiele programmieren werde. Ist die Spiele-Industrie rücksichtsloser oder härter als andere Branchen, wenn es um Arbeitszeiten und Löhne geht? Ich denke: Ja! Das liegt an den unzähligen Nachwuchskräften, die unbedingt ein Videospiel entwickeln wollen. Jeder kleine Junge möchte heutzutage doch an einem Spiel mitarbeiten. Und wenn sie dann einmal im Team sind, überwiegt die Freude und der Enthusiasmus jegliche Strapazen und sie arbeiten so Ein eigenes Independent-Entwicklerstudio gründen kommt nicht in Frage? Doch, darüber habe ich natürlich nachgedacht. Leider stellen sich die Leute das einfacher vor als es in Wahrheit ist. Man braucht Startkapital, Mitarbeiter und Ideen. Wenn ein Indie-Entwickler die Deadline verpasst, kann das schwerwiegendere Folgen haben als es bei Sony oder Naughty Dog der Fall wäre. Ich einen verhältnismäßig kreativen Grafik-Stil, aber eben dasselbe Gameplay wie zu Nintendo 64-Zeiten. Welche Gameplay-Elemente werden sich mit der neuen Hardware-Generation ändern? Grafische Verbesserungen kommen ja ohnehin. Es wird endlich die Freiheit ins Spiel kommen! Die Entwickler müssen sich nicht mehr hauptsächlich um Polygone oder Texturen kümmern, denn die neue Power macht das praktisch von selbst. Diese eingesparte Zeit kann und wird hoffentlich in das Gameplay gesteckt. Ich spiele gerade „Resident Evil 4“ auf dem Gamecube, und an einer bestimmten Stelle geht mir die Munition aus, obwohl ich mich noch bis zur nächsten Tür vorkämpfen muss. Noch kann ich nicht einfach aus dem Fenster springen und einen Waffenladen überfallen. Zukünftig werden solche optionalen Lösungswege mehr und mehr Anwendung finden. finde übrigens, dass Sony eine ganz gute Mischung gefunden hat. Wer sonst macht experimentelle Spiele wie „My Summer Vacation“ [Anm.: Adventure, in dem ein Mädchen ihre Sommerferien zu Hause verbringt und eine Website erstellt]? Gleichzeitig beklagt sich jedoch etwa der Entwickler SNK, dass Sony auf der Playstation 3 kein „Metal Slug“ in 2D mehr zulässt. Hier greift der Konsolenhersteller doch direkt in die kreative Freiheit der Entwickler ein! Rein subjektiv möchte ich auch kein 2D-„Metal Slug“ auf einer Next-Gen-Konsole spielen. Dafür reicht das Neo Geo völlig aus. Ich glaube, dass es hier darum geht, SNK zu etwas Neuem zu bewegen und nicht grafische Restriktionen zu erteilen. Moji Ribbon auf der PS2 zum Beispiel war 2D, aber das Spielkonzept war völlig neuartig. Trotzdem die PS2 auch vereinzelt diese Restriktionen hatte, waren innovative 2D-Spiele stets gerne gesehen. Schade für die SNK-Fans, aber ein 15 Jahre altes Spiel hat meiner Meinung nach nichts auf der Playstation 3 verloren. Sollen sie es für Nintendo DS rausbringen, das wäre optimal. Sollte ein Entwickler jedoch einen 08/15-Shooter für Playstation 3 entwickeln, der in feinster Grafik daherkommt, würde Sony keinesfalls an Restriktionen denken. Kann ich verstehen. Nehmen wir „Starfox“ von Nintendo. Wenn es technisch an die neue Generation angepasst ist, das heißt, wenn ich über Planeten fliegen kann, die schon fast fotorealistisch aussehen und die ganze Umwelt nichts mehr mit dem Look des Vorgängers zu tun hat, dann her damit! Der Style spielt nun mal eine mehr oder weniger gewichtige Rolle. „Viewtiful Joe“ und das fabelhaft aussehende „Okami“ sind weitere Beispiele. Oder „Legend of Zelda: The Wind Waker“, das hatte Seit Jahren sinken die Verkaufszahlen für Video- und Computerspiele in Japan beständig. Haben Japaner ausgespielt? Ich weiß nicht, ob der Markt hier in Japan derzeit noch stark oder überhaupt schrumpft. Aber die letzten Jahre war es definitiv so. Dazu gibt es zwei Theorien: Entweder die japanischen Firmen haben den Casual-Market verloren, zum Beispiel die Mädels, die früher gerne „Crash Bandicoot“ oder „Parappa“ gespielt haben. Andere sagen, dass die Leute heute weit mehr Geld für ihr Handy und Internet ausgeben. Der erste Grund ist wohl gewichtiger. Warum ähnliches in den Vereinigten Staaten nicht passierte, ist einfach: Dort gibt es keinen Casual-Market. Die Spieler, die vor zehn Jahren Software kauften, tun dies heute immer noch. Ich könnte mir vorstellen, dass Online-Spiele in Japan der absolute Knüller werden. Breitband-Internet ist genauso billig wie schnell und die soziale Komponente macht die Leute hier sehr an. Japan könnte wie Südkorea enden, wo diejenigen, die nicht Online spielen, die Außenseiter sind. In Sachen Storytelling haben die meisten Video- und Computerspiele großen Nachholbedarf. Warum arbeiten nicht der Autor Nick Hornby, Regisseur Tim Burton und Programmierer Gregg Tavares an einem Spiel? Ein kompetenter Autor ist natürlich immer nützlich, aber im Grunde sind das unterschiedliche Bereiche. Denn der Regisseur möchte dem Spieler seine Geschichte, seinen Stil näherbringen. Der Game-Director wiederum möchte, dass Spieler in seine Welt eintauchen können. Ein Kompetenzwirrwarr ist vorprogrammiert, und auf Kosten der Interaktivität würde dies meiner Ansicht nach ebenfalls gehen. Die lineare Story würde dominieren. HIGHLIGHTS: DESIGN + LIFESTYLE Offensichtlich denken auch die Entwickler viel über neue Gameplay-Konzepte nach. Hat Nintendo mit der RevolutionKonsole doch den richtigen Nerv getroffen? Während Microsoft und Sony technisch nachrüsten, verlagert sich Nintendo auf die eigentliche Spielidee. Ganz ehrlich, der Gamecube ist jetzt noch meine Lieblingskonsole, denn Nintendo ist immer noch kreativer als alle anderen. Aber Playstation 2 und Xbox verkauften sich besser, also dürfte die Revolution-Konsole einige Probleme bekommen. Aber Nintendo fährt weiter sehr passable Profite ein, obwohl sie längst nicht mehr Konsolen-Marktführer sind. Wenn ich Nintendo-Präsident wäre, würde ich mit Microsoft oder Sony einen Deal machen: Nintendo produziert keine Heimkonsolen mehr und entwickelt exklusiv und ohne Lizenzgebühren auf Lebenszeit (lacht). 59 “ Fortsetzungen sind nicht förderlich und gesund für die gesamte Branche HIGHLIGHTS: NEXT-GENERATION 60 Yoshiki Okamoto hatte Stress. Die Tokyo Game Show war zu absolvieren, Termine mit Sony und Microsoft bestimmten die Tagesordnung und der Hund musste auch noch gefüttert werden. „Dog first!“, ulkte Okamoto-san im Konferenzraum seines eigenen Entwicklerstudios Game Republic. Der Star-Entwickler kann sich diese Prioritätenliste erlauben, schließlich leitete er die Entwicklungen zu berühmten Videospielen wie „Street Fighter II“ oder der „Resident Evil“-Serie. Angefangen hatte alles Anfang der 1980er Jahre bei Konami, wo er unter anderem den Arcade-Klassiker „Time Pilot“ entwarf. Wenige Jahre später wechselte er zu Capcom, stieg kontinuierlich auf und wurde so zu einem der begehrtesten Entwickler dieser Tage. Nicht umsonst erwähnt Microsoft auf jeder Pressekonferenz, dass mit Okamoto ein Urgestein der Branche für die Xbox 360 gewonnen werden konnte. Mit Genji für die Playstation2 veröffentlichte Game Republic unlängst das erste Spiel und verbuchte im Heimatmarkt Japan auf Anhieb gute Verkaufszahlen. Es herrscht also gute Laune, als Alexander Pöschl den 44-Jährigen zum Interview in Tokyo trifft. „ Zurück zu den Heimkonsolen. Ihr Studio Game Republic gilt besonders in Japan als eines der Aushängeschilder für Microsofts neue Konsole Xbox 360. Bedenkt man den ausgebliebenen Erfolg der ersten Xbox in Japan, stellt sich die Frage: Warum die Unterstützung für Microsoft? Das Misslingen der Xbox bedeutet nicht, dass auch die Xbox 360 untergehen wird. Okay, in Japan wird Sony höchstwahrscheinlich wieder Marktführer werden, aber wenn es um den globalen Erfolg geht, wird die Xbox 360 meiner Ansicht nach die erfolgreichste Konsole werden. Und wir entwickeln nun mal auch für die Märkte in den USA und Europa. In der Vergangenheit äußerten Sie sich kritisch gegenüber ihrem ehemaligen Arbeitgeber Capcom, ohne je genaue Gründe zu nennen. Was lief mit Capcom schief? Was soll bei Game Republic anders werden? Im Endeffekt war es keine Kritik an Capcom, sondern es waren verschiedene Ansichten. Ich als Entwickler konnte nicht machen, was ich gerne in die Tat umgesetzt hätte. Capcom bringt ja nach wie vor sehr viele Fortsetzungen heraus, ein Umstand, den ich als nicht besonders förderlich und gesund für die gesamte Branche sehe. Allerdings wurden meine Vorschläge zu neuen Franchises immer wieder mit Verweis auf die Aktionäre abgeschmettert. Capcom wollte keine allzu großen, finanziellen Risiken eingehen und blieb bei den Fortsetzungen. „Genji“ wäre bei denen nicht möglich gewesen. Und sollte dann doch mal ein völlig neues Spiel entwickelt werden, wurden nicht die Entwicklerteams der „1. Klasse“ darauf angesetzt. Ein wichtiger Unterschied noch: Hier bei Game Republic gibt es kein festgeschriebenes Gehalt, sondern es wird flexibel je nach Arbeitszeit und Qualität abgerechnet. Sie lehren an verschiedenen japanischen Akademien zum Thema Game-Design. Was können Sie zum Ausbildungsstand der heranrückenden Generation japanischer Entwickler sagen? Ist Keita Takahashi (Designer von „Katamari Damacy“) nur der Anfang? Nun, Takahashi ist natürlich unglaublich talentiert und ich beneide ihn schon fast, dass er mit „Katamari Damacy“ ein derart fabelhaftes Spiel entworfen hat. Genau diese Art von Spiel würde ich in den kommenden Jahren auch gerne entwickeln. Natürlich nicht das gleiche, aber ebenso originell und kreativ. Aber gut, Takahashi ist ein glückliches Beispiel. Mit seinem Arbeitgeber Namco hatte er erstens einen Sponsor, der sein Projekt realisieren konnte. Und er hatte einen Chef, der auch bereit war, ein ungewöhnliches Spiel zu unterstützen. Die Studenten an sich kann ich nicht mit US- oder europäischen Studenten vergleichen, dazu fehlt mir der Überblick. Vor nicht allzu langer Zeit entwickelten Sie für Konami und Capcom Arcadespiele. In Japan, dem weltweit größten Arcademarkt, scheint das Interesse für Spielhallen jedoch immer weiter zu schrumpfen. Woran liegt das wohl? In erster Linie an den Konsolen, die heute fast die gleiche Grafik zaubern können, wie es die Automaten tun. Dazu kommt eine krasse Fehlentscheidung seitens der Hersteller, die die Arcadespiele auf die gleiche Schiene wie die Konsolenspiele schickten. Die typischen Eigenheiten wie der große Bildschirm oder die einzigartigen Bedienmöglichkeiten geben ja Spielraum für viele neuartige Spielkonzepte. Dennoch ähneln sich Video- und Arcadespiele heute zu sehr, so dass die Spieler nicht mehr viel Geld in die Spielhalle stecken. Das heißt, es muss etwas geschehen. Vielleicht durch Virtual Reality oder andere neue Erlebnisse in der Arcade? Ich würde Spielhallen gerne als kleine Vergnügungsparks sehen, die ruhig etwas mehr kosten dürfen als heute noch. Vor 20 Jahren kostete eine Runde Zocken 100 Yen, heute immer noch! Da stimmt doch was nicht. Virtual Reality und neue Konzepte böten sicherlich die Möglichkeit, den Arcade-Markt zu revitalisieren. Nintendos Revolution ist offenbar ohnehin außen vor? Ich denke, die Revolution-Konsole wird eine Art „Zusatzkonsole“. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass sich die Leute entweder eine Xbox 360 oder eine Playstation 3 kaufen, und zu einer dieser Konsolen dann die Revolution hinzufügen. Nintendos Konzept erscheint mir dafür sehr angemessen. Mit dem Thron der Branche werden sie wohl nichts zu tun haben. Das Genre des MMORPG (massively multiplayer online role playing game) ist zwar in Japan noch nicht so verbreitet wie in Südkorea, scheint aber immer beliebter zu werden. Hätte eine verstärkte Popularität dieses Genres besondere Auswirkungen auf den restlichen (japanischen) Markt? Es stimmt, die Online-Spiele werden hier tatsächlich immer beliebter. Und wenn ich ehrlich bin, sehe ich das mit Sorge im Hinblick auf die Industrie. Ein MMORPG ist ja im Grunde ein Spiel für mehrere Jahre, für das dann monatliche Gebühren gezahlt werden. Das heißt, diese Kunden werden sich wahrscheinlich keine anderen Spiele neben dem Online-Spiel zulegen, was nicht im Sinne der übrigen Hersteller ist. Ich fürchte diese Entwicklung wirklich! Vielleicht schrecken die Meldungen über verstorbene Spieler, die über 50 Stunden am Stück gespielt haben, die Leute derzeit noch ab? (Lacht) Wenn ich meinen Hund nicht immer füttern müsste und die Familie noch dazu, würde ich womöglich auch ewig spielen. Aber im Ernst, das ist natürlich eine erschreckende Sache. Andererseits liegt das Problem im Ursprung des MMORPG-Genres begraben. Wenn ich konkurrenzfähig im Spiel sein will, muss ich zwangsläufig sehr viel Zeit in die Charakterentwicklung investieren. Hier sind die Hersteller in der Pflicht, eine Lösung zu finden. 61 HIGHLIGHTS: NEXT-GENERATION Okamoto-san, Sie sprachen davon, dass für „Genji“ bewusst ein sehr heller Grafikstil gewählt wurde. Dadurch sollte das japanische Miyabi, perfekte Form wie vergängliche Schönheit, ausgedrückt werden. Kam das bei den Spielern an? Zunächst einmal wollten wir, dass sich „Genjis“ Stil deutlich von dem der anderen Action-Adventures abhebt. Wenn im Fernsehen heute eine Werbung zu „Silent Hill“ erscheint, können es die Spieler kaum von „Resident Evil“ unterschieden. Warum wir eine Aufhellung wollten, hatte aber auch andere Gründe. Zum Beispiel, um auch weibliche Kundschaft zu erreichen. Denn Frauen spielen, zumindest hier in Japan, kaum diese dunklen Horrorspiele, sondern wünschen sich farbenfrohe Landschaften im Spiel. Insofern haben wir „Genji“ auch nicht als Hardcore-Game konzipiert, sondern bewusst etwas einfacher gemacht, damit auch Gelegenheitsspieler das Ende miterleben können. Demzufolge gab es natürlich viel Kritik von eingefleischten Spielern, denen Genji zu leicht und seicht war. Daran, dass beide Käuferschichten am Ende zufrieden sind, müssen wir noch stärker arbeiten. Realitäten Videospiele haben offenbar doch einen Einfluss auf das echte Leben - vielleicht ist es aber auch umgekehrt. Keine Ahnung, ob der Pilot des Hubschraubers, dem das eigenartige Missgeschick passiert ist, auch „GTA: Vice City“ gespielt hat. Oder ob meine zufällige Bruchlandung im Pool des Vice-City-Hotels (hier noch einmal exklusiv nachgestellt) circa zwei Monate vor dem echten Unglück die Dinge einfach so in Bewegung gebracht hat. Unfassbar jedenfalls. Die Meldung links erschien im März 2003 in der Süddeutschen Zeitung. (CG) Realität ist stets eine Frage des eigenen Standpunktes. Klar. Bei Egoshootern war schon immer die möglichst detailgetreue Abbildung der Realität ein bewusstes Primärziel der Entwickler. Nicht nur, weil die Kundschaft genau das will, aber auch deswegen. Landschaften, Lagerhallen, Flugzeuge, Schränke oder Bierdosen sehen durch die immer besseren Engines immer echter aus. Doch eben nicht nur die Gegenstände. Ein Blick auf in Egoshootern präsente Schusswunden macht deutlich: Auch die sehen immer echter, immer schockierender aus. Wir meinen, dass in diesem Fall die Grenze dessen, was visuell noch gezeigt werden muss, erreicht ist. Statt immer mehr Blut fließen zu lassen, sollte sich mancher Entwickler fragen, ob nicht mehr Zeit in die Kreation neuer Spielideen gesteckt werden sollte. (CG) HIGHLIGHTS: REALITÄTEN 62 Sie ist omnipräsent, die neue Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. So taucht sie nun auch im Videospiel „Liebesgrüße aus Moskau“ auf, allerdings fast gänzlich ohne politischen Hintergrund. Es ging um die Steigerung ihrer Sympathiewerte. Im Zuge einer von langer Hand geplanten Kampagne zur Kontaktaufnahme mit der Jugend hatte die CDU den Publisher Electronic Arts überredet, ihre beste Kraft ins Spiel zu integrieren, gegen Zahlung einer niedrigen sechsstelligen Summe. Das Beste: Sie mussten nichts ändern. Bösewichtin Rosa Klebb (brillant im Original: Lotte Lenya) sieht nämlich fast genauso aus wie Angela Merkel, wenn ihr die Partei-Werber nicht gekonnt die Falten wegretuschieren. Nur noch schnell zur Sicherheit: Die Geschichte ist natürlich ausgedacht. (CG) 63 HIGHLIGHTS: REALITÄTEN In-Game-Marketing ist eine heiße Sache. In einigen Jahren wird es gutes Geld einbringen, Bandenwerbung in Renn- oder Sportsimulationen zu verkaufen. Mit Glück geht es auch kostenlos, wie der Gabelstapler- und Kehrsaugmaschinenhersteller Huffer & Söhne aus Saarlouis feststellen durfte. Deren knallgelber Firmen-Transit wurde öfters an befreundete Nürburgring-Fans verliehen, wenn die zum 24-Stunden-Rennen an den Ring wollten. Im Jahr 2003 dann wurde der alte Transit von einer Gruppe japanischer Touristen geknipst. Dachten die Ring-Fans jedenfalls. Bis zu dem Tag, als einer von ihnen „Gran Turismo 4 Prologue“ kaufte und auf der Strecke Citta di Aria seinen Augen nicht traute. Da stand er plötzlich: der gelbe Ford Transit aus Saarlouis, inklusive kompletter Werbebemalung. (CG) POPWISSEN FERTIG, AUSGEBRANNT OBI-BART KENOBI HIGHLIGHTS: POPWISSEN 64 Unter Burnout (englisch für Ausbrennen) versteht man allgemein die negativen Folgen einer beruflichen Überlastung. Die durchschnittlichen Burnout-Patienten sind gemütsmäßig erschöpft, innerlich völlig distanziert und können keine Leistung mehr im Job bringen. Das Burnout-Syndrom gilt mittlerweile als komplexes Krankheitsbild, das zwar immer mehr Betroffene belastet, aber weiterhin nur zögerlich erforscht wird. Wie genau es zum Burnout kommt, ist daher absolut strittig. Aber hohe Arbeitsbelastung, schlechte Arbeitsbedingungen, permanenter Zeitdruck, schlechtes Betriebsklima, Nacht- und Schichtarbeit oder Hierarchieprobleme gelten vielen Wissenschaftlern und Medizinern als mögliche Auslöser. Also, immer brav aufpassen, dass man ausgeglichen arbeitet. [CG] ZEITUNGSKIOSK Der Avatar, laut Wikipedia.de ein „grafischer Stellvertreter einer echten Person in der virtuellen Welt“. Durch Gesichtseditoren oder gar Facemapping per „EyeToy“ bietet sich heute die Möglichkeit, das eigene Gesicht ins Spielgeschehen einzubringen. Aber was tun, wenn ein Titel wie „The Sith Lords“ nur ganze 16 Standardportraits für den männlichen Charakter bereithält? Der echte Fan lässt wachsen! (KH) INNERE WERTE Nur gut, dass Männer verschiedene Frauenbilder haben. Schön zu sehen, dass es sich unter männlichen Designern und PR-Experten durchsetzt, dass die inneren Werte einer Frau wichtiger sind als ihr Aussehen. Der Beweis hierfür ist auf der Presse-CD von „Prince of Persia“ zu finden. Genau 211,3 MB groß ist das weichgezeichnete Werk mit dem poetischen Namen „kaileena-thinking.psd“. Wenn Frauen beim Denken nur immer so aussehen könnten ... (CG) Hideo Kojima ist offenkundig ein belesener Mann. Auch in „MGS 3“ liegen zahlreiche Magazine herum. Darunter findet sich erstaunlicherweise auch eine Ausgabe des Magazins „stern“. Hefte fungieren im Spiel übrigens auch als „Waffe“. Vereinzelt kann man ansprechend illustrierte Herrenmagazine finden und einsammeln, die, an der richtigen ausgelegt, die Aufmerksamkeit der Wachen erregen. (CG) MERKWÜRDIGES VERHALTEN AN DER GRASHALMSPITZE Die menschliche Kreativität in allen Ehren, die wirklich abscheulichsten Wesen erfindet noch immer die Natur. Kein Wunder, dass die „Resident Evil“-Entwickler bei ihrem neusten Schauermärchen ein reales Vorbild abgekupfert haben. Der Parasit, der die Menschen in dem Gruselschocker gefügig macht, hat nämlich die drei realen Vorbilder „Dicrocoelium“, „Galactosomum“ und „Leucochoridium“. Alle drei haben einen komplexen Lebenszyklus gemeinsam, der sie immer wieder durch verschiedene Lebewesen führt. Der Leber-Egel Dicrocoelium etwa sorgt als Larve in der Ameise für eine Verhaltensänderung, die sie dazu bringt, sich in der Reichweite von Schafen und Rinder an der Spitze von Grashalmen festzubeißen. Im Endwirt Schaf kann dann der Egel seinen Lebenszyklus vollenden. [KM] UH DWX XU1 <R ,WiV QFSBUJ *O,PP PONJU 8JMMLPNNFOBVG&VSPQBTHSÄTTUFS&SMFCOJT NFTTFGÊS(BNFTJOUFSBLUJWF6OUFSIBMUVOH XXXHDHFSNBOZDPN 3J´^MIPPI1IHMIRTEVXRIV (".&4$0/7&/5*0/ KRITIK PREY ROCKSTAR TISCHTENNIS CHROMEHOUNDS HERR DER RINGE: SUM 2 HALF-LIFE 2: EPISODE 1 LOCO ROCO NEW SUPER MARIO BROS. GTA: LIBERTY CITY STORIES LIVE ARCADE PREY PRÄDIKAT für ein en wah en rha ich tre eis ft g r ote Sho 67 Angekündigt Mitte der 90er Jahre von den „Duke Nukem“-Machern 3D Realms, wurde „Prey“ 1998 bei den ewig Verspäteten erstmal eingestellt. Begründung: Man wolle sich mehr auf „Duke Nukem Forever“ konzentrieren, dass nun nach weiteren acht Jahren nicht ansatzweise veröffentlichungsfähig ist. Doch 3D Realms sah das Potenzial der „Prey“-Idee und setzte die Rune-Macher auf das ungewöhnliche Projekt an. Eine gute Wahl, denn Human Heads gelang es nur eineinhalb Jahre nach der Ankündigung, „Prey“ fertig zu stellen und nun einen der besten Egoshooter überhaupt abzuliefern. Während Titel wie „Doom“ und „Quake 4“ mit Protagonisten arbeiten, die als Soldaten geradezu verpflichtet sind, wahre Helden zu sein, spielen bei richtigen Meisterwerken wie „Half-Life“ und „Far Cry“ eher Nobodys die Hauptrolle. Sie wollen keine Welten retten oder Ruhm erlangen, sondern nur aus der großen Scheiße raus, in die sie hineingeraten sind. Ähnlich ergeht es auch Tommy, dem Hauptdarsteller von „Prey“. Der Cherokee will nach seinem frustrierenden Armeedienst zusammen mit seiner Freundin Jen einfach nur aus seinem Reservat abhauen. Doch das Schicksal hat eine andere Aufgabe für den Indianer, denn seine Geliebte, sein Großvater und er selbst werden zur Weiterverarbeitung in ein gigantisches Raumschiff entführt. Leider erkennen die Entführer zu spät, dass der Indianer, den sie zu Alien-Schnitzel verarbeiten wol- len, ein ehemaliger US-Ranger ist, der außerdem mit schamanistischen Kräften ausgestattet ist. Diese Kräfte, kombiniert mit organischen Waffen und den Besonderheiten des organischen Raumschiffs, machen aus „Prey“ ein außergewöhnliches Shootererlebnis, das sich deutlich von der Konkurrenz abhebt. Vor allem Tommys’ Fähigkeit, die Astral-Ebene zu betreten, machen aus dem geradlinigen Shooter ein rätsel-geladenes Action-Adventure, das durch die Kombination der verschiedenen Elemente immer fordernd bleibt. Wirklich einmalig sind auch die Wandwalk-Felder und die Schwerkraft-Umwandler, die es ermöglichen, an der Decke zu gehen und auch die Schwerkraft in die gewünschte Richtung zu lenken. Im Laufe des Spiels muss dann noch ein Shuttle geflogen und Endgegner mit ganz speziellen Taktiken besiegt werden. So viel Abwechslung gab es seit „Half-Life 2“ nicht mehr. Doch nicht nur die inneren Werte von „Prey“ begeistern, auch optisch setzt der Titel trotz der schwer zu handhabaren „Doom 3“-Engine Maßstäbe. Einige Oberflächen wirken zwar wie bei „Quake 4“ direkt aus Doom importiert, aber gerade zum Ende hin wird eine bombastische Kulisse geliefert, die in ihrer epischen Brillanz selbst „Half-Life 2“ hinwegfegt. (KM) KRISTIAN METZGER OS DA, TOMMY! Eigentlich ist gut (Os da, Cherokee-Sprache) nicht die richtige Bezeichnung für diesen erstklassigen Sommer-Hit. Da meine Recherchen aber nur diese Floskel zu Tage förderten und ich unbedingt als Neunmalkluger dastehen möchte, muss ich mich bei Human Heads mit diesem stümperhaftem Cherokee-Wortspiel bedanken. Neben dem genialen Gameplay und der phantasievollen Grafik haben mich vor allem die glaubhaften Charaktere und der schwarze Humor begeistert, der immer wieder das Spielgeschehen auflockert, ohne die Atmosphäre zu zerstören. Zum Beispiel übergibt sich Tommy, nachdem der Spieler ein paar Mal die Schwerkraft umgelenkt hat und kommentiert das Geschehen mit ein paar satten Kraftausdrücken. Gerade im Gegenzug zum gesichtslosen „Doom“-Helden ein erfrischendes Erlebnis. Deshalb muss der Ideenreichtum von Human Heads mit einem Erfolg belohnt werden, also schön zum Händler rennen und kaufen. KRITIK SYSTEM: PC, XBOX 360 HERSTELLER: HUMAN HEADS, 2K GENRE: EGOSHOOTER RELEASE: ERHÄLTLICH ONLINE: JA ROCKSTAR GAMES PRÄSENTIERT TISCHTENNIS KRITIK 68 SYSTEM: XBOX 360 HERSTELLER: ROCKSTAR, TAKE 2 GENRE: SPORT RELEASE: ERHÄLTLICH ONLINE: JA Nachdem „Rockstar Games präsentiert Tischtennis“ nun eine Weile auf dem Markt ist, ließ sich endlich auch der Onlinemodus ausgiebig testen und damit der Kern des Spiels. Vor allem das Balancing der Spieler wird im Netz auf Herz und Nieren geprüft, schließlich sieht man, wer mit welchem Profi unterwegs ist und welcher Spieler links liegen gelassen wird. Auch die unterschiedlichen Spielmodi und die selbst hostbaren Turniere sind erfreulicherweise gut aufgenommen worden. Allen Unkenrufen der Journaille zum Trotz ist „Rockstar Games präsentiert Tischtennis“ ein großer Erfolg geworden. Gerade weil das Spiel gekonnt Next-Generation-Grafik mit einem simplen Spielprinzip kombiniert, bietet es Einsteigern wie Fortgeschrittenen gleichermaßen ein hervorragendes Gameplay und fordernde Zweikämpfe. Rockstar beweist damit, dass nicht immer nur komplexe Brocken wie „Elder Scrolls IV: Oblivion“ produziert werden müssen, sondern dass auch ein kleines Spielchen zwischendurch mehr als nur ein bisschen Spaß machen kann. Wer mehr möchte, bekommt nach dem knackigen Einzelspielermodus noch einen fordernden Onlinemodus geboten. Die in der Preview-Version monierte Dominanz des schwedischen Top-Spin-Meisters Jesper reduziert sich im Internet gewaltig. Für Einsteiger bietet der kräftige Schwede zwar immer noch das beste Paket, aber gerade im High-End-Bereich können auch Spezialisten wie Luc und Jürgen hervorragend punkten. Da die Spieler aber in der ersten Zeit mit Jesper die besten Ergebnisse erzielen, trifft man immer noch häufig auf den starken Schmetterkönig. Wer aber die Herausforderung sucht oder aber nur etwas Sinn für Ästhetik besitzt, versucht es mal mit einer der süßen Damen, die mit ein wenig Übung nicht nur optisch eine gute Figur machen. Doch zurück zum Online-Modus, der neben klassischen Freundschaftsspielen auch Ranglistenkämpfe und die spaßigen Spieler-Turniere bietet. Dank des Trueskill-Systems wird die Spielfähigkeit schnell analysiert und man bekommt meistens einen passenden Spieler zugeteilt. Außerdem zählen auf diese Art und Weise Kämpfe gegen starke Gegner mehr als reines Opferbashing. Das System funktioniert zwar nicht immer perfekt, sorgt aber zumindest für Gerechtigkeit und lässt auch Gelegenheitsspieler Höhenluft schnappen. An der hervorragenden Grafik und der einmaligen Spielbarkeit hat sich sowieso nichts geändert, allein der hammerharte und damit sehr extensive Einzelspielermodus soll nicht unerwähnt bleiben. Als Training für den Onlinemodus perfekt gemacht, für Einsteiger aber ein ganz ziemlich harter Brocken. Da bleibt nur eines übrig: üben, üben, üben! (KM) KRISTIAN METZGER VORTEIL SCHWEDEN Auch wenn wir bei der Fußballweltmeisterschaft die Skandinavier überzeugend nach Hause geschickt haben, an der Tischtennisplatte sind uns die kräftigen Nordländer trotzdem immer noch überlegen. Im Profi-Bereich ist „Rockstar Games präsentiert Tischtennis“ zwar perfekt ausbalanciert, doch das schnelle Spiel Jespers sorgt am unteren Ende für eintönige Spielerpaarungen. Mauerspezialist Jürgen oder der Effet-Meister Luc erfordern eine längere Einspielzeit. Wer durchhält und auch einen der anderen Spieler meistert, bekommt ein perfektes Online-Vergnügen geliefert, das gerade für ein kurzes Spiel zwischendurch perfekt geeignet ist. Angehende Tischtennis-Profis bekommen garantiert monatelangen Spielspaß und sollten sich vielleicht bei den Rockstar-Meisterschaften in Leipzig versuchen, für die es bei unserer nächsten Party eines der begehrten Tickets zu erspielen gibt. 69 Wir laden euch am 22.07.2006 ab 17 Uhr zum Elektro-Beach-Tischtennis-Turnier in die unique Open-Air-Location SCHÖNWETTER* (Bernauerstr. 63) am Mauerpark in Berlin ein. Startschuss zum Turnier ist um 18 Uhr. Da sich Tischtennis in den letzten Jahren zu der Trendsportart bei den jungen Erwachsenen entwickelte und mit „Rockstar Games präsentiert Tischtennis“ eine beeindruckende Umsetzung für die Xbox 360 veröffentlicht wurde, freuen wir uns riesig darauf, in Zusammenarbeit mit Rockstar alle fanatischen Tischtennis-Spieler und Zocker zum 1. ELEKTRO-BEACH-TISCHTENNIS-TURNIER herauszufordern. Die Besonderheit: Die Matches bestehen aus zwei Sätzen, einer real an der Platte, einer virtuell an der Xbox 360. Am Ende entscheidet der Punktegesamtschnitt. So kommt es nicht nur auf flinke Finger, sondern auch auf schnelle Füße an. Die Teilnehmerplätze sind rar. Nur acht Spieler können mitmachen. Anmeldungen sind per Mail bis zum 21.07.2006 an info@play-magazin.de möglich. Hieraus werden 7 Plätze ausgelost. Am Abend selbst wird noch eine Wildcard vergeben. Als Hauptgewinn winkt im Rahmen der „Rockstar Games präsentiert Tisch Tennis“-Tour eine Fahrt zur TischtennisMeisterschaft auf der Games Convention 2006 in Leipzig – als Ehrengast von Rockstar, inklusive Anfahrt, Übernachtung und Verpflegung. Schicke Tischtennis-Schläger von Rockstar, Bälle und Getränkegutscheine gibt es noch obendrauf. Wer keinen Startplatz bei unserem Turnier bekommt, kann sich noch bei 14 weiteren Stopps qualifizieren (darunter München, Nürnberg, Frankfurt, Hamburg, Köln). Die passenden Daten dazu gibt es wieder mal im Internet unter http://www.rockstargames.de/tischtennis/. Für die passende musikalische Untermalung und feinste Elektro-Beats sorgen der Chill-Out-Meister VALIS und der beliebte Schönwetter Resident-DJ und Pokerflat-Produzent KNIGGE. (KM) KRITIK [ple:] und Rockstar schicken einen Meister zur GC nach Leipzig 1. ELEKTRO-BEACH-TISCHTENNIS-TURNIER 2006 IN BERLIN CHROMEHOUNDS KRITIK 70 SYSTEM: XBOX 360 HERSTELLER: FROM SOFTWARE, SEGA GENRE: MECH-SIMULATION RELEASE: ERHÄLTLICH ONLINE: JA Battlemechs, Ravens, Vertical-Tanks, Exoskelette oder Hounds – die Namen der großen, oft zweibeinigen Kampfmaschinen sind unterschiedlich, ihr Einsatzgebiet, ihre Spielweise und ihre Erscheinung ähneln sich gewaltig. Vor allem japanische Entwickler wie From Software haben es trotz langer Tradition nicht geschafft, neue Ideen zu bringen. Die „Armored Core“-Reihe ist dafür ein Beispiel. Das im Kern hervorragende Spielprinzip wurde über Jahre hinweg nur noch marginal variiert und die Grafik seit mehreren Versionen schon gar nicht mehr angefasst. Kein Wunder also, dass der neueste Teil „Last Raven“ von der Kritik zerrissen wurde. Mit „Chromehounds“ versuchen die Entwickler nun, aus dem Todeskreislauf von Fan-Erwartungen und altem Spielsystem auszubrechen. Nicht nur die neue Spielumgebung, auch das Design der Kampfmaschinen wurde komplett neu aufgesetzt. Auf bekannte Formen wurde verzichtet und das Prinzip einer Waffenplattform auf absurde Weise maximiert. Statt schlanker Kampfmaschinen präsentiert der neue Mech-Shooter dutzende Waffen auf teils absurden Fahrgestellen. Doch nicht nur beim Design haben sich die Entwickler kräftig ins Zeug gelegt, auch beim eigentlichen Gameplay und vor allem bei den Online-Komponenten ist nur wenig von der Verwandtschaft zu „Armored Core“ zu spüren. Die neuen Elemente sind zwar größtenteils aus anderen Mech-Games wie „Mech Assault“ und „Steel Battallion“ entliehen. Das ist allerdings immer noch besser, als schwache eigene Ideen einzubringen. So ist der eigentliche Einzelspielermodus recht dürftig und dient im Prinzip nur als Training für den gewaltigen Onlinemodus. Immerhin wird die Hintergrundstory um die drei Kriegsparteien Tarakia, Sal Kar und Morskoj benutzt, die später im Live-Modus verwendet wird. Viele Überraschungen hält die Geschichte rund um eine Welt nach dem dritten Weltkrieg aber kaum bereit. Da bei jeder Mini-Kampagne die Partei gewechselt wird und die komplexe politische Lage auf dem fiktiven Kontinent Neronimus am Anfang nur schwer zu durchschauen ist, gelingt es einem kaum, mal so eben in das „Chromehounds“-Universum einzutauchen. Das ausführliche Training der Einzelspielerkampagne ist wichtig, da From Software bei der Ausrüstung und den Waffen einige neue Wege beschritten hat. Die Hounds sind nämlich nicht 71 Unterstützt wird diese Meinung durch den genialen Neronimus-Krieg. Die Piloten müssen sich in diesem Modus in einer ständig aktiven Onlinewelt für eine der drei vorherrschenden Parteien entscheiden und in Mehrspielerschlachten Gebiete sichern. Ähnlich wie schon bei „Steel Battallion“ bekommt der Sieger eine Prämie, für die er stärkere Waffen, Bauteile und Fahrgestelle bekommt. Die bessere Ausrüstung kann zwar am Ende einen kleinen Unterschied machen, hoffnungslos unterlegen sind neue Piloten aber auch mit den frei zugänglichen Standard-Hounds nicht. Am Ende entscheiden eben doch die Piloten-Fähigkeiten. Genau dieser Umstand könnte „Chromehounds“ zum Erfolg verhelfen, genau dort, wo „Steel Battallion“ versagt hat. Vor allem Neueinsteiger werden nicht verzweifelt das Pad wegwerfen, weil sie vom Gegner ohne Probleme nach wenigen Minuten eingedost werden. Überzeugend kommt auch die Präsentation daher. Selbst wenn die Umgebung manchmal recht karg wirkt, sorgen die Next-Generation-Effekte, die gewaltigen Explosionen und die detaillierten Modelle für große Zufriedenheit. Auch der Sound transportiert die brachiale Gewalt der Gefechte hervorragend und sorgt für Schlachtfeldatmosphäre. Auch die Story ist schön erzählt, obwohl manchmal etwas die Gesichter fehlen. Statt redender Köpfe gibt es nur Textboxen und Sprachausgabe. Dank netter Schnitte und schöner Kamerafahrten zwar immer noch besser als bei der Konkurrenz, trotzdem wäre hier mit etwas Mühe mehr drin gewesen. (KM) POPWISSEN HÄSSLICHE ENTLEIN Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, trotzdem erreichen die Roboterkonstruktionen bei „Chromehounds“ regelmäßig die Schmerzgrenze. Auch wenn die Konkurrenz bei keinem Schönheitswettbewerb gewinnt, sorgt das stimmige Design wenigstens nicht ununterbrochen für Brechreiz. Bestes Beispiel ist diese „schöne“ Scoutkonstruktion von „Chromehounds“, die neben dem schicken Über-Roboter Jehuty von „Zone of Enders“ wie ein aufgemotzter Staubsauger wirkt. Aber kein Sorge, mit etwas Sorgfalt und etwas Mühe entstehen auch bei Segas Meisterwerk ansehnliche Kampfmaschinen. (KM) KRISTIAN METZGER ONLINE MACHT DEN UNTERSCHIED Wer bei stampfenden Metall-Figuren einen Ausschlag bekommt, wird auch von „Chromehounds“ nicht bekehrt werden. Trotz aller Versuche, das Spiel allgemein zugänglicher zu machen, bleibt „Chromehounds“ im Kern eine Mech-Simulation. Ohne vernünftigen Radar, Zielhilfen und klare Missionsmarkierungen werden Anfänger schnell den Raketenwerfer ins Korn werfen. Wer sich aber auf das Spielprinzip einlässt und etwas Zeit investiert, bekommt einen hervorragenden Titel geliefert, der dank Xbox Live für Monate begeistern wird. Ohne Onlinemodus bleibt leider nur ein mittelmäßiger Einzelspielerspaß. Nur echte Mech-Fans sollten in dieser Situation zugreifen und dann vielleicht doch mit einem OnlineEinsatz liebäugeln. Das Spiel bedankt sich im Gegenzug mit packenden Kämpfen und einem genialen Teamerlebnis. Hoffentlich findet der Titel genug Fans, damit auf den Servern auch immer was los ist. KRITIK nur grob nach Gewicht und Geschwindigkeit in unterschiedliche Typen eingeteilt, sondern auch durch die Ausrichtung auf dem Schlachtfeld. Es gibt sechs so genannte Rollentypen, die vor allem später im Mehrspielermodus besetzt werden müssen. Jeder Typ hat eine eigene Einzelspielerkampagne, die vom Grundtraining bis zu groß angelegten Schlachten alles beherbergt. Allein gegen andere Hounds tritt der Spieler nur selten an. Grundsätzlich ist es möglich, auch eine Kampfmaschine zu bauen, die sich in mehreren Bereichen zu Hause fühlt. Einige Rollen schließen sich aber grundsätzlich aus. Obwohl dieses gelungene System bei den Einzelspielerkampagnen fast nutzlos ist, funktioniert es im Multiplayer hervorragend. Da die Server nicht für die Öffentlichkeit zugänglich waren, fehlt zwar noch der abschließende Härtetest, die ersten Kämpfe beweisen aber, das online das meiste Potenzial in dem Titel steckt. HERR DER RINGE: SCHLACHT UM MITTELERDE 2 KRITIK 72 SYSTEM: XBOX 360 HERSTELLER: ELECTRONIC ARTS GENRE: ECHTZEITSTRATEGIE RELEASE: ERHÄLTLICH ONLINE: JA Angst prägt den Spieler, bevor er die DVD zu „Der Herr der Ringe: Die Schlacht um Mittelerde 2“ in die Xbox 360 wirft. Allerdings nicht etwa Angst vor den grausamen Schergen von Sauron, sondern die Furcht davor, dass der Transfer eines erfolgreichen Echtzeitstrategietitels vom PC auf die Xbox 360 zu einem epischen Desaster geworden ist. Bereits nach wenigen Spielminuten jedoch Entwarnung: Hier haben sich die richtigen Leute die richtigen Gedanken gemacht. Gerade die Steuerung funktioniert erstaunlich gut und ermöglicht es, bereits nach kurzer Zeit die wichtigsten Kommandos sicher und nachvollziehbar auszuführen. Wer allerdings denkt, er könne ohne viel Auseinandersetzung mit dem im Detail dann doch ziemlich umfangreichen System langfristig bestehen, der ist auf dem Holzweg. „Der Herr der Ringe: Die Schlacht um Mittelerde 2“ ist ein hochkomplexes Strategiespiel, das wesentlich mehr Anforderungen an die Button-Konfigurations-Merkfähigkeit eines Spielers stellt als jedes andere Spiel für die Xbox 360. Doch die Auseinandersetzung lohnt sich – und nicht nur für Fans des Genres. Allein der Einzelspielermodus bietet Spaß und herausfordernde Missionen für viele Tage. Auf dem höchsten der drei Schwierigkeitsgrade (der aber erst als kampferprobter Könner angangen werden sollte) sind taktische Fähigkeiten und die perfekte Beherrschung der Steuerung nötig, um den cleveren Gegner in die Knie zu zwingen. Wahlweise darf man in der Einzelspielerkampagne die Guten oder die Bösen spielen. In der Dialektik vonn Herr Tolkien also entweder einen strahlenden oder einen dunklen Helden ins Feld führen. Als spielbare Helden stehen alle üblichen Verdächtigen zur Verfügung. Sie lassen sich in den Kampagnen zu wahrhafter Größe und Kampfkraft heranzüchten. Die Einzelspielerkampagne entspricht inhaltlich der im März erschienen PC-Version und ist das beste Training, um sichere Padkontrolle zu erlangen und Strategien für den Onlinekampf zu testen. Im Prinzip dreht sich natürlich alles immer wieder um das Aufbauen von Armeen und deren Fähigkeiten, das Ausbauen der eigenen (frei platzierbaren) Basis und um die irgendwann zwingende Konfrontation mit dem Gegner. Von der CPU gesteuert verhält sich dieser nicht selten clever und ist schwer ausrechenbar. Richtig fies allerdings wird es erst, wenn „Der Herr der Ringe: Die Schlacht um Mittelerde 2“ online gegen „echte“ Gegner gezockt wird. Fünf Spielmodi hält der eigens entwickelte Xbox-Live-Part bereit: Versus, King of the Hill, Capture and Hold, Resource Race und Hero vs. Hero. Bis zu vier Spieler können gegeneinander antreten, entweder jeder gegen jeden oder zu zweit in Teams. (CG) CHRISTIAN GACA IM STRATEGO-GENRE TUT SICH WAS – ENDLICH! Stratego-Fans ohne PC mussten lange Zeit ausharren. „Command & Conquer“ oder „Age of Empires“, die letzte Generation guter Echtzeitstrategiespiele liegt schon lange im virtuellen Grab und ruht in Frieden. Mit „Der Herr der Ringe: Die Schlacht um Mittelerde 2“ tut sich nun – endlich – etwas im Genre. Und obwohl das Spiel „nur“ eine Umsetzung der PC-Version ist, siegt es auf ganzer Linie. Tolle Grafik, sehr intuitive Steuerung, abwechselungsreiche Kampagnen im Einzelspielermodus und eine fabelhafte Xbox-Live-Anbindung machen das Spiel zu einem Must-Have. Allerdings sollte man etwas Zeit mitbringen, gerade als Genreneuling oder Gelegenheitsstratege. Denn die Komplexität der Steuerung im Detail fordert erhöhte Aufmerksamkeit. Wer sich die Zeit nimmt und Tribut zollt, wird mit vielen Stunden erstklassiger Unterhaltung im wunderbar inszenierten Tolkien-Universum belohnt. HALF LIFE 2: EPISODE 1 73 Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, bis auch bei Games der Spielspaß in Serie salonfähig wird. Der Erfolg von modernen TV-Formaten wie „24“, „Six Feet Under“ oder „Desperate Housewives“ hat es vorgemacht. Mit Hilfe der digitalen Distributionskanäle streben nun Studios wie Valve oder aber die Macher von „Battlefield 2“ danach, Projekte in mehreren Teilen zu veröffentlichen. Der Nutzen für die Entwickler ist klar: Durch das Häppchenformat können Investitionen eingespielt und die Technik kontinuierlich verbessert werden. Der Spieler soll auf der anderen Seite von seinem Lieblings-Franchise nicht nur alle paar Jahre, sondern im Abstand von wenigen Monaten etwas Neues in die Hände bekommen. Klar freut sich jeder, statt nach sieben Jahren nun schon nach 18 Monaten mit Gordon Freeman in die Welt von „Half Life“ zurückzukehren. Doch ein knapp vierstündiges Intermezzo wie „Half Life 2: Episode 1“ befriedigt die Sucht nur vorübergehend. Die neuen Grafikeffekte und vor allem die ständige, umwerfend charmante Begleiterin Alyx sorgen zwar von Anfang an für Begeisterung. Doch neue Waffen, innovative Spielelemente und Aufsehen erregende Gegner finden sich leider keine. Der Beginn mit der Rettung durch die Vortegons und die ersten Szenen mit Alyx sind zumindest erzählerisch hervorragend gelöst. Spielerisch wurden die Physik-Rätsel in der Zitadelle zu sehr in die Länge gezogen, erst am Ende stimmt die Mischung wie- der und es wird viel Abwechslung geboten. Der maßgebliche Motivationsfaktor ist und bleibt Alyx. Dank weiter verbesserter Technik wirkt die ständige Begleiterin noch lebensechter und es macht richtig Spaß, sie beim Agieren zu beobachten. Doch nicht nur äußerlich gibt sie eine perfekte Figur ab. Auch ihre Künstliche Intelligenz setzt Zeichen. Erstmals hat man wirklich das Gefühl, mit einem lebenden Partner durch die Levels zu ziehen, der nicht nur vernünftig schießt, sondern auch Gordon immer zum Lachen bringt. Dieses Zusammenspiel kann man getrost als einzige wirkliche Innovation von „Half Life 2: Episode 1“ bezeichnen. Der neue Gegnertyp, eine Kombination aus Combine und Zombie, bietet kaum Überraschungen und erinnert zu stark an die schnellen Zombie-Kollegen. Auch bei der Optik gibt es vor allem für Besitzer von „Lost Coast“ kaum Überraschungen. Trotzdem ertappt man sich immer wieder beim Staunen, denn sowohl bei den Effekten, als auch bei der Architektur und der Bildkomposition haben die Designer erstaunliches geleistet. Jeder Level wirkt wie aus einem Guss. Die einzelnen Details fügen sich perfekt zusammen und lassen all die guten Erinnerungen an den Vorgänger wach werden. (KM) KRISTIAN METZGER VERLIEBT IN ALYX Kunstfiguren wie Lara Croft haben mich immer kalt gelassen, doch bei Alyx war es Liebe auf den ersten Blick. Die Dame besitzt nicht nur einen entwaffnenden Humor und eine fantastische Ausstrahlung, sondern außerdem eine solch einmalige Mimik, dass man schnell vergisst, dass sie nicht aus Fleisch und Blut ist. Wenn sie erschöpft an die Wand sinkt, möchte man ihr aufhelfen, sie umarmen und ihr sagen, dass alles wieder gut wird. Dieses Erlebnis macht „Half Life 2: Episode 1“ trotz vieler Wiederholungen einmalig und ist ganz sicher auch 20 Euro wert. Trotzdem bleibt der Spieler unbefriedigt zurück, denn kaum wurde „Half Life“-Atmosphäre geschnuppert, ist der ganze Spuk auch schon wieder vorbei. Ich hoffe, die nächste Episode kommt etwas zügiger, denn die Entzugserscheinungen sind kaum auszuhalten. Ach so: Alyx, ich liebe dich! KRITIK SYSTEM: PC HERSTELLER: VALVE, ELECTRONIC ARTS GENRE: EGOSHOOTER RELEASE: ERHÄLTLICH ONLINE: JA LOCO ROCO PRÄDIKAT für eno rm un fre he dlic d sc s un hic D kes esig n KRITIK 74 SYSTEM: PSP HERSTELLER: SONY GENRE: GESCHICKLICHKEIT RELEASE: ERHÄLTLICH ONLINE: NEIN Ein Meteorit aus dem Weltall, finstere Invasoren und ein Einzelkämpfer, der die Welt retten muss – eigentlich alles Zutaten für einen klassischen Science-Fiction-Shooter. Doch Sony hat daraus eine psychedelische Mischung aus „Katamari Damacy“, „Super Mario World“ und „Yoshi’s Universal Gravitation“ gemacht. Denn die bösen Außerirdischen sind keine finsteren Monster, sondern fliegende, schwarze Wischmops, die mit Vorliebe so genannte Loco Rocos essen. Die knuffigen Wesen scheinen gegenüber der Invasion der Moiyas hilflos zu sein. Dabei wollen sie doch nur den ganzen Tag spielen und singen. Nun schließen sie sich zusammen, um ihren Planeten vor dem Untergang zu retten. Das Spielprinzip ist dabei wie jede gute Idee einfach und fesselnd. In der Mitte des Bildschirms grinst dem Spieler ein singender Klops in einer bunten 2D-Umgebung entgegen, der nur dadurch bewegt werden kann, dass die komplette Umgebung gekippt wird. Mit einem Druck auf eine Schultertaste setzt sich der Loco Roco der Schwerkraft folgend in Bewegung. Durch das gleichzeitige Drücken beider Knöpfe springt die Kugel. Nun muss man im Prinzip nur das Ende des Levels erreichen, ohne dass spitze Gegenstände oder aber die Moiyas den Umfang des Loco Rocos dezimieren. Durch das Verspeisen von Blumen wächst der kleine zu einem riesigen Klops heran. In bestimmten Situationen muss der Klops-Haufen dann wieder geteilt werden, um versteckte Passagen zu erreichen oder sich durch Engpässe zu drücken. Zusätzlich zu diesen Grundfunktionalitäten gibt es viele kleine, gelungene Spielelemente, die aus diesem einfachen Spiel ein Wunder aus Abwechslungsreichtum und Spielwitz machen. Dabei wird aber nicht nur spielerisch erstklassiges Design geboten. Die wirklich einmalige, niedlich-stylische Präsentation macht aus den spaßigen Geschicklichkeitsübungen erst ein doch ziemlich perfektes Meisterwerk. Die zweidimensionale Comic-Grafik ist nämlich nur auf den ersten Blick anspruchslos. Vor allem der Loco Roco selbst begeistert mit witzigen Animationen und gelungenen Partikel-Effekten. Der Klops passt sich organisch dem Untergrund an, wird durch einen speziellen Vogel in die verschiedensten Formen gepresst und singt dabei ununterbrochen die eingängige Hintergrundmusik. Bei bestimmten Aufgaben wird diese Darbietung aber nochmals um Längen übertroffen. Wenn die hilfreichen Bewohner geweckt werden müssen, teilt sich der Loco Roco in seine Bestandteile und die Truppe schmettert ein herzerweichendes Liedchen. Das ist so urkomisch, dass man selbst beim zehnten Mal noch herzhaft lachen muss. (KM) . KRISTIAN METZGER MEIN FREUND DER SINGENDE KLOPS Nicht nur wegen meines eigenen Körperumfangs habe ich die Loco Rocos sofort ins Herz geschlossen. Die kleinen, kugelrunden Kerle überzeugen nicht nur mit ihrem hohen Showwert, sondern auch mit einem genial einfachen Spielprinzip. Schon nach wenigen Minuten ist die Steuerung ins Blut übergegangen, die kniffligsten Manöver gelingen aber erst nach einigen Stunden. Vorbildlich auch die ständige Erweiterung mit neuen Elementen. Selbst im letzten Spieldrittel sorgen immer wieder neue Herausforderungen für Abwechslung. Kombiniert mit der knuffigen Präsentation bietet der Titel alles, was sich ein Fan ungewöhnlicher Spielkonzepte wünscht. Selbst überzeugte Nintendo-DS-Fans dürften erstmals wirklich neidisch zur PSP rüberschauen. PSP-Besitzer freuen sich, dass Sony endlich mal wieder einen echten System-Seller veröffentlicht. NEW SUPER MARIO BROS. 75 Dass Nintendo über die Jahre nicht nur eines der innovativsten, sondern auch eines der markenbewusstesten Unternehmen geblieben ist, beweisen der immer wiederkehrende Klempner Mario und seine Gefolgschaft. Die guten Gene der KlassikerVersionen von „Super Mario Bros. 3“ oder „Super Mario World“ wurden nun genommen und neu zusammengemixt, zu „New Super Mario Bros.“. Resultat ist ein klassischer Jump’n’RunTitel, spielerisch beheimatet in der zweiten Dimension, optisch aber mit wunderbaren 3D-Charakteren verziert. Mario und seine Gegner sind nicht mehr „nur“ kleine Pixelhaufen, sondern erwachsen gewordene Spielecharaktere, die detailreich animiert durch die frisch designten Levels flitzen. Acht Welten gilt es zu bezwingen, um Prinzessin Toadstool aus den Fängen des ewigen Widersachers Bowser zu befreien. Schnellspieler merken dabei schnell, dass sie nach dem Durchspielen höchstens 70 Prozent der Levels überhaupt betreten haben. Der Rest lässt sich nur durch intensives Suchen nach versteckten Warp-Röhren in den Levels betreten. Zweite Möglichkeit ist das Sammeln großer Münzen, die in den Levelauswahlmenüs versteckte Wege eröffnen. Zudem gibt es einen wirklich tollen Versus-Modus, in dem zwei Spieler mit Mario und Luigi gegeneinander antreten. Vieles kommt alten Hasen trotzdem mehr als nur bekannt vor. In der Tat sind komplette Levelsequenzen konzeptionell den alten Titeln entliehen. Gen Ende warten aber auch völlig neue Level, die qualitativ genauso ausgeklügelt daherkommen, wie ihre alten Bekannten. Mario selbst verhelfen nun Sprünge gegen Wände zu neuen Höhen, auch die beliebte Arschbombe zum Stein zerstören fehlt nicht. Die Drogenanalogie der Mario-Brüder ist bekannt und wird durch den Einsatz der neuen Supersize-Mushrooms untermauert. Der Konsum dieser orangefarbenen Riesenpilze sorgt dafür, dass Mario selbst temporär zum Riesen wird und in bester Godzilla-Manier grandios animiert durch die Level wütet und alles niederstampft. Bis auf diese große Neuerung sind es zumeist kleine Modifikationen, die das fast perfekte Gameplay vorantreiben. Solcherlei Kleinigkeiten allerdings machen „New Super Mario Bros.“ eben auch besonders gut. Klappt man den Nintendo DS einfach zu, schaltet er in den Stromsparmodus und Mario verabschiedet sich artig mit einem „Bye Bye“. Klappt man ihn auf, flötet er einem ein fröhliches „It’se me … Mario“ entgegen. (CG) CHRISTIAN GACA ALTE BRÜDER IM ZEITGEMÄSSEN GLANZ Einem gestandenen Mario-Fan kommen viele Sequenzen von „New Super Mario Bros.“ natürlich zwangsläufig sehr bekannt vor. Been there, done that. Kaum ein Spiel habe ich intensiver erlebt als „Super Mario World 3“ und das erste Mario für den Gameboy. Im Remake für den DS finden sich starke Anleihen aus beiden Titeln, sowohl beim Gameplay als auch in Sachen Optik. Dennoch ist „New Super Mario Bros.“ ein eigenständiges, ein tolles Spiel. Zwar macht es vom Dual- und TouchscreenPrinzip des DS wenig Gebrauch, was sich ehrlich gesagt aber auch eher nicht aufdrängt. Dafür wird die Rechenpower des kleinen DS (den es übrigens seit kurzem in der wahrhaft superschicken Lite-Version gibt) ausgereizt, um die alten Brüder in einem zeitgemäßen Glanz erstrahlen zu lassen. Trotz wenig substanziell Neuem ein grandioses Spiel, das sich wie kaum ein anderes dafür eignet, mobil gezockt zu werden. KRITIK SYSTEM: NINTENBDO DS HERSTELLER: NINTENDO GENRE: JUMP’N’RUN RELEASE: ERHÄLTLICH ONLINE: NEIN GTA: LIBERTY CITY STORIES KRITIK 76 SYSTEM: PLAYSTATION 2 HERSTELLER: ROCKSTAR GAMES GENRE: ACTION-ADVENTURE RELEASE: ERHÄLTLICH ONLINE: NEIN Damals, GTA am PC - das war groß! Welche unbeschreiblichen Gefühlswelten durchlebte ich, wenn der gelbe Flitzer in die Jogger-Sekte brauste. Natürlich ist das schon lange her. Hiernach platzierte Take 2 einen Verkaufsschlager nach dem anderen in den Charts, aber ich schaute großzügig über die vermeintliche dreidimensionale Mode-Erscheinung hinweg. Mit dem ersten mobilen Abenteuer riskierte ich einen Blick auf Grand Theft Auto: Liberty Stories. Es fühlte sich nett an, aber die Steuerung mit dem Analog-Knubbel der PlayStation Portable konnte keinen Blumentopf gewinnen. Den Geldmachern von Take 2 muss man dafür danken, dass die PSP-Version des zu ihren Wurzeln auf die PS 2 zurückkehrt. Mein erstes Mal, und nach nicht mal fünf Minuten bekomme ich alte Vorurteile über PS2 taufrisch um die Ohren gehauen zu bekommen. Vor allem optisch schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Nach anfänglichem Frust fand ich allerdings erstaunlich schnell Zugang in die kleine, große Welt von Liberty City. Der Stadtteil Portland, in dem ich völlig ungezwungen meine Karriere bei der Leone Familie startete, bewies, dass die Anzahl der Polygone und Atmosphäre keinesfalls im Zusammenhang stehen müssen. Unerwartete Detailverliebtheit überraschte mich an vielen Stellen. Ich meine keineswegs die Fähnchen, Mülleimer und Hydranten. So etwas bekommt jeder leicht in eigene Produkte kopiert. Ein übersichtlicher und dennoch abwechslungsreicher Stadtaufbau ist dafür etwas besonders. Ich könnte dröge vom Leveldesign sprechen, aber in dem Moment, wo ich mich dabei ertappe, einfach nur mit der Harley und den Radioklängen von Flashback FM im Ohr dem Sonnenuntergang entgegen zu reiten, ist klar, dass solche Worte dem Spiel nicht gerecht werden. Die Geschichten tragen übrigens auch zum gelungenen Spielgefühl bei. Ans Herz gewachsen ist mir Maria, ein lebhaftes Mädchen. Ihr Kerl, ein alter Fettsack namens Salvatore, sagte einmal über sie: „Ich wollte eine Schlampe, bekommen hab‘ ich eine Nutte.“ Maria braucht vermutlich nur jemanden, mit dem sie über ihre Probleme reden kann. Ich helfe ihr da gern. Ihr Mann ist Obermacker bei den Leones. Dem helfe ich ebenfalls ab und zu aus. Irgendwann werfe ich den ganzen Mist hin, raube Maria und gründe meine eigene Familie. Bestimmt. (ME) MARTIN EISER SPIEL FÜR DEN KERN, SPIEL FÜR DIE MASSE Ein Spiel für den Kern, ein Spiel für die Masse. Es gibt so irrsinnig viele Elemente, die positiv auffallen, wie zum Beispiel das grandiose Radio oder der praktische Vorteil, sich bei Versagen direkt mit dem Taxi vom Kitchen oder Krankenhaus zum Missionsanfang fahren zu lassen. Das sind Dinge, die erst angekreidet werden, wenn sie in einem anderen Spiel fehlen. Mich hat lediglich gestört, dass ich Gebäude nicht einfach betreten konnte, auch wenn ich gern wollte. So war eben die Straße mein Zuhause. Die Grafik ist mir inzwischen ehrlich gesagt Schnuppe. Und nur ein paar freie Minuten reichen, um täglich ein paar Runden zu drehen oder die andere oder andere Aufgabe zu erfüllen – bis irgendwann alle Geschichten erzählt sind. Früher habe ich Freunde für derartige Banalitäten wie „Cruisen“ verurteilt. Aber es wirkt. GTA: Liberty City Stories gehört angespielt. Mindestens! LIVE ARCADE 77 PAC-MAN NAMCO/BANDAI, JULI 2006 Der zweite Nochmal-Re-Release-Kandidat von Namco ist „Pac-Man“. Auch hier gilt: absolut gar nichts Neues los in PacLand. Dummerweise wurde nicht einmal ein Mehrspielermodus eingebaut, für den alleine vermutlich nicht nur ich gerne 800 Points bezahlt hätte. So frisst man wie gehabt alleine Dot für Dot weg und flüchtet vor den nimmermüden Geistern, die Level um Level agiler und penetranter werden. So kann sich der geneigte Zocker der Jagd nach dem perfekten Spiel widmen: 255 Level ohne jemals gefressen zu werden, dabei alle Boni einsammeln und jeden blauen Geist fressen. Wer schnell ist, braucht dafür unter vier Stunden. Viel Glück! (CG) CLONING CLYDE NINJABEE, JULI 2006 Die traurige Geschichte von Klonschaf Dolly muss die Programmierer bei Ninjabee inspiriert haben zu diesem gefälligen kleinen Plattform-Sidescroller. Held Clyde wird bei einer Laborführung Opfer einer mysteriösen Explosion, die ihn gleich dutzendfach vervielfacht. Fortan muss er gemeinsam mit seinen (allesamt spielbaren) Verdoppelungen das geräumige Labor von absurden Beaufsichtigungsmaschinen befreien und bekloppte Superheldenpuppen einsammeln. Bemerkenswert an dieser eigentümlichen Mischung aus „Lemmings“ und „Prince of Persia“ sind vor allem die schräge Grafik und der noch schrägere Humor. (CG) KRITIK GALAGA NAMCO/BANDAI, JULI 2006 Live Arcade wird besonders von der Xbox-Generation 30+ ausgiebig genutzt. Zumindest lässt die Output-Strategie von Microsoft diesen Schluss zu. Mit „Galaga“ ist einer der absoluten Spielhallen-Münzfresser in der Pipeline. Einen besonderen Mehrwert im Vergleich zur Originalversion bietet das Spiel nicht. Namco hat einfach den horizontalen 9:16-Screen auf die Xbox transferiert und drum herum einen bunten Hintergrund gemalt – das war’s. Trotzdem ballert man sich mit „Galaga“ sofort wieder in Ekstase. Vielleicht genau weil es einfach so ist wie immer. Wildes Getippe auf dem Schuss-Button inklusive, Fingerkuppen ade! (CG) Backissues Ausgabe: MÄRZ [2005] Thema: Rennspiele Ausgabe: APRIL [2005] Thema: Mobile Gaming Ausgabe: MÄRZ-APRIL [2006] Themen: Strategie + Joystick Ausgabe: JANUAR [2005] Thema: Egoshooter Ausgabe: OKTOBER-NOVEMBER [2005] Themen: Design + Lifestyle Ausgabe: DEZEMBER-JANUAR [2005] Themen: Next-Generation + Film Ausgabe: DEZEMBER [2004] Thema: Abenteuer Ausgabe: MAI-JUNI [2005] Thema: Rollenspiele Ausgabe: MAI-JUNI [2006] Themen: Sport + Geschicklichkeit NACHBESTELLUNG 78 Wer eines der kostbaren [ple:]-Hefte am Kiosk verpasst hat, darf sich vetrauensvoll an uns wenden. Gerne verschicken wir auf Anfrage die älteren Hefte, solange sie denn noch vorrätig sind. Kostet 4 Euro inklusive Versand pro Heft. Wer nun bestellen möchte: Es reicht eine E-Mail mit eigener Adresse und unter Angabe der gewünschten Hefte an info@ play-magazin.de zu schicken, Betreff: Heftversand. Wenn die Hefte angekommen sind, bitte einfach das Geld auf das in der Antwortmail angegebene Konto überweisen. replay ? ❑ yes ❑ no TURN MIT F IER INA AUF D LE ER HALL E 4, STAN D C1 2 SCHMETTER DICH NACH LEIPZIG! DIE GROSSE ROCKSTAR GAMES TISCHTENNIS-STÄDTETOUR SEI DABEI UND SPIELE DICH ZUM SIEG 6 TAGE – 14 STÄDTE EIN SIEGER! ★ Werde Regional-Meister deiner Stadt bei einem der 14 Qualifikations- 15.07.2006 München, Nürnberg turniere und ziehe ein ins große Games Convention Finale in Leipzig! ★ Beweise dein Können oder übe vorher in einem der Trainings-Camps, 22.07.2006 Frankfurt, Stuttgart die vor den jeweiligen Turnieren stattfinden. Dort versorgen dich unsere Trainer mit heißen Tipps und Tricks, die dir vielleicht den entscheidenden Vorteil im Turnier verschaffen können. 29.07.2006 Köln, Essen, Wien ★ Oder schärfe dein Können vorab und erlebe das #1 Spiel für Xbox 360™* „Rockstar Games präsentiert Tischtennis“ schon jetzt zu Hause – Allein, zu zweit oder gegen die ganze Welt über Xbox Live™. 05.08.2006 Bremen, Hannover ★ Weitere Informationen zu der Turnierreihe, den Austragungsorten, den Teilnahmebedingungen und Preisen**, sowie weitere hilfreiche Trainingstipps, Hintergründe und Features findest du im Internet unter: www.rockstargames.de/tischtennis 12.08.2006 Berlin, Hamburg, Zürich * Quelle: GfK Media Control ** Aufgrund regionaler Rechtssprechung muss bei dem Turnier in Wien von Verlosung bzw. dem Gewinn von Preisen abgesehen werden. 19.08.2006 Dresden, Leipzig PRÄSENTIERT VON: © 2006 Rockstar Games, Inc. Rockstar Games, Rockstar San Diego, das Logo, Rockstar Games präsentiert Tischtennis, das Rockstar Games präsentiert Tischtennis Logo und das A Take-Two Company Logo sind Warenzeichen und/oder eingetragene Warenzeichen von Take-Two Interactive Software. Die Microsoft, Xbox, Xbox 360, Xbox Live und Xbox Logos sowie das Xbox Live Logo sind entweder eingetragene Warenzeichen oder Warenzeichen der Microsoft Corporation in den U.S.A. und/oder in anderen Ländern. Alle anderen Marken und Warenzeichen sind Eigentum der jeweiligen Rechteinhaber. Alle Rechte vorbehalten.