Rise of Legends
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Rise of Legends
COMPUTER- UND VIDEOSPIELKULTUR Deutschland Euro 3,00 : Österreich Euro 3,30 : Schweiz sfr 5,90 MAI-JUNI [2006] : www.play-magazin.de Phantasy Star Universe: die Entwickler im Gespräch > Next-Gen-Info von der E3 > Zu Besuch bei den FIFA-Twins Daniel und Dennis Schellhase > eSport: Hochleistung und Betrugsversuche > Künstliche Intelligenz: So werden clevere Bots gebaut > Kritiken zu Guitar Hero, Tourist Trophy, God of War und wie immer reichlich Tiefgang SCHWERPUNKT: SPORT FIFA Fußball-WM 2006 Rockstar Tischtennis Trauma Center Sensible Soccer 2006 Gehirn-Jogging Tetris DS FOKUS: GESCHICKLICHKEIT Rise of Legends hundertgrad.de Way of Life! Insider-Cheat für Zocker. www.rocktheroad.de Swift fahren schon ab monatlich 79,– EUR²* Inklusive 1 Jahr Versicherung³ Und so geht’s: Einfach bis zum 30. 6. 2006 bei Ihrem Suzuki Händler auf der Bildfläche erscheinen und das highscoreverdächtig günstige Leasingangebot erwähnen. Dann gibt’s den Suzuki Swift Club¹ plus Klimaanlage für nur 79,– EUR* pro Monat². Inklusive ein Jahr Versicherung³ (Haftpflicht und Vollkasko). Außerdem sollten Sie sich nicht die aufregend realistische Probefahrt entgehen lassen. Weitersagen erlaubt. Der Swift. Rock the Road! ¹Swift 1.3 3D Club Kraftstoffverbrauch: innerorts 8,0 l/km außerorts 5,0 l/km kombiniert 6,1 l/100 km; CO -Ausstoß: kombiniert 143 g/km (80/1268/EWG). ² ²Ein Angebot der Suzuki Finance, Service-Center der Santander Consumer CC-Bank. ³Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung. Angebot der Zurich Versicherung AG mit 500,– EUR Selbstbeteiligung (gültig vom 1.1.2006 bis 30.6.2006). Abbildung zeigt Sonderausstattung. *Leasingbeispiel: Kaufpreis für Swift 1.3 3D Club¹ mit Klimaanlage: 11.690,— EUR Mietsonderzahlung: 2.359,10 EUR Laufzeit: 36 Monate Restwert: 6.341,83 EUR jährliche max. Fahrleistung: 10.000km effektiver Jahreszins: 0 % 1 EDITORIAL A uch wenn die FIFA durch ihre rigorose Lizenzpolitik und die seltsame Ticketvergabe für schlechte Stimmung gesorgt hat, scheint die Begeisterung für die Fußballweltmeisterschaft ungebrochen. Zumindest die Medien tun alles, um mit Fußball-Specials, Sondersendungen und Events die Masse aller willigen Rezipienten auf das Großereignis 2006 einzustimmen. Der Hype wird zwar die Erwartungen der Sponsoren nicht erfüllen und so manches Fußball-Projekt wird gnadenlos scheitern, doch irgendwie freut sich jeder drauf. Auch wir haben uns anstecken lassen und werden zumindest in unserem Sportteil die Ballzauberer mit einer kleinen geschichtlichen Betrach- tung und Tipps von eSports-Champions für den lernfähigen Bundestrainer Jürgen Klinsmann würdigen. Wir sind aber auch ein Spielemagazin, weswegen trotz des Fußballwahns andere wichtige Themen wie die E3-Messe in Los Angeles, das Thema Gedächtnistraining und Software-Perlen wie „Rise of Legends“ in den Fokus rücken dürfen. Denn es gibt auch ein Leben ohne Fußball nach dem Finale, das wir hoffentlich gewinnen! Oder wie Sepp Herberger es so schön platt fußballphilosophisch formulierte: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“. Viel Spaß mit dem Heft wünscht die (ple:)-Redaktion. Panja Pries, Grafik-Designerin, 37 Meine ersten Skizzen zu einem neuen Spiel, das Leben stiftet statt es zu nehmen. Name: SPERMS. Waffe: der Panzerpenis. Das Ziel: Spermien durch das unwegsame Gelände des Uterus auf die Eizelle abfeuern, um so viele Frauen wie möglich zu befruchten. Frauenfeindlich? Nein! Der Charakter: Ein Prinz, der genug Kohle hat, reichlich Alimente zu zahlen. Also Jungs, FEUER FREI! INHALT 4 SCHWERPUNKT FOKUS 01 02 Editorial Blickwinkel IMPRESSUM 06 07 08 Nachrichten: Strawberry Fields forever, „Viva Piñata“ Nachrichten: Blut für den Blutgott, „Warhammer Online: Age of Reckoning“ Was bedeuten dir Videospiele? Verlag: [ple:] Medien (Gaca, Metzger + Meyer GbR), Schliemannstr. 25 A, 10437 Berlin, info@play-magazin.de 12 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 Hintergrund: Von viereckigen Bällen und hüpfenden Brüsten Geschichte der Fußballspiele Strategen: Porträt der FIFA-Twins Daniel und Dennis Schellhase Strategen: Gespräch mit Dennis Schellhase Bundesliga: Die Jagd nach dem großen Geld – eSport wird professionell Sportgerät: Zubehör für den virtuellen Wettkampf Foul: Regelkonformist oder Cheater? Komik: Absurde Sportspiele Zukunft: „Deathrow“ und „Speedball“, Anarchie auf dem Sportplatz Vorschau: „Sensible Soccer 2006“ Vorschau: „Moto GP ‘06“ Vorschau: „Rockstar präsentiert Tischtennis“ Kritik: „FIFA Fußball-Weltmeiterschaft 2006“ Kritik: „Rumble Roses XX“ 44 46 48 50 52 53 Knobeln: Auf der Suche nach des Rätsels Lösung Liebesgeschichte: „Super Monkey Ball“ Kritik: „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“ Kritik: „Trauma Center: Under the knife“ Kritik: „Tokobot“ Kritik: „Tetris DS“ 54 56 58 60 62 64 Realität: „We Love Katamari“ vs. „www.stuffonmycat.com“ Videogossip Forschung: Künstliche Intelligenz – Kampf den vorgegebenen Pfaden Messe: Blick auf die wichtigsten E3-Neuheiten Vorschau: „Phantasy Star Universe“ Gespräch mit „PSU“-Entwicklern 66 70 72 74 76 78 79 „Rise of Legends“ „Tourist Trophy“ „Guitar Hero“ „God of War“ Live Arcade: „Uno“, „Jewel Quest“ und „Bomberman Act Zero“ Nachbestellungen Leserumfrage 80 Vorschau Herausgeber: Kristian Metzger Redaktionsanschrift: [ple:] Magazin, Schliemannstr. 25 A, 10437 Berlin, info@play-magazin.de Redaktion: Christian Gaca (CG), Chefredakteur, christian@play-magazin.de, Kristian Metzger (KM), kristian@play-magazin.de Autoren: Matthias Adler (MA), Hagen Bohrloch (HB), Jin Choi (JC), Martin Eiser (ME), Carsten Görig (GÖ), Heiko Häusler (HH), Andreas Heiberger (AH), Kalle Max Hofmann (KH), Martin Karras (MK), Christian Keichel (CK), Malte Klein-Luyten (KL), Shelley Masters (SM), Alex Pöschel (AP), Max Scharl (MS), Hias Wrba (HW) sowie Bernhard Hübner, Uwe Viehmann und Lars Borges (Fotograf, www.larsborges.de) Art Direction: Mirka Meyer, mirka@play-magazin.de, meyer@metorical.com Marcus Tonndorf, tonndorf@metorical.com Metorical, www.metorical.com Webseite: lieblinx GmbH Reichenberger Str. 125, 10999 Berlin Webmaster: Matthias Adler STORIES KRITIK [ple:] im Netz : www.play-magazin.de Anzeigenleitung: Kristian Metzger, anzeigen@play-magazin.de Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 1 - 2006 Druck: Stürtz GmbH, Würzburg Vertrieb: ASV Vertriebs GmbH Bezugsbedingungen: [ple:] erscheint sechs mal im Jahr, der Preis eines Einzelheftes beträgt 3,00 Euro. Sämtliche Texte und Fotos sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos können nicht zurückgeschickt werden. NACHRICHTEN 6 Strawberry Fields forever „Viva Piñata“, eine surreale Kleingartensimulation von Rare für Xbox 360 British. Very british, was das Microsoft-Elite-Studio Rare über deren neues Projekt für die Xbox 360 verkündet. Ein Videospiel über bunte Pappmaché-Figuren wird es. Piñatas heißen die, sind traditionell in südamerikanischen Kinderzimmern beheimatet und mit Süßigkeiten, Früchten oder sonstigen Geschenken gefüllt. Rare haucht diesen Fabelwesen nun virtuelles Leben ein. Heraus kommen extrem bunte Viecher. Mit „Viva Piñata“, das im Herbst erscheinen soll, verlässt Rare gesichertes Terrain. Gut so, denn die Ankündigung liest sich herrlich blümerant. Und zeichnet das Bild einer spielbaren Mischung aus Pokémon, Animal Crossing und Harvest Moon, inszeniert von Terry Gilliam auf einem Häppchen zu viel Acid. „Viva Piñata“ verfrachtet den Spieler auf Piñata-Island. Die Insel ist ein kunterbunter Garten, um dessen Ausgestaltung sich fortan gekümmert werden muss. In diesem sich beständig verändernden Kleingartenparadies können nun etwa Rasenflächen und Teichlandschaften angelegt werden. Dazu einige sorgfältig drapierte Blumenbeete, duftende Tannenhaine – und schon kommen die ersten Pappkuscheltiere vorbei. Je nach Vorliebe suchen sich die Piñatas schnell ein heimeliges Plätzchen im Garten und gründen vielleicht sogar eine Familie. Oder pinkeln nur schnell an die junge Buche und hauen wieder ab. Lassen sie sich nieder, können die Piñatas vom Spieler personalisiert werden. Eigene Namen, zahlreiche Kostüme und Accessoires, eben das Prinzp des virtuellen Haustiers. Jedes Viech hat seinen eigenen Geschmack; findet dementsprechend den vom Spieler gestalteten Garten toll oder mies. Dieser wird übrigens nicht alleine betreut werden müssen. Eine Reihe von willigen Hilfskräften stehen dem Spieler mit Rat und Tat zur Seite. Wenn das denn gewünscht ist. Man kann natürlich auch einfach alle Hinweise ignorieren und machen, was man will. Rare stellt ohnehin heraus, dass Spontaneität im Gameplay eine herausragende Rolle spielt. Neue Piñatas, die im Garten vorbeischauen, sind nicht zwangsläufig nett. Die unvermeidliche Nervbacke gehört ebenso zum Inventar, und womöglich wird man den penetranten Untermieter einfach nicht mehr los. Der läuft dann dauerhaft Amok im Garten und versaut den schönen Plan vom friedlichen Pappmaché-Paradies. Aber auch die für sich genommen freundlichen Piñatas sind schnell mal sauer aufeinander und zetteln einen Süßigkeitenkrieg an. Besonders interessant dürfte „Viva Piñata“ für die erwartungsfrohe Live-Onlinegemeinde sein. Das gegenseitige Besuchen der Gärten, Fachsimpeln über Düngemethoden, Hilfe beim Bäume pflanzen, das Tauschen von zahllosen Items oder ein kleiner Piñata-Wettkampf, vieles wird möglich sein. Simple Zutaten, um einen fiesen Suchtcocktail zu zaubern. Hört sich zudem sehr danach an, als ob man aufpassen müsste, wenn aus der Freundesliste man ins eigene Paradies einlädt. Wer weiß schon, ob der Burnout-Spielekumpel aus England im PiñataKontext nicht schnell zum Gartenschreck mutiert. (CG) 7 Angriff auf den Platzhirschen – Warhammer geht online Orks sind grün, Nachtelfen lila und Zwerge tragen lange Bärte. Alles Fakten, deren Entstehung Blizzard mit ihrem „Warcraft“-Universum wohl gerne für sich beanspruchen würden. Doch die comichafte Darstellung von Fantasy-Figuren, die gute Portion Humor und Tausende andere Ideen wurden ganz klar vom britischen Table-Top-Universum „Warhammer“ entliehen. Das von Games Workshop entwickelte Strategiespiel wurde 1983 veröffentlicht und begeistert seitdem mit seiner einmaligen Spielwelt Hunderttausende Spieler. Doch während „Warhammer“ als Brettspiel einen Hit nach dem anderen landete, ging ein Großteil der Computerumsetzungen kräftig in die Hose. So ist es kein Wunder, dass die Onlineversion von „Warhammer“ unter keinem guten Stern stand. Der erste Entwickler, der sich der Lizenz annahm, war Climax Entertainment und musste im Jahr 2004 die Produktion abbrechen. Doch die Arbeit war nicht gänzlich umsonst, denn nachdem Mythic, der Entwickler von „Dark Age of Camelot“, die Arbeit wieder aufnahm, ging es Schlag auf Schlag. Gerade mal zwei Jahre später steht „Warhammer Online: Age of Reckoning“ schon kurz vor der Beta-Phase und ein Release in diesem Jahr ist in greifbare Nähe gerückt. Wer nun denkt, dass „Warhammer Online“ angesichts der Ähnlichkeit zum „Warcraft“-Universum überflüssig ist, irrt sich gewaltig. Mythic hat ein wirklich einmaliges Projekt auf die Beine gestellt, das vor allem im Player vs. Player-Bereich Zeichen setzen wird. Im Gegensatz zu „World of Warcraft“ muss der Spieler sich nämlich nicht 24 Level lang vor allem mit Ratten, Wölfen und Spinnen herumschlagen, sondern zieht gleich mit dem ersten Level in den Krieg. Spätestens hier wird die Nähe zum Strategiespiel deutlich. Statt einfacher Teamkämpfe werden gewaltige Schlachten geschlagen, die genauso viel Erfahrung bringen wie die Jagd auf Monster. Unterstützt durch das geniale Universum mit anfangs sechs spielbaren Rassen, dem schwarzen Humor und genialen Ideen wie einem levelabhängigen Erscheinungsbild, dürfte das die MMORPG-Szene kräftig aufmischen. Grafisch sind allerdings keine bahnbrechende Effekte zu erwarten. Doch Mythic hat hervorragend den einmaligen Stil der Brettspiel-Vorlage eingefangen. Die Figuren wirken fantastisch und protzen vor Details. Die Ähnlichkeiten zu „World of Warcraft“ sind zwar frappierend, dafür gewöhnen sich Fans schnell an die Optik. Ob „Warhammer Online“ dem Platzhirschen gefährlich werden kann, ist wegen der stark westlich geprägten Spielwelt zwar fraglich. Wer sich aber für Player vs. Player oder Realm vs. Realm-Schlachten begeistern kann, wird bei „Warhammer Online“ wahrscheinlich besser aufgehoben sein. (KM) NACHRICHTEN Blut für den Blutgott „17 Stunden nicht ansprechbar“ Bernd Molzahn, 33, Agent WAS BEDEUTEN DIR VIDEOSPIELE? 8 „ Videospiele dienen mir momentan in erster Linie zur Befriedigung meines Urtriebs als Säugetier. Sie helfen mir, die Welt anders zu begreifen. Sie unterstützen mich, mit den Medien in einer sinnvolleren Art und Weise umzugehen. Wegen der komplexen Lebensstrukturen in denen ich mich bewege, wächst in mir das Bedürfnis zu spielen. Der Reiz, in eine vollkommen neue Welt geführt zu werden, spielt eine große Rolle für mich. Während des Spielens stellt sich schnell der Zustand ein, in dem ich mich in eine neue Rolle stürze und in dieser ganz aufgehe. Das bringt mich nahe zu dem Zustand, in dem ich als Kind allzu gerne verweilt bin und dabei mein Bewusstsein über die tatsächliche Welt spielerisch ausschalten konnte. Darüber hinaus habe in von meinem 13. bis 15. Lebensjahr mit Hilfe meines Atari 800 XL in einer praktischen und in einer zukunftsgewandten Form erfahren, das Wissen in der realen Welt auch Erfolg und Macht bedeutet. Nach meinen eigenen Beobachtungen steigt meine Konzentrationsfähigkeit durch das regelmäßige Spielen von anspruchsvollen Videospielen. Diese Überzeugungen lassen mich sehr entspannt und freudig in die Zukunft schauen. Gleichzeitig bin ich extrem neugierig und gespannt auf zukünftige Spiele, die sich aktuellen Erkenntnissen der Gehirnforschung bedienen und in denen neue Lernmethoden integriert sind. “ Die Fotos machte Lars Borges Frank Lehwald, 33, Physiotherapeut 9 WAS BEDEUTEN DIR VIDEOSPIELE? „ Klar gehörte ich auch zu denen, die einen C 64 hatten. Vorher sogar noch den Atari 800 XL (weil: der ist ja sowieso viel cooler, wegen des Spiele-Slots). Dann, jahrelang, Funkstille (weil: von Computerspielen bekommt man Pickel). Doch dann während der Ausbildung das Aha-Erlebnis in der Wohngemeinschaft: Wochenlang beobachtete ich verständnislos und irritiert meinen WGKumpel, wie er stundenlang mit der Playstation spielte. Wozu? Was sollte das bringen? Aber die Neugierde siegte und so nahm ich mir in einer stillen Minute die Konsole und spielte mein erstes Videogame, das war „Tomb Raider“. Nachdem die anfänglichen Schwierigkeiten gemeistert waren, machte ich mich auf, natürlich ganz sachlich und kritisch, Lara Croft durch ihre Abenteuer zu bewegen. Im Rückblick erzählen meine alten WG-Freunde, dass ich während der etwa siebzehn Stunden Spielzeit nicht ansprechbar gewesen sein soll. Himmel, was war da passiert!?! „Teufelswerk“, dachte ich und traute mich lange nicht mehr an die Konsole ran. Dann ging es weiter mit Karriereschmiede, Heirat, drei Kindern und Selbständigkeit. Keine Konsole. Der Rechner verkümmerte immer mehr zur Word-Fabrik und zur „Hier-archiviere-ich-alle-Fotos-und-sind-sie-noch-so-schlecht“-Ablage. Doch dann kamen „Eyetoy“ und „World of Warcraft“. Jetzt sehe ich, wie meine Kinder in zwei Stunden mit „Eyetoy“ mehr Bewegung haben, als während einer Woche Urlaub auf einem Abenteuerspielplatz. Und ich genieße innerhalb von zwei Stunden Spielzeit mit „WoW“ mehr Entspannung und Ablenkung vom Alltagsgeschäft, als in einer Woche Centerparcs. Doch kein Teufelswerk! “ 10 Sport Kritiker halten Video- und Computerspiele für vieles – nur nicht für Sport. Eigentlich schade, haben gerade die Sportspiele den großen Siegeszug von Konsolen und PC initiiert. 11 SCHWERPUNKT: INTRO spie Von viereckigen Bällen und hüpfenden Brüsten Von Christian Gaca D och erst über zehn Jahre später erleuchtet der Geistesblitz von William Higinbotham die Konferenzräume visionärer Unternehmer im Hause Magnavox. Im Jahr 1972 resultieren diese Überlegungen in einem Gerät namens Odyssey. Ein kühner Computer, der an den eigenen Fernseher angeschlossen wird und ausschließlich zum Spielen gedacht ist. Das Gerät geht auf die Entwürfe und Patente des deutschstämmigen Entwicklers Ralph H. Baer aus dem Jahr 1966 zurück, der als Vater der Video- und Computerspiele gilt. Auf seinem letzten Odyssey-Prototypen ist bereits „Ball & Paddle“ enthalten, ein Spiel inspiriert von Tischtennis und Tennis. Das olympische Jahr inspiriert auch zwei andere Herren namens Nolan Bushnell und Ted Dabney. Sie melden am 27. Juni bei der Gewerbeaufsicht in Kalifornien ihre Firma an. Sie sollte Syzygy heißen, doch der Name ist schon vergeben. So mussten die beiden jungen Männer notgedrungen umschwenken, auf Atari. Nach dem verheerenden Flop ihrer ersten Unterneh- 13 SCHWERPUNKT: HINTERGRUND Die Geschichte der Sportspiele verläuft parallel zur Entwicklung der Video- und Computerspiele. Zwei Dinge, die im Regelfall kaum koexistieren, sind für alles verantwortlich: Im Jahr 1958 programmiert der amerikanische Physiker William Higinbotham ein Sportspiel. Auf seinem analogen Donner-Computer will er Tischtennis spielen. Die Bilder flackern ihm damals noch über ein Oszilloskop entgegen, der Mutter aller Nerd-Fernseher. Videosignale spielen hier zwar noch keine Rolle. „Tennis for Two“ gilt trotzdem als das erste von Menschen erstellte Programm, das den Charakter eines Video- oder Computerspiels aufweist. ein Buch machen, darum gibt es an dieser Stelle nur einen Überblick der wichtigsten Hürden, die das Genre im Laufe der Jahre genommen hat. Im Jahr 1978 stellt Atari den Münzspielautomaten „Atari Football“ vor. Sein hervorstechenstes Merkmal ist ein Trackball zur Steuerung der Football-Simulation. Aus der Vogelperspektive betrachtet werden die Mannschaften durch die Buchstaben X oder O repräsentiert. Die Spieler können jeweils einen Angriffs- und Verteidigungsspielzug auswählen – dann geht es ans Eingemachte. Der Trackball wird bevorzugt hastig mit beiden Händen angetrieben, um ein X oder O übers virtuelle Feld zu jagen. So ist eines der ersten „echten“ Sport-Videospiele gleichzeitig eine äußerst reale körperliche Herausforderung. Trotzdem ist das Spiel in den USA fast so erfolgreich wie „Space Invaders“. Für das seit 1977 erhältliche Atari VCS erscheinen in den nächsten Jahren diverse Sporttitel. Doch ob „Boxing“, „Fishing Derby“ oder „Decathlon“ – alle Titel erfordern meist ein fortgeschrittenes Maß an Fantasie, um in der eigenen Vorstellung aus dem Pixelalarm eine simulierte Sportwelt entstehen zu lassen. Echte Sport-Avantgardisten kaufen 1980 eine IntellivisionKonsole von Mattel. Fast alle legen sich zudem „Major League Baseball“ zu, das mit fast 1,1 Millionen abgesetzten Modulen zum Topseller in Mattels Firmengeschichte wird. Ob Basketball oder Bowling, alle Intellivision-Spiele sehen für damalige Verhältnisse um Längen besser aus als die Produkte der Konkurrenz. Mattel lässt angesichts dessen auch in der Werbung keine Gelegenheit aus, diesen Grafikvorteil zu untermauern. Atari wird permanent schlecht geredet – eine amüsante Episode vergleichender Werbung. Finanziell nützt es Mattel nichts. Atari baut seine Vorherrschaft beständig aus. mung, dem Bau und Vertrieb des Münzspielautomaten „Computer Wars“, setzen sie nun alles auf zwei weiße Balken und ein weißes Rechteck. „Pong“ wird im Atari-Gründungsjahr als Münzspielautomat auf den Markt gebracht. Das simple Gameplay und eine absolut nachvollziehbare Steuerung begeistern schnell die ersten Endkonsumenten. Der „Pong“-Automat ist allerdings kein Computer im eigentlichen Sinne, basiert er doch nicht auf einem Mikroprozessor mit einem Programm, sondern auf einem fest verdrahteten, teils digitalen, teils analogen Schaltkreis. AVANTGARDISTEN SPIELEN „MAJOR LEAGUE BASEBALL“ Kurze Zeit nach der Präsentation von „Pong” entdeckt Magnavox dessen Existenz. Das Unternehmen erklagt vor Gericht 700.000 US-Dollar von Atari. Das vergehen: Patentverletzung. Mit dem Akzeptieren der Strafe erkauft sich Atari die Lizenz zur Herstellung von „Pong“ – im Nachhinein betrachtet sehr gut investiertes Geld. Bis Mitte 1973 sind rund 8000 Automaten abgesetzt, insgesamt werden es fast 38.000. Der große Wurf gelingt aber erst im Jahr 1975. Vorerst in Lizenz der Kaufhauskette Sears kommt die Heimversion von „Pong“ auf den Markt. Nach einem furiosen Weihnachtsgeschäft stellt Atari im Jahr 1976 eine eigene, verbesserte „Pong“-Konsole in die Läden. Das Gerät wird zu einem Riesenerfolg. Das originale „Pong“ und seine zahllosen Derivate verkaufen sich rund um den Globus millionenfach. „Pong“ ist die Grundlage für den Erfolg der Videospiele überhaupt, aber auch für das Genre der Sportspiele. Aus der Liste der seither erschienenen Titel ließe sich Als die Computer im Jahr 1983 beginnen, die Konsolenherrschaft anzugreifen, bekommen auch die Sportspiele eine neue Qualität. Das noch junge Unternehmen Electronic Arts bringt für den Apple II (und den Atari 7800) das wunderbare Basketballspiel „Dr.J and Larry Bird Go One on One“ raus. Ein Jahr danach wird das erfolgreiche Spiel für den Commodore C 64 portiert, jedoch sogleich von einem anderen Titel überrannt. Hunderttausende Jugendliche greifen im Jahr 1984 kollek- 15 Der C 64 bietet auch erstmals dem sportlichen Spartenprogramm Entfaltungsmöglichkeiten. Springreiten („Super Rider“), Sci-Fi-Wrestling („Intergalactic Cage Match“), Darts („180”), Segeln („The America’s Cup“) oder Wasserball („Water Polo“) – nichts ist vor Programmierern sicher. Auch erste reine Sportwirtschaftssimulationen wie „Football Manager“ erfreuen sich bereits im Jahr 1984 großer Beliebtheit. Im 21. Jahrhundert sind solche Managementsimulationen auf einem hochkomplexen Niveau angekommen. Ihre Leistungsfähigkeit wirklich zu verstehen, dauert selbst für Profis oft Wochen. Inhaltlich jedenfalls ist Ende der 80er Jahre fast jeder irgendwie glücklich gemacht. Fast alles scheint umgesetzt zu sein. Nicht selten wieder und wieder und wieder. Diese Tendenz der progressiven Selbsterneuerung setzt sich seither in schöner Regelmäßigkeit fort. Das Genre der Sportspiele ist geprägt von wenigen inhaltlichen, dafür vielen grafischen Neuerungen. Der Sprung der Sportspiele aus der Sidescroll-, Schräg- oder Vogelperspektive in die dritte Dimension ist Mitte der 90er Jahre einer der markantesten Wegpunkte für die Fortentwicklung des Genres. Spiele wie „Fifa 96“ für die erste Playstation, „International Superstar Soccer 64“ oder „1080° Snowboarding“ für den Nintendo 64 zeigen in den Jahren 1996 und 1997 die damals für alle extrem beeindruckenden 3D-Fähigkeiten der neuen Konsolen. Einzelne Sportspiele entwickelten sich seit dieser Zeit zu erfolgreichen Fortsetzungsdauerbrennern, werden viele Jahre lang modifiziert und perfektioniert. Die „Pro Evolution Soccer“Serie und die „FIFA“-Serie etwa konkurrieren seit vielen Generationen auf hohem Niveau um die Gunst der Fußball-Fans. Tiger Woods bringt seit Jahren jede Saison gemeinsam mit Electronic Arts ein neues Golfspiel raus. Oftmals finden sich spielerisch nur marginale Änderungen. „Nur“ für eine immer wieder etwas bessere Grafik den vollen Spielpreis zu zahlen, das bereitet den Fans zunehmend Bauchschmerzen. Können keine Serien produziert werden, wird die immer gleiche Spielidee anders verpackt. Bekannte Sportarten tauchen als Street- oder Fun-Sport noch einmal auf – man denke nur an „Mario Smash Football“. Hier ist noch Potenzial vorhanden. Vielleicht kommt ja demnächst noch „Tiger Woods Cross Golf“ raus, oder „Super Mario Skateboarding“. Bemerkenswert ist in diesem Kontext noch der Versuch eines Strandvolleyballspiels von Namco. „Dead or Alive: Extreme Beach Volleyball“ bewegt sich spielerisch auf dem Niveau eines „Beach Blanket Volleyball“ von 1986. Eine Progression des Gameplays vom C 64 zur Xbox haben dem Namco-Softporno nur sehr geblendete Kritiker diagnostiziert. Geblendet von enorm großen, bei jedem Spielzug durchs Bild hüpfenden Brüsten der Spielerinnen. VIRTUELLE GESCHÄFSTREFFEN AUF DEM GOLFPLATZ Die Selbsterneuerung jedenfalls spült beständig neue alte Spiele in den Wirtschaftskreislauf. Mit „Top Spin 2“ für die Xbox 360 ist aktuell ein famoses Tennisspiel am Start. Letztlich aber ist es auch nichts anderes als ein „On Court Tennis“ für den C 64. Zwei Spieler, zwei Schläger, ein Ball. Links, rechts, links, kurz, lang, kurz – so lange, bis einer die Nerven verliert. Nur auf grafisch immer höherem Niveau. Spielerisch näher an der Realität. Wobei ehrlich gesagt bereits „Virtua Tennis“ für Dreamcast ein ziemlich perfektes Tennisspiel war – selbst aus heutiger Sicht. Nur der Onlinemodus fehlte damals im Jahr 1999. Die weltweit vernetzten Mehrspieleduelle haben seither gerade den Sportspielen zu einer neuen Qualität verholfen. Das erste „Top Spin“ wurde nach dem Xbox-Launch zum Dauergast in den Konsolen der Xbox-Live-Abonnenten. Virtuelle Geschäftstreffen mit realen Auswirkungen hielt die brancheninterne Avantgarde derweil standesgemäß auf dem Golfplatz ab, bei einem Spielchen „Links 2004“. Auch das lokal vernetzte Zocken machte Sportspiele immer populärer, hin zu den heute professionalisierten LAN-Partys mit Ligaunterbau, virtuellen Fußballweltmeisterschaften und hohen Preisgeldern. Die erste Sportsimulation war ein vom Tischtennis inspiriertes Spiel. Eine der aktuellsten Sportsimulationen ist wieder ein Tischtennisspiel, „Rockstar präsentiert Tischtennis“. Der Kreis schließt sich. Vermutlich nur, um im nächsten Monat von einer weiteren Neuumsetzung wieder geöffnet zu werden. SCHWERPUNKT: ECHTZEIT tiv nach der Medaille, indem sie „Summer Games“ zocken. Die virtuelle Olympiade ist derart beliebt, dass Publisher Epyx die Serie in den kommenden Jahren beständig erweitert, mit „Winter Games“, „Summer Games II“, „World Games“ und dem legendären „California Games“. 1985 1978 1983 Fußball Trainer Fußball International Soccer Addictive (C 64) Interton (VC4000) Commodore (C 64) 1972 1985 Fußball Soccer Magnavox (Odyssey) Nintendo (NES) 1986 1980 1987 Peter Shilton’s Handball Maradona Pele’s Soccer Gary Lineker’s Superstar Soccer Argus Software (C 64) Atari (VCS) Gremlin (C 64) 1987 1979 Great Soccer Fußball Sega (Master System) Mattel (Intellivision) 1983 1986 1988 Kick-Off World Cup Carnival: Mexico 86 Microprose Soccer Bubble Bus Software (C 64) US Gold (C 64) Microprose (C 64) 1990 2000 1992 Nintendo World Cup Virtual Striker 2 Konami Hyper Soccer Technos (NES, Gameboy) Sega (DC) Konami (NES) 17 2005 Emlyn Hughes International Soccer Mario Smash Football ASL (Amiga 500/600) Nintendo (Gamecube) SCHWERPUNKT: GESCHICHTE 1992 1992 1990 2001 Sensible Soccer Kick Off 2 Pro Evolution Soccer Mindscape (Amiga 500/600, PC, Xbox, Playstation) Anco Software (Amiga 500/600) Konami (Playstation 2) 1994 1995 FIFA International Soccer Actua Soccer Electronic Arts (Mega Drive, PC, SNES) Gremlin (PC) 1994 1994 1993 International Superstar Soccer World Cup USA 94 Anstoss Konami (SNES) US Gold (Amiga 500/600, PC, SNES, Mega CD, Mega Drive) Ascon (Amiga 1200, PC) 18 SCHWERPUNKT: STRATEGEN Von Bernhard Hübner Zwei Brüder, an denen jedes Nerd-Klischee abperlt B einahe wären Daniel und Dennis Schellhase richtige Fußball-Profis geworden. Jetzt sammeln sie als „FIFA“-Stars auf dem virtuellen Rasen einen Weltmeister-Titel nach dem nächsten. Und polarisieren dabei wie sonst nur der FC Bayern München. Wir haben den wohl berühmtesten eSportler Deutschlands einen Besuch abgestattet. Ein Videoclip erinnert an den Triumph. Auf Daniels PC-Bildschirm flackern schnell geschnittene Szenen. Kleine Mädchen jagen Autogramme. Teenager kreischen wie beim Konzert von „Tokio Hotel“. Eine mächtige Traube Fotografen drängt sich um die besten Bilder. Tausende Menschen jubeln. Das Stadion bebt. Und auf der riesigen Bühne steht Daniel Schellhase, der neue Vizeweltmeister und gratuliert dem Weltmeister Dennis Schellhase – seinem Zwillingsbruder. Das ist das legendäre Finale der World Cyber Games 2003 in Korea. Der Moment, der zwei Zocker aus Gelsenkirchen zu Stars machte. In der Szene nennt man die beiden 22-Jährigen seitdem ehrfürchtig die „FIFA“-Twins. Denn sie spielen „FIFA“ so gut wie kaum jemand sonst auf dem Planeten. Daniel Schellhase, genannt „Hero“, ist Vizeweltmeister und Weltmeister im Team 2003. Dennis Schellhase, „Styla“, ist Einzel- und Teamweltmeister 2003, Einzelweltmeister 2005 und Europameister 2006. Die beiden Stars haben auf Daniels Bett Platz genommen. Unter der großen roten Fahne des FC Kaiserslautern – Daniels Lieblingsclub. Daniel und Dennis teilen sich eine Wohnung am Rand von Gelsenkirchen. Ihre Eltern wohnen im selben Haus. Zum Essen gehen die Zwillinge noch immer zu Mama. Daniel und Dennis sind gleich groß. Beide sind durchtrainiert. Bei- de tragen sie das sponsorbeflockte Sweatshirt ihres Clans SK Gaming. Hätte sich Daniel keine blonden Strähnen in die Haare gefärbt, könnte man die Zwillinge leicht verwechseln. Sie erzählen von ihrem Leben abseits des eSports. Wie sie die Woche über Wirtschaftsinformatik studieren. Wie sie am Wochenende Fußball spielen und mit ihren Freunden in die Disco gehen. „Wir versuchen die Botschaft rüberzubringen: Wir sind ganz normale junge Leute. Wir machen dasselbe wie alle anderen Jugendlichen auch“, erklärt Dennis. SIE SPIELTEN EINFACH UND GEWANNEN – SEHR HÄUFIG Eine Zimmerwand voller Medaillen und Urkunden dokumentiert ihre lange Erfolgsgeschichte – vor dem Computer und auf dem realen Fußballplatz. Sie haben einmal in der Jugendmannschaft von Schalke 04 gespielt. Und hätten durchaus Chancen auf eine Profi-Karriere gehabt. Sie verzichteten. „Das Risiko war uns zu groß“, sagt Daniel. „Schule und Studium gingen vor.“ Ihre Fußballleidenschaft machte sie schon früh zu begeisterten Videospielern. Als im Jahr 1992 „Super Soccer“ auf dem Super Nintendo erschien, trafen sie sich regelmäßig zum Match mit ihren Mannschaftskollegen. Dann kam die „FIFA“-Serie von Electronic Arts. Die 2003er-Version hatte zum ersten Mal einen leicht zu bedienenden Online-Modus. Daniel und Dennis fingen an, im Netz zu spielen. „Wir haben viele Spiele gewonnen“, erinnert sich Dennis, „mehr als wir erwartet hatten“. Sie fuhren zu Turnieren und gewannen. Wenig später saßen sie im Flieger nach Korea zu den World Cyber Games. Als sie zurückkamen, waren sie Weltmeister und auf einen Schlag bekannt. 19 An der Zimmertür hängt ein Poster. „Gemeinsam stark für Deutschland“ steht darauf. Das Poster zeigt ein Foto von den „FIFA“-Twins. Sie grinsen, tragen schicke Trainingsjacken und um den Hals ihre Goldmedaillen. Das Motiv füllte nach ihrem WM-Sieg Seiten in Sportzeitschriften und hing an Bushaltestellen im ganzen Land – als Werbekampagne für einen großen PC-Hersteller. Die Sponsoren lieben Daniel und Dennis. Die Medien auch. Weil die beiden so bodenständig sind. Weil an ihnen jedes Nerd-Klischee abperlt. Weil sie so wunderbar anschaulich erklären können, um was es in ihrem Sport geht. Und weil sie solche bescheidenen Sätze sagen wie Daniel: „Andere finanzieren sich ihr Studium durch Nebenjobs. Wir spielen eben Computer.“ mehr wie Rasenschach“, meint Dennis. Damit ihre Gegner ihr Spiel nicht so leicht voraus sehen können, trainieren Daniel und Dennis vor allem gegeneinander. Immer wieder üben sie Flankenläufe und Kopfbälle – fast alle Tore werden auf ProfiNiveau auf diesem Weg erzielt. Damit die Bewegungsabläufe perfekt klappen, braucht es viel Zeit. Zwei Stunden täglich trainieren sie mindestens. Vor wichtigen Turnieren auch vier Stunden. Deshalb soll mit der Profispielerei am Ende des Studiums Schluss sein. Dann sind die beiden 25. In Korea, Heimatland des hochbezahlten Profi-eSports, enden die Karrieren der Spieler in der Regel schon mit 20. In dem Alter werden die meisten jungen Männer zum Militärdienst einberufen. DER GROSSE VORTEIl: NERVENSTÄRKE DATENBANKEN ÜBER DIE TAKTIK DES GEGNERS Die Popularität hat auch ihre Nachteile: Nach dem ersten WMTitel mussten sie so viele Auftritte absolvieren, dass sie kaum dazu kamen, mit der neuen „FIFA“-Version zu trainieren. Die folgende Saison war ein Flop. Auch mit ihrem Ansehen beim Rest der eSport-Szene ist das so eine Sache: „Es ist ein bisschen wie bei Bayern München“, meint Daniel. Sie bekommen viel Anerkennung für ihre internationalen Erfolge. Aber wenn der Gegner Schellhase heißt, entdecken selbst unterlegendste Gegner ungeahnte Kräfte. Die Kontrahenten studieren die Videos ihrer Spiele besonders genau, ihre Taktik und ihre Tricks. „Man muss schon vorher wissen, was der Gegner als nächstes macht“, sagt Daniel. Sie informieren sich über die Taktik ihrer Konkurrenten und legen kleine Datenbanken an. „Das ist Mit ihren 22 Jahren gehören die Schellhase-Brüder zu den Routiniers. Ihr großer Vorteil: die Nervenstärke. Die fehle den meisten jungen Spielern, meint Daniel. Und bei den wichtigen Spielen entscheiden die Nerven. Wenn Fans auf der Videowand zuschauen und Stimmung machen, wenn Spannung in der Luft liegt, wie in einem richtigen Stadion während eines Endspiels. In solchen Situationen hat vor allem Dennis seine größten Momente. So wie im vergangenen Jahr, als er zum zweiten Mal im World-Cyber-Games-Finale stand. Im Video sieht man Dennis ruhig in seiner Kabine sitzen. Er lässt sich nichts anmerken, hat alles um sich ausgeblendet und wirkt fast entspannt. Am Ende nimmt er seinen Kopfhörer ab, geht zu seinem Gegner und gibt ihm artig die Hand. Erst dann lässt er alles heraus. Den ganzen Druck. Die ganze Freude. Er reißt die Arme nach oben. Der neue Weltmeister. SCHWERPUNKT: STRATEGEN Beim Fußball gibt es wegweisende Vereine. Auch virtuell betrachtet. Dort dominiert der FC Schellhase, mit nur zwei Spielern. Das Vereinsheim steht in Nordrhein-Westfalen. Gleich nebenan von Schalke 04, in Gelsenkirchen. Ein Besuch beim FC Bayern der eSport-Szene. SCHWERPUNKT: GESPRÄCH 20 „Das virtuelle Kicken kann man als taktischer ansehen“ Dennis Schellhase, Sie als virtueller Weltmeister und realer Fußballer müssen es wissen: Holt Deutschland im eigenen Land den Titel? Deutschland wird sicherlich bei der WM eine tragende Rolle spielen. Die Menschen hier im eigenen Land werden die Mannschaft so kräftig unterstützen, dass sie sich bis ins Halbfinale vorkämpft. Allerdings sehe ich England und Italien weit vorne. Und natürlich den üblichen Verdächtigen: Brasilien. Welche Strategie würden Sie Jürgen Klinsmann empfehlen? Genau dieselbe, wie sie vor vier Jahren Rudi Völler angewandt hat. Mit einer stabilen Abwehr möglichst wenig Tore kassieren und dann durch Konter zum Erfolg kommen. Ist das virtuell Kicken überhaupt sinnvoll mit dem realen vergleichbar? Das virtuelle Kicken kann man als taktischer ansehen, als das reale. Beim realen Fußball machen die Spieler nicht immer das, was der Trainer von ihnen verlangt. Bei mir setzen die Spieler halt mein Konzept Eins zu Eins um. Mittlerweile fließen im virtuellen Fußball dieselben Faktoren mit ein, wie im realen. Da kann es schon mal passieren, dass die eigene Mannschaft nach einem 2:0 Rückstand die Motivation verlässt und sie nicht mehr ganz so agil spielt. Ist Fußball am Rechner für Sie ein Mannschaftssport? Das ist für mich ein Einzelsport, bei dem man sich Auge in Auge gegenübersitzt und dem Kontrahenten alles abverlangen muss. Allerdings gibt es auch die Möglichkeit, mit mehreren Spielern ein und dieselbe Mannschaft zu steuern, da ist es dann natürlich ein Mannschaftssport so wie jeder andere auch. Auch im realen Fußball muss der Trainer eben elf Spieler koordinieren, die alle ihren eigenen Kopf haben. Wie glauben Sie, kann der Bundestrainer die offenkundige Abwehrschwäche der deutschen Mannschaft ausgleichen? Am Bildschirm würde ich mauern und mit mehr verteidigenden Mittelfeldspielern spielen, die meine Abwehrschwäche wieder ausbügeln können. Real könnte das eventuell ein Aspekt sein, der in Betracht kommen könnte. Nur leider ist es auch so: Je mehr Spieler für Abwehraufgaben zugeteilt sind, umso weniger können effektiv nach vorne arbeiten. Ist eben immer ein zweischneidiges Schwert. Wie sieht Ihre ganz persönliche WM-Aufstellung in der Realität aus, wie im Spiel? Lehmann Friedrich / Metzelder / Mertesacker / Lahm Frings / Ballack / Borowski / Schweinsteiger Klose / Podolski Im Spiel würde ich Deisler anstatt Schweinsteiger spielen lassen, da er besser flanken kann und Klose kopfballstark ist. Decken sich eigentlich die Leistungsdaten im neuen „FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006“ mit den realen Fähigkeiten der Spieler? Zum größten Teil ist das immer der Fall, natürlich gibt es hier und da Dinge, die nicht ganz so umgesetzt sind. Aber bei mehreren hundert Spielern ist es immer schwer, jede Stärke genau so umzusetzen, wie sie in der Realität ist. Im Grunde sind alle Fähigkeiten den originalen nachempfunden. So kommt es dann, dass ein Ballack kopfballstark ist, ein Deisler gut flanken kann und ein Podolski einen harten und platzierten Schuss hat. Mal ehrlich, was macht mehr Spaß: virtuelles oder echtes Fußballspielen? Der echte Fußball, weil man nach einem echten Fußballspiel erst wieder weiß, wie anstrengend es sein kann, auf dem Platz zu stehen. Und man ist umso stolzer, wenn man ein gutes Spiel gemacht hat und eventuell ein, zwei Tore erzielt hat. Das Gespräch führten Christian Gaca und Kristian Metzger Lachen statt rumhängen Der Papst-Cartoon. Böse und gut – und nur auf MTV ab 3. Mai immer mittwochs 21.30 Uhr www.mtv.de/popetown wap.mtv.de Die Jagd nach dem großen Geld eSport im Jahr 2006: Professionalisierung, Prämien, Phänomene SCHWERPUNKT: BUNDESLIGA 22 D ie Online-Arenen des 21. Jahrhunderts haben wenig gemeinsam mit den ersten Schlachten, die Anfang der 90er Jahre mit 14K-Modems ausgetragen wurden. Während in „Doom 2“ ein überschaubares Grüppchen entspannt ein paar Kills sammelte, wird heute gnadenlos trainiert, um für die Kämpfe in den diversen Online-Ligen fit zu werden und zu bleiben. Leider hat auch der Umgangston seit dieser Zeit stark gelitten. Wurde früher Gemeinschaft zelebriert und entstanden aus „Counter-Strike“-Servern der ersten Stunde, etwa der Konzernhalle aus Berlin, sogar Freundschaften im wahren Leben, sorgen heute vor allem jüngere Spieler für einen deutlich schärferen Ton. Auch im Wettkampf hat das heutige Geschehen nichts mehr mit den harten, aber immer fairen Schlachten Ende der 90er zu tun. Nicht nur, das Cheatprogramme immer wieder zu seltsamen Ergebnissen führen, auch falsche Identitäten gehören online mittlerweile zum Standardprogramm. An der Spitze der Tabellen wird es zwar etwas gepflegter, da sich die meisten Spieler von Netzwerkpartys persönlich kennen. Trotzdem hat die Kommerzialisierung nicht gerade zu einem unbeschwerteren Spielgefühl beigetragen. Für Spaß-Kämpfe ist in dieser Umgebung kaum noch Platz. So präsentiert sich die größte europäische Liga, die Electronic Sports League, denn auch als knallharter Wettbewerb, in dem Fun-Clans mit zu wenig Spielzeit blitzschnell vom Betrieb ausgeschlossen werden. Auf dem Weg zur Professionalisierung müssen solche Opfer scheinbar gebracht werden. Schließlich geht es inzwischen um dicke Sponsorengelder und fünfstellige Euro-Beträge für die Sieger. Doch der große Boom der letzten Jahre ist erst einmal gestoppt. Vor allem beliebte Online-Rollenspiele wie „World of Warcraft“ kosten den eSport-Betrieb Tausende aktive Spieler. Auch fehlt ein richtiges Massenphä- nomen wie zu „Counter-Strike“-Zeiten. Profi-Clans lassen die moderne Variante „Counter-Strike: Source“ links liegen und schlagen sich stattdessen noch immer mit „Counter-Strike 1.6“ die Nächte um die Ohren. Ersatz ist dabei auf weiter Flur keiner in Sicht. „Battlefield 2“ hat die Chance durch schleppenden Support verpasst und „Quake 4“ spielt im Online-Bereich kaum eine Rolle. Auch Blizzards Echtzeithits „Warcraft 3“ und „Starcraft“ sind in die Jahre gekommen und nur noch in Korea relevant für die Szene. So warten alle auf den nächsten großen Wurf, der sich bisher aber noch nicht abzeichnet. Neue Spieler lassen sich derzeit nur durch massenkompatible Sportspiele wie „Fifa 06“, „Pro Evolution Soccer“ oder „Need for Speed“ mobilisieren. Einige alteingessene „Quake“-Clans wie Okrana sind sogar dazu übergegangen, ihre angestammten Shooterteams rauszuwerfen und nur noch auf den Massenmarkt zu zielen. Schuld an dieser Entwicklung ist zum Teil die immer stärker werdende Konsolenfront, die sich nach und nach eine wichtige Position erkämpft. Vor allem Playstation 3 und Xbox 360 werden den Internet-Kampf und damit auch den eSport auf der Konsole weit nach vorne bringen. Noch kann man auf dem PC die größeren Preise mit nach Hause nehmen, doch das Konsolenlager holt mächtig auf. Kein Wunder das Turtle Entertainment auf diesen Trend reagiert und seit über einem Jahr einen Konsolenableger der Electronic Sports League im Programm hat, der den offiziellen Ligen der Hersteller Konkurrenz macht. Doch auch eben jene Hersteller halten nicht still. Erst im April hat Microsoft das Hauptsonsorship für die weltweit größte eSport-Liga übernommen, die World Cyber Games (WCG). Schon in diesem Jahr sind alle WCG-Veranstaltungen exklusiv mit Microsoft-Produkten bestückt. (KM) 23 Die Playstation Liga Microsoft initiiert neben dem Sponsorship der World Cyber Games auch eigene Ligaveranstaltungen, bei denen es allerdings nicht um derart große Geldsummen geht. Preise winken hier natürlich trotzdem, darunter limitierte Konsolen und Fanpakete zu den jeweiligen Spiele. Ein großer Event ist in diesem Jahr der Xbox Cup. Parallel zur Fußballweltmeisterschaft wird es auf Xbox Live mit „FIFA FußballWeltmeischaft 2006“ einen virtuellen Wettstreit geben. Der wird zu maßgeblichen Teilen online ausgetragen. Derjenige, der am 24. Mai auf Platz Eins der FIFA-Live-Rangliste steht, gewinnt den großen Preis: Eine Reise nach Berlin, drei Übernachtungen, Tickets zu einem WM-Spiel, eine limitierte Xbox 360 und einiges mehr. Auch Ehre ist involviert, es lockt nämlich die Möglichkeit, als virtueller Fußballstar Deutschland beim Xbox Cup zu vertreten. Der Cup findet am 30. Juni und 1. Juli in Berlin in der Adidas World of Football statt. Spieler aus 31 Ländern treten dort gegeneinander an, um den Xbox-Fußballweltmeister auszuspielen. Doch das ist noch nicht alles, auch für das Rennspiel „Project Gotham Racing 3“ findet eine eigene Weltmeisterschaft statt. Microsoft und „PGR“-Entwickler Bizarre Creations haben sich mit Lamborghini zusammengetan – und schicken den besten Rennfahrer zu einer exklusiven Reise nach Italien. Ziel: das Unternehmen Lamborghini. Das „PGR“-Event läuft noch bis Mitte Mai, die Anmeldefrist ist allerdings schon verstrichen. Das große Finale findet im Lamborghini-Werk in Sant’Agata Bolognese statt. Als Hauptpreise winken limitierte Xboxen und Lamborghini-Devotionalien. (CG) Sony geht mit der Playstation Liga einen völlig eigenen, aus Sicht mancher im Moment fast noch etwas eigensinnigen Weg. Die erste eSport-Liga ausschließlich für Konsolen (natürlich nur jene von Sony) hat mittlerweile über 20.000 aktive Mitglieder, die sich bevorzugt bei Spielen wie „Pro Evolution Soccer 5“, „FIFA 06“ und Sonys TaktikshooterReferenz „SOCOM“ tummeln. Auch die Teilnehmer der Playstation Liga können (noch) nicht das große Geld verdienen, wobei Sony im letzten Jahr immerhin einen NissanSportwagen an den Sieger der „Gran Turismo 4“-Liga rausgehauen hat. Sony lockt dafür mit exklusiven Fan-Paketen und macht sich stark für Ruhm und Ehre. Bewusst wird versucht, führende Clans und einzelne Spieler zu Helden und Vorbildern zu stilisieren. Außerdem kumuliert die Playstation Liga einmal im Jahr in den Playstation Masters, die in diesem Jahr mit viel Aufwand und Geld in Berlin im Sony Center am Potsdamer Platz inszeniert wurden. Nicht nur das zeigt auf, wie viel Sony an der Playstation Liga liegt. In den kommenden Jahren soll sie zu einem richtig großen Ding aufgebaut werden. Derzeit leidet die Playstation Liga und ihre Beliebtheit noch etwas unter dem Medienbruch. Sie funktioniert nämlich nur losgelöst von dem eigentlichen Sony-Onlineservice. Die Spieler müssen sich auf der Website zur Playstation Liga (http://www.playstationliga.de) anmelden und dort dann ihre Ergebnisse in einem etwas anstrengenden Verfahren melden und vom Liga-Spielleiter bestätigen lassen. Diese Problematik dürfte sich aber mit der Playstation 3 vollkommen erledigen. (CG) SCHWERPUNKT: BUNDESLIGA Xbox Cup 2006 und PGR-WM Illuminated Metal Keyboard Hersteller: Speedlink Preis: 59,99 Euro Der Trend zum Tuning ist auch beim Zubehör kaum noch aufzuhalten. Nachdem nun schon die Computer blinken, blitzen und wie eine Leuchtreklame neidische Blicke auf sich ziehen, wird nun auch bei den Keyboards viel Wert auf den ProtzFaktor gelegt. Der ideale Ort für die Präsentation der High-end Komponenten ist natürlich eine Netzwerk-Party, wo gerade nachts die farbigen Leuchtartikel hervorragend zu Geltung kommen. Bestes Beispiel dafür ist das „Illuminated Metal Keyboard“ von Speedlink, das mit Hintergrundbeleuchtung und reduziertem Tastenlayout gerade auf solchen Veranstaltungen eine hervorragende Figur macht. Die bläuliche Beleuchtung erlaubt selbst in tiefster Nacht entspanntes Tippen. Dank der reduzierten Tastenanzahl ärgert sich der Party-Besucher nicht über zu kleine Tische. Leider braucht es doch etwas Gewöhnung, um mit dem veränderten Layout klar zu kommen. Am besten stellt man sich das gute Stück auch zu Hause hin, dann gibt es im Ernstfall keine Probleme. Dank guter Verarbeitung und dem angenehmen Anschlag sollten Fans des tagelangen Spielmarathons über eine Anschaffung nachdenken. Es wirkt zwar ein bisschen prollig, doch gerade auf Netzwerk-Partys kommt so etwas ja hervorragend an. (KM) 24 SCHWERPUNKT: SPORTGERÄTE Ausrüstung für den virtuellen Wettkampf Mantis Mat Hersteller: Razer Preis: 24,99 Euro Viele Jahrzehnte lang haben Mausunterlagen ein eher tristes Dasein auf den Schreibtischen der PC-Spieler gefristet. Niemand gedachte ihnen jene Relevanz zu, die sie heute haben. Erst mit dem Produktionssprung hin zum Hartplastik Ende der 90er Jahre begann der Wettkampf um das genauste Eingabegerät und die am besten dazu passende Unterlage. Mit der Einführung von optischen Mäusen trat der optimale Grip auf den Unterlagen in den Hintergrund, statt dessen wurde eine gute Gleitfähigkeit immer wichtiger. Mit Teflonfüßen, speziellen Klebeunterlagen und immer ausgeklügelteren Mauspad-Technologien wurde Schnellig- keit und Präzision der Aktionen maximiert. Das Nachsehen hatten seither nur Spieler mit einer extrem niedrigen Sensitivität und einem entsprechend großen Aktionsradius. Die Plastik-Mauspads waren nämlich meistens zu klein und schränkten die Spielbarkeit stark ein. Doch die Profis von Razer haben Mitleid mit all jenen Hardcore-Zockern und bieten mit der „Mantis Mat“ Platz pur. Die ausrollbare Unterlage verbindet dabei Größe mit enormer Präzision und einer perfekten Oberfläche. Nur der Schreibtisch muss üppig dimensioniert sein, damit das gute Stück nicht überall herunter hängt. (KM) Medusa 5.1 Pro Gamer Hersteller: Speedlink Preis: 69,99 Euro Mit zu den wichtigsten Utensilien für einen erfolgreichen Netzwerk-Spieler gehört ein hervorragendes Headset, das gerade bei Spielen wie „Counter-Strike“ die akustische Ortung von Gegnern ermöglicht und gleichzeitig die Kommunikation mit dem Team erleichtert. Das Medusa 5.1 dürfte hier den idealen Partner für alle ambitionierten Spieler darstellen, da es dank seiner Surround-Fähigkeit eine exakte Verortung und dank seiner hochwertigen Komponenten perfekte Sprachqualität ermöglicht. Die Brillanz einer guten Dolby-Digital-Anlage erreicht das Medu- sa-Headset nicht ganz, trotzdem ist der Unterschied zu normalen Kopfhörern gewaltig. Auch im Vergleich zu ähnlich ausgestatteten Headsets setzt das Medusa Zeichen. Die einmalige Kombination aus hervorragender Technik und erstklassiger Verarbeitung beeindruckt immer wieder. Als kleinen Bonus für echte Profizocker oder solche, die es werden wollen, gibt es auch eine Version mit schickem Tragecase. Wer damit auf einer Netzwerkparty auftaucht, darf sich allein der Show wegen schon als Sieger fühlen. (KM) Razer Copperhead Hersteller: Razer Preis: 69,99 Euro Angekündigt als die Offenbarung für professionelle Spieler, wurde eine Maus namens „Razer Boomslang“ Ende der 90er Jahre gegen die scheinbar übermächtige Konkurrenz der Microsoft-Mäuse auf den Markt geworfen. Doch die vollmundigen Versprechungen konnten nicht alle erfüllt werden. Zwar sorgte die hohe Auflösung für zielgenaue Schüsse, doch sowohl die Form, als auch die gigantischen Maus-Tasten begeisterten nicht jeden Spieler. Doch Razer gab nicht auf und verbesserte seine Spitzenprodukte von Jahr zu Jahr. 2006 gehört das aktuelle Top-Produkt „Razer Copperhead“ endlich zur Weltspitze im Bereich Maus-Technologie und braucht sich vor seiner Konkurrenz nicht mehr zu verstecken. Die eingebaute Lasertechnik liefert satte 2000 dpi, und ein integriertes Bios ermöglicht es, im laufenden Spielbetrieb die Sensitivität zu verändern. Ohne Anzeige muss man aber genau mitzählen, um die richtige dpi-Zahl zu erwischen. Zudem sind die Hauptknöpfe auch mehrere Jahre nach der „Boomslang“ immer noch einen Tick zu groß. Als Profigerät mit bedingter Alltagstauglichkeit dürfte der Porsche unter den Mäusen aber eine große Zielgruppe finden. (KM) 25 SCHWERPUNKT: SPORTGERÄTE Dinovo Media Desktop Hersteller: Logitech Preis: 200 Euro Das „Dinovo Media Desktop“ nur zum Spielen zu verwenden, das wäre wie mit einem Ferrari über die Go-Kart-Bahn zu brettern. Trotzdem ist der Luxus, den diese Desktop-Lösung ausstrahlt, auch für Zocker nicht ganz uninteressant. Vor allem, da dem Keyboard eine kabellose MX1000 Laser-Maus beiliegt und die Zehner-Tastatur praktischerweise autark platziert werden kann, ergeben sich ganz neue Anwendungsmöglichkeiten. Ursprünglich sollte das „Dinovo“ vor allem jene medienbegeisterten Multimediaanwender ansprechen, die mit ihrer kabellosen Tastatur bequem vom Sofa aus ihren PC steuern wollen. Doch auch zum Zocken ist die Tastatur hervorragend geeignet. Die Installation dauert zwar eine halbe Ewigkeit und es gibt immer mal wieder Probleme mit der Bluetooth-Verbindung, aber allein das schicke LCD auf der Zehnertastatur sorgt beim Abspielen von MP3-Stücken für viel Freude. So kann man wunderbar mitten im Spiel die Musik ändern und sie der Situation anpassen: In der Wartezeit zwischen zwei Maps entspannter TripHop und nach dem dritten Bildschirmtod in Folge heftigster Heavy Metal. Ob man für solche Spielchen knapp 200 Euro ausgeben möchte, mag dahingestellt sein. Spaß bringt das Teil auf jeden Fall. (KM) Pro Gamer-Command Unit Hersteller: Saitek Preis: 34,99 Euro Nicht ganz Tastatur, aber auch nicht Gamepad – so lässt sich die frei programmierbare Zockertastatur „Pro Gamer-Command Unit“ beschreiben. Ein Gerät für fortgeschrittene Spieler, das mit bis zu 144 Makros belegt werden kann. Drei voreingestellte Profile liefert Saitek für den schnellen und komfortablen Einsatz mit. Die für die meisten unabdingbaren, eigenen Profile werden mittels einer intuitiven Software erstellt. Mitgedacht hat der Hersteller auch bei seiner Umsetzung der 21 Tasten (inklusive Leertaste), die in den Farben der einzelnen Profile rot, grün und blau leuchten. Wirklich interessant ist ein vierfach analoger HatSwitch, der das Blättern durch Menüs, Landkarten und Inventar ermöglicht. Der positive Eindruck wird nur durch den zu weichen, undefinierten Tastaturanschlag und die etwas unsaubere Verarbeitung getrübt, die sich durch ein leichtes Kippeln und billige Tasten bemerkbar macht. Ergonomie und Funktion sind dafür gelungen und bieten eine wirkliche Alternative zu den bekannten Boards von Raptor und Logitech. (HB) SCHWERPUNKT: FOUL 26 Regelkonformist oder Video- und Computerspiele haben Regeln. Gut so, sollte man meinen. Sieht aber nicht jeder so. Zocker versuchen, das Spiel auszutricksen. Lücken im Programmcode zu finden. Programme einzuschleusen. Von Regelkonformisten werden sie als Cheater geächtet, als Schummler. Sie selbst sehen cheaten als Fortsetzung des Spielens. Mit anderen Mitteln. C heater sind immer Falschspieler. Unter Umgehung der Regeln verschaffen sie sich im Video- und Computerspiel einen Vorteil. Beim Monopoly würden wir nichts mit ihnen zu schaffen haben wollen. Aber digitale Spiele sind nun mal keine Karten- oder Brettspiele. Darum gelten hier für das Schummeln andere Regeln. Ein Cheater ist, zumindest als Einzelspieler, am ehesten mit jemandem vergleichbar, der sich selbst beim Legen einer Patience in die Karten schaut. Also streng genommen liegt eher ein Fall von Selbstbetrug als ein Falschspiel vor. Dennoch hat das Cheaten im Laufe der Jahre nach und nach das Spieldesign komplett verändert. Darum ist Cheaten heute ganz anderes zu verstehen, als noch zu Beginn der 80er Jahre. Es gibt vereinfacht dargestellt zwei Formen des Schummelns. Zum einen sind da die Cheats, die mutwillig von außen in das Spiel eingebaut werden. Und dann jene Cheats, die das Spiel selbst in sich trägt. Auch wenn es widersinnig klingt, bieten viele Spiele seit jeher die Möglichkeit, ihr eigenes Regelwerk zu brechen. Bei der Automatenversion von „Donkey Kong“ aus dem Jahr 1981 ist es zum Beispiel durch einen bestimmten Sprung im ersten Level möglich, sofort in ein höheres Level zu kommen. Es ist bis heute nicht abschließend klar, ob es sich hierbei um ein beabsichtigtes Feature handelt, oder um einen Fehler im Programmcode, einen Bug. Programmierer nutzen übrigens bis heute diese beliebte Taktik, sich über solche Unklarheiten einfach auszuschweigen. Das „Donkey Kong“-Beispiel verdeutlicht somit die Schwierigkeit, den Begriff Cheat überhaupt klar zu definieren. Anders ausgedrückt: Schummelt ein Spieler überhaupt, wenn er sich einen Fehler des Spiels zunutze macht? Und was ist, wenn der Programmierer diesen Fehler eben absichtlich eingebaut hat? Aber egal ob Bug oder Absicht, Cheats dieser Art fordern den Spieler heraus, auf die Suche zu gehen. Der oft mühsam errungene Vorteil ist am Ende also weniger ein Schummeln, sondern eher eine Belohnung. Vergleichbar mit absichtlich versteckten Überraschungen (Easter-Eggs) in aktuellen Spielen. Deshalb gibt es solche Cheats öfter in der Spielhalle als im Heimbereich. Das Automatenspiel lebt davon, dass Spieler es möglichst oft spielen. Im Heimbereich ist einer der frühesten, dokumentierten Cheats in „Matrix“ von Jeff Minter zu finden. Bei diesem Shoot’em’up für den Commodore VC 20 aus dem Jahr 1983 ist es möglich, durch das Drücken mehrerer Tasten in einer bestimmten Reihenfolge in einem späteren Level zu starten. Gewollte Cheats bei Wohnzimmerspielen folgen aber eher dem Aspekt der Spielspaßsteigerung. Der „Matrix“-Cheat ist eigentlich ein höherer Schwierigkeitsgrad. Warum Jeff Minter diesen nicht gleich im Startbildschirm anbot, bleibt Spekulation. Vielleicht wollte er die Anfänger unter den Spielern nicht gleich verprellen. Neben den vom Programmierer gewollten Cheats, gibt es auch jene, die mit einer Veränderung des Spiels einhergehen. Hierbei wird gezielt in den Programmcode eingegriffen, um sich bei- Gejagt: digitale Dopingsünder spielsweise unendlich viele Leben zu verschaffen, ein Zeitlimit außer Kraft zu setzen oder die Munitionsvorräte für immer aufzustocken. Diese Art des Cheatens war in den 80er Jahren eine beliebte Nebenbeschäftigung der Cracker und gerade auf dem Commodore C 64 weit verbreitet. Kaum eine Raubkopie wurde von den Crackern ohne einen Trainer ausgeliefert, ein dem eigentlichen Spiel vorgeschaltetes Auswahlmenü. Hier gab es unendliches Leben und all die anderen Verlockungen, man musste nur YES oder NO antippen. Mit Training hatte dies natürlich wenig zu tun. Wer ein Spiel mit zum Beispiel unendlich viel Energie durchspielt, tut dies in der Regel nur einmal. Für jene Spieler, die für den Commodore C 64 Software käuflich erwarben, gab es zudem die Möglichkeit des Pokens. Hierbei wurde mittels eines Basic-Befehls (Poke) gezielt eine bestimmte Stelle des Programmcodes geändert. Der Reiz lag dabei nur zum Teil darin, aus drei Leben fünf zu machen. Der größere Spaß war es, mit einem Poke-Finder gezielt nach den Stellen im Programmcode zu suchen, die Leben, Zeit, Munition oder ähnliches beinhalteten. Das Cheaten wurde so zu einem eigenen Adventure. Auch wenn es heute für diese Art des Schummelns die Action-Replay-Module gibt, cheatet kaum noch jemand auf diese Weise. Wozu auch? Ein modernes Spiel bietet all die Annehmlichkeiten eines Cheats und bleibt dabei doch noch Spiel genug. Meistens lässt sich der Spielfortschritt speichern, versteckte Belohnungen gibt es oft mehr als man finden kann oder will. Sollte man dann doch einmal an einer Stelle nicht weiterkommen – bei vielen Egoshootern ist der GottModus gleich integriert. Selbst Automatenumsetzungen geben dem Spieler zu Hause heute unendlich viele Credits mit in die Schlacht. In gewisser Weise hat hier der Cheat gesiegt. Ganz anders liegt der Fall im Mehrspielersektor. Hier betrügt ein Cheater nicht nicht nur das Spiel und sich selbst, sondern auch seine Mitspieler. Deshalb muss man hier stets von von außen hinzugefügten Cheats sprechen. Eine milde Form, eher eine Unsportlichkeit als ein Betrug, ist das Campen im Egoshooter. Ein Spieler positioniert sich an einer Stelle im Level, an der er schwer zu treffen ist, seine Gegner dafür wesentlich leichter trifft. Dies ist mit jenen Leuten zu vergleichen, die bei „Risiko“ nichts anderes tun, als Australien zu erobern und all ihre Armeen dort zu stapeln. Der Camper nutzt also eher eine Designschwäche des Spiels, macht aber so den Spielablauf für alle kaputt. Campen lässt sich durch gutes Design der Spielkarten allerdings weitgehend verhindern. BETRUG MITTELS PROGRAMMCODEVERÄNDERUNG Viel schwerer wiegt der Betrug mittels Programmcodeveränderung. Kleine Hilfsprogramme ändern den Spielcode ab, unmerklich für den Gegner. Dies kann zu durchsichtigen Wänden, leuchtenden Gegnern und automatischen Kopfschüssen führen – und ist auf keinem Server gerne gesehen. Die Firma Power VR hat vor einigen Jahren sogar versucht, den Absatz ihrer Grafikkarten dadurch zu steigern, dass sie Wallhack-Cheats (ermöglicht das Durch-Wände-Schauen) schon im Treiber integriert anbot. Obwohl die Funktion schnell wieder aus dem Treiber entfernt wurde, basieren zum Teil noch heute Wallhacks auf den damals veröffentlichten Treibern, die gerade bei alten Spielen wie „Counter-Strike“ auch noch wunderbar funktionieren. Im eSport ersetzt das Cheaten das reale Doping. Es ist egal, was ein Spieler zu sich nimmt, Hauptsache, das Equipment ist sauber. Die virtuelle Dopingkontrolle erfolgt mittels Anticheatprogrammen wie Punkbuster, die Manipulationen am Programmcode zu erkennen und den cheatenden Spieler auszuschließen versuchen. Allerdings lässt sich nicht jede Spielmanipulation moralisch so eindeutig einordnen. Der Handel mit virtuellen Waren, etwa Charakteren, Gegenständen oder Geld aus Onlinerollenspielen, sei hier nur als Beispiel genannt. Ist es schon cheate, wenn jemand via eBay für viel Geld seinen Charakter quasi unbesiegbar macht? Wenn ja, was ist dann, wenn der Betreiber des Rollenspiels selbst eine Verkaufsplattform anbietet? Wird das Cheaten dadurch die Fortsetzung des Spielens mit anderen Mitteln? Letztendlich muss diese Fragen die spielende Community beantworten. Genau das tut sie bisher nicht abschließend. (CK) 27 SCHWERPUNKT: FOUL Cheater? Seit dem Sündenfall von Power VR ist ein stetiger Kampf zwischen Softwareentwicklern und Cheatprogrammierern ausgebrochen. Ein Kampf, der auch nach fast acht Jahre keinen Sieger kennt. Jedes Spiel geht dabei einen unterschiedlichen Weg. Während zum Beispiel die am schlimmsten betroffene „Counter-Strike“-Community mit dem VAC sogar einen herstellerseitigen Schutz spendiert bekam, setzen viele andere Hersteller auf ein Tool namens „Punkbuster“. Doch nicht nur Hobbyprogrammierer, aktive Spieler oder Entwickler versuchen, das leidige Cheatproblem zu lösen. Neu eingestiegen ist auch die größte Online-Liga, die Electronic Sports League, die bei einem Entwickler „aequitas“ in Auftrag gegeben hat. Dieses Tool wird momentan als cheatsicher gehandelt und ist bei den meisten Liga-Spielen Pflicht. Die genauen Details werden geheim gehalten, fest steht auf jeden Fall, das zufällig und fälschungssicher Screenshots direkt aus dem Video-RAM gemacht werden und zusätzlich bestimmte Parameter übermittelt werden, die über laufende Programme und Einstellungen Bescheid geben. Der Trick dabei ist, dass „aequitas“ keine Cheats blockiert und es so für die Programmierer schwierig ist, abzuschätzen, wann ihr Hack funktioniert. Während so zumindest der Liga-Betrieb einigermaßen sicher abläuft, ist auf öffentlichen Servern niemand vor den Cheatern sicher. (KM) SCHWERPUNKT: KOMIK 28 Nicht nur gestandene Feministinnen werden bestätigen, dass Männer im Prinzip immer noch stumpfe Höhlenmenschen sind und bei jeder passenden oder auch unpassenden Gelegenheit ihre Potenz beweisen müssen. Als anschaulicher Beweis für diese wenig kühne These gilt die Olympiade-Parodie „Caveman Ugh-lympics“, die im Zuge der allgemeinen „Summer Games“-Hysterie für den Commodore C 64 erschien. Im Gegensatz zu den aalglatten und jugendfreien Sportadaptionen von Epyx ging es bei „Caveman Ugh-lympics“ ziemlich ruppig zu. Anstatt eines Diskus wird hier schon mal die eigene Frau am Zopf durch die Gegend geworfen. Oder aber der Verlierer des Wettrennens gnadenlos von einem Säbelzahntiger zum Lunch verspeist. Auch beim Kampf mit Keulen oder dem Stabhochsprung über einen Tyrannosaurus Rex hinweg steht der sportliche Wettkampf eher im Hintergrund. Wie in der harten Realität der 80er Jahre zählt bei dem Spiel nur das Recht des Stärkeren, was auch beim skurrilen Entzünden des olympischen Feuers nebst kleiner Prügeleinlage deutlich wird. Auch wenn das Spiel grafisch nicht ganz auf der Höhe der Zeit war und das Gameplay kaum Überraschungen feilbot, sorgte eine gehörige Portion Humor für viele entspannte Stunden, an die ich mich gerne erinnere. (KM) SYSTEM: C 64, PC, NES HERSTELLER: ELECTRONIC ARTS RELEASE: 1988 Caveman Ugh-lympics California Games SYSTEM: AMIGA, C 64, PC, ATARI HERSTELLER: EPYX RELEASE: 1987 Funsport war im Deutschland des Jahres 1987 noch ein weitesgehend unbeschmutzter Begriff. Noch nicht vom Marketing instrumentalisiert, sondern einfach ein völlig wertungsfreies Wort. Funsport stand synonym für den „American Way of Sport“. Für freien Spaß, ohne nervigen Mannschaftszwang, ohne wöchentliches Training von 17 bis 19 Uhr. Kein Sportplatz, keine Turnhalle. „California Games“ nahm diese Idee auf und vereinte die selbstbestimmten Sportarten zu einem quasi-olympischen Sportevent allererster Güteklasse. Die Disziplinen beschrieben einen Querschnitt durch jene Sportaktivitäten, die Ende der 80er die coolen Typen vom sportlichen Durchschnitt separierten. Skateboarden in der Half-Pipe. Den Hacky-Sack mit den Füßen im Park jonglieren. Mit dem BMX abrocken. Frisbee werfen. Surfen. Am Ende der tristen 80er Jahre wirkte „California Games“ wie eine Bestätigung meines Jugendkonzeptes. 1988 hatte ich die ausgeleierten Stulpen in der muffigen Umkleidekabine des HSC Hameln nach einem Sonntagsspiel liegen gelassen. Nie wieder Jugendfußball. Ätzend. Zeit, cool zu werden. Ich schwatzte meinem Papa Geld für ein Skateboard ab. Und rollte los. Und dann war da plötzlich auch „California Games“. Bestätigung für den richtigen Weg. Selbst auf dem C 64. Danke Epyx. (CG) Das wohl beliebteste Rüttel-Sport-Spiel aus der Ära des Commodore C 64 ist nicht etwa das hervorragende „Winter Games“ (wer könnte die Biathlon-Scrollstrecke je vergessen?), sondern das schräge Erstlingswerk des damals 18-jährigen Programmierers Thomas Landgraf. Kaum einen pubertierenden Teenager mit eigenem C 64 gab es, der im Jahr 1985 nicht „Sex Games“ spielte. Und das, obwohl kaum ein Exemplar offen über den Ladentisch ging. Das Rudelbumsen in Comic-Grafik verbreitete sich dank der damals florierenden Raubkopiererszene innerhalb kürzester Zeit in ganz Deutschland. Spielerisch lockte das stumpfe Gerüttel ganz sicher niemanden hinter dem Ofen hervor. Aber die verruchten Comic-Figuren sorgten mit ihren überzogen dargestellten Geschlechtsteilen auf jeder Party für gnadenlose Lachattacken. Dabei überraschte der junge Herr Landgraf mit ungewöhnlichen Stellungen und scheute auch vor homosexuellen Geschlechtsakten nicht zurück. Der Gedanke liegt nahe, dass Landgrafs Freundin, die bei den Grafiken behilflich war, auch bei der Stellungsauswahl beratend tätig war. Überliefert ist dies jedoch nicht. In den nächsten Jahren gab es übrigens ein paar professionelle und vor allem inoffizielle Fortsetzungen, die aber die geniale Schlichtheit des Originals nie erreichten. (KM) Sex Games hattrick.org Fußballmanager SYSTEM: ONLINE-BROWSERGAME HERSTELLER: BJÖRN HOLMÉR RELEASE: 1997 Kollisionsabfrage? Lizenzchaos? Gameplay? Künstliche Intelligenz? Versionsunterschiede? Macht euch darum keine Sorgen. Neben all dem Konsolengekicke und Management-Simulationen mit Hang zum Detail-Overkill auf dem PC-Markt ist „hattrick.org“ das einzig wahre Spiel für den Hobby-Hoeneß in dir. Grundsätzlich immer kostenfrei – gegen einen Obolus aber umfangreicher – basiert hier (fast) alles auf Text und nur wenigen einzustellende Parametern. Zweimal in der Woche wird gespielt, dann wartet die Fangemeinde nicht selten aufopferungsvoll und vor allem live vor dem Rechner sitzend 90 Minuten lang auf das Erscheinen nur weniger Textbausteine, die den Spielverlauf beschreiben. Oder hofft freitags morgens auf den langersehnten Skillsprung des Jungstar in einem der zehn trainierbaren Attribute (etwa Spielaufbau). Das kann zwischen fünf, sieben oder auch mal zehn Wochen dauern, je nachdem. Ja, „hattrick.org“ ist eher langfristig angelegt, nix Plug‘n‘play oder so. Denn was zwar mit zehn Minuten Aufwand pro Woche gut spielbar ist, verschlingt bei den meisten der aktuell knapp 820.000 aktiven Managern weltweit nicht selten Tage und vor allem Nächte. Es gibt dann doch so verdammt viel zwischen den Zeilen zu lesen – und dementsprechend zu tun. (Uwe Viehmann) SCHWERPUNKT: KOMIK SYSTEM: C 64 HERSTELLER: LANDISOFT RELEASE: 1985 29 Von Hias Wrba Anarchie auf dem Sportplatz Videospiele eignen sich bekanntermaßen ganz hervorragend, um lauter Sachen zu machen, die man eigentlich gar nicht machen kann. Katamaris durch die Landschaft rollen, Ork-Schamanen herumkommandieren, Kolosse niederstrecken und mit Raumschiffen durch unendliche Weiten düsen. Was liegt da näher, als Sportarten spielbar zu machen, die es eigentlich noch nicht gibt. So hat sich im Laufe der Geschichte des Mediums eine kleine oft übersehene Nische gebildet: Zukunftssportspiele. G rundprinzip ist meist die Abwandlung oder Weiterentwicklung traditioneller Mannschaftssportarten wie Football, Rugby oder Hockey. Gemeinsamer Nenner ist der größtenteils eher laxe Umgang mit Regeln jeglicher Art. Was zählt, ist der Sieg. Um jeden Preis. Die körperliche Unversehrtheit der Gegner ist dementsprechend mehr Störfaktor als hohes Gut, das es zu wahren gilt. Der wenig optimistische Blick in die Zukunft, der oft das Szenario bestimmt, spiegelt sich im Spiel selbst. Ein allumfassender, ungebremster Kapitalismus hat gesiegt. Großkonzerne haben die Macht übernommen und veranstalten nach antikem Vorbild brutale Wettkämpfe, um die Schaulust der Massen zu befriedigen und deren Aggressionspotenzial in geregelte Bahnen zu lenken. Es gilt das absolute Recht des Stärkeren. Eine düstere Vision der Zukunft, in der Sport als Wettstreit nur noch eine Metapher für das Ringen ums nackte Überleben ist. Fair geht vor, das war gestern. Urgestein der Kategorie ist „Speedball“ vom Londoner Entwickler Bitmap Brothers. Vor allem der im Jahr 1991 erschie- Kampf um Hundeschädel Angefangen hat alles im Jahr 1973 mit „Rollerball Murder“, einer Kurzgeschichte von William Harrison. Die zwei Jahre später folgende Verfilmung von Norman Jewison, schlicht „Rollerball“ betitelt, lieferte die Blaupause für das Genre imaginierter, ultrabrutaler Zukunftssportarten. Darin kämpft James Caan als Jonathan E. mit seinem Team um die Meisterschaft in einem regelarmen Geprügel auf Rollschuhen, das von einem korrupten, global agierenden Großkonzern ausgerichtet wird. Im Jahr 1982 nahm sich Stephen King der Themen Zukunft/Kapital/Sport/Tod in seinem Roman „Running Man“ an, der eine leider eher unfreiwillig komische Verfilmung mit Arnold Schwarzenegger nach sich zog. Weniger sozialkritisch, dafür aber mit Rutger Hauer und im schicken „Mad Max“-Look präsentiert sich der australische Film „Die Jugger“ aus dem Jahr 1989. Ein Klassiker des Genres, bei dem eine Handvoll Überlebender im postapokalyptischen Niemandsland nichts Besseres zu tun hat, als sich um einen Hundeschädel zu kloppen. (HW) Bis ein angemessener Nachfolger für „Speedball 2“ erschien, vergingen jedoch immerhin fast zwölf Jahre. Als es endlich soweit war, bekam dann dummerweise niemand etwas davon mit. „Deathrow“ vom schwedischen Entwickler Southend Interactive, ist da wohl das beste Xbox-Spiel, das alle verpasst haben. In einer natürlich brutalen Zukunft treten Teams aus vier Mitspielern in einer anarchischen Mischung aus Rugby, Kampfsport und Ultimate Frisbee gegeneinander an. Ziel ist es, eine elektrisch geladene Disk mittels geschickter Spielzüge möglichst oft ins Tor zu manövrieren. Schlichtere Gemüter hingegen prügeln einfach das komplette gegnerische Team kampfunfähig. Im Liga- oder Einzelspielmodus stehen ein gutes Dutzend illustrer Mannschaften zur Auswahl, von beinharten Häftlingen über amphibische Mutantendamen mit russischem Akzent bis hin zu umgeschulten Securityguards. Jede hat dabei ihre eigenen Stärken und Schwächen. Diese zu kennen und zu seinem Vorteil zu nutzen ist der Schlüssel zum erfolgreichen „Deathrow“-Match. Mit grobmotorischen Raubeinen ist es wenig sinnvoll, sich an kunstvollen Doppelpässen zu versuchen. Zartbesaitete Schönspieler hingegen gehen körperlichen Auseinandersetzungen besser völlig aus dem Weg. Dank einer Steuerung, die Spielen und Kämpfen ebenso gleichberechtigt wie präzise verbindet, bleibt es dem Spieler überlassen, wie er am liebsten zum Sieg kommt. Zudem besticht „Deathrow“ durch eine sehr gelungene Künstliche Intelligenz der Gegner- und Mitspieler. So merken sich Bots zum Beispiel, von wem sie oft angegangen oder beleidigt werden und rächen sich dafür. Das Gameplay selbst ist schnell und leicht zu erlernen, offenbart bei genauerer Beschäftigung jedoch einiges an taktischer Tiefe. Es bleibt ein Rätsel, warum dieses Juwel von einem Spiel kaum jemanden interessiert hat. Egal ob im Jahr 1991 oder 2006, im Zukunftssport realisiert sich all das wunderbare Aggressionspotenzial, das auch Fußball und Artverwandtem innewohnt. Völlig ohne Grenzen und Regeln. Da stört kein kleinlicher Schiedsrichter. Der eitel jubelnde, gegnerische Stürmer wird einfach im nächsten Viertel vom Platz getreten. Umso mehr Spaß macht es sowohl bei „Speedball“ als auch bei „Deathrow“, trotz aller Widrigkeiten mit spielerischer Finesse zum Erfolg zu kommen. SCHWERPUNKT: ZUKUNFT nene zweite Teil gilt bis heute als größte Errungenschaft des Genres. Angesiedelt ist „Speedball 2“ im Jahr 2105. Der Spieler übernimmt ein bisher wenig erfolgreiches Team namens Brutal Deluxe, um es zur Meisterschaft zu führen. Neben Managementaufgaben wie dem Ankauf neuer Teammitglieder, gilt es in temporeichen Fünf-gegen-Fünf-Matches zu punkten, indem eine Eisenkugel ins gegnerische Tor befördert wird. Wer dabei erfolgreich sein will, sollte nicht vor beherzten Tacklings zurückschrecken sowie Bonuspunkte, Power-ups und Geld abgreifen. „Speedball 2“ besticht durch für damalige Verhältnisse spektakuläre Grafik und schnelles, variantenreiches Gameplay, das bis heute nichts von seinem rauen Charme eingebüßt hat. 31 SENSIBLE SOCCER 2006 SYSTEM: PC, XBOX (TEST), PLAYSTATION 2 HERSTELLER: KUJI ENTERTAINMENT, CODEMASTERS GENRE: SPORTSIMULATION RELEASE: JUNI 2006 ONLINE: NEIN SCHWERPUNKT: VORSCHAU 32 Fußballspiele werden im WM-Jahr meist direkt mit der großen Lizenz von Electronic Arts verknüpft. In England aber gibt es ein kleines Studio, dass sich gegen die vermeintliche Übermacht auflehnt. Mit Erfolg. Gegen das Fußball-Lizenz-Monster von EA ist kaum ein Kraut gewachsen und kein Herausforderer weit und breit zu sehen. Dachte ich. Nun taucht urplötzlich ein auf den ersten Blick vielen unbekannter David auf, der sich bei näherer Betrachtung als altbekannter, schwergewichtiger Gegner beweisen könnte. Wenn man einen alten Klassiker neu aufbereitet, wäre es frevelhaft, die bereits existierende Anhängerschar zu verprellen. Damit auch deren Herzen für eine Neuauflage erobert werden, engagierte Entwickler Kuju den Urvater des Erstlings, Jon Hare. Ergänzend ist Codemasters nicht nur Publisher des Spiels, sondern auch selbst mit der Expertise der Gründer David und Richard Darling am Entwicklungsprozess beteiligt gewesen. Bestes Rüstzeug also, um eine alte Fangemeinde zu erfreuen und eine neue zu erobern. Off 2“ galt bis dahin als bestes Fußballspiel überhaupt. Es führte im Jahr 1990 ein neues Feature ein, welches den Spielfluss und alle weiteren Titel erheblich beeinflussen sollte: den „After-Touch“. Erstmals war es möglich, die Flugbahn eines geschossenen Balls zu beeinflussen. Seither gehören Bananenflanken und geschickt um die Mauer herum geschnittene Freistöße ins Eck zum Repertoire digitaler Kunstschützen. Doch nicht alle Fans waren mit den Änderungen einverstanden. Einigen gingen sie nicht weit genug. Jon Hare war einer von ihnen und brachte 1992 „Sensible Soccer“ heraus, welches nachfolgend von seinen Fans einfach liebevoll „Sensi“ genannt wurde. Und wird. Seit 1994 heißt die Reihe „Sensible World of Soccer“. Doch zurück in die Gegenwart. PLUSPUNKT: GROSSZÜGIGE, FREIE KONFIGURATION Das originale „Sensible Soccer“ erschien zu Beginn der 90er Jahre für die Systeme Amiga, Atari ST und PC. Das Spiel beerbte damals die legendäre „Kick Off“-Reihe von Anco. „Kick Was das Spiel von anderen Fußballspielen deutlich unterscheidet, ruht im wesentlichen auf drei Säulen. Da wäre zunächst die schier unverschämte Auswahl: 5500 Fußballer mit individuellen Fähigkeiten, 350 Mannschaften (auf Club- und Nationalebene), 45 Pokalspiele und 50 voreingestellte Wettbewerbe (von WM über EM bis zu Club-Turnieren). Dazu über 100 frei zu spielende Gegenstände wie Trikots, Schuhe oder Breitners 70er-Afro, die sich in allen Wettbewerben verwenden lassen. Zudem lassen sich bis zu vier eigene Dream-Teams dauerhaft zusammenstellen. Und bei Bedarf wechselt in den verschiedenen Stadien nicht nur das Wetter und der Spielbelag, sondern auch die Tageszeit. Mit Freunden lässt es sich zu viert an einer Konsole gleichzeitig spielen; die Turnierstrukturen sind auf bis zu 64 Spieler ausbaufähig. Zweiter Pluspunkt: „Sensible Soccer 2006“ wartet mit einer großzügigen Möglichkeit zur freien Konfiguration auf. Egal ob es die Mannschaftsnamen sind, die Teamaufstellung, Turnierreihenfolgen oder Spielerbezeichnungen. So gut wie alles ist nach eigenem Gusto modifizierbar. Sehr hungrige Sportsfreunde dürfen im DIY-Modus sogar neue Turniere mit eigenen 33 Regeln erstellen, um ihren Turnieren mehr Exklusivität und Abwechslung zu verleihen. Der dritte Schwerpunkt des Spiels ist zugleich seine größte Stärke. Es gibt dem Spieler endlich wieder die volle Ballkontrolle in die Hand. Kontrollfreaks wie ich sind dank After-Touch wieder in ihrem Element. Die 360°Kontrolle des Spielers mit dem L-Stick ermöglicht zielgenaues Passspiel, Flanken, Lupfen und Anschneiden. Ein kleiner Pfeil zu Füßen des Spielers zeigt die Lauf- und Schussrichtung an. Nach Drücken der Tasten A oder B für Passen oder Flanken lässt sich dem Ball dann mit dem L-Stick in horizontaler Richtung ein Seitendrall verpassen und in vertikaler Richtung die Schusshöhe bestimmen. Taktik bleibt deshalb nicht außen vor. Wie in anderen Spielen auch, lässt sich der Kader während des Spiels per Schnellwahl auf eine der zwölf möglichen Formationen umstellen. Die Leistung der einzelnen Fußballer ist spürbar unterschiedlich und exzessiver Sprintgebrauch verringert deren Leistungsfähigkeit, ein Balken gibt darüber Auskunft, wann eine Auswechslung nötig ist. Einzig die Torhüter verhielten sich einige Male kaum nachvollziehbar unsinnig. COMICHAFTE CHARAKTERE, WITZIGE GRAFIK Abstriche muss unter Umständen in Kauf nehmen, wer auf möglichst realistische Visualisierung der Spieler und Animationen baut. Dem dynamischen Spielspaß läuft das nicht zuwider. Im Gegenteil. Kuju portieren „Sensible Soccer 2006“ zwar in den dreidimensionalen Raum, huldigen aber dennoch der witzigen 2D-Sprite-Optik von damals. Mittels Cel-Shading wirken die Fußballer wie winzige „XIII“-Kämpfer. Hinzu kommen vergrößerte Köpfe, die den comichaften Charakter des Grafikstils unterstreichen. Obwohl sich Kuju keiner originalen Spielerdaten bedienen konnte, sind die Figuren sehr gut animiert, wovon auch die Replays sehr profitieren. In Sachen Kamera bleibt alles altbewährt. Die klassische „TopDown“-Ansicht wird übernommen. Will heißen, die Kamera fährt von schräg oben in Längsrichtung über das Spielfeld. UNDERDOG MIT STOLZGESCHWELLTER BRUST „Sensible Soccer 2006“ im WM-Jahr ist ein Underdog, trägt sein Handicap offen zur Schau und bietet sich trotzdem mit stolzgeschwellter Brust an. Mit einem lizenzschweren Koloss aus dem Hause EA kann es auf manchen Ebenen nicht mithalten. Es sind keine korrekten Spielernamen zu finden, keine gescannten Starkörper, keine mittels Motion-Capture aufgenommenen Ballmanöver eines Ronaldhino. „Sensible Soccer 2006“ versprüht dafür seinen Charme durch eine witzige, nach heutigem Maßstab, simple Grafik und konzentriert sich auf eine eigene Königsdisziplin: Das komplexe, aber leicht zugängliche Gameplay, dessen Stärke in der effektiven Spielersteuerung liegen und das für schweißnasse Hände und rasenden Puls sorgt. Sollte das Feintuning bis Juni gelingen, habe ich schon eine kristallklare Vision, wer mein persönliches WMSpiel-Budget einstreichen wird. (MK) POPWISSEN 15 JAHRE TRADITION Wer sich von der Existenz der seit 15 Jahren lebendigen Spielergemeinde rund um „Sensi“ überzeugen möchte, dem sei angeraten, im Internet www.sensiblesoccer.de zu besuchen. Dort finden Sportsfreunde nicht nur die neuesten, nationalen Spielergebnisse der alten Amiga-Recken, sondern auch den Zugang zum Fanshop, wo passend zur Weltmeisterschaft T-Shirts und andere Bekleidungsstücke angeboten werden. Frei wählbare Rückennummern und Spielernamen übrigens inklusive – sehr schick. (MK) SCHWERPUNKT: VORSCHAU Für den Spieler hat dies zur Folge, nach einem Seitenwechsel seine After-Touch-Kontrolle im Kopf negieren zu müssen. Auf Dauer etwas unangenehm war die ruckhafte Bewegung der Kamera bei schnell wechselnden Spielstationen. Doch die getestete Preview-Version lässt noch Raum für Verbesserungen, und Codemasters versprach auf Nachfrage bis zum Release noch diverses Bugfixing und Balancing. MOTO GP ‘06 SYSTEM: XBOX 360 HERSTELLER: CLIMAX, THQ GENRE: RENNSIMULATION RELEASE: JUNI 2006 ONLINE: JA SCHWERPUNKT: VORSCHAU 34 Schnell und schnell gesellt sich gern. Die Königsklasse des Motorradsports feiert ihr Debüt auf dem Geschwindigkeitswunder Xbox 360. Und beschert Fans von Xbox Live feuchte Augen ob der Onlineoptionen. Während bei der Superbike-Challenge auf Serien-Nähe und damit auf die Verkaufszahlen geschielt wird, ist beim Moto GP fast alles erlaubt, was Spaß macht. Allein Gewicht und Hubraum wird vom Reglement festgelegt, der Rest entsteht allein in den Köpfen der Ingenieure und Fahrzeugdesigner. So unterscheiden sich die beiden Klassen ähnlich dramatisch, wie Polyphony Digitals Simulationsbrocken „Tourist Trophy“ und THQ neuster Action-Racer „Moto GP ’06“. Optisch können beide Titel auf ihrer Plattform keine Zeichen setzen, auch wenn das Next-Generation-Spiel natürlich weit besser aussieht, als sein PS2-Konkurrent. Bei „Moto GP ’06“ ist die Anzahl der Mitfahrer wegen der schwachen Prozessor-Leistung wenigstens nicht auf vier beschränkt, doch zu der Perfektion eines „Project Gotham Racing 3“ fehlt noch ein Stück. Die aktuelle Version, die auch auf der GDC zu sehen war, überzeugt in der Nahaufnahme mit vielen Details, einer guten Weitsicht und hervorragenden Effekten. Wirklich Next-Generation wirkt die Grafik aber trotzdem nicht. Immerhin scheinen die Entwickler viel Rechenleistung in die Künstliche Intelligenz gesteckt zu haben. Gerade im Vergleich zu „Tourist Trophy“ fahren die ComputerGegner extrem menschlich und sorgen dadurch für viel Spannung. Auch das eigentliche Gameplay ist im Gegensatz zur Konkurrenz aus dem Hause Sony deutlich einfacher ausgefal- len und schafft es nicht ganz, das Fahrverhalten von Motorrädern wirklichkeitsgetreu auf das Joypad zu übertragen. Dank getrennter Vorder- und Hinterradbremse gelingen trotzdem schon nach kurzer Zeit spektakuläre Fahrmanöver. Im Gegenzug ist „Moto GP ’06“ sehr einsteigerfreundlich und bietet nach oben hin viele Verbesserungsmöglichkeiten, um vor allem im Online-Einsatz zu punkten. Echte Fans des Vorgängers pfeifen nämlich auf die Next-Generation-Grafik und freuen sich schon diebisch auf die ersten Runden im Netz. Schließlich hat „Moto GP 3“ der Popularität von Xbox Live damalds einen gehörigen Schub verpasst. Doch die Messlatte liegt hoch, schließlich hat „Project Gotham Racing 3“ gezeigt, wie packend ein OnlineModus gestaltet werden kann. Bis zur Veröffentlichung bleibt den Entwicklern noch etwas Zeit, um „Moto GP `06“ voll in die Spur zu bekommen. Mit so viel Rechenpower im Hintergrund wäre noch mehr Grafik-Zauber möglich und auch das Geschwindigkeitsfeeling dürfte noch eine ganze Ecke zackiger ausfallen. Denn wer schon einmal auf einer solchen Höllenmaschine gesessen hat, weiß, wie extrem dieses Erlebnis ist. Wenn schon kein Simulationsanspruch gehalten wird, sollte wenigstens das Adrenalin stimmen. Also Motorrad-Fans, alle ganz fest die Daumen drücken. (KM) SEHR GUT! REALISTISCHER, ALS MAN ES FÜR MÖGLICH GEHALTEN HÄTTE - WAHNSINN! COMPUTER BILD SPIELE AB 26. MAI 2006 FÜR XBOX 360™ WWW.ROCKSTARGAMES.DE/TISCHTENNIS © 2006 Rockstar Games, Inc. Rockstar Games, Rockstar San Diego, das Logo, Rockstar Games präsentiert Tischtennis, das Rockstar Games präsentiert Tischtennis Logo und das A Take-Two Company Logo sind Warenzeichen und/oder eingetragene Warenzeichen von Take-Two Interactive Software. Die Microsoft, Xbox, Xbox 360, Xbox Live und Xbox Logos sowie das Xbox Live Logo sind entweder eingetragene Warenzeichen oder Warenzeichen der Microsoft Corporation in den U.S.A. und/oder in anderen Ländern. Alle anderen Marken und Warenzeichen sind Eigentum der jeweiligen Rechteinhaber. Alle Rechte vorbehalten. ROCKSTAR PRÄSENTIERT TISCHTENNIS SYSTEM: XBOX 360 HERSTELLER: ROCKSTAR, TAKE 2 GENRE: SPORTSIMULATION RELEASE: 25. MAI 2006 ONLINE: JA SCHWERPUNKT: VORSCHAU 36 Den Namen Rockstar verbindet die Videospielgemeinde automatisch mit „Grand Theft Auto“. Doch sie können auch anders. Ganz anders! Der eindrucksvolle Beweis ist die mutigste Sportsimulation für die Xbox 360. Style und Tischtennis, das passt eigentlich überhaupt nicht zusammen. Zumindest dann nicht, wenn man an schwitzige Turnhallen, rot-glänzende Sporthosen und den deutschen Tischtennisübervater Jörg Rosskopf denkt. Jenseits dieser muffigen Altlasten allerdings hat sich die Sportart, gerade in Großstädten, still und heimlich gehörig gemausert. Allein in Berlin gibt es vier Ping-Pong-Bars, die ein entspanntes Spielchen zu elektronischer Tanzmusik ermöglichen. Doch nicht nur die Hipster der Großstädte haben die vermeintlich öde Sportart mit ihrer Begeisterung geadelt. Auch in Entwicklerstudios rund um den Erdball wird gerne Tag für Tag stundenlang auf die Kunststoffbälle eingedroschen. Rockstar North macht da keine Ausnahme, nur haben die Jungs und Mädels ein Stückchen weiter gedacht. „Lasst uns ein Spiel daraus machen!“ Kühner Plan, ungewöhnliches Konzept, das mit viel Enthusiasmus auf den Weg gebracht wurde. Der erste Xbox-360-Titel von Rockstar ist also kein „GTA“-Ableger, sondern eine waschechte Sportsimulation mit dem einfachen Titel „Rockstar präsentiert Tischtennis“. So einfach wie der Name ist dabei auch das Spielkonzept ausgefallen. Im Prinzip geht es nur um den sportlichen Wettstreit, Mann gegen Mann. Kein Karriere-Schnickschnack oder komplexe Doppel-Matches. Mit einem Verkaufspreis von 39,99 Euro bewusst im mittleren Preissegment angelegt, soll das Spiel vor allem mit menschlichen Mitspielern begeistern. Egal ob wie bei der Presse-Vorführung mit Freunden oder online über Xbox Live, „Rockstar präsentiert Tischtennis“ lebt von der Herausforderung und will dafür die perfekte Umgebung liefern. Optisch wird dabei geprotzt, was den Titel zu einem der schickeren Vertreter der noch jungen Xbox-360-Geschichte macht. Die Figuren wurden bis ins kleinste Detail modelliert, überzeugen zudem mit wirklich einmaligen Animationen, physikalisch korrekter Kleidung und echtem Schweiß. UNTERSCHIEDLICHE CHARAKTERISTIKEN Die Spielfiguren wurden nicht etwa durch eine teure Lizenz gefüttert und dadurch echten Tischtennis-Stars nachempfunden. Sie sind vielmehr Fantasieprodukte und sollen mit ihren 37 SORGFALT BEIM GAMEPLAY, LIEBE ZUM DETAIL unterschiedlichen Charakteristiken verschiedenste Spiel-Stile möglich machen. Dabei wurde auf kein Klischee verzichtet. Der Schwede Jesper überzeugt vor allem durch seinen kräftigen und schnellen Top Spin, während der Franzose Luc eher als ausgewogener Fighter gilt. Der Chinese Liu Ping entspricht nicht nur äußerlich allen Vorurteilen, sondern kann mit seinem „Penholder“-Stil auch besondere Schläge ausführen. Die Fähigkeiten werden in den Attributen Spin, Aufschlag, Kraft und Präzision zusammengefasst. In der aktuellen Version sorgt das schnelle Gameplay noch dafür, dass der Schwede durch seinen kräftigen Schlag etwas im Vorteil ist. Im Augenblick können starke Spieler dank ihrer hohen Top-Spin-Geschwindigkeit den Druck so schnell erhöhen, dass der Gegner schnell in der Defensive landet. Doch Rockstar arbeitet noch am Balancing und bis zum Release dürften sie diese kleinen Probleme gelöst haben. ZOCKEN MIT DEM SCHERE-STEIN-PAPIER-PRINZIP Apropos Gameplay: Kaum einem Sportspiel ist es je so eindrucksvoll gelungen, die komplexe Spielmechanik aus der Realität so originalgetreu und gleichzeitig leicht verständlich auf das Joypad zu transportieren. Während der Spieler mit dem linken Analogstick die Spielfigur bewegt und die Schlagrichtung bestimmt, wird mit den farbigen Buttons der Spin festgelegt. Passend zur Knopfposition steht Gelb für Unterschneiden, Grün für Top Spin, Blau für Linksdrall und Rot für Rechtsdrall. Je nach Spin-Wert des Charakters und der Zeit, die er für den Schlag hatte, bekommt der Ball ein Effet mit, das der Gegner nun richtig kontern muss. Dank eines farbigen Kondensstreifens können so selbst extreme Schläge wieder auf der Platte platziert werden. Um das Gameplay abzurunden, füllt sich bei erfolgreichen Schlägen die Intensitätsleiste. Ihr Inhalt kann mit der linken und rechten Schultertaste in knallharte Stopps und schnelle Bälle um- Bisher wirkt das Spiel kaum wie eine typische Rockstar-Kreation. Schließlich gibt es keinen coolen Gangster-Style, keinen abgefahrenen Karrieremodus oder wilde Tuning-Optionen. Allein die Sorgfalt beim Gameplay, die Liebe zum Detail, der urbane Grafikstil und die trendige Elektro-Musik tragen deutlich die Handschrift der einmaligen Spieleschmiede. Die Entwickler wollten sich diesmal scheinbar bewusst auf das Wesentliche konzentrieren und liefern Gameplay pur. Gerade bei der Charakterauswahl dürfte diese Entscheidung richtig gewesen sein. Durch die vollkommen unterschiedlichen Figuren wird viel Abwechslung geboten und trotz des einfachen Einstieges so eine enorme Spieltiefe generiert. Ob es aber nötig war, auch das Doppelspiel auszusparen, bleibt fraglich. Auch ist momentan noch unklar, wie umfangreich der Einzelspielermodus ist und wie lang er bei der Stange hält. Es gibt zwar viele optische Gimmicks und Hallen frei zu spielen, doch die einfachen Turniere dürften nach einmaligem Durchspielen schnell langweilig werden. So bleibt „nur“ noch Xbox Live, das mit Online-Meisterschaften und anderen Funktionalitäten die Spieler für Monate fesseln soll. Und wird. (KM) SCHWERPUNKT: VORSCHAU gesetzt werden. Das Spielprinzip erinnert dabei an Strategiespiele, wo man wie bei Schere-Stein-Papier für jeden Angriff einen bestimmten Konter hat. Leider setzt bei der kleinen Platte das Reaktionsvermögen diesem Aspekt enge Grenzen. FIFA FUSSBALLWELTMEISTERSCHAFT 2006 SCHWERPUNKT: KRITIK 38 SYSTEM: MULTIPLATTFORM, XBOX 360 (TEST) HERSTELLER: ELECTRONIC ARTS CANADA GENRE: 3D-SPORTSIMULATION RELEASE: ERHÄLTLICH ONLINE: JA Deutschland ist raus aus der WM. Ja, echt jetzt. Gleich im Achtelfinale gegen England. Wir haben gut gekämpft. Leider fehlte im Elfmeterschießen das letzte bisschen Nervenstärke. Aber man kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen. Es war auch meine Schuld. Die Mannschaft ist ja auch immer der Trainer, oder etwa nicht? Aber nein, Ausscheiden, so früh, das geht nicht. Wie gut, dass man in einer simulierten Umgebung das Turnier nochmal starten kann. Konsolenkicker, freut euch. Electronic Arts (EA) beschert uns ein neues Fußballspiel für die 360. Wie, ihr habt vor Weihnachten zum 360-Launch schon ein „FIFA“ für teures Geld erstanden? Also, da fehlen mir erstmal die Worte... Was darf man nun von der Neuauflage erwarten? Deutschland ist WM-Gastgeber, also ist auch EA zwangsläufig WM-Gastgeber. Hierfür greift der Marktführer als WM-Spiel-Lizenznehmer tief in die Tasche und feuert aus allen Rohren. 127 Teams stehen zur Auswahl und sind durch eine authentische Darstellung von über 100 Nationalspielern und Stars repräsentiert. 18 lizenzierte Stadien dienen als Kampfarenen, darunter alle zwölf offiziellen WM-Stadien aus Deutschland. 35 Songs umfasst die Trackliste des eher schwachen Songpools. WM-Jingle und Fanfare sorgen für TV-Atmosphäre, die zu guter Letzt durch Spielberichterstatter unterfüttert wird. So viel Lizenzierung im Spiel hat ihren Preis, ist zudem an die Vorgaben seitens der FIFA gebunden, was wiederum eine separate Auswertung der WM-Lizenz erklärt und Vereinsspiele obsolet macht. Wichtiger als der Lizenzpoker ist aber die Antwort auf die Frage: Wie spielt es sich denn nun? Wie alle wissen sollten, holt ein WM-Turnier in seinem Verlauf das Beste speziell aus den deutschen Spielern heraus. Aber auch aus mir als Spielertrainer. War ich bislang doch eher emotional unbeteiligt, was dieses alljährliche Erscheinen der Fußballspiele angeht, ist nun ein kleines Feuer in mir entfacht. Die FIFA-Reihe bis 2005 war mir irgendwie zu sperrig. „FIFA Street“ bot immerhin schöne Ballkontrolle, aber die Karriere ließ den langen Atem vermissen. In „FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006“ nun sind die Vorzüge aus beiden Welten vereint. Veredelt durch die Aura des bevorstehenden WM-Turniers, dessen Atmosphäre sofort greift. GESCHMEIDIGE BALLFÜHRUNG Man wähle das Land seiner patriotischen Träume. Entscheide, ob man gleich ins WM-Turnier einsteigt. Oder beginne ganz am Anfang mit der entsprechenden Qualifikationsrunde. Hierbei lässt sich die Gruppenauslosung bei Bedarf komplett erneuern. Je nach persönlicher Ausdauer lässt sich die Spiellänge und -geschwindigkeit verkürzen oder der echten Partielänge anpassen. Dann folgt die Zusammenstellung des Kaders. Ein Manager-Modus ist wie beim Vorgänger nicht enthalten, doch Statistiker und Strategen kommen hier trotzdem nicht zu kurz. Zwischendurchspieler hingegen sollten schon mal die eine oder andere Minute in die Team-Strategie investieren, wenn sie langfristig gut eingestellte Top-Mannschaften knacken wollen. Per D-Pad lässt sich nämlich im Spiel blitzschnell die Taktik ändern und damit auch das Angriffspotenzial erhöhen. Die deutsche Mannschaftsaufstellung offenbart jedoch, dass man als Entwickler nicht immer auf der Höhe der Zeit sein kann. Unser Olli ist hier immer noch die Nummer Eins im Tor und Jens Lehmann statistisch deutlich schlechter eingestuft. Die Ballführung hinterlässt einen geschmeidigen Eindruck. Die übliche Tastenbelegung ist mit Freestyle-Elementen und Sprintkontrolle gekreuzt. Diese Kombination aus klassischer und neuer Steuerung lässt einen fast immer Herr des Geschehens bleiben. Außer beim Schuss. Hier entscheidet man ein- 39 ERSTKLASSIGE ANIMATIONEN, TROTZDEM ZU HOMOGEN Saubere Spielerkontrolle ist ein wichtiger Aspekt, um sich wohlzufühlen. Ansehnliche Bewegungen ein anderer. Hier zahlt sich EAs Lizenzierung einmal mehr aus. Die Qualität der Animationen für sich genommen ist schon erstklassig. Doch wenn sich Topspieler anhand ihrer charakteristischen Bewegungen und Finessen identifizieren und bewegen lassen, dann wird es großartig. Rein optisch hat sich seit „FIFA 06: Road to FIFA World Cup“ nicht allzu viel verändert. Die Grafik ist an diversen Stellen poliert worden. Die Gesichtsdetails der Spieler sind zwar gleich geblieben, der starre Blick der Augen in der Nahansicht ist löblich eliminiert. Die Framerate ist flüssig und die abgehackten Replays gehören der Vergangenheit an. Die Stadien sind bis auf den letzten Platz gefüllt und es ist eine Menge Bewegung auszumachen. Jedoch kommt alles ein wenig zu homogen daher, und auch die verringerte Schärfentiefe täuscht nicht darüber hinweg, dass es hier noch mehr Leben- POPWISSEN TORWARTFRAGE digkeit geben könnte. Zur authetischen Stadionatmosphäre einer Rasenhatz steuert EA nicht nur eine absolut stimmige Zuschauergeräuschkulisse in voller Surroundqualität bei, sondern natürlich auch zwei Spielberichterstatter. Dieser Aufgabe wurden Sebastian Helmhold und Tom Bayer zuteil, die den Phrasenanteil nicht überstrapazieren und generische Wiederholungen im erträglichen Maß halten. Schwachpunkt ist hier in vielen Spielsituationen der oftmals asynchrone Kommentar zum Spielgeschehen. Nach der WM ist vor der WM. Oder auch noch früher. Weitere Spielmodi sind „Elfmeterschießen“ und „Globale Herausforderung“. In letzterem gilt es, missionsbasiert in 40 Klassikern der WM-Geschichte unter bestimmten Vorgaben zu bestehen. Die Partien aus früheren Endrunden oder Qualifikationen sind mit Haupt- und Nebenaufgaben behaftet. Ein Belohnungssystem sorgt dafür, wie übrigens auch im normalen WM-Modus, dass ein Punkte-Konto aufgebaut werden kann. Im FIFA-Shop können damit dann Goodies oder Spieler für den „Jetzt-Spielen“Modus eingekauft werden. Vernetzte Partien sind online mit bis zu sieben anderen Sportfreunden möglich. Und auf Xbox Live warten natürlich zahlreiche Achievements. (MK) MARTIN KARRAS NACH DEM SPIEL IST VOR DEM SPIEL Immersion hin und her – die Grenzen des Mediums Videospiel werden immer wieder durch die Realität definiert. So auch im Fall von Oliver Kahn und Jens Lehmann. Der eine ist in „FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006“ noch der gefeierte Chef im Tor, obwohl es in der Realität mittlerweile der andere ist. Kahn-Fans freuen sich also über ein bisschen Gerechtigkeit. Lehmann-Jünger wechseln den Jens trotz unverhältnismäßig schlechter Spielerstatistik umgehend ein. So spielt das Leben. (CG) Anstatt zum Launch der Xbox 360 nur einfach in die Straße zur Weltmeisterschaft einzubiegen, wäre EA besser gleich am Stadion angekommen. „FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006“ ist das Spiel, was „FIFA 06: Road to FIFA World Cup“ eigentlich bereits hätte sein müssen. Dafür gehört der Nachfolger ohne Frage in jede ordentliche Sportspielesammlung. Die saubere Spielsteuerung und die stimmige Atmosphäre hinterlassen spielerisch einen begeisternden Eindruck. Die Aura der Weltmeisterschaft im eigenen Land dürfte weit über das Ende des Turniers hinaus nachwirken und für anhaltenden digitalen Spielspaß sorgen. Das Belohnungssystem ist mir jedoch nicht motivierend genug. Und auch, wenn durch die Verkomplizierung der Lizenzen beide Spiele ihre Berechtigung haben, so verspüre ich leider bei keinem der beiden Titel so richtiges Next-GenFeeling. Volle Konzentration auf einen Titel hätte womöglich Wunder gewirkt. Wie heißt es so schön: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. SCHWERPUNKT: KRITIK zig über die Schusshöhe und ist ansonsten dem Einfluss von Schussstärke und -genauigkeit beraubt. Diese werden automatisch von der Güte des Nationalspielers beeinflusst. RUMBLE ROSES XX SCHWERPUNKT: KRITIK 40 SYSTEM: XBOX 360 HERSTELLER: YUKE’S ENTERTAINMENT, KONAMI GENRE: ACTION RELEASE: 18. MAI 2006 ONLINE: JA Busen, Brüste, Möpse, Glocken … Titten, Titten, Titten – und immer an den Spieler denken. Irgendwie drängt sich einem schnell der Eindruck auf, dass es dem Entwickler bei „Rumble Roses XX“ um nichts anderes geht, als die reine Zurschaustellung fast nackter Frauen zu zelebrieren. Die holde Damenwelt, degradiert zu willigen, geilen Sexobjekten. Und dann catchen sie auch noch! Ohne Schlamm zwar, aber oft genug eng umschlungen im Ring liegend. Ein virtueller Softporno, umhüllt von einem Sportspiel. Jeder Fetisch wird befriedigt: Krankenschwester, Cowgirl, Japano-Schulmädchen, Ninja-Braut, Lehrerin und was auch immer man(n) noch so auf die technisch fantastisch inszenierten Kämpferinnen projiziert. Diese Beschreibung wäre der einfache Weg, direkt durch die Mitte. Tatsächlich stimmt das alles zu einem guten Teil auch. Tatsächlich aber ist „Rumble Roses XX“ auch ein echt spannendes Sportspiel, das gerade durch seine Einfachheit bei den Kampftechniken zu punkten versteht. Hier dominieren keine hoch komplexen Y-Button-X-Button-Trigger-Links-Rechts-Rechts- Oben-Unten-Manöver. Der X-Button ist fürs Schlagen und Treten, der Y-Button fürs Greifen. Den R-Trigger führt den Block aus und in Kombination mit den beiden Buttons gedrückt einen Konter. Beim Gekloppe und Gequetsche wird zudem ein Energiebalken ausgeladen, der via L-Button in diverse, aufwendig inszenierte Powerattacken umgemünzt werden kann. So gesehen ist „Rumble Roses XX“ fast eher ein Brawler, ein sehr straightes Prügelspiel, eingezwängt in den Catch-Ring. Der ist mal auf einem Hochhausdach, mal in der Wüste. Außerdem gibt es Käfig-Matches, als Straßenkampf angelegt. Hier ändert sich das Gameplay: Jeder Spieler hat einen Energiebalken, der im klassischen Beat-em’up-Stil mit jedem Treffer schwindet. In allen anderen Modi kann ein Spiel nur gewonnen werden, wenn die Gegnerin für drei Sekunden an den Ringboden gequetscht wird. Egal, wie. Fiese Beinscheren, umfassende 720Luftschleuder-to-Fakie-zwischen-den-Brüsten-Klemm-Manöver oder einfach nur ein straighter Schlag mit dem Unterarm auf dem Kehlkopf, gefolgt von einer innigen Kuschelei – das Repertoire ist schier unerschöpflich. Überhaupt spielen sich die Charaktere ziemlich unterschiedlich, was der Motivation dienlich ist, mit allen Mal gespielt haben zu wollen. 41 Wirklich glänzend ist neben der hervorragenden Optik während der Kämpfe (die mäßige Fortbewegungs-Animationen der Charaktere ausgeblendet) die große Zahl möglicher Spielmodi, die neben simplen Kämpfen auch Tag-Team, Battle-Royal oder Elimination beinhalten. Zudem gibt es eine kleine Insel, auf der ein Kampf nicht einfach nur mit einer Niederlage endet, sondern die auch noch bestraft wird. Vorher festgelegt, muss die Unterlegene nun zum Beispiel sexy rumposen oder sich unter einer Limbostange herbiegen. Die Siegerin (oder besser: der Sieger) kann nun in den Voyeurmodus schalten und der Catcherin tief ins Dekollté oder zwischen die Beine zoomen. Für Xbox-Live-Spieler bietet „Rumble Roses XX“ zahlreiche Entfaltungsmöglichkeiten. Neben Einzel- und Mehrspielermatches können auch softpornografische Fotografien präsentiert und durchstöbert werden, heimlich geschossen in der nicht abgeschlossenen Umkleidekabine der offenherzigen Girls. (CG) POPWISSEN SCHLAMMAZONEN Frauen-Wrestling ist auch in der Realität mittlerweile nichts Ungewöhnliches mehr. Im Wrestling-Mutterland USA sind die kämpfenden Amazonen sehr gut verdienende Stars. Allerdings lässt sich nicht leugnen, dass reale Catcherinnen nicht selten ähnlich artifiziell aussehen, wie ihre virtuellen Pendants. Da macht auch der großbrüstige WWE-Superstar Trish Stratus keine Ausnahme. Und im Schlamm wälzt sich die Dame auch noch gerne. (CG) CHRISTIAN GACA SPIELBARES PLAYBOY-HEFT Hach, könnte ich doch noch einmal 13 Jahre alt sein. Dann würde mir ein Spielchen wie „Rumble Roses XX“ wahrscheinlich viele Tage stetig wachsendes Vergnügen bereiten. Leider bin ich mehr als doppelt so alt. Habe eine Freundin. Und somit auch keinen erkennbaren Grund, mich diesem spielbaren Playboy-Heft länger zu widmen. Ist mir ernsthaft ein bisschen zu offensichtlich darauf ausgelegt, virtuellen Girls auf die nur spärlichst verhüllten Geschlechtsteile zu starren, während man nebenbei ein gutes, aber eben nur durchschnittliches Kampfspiel absolviert. Ein motivierenderer Verteilschlüssel für die Achievements hätte mich vielleicht noch etwas länger bei der Stange gehalten. Gerade wenn es online etwas zu gewinnen gäbe. So aber ist „Rumble Roses XX“ ein schneller, heftiger Flirt ohne sexuelle Handlungen gewesen. Nicht mehr, nicht weniger. SCHWERPUNKT: KRITIK Ist ein Kampf siegreich absolviert, steigt die Bekanntheit und es fließt Geld in die virtuelle Kasse. Eine hohe Popularität hilft dabei, den Boss-Kampf mit Lady X zu bekommen. Die Dame taucht nach dem Zufallsprinzip auf. Ist sie erledigt, gilt das Spiel mit einer Catcherin als abgeschlossen und es gibt ein 10-Punkte-Achievement. Bei über 20 Kämpferinnen ist das schwer verdienter Erfolg. Mit der virtuellen Kohle dürfen im Shop Kostüme, Bikinis und sonstige „ein Hauch von Nichts“Kleidungsstücke gekauft werden. Ist der Laden leer geräumt, gibt es hierfür Achievements, ebenso hart erkaufte übrigens. Geschicklichkeit Zahllose Menschen, die heute um die 30 Jahre alt sind, verbinden Videospiele mit ihrem Gameboy und Tetris. Dabei bietet das Knobel-Genre so viel mehr als nur herunter fallende Blöcke. 43 FOKUS: INTRO Auf der Suche nach des Rätsels Lösung Am Anfang war das Universum schwarz und leer. Bis die ersten Raumschiffe auftauchten und sich gegenseitig in Stücke schossen. Die Faszination für das neue Medium der Videospiele griff schnell um sich, und in Anbetracht des wirtschaftlichen Potenzials schürften die Pioniere unermüdlich nach Spielideen, die sie nicht nur in den populären Science-Fiction- und FantasyWerken fanden. Auch die Realität bot massenhaft Ansätze. Von Kalle Max Hofmann S o wurden über erste Sport-, Auto- und Ballerspiele ganze Genres geboren, die bis heute fast unverändert weiter existieren. Aber das konnte doch noch nicht alles sein? Um die ersten Konsolen auch als pädagogisch wertvoll vermarkten zu können, bot Atari erste Denkspiele an, die sich aus dem Dunstkreis der Brettspiele und Rätselhefte rekrutierten: „Othello“, „3D Tic-Tac-Toe“ und sogar Kopfrechnen waren gefragt. Beim Lösen simpler Rechenaufgaben per Joystick in „Basic Math“ wurde dem letzten Zweifler klar: Spiele müssen Spaß machen und außerdem mehr bieten, als leibhaftige Gegenspieler halbherzig ersetzen zu wollen. Also wieder ballern, Autorennen und... Moment mal! Was wollte „Q*Bert“ sein? In diesem Gottlieb-Automaten von 1982 steuerte der Spieler ein orangefarbenes Kugelwesen mit Rüssel, dass die Felder einer isometrischen Pyramide durch herumhopsen umfärben musste. Abgefahren, und definitiv absolut realitätsfremd. Nachdem Berts Ausruf „@!#!@!“ das @-Zeichen schon früh zum Kult gemacht hatte, ging der Folgetitel noch einen Schritt weiter in Richtung Eigenständigkeit. In „Q*Bert’s Cubes“ galt es, bunte Würfel in Rotation zu versetzen, um gleichfarbige Fünferreihen zu bilden. Es zeichnete sich also ab, dass eine Kombination von Strategie und Geschicklichkeit als Spielgenre funktioniert. Allerdings: Einen Funken Innovation vorausgesetzt, den beispielsweise eine Umsetzung des Massenphänomens „Rubik’s Zauberwürfel“ als VCS-Modul („Atari Video Cube“, 1982) vermissen ließ. Diese geballte Innovation kam dann im Jahr 1985. Als Revolution. Als „Tetris“. Die Idee des Russen Alexey Pajitnov basierte zwar auf dem Prinzip des Geduldsspiels „Pentamino“, das jedoch durch wenige Kniffe zum wohl perfektesten Videospiel aller Zeiten transformiert wurde. Nun fiel es Programmier- 45 SPIELPRINZIPIEN MIT EXTREMEM SUCHTPOTENZIAL Für Spielhallen war das Puzzle-Genre ohnehin ideal. Es wurde zum Inbegriff von leicht zu verstehenden Spielprinzipien mit extremem Suchtpotenzial. Kein Wunder, dass nun auch althergebrachte Ideen des Genres der „anderen“ Spiele recycelt wurden. In der Eckkneipe konnte man nun nach dem Schema des seligen „Qix“ (Taito, 1981) nackte Frauen auf die Videoschirme zaubern. Das Prinzip des Eisenbahner-Oldies „Loco-Motion“ (Centuri, 1982) wurde zum Klempner-Epos „Pipe Mania“ gewandelt. Innovativer zeigte sich Taito mit der „Puzzle Bobble“-Serie (hierzulande als „Bust-A-Move“ bekannt). Das „Tetris“-Feld wurde für den Neo-Geo-Titel auf den Kopf gestellt, damit die niedlichen Helden aus „Bubble Bobble“ mit ihrer Ballonkanone Ordnung ins bunte Chaos bringen konnten. Eine ähnliche Zweitvermarktung nutzten Capcom in „Super Puzzle Fighter II“ (Charaktere aus „Street Fighter“ und „Darkstalkers“), Namco in „Pac Attack“ sowie Sega und Nintendo im jeweils identischen Spiel „Dr. Robotniks Mean Bean Machine“ bzw. „Kirby’s Avalanche“ – das auf dem damals nur in Japan erhältlichen „Puyo Pop Fever“ basierte. Abseits der zahlreichen Klone und absurder Namensverwirrungen ist das weit gefasste Feld der Puzzlespiele gerade an den Grenzen FOKUS: KNOBELN ern auf der ganzen Welt wie Schuppen von den Augen. Unter Verwendung der Ansätze von Farben, Blöcken, Feldern und ein wenig Action kam es zur Explosion des Puzzle-Genres. Neben einer unüberschaubaren Menge an Kopien und Nachfolgern des Ur-„Tetris“ sprang als erstes das Subgenre der Tetroiden ins Auge – Variationen des Themas der kombinationsbasierten Auslöschung herunterfallender Elemente. Als besonders gelungene Vertreter dieser Gattung sind Segas „Columns“, Ataris „Klax“ und Nintendos „Dr. Mario“ zu nennen. Mit „Hatris“ legte Pajitnov selbst eine Hochstapelei im Arcade-Format nach – schließlich gingen die Gewinne für Tetris komplett an den Kreml, und auch in Russland musste die Butter ja irgendwie aufs Brot kommen. zu anderen Genres immer wieder für ehrliche Innovationsgranaten gut. Allen voran „Lemmings“, das bei seinem Erscheinen auf Amiga und Atari ST sowohl Mausbedienung als auch das Prinzip der indirekten Figurenkontrolle kultivierte. Bei der Rettung der suizidgefährdeten Wuscheltiere fanden erstmals Elemente der Echtzeitstrategie ihren Weg ins Genre. Mit „Kula World“ auf der Playstation präsentierte sich das Genre zum ersten Mal in sinnvoller Dreidimensionalität. Das ausgefuchste „Chip’s Challenge“ auf Ataris glücklosem Lynx-Handheld lehnte sich optisch an Actiontitel wie „Gauntlet“ an, kostete aber mehr Gehirnzellen als „Minesweeper“. Und zeigte zudem öden Kistenschiebern wie „Sokoban“, was Abwechslung für den Spielspaß tatsächlich bedeutet. Heutzutage wird unterwegs mit der Playstation Portable dank „Exit“ im Stealth-Gewand gepuzzelt, während „Dr. Kawashimas Gehirn Jogging: Wie fit ist ihr Gehirn“ auf dem Nintendo DS das Aussterben von Rätselheftchen auslösen könnte. Ob das Genre zukunftssicher ist, klärt die momentane „Next Generation“ in Form der Xbox 360 endgültig: Jede Festplatte ist ab Werk mit Alexey Pajitnovs neuestem Streich „Hexic HD“ bestückt, einem Hexfeld-Knobelspielchen von allerbester Qualität. Die Xbox Live Arcade ist ohnehin eine erstaunlich stark genutzte Fundgrube für adrenalinsüchtige Knobelfreunde. Realismus ist eben doch nicht alles. Mal schauen, wie sich „Tetris“ irgendwann auf dem Holodeck spielen wird? Die Lust nach dem FOKUS: STEUERUNG 46 Von Martin Eiser E s waren noch drei Monate bis zum Deutschlandstart des Gamecubes, aber Handel und Presse durften ihn bereits im Februar auf der Nürnberger Spielwarenmesse bestaunen. Mein Tag auf der Messe sollte mich eigentlich nur darin bestärken, dass mir weder Nintendo noch Microsoft einen Kaufgrund für ihre neuen Konsolen liefern können. Doch es kam anders. Zwar hat mich mein Lieblingsmonopolist nicht im Stich gelassen und präsentierte übliche Verdächtige sowie Mittelmaß, jedoch ließ mich eine Spielstation von Nintendo nicht mehr los. Darauf lief: „Super Monkey Ball“. Es war Liebe auf den ersten Klick. Auch wenn ich schon immer ein Faible für Geschicklichkeitsspiele hatte, so fühlte es sich diesmal nicht so an wie sonst. Es machte sich ein Gefühl in mir breit, das ich schon lange nicht mehr gespürt hatte – ein bisschen so, als wären viele kleine Schmetterlinge im Bauch. Natürlich ist es durchaus möglich, dass meine Affinität zu abstrusen Spielideen dieses ungewohnte Gefühl bestärkte. Und einen quiekenden Affen in einer Kugel auf Zeit durch einen Hindernisparcours zu jagen, war definitiv ungewöhnlich. Aber nach wenigen Minuten gab es keine Zweifel mehr: Ich hatte mich verliebt. Kein Spiel von Nintendo, sondern Segas „Super Monkey Ball“ war meine persönliche Killer-Applikation für den Gamecube. Ein Fellknäuel, das auf den einfallsreichen Namen AiAi hört, wäre ein Grund gewesen, am 3. Mai 2002 bereits ab 6 Uhr morgens hysterisch an der Tür eines Elektrowarengeschäfts zu rütteln, um als Erster hungrig nach Einlass zu betteln. Getan habe ich allerdings nichts dergleichen, schließlich gab es als Schüler einen Ruf zu verlieren. Außerdem war ich pleite. Happy End und Traumhochzeit folgten dann verspätet im Herbst. Doch zunächst waren mir noch die Stunden auf der Äffchen war unersättlich 47 FOKUS: LIEBESGESCHICHTE Messe vergönnt, die ich mit dem kleinen Äffchen verbringen durfte. Die Lust nach mehr schien unersättlich. Obwohl „Super Monkey Ball“ kaum mehr war als eine neu durchdachte Umsetzung des mechanischen Kipp-Kugel-in-Loch-Prinzips, blieb meine Faszination von dieser Erkenntnis unberührt. Gedankenversunken taumelte ich zwischen Frust und Freude. Mal lief es glatt und die Kugel samt AiAi rollte brav ins Ziel. Viele andere Male jedoch stürzte der arme Primat ins Bodenlose. SEIN SCHMERZ WURDE ZU MEINEM SCHMERZ Doch wer aufgibt, hat schon verloren. Sicher, dieser Spruch wird reichlich naiv in jeder noch so aussichtslosen Situation immer wieder gern angebracht, aber ich war nichtsdestotrotz hoch motiviert, meinen zwei linken Händen zu trotzen und das Unmögliche möglich zu machen. Die Aufgabe lautete schließlich, den Affen ins Tor zu rollen und wie die Goldmarie das Brot von Frau Holle vor dem Verbrennen rettete. So gehorchte auch ich – ebenfalls einfaches Mädchen vom Lande – und versuchte mein Bestes. Schweißperlen standen mir im Gesicht, aber meine Mühen wurden regelmäßig belohnt. Wenn AiAi nach bestandener Aufgabe freudig strahlte und wild quietschte, freute auch ich mich. Doch nicht nur in guten Zeiten, auch in dunklen Stunden seines tristen Daseins blieb ich an seiner Seite. Befand er sich nach einer unbedachten Bewegung im freien Fall über die Bande, so wurde sein Schmerz auch zu meinem Schmerz. Die wenigen Stunden auf der Messe verbrachte ich tatsächlich die meiste Zeit mit meinem putzigen neuen Freund. Im Geschwindigkeitsrausch vergaß ich, dass es weit mehr zu sehen gab – auch Titel, über die ich als Journalist vielleicht doch besser hätte berichten sollen. Es stellte sich zwischendurch auch tatsächlich einmal ein schlechtes Gewissen ein, aber just in dem Moment kam ein Kollege und wir probierten den Mehrspielermodus aus. Meine monogame Liebesbeziehung zu „Super Monkey Ball“ wandelte sich nach ein paar Runden schnell in Polygamie. Im Testosteronrausch wollte jeder von uns beiden mit seinem tierischen Kameraden höher fliegen, schneller boxen und weiter rollen. Jawohl, der kleine AiAi glänzte nicht einfach nur durch Rollen. In den Minispielen konnte er beispielsweise mit geöffneten Kugelkappen elegant gleiten oder im Kampf dank der mit einem Boxhandschuh gepimpten Kugel kräftig austeilen. Leider kam die Zeit des Abschieds und die Messe begann sich zu leeren. Im Hintergrund beschallte Nintendo den gegenüberliegenden Stand von Microsoft mit „We are the Champions“. Mich zumindest hatten sie erobert oder viel mehr geraubt. Mein Herz wurde mir mit dem Hinweis herausgerissen, dass ich es mir Anfang Mai im Laden wieder abholen darf. Die Vorrauszahlung, die ich damals leistete, sollte sicherstellen, dass ich treu bleiben und kein anderes Spiel so begehre würde, wie ich Segas Affenroller begehrte. Und obwohl die lange Wartezeit auf Grund der bereits erwähnten finanziellen Engpässe unsere Beziehung auf eine harte Probe stellte, blieb ich stark. Selbst heute hat AiAi noch einen großen Platz in meinem Herzen nur für sich reserviert. Mindestens einmal im Jahr gehen wir auch heute noch gemeinsam auf die Piste und er spornt mich an, doch noch den dritten Schwierigkeitsgrad zu knacken. Aber vielleicht ist es auch gut so wie es ist. Eine belastbare Beziehung lässt den Partnern immer noch ein paar Geheimnisse. So bleibt es spannend. DR. KAWASHIMAS GEHIRN-JOGGING FOKUS: KRITIK 48 SYSTEM: NINTENDO DS HERSTELLER: NINTENDO, NIKOLI GENRE: DENKSOFTWARE RELEASE: 9. JUNI 2006 ONLINE: NEIN Eigentlich ist es ja Glück für Nintendo, dass wir „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“ überhaupt besprechen. Schließlich wird von den Japanern permanent unterstrichen, dass „Gehirn-Jogging“ kein Videospiel sondern eine Software zum Gehirntraining ist. Etwas sperrig beschrieben zwar, aber, typisch für Nintendo, ein substanziell neuer Blickwinkel. Das fängt schon damit an, dass man den Nintendo DS fortan wie ein aufgeschlagenes Buch durch die Gegend trägt, um Gehirn-Jogging zu machen. Software zum Hirntraining also. Das hört sich anfangs etwa so viel versprechend an, wie die Option auf eine Liebesnacht mit Familienministerin Ursula von der Leyen. Doch ist die Alterstruktur des Gehirns erst von Dr. Kawashima in einem Anfangstest analysiert, paaren sich Verzweifelung mit Mut und Ehrgeiz. Da sagt mir das doofe Programm doch glatt: „Sie sollten besser aufpassen! Ihr Hirn benötigt dringend Hilfe!“. Immerhin, mein geistiges Alter entspricht 49 Jahren. Ein Kollege landet spontan auf dem Niveau eines 80-Jährigen, sein Gehirn ist „ziemlich geschwächt“. Aber Dr. Ryuta Kawashima zufolge darf man nicht verzweifeln, denn „wenn Sie täglich trainieren, werden Sie sich verbessern“. Hoffen wir, dass er Recht behält. Fortan unterbrechen rund zehn Minuten Training mit diversen Intelligenzübungen den Tagesablauf. Die verschiedenen Übungen schalten sich nach und nach frei, werden dabei immer variantenreicher. Schnellrechnen mit dem kleinen Einmaleins, simple Farbtests, Zahlenspielereien, Assoziationsaufgaben, das laute Vorlesen kleiner Textpassagen wechseln sich je nach persönlicher Vorliebe ab. Die Ergebnisse müssen meist mit dem Stylus in Handschrift auf den DS gekritzelt werden. Die Erkennung funktioniert dabei erstaunlich präzise, wobei es zwei Schnitzer gibt. Zum einen erkennt das Programm eine „7“ deutlich besser, wenn sie so wie gerade gelesen aufgeschrieben wird, also ohne zusätzlichen Strich. Zweites Problem: Rechenergebnisse müssen immer von vorne nach hinten eingegeben werden. Die 10-jährige Tochter eines Freundes, in der Schule immer sehr gut im Rechnen, verzweifelte verärgert am Einstufungs-Rechentest von „Gehirn-Jogging“, weil das Programm bei ihrer Schreibweise das Ergebnis von 9 x 4 nicht als 36 erkannte, sondern als 63. Werden die Resultate in den Nin- tendo DS gesprochen, funktioniert die Erkennung des Gesagten zumeist bestens. Nur gelegentlich macht sich Frustration breit, weil die Aussprache einiger Mitmenschen nur teilweise mit dem Nintendo DS kompatibel zu sein scheint. Und das trotz der Versicherung von Nintendo, dass selbst Akzente ordentlich interpretiert werden. Ab von diesen kleinen Problemchen erfüllt „Gehirn-Jogging“ vortrefflich seine Mission. Binnen zehn Tagen hatte ich das Alter meines Gehirns von anfangs 49 Jahren auf 24 Jahre runtertrainiert. Intelligenter bin ich darüber wohl nicht geworden. Meine mathematischen Assoziationsfähigkeiten aber haben sich deutlich verbessert, ebenso das Einschätzungsvermögen im Hinblick auf Mengenverhältnisse. Eine Sache noch am Rande: Ein komplettes Sudoku-Spiel, perfekt abgestimmt auf den Touchscreen, gibt es gratis dazu. Sudoku gehört zwar nicht zum eigentlichen Gehirntraining, ist aber Herrn Kawashimas Ansicht nach auch nicht schädlich, weil es „die Aktivität der Stirnlappen deutlich steigert“. Und Lebenslerntipps hat der Doktor auch immer wieder mal parat: beim Zähneputzen solle man mitzählen, wie oft die Bürste hin- und herbewegt wird. Das stärke die Hirnaktivität. Zum Glück putze ich immer artig die Zähne. (CG) CHRISTIAN GACA BEGEISTERNDE LERNSOFTWARE Ich wage mal die kühne These und behaupte, dass „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“ hierzulande ein ebenso riesiger Erfolg wird wie es in Japan bereits einer ist. Die Einfachheit der Lernsoftware (und das ist „gehirn-Jogging“ am Ende des Tages), verbunden mit einem fast perfekt funktionierenden, intuitiven Eingabesystem und einem Hauch Wettbewerb löst einfach bei vielen Menschen binnen Minuten große Begeisterung aus. Vor allem bei jenen, die sonst eher wenig mit Videospielen zu tun haben. Schafft es Nintendo, seine Botschaft zu vermitteln, dass es sich bei „Gehirn-Jogging“ um ein Spiel handelt, das explizit gut für das Gehirn ist und auch noch Spaß macht, dann steht dem Erfolg nichts im Wege. Vorsicht ist natürlich geboten, schließlich dürfen nicht alle anderen Nintendo-Produkte fortan als dumm machende Software gelten. Wenn man sich ihnen ohne Anleitung und im Exzess ausliefert, sicherlich. Geschickt eingesetzt, können sie eine Bereicherung sein. Zur Förderung der geistigen Leistungsfähigkeit eignen sich allerdings nicht beliebige Videospiele. Herr Dr. Lehrl, wie kommt ein Psychologe dazu, sich so vehement für ein Videospiel einzusetzen? Wer anders als ein Psychologe ist von der Ausbildung her Experte, wenn es um geistige Fitmacher geht? Ich setze mich nicht für Videospiele allgemein ein, sondern nur für ein bestimmtes, weil es die geistige Leistungsfähigkeit steigert: Es aktiviert den Arbeitsspeicher, beschleunigt den Vorgang durch begleitende Bewegungen und passt sich den individuellen Fähigkeiten an. Außerdem dauert es nicht zu lang, dokumentiert den Erfolg und macht aus all diesen Gründen Spaß. Was es gegenüber vielen Werbeversprechen zu Produkten für geistige Fitness auszeichnet: Begleitende neurowissenschaftliche Messungen der Hirnaktivitäten haben belegt, dass es wirklich die Hirnteile am stärksten anregt, die es am nötigsten haben, die Stirnlappen. Ist „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“ ihr erster Kontakt mit Videospielen? Nein. Ich habe schon vor 25 Jahren Gehirn-Jogging-Software für Heim-PCs entworfen und ihre Wirkung an gesunden und kranken Erwachsenen überprüft. Die Ergebnisse, die damals bei weitem nicht so ausgefeilt waren wie das jetzige „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“, wurden in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht. Zur Breitenanwendung fehlten den in meinem Arbeitskreis entstandenen Versuchen aber einige wichtige Merkmale. Bei dieser Vorgeschichte an Entwicklungsversuchen bleibt es nicht aus, im Hintergrund zu verfolgen, ob sich als geistige Fitmacher funktionale Videospiele herausbilden und selbst das eine oder andere Spiel auszuprobieren. Hätte ich früher etwas Geeignetes gefunden, hätte ich mich schon für seine Verbreitung eingesetzt, weil ich als Vorsitzender der Gesellschaft für Gehirntraining e.V. satzungsgemäß zur Förderung wissenschaftlich fundierter Maßnahmen verpflichtet bin. Es wird immer wieder gerne pauschalisiert davon geredet, dass Videospiele dumm machen. Wie stehen Sie dazu? Vieles in „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“ wirkt auf den ersten Blick wie ein aufgehübschter IQ-Test. So soll es auch sein. Intelligenz lässt sich am effizientesten fördern, indem man Intelligenzleistungen erbringt. Die Spieler werden die Übungen aber nicht als befremdliche künstliche Aufgaben aus dem Psycholabor empfinden, sondern als kurze herausfordernde Spielchen, die sie gleich in ihren Bann ziehen. Sehen Sie Möglichkeiten, dass „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“ ernsthaft in der Therapie eingesetzt werden kann, etwa von Neurologen oder Psychologen? Zur Wiederherstellung von Jugendlichen und Erwachsenen mit Hirnleistungsstörungen in jedem Alter. Besonders auch begleitend zur Behandlung von Personen mit leichten bis mittelschweren Altersdemenzen, etwa Alzheimer. Zu denken ist auch an den Einsatz bei Parkinson-Erkrankung. Zu mancher dieser Erkrankungen kommt es gar nicht erst, wenn man vorher mit dem Training beginnt. So zeigen Großstudien, dass geistig Fitte viel seltener an Altersdemenz erkranken, als die Menschen, die sich geistig treiben lassen. Was sagen ihre Kollegen zu ihrem Engagement für „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“? Kann ich nicht sagen, weil ich sie nicht gefragt habe. Wer aber mit Beratung zu tun hat, wird zustimmen, dass es meist nur hilfreich ist, konkrete Ratschläge mit Nennung von Produktnamen zu erteilen. Wenig nützlich sind hingegen allgemeine Aussagen wie: „Sie müssen etwas für Ihre geistige Fitness tun. Am besten trainieren Sie mit einem geeigneten Spiel.“ Aber was ist geeignet? Deshalb braucht man ja den Experten. Was machen Sie persönlich, um geistig fit zu bleiben? Kopfarbeit erledigen: Recherchieren, was es Neues gibt, um fit zu bleiben; darüber schreiben, reden und vortragen. Wenn ich mich dazu nicht aufraffen kann, fünf bis zehn Minuten GehirnJogging. Danach läuft meist vieles wieder wie von alleine. Und – für die langfristige geistige Fitnesserhaltung wichtig – nach anderthalb bis zwei Stunden kurz entspannen. Wenn vorher schon Unlustgefühle auftraten, dann früher eine Pause einlegen. Damit es danach in neuer Frische weitergeht. Das Gespräch führte Christian Gaca. 49 FOKUS: GESPRÄCH „Gehirn-Jogging fördert insbesondere fluide Intelligenz“ Hilft „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“ im Gegensatz dazu, intelligent zu werden? Jedenfalls. Denn zur Erhaltung und Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit wurde es unter wissenschaftlicher Kontrolle entwickelt. Insbesondere fördert es die fluide Intelligenz. Das ist die Fähigkeit, schnell, umsichtig und präzise neue Probleme zu lösen, also geistig flexibel zu sein, wie es die Gesellschaft zunehmend ihren Bürgern in jedem Lebensalter abverlangt. Hingegen spielt viel von dem Wissen, das in der Schule und ersten Berufsausbildung vermittelt wird, in einer Zeit des lebenslangen Lernens eine untergeordnete Rolle. TRAUMA CENTER: UNDER THE KNIFE FOKUS: KRITIK 50 SYSTEM: NINTENDO DS HERSTELLER: NINTENDO GENRE: 3D-SIMULATION RELEASE: ERHÄLTLICH ONLINE: NEIN Hoch konzentriert sitze ich im Flugzeug nach Berlin. Die offenbar ebenso interessanten wie kompliziert anmutenden, schnellen Bewegungsabfolgen des kleinen Plastik-Stylus auf dem DS-Bildschirm machen den Business-Menschen rechts neben mir neugierig. „Na, nach Terminverwaltung sieht das aber nicht aus, was“, stellt er altklug fest. Natürlich hat er Recht. Ich murmele kurz und möglichst unbeteiligt: „Nee, sorry, echt keine Zeit, operiere grad, muss mich wirklich konzentrieren, kann nicht reden“. Und jetzt Ruhe! Mehr Konversation geht nicht. Jetzt die Pause-Taste zu drücken, ein Ding der Unmöglichkeit. Die Arbeit zu unterbrechen, das wäre sträflich. Konzentrierter Flow ist enorm wichtig bei „Trauma Center: Under the Knife“. Der Tumorpatient kann schließlich nicht warten, seine Situation ist überaus bedrohlich. screen. Der Torso öffnet sich, die Kamera zoomt ins Innere des virtuellen Körpers. Erstaunlich detailliert tut sich dort der Unterbauch des Patienten auf. In der Voruntersuchung wurden mehrere Tumore in seinem Dünndarm entdeckt, die weitere Entzündungsherde entwickelt haben. Der Schnitt eröffnet nichts Gutes. Der gesamte Darm ist von Tumoren befallen. Ich injiziere schnell ein entzündungshemmendes Mittel in die äußerlich sichtbaren Herde. Dann mache ich mich umgehend mit dem Ultraschallgerät auf die Suche nach den Tumoren. Ein schwarzer Schatten verrät ihre Lage. Ein gezielter Schnitt befördert einen eklig grünen Schleimpropfen ans OP-Licht, sofort sollte das entzündete Gewebe abgesaugt werden. Danach muss der Tumor schnell herausgeschnitten und in der Nierenschale entsorgt werden. Nun wird die Wunde mit einem organischen Pflaster verschlossen und einem antibiotischen Gel versorgt. Geschafft, der erste Tumor ist raus. ZEITDRUCK BEWÄLTIGEN, VITALWERTE BEOBACHTEN Schwester Angie reicht den virtuellen Tupfer. Die Ansicht eines Oberkörpers erscheint auf dem Touchscreen, eine grün blinkende, schraffierte Linie weist den Weg des ersten Schnitts. Mit einer ruhigen, aber bestimmten Bewegung ziehe ich mit dem Stylus das Skalpell von Dr. Derek Stiles über den Touch- Dummerweise haben sich die Vitalwerte des Patienten unterdessen dramatisch verschlechtert. Okay, handeln! Schnell! Spritze aufziehen, Spritze reindrücken. Nur einige hastig gesetzte Adrenalininjektionen bringen den Puls wieder auf ein erträgliches Niveau. Puh, Situation vorerst stabilisiert. Schnell wieder das Ultraschallgerät aktiviert und weiter nach den versteckten Tumoren gescannt. Noch drei weitere Übeltäter finden sich im Darm und werden fachgerecht versorgt. Dann noch schnell den Patienten zunähen, die Wunde versorgen und nach knapp vier Minuten geballter Konzentration ist die Operation erfolgreich geglückt. Oh boy, was für eine Hektik! Die große Herausforderung bei „Trauma Center: Under the Knife“ ist es, stets die Nerven zu behalten. Zeitdruck bewältigen, Vitalwerte beobachten, zehn verschiedene Operationsinstrumente meistern, die auf mehrere Arten genutzt werden, das ist nicht einfach. Garniert mit einer besserwisserischen Krankenschwester – das Leben als Nintendo-Mediziner ist wahrlich nicht unkompliziert. Und auf Dr. Stiles lastet noch eine viel größere Bürde. Er erkennt nach einer Weile, dass er heilende Hände hat, die große Kraft des Asclepius zu nutzen in der Lage ist. Im Spiel sieht das wie folgt aus: Das Nachzeichnen eines Pentagramms auf dem Touch- 51 Von diesen hoffnungslosen Situationen gibt es im Spiel reichlich zu bewältigen. In mehrere Chapter eingeteilt wird eine eher belanglose, streckenweise hochgradig absurde Geschichte über einen Superchirurgen zwischen beruflicher Selbstfindung und Rettungsmission erzählt. Die krude Geschichte ist rund um eine medizinische Bedrohung namens GUILT gestrickt, ein tödliches Virus, das bei einem fehlgeschlagenen Regierungsexperiment entstanden ist. Dummerweise dauert das Überspringen der langweiligen Gespräche zwischen den Figuren gelegentlich ziemlich lange, muss ihr Fortgang doch mit je einem nervigen Dauertippen auf das Touchpad vorangetrieben werden. Zum Glück kann die Story ohne weiteres vernachlässigt werden. Denn: Wichtig bei „Trauma Center: Under the Knife“ sind die Operationen. MINIMAL-INVASIVE BOMBENENTSCHÄRFUNG Geht es anfangs noch mit dem Entfernen einiger Glassplitter und dem Vernähen und Desinfizieren der Wunden los, zieht der Schwierigkeitsgrad ziemlich schnell deutlich an. Die zu absolvierenden Aufgaben werden sukzessive immer herausfordernder und komplexer. Zwischendurch gibt es immer wieder „Entspannung“ – etwa, wenn Dr. Stiles eine fiese Bombe minimal-invasiv entschärfen oder kleine Hex-Feld-Rätsel lösen muss. Die letzten Operationen lassen sich dann nur nach hartem Training und durch perfektionierte Instrumentenbehandlung lösen. Die Ausbildung zum DS-Facharzt kann je nach Qualifikation locker mehrere Tage dauern. Erstaunlicher Nebeneffekt des Spiels: Am Ende ist man mit einem ordentlichen Repertoire medizinischer Fachbegriffe ausgerüstet. Kurz nachdem der anfangs beschriebene Tumorpatient erfolgreich von seinem Nintendo-Arzt behandelt war, setzte mein Flieger zur Landung in Berlin-Tegel an. Beim Anflug mussten natürlich alle elektronischen Geräte ausgeschaltet werden. Dazu gehörte auch der Nintendo DS. Entspannt sackte ich in meinen Sitz zurück und genoß die rumpelige Landung. So eine Operation über den Wolken, die ist schon anstrengend. (CG) POPWISSEN SIMULIERENDE ÄRZTE So absurd die Idee von Trauma Center anmuten mag, gänzlich neu ist sie beileibe nicht. Bereits im Jahr 1965 stellt MB in den USA mit „Operation“ die erste vergleichbare Offline-Variante vor, ein elektronisches Chirurgenspiel. Das wird übrigens bis heute produziert und trägt in Deutschland mittlerweile den schönen Namen „Doktor Bibber“. Mit Plastikinstrumenten geht es einem empfindlichen Patienten ans Eingemachte, eine Kollektiverfahrung zahlreicher Kinder der Generation Golf. Im Jahr 1982 bringt Imagic den Shooter „Microsurgeon“ heraus, eine Reise ins Ich sozusagen. Blutdurstige Amiga-Fans macht Mindscape im Jahr 1991 mit „Life & Death“ zu Medizinern. Ein Jahr später dürfen PC-Spieler bei „Life & Death: The Brain“ gar in die Rolle eines Gehirnchirurgen schlüpfen, Operationen am offenen Schädel inklusive. (CG) CHRISTIAN GACA NUR OBERFLÄCHLICH BETRACHTET ABSURD „Trauma Center: Under the Knife“ ist ein perfektes Beispiel dafür, warum der Nintendo DS das zurzeit beste mobile Spielgerät ist. Software sells a system – und möge sie noch so absurd sein. Wobei sich die Idee von „Trauma Center: Under the Knife“ nur oberflächlich betrachtet absurd anhört. Spielerisch ist der Titel erstklassig. Die Operationen machen Spaß, sind extrem fordernd und motivierend, ohne dass sie zu schwer werden. Und eklig sind sie zum Glück auch kein bisschen, also ist das Ganze durchaus als Lernspaß für kleine (und große) Kinder einsetzbar. Gut, die erzählte Geschichte ist leider einfach nur großer Müll, spielt aber ohnehin nur eine Nebenrolle. Wichtiger ist, dass der Touchscreen des DS perfekt zum Einsatz gebracht wird (lediglich die Lupen-ZoomFunktion treibt motivierte Ärzte durch die etwas haklige Handhabung manches Mal an den Rand der Verzweifelung). FOKUS: KRITIK screen verlangsamt die Zeit, so dass Dr. Stiles wertvolle Sekunden geschenkt bekommt, um schier hoffnungslose anmutende Situationen doch noch zum Guten zu wenden. TOKOBOT FOKUS: KRITIK 52 SYSTEM: PSP HERSTELLER: TECMO, TAKE 2 GENRE: GESCHICKLICHKEIT RELEASE: ERHÄLTLICH ONLINE: NEIN Von wegen auf der PSP gibt es nur müde Umsetzungen alter Playstationspiele und mittelmäßige 3D-Umsetzungen. Immer wieder erscheinen kleine, feine Exklusiv-Produktionen, die aber im Zuge der namhaften Konkurrenz leider etwas untergehen und kaum beachtet werden. Dabei bieten Spiele wie das gerade von Take 2 veröffentlichte „Tokobot“ wirklich neue und unverbrauchte Gameplay-Elemente, die das magere Geschicklichkeits-Angebot für die PSP hervorragend erweitern. Tecmos Kleinod entführt den Spieler in die Welt von Moritari, wo der junge Forscher Bolt bei Ausgrabungen sechs kleine Roboter entdeckt, die ihm von der ersten Sekunde an auf Schritt und Tritt folgen. Die süße, wenn auch etwas unheimliche Truppe rennt Bolt aber nicht nur hinterher, sondern hilft ihm auch, das Geheimnis einer untergegangenen Zivilisation zu lüften. Nur mit den Tokobots kann er Rätsel lösen und Angreifer überwältigen. Um dies zu erreichen, können die Roboter unterschiedliche Formationen einnehmen, die auf Knopfdruck eine Aktion auslösen. Dazu fasst Bolt die kleinen Begleiter an den Händen und die illustre Truppe wird durch die Gegend geschleudert. Mit der Line-Formation werden hohe Plattformen erreicht, mit der Quer-Formation Zahnräder in Bewegung gesetzt oder mit der Kreis-Formation Schalter ausgelöst. Im Laufe des Spiels lassen sich so immer neue Aktionen und Spezialverwandlungen freischalten, die die Spieltiefe enorm erhöhen. Neben einfachen Kampf-Optionen wie einem Ninja-Bot gibt es auch eine Kran-Verwandlung, mit der kleine Rätsel gelöst werden. Oder eine Schleuder, mit der der Spieler mit einem Schuss den ganzen Raum durchqueren kann. Oder eine Kanone, die selbst gigantische Robot-Gegner mit wenigen Schüssen zu Altmetall verarbeitet. Leider scheitert das hervorragend designte Spiel viel zu oft an der dürftigen Kamera. Gerade in den engen Ruinen, in denen sich Bolt auf Entdeckungsreise begibt, fällt es dem Spieler schwer, den Überblick zu behalten. Da die Kamera nur hinter dem Charakter zentriert werden kann, sorgen schlechte Blickwinkel immer wieder für unnötige Abstürze. Auch in den EndgegnerKämpfen ist es oft wichtiger, geschickt die Perspektive zu korrigieren, als die unterschiedlichen Angriffe zu beherrschen. Bei Sound und Grafik setzt der Titel zwar keine Maßstäbe, doch die Musikauswahl überzeugt genauso wie der Grafikstil, der perfekt zur Knuddelwelt der Tokobots passt. (KM) KRISTIAN METZGER ERFRISCHENDER, JAPANISCHER GENRE-MIX Allein wegen „Tokobot“ wird sich wohl niemand eine PSP zulegen. Dafür ist die Kamera einfach zu anstrengend und das Leveldesign nicht perfekt genug. Auch wird einige Spieler die seltsam anmutende Mischung aus Action, Geschicklichkeit und Rätseln abschrecken. Wer nicht alle drei Genres mag und gerade bei den Kämpfen nicht mit der verzögerten Reaktion klar kommt, wird die „Tokobot“-UMD wohl schnell aus dem Laufwerk verbannen. Kombiniert mit ein paar kleinen KI-Mängeln ist Tecmo also leider nicht der ganz große Wurf gelungen. Doch „Tokobot“ ist trotz allem ein wunderschönes Spiel, das ganz sicher mehr Aufmerksamkeit verdient hat, als die zehnte, lieblose Umsetzung eines Playstationtitels. Wer sich auf die erfrischende, japanisch angehauchte Spielwelt einlassen kann, wird sich dafür in die kleinen Roboter auf einen Schlag verlieben. (KM) TETRIS DS 53 DamDamdadaDamdadaDamdadaDam … DamDamdadaDamdadaDamdadaDam … es ist immer noch da. Die Melodie des ersten „Tetris“ auf dem Gameboy hat sich wohl für immer in meinem Gehirn fest eingebrannt. Jederzeit abrufbar, wenn irgend jemand „Tetris“ erwähnt. Vor dem Einschlafen noch schnell eine Partie Blöcke schieben, hach, das war ein herrliches Gute-Nacht-Ritual. Wahrscheinlich nicht nur bei mir. Wenig verwunderlich, dass Nintendo angesichts der vermutlich exorbitant hohen Erinnerungswerte der damaligen Kundschaft (die zu großen Teilen wohl auch einen DS gekauft hat) nicht widerstehen konnte, das erfolgreichste Knobelspiel aller Zeiten zu recyceln. Im Einzelspielermodus findet sich folgerichtig das Original in grafisch aufgemöbelter Form. Spielerisch brillant wie eh und je, laufen nun während des „Tetris“-Spielens Levelausschnitte aus bekannten Nintendo-Klassikern nebst ihrer originalen Musik. Die monotone Schlichtheit des klassischen „Tetris“ ist dahin, ohne Frage. Wie gehabt gibt es trotzdem den Marathonmodus für Langstreckendenker, profane Linienelimination und den Kampf gegen die CPU. Zum Originalmo- dus gesellen sich zwei eher nutzlose Variationen, zudem noch ein recht abstruser Puzzlemodus mit 200 zum Teil sehr komplizierten Schieberätseln und ein Missionsmodus. Alle nutzen den Touchscreen des DS nicht! Nur einen Touchmodus gibt es, aufgeteilt in zwei Bereiche. Einmal wird die Idee des Turmbaus zu Babel umkehrt. Eine riesige „Tetris“-Pyramide muss zum Einsturz gebracht werden, die dann vom oberen in den unteren Screen hineinrutscht. Ein Doppelklick auf die Steine lässt sie rotieren, mit flüssigen Bewegungen können sie in der Horizontalen verschoben werden. Eine simple, aber gut durchdachte und spaßige Transformation der ursprünglichen „Tetris“-Idee auf dem Touchpad-Gameboy. Allerdings nur einen Modus überhaupt für das neue Gerät anzubieten, dass ist schon ziemlich spartanisch. Zudem hat das Tower-Spiel nur fünf Level, und die sind schnell ausgereizt. Da hilft es auch nicht, dass in den letzten beiden Leveln die Blöcke nicht mehr rotiert werden dürfen. Dafür geizt „Tetris DS“ nicht mit Konnektivität. Via Lokalnetzwerk oder Wi-Fi-Netzwerk sind endlich die schon lange herbei gewünschten Block-Partys für unterwegs gegen reale Gegner machbar. Das ist tatsächlich das Beste an „Tetris DS“, denn für Mehrspielerkämpfe ist der Kampf um und mit herab fallenden Blöcken das perfekte Spiel. (CG) CHRISTIAN GACA ENORM STARKE FASZINATION Eines ist klar: „Tetris DS“ hat natürlich nicht die Chance, zu einem derartigen Welthit zu werden, wie es das große Vorbild einer war. Dazu ist das Konzept zu verbraucht, einfach zu bekannt. Nichtsdestotrotz übt das Spiel mit den Blöcken immer noch eine enorm starke Faszination aus, der sich kaum jemand entziehen kann. Eingelullt von der dudeligen Computermusik bleibt man trotz des festen Vorsatzes, nur ein schnelles Ründchen zu machen, immer wieder mindestens eine halbe Stunde auf dem Spiel kleben. Das ist umso erstaunlicher festzustellen, weil sich das Spielkonzept als solches wirklich kein bisschen geändert hat. Es sind auch nicht die zusätzlichen Spielmodi, die nachhaltig faszinieren. Das straighte, alte Tetris ist es, ob nun mit oder ohne Touchpad. Kann ich jedenfalls echt immer noch dauerhaft spielen und schuckelt mich grad mal wieder freundlichst in den Schlaf. Danke dafür. FOKUS: KRITIK SYSTEM: NINTENDO DS HERSTELLER: NINTENDO GENRE: GESCHICKLICHKEIT RELEASE: ERHÄLTLICH ONLINE: JA (WI-FI) Realität STORIES 54 Katzen haben den Ruf, besonders eigenständige Haustiere zu sein. Ihnen einen fremden Willen aufzuzwingen, sie gar unterwürfig zu machen, das lassen sich die individualistischen Stubentiger selten gefallen. So bleibt nur die Erkenntnis, dass der Kater auf dem Foto tatsächlich zu Karneval als Prinz aus „We Love Katamari“ gehen wollte. Anders lässt sich kaum erklären, warum das Tier so offensichtlich geduldig den Fototermin mit Antennenmütze erträgt. Auf www.stuffonmycat.com finden sich noch unzählige weitere Kostümierungen und Dekorationsversuche, mit denen liebevolle Tierbesitzer ihre Lieblinge beglückt haben. Man kann sich nur immer wieder wundern, welche seltsame Aktionen Fans von irgendetwas in ihrer Freizeit initiieren. (CG) 55 STORIES Über den für mich ungewöhnlichen Event erfreut, nahm ich Kontakt zu ursprünglich gar nicht mal hässlichen, nun aber verfetteten und optisch verwahrlosten Mid-Twens auf. > > > > > I ch weiß, dass ihr armen Computermäuse wie so viele Menschen zu schlimmer Suchtentwicklung neigt. Neulich war ich auf so einem coolen Treffen zu Gast, wo all die Jungs anwesend waren, die sich sonst immer hinter Junk-Food-Bergen verschanzen. Im Namen eines Spielentwicklers hatte ein total sweeter, sportlich wirkender Pressemanager zum Come-Together anlässlich eines neuen „Computer-Tischtennis-Spiels“ geladen. Tolle Idee. Es wird Frühling, und die Zielgruppe verlangt nach Bewegung und mehr Sport. Also entwickelt man ein Ping-Pong-Spiel für die Sitting-Generation? Über den für mich ungewöhnlichen Event erfreut, nahm ich Kontakt zu ursprünglich gar nicht mal hässlichen, nun aber verfetteten und optisch verwahrlosten Mid-Twens auf. War als fast einziges Mädchen vor Ort auch gar nicht schwer. Im Gespräch mit den Gamern taten sich Abgründe auf. Als wäre ich eine Beichtschwester, erklärten mir die Jungs, dass sie vor drei Jahren das letzte Mal eine Freundin oder Sex hatten. Dass sie daran verzweifeln. Dass sie alle Hoffnung nicht erst bei Überschreiten der 100-Kilo-Marke aufgegeben hätten. Dass sie – obwohl körperliche Kondition, Sex-Appeal, der nicht-virtuelle Freundeskreis, der familiäre Rückhalt nachgelassen hätten – mit ihrem Leben prinzipiell zufrieden seien. Eben weil sie es immerhin geschafft hätten, ihr Hobby zum Beruf zu machen. Aufgrund der Umstände aber unglücklich geworden seien. Was sollte ich sagen? Ehrlich, schonungslos und verständnisvoll reagierte ich. Sagte den Jungs, dass sie zunächst ihre schlimmen Brillen („sieht mich ja eh keiner“) gegen schickere Modelle tauschen müssten. Dass sie, falls sie nicht mit Mitte Dreißig ihren ersten Herzinfarkt erleiden wollten, Sport und Ernährungsumstellung konsequent in ihr Leben einkalkulieren müssten. Mit ein paar hingebungsvollen Augenaufschlägen untermalt, bekam ich sogar einige Besserungsversprechen. Daher nun mein Sucht-Hilfe-Angebot, jetzt und hier. Macht mit bei der großen Shelley-Masters-Aktion „Fit in den Frühling 2007“. Schickt mir ein aktuelles Foto von euch und arbeitet an euch – bis zum nächsten Frühjahr habt Ihr Zeit. Wer es bis dahin am besten geschafft hat, die optischen Auswirkungen seiner schlimmen Spielsucht einzudämmen, darf mir beim Befrieden meiner schlimmen Sexmachensucht helfen! Los geht’s! Bewerbungen: shelleymasters@play-magazin.de. Love, Shelley Masters, Lieblingskolumnistin aller Video- und Computerspieler. Gewährt immer wieder einen Blick von außen auf die Branche, natürlich immer ohne Vorurteile zu haben. Ist süchtig nach Sex. Wer hätte das gedacht? Videogossip STORIES: KOLUMNE 56 H allo, mein Name ist Christian, ich bin 31 Jahre alt und heute hier, weil ich süchtig bin. Süchtig nach Erfolg. Nach jenem Erfolg, den Besitzer einer Xbox 360 oben links in der Startmatrix ihrer Konsole eingeblendet bekommen. Süchtig nach Achievements, wie es im Englischen heißt, nach Gamerscore. Beständig erinnert und getrieben von einem digitalen Zählwerk. Einer Microsoft-Uhr, die gnadenlos anzeigt, wie „erfolgreich“ ich wie viele Spiele absolviert habe. Aktuell steht das Zählwerk bei 9223 Punkten. Bis zu der Suchterkenntnis war es ein kurzer, aber gnadenloser Weg. Die Geschichte ist schnell erzählt. Christian Gaca, Chefredakteur der [ple:]. Hat die Zigarettensucht hinter sich gelassen, nur um erneut festzustellen, dass seine eigene Suchtgefährdung offenbar über dem Durchschnitt liegt. Na ja, wieder was zum Abgewöhnen wenigstens. Einige Beispiele gefällig? „King Kong“ etwa wurde von mir lieblos an zwei Abenden abgehandelt. Für 1000 Punkte. „Fifa“ in Zweiminuten-Matches in knapp acht Stunden gerusht. Für 1000 Punkte. „Fight Night: Round 3“ auf Schwierigkeitsgrad „Einfach“ gestellt, die illegalen Schläge legalisiert, nur um 39 Kämpfe unsportlich fix in der ersten Runde zu gewinnen. Für 1000 Punkte. Selbstbestimmtes, spannendes und entspanntes Zocken sieht anders aus. Der Vergleich mit Drogen erscheint logisch. Nicht wenige EA-Titel sind zum Beispiel für einfache und vor allem schnelle Punkte gut. Digitales Crack sozusagen. „Tiger Woods 2006“ macht hier eine Ausnahme und schickt Junkies auf einen LSD-Trip ohne Rückkehr. Ähnlich sieht das bei „Project Gotham Racing 3“ aus. „Ghost Recon Advanced Warfighter“ bietet einige Erfolge, die für viele Spieler ewig unerreichbar sein werden, weil sie mangels Zeit, Können oder Wahnsinn nie in die oberen Plätze der Onlineranglisten vorstürmen werden können. Genau so aber sollte es sein. Erfolge müssen schwer zu erlangen sein, damit ihre Wertigkeit steigt. Damit die Höhe des addierten Gamerscores eine Aussage über das Können eines Spielers trifft. Und nicht zum Mahnmal der Leidensfähigkeit und Bereitschaft wird, auch den größten Stumpfsinn noch schweigend ertragen zu können. Nur für den Gamerscore. Bestens, Beständig erinnert und getrieben von einem digitalen Zählwerk. Einer Microsoft-Uhr, die gnadenlos anzeigt, wie „erfolgreich“ ich wie viele Spiele absolviert habe. Aktuell steht das Zählwerk bei 9223 Punkten. 57 STORIES: KOLUMNE Videogossip Anfangs habe ich es lächelnd ignoriert, das Spielen von Spielen nur für den Gamerscore. Was als Wettbewerb mit Online-Freunden begann, mutierte zum Zwang. Zur Sucht. Natürlich liegt das zum Teil an der Tatsache, dass Spielejournalisten ein von außen betrachtet absurdes Problem haben: kostenlosen Zugriff auf fast alle aktuellen Spiele. Das schürt den Leidensdruck, alles auch spielen zu wollen. Und bei mir den Druck, mich damit meiner Achievementsucht zu widmen. Das Schlimme ist, dass diese Form von Erfolgsdruck den Spielspaß killt. > > > > > Kampf den vorgegebenen Pfaden Von Hias Wrba Wer ein Video- oder Computerspiel gegen den Rechner spielt, hat immer mit der Künstlichen Intelligenz (KI) der Maschine zu kämpfen. Nicht selten glänzen die virtuellen Gegner durch sinnloses Verhalten. Ein Unternehmen aus Saarbrücken sagt der Dummheit in Spielen den Kampf an. M ein ganz persönlicher Schock ereilt mich ziemlich am Anfang des Horror-Shooters „F.E.A.R.“. Hinter einer Kiste verschanzt, liefere ich mir ein Gefecht mit vier computergesteuerten SWAT-Soldaten. Selbstsicher hocke ich brav in der Deckung und nutze die Feuerpausen, um einen nach dem anderen auszuschalten. Plötzlich jedoch rauscht die Gesundheitsanzeige ohne erkennbaren Grund rapide gen Nullpunkt. Ich war das Opfer einer cleveren, künstlichen Intelligenz (KI) geworden. Ein gegnerischer Bot hatte sich unbemerkt aufgemacht, mir in den Rücken zu fallen. Erfolgreich. „F.E.A.R.“ ist ein gutes Beispiel für intelligente KI. Die Gegner sind ein bisschen schlauer als sonst. Anstatt blind den vorgegebenen Pfaden, den Scripts, zu folgen, reagieren sie flexibel auf Aktionen des Spielers. Aber wie kommt es, dass die Gegner und Verbündeten auf einmal so viel smarter agieren als zu seligen „Doom“-Zeiten? Und vor allem: Was bringt die Zukunft? Ein tolles Beispiel liefert ein Unternehmen aus Saarbrücken namens X-aitment. Hier wird an einer KI-Engine gearbeitet, die intelligentere Bots schaffen will. Die Grundidee ist es, Entwicklern ein flexibles Werkzeug zur Verfügung zu stellen. Es soll die meisten Arbeitsschritte bereits automatisch beherrschen. So müsste die KI-Engine nur noch dem jeweiligen Spiel angepasst werden. X-aitment ist eine Ausgründung des Deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz. Dr. Gero Viercke, Mitgründer von X-aitment, spricht im [ple:]-Interview über die Gegenwart und die Zukunft künstlicher Intelligenz in Video- und Computerspielen. „Emotionen als Schlüssel zu einer glaubwürdigen KI“ Eine Ihrer wichtigsten Innovationen sind Bots und Agenten, die emotional und nicht nur rational agieren. Wie wird das erreicht? Warum ist es wichtig für die Erfahrung des Spielers? Die Bots haben natürlich keine Emotionen. Sie tun nur so. Sie verhalten sich nicht immer rational, sondern werden auch von irrationalen Parametern gesteuert, etwa von Zuneigung oder Aggressivität. Werden diese fest vorgegeben, sind es sozusagen Charaktereigenschaften. Ein Bot mit einer hohen Grundaggressivität sucht meistens die Konfrontation, selbst wenn es nicht vernünftig ist. Variable irrationale Parameter entsprechen dann den Emotionen. Wenn etwa ein Spieler einem Bot wiederholt etwas Gutes tut, fängt der Bot vielleicht an, ihn zu mögen und ihn zu unterstützen. Ein gewisses Zufallselement ist auch notwendig, so dass das Verhalten der KI zwar mit Emotionen erklärbar aber nicht vorhersehbar ist. Spielen ist nun mal ein emotionaler Prozess. Der Spieler will Spaß haben, sich abreagieren und mit anderen in den Wettbewerb treten. Wenn die KI diese Emotionen nicht erwidert, sondern das Spiel nur als mathematisches Optimierungsproblem betrachtet und sich dementsprechend rein rational verhält, wird der Spielspaß des Spielers gestört. Deshalb muss die KI so tun, als hätte sie Emotionen. Was hat sich in den letzten Jahren in der KI-Forschung geändert? Gab es eine bahnbrechende Neuerung, die alles verändert hat? Steht eine an? Eine grundsätzliche Neuerung sehe ich da eigentlich nicht. Da jedoch in den allermeisten Fällen die KI in Spielen der Forschung um mindestens zehn Jahren hinterherhinkt, ist bei der Entwicklung noch viel Raum für Neuerungen. Es steht immer mehr Rechenleistung, Speicherplatz und Netzwerkbandbreite zur Verfügung. Dadurch wird es möglich, komplexe und ressourcenintensive Algorithmen auch auf „normalen“ Rechnern zu realisieren. Es ist sogar möglich, komplexe KI-Architekturen zu realisieren, also unterschiedlichste Verfahren wie reaktives Verhalten, rational geplantes Vorgehen, Teamplay, Emotionen sowie Lernverfahren zu integrieren. Auf diese Weise werden die Bots menschenähnlicher und letztendlich glaubwürdiger. Was sind die größten Herausforderungen beim Arbeiten an der Engine? Die größte Herausforderung besteht darin, mit den knappen Ressourcen Speicherplatz und Rechenzeit auszukommen. Wenn viele Bots in intelligenter Weise gesteuert werden müssen und gleichzeitig eine aufwendige Grafik den Hauptteil der Rechenleistung beansprucht, muss die KI sehr sorgfältig auf Performanz optimiert werden. Besteht nicht auch die Gefahr, dass Spiele durch zu smarte Gegner zu schwierig werden? Es ist weitaus leichter, eine gute KI auszubremsen als eine schlechte zu verbessern. Man kann die Fähigkeiten der KI herabsetzen, indem man ihr Informationen vorenthält oder die Tiefe der Vorberechnung limitiert. Außerdem kann die KI absichtlich Fehler machen oder sich für den zweitbesten Weg entscheiden. Das macht sie wiederum menschenähnlicher und auch schwache Spieler haben eine Chance. Es geht also nicht darum, perfekte und unbesiegbare Bots zu bauen, sondern darum, den Spieler möglichst gut zu unterhalten. Und der Spieler sucht eine Herausforderung, die seinen Fähigkeiten entspricht. Wer immer gewinnt, wird bald gelangweilt. Wer immer verliert, wird frustriert. Die optimale KI passt sich an die Fähigkeiten des Spielers an, so dass der Spieler immer das Gefühl hat, einen ebenbürtigen Gegner zu haben. Wie lässt sich der Informationsstand von Bots und Agenten regulieren, um unfaire Vorteile gegenüber dem Spieler zu vermeiden? Man kann die Agenten von der Game-Engine abkoppeln und nur dieselben Informationen zur Verfügung stellen, die auch der Spieler hat. Die Agenten erhalten ihre Informationen über Sensoren (Sicht, Geräusche, Gerüche), die den menschlichen Sinnen entsprechen und die unterschiedlich fein eingestellt werden können. So werden Reichweite und Präzision des Informationsflusses kontrolliert. Die Sensoren können auch während des Spielgeschehens beeinflusst werden. Beispielsweise kann der Sichtsensor eines Agenten der in dichten Nebel gerät eingeschränkt werden. Das Gespräch führte Hias Wrba. 59 STORIES: KÜNSTLICHE INTELLIGENZ Dr. Gero Vierke, Sie haben Ihr Unternehmen nach eigenen Angaben nicht zuletzt deshalb gegründet, weil Sie mit dem momentanen Entwicklungsstand von KI in Video- und Computerspielen unzufrieden waren. Was hat am meisten gestört? Viele so genannte Künstliche Intelligenzen in Computerspielen verhalten sich zu offensichtlich künstlich und zu wenig intelligent. Häufig ist das Verhalten der Computergegner oder –mitspieler durch Scripts im Voraus festgelegt. Dadurch verhalten sie sich immer gleich und sind dementsprechend leicht zu durchschauen. Die Computergegner koordinieren sich meistens nicht untereinander und der Anspruch von vielen Spielen besteht nur in Ressourcenvorteilen der Gegner. Das heißt, die KI hat zum Beispiel Zugriff auf mehr Geld oder Rohstoffe als der Spieler, ist ihm jedoch spielerisch eigentlich nicht gewachsen. Die Storylines sind meist linear. Weder das Verhalten der Bots noch der Spielablauf als Ganzes sind dynamisch, so dass es sich bei vielen Spielen nicht lohnt, sie ein zweites Mal zu spielen, wenn sie einmal durchgespielt sind. Red Steel Hersteller: Ubisoft Release: Ende 2006 Super Mario Galaxy Hersteller: Nintendo Release: Ende 2006 Auch wenn die Optik nicht mit aktuellen Next-Gen-Titeln mithalten kann, überrascht der Shooter mit deutlich stärkerer Grafik, als bei der jetzigen Generation. Dank Wii-Bewegungssensor ein komplett neues Egoshooter-Spielgefühl, das schon jetzt überzeugt. (KM) Optisch kaum stärker als „Super Mario Sunshine“, integriert der Titel perfekt alle Möglichkeiten des Controllers in das bewährte Spielprinzip. Abwechslung wird hier groß geschrieben. Statt vieler Jump’n’Run-Anteile dominieren Flugsequenzen und Minispiele. (KM) MESSE 60 Playstation 3 Wii Die Playstation 3 wird wegen des BluRay-Laufwerks deutlich kostenintensiver ausfallen als die Xbox 360. Für die abgespeckte Version ohne Wi-Fi, mit 20-GB-Festplatte und ohne HDMIAusgang müssen in Europa satte 499 Euro hingelegt werden. Für 100 Euro mehr gibt es alle Anschlüsse und 60 GB Speicher. Der Controller besitzt ähnlich wie beim Nintendo Wii einen Bewegungssensor und ersetzt so Lenkrad und Joystick. (KM) So genial sich der neue Bewegungscontroller auch spielen mag, die gezeigten Titel wirken eher unspektakulär. Einzige Überraschung war der im Controller eingebaute Lautsprecher, um etwa bei einem Laserschwert das Summen wiederzugeben. Gerade, da Microsoft mit seinem Live Arcade in die Offensive geht und Sony einen Bewegungscontroller mitliefert, bleibt Nintendo allein der noch unklare Preis, um sich zu positionieren. (KM) Final Fantasy XIII Saga Hersteller: Square Enix Release: 2007 Virtua Fighter 5 Hersteller: Sega Release: 2007 Warhawk Hersteller: Sony Release: November 2006 Nach dem Ausflug auf die Xbox 360 wird „Final Fantasy XIII“ wieder exklusiv für die Playstation produziert. Handy-Spieler freuen sich über eine mobile Version. Das Rollenspiel „FF XIII“ und das Action-Spiel „FF Versus XII“ erscheinen nur für die PS 3. (KM) Genau wie der Vorgänger wird auch der fünfte Teil der „Virtua Fighter“-Saga nur bei Sony erscheinen. Obwohl das Spiel fast fertig ist, möchte Sega zuerst die Arcade-Einnahmen in Japan abholen, weshalb die PS3-Version erst Anfang 2007 veröffentlicht wird. (KM) Schon 2005 vorgestellt, überrascht Sony jetzt mit einem neuen Feature für „Warhawk“. Die ActionFlugsimulation wird mit im Controller integrierten Bewegungssensoren gesteuert, die ultimative Nintendo-Idee. Zudem sieht das Spiel toll aus. (KM Halo 3 Hersteller: Bungie, Microsoft Release: Ende 2006 Fable 2 Hersteller: Lionhead/Microsoft Release: Winter 2006 Turok Hersteller: Buena Vista Release: 2007 Das Ende ist nah. Mit dieser Zeile endet der kurze „Halo 3“-Trailer, der den Master Chief vor seinem Einsatz zeigt. Im frischen Polygon-Gewand muss sich der Held seiner größten Aufgabe stellen und der Erde endlich den heiß ersehnten Frieden bescheren. (KM) Nachdem Lionhead von Microsoft gekauft wurde, ist es nicht verwunderlich, dass deren einziger Hit „Fable“ nun auf der Xbox 360 fortgesetzt wird. Die ersten Bilder legen nah, dass der Spieler diesmal auch mit anderen Charakteren in den Kampf ziehen kann. (KM) Der schickste Titel des Nintendo 64 bekommt auf den Next-Generation-Konsolen einen würdigen Nachfolger. Statt einen zeitreisenden Indianer spielt man diesmal einen ehemaligen Black-Ops-Soldaten, der wie sein Vorgänger gegen Dinosaurier kämpfen muss. (KM) 61 MESSE Virtua Tennis 3 Hersteller: Sega Release: 2007 Command & Conquer 3: Tiberium Wars Hersteller: Electronic Arts Release: 2007 Die Next-Generation-Fortsetzung der bahnbrechenden Tennis-Simulation lässt schon mit den ersten Bildern den Konkurrenten „Top Spin 2“ alt aussehen. Wenn nun auch noch spielerisch alles hinhaut, dürfte „Virtua Tennis 3“ den GenreThron zurückgewinnen. (KM) Echte „C&C“-Fans waren trotz hervorragender Qualität mit dem Ableger „Generals“ nicht wirklich glücklich. Doch Electronic Arts hat ein Einsehen, wird mit „Tiberium Wars“ das alte Szenario zurückbringen und damit selbst Hardcore-Anhänger zufrieden stellen. (KM) Crysis Hersteller: Electronic Arts Release: Winter 2006 Bioshock Hersteller: Irrational, 2K Release: 2007 Neverwinter Nights 2 Hersteller: Obsidian, Atari Release: Ende 2006 Ohne „Half-Life 3“ oder „Doom 4“ in der Pipeline bleibt es an Crytek, mit dem neuen Technik-Wunder „Crysis“ die Shooter-Gemeinde in Vorfreude zu versetzen. Mit viel Glück erscheint das Zukunfts-„Far Cry“ mit der fantastischen Präsentation noch in diesem Jahr. (KM) Der Quasi-Nachfolger zum PC-Hit „System Shock 2“ überrascht mit detaillierter 20er-Jahre-Science-Fiction-Grafik und abgefahrenem Szenario in der Unterwasserwelt Rupture. Seelen-Sammler und ihre Begleiter sorgen für eine schaurig-schöne Atmosphäre. (KM) Ausgestattet mit der schicken Bioware-Engine Aurora soll das „D&D“-Rollenspiel Neverwinter Nights 2 endlich die Versprechen des Vorgängers einlösen und dank einfachen Tools jeden ambitionierten Spieler auch zum Dungeon Master machen. (KM) PHANTASY STAR UNIVERSE SYSTEM: PLAYSTATION 2, PC, XBOX 360 HERSTELLER: SONIC TEAM, SEGA GENRE: ONLINE-ROLLENSPIEL RELEASE: HERBST 2006 ONLINE: JA VORSCHAU 62 Gute Action-Rollenspiele sind selten. Besonders für Konsolen. Die „Phantasy Star“-Reihe bildet hier eine fantastische Ausnahme. Der neueste Teil ist endlich fast fertig - und kommt auch für Xbox 360! Es war die erlösende Nachricht, auf die die Fans der „Phantasy Star“-Serie gewartet hatten. Am 19. April bestätigte Sega endgültig: „Phantasy Star Universe“ („PSU“) kommt auch für Xbox 360. Wie es um Versionen für Playstation 3 und Nintendo Wii bestellt ist, darüber schweigt sich das Sonic Team allerdings weiter aus. „PSU“ wird in zwei relativ autark voneinander aufgestellte Spielwelten getrennt sein; ein Offline-RPG und ein MMORPG. Im Einzelspielermodus schlüpft man als Spieler in die Rolle des 17-jährigen Kadetten Ethan Waber. Mindestens 40 Stunden packende Rollenspiel-Unterhaltung verspricht Sega. Verpackt in eine emotionale Geschichte, die damit beginnt, dass Ethan Waber seine Schwester aus den Fängen der Guardians befreit. Auch eine mysteriöse Lebensform namens The Seed spielt schnell einen zentralen Part. Im Online-Modus kann sich der „PSU“-Spieler einen eigenen Charakter erschaffen und hat dabei Zugriff auf unterschiedlichste Typen und Rassen. Human-, Newman- und Cast-Varianten sind Fans der Serie altbekannt. Neu im Verbund sind die Beasts. Sie scheinen eine Art Mischform darzustellen. Jeder Spieler soll übrigens bis zu vier verschiedene Charaktere erstellen können, die parallel über einen Account im Wechsel spielbar sind. Alle Charakterklassen haben ihre eigenen Schwerpunkte und Waffenvorlieben, aufgeteilt in zahlreiche Schwerter und diverse Schneidewerkzeuge, Pistolen und Gewehre, schwere Artillerie oder imposante Zaubersprüche. Für die Schusswaffen gibt es jetzt ein Zielsystem mit Fadenkreuz. Per Zauberspruch lassen sich auch imposante SUV-Weapons beschwören, riesige Wummen, anders kann man das einfach nicht nennen. Die Beasts haben einen Nanoblast in der pelzigen Tasche, ihren effektvoll animierten High-end-Zauber. Einzelne Waffen können wie gehabt „gegrinded“, also mit bestimmten Items einem Kraft-Upgrade unterzogen werden. Diversen Änderungen zum Trotz versprüht auch „PSU“ jenen schwer zu beschreibenden Charme, der die „Phantasy Star“Welt so ungemein zugänglich macht. Gemeinsam mit bis zu sechs Spielern können online die drei Planeten des Gurhal-Systems erforscht werden. Sie heißen Parum, Neudriz und Mortoob. In den Levels wird es wie gehabt die lieb gewonnenen Echtzeit-Kämpfe geben. Das Kampfsystem ist etwas ausgefeilter, ob dies den ursprünglich simplen Actionansatz torpediert, ist fraglich. Fans der Serie jedenfalls schätzten gerade die Einfachheit eines „Phantasy Star Online“. Die Monster, mal tierischer, mal mechanischer Herkunft, lassen keine roten Kisten mit seltenen Items mehr fallen. Dafür kann man Rohstoffe und Produktionsboards finden, die sich mit der Partner Machinery zu Spezialwaffen umbauen lassen. So werden wohl alle Itemjunkies glücklich gemacht. Über 200 55 63 2 Waffenvariationen aus über 20 verschiedenen Waffengattungen stehen für Nahkampf, technische Kriegsführung oder Fernangriffe zur Verfügung. Außerdem werden Photonen-Waffen nutzbar sein. Zur Unterstützung sind auch die geschulterten Weggefährten wieder am Start, die Mags. Die possierlichen Begleiter heißen nun Partner Machinery, unterstützen den Charakter und bauen Spezialwaffen zusammen. „PSU“ ist derzeit als plattformübergreifender Titel geplant – das heißt, PC-Nutzer, PS2- und Xbox-360-Spieler sollen gemeinsam online spielen können. Da die Server direkt vom Entwickler Sonic Team bereitgestellt werden, ist das technisch durchaus möglich. Fraglich allerdings, ob es in der Realität funktionieren wird. Mögliche Problemfelder jedenfalls gibt es zuhauf. Der derzeit in Japan laufende Beta-Test mit der PCVersion wird den Entwicklern Gelegenheit geben, hier einiges Besitzer einer Xbox 360 werden übrigens keinen kostenpflichtigen Gold-Account benötigen, um „PSU“ online spielen zu können. Auch hier gilt wieder das plattformübergreifende Prinzip, also eine monatliche Gebühr in Form einer Guardian’s Licence für alle Spieler, egal auf welchem System. Deren Höhe ist noch ungenannt, sie dürfte aber im marktüblichen Rahmen rangieren, womöglich eher am günstigeren Ende der Preisspanne. In jedem Fall sieht alles danach aus, als ob für „PSU“ gelten wird, was für „PSO“ gegolten hat: schwer süchtigmachende Kost. Das Sonic Team mixt derzeit eine hoch komplexe Welt zusammen, die dennoch selbst für Anfänger einigermaßen einfach zugänglich ausschaut. Der wirkliche Spaß wartet natürlich erst jenseits der 100 Stunden Spielzeit. Und die wird schnell vergehen, ohne Frage! (CG) VORSCHAU zu checken. Auch die Cheater-Frage soll hier weitestgehend sondiert werden, wobei generell gilt, dass die Charaktere annähernd unhackbar sind, da das gesamte Spiel auf den SonicTeam-Servern gespeichert ist. Nicht auszuschließen ist indes, dass jemand Systemlücken findet, die das Duplizieren von Gegenständen erlauben. Bleibt zu hoffen, dass dieser Fall nicht eintritt. Die Entwickler sind sich dieser Problematik und ihrer Sprengkraft jedenfalls sehr bewusst. GESPRÄCH 64 „PSU sollte als etwas fundamental Neues verstanden werden“ Takao Miyoshi, Satoshi Sakai, Ihre Fans warten verzweifelt auf „Phantasy Star Universe“. Warum dauert es so lange, das Spiel fertig zu stellen? Die Verzögerung tut uns wirklich sehr leid! Der Storymodus ist mittlerweile fast fertig, aber am Onlinemodus müssen wir noch etwas justieren. Es soll absolut sichergestellt werden, dass das fertige Spiel alle Fans der Serie glücklich macht. Erklären Sie uns bitte kurz, wie „Phantasy Star Universe“ zu verstehen ist. Eher ein RPG mit Onlinefunktionen oder nur ein weiteres MMORPG? Der Titel sollte als etwas fundamental Neues, bisher nie Dagewesenes verstanden werden. Man könnte „Phantasy Star Universe“ als RPG bezeichnen, das weit über die bekannten Grenzen von Einzelspieler- oder Onlinemodus hinaus reicht. Was ist für Sie die herausragendste Eigenschaft des Spiels? Die Tatsache, dass sowohl Online- als auch Storymodus in einund derselben Spielwelt stattfinden. Das ist ein sehr spezielles Feature. Auch die Erstellung des eigenen Charakters ist wesentlich komplexer als alles bisher Dagewesene in bekannten Onlinerollenspielen. Wir glauben, dass dies in einer völlig neuartigen Erfahrung für die Spieler resultieren wird. Was das Online-Gameplay betrifft, wird es sich mehr wie das originale „Phantasy Star Online” anfühlen, wo eine Gang von vier Spielern durch Ragol’sche Höllensysteme gestromert ist? Da sich das Spiel in logischer Reihe aufbaut, werden das wohl viele Spieler so spielen und sich dann über die Fortentwicklung der Geschichte und Strategien für die Zukunft der Spielewelt austauschen. Natürlich kann man auch ein Team bilden und in freier Mission die Areale erkunden. Außerdem ist es möglich, jederzeit eigene, neue Spiele zu erstellen. Werden die roten Kisten ein Comeback haben, nach denen in „Phantasy Star Online Episode 1 & 2” alle gesucht haben? „Phantasy Star Universe“ wird ein neues System haben, das auf Produktion basiert. Man wird selbständig mit der Partner Machinery Items erstellen können, indem man Rohstoffe und Produktionsboards kombiniert, die man entweder kaufen oder finden kann. Wer das gewünschte Item selbst nicht erstellen kann, muss eben eines kaufen, das ein anderer Spieler gemacht hat. Rote Boxen wird es nicht mehr geben. Im Spiel kann man seinen eigenen „Raum” haben. Beschreiben Sie bitte die Idee dahinter. Die Idee eines modifizierbaren Raumes gab es von Beginn an. Wir wollten ein RPG machen, das an diesem Punkt einen stärkeren Bezug zum Alltag herstellt und nicht nur auf Kämpfen basiert. Da es ja nun eine Lobby in Form der City gibt, gingen wir davon aus, dass die Spieler einen Platz brauchen, um sich zu treffen, zu reden, einen Laden zu eröffnen oder diesen als Basis zu benutzen. Das wird durch den Raum möglich. Cheating und das Duplizieren von Gegenständen waren ein großes Problem der „PSO“-Serie. Haben Sie das gelöst? „Phantasy Star Universe” speichert diesmal alle Daten auf einem Server. Zudem werden diese Daten zusammen mit fast den gesamten Gameplay-Parametern auf dem Server gemanaged. Einfaches Cheaten ist so fast unmöglich. Wir glauben, das Thema im Griff zu haben. Waren Sie bei „Phantasy Star Online” sauer darüber, dass Spieler seltene Waffen, Gegenstände oder gar Speicherkarten mit kompletten Charakteren übers Internet verkauft haben? Kein Kommentar. Erlauben Sie uns eine abschließende Nerdfrage. In „Phantasy Star Online Episode 1 & 2” gab es spezielle Monster, so etwa die Blue Rappys, die immer mal wieder vermeintlich zufällig auftauchten. Es gab viele Spekulationen darüber, nach welchem Muster die Monster auftauchen, etwa gekoppelt an die Internetzeit „Beats”. Alles Unsinn, oder wahr? Wie hat es nun wirklich funktioniert? Wenn wir das erzählen würden, würde das den ganzen Spaß an dem Spiel wegnehmen. Das Gespräch führte Christian Gaca. KRITIK RISE OF LEGENDS TOURIST TROPHY GUITAR HERO GOD OF WAR LIVE ARCADE RISE OF LEGENDS PRÄDIKAT für ein e ativ kre sS ter ons iem teg tra KRITIK 66 SYSTEM: PC HERSTELLER: BIG HUGE GAMES, MICROSOFT GENRE: ECHTZEITSTRATEGIE RELEASE: 31. MAI 2006 ONLINE: JA Mal ehrlich: Eigentlich sind zweite Teile doch nur technisch hochgerüstete Neuauflagen, die vor allem die Fehler des Vorgängers ausbügeln und mit gleichem Szenario die Geschichte weitererzählen. Diese Gesetzmäßigkeit hat bis auf wenige löbliche Ausnahmen, wie „Command & Conquer“ (Ableger „Alarmstufe Rot“), bisher auch hervorragend funktioniert. Doch kreative Köpfe wie Brian Reynolds von Big Huge Games wollen mehr als eine schicke 3D-Grafikengine und neue Story-Bestandteile. Außerdem gab es an dem Erstling des Enwicklungsstudios, „Rise of Nations“, bis auf die Grafik und die etwas minimalistische Story kaum etwas auszusetzen. Aus diesem Grund sollte der zweite Teil die Spieler in eine vollkommen neue Welt versetzen, die aber dank der innovativen Features von „Rise of Nations“ auch strategisch anspruchsvoll bleiben musste. So wurde aus dem modernen Szenario eine wilde Fantasy-Welt, die Bestandteile aus „Steampunk“, „1000 und einer Nacht“ sowie Erich von Dänikens „Götterdämmerung“ perfekt miteinander vermischt. Diese ungewöhnliche Mischung spiegelt sich in den drei Völkern, den Vincis, den Alin und den Cuotls wider, die um die Welt von Miana kämpfen. Die Hauptrolle spielt der junge Vinci-Erfinder Giacomo, der den Mord an seinem besten Freund Petruzzo durch den wahnsinnigen Despoten Doge rächen will. Doch wie so oft steht hinter dem Wahnsinn eine noch viel größere Bedrohung. Anfangs dreht sich noch alles um den Bruderkrieg innerhalb der Vincis, der mit dampfbetriebenen Robotern, deutlich von Leonardo da Vinci inspirierten Fluggeräten und einfachen Soldaten betrieben wird. Auch die starken Helden der Vincis verlassen sich vor allem auf Technologie und überzeugen mit Raketen, Gasgranaten und Belagerungs-Luftschiffen. Allein der böse Widersacher ist im Besitz eines seltsamen Artefakts, das mit Energieblitzen ganze Horden von Angreifern vernichten kann. Doch die Geschichte nimmt mit der Zeit gleich ein paar überraschende Wendungen. So darf Giacomo im Laufe der gigantischen Kampagne alle drei Völker mit ihren vollkommen unterschiedlichen Technologien in die Schlacht führen. EPISCHE GESCHICHTE VON DREI VÖLKERN Im zweiten Teil der Geschichte, der in der Wüste von Azar Harif stattfindet, werden dann die Vinci-Truppen durch die magischen Alin-Kräfte ersetzt. Statt auf Schießpulver, Dampfmaschinen und Elektrizität, basiert die Macht der Wüstenbewohner auf reiner Magie und fantastischen Wesen, die in Form von drei ganz unterschiedlichen Truppentypen eingesetzt werden. Während die Sand-Wesen vor allem durch ihre Aufrüstbarkeit interessant sind, verursachen Feuer-Wesen wie Salamander, Rukh und Efreet vor allem extrem viel Schaden beim Gegner. Besonders beeindruckend sind die Glas-Truppen, die nicht nur sehr teuer, sondern folgerichtig auch sehr effektiv sind. Doch die Helden verlassen sich nicht auf technische Errungenschaften, sondern setzen ebenso Magie ein. So besitzen sie im Gegensatz zu ihren Kollegen auch einen Mana-Pool, der ihre starken Fähigkeiten etwas einschränkt. Im letzten Kapitel 67 TAKTIK-OVERKILL Zusammengehalten wird die Story übrigens von der strategischen Übersichtskarte, die stark an „Schlacht um Mittelerde“ und „Empires at War“ erinnert, aber direkt aus dem ersten Teil stammt. Wie schon im Vorgänger muss hier geschickt taktiert, müssen Technologien erforscht, Städte aufgebaut und Helden aufgelevelt werden. Ähnlich wie bei der Konkurrenz agiert auch der Gegner auf dieser Karte und es kommt neben vielen gescripteten Missionen auch zu spontanen Kämpfen gegen die bösen Helden. Diese finden außer in ihrer Heimatstadt auf Mehrspieler-Karten statt. Wenn der Spieler einen Kampf verliert, heißt es nicht Game Over, sondern nur die entsprechende Region auf der Übersichtskarte geht verloren. Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass die gegnerischen Helden nur in ihrer Festung endgültig besiegt werden können. Wer also auf der Karte nicht geschickt agiert, hat es nicht nur unnötig schwer, sondern muss auch mehr Missionen hinter sich bringen. Zudem ist es unklug, zu stark befestigte Regionen in Angriff zu nehmen, zumindest auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad gestalten sich die Kämpfe sonst extrem hart. Zum Glück kann der Spieler vor jeder Mission die Anforderungen selbst festlegen. Dabei ist der einfache Schwierigkeitsgrad wirklich einfach, moderat annehmbar und schwer eine richtige Herausforderung. Gerade bei Strategiespielen ist das ganz sicher nicht üblich. Nun zum eigentlichen Gameplay: Alle drei Völker haben ihre Stärken und Schwächen. Während die Vincis dank ihrer Roboter-Minenarbeiter recht schnell eine große Menge des Erzes Timoniums abbauen können, um ihre recht preiswerten Truppen zu erschaffen, setzen die Alin vor allem auf ihre hoch- spezialisierten Einheiten, die mit Schnelligkeit und besonderen Fähigkeiten an allen Fronten gleichzeitig kämpfen können. Die Cuotls dagegen setzen vor allem auf Stärke und technologischen Vorsprung. Ihre Truppen sind nicht nur unheimlich zäh, sondern auch enorm stark. Im Gegenzug erweist sich der Aufbau als extrem schleppend und die Einheiten als vollkommen überteuert. Auch gibt es nicht, wie bei den anderen Völkern, ständig kostenlose Einheiten zum Kauf von Gebäuden dazu. Gerade zu Beginn der Kämpfe sind die Cuotls, vor allem im Mehrspielermodus, anfällig für schnelle Angriffe. Erst in der Mitte spielen sie ihre Stärken aus, da die Einheiten durch ihre vielen Lebenspunkte einfacher am Leben zu halten sind. An der grundlegenden Spielmechanik von „Rise of Nations“ hat sich beim Nachfolger kaum etwas verändert. Auf dem Schlachtfeld gibt es Territorien mit Städten, die Gegnern beim Überqueren ständig Schaden zufügen, wenn sie nicht eine Support-Einheit dabei haben. Diese Bereiche lassen sich durch spezielle Gebäude oder durch die Einnahme von gegnerischen bzw. neutralen Städten erweitern. Die Städte selbst sind ein Verbund von speziellen Bauwerken, die das Ressourcen-Einkommen, die Forschungspunkte und das Bevölkerungslimit beeinflussen. Ähnlich wie bei den Truppen steigt der Preis für eine Stadterweiterung mit der Anzahl der Distrikte, die sie schon besitzt. Bei neuen Städten sind die Kosten dagegen viel geringer. Dasselbe System wird auch bei der Armee eingesetzt. Wer mehr als eine Einheit pro Truppentyp kauft, muss mit der Zeit mit einem saftigen Aufpreis rechnen. Der Spieler wird also dazu gezwungen, eine gute Mischung zu finden, um beim Nachschub nicht ins Hintertreffen zu gelangen. SPEZIALISIERTE EINHEITEN ODER GUTE ALLROUNDER? Außerdem gibt es drei verschiedene Angriffsarten, die den Schaden gegen Boden- und Luft-Einheiten sowie gegen Gebäude symbolisieren. Das klassische Stein-Schere-PapierPrinzip greift hier nur bedingt. Einige Einheiten sind zwar spezialisiert, aber es gibt auch gute Allrounder, die durch das intelligente Preis-System klar abgeschwächt werden. Selbst die billigsten Truppenteile besitzen eine Existenzberechtigung. Da gerade schwere Einheiten bei jedem Trupp Fußvolk die Soldaten einzeln vernichten müssen, genügt es nicht, ein paar KRITIK der Kampagne verschlägt es Giacomo und seine Truppe dann in den Dschungel, wo er einen Teil seiner Verbündeten zurücklassen und sich den Göttern der Cuotls stellen muss. Mit ihrer Hochtechnologie stellt das neue Volk eine gewaltige Bedrohung dar, die der Erfinder aber mit der Zeit für sich zu nutzen weiß. Durch den Einsatz von Energiewaffen müssen die Cuotl die Upgrades und Einheiten statt mit Gold mit Energie bezahlen. Giacomo und damit auch dem Spieler bleibt nichts anderes übrig, als die Taktik erneut anzupassen, um auch diese letzte Herausforderung zu meistern. KRITIK 68 starke Glas-Kanonen und Sonnen-Götter zu kaufen. Um mit einer großen Masse Gegner fertig zu werden, braucht der Spieler eher ein schnelles Fahrzeug, das die Soldaten überrollen kann. Dabei wird nicht nur eine gehörige Portion Schaden zugefügt, sondern die Einheiten werden auch umgeworfen und können sich für kurze Zeit nicht wehren. Selbst große Massen von Fußsoldaten sind so für geschickte Spieler ein leichtes Fressen. BLIZZARD BEKOMMT KONKURRENZ In der Kampagne kommt dieses komplexe Beziehungsgeflecht der einzelnen Bestandteile natürlich nicht voll zum Tragen. Durch die Strategiekarte, die Scripte in den Missionen und die unterschiedliche Stärke der Künstlichen Intelligenz steht das Balancing nicht im Mittelpunkt. Ganz anders sieht es natürlich im Mehrspielermodus aus. Bei solch unterschiedlichen Völkern ist es fast unmöglich, das Spiel schon zum Release ausgeglichen zu gestalten. Ambitionierte Spieler werden immer einen Weg finden, die kleinste Lücke im System auszunutzen. Selbst Strategieschwergewicht „Warcraft 3“ hat über ein Dutzend Patches gebraucht, bis alle Mängel beseitigt waren. Hinzu kommt, dass es zwischen der Kampagne und dem Mehrspielermodus einen entscheidenden Unterschied gibt. Während in der Kampagne Helden, Technologie, Armee und Städte zwischen den Kämpfen auf der Strategiekarte aufgewertet werden, gibt es diese im Kampf gegen menschliche Spieler erst gar nicht. So werden nicht nur die Helden, sondern auch die Einheiten direkt auf der Karte verbessert. Doch während Alin- und Vinci-Helden durch den Kauf von Fähigkeiten aufsteigen, müssen Cuotl ihre Fähigkeiten einsetzen und ihre Städte aufrüsten, damit aus den schwachen Anfangshelden richtige Kämpfer werden. Das volle Potenzial des Mehrspielermodus ist bisher noch nicht abschließend absehbar. Da aber Big Huge Games eine dicke Battle.net-Konkurrenz aus dem Boden gestampft hat, stehen die Chancen nicht schlecht, das „Rise of Legends“ eine ganz große Nummer wird. Neben schlichten Statistiken gibt es verschiedene Levels, detaillierte Ranglisten und einen hervorragenden Clan-Support, der selbst Blizzard alt aussehen lässt. Die gegründeten Clans besitzen nicht nur eine eigene Rang- liste, sondern können auch ein eigenes Abzeichen importieren. Wenn das Balancing funktioniert und die Verbindung stabil bleibt, steht hier ein ganz großer Knall bevor. DESIGN FOLLOWS FUNCTION Abschließend noch ein paar Takte zum Thema Präsentation. Obwohl die Story sich vor allem aus klassischen Motiven zusammensetzt, sorgen die ungewöhnlichen Figuren und das einmalige Setting für viele spannende Spielstunden. Auch die geschickt eingebundenen Filmsequenzen, die teilweise in Spielgrafik umgesetzt wurden, verstärken trotz so mancher Baukasten-Mission den epischen Charakter der Geschichte. Überhaupt muss man Big Huge Games für die unverbrauchten Völker einfach nur danken. Unterstützt durch die erstklassige Grafik sorgt das wunderschöne Design für eine so stimmungsvolle Atmosphäre, dass es schwer fällt, danach wieder in die ausgelutschten Fantasy- und Science-Fiction-Szenarien der etablierten Konkurrenz zurück zu kehren. Wer auch immer unverbrauchte Ideen liebt, sollte fest die Daumen drücken, das solch ein kreatives Spiel nicht nur bei den Kritikern, sondern auch an der Kasse Erfolg hat. (KM) KRISTIAN METZGER STRATEGIESCHWERGEWICHT Unter der netten Fantasy-Oberfläche entpuppt sich „Rise of Legends“ als hochkomplexes Echtzeitstrategiespiel, das aber trotzdem selbst für Anfänger geeignet ist. Dank der gut umgesetzten Schwierigkeitsgrade können sich auch Neulinge an die komplexe Spielmechanik dieses Mammutwerkes herantasten, ohne frustriert aufgeben zu müssen. Gleichzeitig sorgen das geniale Design und die erstklassige Grafik für eine dichte Atmosphäre, der sich selbst Skeptiker nicht entziehen können. Gerade ähnliche Titel wie „Empires at War“ oder „Schlacht um Mittelerde“ ziehen gegenüber „Rise of Legends“ in nahezu allen Belangen den Kürzeren. Allein das ungewöhnliche Szenario kann dem Titel noch das Genick brechen. Hoffentlich geben die deutschen Strategie-Fans dem Titel eine echte Chance. Big Huge Games ist nämlich ein Meilenstein gelungen. Ein Spiel, das sogar „Warcraft 3“ vom Genre-Thron stürzen könnte. 69 VOLLDAMPF VORAUS – STEAMPUNK WILL NACH OBEN Ungewöhnliche Szenarien hatten es historisch betrachtet schon immer schwer in Deutschland. Egal, ob Filme, Comics oder eben Spiele, hierzulande wird auf strikte Trennung zwischen den Genres Wert gelegt. So ist es kein Wunder, dass selbst geniale Settings wie „Steampunk“ fast keine Beachtung finden. Während in England und den USA eine begeisterte Fangemeinde in die Welt von Magie und Technik abtaucht, schlagen sich deutsche Rollenspiel-Fans lieber mit klassischer Science-Fiction a la „Star Wars“ oder dem Fantasy-Standardwerk „Herr der Ringe“ die Nächte um die Ohren. Dabei hat der Begründer der Science-Fiction-Literatur, Jules Vernes, selbst das Fundament für dieses ungewöhnliche Szenario gelegt. Genau wie im historischen Steampunk gibt es bei ihm auch ohne fortgeschrittene Technologie schon Raumfahrer, Atom-U-Boote, Zeitmaschinen und dampfbetriebene Fahrzeuge. Spätere Autoren haben da nur noch einen oben drauf gesetzt und auch Magie in diese fantastischen Welten integriert. Dank Autoren wie William Gibson mit seiner Diffrenzialmaschine, Comics wie „Liga der außergewöhnlichen Gentleman“ und eben Spielen wie zum Beispiel „Arcanum“ wurde das Szenario in den USA immer beliebter. Trotzdem wurden nur einzelne Elemente wie etwa die Luftschiffe in der „Final Fantasy“-Serie oder die Gewehre bei „World of Warcraft“ auch von der Masse der Spieler akzeptiert. Gerade in Deutschland ist dem Genre der Durchbruch nie geglückt. Bisher jedenfalls nicht. (KM) KRITIK POPWISSEN TOURIST TROPHY: THE REAL RIDING SIMULATOR KRITIK 70 SYSTEM: PLAYSTATION 2 HERSTELLER: POLYPHONY DIGITAL, SCEE GENRE: RENNSIMULATION RELEASE: 31. MAI 2006 ONLINE: NEIN Das Alter macht sich nicht nur durch den dicken Kopf nach Saufgelagen oder den leichten Bauchansatz bemerkbar. Wirklich dramatisch ist die gehörige Portion Angst, die über 30-jährigen Bürohengsten bei jeder waghalsigen Freizeitbeschäftigung den Magen umdreht. Beispiel: Während ich im Alter von 18 Jahren begeistert einen Motorradführerschein anstrebte und alle Theoriestunden sammelte, reizt mich als reifer Großstädter dieser Nervenkitzel nicht mal ansatzweise. Die Vorstellung, am Limit zu fahren und nur mit Sturzhelm und Ledermontur gegen Autos und Lkw anzutreten, sorgt für eine gehörige Portion Muffensausen, statt für prickelnde Vorfreude. phony Digital ihren perfektionistischen Anspruch als Messlatte genommen. Sie wollten die Faszination und vor allem den Anspruch des sportlichen Motorradfahrens adäquat umsetzen. Mit dem namensgebenden Rennen, der Tourist Trophy auf der Isle of Man, hat das Spiel zwar nur teilweise etwas am Hut. Trotzdem werden Motorradfans mit gewohnten „Gran Turismo“-Mechaniken verwöhnt und bekommen damit trotz aller Ähnlichkeiten ein vollkommen neues Spielgefühl serviert. Dabei hat Polyphony Digital von den Menüs über den Karriere-Modus samt Fahrschule bis hin zu den Strecken so ziemlich alles aus der „GT“-Serie verwendet, was sich ohne schlechtes Gewissen einsetzen ließ. Die einzige, wenn auch entscheidende Veränderung betrifft die Fahrzeuge, die mit einer ähnlich brillanten Spielmechanik wie ihre vierrädrigen Kollegen auf die DVD gebannt wurden. Ganz selten weine ich der verpatzten Chance hinterher, doch als begeisterter Zocker kann ich mir dank „Tourist Trophy: The Real Riding Simulator“ meine Portion Bikerfeeling einfach auf den Bildschirm holen. Während bisherige Motorradrennspiele oft die vier Räder einfach durch zwei ersetzten, haben die Rennsportfanatiker und „Gran Turismo“-Macher von Poly- Erstmals bekommt man wirklich das Gefühl vermittelt, sich auf zwei statt vier Rädern zu bewegen. Das Gameplay ist dabei enorm simulationslastig ausgefallen. Harte Lenkbewegungen kombiniert mit niedriger Geschwindigkeit lassen vor allem schwere Motorräder sofort umkippen. Ein falsches Bremsmanöver reicht, und der Fahrer fliegt im hohen Bogen von der Ma- POPWISSEN DER TODESRITT AUF DER MÄNNERINSEL Die Tourist Trophy auf der Isle of Man ist kein Ort für Sonntagsfahrer. Statt auf großzügigen Rennstrecken mit Sicherheitszonen wird hier auf ganz normalen Straßen mit minimalem Abstand zum Straßengraben und der Zuschauermenge gefahren. Fast jedes Jahr kommt es dabei zu tödlichen Unfällen, was aber die Begeisterung von Fahrern und Publikum kaum bremst. Besonders spannend wird es am Mad Sunday, wo dann auch Privatfahrer auf die Strecke dürfen. Auf dem 60 Kilometer langen Rundkurs geht es dann erstaunlicherweise friedlicher zu als bei den Rennen. Es passiert relativ wenig. Wobei der mit 14 Siegen erfolgreichste TT-Fahrer aller Zeiten, Mike Hailwood, nicht etwa auf der Isle of Man ums Leben kam, sondern bei einem Verkehrunfall an einer unübersichtlichen Kreuzung. (KM) 71 Im Detail wurde natürlich viel geschraubt. Zum Beispiel gibt es kein Geld mehr zu gewinnen, sondern jede Maschine wird durch eine Challenge in den Fahrzeugpool übernommen. Leider sind schon die ersten Herausforderungen beinhart. Gelegenheitsspieler müssen viel Zeit investieren, um wirklich alle Motorräder und Rennstrecken zu sehen. Auch beim mageren Tuning haben die Entwickler eine fragwürdige Entscheidung getroffen, denn die realistischen Einstellungsmöglichkeiten vor den Rennen können das Aufmotzen der Fahrzeuge nur teilweise ersetzen. Da schwächere Fahrer ihre Chancen durch Tuning kaum verbessern können, rücken Streckenkenntnis und fahrerisches Können stärker in den Mittelpunkt. Während Rennautos auch mit Übersteuern um die Kurven gejagt werden können, hilft bei Motorrädern nur der genaue Einsatz der Bremsen, um nicht sofort von der Fahrbahn zu fliegen. Immerhin haben die Entwickler die Strafe für einen Abflug stark redu- ziert, meist verliert der Spieler nur 1-2 Sekunden. Wie bereits erwähnt, gleicht „Tourist Trophy“ seinem Vorbild „Gran Turismo 4“ vor allem optisch sehr stark. Die Motorradmodelle sind zwar hervorragend, aber gerade die Umgebung hätte etwas Abwechslung vertragen können. Dass der Sound überzeugt, ist bei einer Produktion von Polyphony Digital nicht verwunderlich. Allein der Song, der beim Scheitern gespielt wird, brennt sich nach ein paar Stunden unangenehm ins Gedächtnis ein. Zu oft fliegt der Spieler von der Fahrbahn oder verliert die harten Trainingsaufgaben. Mit schuld an dieser Misere sind die nahezu perfekten Konsolenfahrer, die ohne Fehler oder Formschwächen um die Kurven zirkeln. Menschliches Verhalten stellt sich auf jeden Fall anders dar. Im Gegensatz zur Next-Generation-Konkurrenz „Moto GP 06“ auf der Xbox 360 gibt es außerdem nicht mal die kleinste Online-Funktionalität. Ähnlich wie bei „Gran Turismo 4“ stört dieser Faktor Solofahrer zwar nicht im Geringsten. Wer sich aber mit menschlicher Konkurrenz messen möchte, dem wird der Split-Screen-Modus nicht ausreichen. Allein im Link-Modus macht das Spiel auch mit mehreren Spielern Spaß, doch der Aufwand dahinter ist und bleibt einfach enorm groß. (KM) KRISTIAN METZGER KNALLHARTE SIMULATIONS-ORGIE Die gesunde Härte von „Tourist Trophy“ erinnert mich unangenehm an meine eigene 80er-Prüfung. Beim kniffligen Slalomkurs war es beinahe um meinen Führerschein geschehen. Ähnlich erging es mir auch bei Polyphony Digitals neuer Simulations-Orgie. Ich musste mich lange durch das Training mühen, um mich mit dem knackigen Gameplay anzufreunden. Nachdem aber der Bann gebrochen war, vergaß ich Klon-Optik und fehlende Tuning-Optionen. „Tourist Trophy“ ist eben etwas für echte Motorrad-Fans – und solche, die es noch werden wollen. Auto-Langweiler werden ganz sicher schnell das Handtuch werfen. Allein der fehlende Online-Modus enttäuscht. Im Jahr 2006 sollte es eigentlich auch auf der Playstation 2 möglich sein, menschliche Mitspieler im Internet zu jagen. Einziger Trost: Auf der Playstation 3 wird man sich mit solchen Problemen wohl nicht mehr herumschlagen müssen. KRITIK schine. Ohne viel Übung ist es nahezu unmöglich, den knackig schweren Karrieremodus auch nur zur Hälfte zu bewältigen. Die obligatorische Fahrschule sollte auf jeden Fall bis zum Ende durchgespielt werden, auch wenn die aus „Gran Turismo 4“ bekannten Aufgaben mit der Zeit etwas langweilig werden. GUITAR HERO PRÄDIKAT für das au nti the sch e Pos ste fü rge hl KRITIK 72 SYSTEM: PLAYSTATION 2 HERSTELLER: HARMONIX, CAPCOM GENRE: MUSIK-ACTION RELEASE: 22. MAI 2006 ONLINE: NEIN Warum flog der Drummer aus der Band? Weil er sagte: „So, Leute, jetzt spielen wir mal einen Song von mir!“. Recht so, denn in „Guitar Hero“ dominieren die Gitarren das Bandgeschehen, das wird schon beim Öffnen der überdimensionierten Spieleverpackung deutlich. Beim Anblick des fast 70 Zentimeter langen Spezialcontrollers, der nach der Optik einer GibsonGitarre modelliert ist und mitsamt Tragegurt und Aufklebern daherkommt, fangen nicht nur Zockeraugen an zu leuchten. Ungeduldig klicken Newcomer das Tutorial an, doch unter der Anleitung des virtuellen Roadies macht sogar das „Stimmen“ der Plastikklampfe Spaß: Am Hals des Instrumentes befinden sich fünf Knöpfe, die verschiedene Positionen für Fingergriffe simulieren. Als Ersatz für die sechs Saiten fungiert eine Schaltwippe, die beidseitig „angeschlagen“ werden kann. Wie bei den meisten Musikspielen wandern zu den Klängen diverser Interpreten nun farbige Symbole über den Bildschirm, die mit den fünf Tastern korrespondieren. In dem Moment, wo sie die Grundlinie erreichen, muss nun noch die Saite angeschlagen werden, um dem Instrument einen harmonischen Klang zu entlocken, die Fans zu beglücken und den Kombo-Zähler in die Höhe zu treiben. Für den richtigen Thrill gibt es den Whammy-Hebel, der für astreine Tremolo-Effekte bei lang gezogenen Noten sorgt. Spätestens, wenn die ersten Powerchords eingeübt werden, denkt selbst der letzte Technofreak über die Anschaffung einer Lederjacke nach. Und umherstehende Mitspieler versuchen mit Gewalt, des Controllers habhaft zu werden. Während Vati in den Keller hinabstürzt, um die Wandergitarre mal wieder abzustauben, rückt der Tutorial-Roadie mit dem letzten Spaßmultiplikator heraus: der Star-Power. Durch fehlerfreies Spielen bestimmter Combos oder virtuoses Bearbeiten des Tremolo-Hebels füllt sich eine Leiste, die ab einem bestimmten Pegel den wohl ultimativsten Poser-Move der Spielegeschichte möglich macht. Durch das Hochreißen der Gitarre verdoppelt sich der Punkte-Multiplikator und das Publikum rastet aus. Zudem schießt das Rock-Meter schnell wieder in den grünen Bereich. Bei fortgesetzten Spielfehlern, die die Gitarre mit gequälten Sounds quittiert, marschiert dieses Stimmungsbarometer nämlich in Richtung Rot und führt damit zum Game Over. Nachdem der frisch gebackene Gitarrenheld nun also die erste Probesession hinter sich gebracht hat und am nächsten Morgen in einem total verwüsteten Zimmer umringt von Bierflaschen und vollen Aschenbechern aufgewacht ist, bietet sich eine Gelegenheit zum Durchatmen und Reflektieren. Hersteller Harmonix hat nach seinen innovativen Musiktiteln „Frequency“ und „Amplitude“ endlich ein Spielprinzip in den Westen gebracht, das in Japan schon jahrelang für Furore sorgt. Die Plastikklampfe gehört dort in Form von Konamis „Guitar Freaks“-Serie schon seit 1998 in jede gut sortierte Spielesammlung. Wo in Fernost jedoch der J-Pop dominiert, kommen in unseren Breiten die Klänge echter Rocklegenden zum Einsatz. Mit 30 authentisch nachgespielten Stücken von Interpreten wie Motörhead, Black Sabbath, ZZ Top, Franz Ferdinand oder Sum 41 reicht die Bandbreite von Heavy Metal bis zu Skate-Punk. Dazu kommen noch 17 Originalsongs diverser Indie-Bands, zu deren Genuss jedoch erst der Karrieremodus in Angriff genommen werden muss. Hier will sich ein aufstrebender Musiker an die Spitze spielen. In diversen Locations – angefangen beim Kellerloch – muss ein Set aus mindestens vier von fünf Songs beendet werden, um neue Auftrittsmöglichkeiten zu erreichen und entsprechende Gagen einzukassieren. Diese 73 Die Präsentation des Spiels wäre eigentlich nebensächlich, ist aber sehr ernst genommen worden. Die Kameraeinstellungen und die Star-Power-Stunts der Musiker unterhalten ungeduldige Freunde, die gerade nicht selbst an die Gitarre dürfen, während das Grafikdesign im Flyer-Stil und die Roadie-Sprüche auf den Ladebildschirmen die Rock-Atmosphäre bis zum Maximum authentifizieren. Psychisch labile Rock-Drummer allerdings dürfen momentan noch nicht mitspielen, doch auch hier ist in Zukunft Besserung möglich. Sieht der Zweispielermodus bisher nur ein Duell zweier Gitarrengrößen vor, ist bei den japanischen „Guitar Freaks“ seit jeher ein Zusammenspiel von Klampfe und Schießbude in Form des „Drummania“-Controllers möglich. Hoffen wir, dass Harmonix für den bereits sicheren Nachfolger eine ähnliche Verbindung anstrebt. (KH) POPWISSEN MODDING, GLAM! In den USA ist „Guitar Hero“ schon seit einigen Monaten erhältlich und hat dort einiges an Basteleien inspiriert: Elektro-Musiker steuern ihre Synthesizer über USB-Adapter und eigene Software mit dem Gitarrencontroller an. Case-Modding-Freaks verpflanzen hingegen dessen Mechanik in echte Gitarrenkörper und rocken komplett stilecht. Genau wie mein Alter Ego, der Musikexperte Afro-Matte, der auf den Spuren der Glamrocker seinen guten, alten Schminkkoffer wiederentdeckt hat! (KH) KALLE MAX HOFMANN ENTRÜCKTE GESICHTSAUSDRÜCKE „Guitar Hero“ rockt das Haus – egal ob Heavy oder Homie, Bratze oder Barbie, kleiner Bruder oder Großtante, auf den Controller fährt jeder ab! Mit dem Ding abzurocken macht solchen Spaß, dass selbst Aversionen gegen Gitarrensounds sofort der Vergangenheit angehören. Schon nach kurzer Zeit geht das Spielen der Notenkolonnen in Fleisch und Blut über, so dass man sich selbst öfter mit der reflexartigen Ausführung komplexer Combos überrascht. So hält nach einiger Spieldauer sogar der entrückte Gesichtsausdruck echter Saitenvirtuosen Einzug ins eigene Mimikrepertoire. Was ich mir für einen Nachfolger noch wünschen würde, wäre eine differenziertere Abfrage des Notentimings. Nachvollziehbare Abstufungen zwischen den Extremen „perfekte Note“ und „gerissene Saite“ würden das akustische Resultat interessanter gestalten und das musische Erlebnis beim Spieler noch intensivieren. KRITIK Geldmittel können dann in Bonuscharaktere, Gitarren, neue Songs und unterhaltsame Making-of-Videos investiert werden. Eine gewisse Virtuosität ist allerdings Voraussetzung, wer nur auf Easy spielt und lediglich drei Griffe beherrscht, geht leer aus. Der Rubel rollt erst in den Medium- und Hard-Modi, wobei in letzterem alle fünf Taster ein wirklich fingerbrechendes Umgreifen erforderlich machen. GOD OF WAR KRITIK 74 SYSTEM: PLAYSTATION 2 HERSTELLER: SONY GENRE: ACTION-ADVENTURE RELEASE: ERHÄLTLICH ONLINE: NEIN Kreativdirektor Dave Jaffe hatte mit „God of War“ im vergangenen Jahr für gehöriges Aufsehen gesorgt. Seit dem USRelease gab es kaum einen Gamedesigner, der im Jahresrückblick 2005 dieses Spiel nicht anerkennend als Highlight nannte. Mangels Jugendfreigabe hatte Sony den DeutschlandRelease abgeblasen. Der große Erfolg in den USA stachelte Sony allerdings an, und im zweiten Anlauf gab es doch noch das USK-Siegel. Während der Rest der Welt den Titel fast schon als preisreduzierte Platinum-Version erwerben kann, findet der volljährige deutsche Spieler nun die Uncut-Version in deutscher Sprache in den Händlerregalen. Die Geschichte beginnt tragisch mit einem Dämpfer. Kratos, der Protagonist des Spiels, stürzt sich nach langer Leidenszeit von den Klippen in den Tod. Warum es dazu kam, wird häppchenweise im Spiel erklärt. Nur so viel: Kratos, ein brutaler Ex-Spartanenanführer mit göttlicher Kraft, hat eine Angelegenheit mit Ares zu klären, dem titelgebenden Kriegsgott. Richtig bemerkt, das Sujet des Spiels ist der griechischen Mythologie entnommen. Der Beginn des Spiels, zugleich Einführungstutorial, kommt recht konventionell daher. Der Spieler erlernt im Kampf gegen eine Hydra die wichtigsten Steuerungselemente, bekommt aber auch vermittelt, dass langfristiger Erfolg auch Köpfchen erfordert. Die Steuerung ist leicht zu erlernen. Um gerade auch in den höheren Schwierigkeitsgraden überleben zu können, wollen die mannigfaltigen Kombos beherrscht sein. Der Einsatz von Magie ergänzt die Kampfkunst mit Primärwaffen wie den „Schwertern des Chaos“. Einmaliges Durchspielen schaltet den göttlichen Schwierigkeitsgrad und zahlreiche Schätze wie Extra-Levels und Hintergrundinfos frei. Generell bräuchte es solche Anreize nicht, denn das Spiel allein bereitet dank des vortrefflichen GameDesigns ein riesiges Vergnügen und fesselt für Stunden. Manuelle Speicherpunkte sind frustfrei gut verteilt, dazwischen helfen Wegpunkte. Gesundheit und Mana sind ebenfalls breit gestreut. Diverse Waffenupgrades beinhalten neue Kombo-Varianten, um gegen die zahlreichen griechischen Sagenwesen bestehen zu können. Je weiter man die Geschichte freilegt, desto sagenhafter wird die Atmosphäre, desto schwerer kann man sich ihr entziehen. Die illustren Schauplätze werden immer abenteuerlicher, befeuert von der abwechslungsreichen und einfach überwältigend schönen, künstlerischen Gestaltung. Kratos und die Kreaturen des Spiels sind butterweich animiert. Kaum zu glauben, was hier aus der betagten PS 2 alles an Leistung herausgeholt wird. Was mich dabei am meisten verwundert, sind so gut wie keine Ladezeiten. Das ist Streaming mit Vorbildcharakter. Die zurückhaltende USK-Freigabe hat ihren Grund. Wir haben es hier mit einer doch recht deftigen Schlachteplatte zu tun. Kratos ist ein getriebener Wüterich, ein Mann fürs Grobe, dessen Potenz nicht einmal durch zwei Geliebte gebändigt werden kann. Zarte Gemüter oder Moralapostel sollten sich lieber mit „We Love Katamari“ beschäftigen, wenn ihnen in letzter Konsequenz nicht klar sein sollte, wozu ein muskelbepackter Krieger zwei scharfe Klingen bei sich führt. Klartext: „God of War“ ist ein Spiel für Erwachsene, dessen Faszination primär von der fantastischen Story ausgeht. Dabei bedient es sich einer expliziten Darstellung als Stilmittel, die trotzdem noch einen comichaften Charakter behält. (MK) MARTIN KARRAS DER SPANNENDSTE ABENTEUERFILM Herrschaften, wer sich über mittelmäßige Ware beschwert und diverser Wiederholungstaten und Fortsetzungstitel überdrüssig ist, dem sei dieser frische Titel wärmstens ans Herz gelegt. Es ist geradezu ein Sündenfall, dieses Spiel vorenthalten zu haben. „God of War“ ist Pflichtprogramm und zu Recht in den Olymp der Spieleklassiker aufgenommen worden. Es gibt kaum Schwächen dieses fast perfekten Titels zu bemängeln. Vielleicht wäre es besser gewesen, ließe sich die überwiegend gut arbeitende, cineastische Kamera bei Bedarf frei bewegen. Abschaltbare Einblendtexte wären ebenfalls toll gewesen. Denn „God Of War“ ist nicht nur ein Spiel. So wahr mir die Götter helfen, es ist eigentlich der verdammt spannendste Abenteuerfilm in Echtzeit, den ich seit langem gesehen habe. Darum habe ich über die Handlung in der Kritik auch kaum ein Wort verloren. ”Oblivion ist schier unglaublich” ”So schön war noch kein Rollenspiel” ”Das wichtigste Spiel 2006” – PC Games ”Oblivion wird zweifellos eines der größten Rollenspiele aller Zeiten” – GamePro ”Spiel des Jahres 2006” – Rhein Neckar Zeitung Das Rollenspiel der nächsten Generation - Ab 24.03. im Handel www.2kgames.de/oblivion The Elder Scrolls® IV: Oblivion™ © 2006 Bethesda Softworks LLC, a ZeniMax Media company. The Elder Scrolls, Oblivion, Bethesda Game Studios, Bethesda Softworks, ZeniMax and related logos are registered trademarks or trademarks of ZeniMax Media Inc. in the U.S. and/or other countries. 2K Games and the 2K Games logo are registered trademarks or trademarks of Take-Two Interactive Software. Microsoft, Xbox, Xbox 360, Xbox Live sowie die Logos von Xbox, Xbox 360 und Xbox Live sind entweder eingetragene Marken oder Marken der Microsoft Corporation in den USA und/oder anderen Ländern. All Rights reserved. 75 LIVE ARCADE 76 KRITIK UNO Carbonated Games, Mai 2006 Das Lieblingskartenspiel aller Kinder und Gesellschaftsspieler findet nun tatsächlich auch seinen Weg in die Virtualität. „Uno“ wird die derzeit noch dünne Auswahl an Kartenspielen in der Live Arcade ergänzen. Simple Spielideen wie die von „Uno“ eignen sich bestens, um für kurzweilige Onlineduelle herzuhalten. Bis zu vier Spieler können sich zur Farbkartenschlacht treffen. Entweder wird eine dem klassischen Regelwerk unterworfene Variante gespielt, oder die Spielregeln nach persönlichen Präferenzen angepasst. Wer „Hardwood Hearts“ und „Hardwood Spades“ bis zum Abkotzen gespielt hat, wird liebend gerne die 800 Points für „Uno“ bezahlen. (CG) JEWEL QUEST Iwin, erhältlich Die Suche nach Relikten aus vergangenen Tagen ist die Klammer für „Jewel Quest“. Vom Gameplay her betrachtet unterscheidet sich das gefällige Spielchen kaum von einem „Bejeweled 2“. Das Verschieben von Symbolen in horizontalen und vertikalen 3er- bis 5er-Reihen kann halt nicht neu erfunden werden. Bei „Jewel Quest“ sind es die Zwischentöne, das langsame Anziehen des Schwierigkeitsgrads, was das Spiel wirklich interessant macht. Außerdem bietet es lange, sehr lange Spaß, ohne einen frustriert ob offenkundig fast unlösbarer Aufgaben zurückzulassen. Ein Knobelspielchen allererster Kajüte, sozusagen. (CG) BOMBERMAN ACT ZERO Hudson, Mai 2006 Es hat kaum je ein Videospiel gegeben, das mehr synonym für Vier-Spieler-Spaß gestanden hat als das grandiose „Bomberman“. Vier knuffige Roboter-Typen, ein paar Bomben und einige wenige, dafür aber effektive Bonus-Items zauberten ein Spiel auf den Fernseher, dass Freundschaften erschütterte (jedenfalls kurzfristig) und junge Menschen gefrustet ihre Pads an Wänden zerschmettern ließ. Freundlicherweise hat Hudson sich jetzt entschlossen, diese schönen Ereignisse zu revitalisieren und eine aufgemöbelte Version für Live Arcade zu programmieren. Wird ein Riesenspaß. Wollen alle haben. Werden alle haben. (CG) 77 Ausgabe: MÄRZ [2005] Thema: Rennspiele Ausgabe: APRIL [2005] Thema: Mobile Gaming Ausgabe: MÄRZ-APRIL [2006] Themen: Strategie + Joystick Ausgabe: JANUAR [2005] Thema: Egoshooter Ausgabe: OKTOBER-NOVEMBER [2005] Themen: Lifestyle + Design Ausgabe: DEZEMBER-JANUAR [2005] Themen: Next-Generation + Film Ausgabe: DEZEMBER [2004] Thema: Abenteuer Ausgabe: MAI-JUNI [2005] Thema: Rollenspiele BACKISSUES 78 Wer eines der kostbaren [ple:]-Hefte am Kiosk verpasst hat, darf sich vetrauensvoll an uns wenden. Gerne verschicken wir auf Anfrage die älteren Hefte, solange sie denn noch vorrätig sind. Kostet 4 Euro inklusive Versand pro Heft, bei Bestellung wird nur das Porto nach Gewicht der Sendung berechnet. Wer Hefte bestellen möchte: Es reicht eine E-Mail mit eigener Adresse und unter Angabe der gewünschten Hefte an info@ play-magazin.de zu schicken, Betreff: Heftversand. Wenn die Hefte angekommen sind, bitte das Geld einfach auf das in der Antwortmail angegebene Konto überweisen. [ple:] SORGT FÜR NESTWÄRME In der Weihnachtsausgabe hatten wir unsere Leser dazu aufgerufen, bei der eBay-Versteigerung der von uns in Auftrag gegebenen Künstler-Faceplates mitzumachen. Der Erlös sollte der Kindertagesstätte Nestwärme e.V. für von HIV-betroffenen Familien gespendet werden. Dank der regen Teilnahme und Bietern wie Thorsten K. aus Dortmund, der für 652,98 Euro gleich zwei Faceplates ersteigerte, konnten wir gemeinsam mit Microsoft 1375,98 Euro an die Nestwärme-Kita überweisen. Bei einem Besuch in Kreuzberg haben wir mit dem Leiter Michael Janda gesprochen, der sich für die Unterstützung bedankt hat und so dem Bau einer weiteren Einrichtung erneut einen Schritt näher gekommen ist. Auch wir danken noch mal herzlich für die Unterstützung! Auf der Webseite www.nestwaerme-berlin.de kann sich jeder selbst ein Bild von dieser fantastischen Einrichtung machen. [ple:] ROCKS FRANKFURT Es hat Tradition, dass gefeiert wird, wenn das neue Heft rauskommt. Dieses Mal klinken wir uns am 1. Juni in die X-Rocks-Party im Frankfurter Cocoon Club ein. Dort werden auf einer Modenschau Frankfurter Szene-Originale die Entwürfe frischer Fashion-Labels wie Blutsgeschwister, Triple5Soul, Firetrap oder We Got Soul präsentieren. Musikalisch punken neben spannenden DJs die spanischen Glamrock-Punker von Glamour to Kill, die an diesem Tag mit ihrer neuen Bühnenshow ihren erst zweiten Auftritt in diesem Jahr in Deutschland haben. Ihr neues Album „Pecados Electricos“ und die Single „Vampire“ stürmen gerade die spanischen Charts, jetzt wollen sie den Rest von Europa erobern. Abzustauben gibt es neben der neuen [ple:] auch einige Modelle vom neuen Sony Ericsson W810i. See you there! Mehr Infos: www.x-rocks.de LESERBEFRAGUNG Es gibt nichts Wichtigeres für ein Magazin, als seine Leser genau zu kennen. Auch wir möchten wissen, wer unsere Leser sind, was sie interessiert und ihnen Spaß macht. Denn die [ple:] wird sich auch in Zukunft verändern und an Leserwünschen orientieren. Wir sind offen für Vorschläge und Ideen, damit wir in Zukunft das Magazin noch besser machen können. Wer mitmachen will: Einfach dem unten stehenden Link folgen und bei der kurzen, anonymisierten Umfrage mitmachen. Als Belohnung für die Mühe werden unter den Teilnehmern, die ihren Namen und ihre Adresse angeben, tolle Preise verlost. Also viel Spaß beim Mitmachen! Verlagsmitarbeiter und deren Angehörige dürfen nicht mitmachen und der Rechtsweg ist natürlich wie immer ausgeschlossen. 79 www.play-magazin.de/umfrage Wer mitmacht, kann diese tollen Preise gewinnen! 3 x FIFA Fußballweltmeisterschaft 2006 1 x Logitech Joystick Force 3D Pro (PS2,PC) Nur mit dem Original lässt sich das Sportereignis des Präzisionsgefertigter Force-Feedback-Joystick für ein Jahres am eigenen Bildschirm miterleben und das realistisches Spielvergnügen am PC. Dank neuer Tech- deutsche Team zum Sieg führen. Oder wie es Electro- nologie wird jede Flugbewegung zum Spielerlebnis. nic Arts zusammenfasst: www.hollandstoppen.de. Flug-Asse können außerdem zwölf Tasten frei belegen . 3 x Age of Empires 3 1 x Logitech Cordless Maus G7 (Windows PC) Mit schicker 3D-Grafik, waschechte Physik-Engine Dank der kabellosen 2,4-GHz-Technologie bietet und einem neuen Nachschub-System setzt Age of Logitech G7 Laser Cordless Mouse USB-Leistung mit Empires auch beim dritten Teil Zeichen. Vor allem voller Geschwindigkeit. Der Lasersensor mit 2000 dpi Fans des wilden Westens werden den Hit lieben. tastet 6,4 Megapixel pro Sekunde ab. 3 xTop Spin 2 1 x Logitech USB Maus G5 (Xbox 360) Die grandiose Tennis-Simulation feiert ihr großes Die Logitech G5 Laser Mouse bietet mit der 2000-dpi- Comeback auf der Xbox 360. Mit verbesserter Grafik, Laser-Engine eine flüssige Abtastung und schnelle einem runderen Gameplay und den einmaligen Xbox- USB-Leistung. Das anpassbare Gewichtsmagazin (38 g) Live-Fähigkeiten einer der besten Sporttitel. ermöglicht Variationen von Gewicht und Balance. Motorstorm DEMNÄCHST 80 DIE NEUE [ple:] ERSCHEINT IM JULI 2006 HIGHLIGHTS Eineinhalb bewegte Jahre [ple:] liegen hinter uns und der Sommer ist in vollem Gange. Grund genug für uns, eine Ausgabe mit den schönsten Texten aus den vergangenen [ple:]Ausgaben zu machen. Natürlich widmen wir uns aktuell den wichtigsten Kritiken und legen einen kleinen Schwerpunkt auf die Next-Generation-Konsolen von Sony und Nintendo. Letztere wurde ja mittlerweile offiziell auf den Namen „Wii“ Wii - Nintendo goes Next-Generation getauft. Symbolträchtig soll hier der Zusammenhalt zwischen Videospielern und dem Controller schon im Logo demonstriert werden. „Wii“ steht für „we“, also für uns, für alle. Spricht sich im Englischen allerdings auch „wee“ aus, und das ist der umgangssprachliche Begriff für pinkeln. Egal, wir freuen uns auf jeden Fall auf neue Hard- und vor allem Software. Bis dahin, bleiben Sie uns bitte freundlich gewogen… Vision-GT