Der Herr der Ringe: Schlacht um Mittelerde 2

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Der Herr der Ringe: Schlacht um Mittelerde 2
COMPUTER- UND VIDEOSPIELKULTUR
Deutschland Euro 3,00 : Österreich Euro 3,30 : Schweiz sfr 5,90
MÄRZ-APRIL [2006] : www.play-magazin.de
Schwerpunkt: Strategie 2006 wird das Jahr der epischen Schlachten - ein Blick in
Vergangenheit und Zukunft des Genres > Fokus: Joystick & Peripherie Grandiose
Geräte für Konsole & PC > Kritiken: Ghost Recon Advanced Warfighter, 24-The Game,
Der Pate, Star Wars: Empire at War und wie immer reichlich Tiefgang
FIGHT NIGHT: ROUND 3
HAPPY BIRTHDAY PSO
GHOST RECON: AW
ANIMAL CROSSING DS
ELDER SCROLLS IV: OBLIVION
Der Herr der Ringe: Schlacht um Mittelerde 2
”Oblivion ist schier unglaublich”
”So schön war noch kein Rollenspiel”
”Das wichtigste Spiel 2006”
– PC Games
”Oblivion wird zweifellos eines der
größten Rollenspiele aller Zeiten”
– GamePro
”Spiel des Jahres 2006”
– Rhein Neckar Zeitung
Das Rollenspiel der nächsten Generation - Ab 24.03. im Handel
www.2kgames.de/oblivion
The Elder Scrolls® IV: Oblivion™ © 2006 Bethesda Softworks LLC, a ZeniMax Media company. The Elder Scrolls, Oblivion, Bethesda Game Studios, Bethesda Softworks, ZeniMax and related logos are registered trademarks or trademarks of ZeniMax Media Inc.
in the U.S. and/or other countries. 2K Games and the 2K Games logo are registered trademarks or trademarks of Take-Two Interactive Software. Microsoft, Xbox, Xbox 360, Xbox Live sowie die Logos von Xbox, Xbox 360 und Xbox Live sind entweder eingetragene
Marken oder Marken der Microsoft Corporation in den USA und/oder anderen Ländern. All Rights reserved.
1
EDITORIAL
D
as Weihnachtsgeschäft ist durch und Microsoft hat einen
durchaus ordentlichen 360er-Start hingelegt, trotz vereinzeltem Ärger mit DVD fressenden Konsolen und Lieferschwierigkeiten. Außerdem sei an dieser Stelle noch mal festgehalten, dass die Xbox 360 im Spielbetrieb einfach unfassbar
laut ist. Wir haben das damals beim Launch für ein Problem
bei wenigen Geräten gehalten, aber das Teil ist wegen des
schnell rotierenden Laufwerks einfach mal so laut wie ein
Handstaubsauger im Dauerbetrieb. Bitte Microsoft, bremst
das Ding mal ein bisschen aus.
Unabhängig davon sind wir jetzt alle HDTV-Fans, zudem
schwer abhängig von Achievements und Gamerscore. Wobei
hier allerdings noch Bedarf an Nachbesserung besteht. Jedenfalls habe ich mehrmals den Kommentar gehört, dass jemand King Kong auf der 360 nur durchgespielt hat, weil es
für rund acht Stunden Spielzeit alle 1000 Punkte gibt. Um bei
PGR alle Punkte einzusacken, braucht man dagegen schon
mindestens die ganzen Weihnachtsferien. Und die teils grandiosen Titel aus der Live Arcade durchzuspielen, gerät schon
fast zum hoffnungslosen Unterfangen, so schwer sind die.
Ist also alles noch etwas wenig ausbalanciert, aber unterm
Strich macht die 360 großen Spaß!
Mit Spannung warten wir derweil auf die E3 in Los Angeles.
Die US-Fachmesse wird im Mai diesen Jahres zur Bühne für
den Showdown im Next-Generation-Kampf. Sowohl Sony als
auch Nintendo haben angekündigt, dort erstmals spielbares
Material für ihre heiß erwarteten Next-Gen-Konsolen zu zeigen. Mit großer Spannung warten Fans auf die Playstation 3
und die Revolution. Uns geht es da nicht anders, zumal gerade in Sachen PS 3 wegen einer totalen Informationssperre
aus Japan keine verlässlichen Informationen durchsickern.
Also bleibt nur: warten, warten, warten!
Viel Spaß mit dem Heft wünscht, die [ple:]-Redaktion
4
INHALT
IMPRESSUM
SCHWERPUNKT
FOKUS
STORIES
01
02
Editorial
Blickwinkel: Oliver Timm, München
06
08
10
12
News: Wer nicht zockt bliebt dumm
News: Online-Rollenspiel im Eigenbau
News: Getting Up unter Druck
Was bedeuten dir Videospiele?
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24
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Strategen an die Front
Hintergrund: Vom Brett auf den Bildschirm
Echtzeit: Ohne Strategie droht Totalverlust
Hintergrund: Sun Tzu - Die Kunst des Krieges
Geschichte
Einkauf: Die wichtigsten Strategiespieel 2006
Liebesgeschichte: „Homeworld“-Saga
Kritik: „Der Herr der Ringe: Schlacht um Mittelerde 2“
Kritik: „Full Spectrum Warriors: Ten Hammers“
Interview: Wil Stahl, Producer bei Pandemic
Kritik: „Star Wars: Empire at War“
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38
40
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50
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Joystick & Co
Steuerung: Lustknüppel und Daumenbedienung
Grandiose Geräte
Extrawurst: Plastikmotorräder fürs Wohnzimmer?
Vergessen: Futures made of virtual insanity
Daten: Sprungbrett in die Welt der 64-Bit-Programmierung
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Kolumne
Realität: „Brokeback Mountain“ vs. „Die Sims“
Liebesgeschichte: „Phantasy Star Online“ feiert Geburtstag
Vorschau: „Top Spin 2“
Vorschau: „Elder Scrolls IV: Oblivion“
Vorschau: „Xbox 360 Live Arcade“
66
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„Ghost Recon Advanced Warfighter“
„Fight Night: Round 3“
„Animal Crossing: Wild World“
„Der Pate“
„Burnout: Revenge“
„24 - The Game“
„Rag Doll Kung Fu“
„Black“
80
Vorschau
Herausgeber: Kristian Metzger
Verlag: [ple:] Medien
(Gaca, Metzger + Meyer GbR),
Schwedter Str. 9A, 10119 Berlin,
info@play-magazin.de
Redaktionsanschrift: [ple:] Magazin,
Schwedter Str. 9A, 10119 Berlin,
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Redaktion: Christian Gaca (CG),
Chefredakteur, christian@play-magazin.de,
Kristian Metzger (KM),
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Autoren: Matthias Adler (MA), Jin Choi (JC),
Martin Eiser (ME), Klaus Josef Gaca (KG),
Carsten Görig (GÖ), Heiko Häusler (HH),
Andreas Heiberger (AH), Kalle Max Hofmann (KH), Martin Karras (MK), Christian
Keichel (CK), Malte Klein-Luyten (KL),
Shelley Masters (SM), Alex Pöschel (AP),
Max Scharl (MS) und Betti Fiegle (Fotografin, www.bettifiegle.com) sowie Lars Borges
(Fotograf, www.larsborges.de)
Art Direction: Mirka Meyer,
mirka@play-magazin.de,
meyer@metorical.com
Marcus Tonndorf, tonndorf@metorical.com
Metorical, www.metorical.com,
Webseite: lieblinx GmbH
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Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 1 - 2006
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KRITIK
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mal im Jahr, der Preis eines Einzelheftes
beträgt 3,00 Euro.
Sämtliche Texte und Fotos sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, auch
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NACHRICHTEN
6
Wer nicht zockt, bleibt dumm
Studie sagt: Video- und Computerspiele machen das Gehirn fit fürs Alter
Menschen, die häufig zu Gamepad oder Joystick greifen, verbessern nicht nur ihr spielerisches Können, sondern tun etwas für den Ruhestand: Einer kanadischen Studie zufolge
fördert häufiges Zocken die Multitasking- und Konzentrationsfähigkeit. In Video- oder Computerspielen blitzschnell Relevantes (Terrorist) von Unwichtigem (Hostage) trennen zu
können, hält das Gehirn langfristig fit. Das gleiche Prinzip
lässt sich bei zweisprachig aufgewachsenen Kindern beobachten: Wer zwei Sprachen fließend sprechen kann, hat gelernt, eine Sprache komplett zu unterdrücken, während er
die andere spricht. Die hierzu notwendige Fähigkeit, Teile des
Gehirns je nach Anforderung zu aktivieren bzw. deaktivieren,
prägt ein Gehirn bis ins hohe Alter.
Neurologische Studien zeigen, dass Senioren Schwierigkeiten
haben, Hirnregionen anzuregen, die notwendig sind, um sich
auf ein bestimmtes Ziel zu konzentrieren. Außerdem können
sie parallel ablaufende Prozesse nur erheblich schwerer als
unwichtig herausfiltern. Das sorgt für ein großes Ablenkungspotenzial – erst recht, wenn mehrere Aufgaben gleichzeitig zu
lösen sind. Im Gegensatz dazu haben Video- und Computerspieler – oft schon von klein auf – gelernt, ihre Hirnregionen so
zu nutzen, dass sie bei einem Spiel schnell Wesentliches von
Unwesentlichem trennen können. Von diesem Gehirntraining
profitieren sie auch noch im Alter: Zwar lässt sich der geistige
Verfall ab 60 durch häufiges Daddeln nicht gänzlich aufhalten,
verlangsamt sich jedoch enorm.
„Wir wissen, dass Übung das Gehirn verändert, zum Beispiel
durch das Spielen eines Instrumentes oder durch bestimmte
motorische Aufgaben“, so Dr. Cheryl Grady vom Rotman Research Institute in Toronto. „Vielleicht gehören Kinder, die Videospiele spielen und zweisprachig erzogen wurden, später zu
den Senioren, die am Besten störende Ablenkungen herausfiltern können“. „Es ist durchaus anzunehmen, dass die Teenager von heute nur deshalb so multitaskingfähig sind, weil sie
in einer Umwelt aufwachsen, die genau diese Fähigkeit fordert“, meint Shitij Kapur vom Center for Addiction and Mental Health. „Die heutigen Teenager mögen zwar besser sein als
ihre Großeltern, aber wenn sie selbst über 70 sind, werden ihnen ihre Enkel sagen ‚Hey, Du kannst nur drei Spiele gleichzeitig spielen, ich sieben!’. Aber diese Verschlechterung ist relativ. Denn deren Enkel wiederum werden auch nicht viel mehr
von ihren Großeltern halten“. Die Konsequenzen sind vielleicht
früher spürbar: So fordert die US-Wissenschaftlerin Patricia
Greenfield bereits heute eine völlig neue Art von IQ-Tests. Ihrer
Meinung nach verschaffe der Anstieg des „technischen IQ“ Gamern sonst einen Vorteil gegenüber Nichtsspielern. Wer also
eine Ausrede für die tagelange symbiotische Verschmelzung
„World of Warcraft“ benötigt, kann sich in Zukunft darauf berufen, dass er sich bildet. (KL)
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© 2006 Rockstar Games, Inc. Rockstar Games, Rockstar San Diego, the
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NACHRICHTEN
8
Online-Rollenspiel im Eigenbau
Ring-Tool von „Saga of Ryzom“ ermöglicht kreatives Leveldesign
Innovative Spiele haben es oft schwer. Kreativität wird gerne
mal mit schlechten Ergebnissen an der Kasse bestraft. Online-Rollenspiele machen hier keine Ausnahme und so muss
„Saga of Ryzom“ trotz einer abwechslungsreichen Spielwelt
und einer tollen Hintergrundgeschichte mit der kleinsten
Fangemeinde aller Titel auskommen. Genaue Zahlen werden
nicht veröffentlicht, aber da gerade mal drei Server weltweit
für alle Spieler ausreichen, können es nicht allzu viele Abonnenten sein.
Diese Nischenstellung muss aber kein Manko sein. Die französischen Entwickler von Nevrax können es sich dafür leisten,
bei Updates neue Wege zu gehen. So wird ab April jeder „Ryzom“-Kunde nicht nur die einmalige Welt erkunden, sondern
zusätzlich auch noch mit einem mitgeliefertem, kinderleicht
zu bedienenden Editor eigene Instanzen erschaffen können.
Der Ring lässt sich dabei jederzeit aktivieren und ermöglicht
es nicht nur kleine Karten, sondern ganze Kampagnen zu erschaffen, deren Umfang und Abwechslungsreichtum nur durch
die vorgegebene Palette und die eigene Vorstellungskraft limitiert werden. Allein die eigentlichen Landschaftskarten sind
vorgegeben, bei über 100 unterschiedlichen Umgebungen fällt
das kaum auf.
Doch Nevrax geht noch einen Schritt weiter, denn mit einem
kleinen Aufpreis können aus den normalerweise einmaligen
Instanzen feste Bestandteile der „Ryzom“-Welt gemacht werden. Auch soll es möglich sein, mit stärkeren Einschränkungen
in solchen Instanzen Erfahrungspunkte zu gewinnen. Wegen
der Spielbalance wird dieses Feature aber erst nach ausgiebigen Betatests integriert. Leider hat Nevrax-Gründer und Kreativ-Direktor David Cohen-Corval nach sieben Jahren „Ryzom“
das Team verlassen. Bleibt zu hoffen, dass dieser Weggang
die Entwicklung der Geschichte nicht negativ beeinflusst. Die
Brillanz des Ring-Tools wird durch diese Entscheidung aber
nicht geschmälert. Vor allem kreative Spieler, die schon zu
Pen & Paper Zeiten am liebsten selbst Geschichten entworfen
haben, werden an „Ryzom Ring“ kaum vorbei kommen. Dank
einer einfachen Benutzerführung, einem Dungeon-MasterModus und der Möglichkeit, einzelne Elemente sofort im Editor zu testen, werden Einsteiger und alte Pen & Paper-Hasen
gleichermaßen angesprochen. „Saga of Ryzom“ mag nicht die
größte Fangemeinde oder das beste Spielsystem haben, dafür wird dieses einmalige Rollenspiel schon bald mit Abstand
das größte Kreativpotenzial auf dem ganzen Markt besitzen.
Vielleicht wird dadurch die Nische ja etwas größer. Es bleibt
allein zu befürchten, dass einer der Marktführer die tolle Idee
aufnimmt und in ein bis zwei Jahren damit den großen Durchbruch landet. Doch dieses Risiko müssen wohl alle innovativen Entwickler eingehen, schließlich macht Stagnation nur
halb so viel Spaß. (KM)
NACHRICHTEN
10
Getting Up unter Druck
Ärger in Down Under: Graffiti-Spiel von Atari soll zu Straftaten anstiften
Es ist ein weiteres, düsteres Kapital in dem dicken Buch über
Zensur und Verbot der Video- und Computerspiele aufgeschlagen worden. In Australien wurde im Februar erstmals
ein Computerspiel vom Government Classification Review
Board wegen Anstiftung zu Straftaten mit der Verweigerung
einer Alterseinstufung abgestraft. Damit unterliegt das Spiel
automatisch einem Verkaufs- und Werbeverbot. Erwischt
hat es weder ein Prügel- noch ein Kriegsspiel, sondern das
Graffiti-Adventure „Marc Ecko’s Getting Up: Contents Under
Pressure“ von Atari. Im Spiel kämpft der Sprayer Trane mit
gut platzierten Graffitis um Ruhm und Ehre auf der Straße.
Angesichts dessen wäre eigentlich eher mit einem Protest
der echten Sprayer wegen des Ausverkaufs ihrer Underground-Kultur zu rechnen gewesen. Aber ein Verbot dieses
Titels – damit hatte niemand gerechnet. In Deutschland sieht
die Situation derweil – zum Glück – vollkommen anders aus.
„Marc Ecko’s Getting Up: Contents Under Pressure“ hat von
der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) vor wenigen
Wochen eine Einstufung ab 16 Jahren bekommen. Damit ist
eine Indizierung als jugendgefährdend nicht mehr möglich.
Irgendwelche Verkaufsverbote drohen also nicht. Atari kämpft
unterdessen in Australien gegen das Verbot an. In einer
Pressemitteilung ließ Atari verbreiten, dass das Vorgehen
der australischen Kontrollbehörden den Buchverbrennungen
vergangener Tage gleichkomme und jede Form des Verbots
irgendeiner Form künstlerischen Ausdrucks die Kreativität
allgemein unterdrücke. Und zudem die Frage aufwerfe, wo
dass denn alles enden solle. Ein bisschen weit hergeholt und
ein komischen Vergleich benutzt, aber in der Sache hat Atari
Recht. Eine offizielle Begründung des Australian Government
Classification Review Board für die Verweigerung der Einstufung steht noch aus. Sie wird für Mitte März erwartet. (CG)
„Er nahm uns nicht wirklich wahr“
Frank Wiedmann, 30, Musiker
WAS BEDEUTEN DIR VIDEOSPIELE?
12
„
Meine erste Konsole war das Sega Mega Drive mit „Sonic the Hedgehog“ – dem ersten Spiel, das mich tagelang an den Bildschirm fesselte. Danach kam die erste Generation von Nintendos Gameboy. „Tetris“, Wario und Mario waren treue Wegbegleiter bis Sony mit der Playstation 1 alles wegfegte, was man sich bis dahin vorstellen konnte. Spielehersteller wie Capcom oder
Squaresoft entwickelten Games für die Playstation, die heute noch als Meilensteine der Spielgeschichte gelten. Ich begann
damals nebenbei in einem Gamestore zu arbeiten und zockte mich erstmal durch die schnell anwachsende Spielepalette. Wenig
später war die Playstation umgebaut und somit NTSC-fähig. Zu Zeiten von Importverboten und massiven Zensuren europäischer
Softwaretitel war das die einzige Möglichkeit, an manche Originalspiele heranzukommen. Und die wollte man als eingefleischter
Fan natürlich immer sobald wie möglich antesten. Dabei war der Job im Gamestore natürlich sehr hilfreich. Games wie „Resident Evil“, „Parasite Eve“, „Wipeout“ oder „Silent Hill“ waren im englischen Original oft atmosphärischer, detaillierter und durch
die höhere Framerate des NTSC-Formats flüssiger zu spielen. Mein All-Time-Favourite ist und (weil ich meine PS1 eingemottet
habe) bleibt wohl Kula World, ein 3D-Knobelspiel mit extremem Suchtfaktor, das mich einige graue Zellen gekostet hat. Zocken
– früher absolute addiction – ist für mich heute Ausgleich, Entspannung, Spannung – kommt immer drauf an.
“
Die Fotos machte Betti Fiegle
Berthold Stadler, 28, Fotograf
13
WAS BEDEUTEN DIR VIDEOSPIELE?
„
Meine erste, große Computerspielzeit ist noch gar nicht so lange her. Mit 24, also vor gut vier Jahren, installierte einer meiner
Mitbewohner „Unreal Tournament“ auf dem Laptop meiner Mitbewohnerin. Anfangs konnte ich, wie die meisten anderen in unserer 5er-WG, nur kopfschüttelnd an diesem Menschen vorbeigehen, der Sonntagmorgens in der Küche saß, seinen Milchkaffee
kalt werden ließ und aus dessen Kopfhörer es in regelmäßigen Abständen „Headshot!!” oder „Rampage” brüllte. Er nahm uns
alle nicht wirklich wahr, und so war es ihm auch sehr egal, ob wir nun kopfschüttelten oder nicht. Dann kam ein Kater-Morgen.
So ein richtig schlimmer. Einer, bei dem man schon um elf aufwacht, obwohl man erst um halb acht ins Bett gefallen ist, weil
einem so schlecht war. An diesem Morgen war ich zu nichts im Stande. Ich saß allein in der Küche, trank Wasser und versuchte,
ein trockenes Stück Weißbrot in mir zu behalten. Auf dem Tisch stand das Laptop. Ich schaltete es ein und startete, einfach um
von meinen Leiden abgelenkt zu werden, „Unreal“. Wie es dann weiterging, weiß jeder, der dieses Magazin liest. Mittlerweile
spiele ich ein- bis siebenmal die Woche, eine bis zwölf Stunden – je nachdem, wie viel Zeit ich gerade habe, wie schlecht das Wetter und wie schlimm der Kater ist – derzeit fast ausschließlich „Hidden and Dangerous“. Manchmal ist meine Freundin zu Besuch
und vielleicht schüttelt sie mit dem Kopf, während ich mit meiner schweren MG hinter einem Mauervorsprung lauere. Aber ich
weiß es nicht, denn ich würde es nicht wahrnehmen.
“
STRATEGEN
15
SCHWERPUNKT: INTRO
AN DIE FRONT
S
chon früh traten Menschen in Spielen gegeneinander an,
um ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Spiele standen also schon immer unter dem Einfluss militärischer Denkweise und taktischer Schulung. Doch während Schach und
Go diese Strukturen eher abstrakt integrierten, wurde militärische Taktik erst durch Sun Tzu auch theoretisch unterfüttert.
Der chinesische Adelige schrieb „Die Kunst des Krieges“ im
sechsten Jahrhundert, und schuf damit ein Regelwerk, wie eine
kämpferische Auseinandersetzung strukturiert werden muss.
SCHWERPUNKT: HINTERGRUND
16
Bis zum 19. Jahrhundert wurde Strategie nur in Militärschulen und auf dem Schlachtfeld ausgeübt. Auf ersten Karten wurden in Feldlagern Taktiken besprochen und Angriffe festgelegt. Doch weder gab es klare Standards, noch wurden diese
in spielerischer Form auch in den Alltag überführt. Erst Carl
von Clausewitz griff 1816 die Idee von Sun Tzu auf und schuf
mit seinem Standardwerk „Vom Kriege“ eine Handlungsanweisung für Militärstrategen, die noch heute in der Militärakademie gelehrt wird. Seine Arbeit an der preußischen Militärakademie schuf nicht nur ein überlegenes Heer, sondern führte auch
zur Entwicklung von „Kriegsspiel“, einer Schachvariante, bei
der beide Spieler nicht wissen, wo die Figuren des Gegenübers
stehen. Mit Hilfe eines Schiedsrichters wurden so Offiziere der
preußischen Armee geschult, was angeblich zum Sieg im Französisch-Preußischen-Krieg von 1870-71 führte. Während seit
diesem Zeitpunkt in den Akademien verstärkt militärische Taktiken geübt wurden, verschwand die spielerische Variante von
der Bildfläche. Erst der Fantasy-Autor H.G. Wells sorgte 1912
mit „Little Wars“ für neue Impulse und setzte erstmals Karten
und Miniaturen ein, um im Rahmen von definierten Spielregeln
eine Auseinandersetzung zu simulieren. Im Zeitalter der Kriege
geriet die Tradition angesichts realer Konflikte wieder in Vergessenheit. Erst 1952 erschuf Charles S. Roberts mit „Tactics“
den Vorgänger aller modernen Kriegsspiele. Als erstes Spiel für
den Massenmarkt führte Roberts das Hexfeld ein und schuf damit die Grundlage für einen ganzen Industriezweig. Als logische
Schlussfolgerung gründete Roberts die Brettspielfirma Avalon
Hill, die mit „Tactics 2“ einen weltweiten Hit landete.
Die kleinen Pappfiguren der frühen Boardgames wurden
schnell kleine Miniaturen und aus den Karten plastische Landmarken. Doch nicht nur Table-Top-Spiele machten den einfachen Brettspielen die Spieler streitig. Neben authentischen
Szenarien entstanden schnell auch fantastische Kriegsspiele
wie zum Beispiel „Chainmail“ von Gary Gygaxs, das im Jahr
1969 klassische Militärstrategie mit den Inhalten von J.R.R.
Tolkien‘s „Herr der Ringe“ verknüpfte. So ist es kein Wunder,
dass schon zu Beginn des Computerzeitalters strategische
Spiele ihren Einzug hielten. Zu den ersten gehörten natürlich
Schachanwendungen, die auf Großrechnern der Universitäten
installiert wurden. Doch die Programmierer wurden schnell
kreativ und schufen Meisterwerke wie „Star Trek“, das als
reines Textprogramm die fantastischen Welten von Gene Roddenberry in ein Strategiespiel übertrug. Mit den ersten Heim-
Von Kristian Metzger
Seit vielen Jahrtausenden bestimmen Auseinandersetzungen die Natur.
Krieg ist (leider) aus der menschlichen Entwicklung nicht mehr weg zu
denken, ebenso wenig wie der Drang nach Fortschritt. Doch der Kampf
wurde nicht immer mit Waffen ausgetragen.
Vom Brett auf den
Militär-Schulungs-Material in den Massenmarkt überraschte
Strategiefans. Vor allem die US-Armee forciert diese Entwicklung wie schon mit „America’s Army“ im Egoshooter-Bereich
und erlaubte Pandemic den Release von „Full Spectrum Warriors“, einem Taktik-Spiel in der Offiziersausbildung.
In den nächsten Jahren feierten vor allem Rundenstrategiespiele große Erfolge. Egal, ob „Defender of the Crown“ oder
„Civilization“, in dieser Zeit wurde taktisches Handeln noch
groß geschrieben und sich für jeden Zug genügend Zeit gelassen. Die Zeit des Echtzeitstrategiespiels begann erst Mitte der
Neunziger Jahre. Lange wurde „Dune 2“ von 1992 als Mutter
dieses Genres bezeichnet. Doch Entwickler Westwood trat den
Titel freiwillig an die Action-Strategie-Mischung „Herzog 2“ aus
dem Jahr 1989 ab, das damals auf dem Sega Mega Drive für
Furore sorgte. Den Massenmarkt erschloss sich das Genre aber
erst im Jahr 1995 mit „Command & Conquer“ und „Warcraft“.
Solche Änderungen am Game-Design kombiniert mit neuster
3D-Grafik und komplexen Physik-Modellen haben Echtzeitstrategiespiele 2006 wieder an die Spitze des Marktes befördert.
Taten sich die Entwickler in den letzten Jahren eher schwer
mit innovativen Ansätzen, jagt im Jahr 2006 ein Highlight das
nächste. Auch wenn nach „Age of Empire 3“ ein neuer BlizzardHit in der Liste noch fehlt, kommt der begeisterte PC-Spieler
kaum um die Dutzende Strategietitel herum. Vielleicht gelingt
es ja mit den neuen Technologien auch endlich, wirklich neue
spielerische Ansätze zu finden und so das Genre auch in den
nächsten Jahren spannend zu gestalten.
Seit damals ist die Zahl anspruchsvoller Rundenstrategiespiele
immer weiter zurückgegangen, vor allem um die Jahrtausendwende wurde der Markt mit Echtzeitstrategie geradezu überschwemmt. Leider gab es bis auf wenige löbliche Ausnahmen
wie „Homeworld“ und „Warcraft 3“ kaum Innovationen. Viele
Fans wünschten sich mehr Rundentitel. Erst in den letzten
Jahren propagieren Titel wie „Rome“ oder das nagelneue „Star
Wars: Empire at War“ zumindest auf einer globalen Weltkarte
wieder die alten Runden-Tugenden. Doch auch der Einzug von
Nicht unerwähnt soll das Unter-Genre „Aufbau-Strategie“
bleiben, das mit Titeln wie „Anno 1602“ oder den beliebten
„Sims“ das Medium auch einem größeren Publikum zugänglich
machte. Der Urvater dieser friedlichen Strategiespiele war aber
„Sim City“. Schon 1989 wurde in Echtzeit eine Stadt aufgebaut
und spontan auf Naturkatastrophen und Staus reagiert. Gerade in Deutschland erfreute sich dieses Genre einer besonderen Beliebtheit und führte zu allen möglichen und unmöglichen
Wirtschaftssimulationen.
Bildschirm
17
SCHWERPUNKT: HINTERGRUND
computern begann dann der Siegeszug von Strategic Simulations Inc., kurz S.S.I., die seit dem Erstling „Computer Bismarck“
im Jahre 1979 über zehn Jahre das Genre beherrschten. Der
Titel stammt aus der Feder von John Lyon und markiert den
Einzug des Kriegsspiels in die Welt der Computerspiele.
Krieg, Spiel, Wirtschaft
– ohne Strategie droht
Der Erste. Der Schnellste. Der Reichste. Der Stärkste. Alle wollen nur
das Eine: Gewinnen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine gute Strategie
unabdingbar. Bitte sehr, Handlungsanweisungen für Siegertypen.
Von Christian Gaca
G
ewinnen! Es geht immer wieder um das Eine: Gewinnen.
Video- und Computerspiele sind da keine Ausnahme und
zudem fast ausnahmslos darauf ausgelegt, dass der Spieler
bei irgendetwas der Beste ist. Der Erste. Der Schnellste. Der
Überlegenste. Der Reichste. Der Stärkste. Am Ende zählt nur
der Sieg. Um das Ziel zu erreichen, muss ein Spieler zuallererst
natürlich ein guter Spieler sein. Muss die technischen Begebenheiten meistern lernen. Muss seine Umgebung kennen und
verstehen lernen. Muss Idee haben, die überraschend und neu
sind. Es wird klar: Mit blinden Aktionismus wird man ein Spiel
nie wirklich erfolgreich spielen können. Logik macht Gewinner,
immer gepaart mit einer Portion Emotion. Diese Erkenntnis
ist nicht neu. Dennoch verschwenden viele Spieler kaum einen
Gedanken daran, wie oft sie strategisch geprägte Entscheidungen treffen oder ihr Handeln nach einer Strategie ausrichten. Eigentlich nachlässig, denn Erfolg in Video- und Computerspiele beruht letztlich immer darauf, eine gute Strategie zu
haben. Doch was genau ist das eigentlich: eine gute Strategie?
19
Die Experten streiten sich. Wir haben einige Anregungen für die
persönliche Erfolgsstrategie herausgepickt.
Der Samurai. Miyamoto Musashi hingegen ist das Paradebeispiel für die strategischen Erwägungen eines überlegten Einzelkämpfers. Der japanische Samurai und Lehrmeister, der von
1584 bis 1645 lebte, gilt gerade im asiatischen Raum durchaus
als Vorbild für den Chef. Miyamoto Musashi gibt Überlegungen
vor, die, modern aufgefasst, zu Strategien der Entscheidungsfindung führen. Sein Buch der „Fünf Ringe“ ist eine Hinterlassenschaft, die seinen Schülern die Zwei-Schwerter-Schule
weitervermitteln soll. Das Werk erläutert die Kampfkunst im
Allgemeinen, Miyamotos Schwertkampf, den Kampf als solchen, das Training und die innere Stabilität im Wissen um all
diese Parameter. Es ist aber auch immer eines: eine Anleitung
zum möglichst effektiven Töten. Miyamoto Musashi sagt: „Der
Weg der Schwertkunst heißt: aus sich heraus frei zu sein, aus
sich heraus Überlegenheit zu erlangen und, wenn die Zeit
gekommen ist, den Rhythmus zu kennen, zuzuschlagen wie von
selbst, zu treffen wie von selbst.“ Eine Kriegerweisheit, trotzdem sei all dies problemlos auf größere Szenarien transferierbar: „Ob ein Gegner oder tausendmal zehntausend Gegner, das
bleibt sich gleich.“
Der preußische General. Strategen der alten Schule – das
waren und sind häufig Militärfunktionäre, denen der Sieg alles
bedeutet. Ein immer wieder von europäischen Wirtschaftslenkern zitierter Militär ist der preußische General Carl von
Clausewitz. Der lebte und wirkte von 1780 bis 1831, und sein
unvollendetes Hauptwerk „Vom Kriege“ gilt vielen als strategisches Standardwerk. Carl von Clausewitz sagt: „Die Strategie
ist der Gebrauch des Gefechts zum Zweck des Krieges; sie muß
also dem ganzen kriegerischen Akt ein Ziel setzen, welches
dem Zweck desselben entspricht“. En Detail ergänzt er: „Die
Strategie muss mit ins Feld ziehen, um das Einzelne an Ort und
Stelle anzuordnen und für das Ganze Modifikationen zu treffen,
die unaufhörlich erforderlich werden. Sie kann also ihre Hand
in keinem Augenblick von dem Werke abziehen“. Will heißen:
Langzeitplanung und Beharrlichkeit sind für Carl von Clausewitz eher nicht der Weg zum Erfolg, sondern Flexibilität und die
Der Wirtschaftsboss. In der freien Wirtschaft ist die Suche nach
der richtigen Strategie seit jeher von großer Bedeutung, sichert
sie doch den Fortbestand eines Geschäfts. Bosse leihen sich
zur Bestandssicherung bei Militär und Wissenschaft aktuelle
Erkenntnisse aus, um ihr Unternehmen strategisch zu positionieren. Diese Erkenntnisse sind nicht selten einfache Rezepte
in einem riesigen Theoriekonstrukt. Eigentlich also schlichte
Antworten auf die Frage nach der richtigen Perspektive. Dummerweise müssen diese Antworten sehr hart erarbeitet werden.
Es gibt einfach so viele Möglichkeiten. Die Wissenschaft etwa
hat für die Wirtschaft den Begriff des „strategischen Denkens“
entwickelt. Der fußt auf den vier Fragestellungen: Wie kann ich
erfolgreich sein? Worauf kommt es in meinem Geschäft an?
Was ist das Wesentliche für mich und mein Unternehmen? Wie
kann ich diese Faktoren beeinflussen? Einfache Fragen, hoch
komplexe Antworten, in vielen Tagen mühsam herbeidiskutiert.
Totalverlust
SCHWERPUNKT: ECHTZEIT
Fähigkeit zum schnellen Umdenken und der taktischen Anpassung. Wobei es ihm stets strategisch wichtig war, als Feldherr
den Krieg zu gewinnen, nicht als Soldat.
SCHWERPUNKT: ECHTZEIT
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Der Spieler. Strategien waren bei Brettspielern schon immer
Anlass für intensive Auseinandersetzungen. Besonders hervorstechend sind zwei Spiele: Schach und Go. Beides Spiele, bei
denen die richtige Mischung aus kühler mathematischer Analyse möglicher Spielzüge, einem Spritzer Emotion und einer guten
Strategie den Erfolg bringt. Besonders Go und die asiatische
Kultur erlauben hier ein inniges Verständnis von guter Strategie. Zumal bei Go nicht eine Entscheidung über die Platzierung
eines Steines gleich das ganze Spiel entscheidet. Der Chinese
Wang Yuan gilt als einer der großen Go-Experten. Er sagt, dass
strategisches Handeln eine Geisteshaltung sei, eine Einstellung
zur Welt und zum eigenen Handeln: „Ein guter Stratege ist ständig damit beschäftigt, die Systeme, in die er eingebunden ist, zu
verstehen, sich nach den jeweiligen Situationen zu richten und
geistesgegenwärtig zu handeln“. So ist es beim Schach wie bei
Go nötig, nach jedem Spielzug neu zu überdenken und zu kalkulieren. Optimale Lösungen sind dabei unmöglich. Yuan sagt
zu den Überlegungen zum nächsten Zug: „Ich weiß es jetzt auch
noch nicht, wir müssen es einfach ausprobieren“. Was nicht heißen soll, dass man immer mit dem Kopf durch die Wand rennen
soll, denn Spiele entscheiden sich oft erst am Ende. Dann zeigt
sich, wer seine Stellungen geschickter aufgebaut hat.
Erkenntnisgewinn. Strategien gibt es noch Hunderte mehr.
Eine gute Strategie, sagt Rudolf Grünig, Professor für Unternehmensführung, „basiert auf der Kenntnis der Resultate
der Forschung, auf systematischem Denken, auf Kreativität
und Intuition sowie auf praktischer Erfahrung“. Eine gute
Erkenntnis. Im Kontext der Video- und Computerspiele ergibt
sich so ein geschlossenes Bild. Systematisches Denken heißt,
Spielszenarien begreifen. Praktische Erfahrung steht synonym
zu Level- und Steuerungskenntnis sowie dem Wissen aus der
absolvierten Spielzeit. Kreativität und Intuition heißt, im Rahmen des vorprogrammierten Szenarios intelligent zu agieren.
Ein sehr wirkungsvolles, strategisches Mittel etwa scheint die
Mischung aus intensiver Überzeugtheit und planmäßigen Überraschungsmomenten zu sein. Intensive Überzeugung meint,
dass man einen Gegner auch im Vorfeld schon schlechtreden
kann. Das ist besonders bei Boxern beliebt, hat aber gerade im
Videospielkontext eine hohe Erfolgsquote. Immer gesetzt den
Fall, die eigenen Fähigkeiten decken das großspurige Auftreten
auch tatsächlich hinreichend ab.
Planmäßiges Vorgehen verspricht gerade bei Taktikshootern
oder Strategietiteln viel Erfolg. Bestimmte Laufwege etwa sind
sicherer als andere, bestimmte Charakterklassen besser ausbalanciert als andere. Gruppen agieren deutlich schlagkräftiger.
Und so weiter. Doch sollte ein Spieler immer wieder, am besten
nach einem möglichst zufälligen Muster, von einer erfolgreichen Strategie abweichen, um sie erfolgreich zu halten. Der
Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt hat gesagt: „Je planmäßiger
Menschen vorgehen, desto wirksamer trifft sie der Zufall“. Da
steckt viel Wahrheit drin – und diese Erkenntnis lässt sich prima umdrehen. Je zufälliger jemand planmäßig vorgeht, umso
wirksamer trifft er nur planmäßig und zufällig vorgehende
Menschen mit seiner Aktion.
Literatur:
Clausewitz, C. v. (1978): Vom Kriege, 13. Auflage, Rowohlt TB
Musashi, M. (1998): Fünf Ringe. Die Lehre eines Samurai-Meisters, Droemer
Mck Wissen 07 (2003), Strategie, brand eins Verlag
„ Wenn du ihm fünf zu eins überlegen bist, dann greife an.“
Für Starcraft. Gerade in der Anfangsphase sollte man den Gegner dann Überrennen (rushen), wenn er selbst mehr auf
Technologie denn auf Masse setzt. Diese Taktiken sind noch heute sehr beliebt und funktionieren eigentlich in fast jedem
Echtzeitstrategiespiel. Gerade wenn der Gegner keine starke Verteidigung aufgebaut hat, kann der Spieler so schnell
eine Entscheidung herbeiführen. Wer dabei zögert, gerät oft technologisch ins Hintertreffen und kann so am Ende ohnehin nur verlieren. (KM)
„ Die schlechteste Strategie besteht darin,
eine befestigte Stadt anzugreifen.“
Für Age of Empire. In vielen modernen Strategiespielen sind die Verteidigungsanlagen zu stark, als dass ein Angriff ohne
Problem durchführbar wäre. Es empfiehlt sich, wie auch schon zu Zeiten Sun Tzus, starkes Belagerungsgerät einzusetzen oder die Stadt auszuhungern. Übertragen auf moderne Echtzeitstrategiespiele muss der Spieler versuchen, den
Gegner davon abzuhalten, weitere Ressourcen zu sammeln und selbst alle Nachschublager besetzen. So kann mit einer
überlegenen Armee die Stadt gestürmt werden. (KM)
Für Panzers. Dieser Spruch gilt eigentlich bei jedem Echtzeitstrategiespiel. Der Schaden, den die eigene Armee an der
überlegenen Armee ausrichtet, ist meist relativ gering. Die beste Taktik ist hier also der Rückzug und damit der Versuch,
später mit einer stärkeren Armee erneut anzugreifen. Nur wenn die Armeen fast gleichstark sind, lohnt es sich vielleicht
mit viel Micromanagment (Rückzug einzelner Truppenteile) die Überlegenheit des Gegners wieder wett zu machen. (KM)
„ Du vermeidest jede Konfrontation mit einem Feind, dessen Banner
in geordneten Reihen stehen und greifst keine Armee an, die in einer
ruhigen und zuversichtlichen Formation ist.“
Für Rome. Auch bei modernen Echtzeitstrategiespielen ist das Stellungsspiel von entscheidender Bedeutung. Wenn der
Gegner seine Armee gut sortiert hat und Fernkampfeinheiten von starken Nahkampftruppen geschützt werden und keine
Möglichkeit besteht diese Formation zu brechen, sollte man sich zurückziehen und versuchen von einer anderen Seite
anzugreifen. So können die Unterstützungstruppen ungeschützt erwischt werden. (KM)
SUN TZU – DIE KUNST DES KRIEGES
Das erste Standardwerk der Militärstrategie
wurde von dem chinesischen Adligen Sun Tzu
im 5. Jahrhundert nach Christus verfasst – und
darf heute noch Gültigkeit reklamieren. Das
Buch „Die Kunst des Krieges“ ist in 13 Kapitel
unterteilt und befasst sich mit allen wichtigen
Themen rund um Strategie und Kriegstaktik.
Natürlich kann man das Werk heute nicht mehr
wörtlich nehmen, aber mit etwas Abstraktionsvermögen sind die meisten seiner Postulate
noch immer sinnvoll. Für Nachwuchsstrategen
eine absolute Pflichtlektüre. (KM)
SCHWERPUNKT: HINTERGRUND
„ Bist du dem Gegner nicht gewachsen, dann fliehe,
wenn du dazu in der Lage bist.“
21
1991
1992
Battle Isle
Blue Byte Software
Rundenstrategie
1991
1993
Dune II
Westwood Studios
Echtzeitstrategie
22
SCHWERPUNKT: GESCHICHTE
1989
Civilization
Microprose
Rundenstrategie
Master of Orion
Microprose
Rundenstrategie
1989
1994
North & South
Infogrames
Action-Strategie-Mix
1979
1989
Populus
Bullfrog
God-Game
X-COM
Microprose
Rundenstrategie
1987
Computer Bismarck
Strategic Simulations, Inc.
Kriegsspiel
Sim City
Maxis
Aufbaustrategie
1974
1987
Defender of the Crown
Cinemaware
Action-Strategie-Mix
1983
Star Trek
Fans
Rundenstrategie
Siedler
Blue Byte Software
Aufbaustrategie
Stonkers
Imagine Software
Kriegsspiel
2001
1997
Black & White
Lionhead Studios
God-Game
1995
Age of Empires
Ensemble Studios
Echtzeitstrategie
1994
23
1998
SCHWERPUNKT: GESCHICHTE
Heroes of Might & Magic
New World Computing
Rundenstrategie
1994
Worms
Team 17
Rundenstrategie
Commandos
Pyro Studios
Rundenstrategie
1994
1999
Warcraft
Blizzard Entertainment
Echtzeitstrategie
1995
Jagged Alliance
Sir-Tech
Rundenstrategie
2004
Homeworld
Relic
Echtzeitstrategie
2000
Command & Conquer
Westwood Studios
Echtzeitstrategie
Schlacht um Mittelerde
Electronic Arts
Echtzeitstrategie
Shogun: Total War
Creative Assembly
Rundenstrategie
SCHWERPUNKT: EINKAUF
24
Typisch für ein deutsches Studio. Da gab es am Anfang
nur die Idee, Dinosaurier in ein Echtzeitstrategiespiel zu
integrieren und eine dazu passende Grafikdemo, die auf
der E3 im Jahr 2004 die Journalisten begeisterte. Erst
danach entstanden Story und Gameplay. Nach über zwei
Jahren Entwicklung ist aus „Paraworld“ einer der vielversprechendsten Titel des Strategiejahres 2006 geworden. Die aktuelle Version befindet sich schon jetzt auf
Augenhöhe mit einem „Warcraft 3“ und dürfte mit der
nahezu perfekten Bedienung und der hervorragenden
Grafik begeistern. Dank Anleihen aus Conan Doyles’
„Verlorene Welt“ wurden geschickt moderne Helden in
eine prähistorische Welt versetzt, auf der drei verschiedene Stämme um die Vorherrschaft kämpfen. Die Helden stranden wie im Vorbild in dieser Welt und versuchen, die drei Stämme miteinander zu vereinen. Die
Geschichte ist Geschmackssache, aber das Gameplay
dafür über jeden Zweifel erhaben. Dank dem innovativen
Army Controller hat der Spieler jederzeit seine Einheiten
im Griff und kann sie mit Erfahrungspunkten in fünf Stufen upgraden. Die Bedienung des Tools geht dabei so
schnell ins Blut über, dass es professionelle Strategen
bei anderen Spielen sofort vermissen. Auch die Mehrspielerpartien wirken schon jetzt extrem herausfordernd
und könnten selbst Schwergewichten wie „Warhammer“ gefährlich werden. Von der Einzelspieler-Kampagne gab es bisher erst ein paar Missionen zu sehen, die
faszinieren, aber noch nicht ganz an die epische Brillanz
eines „Warcraft 3“ heranreichen. Die Entwickler haben
aber noch ein paar Überraschungen versprochen. Wenn
die Story auch nur annähernd die Qualität der Spielmechanik erreicht, könnte die neue Genrereferenz aus
Deutschland kommen. (KM)
HERSTELLER: JOWOOD, SEK
RELEASE: JUNI 2006
ONLINE: JA
PARAWORLD
SUPREME
COMMANDER
HERSTELLER: THQ
RELEASE: 1. QUARTAL 2007
ONLINE: JA
Zum Glück gibt es immer wieder Ideen, die ein Genre gehörig auf den Kopf stellen. Zuletzt haben die Entwickler die Physik entdeckt. Auf einmal wird nicht nur
das gesamte Spielfeld zerstörbar, sondern auch jeder
Schuss zu einem berechneten Ereignis. Doch das alles
geht auch noch eine Nummer größer, was der Schöpfer des Strategieklassikers „Total Annihilation“, Chris
Taylor, mit seinem „Supreme Commander“ eindrucksvoll unter Beweis stellt. Der fiktive Kampf in der Zukunft
wird nämlich nicht nur zu Lande, zu Wasser und in der
Luft ausgetragen. Erstmals begeistert das Spiel mit realistischen Größenverhältnissen und einer gigantischen
Masse an Einheiten. Selbst Quantitätsmeister „Starcraft“ muss vor den Hunderten Robotern und ihren gigantischen Kollegen den Hut ziehen. Die größten Fahrzeuge erreichen locker die einhundertfache Größe ihrer
kleinen Kameraden und können mit einem einzigen Tritt
tiefe Schneisen in die feindliche Verteidigung reißen. Im
Gegenzug fegen Atomwaffen ganze Landstriche frei und
gewaltige Flugzeugträger entladen Dutzende Fluggeräte. Durch das stufenlose Zoomen und die Masse an
Einheiten dürfte „Supreme Commander“ wie kein anderes Strategiespiel die Wucht moderner Schlachten auf
den Bildschirm bannen. Die Grafik kann dabei zwar nicht
mit der Detailliertheit anderer Titel mithalten, dafür sind
statt 50 Einheiten 500 zu sehen. Die Animationen wirken jetzt schon enorm gut, was das Spiel in Bewegung
prächtiger gestaltet, als es schnöde Standbilder zeigen.
Zusammen mit dem frischen Einheitendesign entsteht
ein komplett anderes Spielgefühl, dem sich Strategen
aber erst Anfang 2007 hingeben dürfen. (KM)
HERSTELLER: MITHIS, VIVENDI UNIVERSAL
RELEASE: 2. QUARTAL 2006
ONLINE: JA
JOINT
TASK FORCE
25
RISE OF LEGENDS
HERSTELLER: BIG HUGE GAMES, MICROSOFT
RELEASE: MAI 2006
ONLINE: JA
Während schon Egoshooter meist mit Stereotypen und
langweiligen Geschichten gestraft werden, grenzt die
Einfallslosigkeit vieler Echtzeit-Entwickler schon fast an
Körperverletzung. Nach zehn Jahren wurde nicht nur jeder einzelne Krieg der Menschheitsgeschichte Dutzende
Male auf den Bildschirm gebannt. Auch bei fantastischen Szenarien wird meist in „Star Wars“ oder „Herr
der Ringe“ zitiert. Umso erfrischender präsentiert sich
das Fantasyszenario von „Rise of Legends“, das mit seiner an Steampunk angelehnten Hintergrundgeschichte
vor allem erzählerisch neue Maßstäbe setzt. Statt langweiligen Orcs und Kampfrobotern gibt es Glasdrachen,
Feuerelementare und Djinnis. In dieser abwechslungsreichen Spielwelt treffen die technikbegeisterten Vincis,
die magischen Alim und die aztekisch angehauchten
Cuotls aufeinander und streiten um die leider knappen
Ressourcen ihres Planeten. Doch die Truppe um Tim
Train hat nicht nur ein fantastisches Design abgeliefert, sondern setzt auch beim Basisbau und bei den Helden auf neue Spielmechaniken. Ob der Lebensenergie
raubende Einflussbereich, das komplexe Aufrüstsystem
oder die speziellen Rassenfähigkeiten, „Rise of Legends“ spielt sich wirklich erfrischend anders. Einziger
Nachteil: Einsteiger müssen sich durch ein umfangreiches Tutorial kämpfen, um alle taktischen Feinheiten
zu erlernen. Auch gab es bisher noch nicht viel von der
Kampagne zu sehen, doch ein paar Einzelspieler-Missionen und die Kämpfe gegen den Computergegner lassen die Vorfreude gehörig wachsen. Allein der etwas
zähe Spielstart zu Beginn der Mehrspielerschlachten
sollte bis zum Sommer noch deutlich beschleunigt werden. Vielleicht würde es helfen, genau wie bei „Warcraft
3“, den Spielern schon zu Beginn des Spiels einen eigenen Helden zu spendieren. (KM)
SCHWERPUNKT: EINKAUF
Basenbau kommt langsam aber sicher aus der Mode.
Abgesehen von „Age of Empires“ setzte kein Spiel der
vergangenen sechs Monate auf einen klassischen Aufbaupart. Entweder der Spieler muss wie bei „Panzers“
oder „War on Terror“ mit einer relativ festgelegten Anzahl an Fahrzeugen auskommen oder aber es stehen feste Positionen und Bereiche zur Auswahl, um das eigene
Lager zu errichten. „Joint Task Force“ macht bei diesem
Trend keine Ausnahme. Immerhin gibt es bei dem modernen Echtzeittitel von dem ehemaligen „Panzers“Entwickler schlaue Nachschub-Einheiten, die auch mitten im Kampf für Unterstützung sorgen. Sonst gleicht
Szenario und Spielablauf anderen aktuellen Titeln wie
„War on Terror“ und „Ghost Wars“ wie ein Ei dem anderen. Auch wurde die spannende Idee der öffentlichen
Meinung aus „Conflict Zone“ übernommen und mit
Kriegsberichterstattern auf den neusten Stand gebracht.
Wer also zu viele Zivilisten tötet oder unnötig Gebäude
vernichtet, wird mit magerem Nachschub bestraft. Physik, zerstörbares Gelände und prächtige Effekte gehören
inzwischen fast zum Standard, doch die erstklassigen
Modelle macht „Joint Task Force“ so schnell keiner
nach. Optisch gehört das Spiel klar in die Spitzengruppe.
Leider gab es von dem Spiel seit einer Weile nichts mehr
zu sehen. Der Release wurde einfach, still und heimlich
nach hinten verschoben und das zweite Quartal 2006 angepeilt. Hoffen wir, dass die Entwickler die Zeit nutzen
und das Spiel in dem harten Starterfeld nach vorne bringen. Zumindest die spannenden Missionen überzeugen
bisher mehr als bei der Konkurrenz. (KM)
SCHWERPUNKT: EINKAUF
26
Wohl kaum ein Spiel seit dem Meisterwerk „Masters of
Orion” konnte die Faszination von Rundenstrategie so
überzeugend transportieren wie die „Heroes of Might
and Magic”-Reihe. Der ehemalige Ableger des Rollenspielklassikers „Might & Magic“ hat seinen Vorfahren
sowohl bei der Qualität als auch beim Erfolg nach kurzer Zeit locker abgehängt. Der vierte Teil hatte zwar viele
Fans enttäuscht, doch die Ankündigung, dass ein fünfter
Teil in der Pipeline ist, hat viele Spieler wieder glücklich gemacht. Sowohl Ubisoft als auch die russischen
Entwickler Nival haben dabei betont, dass sich das Spiel
mehr an dem beliebten dritten Teil orientieren und allein
die Grafik in die dritte Dimension befördert wird. Doch
die schicke, vor allem hervorragend animierte Präsentation bleibt natürlich nicht die einzige Neuerung bei
diesem Rundenstrategiefest. Vor allem im Mehrspielermodus sollen spielbare Geister die Züge des Gegners
spannender gestalten und so die Wartezeit versüßen.
Leider scheint die Community von der aktuellen Qualität des Mehrspielermodus noch nicht überzeugt zu sein.
Nach dem ersten Betatest hagelte es Beschwerden und
einige Fanseiten stellten aus Protest für mehrere Tage
ihren Betrieb ein. Ubisoft gab daraufhin den Entwicklern
noch etwas mehr Zeit. Nun soll das Spiel im April erscheinen. Zumindest optisch gibt es aber an der Klassiker-Fortsetzung bisher noch nichts zu meckern. Mal abgesehen von den undurchsichtigen Bäumen, die bisher
in Wäldern noch extrem an der Übersichtlichkeit knabbern, machen die Präsentation und die ersten Gameplayeindrücke schon jetzt Lust auf mehr. (KM)
HERSTELLER: NIVAL, UBISOFT
RELEASE: 2. QUARTAL 2006
ONLINE: JA
HEROES OF MIGHT
AND MAGIC V
WAR ON TERROR
HERSTELLER: DIGITAL REALITY, DEEP SILVER
RELEASE: 17. MÄRZ 2006
ONLINE: JA
Digital Reality will es dieses Jahr wirklich wissen, und hat
satte drei Titel in der Pipeline. „Warfront“ wird in einem
fiktiven Zweiten Weltkrieg spielen, in dem zum Beispiel
die Deutschen mit Exoskeletten und dem nie eingesetzten Maus-Panzer in die Schlacht ziehen. „Ghost Wars“
spielt im 21. Jahrhundert und wird Strategieelemente mit
Action verknüpfen. Doch zuerst wird am 17. März „War on
Terror“ veröffentlicht, dass mit der neuen Grafikengine
und einem modernen Szenario auftrumpft. Die Vorabversion begeistert mit einer erstklassigen Grafik und einer
hervorragenden Gegnerintelligenz, allein die Missionen
wirkten noch etwas schwach auf der Brust. Auch „War on
Terror“ folgt nämlich dem neusten Trend, ohne Basisbau
auskommen zu wollen. Genau wie bei Table-Top-Spielen muss vor dem Gefecht eine Truppe zusammengestellt
werden, die nur begrenzt mit gekaperten Fahrzeugen
ausgebaut werden kann. Die Spielparteien setzen sich
realitätsnah aus WOFOR-Truppen, Chinesen und Terroristen zusammen. Wie schon bei „Command & Conquer:
Generäle“ hat jede Fraktion ihre eigene Taktik. Während
Terroristen eher mit verschlagenen Taktiken auf dem
Schlachtfeld punkten, setzen die Chinesen auf Masse und
die UNO auf Hightech. Durch die hohe Spielgeschwindigkeit verliert der Spieler derzeit noch oft den Überblick.
Schnell sind so die eigenen Truppen dezimiert und die
Missionen werden unnötig schwer. Anfänger werden ganz
schön schwitzen, denn ohne einen guten Einheiten-Mix
und geschicktes Taktieren zieht man schnell den Kürzeren. Vor allem, da die blitzgescheite Künstliche Intelligenz
jeden Fehler gnadenlos ausnutzt und vorschnelle Generäle binnen kürzester Zeit zerlegt. Wer sich nicht an dem
etwas klinischen Szenario stört, bekommt wirklich erstklassige Grafik und einen starken Einzelspielergegner geliefert, der nie vorhersehbar handelt. (KM)
HERSTELLER: RELIC, THQ
RELEASE: 2006
ONLINE: JA
COMPANY
OF HEROES
27
SPELLFORCE 2:
SHADOW WARS
HERSTELLER: PHENOMIC, JOWOOD, DEEP SILVER
RELEASE: APRIL 2006
ONLINE: JA
Mit „Heroes of Might and Magic“ wurden in den 90er
Jahren Rollenspiel-Elemente in Strategiespielen erstmals salonfähig. Doch erst „Warcraft 3“ integrierte
dieses Konzept in Echtzeitstrategiespiele und definierte damit einen neuen Standard. Die Entwickler von
Phenomic griffen bei „Spellforce“ diese Komponente
auf und bauten sie mit einem komplexen Charaktersystem weiter aus. Leider überzeugte weder der Strategie- noch der Rollenspiel-Teil. Dank der schicken Grafik
und der netten Story wurde das Spiel trotzdem ein voller Erfolg, und so kann das deutsche Team mit „Spellforce 2“ beweisen, dass sie es noch besser können. Die
Vorabversion umfasste zwar nur vier Level, begeisterte
aber mit intelligenten Gegnern und einer dramatisch
verbesserten Steuerung. Während beim Vorgänger der
Computer einfach alle paar Minuten eine Angriffsgruppe auf die Verteidigung des Spielers losließ, kommt man
diesmal auch ohne Dutzende Türme an der Front aus,
kann einfach gegnerische Lager ausheben, die dann
keine Angriffe mehr starten. Beide Genres wurden perfekt verknüpft und spielen sich hervorragend. Wie beim
großen Vorbild „Warcraft“ sind einige Level klar auf den
Rollenspielaspekt ausgerichtet, während andere allein den Strategen im Spieler fordern. Doch es wurden
nicht nur die Fehler und Probleme des Vorgängers ausgemerzt, sondern auch die sowieso schon starken Bereiche wie die Optik stark verbessert. „Spellforce 2“ ist
damit gleichzeitig das Bestaussehende Strategie- und
Rollenspiel auf dem Markt und dürfte sich selbst gegen
die starke Konkurrenz durchsetzen. Wir warten auf jeden Fall gespannt auf die fertige Version. (KM)
SCHWERPUNKT: EINKAUF
Nicht umsonst wird das kanadische Software-Studio Relic
mehrmals in diesem Strategie-Schwerpunkt erwähnt. Die
Schöpfer von „Homeworld“ und Retter des WarhammerUniversums („Warhammer 40.000: Dawn of War“ ist wohl
die mit Abstand beste Umsetzung dieses ehrwürdigen
Spielsystems) können, wie kein zweites Studio, nicht nur
innovative Ideen umsetzen, sondern bekannte Systeme
hervorragend verwirklichen. So freut sich der Strategie-Fan trotz des durchgekauten Weltkriegs-Szenarios
auf „Company of Heroes“, obwohl bisher kaum bewegte
Bilder zu sehen waren. Allein die Pracht der Standbilder
und die angekündigten Features lassen jedes StrategenHerz höher schlagen. Wenn die Versprechen stimmen,
wird das gesamte Gelände durch Waffeneinsatz zerstörbar sein. So können nicht nur Infanteristen aus Gebäuden gesprengt, sondern auch frische Explosions-Krater
als Deckung benutzt werden. Was Effekte und Texturen
angeht, macht „Company of Heroes“ locker selbst aktuellen Egoshootern Konkurrenz. Bei der Künstlichen Intelligenz will Relic einen großen Sprung nach vorne machen
und verspricht, sowohl die eigenen Truppen als auch den
Feind deutlich schlauer agieren zu lassen. Die Soldaten
suchen sich selbstständig Deckung und greifen automatisch nur passende Ziele an. Dieser Effekt führt im Zusammenspiel mit den einmaligen Effekten zu einem deutlich „lebendigeren“ Schlachtfeld. Vor allem, wenn sich
Infanteristen hinter Mauervorsprüngen verstecken, aus
der Deckung feuern oder einer Granate ausweichen, fühlt
der Spieler sich ähnlich tief in das Geschehen hineingezogen wie bei „Call of Duty 2“. (KM)
Kreuzer, Träger und
riesige Zerstörer
Von Kristian Metzger
E
pische Raumschlachten haben auf mich schon immer eine magische Anziehungskraft ausgeübt. Egal ob „Star
Wars“, „Star Trek“, „Babylon 5“ oder „Kampfstern Galactica“.
Erst wenn gigantische Raumkreuzer und schnelle Jäger sich im
All bekriegen, fängt mein Herz vor Begeisterung an schneller
zu schlagen. Die langweiligen Sequenzen mit den Ewoks werden schnell überspult, um endlich die Mon-Calmari-Kreuzer
und Sternenzerstörer in Aktion zu sehen. Selbst die wiederholenden Angriffe im ersten Galactica-Kampf hat man ertragen,
um zu sehen, wie die Pegasus einen Kampfstern der Zylonen
mit Raumtorpedos zerstört. Auf dem PC gelang es dann X-Wing
und Tie Fighter, mich in den Bann zu ziehen, doch wirklich hingerissen war ich von mächtigen Schlachtkreuzern, die bis auf
die üble Ausnahme Battlecruiser 3000 nie im Mittelpunkt standen. 1999 dann wurden all meine Träume erfüllt und Relic veröffentlichte ein epochales Meisterwerk, das das gesamte Echtzeit-Genre im Mark erschütterte.
Mit „Homeworld“ war es nicht nur erstmals möglich, riesige
Kreuzer, Träger und Zerstörer in der Schlacht zu lenken, sondern es wurde außerdem die dritte Dimension hinzugefügt, die
es bisher nur bei der Grafik zu bestaunen gab. Statt einer flachen Landkarte spielte sich das Geschehen in einem ganzen
Raumsektor ab, in dem man die Schiffe frei bewegte. Doch
nicht nur die Ausmaße des Schlachtfeldes waren gewaltig, auch
die Geschichte sprengte alles bisher Dagewesene. Bebildert
durch einmalige Zeichnungen und unterlegt mit einem Soundtrack von Yes, wurde das Bild eines uralten Volkes gezeichnet,
das seine Vergangenheit vergessen hatte und mit einem gewaltigen Mutterschiff einen Neuanfang wagt. Doch kurz vor dem
Start werden die Hiigarianer von ihren alten Erzfeinden heimgesucht und bis auf das Mutterschiff sowie ein paar Hunderttausend Siedler ausgelöscht. Von da an beginnt eine epische Reise, die das Volk am Ende zu ihrem ehemaligen Heimatplaneten
Hiigaria bringt.
Bis die tapferen Reisenden endlich ihren angestammten Platz
im Universum wieder einnehmen durften, standen knallharte Missionen auf dem Programm, die vor allem das dreidimensionale Vorstellungsvermögen beanspruchten. Dieser Umstand, kombiniert mit der etwas hakligen Steuerung und dem
happigen Schwierigkeitsgrad, machten das Spiel zu einem der
schwersten Spiele, die jemals erschaffen wurden. Leider hatte „Homeworld“ trotz traumhafter Wertungen keinen Erfolg an
der Kasse. Trotzdem wurde Barling Dock angeheuert, um ein
Quasi-Addon zu produzieren, das aber auch ohne das Haupt-
„Homeworld” ist ein Meisterwerk für Fans von epischen Weltraumschlachten,
intensiven Geschichten und gewaltigen Strategien. 1999 veröffentlichte Relic
den ersten Teil einer Serie, die bei Insidern bis heute hohes Ansehen genießt.
Ein Blick zurück in die Zukunft der außerirdisch guten „Homeworld“-Saga.
29
SCHWERPUNKT: LIEBESGESCHICHTE
spiel funktionierte. Mit „Homeworld: Cataclysm“ wurde die Saga nicht nur weiter erzählt, sondern auch viele Hintergrundinformationen nachgeliefert. Neu waren außerdem der mächtige
Bestien-Virus, der Menschen und Maschinen in willige Helfer
verwandeln konnte. Erst mit Hilfe einer uralten Waffe gelang es,
diese Bedrohung ein für alle mal aus der Welt zu schaffen. In
Kombination mit einer verbesserten Grafik und vor allem einer
komplett überarbeiteten Steuerung spielte sich das Addon dabei fast wie ein echter, zweiter Teil. Doch der Abschluss der Trilogie sollte erst 2003 folgen.
Eine alte und mächtige Waffe entscheidet
Ein letztes Mal nahm man sich bei Relic den Hiigarianern an
und schuf den krönenden Abschluss, der zwar nicht mehr
denselben bleibenden Eindruck wie der erste Teil hinterließ,
aber mit seiner erneut genialen Geschichte und der modernen
Grafik das beste „Homeworld“-Erlebnis aller Zeiten darstellte. Die überarbeitete Steuerung von „Homeworld: Cataclysm“
hatte Relic natürlich übernommen, trotzdem wurde das Gameplay weiter verbessert. Zum Beispiel wurde das störende und
langwierige Ressourcen-Sammeln am Missionsende endlich
automatisiert und das Interface komplett generalüberholt. Die
Geschichte machte dabei einen Sprung um 100 Jahre in die Zukunft und führte die Vagyr ein, die, angestiftet von einem bösen
Herrscher namens Makaan, sich daran machten, die Hiigarianer aus dem Universum zu fegen. Doch auf dem Schlachtfeld
schien dieser Kampf nicht zu gewinnen zu sein und so machte
sich das Mutterschiff auf, um hinter die Macht von Makaan zu
kommen. Wieder ist es eine alte und mächtige Waffe, die am
Ende die Entscheidung herbeiführt und den Hiigarianern den
verdienten Frieden beschert.
Inzwischen ist Relic mit anderen Titeln wie „Warhammer 40.000:
„Dawn of War“ erfolgreicher, doch vor allem Fans anspruchsvoller Strategie werden nie den Anblick der einmaligen Raumschlachten vergessen, die aus der „Homeworld“-Saga so ein
fantastisches Erlebnis machen. Nur „Nexus: The Jupiter Incident“ kann vielleicht bei diesem Feuerwerk aus Spezialeffekten und gewaltigen Raumschiffen noch mithalten, die übrige
Konkurrenz, einschließlich des aktuellen „Star Wars: Empire at
War“, muss vor dieser epochalen Brillanz den Hut ziehen. Vor
allem, wenn sich der Spieler auf die Geschichte einlässt, wird
jeder Homeworld-Teil trotz des harten Schwierigkeitsgrades
und der komplexen Steuerung zu einem einmaligen Erlebnis,
das sich kein Weltraumfan entgehen lassen sollte.
Der Herr der Ringe:
SCHLACHT UM
MITTELERDE 2
SCHWERPUNKT: KRITIK
30
SYSTEM: PC
HERSTELLER: ELECTRONIC ARTS
GENRE: 3D-ECHTZEITSTRATEGIE
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: JA
Peter Jackson lässt längst Riesenaffen in New York randalieren, doch die Maschinerie um die Ringe-Trilogie läuft weiter wie geschmiert. Dafür sorgt vor allem Electronic Arts,
der Großmeister der Spiele-Fortsetzungen und Film-Umsetzungen. So ist es keine echte Überraschung, dass „Der Herr
der Ringe: Schlacht um Mittelerde 2“ erscheint. Schließlich
war und ist der erste Teil sehr erfolgreich, da gehört eine
Fortsetzung zum Pflichtprogramm. Da der aus Film und Buch
bekannte Ringkrieg im ersten Teil komplett abgedeckt wurde,
wendet sich Teil Zwei einem Szenario zu, das in den Büchern
nur als Randnotiz auftaucht: Saurons Eroberungsfeldzug im
Norden von Mittelerde, dem sich eine Allianz aus zwei Fraktionen gegenüberstellt, die sich im Normalfall eigentlich nicht
riechen können. Auf der guten Seite der Macht kämpfen Elben
und Zwerge. Mit den ebenfalls ziemlich erd- oder genauer gesagt dreckverbundenen Goblins bekommen auch die Fieslinge
eine neue Fraktion spendiert, die zusätzlich zu den unansehnlichen Orks in die Schlacht zieht. Mit je acht Missionen
sind die beiden Hauptkampagnen nicht gerade umfangreich
geraten. Zudem wird an einigen der Schauplätze – wie den
Grey Havens und Rivendell – auf beiden Seiten gekämpft. Dafür sind die Missionen selbst teilweise sehr umfangreich und
bieten viele Überraschungen und Wendungen. Nicht selten
taucht plötzlich ein neuer Gegner auf, gerade dann, wenn man
glaubt, die Sache in trockenen Tüchern zu haben. Trotzdem
sind die Story-basierten Hauptkampagnen weniger zentral als
im Vorgänger. Denn neben den Kampagnen gibt es noch den
Modus „War of the Ring“. Zu den Echtzeitschlachten kommt
hier eine Strategiekarte, die ganz Mittelerde umfasst und auf
der man Einheiten umherzieht, Felder besetzt, Nachschub
baut und Gefechte vorbereitet. Treffen zwei Armeen aufeinander, wird das Ergebnis in einer Echtzeitschlacht ausgetragen.
Nett ist der neue Heldenbaukasten: Im „War of the Ring“ kann
der Spieler seinen eigenen Helden zusammenbasteln und mit
ihm in die Schlacht ziehen. Dabei bestimmt er nicht nur das
Aussehen der Streiter, sondern auch ihre Spezialfähigkeiten,
die im Laufe der Zeit immer stärker werden. Individueller als
beim Vorgänger geht es auch beim Basis-Bau zu. Der erfolgt
nun weitgehend frei. Man kann seine Gebäude also platzieren,
wo man möchte, statt nur in vorgegebenen Slots wie im Vor-
31
Nicht nur Gebäude werden evolviert, auch die Einheiten bekommen Ausbaustufen spendiert. Das Verfahren ist allerdings nach wie vor ziemlich umständlich: Die Verbesserungen
werden in einem Forschungsgebäude oder der Kaserne der
jeweiligen Einheit erforscht. Dann muss diese Verbesserung
allerdings bei jedem einzelnen Trupp aktiviert werden. Das
ist etwas umständlich aber auch notwendig, weil die meisten
Schlachten nur so zu gewinnen sind. Das Einheitenmaximum
beträgt 1000 Stück, was aber in der Praxis weniger ist, als es
erscheint. Große Einheiten, wie beispielsweise Ents, werden
beispielsweise mit 50 Kommandopunkten verbucht, entsprechen also 50 normalen Kämpfern. Die einfachen Bodeneinheiten tauchen deshalb immer nur Truppweise auf. So sind
durchaus spektakuläre Massenschlachten drin, die aber immer gut kontrollierbar bleiben.
POPWISSEN
ELBE SMITH
Was Grafik und Sound angeht, gibt sich „Mittelerde 2“ keine Blöße: Der gewohnt düstere Look, tolle Animationen und
spektakuläre Zaubereffekte sind die Pluspunkte. Vor allem
letzte – abfeuern darf man sie nur alle paar Minuten – machen
sowohl optisch als auch spielerisch Laune. Es gibt die verschiedensten Möglichkeiten: Die Elben heilen beispielsweise
eigenen Einheiten in einem bestimmten Gebiet, während sich
die Gegenseite mit Kriegsgesängen in Stimmung bringt und
dann besonders effektiv kämpft. Angriffszauber gibt es ebenfalls viele. Als Sauron-Anhänger kann man beispielsweise
einen Lindwurm, später auch einen Drachen oder Balrog herbei beschwören. Aber auch Elben und Zwerge verfügen nicht
nur über nette Magie. Besonders cool ist die „grüne Oase“:
Die lässt auch im schlimmsten Ork-Ödland Gras und Bäume
sprießen, mit dem Ergebnis, dass die Gegner empfindlich geschwächt werden.
Neue Maps und Spielmodi hält „Mittelerde 2“ für Mehrspielerfans bereit. Diese freuen sich zudem auf Zwerge und Goblins
als anwählbare Einheiten, die das Gameplay tatsächlich stark
bereichern und mit den anderen Fraktionen fast perfekt ausbalanciert wurden. (HH)
HEIKO HÄUSLER
SOLIDE FORTSETZUNG
Während die Gefährten allesamt im Süden zu Gange sind, hat der Norden
einen eklatanten Mangel an geeigneten Führungspersönlichkeiten zu verzeichnen. Gut, dass wenigstens die Elben immerhin einen charismatischen
Kopf zu bieten haben. Die Rede ist von Elrond, dem Vater von Arwen, geschätztes Alter: 845 Jahre, plusminus ein paar Jahrzehnte. In den Herrder-Ringe-Filmen wird Elrond von Hugo Weaving gespielt, vielen besser
bekannt aus der Matrix-Trilogie, wo er mit Agent Smith den mit Abstand
sympathischsten Charakter verkörpert. (HH)
„Mittelerde 2“ spielt sich wieder schön abwechslungsreich und kurzweilig. Die Kampagne ist mit je acht Missionen auf Seiten der Guten und
der Anhänger Saurons zwar recht kurz, dafür aber gut designt, spannend und herausfordernd. Richtig zeitaufwendig wird’s dann im War of
the Ring, wo ein zusätzlicher Rundenstrategiemodus für Eroberungsflair sorgt. Sonderlich komplex ist dieser Spielbereich allerdings nicht,
eine nette Bereicherung ist er aber auf jeden Fall und im Ergebnis
funktioniert die Trennung in Kampagne und Rundenstrategie stimmiger
als der Mix des erstens Teils. Gute Arbeit haben die Entwickler auch
wieder bei der tollen Präsentation geleistet und den Look der FilmTrilogie einerseits perfekt eingefangen und andererseits auch einige
Freiheiten, die sich durch das veränderte Szenario ergeben, sinnvoll
ausgenutzt. Eine solide und gelungene Fortsetzung also, die mit wirklichen Überraschungen allerdings geizt.
SCHWERPUNKT: KRITIK
gänger. Diese Slots kommen nun nur noch beim Ausbau der
Hauptfestung zum Einsatz. Die Trutzburg kann man mit den
verschiedensten Erweiterungen hochgerüstet werden. Eine
Elbenfestung bietet beispielsweise Platz für Bogenschützen,
die gegnerische Angreifer durchlöchern oder gar Ents, die mit
geschleuderten Steinen Katapulte platt machen.
Full Spectrum Warriors:
TEN HAMMERS
SCHWERPUNKT: KRITIK
32
SYSTEM: XBOX, PLAYSTATION 2
HERSTELLER: PANDEMIC, THQ
GENRE: 3D-MILITÄRSIMULATION
RELEASE: 24. MÄRZ 2006
Patriotismus ist in den USA trotz vermasselter Irak-Befreiung
noch immer politisch korrekt. Doch während das US-amerikanische Kino in den letzten Jahren immer politischer geworden
ist und als Kontrapunkt zu der Hurra-Attitüde des amerikanischen Fernsehens funktioniert, werden bei Video- und Computerspielen noch immer die schlimmsten Vorurteile bedient.
Vor allem die bösen Terroristen müssen in den verschiedensten
Genres antreten, um ihren schlechten Ruf zu verteidigen. Doch
während diese Story-Plattheiten der aktuellen Titel nur auf die
mangelnde Kreativität zurückzuführen ist, basiert „Full Spectrum Warriors“ schlicht auf einem ursprünglich für die Armee
entwickelten Taktik-Tool. Da Öffentlichkeitsarbeit mindestens
genauso wichtig ist wie gutes Training, durfte Pandemic die
Software, angepasst für den spielenden Nachwuchs, auch als
normale Vollversion auf den Markt bringen. Doch damit nicht
genug, dank der guten Qualität darf Pandemic mit „Ten Hammers“ einen zweiten Teil nachlegen. Neu ist diesmal die aufgesetzt wirkende Geschichte rund um einen Kriegsberichterstatter, der als Embedded Journalist die Truppe in ein fiktives Land
begleitet. Der Wunsch, so mehr Schwung in den bitterernsten
Kriegsalltag zu bekommen, ging schief. Begleitet durch platten
Hurra-Patriotismus werden Story-Schnipsel und Kommentare
zur echten Geduldsprobe, die man sich als einigermaßen liberaler Spieler lieber erspart hätte.
In vollkommen aussichtslosen Situationen ist es sogar möglich Panzer zur Hilfe zu rufen. Diese Möglichkeiten braucht der
Nachwuchskämpfer aber auch, da die Gegner gnadenlos Stellungsfehler ausnutzen. Allein für die normale Bewegung in sicheren Bereichen eignet sich der sonst so gelungene Cursor
nur schlecht, da er sofort an Ecken und Kanten kleben bleibt.
So werden verletzte Einheiten zur Bürde, denn diese müssenzurück ins Lager geschleppt werden. Doch solche Kleinigkeiten
sind selten in diesem fast perfekten Stück Taktik-Software, dem
die technologische Hilfe von der Armee deutlich anzusehen ist.
Authentische Ausrüstung und Waffensounds
Ein großes Highlight ist zudem die hervorragende Grafik, die
aber im Vergleich mit dem ersten Teil kaum zugelegt hat. Die
Authentizität von Ausrüstung und Waffensounds bewegen sich
verständlicherweise auf höchstem Niveau. Aus allen Ecken und
Enden tropft geradezu die Inbrunst, mit der diese Taktiksimulation entstanden ist. Moralisch gesehen mag also die Entstehungsgeschichte von „Full Spectrum Warriors: Ten Hammers“
nicht ganz sauber sein, aber rein spielerisch gesehen muss
man vor Pandemic den Hut ziehen. (KM)
KRISTIAN METZGER
NICHTS FÜR PAZIFISTEN
Knallharte und fordernde Missionen
Doch so würde einem auch einer der innovativsten und spannendsten Echtzeit-Taktik-Titel der letzten Jahre entgehen, der
zumindest handwerklich hervorragend gelungen ist. Im Gegensatz zum ersten Teil, bei dem die Abwechslung und die taktischen Möglichkeiten etwas zu kurz kamen, überzeugt „Ten
Hammers“ auf der ganzen Linie. Der Ansatz, nur Befehle zu erteilen, statt selbst zu agieren, funktioniert perfekt. Die Squads
reagieren ohne Verzögerung auf Stellungsbefehle und suchen
selbstständig Deckung. Doch die Schüsse werden realistisch
berechnet und wenn der Gegner nicht frontal angreift, wird jeder Arm zur Zielscheibe. Neu ist außerdem die Fähigkeit, ein
einzelnes Squad aufzuteilen, um damit an zwei Ecken gleichzeitig zu verteidigen. Außerdem kann der Spieler auf Knopfdruck
Sperrfeuer legen oder den Schussvektor bestimmen.
Mit dem Einstiegs-Spruch ist diesmal ausnahmsweise nicht die kompromisslose Härte im Spiel, sondern der sorglose Umgang mit dem
Thema Krieg gemeint. Da es sich hierbei nicht nur um ein Unterhaltungsmedium, sondern auch um ein Ausbildungswerkzeug der amerikanischen Streitkräfte handelt, muss man diesem Aspekt ein größeres
Gewicht bemessen. Wer mit diesen moralischen Bedenken aber keine
Probleme hat, bekommt ein hervorragendes Taktikspiel geliefert,
das bis auf die Story sehr gut funktioniert. Für Strategie-Anfänger
dürfte der Schwierigkeitsgrad zwar etwas zu happig sein, wer aber
anspruchsvolle und komplexe Kämpfe liebt, wird sich begeistert in die
harten Missionen einarbeiten. Ob aus erfolgreichen „Full Spectrum
Warriors“-Spielern dann am Ende aber auch gute Soldaten werden,
dass lassen die Entwickler dahingestellt sein. In der Werbeoffensive
der Army dürfte auch „Ten Hammers“ gut funktionieren, hier hat die
Bundeswehr noch viel nachzuholen.
33
„DAS MILITÄR SIEHT VIDEOSPIELE ALS SEHR STARKE MACHT“
Wie realistisch sollen Kriegsspiele werden? Gibt es eine
Grenze, die nicht überschritten werden sollte oder kann?
Natürlich gibt es Aspekte eines Krieges, die wir nicht für angemessen für ein Unterhaltungsprodukt halten. Wir nehmen
dieses Thema sehr ernst und denken, dass dies bei „Full
Spectrum Warriors“ deutlich wird.
Was war zuerst da, der Auftrag von der Armee oder die Idee
solch ein strategisches Kriegsspiel zu machen?
Tatsächlich ist beides rein zufällig fast zur gleichen Zeit passiert. 1999 haben wir für eine Idee für ein „direktes“ Militärstrategiespiel für den PC gepitcht. Ein gemeinsamer
Freund, der beim Militär arbeitet, versuchte gerade die Idee
von einem „Videospiel als Trainingshilfe“ finanziert zu bekommen. Er bekam Wind von unserem Pitch, schaute in unserem Büro vorbei und sah sich unsere Tech-Demo an. Der
Rest ist Geschichte.
War es eine schwere Entscheidung, für das Militär zu arbeiten? Sind Sie stolz darauf, oder ist es ein normaler Job?
Zuerst hatten wir Bedenken. Doch die Unterstützung war
wirklich einmalig – wir hatten als Entwickler mehr Zugriff
auf militärische Abläufe und Operationen, als jemals ein
Spielentwickler zuvor. Am Anfang war die Zusammenarbeit
noch schleppend, doch als wir verstanden hatten, wie der
Gegenüber tickt, lief es hervorragend. Unterm Strich war
es tatsächlich die beste Erfahrung, die ich jemals mit einem
„Lizenzgeber“ hatte. Ich würde sofort wieder mit der Army
zusammen arbeiten.
Gab es Bedenken wegen des Irakkriegs?
Nein. In unserem Bereich arbeiten wir nur mit Soldaten zusammen und diese machen keine Politik oder starten gar
selbst einen Krieg. Das Ziel unseres Projekts war vielmehr,
Leben zu retten – nicht nur das Leben von Soldaten, sondern
auch das von Zivilisten. Umso mehr die Soldaten trainieren,
desto besser können sie später im Kampf die richtigen Entscheidungen treffen.
Wie wurde mit dem Militär zusammengearbeitet? Gab es
einen externen Ratgeber oder wurde auch mit normalen
Soldaten zusammen gearbeitet?
Wir wurden durch sachspezifische Experten regelmäßig oder
auf Anfrage hin unterstützt. Diese variierten von einfachen
Sergeants, die auf dem Schlachtfeld ihren Dienst tun, über
Majors bis hin zu Generälen. Entweder kamen die Experten ein bis zwei Mal im Monat bei uns vorbei oder wir fuhren
nach Fort Benning in Georgia, um uns auszutauschen oder
die neuste Version vorzuführen.
Was denkt das amerikanische Militär eigentlich über Computer- und Videospiele?
Das Militär sieht Video- und Computerspiele als eine sehr
starke Macht. Allein wenn man darüber nachdenkt, das nahezu alle neuen Rekruten, die sich heute verpflichten, mit Videospielen aufgewachsen sind. Sie sind absolut vertraut mit
diversen Benutzeroberflächen und optischen Zeichen. Wenn
es also der Armee gelingt, ihr Training und ihre Ausrüstung
mit dieser Konditionierung auf einen Level zu bringen, kann
sie bessere Soldaten in kürzerer Zeit und mit weniger Kosten
erschaffen.
Glauben Sie, dass Sie eine realistische Chance hätten, einen Krieg zu überleben? Wären Sie gar ein guter General?
Wenn ich mein Leben in die Hände der Männer und Frauen
lege, die ich in den letzten Jahren beim Militär kennen gelernt habe, bin ich mir sogar sehr sicher, dass ich einen
Krieg überleben könnte. Ob ich aber ein guter Anführer wäre, wenn mir die Kugeln um die Ohren fliegen, mag dahingestellt sein.
Das Gespräch führten Christian Gaca und Kristian Metzger.
Wil Stahl ist verantwortlicher Producer bei Pandemic.
SCHWERPUNKT: KRITIK
POPWISSEN
STAR WARS:
EMPIRE AT WAR
SCHWERPUNKT: KRITIK
34
SYSTEM: PC
HERSTELLER: LUCASARTS, ACTIVISION
GENRE: STRATEGIE
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: JA
Mehr Sternenkrieg geht kaum! „Star Wars: Empire at War“
bietet Kampf auf allen Ebenen. Der Spieler zieht als galaktischer Strippenzieher Einheiten von Planet zu Planet, errichtet Raumstationen und Boden-Gebäude. Zusätzlich schlägt er
Echtzeitgefechte. Und zwar sowohl knallig inszenierte Raumschlachten als auch Bodengefechte. Der Tenor ist klar: Der
immerwährende Krieg zwischen Rebellen und Imperium, inzwischen ein etwa so alter Hut wie der Kampf zwischen Himmel und Hölle. Bei „Star Wars: Empire at War“ gewinnen die
Entwickler dem Thema immerhin einen kleinen neuen Aspekt
ab, indem sie das Geschehen zwischen den beiden Film-Trilogien spielen lassen. Episode 3,5 sozusagen.
Das Imperium ist noch frisch, voller Bosheit und Tatendrang.
Noch frischer, nicht sonderlich gut ausgerüstet und voller
Gutmenschentum, sind die Rebellen. Wer am Ende die Nase
vorn hat, das entscheidet der Spieler, der für beide Parteien in
die Schlacht ziehen darf. Zusätzlich zu diversen Spielmodi, in
denen es im Grunde nur gilt, sich möglichst alle Planeten un-
ter den Nagel zu reißen, gibt es für jeden der beiden Parteien
eine umfangreiche Kampagne. Hier gilt es, sich möglichst alle
Planeten unter den Nagel zu reißen und zusätzlich verschiedene Schlüsselmissionen zu gewinnen. Das ist auch gut so,
denn die Standardmission zum Erobern oder Verteidigen eines
Planeten wiederholen sind ansonsten doch recht schnell.
Praktischerweise lassen sich diese Einsätze auch einfach abbrechen. Der Computer rechnet dann aus, wer gewinnt. Allerdings sollte man nur mit entsprechender Übermacht in die
Schlacht ziehen und wird auch dann noch mehr Einheiten verlieren, als bei einem klug geplanten normalen Gefecht.
Die Echtzeitschlachten zeichnet vor allem aus, dass sie nicht
nur am Boden, sondern auch im All stattfinden. Wenn man
also einen Planeten erobern möchte, muss man zunächst
gegnerische Schiffe und Raumstationen in der Umlaufbahn
platt machen. Clever: Diese Schlachten sind zwar grafisch in
3D, werden aber nur in 2D, aus einer Draufsicht, gesteuert.
Komplizierte und verwirrende Manöver im freien Raum wie
bei „Homeworld“ muss man also nicht beherrschen. Stattdessen bietet „Star Wars: Empire at War“ actionreich inszenierte
Gefechte, bei denen gewaltige Kreuzer wie die Sternenzerstö-
35
Die Kinoperspektive funktioniert auch bei den Bodenschlachten,
einem zentralen Spielelement von „Star Wars: Empire at War“.
Denn nachdem die Umlaufbahn eines Planeten unter Kontrolle ist, muss auch auf dem Boden Klarheit geschaffen werden.
Einige dieser Missionen, besonders die Story-Missionen der
Hauptkampagne, sind abwechslungsreich und fordernd, während der große Rest sich relativ schnell wiederholt. Basisbau
ist nicht vorgesehen, stattdessen erobert man NachschubPunkte und darf dann frische Einheiten einfliegen lassen.
Spaß machen diese Gefechte vor allem, wenn Rieseneinheiten
wie die Imperiums-Walker AT-AT zum Einsatz kommen. Neben vielen Standardeinheiten tummeln sich auch diverse Helden mit teilweise mächtigen Spezialfähigkeiten in den Gefech-
POPWISSEN
WO LIEGT HOTH!?!
ten. Diese Fähigkeiten haben zumindest eines gemeinsam:
Sie können nur alle paar Minuten benutzt werden. Darth Vader
beispielsweise ist in Bodengefechten mit zwei besonders fiesen Tricks dabei: Fahrzeuge hebt er einfach in die Luft und
zerquetscht sie. Mit dem Machtstoß löst der dunkle Lord eine
Schockwelle aus, die alle Infanterieeinheiten im näheren Umkreis sofort ausschaltet.
Grafisch ist alles sehr gelungen: Die Schauplätze, besonders
im All, sind stimmungsvoll geraten, die Einheiten wirken bis
auf wenige Ausnahmen detailliert und geschmeidig animiert.
Dazu kommen fette Explosionen – wie das bei „Star Wars“
eben sein muss. Das gilt auch für die Soundkulissen. Natürlich ertönen die bekannten Klänge von Komponist John Williams ziemlich durchgehend. Und natürlich hat man sich auch
bei den Soundeffekten großzügig in George Lucas’ ArchivSchatzkiste bedient. So klingen alle Einheiten genau so, wie
das Fans der Filme erwarten. Die volle Packung bekommen
Mehrspielerfans: Neben verschiedenen Echtzeitschlacht-Modi
für bis zu acht Spieler können zwei Kontrahenten auch die
komplette Kampagne mit Runden- und Echtzeitstrategie gegeneinander spielen – Speicherfunktion inklusive. (HH)
KRISTIAN METZGER
NETTER STAR-WARS-HAPPEN FÜR ZWISCHENDURCH
Wer schon immer mal wissen wollte, wo die ganzen Planeten liegen, von
denen in „Star Wars“ unentwegt die Rede ist, der braucht „Empire at War“.
Auf einer leicht vereinfachten Galaxie-Karte (nur Planeten, keine Sterne)
finden sich die bekannten Namen. Coruscant, der Hauptstadt-Planet des
Imperiums liegt zentral, das zukünftige Trümmerfeld Alderaan ganz in der
Nähe. In den Rebellen-Hochburgen Tatooine und Naboo sagen sich dagegen zwei Alienkreaturen Gute Nacht. Ach ja: Hoth befindet sich am Rand
der bekannten Welt. Ganz links unten, wie der Fachmann sagt. (HH)
Großer Anspruch ist ganz sicher etwas anderes. Vor allem die Einzelspielerkampagne ist leider extrem schnell durchgespielt und fordert erfahrene Strategen nur für sehr kurze Zeit. Im Prinzip muss man während
der Kampagne nur lange genug eine starke Armee sammeln, bevor man
zuschlägt – und schon ist einem der Sieg nicht mehr zu nehmen. Das
ist etwas zu wenig. Dafür fällt der Einstieg leicht und auf den Schlachtfeldern verhält sich die Künstliche Intelligenz überraschend clever. Auch
das Stein-Schere-Papier-Prinzip der Einheiten funktioniert hervorragend. So zieht man ohne eine gemischte Truppe selbst mit schweren Einheiten den Kürzeren. Kein Wunder, dass das Spiel im Galactic Conquest
Modus richtig aufdreht und auch „Star Wars“-Muffel vom Hocker reißt.
Echte Fans dagegen, die einen Hang zu strategischen Schlachten haben,
finden in „Star Wars: Empire at War“ das perfekte Spiel, auf das sie fast
30 Jahre warten mussten.
SCHWERPUNKT: KRITIK
rer, Raumstationen und riesige Flotten kleiner wuseliger TieFighter und X-Wings um die Vorherrschaft ringen – sehr spaßig und kurzweilig. Ein kleines und ungewöhnliches Feature
macht dabei besonders Laune: Ein Klick und das komplette
Spiel wird im Kino-Look angezeigt, also ohne Status-Anzeige,
in 16:9 und mit wilden Schwenks und Zooms quer durch das
Geschehen. Besser wurde das Flair von „Star Wars“ bisher auf
dem PC-Bildschirm noch nicht eingefangen.
Fremdgesteuert
Vermutlich würden sie oft nur halb so viel Spaß bringen, denn allein das passende Pad
macht eine ganze Menge aus. Ein tolles Pad, und die Spieleerfahrung wird besser, intensiver, griffiger. Manche Spieler schwören sogar auf spezielle Setups für bestimmte
Spiele. Das erste „Wipeout“ etwa hielten Gleitprofis für nur mit dem speziell dafür
entwickelten Negcon von Namco adäquat steuerbar.
Dennoch soll dieser Heftschwerpunkt nicht ausschließlich der reichhaltig vorhandenen
Steuerungs-Peripherie gewidmet sein. Auch andere Erweiterungen für Konsole und PC
werden ausgegraben – ob nun VR-Helm oder Doctor V64. Lasst euch überraschen. (CG)
FOKUS: INTRO
Joystick & Co. – Was wären die Video- und Computerspiele ohne die ganze Peripherie?
Jenen (gelegentlich arg schrägen) Gerätschaften, die an Controllerports, USB-Anschlüssen und sonstige Ein- und Ausgängen installiert werden, um das Spielerlebnis
neu zu definieren.
37
FOKUS: STEUERUNG
38
Lustknüppel und Daumenbedienung
Von Kalle Max Hofmann
D
er Auserwählte wischt sich mit seinem Datenhandschuh
den Schweiß von der Stirn. Soeben hat er die Frage beantwortet, was zuerst da gewesen ist – das Huhn oder das Ei.
Kinderkram. Das Master-Control-Programm auf der anderen
Seite der in tausend Polygone zerspringenden, vorletzten
ICE-Barriere runzelt die Stirn.
„Aber wie ist es mit dem Spiel und dem Controller, mein
Freund. Was war zuerst da?“. Der Hacker zuckt so heftig
zusammen, dass ihm fast sein Visor von der Nase rutscht
– eine noch einfachere Aufgabe. Seine Stimme zittert ein
klein wenig vor Erregung über den nahen Sieg, als er seinen
Vortrag beginnt.
Einer der Pioniere der Luftfahrt, Robert Esnault-Peterie, ist
als Franzose, wie es sich gehört, kein Feind von typisch männlichen Denkmustern. So macht er keinen Hehl daraus, an was
ihn der massive, prominent zwischen seinen Beinen hervorragende Steuerhebel seiner Flugmaschine erinnert. Er tauft das
Instrument auf den Namen „Joy Stick“, frei als Lustknüppel
übersetzbar. Wie so viele andere menschliche Erfindungen,
wird das Konzept des direktionalen Richtungshebels auf
dem Schlachtfeld weiterentwickelt. Eine Gruppe deutscher
Forscher konstruieren im Zweiten Weltkrieg zunächst einen
digitalen Steuerhebel für die nachträgliche Kurskorrektur
von kabelgelenkten Torpedos. Die so genannte Wunderwaffe
V-4 aus den Raketenlabors der Nazis bekommt diese Befehle
dann sogar wireless übermittelt, per Funk.
Jahre vergehen, in denen Joysticks als Steuerelemente in
Kränen, Panzern oder auch Modellfahrzeugen dienen – bis
1962 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) endlich
der erste Controller für ein Computerspiel gebaut wird. Logischerweise ist dies ebenfalls das Werk der Studenten um Steve Russell, die mit „Space War“, dem ersten Computerspiel,
unwissentlich den Grundstein für eine neue Unterhaltungsindustrie gelegt haben. Ursprünglich wird die Raketenschlacht
direkt mit den am Bildschirm des PDP-1 Großrechners angebrachten Tasten gesteuert – sehr unpraktisch für ein Spiel,
das lediglich im Zwei-Spieler-Modus funktioniert. So verbinden die Studenten das High-Tech-Monster mit zwei kleinen
Kästchen aus Holz, Schaltern und Kabeln, die entfernt an R/CFernbedienungen mit ihren charakteristischen, bidirektionalen
Ministicks erinnern.
Atari-Gründer Nolan Bushnell hat allerdings keinen Erfolg,
als er das Fünf-Knopf-Konzept für seine münzschluckende
Automatenadaption „Computer Space“ klaut. Beim Konsumenten fällt das Konzept durch, zu kompliziert für den
Durchschnittsamerikaner im Jahre 1971. Nolan Bushnell gibt
aber nicht auf und lässt sich als nächstes vom TV-Heimgerät
Magnavox Odyssee und dem Tennisspiel inspirieren. Für die
Hoch-Runter-Steuerung des Millionenerfolges „Pong“ nutzt er
ein simples Potentiometer, das im Prototyp eher an den Lautstärkeregler einer Stereoanlage als ein Spielgerät erinnert. So
wird das Paddle erfunden und der enorm erfolgreichen AtariKonsole VCS2600 gleich paarweise beigelegt.
39
FOKUS: STEUERUNG
Es ist jedoch das andere mitgelieferte Peripheriegerät, das
zum Synonym des Atari-Erfolges und der gesamten Zockergeneration der 80er Jahre wird: Der schwarze Plastik-Joystick
mit dem roten Knopf. Die linke Hand umfasst die quadratische
Basis, der Daumen ruht auf dem Feuerknopf, während die
rechte Hand den Vier-Wege-Steuerknüppel fest umschließt.
Den Satz „Du musst ihn halten wie einen Hammer und dann
rütteln!“ hören junge Männer dieser Tage nicht nur einmal.
Mitbewerber erproben derweil andere Eingabemöglichkeiten:
Colecovision bietet einen festverdrahteten Controller, der mit
seiner Zehnertastatur mehr an eine TV-Fernbedienung erinnert und mit einem unförmigen Ministick nervt. Obwohl der
klassische Atari-Stick zum Popkultur-Element wird, versiebt
Atari 1982 den Launch der neuen Konsole Super System 5200
mit einem länglichen und zahlenfeldbestückten Controller,
dessen kurzer Analogstick die Steuerung von Klassikern wie
„Pac Man“ nahezu unmöglich macht. Das ist nur ein weiterer
Nagel im Sarg der Telespiele, die 1983 erst einmal sang- und
klanglos in der Versenkung verschwinden.
Instabile Folienkontakte weichen den satt klackernden Mikroschaltern und Metallgehäuse wie beim Elite 2002 verbreiten
zu Hause echtes Spielhallenflair. Will man unterwegs vernünftig zocken, sind in diesen Tagen jedoch immer noch die
Game&Watch-Handhelds der japanischen Firma Nintendo die
erste Wahl. Aus Überlegungen zur Ergonomie des mobilen
Spielens ist von Nintendo eine Kombination aus Steuerkreuz
und Aktionsknöpfen entwickelt worden, die um ein LC-Display herum gruppiert sind. Diese Bedienelemente lassen sich
bequem mit den Daumen drücken, während die restlichen
Finger das Gerät ohne Kraftaufwand festhalten. 1985 ersetzt Nintendo den eingebauten Bildschirm durch ein Kabel,
welches zu einem Modulschlucker namens Nintendo Entertainment System führt, der an einen Fernseher angeschlossen
wird. Das Joypad ist geboren und das Videospiel ersteht von
den Toten auf. Das Joypad wird für viele Jahre zum neuen
Sinnbild der Telespiele, und doch beruhte seine Handhabung
auf der Zweikanal-Fernsteuerung von Modellflugzeugen. So
ist das also: der Controller war zuerst da, dann kam das Spiel.
Das Vier-Wege-Steuerkonzept des etablierten Joysticks ist für
zweidimensionale Spiele jedoch einfach perfekt – und es überlebt. Heimcomputer wie der Commodore 64 behalten nicht nur
den 9-Pin-Anschluss bei, so dass alte Sticks weiter verwendet
werden können, auch das Farbkonzept bleibt identisch. Joystick-Legenden wie der Competition Pro, der Konix Speedking
und die günstige Quickshot-Serie erblicken das Licht der Welt
in schwarz und rot.
Der Auserwählte mustert sein virtuelles Gegenüber mit
einem süffisanten Lächeln. Das Master Control Programm
zeigt sich vollkommen unbeeindruckt: „Glaubst du denn
wirklich, du Mensch, dass ohne das phantasiebeflügelte
Spiel eurer Kinder jemals ein Mann ein Flugzeug gebaut
hätte? Und nebenbei: Dein Wissen über Controller ist lückenhaft, beim Joypad ist noch lange nicht Schluss. ENDE DER
KOMMUNIKATION.“
N64 CONTROLLER
SYSTEM: N64
HERSTELLER: NINTENDO
FOKUS: STEUERUNG
40
F-Zero
1996
Nintendo
Goldeneye 007
1997
Rare
E
s war Liebe, Liebe auf den ersten Griff! Ich erinnere mich
noch ziemlich genau daran, wie ich die Verpackung des
N64 aufriss, die Konsole auspackte und dann den N64-Controller das erste Mal live sah. Hmm, aha, so ist das also. Ich
nahm ihn in die Hand – und alles war auf einmal klar und
fügte sich zusammen. Okay, so muss ein Controller sein. So
muss sich das anfühlen. Der Analogstick am mittleren Griff,
darunter der Z-Knopf. Zusammen mit „Super Mario 64“ bekam die Steuerung von Videospielen eine völlig neuartige Dimension. Dann „Goldeneye“. Nie wieder habe ich an der Konsole Egoshooter so gut gesteuert wie mit dem N64-Controller.
Laufen, schießen, strafen – aus einer Hand in einer flüssigen,
leichtgängigen Bewegung. Auch nach stundenlangem Zocken
Super Mario 64
1996
Nintendo
Wave Race
1996
Nintendo
noch! Ohne diesen Controller würden nicht noch heute einige
Goldeneye-Fans glauben, sie wären Egoshooter-technisch mit
dem Controller schneller und präziser als die PC-Nerds mit
Maus und Tastatur. Klar, die Plastikschönheit nach heutigen
Maßstäben einfach einen Analogstick zu wenig. Aber mal
ehrlich, wie oft spielt man wirklich mit beiden Analogsticks?
Gelungen und bisher nicht wieder erreicht ist noch immer die
Schlichtheit der Farbcodierung der Tasten – genial einfach,
einfach genial. Das einzige Manko war das Gewicht, viel zu
leicht ist das Teil. Abhilfe schaffte das optionale Rumble-Pak,
mit dem der Schwerpunkt dezent verlagert wurde. Das ideale,
batteriebetriebene Gegengewicht. Hach, ich trauere dir noch
heute manchmal nach. (CG)
NEGCON
SYSTEM: PLAYSTATION 1
HERSTELLER: NAMCO
41
FOKUS: STEUERUNG
Wipeout
1995
Psygnosis
The Need for Speed
1995
Electronic Arts
I
ntuitive Steuerung ist immer eines der großen Ziele von
Gamedesignern. Doch was nützt das beste Gamedesign,
wenn das Eingabegerät nicht intuitiv bedienbar ist? Haben sich
Mitte der 90er Jahre wohl auch die Entwickler von Namco gedacht, als sie die ultimative Zeitmaschine für Rennspielenthusiasten erdacht haben: das Negcon. Ein Controller, der durch
eine gegenläufige Drehbewegung, ähnlich wie beim Auswringen eines nassen Handtuchs, die Rechts-Links-Befehle auf die
virtuelle Straße überträgt. Anfangs ist diese Art des Steuerns
gewöhnungsbedürftig, doch einmal gemeistert, werden Spiele
wie Ridge Racer und Wipeout perfekt spiel- und kontrollierbar.
Wie auf unsichtbaren Schienen steuert der Negcon-Profi seinen
„Wipeout“-Raumgleiter in Höchstgeschwindigkeit um den Kurs.
Ridge Racer
1995
Namco
Gran Turismo
1998
Polyphony Digital
Fast wie selbstverständlich wurde die „Smooth Operator“Ansage für eine perfekte „Wipeout“-Runde ohne Anrempeln registriert, weil die Fehlerquote mit dem Negcon einfach so deutlich gesunken war. Bei den Knöpfen konzentrierte sich Namco aufs Wesentliche. Die L2- und R2-Trigger fehlen komplett,
ebenso der Select-Button. Dafür gibt es zwei analoge Buttons
und auch der L1-Trigger war analog. Anfangs war der Negcon in der Rotationsbewegung noch ziemlich straff, spielte sich
aber nach einigen Wochen perfekt ein. War dieser Moment gekommen, wurden Rundenzeiten Realität, von denen normale
Controller-Spieler nur träumen. Sehr schade, dass das Negcon-Konzept nicht sinnvoll weiterentwickelt wurde. Aber was
nicht ist, kann und sollte noch werden. (CG)
BATTERUP!
SYSTEM: SNES
HERSTELLER: SPORTS SCIENCES
FOKUS: STEUERUNG
42
ESPN Baseball Tonight
1994
Sony Imagesoft
E
Ken Griffey Jr. presents MLB
1994
Nintendo
s gab damals, in grauer Super-Nintendo-Vorzeit, eine Periode, da waren Baseballspiele schwer angesagt. Ob ihrer
Beliebtheit wurde extra für den US-Markt ein Controller entwickelt, denn ich mir 1996 von einer Amerikareise mitgebracht
habe: der grandiose Batterup. Als versoftete Softball-Variante
ermöglichte das eigentümliche Utensil seinem Käufer, Schläger schwingend vor dem heimischen Fernseher zu stehen und
virtuelle Homeruns abzuliefern. Der Batterup war damals mit
allen SNES-Baseballspielen kompatibel, was weniger an der
Genialität der Erfinder, sondern an den Spezifikationen des
Gerätes selbst lag. Denn man muss ehrlicherweise gestehen,
dass der Batterup technologisch alles andere als eine Glanzleistung ist. Im Schlägerkopf steckt ein simpler Schaltmecha-
MLBPA Baseball
1994
Electronic Arts
Super Batterup
1993
Namco
nismus, der erst dann den Button auslöst, wenn man in einer gekonnten Bewegung nach vorne durchschwingt. Das ist
alles. Sozusagen ein überdimensionales Joypad, getarnt als
Baseballschläger. Oder anders gesagt: eine wirklich komplizierte Art und Weise, auf einen Knopf zu drücken. Nun ja, die
Stärken des Batterup liegen für mich ohnehin eher im Gegenstand selbst, dem Baseballschläger. Der Kopf ist zum Glück
dick mit Schaumstoff ummantelt. Sicherheitshalber wohl,
man kennt ja die lieben Kleinen. Wenn das mit den Homeruns
nicht klappen will, kriegt halt der Mitspieler reale Dresche. Ist
unter Umständen eh‘ viel lustiger. Diese Mischung aus realem
Kampfsportutensil und sinnlosem Peripheriegerät macht den
Batterup so ungemein reizvoll. (CG)
PANTHER DC
SYSTEM: DREAMCAST
HERSTELLER: MADCATZ
43
FOKUS: STEUERUNG
Starlancer
2001
Warthog
Quake III Arena
2000
id Software
D
er Panther DC, das war eine der interessantesten Vorstellungen auf der E3 im Jahr 2001. Und genau seit diesem
Zeitraum haben die amerikanischen Dreamcast-Zocker leidenschaftlich auf dieses Stück Peripherie gewartet. Aber nicht nur
die, sondern eine gesamte 128-Bit-Generation, die die ungezügelte Kontrolle über ihre Spiele haben wollte. Doch nur wenige
Auserlesene haben dieses Raubtier und somit den perfektesten
Weg der Interaktion zwischen ihnen und ihrem DC schlussendlich in beiden Händen gehalten. Madcatz schaffte mit dem Panther DC einen wahren Augenschmaus, der sogar mit der offiziellen Lizenz von Sega beglückt wurde. Das Joyboard richtet sich
an Egoshooter-Spieler und wird daher für die Verwendung bei
„Quake III Arena“, „KISS: Psycho Circuit“, „Soldier of Fortune“
Soldier of Fortune
2001
Crave Entertainment
KISS: Psycho Circus
2000
Gathering
aber auch der Weltraum-Ballerei „Starlancer“ empfohlen. Nach
dem Auspacken ist erstmal fleißiges Üben angesagt, doch dann
steht einer Verschmelzung von Händen und Joyboard nichts
mehr im Weg. Der Panther DC vereint Maus- und JoystickSteuerung und besitzt ganze 16 Buttons. Zwei Vier-RichtungsRegler am Kopf des Joysticks, drei weitere Knöpfe am Board
und dann noch die drei Buttons am Trackball, der Start-Button
und zwei Analog-Trigger rechts neben dem Trackball, der als
Maus dient. Durch Aktivieren des Panther-Modus leuchtet der
Trackball in einem überstylishen Blau auf. Der größte Problem
war und ist die Verfügbarkeit. Nur eine geringe Anzahl wurde
produziert und offiziell nur in Amerika verkauft. Und weg waren
sie auch sehr schnell. (MS)
STEEL BATTALION
SYSTEM: XBOX
HERSTELLER: CAPCOM
FOKUS: STEUERUNG
44
Steel Battalion
2003
Capcom
D
er Besitz von Videospielen mit Spezialcontrollern unterscheidet den Casual-Gamer vom echten Videospielprofi.
Bereits mit dem Angel-Controller von „Get Bass“ hatten mich
Freunde für verrückt erklärt. Zumindest die Hornbrillenträger
im Freundeskreis wussten Respekt zu zollen. Bei der Ankündigung von „Steel Battalion“ samt Controller-Specs ging mir
jedoch das Herz auf: Eine Mech-Simulation mit einem Cockpit
als Spezialcontroller in der Größe eines stattlichen Wohnzimmertisches mit Dutzenden von Einzeltasten, Sticks und Fußpedalen! Wahnsinn! Akribisch verfolgte ich die News im Netz und
in Videospielfachmagazinen. In meiner Euphorie über das zu
Erwartende wuchs ich zum größten Mech-Warrior heran, den
die Welt je gesehen hatte. In Gedanken tanzten ständig meine
Steel Battalion: Line of Contact
2004
Capcom
Finger über das Cockpit, schickte ich feindliche Mechs auf den
Schrottplatz, rettete ich das Leben hübscher weiblicher AniméCharas. Wow, so wird aus dem Knirps ein Mann. Für – wenn
ich mich recht erinnere – etwa 400 Euro stand nach Monaten
des Wartens die „Steel Battalion“-Box vor mir. Ruckzuck waren
alle Freunde informiert und der Kontroller auf dem Bügeltisch
aufgebaut. Die Anleitung hatten wir als Profis elegant übersprungen. Es war exakt dieser Abend und kein weiterer mehr,
an dem „Steel Battalion“ das Haus nicht rocken sollte. Denn
wir hatten ein Spiel bestellt und wollten keinen Gabelstapler
steuern lernen. Welt retten gerne, aber einfach und flott soll es
bitte sein. Aber geil war die Vorfreude schon. Und ich würde ihn
jederzeit wieder kaufen, auch für mehr Geld. (JC)
ANGEL CONTROLLER
SYSTEM: DREAMCAST
HERSTELLER: SEGA
45
FOKUS: STEUERUNG
Sega Bass Fishing
1999
Sega
A
ngeln – das setzt Emotionen frei in mir. Angeln ist eine
Freizeitbeschäftigung in Gottes reiner Natur. Zusammen
mit dem kleinen Sohn. „Angeln entspannt kolossal, ob du was
fängst, ist ganz egal“ singt die deutsche Country-Band „Truck
Stop“. Ob die das jemals getan haben? Entspannen? Angeln?
Ich jedenfalls habe diesen Sport nicht als Entspannung erlebt.
Kaum am Wasser angekommen, ging der Terz los. Papa, welche Rolle soll ich nehmen? Papa, welche Hakengröße? Papa,
welche…? Wo bleibt da meine Entspannung? Wann kann ich
meine Flasche Flens köpfen, mich zurücklehnen und beobachten, wie meine Pose auf dem Wasser Kreise zieht, kleine Ringe
produziert, die sich in vielfachem Echo auf der Wasserfläche
totlaufen? Wann bin ich soweit, dass die Frage: „Ist das nun
ein Fisch, der da für Bewegung sorgt oder der Wind?“ den
Grad meiner Entspannung zeigt. Papa, ich glaub ich hab einen!
Kannst Du mal abmachen? Alles wurde anders, als ich im
soliden Alter jenseits der 50 mit dem virtuellen Angeln konfrontiert wurde. Alles Quatsch, Kinderkram entfuhr es mir und
mein Filius drückte mir das Ding in die Hand. Erst entbrannte
ein kurzer, aber heftiger Kampf mit einem virtuellen Fisch an
der Rute, dann ein noch heftigerer Kampf um die Rute. Nein,
die kriegst du nicht. Ich will noch mal. Lass mich. Nein, Hände
weg! Will sagen, dass das Zittern in den Händen, das Kribbeln
am Handballen, das Rucken an der Schnur, obgleich virtuell,
einem fast realistischer erscheint als die Wirklichkeit. Kurzum:
Ich wollte nicht mehr aufhören. Bis ich dann musste. (KG)
DANCE PERFORMANCE DDR CONTROLLER
SYSTEM: PLAYSTATION 2
HERSTELLER: GAMESATION
FOKUS: STEUERUNG
46
Dance Dance Revolution Extreme
2003
Konami
W
Dance Dance Revolution Ultramix 3
2005
Konami
enn sich heiße Frauen wie Madonna zufällig an den Haltebarren des „Dancing Stage Fusion“-Automaten in der
örtlichen Spielhalle räkeln, gibt es doch nichts Schöneres, als
mit einigen gepflegten Tanzskills auftrumpfen zu können. Für
eine solche Extremsituation in der heimischen Stube zu üben,
gestaltet sich jedoch als schwierig: Schon wenige Runden bei
Trip Machine Climax reißen ein Loch in handelsübliche Folientanzmatten, die Profi-Tanzplattformen aus Metall hingegen
reißen ein Loch in den Geldbeutel. Zusätzlich nehmen sie zu
Hause gigantisch viel Platz weg, so mancher Untermieter soll
auch schon ob des Getrampels die Polizei alarmiert haben.
Diesen eklatanten Missstand im Leben des Bemani-Spielers
beseitigt der Dance Performance DDR Controller von Game-
Dancing Stage: Mega Mix
2002
Konami
Dancing Stage: Mario Mix
2005
Konami
sation und anderen asiatischen Billiganbietern. Das schmucke
Eingabegerät misst gerade mal 10 x 12 Zentimeter und bietet
auf dieser Fläche alle relevanten Playstation-Digitalknöpfe.
Am markantesten sind natürlich die vier Richtungspfeile, die
mit Zeige- und Mittelfinger des Spielers perfekt in Relation
zu Fullsize-Tanzmatte und Beinen stehen. Ähnlich wie beim
Finger-Boarding kann nun die todesverachtende Griffelakrobatik beginnen, bei der die „echten“ Tanzschritte authentisch
nachgebildet werden. So kann sich der angehende Digi-Travolta
die Pfeilsequenzen nicht nur einprägen, sondern auch gleichzeitig die Stellungs- und Lastwechsel planen, die in den hohen
Schwierigkeitsgraden der „Dancing Stage“-Welt zwischen
Applaus und Gelächter entscheiden. (KH)
MOMO RACING
SYSTEM: PC
HERSTELLER: LOGITECH
47
FOKUS: STEUERUNG
GTR
2005
SimBin
DTM Race Driver 2
2004
Codemasters
D
enke ich an Lenkräder, sehe ich nur Logitech im Geiste.
Mein Held für den PC ist das Momo Racing – in Design
und Handling sowohl für Straßen- und Ralleyfahrzeuge, als
auch für F1-Raketen tauglich. Es bietet den Händen dank der
Rundumgummierung optimalen Grip, großzügige Schaltwippen,
gut platzierte Schnellwahltasten und knackige Pedalen. Alles
ist zudem ergonomisch einwandfrei und solide zu befestigen.
Sonntagsfahrer dürfen auch einarmig mit Knüppel schalten.
Gut sieht es aus. Und schwer ist es. Anspruchsvolles ForceFeedback verlangt nach Schwergewichten. Ordentliche Verarbeitung und vernünftige Kraftübertragung verlangen ihren
Tribut. Aber ein Lenkrad ist immer nur so gut, wie die Software,
die es mit Daten füttert. Force ist nicht gleich Force. Hier zeigt
Colin McRae Rally 2005
2004
Codemasters
Need For Speed Underground 2
2004
Electronic Arts
sich, welcher Entwickler sorgfältige Arbeit leistet. Mir bietet das
PC-Rennspiel „GTR“ von SimBin die derzeit beste Simulation
eines Rennwagens auf dieser Plattform. Gut, das letzte Quentchen Erfahrung an Fahrbahnunebenheiten fehlt zwar auch hier.
Aber so muss es sich wahrscheinlich anfühlen. Mit dem Momo
fühle ich mich bei virtuellen 300 Stundenkilometern jeder Kurve
gewachsen, wo ich mit Controller schon längst versagt hätte.
Herrlich, wie in Kurvenfahrten die Fliehkräfte am Lenkrad reißen. Bei so viel Straßengefühl fehlt dann letztlich nur noch die
simulierte Schwerkraft. Daran arbeitet Logitech bestimmt auch
schon. Gibt ja sonst kaum etwas zu verbessern. Ach doch, liebe
Schweizer, in Sachen FF mangelt es immer noch an einem
allgemeinen Standard. (MK)
FOKUS: EXTRAWURST
48
Ein Video- oder Computerspiel zu machen, das
heißt immer auch, sich über den Eingabemodus
des Spielers Gedanken zu machen. Seit es Videospiele gibt, gibt es spezielle Controller. Und in der
Vergangenheit wurden immer wieder spezielle,
teils absurde Geräte für einzelne Spiele gebaut
– oder umgekehrt.
Plastikmotorräder fürs
Wohnzimmer?
Von Christian Keichel
E
The Arcade Years
Der Spezialcontroller ist fast so alt wie das Videospiel selbst.
Schon 1976 verzückte der „Night Rider“-Automat von Atari
den Spieler neben einem Cockpit mit einem Lenkrad, einem
Bremspedal und einer Gangschaltung. Diese Art von Kontrollen, die Realismus nachahmten, waren für lange Zeit nicht
aus der Spielhalle wegzudenken. Dabei waren Sega und Atari
die treibenden Kräfte. Ataris Spezialkontrollen wie ein Fahrradlenker bei „Paperboy“, das X-Wing Cabinet bei „Star Wars“
oder das komplette Autocockpit inklusive Zündschlüssel bei
„Hard Drivin“ sind legendär und ließen jede Heimumsetzung
dieser Spiele schal aussehen.
Auch Sega hat schon 1985 bemerkt, dass grafische Limitationen beim Motorradrennen „Hang On“ dadurch kompensiert
werden können, dass man den Spieler auf ein Plastikmotorrad setzt, das sich einfach nach links und rechts neigt. Wie
stark der Controller in diesem Moment der Grafik voraus war
beweist die Tatsache, dass die Hardware im zwei Jahre später erschienen „Super Hang On“ zwar rund doppelt so schnell
war, die Kontrollen aber unverändert blieben. Höhepunkt war
1987 das hydraulische Flugzeugcockpit bei „After Burner“.
Bei derartig aufwändigen Projekten ist der Controller aber irgendwann genauso teuer in der Entwicklung wie der Rest der
Hardware, dabei aber nur für ein Spiel einsetzbar. Dies führte
auf einem schrumpfenden Arcademarkt direkt in eine Sackgasse. Heutige Spezialkontrollen in der Spielhalle versuchen
daher nicht mehr direkt die Realität abzubilden. So setzt Yu
Suzuki, der schon „Hang On“ entwickelte, in seinem nächsten
Spiel „Psy Phi“ auf einen Touchscreen.
Home Sweet Home
Der Wohnzimmermarkt funktionierte und funktioniert natürlich anders als der für die Spielhalle. Niemand möchte mal
eben ein paar tausend Euro ausgeben, nur um ein Wohnzim-
mermotorrad zu erwerben – mal ganz davon abgesehen, dass
manche dieser Eingabegeräte bereits jetzt eine Menge Platz
verschlingen. Daher sind die aus der Arcade bekannten Controller hier die Ausnahme geblieben. Weder der Skicontroller für das Atari VCS noch der Mechcontroller für die Xbox haben sich zum Systemseller entwickelt. Einzig mittels Lenkrad,
Flighstick und Lightgun wird versucht, einen Teil des Realismus, mit dem die Spielhalle protzt, nach Hause zu tragen. Diese Eingabegeräte sind aber auch für mehrere Titel nutzbar.
Anders sieht es mit den Musikcontrollern der letzten Jahre
aus. Ob Sambas, Trommeln oder Gitarren, mittlerweile kann
man ganze Rockbands mit Plastikinstrumenten besetzen.
Viel wichtiger für den Heimbereich sind aber die Spiele, die dazu dienen, Controllerstandards zu definieren. So etwas gelingt
meistens nur direkt bei dem Hardwarestart, so geschehen etwa
bei „Super Mario 64“. Dank dieses Titels war jedem Spieler sofort klar, wo die Vorteile eines Analogsticks lagen, die genaue
Kontrolle über Mario geriet so zum Argument für die Überlegenheit der Hardware. Und das blieb in diesem Bereich auch
so, und Konkurrent Sony lernte schnell und fügte in bester Kopiermanier einfach noch einen zweiten Analogstick hinzu.
Es sollten aber Jahre vergehen, ehe ein Spiel erschien, das
extra für diesen Controller entwickelt worden war. „Ape Escape“ war bizarrerweise das erste und auch einzige Playstation-1-Spiel, das nur mit einem Dual-Shock-Analog-Controller
gespielt werden konnte. Bizarr, weil zwar fast jeder irgendwann einen solchen Controller hatte, kein Spieledesigner aber
wirklich eine Idee für den zweiten Stick zu haben schien. Das
lag sicherlich auch daran, dass jedes Spiel auch mit einem
Digitalcontroller noch spielbar bleiben sollte. Sonys nächster Versuch des Controllerupdates sah da schon vielversprechender aus. Aber leider hielt auch die USB-Kamera Eyetoy
auf der Playstation 2 nicht ganz das, was sie versprach. Geplant als der große Wurf, als Veränderung der Eingabewelt,
versandete das Ganze in einem, kommerziell allerdings sehr
erfolgreichen, Minispielegedaddel.
The Future
Vielleicht wird die Playstation 3, die wohl ein Eyetoy fest eingebaut hat, mehr Nutzen daraus ziehen können, ähnlich wie
der Dual-Shock-Controller heute auf der Playstation 2. Ein
wahrhaft großer Wurf könnte aber die Revolution von Nintendo werden. Immerhin hat Nintendo schon 1985 mit dem Joypad die erste Controllerrevolution ausgelöst. Ob es diesmal
eine echte zweite Revolution gibt, hängt aber primär davon ab,
wie eng bei Nintendo Softwareentwickler am Design des Controllers beteiligt waren und bleiben. Denn wie eingangs geschildert: Nirgendwo können Softwareentwickler besser Einfluss auf die Hardware nehmen, als beim Controllerdesign.
Wenn sie das nicht tun, wird der Revolutioncontroller so ungenutzt bleiben wie anfangs Sonys zweiter Analogstick.
49
FOKUS: EXTRAWURST
in Controller ist immer ein Interface. Er ist das Interface
zwischen Spieler und Video- oder Computerspiel. Er ist
aber auch das Interface zwischen Hardware- und Softwareentwicklung. In den allermeisten Fällen wird keine spezielle
Hardware für ein Spiel entwickelt. Der Prozess läuft umgekehrt, niemand etwa entwickelt heute einen Grafikchip für ein
einzelnes Spiel. Erst wenn die Hardware existiert, können die
Programmierer beginnen zu experimentieren. Ein Controller
ist aber flexibler, weil billiger in der Entwicklung. Hier können Spieleentwickler direkt Einfluss auf die Hardware nehmen. Und das wird heute wieder vermehrt getan, wie man an
den Titeln sieht, die mit einem Spezialcontroller ausgeliefert
werden, etwa „Donkey Konga“ mit Trommel für den Gamecube
oder die Buzzer für Buzz auf der Playstation 2. An der Schnittstelle Controller verschwimmt sozusagen die Grenze zwischen
Hardware und Software.
Futures made of Virtual
FOKUS: VERGESSEN
50
Da wurde der Möchtegern-Neo doch glatt beim letzten ICE
vom MCP de-Rezzed – und wir erinnern uns ob dieser
Sprachmonster an die seligen Tage von „Neuromancer“, in
denen William Gibson eine technikbegeisterte Generation
mit neuen Wortkreationen beglückte, die in den verworrenen Laberattacken der „Matrix“-Nachfolger gipfelten. Es
war 1985, als William Gibson in seinem Buch den Cyberspace und damit die virtuelle Realität erfand – und so nicht
nur zahlreiche Anhänger und Nachahmer gewann, sondern
auch einen gigantischen Hype auslöste.
Von Kalle Max Hofmann
F
ilme wie „Der Rasenmäher-Mann“ oder „Johnny Mnemonic“ – letzterer basierte offiziell auf einer von William
Gibsons Kurzgeschichten – zeichneten visuell eindrucksvolle
Bilder künstlicher Welten, in denen Menschen und Computerprogramme zur Einheit werden. Diese Filme und eine flächendeckend verbreitete Bilderflut futuristischer Virtual-RealityHelme und Datenhandschuhe befeuern einen wirtschaftlichen
Hype, der dem Dot-Com-Boom der 90er Jahre ähnelt. Firmen
werden gegründet, Millionen Dollar in Entwicklungen verbrannt, die niemals Serienreife erlangen oder einfach auf dem
Insanity
51
Nachdem zunächst einige Spielhallen die VR-Jünger mit
unglaublich klobigen Headsets und simplen Spielprinzipien zu
horrenden Preisen ernüchterten, wurde die nächste Schlacht
auf dem Heimmarkt verloren. Eine Stereo-LCD-Brille mit einer
Auflösung von 320 x 256 Pixeln und Head-Tracking kostete
im Jahr 1995 etwa 1000 D-Mark. Spiele wie der Spaceshooter „Descent“ profitierten zwar von der beeindruckend freien
Rundumsicht per Kopfdrehung – doch kaum jemand war bereit,
einen derart hohen Preis zu zahlen. Den billigen Weg versuchte
Nintendo mit dem Virtual Boy zu gehen – statt einem echten
LC-Display enthielt dessen Brille nur jeweils eine Zeile von
Leuchtdioden, die mittels eines schnell rotierenden Spiegels
ein Bild aufbaute. Bei einem Verkaufspreis von 250 Dollar war
natürlich an eine Messung der Blickrichtung nicht zu denken
– die Konsole war am Ende lediglich ein abstruser Gameboy in
3D, der nach kurzer Zeit für Augenschmerzen sorgte.
Die medizinische Komponente ist eine weitere Bremse für die
virtuelle Revolution. Ein als Seekrankheit bekanntes Symptom
wird durch den visuellen Eindruck starker Bewegung bei gleichzeitigem Stillstand des Körpers ausgelöst. Manche Menschen
sind dafür so empfindlich, dass ihnen selbst das Wanken der
Kamera in Egoshootern Übelkeit beschert. Bei einem Headset
wird dieses Problem durch zwei Faktoren verschärft. Einerseits ist da der „Lag“, also die Verzögerung zwischen einer
Kopfbewegung und der Reaktion der virtuellen Kamera. Diese
Differenz kann selbst im Millisekunden-Bereich zu schwerer
Desorientiertheit führen. Andrerseits sitzt das Display direkt
vor den Augen, gaukelt aber ein Bild in Entfernung vor. Resultat
ist ein Verkrampfen der Augenmuskulatur, die versucht, dieses
Paradoxon auszugleichen.
Abhilfe schaffen soll hier ein System namens VRM, bei dem
anstelle eines Screens das Bild durch einen Laser direkt auf die
Netzhaut des Auges gezeichnet wird – das US-Militär forscht
seit Anfang der 90er Jahre an dieser Hardware. Headtracking
wird beispielsweise in den Apache-Kampfhubschraubern zur
Ausrichtung der Waffen verwendet. Durch das Prinzip der Augmented Reality, also der verstärkten Realität, werden Soldaten
der Zukunft sowohl Informationen im Sinne eines klassischen
Heads Up Displays (HUD) in ihre Retina gelasert bekommen,
als auch mit dem tatsächlichen Sichtfeld übereinstimmende
Informationen. Denkbar sind Positionsangaben, überlagerte
Nachtsicht oder gar Freund-Feind-Erkennung. Die heute noch
fiktive Darstellung in Spielen wie aktuell „Ghost Recon Advanced Warfighter“ gilt durchaus als erreichbar.
Auch in der Medizin wird fleißig an Augmented Reality geforscht. Man verspricht sich Großes. Wenn es gelingt, dreidimensionale Ultraschall-Bilder vom Innenleben des Patienten
auf die reale Sicht des Chirurgen zu projizieren, würden
Operationen deutlich sicherer. Somit sind die Millionen, die in
die VR-Forschung geflossen sind, sowieso nicht verschwendet.
Aber auch einstige Unterhaltungspioniere wie die Firma Cybermind entwickeln das VR-Equipment ständig weiter. Ihr neuestes
Headset bietet eine Auflösung von 1280 x 1040 Pixel bei einem
Blickwinkel von 60 Grad. Auch die Tracker, die Kopfrichtung
und inzwischen auch Kopfposition erkennen, sind auf Streichholzschachtelgröße zusammengeschrumpft. Mehrere von ihnen
können, direkt am Körper getragen, gleichzeitig exakte Abbildungen der Positionen von Händen, Füßen und deren Gelenken
liefern. Abgesehen von den immer noch immensen Kosten
solcher Hardware, bietet eine Spielsteuerung durch echte Bewegungen einen entscheidenden Nachteil. Selbst in der größten
Halle rennt man irgendwann gegen eine Wand – von der
Verletzungsgefahr im eigenen Zimmer mal ganz abgesehen.
Nicht umsonst wurde selbst der Virtual Boy mit einem Ständer
ausgeliefert, statt dass man ihn wie einen Helm direkt auf dem
Kopf tragen sollte.
Der Schlüssel zu all diesen Problemen liegt also – genau wie
im Film – beim wie auch immer gearteten Anzapfen von Gehirnströmen. Immerhin ist es Forschern bereits im Jahr 1999
gelungen, dem Thalamus einer lebendigen Katze ein erkennbares Videosignal zu entlocken. Es ist also nur eine Frage der
Zeit bis zur virtuellen Gesellschaft. Das nötige Vokabular sowie
ganze Bibliotheken voll soziokultureller Betrachtungen zu allen
erdenklichen Formen einer solchen Gemeinde sind ja dank des
Cyperpunk-Hypes bereits geschaffen.
FOKUS: VERGESSEN
freien Markt verenden. Grund dafür war die Diskrepanz zwischen den verfügbaren technischen Möglichkeiten, der extrem
aufgebauschten Erwartungshaltung der potenziellen Käufer
sowie deren preisliche Vorstellung vom Traum der Virtualität.
FOKUS: DATEN
52
Das Sprungbrett in die Welt
Beliebte Peripheriegeräte sind seit jeher nicht nur Joysticks, Lenkräder
oder Light-Guns. Besonders begehrt bei technisch versierten Zockern
waren – und sind – Kopierstationen. Von der Spieleindustrie verteufelt
und gejagt, fristen sie meist ein Nischendasein am Rande der Legalität.
Von Max Scharl
F
ür den Nintendo 64 gab es zur Jahrtausendwende ein sehr
ausgereiftes Gerät, den Doctor V 64. Nintendo gefiel das
natürlich gar nicht, sollten die Kunden an den schnellen Erweiterungport doch ursprünglich einmal das externe Laufwerk 64
DD anschließen. Doch das Gerät wurde nie massenmarkttauglich. Für den Nintendo 64 war es zu keiner Zeit in dessen Produktlebenszyklus schlecht bestellt, wenn es um Add-On-Hardware ging. Als Anführer der letzten kommerziell erfolgreichen
Cartridge-Generation hatte der N 64 natürlich das Schicksal zu
tragen, von einer Kopierstation zum Abspielen von gedumpten
ROMs flankiert zu werden. Das war sogar schon vor dem Erscheinen der Konsole klar.
Schließlich kam mit dem Doctor V 64 eine komplexere Kopierstation mit CD-Laufwerk auf den Markt, die auch MultimediaQualitäten vorweisen kann. Offiziell wurde das Gerät nämlich
als Surround-System, Video-CD- und CD-Player für den Nintendo 64 verkauft, um nicht in einen rechtlichen Konflikt mit
Nintendo zu geraten. Doch genau das passierte dennoch. Der
juristische Rundumschlag war derart verheerend, dass der
Hersteller Bung Enterprises Ltd. im Jahre 2000 sogar seine
Pforten schließen musste.
Das Unternehmen aus Hong Kong hinterlies ein eindrucksvolles Stück Hardware, dass unter dem Nintendo 64 am Extension Port anschlossen wird. Dank der Parallelport-Schnittstelle strömen die Daten problemlos zwischen dem PC und dem
Nintendo 64 hin und her. Auf dem Doctor V 64 lassen sich – mit
einem entsprechenden RAM-Upgrade – Spiele mit bis zu 256
Mbit (32 MB) starten. Einige 512-Mbit-Perlen wie Perfect Dark
oder Conker’s Bad Fur Day laufen daher leider nicht. Die Handhabung des Doctor V 64 ist alles andere als einfach. ROMs müssen gepatched werden und auch das Sichern und Wiederherstellen von Modul-internen Spielständen bedarf einiger Übung.
Wer den Dreh aber einmal raus hat, brennt die ROMs auf CDRs, legt sie ins CD-Laufwerk ein und drückt auf die Play-Taste.
53
FOKUS: DATEN
der 64-Bit-Programmierung
Eine originale Cartridge musste aber als Host dennoch in den
Nintendo 64 über einen speziellen Connector eingelegt werden.
Dummerweise wurden in der Vergangenheit und werden in
der Gegenwart Kopierstationen als Teufels- und Verbrecherwerkzeug dargestellt. In Wirklichkeit bot der Doctor V 64 vielen
Amateuren ein Sprungbrett in die 64-Bit-Welt. Besonders Hobbyentwickler und die Demoszene profitierten von dem Gerät.
Erstmals konnten eigene kleine Minispiele entwickelt werden,
der Doctor V 64 galt als ideales Entwicklungs-Kit, das angeblich sogar einige Spielefirmen damals dem offiziellen Development-Kit von Nintendo vorzogen. Einige Produktionen aus der
Demoszene übertreffen aus heutiger Sicht von ihren Effekten
und Programmroutinen sogar kommerzielle Cartridge-Spiele.
Besonders beliebt war der damals völlig neue Chrom-Effekt.
Der oben erwähnte Extension Port an der Unterseite des Nintendo 64 war allerdings eigentlich für eine ganz andere, offizielle Hardware gedacht: für das 64DD von Nintendo. Das
Laufwerk verwendet ein eigenes Disketten-Medium, das Ähnlichkeiten zu ZIP-Disks aufweist und maximal 64 MB speichert.
Der Vorteil besteht in einem wiederbeschreibbaren Abschnitt,
auf dem Spielstände gesichert werden können. Das Diskettenlaufwerk wurde schon 1995 angekündigt, der Release verschob sich aber letztendlich bis ins Jahr 1999. Einige Titel wie
„V-Rally“ oder „Mission: Impossible“ wurden ursprünglich für
das 64 DD entwickelt, dann aber doch als Cartrigde herausgebracht. Der arg verspätete Release war nicht nur an solchen
Verschiebungen schuld, sondern auch Scheitern des Geräts. So
erschien das 64 DD auch nur in Japan. Mit dem Randnet-Starter-Kit (inklusive Modem) durften japanische Käufer auch erstmals mit ihren N 64 in die Weiten des Internets starten. Für das
Hardware-Add-On gibt es sogar noch interessante Zusatz-Peripherie: Tastatur, Maus und ein so genanntes Voice Recognition System. Zusätzlich bekommt der Titel „Mario Artist: Talent
Studio“ eine Capture-Cartridge spendiert, mit der sich externe
Video- und Audio-Quellen in die Software laden lassen.
Neben den vier „Mario Artist“-Titeln – würdige Nachfolger von
„Mario Paint“ - und der Randnet-DD-Disk wurden nur fünf Titel für das 64 DD veröffentlicht. „SimCity 64“ ist davon vielleicht
die interessanteste Entwicklung, denn dies ist nach wie vor der
einzige „SimCity“-Teil, der komplett in 3D gehalten wurde. Der
Spieler kann direkt in die Stadt eintauchen und alle Ecken und
Enden betrachten. „F-Zero X Expansion Kit“ bietet in Verbindung mit dem originalen „F-Zero X“ neue Cups sowie einen
vorzüglichen Vehikel- und Track-Editor. Um einen kontrollierbaren Giganten, dessen Gemüt der Spieler selbst leitet, geht es
bei „Kyojin No Doshin 1“ und dessen Erweiterungsdisk. Dieses
Spiel wurde später auf den Gamecube portiert.
Um den 64 DD hat sich eine aktive Untergrundszene gebildet
– wohl eine der unbekanntesten der Konsolenwelt überhaupt.
Unter der Internetadresse www.64DD.net bekommen Interessierte einen Einstieg in das große, fast schon unübersichtliche
Universum des 64 DD.
Muss mir nur noch schnell überlegen, wer mich dann pflegen soll?
Der virtuelle Prince of Persia oder doch lieber der fleischliche
Fitnesstrainer aus dem Eyetoy-Hüpfspiel?
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>
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>
A
usnahmsweise muss ich dem Kollegen von nebenan
beipflichten. Eine ganz tolle Idee, das elektronische Altersheim, und den ersten, den ich da reinstecken würde, wäre
mein Vater. Natürlich nur, wenn’s anders nicht mehr gehen
sollte. Allerdings müsste noch ein bisschen aufgeboostet
werden, bevor ich ihn den Betreuern (oder gibt‘s da nur Administratoren?) dort anvertrauen würde. Toll wäre es, wenn (das
geht bestimmt in zehn, zwanzig Jahren) die dort arbeitenden
Girls wie Manga Babes oder wie Lara Croft aussehen würden,
egal, ob genmanipuliert oder nur holografisch dreidimensional projiziert. Ach, vielleicht wäre das nicht so gut, denn ältere
Männer kneifen ja gerne mal in Hintern. Und zwar in echte.
Männer jedenfalls sind mir manchmal echt ein Rätsel.
Nachdem ich seit Wochen von meinem Vater mit dem tollen
Aussehen der neuen Lara genervt werde (da erklärt man der
Generation 50 plus das Internet und nach kurzer Zeit nutzen
die das selbständig, um Computerspiel-Figuren-Newsletter zu
abonnieren!), hörte ich gestern zwei erwachsene Meinungsführer auf einer exklusiven Modenschau über sie sprechen.
Als wäre Lara die neue Prinzessin von Deutschland, als
würden beide sie ganz bald heiraten wollen. „Mann, ihre Figur
ist jetzt viel sportlicher, zeitgemäßer, geiler“ und „Sie ist so
hübsch geworden, ich bin ganz verknallt“. Das verstehe ich
nicht, das letzte Mal, dass ich in so ein Nicht-Real-Existierendes verknallt war, das war, glaub‘ ich, in Gizmo; der war
Moguai und durfte kein Gremlin werden und ich war acht und
habe im Kino geweint, als ich dachte, dass er jetzt nass und
auch ein Böser werden würde.
Na, es gibt ja auch Manga-Bars in Japan, in denen man für
zehn Minuten Kabinen mit Zellstofftüchern mieten kann,
die natürlich auch einen Computersitzplatz und animierte
Manga-Pornos beinhalten. Frauen können da auch rein, ich
bezweifele aber, dass denen genauso einer abgeht. Irgendwie
ärgerlich, dieses weibliche Sich-aus-der-modernen-digitalenErotik-raushalten (das gab’s schon mal, in den Neunzigern,
„Cybersex“?). Vielleicht lässt sich das ändern? Also: Wenn
jemand einen Fond auflegt, zur Kapitalansammlung für das
Digital-Victims-Altersheim, bin ich auf jeden Fall dabei. Muss
mir nur noch schnell überlegen, wer mich dann pflegen soll?
Der virtuelle „Prince of Persia“ oder doch lieber der fleischliche Fitnesstrainer aus dem Eyetoy-Hüpfspiel?
Love,
Shelley Masters, Lieblingskolumnistin der [ple:]. Ist normalerweise
immer gegen den Christian, aber diesmal von seiner Idee begeistert.
Welch’ ein Triumph… War mal in Gizmo aus Gremlins verliebt und
mokiert sich trotzdem darüber, dass Jungs Lara Croft toll finden.
Videogossip
STORIES: KOLUMNE
54
E
Christian Gaca, Chefredakteur der [ple:]. Hat normalerweise auch im
Winter gute Laune, aber Schneematsch wirkt vernichtend in Berlin.
Freut sich auf den Sommer und nimmt sich vor, nie wieder eine alte
Konsole zu verkaufen (schließlich wird man die später noch brauchen)…
Ich bin natürlich von diesem Problem trotz berufsbedingten
Zockens auch betroffen – und habe mir eine tolle Lösung dafür zurechtgelegt. Mit 50 werde ich meine erste Million in den
Bau eines Videospiel-Altersheims investieren. Zu jedem Zimmer gehören standardmäßig ein Highend-PC, alle wichtigen
aktuellen Konsolen (Retro auf Anfrage), der schnellstmögliche
Breitbandanschluss und Pflegepersonal mit Technikkompetenz. Da lassen sich dann ganz in Ruhe all jene Spiele zocken,
die man damals nicht geschafft hat. Oder man kann sich 20
Stunden am Tag (schlafen geht eh‘ nicht mehr) bei „Everquest
2045“ einklinken und dem jungen Gemüse das Leben schwer
machen. So ein Altersheim bietet neben vielen Gleichgesinnten für eine spontane LAN-Party auch andere Vorteile.
Im Videospiel-Altersheim wird sich niemand fragen müssen,
warum xx_Nerd72_xx schon seit Wochen ununterbrochen
online sein darf. Der Glückliche, kann zocken ohne Ende und
wird nicht von nervigen Pflegern daran erinnert, zur Abwechselung mal was Warmes zu essen und nicht so viel Gras zu
rauchen. Dabei hat xx_Nerd72_xx Pech. Er sitzt alleine in
seiner Einzimmerwohnung in Berlin-Marzahn im Sessel. Ist
seit drei Wochen tot und auf seinem 40-Zoll-Fernseher brennt
sich langsam ein Schriftzug ein. Game Over.
Bestens,
Mit 50 werde ich meine erste Million in den Bau eines VideospielAltersheimes investieren. Da lassen sich dann ganz in Ruhe all jene
Spiele zocken, die man damals nicht geschafft hat.
55
STORIES: KOLUMNE
Videogossip
s ist tiefster Winter. Zeit also, eigene Depressionsanflüge
zu akzeptieren. Geht besonderes in Berlin hervorragend.
Nie zeigt die Hauptstadt ihre Fratze deutlicher als bei Dauerfrost gefolgt von Schneematsch. Der ideale Zeitpunkt also,
um sich über die Zukunft Gedanken zu machen. Was mache
ich, wenn ich 65 Jahre alt bin? Kann man so alt noch über
Video- und Computerspiele schreiben? Vielleicht so alterweise
wie Hellmuth Karasek über Literatur? Hoffen lässt der von
Marketingfreaks intonierte Grey Gamer – der gemeine Zocker
jenseits der 40, 50, 60. Im Jahr 2003 sollen 18 Prozent aller
Computerspieler in Deutschland älter als 40 Jahre gewesen
sein. Das müsste doch heißen, dass die auch von Gleichaltrigen über ihr Hobby informiert werden wollen. Sinn macht
das sowieso, denn die Alten haben das, was man zum Zocken
braucht: viel Zeit. Vor allem im Strategie- und Rollenspielgenre werden die Games immer umfangreicher. Berufstätige
im besten Leistungsalter haben große Probleme, auch nur
halbwegs alle wichtigen Spiele mitzunehmen. Ein intensives
Eintauchen in ein Spiel wie „World of Warcraft“ ist außerhalb
des Jahresurlaubs fast nicht realisierbar, jedenfalls nicht
ohne Leistungseinbußen im sozialen Leben.
>
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Realität
STORIES
56
Es ist ein cineastisches Genre, das bisher gänzlich unbearbeitet war und seit einigen Wochen plötzlich weltweit eine enorme
Medienaufmerksamkeit generiert: homosexuelle Cowboys
in den USA. „Brokeback Mountain“ von Ang Lee gilt als heißer Siegeskandidat bei der diesjährigen Oscar-Verleihung. Der
Film erzählt die Geschichte des Ranchers Ennis del Mar (Heath
Ledger) und des Rodeoreiters Jack Twist (Jake Gyllenhaal). In
der rauen Einsamkeit der Berge Wyomings verlieben sich die
zwei harten Kerle ineinander. Im Jahr 1963, dazu im konserva-
tiven Amerika, sind die Probleme dieser tragischen Liebe vorprogrammiert. Eine der üblichen, oft eher mäßigen Filmumsetzungen bleibt der Videospielgemeinde diesmal wohl eher
erspart. Dafür ist die Modding-Szene umso aktiver gewesen.
Für das manchmal ohnehin sexuelle relativ freizügige Spiel
„Die Sims“ wurden die beiden Hauptdarsteller als zusätzliche
Spielfiguren zusammengebastelt. Wer die verliebten Cowboys
spielen will, schaut auf http://www.modthesims2.com/showthread.php?t=115295 vorbei. (CG)
57
STORIES
Zurück in die Zukunft mit
der Server-Revolution
Happy Birthday. „Phantasy Star Online“ feiert Geburtstag, natürlich online!
Von Max Scharl
D
ie Caves. Viele hassen sie. Ich auch. Aber es ist eine Hass-Liebe.
Ich kann mich noch genau an das erste Mal erinnern, als ich die
Caves sah und spielte. Sie fühlten sich so... abwertend an. Ein Level
zuvor rannte man mit seinem Charakter durch eine blühende Landschaft, die einem einen Augenschmaus wie auf dem silbernen Tablett
präsentierten. Und dann das! Die Räume der Caves bleiben bedrohlich, sie gieren mit ihren flammenden Animationen am Boden und den
Wänden nach Beachtung, dennoch brennt der rauschende Lavafluss
an der anderen Ecke mir fast die Pupille weg. Trotzdem bin ich nicht
der Typ Spieler, der im Team dafür stimmt, die Caves auszulassen.
„Nein, lasst uns in die Caves“ tippe ich auf meinem kleinen japanischen „Hello Kitty“-Keyboard. Ein Wunder, dass ich nach wenigen
Tagen die winzigen Tasten schon erwische und sogar auf die Großschreibung achte. Auch heute Abend stehe ich mit meinen Teammates
wieder in der Höhle …
langen Weg durch die ganzen Caves 2 und 1, bis zurück auf Pioneer 2.
Oder man versucht sein Glück und hofft auf ein Antidote in einer Kiste.
Es sind drei Tage vor Weihnachten, und wir schreiben das
Jahr 2005. Es ist tatsächlich schon fünf Jahre her, dass die
erste Version von „Phantasy Star Online“ auf den japanischen
Markt kam. Meine Erinnerungen an die Bilder aus dem fernen
Osten und den darauf folgenden Berichten sind noch lebendig
in Erinnerung. Ein gestresst aussehender Yuji Naka auf einer
Präsentation vor nur einer Handvoll Interessierter, während am
anderen Ende der Stadt die Server angesichts des Ansturms
kollabieren.
Cave 3. Meine letzten Reserven sind aufgebraucht. Wenn mich meine
Teammitglieder nun nicht unterstützen, bin ich dem Tode geweiht.
Aber das bin ich eh‘ schon die ganze Zeit. Ich brauche mich nicht zu
beklagen, derart aggressiv wie ich vorgehe.
Niedergemacht von der Mehrheit der Presse, Verwirrung der
„Phantasy Star“-Spieler der Mega-Drive-Zeiten, das erneute
Versagen der Werbeabteilung der unfähigen Sega-EuropeTruppe und dazu noch der Hype um die Playstation 2. „PSO“
hatte es – ironischerweise ebenso wie der Dreamcast – zu
keiner Sekunde leicht. Doch selbst in den schlammhaltigsten
Wäldern sprießen eines Tages Pilze. So auch geschehen, als
das erste Online-RPG für Konsolen weltweit auf den Markt kam
und sich die ersten Spieler regelmäßig sahen. Unter Dreamcast-Besitzern sprachen sich die zuvor ungeahnte Komplexität
und die dennoch einfachen Spielelemente herum, und machten
auch vor meinen Ohren keinen Halt.
59
Cave 2. Die Libellen sind das erste, was mir ins Auge fällt. Oder
zumindest fast reinfliegt Die blauen Konturen und das moosgrüne,
dennoch nicht verseucht wirkende Wasser tun nicht nur meinen
Augen gut, sondern sind Balsam auf der Seele nach den hitzigen
Gefechten im ersten Abschnitt. Und zugleich der Beweis dafür, dass
nach dem doch etwas eintönigen ersten Areal grafisch und spielerisch
schönere folgen. Vielleicht war das erste Cave-Level doch beabsichtigt, vielleicht war es ein Design-Element, das mit der Enttäuschung
und Verwunderung der Zocker spielen sollte.
Wassertropfen plätschern von den Gesteinsdecken und bilden eine
dünne Wasserschicht auf dem Boden. Das bringt geistige Abkühlung
und zugleich neue Motivation in meine müden Hände. War „Phantasy
Star Online“ wirklich schon immer so schön? Oh ja. Vor fünf Jahren,
ebenso wie heute. Caves 2 ist jedoch auch das inoffizielle Land der
Giftblumen, genannt Poison Lily. Antidote sollte immer im Gepäck
sein und war es nie, das einzige Mittel, um den Alter Ego vor einem
grausamen Vergiftungstod zu retten. Und wieder keine Telepipe dabei.
Nun heißt es: Lauf zurück oder stirb! Und zurücklaufen bedeutet den
Eine lange Wegstrecke wird zurückgelegt, zu oft erreicht unser Team
Sackgassen, in denen nur ein paar Kisten verborgen sind, die nichts
Wertvolles beinhalten. Und rot sind sie leider nie. Nach einer unglaublich kurzen halben Stunde öffnen wir eine weitere Tür... und sehen
den rot glühenden Warp-Bereich zum Endgegner auf dem Boden
flimmern. Es wird ein harter Kampf für uns alle. Wir laden unsere
Reserven auf und nehmen all unseren Mut zusammen... und begeben
uns in die Schlacht. Wie auch schon vor fünf Jahren...
Doch nun schreiben wir den 21. Dezember 2005. Wir sind in der
Gegenwart angekommen. Viel Unschönes ist in der Zwischenzeit zum Thema „Sega“, „Dreamcast“ und „Phantasy Star
Online“ passiert. Aber das hält mich nicht davon ab, mich heute
auf der fünfjährigen Geburtstagsfeier online blicken zu lassen.
Mit meiner alten Liebe.
Seiten wie die www.dreamcast-scene.com, www.dcarena.
de oder www.planet-ragol.de unterstützen nach wie vor die
Dreamcast-Version(en) von „PSO“. Die letztgenannte Website
organisierte das Anniversary-Meeting auf Schiff „EU Dione“,
Block 8 und holte sogar Sega Deutschland mit ins Boot. Die
per Zettelchen gezogenen Gewinner unter den Teilnehmern
erhielten T-Shirts sowie UMD-Disk-Cases aus dem Hause
Sega. Als Hauptpreis signierte Yuji Naka persönlich nicht weiter
bekannte Geschenke.
Überraschend. Durchaus überraschend für ein solches Spiel
auf einer – laut Fachpresse – gefloppten Maschine. Überraschend deswegen, weil sich nicht nur die Fans gerne an
„Phantasy Star Online“ auf den Dreamcast erinnern, sondern es
auch so scheint, als würde dessen Erschaffer sich gerne einmal
zurücklehnen und zu diesem Titel und dessen Vergangenheit
die Gedanken schweifen lassen.
STORIES: LIEBESGESCHICHTE
Die Mehrheit der europäischen „Fachpresse“ entlädt zuerst ihre
Enttäuschung über einen Online-Hack’n’Slay-RPG statt des
erwarteten „Phantasy Star“-Teils als klassisches Offline-RPG.
Später werden in Pre- und Reviews die angesammelten Vorurteile ausgebreitet. Die Faszination des Spielprinzips sehen und
verstehen nur Wenige. Dafür gibt es Redakteure, die ihre eigene
Unfähigkeit mit Screenshots eines Level-1-Charakters unter
Beweis stellen, während im gleichen Heft ein augenkrebserregender, flimmernder Playstation-Rotz eine bessere Bewertung einheimst, als ein Videospiel, das in den darauf folgenden
Jahren mehr Lebenszeit von tausenden Spielern rauben wird,
als so manches Spiel in einer weit gespannten Plattformperiode zuvor und auch danach. Diese Emotionen sind übrigens echt
und ernst gemeint, und nicht die eines verkappten Multiplattform-Hassers, sondern eines Schreibers, der auf den wahren
Kern von „Phantasy Star Online“ gestoßen ist.
Der dritte Abschnitt ist wie ein Vorbote der Mines. Die Trägerpfosten
an den Seitenwänden halten wohl das gesamte Konstrukt. Eine Art
Vertrautheit kommt hoch, während mir die Hintergrundmusik eine
emotionale Berg- und Talfahrt zwischen einer gewissen Brise Entspannung gönnt und mich dann mit ihrem tiefen Echo an die Wassertropfen der Caves erinnert, wenn sie in eine Wasserlache am Boden
fallen.
LIEBESGESCHICHTE
60
Phantasy Star Offline – niemals!
Eine Anleitung, wie man heute noch online auf Ragol herumstromern kann
M
it Phantasy Star Online kann man heute tatsächlich immer noch online spielen. Aber nur, wenn man die kleinen
Geheimnisse kennt. Und auch die Utensilien müssen weise
gewählt werden. Sega of America entschloss sich schon vor
längerer Zeit, die NTSC-/US-Version vollkommen vom Zugriff
auf die Online-Server zu kappen. Alle US-Schiffe wurden abgeschaltet. Die PAL-Version war und ist die einzige Version,
die frei von monatlichen Gebühren blieb. Alle anderen Versionen benötigten eine Anmeldung mit Wohnsitz im jeweiligen
Land, um mit der kostenpflichtigen Hunters Licence spielen
zu können. Gezahlt wurde ein kleiner monatlicher Betrag von
umgerechnet etwa fünf Euro.
Das heißt im Klartext, dass die PAL-Version für Onlinespieler
im Jahre 2006 noch immer die beste Wahl darstellt. Die USVersion ist offline, die japanische benötigt eine komplizierte
Anmeldung und monatliche Gebühren. Darum sollte heute
„Phantasy Star Online Ver. 2“ der Vorzug gegeben werden.
Nun gibt es drei Möglichkeiten, den Dreamcast in die Weiten des PSO-Webs zu befördern. Zum einen mit dem Standard-Modem und dem „Dreamkey 3.0“. Diese Browser-Software gab es bis 2003 bei Sega Europe kostenlos. Heute ist sie
für wenig Geld bei Online-Auktionshäusern zu erwerben. Mit
dem Dreamkey werden im Dreamcast alle Einstellungen zur
Verbindung über einen analogen Anschluss auf dem internen
Speicher eingetragen sowie die Nummer eines frei wählbaren
Call-by-Call-Anbieters eingetragen. Hier sollte auf stabile
Minutenpreise geachtet werden, denn viele Anbieter wechseln diese häufig je nach Tageszeit. Die zweite Lösung ist die
mit dem höchsten Beschaffungspreis. Ein Breitband-Adapter
(BBA) erschien in Nordamerika und Japan und ist heute aber
nur noch über Webseiten wie www.dcarena.de oder www.dcemu.co.uk oder bei US-Auktionshäusern zu bekommen. Der
Preis liegt aufgrund der Seltenheit bei umgerechnet 150 Euro.
Wer dennoch einen BBA und einen Router besitzt, kann sogar
mit einer deutschen DSL-Flatrate online zocken. Die Vorteile
sind: kaum Disconnects und eine konstant schnelle Verbindung. Wenn der Router bereits mit den Flatrate-Daten gefüttert wurde, muss der BBA am Dreamcast nur noch mit einem
handelsüblichen Netzwerkkabel verbunden werden. „PSO“ erkennt (zumindest in der Version 2) den BBA automatisch und
verbindet zu den Servern. Extragebühren entstehen nicht.
150 Euro für einen Breitbandadapter
Natürlich sind 150 Euro viel Geld, und deswegen hat die Szene
an einer inoffiziellen Lösung gearbeitet, die auch günstig DSL
auf dem Dreamcast ohne BBA ermöglichen sollte. Dazu missbraucht man einen Windows-PC als Router. Leider wird dafür
aber auch ein antikes Stück Hardware benötigt, und zwar ein
PC-Modem mit 33.6 KBit/s Übertragungsgeschwindigkeit. Nebenbei sollte auch eine Telefonanlage zur Verfügung stehen,
die mindestens zwei analoge Anschlüsse besitzt und auch interne Gespräche zulässt. Als wenn das nicht alles schon genug wäre, muss ein Programm namens „WinRoutePRO“ für
den Datentransfer herhalten, dessen Shareware-Version man
bei www.kerio.com bekommt. Später müssen die WindowsKonfigurationen noch angepasst werden. Alles in allem daher
nur etwas für Computer-Kenner, die auch einen laufenden PC
neben dem Zocken akzeptieren. Eine genauere Beschreibung
gibt es bei www.dcarena.de.
Doch eines sollte nie passieren: Entmutigung. Eine Lösung
für das erneute Online-Spielen von „PSO“ mit dem Dreamcast
gibt es immer, und das Wiedersehen mit alten Bekannten ist
es auf jeden Fall wert. Denn wie hieß es so schön: „Bis zu 6
Milliarden Spieler“... (MS)
TOP SPIN 2
SYSTEM: XBOX 360
HERSTELLER: 2K GAMES
GENRE: SPORT
RELEASE: 07. APRIL 2006
ONLINE: JA
61
T
op Spin“ war eines der beliebtesten Onlinespiele für die
erste Xbox-Generation – und ist es für einige hartgesottene Platzhalter bis heute. Die Tennissimulation begeisterte
durch einfache Handhabung und große Spieltiefe. Der Nachfolger für die Xbox 360 baut auf den bekannten Elementen des
großen Vorbilds auf. Steuerung und Knopfbelegung funktionieren wie gehabt perfekt, sind jederzeit intuitiv und logisch.
Der Finger am Analogstick steuert den Tennisspieler und
-schläger sicherer als im echten Leben. Ob Long-Line, Cross
oder Lob, die Schläge landen einfach dort, wo man denkt,
dass sie hinsollten. Wobei in Sachen Präzision ein deutlicher
Unterschied zwischen den Spielstärken zu merken ist. Ein
unerfahrener Spieler (Neuling im Karrieremodus) verschlägt
deutlich mehr sichere Bälle, als die 24 lizenzierten Profis,
darunter die hübsche Maria Sharapova oder der nur schwer
zu bezwingende Roger Federer. Ihre digitalen Pendants sind
unglaublich detailliert und real modelliert. Überhaupt sehen
die Animationen der Spielerinnen und Spieler so echt aus,
dass der Unterschied zu einem Tennismatch im Fernsehen
fast nicht mehr sichtbar ist. Tennis-Experten wollen natürlich
einen eigenen Spieler aufbauen. Im Karrieremodus werden
die Fähigkeiten feingeschliffen, was in „Top Spin 2“ deutlich
diffiziler aufgebaut ist als beim Vorgänger. Drei von elf Begabungen müssen bei der Erstellung festgelegt werden, die über
die generelle Auslegung des Spielers entscheiden. Danach gilt
es, einzelne Bereiche der Begabungen wie Aufschlag, Grundlinien-Kontrolle oder Zen-Disziplin auszutrainieren. Hierzu gibt
es eine ausgewogene Mischung aus Turnieren, Trainingseinheiten (bekannte und neue Minispiele) sowie Spezialevents.
Der im Karrieremodus aufgebaute und trainierte Spieler kann
dann online im Einzelspielermodus eingesetzt werden. Dort ist
alles beim (ausgereiften) Alten geblieben: Einzel- und Doppel
sind spielbar, einzig der Unterschied zwischen Ranked- und
Fun-Matches ist neu. (CG)
VORSCHAU
Tennissimulationen sind so alt wie die Videospiele selbst. Dennoch wird
das Ballspiel mit jeder Konsolengeneration verjüngt. Für die Xbox 360
steht jetzt „Top Spin 2“ kurz vor dem Aufschlag.
ELDER SCROLLS IV:
OBLIVION
SYSTEM: XBOX 360, PC
HERSTELLER: BETHESDA SOFTWORKS, 2K GAMES
GENRE: 3D-ROLLENSPIEL
RELEASE: 24. MÄRZ 2006
ONLINE: JA
VORSCHAU
62
Grafikfetischisten werden in der Welt von Oblivion ihre perversen
Gelüste auf hohem Niveau befriedigen können. Doch nicht nur optisch
hat das erste Rollenspiel für die Xbox 360 viel Substanz zu bieten.
G
leich zu Beginn muss ich beichten: Ich habe „Elder Scrolls“ noch nicht ausführlich gespielt. Ich habe zwar bei
„Morrorwind“ reingeschaut und kenne auch die Stärken und
Schwächen der ersten beiden Teile, doch wirkliche Spielerfahrung bringe ich nicht mit. Gründe für diese Abstinenz gibt es
viele. Während Fans bei der offenen Spielwelt und den vielen
Möglichkeiten glänzende Augen bekommen, habe ich mich
entweder schnell verlaufen oder aber mindestens genauso
schnell die Lust verloren. Vor allem der fehlende rote Faden
und die schwierige Orientierung waren für mich noch nie eine
zusätzliche Herausforderung, sondern nerviges Pflichtprogramm. Doch als die ersten Bilder des vierten Teils durchs
Netz geisterten, wurde der Grafikfetischist in mir hellhörig.
Als dann die Einladung zu einer Präsentation von „Elder Scrolls IV: Oblivion“ kam, habe ich natürlich dankend zugesagt.
Ohne Vorurteile, Erwartungen und Kenntnisse ging ich auf
Entdeckungsreise und war vom ersten Moment an süchtig. Die
Rahmenhandlung unterscheidet sich kaum von den üblichen
Fantasy-Geschichten: Es gibt einen Auserwählten, der natürlich die Welt vor dem Bösen retten muss. Am Anfang vom König aus dessen Kerker befreit, dann anwesend bei seinem Tod
und hinausgelassen in die große Welt von Cyrodiil. Ich starre
mit großen Augen auf die sanften Hügel und dichten Wälder,
die zu einem ausgiebigen Spaziergang einladen. Kollegen meckerten über die auf Entfernung deutlich abnehmenden Details, ich selbst bin aber so von der Grafik begeistert, dass ich
diese Erbsenzählerei kaum verstehen kann. Auch die umfangreichen Aktionsmöglichkeiten beim Spielstart, die neben der
eigentlichen Charaktererschaffung auch die Wahl des Berufes
oder des eigenen Sternzeichens erlauben. Tausende unter-
55
63
2
Leider gibt es über die Story nicht viel zu erzählen, da Pressesprecher Pete Hines den Zugang des eigentlichen Oblivions,
wo scheinbar der Bösewicht herkommt, verschlossen hielt.
Eine gigantische Spielwiese
Aber auch das ist eigentlich Erbsenzählerei, da das Spiel allein beim Durchstreifen der Landschaft ein solch einmaliges
Spielgefühl vermittelt, dass kleine Hürden wie diese ohne mit
der Wimper zu zucken überwunden werden. Die grafische
Pracht wird zudem von der Havok-Physik-Engine unterstützt,
die erstmals in einem Rollenspiel ihren Dienst vollzieht. Wie
bei einem Egoshooter wird die Welt dadurch ein ganzes Stück
glaubhafter und ermutig zum Herumexperimentieren. Jeder
Gegenstand kann nicht nur versilbert werden, sondern auch in
Kombination mit anderen Gegenständen aufgewertet werden.
Aus diesen Bestandteilen entsteht eine gigantische Spielwiese, die zum stundenlangen Austesten einlädt. Doch während
bei den Vorgängern die Spieler leicht in der gigantischen Welt
verloren gehen konnten, sorgen hier einfache Navigationshilfen am Kompass, übersichtliche Karten und vor allem eine
Teleportfunktion zu allen wichtigen Plätzen für einen ständigen Spielfluss ohne Wartezeiten.
Selbst ohne einen Blick auf Oblivion und Kampagne ist „Elder
Scrolls IV: Oblivion“ schon jetzt eine Offenbarung für jeden
Rollenspieler. Selbst der etwas abgedroschene Begriff des
Systemsellers ist hier einmal angebracht. Grafisch noch brillanter als die ohnehin schon hervorragende PC-Version, entsteht für die Xbox 360 ein Meisterwerk, das seine Käufer über
Monate hinweg motivieren wird. (KM)
VORSCHAU
schiedliche Taktiken sind hier möglich, es fällt zum ersten Mal
auf, wie viel die Entwickler über Spielbarkeit und Spielkomfort
nachgedacht haben. Echte Hardcore-Fans können wirklich das
letzte aus ihrem Charakter herausholen. Wer aber vor allem
spielen möchte, kann ohne Probleme die komplexe Generierung durch vorgefertigte Profile abkürzen. Dieser einfache
Ansatz, der vor allem Spiele wie „Diablo“ zu Ruhm verholfen
haben, zieht sich erfreulicherweise durch das ganze Spiel.
Wirkliche Neueinsteiger dürften anfangs noch etwas schlucken, aber dafür finden gestandene Action-Fans garantiert ihr
ganz eigenes Spieltempo.
Wie es sich bei einer solchen Produktion gehört, wird aus der
Parallelwelt ein großes Geheimnis gemacht. Dafür durften
mehrere Quadratkilometer in der realen Welt ausgiebig begutachtet werden. Auch ein Blick in eines der 200 Dungeons
war möglich, ebenso die Absolvierung einiger Spezialaufträge.
Vor allem der Besuch in einem impressionistischen Bild und
der dazu passende Kampf mit gemalten Trollen gehörten zu
den Highlights der Präsentation. Allein der etwas zähe Levelanstieg erschien mir in dieser Version noch fehl am Platz.
Wenn der Spieler nach 4 Stunden gerade mal Level 3 erreicht
hat, zerrt das doch etwas an den Nerven. Vor allem, da sich
die Monster an den eigenen Level anpassen, ist diese Gameplay-Entscheidung nicht ganz nachvollziehbar. Zumindest die
ersten drei Level könnten etwas zügiger durchlaufen werden.
XBOX 360
LIVE ARCADE
VORSCHAU
64
FEEDING FRENZY, POPCAP GAMES, MÄRZ 2006
Das Leben im Ozean ist hart. Dort zählen nur „fressen und gefressen werden“. „Feeding Frenzy“ nimmt dieses Szenario auf.
Resultat ist ein extrem simples, kleines Spiel, das gerade deswegen seinen Humor entwickelt. Der Spieler schwimmt mit
einem Fisch durch den Ozean und kann sich in der Nahrungskette nach oben beißen. Pro Level schwimmen meist vier verschiedenen Fischgrößen herum. Anfangs steht nur Kleinzeug
auf dem Speiseplan, im Verlauf der Spielrunde wird der eigene
Fisch immer größer und die Fressoptionen erweitern sich. Ein
echter Überlebenskampf. (CG)
ASTROPOP, POPCAP GAMES, MÄRZ 2006
„Astropop“ ist ein Geschicklichkeitsactionspiel, das Elemente
von Klassikern wie „Breakout“ und „Tetris“ aufgreift und neu
interpretiert. Ein kleines Raumschiff, beweglich am unteren
Bildrand, kann farbige Steine anpacken und wieder nach oben
schießen. Jeweils vier farbgleiche Steine lösen eine Explosion
aus und sind danach ausradiert. Zwischendrin lauern immer
wieder spezielle Powerups, um größere Probleme zu lösen.
Gerade der Endlosmodus ist enorm herausfordernd. Trotz einer immer schneller herunterrutschenden Steinwand ist es erstaunlich, wie lange man mit etwas Training durchhält. (CG)
TEXAS HOLD’EM, APRIL 2006
Die Pokersimulation „Texas Hold’em“ wurde in Zusammenarbeit mit einem amerikanischen Online-Casino entwickelt
– obwohl echtes Geld in der Live Arcade nicht gesetzt werden
kann. Nicht mal Microsoft Points leider. Trotzdem ist das Spielchen eine perfekte Trainingsumgebung für angehende Pokerspezialisten. Man zockt im Einzelspielermodus diverse Szenarien durch, so nach dem Motto: Ich starte mit dem größten
oder kleinsten Haufen Chips oder simuliere einen spannenden
Showdown. Bis zu acht Gegner sind gleichzeitig im Rennen, natürlich auch im Mehrspielermodus via Xbox Live. (CG)
KRITIK
GHOST RECON AW
FIGHT NIGHT: ROUND 3
ANIMAL CROSSING: WILD WORLD
DER PATE
BURNOUT: REVENGE
24 - THE GAME
RAG DOLL KUNG FU
BLACK
GHOST RECON
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KRITIK
66
SYSTEM: XBOX 360 (TEST), PC, PS 2, XBOX
HERSTELLER: UBISOFT
GENRE: 3D-TAKTIKSHOOTER
RELEASE: 9. MÄRZ 2006
ONLINE: JA
Ich bin Captain Mitchell. Hocke geduckt hinter einer Mauer, die
gerade hoch genug ist, um Körper und Kopf genügend Schutz
zu bieten. An der Mauerkante schlagen immer wieder Schüsse
ein – abgefeuert aus MPs, Sniper- und Schnellfeuergewehren.
Die Kameraden liegen angeschossen am Zaun, keine zehn
Meter entfernt. Erbarmungslos verrinnt ihre Lebensenergie.
Ich sollte sie retten. Aber ich würde selbst draufgehen, meine
Energieanzeige ist schon blutrot. Vorsichtig linse ich über die
Mauerkante. Da schlägt die Kugel in den Kopf ein. Mein Puls
ist jetzt auf schätzungsweise 180, ich zucke auf dem Sofa heftig
zurück. Shit – das ist so unfassbar real gemacht!
Überhaupt ist Realismus – trotz des Zukunftszenarios und den
dazugehörigen Hightech-Waffensystemen – die ganz große
Stärke von „Ghost Recon Advanced Warfighter“ („GRAW“). Ich
war nicht bei der Bundeswehr und habe nur einmal mit der
dicken Magnum meiner Tante auf einem Schießstand geballert.
Aber ich stelle mir reale, kriegerische Handlungen ernsthaft so
vor, wie sie in „GRAW“ simuliert werden. Langsam, überlegt,
vorsichtig, erbarmungslos. In den weitläufigen Stadtarealen
sind meist relativ wenige Gegner unterwegs, dafür agieren sie
(zumindest auf dem hohen Schwierigkeitsgrad) strategisch sehr
geschickt und schießen verdammt präzise. Das führt dazu, dass
man die ganze Zeit unter fieser Hochspannung steht, während
man sich in der Einzelspielerkampagne durch die Häuserschluchten zu den Missionszielen durchkämpft.
Schon die erste Mission der Einzelspielerkampagne heißt den
farblich unaufgeregt orientierten Zocker herzlich willkommen.
Grelle Bonbonfarben wie bei „Perfect Dark Zero“ fehlen zum
Glück völlig. Mexiko Stadt im Jahr 2013 ist in ein warmes, von
Smog verdrecktes Licht gehüllt. Eine sepiafarbene Stadt, traurig-schön wie in Fernando Meirelles’ Favela-Meisterwerk „City
of God“. Eine Stadt, die im Spielverlauf immer wieder dezent ihr
Antlitz ändert, die man aber nie wirklich verlässt. Zumindest
nicht in der Einzelspielerkampagne.
Die Solomission spielt sich von Anfang bis Ende extrem unterhaltsam. Ist spannend inszeniert. Glänzt mit tollen Tempounterschieden. Verblüfft mit unterschiedlichsten Spielansätzen.
Spielt mit übertriebener Helligkeit und Dunkelheit. Zieht einen
mit Feinsinn und Gewalt in das „GRAW“-Universum hinein.
Einzig die Story ist ideologisch doch fragwürdig. Ich will nämlich
echt der Letzte sein, der gemeinsam mit seinem Ghost-Squad
den Arsch für einen amerikanischen Präsidenten hinhält, der
offenkundig auch im Jahr 2013 noch ein Idiot ist. Und es sich
zudem mal wieder mit einer anderen Kultur als der seinigen
verdorben hat. Ich würde lieber als gut ausgerüsteter Rebell
gegen die USA spielen. So wird die miese Story eben ausgeblendet und die Konzentration auf den perfekt steuerbaren Spielcharakter gerichtet, der entweder in der Schulterperspektive
oder der Egoperspektive seine Arbeit verrichtet.
Völlig neu und erstmal gewöhnungsbedürftig ist die Sicht des
Integrated Warfighters durch das Cross Com. Das HUD auf dem
Bildschirm ist ziemlich vollgepackt, zeigt Gegner und Ziele mit
67
Der Fokus von „GRAW“ – trotz der wirklich sehr guten Einzelspielerkampagne – wird natürlich auf dem extensiven Onlinemodus liegen. Bis zu 16 Spieler finden im Mehrspielermodus
auf einem Server Platz, egal ob Koop-Kampagne oder simples
Deathmatch. Die Online-Koop-Kampagne erzählt zudem eine
völlig eigene Geschichte, die den Ereignissen aus der Einzelspielerkampagne nachgelagert ist. Bevor es losgeht, kann
man sich seinen Spieler anlegen. Zur Auswahl stehen vier
Klassen: Schütze, Grenadier, MG-Schütze und Scharfschütze.
Jede Klasse hat spezifische Vorzüge, die Auswahl hat Einfluss
auf Schussgenauigkeit, Nachladezeit oder Munitionskapazität.
Auch beim neuen Zielmechanismus hat die Auswahl große
Auswirkungen. Einmal kann über den linken Trigger in ein Art
kurzen Zoom geschaltet werden. Ein Klick auf den rechten Stick
und das Auge guckt durchs Zielfernrohr. Die Bewegungen werden nun merklich langsamer, das Ziehen der Waffe von links
nach rechts verzögert sich erheblich. Außerdem ist das Zielen
per Fernrohr eine wackelige Angelegenheit, die nur durch das
erneute Ziehen des linken Triggers beruhigt werden kann. Der
Kämpfer hält dann kurz die Luft an. Scharfschützen haben hier
natürlich einen deutlich längeren Atem.
Zehn Karten gibt es am Anfang (weitere folgen später als
Download), für jeden Geschmack ist etwas dabei. Weitläufigere Areale, Wüste und Wald, urbane Szenarien und ein toller
Strandlevel. Die aus dem Xbox-Vorgänger übernommenen
Spielmodi sind jetzt wesentlich stärker individuell konfigurierbar. Eigene Startpunkte können definiert werden, und in den
Tiefen der Menüs kann auch eine Todeskamera an- und ausgestellt werden, die an genau jene Stelle zoomt, von der aus man
erschossen wurde. Die verhassten Camper sind so gezwungen,
ihre Position regelmäßig zu verändern, sonst geht schnell das
Licht aus. Nur eine von rund 1000 Modifikationsmöglichkeiten.
Die wollen erstmal alle ausprobiert werden. (CG)
POPWISSEN
WERBEPAUSE
Ubisoft & Herr Clancy sind ohne Zweifel Vorreiter in Sachen In-Game-Advertising. Schon bei Splinter Cell wurde
kräftig geworben, und auch bei GRAW
werden diverse Produkte feilgeboten,
die man immer wieder zwangsläufig
ins Zielfernrohr kriegt. Prinzipiell gar
nicht schlecht, aber in Shooterspielen
irgendwie etwas deplatziert. (CG)
CHRISTIAN GACA
ABSOLUTE SPITZENKLASSE
Ich habe mich beim 360-Launch extrem darüber geärgert, dass gerade
jenes Spiel, auf das ich wirklich so richtig scharf war, verschoben wurde. Ich muss sagen: Die Extrazeit für die Entwickler hat sich offenkundig gelohnt. „Ghost Recon Advanced Warfighter“ ist ein ausgereiftes
Spiel, dass wie aus einem Guss wirkt. Die Modifikationen gegenüber
dem Xbox-Vorgänger sind allesamt sinnvoll, wenn auch teilweise gewöhnungsbedürftig. Nach einer kurzen Weile aber gehen sie in Fleisch
und Blut über, und das virtuelle Alter Ego streift perfekt animiert und
gesteuert über den TV-Schirm. Ist das ein HDTV-Exemplar, werden die
Besitzer mit unglaublichen Grafiken belohnt. Spielerisch ist „GRAW“
sowieso absolute Spitzenklasse. Es wird für die kommenden Monate
einen Großteil meiner privaten Spielzeit bekommen. Endlich kann ich
wieder Sneaken und Leute ausknipsen. Endlich! Das wird ein Spaß!
KRITIK
roten Umrandungen an, eigene Leute und Gerätschaften mit
grünen. Dazu gibt es links oben in der Ecke ein Mäusekino, das
etwa die Perspektive des instruierten Kameraden zeigt. Klein
zwar, aber gelegentlich kommen hier sinnvolle, taktische Informationen her. Auch die Videobilder der Überwachungsdrohnen
werden hierüber ausgeliefert. Das Kommandieren des GhostSquads ist einfacher geworden. Dafür können neben Soldaten
auch Drohnen, Panzer oder gar Kampfhubschrauber herumkommandiert werden. Allerdings alles im Rahmen von eher
simplen Anweisungen wie „Vorwärts“, „Halt“ oder „Schießen“.
Das große Taktikelement kommt durch die 3D-Karte, auf der
man Punkte auswählen kann, um dann das Ghost-Squad oder
ein Gefährt dorthin zu schicken. Was nicht heißt, dass sie dort
unbeschadet ankommen, denn nicht immer agiert das losgeschickte Squad clever. Im Mehrspielermodus können das Cross
Com und Teile des HUDs übrigens ausgeschaltet werden.
FIGHT NIGHT:
ROUND 3
KRITIK
68
SYSTEM: XBOX 360 (TEST), XBOX, PS 2
HERSTELLER: ELECTRONIC ARTS
GENRE: BOXSIMULATION
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: JA
Wie es so üblich ist, haben die ersten Xbox-360-Spiele noch
nicht einmal ansatzweise gezeigt, was in Microsofts Wunderkiste wirklich drinsteckt. Nur wenige Entwickler wie Activisions Infinity Ward oder die eigenen Teams von Microsoft deuteten zum Start an, was uns in Zukunft für grafische Mätzchen
erwarten. Wirklich spannend werden aber erst die nächsten
Monate, nun fast vier Monate nach dem Launch haben sich die
Programmierer an die Hardware gewöhnt und es wird ein Grafik-Hammer nach dem nächsten in die Pipeline geworfen. Im
März wird vor allem „Fight Night: Round 3” für neidische Blicke sorgen, denn die Fortsetzung ist grafisch überwältigend.
Die Unterschiede zwischen den Generationen sind auf den
ersten Blick sichtbar. Auf der Xbox 360 begeistern Boxer und
Umgebung mit spektakulären Texturen und tausenden Polygonen. Bei den anderen Konsolen sind die Unterschiede zum
Vorgänger nur kosmetisch. Immerhin gibt es inhaltlich kaum
Unterschiede und so bieten alle Versionen nicht nur einen genialen Editor, sondern auch ein erweitertes Gameplay, das
viele kleine Mängel des Vorgängers eliminiert.
Zum Beispiel gibt es inzwischen fünf verschiedene Box-Stile,
die im Ring mehr Abwechslung bieten und die Kämpfe taktischer machen. Auch wurden die Haymaker entschärft bzw.
die Ausführung schwieriger gemacht. Hinzu kommen zwei weitere Sonderschläge, von denen einer, der Instant Punch, einen Kampf auch kurz vor der Niederlage herumreißen kann.
Wenn der komplizierte Schlag gelungen ist, muss der Spieler
in einem umgekehrten Ego-Modus weitere Schläge anbringen,
um einen finalen K.o.-Treffer zu landen. Durch dieses Feature
bleibt der Kampf bis zur letzten Runde spannend und bringt
recht glaubwürdig den Faktor Glück ins Rennen. Ähnliche Upgrades hat auch das Punch-System erfahren.
Doch nicht nur am Gameplay wurde noch ordentlich geschraubt, auch die Präsentation und das Rahmenprogramm
haben ordentlich zugelegt. Vor allem die ESPN Classics Fights
sind mit Original-Aufnahmen und den wirklich erstklassigen
Boxer-Kopien ein einmaliges Erlebnis. Auch die Kampagne
wirkt mehr aus einem Guss und begeistert mit authentischen
Arenen und neuen Extras. Vor allem das Bonussystem rund
um Handschuhe, Bekleidung und Trainer wurde kräftig entschlackt. Neue Bestandteile wie die Publikumsgunst, die sich
69
Fantastische Lichteffekte, überzeugende Hallen
Auch die Licht- und Schatten-Berechnung schlägt so ziemlich alles, was bisher in Echtzeit auf dem Bildschirm erzeugt
wurde. Die Körper der Boxer werfen auf sich selbst weiche
Schatten und überzeugen mit fantastischen Lichteffekten. Die
Simulation ist nahezu perfekt. Doch auch neben dem Boxring
gelingt es „Fight Night: Round 3“, die Qualität aufrecht zu erhalten. So überzeugen Boxhallen und Stadien mit dreidimensionalen Zuschauern und detailliertem Inventar. Gerade die
ersten Kampfschauplätze mit der abgeblätterten Farbe an der
Wand und den trüben Scheiben lassen beim Spieler den Geruch von Schweiß in die Nase steigen. Paradebeispiel ist die
abgewrackte Boxbude aus der Fight-Night-Demo, die sich Besitzer der Xbox 360 via Xbox Live herunterladen können.
Apropos Online-Support: Während die alten Konsolenversionen
auch beim dritten Teil leer ausgehen, dürfen die Spieler bei der
Xbox-360-Fassung in Europa kostenlos antreten. Die Amerikaner müssen sich dagegen bei ESPN anmelden (und mit Werbepenetration leben) oder fürs Kämpfen zahlen. Unterm Strich
kann man eigentlich nur für die 360-Version eine klare Kaufempfehlung geben. Wer den zweiten Teil für Playstation 2 oder
Xbox besitzt, kann sich den dritten Teil glatt sparen. Auf der
nächsten Generation dagegen wird die wohl beeindruckendste
Sportumsetzung aller Zeiten geliefert. Vor allem im Gegensatz
zu den halbherzigen Umsetzungen zum Launch hat Electronic
Arts sich diesmal selbst übertroffen. Wer sich auch nur einen
Funken für den Boxsport interessiert und eine Xbox 360 besitzt,
muss einfach zugreifen. (KM)
POPWISSEN
Effekte wie im Kino
Gerade einmal drei Jahre ist „Matrix Revolutions“ alt und „Fight Night:
Round 3“ auf der Xbox 360 stiehlt dem Epos der Wachowski-Brüder mit
nahezu gleichwertigen Effekten die Schau. Dabei ist die Kampfszene im
Action-Streifen vorberechnet, während die Xbox mit ihren Prozessoren alles in Echtzeit verarbeiten muss. Die Auflösung kann zwar noch nicht ganz
mithalten, trotzdem zeigt dieses Beispiel, was in den nächsten Jahren
noch zu erwarten ist. Auch wenn es im ersten Moment nicht danach aussah, dürfte der optische Sprung zur Xbox 360 am Ende deutlicher ausfallen, als von der 32-Bit Generation zur ersten Xbox. (KM)
CHRISTIAN GACA
FASZINIERENDE REALITÄTSNÄHE
Ohne Frage, „Fight Night: Round 3“ sieht wahnsinnig gut aus. Realistischer kann ein Boxkampf kaum animiert sein. Ohne Frage, es spielt
sich auch fantastisch. Gerade mit den Leichtgewichten sind Kämpfe
über die volle Distanz eine real anstrengende Angelegenheit, man spürt
den Leidensdruck eines echten Boxers. Spätestens nach der fünften
Runde verkrampft sich der echte, eigene Körper vor dem Fernseher.
Jeder virtuell eingesteckte Treffer ist eine reale Niederlage, mental
muss man absolut auf der Höhe sein, auch um einen virtuellen Fight für
sich zu entscheiden. Es ist gerade diese Realitätsnähe, die die Faszination von „Fight Night: Round 3“ ausmacht. Irgendwie wird es dadurch
aber gleich sehr persönlich. Darum sollte man sich seine Mitspieler gut
aussuchen, oder besser gleich ausschließlich in der „Anonymität“ der
Onlinematches seine künftigen Feinde finden.
KRITIK
auch auf die angebotenen Kämpfe auswirkt, sorgen für ein
weiteres taktisches Element. Der Weg zur Spitze bleibt zwar
weiterhin steinig, aber durch die erwähnten Details präsentiert
sich „Fight Night: Round 3“ noch runder. Leider hat die Grafik
auf der alten Konsolengeneration kaum an Qualität zugelegt.
Der Vorgänger hat die Fähigkeiten scheinbar schon ziemlich
ausgereizt. Ganz anders dagegen auf der Xbox 360. Die optische Nähe zur Realität ist verblüffend. Besonders beeindruckend sind die Slowmotion-Wiederholungen von Wirkungstreffern, die einen K.o. einleiten. Neben Blut und Schweiß wird bei
einem Haken auch das gesamte Kinn verschoben und die Haut
wirft an der Aufschlagsfläche Wellen.
ANIMAL CROSSING:
WILD WORLD
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PRÄDIKAT
KRITIK
70
SYSTEM: NINTENDO DS
HERSTELLER: NINTENDO
GENRE: LEBENSSIMULATION
RELEASE: 31. MÄRZ 2006
ONLINE: WI-FI-MEHRSPIELER
Es ist drei Uhr nachts. Ich stehe am Strand, höre die Brandung auf den Strand rollen und schaue meinem Schwimmer
hinterher. Entspannung kann so schön sein. Etwas nervös
zuckt die Hand an der Angel. Jetzt, jetzt gleich schlage ich
die Angel an. Jetzt! Peng! Der Haken sitzt. Nach kurzem Drill
fliegt mir ein kapitaler Seebarsch entgegen. Schon wieder.
Mist. Immerhin scheint es ein neuer Rekordfisch zu sein. Sein
Schatten im Wasser jedenfalls war mächtig, der Fisch ist es
auch. Zufrieden stecke ich den Brummer ein und stiefele los.
Zu Tom Nook, dem geschäftstüchtigen Waschbären, der mir
immer meine Fänge und Funde abkauft. Und dem ich noch
63.000 Bells schulde, weil ich unbedingt ein größeres Haus
mit rosafarbenem Dach wollte. Ich schiebe ihm sechs Muscheln und vier Fische verschiedenster Couleur über den Tresen, bekomme dafür 3956 Bells. Kein schlechter Deal. Schnell
geht es zurück an den Strand, nicht ohne kurz beim Gemeindehaus vorbeizuschauen und die Post an meine digitalen
Freunde abzuschicken.
POPWISSEN
WIFI-ANGEBER
„Animal Crossing: Wild World“ basiert stark auf dem Offline-Spiel,
nutzt aber auch den Wi-Fi-Service
von Nintendo. Ist ein enorm großer
Spaß, das Angeben und Rumposen
via Wi-Fi-Connection. Der Onlineservice kann dazu benutzt werden, um
weltweit Freunde ins eigene Dorf einzuladen oder andere Dörfer zu besuchen. Geht alles ganz einfach, indem
man am Dorfausgang mit den beiden
Hundepolizisten redet. Bis zu vier Online-Freunde können sich gleichzeitig
in einem Dorf aufhalten, die liebevoll
dekorierten Wohnungen bestaunen,
bei Tom Nook einkaufen oder Amok
laufen und dabei den ganzen Baumbestand mit der Axt eliminieren.
Funktioniert übrigens auch im lokalen
Netzwerk bestens das Ganze. (CG)
Was genau die Faszination von „Animal Crossing: Wild World“
ausmacht, das ist nur schwer zu beschreiben. Es ist eines dieser Spiele, die einen gaaaaaaaaaaaaaaaanz langsam packen.
Und dann gewaltig lange nicht mehr richtig loslassen. Der DS
liegt zwar immer mal ein, zwei Tage unbenutzt rum. Aber spätestens dann muss man mal kurz vorbeischauen in dem virtuellen Dorf, das anfangs einen Namen bekommen hat. Mein
Dorf heißt Berlin, wie könnte es anders sein. Die Faszination jedenfalls, um die ging es eigentlich. Im Prinzip ist „Animal Crossing: Wild World“ ja kompletter Kiddiekram. Streng
genommen. Mit niedlichen Figuren in Echtzeit ein Leben in
einem kleinen virtuellen Dorf verbringen, das hört nicht gerade nach Hochspannung an. In der Tat, Aufregung sucht man
bei der Hosentaschendorfsimulation vergeblich. Dafür ist im
virtuellen Berlin auch gerade Abenddämmerung im tiefsten
Winter (aber nur, wenn das Datum und die Uhrzeit des DS den
realen Begebenheiten entsprechen) und das virtuelle Leben
geht seinen gewohnten Gang. Ich stehe melancholisch blickend am Strand und schaue aufs Meer hinaus. Es schneit ein
wenig. Ich denke nach, wie ich wohl später aufschreiben kann,
warum es Momente wie dieser sind, die das Spiel so faszinierend machen. Und verwerfe den Gedanken, weil es wohl einfach nicht vernünftig zu erklären ist.
Unprätentiöses Tag- und Nachtwerk
Das Tag- und Nachtwerk des Spielers besteht zumeist aus
simplen Aufgaben, die oft das Geldverdienen zum Ziel haben.
Schließlich muss das Abzahlen der Schulden fürs Eigenheim
geregelt werden. Man kann Blumen züchten, Bäume pflanzen oder Angeln gehen. Kann Insekten fangen und Fossilien
ausgraben. Kann Kleidung designen und das eigene Haus einrichten. Kann Briefe an andere Bewohner schreiben oder für
sie hin- und hertransportieren. Kann so Freunde finden (es
gibt über 200 verschiedene Charaktere, einer absurder als der
nächste) und verlieren. Mit dem Stilus treibt man die eigene Spielfigur über den Touchscreen. Überhaupt ist der DS für
„Animal Crossing“ ein großer Gewinn, gerade was die Steuerung betrifft. Briefe schreiben zum Beispiel ist nun endlich
keine grauenhafte Qual mehr, sondern geht fix und unnervig
von der Hand. Unterm Strich jedenfalls: alles eher sehr unprätentiöse Tätigkeiten.
71
60 Fischarten, dazu Blechdosen, Schuhe, Reifen
Oder eben das Angeln. Ich verbringe ernsthaft viele Stunden
damit, am Strand und an den Seen entlangzustromern und
nach verräterischen Schatten im Wasser Ausschau zu halten. Nur um irgendeines schönen Tages dem Museumsdirektor den letzten fehlenden Fisch für sein Aquarium in die Hände, pardon, die Federn zu drücken. Denn der Herr Direktor ist
schließlich ein Uhu. Knapp 60 Fischarten gibt es, ihr Auftauchen ist abhängig von der Jahres- und Tageszeit. Dazu habe
ich Blechdosen, Schuhe und Autoreifen gefangen. Die müssen
natürlich im Gemeindehaus artig in der Tonne recycelt werden (die übrigens so manche Überraschung zum Mitnehmen
bereithält, also immer mal einen Blick in den Müll riskieren).
Statt des Fischens lohnt sich auch die Fossiliensuche oder
die Insektenjagd – und auch hier freut sich die Museums-Eule
über eine freundliche Spende des jeweils ersten Exemplars,
um die Ausstellung zu füllen.
Da das Leben im virtuellen Berlin in Echtzeit abläuft, bemerkt
man erst nach mehreren Wochen langsam die Veränderungen
der Umgebung. Je näher der Frühling rückt, desto weniger
Schnee liegt. Blumen beginnen vermehrt zu sprießen. Um die
anderen Jahreszeiten im schnellen Vorlauf zu testen, liegt das
Experimentieren mit der Datumseinstellung nahe. Allerdings
bleibt genau das nicht unentdeckt und ohne Wirkung. Als ich
einfach das falsche Datum in den Systemeinstellungen des DS
eingebe, so zwei Monate „vorspule“ und meine Stadt in den
Frühsommer versetze, habe ich Ungeziefer in der Wohnung.
Die anderen Dorfbewohner quittieren meine lange Abwesenheit mit Verwunderung und Vernachlässigung. Rowan etwa
fragt verwundert, wo sich sein Angelkumpane acht Wochen
rumgetrieben hat. Der schwer umworbenen Olivia fällt mein
Name nicht mehr ein. Und das, obwohl sie es war, die sich
den Spitznamen Dainty Z für mich ausgedacht hat. Den fand’
ich erst total dämlich, habe mich dann aber dabei ertappt, wie
ich im Badezimmer nach dem Duschen vor dem Spiegel stehe
und mir leise selbst erzähle, dass der gute Dainty Z auch mal
wieder eine Rasur gebrauchen könnte. Oha, vielleicht doch ein
bisschen zu viel „Animal Crossing: Wild World“gespielt? Zum
Glück gibt es im Spiel einen verrückten Psychiater. Der bringt
einem zwar nur Emotionsausdrücke bei, die später per Shortcut im Kontextmenü für die Konversation mit anderen Wi-FiSpielern benutzt werden können. Aber vielleicht hört er sich ja
auch meine anderen Probleme an? (CG)
CHRISTIAN GACA
EIN SPIEL MIT EINER GANZ BESONDEREN AURA
„Animal Crossing: Wild World“ ist kein aufregendes Spiel, im Gegenteil.
Vieles ist oberflächlich betrachtet öde und wiederholt sich zudem. Wer
keinen rechten Zugang findet zu dieser niedlich, possierlichen Tierwelt,
der hält das alles nur für sich wiederholenden Stumpfsinn. Durchaus
zu Recht sogar. Für mich indes hat der Titel eine ganz spezielle Aura.
Das Spiel besitzt dieses besondere Nintendo-Gen, vermischt perfekt
großartige Kleinigkeiten. Ich gehöre zu jenen Spielern, die gerne Zeit
damit verbringen, in Gegenrealitäten stundenlang nach seltenen Gegenständen zu jagen. Außerdem ist „Animal Crossing: Wild World“
herrlich kurzweilig. Man kann den DS zwischendurch für 20 Minuten
anschalten, geht eine Runde angeln oder gießt Blumen. Klingt banal,
macht trotzdem Spaß. Wer tief eintaucht in das knuffige Spiel, der bekommt eine unglaublich diffizil vernetzte Parallelwelt präsentiert.
KRITIK
Trotzdem umgibt „Animal Crossing: Wild World“ eine spezielle Aura. Das Spiel hat dieses besondere Nintendo-Gen,
vermischt perfekt großartige Kleinigkeiten. Musikalisch zum
Beispiel. Ist zwar alles ein einziges, oft hypnotisches Midigeschrammel, aber ich fühle mich wohl und verstanden. Die Bewohner kommunizieren mit absurden Quietschklickerlauten,
die klingen wie eine Mischung aus Japanisch und Babysprech.
Oder das fortwährende Einrichten des eigenen Hauses mit
einem der über 1000 Einrichtungsgegenstände, die gefunden,
gekauft oder getauscht werden können. Der Gesamteindruck
der Einrichtung wird von einer Begutachtungskommission bewertet, die sich unter anderem am Regelwerk des Feng Shui
orientiert – im Spiel durch Farben repräsentiert. Orangefarbene Gegenstände müssen nach Norden ausgerichtet sein,
rote nach Osten, grüne nach Süden und gelbe nach Westen
– wertvolle Informationen aus Gesprächen mit den anderen
Dorfbewohnern. Und: Die Designpolizei schickt regelmäßig
Post, um über die aktuelle Punktzahl zu informieren.
DER PATE
KRITIK
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SYSTEM: XBOX (TEST), PS 2, PC
HERSTELLER: ELECTRONIC ARTS
GENRE: 3D-ACTION-ADVENTURE
RELEASE: 23. MÄRZ 2006
ONLINE: NEIN
Francis Ford Coppola hat der Welt vor über 30 Jahren ein Geschenk gemacht. Mit dem Film „Der Pate“ hat sich der Regisseur und Produzent einen festen Platz im Herzen von Filmfreunden sowie drei Oscars und acht Nominierungen gesichert.
Nun ist der Stoff über die Mafiafamilie der Corleones Grundlage für eine Spielumsetzung. Heftig wurde diskutiert, ob ein solcher Meilenstein überhaupt umgesetzt werden sollte. Coppola,
der vom Spielemulti nie nach seiner Meinung gefragt wurde,
fand jedenfalls keine besonders freundlichen Worte: Das Spiel
sei ein Missbrauch seines Films, den er entschieden missbillige. Pate-Schauspieler Marlon Brando schien da weniger Probleme mit dem neuen Medium zu haben. Noch kurz bevor sich
dieser von den Lebenden verabschiedete, röchelte er für den
Konzern aus dem sonnigen Kalifornien ein paar Sprachaufnahmen durch seine Sauerstoffmaske.
Doch lassen wir gekränkte Regisseure jetzt beiseite. Die große
Aufgabe eines Films ist es, Geschichten zu erzählen. Der Zuschauer kann keinen Einfluss auf die Handlung nehmen. Ein
Spiel hingegen lässt die Geschichte erzählen, der Spieler gestaltet den Verlauf selbst. Auf Grund technischer Beschränkungen geht es aber letztendlich viel mehr darum, lediglich
das Gefühl zu vermitteln, als hätte man alles selbst in der
Hand. Electronic Arts hat diesen Konflikt zwischen starrer
Handlung und interaktivem Videospiel elegant gelöst. Sie führen einen Charakter in die große Familie der Corleones ein,
der im Film nur beiläufig erwähnt wird. Dieser Trick erlaubt es,
die bereits vorgegebene Geschichte mit unwesentlichen Änderungen zu versehen, um dann mit neuen Szenen auch neue
Perspektiven zu bieten. Außerdem konnte auf diesem Wege ein
Lieblingselement der Kalifornier integriert werden: der individualisierte Charakter. Gesichtsbehaarung, Statur und Kleidung
– dem Sizilianer aus geheimen Träumen steht so nichts mehr
im Wege.
Um dem Film gerecht zu werden, wurden neben dem bereits
erwähnten Marlon Brando weitere Synchronsprecher gewonnen. Lediglich Al Pacino wollte seine Stimme nicht für das
Spiel hergeben. Das fällt aber kaum ins Gewicht, schließlich
haben sich die Entwickler bei der Modellierung der Gesichter
ganz besonders viel Mühe gegeben. Augen bewegen sich, Mimiken und Gestiken sind deutlich zu erkennen. So kann mit
oder ohne echte Stimme jeder einzelne Hauptcharakter im
Spiel ohne Probleme wiedererkannt werden. Zumindest diesbezüglich können Filmfreunde aufatmen. Starke Technik war ja
sowieso noch nie eine Schwäche von Electronic Arts.
Ebenfalls ganz oben auf der Liste „Wie mache ich ein erfolgreiches Spiel“ steht die Idee der frei begehbaren Welt. Da EA
ohnehin adaptiert, wurde auch gleich das Konzept von „Grand
Theft Auto“ entliehen. Dieses spiegelt sich in Aspekten wie
etwa dem Autoklau, den Verstecken und dem Waffengebrauch
wieder – wenngleich das Kampfsystem ein wenig anders funktioniert. Darüber hinaus lassen sich im Spiel Bandenkriege,
Erpressung, Auftragsmord und illegale Geschäfte ausmachen.
Natürlich gibt es für die breite Masse auch viel Blut und Bumbum. Ein wenig Intelligenz wird dennoch abverlangt. Wer zuviel
Unschuldige auf dem Gewissen hat, erntet nicht nur Missbilligung von Passanten, sondern hat bald die Polizei am Hals.
Auch mit den anderen Mafia-Familien sollte sachte umgegangen werden. Zu viele Tote auf dem eigenen Konto, das löst nur
Familienfehden aus, die nur in unschöner Blutrache enden.
Wer allerdings immer ein wenig Bargeld in der Tasche hat,
kann nach Herzenslust Polizei oder FBI bestechen.
73
Neben Erpressung von kleineren Läden gibt es noch weitere
Einnahmequellen. Auf den Straßen von New York trifft man
beispielsweise regelmäßig Lastwagen, die überfallen werden wollen. Zudem bringen auch infiltrierte Lagerhäuser und
Banküberfälle mächtig Kohle auf das Konto. Und weil auch
dies schnell langweilig werden könnte, lässt EA auch Auftragsmorde nicht außen vor. Hierfür gibt es sogar gesonderte
Bonusbedingungen. „Lasse den Gegner brennen“ räumt beispielsweise ein, dass ein Molotowcocktail vielleicht brutal sein
mag, aber vom Auftraggeber eben genau dieses gewünscht
ist. Erfolgreiche Aufgabenerfüllung jeglicher Art bringt oft
nicht nur Geld, sondern auch jede Menge Respekt. Und wer
genug davon erntet – Zauberwort „Individueller Charakter“
– darf seinen Helden mit Fähigkeitspunkten für Kampf, Schießen, Gesundheit, Tempo und Cleverness stärken. Ganz entsprechend seines eigenen Stils – wenn man denn welchen hat.
Apropos Stil: Das Spiel weiß darüber hinaus durch viele kleine
Details zu glänzen, wozu herumwirbelnde Papierfetzen, der
originale Soundtrack sowie freispielbare Filmausschnitte zählen. Womit wieder ein Punkt auf der Erfolgsliste abgehakt werden kann: Biete Extras! Das einzige, was dem Spiel wirklich
fehlt, ist die Möglichkeit mit den Leuten auf der Straße Beziehungen einzugehen, ein Haus zu bauen und Kinder zu kriegen.
Na ja, vielleicht beim nächsten Mal. (ME)
POPWISSEN
EHRENWERTE HERREN
Der Begriff Mafia taucht das erste Mal im Jahr 1892 in einem sizilianischitalienischen Wörterbuch als Synonym für Camorra auf. Die Camorra war
vor allem auf den Gebieten Drogenhandel und -schmuggel sowie Geldwäsche und Erpressung aktiv. Nachdem sie in den 1980er Jahren totgesagt
wurde, hat sich die Organisation wieder zusammengefunden und ist heute
der größte Arbeitgeber in Neapel. Zu den Jobs zählen der Verkauf von geschmuggelter Ware und Drogen, das Stehlen von Autos oder sogar Mord.
Die Camorra umfasst 111 Familien und hat mehr als 6700 Mitglieder, darunter auch über 3000 Killer. (ME)
MARTIN EISER
„EINFACH“ EIN GUTES SPIEL
Frei nach dem Motto „Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht“ hat
Electronic Arts ein Spiel ganz nach Hausrezept gebacken. Sie liefern
dem Konsumenten etwas, das er schon kennt („GTA“) mit einer bekannten Lizenz („Der Pate“) und verpacken das Ganze dann hübsch
(Technik). Coppolas Bedenken hinsichtlich des Missbrauchs halte ich
für übertrieben, aber natürlich ist die Videospieladaption kein Meilenstein wie der Film. Es ist vielmehr „einfach“ ein gutes Spiel, das Spaß
macht. Ganz entsprechend der Erwartungen, und das ist eben das Dilemma. EAs Produktionen am Fließband sind eben wenig überraschend. Und so wäre es wenig verwunderlich, wenn bereits am Nachfolger gearbeitet würde. Verwertet ist bisher schließlich nur der erste
Teil der Trilogie. Nächstes Mal dann mit noch mehr Waffen, sechs statt
fünf Stadtteilen und einem Tattoostudio für noch mehr Individualität.
KRITIK
Über Geld spricht man nicht, man hat es einfach. Und tatsächlich verliert die Corleone-Familie in Verhandlungen
nur wenige, aber gezielte Worte, um ihren Forderungen bei
Schutzgelderpressungen Nachdruck zu verleihen. Wer meint
widersprechen zu müssen, braucht vielleicht ein spezielles
Druckmittel. Unser Held darf nun Fäuste und Waffen sprechen
lassen, damit eine Leiste im oberen Teil des Bildschirms über
einen Druckpunkt hinauswächst. Aber Vorsicht, wer zu hoch
pokert, riskiert die totale Ablehnung. Saufproleten mit zuviel
Testosteron sollten ebenfalls einen Gang runterschalten. Denn
wer zu oft zuschlägt, haucht dem Opfer schneller das Leben
aus, als ein Sizilianer zum Ziehen seiner Magnum braucht.
Diese einfache Druckleiste kommt auch in Verhandlungen zum
Einsatz. Ein ausgefeilteres System, beim dem auch verbaler
Druck genutzt werden könnte, würde dem Film vermutlich gerechter werden. Allerdings bleibt der Titel so simpel genug, um
eine leichte Zugänglichkeit zu garantieren.
BURNOUT: REVENGE
KRITIK
74
SYSTEM: XBOX 360
HERSTELLER: ELECTRONIC ARTS
GENRE: ACTION-RENNSPIEL
RELEASE: 16. MÄRZ 2006
ONLINE: JA
Um es gleich vorweg zu nehmen – „Burnout: Revenge“ für die
Xbox 360 ist objektiv betrachtet nichts anderes als ein wesentlich aufgehübschter und im Detail modifizierter Klon jenes
Xbox-Spiels, das seit Ende letzten Jahres auf dem Markt ist.
Natürlich sieht „Burnout: Revenge“ in der nächsten Generation
bombastischer aus, besonders auf einem HD-Fernseher. Aber
rechtfertigen zehn neue Wagen, zehn neue Kreuzungen zum
Crashen und intensives Feintuning bei den Online-Funktionalitäten den Kaufpreis von 69,99 Euro?
Spielerisch und optisch jedenfalls gibt es eindeutig nichts zu
meckern. 169 verschiedene Events in der Offline-Welttournee, reichlich verschiedene, eigenständige Spielvarianten der
bekannten Modi Road Rage, Eliminator, Race und Crash. Alles das wurde in der Spielrealität intensiv von den Fans geprüft und größtenteils für gut befunden. Die Burnout-Serie ist
mittlerweile ohnehin zum ziemlich perfekten Action-Rennspiel
gereift. Das allerdings ist auch ihr Problem, denn so gut sich
alles auch spielt, wirklich Neues verabreicht EA nur in homo-
öpathischen Dosen. Bei der Anbindung an das Xbox Live auf
der 360 wurde im Detail prima modifiziert. Allein durch die
vielen freischaltbaren Erfolge (Achievments) gewinnt „Burnout: Revenge“ an Spieltiefe enorm hinzu, weil der Suchtfaktor
nochmals an Fahrt aufnimmt.
Zudem hat Criterion ein kleines, aber enorm interessantes
Detail eingebaut, das die Online-Gemeinde bei Laune halten
wird. Live Revenge heißt es, und markiert sozusagen permanent die guten Spieler, um sie zu ebenso permanenten Zielen
für alle schlechteren Spieler zu machen. Will heißen: Wenn ich
gegen meinen besten Freund fahre, egal ob Road Rage oder
normales Rennen, und von 50 Rennen wegen meines überlegenen Fahrstils 45 gewinne, wird er als Besiegter in Zukunft
beständig daran erinnert, dass er mit mir noch ein, zwei Rechnungen offen hat. Die Markierung als besonders guter Spieler
funktioniert auch außerhalb der Freundesliste. Von den bis zu
sechs Spielern in einem Online-Rennen ist der beste Performer immer als solcher erkennbar, und zwar für alle Teilnehmer. Damit sich der Mob beständig an ihm aufreiben kann. So
wird Ansporn generiert, mit Neid und Missgunst. Respekt EA,
so deutlich hat das noch niemand gemacht.
75
Digitalisiertes Glutamat
Andere Modifikationen sind nur in den Tiefen der Spieleinstellungen zu finden. So kann mittlerweile der Online-Host im
Road-Rage-Modus dem blauen und roten Team endlich eine
maximale Höchstgeschwindigkeit zuweisen. Eine marginale,
aber enorm sinnvolle Ergänzung, um das Spiel langfristig vernünftig ausbalancieren zu können. Abgesehen von solchen Änderungen allerdings, so ehrlich muss man sein, ist „Burnout:
Revenge“ für die 360 einfach nichts Neues. Aber genau das ist
irgendwo auch wieder okay.
Denn wer das Spiel auf der Xbox gezockt hat, wird es eine Generation später bestimmt nicht fast genauso noch einmal tun
wollen. Oder eben gerade doch, und das aus gutem Grund.
Das Phänomen des Burnout-spielen-wollens ist nämlich einfach auf den Punkt zu bringen: Das Spiel ist schlicht ein fieser Süchtigmacher. Digitalisiertes Glutamat sozusagen. Ein
einfaches, schlichtes Spielprinzip. Ein Haufen Gimmicks zum
Freispielen. Ein perfekt ausbalancierter Schwierigkeitsgrad,
der ebenso perfekt ansteigt. Und genug Zufallsprinzip im Rennen, so dass die beängstigenden Streckenauswendiglerner
nicht immer die Nase vorn haben werden. Erstaunlicherweise
sieht die Grafik nach einer Weile des Spielens gar nicht mehr
so viel besser aus, als bei der Xbox-Version. Was aber eher
daran liegt, dass sie bereits auf der alten Xbox schon wirklich
fantastisch ausgesehen hat. (CG)
POPWISSEN
FÄSSERWIRTSCHAFT
Was dem Egoshooter die sinnlos herumstehende Kiste, ist dem ActionRennspiel das sinnlos herumstehende Fass. Es ist schon erstaunlich, warum Programmierer auf Straßen, selbst auf abgelegenen und selbst in den
USA, derart viele Blechmülltonnen und leere Ölfässer platzieren müssen.
Seit Jahren geht das so. Mir ist das jedenfalls echt unbegreiflich. Jungs,
denkt euch bitte mal was Spannenderes zum Umfahren aus. Es gäbe so
vieles, was ich mit großer Befriedigung gerne mal von der Straße wegputzen würde. Röhrenfernseher zum Beispiel, iMacs und CD-Player. Oder
Werbedisplays mit AOL-CDs. Oder Katzen und Ratten. (CG)
CHRISTIAN GACA
HART AN DER DREISTIGKEITSGRENZE
„Burnout: Revenge“ im Xbox-360-Outfit ist absolut nicht Neues. Das ist
einerseits tatsächlich gut so, denn dadurch bekommt man ein absolut
ausgereiftes Spiel, das beständig aus den Fehlern der Vorgänger gelernt hat. Nicht überfrachtet mit Spielmodi, konzentriert sich der Titel auf seine Kernkompetenzen: rasante Rennaction mit fetter Grafik,
bevorzugt online gespielt. Warum also ein im Prinzip perfektes Spiel
noch verbessern? Eben, muss man nicht. Andrerseits ist es schon hart
an der Dreistigkeitsgrenze, für ein fast identisches Spiel auf einer neuen Konsole fast 70 Euro zu verlangen, allem Aufwand für die HDTV-Anpassung und den Live-Modifikationen zum Trotz. Zum Glück darf jeder
Konsument die Kaufentscheidung selbst treffen. Ich hab’ keine Ahnung,
ob die 360-Welt ein „Burnout: Revenge“ wirklich braucht? Ich weiß nur
eines: Dass ich es spielen will.
KRITIK
Ein weiteres, neues Online-Element geht ein wenig in die
Richtung des grandiosen Gotham-TV-Ansatzes von „Project
Gotham Racing 3“. Mit dem Clip-Creator können 30-Sekunden-Spots aus einem Rennen zusammengeschnitten werden.
Diese Clips werden dann auf den EA-Server hochgeladen und
können von der Burnout-Community bewertet werden. Langfristig sind hier sogar reale Gewinnevents angedacht, die die
verrücktesten Stunts oder interessantesten Clips auswählen.
Vorerst muss man sich damit begnügen, dass die 20 bestbewertetsten Clips mit dem Gewinn eines 40-Punkte-Achievments belohnt werden. Das zu bekommen, wird vermutlich
schon schwierig genug werden. Wobei einen die Jagd nach
den Gamerpunkten gerade bei „Burnout: Revenge“ gut bei der
Stange halten wird. So viel ist mal klar!
24 - THE GAME
KRITIK
76
SYSTEM: PS 2
HERSTELLER: SONY STUDIO CAMBRIDGE
GENRE: ACTION-ADVENTURE
RELEASE: 22.03.2006
ONLINE: NEIN
„The following takes place...“ - beginnend um 6 A.M. auf der
eigenen Playstation. Jack Bauer, das US-Bond-Pendant auf
Speed, gibt sein Debüt in der Videospielwelt. Der unbefleckte
Spieler erfährt gleich zu Beginn, wie Jack als Federal Agent
der Counter-Terror-Unit (CTU) seine Brötchen verdient. Er
und sein Squad untersuchen auf dem Hafengelände von L.A.
eine heiße Spur, wo Terroristen angeblich Waffen einschmuggeln wollen. Dies gilt es zu verhindern und schnell wird klar,
dass es sich hier um einen etwas ausschweifenderen Komplott handelt. So beginnt für Jack und sein Team wieder einmal ein seeeeeeehhhhhr langer Tag in L.A..
Das Spiel ist ein deutliches Derivat der „GTA“-Serie. Es bietet
jedoch wesentlich mehr Abwechslung und den besseren filmischen Erzählstil. Dafür verläuft die Story streng linear und
erlaubt keine freie Erkundung der Gegend. Denn in „24“ tickt
die Uhr immer unerbittlich gegen Jack, und so bleibt auch im
Spiel keine Zeit für Sightseeing. Die Handlung ist zwischen
Staffel 2 und 3 der Fernsehserie platziert und ermöglicht damit, den Nebencharakteren etwas mehr Profil zu geben (etwa
Kims erster Tag als Praktikantin in der CTU oder Chase’s Herkunft). Von Beginn an wird volle Fahrt aufgenommen und ohne
es zu merken, sind die ersten fünf Spielstunden vorbei. Diese
entsprechen übrigens nicht den Storystunden, sondern sind in
der Regel kürzer.
Jack ist eindeutig die zentrale Figur, aber man schlüpft regelmäßig in der Haut der anderen Akteure. Die Abwehr des
Terrorakts ist schwierig und mit erfrischend abwechslungsreichen Missionszielen gespickt. Es fängt mit der Befreiung
von Geiseln an, geht über Verfolgungsjagden im Auto, SniperAufträgen und Verhören zu Personenschutz und Schleichpassagen über. Zwischendrin gibt es Kopftraining durch schnelles
Einprägen von Code-Kombinationen und Knacken derselben.
Am Ende jeder Mission bekommen dann Statistikfans ihre Erfolgsquote serviert.
Alle Serien-Schauspieler sprechen ihre Charaktere selbst und
der unverwechselbare Kamerastil mit schnellen Schnitten
und der Split-Screen-Technik sorgen für das rechte „24“-Flair.
Das Spiel ist so spannend gemacht, dass selbst Serien-Unkundige von der Story gefesselt sein dürften. Mit 99-prozentiger Sicherheit werden sie nach Beendigung des Spiels das
nächste Endorphinhoch benötigen und lechzend in die nächste Videothek einfallen. Es sei jedoch angeraten, sich die ersten beiden Staffeln begleitend anzusehen. Erst dann vermitteln die Wiedererkennungsmerkmale im Spiel vollends ihren
Charme. (MK)
MARTIN KARRAS
VOM FLECK WEG HINEINGESAUGT
Endlich wieder ein Spiel, was mich vom Fleck weg in sich hineinsaugt
und erst Stunden später wieder orientierungslos ausspuckt. „24 - The
Game“ ist ein Highlight in Sachen Game-Design, denn die Vorlage ist
einfach prädestiniert für dieses Spielformat. Leider stößt die Playstation 2 in letzter Konsequenz an ihre technischen Grenzen, um die Würze
der Handlung, die Schauspieler, absolut effektiv in Szene setzen zu
können. Für das nächste Mal wünsche ich mir diesbezüglich auch eine
auf die TV-Dynamik abgestimmte Synchronisation der Dialoge. Unterm
Strich vollbringt das Sony Studio Cambridge stimmiger, was so viele Videospiele zu „Star Wars“ vermissen lassen. Sie schaffen einen adäquaten Transfer der filmischen Vorlage ins interaktive Medium Videospiel.
Nicht auszudenken, was uns erwartet, wenn die Serie den Sprung auf
die schauspielfreundliche Next-Gen-Konsolen wagen wird.
RAG DOLL KUNG FU
77
Mit welchen Hilfsmitteln Entwickler Mark Healey auf seine
abgedrehten Ideen kommt, macht er schon im zweiten Level
der Einzelspielerkampagne von „Rag Doll Kung Fu“ klar. Die
schöne Mei muss dort nämlich Magic Mushrooms essen, um
Sterne am Himmel zu erreichen. Kaum hat sie genug Pilze
zu sich genommen, kann sie per Maus, untermalt von schönen Regenbogenfarben, immer weiter in die Höhe gezogen
werden. Wer überdosiert, bringt die Hauptdarstellerin korrekterweise dazu, sich zu übergeben. Ein ähnliches Gefühl
muss der ehemalige Lionhead-Grafiker Mark Healey, der für
solche Klassiker wie „Theme Park“ verantwortlich war, bei
der ersten Vorführung seines zusammen mit Freunden entstandenen Martial-Arts-Films verspürt haben. Das Meisterwerk, das in einem englischen Park gedreht wurde, war so
unterirdisch schlecht, dass er den Film nie veröffentlichen
wollte. Doch Mark Healey kam die Erleuchtung, aus diesem
abstrakten Erlebnis ein Computerspiel zu machen. Drei Jahre nach diesem Durchbruch hat er sein „Rag Doll Kung Fu“
vollendet. Ein kleines Spiel, dass nicht nur geniale Ausschnitte
des filmischen Meisterwerks lieferte, sondern auch als amüsantes Marionetten-Beat’em’Up funktioniert. Da er das Spiel
auf Basis der Engine von „Half-Life 2“ entwickelt hatte, wurde
es zuerst per Download-Service Steam zum Kauf angeboten.
Frogster hat sich nun aller Download-Feinde erbarmt und eine
Box-Version in den Laden gestellt.
Das Spielgeschehen, in einer Art Scherenschnitt-Optik präsentiert, ermöglicht keine direkte Kontrolle der Spielfigur mit
der Tastatur. Stattdessen kann der Spieler einzelne Körperteile mit der Maus packen, so die Figur bewegen oder mit
dem zweiten Mausknopf verschiedene Attacken ausführen.
Im Prinzip fühlt sich der angehende Kung-Fu-Aspirant wie
in einem Marionetten-Theater, das zwar viele Möglichkeiten
offenbart, aber auch jede Menge Übung erfordert. Dank der
wirklich herrlich präsentierten Kampagne bekommt der Schüler das Spielprinzip von einem herrlich schrulligen Meister erklärt, der die ersten Aufträge mit klugen Sprüchen untermalt.
Egal, ob Töpfe zerschlagen, auf Holzbrettern balanciert oder
aber böse Ninjas aufgehalten werden müssen, immer wird die
Geschichte mit einem Augenzwinkern präsentiert. Der Einzelspielermodus ist nett und beschäftigt für ein paar Stunden,
doch der eigentliche Kern von „Rag Doll Kung Fu“ liegt ganz
klar im Mehrspielermodus, bei dem sich durch die abgedrehte
Optik unterhaltsame Kämpfe ergeben. Damit dieser Spaß
nicht langweilig wird, gibt es viele Spielmodi. Leider gab es im
Februar kaum noch aktive Online-Spieler – hoffentlich ändert
sich das, wenn Frogster mit seiner Box-Version ein paar neue
Spieler auf die Server lockt. (KM)
KRISTIAN METZGER
MAUS-KUNG-FU TRIFFT HALF-LIFE-2-ENGINE
Ja, ja, die Drogen. Über die gesundheitsschädigende Wirkung von Betäubungsmitteln muss an dieser Stelle nichts mehr gesagt werden.
Wenn solche Substanzen aber zu frischen Ideen führen, dann sollte
man sich bei Mutter Natur bedanken. Mark Healey wird als gutes Vorbild natürlich jeden Zusammenhang leugnen, hat bestimmt schon ein
paar Stunden seines Lebens im Land der Magie verbracht. Wir sind ihm
auf jeden Fall nicht böse und danken für diesen wunderbaren Trip und
das erfrischende Spiel. Wer sich nur auf den Einzelspielermodus freut,
wird nach knapp acht Stunden nichts mehr zu tun haben. Wer dagegen
ein Spielchen gegen einen menschlichen Gegner wagt, wird wochenlang seine Freude haben. Auch wenn „Rag Doll Kung Fu“ spielerisch
nicht der ganz große Wurf geworden ist, bleibt es ein hervorragender
Zeitvertreib für Zwischendurch.
KRITIK
SYSTEM: PC
HERSTELLER: FROGSTER
GENRE: MARIONETTEN-BEAT’EM’UP
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: JA
BLACK
PRÄDIKAT
für
gro
ßes
Acti
on
o
-Kin
auf
kle
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mB
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chir
m
KRITIK
78
SYSTEM: XBOX (TEST), PS 2
HERSTELLER: CRITERION, ELECTRONIC ARTS
GENRE: EGOSHOOTER
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: JA
Was haben wohl ein Autorennspiel und ein Egoshooter gemeinsam? Wenn es nach den Entwicklern von Criterion geht,
eine ganze Menge. Mit der „Burnout“-Serie hat das englische
Studio das Funracer-Genre revolutioniert. Mit „Black“ wollen sie nun auch das Egoshooter-Genre auf den Kopf stellen.
Im Kern ist „Black“ dabei ein Shooter der alten Schule – ohne
Rätsel, aufwändige Story oder glaubwürdige Charaktere. Die
Hintergrundgeschichte um eine verdeckt ermittelnde Einheit
der Vereinigten Staaten wird in klassischen Filmsequenzen
erzählt und ist allein für etwas Atmosphäre zuständig. Die eigentliche Hauptrolle spielen bei diesem Action-Hammer sowieso nicht Personen, sondern allein die beinharten Feuergefechte, die auf einmalige Art und Weise inszeniert sind.
Ähnliches haben Shooterfans bisher nur bei „F.E.A.R.“ erlebt,
und das erfordert statt einer handelsüblichen Konsole einen
hochgezüchteten PC.
Criterion ist es erstaunlich gut gelungen, der Welt von „Black“
dank hervorragender Physikengine und nahezu komplett zerstörbarem Inventar eine Dynamik zu verpassen, die bisher
noch kein Konsolen-Shooter erreicht hat. Genau hier wird
die Verwandtschaft zu Burnout deutlich. Wie bei dem Funracer steht das eigentliche Spielgeschehen im Vordergrund und
soll durch freischaltbare Extras und Sonderwaffen auch zum
mehrmaligen Durchspielen einladen. Dies gelingt vor allem,
weil sich bei „Black“ eben einfach alles um Waffen und ihren
gekonnten Einsatz dreht. Jeder einzelne Schusswechsel und
sogar das Nachladen werden mit solch einer Eleganz präsentiert, dass selbst John Woo vor Neid erblassen würde. Dieser
Fetischismus geht so weit, dass bei jedem neuen Magazin der
Hintergrund ausgeblendet wird und der Spieler allein die Waffe erkennen kann. Unverständlich bleibt allein, warum die verschiedenen Waffen gerade bei der Durchschlagskraft kaum
Unterschiede aufweisen. Egal, ob schwächliche MP5 oder bärenstarke AK47, der Kämpfer braucht immer einen Treffer,
um Gegner mit einem Kopfschuss auszuschalten und mindestens drei Schüsse, um einen Gegner mit Körpertreffern zu
eliminieren. Später tragen die Gegner zusätzlich Körperpanzerung, was die Gefechte noch härter macht und noch stärker
zu Kopftreffern zwingt. Die Vielfalt und der Realismus wurden hier der Spielbalance geopfert. Auch die seltsame Waffenverteilung ist nicht immer glücklich. Doch angesichts der
stimmungsvollen Schlachtfelder und der kompromisslosen
Feuergefechte verzeiht man diese Kleinigkeiten nur zu gern.
Schließlich ist „Black“ großes Hollywood-Kino in seiner beeindruckendsten Form, das optisch und musikalisch neue Maßstäbe setzt. (KM)
KRISTIAN METZGER
PURISTISCHE FEUERGEFECHTE
Wie schon „Burnout“ gelingt es auch „Black“, einen permanenten Adrenalin-Pegel aufrecht zu erhalten. Kleine Unzulänglichkeiten werden
unwichtig, wenn man sich auch nach dem hundertsten Bildschirmtod
mit voller Motivation in den Kampf stürzt. Unterstützt von einer stimmungsvollen Musik und beeindruckenden Schlachtfeldern wird der
Kampf zu einem Mantra, das die Perfektion jedes Zielvorgangs in den
Mittelpunkt stellt. Kein anderer Shooter reduziert das eigentlich brutale Geschehen dabei so gekonnt auf das reine Reaktionsvermögen und
verwandelt gleichzeitig die Akteure in bewegliche Trefferzonen. Kritiker werden sich auch daran stören, doch wird auf diese Art und Weise
nicht die Brutalität zelebriert, sondern allein das Können an der Waffe.
„Black“ wird dadurch zu einem puristischen Spiel für Liebhaber von
Feuergefechten, das für Schleich- und Storyfans wenig zu bieten hat.
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Fussballfieber
DEMNÄCHST
80
DIE NEUE [ple:] ERSCHEINT ANFANG MAI 2005
THEMA: SPORT UND GESCHICKLICHKEIT
Im Sommer startet die Fußball-WM in Deutschland – unvermeidlich, dass wir uns angesichts dessen dem Thema Sportspiele in einem großen Schwerpunkt widmen. Die Geschichte
der Fußballsimulationen, ein Blick in die virtuellen Kabinen
der Online-Ligen, die absurdesten Sportarten, die je digitalisiert wurden und vieles, vieles mehr wird es zu lesen geben.
In einem zweiten Schwerpunktteil puzzeln wir uns durch das
Universum der Geschicklichkeits- und Knobelspiele, die we-
niger durch aufwändige Grafik als durch ausgefeilte Spielkonzepte glänzen. Das alles wird garniert mit hoffentlich schon
durchgesickerten Informationen über die Next-GenerationKonsolen von Sony und Nintendo. Besonders Nintendo könnte
doch mehr in der Revolution-Pipeline haben, als viele von uns
das derzeit noch glauben. Mal schauen. Bis dahin wünschen
wir frohe Ostern und viel Spaß beim Genießen des hoffentlich
gigantischen Frühlings!
Rise of Legends
Brain Training
..
oder Die Durre Heide.
oder Die Eisenberge.
..
oder die Ettenoden.
oder Fornost.
oder Den Erebor.
oder Bruchtal.
oder Das Auenland.
oder Celduin.
..
oder Dusterwald.
oder Moria.
oder Dol Guldur.
oder Lothlorien.
0der Isengart.
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