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QUARTERLY
BY LEONTEQ
2
15
DAS MAGAZIN FÜR ANLAGEN, TRENDS UND TECHNOLOGIEN
BUSINESS TRAVEL
48 STUNDEN
IN MONACO
ZUKUNFT
PHARMAINDUSTRIE
MIT PRÄCHTIGEN
AUSSICHTEN
GROSSES INTERVIEW
DIETRICH
MATESCHITZ
MASSGESCHNEIDERT
WIE MONTBLANC IM
UHRENGESCHÄFT FÜR
FURORE SORGEN WILL
PACKT DIE STIERE
BEI DEN HÖRNERN
THEMEN-SCHWERPUNKT
ROHÖL
2 EDITORIAL
Liebe Kunden
Im zweiten Quarterly nach dem Relaunch freuen wir uns, Ihnen erneut einen interessanten Unternehmer zu präsentieren: Dietrich Mateschitz oder auch bekannt als
Gründer der erfolgreichen Softdrinkfirma Red Bull. Mateschitz ist es gelungen mit
geschickten Marketing-Ideen Red Bull innerhalb weniger Jahre zur Weltmarke zu
positionieren. Dass er trotz des mittlerweile allseits bekannten Spruchs «Red Bull
verleiht Flügel» bodenständig geblieben ist, zeigt seine Einstellung zum Thema Luxus.
Ein weiterer ehrgeiziger Unternehmer im Interview ist Jérôme Lambert, CEO von
Montblanc. Er möchte nun auch im Uhrengeschäft für Furore sorgen.
Apropos Flügel: wir konnten mit Alexander Lehmann einen
ehemaligen Windsurf-Profi gewinnen, um über die immer
beliebtere Funsportart «Kitesurfen» zu berichten. Galt
das Kitesurfen vor wenigen Jahren als äusserst gefährliche
Sportart für Freaks, bieten nun deutlich ausgereiftere
Systeme tausenden von Sportlern weltweit eine wesentlich
höhere Sicherheit bei gleichem Fun-Effekt.
Herzlichen Dank für
die zahlreichen positiven
Feedbacks zu unserem
Magazin.
Der Weg vom Wasser zum Öl ist manchmal kürzer als man denkt, womit wir schon
beim Schwerpunktthema «Rohöl» sind. Der Ölpreis ist in den vergangenen Monaten
enorm gesunken. Während die USA Förderkapazitäten allmählich zurückfahren,
konnte sich die OPEC (noch) nicht zu einer Drosselung durchringen. Der starke
Preisverfall beim Rohöl trifft Öl- und Gasaktien hart. Hier könnte ein erster Megadeal
Vorbote einer weiteren Konsolidierung sein. Zuletzt gehen wir auf die Bedeutung der
Fracking-Fördermethode ein. Fracking liess die Produktion in einigen Ländern regelrecht explodieren.
Beim Thema «Zukunft» befassen wir uns in dieser Ausgabe mit der Pharmabranche.
Insbesondere in Asien wird der steigende Wohlstand zu mehr Ausgaben für die
Gesundheit und gleichzeitig höheren Umsätzen bei Pharmakonzernen führen.
Ihnen wünsche ich anregende Einblicke beim Lesen der neuen Ausgabe.
Jan Schoch
CEO | Leonteq Securities AG
INHALT 3
Inhalt
STANDORT
AUF EINEN BLICK Der
Die besten Tipps für ein
Wochenende in Monaco.
Ölmarkt. Seite 4
NEWS Neues aus dem
Hause Leonteq. Seite 6
PORTRÄT Fast & furios:
Dieter Mateschitz. Seite 8
SPORT Schnell zu lernen
und hoher Adrenalin-Faktor garantiert: Kitesurfen.
Seite 14
SPEZIAL: ROHÖL
INTERVIEW
Der «Oberbulle» Dieter
Mateschitz im seltenen
Interview.
8
38
KAPRIOLEN BEIM
SCHWARZEN GOLD Der
Rohstoff Öl hat sich enorm
verbilligt. Seite 18
KRÄFTIG ABGESCHMIERT
Der starke Preisverfall trifft
den Öl- und Gassektor hart.
18
Seite 24
EIN LAND IM ÖLRAUSCH
Die USA sind zurück. Seite
28
34
ZUKUNFT
Pharma – ein grenzenloser
und wachsender Markt.
Seite 30
MASSGESCHNEIDERT
Montblanc – Die ehrgeizigen
Ziele des Traditionshauses.
MASSGESCHNEIDERT
Montblanc – das Hamburger
Traditionshaus will mehr.
Seite 34
STANDORT Monaco hat
mehr zu bieten als sein
Casino. Seite 38
SPITZMARKE ERDÖL Alles auf Schwarz.
GIMMICKS Alle Mann an
den Grill! Seite 42
Impressum
Herausgeberin
Leonteq Securities AG
Brandschenkestrasse 90, Postfach 1686
8027 Zürich, Schweiz
Erscheinung: 3x im Jahr
Druckauflage: 3‘000 DE / 2‘000 EN
Konzeption + Realisation
Leonteq & Axel Springer Schweiz AG
Corporate Media, www.axelspringer.ch
Chefredaktion
Manuel Dürr
manuel.duerr@leonteq.com
Übersetzung
Amelia Sassano
Marketing Director
Sandra Frank Dudler
sandra.frank@leonteq.com
Autoren
Wolfgang Hagl
Christian Ingerl
Alexander Lehmann
Oliver Klaffke
Hubert Patterer
Mark C. Schneider
Christoph Wöhrle
Bildnachweise
Titel: Getty Images / Gerard Rancinan;
Inhalt: Getty Images / Mark Thompson;
Porträt: Getty Images / Gerard Rancinan (p. 9);
Getty Images / Mark Thompson (p. 13);
Öl: Royal Dutch Shell (p. 25), BP (p. 25);
Montblanc: Simone Scardovelli (p. 36, 37);
Illustration: Felice Bruno (p.40).
Alle übrigen Bilder iStock.
Bestellung Abonnement
Leonteq Securities AG
sandra.frank@leonteq.com
Tel. +41 58 800 1091
Fax +41 58 800 1010
Druck
Staffel Medien AG, Zürich
www.staffelmedien.ch
Eine Wiedergabe – auch auszugsweise – von
Artikeln und Bildern ist nur mit Genehmigung
von Leonteq Securities AG gestattet. Jegliche
Haftung für unverlangte Zusendungen wird
abgelehnt.
Rechtlicher Hinweis
Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken und ist kein Research; sie ist weder
als Empfehlung zum Kauf bzw. Verkauf von
Finanzprodukten noch als Angebot oder
Einladung zur Offertenstellung zu verstehen.
Die darin enthaltenen Angaben werden ohne
jegliche Garantie oder Zusicherung
bezüglich Korrektheit, Vollständigkeit oder
Verlässlichkeit gemacht. Investoren wird
ausdrücklich empfohlen, sich vor einer
Investition in Finanzprodukte durch einen
Fachmann umfassend und persönlich beraten
zu lassen. Diese Publikation kann eine solche
Beratung in keinem Fall ersetzen.
© Leonteq Securities AG 2015.
Alle Rechte vorbehalten.
Ganz im Sinne der Nachhaltigkeit wurde diese Publikation auf FSC-zertifiziertem Papier klimaneutral gedruckt und trägt so zu einer weltweiten nachhaltigen
Waldbewirtschaftung bei. Es wurde ausschliesslich Ökostrom zur Herstellung dieser Publikation eingesetzt und die Auslieferung erfolgte mit einem
Hybridauto.
4 AUF EINEN BLICK
Der Ölmarkt
Nordamerika
Ein grosserTeil des Ölhandels findet ohne
Börsenbeteiligung direkt zwischen Lieferant und
Abnehmer statt. Die Preise orientieren sich an
den Kursen der internationalen Ölbörsen. Der
dort festgestellte Marktpreis resultiert aus dem
Angebot und der Nachfrage.
Rohöl-Reserven in Barrel
(Globaler Anteil)
Unterschiedliche Variablen wie das Wirtschaftswachstum, begrenzte Vorkommen, Fördermengen und Finanzmarktfaktoren, aber auch Ereignisse wie Naturkatastrophen, Kriege und politische
Krisen können den Preis unter Druck bringen.
DIESE FAKTOREN
BEEINFLUSSEN DEN
ROHÖLPREIS
Steuern
Fördermengen pro Jahr in
Barrel (Globaler Anteil)
Verbrauch pro Jahr
in Barrel (Globaler Anteil)
Handelswert der Landesreserven,
Durchschnitt Mai 2015,
60 USD pro Barrel
Logistik
& Infrastruktur
Niedrige Lagerbestände,
komplexe Transportwege und
fehlende Frachtkapazitäten
verteuern das Öl.
Währungsschwankungen
Oft soll eine hohe Besteuerung
dazu führen, dass die Wirtschaft
von fossilen Brennstoffen
unabhängiger wird.
233 Mrd. (14%)
18.7 Mio. (21%)
23.3 Mio. (24%)
13.95 Bill.
Veränderungen im Dollarwechselkurs beeinflussen den Preis
des Rohstoffes und umgekehrt.
Mittel- &
Südamerika
330 Mrd. (19%)
7.6 Mio. (9.3%)
7.1 Mio. (7.8%)
19.81 Bill.
Politik
Globale Nachfrage
Wenn aufgrund einer guten
Konjunkturlage der Bedarf
steigt, die Fördermengen
aber nicht zunehmen,
steigt der Preis.
159 Liter
Warme Winter, Entspannung
in Krisengebieten mit Ölförderanlagen und das Abflauen
der Konjunktur lassen
den Preis fallen.
OPEC
Die OPEC-Länder kooperieren
bei der Festlegung der Fördermengen stark und beeinträchtigen dadurch das Preisspiel
der freien Marktkräfte.
1 km
60 km
Flugzeug
Schiff
1 Barrel (bbl)
=
QUARTERLY 2 | 15
REICHWEITE VON TREIBSTOFF
AUS EIN BARREL ROHÖL
=
5
FÖRDERMENGEN UND EINKÜNFTE
Europa, Russland &
Zentralasien
155 Mrd. (9.1%)
17.2 Mio. (20%)
18.3 Mio. (20%)
9.29 Bill.
Afrika
129 Mrd. (7.6%)
8.3 Mio. (9.3%)
3.8 Mio. (4.3%)
7.75 Bill.
Naher Osten
811 Mrd. (48%)
19 Mio. (21%)
23 Mio. (24%)
13.95 Bill.
Asien-PazifikRaum
43 Mrd. (2.5%)
8.3 Mio. (9.4%)
31 Mio. (34%)
2.56 Bill.
Global
1 700 000 000 000 000 Barrel
88 700 000 Barrel
92 100 000 Barrel
13 950 000 000 000 USD
100 km
1 000 km
1 800 km
LKW
PKW
Motorrad
6 NEWS
LOKAL
Manuel Dürr (Mitte) im Gespräch mit Martin Raab
(links) und Daniel Manser (rechts) bei der Preisübergabe in der Kategorie Bestes Edelmetallprodukt
SWISS DERIVATIVE AWARDS 2015
5-fach ausgezeichnet
Am 26. März 2015 wurde die Preisverleihung der Swiss Derivative Awards
im AURA Zürich durchgeführt. Dabei
feierte die Veranstaltung bereits das
Jubiläum des 10-jährigen Bestehens.
Die unabhängige Experten-Jury unter
der Leitung von Prof. Dr. Marc Oliver
Rieger hat die Leonteq Securities AG
zum ersten Mal in der Geschichte der
Swiss Derivative Awards mit fünf
Preisen ausgezeichnet.
Besonders erfreulich ist, dass Leonteq zum
fünften Mal in Folge mit dem begehrten
Award für «Top Service» prämiert wurde.
Leonteq freut sich über die Anerkennung
ihrer Arbeit mit diesen Awards und bedankt sich auch an dieser Stelle herzlich
bei Ihnen für Ihre Stimme und Unterstützung.
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Auszeichnung Prädikat «Top Service»
Dabei werden die Emittenten mit dem
besten Anlegerservice prämiert.
Kategorie Bester Market Maker
Anlageprodukte
Mit dem «Market-Making» (dt. Marktpflege) stellt die Emittentin sicher, dass
in einem ausgegebenen Produkt jederzeit
Geld- und Briefkurs mit ausreichendem
Volumen gestellt sind und so die Marktliquidität gewährleistet ist. Leonteq erhält
bereits zum vierten Mal in Folge den
prestigeträchtigen Award für das beste
Market Making im Bereich der Anlageprodukte.
Kategorie Bestes Edelmetallprodukt
Für den Inverse Barrier Reverse Convertible auf Gold. Es ist das einzige Produkt
im Schweizer Markt, mit dem Anleger von
seitwärtstendierenden oder sinkenden
Goldpreisen profitieren können.
Kategorie Bestes Produkt auf alternative Basiswerte
Für das Tracker Zertifikat auf Zurich Insurance Dividenden Future 2017. Es ist das
erste Produkt im Schweizer Markt, welches
Anlegern Zugang zu Aktiendividenden
Futures bietet.
Special Award für den Public Constructor
Die Jury würdigte die Tatsache, dass der
Public Constructor die Transparenz hinsichtlich der Preisbildung eines Strukturierten Produktes auf ein neues Niveau
hebt. Der Public Constructor ist seit
letztem Jahr öffentlich auf der Leonteq
Webseite www.leonteq.com abrufbar.
7
GLOBAL
INNOVATIVE PLATTFORM
für Strukturierte Produkte in Asien-Pazifik
Wir haben mit Avaloq, DBS und
Numerix eine Absichtserklärung zur
Implementierung eines integrierten
Multi-Issuer-Systems für den Vertrieb
von Anlageprodukten (IPDS) unterzeichnet.
Die Kooperation soll das Angebot und den
Vertrieb von Strukturierten Anlageprodukten weiterentwickeln. IPDS wird im
Rahmen dieser Initiative an die Avaloq
Banking Suite angebunden, wobei DBS als
Pilotbank fungiert. Der Fokus liegt in der
ersten Phase auf der Region Asien-Pazifik.
Avaloq, DBS, Leonteq und Numerix sind
übereingekommen, IPDS als Plattform für
die folgenden Zwecke zu entwickeln:
1. Zugang zu Strukturierten Anlageprodukten von DBS und in Zukunft soll die Plattform auf weitere ausgewählte Emittenten
sowie weitere Produkte und Instrumente
ausgedehnt werden.
2. Web-basierte, multi-User-fähige Lösung,
die von Numerix zur Verfügung gestellt
wird; diese erlaubt auf der Grundlage von
analytischen Daten die Strukturierung
und Preisberechnung von Produkten in
Echtzeit, bietet eine unmittelbare Preisstellung und ermöglicht einfache Handels- und
Buchungsprozesse.
3. Zugang zu spezifischen automatisierten Dienstleistungen auf der integrierten
Technologie- und Service-Plattform von
Leonteq.
4. Anbindung an die Avaloq Banking Suite
und damit vollautomatische Verarbeitung
(«Straight Through Processing») von
Transaktionen in diesen Produkten.
Die Kooperation ist eine ideale Ergänzung
der Geschäftsstrategien und der jeweiligen
Produkt- und Dienstleistungsangebote der
vier Partner, sowohl in Asien als auch
international. Den vier Partnern wird die
Kooperation Ertrags- und Kostensynergien durch das Pooling von Infrastruktur-, IT- und weiteren Supportleistungen
ermöglichen. Anleger in Strukturierten
Anlageprodukten werden von verbesserter
Qualität und Funktionalität profitieren. Jan
Schoch, CEO Leonteq: «Die Kooperation
zwischen den vier Partnern ist ein signifikanter Schritt hin zur Entwicklung einer
hochinnovativen Anlageplattform. Dass
wir dabei einen Buy-Side-Ansatz verfolgen,
um die Dienstleistungsqualität aus Sicht
des Kunden zu verbessern, macht diese
Plattform einzigartig. Es ist eine Ehre für
Leonteq, mit solch angesehenen Partnern
zusammenzuarbeiten und die gemeinsame
Expertise für diese Anlagelösung zu
nutzen.»
8 DAS PORTRÄT
DER ÜBERFLIEGER
DIDI
MATESCHITZ
Der Selfmade-Milliardär Dietrich Mateschitz (70) hat
Red Bull mit kreativen Marketing-Ideen zur Weltmarke
gemacht. Hier verrät er, warum er Steuern auf Vermögen fair
finde, die Politik allein kein Beruf sei und wohin er sich im
Ruhestand zurückziehen werde.
«Natur und
gute Freunde
sind für mich
echter Luxus»
M
it einem geschätzten Vermögen von
rund 10.8 Milliarden US-Dollar gilt
Dietrich «Didi» Mateschitz (70) aus
Sankt Marein im Mürztal als reichster Österreicher. Erworben hat es
der damalige «Blendax»-Manager mit dem koffeinhaltigen Aufputschgetränk «Red Bull», das 1987 im
Markt eingeführt wurde. Dietrich Mateschitz hält
49 Prozent am Unternehmen, die thailändische
Unternehmerfamilie Yoovidhya 51 Prozent.
Sobald der Kassenstand es zuliess, subventionierte
Mateschitz eine Reihe von angesagten Extremsportarten und begründete damit seinen bis heute
gültigen Ruf als Marketing-Genie. Momentan läuft
allerdings nicht alles nach Plan: Mateschitz’ wichtigster Werbeträger, sein Formel-1-Team, fährt den
anderen hinterher. Zudem hat sich nun auch noch
Coca-Cola am Energiegetränkehaus und Konkurrenten Monster beteiligt.
Mateschitz ist Absolvent der Hochschule für
Welthandel in Wien. Seine Leidenschaft gehört den
Flugzeugen, für die er in seiner Wahlheimat Salzburg
den von Architekt Volkmar Burgstaller geplanten
Hangar-7 errichten liess. Mit einer Spende von
70 Millionen Euro unterstützte der Unternehmer
Forschungen zur Heilung von Querschnittlähmung.
9
Wir sind völlig
transparent
Interview: © Kleine Zeitung Graz
10 DAS PORTRÄT
Herr Mateschitz, die Marke Red Bull wirbt
mit Extremsport und setzt auf die Ausreizung
von Gefahr und Risiko. Verstehen Sie Kritiker,
die das für ein ethisch fragwürdiges Konzept
halten?
Jeder Extremsportler, jeder Basejumper, jeder Motocrosser hat diesen Beruf ausgeübt, lange bevor wir
ihn begleiten. Und wenn wir Events machen, dann
lassen wir uns die nicht selbst einfallen, sondern es
kommt meistens der Athlet auf uns zu. Dann versuchen wir das Risiko zu minimieren, machen Tests
und bereiten uns monatelang penibel vor. Das Restrisiko bleibt. Es spielt einer Fussball und hat einen
Herzinfarkt und fällt tot um. Hat man jemals den
Bernie Ecclestone zur Verantwortung gezogen, wenn
es in den 70er- oder 80er-Jahren einen tödlichen
Unfall gegeben hat? Es ist die Passion der Athleten.
Ich wünsche mir Politiker,
die einen Beruf haben.
Der Stratosflug von Felix Baumgartner hätte mit
einer weltweit live übertragenen Tragödie enden
können.
Nein, hätte er nicht. Wir hatten Sicherheitsmassnahmen implementiert, über die wir öffentlich nicht
gesprochen haben. Im schlimmsten Fall wäre Felix
vielleicht ohnmächtig geworden, aber trotzdem heil
heruntergekommen.
In Amerika wurde Ihr Unternehmen verklagt,
weil ein Konsument angeblich an den Folgen
überhöhten Red-Bull-Konsums verstorben ist.
Wie gehen Sie damit um?
Das passiert fünf Mal im Jahr und nervt natürlich.
Da muss man die amerikanische Justiz kennen, die
Anwälte, die ihre Visitenkarten verteilen und sagen:
Ich vertrete dich umsonst, dafür kriege ich 30 und
mehr Prozent der Einnahmen. Wir haben meterhohe klinische und toxologische Untersuchungen
zur Unbedenklichkeit, die Vorwürfe sind absurd.
Und wenn die französische Regierung eine Steuer
auf Energy-Drinks einführen will, dann tut sie das
nicht, weil sie die Gesundheit schützen will, sondern weil sie damit 80 Millionen Euro für die leere
Eine Milliarde Euro
gibt Red Bull pro Jahr für
globales Marketing aus
11
SPRUNG AUS DER STRATOSPHÄRE
Felix Baumgartner stieg am 14. Oktober 2012 von der Walker Air Force
Base bei Roswell in New Mexico (USA) mit einem Heliumballon in
einer Druckkapsel in die Stratosphäre auf, um mit nur einem
Schutzanzug und Fallschirm abzuspringen.
Nach seinem Sprung erzielte er:
- den mit 38´969.4 m bis dahin höchsten Absprung eines Fallschirmspringers,
- den mit 36´402.6 m tiefsten freien Fall,
- die mit 1357.6 km/h grösste im freien Fall erreichte Geschwindigkeit
ohne Stabilisierungsschirm.
12 DAS PORTRÄT
Staatskassa lukriert. Das ist Doppelmoral, Lug und
Betrug. Coca-Cola hat teilweise dasselbe Problem,
bei denen ist es halt der Zucker, bei McDonald’s ein
Konsument mit Übergewicht, bei Walmart ein frisch
gewischter Fussboden. Solche Beispiele kann man
endlos aufzählen. Ich halte es mit Viktor Frankl, der
sagt, das ureigenste aller Menschenrechte ist das der
Eigenverantwortung.
Die braucht aber einen Rahmen.
Den setzt bei uns der Staat so eng, dass von der
Verantwortung des Einzelnen nichts mehr übrig
bleibt. In der Pädagogik ist immer der Lehrer schuld
oder das System, aber nie die Eltern oder die Jugendlichen selbst. Alles wird niederreglementiert. Man
schreibt vor, dass ein Wegweiser auf einem Berg gelb
Wenn ich morgen nicht mehr
ins Unternehmen kommen
will, wird man das nicht
merken.
und pulverbeschichtet sein muss und dass Schafe
und Kühe auf der Alm Marken haben müssen, mit
so und so vielen Farben, dass man schon fast keine
Ohren mehr sieht. Ich glaube an Individualismus,
nicht an Konformismus. Mich wundert, was die
Menschen alles hinnehmen. Dass sie sich gefallen
lassen, was die NSA macht, was die Staaten machen,
was die EU macht. Irgendwann wird es zum Aufstand kommen.
Wollten Sie nie Politiker werden?
Nein, ich wäre völlig unbrauchbar. Da geht es um
die politische Kultur. Ich finde es nicht richtig, dass
es primär um die Machterhaltung der eigenen Partei
geht, dass man durch Diffamierung und Diskriminierung der anderen Parteien überzeugen will und
nicht durch die eigene Leistung. Das würde ich nie
auf mich nehmen. Ich glaube auch nicht, dass es gut
ist, dass man hauptberuflich Politiker ist. Was hat
man da gelernt? Was ist das für ein Beruf?
Fakten aus
dem Leben
von Dieter
Mateschitz
116
Auf diesem Platz
rangiert Dieter
Mateschitz mit
einem geschätzten
Vermögen von USD
10.8 Mrd. auf Forbes
Milliardärs-Ranking
2015.
5.6 Milliarden
Dosen des Energygetränks Red Bull
wurden 2014 verkauft,
das bedeutet ein Plus
von 0.2 Milliarden im
Vergleich zu 2013.
1
Sohn (22) aus einer
zweijährigen Beziehung; Mateschitz ist
ledig.
7
Mateschitz´s grosse
Leidenschaft sind
Flugzeuge, die er zum
Teil im Hangar-7 in
Salzburg ausstellt.
Ein verantwortungsvoller und zeitraubender.
Dass man rhetorisch gut ist? Dass man gut lügen
kann? Dass man sich opportun verhalten kann? Das
ist ja kein Beruf. Ich wünsche mir Politiker, die einen
Beruf haben, Landwirt, Rechtsanwalt, Finanzmann,
Wissenschafter, Professor, Unternehmer, Journalist,
Kaufmann. Und wenn man in der Politik keinen
Erfolg hat, das heisst seine Leistung nicht erbringt,
dann geht man zurück in die Kanzlei oder auf den
Bauernhof. Dann wäre zumindest einmal die Abhängigkeit von der politischen Partei aufgehoben. Und
warum muss man überhaupt einer Partei angehören? Man verliert dadurch die besten Köpfe eines
Landes, weil sie genau das nicht möchten. Im Kern
ist es ganz einfach, in der Politik wie überall sonst
auch: Es geht um Kompetenz und Charakter, um
sonst nichts.
Sie stellen sich mit Ihrem Produkt dem globalen
Wettbewerb. Wie wettbewerbsfähig ist Österreich?
Österreich könnte sein Potenzial besser ausschöpfen.
Das gilt für Wissenschaft genauso wie für Technik,
Forschung und Wirtschaft. Es gäbe in Österreich
viele Marken, die das Potenzial hätten, auch international zu reüssieren. Warum das nicht allen gelingt,
warum es vielleicht nicht einmal alle versucht haben,
kann ich nicht beurteilen. Vielleicht haben sie von
manchem zu wenig, Selbstvertrauen, Freude an der
Herausforderung, Mut, und von manchem zu viel,
Bequemlichkeit, Zufriedenheit. Aber vielleicht fehlt
auch die Möglichkeit, so einen Schritt zu finanzieren.
Es gibt Pläne, das Vermögen in Österreich stärker zu besteuern. Würden Sie das als glamourös
Betroffener befürworten?
Ja, eine Vermögenssteuer finde ich durchaus fair und
legitim. Auch wenn man natürlich jetzt schon ein
Zigfaches an Steuervolumen bezahlt.
Wo zahlt das Unternehmen Red Bull Steuern?
Es wird der gesamte Weltumsatz in Österreich
versteuert. Es ist relativ bekannt von mir, dass wir
völlig transparent sind. Wir haben keine Einkaufsgesellschaft in Hongkong, wir haben die Marke
nicht auf den Cayman-Inseln. Wir zahlen, so wie es
sich gehört, jeden Cent Steuer ohne irgendwelche
Konstrukte. Aber in Ausnahmezeiten, und in denen
13
IN MARIA ALM
auf einem Bauernhof am Fusse
vom Steinernen Meer lebt Dieter
Mateschitz. Seine Mutter (99 Jahre)
wohnt bei ihm, in einem Gästehaus
neben dem Bauernhof.
bewegen wir uns, ist es die Verpflichtung
des Einzelnen, sofern er dazu finanziell in
der Lage ist, zusätzlich zu kontribuieren.
Man könnte die zahlungskräftigen Grossunternehmen freiwillig zu einer solchen
Einmalaktion oder meinetwegen über zwei,
drei Jahre hindurch auffordern, einen solchen ausserordentlichen Beitrag zu leisten vielleicht käme dabei mehr heraus, als man
sich jetzt vorstellen würde.
Sie würden das machen?
Ja, solange es notwendig ist. Das Problem
ist nur, dass es in Summe nicht viel helfen
wird. Wenn Sie bei allen Arbeitnehmern
fünf Euro im Monat einsparen, ist die
Summe eine vielfach höhere, als wenn Sie
den sogenannten Millionären Millionen
wegnehmen. Was uns betrifft, machen wir
ohnehin sehr viel. Und wenn es in Summe
über das Machbare hinausgeht, dann müssen wir eben bei anderen Dingen einsparen,
sei es im Sport, in der Wissenschaft, im
sozialen Bereich oder sonst wo. Aber eines
möchte ich schon noch anführen: Ich halte
die Summe des Steueraufkommens in Österreich, als einem der höchstbesteuerten
Länder, für durchaus ausreichend. Der
Schlüssel ist eher die richtige Aufteilung.
Aber noch einmal: Eine Vermögenssteuer
erachte ich als durchaus legitim.
Wie viel Steuern zahlt der Konzern?
Das weiss ich jetzt nicht genau. Wenn Sie
Mehrwertsteuer, Körperschaftssteuer,
Lohnsteuer, Kommunalsteuer, dazu die
Mehrfachsteuern und so fort zusammenzählen, dann sind das ein paar Hundert
Millionen im Jahr.
Die Schweiz wäre schonender.
Ich hab’ einmal im Spass gesagt, wenn ich
in die Schweiz ginge, könnte ich mir alle
drei Monate eine Riesenvilla am Luganer
See kaufen und verschenken, das Ganze
viermal im Jahr, und es käme mir immer
noch billiger als in Österreich.
Wie definieren Sie Luxus?
Die Intensität einer unversehrten Natur,
ein kleiner Kreis an Freunden mit einer
Affinität zum Humor und in der Art zu
denken. Eine erfüllende Arbeit. Familie.
Zeit, die Souveränität über sie und gelegentlich gut essen gehen. Auch ein ansehnliches Paar Ski und ein gescheites Bike für
die Berge gehören dazu.
Sie sind jetzt siebzig Jahre alt. Was
haben Sie noch vor mit sich?
Ich erinnere mich immer selber daran,
dass es Zeit wäre, in Pension zu gehen.
Mein Umfeld versichert mir, dass das
keine besonders gute Idee wäre. Ich habe
meine Arbeitszeit auf eine Drei-TageWoche reduziert, was mir zur Hälfte auch
gelingt einzuhalten. Meinem vierköpfigen
Konzernvorstand sage ich, ihr müsst euch
langsam angewöhnen, Entscheidungen
irgendwann ohne mich zu treffen, weil ich
dann nur noch Holzknecht sein werde •
14 SPORT
KITESURFEN
ÜBER DEN
WELLEN
Schnell zu lernen und hoher Adrenalin-Faktor. Hier
erklärt die Wassersport-Legende Alexander Lehmann,
was Kitesurfen so faszinierend macht.
QUARTERLY 2 | 15
15
W
enige Momente vorher war der Strand
noch von Sonnenschein verwöhnt. Doch
schlagartig verdunkelt sich der Himmel
über dem Meer. Das dumpfe Grollen aus
der Ferne lässt nicht nur die Seemöwen
verstummen. Die leichte Seebrise aus
nordwestlicher Richtung entwickelt sich
binnen Minuten zu einem ernst zu nehmenden Sturm. Ich
schmecke das Salz auf meinen Lippen, während aufgewirbelter Sand über die Dünen jagt und erste Sonnenschirme
mit sich reisst. Fluchtartig verlassen Badegäste den Strand,
raffen hastig ihre Handtücher und Picknickutensilien
zusammen, während ich mich in aller Ruhe und mit
zunehmender Vorfreude in meinen Neoprenanzug zwänge.
Ich schultere meinen Kite und greife das Board, wohlwissend, dass mir eine actiongeladene Session in den Fluten
der Ostsee bevorsteht.
Adrenalin pur
Lautlos über das Wasser jagen, angetrieben vom Wind zu
meterhohen Sprüngen abheben und Wellen surfen, ohne
dafür nur einen Schlag paddeln zu müssen: Kitesurfen garantiert Adrenalin pur und gehört zu den Wassersportarten
mit dem grössten Actionfaktor. Hier wird die menschliche
Faszination für das Überlisten der Schwerkraft mit Leichtigkeit Realität.
Von der Kraft eines Lenkdrachens angetrieben, eröffnet das
Kitesurfen eine neue Dimension für Funsportler. Scheinbar
schwerelos katapultieren sie sich in Höhen von bis zu 20
Metern und profitieren dann von der Tragfähigkeit ihrer
Drachen. Flugzeiten von über zehn Sekunden sind keine
Seltenheit. Ob auf Flachwasser cruisen oder in Wellen
surfen, die Facetten sind so vielseitig wie in kaum einer
anderen Wassersportart. Von aussen betrachtet ist es ein
wahrhaft artistisch anmutendes Spektakel – und dennoch
leicht zu erlernen. Ob jung oder alt, Freizeitsportler oder
Sportfanatiker, Lernfortschritte stellen sich deutlich
schneller ein als etwa beim Windsurfen oder Wellenreiten,
denn der Kraftaufwand fällt entscheidend geringer aus.
Dennoch ist Kitesurfen eine Sportart, die nahezu alle Muskelpartien des Körpers beansprucht und den Fitness-Aspekt
in vollem Umfang erfüllt.
DIE AUSRÜSTUNG
Nichts kaufen ohne vorausgegangenen Kurs.
Finger weg von Profi-Equipment, wenn man noch
Anfänger ist. Rookies brauchen ein Kite, das sehr
stabil schwebt, sich möglichst neutral bis gutmütig
verhält.
Richtig wichtig ist das Safety-System: Es muss in der
ersten Stufe eine rasche Zugminimierung bieten und
in der zweiten Stufe eine komplette Trennung vom Kite
mittels Schnelltrennmöglichkeit an der Safetyleash.
16 SPORT
TRICKS GEHÖREN DAZU
Abfolge des bei Kitern beliebten Back Roll
An oder aus – im Wasser liegen oder über selbiges gleiten:
Beim Kitesurfen gibt es keinen Kompromiss. Und genau
dieser Umstand trägt dem raschen Erfolg der Sportart
Rechnung. Während man sich beim Windsurfen nicht selten
über Jahre quälen muss, ehe man sich in den Fussschlaufen
stehend und im Trapez eingehakt gleitend über das Wasser
bewegt, hat man beim Kitesurfen bereits nach wenigen
Stunden erste Erfolgserlebnisse. Denn im Gegensatz zum
Windsurfen, der Mutter aller Funsportarten, trägt einen das
Board aufgrund mangelnden Volumens nicht und so fährt
man, den Kite in die richtige Richtung gelenkt, sofort von
0 auf 100 in den Gleitzustand. Und dieses besondere Gefühl
ist es, was die Faszination aller Funsportarten ausmacht.
Ob Snowboarden im Tiefschnee, Windsurfen, Wellenreiten, Wakeboarden oder eben Kitesurfen: das Gefühl des
schwerelosen Gleitens ist es, was die Menschen elektrisiert
und nicht mehr loslässt. Und beim Kitesurfen hat man
dieses Gefühl bereits nach kurzer Zeit. Oder man liegt nur
im Wasser.
Gewaltiges Interesse
Galt Kitesurfen noch vor wenigen Jahren als äusserst
gefährlicher Sport, gehören die Zeiten von unausgereiften
Systemen, Material aus der Bastlerwerkstatt und «learning
by doing» längst der Vergangenheit an. Dabei ist es noch
gar nicht so lange her, als um die Jahrtausendwende vereinzelt verwegene Gestalten auf dem Wasser zu sehen waren,
die sich von riesigen Lenkdrachen auf einem Windsurf- oder
Wellenreitboard ziehen liessen. Damals wurden sie als
Freaks bezeichnet, denn kaum jemand konnte mit diesem
merkwürdigen Treiben so richtig etwas anfangen. Heute
gelten die damaligen Freaks, wie Flash Austin oder Robby
Naish, als Synonyme für die Geburt einer Sportart, die heute Tausende Wassersportler weltweit in ihren Bann zieht.
Von jungen Wilden bis hin zu sportlichen Senioren hat das
Kitesurfen mittlerweile Liebhaber in allen Altersgruppen
und gesellschaftlichen Schichten gewonnen. Einer der
Gründe für diese rasante Entwicklung ist sicherlich, dass der
Ursprung des Kitesurfens die Faszinationen verschiedenster
Sportarten vereint. Elemente vom Windsurfen, Wellenreiten,
Paragliding, Wakeboarden und Skaten dienen auch heute
noch als Inspiration. Die Zugangsbarrieren sind relativ
gering und auch der Materialaufwand ist verglichen mit dem
Windsurfen überschaubar. Ein Schirm hat zusammengepackt gerade mal die Masse eines Rucksacks und eine
komplette Ausrüstung lässt sich problemlos in einem Sportwagen transportieren. Hinzu kommt die nahezu grenzenlose
Freiheit bei der Wahl des Spots.
Natürlich gelten aber auch für Kitesurfer Regeln: Badezonen, Schifffahrtsstrassen oder Naturschutzgebiete sowie
ausgewiesene Verbotszonen müssen gemieden werden.
Darüber hinaus kann aber im Grunde jede «Pfütze», die mit
Wind versorgt wird, zum Kitespot werden. Demnach ist der
Sport nicht nur an der Küste erlebbar.
QUARTERLY 2 | 15
Beim Kiten gilt das
Entweder-Oder-Spiel:
Entweder Du liegst im
Wasser oder Du gleitest.
Vor zehn Jahren war Kitesurfen noch relativ eingleisig
gestrickt und von etablierten Funsportlern auch gerne
belächelt. Auf einem Board stehend wurden die Akteure
von ihren Drachen gezogen und hoben zwischendurch für
Sprünge von der Wasseroberfläche ab. Viel mehr war Kitesurfen zu diesem Zeitpunkt nicht. Aufgrund der schnellen
Weiterentwicklung, bei der noch lange kein Ende in Sicht ist,
existieren heute diverse Spielarten auf dem Wasser. Durch
innovative Beeinflussung von bereits bestehenden Boardsportarten wie dem Wakeboarden, entstanden binnen weniger Jahre manigfaltige Ausprägungen. Unter dem Überbegriff Freestyle entwickelten sich die Disziplinen Oldschool,
Newschool und Wakestyle und abseits von hohen Sprüngen
traten die Disziplinen Kiterace, Speed und Wave auf die Bildfläche. Ob Kiten auf Hindernissen wie Slidern und Kickern
(bekannt aus dem Wake- und Snowboarden), Wavekiten mit
oder ohne Schlaufen, oder das relativ neue Wakeskaten, bei
dem der Fahrer auf einem Skateboard ähnlichen Brett steht,
den Ideen sind keine Grenzen gesetzt.
17
Der bereits seit zehn Jahren an der Nordseeküste von
St. Peter-Ording stattfindende Kitesurf World Cup ist mit
einer viertel Million Besucher die grösste und zugleich
reichweitenstärkste Kite-Veranstaltung der Welt geworden
und verdeutlicht das mittlerweile gewaltige Interesse am
Kitesport. Jedes Jahr sind steigende Aktivenzahlen zu
verbuchen.
Höhenflug mit Suchtgefahr!
Wer einmal auf den Geschmack gekommen ist, den wird
der Ruf des Windes nicht mehr loslassen – Suchtgefahr
garantiert. Diese Sucht packte bereits vor Jahren auch
den Self-Made-Milliardär Richard Branson, der Ende 2014
kurzerhand die internationale Kitesurforganisation PKRA
(The Professional Kiteboard Riders Association) kaufte,
um unter neuem Namen «Virgin Kitesurf World Championships» die Sportart auf das nächste Level zu heben. Auch
Richard Branson sagt man nach, dass er an windigen Tagen
unruhig wird und ihn eine unsichtbare Macht aufs Wasser
zieht. Vor allem dann, wenn der Himmel dunkel wird, aus
einer leichten Brise ein handfester Sturm wird und die
fliegende Gischt das Meersalz auf den Lippen hinterlässt.
Kaum jemand kennt die Funsport-Szene so gut wie der
ehemalige Windsurf-Profi Alexander Lehmann (42). Er ist
Gründer des Kitemagazins «Kitlife» und einer der Urväter
des Ocean Jumps, der jedes Jahr während der Kieler Woche
viele tausend Fans anlockt.
1
2
4
7
5
6
DIE BESTEN
KITE-SPOTS DER WELT
8
9
Rookie Stehreviere bieten Anfängern die
besten Bedingungen. Im knietiefen Wasser ist
es einfacher, den Widerstand im Kitesegel aufzubauen. Top-Reviere: Fehmarn 1 , Westrügener Bodden 2
und Mauritius 3 .
3
Semi Am besten eignet sich ein möglichst vielseitiger Mix aus Flachwasser und kleineren
Wellen zum Springen. Top-Reviere: Deutsche Nordseeküste 4 (St. Peter Ording), Holländische Küste 5 und
die Nordküste Brasiliens 6 (z.B. Fortaleza).
DIE BESTEN KITE-SPOTS
DER WELT
Für Anfänger, Fortgeschrittene und Könner
Pro Geübte Kiter suchen viel Wind für einen
hohen Druck im Segel und Wellen für die Akrobatik. Top-Reviere: Der Norden Dänemarks 7 (Hanstholm, Klitmøller), Bretagne 8 , Mauritius 9 (one eye).
18 ÖL
SPITZMARKE ROHÖL
KAMPFZONE
ROHÖL
QUARTERLY 2 | 15
19
DIE NACHFRAGE STAGNIERT, NEUE
MACHTVERHÄLTNISSE ENTSTEHEN
WER WIRKLICH DAS AUF UND AB DES ÖLPREISES BESTIMMT. DER KRIMI RUND UMS
SCHWARZE GOLD IN 3 KAPITELN.
20 ÖL
Fördern, aufbereiten, liefern: Produktionsprozess der Ölindustrie
Kapriolen beim schwarzen Gold
Öl hat sich enorm verbilligt. Während die USA Förderkapazitäten allmählich zurückfahren, konnte sich die OPEC
(noch) nicht zu einer Drosselung durchringen. Die geopolitische Grosswetterlage spielt hier eine zentrale Rolle.
D
er Mensch des 21. Jahrhunderts
kommt am Erdöl noch längst nicht
vorbei. Trotz aller Bemühungen, den
Anteil an regenerativen Energieträgern auszubauen, ist und bleibt das
überwiegend aus Kohlenwasserstoffen bestehende
zähflüssige Gemisch der mit Abstand wichtigste
Rohstoff. Pro Tag verbrauchte die Welt laut Zahlen
der U.S. Energy Information Administration (EIA)
im vergangenen Jahr mehr als 92 Millionen Barrel
Öl. Knapp die Hälfte dieser Menge entfiel auf die 34 Mitglieder
Pro Tag werden weltweit
der Organisation für wirtschaftmehr als 92 Millionen
liche Zusammenarbeit und EntBarrel Öl verbraucht.
wicklung. In ihren Projektionen
geht die US-Regierungsbehörde
davon aus, dass der Bedarf der OECD-Länder langfristig stagniert. Dagegen rechnen die Experten vor
allem in Asien mit einem rasant steigenden Energieverbrauch. Bis 2040 soll sich der Ölkonsum in der
Region gegenüber dem Niveau von 2010 auf 43.2
Millionen Barrel pro Tag mehr als verdoppeln. Der
QUARTERLY 2 | 15
immense Energiehunger der Schwellenländer könnte
den globalen Verbrauch laut EIA in den kommenden 25 Jahren auf gut 119 Millionen Barrel pro Tag
erhöhen.
Vor diesem Hintergrund wirkt die jüngste Entwicklung an den Warenterminmärkten geradezu grotesk.
Hier stehen zwei Futures im Mittelpunkt des
Interesses. Neben der US-Gattung Western Texas
Intermediate (WTI) handelt es sich dabei um die
Nordseesorte Brent. Bis Mitte 2014 bewegten sich
beide Kontrakte auf einem relativ hohen Niveau.
Doch dann setzte eine scharfe Korrektur ein. Brent
und WTI verbilligten sich innert sieben Monaten
um nahezu 60 Prozent. Erst Anfang 2015 konnte
sich das schwarze Gold etwas stabilisieren. Eine
gewisse Rolle dürfte bei dem Abverkauf der erstarkte
US-Dollar gespielt haben. Beispielsweise wertete der
Greenback in Relation zum Euro innert zwölf
Monaten um mehr als ein Viertel auf. Seit jeher zeigt
die US-Valuta eine gegenläufige Korrelation gegenüber den Rohstoffpreisen.
21
Globaler Ölverbrauch: Stetiges Wachstum
in Mio. Barrel/Tag
e=erwartet; Quelle: EIA. Historische Daten sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen.
Von Knappheit keine Spur
Dreh- und Angelpunkt der Korrektur war jedoch
die Angebotsseite. Laut EIA übertraf die weltweite
Produktion den Verbrauch 2014 täglich um 400‘000
Barrel. Damit verzeichnete der globale Markt das
dritte Jahr infolge einen Überschuss. Vor allem die
USA erleben eine regelrechte Ölschwemme. Seit
Jahren forcieren die Staaten die so genannte Fracking-Technologie. Bei dieser Fördermethode wird mit
bestimmten Chemikalien versetztes Wasser unter
hohem Druck durch dichte Gesteinsmassen gepresst
und Öl und Gas gewonnen – mehr dazu ab Seite 28.
Gleichwohl lässt der enorme Preisverfall den USEnergiesektor nicht kalt. Zumal das Fracking eine
relativ teure Fördermethode ist. Die EIA rechnet
bereits mit einer Verlangsamung des Wachstums.
Dafür sprechen auch die gedrosselten Förderaktivitäten, im Fachjargon Rig Counts. Laut Daten von
Baker Hughes nahm die Zahl der aktiven Ölbohrungen in den USA im ersten Quartal 2015 um mehr als
40 Prozent ab. Bereits per Ende Februar hatte der
Informationsdienstleister erstmal seit knapp vier
Jahren weniger als 1‘000 horizontale Entnahmestellen gezählt. Die Fracking-Technik kommt insbesondere bei der Förderung von Schiefergas zum Einsatz.
«Die Rig Counts sind ein guter Frühindikator für die
Ölproduktion», meint David Martin, Rohstoffanalyst
bei J.P. Morgan. Er verweist zudem auf die Kapazitätsanpassungen bei den Energieunternehmen. In
der Tat setzten zahlreiche Multis den Rotstift an.
Beispiel Exxon Mobil: Vor dem Hintergrund des
massiven Preisverfalls kündigte der US-Grosskonzern eine Reduzierung der Ausrüstungsinvestitionen für 2015 um rund 12 Prozent auf 34 Milliarden
US-Dollar an.
OPEC mit hohen Einbussen
Laut David Martin fallen die Kapazitätsanpassungen
insgesamt etwas aggressiver aus als ursprünglich
erwartet. Allerdings hätten sie im ersten Quartal
120
100
80
60
40
20
0
2010
2011
2012
OECD
2013
Nicht - OECD
noch nichts an der massiven Überversorgung ändern
können. «Es wird dauern, bis sich die Kürzungen
im Markt auswirken», erklärt der Experte. Das gilt
umso mehr, da die Organisation für erdölexportierende Länder (OPEC) vorerst still hielt. Bei einem
mit Spannung erwarteten Treffen im November vergangenen Jahres machte das Kartell keine Abstriche
am Produktionsziel von 30 Millionen Barrel pro Tag.
Dem steht laut EIA ein Bedarf an OPEC-Öl von 29
Millionen Fässern gegenüber. Offenbar setzt die
Organisation auf ihre relativ tiefen Produktionskosten und einen Verdrängungswettbewerb. Dafür
ist das von Saudi-Arabien dominierte Kartell wohl
zu hohen Einbussen bereit. Jedenfalls hat die EIA errechnet, dass die Nettoeinnahmen der OPEC-Länder
(ohne Iran) aus Ölexporten 2014 mit 730 Milliarden
US-Dollar um nahezu 100 Milliarden unter dem
Vorjahreswert lagen. 2015 müssen die Mitgliedsländer noch stärkere Einbussen fürchten. Derweil
2014e
2015e
22 ÖL
OPEC-Ölexporteinnahmen:
Herbe Einbussen
in Mrd. US-Dollar (nominal), ohne Iran
e=erwartet; Quelle: EIA. Historische Daten sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen.
1‘000
890
824
900
800
730
700
600
515
500
380
400
300
200
100
0
2012
2013
2014e
2015e
2016e
OECD-Einnahmen aus Ölexporten
trägt der Verzicht auf eine Drosselung der Produktion zum enormen globalen Lageraufbau bei. Laut
EIA verfügten die OECD-Staaten per Ende März
über Vorräte, die ihren Bedarf für 62 Tage deckten.
Zwölf Monate zuvor war die
In den USA dehnten
Reichweite noch fünf Tage kürzer.
sich die Lagerbestände In den USA dehnten sich die
Lagerbestände innert eines halben
um 30 Prozent aus.
Jahres um knapp 30 Prozent auf
467 Millionen Barrel aus.
Besonderheiten des Terminmarktes
Abzulesen ist die Ölschwemme auch an der Terminkurve. Insbesondere WTI zeigt ein steiles Contango. Das heisst, länger laufende Futures notieren
wesentlich höher, als demnächst fällige. Konkret
kostete der im August zur Lieferung anstehende
Kontrakt Anfang Juli 57 US-Dollar. Wer sich dieselbe Menge des Rohstoffs per August 2016 sichern
wollte, musste 60.5 US-Dollar zahlen – ein Aufschlag
von 6.1 Prozent. Vor der Preiskorrektur sah das noch
ganz anders aus. Sowohl WTI als auch Brent hielten
sich hartnäckig in der Backwardation. Von dieser
Konstellation sprechen Experten, sobald sich die
Terminkurve nach unten neigt. Dann sind später
auslaufende Futures günstiger zu haben als ihre
früher fälligen Pendants. Zu einer Backwardation
QUARTERLY 2 | 15
kommt es insbesondere dann, wenn die Marktteilnehmer mit einer Verknappung rechnen. Sie sind
dann bereit, für die kurzfristige Verfügbarkeit der
jeweiligen Ware einen Aufschlag zu bezahlen.
Für latente Versorgungsängste sorgte bis weit in
das vergangene Jahr hinein die instabile Lage in
mehreren Förderländern. Neben dem Atomkonflikt
des Westens mit dem Iran galten die teils desolate
Situation im Irak, in Syrien und Libyen sowie der
Ukraine-Konflikt als zentrale Belastungsfaktoren.
Zwar scheint der Markt die geopolitische Risikoprämie nun mehr oder minder ausser Acht zu lassen.
Allerdings könnte dieser seit jeher wichtige Preisparameter jederzeit wieder an Bedeutung gewinnen.
Zumal die skizzierten Krisenherde – abgesehen
von der möglichen Einigung mit dem Iran – nur
teilweise an Brisanz eingebüsst haben. Ungeachtet
dessen hängen die weiteren Aussichten stark von der
Relation aus Angebot und Nachfrage ab. Kurzfristig
kann auf Produktionsseite mit einem allmählich
nachlassenden Boom gerechnet werden. Was den
Bedarf anbelangt, ist die konjunkturelle Entwicklung
entscheidend. Sollten nach den USA weitere grosse
Volkswirtschaften ihre Schlagzahl erhöhen, dürfte
dies zu einem Anstieg des Ölbedarfs führen. Noch
geben sich die Auguren allerdings vorsichtig: Sowohl
die EIA als auch die Internationale Energieagentur
23
Ölpreis (WTI): Scharfe Korrektur
in US-Dollar/Barrel; Quelle: Thomson Reuters. Historische Daten sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen.
140
140
120
100
80
60
44.6
40
03/05
03/06
03/07
03/08
03/09
03/10
WTI
taxieren das globale Nachfragewachstum im laufenden Jahr auf knapp ein Prozent.
Experten rechnen mit Preiserholung
Das Gros der Analysten rechnet daher auch nur mit
einer langsamen Preiserholung. Ende März befragte
die Nachrichtenagentur Reuters 34 Researchhäuser
nach ihrer Prognose. Demnach sehen die Experten den Preis für ein Barrel der Sorte Brent 2016
im Schnitt bei 70 US-Dollar. Damit würde sich die
Nordseegattung gegenüber dem aktuellen Niveau
um etwa 13 Prozent verteuern. Derweil liegt der
erwartete WTI-Mittelkurs für das kommende Jahr
bei 65.50 US-Dollar. Daraus errechnet sich ein Aufwärtspotenzial von 14.9 Prozent. Behalten die Analysten Recht, müssen Verbraucher an der Tankstelle,
im Reisebüro sowie dem Detailhandel mittelfristig
wieder mit steigenden Kosten rechnen.
03/11
03/12
03/13
03/14
03/15
24 ÖL
Kräftig abgeschmiert
Der starke Preisverfall trifft den Öl- und Gassektor
hart. Europas Branchenvertreter sparen. Ein erster
Megadeal könnte Vorbote weiterer Konsolidierungen sein.
A
m 21. Juni stand an der Schweizer
Börse ein kleines Jubiläum auf der
Agenda. Zu diesem Termin jährte
sich die Aufnahme von Transocean in
den SMI® zum fünften Mal. Genau
zwei Monate und einen Tag, nachdem die Aktien
des weltweit grössten Betreibers von Bohrinseln
und -schiffen erstmals an der SIX Swiss Exchange
gehandelt wurden, zogen sie am 21. Juni 2010 in den
heimischen Leitindex ein. Weder für das Unternehmen selbst noch seine Anteilseigner besteht knapp
fünf Jahre später Grund zur Freude. Gegenüber dem
SIX-Premierenkurs von 95.02 Franken büsste die
Aktie bis heute mehr als vier Fünftel ein.
Schwere Krise
Schon der Start stand unter keinem guten Stern.
Wenige Stunden nachdem der Valor am Schweizer
Aktienmarkt debütierte, geriet die von Transocean
betriebene Bohrinsel Deepwater Horizon in Brand
und löste im Golf von Mexiko eine verheerende Katastrophe aus. Als das Debakel juristisch noch nicht
vollständig aufgearbeitet war, stand der Konzern vor
weiteren grossen Herausforderungen. Zum einen
liess im Zuge des US-Fracking-Booms (siehe Seite
28ff.) das Interesse an Bohrungen auf hoher See
nach. Zum anderen machte dem Unternehmen der
starke Preisverfall am Ölmarkt zu schaffen. Transocean reagierte mit einem bilanziellen Kehraus und
verbuchte wegen hoher Abschreibungen für 2014
einen Nettoverlust von knapp zwei Milliarden
US-Dollar. Kurz bevor die in Zug ansässige Gesell-
QUARTERLY 2 | 15
schaft ihre Zahlen präsentierte, musste CEO Steve
Newman seinen Hut nehmen.
Das strauchelnde SMI®-Mitglied ist ein Extrembeispiel. Und doch zeigt sich an Transocean anschaulich, welch tiefe Spuren der gesunkene Ölpreis in
dem Sektor hinterlässt. Das gilt nicht nur für spezialisierte Dienstleister, sondern auch für breit aufgestellte Branchenvertreter. Solche Konzerne geben im
STOXX® Europe 600 Oil & Gas den Ton an. Praktisch zeitgleich mit der Rohstoffnotierung drehte der
europäische Sektorindex Mitte 2014 nach unten und
gab innert eines knappen halben Jahres um knapp
ein Drittel nach. Mittlerweile hat die Benchmark
einen grossen Teil der Verluste aufgeholt. Dabei half
den Aktien unter anderem die Stabilisierung beim
Ölpreis. Möglicherweise griff so mancher Investor
auch wegen der teils hohen Dividendenrenditen zu.
Dividenden haben Priorität
Nach Ansicht der Analysten von Kepler Cheuvreux
hat die Verteidigung der Ausschüttungen für
Europas integrierte Öl- und Gaskonzerne eine hohe
Priorität. Neben starken Bilanzen würden selektive
Anlageverkäufe, sinkende Investitionen und operative Verbesserungen den Unternehmen die dazu
erforderliche Flexibilität geben. «Wir glauben, dass
der Sektor gegenwärtig in einer deutlich besseren
Verfassung als 2008 ist, als drei Unternehmen ihre
Dividenden kürzten», schreiben die Experten in
einer Ende Januar veröffentlichten Studie. In der Tat
scheint den Managern dieses Thema heilig zu sein.
Mit Royal Dutch Shell, BP und Total erhöhten die
25
UNTERNEHMEN
Royal Dutch Shell
HAUPTSITZ
Den Haag,
Niederlande
MITARBEITER
2015 KGV
94´000
14.0
ANALYSTENEINSCHÄTZUNG
13 Kaufen | 15 Halten | 2 Verkaufen
MARKTKAPITALISIERUNG
CHF 169
Mrd.
UNTERNEHMEN
BP
HAUPTSITZ
London,
Vereinigtes Königreich
MITARBEITER
2015 KGV
84´500
16.0
ANALYSTENEINSCHÄTZUNG
7 Kaufen | 20 Halten | 7 Verkaufen
MARKTKAPITALISIERUNG
CHF 131
Mrd.
26 ÖL
Europas grösste Öl- und Gaskonzerne*: Royal Dutch Shell an der Spitze
*Basis: STOXX® Europe 600 Oil & Gas Index; Stand: 02.07.2015. Quelle: Thomson Reuters.
Historische Daten sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen.
Unternehmen
Land
Börsenwert (in Mrd. CHF)
Royal Dutch Shell
NL
169
BP
GB
113
Total
FR
110
ENI
IT
62
BG Group
GB
53
Statoil
NO
52
Repsol
ES
23
Vestas Wind
DK
11
Galp Energia
PRT
9
OMV
AT
8
drei gemessen am Börsenwert grössten Ölkonzerne
des alten Kontinents ihre Dividende für 2014. Lediglich ENI tanzte aus der Reihe. Der italienische Multi
kündigte Mitte März eine Kürzung der Ausschüttung
an und setzte den Rückkauf eigener Aktien aus.
Gleichzeitig strich er die für den Zeitraum 2015 bis
2018 geplanten Investitionen um 17 Prozent auf rund
48 Milliarden Euro zusammen. Dem nicht genug:
Weitere 8 Milliarden Euro soll der Verkauf von
Anlagen einbringen. Wie stark der Rotstift angesetzt
werden muss, hängt auch vom jeweiligen CashBreak-Even-Ölpreis ab. Dabei handelt es sich um die
Notierung, ab welcher die Förderung des schwarzen
Goldes für ein Unternehmen einen positiven
Belastet Royal
Cashflow abwirft. Kepler Cheuvreux taxiert
die Schwelle für den europäischen Sektor
Dutch Shell die
im laufenden Jahr auf durchschnittlich 110
BG-Akquisition?
US-Dollar je Barrel. 2016 könnte der BreakEven unter die 100-Dollar-Marke sinken.
Während ENI einen überdurchschnittlichen Wert
zeigt, würde Royal Dutch Shell 2015 ein Ölpreis von
96 US-Dollar reichen, um die liquiden Mittel zu erhöhen. Zwar notierte der Rohstoff im ersten Quartal
weit unter diesem Betrag. Die Ratingagentur Moody’s hielt den europäischen Branchenkrösus Anfang
QUARTERLY 2 | 15
März neben der globalen Nummer eins Exxon Mobil
dennoch für am besten positioniert, um mit den widrigen Verhältnissen klar zu kommen. Beide Unternehmen hätten eine Phase mit geringeren Investitionen erreicht. Nun ständen wichtige Projekte kurz vor
dem Abschluss und könnten über die kommenden
beiden Jahre die Produktion aufnehmen.
Ein wahrer Megadeal
Am 8. April setzte Royal Dutch Shell selbst ein
dickes Fragezeichen hinter diesen «Ritterschlag»
und kündigte den Kauf des britischen Gasproduzenten BG an. Mit einem Volumen von umgerechnet
rund 61 Milliarden Franken handelt es sich dabei
um die grösste Übernahme in der Energiebranche
seit mehr als einem Jahrzehnt. Erteilen die Wettbewerbsbehörden ihren Segen, würde ein wahrer Branchengigant entstehen. Shell könnte seine Öl- und
Gasreserven um 25 Prozent erhöhen und damit den
Abstand auf Exxon Mobil verkürzen. Dafür greift das
Management tief in die Tasche. Die Offerte bedeutet einen Aufschlag von mehr als die Hälfte auf den
durchschnittlichen BG-Aktienkurs während der drei
Monate vor Ankündigung der Transaktion. «Wir haben eine Reihe von Möglichkeiten geprüft, BG stand
aber immer ganz oben auf unserer Liste», kommentierte Shell-Chef Ben van Beurden den Vorstoss.
Der Konzern erhält durch die Akquisition Zugriff
auf Grossprojekte in Brasilien, Ostafrika, Australien, Kasachstan und Ägypten. Dadurch würde das
Unternehmen zum weltweit führenden Anbieter von
Flüssiggas. Dieser Energieträger spielt in Europa
eine wichtige Rolle, da er helfen könnte, die Abhängigkeit vom Erdgas-Lieferanten Russland zu
reduzieren. Während die Geschäfte mit Moskau
über ein riesiges Pipelinenetz vonstattengehen, kann
Flüssiggas mit Schiffen, auf der Schiene oder per LW
transportiert werden. Dennoch stiess die Übernahme
an der Börse auf ein geteiltes Echo. «Der Deal dürfte
ausgezeichnet zu Shell passen», schrieb das Brokerhaus Jefferies in einem Kommentar. Nach Ansicht
von Kepler Cheuvreux zahlt der britisch-niederländische Konzern einen hohen Preis. «Die BG-Akquisition belastet die Fähigkeit von Royal Dutch Shell, freie
Cashflows zu generieren und die Erträge für die
Aktionäre mittelfristig deutlich zu erhöhen»,
befürchten die Experten des Finanzdienstleisters.
27
Historische Parallelen
Ungeachtet dessen wirft die Transaktion die Frage
auf, ob der Sektor vor einer neuen Konsolidierungswelle steht. Schliesslich weckt der jüngste Megadeal
Erinnerungen an die Zeit um die Jahrtausendwende.
Damals kostete ein Barrel der Ölsorte Western Texas
Intermediate teilweise weniger als 11 US-Dollar. Die
Branche reagierte mit zahlreichen Fusionen und
Übernahmen. BP schloss sich 1998 mit dem amerikanischen Traditionsunternehmen Amoco zusammen. 2000 griff der britische Multi noch einmal in
den USA zu und kaufte Arco. Mittlerweile hat BP
den Tankstellenbetreiber wieder abgestossen. Auch
die heutige Vormachtstellung von Exxon geht auf die
damalige Zeit zurück. Ende November 1999 schloss
sich der US-Multi mit Mobil Oil zusammen.
Hier schliesst sich der Kreis zu Transocean. 2001
fusionierte das in den 1920er-Jahren entstandene
Unternehmen mit der R&B Falcon Corporation und
stieg zum weltgrössten Anbieter von Offshore-Bohrinseln auf. Dennoch notiert der Titel heute tiefer, als
Anfang des Jahrtausends. Was zeigt, dass Fusionen
und Übernahmen keine Garantie für zukünftige Erfolge sind – seien sie auch noch so spektakulär. Der
Sektor muss einen immer grösseren Aufwand betreiben, um die rund um den Globus noch bestehenden
Ölvorkommen zu erschliessen. Insofern dürfte er
trotz aller Bemühungen, an Grösse zu gewinnen und
die Kosten zu senken, auch in Zukunft von zwei wesentlichen Treibern abhängig sein. Neben der stark
an die konjunkturelle Grosswetterlage gekoppelten
Energienachfrage handelt es sich dabei um den Preis
des wichtigsten Rohstoffs der Welt. Diesbezüglich
machten die vergangenen Monate deutlich, wie
schnell ein Wirtschaftszweig buchstäblich abschmieren kann.
Cash-Break-Even-Ölpreis 2015: Grosse Unterschiede
in US-Dollar je Barrel; Quelle: Kepler Cheuvreux. Historische Daten sind kein verlässlicher
Indikator für zukünftige Entwicklungen.
Repsol
191
ENI
116
Sektor
110
BP
104
Statoil
100
BG
100
Royal Dutch Shell
96
OMV
92
Total
0
77
20
40
60
80
100
Aktueller Ölpreis (Brent)
120
140
160
180
200
28 ÖL
Ein Land im Öl-Rausch
Die USA sind zurück in der Riege der Öl-Supermächte.
Die umstrittene Fördermethode Fracking liess die Produktion
in einigen Landesteilen regelrecht explodieren.
ie TV-Serie «Dallas» brachte Anfang der 1980er-Jahre ein Bild des
US-Ölbooms nach Europa. Bereits
im Vorspann des Strassenfegers
stellten die hochmoderne Skyline
der texanischen Metropole, Bohrtürme und Pumpen einen Zusammenhang zwischen
dem Energieträger und dem Wohlstand der Region
her. Allerdings hatte der Sektor zu der Zeit, als der
rücksichtslose Magnat J.R. Ewing im Fernsehen sein
Unwesen trieb, seine Blütezeit bereits hinter sich.
Nach fünf Jahrzehnten ungebremsten Wachstums
erreichte die Ölförderung in den USA 1970 mit
9.6 Millionen Barrel pro Tag ihren Höhepunkt.
Anschliessend versiegten die Quellen nach
nach. 2008 pumpten die UnternehDie USA sind Saudi und
men nur noch fünf Millionen Fässer pro
Arabien dicht auf
Tag an die Erdoberfläche.
den Fersen.
Es sollte kein Jahrzehnt vergehen bis die
USA wieder zur Riege der Öl-Supermächte zählen. Die U.S. Energy Information Administration (EIA) geht davon aus, dass die Förderung im
laufenden Jahr rund neun Millionen Fässer pro Tag
erreicht. 2016 könnte der Sektor noch einmal um
rund 100‘000 Einheiten wachsen. Damit würden die
Amerikaner um weniger als eine halbe Million Barrel
vom aktuellen Niveau Saudi-Arabiens, dem grössten
Produzenten der Organisation erdölexportierender
D
QUARTERLY 2 | 15
Länder (OPEC), getrennt sein.
Umstrittener Cocktail
Der neue Rausch ist fest mit einem Begriff verbunden: Fracking. Diese Technologie macht es möglich,
Öl und Gas auch aus Vorkommen zu gewinnen, wo
der Rohstoff nach einer Bohrung nicht mehr oder
minder von selbst sprudelt. Vielmehr wird der Energieträger bei diesem Verfahren aus Gesteinsmassen
gewonnen. Dabei unterscheidet der Fachjargon
zwischen konventionellem und unkonventionellem
Fracking. Erstgenannte Methode ist relativ unproblematisch und auch in Europa gängig. Sie kommt
meist bei Sandstein zum Einsatz. Hier sind die Poren
recht gross und zudem miteinander verbunden.
Dadurch ist die Rohstoffgewinnung verhältnismässig
einfach möglich. Problematischer wird es, sobald
das Erdgas in dichten Tongesteinen lagert. Hierbei
handelt es sich um das Ergebnis von über Jahrmillionen laufenden Ablagerungsprozessen von ursprünglich feinen Mineralkomponenten. Ein Zusammenspiel aus fehlendem Sauerstoff, hohem Druck und
steigenden Temperaturen lässt Erdöl und später
auch -gas entstehen. Im Laufe der Zeit entweichen
die gebildeten Kohlenwasserstoffe grösstenteils in
herkömmliche Lagerstätten. Das unkonventionelle
Fracking zielt auf die im Muttergestein verbleibende
Menge, das so genannte Schiefergas und -öl, ab. Um
29
an solche Quelle heranzukommen, reicht weder eine
einfache Bohrung noch die Sprengung des Materials.
Vielmehr muss über ein hydraulisches Verfahren die
Durchlässigkeit des Gesteins erhöht werden. Dazu
wird der Schiefer durch das Einpressen einer Flüssigkeit unter hohem Druck aufgebrochen. Bei dieser
Praxis entstehen Risse. Um diese offen zu halten,
kann das eingesetzte Frac-Fluid neben Wasser
Stützmittel und chemische Begleitstoffe enthalten.
Dieser Cocktail steht im Mittelpunkt der in Europa
heftig geführten Debatte um die Gefahren das Frackings. Kritiker befürchten die Verunreinigung von
Boden und Grundwasser sowie das Entstehen
gefährlicher Abfälle. Mit diesen Argumenten
konnten beispielsweise die Grünen zusammen mit
mehreren Organisationen im vergangenen Jahr bei
der Bevölkerung punkten. Sie reichten eine Initiative zum Verbot der Förderung von Erdöl und -gas
aus nicht-konventionellen Lagerstätten im Kanton
Bern mit 17‘900 Unterschriften bei der Staatskanzlei
ein. Ungeachtet der Proteste sind die in Westeuropa
erschliessbaren Schieferöl-Reserven relativ unbedeutend. Jedenfalls taucht die Regio in nicht unter den
zehn Ländern mit dem weltweit grössten Potenzial
auf (siehe Grafik unten)
Fracking-Zentrum Texas
Dem Boom in den USA kann die diesseits des Atlantiks geführte Debatte ohnehin keinen Abbruch
tun. In mehreren Landesteilen laufen die Pumpen
auf Hochtouren. Zu einem wahren Öl-Zentrum hat
sich die Eagle-Ford-Schieferformation entwickelt.
Gerade einmal fünf Jahre ist es her, dass der Süden
Texas damit anfing, horizontale Bohrungen vorzunehmen. Ende 2007 erreichte die Produktion durch
dieses für das Fracking typische Verfahren gerade
einmal knapp 60‘000 Barrel pro Tag. Im April 2015
lag die tägliche Förderung laut EIA bei mehr als 1.7
Millionen Fässern Rohöl. Damit steuerte Eagle Ford
nicht nur mehr als zehn Prozent zur US-Gesamtproduktion bei. Die Region bewegte sich zudem auf
Augenhöhe mit Angola – das afrikanische Land zählt
zu den zwölf OPEC-Mitgliedern. Trotz der scharfen
Preis-Korrektur beim schwarzen Gold lohnt sich die
Produktion in der Gegend noch. Laut einer Ende
November 2014 von J.P. Morgan Asset Management
publizierten Studie liegt der Break-Even-Ölpreis für
Eagle Ford bei etwas mehr als 40 US-Dollar je Barrel. In anderen US-Regionen dürften die Manager
der erfolgsverwöhnten Branche stärker ins Schwitzen kommen. Beispielsweise taxieren die Analysten
die Gewinnschwelle in Bakken auf mehr als
60 US-Dollar.
Stimmt diese Einschätzung, würde in der drittgrössten Fracking-Region der USA bereits seit Ende 2014
kein Geld mehr verdient. So überrascht nicht, dass
der Energiesektor quer durch die Staaten auf die
Kostenbremse tritt. Mit etwas Verzögerung dürfte
dies auch zu einer Abnahme der Produktionsmenge
führen. Allerdings können die Preise für das schwarze Gold schnell auch wieder in die andere Richtung
gehen. Eine neuerliche Abwärtsspirale muss die
US-Ölindustrie deshalb kaum fürchten.
US-Produktion von Schieferöl: Wichtige Abbau-Regionen
in Mio. Barrel/Tag; Quelle: EIA. Historische Daten sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen.
4.5
4.0
3.5
3.0
2.5
2.0
1.5
1.0
0.5
0
01/07
01/08
01/09
Eagle Ford (TX)
Bonespring (TX & NM Permian)
01/10
01/11
01/12
Bakken (MT & ND)
Wolfcamp (TX & NM Permian)
01/13
01/14
01/15
Spraberry (TX & NM Permian)
Niobrara-Codell (CO, WY)
Globale Schiefergas-Reserven: China an der Spitze
Anteil an den technisch erschliessbaren Reserven; Quelle: EIA. Historische Daten sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwicklungen.
4%
8%
Kanada
9%
Russland
USA
7%
Mexiko
10%
15%
Algerien
China
3%
Brasilien
11%
Argentinien
6%
5%
Australien
Südafrika
30 ZUKUNFT
PHARMA
EIN GRENZENLOSER MARKT
Immer mehr Menschen auf der Welt können sich
Medikamente leisten. Vor allem in Asien wird der steigende
Wohlstand zu mehr Ausgaben für die Gesundheit führen.
Davon profitiert die Pharmaindustrie – deren Aussichten sind
prächtig.
A
uf 21 Milliarden US-Dollar wird der
neuste Deal in der Pharmabranche geschätzt. Der amerikanische
Pharmakonzeren Abbvie will den
Hersteller von Krebsmedikamenten
Pharmacyclics übernehmen. Der US-GenerikaHersteller Mylan will die irische Perrigo für 29 Milliarden US-Dollar kaufen. Die deutsche Merck KGaA
möchte sich den Laborausstatter Sigma-Aldrich für
17 Milliarden US-Dollar einverleiben, dessen Aktienkurs in die Höhe schoss, als das Angebot bekannt
wurde. Die Übernahmen und Fusionen zeigen,
dass sich die Pharmabranche neu aufstellt, um den
Herausforderungen eines wachsenden Marktes
begegnen zu können, der im Umbruch ist. Knapp
gescheitert ist im letzten Jahr die Fusion von Pfizer
und Astra-Zeneca, die einen Wert von 117 Milliarden US-Dollar hatte. «Der Trend zu weiteren M&As
QUARTERLY 2 | 15
wird auch in Zukunft anhalten», sagte Peter Abdill,
Managing Director bei der Ratingagentur Moody’s, in einer Telefonkonferenz über die Aussichten
der Pharmaindustrie Ende April in New York. Die
Moody’s Analysten malten die Zukunft in rosigen
Farben. Die Credit Suisse hat die Kursziele von
Pharmafirmen jüngst nach oben gesetzt, wie etwa
von Bristol-Meyers, Pfizer, Eli Lilly oder Merck & Co.
Das PEG-Ratio der Branche, eine Kennzahl für die
Aussichten in der Zukunft, ist besser als etwa das der
Biotech-Branche, die lange Zeit als lukrative Investitionsmöglichkeit galt.
Kein Wunder, denn die Gesundheit ist das kostbarste Gut, für das immer mehr Menschen in der Lage
sind, immer mehr auszugeben. Die Weltbevölkerung
wächst, der Wohlstand nimmt zu und mit ihm der
westliche Lebensstil, der eine ganze Reihe von meist
31
Todesursachen im Jahr 2010
Infektionskrankheiten wurden zurückgedrängt,
dafür sterben mehr Menschen an Altersgebrechen und Zivilisationskrankheiten.
Tuberkulose
1.19 Mio.
Meningitis
Geschlechtskrankheiten
(ohne Aids)
Andere Infektionen
von Mutter und
Neugeborenem
HIV / Aids
1.46 Mio.
422‘900
118‘300
Syphilis
113‘300
721‘200
Hepatitis
Aids und
Tuberkulose
Masern
58‘100
Durchfall-/Atemwegserkrankungen,
Meningitis u.a.
Infektionskrankheiten
1.44 Mio.
NeugeborenenErkrankungen
81‘400
Rota-Virus
Chronische
Bronchitis und
Lungenemphysem
Schwangerschaftskomplikationen
2.9 Mio.
254‘700
Alle Todesfälle
im Jahr 2010
weltweit
Lungenentzündung
827‘300
Magengeschwüre
Blinddarm
246‘300
34‘800
Muskel-/
Skeletterkrankungen
Chronische
Atemwegserkrankungen
1.03 Mio.
Verkehrsunfälle
1.33 Mio.
1.11 Mio.
Neurologische
Störungen
345‘700
Leberzirrhose
Krankheiten des
Verdauungssystems
(ausser Zirrhose)
18‘200
Asthma
3.78 Mio.
52.77 MIO
153‘500
Multiple
Sklerose
26‘400
684‘100
Tetanus
507‘900
Tollwut
1.32 Mio.
Unterernährung
61‘300
2.81 Mio.
Influenza
Tropenkrankheiten
und Malaria
2.23 Mio.
Keuchhusten
Erkrankungen
der unteren
Atemwege
Malaria
1.16 Mio.
859‘700
5.28 Mio.
250‘900
Komplikationen
bei Frühgeborenen
2.66 Mio.
125‘400
Durchfallerkrankungen
Cholera
307‘700
Fussgänger
1.27 Mio.
461‘000
Parkinson
111‘100
Radfahrer
Alzheimer /
andere Demenzerkrankungen
Epilepsie
177‘600
Herzmuskelerkrankungen
485‘700
Naturkatastrophen /
Krieg
83‘300
Tötungen /
Selbsttötungen
Stürze
1.34 Mio.
213‘700
Rheumatische
Herzerkrankungen
540‘500
Ertrinken
Selbstverletzungen
345‘100
Gewalt zwischen
Menschen
Diabetes,
Harnwegs-/
Hormonerkrankungen
403‘900
349‘100
883‘700
Unfälle
(ohne
Verkehrsunfälle)
456‘300
2.73 Mio.
2.12 Mio.
Schusswaffen
196‘200
Bluthochddruck
Stichwaffen
Herz- / Kreislauf-Erkrankungen
873‘200
Psychische
Erkrankungen
15.62 Mio.
231‘900
Kontakt mit Tieren
126‘700
Harnwegserkrankungen
267‘100
1.52 Mio.
1.28 Mio.
735‘600
Drogen
77‘600
Alkohol
Gebärmutterhalskrebs
111‘100
225‘400
Schlaganfall
5.87 Mio.
Herzinfarkt
7.03 Mio.
754‘900
Krebs
256‘000
Leberkrebs
752‘100
Brustkrebs
438‘700
Quelle: www.zeit.de/2013
Magenkrebs
7.98 Mio.
Prostatakrebs
Darmkrebs
714‘600
Verbrennungen
Vergiftungen
180‘400
Lungenkrebs
Diabetes
melitus
Chronische
Nierenerkrankungen
64‘300
337‘600
32 ZUKUNFT
Längeres Leben
In 178 von 187 Ländern stieg in den vergangenen Jahrzehnten die
Lebenserwartung eines Neugeborenen. Impfungen schützen vor
Infektionen und Hilfsprogramme lassen Kranke länger leben. Wir
werden nicht nur älter, sondern verbringen auch mehr Jahre bei
guter Gesundheit.
Neue Gefahren
Wenn das Risiko zu einer Erkrankung führt, müssen die Betroffenen
mitunter jahrelang mit einer Behinderung leben. Ein Mass dafür
sind die DALY, die «disability-adjusted life years». Ein höherer Wert
bedeutet mehr kranke Jahre und weniger Lebensqualität.
Die fünf grössten Gesundheitsrisiken
1. Bluthochdruck
2. Rauchen
73
weltweit
3. Alkoholmissbrauch
4. Umweltverschmutzung
68
68
63
62
5. Vitaminarme Ernährung
Diese fünf Krankheiten reduzieren die gesunde Lebenszeit
1. Herzinfarkt
2. Infektionen der unteren Atemwege
58
3. Schlaganfall
58
4. Durchfallerkrankungen
5. Aids
54
1990
2010
Lebenserwartung
(bei der Geburt in Jahren)
Lebensjahre in guter Gesundheit
(Erwartung bei der Geburt)
chronischen Krankheiten nach sich zieht.
Vor hundert Jahren starben die meisten Menschen
in der Schweiz an der Grippe, an Tuberkulose und
an Infektionen von Magen und Darm. Heute stirbt
man an Zivilisationskrankheiten: das Herz-Kreislauf-System macht schlapp, die Folgen von Diabetes
und Fettleibigkeit machen den Leuten zu schaffen
und weil die Gesellschaft immer
älter wird, nimmt die Zahl der
Krebsfälle zu.
Das kostet. Pro Jahr werden
weltweit mehr als 980 Milliarden
US-Dollar für Medikamente bezahlt. Innerhalb von
zehn Jahren haben sich diese Ausgaben verdoppelt.
Im Jahr 2018 erwartet das Beratungsunternehmen
Deloitte einen Pharmaumsatz von 1610 Milliarden
US-Dollar weltweit. «Besonders in der Onkologie
Mehr Wohlstand in
China wird die Umsätze
explodieren lassen.
QUARTERLY 2 | 15
Quelle: www.zeit.de/2013
und bei der Behandlung von Herz-/KreislaufErkrankungen wird es ein starkes Wachstum geben»
schreibt Deloitte im Branchenreport «2015 Global
Life Science Outlook». Während die Weltwirtschaft
um knapp 1.5 Prozent jährlich wächst, legt die Pharmabranche wahrscheinlich ein Umsatzwachstum
von 6.9 Prozent hin. Das ist deutlich mehr als das
Wachstum für Gesundheitsausgaben insgesamt, die
um 5.2 Prozent pro Jahr zunehmen.
Vor allem der steigende Wohlstand in den Schwellen- und Entwicklungsländern treibt die Nachfrage.
Schon heute entfallen etwa 20% des Umsatzes der
Pharmabranche auf die BRIC-Staaten. Welches
Potenzial sich aus der Kombination von steigendem
Wohlstand und einer grossen Bevölkerungszahl
ergibt, lässt sich erahnen, wenn man die Pro-KopfAusgaben für Medikamente in den verschiedenen
33
Ländern betrachtet. In den USA, dem grössten
Pharmamarkt der Welt, liegen die Ausgaben für
Medikamente bei 1020 US-Dollar, in Japan, auf
Platz zwei, bei 1245 Dollar und in Deutschland bei
520 US-Dollar pro Einwohner. In China, im Moment
die Nummer drei auf dem weltweiten Pharmamarkt,
werden nur 29 US-Dollar pro Einwohner für Medikamente ausgegeben. Mehr Wohlstand in China wird
die Umsätze explodieren lassen. Dort wächst der
Markt um jährlich 20 Prozent – fast 40 Prozent des
Gesamtwachstums im Medikamentenmarkt geht auf
die gesteigerte Nachfrage im Reich der Mitte zurück.
Alle Pharmakonzerne investieren dort, um im Markt
der Zukunft präsent zu sein. Novartis investiert eine
Milliarde Dollar in ein neues Forschungszentrum,
das das drittgrösste des Konzerns sein wird. Bayer
lässt sich ein Forschungs- und Entwicklungszentrum
in Peking 110 Millionen Euro kosten.
In den letzten Jahren mussten die grossen Pharmafirmen massive Umsatzeinbussen bei ihren «Cash
Cows» hinnehmen, weil nach und nach der Patentschutz auf ihre grossen Umsatzbringer auslief.
Billige Nachahmerpräparate drängen auf den Markt.
Allein in den letzten fünf Jahren ist den forschenden
Pharmafirmen dadurch Umsatz in Höhe von 120
Milliarden Franken verloren gegangen, wie die Beratungsfirma IMS Health berechnet hat. Der Blockbuster Diovan spülte der Novartis jedes Jahr fast
sechs Milliarden US-Dollar in die Kasse, bevor der
Patentschutz auslief. Jetzt kommt eine Verschnaufpause. «Wir schätzen, dass 2015/16 nur bei wenigen
Wirkstoffen der Patentschutz ausläuft», meinte
Moody’s Mann Peter Abdill bei der Telefonkonferenz.
Nachschub auf dem Markt zu bringen ist schwierig
geworden, denn die Bedingungen für die Zulassung
steigen. Ein neues Medikament von der Idee bis in
die Regale der Apotheke zu bringen, schlägt mit etwa
1.5 Milliarden US-Dollar zu Buche und dauert acht
bis zwölf Jahre. Kein Wunder, dass die Innovationsgeschwindigkeit in der Pharmaindustrie deutlich
abgenommen hat. In den letzten fünf Jahren des
ersten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts wurden in
den USA 23 neue Wirkstoffe auf den Markt gebracht,
in der gleichen Zeitspanne in der zweiten Hälfte der
90er Jahren waren es fast 50. «Wir glauben, dass
wir in den nächsten Jahren einige Durchbrüche in
der Krebsbehandlung sehen werden,» meint Jerome
Brimeyer, Equity Sector Strategist bei der UBS in
New York. «Sie werden sich in einigen umsatzstarken Medikamenten niederschlagen, die zum Teil
Potenzial für Verkäufe von einer Milliarde oder mehr
Dollar haben.»
Trotzdem geht der Trend weg von den Blockbustern,
SELTENE KRANKHEITEN
SELTEN, GENETISCH VERURSACHT UND
30 MILLIONEN MENSCHEN BETROFFEN.
Weltweit gibt es nach Schätzungen von
Experten zwischen 7´000 und 8´000
verschiedene seltene Krankheiten. Dabei
handelt es sich um Erkrankungen, die nur
bei maximal fünf Personen pro 100´000
Einwohnern auftreten. Etwa sechs bis
acht Prozent der Bevölkerung sind
betroffen und in Europa wahrscheinlich
mehr als 30 Millionen Menschen an einer
der seltenen Krankheiten erkrankt. Die
meisten sind genetisch bedingt und treten
schon im Baby- oder Kindesalter auf. Sie
können Störungen des Stoffwechsels von
Blut- und Immunsystem auslösen oder
für Gewebeerkrankungen verantwortlich
sein. Zu den bekanntesten gehört etwa die
Progerie – das schnelle Altern und die Vergreisung von Kindern. Bei Morbus Morquio
sorgt eine Störung des Stoffwechsels für
Skelettveränderungen – die Betroffenen
sind kleinwüchsig. In der Schweiz gibt es
1´000 Menschen, die an ihr leiden. Weil
viele Ärzte den seltenen Krankheiten nur
ausnahmsweise begegnen, werden sie oft
erst nach langer Zeit, vielen Fehldiagnosen
und einer Odyssee durch Arztpraxen
richtig erkannt.
Mehr Infos unter: www.orpha.net
hin zu Medikamenten gegen seltene Krankheiten.
Gegen die häufigsten sind in den letzten Jahrzehnten eine ganze Reihe von Präparaten auf den Markt
gekommen. Als Alternative haben Pharmafirmen
nun die «Seltenen Krankheiten» entdeckt. In der
Vergangenheit hat es sich nicht gelohnt, Forschungsgeld zu investieren, um Behandlungen zu finden,
mit denen man Patienten helfen kann, die an einem
Barrett-Ösophagus oder an der Paget-Krankheit
leiden. Nun ist das Spektrum der Dutzende von
seltenen Krankheiten in den Fokus der Pharmabranche gerückt. Allein in Schweiz leiden etwa 400’000
Menschen an einer von ihnen. Weltweit schaffen sie
einen Markt, der noch gänzlich unerschlossen ist.
Anfang Mai gab der US-Pharmakonzern Alexion
bekannt, dass er das Pharmaunternehmen Synagena
übernehmen möchte. Etwa 8.4 Milliarden US-Dollar
wird der Deal wert sein. Die Begründung für das
M&A-Geschäft: Alexion, Marktführer bei der
Behandlung von seltenen Krankheiten, will seine
Kompetenz auf diesem Feld weiter stärken.
34 MASSGESCHNEIDERT
PREMIUM-BRAND
Wir brauchen
Neuerungen
QUARTERLY 2 | 15
35
Das Hamburger Traditionshaus
Montblanc ist berühmt für seine
Schreibgeräte. Doch mit ihrer Herstellung
fühlt sich das Tochterunternehmen des
Richemont-Konzerns nicht ausgelastet.
36 MASSGESCHNEIDERT
100 JAHRE HANDWERKSKUNST. Wenn Kreationen Gestalt annehmen.
Herr Lambert, viele Jahre lang kannte man Ihre
Firma nur als Hersteller klassischer Schreibgeräte.
Wofür steht Montblanc heute? Sie verkaufen inzwischen Parfüm, Lederwaren und eben Armbanduhren.
Jedes unserer Produkte braucht drei Elemente: Qualität, Wert und technische Leistung. Das ist eigentlich ganz einfach und verbindet unsere Palette.
Jedes
unserer
Produkte
braucht drei
Elemente:
Qualität,
Wert und
technische
Leistung.
Karriere haben Sie als Uhrenmanager gemacht, waren Chef von A. Lange & Söhne und Jaeger-LeCoultre.
Rührt daher Ihre Vorliebe für Uhren?
Uhren passen gut, weil sie wie Schreibgeräte extreme
feinmechanische Fertigkeit erfordern. Teilweise sind
sogar die Maschinen und Werkzeuge gleich. Schreibgeräte wie Uhren polieren wir zum Beispiel auf eine
ganz ähnliche Art und Weise.
Das ist die technische Seite. Inwieweit überschneiden
sich die Kundengruppen?
Wer feine Schreibgeräte schätzt, interessiert sich
in der Regel auch für Uhren. Beides sehen wir als
hochwertige Lebensbegleiter, sie teilen die gleichen
inneren Werte.
Ihre Uhrenmodelle stellen Sie in der Schweiz in zwei
verschiedenen Manufakturen mit unterschiedlicher
Tradition und Wertschöpfung her – in Villeret die
teuren Werke und in Le Locle die günstigeren Modelle. Wieso machen Sie das?
Wissen Sie, wir vollziehen nach, was traditionsreiche
Marken wie Audemars Piguet, Patek Philippe oder
Vacheron Constantin vor langer Zeit vorgemacht
haben. Bei Montblanc schreiben wir aktuell diese
Geschichte.
QUARTERLY 2 | 15
Klingt gut, aber was meinen Sie damit genau?
Diese Hersteller sind ebenfalls aus verschieden geprägten Manufakturen entstanden. Mit der Zeit sind
sie zu einem Unternehmen zusammengewachsen.
Genau das passiert gerade bei uns. Ich kenne das
aus eigener Anschauung von Jaeger-LeCoultre. Die
Gehäuseproduktion lag ursprünglich bei Jaeger in
Frankreich, der Rest kam aus der Schweiz. Die
Uhren wurden jahrzehntelang – bis in die 1970erJahre – unter beiden Namen verkauft: Jaeger und
LeCoultre.
Was unterscheidet denn die beiden Fertigungen
voneinander?
Bei Minerva in Villeret behandeln wir die Uhren auf
eine ganz besondere Weise. Das ist so, wie Gemüse
zu kochen, das noch aus der Zeit vor der Agroindustrie stammt. Ein Uhrmacher stellt eine Uhr her,
es gibt keine moderne Arbeitsteilung. Im Schnitt
braucht er dafür ein Jahr. Zum Vergleich: Selbst bei
Jaeger-LeCoultre entstehen Uhren in neun Werkstätten mit 150 Mitarbeitern.
Wie steigern Sie so die Verkaufszahlen der in Villeret
gebauten Uhren?
Gute Frage, das ist schlicht nicht möglich. Wir können nur 30 bis 40 Uhren mit «Grand Complication»
pro Jahr fertigen und dazu noch 100 bis 150 Werke.
Und dann aus!
Warum diese Spreizung zwischen hochpreisigen
Uhren aus Villeret, wie die limitierte «Homage to
Nicolas Rieussec» für 26’900 Euro, und vergleichsweise günstigen Einstiegsuhren aus Le Locle, die
37
bei 1’290 Euro starten?
Die Spitze der Feinuhrmacherei verschafft uns
Glaubwürdigkeit. Vergessen Sie nicht, dass es einen
Wissenstransfer gibt: Die Fachleute in Villeret unterstützen ihre Kollegen in Le Locle mit Expertise; was
wir dort entwickeln, nutzen beide Manufakturen
– die Entwicklung habe ich zusammengelegt. Das ist
wie bei den Füllern hier in Hamburg: Wir fertigen
den «Monte Celio» für 2.4 Millionen Euro als Einzelstück, bieten aber auch Modelle für 365 Euro an.
Und beide werden mit den gleichen Fertigkeiten von
Hand bearbeitet.
Haben wir einen Wendepunkt erreicht? Über Jahre
wurden mechanische Uhren immer teurer, jetzt führt
der Schweizer Franken zu einer Zwangspreiserhöhung – und die Branche spricht über günstigere
Modelle.
Jemand wie der verstorbene Günter Blümlein, der
Anfang der 1990er-Jahre Marken wie IWC und
Jaeger-LeCoultre wiederbelebt hat, weckte neues
Interesse für die Feinuhrmacherei, besonders mit
der ersten «Grand Complication» von IWC, die
einen ewigen Kalender anzeigte und dennoch vergleichsweise günstig zu haben war. Danach ist ein
richtiger Markt entstanden, die Preise der Manufakturenmodelle kannten nur eine Richtung: nach oben.
Die Anbieter darunter hatten keine Möglichkeit,
technisch mitzuhalten.
Was hat das mit Ihnen zu tun?
Wir haben die Möglichkeiten, Komplikationen anzubieten – und können das zu vernünftigen Preisen
machen.
Sich zu erneuern ist Ihnen wichtig. Als frisch inthronisierter Montblanc-Chef haben Sie der Mannschaft
gleich eine ganze Reihe neuer Modelle innerhalb eines
halben Jahres abverlangt. Warum der Ehrgeiz?
Weil wir ein unglaubliches Privileg haben. Einen
Traum in ein Luxusgut zu verwandeln, das hat etwas
von Faust oder Prometheus! Aber wie viele können das heute noch? Solche Handwerkskunst wird
immer seltener. Das verpflichtet uns, immer wieder
den Zauber der ersten Begegnung mit einem neuen
Produkt möglich zu machen. In der Technik brauchen wir dazu Neuerungen.
Apropos: Wenden sich Jüngere angesichts der
«Apple-Watch» von mechanischen Uhren ab?
Das ist eine Schlüsselfrage für unsere Branche, die
schwer zu beantworten ist. Für mich war es wichtig,
Einen
Traum in ein
Luxusgut
zu verwandeln, das hat
etwas von
Faust oder
Prometheus!
Jérôme Lambert
JÉRÔME LAMBERT will nun auch im Uhrengeschäft für
Furore sorgen
dass Montblanc eine Antwort findet. Das haben wir
mit dem «E-Strap» getan, es bietet die Funktionalität einer Smartwatch, wird aber einfach mit dem
Armband einer beliebigen Uhr verbunden. Die
«Apple-Watch» ist eine Chance, weil Menschen sie
kaufen werden, die sonst gar keine Uhr hätten.
Vielleicht ist sie eine wirkungsvolle Rekrutierungsmaschine für unsere Industrie. Das Gute ist doch:
Apple bringt die Uhr zurück ans Armband.
Wann bietet Montblanc eine «Smartwatch» an?
Ich schaue immer, wer sich auf einem Feld engagiert.
Und mit Apple gibt es bei der Smartwatch einen
Riesen. Das ist ein Kampf, den man nicht gewinnen
kann. Für mich ist es deshalb unvorstellbar, in diese
Schlacht zu ziehen. Und Sie dürfen nicht vergessen,
dass wir lebenslange Begleiter herstellen wollen –
das ist eine Smartwatch aber zwangsläufig nicht,
schon aus technischen Gründen. Deshalb bieten wir
einen «E-Strap» an, den ich austauschen kann, und
keine Uhr.
Welches Modell gibt es noch nicht, das Sie unbedingt
bringen wollen?
Das darf ich nicht verraten. Aber ich habe einige im
Kopf, lassen Sie sich überraschen. Wir haben einiges
vor. Gestern hatten wir einen halben Tag lang einen
Kreativ-Workshop zu einem Produkt, das wir 2016
bringen. Das ist das Schöne in unserer Branche: Wir
stellen Dinge her, die es seit 100 Jahren gibt, und
trotzdem ist der Kreativität keine Grenze gesetzt.
38 STANDORT
48 HOURS IN
MONACO
Monaco hat mehr zu bieten als sein Casino. Es ist ein erfolgreicher
Finanzplatz mit einem reichen Freizeitangebot und einem der
schönsten Yachthäfen der Welt.
W
Alejandro Pou Cuturi (CEO)
Christophe Spanier (CFO)
Leonteq Securities
S.A.M. Monaco wurde
2009 gegründet. Sie sitzt
im Fürstentum in einem
Gebäude mit der EFG
Bank. Zu den Aufgaben
der zwölf Mitarbeiter
gehört es, den Vertrieb von
Cross-Asset-Derivaten im
Offshore-Bereich weiterzuentwickeln. Die Kapitallage ist gut, die Reserven
im Fürstentum sind hoch,
das Fremdkapital gering.
Der Standort ist sehr
erfolgreich. Geführt wird er
von den beiden, Alejandro
Pou Cuturi (CEO) und Head
of Sale Christophe Spanier
(CFO).
QUARTERLY 2 | 15
er Monaco sagt, der sagt
Geld. Monaco ist ein
wichtiger Finanzplatz in
Europa. Momentan leben
38’000 Einwohner im Fürstentum, die
Bevölkerung wächst langsam, aber beständig. Symbol hierfür sind acht Hochhäuser,
an denen im Zentrum von Monaco derzeit
gebaut wird. Ein Projekt der Zukunft: Die
Landfläche vergrössern, dem Meer Lebensraum abtrotzen. Auf Pfählen soll Monaco
in den nächsten Jahren ins Mittelmeer
hinein wachsen. «Die Gehaltsstruktur in
Monaco ist ähnlich wie in Frankreich, aber
die Konditionen sind dennoch besser, weil
die Sozialabgaben hier wesentlich niedriger sind», sagt CFO und Head of Sales von
Leonteq Monaco Christophe Spanier.
Der 35-jährige Manager, gebürtiger
Deutscher, hat den exklusiven Standort mit
aufgebaut. Er arbeitet seit 2008 bei Leonteq, wie Alejandro Pou Cuturi, CEO von
Leonteq Monaco. Kunden sind vor allem
Privatbanken, Portfoliomanager, Vermögensverwalter und Family Offices. Leonteq
Monaco ist auch für Lateinamerika sowie
die italienische und französische Schweiz
zuständig. Für Christophe Spanier, der
in Bamberg, Oxford, Madrid und Paris
studiert hat, ist sein Arbeitsplatz und dessen
Lage ein Privileg: «Die Lebensqualität hier
sucht ihresgleichen.»
Für Touristen ist Monaco daher ebenfalls
ein grossartiger Spot. Und muss nicht einmal teuer sein: «Ich gehe jeden Tag für 20
Euro gut Mittagessen. Für Schweizer sind
die Preise hier sogar günstig.» Teuer seien
allerdings die Mieten oder der Immobilienerwerb, wohnen hier doch Millionäre wie
der Tennisspieler Novak Djokovic oder
Rennfahrer-Legende David Coulthard.
Neben Orten, die einfach jeder besucht, wie
etwa das berühmte Casino, gibt es einige
schöne Ecken, die nicht im Reiseführer
stehen. So empfiehlt der 41-jährige Alejandro Pou Cuturi, der an der Ecole Nationale
Supérieure des Arts et Métiers (Paris)
und ESSEC (Paris) studiert hat, etwa den
historischen Grand Prix: Zwei Wochen
vor dem Formel 1-Rennen gehen alle zwei
Jahre immer die Oldtimer an den Start.
Der Eintritt ist mit 20 bis 40 Euro günstig
und man sieht Nobelkarossen aus alten
Zeiten. Zwei weitere Highlights:
Das Tennis-Turnier im April und die YachtShow Ende September. Christophe Spanier
geniesst es besonders, auf dem Strandweg
zwischen dem Strand von Marquet und
dem Strand La Mala entlang zu joggen.
45 Minuten hin und zurück, um den Kopf
freizubekommen. Gut Fisch essen, lässt es
sich in dieser Ecke auch: Im Restaurant la
Pinède. Dort trinkt man Cocktails, geniesst
den Sonnenuntergang, um dann zu dinieren. Monaco ist auch das richtige Ziel für
das Reisen mit Kindern. Die Infrastruktur
von Spielplätzen, Kinderbetreuung und
Freizeitangeboten ist riesig.
Am Ende verzaubert Monaco also nicht
nur die Schwerreichen. Das Kleinod ist ein
Reiseziel für jedermann geworden.
39
MONACO AUF EINEN BLICK
AmtsspracheFranzösisch
Staatsform Erbmonarchie
Regierungssystem konstitutionelle Monarchie
Staatsoberhaupt Fürst Albert II.
Fläche 2.03 km²
Einwohnerzahl 36´950
davon 78 % ausländisch
Bevölkerungsdichte 18´229 Einwohner pro km²
Währung Euro
Unabhängigkeit 25. Februar 1489 (von Frankreich)
Nationalfeiertag 19. November
Telefonvorwahl +377
40 STANDORT
Tipps für Monaco
BARS
DISCO
KONZERTE
AUSSTELLUNGEN
OUTDOOR
Die Bar Sass Café ist dafür
berühmt, dass immer etwas
geboten wird – die Bar ist stets
gut besucht, auch von den
Monegassen. Samstags wird
Live-Musik gespielt. Ein idealer
Spot für ein paar Drinks, bevor
man in einen Club geht. Das
Twiga hat noch nicht so viel
Tradition, da es letztes Jahr von
Flavio Briatore eröffnet wurde.
Hier sieht man gerne mal
Prominente und Jetsetter. Man
kann das Lokal auch per Boot
ansteuern, es verfügt über
einen eigenen Steg.
Mitten im Sporting MonteCarlo Komplex wartet das
Jimmy’z Sporting MonteCarlo. Der Laden ist einer der
berühmtesten Nachtclubs der
Welt. Die Lage am Meer und
das moderne Design sorgen
für die optischen Reize. An den
Turntables stehen regelmässig
DJ-Grössen wie Bob Sinclar,
oder David Morales. Das Zelo’s
ist ein Nachtclub mit schönem
Meerblick, exklusiv und stilsicher. Der Club La Rascasse
gefällt vor allem jungen Gästen
mit kleinem Budget.
Ein Konzert für Liebhaber des
Schmusebarden Enrique
Iglesias steigt im Rahmen
des Monte-Carlo Sporting
Summer Festival am 16. August 2015. Der Superstar tritt
im Salle des Etoiles bei einer
Latin Night auf. Wer mehr auf
härtere Rhythmen abfährt,
geht zum Konzert der 1970
gegründeten deutschen Elektropop-Pioniere von Kraftwerk (Kulthit: «Autobahn»).
Sie treten am 11. November im
Sporting Monte-Carlo auf.
Das Musée du Vieux Monaco
in der Altstadt ist mittwochs bis
freitags Juni bis Ende Oktober
von 11 bis 16 Uhr kostenlos
geöffnet. Zu sehen gibt es
Gegenstände des traditionellen
monegassischen Kulturgutes,
Keramiken, Gemälde, Möbel und
Kostüme. Autonarren können
auf der Terrasse von Fontvieille
die bemerkenswerte OldtimerSammlung von Prinz Rainier
III. von Monaco bestaunen. Sie
umfasst rund 100 Fahrzeuge
verschiedenen Alters.
Wer etwas mehr will, als sich
die Beine vertreten, der sollte
unbedingt das mittelalterliche
Roquebrune-sur-Argens in
der französischen Nachbarschaft besuchen. Das Dorf ist
durch seine Hanglage und den
Blick auf Monaco der richtige
Tipp für eine Flucht aus dem
Trubel des Fürstentums.
Schöne Spaziergänge kann
man auch in der Gegend von
Menton mit seinen Zitronenund Orangenplantagen
unternehmen.
QUARTERLY 2 | 15
41
ESSEN
ERHOLUNG
TIPPS
TRANSPORT
SHOPPING
Das klassische französische
Restaurant Les Privés im
Casino von Monte-Carlo bietet
einen beeindruckenden Blick
auf Mittelmeer und Cap Martin,
ohne die Spielräume verlassen
zu müssen. Das Vistamar hat
einen Michelin-Stern, es bietet
ein originelles, von Küchenchef
Joël Garault zelebriertes
Feinschmeckerkonzept.
Die grossen Fleischkenner
dinieren im BeefBar in Fontvieille, wo es unter anderem
feinstes Kobe-Rind zu essen
gibt.
Die Thermes Marins
Monte-Carlo sind der
richtige Ort für eine anregende
Spa-Entspannung oder eine
Fitness-Einheit. Ein professionelles Team, die richtige
Ausstattung und ein reiches
Angebot an Anwendungen
kommen hier zusammen.
Die Programme sind für eine
nachhaltige Entspannung ausgelegt. Wer diese Entspannung
eher in der freien Natur sucht,
für den sind die Japanese
Gardens an der Avenue Princesse Grace angelegt worden.
April bis September ist die
beste Reisezeit, im Herbst
regnet es dagegen oft. Das
übliche Trinkgeld in Monaco
beträgt 10 bis 15 Prozent des
Rechnungsbetrages. In den
grösseren Restaurants steht
das Trinkgeld oft mit auf der
Rechnung. Im Casino
gilt ein Mindestalter von
21 Jahren. Die Spielbank ist
übrigens auch für Kunstkenner
ein Muss: Ihre Fresken und
Skulpturen sind einzigartig. In
ganz Monaco empfiehlt sich
elegante Kleidung.
Monaco ist gut erreichbar. Es
gibt sechs Buslinien, die von
der Compagnie des Autobus
de Monaco (CAM) betrieben
werden. Weitere Buslinien
verbinden die Stadt mit Nizza
(inkl. Flughafen) und Menton.
Zusätzlich bietet Monacos
unterirdischer Bahnhof
SNCF Reiseverbindungen in
alle Himmelsrichtungen. Eine
Fähre verbindet die Häfen Port
Hercules und Fontvieille. Sehr
beliebt ist der Hubschrauber von
Monaco zum Nizza Flughafen
(EUR 125 pro Person).
Zum Einkaufen begibt man sich
am besten auf die Uferstrassen. Hier gibt es Boutiquen
von Modelabels wie Dior,
Chanel, Cartier oder Hermes,
dazu viele Souvenirläden.
Zusätzlich gibt es in Monaco
Outlet-Center, wo die
Markenkleidung der vorherigen
Saison günstig verkauft wird.
Eine grosse Mall ist das Le
Metropole Shopping
Center. Ein weiteres Shopping
Center ist das The Pavillions
Monte-Carlo in unmittelbarer
Nähe des Casinos.
42 GIMMICKS
PIMP MY GRILL
AB DIE POST
Alle Mann an den Grill! Geschmack ist alles.
AROMA HOCH 2
Eine Box voller Rauch: Die zweiteilige Edelstahlbox aus
Räucherschale und Deckel verleiht Lebensmitteln einen
aromatischen Rauchgeschmack. Je länger die Box auf
dem Grill verbleibt, desto intensiver ist die Rauchnote.
Ca. CHF 25.
FRISCH GEPRESST
Mit der Burger Presse wird die Zubereitung der
perfekten Fleischscheiben zum Kinderspiel. Je
nach Hunger und persönlicher Vorliebe kann die
Grösse variiert werden.
Ca. CHF 25.
www.williams-sonoma.com.au
Geschmacksinfusion: Die Marinade
kann mit der Nadel direkt in das
Fleisch gespritzt werden: und
sorgt somit für intensiveres
Aroma und kürzere
Marinierzeit. Ca. CHF 18.
www.roesle.de
SMART GRILLEN
Damit bereitet man perfekt gegrilltes Fleisch aus dem Handgelenk
zu. Einfach die Messsonde ins Grillgut stecken, das iGrill 2 per
Bluetooth mit dem Smartphone verbinden und schon kann die
Kerntemperatur bequem auf dem Display abgelesen werden.
Ca. CHF 120.
www.smartdevices.com
FRÜHLINGSPUTZ
Mit dem Grillbot gehört das lästige Schrubben des Grillrostes
der Vergangenheit an. Der Reinigungsroboter befreit den
Rost vollautomatisch und zuverlässig von Angebranntem
und Speiseresten. Ca. CHF 140.
www.grillbots.com
INTERN
43
UPGRADE
TO LEONTEQ
Leonteq Securities (ehemalige EFG Financial Products)
wurde Ende 2007 gegründet mit dem anfänglichen
Geschäftszweck der Emission und dem Vertrieb von
Strukturierten Produkten. Mittlerweile wird die Plattform auch externen Partnern im Rahmen der Partnership-Strategie angeboten.
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, durch Transparenz und ein
differenzierendes Serviceangebot den Markt für Strukturierte
Produkte entscheidend mitzuprägen. Als unabhängiger Outsourcing Partner für Anlageproduktedienstleistungen sind wir
einzigartig in der Branche und für die weitere Entwicklung des
Marktes gut gerüstet. Leonteq Securities verfügt über eines
der erfahrensten Expertenteams, das sich über alle Bereiche
des Unternehmens hinweg auf den Kundenservice fokussiert,
unterstützt durch eine hochmoderne, integrierte IT Infrastruktur. Mit unserer modernen und integrierten Plattform, die auf
Flexibilität, Innovation, Kundenservice und Transparenz ausgerichtet ist, nehmen wir in der Schweiz eine führende Position
ein. International sind wir tätig mit Schwerpunkt Europa und
Asien.
HABEN WIR IHR INTERESSE GEWECKT?
Dann freuen wir uns auf Ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen.
hr@leonteq.com
TERMINKALENDER
15.09.2015
Leonteq’s Investor Day
09.00 – 16.00
Park Hyatt Zürich
Beethovenstrasse 21, 8002 Zürich
24.09.2015
Brownbag Lunch Universität Zürich
12.00 – 14.00 Uhr
Universität Zürich
Rämistrasse 71 in 8006 Zürich
Das Durchschnittliche
gibt der Welt ihren
Bestand, das Aussergewöhnliche ihren Wert.
Oscar Wilde
Oscar Wilde (1854 – 1900)
war ein irischer Schriftsteller. Er gehört zu den umstrittensten Dichtern der frühen
Moderne. Wilde hat geistreiche Gesellschaftskomödien und einen Roman,
«Das Bildnis des Dorian Gray», geschrieben.