Niemann-Pick-Syndrom Typ C

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Niemann-Pick-Syndrom Typ C
Kindernetzwerk e.V.
für Kinder, Jugendliche und (junge) Erwachsene mit
chronischen Krankheiten und Behinderungen
Krankheitsübersicht
Niemann-Pick-Syndrom
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Niemann-Pick-Syndrom
Morbus Niemann-Pick
Sphingolipidose
Sphingomyelinlipidose
Zusammengestellt für das Kindernetzwerk von:
Prof. Dr. Gerhard Neuhäuser, Gießen
05 /2012
Kurzbeschreibung
Genetisch bedingte neurodegenerative Erkrankung (lyosomale Stoffwechselstörung;
Lipidspeicherkrankheit), die in verschiedenen Typen auftritt, mit Vorwölbung des Bauches
infolge Vergrößerung von Leber und Milz, neurologischen Symptomen, rotem Maculafleck
der Netzhaut, dünnen Gliedmaßen und Kleinwuchs.
Symptome, Formen, Krankheitsverlauf
Der akut neuropathische Typ A (auch Typ IA genannt) macht sich in den ersten 4 bis 6
Lebensmonaten bemerkbar:
•
Der Bauch ist stark vorgewölbt durch Vergrößerung von Leber und Milz (Hepatosplenomegalie).
•
Es kommt zu Gedeihstörung, Muskelhypotonie, Entwicklungsverzögerung und -stillstand.
•
Bald kommen auch Spastik, Rigor (Bewegungsstörung) und zunehmender Kontaktverlust dazu.
•
Bronchitis und Aspirationspneumonie, auch Lungeninfiltrate verursachen Atemstörungen, es treten Fieber, Anämie und häufig Osteoporose (Knochenbrüchigkeit) auf;
die Haut wird gelbbraun.
•
Bei der Hälfte betroffener Kinder ist ein roter Fleck im Bereich der Macula (Stelle des
schärfsten Sehens), in der Netzhaut des Auges zu beobachten.
•
Die Lebenserwartung beträgt 2 bis 5 Jahre.
Der chronisch viszerale Typ B (Typ IS) ist variabler und manifestiert sich im 2. bis 3. Lebensjahrzehnt.
•
Es steht die Vergrößerung von Leber und Milz im Vordergrund.
•
Alveoläre Infiltrate (Entzündung in den Lungenbläschen) führen zu Hypoxämie (Sauerstoffmangel), Belastungsdyspnoe (Atemnot), asthmatischen Beschwerden, rezidivierenden Bronchopneumonien und Cor pulmonale (Belastung des Herzens).
•
Es kann sich eine Leberzirrhose mit portaler Hypertension (Drucksteigerung im Leberkreislauf) und Aszites sowie hepatischer Enzephalopathie einstellen.
•
Extrapyramidale Bewegungsstörungen, Demenz und manisch-depressive Symptome
sind selten.
•
Die Lebenserwartung ist mäßig beeinträchtigt
2
Typ C (NPC) ist von TypA und B auch biochemisch verschieden und hat mehrere Varianten.
Selten kommt es bei der perinatalen oder frühinfantilen Form schon im Neugeborenenalter nach fötalem Aszites (Bauchwassersucht) zu einer rasch progredient verlaufenden cholestatischen Hepatitis (Leberentzündung mit Gallenrückstau) oder zu schwerer Entwicklungsverzögerung mit Hypotonie und Atemstörungen (Lebenserwartung 4 bis 6 Jahre).
Die chronisch neuropathische juvenile Form (50 bis 60%) manifestiert sich im Alter von 5
bis 10 Jahren.
•
Meist zeigen sich zunächst Verhaltensauffälligkeiten, Lernprobleme und Entwicklungsverzögerung.
•
Bald treten aber auch neurologische Symptome auf mit Ataxie (Gleichgewichtsstörung), Dysarthrie (Sprechstörung) und Dystonie, Spastik, Rigor (Störungen des Muskeltonus) und Athetose (abnorme Bewegungen) sowie Nystagmus (Augenzittern).
•
Relativ charakteristisch ist eine Blicklähmung nach oben (vertikale Blickparese).
•
Es können sich auch Krämpfe und Muskelzuckungen einstellen sowie plötzlicher Tonusverlust (Kataplexie) bei Erschrecken oder affektiver Erregung (Lachen).
•
Psychotische Symptome kommen vor.
•
Eine Vergrößerung von Leber und Milz wird im Verlauf fast immer beobachtet.
•
Das Hautkolorit ist gelblich.
•
Wegen Hypersplenismus (Milzvergrößerung) kommt es zu Blutbildungsstörungen;
eine Infektneigung wird durch Lungeninfiltrate begünstigt.
•
Mitunter beobachtet man Skelettveränderungen.
•
Die Lebenserwartung beträgt etwa 20 bis 30 Jahre.
Bei der adulten Form, die etwa mit 30 Jahren auftritt, entstehend langsam progredient Dysarthrie, Demenz, Psychosen, Gang- und Extremitätenataxie, Parkinsonismus, Spastik, Dystonie, Anfälle und Hepatosplenomegalie.
Typ D (Nova-Scotia) betrifft ein Endemiegebiet in Kanada. Es kommt im Kindesalter zu langsam progredienten neurologischen Symptomen.
Diagnostik
Klinische Hinweiszeichen sind Hepatosplenomegalie, Maculafleck der Retina, vertikale
Blicklähmung, neurologische Symptome und Demenz bzw. psychische Auffälligkeiten.
Bei der Knochenmark- oder Lymphknotenpunktion werden vielfach so genannte Speicherzellen (Schaumzellen mit blauem Zytoplasma in der May-Grünwald-Färbung) gefunden,
sie sind allerdings nicht spezifisch.
Gesichert wird die Diagnose durch eine Enzymbestimmung in Leukozyten und Fibroblasten (saure Sphingomyelinase, ASM, die Sphingomyelin in Ceramid und Phosphorylcholin
spaltet) bzw. mit dem Nachweis eines gestörten intrazellulären Cholesterinstoffwechsels
durch verminderte intrazelluläre Veresterung von exogenem LDL-Cholesterin innerhalb von
4 bis 6 Stunden sowie deutlich verminderte Anreicherung von nicht verestertem Cholesterin
mit der Filipin-Färbung.
Mitunter ist eine Leberbiopsie zur biochemischen Untersuchung erforderlich.
Durch molekulargenetische Analyse werden die NPC-Gene nachgewiesen.
Die Magnetresonanztomographie zeigt eine kleinhirnbetonte Atrophie, selten periventrikuläre Marklagerveränderungen; der Befund kann auch normal sein.
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Im EEG findet man mitunter hypersynchrone Aktivität, die evozierten Potentiale (Reizantworten) sind in ihrem Ablauf verzögert.
Eine Prüfung der Sinnesfunktionen sollte immer erfolgen, auch eine neuropsychologische Untersuchung ist nicht nur für die Verlaufskontrolle wichtig.
Ursache der Erkrankung:
Ätiologie / Pathogenese / Genetik
Die Erkrankung wird autosomal rezessiv vererbt.
•
Für Typ A und B ist ein Genort auf Chromosom 11p15.1-4 (ASM-Gen),
•
für Typ C und D auf Chromosom 18q11-12 lokalisiert.
Es sind verschiedene Mutationen bekannt.
Niemann-Pick Typ A und B beruhen auf einer Störung des enzymatischen Abbaus von
Sphingomyelin.
Es besteht ein Mangel an dem Enzym saure Sphingomyelinase;
•
bei Typ A sind weniger als 10%,
•
bei Typ B 2-10%;
•
bei heterozygoten Merkmalsträgern 50%
der normalen Ennymaktivität vorhanden.
Das Enzym Sphingomyelin befindet sich normalerweise in den Lysosomen, speziellen Untereinheiten der Zelle, die dem intrazellulären Abbau von zelleigenem und auch zellfremden
Material dienen. Wenn das Enzym fehlt oder nur unzureichend aktiv ist, wird Sphingomyelin
(Ceramidphosphorylcholin) oder Cholesterol aus LDL-Protein nicht richtig abgebaut und in
den Lysosomen von Zellen des Nervensystems, der Leber, Milz, Nieren und des retikulendothelialen Systems (RES) angehäuft. Dadurch kommt es zu einer Veränderung der Zellfunktionen und zu einer Beeinträchtigung der Funktion von Leber, Milz, Niere, Lunge und des
zentralen Nervensystems.
Bei Niemann-Pick Typ C besteht eine beeinträchtigte Cholesterolveresterung in den Lysosomen . Die Sphingomyelinaseaktivität ist dabei weitgehend regelrecht, auch die Aufnahme
von LDL-Cholesterin in die Zelle und die Hydrolyse in den Lyosomen und späten Endosomen ist normal, es besteht aber ein Defekt im Ausschleusen von nicht verestertem Cholesterin aus den Lysosomen ins endoplasmatische Reticulum und zur plasmamembranösen Sequesterierung von Cholesterin und Sphinomyelin in den Lysosomen.
Die Hepatosplenomegalie ist Folge einer vermehrten Speicherung von Cholesterin, Sphingomyelin, Glykolipiden und Phospholipiden in Hepatozyten und Makrophagen.
Die Pathogenese der cerebralen Veränderungen ist noch unklar; Speicherung geschieht vor
allem tief cortikal, in Stammganglien, Thalamus, Substantia nigra und Locus coeruleus; daneben kommt es zu Demyelinisierung. Im Nervensystem wird das NPC1-Gen vor allem in
Astrozytenfortsätzen exprimiert; es trägt wohl zur neuronalen Degeneration bei.
Zeramid, das aus Sphingomyelin entsteht, gilt als sekundärer Botenstoff bei der intrazellulären Signaltransduktion.
Bei Trägern der APO E4-Variante kommt es zur Bildung von diffusen Plaques und von Neurofibrillen, also zu ähnlichen neuropathologischen Veränderungen wie bei der Alzheimerischen Krankheit. In Tiermodellen wurde gezeigt, dass Defekte im zellulären Cholesterintransport zu vermehrter Amyloid-beta-Produktion und zur Phosphorylierung des Tau-Proteins führen. Diese chemischen Prozesse sind die Voraussetzungen für die Entstehung von
Plaques und Neurofibrillen.
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Häufigkeit und Hinweise zur Vererbung
Typ A und B treten hauptsächlich in der jüdischen Bevölkerung auf.
Für dem häufigeren Typ A (85%) wird bei Ashkenazi-Juden eine Frequenz von
1: 40 000 angegeben (Heterozygotenfrequenz 1:60).
Typ D kommt in Kanada (Neuschottland) bei 1% einer Bevölkerungsgruppe vor, die sich auf
einen Vorfahren zurückführen lässt.
Typ C hat eine Häufigkeit von 1:150 000 bei Lebendgeborenen.
In 95% werden Mutationen im NPC1-Gen (Chromosom 18q11-12) beobachtet, in 5% im
HE1 oder NPC2-Gen (auf Chromosom 14q24.3).
Vom NPC1-Gen sind mehr als 40 Mutationen bekannt, sie treten oft als „compound heterozygote“ auf. NPC1- und NPC-2 Mutationen sind klinisch nicht zu unterscheiden.
Differentialdiagnose / Verwandte Krankheiten /Begleitfehlbildungen
Mit Speicherung von Lipiden gehen auch andere neurometabolische Krankheiten einher, so
Morbus Gaucher und Wolman’sche Krankheit sowie Hyperlipidoproteinämie I und V.
Die Differentialdiagnose ist klinisch und biochemisch bzw. molekulargenetisch möglich. Dies
gilt auch für andere neurodegenerative Erkrankungen, die mit einem roten Maculafleck bzw.
mit ähnlichen progredienten neurologischen Symptomen einhergehen
Früherkennung
Eine Frühdiagnose ist durch den Nachweis eines kirschroten Maculafleckes (kommt bei etwa
50% der Patienten vor) oder von Speicherzellen möglich, vor allem durch biochemische Untersuchung. Damit und durch molekulargenetische Analyse kann auch pränatal die Diagnose
gestellt werden.
Standardtherapie
Mit Medikamenten ist zwar die Cholesterinkonzentration zu senken, die neurologischen
Symptome sind aber nicht zu beeinflussen; es werden Cyclodextrine eingesetzt, zuckerähnliche Substanzen, die man auch zur Solubrisierung von Medikamenten verwendet. Seit 2009
ist das Medikament Miglustat (Zavesca®) zur Behandlung der PNC zugelassen (Orale
Substratregulationstherapie), das die Speicherung von Cholesterin durch verminderte Produktion unterbindet.
Mit Knochenmarkstransplantation konnten keine günstigen Resultate erzielt werden.
In klinischer Erprobung ist eine Enzymersatztherapie, bei der Sphingomyelinase zugeführt
wird.
Falls Hypersplenismus die Blutbildung beeinträchtigt, kann eine Entfernung der Milz angezeigt und günstig sein.
Oft bleibt nur die praktisch wichtige Möglichkeit symptomatischer Maßnahmen:
•
Antocholinerge Medikamente bei Tremor und Dystonie,
•
Antiepileptica bei Anfällen,
5
•
•
Amitryptilin, Clomipramin oder Modafenil bei Kataplexie.
Wichtig sind immer Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie sowie
pädagogische Maßnahmen und sozialtherapeutische Unterstützung.
Bei Typ C wird derzeit eine cholesterinarme Ernährung nicht mehr empfohlen.
Weitere Therapien, zum Teil noch in der Erforschung:
Es ist ein Mausmodell für die Erkrankung bekannt, so dass neue Therapiemöglichkeiten erprobt werden können, zum Beispiel die Wirkung von Stammzellen.
Prognose
Bei den früh auftretenden Erkrankungsformen kommt es meist rasch zu ungünstigem Verlauf. Allgemein ist mit einem Fortschreiten der Erkrankung zu rechnen, der sich nicht beeinflussen lässt. Die Lebenserwartung ist bei den einzelnen Krankheitsformen unterschiedlich.
Beratung der Familien
Eine intensive Beratung betroffener Familien und ihrer erkrankten Angehörigen ist notwendig, da sich bei der Vielfalt von Symptomen immer wieder neue Schwierigkeiten ergeben.
Genetische Beratung sollte erfolgen, da bei rezessiver Vererbung ein Wiederholungsrisiko
von 25% besteht. Mutationsanalyse kann die Aussagen präzisieren.
BUNDESVERBÄNDE
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jeweiligen Verbandes in der Umgebung Ihres Wohnortes! Falls vorhanden, sind
auch Auslandsadressen mit aufgelistet. Bitte haben Sie dafür Verständnis, daß wir
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Niemann-Pick-Selbsthilfegruppe e.V.
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Edmund und Gerda Fabianski
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Tel.: 0 71 59/4 39 69
e-mail: info@myelin.de; Frank.Schreiber@myelin.de
Internet: www.myelin.de
Ansprechpartner/innen: Dr. Frank Schreiber,
Vorsitzender
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Internet: www.Niemann-Pick.de
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- Leukdystrophie
- Morbus Alexander
- Morbus Canavan
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- Morbus Refsum
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- Pelizaeus-Merzbacher-Syndrom
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