neUeS LIchT | ARchITeKTUR | TechnIK 1 | 2012

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neUeS LIchT | ARchITeKTUR | TechnIK 1 | 2012
neues licht | architektur | technik
1 | 2012
Licht als Taktgeber
Räume für Demenzkranke
Licht im Krankenhausbau
Schnellere Genesung
Licht zum Ausprobieren
Die TRILUX Akademie in Arnsberg
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editorial
05
3lux:letters 1 | 2012
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Titelseite: Im Atrium des Orbis
Medical Center in Sittard sind durch
den kreativen Umgang mit Licht
ansprechende Aufenthaltsorte
geschaffen worden.
Foto: Boris Golz, Arnsberg
Liebe Leserinnen und Leser,
im Gesundheitssektor wird immer häufiger nur noch von Kosten gesprochen. Die Ärzte gehen
auf die Straße, um ihrem Unmut über die langen Arbeitszeiten und die dafür sehr geringen
Honorarvereinbarungen Luft zu machen. Wenn von Krankenkassen die Rede ist, geht es fast unweigerlich um Beitragserhöhungen oder Medikamentenzuzahlungen. Auch beim Bau neuer Krankenhäuser
oder Pflegeeinrichtungen wird immer öfter der Rotstift angesetzt und das Budget gekürzt. Aber nicht
nur das Fachwissen der Ärzte und Pfleger sowie die technische Ausstattung spielen bei der Genesung
der Patienten eine wichtige Rolle, gerade auch die Atmosphäre, und hier besonders die Lichtsituation,
kann maßgeblich zum Wohlbefinden der kranken Menschen beitragen.
Mit dieser Ausgabe der 3lux:letters möchten wir Sie über Möglichkeiten und Notwendigkeiten rund
um das Thema „Licht und Gesundheit“ informieren. Den Schwerpunkt haben wir dabei bewusst auf
Einrichtungen für Demenzkranke gelegt. In unserem Leitartikel „Licht als Taktgeber“ informiert
die Architektin und Gründerin des Demenz Support Stuttgart über die Bedürfnisse von
Demenzkranken und ergänzt ihren Beitrag mit praxisnahen Planungsvorschlägen (Seite 10). Mit
dem Pflegeheim in Bad Münder (Seite 22) zeigen wir Ihnen, welche positiven Auswirkungen eine
gut durchdachte Licht­planung auf die Bewohner eines Demenzzentrums hat. Aber auch in
Krankenhäusern wie dem Albert Schweitzer Ziekenhuis in Dordrecht/NL (Seite 26) sorgt die
geschickte Anwendung von Licht in Kombination mit einer architektonisch angenehmen Umgebung
für Linderung bei den Patienten und damit für eine schnellere Genesung. Mit dem Orbis Medical
Center in Sittard/NL (Seite 30), einem Zusammenschluss von Krankenhaus und Ärztezentrum
sowie Forschungseinrichtung, wurde ein ganzheitlicher Ansatz architektonisch anspruchsvoll
umgesetzt. In unserem Interview haben wir Experten gebeten, uns ihren Umgang mit Licht im
Gesundheitswesen zu erläutern, aber auch die Frage nach den Kosten gestellt (Seite 18). Die
Planerfrage (Seite 37) beschäftigt sich dieses Mal mit dem circadianen Rhythmus und dessen
Auswirkungen auf den menschlichen Biorhythmus. In der Rubrik Materialkunde (Seite 36) zeigen
wir Ihnen eine Leuchte, die mit ihrer intelligenten Anpassung der Beleuchtungsstärke diesen
Rhythmus unterstützt. Außerdem stellen wir Ihnen den Medical Cube (Seite 38) und die neue
TRILUX Akademie (Seite 40) am Stammsitz unseres Unternehmens in Arnsberg vor.
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen der aktuellen Ausgabe der 3lux:letters!
Ihr Thomas Kretzer, Geschäftsführer TRILUX Vertrieb GmbH
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licht und gesundheit
04
blicke
Think outside the box im Museum Ritter; Trap Light; Rhyme &
Reason; light+building; Bionic glasses for poor vision; mies-mies im
Kunstmuseum Celle; Lichtkunstfotografie Workshop; Josefine/Roxy
Club in Brasilien; Kundenzentrum der Stadtwerke Konstanz
04
geschichte
Die Pantoffelleuchte
07
statement
Werft alle Regeln über Bord - wir werden alt! Von Elisabeth
Schneider-Grauvogel
09
lesen
Drei Buchempfehlungen der Redaktion
10
punkt
Licht als Taktgeber. Von Sibylle Heeg
14
impression
Forschung und Glaube
18
reflexion
Prof. Hans Nickl (Nickl & Partner), Katja Winkelmann (Licht01) und
Matthew Placzek (Placzek Studios)
22
architektur
MediClin Seniorenresidenz Deister Weser in Bad Münder, MediClin
GmbH & Co.KG, Offenburg; Albert Schweitzer Ziekenhuis Dordrecht,
EGM architecten, Dordrecht; Orbis Medical Center, Bonnema
Architects, Sittard
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service
Materialkunde: Acuro Active LED; Planer fragen, Hersteller antworten: Circadianer Rhythmus
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TRILUX
kunst
Medical Cube in Arnsberg; TRILUX Akademie in Arnsberg
Metaphern in Bewegung, Adrien M. et Claire B; Unendlicher
Raum, Serge Salat; Künst­lerisches Nachbeben, Fabrice Wittner;
Mahnende Menge, Luzinterruptus
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kuriosum
Heureka!
47
quelle
Blick ins Innere
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Impressum
blicke
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Endloses Licht: Aus einer Form im
Raum entsteht durch Spiege­lung ein
unendlich erscheinender Raum, der
durch Neonlicht betont wird.
Think outside the box
Brigitte Kowanz
Museum Ritter, Waldenbuch
bis 15.04.2012
www.museum-ritter.de
Unfassbarer Raum: Durch die Anord­
nung der spiegelnden Ausstellungs­
stücke kann sich der Betrachter als
Teil des Kunstwerks wiederfinden.
Fotos: VG Bild-Kunst, Bonn
Die Ausstellung der österreichischen (Licht-)Künstlerin Brigitte Kowanz
„Think outside the box“ zeigt Werke, die um die Ecken denken. Denn genau
das kann der Betrachter in Kowanz‘ Arbeiten erleben. Gezeigt werden
Installationen, in denen sie mit der künstlerischen Kombination von Licht,
Spiegeln und Schrift arbeitet. Dabei geht es Kowanz bei der Abbildung von
Worten, nicht um die Lesbarkeit, sondern um die bildliche Qualität der
Zeichen. Der Betrachter wird durch die Arbeiten in eine Welt entführt, die aus
Licht und Spiegelungen endlose Räume schafft. In ihren Werken spielt die
Künstlerin mit Neonlicht oder Morsezeichen, aber auch mit dem Betrachter
selbst, der durch die Spiegelungen zu einem Teil des Kunstobjekts wird. Die
Aus­stellung ist bis 15. April 2012 im Museum Ritter in Waldenbuch zu sehen.
geschichte
Die Pantoffelleuchte
Gerade in Mehrbettzimmern in
Kliniken ist eine ruhige, ungestörte
Atmosphäre besonders wichtig. Um
schlafende Patienten nicht unnötig mit direkter Raumbeleuchtung
zu wecken, wurde speziell für
den Klinikbetrieb die sogenannte Pantoffelleuchte entwickelt.
Die Wandeinbauleuchte wird
nach ihrem Zweck, den sie erfüllt
benannt: Sie soll Patienten helfen, beim Verlassen des Bettes
in der Nacht ihre Pantoffeln zu
finden, ohne dabei das Licht
anschalten zu müssen. Doch auch
den Nachtschwestern erleichtert die permanente, indirekte
Beleuchtung die Arbeit und in langen, dunklen Krankenhausfluren
garantiert sie inzwischen eine
sichere Wegbeleuchtung. In einer
Höhe von 20-40 Zentimetern in die
Wand eingebaut, wird das Licht
der Pantoffelleuchte mithilfe von
Lamellen gezielt auf den Boden
gelenkt. Vorgänger der heutigen
Pantoffelleuchte wurden bereits
1971 von TRILUX in einfacher
Ausführung produziert und vertrieben. Die Anfang der 1990erJahre weiterentwickelte Leuchte
ist heute in einer waagerechten
als auch senkrechten Version mit
oder ohne Steckdose erhältlich.
Das Gehäuse aus weiß lackiertem Aluminium-Druckguss ist
für die Unterputz- und die Hohl­
wandmontage geeignet.
Bereits seit 1971 hilft die sogenannte Pantoffelleuchte Patienten und
Pflegepersonal bei der sicheren
Orientierung im Krankenhaus.
Foto: TRILUX
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Der Lampenkörper wird mit der
klassischen Glasbläsertechnik aus
Murano hergestellt.
Die Leuchtpigmente im Innern der
Trap Light erzeugen ein stimmungsvolles Umgebungslicht.
Trap Light
Gionata Gatto und Mike Thompson
www.traplightsaveenergy.com/
Fotos: Gionata Gatto & Mike Thompson
Trap Light gibt es in zwei verschiedenen Farbkombinationen
als Hänge- und Stehvariante.
Eine neue Form des Lichtrecycling
verspricht die Trap Light der Designer
Gionata Gatto und Mike Thompson.
Die Leuchte präsentiert sich zunächst schlicht als handgeblasener
Glaskörper mit einer Einfassung
aus Metall. In den Glaskörper sind
jedoch Leuchtpigmente eingelassen, die freiwerdende Energie
von einer Lichtquelle absorbieren
und diese dann, auch wenn die
Lichtquelle ausgeschaltet wird,
als sichtbares Licht wieder abgeben. Durch Fotolumineszenz kann
aus 30 Minuten hellen Lichts ein
Nachleuchten für weitere acht
Stunden gewonnen werden, das eine
atmosphärische Lichtstimmung erzeugt. Mit ihrer Trap Light schufen die Designer eine innovative Art
der Beleuchtung, die einen neuen
Ansatz mit vorhandenen und bewährten Techniken kombiniert.
Rhyme & Reason
Mary Huang
www.rhymeandreasoncreative.com
Fotos: Mary Huang / Michael Sun
Wie leuchtende Kunstwerke wirken die transluzenten Kleider von
Mary Huang.
Ist es möglich, Kleider aus Licht zu nähen? – Diese Frage schien die amerikanische Designerin Mary Huang mit ihrer Kollektion Rhyme & Reason
beantworten zu wollen. Statt LEDs als solche auf ihren Kleidern aus hellen,
transluzenten Stoffen zu inszenieren, spielt die Künstlerin mit dem Licht,
das sie erzeugen. Dutzende von LEDs werden hierzu in leichte fließende
Gewänder aus Naturseide, Baumwolljersey und handgehäkelter Spitze eingenäht. Dadurch entsteht vor allem in der Nacht ein ganz besonderer Effekt,
der die Kleider beinahe tatsächlich wie aus Licht genäht erscheinen lässt.
Die mit Lithium-Ionen-Batterien betriebenen Kunstwerke überstehen eine
Partynacht von bis zu acht Stunden, bevor die illuminierte Abendgarderobe
wieder zurück an die Ladestation muss.
Als Materialien für ihre Kollek­tion
Rhyme & Reason wählte die Künst­
lerin Naturseide, Baumwolljersey
und handgehäkelte Spitze.
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Die 180 000 erwarteten Besucher
können sich an den Messeständen
(Foto: TRILUX-Messestand 2010)
von den Herstellern beraten lassen.
Um hochgradig sehbehinderten Menschen ein unabhängigeres Leben zu ermöglichen, forscht
der Neurobiologe Dr. Stephen Hicks
gemeinsam mit seinem Team der
Oxford-University an einer speziellen LED-Brille. Dabei setzt er auf
Technologien, die bereits in Smart­
phones und Gaming-Produkten verwendet werden. Zwei kleine Video­
kameras und Tiefensensoren, die bei
Spielekonsolen zu finden sind, erfassen die Umgebung, während eine
integrierte Software in einem kleinen Taschencomputer zur Gesichtsoder Objekterkennung die aufgezeichneten Bilder analysiert. Auf die
transparenten LED-Brillengläser
werden anschließend wichtige
Informationen der Umgebung grobkörnig abgebildet. Schon 2014 könnte diese Brille kostengünstig am
Markt erhältlich sein.
Bionic glasses for poor vision
Stephen Hicks
University of Oxford
www.smart-specs.com
Konzeptskizze: LED-Brille
mit Smart­­phone-Kamera und
Taschencomputer.
light+building
15.–20. April 2012
Messe Frankfurt
Frankfurt am Main
Tageskarte 14 € / 16 €
Dauerkarte 30 € / 35 €
www.messefrankfurt.com
Über 2100 internationale Hersteller zeigen im April 2012 bei der light+building
in Frankfurt wieder ihre Neuheiten zu den Themen Licht, Elektrotechnik, Hausund Gebäudeautomation sowie Software für das Bauwesen. Im Mittelpunkt der
weltweit größten Messe für Licht und intelligente Gebäude stehen dieses Jahr
die Themen Energieeffizienz und vernetzte Gebäude. In Zeiten des Umdenkens
werden Innovationen zur Energieeinsparung vorgestellt – das zukunftsweisende Gebäude soll wie ein kleines eigenes Kraftwerk als Energieerzeuger und
-speicher genutzt werden. Begleitet wird die im zweijährigen Turnus stattfindende Messe von der Luminale, dem öffentlichen Lichtfestival, das sich nach
Messeschluss als Abendprogramm in und um Frankfurt abspielen wird.
Die Wahrnehmung von hochgradig sehbedinderten Menschen ist extrem eingeschränkt. Die LED-Brille soll ihnen bei
der räumlichen Orientierung helfen
Fotos: Stephen Hicks
blicke
Foto: Boris Golz
Mischa Kuball: mies-mies
29. Oktober 2011 bis 31. März 2012
Kunstmuseum Celle
mit Sammlung Robert Simon
www.kunst.celle.de
Die wechselvolle Beziehung von
Licht zu Raum und Architektur steht
im Zentrum der Sonderausstellung.
Ausgangspunkt der Ausstellung „mies-mies“ ist die langjährige Auseinan­der­
setzung des international agierenden Medien- und Konzeptkünstlers Mischa
Kuball mit dem Pavillongebäude, das Ludwig Mies van der Rohe 1929 anlässlich
der Weltausstellung in Barcelona schuf. Kuball stellt einen weitreichenden
Reflexions-Raum über das Zusammenspiel von Licht und Architektur vor. Dabei
bezieht er auch das Museumsgebäude selbst mit ein: Eine Wechselschaltung
versetzt die weiße Beleuchtung des gläsernen Foyer-Kubus in langsam fließende Auf- und Abwärtsbewegungen, was den Bau förmlich atmen lässt. Im
Innern fallen Raum, Zeit sowie Licht zusammen und eröffnen den Besuchern
intensive Erfahrungsräume. Zu sehen ist die Ausstellung mit der imposanten
Lichtinstallation noch bis zum 31. März 2012 im Kunstmuseum Celle.
Fotos: Urs Müller
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Auf dem alten Speichergelände im
Bremer Hafengebiet begann Jan
Leonardo Wöllert 2007, mit Nacht­
illuminationen zu experimentieren.
Bis heute schuf er eine Reihe beeindruckender Aufnahmen.
Fotos: Jan Leonard Wöllert
Lichtkunstfotografie Workshop
25. - 26. Februar 2012 in Würzburg
www.rgb-fotoschule.de
17. - 18. März 2012 in Nürnberg
www.fotodialoge.com
23. - 25. März 2012 in Seeheim
www.sigma-foto.de
www.lightart-photography.de
Der Bremer Lichtkunstfotograf Jan Leonardo Wöllert nimmt die Übersetzung
des Begriffs Fotografie wörtlich und malt mit Licht. Mit der von ihm und Jörg
Miedza perfektionierten Light Art Performance Photography (LAPP) wurde der
Künstler weltweit bekannt. Dabei entstand seine Art der Fotografie eher zufällig,
als Wöllert versehentlich mit einer Flächenlampe vor einer Kamera mit geöffnetem Verschluss entlanglief. Er erkannte, dass bei Langzeitbelichtung der
Kamera und präzise choreografierten Illuminationen bei Dunkelheit Fi­­gu­ren und
Formen aus Licht entstehen, die wie einzigartige, farbenfrohe Gemälde erscheinen. Für Interessierte, die diese Technik der Symbiose aus Kunst und Fotografie
erlernen möchten, gibt Wöllert Einsteiger-Workshops in Würzburg, Nürnberg
und Seeheim (siehe linke Spalte).
statement
Elisabeth Schneider-Grauvogel,
WiA - Wohnqualität im Alter, Köln
Die Entwicklung der Alterspyramide
zum nach oben wachsenden Pilz und
die stete Zunahme der Hochaltrigen
bringt eine deutliche Steigerung
der Anzahl demenziell Erkrankter
mit sich. Bereits jetzt sind statistisch gesehen von 100000 Men­schen
durchschnittlich 1300 davon betroffen. Demenz aber fordert uns alle
heraus. Im persönlichen Umgang,
im öffentlichen Raum, aber auch
bei der Planung von Innenräumen.
Das Licht spielt dabei eine sehr wesentliche Rolle. Hier geht es nicht
mehr nur darum, Orientierung zu
ermöglichen und die Bewältigung
ver­schiedener Seh­aufgaben zu gewährleisten. Spätes­tens seit der
Erkenntnis der biologischen Aufgabe
des Lichts zur Unter­stützung eines ausgeglichenen Tag-NachtRhythmus muss der Lichtpla­nung
Unten:
Grafik der demografischen Entwicklung
am Beispiel des Jahrgangs 1964
größere Aufmerksamkeit geschenkt
werden. Viele gute Ansätze gibt es
bereits, die die Anforderungen zur
Verbesserung der Energieeffizienz
berücksichtigen. Aber wie sieht es
aus, wenn in Pflegeheimen mehr
als 70 Prozent der Bewohner an
Demenz leiden und alle bisherigen
Regeln der Gestaltung nicht mehr
gelten? Demenz bedeutet: Erlerntes
und kognitives Handeln geht verlo-
Quelle: Statistisches Bundesamt
Werft alle Regeln über Bord –
wir werden alt!
ren, Orientierung basiert allein auf
intuitiven Handlungen und greift auf
Vertrautes der persönlichen Vergan­
genheit und lebenslange Gewohn­hei­
ten zurück. Neues kann nicht mehr
erlernt werden. Im Gegenteil: Unbe­
kannte Situationen lösen Unruhe und
Angstzustände bei den Betroffenen
aus. Das heißt, die Beleuchtung
muss Wohnlichkeit und gestalterische Vertrautheit vermitteln sowie
altersbedingte Seheinschränkungen
ausgleichen. Gleichzeitig müssen­
Fehl­interpretationen im Raum mit
extremen­ Licht- und Schatten­
wech­seln vermieden werden. Was
kann und muss von den Betroffenen
selbst bedienbar bleiben, wo kann
Technik dezent, aber unterstützend
ergänzt werden? Viele Fra­gen sind
hier noch ungelöst und fordern uns
heraus! Aber eines ist deutlich und
für die Planung ein Anhalts­punkt:
„Das Herz wird nicht dement.“
blicke
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Die beleuchtete Deckenform des
Eingangsbereichs erinnert an die
Waben eines Bienenstocks.
Fotos: Jomar Bragança
Hinter der schwarzen Fassade des Josefine/Roxy Clubs in Belo Horizonte,
Brasilien, erwartet Nachtschwärmer auf 955 Quadratmetern ein besonderes
Zusammenspiel von Architektur und Licht. Fred Mafra hat bei dem im Jahr 2011
fertiggestellten Nachtclub den rechten Winkel vollständig verbannt und bis ins
kleinste Detail asymmetrische Formen verwendet. Selbst die Tapeten wurden
eigens entworfen und erinnern an die Discozeit der 1970er-Jahre. Im Rhythmus
der elektronischen Musik werden mit dem sogenannten Pixelmapping Bilder in
Lichtsignale umgewandelt und auf den mit LED hinterleuchteten Kanten der
verschieden großen Sechsecke an Wänden und Decke wiedergegeben. Der Club
bietet seinen Gästen mit zwei Tanzflächen, drei Bars und vier VIP- sowie einem
Loungebereich eine ganz besondere Wahrnehmung des Raumes.
Josefine/Roxy Club
Architektur und Lichtdesign
Fred Mafra.
Savassi/Belo Horizonte
Brasilien
Der VIP-Bereich des Josefine/
Roxy Clubs ist mit gelbem
Vinyl gepolstert.
Der reduzierte Bau des 2011 fertiggestellten Kundenzentrums der Stadtwerke
Konstanz entfaltet seine volle Wirkung besonders in der Nacht. In die
Fassadenelemente integrierte LEDs erhellen dann den viergeschossigen
Kubus und machen je nach Veranstaltung in unterschiedlichen Farben auf
ihn aufmerksam. Neben Ausstellungsflächen und einem öffentlich zugängigen Bereich teilen sich 20 Arbeitsplätze die 800 Quadratmeter Grundfläche
des Plusenergie-Gebäudes. Mit einer Seitenlänge von 15 Metern sind die
Außenwände als gläserne Doppelfassade aufgebaut. Der Zwischenraum dient
zur Wärmeisolierung im Winter und nimmt die Lamellen des Sonnenschutzes
auf. Die Südseite des Gebäudes ist mit Fotovoltaikzellen belegt und sichert so
die Stromversorgung des „Energiewürfels“.
Fotovoltaikzellen auf der Südseite
des Gebäudes versorgen das
Plusenergie-Gebäude mit
ausreichend Energie.
Kundenzentrum
der Stadtwerke in Konstanz
Max-Stromeyer-Str. 21-29
78467 Konstanz
Architekt: Arnold Wild
Fassadenplaner: Gerhard Weber
& Partner GmbH
Abhängig von der Veranstaltung
leuchtet die Fassade in verschie­
denen Farben.
Die LED-hinterleuchteten opaken
Flächen der Fassade haben eine
Größe von 3 x 4 Metern.
Fotos: Patrick Pfeiffer und Inka Reiter
08 | 09
lesen
LUX
Lamps & Lights
Robert Klanten, Kitty Bolhöfer,
Sven Ehmann (Hrsg.)
Erschienen im Oktober 2011 bei
Gestalten, Berlin
320 Seiten, vollfarbig
17 x 24 cm, Hardcover
Englisch
€ 29,90 | $ 48.00 | £ 27.50
ISBN 978-3-89955-373-4
www.gestalten.com
Farbe der Gesundheit/Colour of
Health & Care
Axel Venn, Herbert Schmitmeier,
Janina Venn-Rosky
Erschienen im Dezember 2011
im Verlag Georg D. W. Callwey
GmbH & Co. KG, München
448 Seiten, über 7.000 Abbildungen
24 x 26 cm, gebunden
Deutsch/Englisch
€ 70,00
ISBN 978-3-7667-1850-1
www.callwey.de
Light in Architecture
Chris van Uffelen
Erschienen im Oktober 2011
bei Braun Publishing,
Salenstein, CH
424 Seiten, 900 Abbildungen
22,5 x 29,5 cm, Hardcover
Englisch
€ 78,00
ISBN 978-3-03768-092-6
www.braun-publishing.ch
Licht und Leuchtobjekte sind ein
schier unerschöpfliches Thema der
Gestaltung. Kein Wunder also, dass
die Herausgeber in ihrem Buch über
200 Krea­tionen vorstellen, von denen
sich eine große Zahl der Heraus­
forderung der Post-Glühbirnen-Ära
stellt und gekonnt mit alternativen
Leucht­mitteln experimentiert. Ohne
Kategorisierung oder erklärende
Texte, die die Auswahl nachvollziehbar machen, wird dieses Buch allerdings zu einem schlichten, wenn
auch anschaulichen Bildband, in
dem alle abgebildeten Leuchten mit
Titel und Designername versehen
sind. Erst im Anhang – nun etwas
umständlich nach den Vornamen der
Designer sortiert – finden sich ge­­
naue Entwurfsbeschreibungen, tech­
nische Daten und Bezugsadressen.
Farben wecken unterschiedliche
Emotionen und beeinflussen unseren
Gemütszustand. Im Gesundheits­
wesen ermöglicht dieses Wissen, direkt auf das Wohl der Patienten einwirken zu können. Doch welche
Farbnuancen empfinden wir als „gesund“ oder „krank“, als „aufregend“
oder „entspannend“? Um diese Frage
beantworten zu können, wurden 70
Probanden im Alter von 18 bis 83
Jahren 120 Adjektive genannt, die
diese farblich umsetzen sollten. Dabei
zeigte sich, dass nur die Komposition
verschiedener Farbtöne den gewünschten Effekt erzielt. Die Ergeb­
nisse wurden in einem beeindruckenden Nachschlagewerk zusammengefasst, das die Gestalter bei der
Farbwahl unterstützen soll. Beispiele
aus der Praxis illustrieren mit ausdrucksstarken Collagen die jeweilige
Farbwirkung in der Anwendung.
Le Corbusier bezeichnete Licht neben
Schatten, Mauern und Raum als das
wichtigste Element der Architektur.
Grund genug, dem Licht ein ganzes
Buch zu widmen: Unter dem Titel
„Light in Architecture“ sind auf über
420 Seiten mit Licht inszenierte
Räume internationaler Projekte vorgestellt. Neben Museen, Restaurants
und Wohnhäusern werden auch temporäre Architektur und beleuchtete Fassaden auf je zwei bis vier
Seiten mit großformatigen Bildern
und Grundrissen anschaulich gezeigt.
Eine kurze Übersicht zu jedem Projekt
enthält die wichtigsten Fakten, wie
Standort und Beleuchtungsart.
Die vollständigen Kontaktdaten der
Architekten sind im Index zusammengetragen. Insgesamt eine inspirierende Sammlung ausgewählten
Lichtdesigns der vergangenen Jahre.
punkt
3lux:letters 1 | 2012
licht als taktgeber
Demenz ist zwar nicht heilbar, wohl aber durch wirksame Eingriffe von außen für die
Betroffenen leichter zu ertragen. Einen wichtigen Einfluss übt das Tageslicht aus, dem
sich ältere Menschen mehr und mehr entziehen und damit ihren Tag-Nacht-Rhythmus
empfindlich stören. Die richtige Dosierung durch spezielle künstliche Lichtquellen
lässt Demenzkranke wieder ruhiger werden.
Von Sibylle Heeg
Fotos: Becker Lacour, Frankfurt
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Im Jahre 2000 waren circa 25 Prozent unserer Bevölkerung über
65 Jahre alt, 2040 werden es an die 50 Prozent sein. Bauaufgaben
wie Seniorenwohnanlagen, Altenpflegeheime oder Spezial­ein­
richtungen für Demenzkranke werden sich häufen. Ambitionierte
Architekten versuchen, trotz der vielen Einschränkungen durch
Vorschriften und Notwendigkeiten gute Architektur zu planen.
Alte Menschen sind extrem verwundbar, besonders wenn sich
ihr Geist verwirrt hat. Eine physische Umgebung, die nicht in
allen Dimensionen auf ihre Bedürfnisse ausgerichtet ist, wird
zum Problem: für die alten Menschen und für diejenigen, die
sie pflegen und betreuen. Umgekehrt können das bauliche
Milieu und insbesondere auch Licht „therapeutisch“ wirksam
werden; dies ist angesichts des Fehlens wirksamer Medika­
mente zur Verhinderung oder Therapie von Demenz ein nicht
zu unterschätzender Beitrag.
Milieutherapeutische Ansatzpunkte
Um in Pflegeeinrichtungen ein positiv wirkendes Umfeld zu
schaffen, ist es notwendig, sich zu vergegenwärtigen, in welcher
Situation Menschen mit Demenz sind und welche spezifischen
Bedürfnisse sich daraus ableiten lassen: Zum einen ist durch
den kognitiven Abbau ihre Kompetenz in Bezug auf die Umwelt
reduziert und sie finden sich nur schwer zurecht. Wir können
dies kompensieren, indem wir das Wahrnehmen und Erkennen
sowie die Orientierung erleichtern, zum Beispiel durch eine
angemessene Licht- und Farbgestaltung, durch einfache, überschaubare Grundrisse und durch die Ausprägung einzigartiger,
wieder erkennbarer Orte.
Zum anderen ist auch die emotionale Situation von Menschen
mit Demenz verändert. Manche Bewohner suchen Kontakt und
Nähe und vertrauen sich uns an, als wären wir ein Familien­
mitglied. Andere zeigen Verhaltensweisen, die uns befremden
und herausfordern. Sie können apathisch oder ängstlich sein,
zu Katastrophen­reaktionen neigen, am Tag schlafen und
nachts hellwach sein, ruhelos herumwandern oder unvermutet
aggressiv reagieren. Dafür ist nicht immer die Erkrankung
verantwortlich, sondern oft auch eine belastende, nicht bedürfnisgerecht gestaltete Umgebung. Ist diese jedoch therapeutisch gestaltet, vermeidet sie Umweltstress und wirkt damit
dem herausfordernden Verhalten entgegen, was auch die
Pflegenden entlastet. Hallige Räume können durch schall­
schluckende Materialien ent­schärft, offene Treppenhäuser
oder mehrgeschossige Hallen eingehaust werden. Ein attraktiver Flur, der, als Endlosweg ohne Sackgassen ausgebildet,
Blickbe­ziehungen nach draußen und interessante Orte zum
Verweilen bietet und immer wieder zum Zentrum zurückführt,
ermöglicht motorisch unruhigen Menschen, ihr Bedürfnis
nach Bewegung auszuleben. Eine mit Tapeten kaschierte
Die Flure und Sitznischen im
Fürstlich Fürstenbergischen
Altenpflegeheim in Hüfingen im
Schwarzwald wurden mit einem
beruhigenden dunkelroten
Teppichboden ausgestattet.
Aus­gangstür, die keinen Impuls zum unbeabsichtigten
Verlassen des Hauses gibt, kann vermeiden, dass die Bewohner
frustriert und schimpfend an der verschlossenen Tür rütteln.
Tageslichtexposition, zum Beispiel in einem Winter­garten und
oder in natürlich belichteten Fluren, kann die Stimmung aufhellen und den Tag-Nacht-Rhythmus normalisieren.
Zum Dritten finden sich Menschen mit Demenz, wenn sie von zu
Hause in ein Pflegeheim umziehen, in einer fremden und
be­droh­lichen Welt wieder. Sie können nicht verstehen, warum
alles so anders ist als gewohnt, und wollen nach Hause laufen.
Wichtig ist deshalb, ihnen eine möglichst vertraute und alltagsnahe Umgebung zu bieten, die Wohnlichkeit vermittelt und dabei
so gestaltet ist, dass ein gewisses Maß an persönlicher Aneignung
möglich oder sogar provoziert wird, selbst wenn dies – für den
ambitionierten Architekten schwer erträglich – durch Spitzen­
deckchen, Hirsch­geweihe oder Stehlampen mit Troddeln erfolgen sollte.
Licht in einem kompensatorisch-therapeutischen Umfeld
Licht wird von Demenzexperten zunehmend als ein ausschlaggebender milieutherapeutischer Faktor betrachtet. Will man
bei der Lichtgestaltung auf alle drei genannten Anforde­rungs­
bereiche – Kompensation von Einschränkungen, therapeutische
Beein­flus­sung von Befinden und Verhalten sowie Alltagsnähe­ ­–­
eingehen, kann es nicht nur um die Auswahl der richtigen
Leuchten gehen. Eine gute Lichtplanung beginnt schon mit
einer Grundrissgestal­tung, die zum Beispiel zweibündige Flure
mit ausschließlich stirnseitiger Belichtung vermeidet und
möglichst viel Tageslicht in die Tiefe der Räume bringt. Hat ein
solcher zweibündiger Flur eine niedrige Beleuch­tungsstärke
oder wird das Licht ausgeschaltet, erscheint dem verwirrten
Bewohner eine entgegenkommende Person im Gegenlicht als
bedrohlicher schwarzer Mann und nicht als die freundliche
Schwester, die ihm vertraut ist. Eine ungleichmäßige Beleuch­
tung lässt Schatten entstehen, die für einen Menschen mit
Demenz irritierend sein können.
Besser Sehen
Um dieselbe Sehleistung zu erbringen, benötigt nach Experten­
schätzung ein 60-Jähriger eine dreimal höhere, ein 80-Jähriger
eine fünfmal höhere Beleuchtungsstärke im Vergleich zu einem
20-Jährigen. Dazu kommt, dass der Anteil von Menschen mit
Sehein­schränkungen in Heimen deutlich größer ist als bei zu
Hause Lebenden derselben Altersgruppe. Schlechtes Licht in
Pflegeheimen ist deshalb nicht zu verantworten. Es ist für
Kompetenz­verlust und ein höheres Sturzrisiko verantwortlich.
Empfohlen werden deshalb circa 500 Lux in Augenhöhe, für diffizile Sehaufgaben auch mehr.
12 | 13
punkt
3lux:letters 1 | 2012
Am besten kann gutes Sehen durch eine schattenarme, vorwiegend indirekte Beleuchtung unterstützt werden, die Blendung
und Spiegelungen am Boden vermeidet. Durch die Nutzung einer
hellen Decke als Reflexionsfläche hat diese Beleuchtungslösung
einen ungleich besseren Wirkungsgrad als das bei Architekten
be­­liebte Downlight. Indirektes, helles Licht ist in der eigenen
Wohn­­umgebung aber eher ungewohnt, es empfiehlt sich deshalb,
ergänzend atmosphärische Leuchten einzusetzen.
Stimulation durch circadian wirksames Licht
Licht ist nicht nur für gutes Sehen wichtig, sondern hat auch
biologische Wirkungen. Unsere innere Uhr braucht Tageslicht
als Taktgeber für die Melatoninproduktion beziehungsweise
-unterdrückung, damit der Tag-Nacht-Rhythmus nicht aus dem
Gleichgewicht gerät. In Pflegeheimen lebende ältere Menschen
genießen in der Regel extrem wenig Tageslicht. Grund ist der
seltene Aufenthalt im Freien und die oft unzureichende natürliche Belichtung, insbesondere der Bewegungsflächen, in denen
sich mobile Menschen mit Demenz viel aufhalten. Kombiniert
mit der altersbedingten schlechteren Lichtdurchlässigkeit des
Auges führt dies dazu, dass diese Menschen in biologischer
Nacht leben. Es liegt deshalb nahe, Schlafstörungen wie
Dahindämmern bei Tag, Unruhe bei Nacht durch eine circadian
wirksame Beleuchtung therapeutisch zu beeinflussen. Dies war
Ziel einer Studie unter Leitung der Autorin, bei der der Effekt von
circadian wirksamem Kunstlicht auf die nächtliche Unruhe von
Menschen mit Demenz untersucht wurde.
Lichttherapeutische Intervention in einem Demenzbereich
Im neu errichteten Anbau eines Pflegeheims in Hüfingen
(Architekten GSP, Stuttgart) wurde besonderer Wert auf eine
Farb- und Lichtgestaltung der Flure gelegt, die milieutherapeutisch wirksam ist. Die geschickt platzierten Wandleuchten mit
vorwiegend indirektem Licht, sorgen für eine gleichmäßige
Ausleuchtung, die verwirrende Schattenbildung vermeidet.
Zusätzlich wurde eine der Dynamik des Tageslichts angenäherte
Veränderung der Lichtfarbe beziehungsweise Farbtemperatur
(k) und Beleuch­tungsstärke (lx) programmiert („circadianes
Licht“). Von diesem Lichtkonzept erhofften sich die Planer, dass
sich der Tag-Nacht-Rhythmus der Bewohner normalisieren,
Agitiertheit abbauen sowie Aktivitätsgrad und Stimmung verbessern würden. Eine begleitende Evaluation erfasste durch mehrmalige schriftliche Befragungen des Personals und der
Angehörigen, durch Werkstattgespräche mit den Leitungs–
kräften sowie durch die Beobachtung der Bewohner die Effekte
und insbesondere das Schlafverhalten. Bei der Auswertung
zeigten sich abhängig von den unterschiedlichen Lichtszenarien
deutliche Veränderungen in Bezug auf die nächtliche Unruhe, die
Mit den naturfarbenen Linoleum­
böden wirken die Behandlungszonen
und die Aufenthaltsbereiche im
Reha-Zentrum Isarwinkel in Bad Tölz
hell und freundlich.
am häufigsten in den Zeiträumen ohne circadian wirksames
Licht (nur Standard­beleuchtung von ca. 200 Lux) beobachtet
wurden. Nach erneuter Exposition durch das tageszeitlich angepasste Licht waren die Bewohner insgesamt nachts ruhiger.
Die Ergebnisse der Untersuchung weisen klar darauf hin, dass
Unruhe in der Nacht und Apathie am Tag nicht ausschließlich
auf das Alter und die Demenzerkrankung zurückgeführt werden
können. Eine technisch intelligente Lichtgestaltung kann als
stummer Partner der Pflege therapeutisch wirksam sein. Beim
Bau oder Umbau von Pflegeeinrichtungen sollten deshalb alle
Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um den Bewohnern eine
ausreichende Dosis Tageslicht oder Kunstlicht mit tageslichtähnlicher Wirkung zukommen zu lassen. Ein leicht erreichbarer
Freibereich, ein Wintergarten oder eine das Tageslicht optimierende Gestaltung der Fassade und insbesondere auch der Flure
erhöhen zwar die Investitionskosten, belasten aber nicht den
laufenden Betrieb durch hohe Energiekosten. Wenn ausreichende Tageslichtexposition anders nicht erreicht werden kann
(zum Beispiel im Altbau), lohnt sich die Investition in circadian
wirksames Kunstlicht, das auch für das Pflegepersonal ein
positives Arbeitsumfeld bietet, wie die Erfahrungen in Hüfingen
zeigen. Eine Möglichkeit zur Einsparung von Energiekosten
könnte im Einbau von Sensoren liegen, die je nach einfallendem
Tageslicht das künstliche Licht zurückschalten.
Sibylle Heeg
geboren 1944 in Innsbruck. Studierte Architektur an der Universität
Stuttgart, wo sie im Anschluss als wissenschaftliche Mitarbeiterin
sowie als Dozentin im Studiengang Infrastructure planning tätig war.
Sie gründete verschiedene Vereine, die sich mit dem Planen und
Bauen sozialer Einrichtungen beschäftigen. Seit der Gründung der
gsp Gesellschaft für Soziales Planen mbH im Jahr 2003 widmet sie
sich intensiv ihrer Publikationstätigkeit und der Planung von
Pflegeeinrichtungen für Demenzkranke.
www.sozialesplanen.de
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3lux:letters 1 | 2012
Forschung
Seit Robert Kochs Entdeckung des Tuberkulosebakteriums 1882 haben Biologen
unermüdlich nach der Ursache von Krankheiten gesucht. Ein Meilenstein der
Forschung war Anfang dieses Jahrhunderts das Humangenomprojekt, die vollständige
Entschlüsselung der menschlichen DNA, an der weltweit 1000 Wissenschaftler beteiligt waren. Inzwischen gehört die gentechnische Analyse zum Alltag der Laborarbeit.
Teil des komplexen Verfahrens ist die Qualitätskontrolle der DNA unter UV-Licht;
wie hier bei der Erforschung des Chikungunya-Virus, dem Auslöser eines in Afrika,
Südostasien und Indien verbreiteten Tropenfiebers.
Foto: Patrick ALLARD/Rea/laif
„Forschung ist immer das Weiterforschen, wo andere aufgehört
haben, das Weiterbauen auf Grundsteinen und Gerüsten, die andere
vorbereitet haben, und damit allerdings leider zugleich auch mitunter
das Weitergehen auf Irrwegen, die andere eingeschlagen haben.“
Hubert Markl, * 1938, deutscher Biologe, Hochschullehrer und ehemaliger Präsident der Max-Planck-Gesellschaft
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3lux:letters 1 | 2012
Glaube
1858 hatte Bernadette Soubirous als junges Mädchen 18 Marien­erscheinungen in der
Grotte Massabielle im französischen Lourdes. „Die Dame“ trug ihr unter anderem auf,
für die Sünder zu beten und das Wasser der Quelle zu trinken. Kurz darauf geschah
das erste Wunder: Catharine Latapie konnte ihren gelähmten Arm nach einem Bad im
Quellwasser wieder bewegen. Seitdem ist aus der Grotte ein heiliger Bezirk und ein
berühmter Wallfahrtsort geworden, mit 7 000 verzeichneten Heilungen und 67
Wunderheilungen. Längst werden die Messen im Internet live übertragen und die
sechs Millionen Pilger jährlich sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor.
Foto: PASQUIER/Gamma-Rapho/laif
„Das Leben selbst führt uns nach und nach, von Fall zu Fall, zu der
Wahrnehmung, dass alles das, was uns für unser Herz oder für unseren Geist das Allerwichtigste ist, uns nicht durch vernunftmäßige
Über­legung zuteil wird, sondern durch andere Mächte.“
Marcel Proust,1871-1922, französischer Schriftsteller und Kritiker
REFLEXION
3lux:letters 1 | 2012
NACHGEFRAGT
3lux:letters stellt drei renommierten
Licht­experten drei Fragen zum Thema
„Licht im Gesundheitswesen“.
Prof. Hans Nickl
Architekt
Nickl & Partner
Kaum jemand hält sich gerne in einem Krankenhaus
auf. Gerade deshalb ist es wichtig, eine freundliche
Atmosphäre zu schaffen. Wie setzen Sie bei Ihrer
Planung das Licht ein, um den Patienten den Aufenthalt
so angenehm wie möglich zu gestalten?
Prof. Hans Nickl: Licht in der Architektur war für uns
schon immer ein zentrales Thema und gerade im Bereich
der Krankenhausplanung ist es von größter Bedeutung.
Neben dem Nützlichen (Funktionalität) sind Schönheit und
Empfinden für den Genesungsprozess wichtig und förderlich. Krankenhausarchitektur muss die Gesamtheit der
Anforderungen erfüllen und dabei verschiedene Qualitäten
herausarbeiten wie die Qualität des Lichts und dessen
Veränderungen mit den Tageszeiten sowie der Haptik. Unser
Grundprinzip bei der Planung ist, alle Patientenbereiche mit
natürlichem Licht aufzuwerten – das gilt auch für Flure
und Untersuchungsräume, einschließlich der hochinstallierten Bereiche, wie zum Beispiel OP-Räume. Damit möglichst
viel Tageslicht in die Räume gelangt, verzichten wir in den
Aufenthaltsbereichen und Pflegezimmern – soweit möglich –
auf Brüstungen oder gestalten diese als Sitzbänke.
Foto: Nickl & Partner
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Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main
Katja Winkelmann
Lichtplanerin
Licht01
Matthew Placzek
Lichtkünstler
Placzek Studios
Katja Winkelmann: Wie in den meisten unserer Projekte bilden
Matthew Placzek: Mein Ziel ist es, eine angenehme Umgebung
auch im Krankenhaus Raumklima und -wirkung wesentliche
für die Patienten und ihre Familien zu erzeugen. Mit Skulpturen
Planungsgrundlagen. Wir zonieren die verschiedenen Bereiche
und Licht schaffen wir Kunstwerke, die die Interaktion fördern.
und schaffen unterschiedliche Atmosphären: Im Eingangs– oder
Mit jedem Werk werden Licht und Farbe zu Energiequellen,
Wartebereich liegt der Schwerpunkt auf einer wärmeren und dif-
deren Wirkung wichtig für den Heilungsprozess ist, denn sie
ferenzierteren Lichtgestaltung als beispielsweise in den Fluren.
können Patienten auf vielfache Weise beeinflussen. So kann
Eine Anpassung der Beleuchtung an das Außen- beziehungswei-
beispielsweise die Farbe Rot das Durchblutungssystem anre-
se Tageslicht ist unbedingt erforderlich, um auch in der Nacht
gen, während Grün die Nerven beruhigt und ganz allgemein die
eine angenehme und wohltuende Raumstimmung im Innern zu
Heilung fördert. Ich gestalte gerne heilende Umgebungen mit
schaffen. Ohne diese Angleichung wirkt eine am Tag ausgewoge-
einem breiten Farbspektrum, das die Pflege, die Geborgenheit
ne Beleuchtung am Abend zu hell und dadurch unangenehm. In
und das Wohlbefinden sowohl von Patienten als auch ihren
den Fluren setzen wir gerne verschiedene Komponenten ein, die
Familien unterstützt.
die Minderung der Beleuch­tungsstärken in der Nacht mit einer
Foto: Martin Kunze
Foto: Thomas Grady Photography
Farbtemperaturveränderung verbinden (nachts <2900K).
Orthopädische Praxis in Hamburg
„Illumina“, Century Link Center in Omaha
REFLEXION
3lux:letters 1 | 2012
Die Kosten im Gesundheitswesen sind in den letzten
Jahren drastisch gestiegen. Bleibt da Ihrer Meinung
nach noch genügend Raum für eine anspruchsvolle
Lichtgestaltung?
Prof. Hans Nickl: Beim Kostenthema muss klar zwischen
Betriebs- und Investitionskosten unterschieden werden. Die
Investitionskosten haben sich in den zurückliegenden Jahren
kaum verändert. Bedauerlicherweise müssen wir aber feststellen, dass der Gestaltungsanspruch im Grunde nicht mehr
vorhanden ist – und das hat mit Geld kaum etwas zu tun (vor
allem im Kunstlichtbereich). Die Frage, die wir uns eher stellen sollten, ist: Wie kann es zu so einer Entwicklung kommen,
wohl wissend, dass der reine Praktizismus Produkte hervorgebracht hat, die nicht funktionieren.
Foto: Nickl & Partner
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Altenpflegeheim in Titting-Eichstätt
Viele Studien belegen, dass eine durchdachte
Lichtplanung das Wohlbefinden eines Menschen steigert und somit auch eine wichtige Rolle bei der
Genesung spielt. In welchem Krankenhaus oder
Pflegeheim ist die Beleuchtung besonders gelungen
und weshalb?
Prof. Hans Nickl: Spontan kann ich zwei Häuser benennen:
Das erste ist ein Altenpflegeheim in Titting-Eichstätt. Obwohl
das Haus seit 20 Jahren in Betrieb ist, sind alle Komponenten
einer guten Lichtplanung hervorragend gelöst. Als zweites
Beispiel ist das Klinikum Johann Wolfgang von GoetheUniversität in Frankfurt/Main zu nennen. Dort ist eine perfekte
Verknüpfung von Bauwerk und Licht-Kunstwerk zu sehen.
Prof. Hans Nickl,
geboren 1941 in Marktredwitz, konzipiert und realisiert seit über
40 Jahren Bauten für Gesundheit, Forschung und Lehre sowie sozialen Wohnungs- und Städtebau. Seit 1989 führt er gemeinsam mit
seiner Frau, Prof. Christine Nickl-Weller, das Büro Nickl & Partner.
Nach mehr als 15 Jahren Lehrtätigkeit an der TU München und seiner Professur an der FH Erfurt hat Prof. Hans Nickl seit 2004 eine
Gastprofessur an der TU Berlin inne.
www.nickl-partner.com
Katja Winkelmann: Leider wird im Krankenhausbau, insbeson-
Matthew Placzek: Im Gesundheitswesen hat es eine Verlagerung
dere bei den Standard-Stationen, die Beleuchtung häufig eher
in Richtung evidenzbasiertem Design gegeben. Es wird mehr
quantitativ betrachtet als qualitativ. Die nach Norm geforderten
Wert darauf gelegt, wie die physische Umgebung das
Beleuchtungsstärken zu erreichen, steht im Vordergrund.
Wohlbefinden beeinflussen und die Heilung fördern kann. Mit
Anders ist es auf den Privatstationen: Hier wird, besonders
diesem Wandel der Prioritäten bezüglich des Designs haben
unter Berücksichtigung der technischen und regulativen
sich auch die Budgets vergrößert, um den Bedürfnissen der
Vorgaben, Wert auf qualitative Lichtplanung und Atmosphäre
Lichtplanung gerecht zu werden. Jedoch waren mehrere unse-
gelegt. Ein Umdenken sehen wir in Pflegeheimen und
rer Projekte von privaten Geldgebern abhängig: Eine
Demenzstationen. Hier wird immer mehr Wert auf eine hoch-
Gesundheitseinrichtung beispielsweise erkannte die Bedeutung
wertige Lichtplanung gelegt. Nicht nur hinsichtlich einer ange-
unseres Entwurfs und wie dieser die Identität des Gebäudes
nehmen Atmosphäre, sondern auch aufgrund der biologischen
verbessern würde. Mit privaten Mitteln konnte die besondere
Einflüsse des Lichts auf den menschlichen Organismus.
Licht- und Skulptureninstallation schließlich realisiert werden.
Es war ein großer Erfolg – sehr zur Freude der Patienten und
Foto: Guido Moritz
Foto:Thomas Grady Photography
der Nachbarschaft.
Katharina-von-Bora-Haus in Bilk
„Imagine“, Children’s Hospital in Omaha
Katja Winkelmann: Das Katharina-von-Bora-Haus der Diakonie
Matthew Placzek: Das Children’s Hospital & Medical Center in
Düsseldorf in Bilk hat ein ganz besonderes architektonisches
Omaha ist ein gelungenes Projekt, das sowohl Architekten und
Konzept: Die Flure sind nicht als einfache Korridore ausgebildet,
Künstler als auch Patienten zufriedenstellte. Das (Licht-)
sondern als scheinbar „unendliche“ Wandelgänge, die in
Kunstwerk sollte die Heilung und das Wohlbefinden fördern
bestimmten Abständen in einen geweiteten Bereich münden. In
und in der Nacht zu einer spektakulären Lichtinstallation wer-
dessen Mitte kann ein zentrales Element (Kräutergarten/
den. Farbe und Bewegung sollten die Schirme zum Leben
Springbrunnen) umrundet werden, sodass die Patienten wieder
erwecken und Freude verbreiten. Die positiven Gefühle, die das
dem Lauf des Korridors folgen können. In der Demenzpflege ist
Kunstwerk bei den jungen Patienten weckt, erleichtern ihnen
diese Form der Bewegungsmöglichkeit optimal. Große Licht­
den Gang ins Krankenhaus. Das allein ist für mich Berechtigung
elemente imitieren mit einer dynamischen Tages­lichtsimulation
genug für diese Lichtinstallation.
das Tageslicht, wodurch die Bewohner munterer werden.
Katja Winkelmann,
Matthew Placzek,
geboren 1967, arbeitete nach ihrer Ausbildung zur Bauzeichnerin in
geboren 1964 in Columbus/Nebraska (USA), studierte Kunst und
verschiedenen Ingenieur- und Designbüros, bevor sie von 1991 bis
Kunstgeschichte am Hastings College in Hastings und der Creighton
2001 als freiberufliche Lichtdesignerin tätig wurde. Während dieser
University in Omaha. Während seines Studiums verkaufte er bereits
Zeit absolvierte sie ein Architekturstudium an der HAW in Hamburg,
seine Kunstwerke an verschiedene Galerien. 1990 gründete er das
das sie 1998 mit dem Diplom abschloss. Im Jahr 2001 gründete sie
Designbüro Placzek Studios. Seine Arbeiten aus Holz, Ton, Stahl oder
zusammen mit Robert von Sichart das Büro Licht01. Sie ist
Bronze sind von einer sorgfältigen Detaillierung sowie einem indivi-
Lehrbeauftragte an der AMD Hamburg.
duellen Design geprägt.
www.licht01.de
www.matthewplaczek.com
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architektur
3lux:letters 1 | 2012
LICHT FÜR EINE ANDERE WELT
Licht gibt Sicherheit, nimmt Ängste und sorgt für Orientierung. Es kann aktivierend, aber
auch beruhigend wirken. Gerade in Pflegeeinrichtungen für Demenzkranke spielt Licht
eine ganz entscheidende Rolle, weil es den Zugang in die Welt der Betroffenen ermöglicht. In der MediClin Seniorenresidenz in Bad Münder hat TRILUX ein speziell auf die
Bedürfnisse von Demenzpatienten abgestimmtes Beleuchtungssystem realisiert.
Von Marina Schiemenz
Die Außenanlage des Pflegeheims
in Bad Münder wurde in den
Rundkurs, der sich durch das
Gebäude zieht, integriert.
Bauherr:
MediClin Deister Weser Klinik, Bad Münder
Architekten:
MediClin GmbH & Co. KG, Offenburg
Standort:
Lug ins Land 5, Bad Münder
Leuchten:
Acuro, Inperla, Onperla,
Oleveon, SncPoint
Fotos:
Boris Golz, Arnsberg
Ein heller Bodenbelag in den Fluren
nimmt den Bewohnern Ängste und
wirkt bewegungsfördernd.
Demenz ist ein Oberbegriff für mehr als 50 Krankheitsformen
(u. a. Alzheimer), die alle unterschiedlich verlaufen, jedoch
lang­fristig zum Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit führen.
Für demenzkranke Menschen zählt nur das Hier und Jetzt, viele
Brücken in die Vergangenheit zu Erlebtem und Erlerntem sind
zerstört. Damit einher gehen Stimmungswechsel von Lachen zu
Weinen, von Brüllen zu Flüstern sowie Orientierungslosigkeit
und oft nicht nachvollziehbare Verhaltensänderungen. Eine
angepasste Architektur und Innenraumgestaltung sowie ein
speziell für die Bedürfnisse von Demenzkranken entwickeltes Beleuchtungskonzept können den Alltag der Betroffenen
erleichtern und sogar die Auswirkungen dieser tückischen
Krankheit mindern.
Ein gelungenes Beispiel für ein solches Zusammenspiel ist
der Neubau der MediClin Seniorenresidenz Deister Weser im
niedersächsischen Bad Münder, in dem zwei Wohngruppen
mit jeweils 14 Bewohnern untergebracht sind. „Viele unserer Bewohner haben einen gesteigerten Bewegungsdrang“,
berichtet Heimleiter Sven-Uwe Gau. Deshalb wurden auch die
Flure, die Gemeinschaftsflächen, die Eingangsbereiche und
sogar der Garten geschickt zu einem nahtlosen Rundkurs verbunden. Ein sandfarbener Bodenbelag aus Laminat wirkt dabei
aufgrund seiner Helligkeit bewegungsfördernd. Ein dunkler
Bodenbelag, der als Abgrund wahrgenommen werden kann,
oder ein plötzlich abknickender Flur hingegen rufen bei den
Patienten Ängste hervor. „Unsere Bewohner würden keinen
Schritt wagen, wenn sie nicht sehen können, wohin sie laufen“, erzählt Sven-Uwe Gau. Am Ausgang allerdings hat man
sich genau diesen Umstand zunutze gemacht: Ein granitähnlicher Streifen im Bodenbelag erscheint hier für die älteren
Menschen als unüberwindbare Barriere und reduziert auf
diese Weise die Zahl der unerwünschten Ausflüge.
Doch nicht nur Architektur und Farbgestaltung helfen den
Alltag der Demenzkranken zu erleichtern, auch ausgefeilte Beleuchtungskonzepte und -systeme unterstützen das
Leben im Pflegeheim. „Optimiertes Licht in Aufenthaltsräumen
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architektur
3lux:letters 1 | 2012
In der Wohnküche sorgen Farbakzente
an den Wänden sowie farbige Beleuch­
tung für ein aktivierendes Umfeld.
für Demenzkranke hilft Stürze zu vermeiden, trainiert alle
Sinne, bietet Orientierung, erhält die Autonomie und damit
Würde und Respekt“, stellt der Geschäftsführer der TRILUX
Vertrieb GmbH, Thomas Kretzer, fest. Deshalb sind sowohl das
Gebäude als auch der Außenbereich komplett ausgeleuchtet,
denn was für Besucher banal erscheinen mag, vermittelt an
Demenz erkrankten Menschen ein Gefühl der Sicherheit. Für
sie werden Schatten schnell zu Hindernissen, überholende
Schemen lösen Ängste aus und spiegelnde Flächen suggerieren Nässe und Glätte. „Wir wollten mit unserer Beleuchtung
aber noch mehr erreichen“, verrät Sven-Uwe Gau, „das Licht
in den Gemeinschaftsbereichen sollte aktivierend auf unsere Bewohner wirken.“ Genau deshalb wird in Bereichen, die
der Beschäftigung dienen, wie etwa der Wohnküche, Licht
mit einem hohen Blauanteil verwendet, weil es das müde
machende Hormon Melatonin reduziert und aktivierend wirkt.
Auch die Farbgestaltung der Räume ist genau durchdacht: So
hat ein leichter Blauton an der Wand – anders als bei blauem Licht – beruhigende Eigenschaften, die beim Einschlafen
helfen. Altrosa vermittelt das Gefühl von Geborgenheit und
Gemütlichkeit, Orange hingegen sorgt für Optimismus und
Lebensfreude und gilt somit als motivationsfördernd und
depressionshemmend. Das Farbkonzept des Seniorenzentrums
wird durch passende TRILUX-Leuchten ergänzt.
Der ganzheitliche Ansatz des Neubaus kommt allen zugute –
sowohl den Bewohnern als auch Besuchern und Mitarbeitern.
„Durch die helle, freundliche und angenehme Beleuchtung
sind auch die Kolleginnen und Kollegen ruhiger, entspannter
und motivierter. Diese positive Stimmung überträgt sich auch
auf die Demenzkranken“ berichtet Sven-Uwe Gau. Im neuen
MediClin Seniorenzentrum zeigt sich, wie optimales Licht im
Zusammenspiel mit durchdachter Architektur und einem unterstützenden Farbkonzept das Leben von Demenzpatienten, deren
Angehörigen und auch dem Pflegepersonal verbessern kann.
Für Demenzkranke ist es wichtig,
sehen zu können, wohin sie gehen.
Deshalb wird der gesamte Außen­
bereich in der Dunkelheit beleuchtet.
technik
Inperla LED
Durch unterschiedliche Dekor-Ringe
und Abdeckungen ermöglicht die
Inperla LED eine individuelle Lösung
für jede Innenraumgestaltung.
Lichtstärkeverteilung
Die Inperla LED ist die konsequente Weiterentwicklung der Inperla. Durch ihre
Eigenschaften eignet sie sich als Grund- oder Ergänzungsbeleuchtung in
Verkaufs­räumen, Foyers, Fluren, Bürobereichen, Konferenzräumen, Hotels, Gast­
stätten und Wohnbereichen. Die Inperla LED ermöglicht durch eine bessere
Lichtverteilung den Einbau von weniger Leuchten bei gleicher Helligkeit. Die
Licht­farbe ist neutralweiß und hat eine Farbtemperatur von 4000 K. Optional kann
die Inperla LED auch als dimmbare DALI-Ausführung verbaut werden. Der
Leuchtenkörper besteht aus verzinktem Stahlblech und der Decken-Einbau­
rahmen aus Zink-Druckguss in Silbergrau. Trotz dieser technischen Leistungen
ist ein werkzeugloser Deckeneinbau durch Schnellmontage-Federn möglich.
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architektur
3lux:letters 1 | 2012
Medizinische Verbindung
Das bestehende Krankenhaus im niederländischen Dordrecht wurde umfassend
saniert und um spezielle Krankenhausdienste erweitert. Ein durchgehender, ver­
glaster Sockelbau über drei Geschosse verbindet die Neubauten miteinander.
Ziegel als gemeinsames Fassadenmaterial und ein einheitliches Innenraumkonzept
unterstreichen die Zusammengehörigkeit der hochmodernen Anlage.
Von Cornelia Krause
Die bauliche Erweiterung auf der
Nordseite des Krankenhauses umfasst
ein ganzes Ensemble von Gebäuden
(links unten). Ein gläserner Sockelbau
mit ärztlichen Diensten verbindet alle
Gebäude (rechts).
Bauherr:
Albert Schweitzer Ziekenhuis
Architekten:
EGM architecten, Dordrecht, Niederlande
Standort:
Dordrecht, Niederlande
Leuchten:
Ambiella, Inperla, Inperla LED,
Enterio PA, VS100
Fotos:
Boris Golz, Arnsberg
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architektur
3lux:letters 1 | 2012
Den Mittelpunkt in der
Eingangshalle des sanierten
Bestandsbaus bildet die
skulpturale Treppe.
TECHNIK
VS 100/Neximo Med
Die VS 100 stellt ein Installations­
system für Kranken­zimmer dar,
das von der Basis- bis zur medizi­
nischen Komplett­versorgung in
einer Intensiv­station alle techni­
schen Ein­bauten aufnehmen kann.
Ergänzend zu diesem System gibt
es Zubehör wie verschiedene Kon­
solen, Schub­laden und Ge­räte­trä­
ger. Die Wandmontage kann sowohl
hori­zontal als auch vertikal erfol­
gen. Erweitert wird die TRILUX
Medical Systemfamilie durch das
Leselicht NeximoMed, das aus sie­
ben LEDs be­steht, die, in einem
Knotenverbund angeordnet, dem
Patienten direktes und blendfreies
Licht im Kranken­bett ermöglichen.
Die mit dem RedDot Design Award
aus­gezeichnete Lese­lampe hilft
gleich­zeitig, durch die Ver­wendung
von LED-Technik den Strom­ver­
brauch im Kranken­haus zu senken.
Die blendfreie Neximo Med ist die
moderne Leseleuchte zum Einbau in
das Installationssystem VS 100 im
Pflege- und Krankenhausbereich.
Die Flure entlang den Behandlungs­
räumen und Sprechzimmern der
ärztlichen Dienste werden über
trans­parente Trennwände mit
Tages­licht versorgt.
Der Gesundheitspark in Dordrecht entwickelt sich mehr und
mehr zu einem vollständigen Stadtviertel. Das bestehende
Albert-Schweitzer-Krankenhaus wurde umfangreich moder­
nisiert und gleichzeitig zu einem Versorgungsboulevard aus­
ge­baut. Auf der Nordseite ergänzt eine bauliche Erweiterung
die medizinische Versorgung um das Angebot spezieller
Kranken­haus­dienste wie Notfallmedizin, Poliklinik, Kompe­
tenz­zentrum sowie hausärzt­liche Gemeinschaftspraxen. Über
einem dreige­schossigen, großflächig verglasten Sockel erhe­
ben sich vier Gebäude mit jeweils flexiblen Nutzungen. Die
Vertikalstruktur der Fassaden weist auf ihre Zusammen­ge­
hörigkeit hin. Dennoch zeichnen sich bei genauer Betrachtung
Unterschiede ab. Die sorgfältig ausgewählten Backsteinfarben
reichen von warmem Ockergelb bis Zinn­oberrot. Auffällig sind
die hartgebrannten Ziegel der dunkelgrauen Verkleidung des
quer stehenden Ge­bäudes, dessen Ober­fläche bei schrägem
Lichteinfall teilweise wie Metall in der Sonne glänzt. An diese
markante Stelle wurde auch der Haupt­eingang der Gesamt­an­
Wandverkleidungen mit
Landschaftsmotiven erhö­
hen den Wohlfühlfaktor in den
Aufenthaltsbereichen.
lage verlegt. Jedes der vier neuen Häuser verfügt zwar über
einen eigenen Zugang, im Hinblick auf eine künftige gemein­
schaftliche Nutzung sind sie jedoch untereinander verbunden.
Das östliche Gebäude ist mit einem Pflegeheim, einem
Pflegehotel und einer Ent­bin­dungs­station belegt. In den übri­
gen Häusern befinden sich Büroräume, eine Berufs­akademie
und das Kompetenz­­zentrum sowie das Ge­sund­heitsamt von
Süd­holland, das die Gebäude­reihe im Westen beschließt.
In den Abendstunden zeichnen sich im Inneren des verbindenden
Sockels farbige Lichtverläufe von Apfelgrün bis Gänse­blümchen­
gelb ab, deren Strahlkraft bis auf die Straße hinausreicht. Der
durch­gehende Flur ist wie eine Landschaft gestaltet. Die raum­
hohen Fotomontagen vermitteln das Gefühl, einen Fluss­­­lauf zu
begleiten. Unterschiedliche Materialien und Farben differenzieren
die einzelnen Abteilungen. Die freundlich gestalteten Warte­zonen
mit freiem Blick nach draußen sollen Patienten und Besuchern
den Aufenthalt erleichtern. Die für jeden Bereich individuell ange­
passten Licht­konzepte sorgen für eine klare Orientierung.
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architektur
3lux:letters 1 | 2012
Gesundheit als Gesamtpaket
Krankenhäuser werden heute so geplant, dass sie durch eine angenehme Atmo­sphäre
den Heilungsprozess unterstützen. Das von Bonnema Architects entworfene Orbis
Medical Center im niederländischen Sittard geht jedoch einen Schritt weiter: Es verbin­
det die Vorteile von Krankenhaus sowie Ärztezentrum und schafft durch die geschickte
Organisation der Räume für Patienten und Mitarbeiter ein Höchstmaß an Komfort.
Von Johanna Niescken
Silbergraue Platten, rotes Sichtmauer­
werk sowie in der Dunkelheit hinter­
leuchtete Glasbausteine prägen die
Fassade (unten).
Über großzügige Treppen gelangen
Patienten und Besucher vom öffentli­
chen Atrium in die jeweiligen Bereiche
des Orbis Medical Centers (rechts).
Bauherr:
Orbis Medisch en zorgconcern, Sittard
Architekten:
Bonnema Architects
Standort:
Sittard, Niederlande
Leuchten:
Astron, Deca, Fidesca, Inperla, Luceo,
Polaron, RaptorPlus, Scenic, Solis
Fotos:
Boris Golz, Arnsberg
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architektur
3lux:letters 1 | 2012
Die roten Sitzecken dominieren das
Atrium ebenso wie die markanten
V-förmigen Stützen.
Das Atrium wird durch seine ver­
schiedenen Zwischenebenen und die
Farbgestaltung gegliedert und
ansprechend zoniert.
Eine der Zwischenebenen an der
kurzen Fensterseite des Gebäudes
wurde als eine gemütliche, offen
gestaltete Cafeteria geplant.
TECHNIK
Polaron
225
27,5
Lichtstärkeverteilung
347
Die Polaron überzeugt nicht
nur durch ihre technische
Ausstattung, sondern auch durch
ein ansprechendes Design.
75
Als Einbau-, Halbeinbau- oder AnbauVariante eignet sich die Polaron für die
Beleuchtung von Foyers und Publi­
kums­räumen ebenso wie für Wohn­
bereiche. Die Polaron bietet ein un­
ausgerichtetes, diffuses Licht, ver­
bunden mit einem zeitlosen Design,
das auch im ausgeschalteten Zustand
überzeugt. Ein ringförmig einge­
schlossener Sekundärreflektor aus
weißem Stahlblech erzeugt diese indi­
rekte Beleuchtung. Die Leuchte wurde
auf Basis der T5-Ringlampe entwi­
ckelt. Bei der Ausführung mit zwei T5Ringlampen können unterschiedliche
Farbtemperaturen erreicht werden.
Der Leuchtenkörper und das Gehäuse
bestehen aus weiß pulverlackiertem
Aluminium-Druck­guss, und das Be­
fes­tigungs­zubehör aus Stahlblech. Die
ringförmige Abdeckwanne aus Plexi­
glas wird zum Raum mit einer weißen
Primärblende abgeschirmt.
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architektur
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Erdgeschoss-Grundriss
Das Orbis Medical Center zeigt nicht nur durch gehobene techni­
sche Ausstattung und den bewussten Umgang mit Menschen seine
Zukunftsfähigkeit, sondern überzeugt auch mit seiner durchdach­
ten Architektur. Als modernes Medizinzentrum ergänzt es das klas­
sische Krankenhaus um ein Ärztehaus sowie ein Kompetenz- und
Fachzentrum mit 350 Arbeitsplätzen. Mit dem Orbis Medical Center
hat das niederländische Büro Bonnema Architects einen zu­
kunftsweisenden Gesundheitsbau geplant, der mit 425 Betten auf
12 Abteilungen, 8 OP-Sälen sowie mehr als 100 Sprechzimmern
ausreichend Platz für die Behandlung durch Fachärzte bietet.
Durch den Haupteingang an der Stirnseite des Gebäudes gelan­
gen Besucher und Patienten zunächst in das 265 Meter lange
Atrium, dessen Größe durch die geschickte Zonierung nicht als
störend empfunden wird. Der Raum dient zum einen als zentraler Treffpunkt, hat aber auch eine Verteilerfunktion. Belichtet
wird das Atrium teilweise seitlich über die Fassade, besonders
aber über die verglasten Dachflächen, die durch eine intelligente
Ausrichtung zur Sonne eine Überhitzung des Raumes im Sommer
verhindern. Bei fehlendem Tageslicht sorgt eine Verbindung von
direkter und indirekter Beleuchtung für ausreichend Helligkeit:
Neben direkt strahlenden Einbauspots an Wänden und Decke
wird das Licht von nach oben gerichteten Scheinwerfern auf
große Spiegel an den Wänden und von dort in den Raum gelenkt.
Auf diese Weise entsteht auch bei schlechtem Wetter eine ange­
nehme Lichtstimmung.
Eine voneinander unabhängige Erschließung des Gebäudes für
Besucher sowie Mitarbeiter und Ärzte ermöglicht durch gute
Organisation kurze Wege und zügige Arbeitsabläufe. Direkt
an das Atrium schließen sich die Patientenbereiche an: In den
unteren Geschossen befinden sich die Sprechstundenzimmer,
die allen Facharztpraxen des Ärztehauses zur Verfügung ste­
hen. Ein durchdachtes Anmeldesystem sorgt für eine un­kom­­
plizierte Abwicklung und ermöglicht es, den Bedarf an Be­
hand­­lungsräumen täglich anzupassen. In den oberen drei
Geschossen des Orbis Medical Centers wurden in ruhiger
Lage die Stationen des eigentlichen Krankenhauses unterge­
In den mit weichen Fußbodenbelägen,
einer indirekten Beleuchtung und
einer gemütlichen Möblierung ausge­
statteten Sitzecken sollen sich sowohl
Patienten als auch Pfleger gleicher­
maßen wohlfühlen.
bracht. Hier stehen für die Patienten ausschließlich geräumi­
ge Einzelzimmer mit eigenem Bad zur Verfügung. Ähnlich wie
im Atrium wurde mit einer Kombination aus direkter und in­
direkter Beleuchtung gearbeitet, um sowohl eine wohnliche
Lichtstimmung für die erkrankten Personen als auch eine funk­
tionale Beleuchtung für das Pflegepersonal zu ermöglichen.
Alle Zimmer sind mit großen Schiebetüren ausgestattet, die
den Patienten erlauben, selbst zu entscheiden, inwieweit sie am
Leben auf der Station teilhaben möchten. Anstelle der meist un­
gemütlichen Aufenthaltsräume wurden die breiten Flure vor den
Zimmern als gemütliche Sitzecken mit Wohnzimmeratmosphäre
gestaltet, um ruhige Kontakt- und Begegnungsorte zu schaffen.
Über eine rückwärtige Erschließung können sich die Ärzte, ge­
trennt von den Besuchern und Patienten, in den Personalbe­
reichen bewegen: Von den Umkleiden im Keller gelangen sie di­
rekt hinter die Be­handlungszimmer, wo sich das Kompetenz- und
Fachzentrum für die Forschung anschließt. Für das medizinische
Personal sind hier zusätzlich zu den Arbeits­plätzen und anspre­
chend gestalteten Besprechungsräumen auch gastronomische
Einrichtungen vorhanden.
Die vier Bereiche des Orbis Medical Centers – Öffentlichkeit,
Begegnung, Logis und Arbeit – wirken durch die geschickte
Verwendung von Licht und Farben gezielt positiv auf die Nutzer.
So weist beispielsweise das Atrium durch verschiedene Grünund Naturtöne ein helles und warmes Ambiente auf, während
die Arbeitszone der Mitarbeiter eine eher kühle und erfrischende
Stimmung für ein bestmögliches Arbeitsumfeld ausstrahlt.
Von außen überzeugt das Gebäude mit einer durchdachten
Gestaltung, die sich auf die unterschiedlichen Nutzungen im
Inneren bezieht. Dabei wird die Fassade durch rote Ziegel und
silbergraue Platten geprägt. Die zurückspringende technische
Ebene im zweiten Obergeschoss wird durch ein umlaufendes
Band aus Glasbausteinen betont, das nachts beleuchtet wird.
Auch die Umgebung des Hauses wurde umgestaltet, sodass
dem Patienten eine angenehme Umgebung geboten wird, die
eine schnelle Heilung unterstützt.
service
3lux:letters 1 | 2012
materialkunde:
Acuro Active LED
Die Acuro Active LED von TRILUX passt sich mit ihren unterschiedlichen Licht­
farben der natürlichen Beleuchtung an und unterstützt damit optimal den mensch­
lichen Bio-Rhythmus. Dabei eignet sie sich besonders gut für Räume, in denen sich
Menschen 24 Stunden am Tag aufhalten, wie beispielsweise in Krankenhäusern
oder Pflegeeinrichtungen.
Foto: TRILUX
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Mit der Acuro Acitve LED entwickelte TRILUX eine Leuchte, die
den Auswirkungen fehlenden Tageslichts auf den circadianen
Rhyth­mus und auf die Gesundheit des Menschen (siehe auch
Planerfrage) entgegenwirkt. Dabei passt sie die Beleuchtung dem
Farbspektrum des Tagesverlaufs an. Ein hierfür entwickelter, in
die Leuchte integrierter Controller wechselt je nach Tageszeit das
Licht von Warmweiß (3.000 K) zu Tageslichtweiß (6.500 K). So
wirkt das Licht tagsüber belebend auf den menschlichen
Organismus und bietet bei reduzierter Beleuchtungsstärke eine
sichere Orientierung in der Nacht. Vor allem im Gesundheitswesen
kann die Leuchte so gezielt den Bio-Rhythmus von Patienten,
Pflegern und Ärzten beeinflussen und Lichtdefizite ausgleichen.
Die höhere Schutzart IP44 ermöglicht die Verwendung der Acuro
Active LED auch als blendfreie Decken- oder Wandleuchte in
Sanitärräumen. Durch eine einfache und schnelle Montage kann
die Leuchte sowohl waagerecht als auch senkrecht angebracht
werden. Die integrierte LED-Technologie bietet zudem eine lang­
lebige und nahezu wartungsfreie Betriebszeit.
planer fragen,
hersteller antworten
Im Arbeitsalltag eines Planers stellt sich so manche Frage, die oftmals in keinem
Handbuch zu finden ist. Antwort geben an dieser Stelle die Experten von TRILUX,
die gerne auch noch den ein oder anderen Trick verraten.
Welche Rolle spielt der circadiane Rhythmus
beim Menschen und wie gehen Sie als Leuchten­
hersteller darauf ein?
Thomas Kretzer
Geschäftsführer
TRILUX Vertrieb GmbH
Licht steuert die menschlichen Wach- und Schlafphasen, die sich
durch die Evolution an den 24-Stunden-Zyklus der Umwelt ange­
passt haben. Dieser circadiane Rhythmus sorgt dafür, dass wir er­
wachen, wenn es hell wird, und müde werden, sobald es dämmert.
Verantwortlich dafür ist die Hemmung beziehungsweise Produktion
des Schlafhormons Melatonin im Hypothalamus, der auf die Reize
der nonvisuellen Fotorezeptoren im Auge reagiert. Durch unseren
geschäftigen Alltag verbringen wir immer weniger Zeit im Tages­
licht, sind jedoch in der Nacht vielen künstlichen Lichtreizen ausge­
setzt. Dadurch gerät die innere Uhr aus dem Gleichgewicht, was zu
Schlafstörungen und ernsten Erkrankungen wie Depressionen
führen kann. Eine gute Beleuchtung sollte sich daher an dem na­
türlichen Licht und dessen Veränderung orientieren. An diesem
Thema forscht TRILUX in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus
Medizin und Praxis bereits seit einigen Jahren. Dabei wurde bei­
spielsweise mit der Acuro Active LED eine intelligente Leuchte
entwickelt, die tageszeitbezogen unterschiedliche Lichtspektren
aussendet und so den circadianen Rhythmus unterstützt.
Foto: istock
Der circadiane Rhythmus bestimmt
durch das Umgebungslicht unsere
aktiven sowie unsere Schlafen-Zeiten.
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TRILUX
3lux:letters 1 | 2012
Medical cube
Für die optimale Präsentation der medizintechnischen Produkte seiner Firmensparte
TRILUX Medical richtete das Unternehmen am Stammsitz in Arnsberg den Medical
Cube ein. Mit einem avancierten Showroomkonzept werden dort aktuelle und zukünftige
Entwicklungen im Bereich der medizinischen Lichttechnik vorgestellt und unterschiedliche Lichtanwendung für die Besucher erlebbar gemacht.
Die Beleuchtung im Gesundheitsbereich muss unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden. Dabei reicht das
Spektrum von der einladenden Empfangssituation über behagliche Bereiche der Patientenpflege bis zu hochspezialisierter
Beleuchtung von Operationssälen nach DIN-Norm. Hinzu
kommt der therapeutische Aspekt des Lichts: Ebenso wie die
belebende Wirkung des Tageslichts haben auch Intensität und
Temperatur von Kunstlicht einen entscheidenden Anteil an
unserer Genesung.
Um diese Variabilität in der medizinischen Lichtgestaltung
sicht­­bar zu machen, schuf TRILUX mit dem Medical Cube
einen Showroom, in dem unterschiedliche Lichtszenarien
für den Ge­­sundheitssektor konkret erfahrbar werden. Von
außen eine Box aus Stahlträgerprofilen, eröffnet sich in seinem Innern auf zwei Geschossen die gesamte­ Bandbreite der
Beleuchtungslösungen von TRILUX Medical. Der Medizinwürfel
ist jedoch mehr als nur ein Showroom, denn er vermittelt
durch die Verbindung vielfältiger Anwendungsbeispiele ins-
pirierende Eindrücke für den Planer. Neben Eingangsbereich,
Foyer, Konferenz- und Aufenthaltsräumen sind auch ein
Entbin­dungszimmer, ein Krankenpflegezimmer, eine Kinder­
intensivstation sowie mehrere Operationsäle untergebracht –
dadurch wird ein realistisches Abbild des Ar­beitsalltages einer
Klinik vermittelt.
So elementar das sichtbare Licht für den Genesungsprozess
der Patienten ist, so unverzichtbar ist eine effiziente Technik,
die die einzelnen Elemente zu einem sinnvollen Ganzen kombiniert. Auch im medizinischen Bereich setzt TRILUX dabei
konsequent auf LEDs. Hinzu kommen individuelle und personalisierte Lösungen durch frei programmierbare Bedien­
elemente sowie die Vernetzung der einzelnen Teilbereiche
über das Internet, Multiroomsysteme und übergeordnete
Medien­steuergeräte. Eine weitere Besonderheit des Medical
Cube stellt ein interaktives 3-D-Modell auf der Homepage von
TRILUX Medical dar, das einen virtuellen Rundgang durch die
Räume des Würfels ermöglicht.
Fotos: Boris Golz
Den gesamten Würfel stattete
TRILUX mit der innovativen Gebäudesystemtechnik EIB/KNX aus.
Dabei ist die Beleuchtung in den
Krankenzimmern so gewählt,
dass sie das Wohlempfinden der
Patienten unterstützt.
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TRILUX
3lux:letters 1 | 2012
TRILUX AKADEMIE
Mit der TRILUX Akademie hat das Arnsberger Unternehmen einen Ort geschaffen, der
sowohl die eigenen Mitarbeiter als auch externe Personen durch kompetente Beratungsund Qualifizierungsangebote für das Thema Lichtgestaltung begeistern soll. Das ganzheitliche Konzept des neuen Bildungszentrums setzt nicht zuletzt auf die positive
Wirkung von Licht und Farben, die unterstützend auf den Lernprozess wirken.
Im September 2011 wurde die TRILUX Akademie als hochmodern ausgestattetes Bildungszentrum am Hauptsitz
des Unternehmens in Arnsberg eröffnet. Mit einem breiten Themenpektrum bietet TRILUX Architekten, Lichtplanern
sowie Bauherren, aber auch eigenen Mitarbeitern die
Möglichkeit zur fachlichen Weiterbildung. Die ein- bis zweitägigen, praxisnahen Seminare finden meist in Kleingruppen
von etwa 15 bis 20 Personen statt, um den Austausch untereinander zu ermöglichen. Das Lehrkonzept aus klassischem
Unterricht, Diskussion und Experiment unterstützt diesen
kreativen Dialog.
Die Architektur der Akademie unterstützt diese Form
des Lernens: Die Seminarräume und Aufenthaltszonen
sind so gestaltet, dass Licht und Farben eine motivierende Grundstimmung schaffen, die sich positiv auf die
Seminarteilnehmer auswirkt. Es entstand eine Atmosphäre,
die kreatives Denken unterstützt und das Lernen erleichtert. Ein großer Hörsaal für 100 Personen und verschiedene Ausstellungsbereiche sowie kleinere Schulungs- und
Besprechungsräume bieten ausreichend Platz für ein umfangreiches Seminarangebot. Zwei abgetrennte Werkbereiche mit
höhenverstellbaren Decken bieten Platz, um die Produkte zu
erproben. Alle Räume sind auf dem neuesten Stand der Technik
und können je nach Veranstaltungskonzept unterschiedlich
möbliert werden. Die TRILUX LichtLounge ergänzt die breite
Palette an Seminaren um anschauliche Praxisbeispiele.
Inhaltlich werden in der Akademie Themen wie die Planung
von Innen- oder Außenraumbeleuchtung genauso thematisiert wie rechtliche Normen oder das Fotografieren von
Lichtobjekten. Auch zum Thema Licht und Gesundheit wird es
aktuell zwei Seminare geben: Das erste beschäftigt sich mit
„Licht und Farbe im Krankenhaus“ und zeigt die physiologi-
Fotos: Christoph Meinschäfer
Die Schulungsräume bieten Platz
für unterschiedlich große Gruppen.
Der Eingangsbereich wurde farblich ansprechend gestaltet.
Die Besucher können in der Aka­
demie die TRILUX-Leuchten testen.
schen Wirkungen von Beleuchtung und Farbgestaltung auf die
Genesung sowie Möglichkeiten der Umsetzung. Das Seminar
findet vom 23. bis 24. Februar 2012 statt. Es richtet sich in erster Linie an Architekten, Lichtplaner und Bauträger, aber auch
an Ärzte, Pflegepersonal und Krankenhausgesellschaften.
Das zweite Seminar thematisiert die optimale Lichtplanung
für Menschen mit Demenz. Unter dem Titel „Licht für
Demenzkranke“ soll hier besonders auf die Bedeutung von
Helligkeit für das psychische und physische Wohlbefinden von
Demenzkranken, aber auch älteren Menschen eingegangen
werden. Die Seminarteilnehmer lernen, wie die Lebens­
umstände durch Licht positiv beeinflusst werden können. Das
Seminar ist als eintägige Veranstaltung für den 13. März 2012
geplant. Auf der Internetseite der Akademie sind das gesamte
Seminarangebot sowie weiterführende Informationen über die
TRILUX Akademie abrufbar.
www.trilux-akademie.com
kunst
3lux:letters 1 | 2012
Die scheinbar festen Formen lösen
sich auf und generieren eine neu­
artige Sicht auf die Dinge.
In der Mitte der Ausstellung lässt das
Modul „les paysages abstraits“ eine
typografische Landschaft entstehen.
Fotos: Laurence Fragnol et Adrien M/Claire B
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Metaphern in
Bewegung
Die Ausstellung XYZT des französischen
Duos Adrien M. et Claire B. nimmt die
Besucher mit auf eine fantastische Reise
interaktiver, ephemerer Metaphorik und
lässt sie dabei selbst zu Akteuren werden.
Von Stefan Staehle
Seit seinem künstlerischen Durchbruch arbeitet Adrien Mondot
darauf hin, die Grenzen zwischen Technologie und menschli­
chem Körper aufzuheben und eine vollständige Verschmelzung
zu schaffen. Zusammen mit seiner Partnerin Claire Bardainne
schuf er mit der Ausstellung XYZT eine interaktive, digita­
le Wunderkammer und ist damit seinem Ziel einen großen
Schritt näher gekommen. Die Verbindung des dreidimensi­
onalen Raums, symbolisiert durch die Koordinaten XYZ, mit
dem flüchtigen Faktor Zeit (T) bildet hierbei die gedankliche
Basis. In einem abgedunkelten Umfeld treffen die Besucher auf
sechs unterschiedliche Videoinstallationen voller „mathemati­
scher Paradoxien, typografischer Illusionen und changierender
Metaphern“. Diese Module gliedern sich in drei kontemplative
und drei interaktive Elemente, welche die Besucher durch die
eigenen Bewegungen aktiv an der Wirkung teilnehmen las­
sen. Mit ihren Händen oder ihrem ganzen Körper bringen die
Besucher Linien, Kreise, Buchstaben und vollständige Wörter
aus Licht in Bewegung und gestalten damit eine träumerische
und fantastische Parallelwelt.
www.am-cb.net
Nur die Schwerkraft des eigenen
Körpers lässt die Besucher von
„Beyond Infinity“ erkennen, wo
oben und unten ist.
Fotos: Didier Boy de la Tour
Die verschachtelten Kuben er­innern
an computergenerierte Bilder.
Unendlicher
raum
In einem Irrgarten aus scheinbar ins
Unendliche multiplizierten Raumfolgen
entlässt uns Serge Salat in eine illusori­
sche Umgebung, die ihre Bilder in der
virtuellen Welt sucht.
Von Sarah Centgraf
Die Installation „Beyond Infinity“ des französischen Künstlers
Serge Salat erscheint wie eine raumerweiternde Traumwelt: Von
außen als geschlossenes Volumen definiert, spielt Salat im
Innern mit unserer räumlichen Perzeption: Die her­kömmliche,
geometrische Wahrnehmung von Länge, Breite und Höhe ver­
schwimmt, wiederkehrende kubische, perforierte Struk­turen
täuschen über die räumliche Begrenztheit hinweg. Vollständig
mit Spiegeln verkleidet, erweitert sich der Innen­raum durch das
Zusammenspiel von Licht und Schatten. Während des Durch­
schreitens begleitet Licht ähnlich dem Tag-/Nachtzyklus die Be­
sucher: Als aufgehende Sonne beleuchtet es die rotgoldene
Gitterstruktur, bevor es ein überdimensionales Kreuz als zentra­
les Objekt streift, um schließlich den großen Kubus zu erhellen,
dessen tiefblaue Farben bereits an die eines Sonnenuntergangs
erinnern. Mit seiner Installation, vor allem aber der Darstellung
des Kreuzes als christlichem Symbol und der rituellen Bewegung
durch den Raum, schlägt Salat bewusst eine Brücke zwischen der
westlichen und der fernöstlichen Kultur und lässt so eine spiritu­
elle Architektur entstehen.
www.urbanmorphologylab.com
kunst
3lux:letters 1 | 2012
Aufwendige Vorbereitungen:
Fabrice Wittner, der von den foto­
grafierten Menschen Schablonen
in Originalgröße erstellt. Diese
wurden anschließend nachts in
der Stadt aufgestellt und mit Licht
ausgeleuchtet.
Fotos: Fabrice Wittner
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Eine Schattenfigur im Licht: Ein
Bauarbeiter vor einem zerstörten
Haus. Menschen auf den Straßen
von Christchurch standen für die
Figuren aus Licht Modell.
KÜNSTLERISCHES
NACHBEBEN
Mit seinem Projekt „Enlightened Souls“
verbindet der Fotograf Fabrice Wittner
verschiedene Kunstrichtungen zu einem
eindrucksvollen Symbol gegen das
Vergessen.
Von Johanna Niescken
Als es am 22. Februar 2011 in Neuseeland zu einem schweren
Erdbeben kam, war besonders Christchurch, die zweitgrößte
Stadt des Landes, stark betroffen. 181 Menschen starben
und die Zerstörung war so verheerend, dass ganze Stadtteile
aufgegeben wurden. Doch schon kurz nach dieser Tragödie be­
gannen die Menschen gemeinsam die Innenstadt wiederaufzu­
bauen. Zu dieser Zeit kam auch der Fotograf Fabrice Wittner in
die Stadt, um die Folgen des Erdbebens zu dokumentieren. Er
unterhielt sich mit einzelnen Personen und fotografierte sie bei
ihrer alltäglichen Arbeit oder auf ihrem Weg nach Hause. Doch
weil ihm die Menschen in ihrer unerschütterlichen Art so sehr
imponierten wurde aus der schlichten Dokumentation weit
mehr: eine kreative Auseinandersetzung mit der Katastrophe.
Von den fotografierten Menschen erstellte Wittner lebensgro­
ße Stencils, Schablonen aus dicken Pappen, die er anschlie­
ßend im nächtlichen Christchurch mit Licht ausleuchtete. Die
Personen wirken dadurch wie Hologramme. Mit seiner Arbeit
will Wittner gerade während des Wiederaufbaus an die vielen
Opfer des Bebens erinnern.
www.wittner-fabrice.com
Mit einfachen Holzgerüsten,
Maleranzügen und LED-Leuchten
gelang Luzinterruptus eine ein­
drucksvolle Installation.
Fotos: Gustavo Sanabria
Die statische Armee der
„Inspektoren“ symbolisiert treffend
die allgemeine Schockstarre ange­
sichts der radioaktiven Gefahr.
Mahnende
Menge
„Ist die Präsenz von Strahlungsinspek­to­
ren beängstigend?“ Mit „Radioactive
Con­trol“, einer Skulptur aus 100 be­­leuch­
teten Figuren, gehen Luzin­terrup­tus die­
ser Frage auf den Grund und re­­flek­tieren
die atomare Katas­trophe in Japan.
Von Franziska Bettac
Als geradezu paranoid empfand die anonym auftretende
Lichtkunstgruppe Luzinterruptus aus Madrid die weltweiten
Reaktionen direkt nach Bekanntwerden der Atomunfälle in
Fukushima – ebenso wie das nachfolgende große Vergessen. Im
Rahmen des Hamburger Dockville, eines alternativen Musik- und
Kunstfestivals im Stadtteil Wilhelmsburg, waren Luzinterruptus
zu einer Intervention geladen, auf der sie 30 Tage lang eine
Installation zeigten, die auf die Reaktorunfälle anspielte: 100
menschliche Figuren, alle in gleicher Kleidung und Position,
wurden auf einem Feld nahe dem Kunstcamp aufgestellt. Mit
einsetzender Dämmerung fingen die „Inspektoren“ an, aufgrund
vieler kleiner LEDs zu glimmen und zu leuchten – und weckten
Assoziationen mit der gefährlichen, unsichtbaren Strahlung.
Leicht nach vorn gebeugt, wirkten die Figuren wie reuige
Büßer – oder wie gleichgeschaltete Soldaten eines Heeres, das
sich bedrohlich auf die Stadt zubewegt. Luzinterruptus wollten
der anhaltenden, doch oft verleugneten Gefahr ein Gesicht
geben und fragen: „Müssen wir in Zukunft mit einer ständigen
Kontrolle leben?“
www.luzinterruptus.com
kuriosum
3lux:letters 1 | 2012
Fotos: Fabrice Wittner/Rapsodia
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heureka!
Von Sandrine Nsoga/Marina Schiemenz
Wie kann man die „Idee“ als solche physisch umsetzen? Diese
Frage stellte sich der Fotograf Fabrice Wittner und personifizierte die „Idee“ in Form eines kleinen, leuchtenden Kerl­chens:
dem Idea Boy. Angelehnt an Daniel Düsentriebs „Helferlein“
in den Comics von Walt Disney, baute Wittner aus Draht
und einer Glühbirne den Helden seiner Kindheit nach. Der
Fotograf, der vorwiegend in der Gleit- und Extremsportszene
unterwegs ist, wollte die permanente Suche nach immer
neuem Nervenkitzel und die rasante Weiterentwicklung bestehender Techniken mit dem Idea Boy verbinden. Entstanden ist
eine Fotoserie, die den Idea Boy auf Expeditionen und anderen
sportlichen Abenteuern wie Bungee- oder Base-Jumping,
Freeclimbing, Nordic Walking oder auch beim Boulespielen
zeigt. Mit seinem Idea Boy hatte Fabrice Wittner eine wirklich
leuchtende Idee!
www.wittner-fabrice.com
quelle
blick ins innere
Karikatur des unbedarften
Umgangs mit Röntgenstrahlen
Ende des 19. Jahr­hunderts,
erschienen in der Zeitschrift „Life“
am 6. April 1896 (unten)
seiner Frau über seine Entdeckung.
Erst als er eindeutige Beweise dieser
X-Strahlen vorzeigen konnte, wagte
er sich damit an die Öffentlichkeit.
1896 verschickte er die Aufnahme der
durchleuchteten Hand seiner Frau
als Neujahrsgruß an Freunde und
Bekannte. Rasch verbreitete sich die
Neuigkeit und weckte große Begeisterung in der Bevölkerung. Ärzte und
Wissenschaftler erkannten schnell
den Nutzen für die Medizin. Zugunsten einer kostengünstigen medizinischen Untersuchung für jedermann
verzichtete Röntgen sogar auf eine
Patentierung.
Auch der gehobenen Gesellschaft
bereitete Röntgens Entdeckung viel
Freude: Noch mit der Unwissenheit
über die von der Strahlung ausgehende Gefahr entwickelte sich diese
neue Art der durchleuchtenden Fotografie schnell zum Modegag des
19. Jahrhunderts: Auf Partys wurden
die Skelette der Gäste abgelichtet
und selbst in Schuhgeschäften konnten die Kunden mittels Röntgenaufnahmen eine Ansicht der genauen
Positionierung ihrer Füße in den
Schuhen bestaunen.
1901 erhielt Wilhelm Konrad Röntgen
für seine Entdeckung als erster Wissenschaftler den Nobelpreis in der
Kategorie Physik. Noch heute sind die
„Röntgenstrahlen“ sowohl bei medizinischen Untersuchungen als auch in
der Archäologie, der Kunstgeschichte
und in der Forensik unverzichtbar.
Fotos: Deutsches Röntgen-Museum
Am 8. November 1895 machte der
Physiker Wilhelm Konrad Röntgen an
einem späten Freitagabend in den
menschenleeren Räumen der JuliusMaximilian-Universität in Würzburg
eine Entdeckung, die die Medizin revolutionierte. Es muss ihm gespenstisch vorgekommen sein, denn die
von ihm benannten X-Strahlen ermög­
lichten erstmals, das Innere eines
menschlichen Körpers sichtbar zu
machen, ohne diesen operativ öffnen
zu müssen. Erst die beharrliche und
akribische Forschung von Röntgen
führte zu der Untersuchungsmethode, die auch heute noch in der Diagnostik angewandt wird.
Mittels eines Versuchsaufbaus experimentierte Röntgen mit der Kathodenstrahlröhre und durchleuchtete
zunächst Gegenstände seines Labors.
Ungläubig sprach er nicht ein­­mal mit
Grußkarte mit der durchleuchteten
Hand von Röntgens Frau (unten links)
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Die Zeitschrift und alle in ihr
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