Ausgabe 2/2007 - Deutsche Olympische Gesellschaft

Transcription

Ausgabe 2/2007 - Deutsche Olympische Gesellschaft
Ausgabe 2/2007
Zeitschrift des
Deutschen Olympischen Sportbundes
und der
Deutschen Olympischen Gesellschaft
Freundliche Grüße
aus der OF-Redaktion
ie Welt gerät aus den Fugen, aber die gute Nachricht ist,
dass die zunehmende Schieflage und inzwischen sogar ein
drohendes Endzeit-Szenario beim Namen genannt werden. Und
zwar von der internationalen Wissenschaft mit einer Deutlichkeit, die nichts zu wünschen übrig lässt. Der Weltklimabericht
der Vereinten Nationen alarmiert die große Politik ebenso, wie
er die einzelnen Menschen in ihrer Lebensgestaltung aufrüttelt.
Aber es gibt auch eine schlechte Nachricht. Und die hat, liebe
Leserinnen und Leser, etwas mit Verwässerungstendenzen durch
politische Verantwortungsträger in führenden Industrienationen
und Schlüsselländern für das Klima-Desaster zu tun, was
letztlich dringend notwendige Sofortmaßnahmen zur Schadensbegrenzung verhindert. Dass dies zudem das individuelle
Problembewusstsein nicht gerade stärkt, liegt auf der Hand.
Dabei sollte längst klar sein: Jeder Einzelne muss sich in seinen
Verhaltensweisen angesprochen fühlen, und kein Lebensbereich
bleibt hier ausgespart.
D
Dies führt auch schnurstracks zum Thema "Sport und Umwelt",
dem wir in dieser OF-Ausgabe einen großen Komplex widmen.
Natürlich könnte man das Ganze kleinteilig betrachten und sich
an jüngeren Veröffentlichungen orientieren, die sportliche
Handlungen Jugendlicher auf Bolzplätzen oder gar Kinderbegeisterung auf Spielplätzen mit der Umweltsünderkartei in
Verbindung bringen. Da werden Lärmschutzklagen angestrengt,
die eigentlich als umweltpolitisches Armutszeugnis entlarvt
gehören, weil sie allein die Kläger in ihrer Kleinkariertheit
bloßstellen. Nein, das sind nicht die Umweltprobleme, die der
Sport heraufbeschwört. Die haben ein anderes Kaliber und
basieren auf Wettkampfkalendern, die die Jahreszeiten ignorieren, oder auf Sportarten, die fast zwangsläufig der Natur ein
Schnippchen nach dem anderen schlagen. Sie haben zu tun mit
ungebremster Eventhysterie in einer Welt, die dabei zum hochleistungssportlichen Abenteuerspielplatz wird, und schließlich
mit einer Freizeitlawine, weil man ja auch breitensportlich nicht
nachstehen will.
Sicher, der Sport nimmt in der Weltrangliste der Klimaschädiger
und Ressourcenvernichter einen Platz ziemlich weit hinten ein.
Aber er kann, wenn die Klimabotschaft der Vereinten Nationen
in seinen Reihen ernst genommen wird - Stichworte Vorbildwirkung und globaler Aktionsradius -, umweltpolitische Zeichen
von besonderer Güte setzen. Die Reaktionen des Internationalen
Olympischen Komitees lassen immerhin hoffen. Und der deutsche Sport hat in Sachen Umweltschutz ohnehin eine beachtenswerte Tradition, die jetzt mehr denn je verpflichtet.
Ihr Harald Pieper
Inhalt
OF Mosaik
4
OF-Podium: Prof. Jürgen Hubbert
6
Megaereignisse zwischen Magie und Massenware
8
Prof. Dr. Hans-Jürgen Schulke
Der Sport auf dem Weg zur Selbbstzerstörung
12
Prof. Dr. Helmut Digel
Es geht um die Perspektiven für das Leben nach dem Sport 14
Anno Hecker
Sven Felski oder Die Vereiinstreue eines Profis
16
Dr. Andreas Müller
OF-Interview mit Frank Busemann
20
Michael Gernandt
Die Gewalt im Stadion ist ein vielschichtiiges Problem
22
Dr. Christoph Fischer
OF-Kommentare
24
Jörg Hahn, Dr. Andreas Höfer, Michael Gernandt,
Dr. Hans-Dieter Krebs
Vor uns die Sintflut?
Der Klimawandel fordert auch den Sport heraus
26
Holger Schück
Mobilität und Sport: Im Spannungsfeld zwischen Schädigung
der Umwelt und Verbesserung der Lebensquaalität
30
Rainer Hipp
Europa und der Sport
34
Walter Mirwald
Stuttgart: Europäische Sporthauptstadt 2007
34
Gunter Barner
40 Jahre Sporthilfe oder Die eindrucksvolle Bilanz
der guten Taten
38
Steffen Haffner
Die Reformfreude der Sportvereine ist beachtlich
42
Friedhard Teuffel
Wenn der Verein zum Zufluchtsort für Kinder und
Jugendliche wird
45
Bianka Schreiber-Rietig
Mark- und Meilensteine im Verhälltnis Kirche und Sport
48
Dr. Hans-Dieter Krebs
Was macht eigentlich ...? Martin Lauer
50
Steffen Haffner
Olympismus und Olympische Spiele in
n Deutschland
52
Prof. Dr. Ommo Grupe
Adolf Cluss: Ein schwäbisch-deutsch-amerkanischer Turner,
Revolutionär und Architekt einer neuen Welt
56
Prof. Dr. Michael Krüger
Anmerkungen zu Sport und Film in Deutschland
60
Herbert Somplatzki
OF-Galerie:
Sportliche Vielfalt in den Skulpturen von Birgid Helmy
63
Klaus H. Schopen
Nachrichten des Deutschen Olympischen Sportbundes
66
Nachrichten
n der Deutschen Olympischen Gesellschaft
76
Impressum
88
Deutsches Sport & Olympia Museum
90
Nachrichten dees Deutschen Olympischen Instituts
94
3
Sportabzeichen-Aktion:
"Millionen in Bewegung"
wir unser Ziel erreichen, dann legen wir sie
eben noch ein Stückchen höher", meinte
Thomas Bach bei der Vorstellung der Aktion
in Berlin.
as Deutsche Sportabzeichen erhält
dank der ARD neuen Schwung. Mit
Hilfe des wochentäglichen Ratgebers "ARDBuffet", der vom Südwestdeutschen Rundfunk (SWR) produziert wird, soll in diesem
Jahr endlich die magische Schallmauer von
einer Million abgelegten Sportabzeichen
durchbrochen werden. "Millionen in Bewegung" ist der Schwerpunkt, den sich Ende
März der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes
(DOSB), Dr.
Thomas Bach,
und die
Moderatorin
des Ratgebers, Evelin
König,
gemeinsam
setzten.
Der Sportorden, den auch die BARMER als
langjähriger Partner und Ferrero seit kurzem
fördern, ist jetzt ein zentraler Bestandteil
von "ARD-Buffet", das jeden Tag in der
Woche zwischen 12.15 und 13.00 Uhr läuft.
Regelmäßig soll bis Mitte Juli aus verschiedenen Perspektiven über das Sportabzeichen
berichtet werden, aus medizinischer Sicht,
aus der Sicht der richtigen Bekleidung oder
als Tipp für eine vernünftige Ernährung.
Häufig besteht dann für die Zuschauer auch
die Möglichkeit, sich per Telefon einen
eigenen Ratschlag zu holen.
D
Jahr für Jahr
stellen sich weit über 900.000 Menschen
den fünf Prüfungen des einzigen deutschen
Sportsordens, die ein bewährter Test für die
eigene Fitness sind. Nun sollen noch mehr
Bewegungswillige für das Deutsche Sportabzeichen begeistert werden, nicht, um
einen Eintrag in das Guiness-Buch der
Rekorde zu schaffen, sondern um zur
Gesundheitsförderung mehr Bewegung in
den Alltag der Menschen zu bringen. "Im
Sport geht es ja immer wieder darum,
besser zu werden, deshalb legen wir die
Messlatte jetzt ganz schön hoch. Und wenn
Um das Sportabzeichen hautnah zeigen zu
können, begleitet "ARD-Buffet" eine 6köpfige Wiesbadener Familie aus drei
Generationen durch ihren Trainings- und
Prüfungs-"Alltag". Mehrfach wird über Opa
Norbert (67), Tochter Petra (44) und die vier
Enkelkinder Kathrin (22), Patrick (17),
Dominik (15) und David (8) berichtet.
Höhepunkt der Aktion ist eine Sondersendung von "ARD-Buffet" am Samstag, 7. Juli
2007, vom Sportabzeichen-Tag in Heidelberg. Dort wird "ARD-Buffet" live von einer
Open-Air-Bühne vom Sportabzeichentag
gesendet, bei dem 2.000 Freiwillige den
Sportorden erwerben sollen. Interessenten
können sich auf einer Hotline-Nummer
01376 - 787800 (25 Ct./Anruf aus dem Dt.
Festnetz) oder im Internet unter www.ardbuffet.de anmelden. Weitere Informationen
zum Sportabzeichen auf www.deutschessportabzeichen.de.
Bundestag billigt
Europarats-Initiative
gegen Doping
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er Deutsche Bundestag hat in zweiter
und dritter Lesung dem Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarats
gegen Doping zugestimmt. Die Erweiterung
des Vertragstextes regelt innerhalb Europas
die gegenseitige Anerkennung von Dopingkontrollen. Danach können Aktive von
ausländischen Kontrolleuren zu verbindlichen unangemeldeten Trainingskontrollen
gebeten werden. Zuvor hatte der Sportausschuss des Parlaments einstimmig dieses
Zusatzprotokoll vom September 2002
gebilligt. Die Europarats-Initiative wird
nunmehr in einem völkerrechtlichen Verfahren ratifiziert. Bereits im Dezember
vergangenen Jahres hatte der Bundesrat
keine Einwendungen erhoben.
Der Europarat ist eine zwischenstaatliche
Institution mit 46 Teilnehmerländern.
Deutschland war 1994 dem Übereinkommen beigetreten, das die erste internationale Vereinbarung zur Anti-Doping-Bekämpfung war. Erst kürzlich hatte der Bundestag
der UNESCO-Antidoping-Konvention
zugestimmt, nach der der Welt-AntidopingCode geltendes Recht ist.
Ältester Olympionike der
Welt - ein Musik-Professor
aus München
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eit dem Tod des französischen Radsport-Olympiasiegers von 1928, Roger
Beaufrand, der am 13. März im Alter von
über 98 Jahren starb, ist nun ein deutscher
Professor der älteste lebende Olympiamedaillengewinner der Welt. Allerdings handelt es sich nicht um einen Athleten,
sondern um den Komponisten Harald
Genzmer, der 1936 in Berlin eine Bronzemedaille in der Kategorie "Musik, Solo und
Chorgesang" gewann. Der Münchner
Professor, der am 9. Februar bei guter
Gesundheit gleichfalls seinen 98. Geburtstag feiern konnte, war einst an der Berliner
Hochschule für Musik einer der begabtesten
Schüler von Harry Hindemith. Zeitweise
studierte er auch bei Richard Strauss und
Hans Pfitzner.
4
OF-MOS AIK
Genzmer war 27 Jahre alt und arbeitete als
Korrepetitor an der Breslauer Oper, als er
aufgefordert wurde, sich an den Olympischen Kunstwettbewerben zu beteiligen, die
zwischen 1912 und 1948 auf dem Programm standen. Er reichte daraufhin ein
Musikstück ein, dem er den Titel "Der
Läufer" gegeben hatte und das der Jury
gefiel. Das Werk blieb sein einziger sportlicher Ausflug. Seinen Preis erhielt er im
Berliner Olympiastadion, wo er wie die
Sportler vor der Riesenkulisse von 100.000
Zuschauern aufs Siegerpodest steigen
durfte. Allerdings verlor er später die
Medaille in den Bombennächten des 2.
Weltkriegs, den er als Klarinettist einer
Militärkapelle überlebte.
Nach Kriegsende baute der gebürtige
Bremer die Hochschule für Musik in Freiburg
auf, bevor er 1957 nach München berufen
wurde. Dort war er bis zu seiner Pensionierung als Lehrer für Kompositionen tätig.
Doch zur Ruhe will sich der mit einer
Vielzahl von Preisen bedachte Harald
Genzmer noch lange nicht setzen. Er gehört
heute zu den meistaufgeführten deutschen
Gegenwartskomponisten und vollendete mit
fast 90 Jahren noch eine Sinfonie.
Vancouver in guter
vor-olympischer Verfassung
ürzlich hat sich die IOC-Koordinierungskommission für die XXI Olympischen Winterspiele 2010 in Vancouver über
den Fortgang der Vorbereitung auf die
K
kommenden Olympischen Winterspiele
beschäftigt. Etwas weniger als drei Jahre vor
den Spielen zeigte sich das Gremium
beeindruckt von den Vorbereitungen in den
Bereichen Sportstätten, Marketing, Logistik,
Transport und Technologie.
Naturverträglicher Sport
muss gewährleistet bleiben
D
as Kuratorium Sport und Natur erwartet vom Deutschen Bundestag, dass bei
der Neuordnung des Naturschutzrechts
nach der Föderalismusreform der akzeptierte Status des Natursports im Bundesnaturschutzgesetz erhalten bleibt und nicht in
der Abweichungsgesetzgebung zersplittert
wird. "Anderenfalls ist zu erwarten, dass die
erreichten Qualitätsmerkmale des derzeitigen Bundesnaturschutzgesetzes weitgehend
rückgängig gemacht werden und die
Unterschiede in der Landesgesetzgebung
zu- statt abnehmen", heißt es in einem
Positionspapier, das die drei Millionen
Mitglieder starke Vereinigung verfasst hat.
Nach dem derzeitigen Bundesnaturschutzgesetz, das die Erholung des Menschen in
freier Natur gewährleistet, sind natur- und
landschaftsverträgliche sportliche Betätigungen der Erholung zuzurechnen.
gestiegen. Erstmals konnten damit über
4.000 schwer kranke Menschen gerettet
werden. "Dies war nur möglich, weil 1.259
Menschen bundesweit nach dem Tod ihre
Organe gespendet haben, das sind 3,2
Prozent mehr als im Jahr zuvor", erklärte
DSO-Vorstand Prof. Dr. Günter Kirste.
Beigetragen hat dazu auch der Verein
Sportler für Organspende (VSO). In dem von
Sporthilfe-Chef Hans Wilhelm Gäb 1998
gegründeten Verein erinnern mehr als 50
Olympiasieger und Weltmeister mit ihrem
Engagement andere Menschen daran, dem
unvermeidlichen Lebensende einen besonderen Sinn zu geben. Gemeinsam mit den
Partnern der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und der DSO
verteilt der VSO bei bedeutenden Sportveranstaltungen und Großereignissen auch
Organspendeausweise.
Olympia-Medaillen für
Peking vorgestellt
enau 500 Tage vor den Olympischen
Spielen in Peking hat das chinesische
Organisationskomitee die Medaillen enthüllt, die erstmals in der olympischen
Geschichte mit Jade verziert sind. Auf der
Rückseite der Gold-, Silber- und Bronzeme-
G
Die bisherige Rahmengesetzgebung habe
die Ausformung von 16 verschiedenen
Umsetzungen in Landesrecht erlaubt, stellt
das Kuratorium fest, dessen Vorsitzender der
sportpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Winfried
Hermann, ist. Unterschiedliche Regelungen
zum Betretensrecht seien nicht nachvollziehbar, weil Wanderwege, Flüsse und
Klettergebiete sowie der Schutzbedarf der
Natur nicht an Landesgrenzen halt machten. "Verbote in einem Bundesland führen
zu wachsendem Freizeittourismus und
damit zur Zunahme von Verkehr und zu
neuen Problemen in angrenzenden Bundesländern", was also zu Verdrängungseffekten
führe, heißt es.
Organspenden retten Leben
ie die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) bekannt gegeben
hat, ist die Zahl der im Jahr 2006 in
Deutschland durchgeführten Transplantationen von 3.910 im Jahr 2005 auf 4.032
W
OF-MOS AIK
daillen ist jeweils ein Ring weißer, hellgrüner und dunkelgrüner Jade eingelegt. Die
olympischen Medaillen für die Spiele in
Peking sollen "Edelmut und Tugend" symbolisieren. Auf der Vorderseite der sieben
Zentimeter großen Olympia-Medaillen
befindet sich das Standarddesign mit Nike,
der griechischen Göttin des Sieges, wie es
vom IOC vorgegeben wird.
5
port- und Kulturförderung" haben eine lange Tradition in
unserer Gesellschaft. Bereits die frühen Herrscher hielten
sich Künstler, Sportler und Narren zum eigenen Vergnügen und zur Steigerung ihrer Reputation. An ihre Stelle traten
später vor allem Industrielle, die die Allgemeinheit an einem Teil
ihres Reichtums teilhaben lassen und sich selbst ein "Denkmal"
setzen wollten. Man sprach von Mäzenen. Nach dem zweiten
Weltkrieg förderten insbesondere kommunistische Staaten
Künstler und Sportler, um die Überlegenheit ihres Systems zu
demonstrieren. Dieser Wettstreit der Nationen und
Gesellschaftssysteme gebar die so genannten Staatsamateure.
S
"
Sport als Mittel der Selbstdarstellung des Systems erleben wir
heute z.B. in China, wo eine zentrale Sportbehörde die Spitzensportler von morgen bereits im jüngsten Kindesalter "rekrutiert". Eine Demonstration des Erfolges dieser - nicht nur im
Sport - aufsteigenden Weltmacht erwartet uns nach Athen
2004 bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking! Sport
gehört heute aus vielen Gründen auch hier zu Lande zu den
wichtigen Elementen unserer Wohlstands- und Mediengesellschaft. Der Deutsche Olympische Sportbund betreut rund 27
Millionen Mitglieder in mehr als 90.000 Vereinen. Insbesondere
beim Vereinssport lernen junge Menschen schon früh, wie man
sein Talent verbessern und über sich hinaus wachsen kann.
Aber was noch viel wichtiger ist: sie lernen Regeln zu achten,
Niederlagen einzustecken und sich für ein gemeinsames Ziel
einzusetzen.
Sportliche Aktivitäten kosten nicht nur Kraft und Energie, sondern sie erzeugen auch Umsatz und Wertschöpfung - und
schaffen somit Arbeitsplätze. Die deutschen Haushalte geben im
Jahr über 39 Milliarden Euro für "Sport" aus! Außerdem unterstützt körperliche Bewegung die Prävention, Behandlung und
Rehabilitation. Es herrscht ein verstärktes Bewusstsein über das
wertvolle Gut "Gesundheit" im Denken und Handeln vieler
Menschen. Gesunde Ernährung und Sport gelten als Voraussetzungen für ein langes und gesundes Leben. Zudem befindet sich
der Körperkult auf einem Allzeit-Hoch.
Der Sport wird nach wie vor auch als Maßstab für die Leistungsund Wettbewerbsfähigkeit eines Landes gesehen. Während an
den Olympischen Spielen 1900 in Paris 26 Nationen teilnahmen,
waren es in Athen 2004 über 200. Sport ist einer der besten
Wege zur Völkerverständigung, auch wenn die altgriechische
Regel, dass während der Olympischen Spiele Friede zu herrschen
habe, nicht mehr gilt. Dagegen hat - wie vor mehr als 2.000
Jahren in Rom - das Motto "Brot und Spiele" immer noch hohe
Bedeutung. Dies sieht man am Beispiel "Fußball" und sicher auch
im Rennsport. Sportler wie Michael Schumacher, Jürgen Klinsmann und Michael Ballack werden zu Vorbildern, die die Menschen in diesem Land zur Leistung motivieren.
Höher, schneller, weiter: Was für den Sport gilt, gilt auch für die
Wirtschaft, für Forschung, Technologie und beinahe alle Teile
unserer Gesellschaft. Leistung gehört zu den Grundelementen
unserer Gesellschaft. Ohne Leistung ist unsere Kultur unvorstell-
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bar. Leistung ist die Voraussetzung für Erfolg - für weltweit
tätige Unternehmen ist diese einfache Weisheit von fundamentaler Bedeutung.
Leistung ist die Basis für attraktive und erfolgreiche Produkte
und Dienstleistungen. Sie schafft Arbeit und Beschäftigung. Und
sie ist Träger des Fortschritts und des Wohlstandes. Was verbindet also Sport und Wirtschaft? Das Erfolgsstreben, die Suche
nach Spitzenleistungen und Markenwerten! Längst sind Sportler
für Unternehmen zu Identifikationsfiguren bzw. Imageträgern
geworden. Große
Sportereignisse
werden zur
Bühne für die
Unternehmensund Produktdarstellung. Beides
wird gezielt für
die Inszenierung
von Marken
eingesetzt und
als Instrument
der Kundenbindung.
Sponsoring heißt
diese moderne
Form der Förderung, mit dem
Ziel symbiotischer, gegenseitiger Unterstützung. Circa 3
Milliarden Euro
pro Jahr werden
in Deutschland
für Sponsoring
ausgegeben, davon drei Viertel für Sport-Sponsoring (im Vergleich: nur 5 % für Kunst und Kultur).
Die Verbindung von Sport und Wirtschaft ist also eine zunehmend wichtige aber nicht selbstverständliche Allianz. Es bedarf
berechenbarer, wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, um die
notwendigen Grundlagen für eine enge Kooperation zu schaffen
und zu erhalten. Klar ist: Sein Talent nutzen, sich dem täglichen,
harten Training stellen, um immer wieder Höchstleistungen zu
erreichen, erfordert ein Umfeld mit optimalen Voraussetzungen.
Spitzensportler müssen die Chance bekommen, sich zeitweise
ganz auf Leistung und Erfolg konzentrieren zu können - das ist
heute ohne materielle Förderung undenkbar.
Da andererseits Herrscher und Mäzene weitgehend ausgestorben
sind und unser Staat das Defizit verwaltet, muss die Wirtschaft
hier soziale und gesellschaftliche Verantwortung übernehmen.
Richtig gelebt, kann die Partnerschaft von Sport und Wirtschaft
eine für beide Seiten lohnende Investition sein: für Sportler und
Unternehmen und damit letztlich auch für die Sportbegeisterten
in aller Welt. Voraussetzung sind gleich gesinnte Interessen, der
Fit mit Marken- und Unternehmensimage, die Bereitschaft der
Sportler zu Kommunikation und Kundenevents und natürlich
Erfolge!
Sportliche Erfolge sind also nicht nur wichtig für die Athleten,
für Verbände, für die interessierte Öffentlichkeit und das Wohlbefinden unserer Gesellschaft. Sie sind die Währung, mit der der
Sport die finanziellen und materiellen Leistungen der Wirtschaft
ckelt wurden. So sind im Spitzenbereich das Leistungsprinzip
und die sportliche Fairness die entscheidenden Förderungskriterien.
Die Deutsche Sporthilfe hat seit ihrer Gründung im Jahr 1967
über 40.000 Sportler bei ihren Wettkampfvorbereitungen individuell gefördert - mit der starken Unterstützung durch die deutsche Wirtschaft. Insgesamt wurden rund 350 Millionen Euro
ausgezahlt (derzeit jährlich rund 10 Millionen Euro für die
Förderung von 3.800 Athleten).
OF-PODIUM
Sport und Wirtschaft - eine wichtige,
aber nicht selbstverständliche Allianz
Von Prof. Jürgen Hubbert, Vorsitzender von Stiftungsrat und Aufsichtsrat der Stiftung Deutsche Sporthilfe
verzinst. Die Optimierung der Leistungsförderung in Deutschland
ist deshalb eine zentrale Aufgabe des DOSB.
Wir brauchen die Neuordnung der Olympiastützpunkte und
Leistungszentren sowie der Verantwortung der Fachverbände
und der Landessportbünde und neue Auswahl- und Förderkriterien. Kurzum: die Struktur des deutschen Leistungssports muss
auf den Prüfstand.
Die Stiftung Deutsche Sporthilfe hat daran größtes Interesse,
denn sie steht für eine Erfolgsstory, die mit der Gründung durch
Willi Daume und Josef Neckermann 1967 begann. Stiftungen
sind durch ihre Satzung langfristig und berechenbar angelegt.
Je leerer die öffentlichen Kassen, desto wichtiger werden Stiftungen für Teile der öffentlichen Finanzierung. Privates Engagement muss das staatliche Handeln ergänzen. Realistisch gesehen, wird es dies in Zukunft an manchen Stellen sogar ersetzen
müssen. Die Deutsche Sporthilfe hat dies erfolgreich praktiziert,
indem wirksame und zeitgemäße Förderungskonzepte entwi-
Deutschland befindet sich in einer neuen Dimension des harten
globalen Wettbewerbs. Dies stellt auch eine neue Belastung für
die Gesellschaft und den einzelnen Bürger dar, der besorgt ist
über Entwicklungen irgendwo auf dem Globus, die ihn treffen,
die er aber nicht beeinflussen kann. Verunsicherung ist die Folge.
Wir brauchen deshalb Vorbilder, die sich im internationalen
Wettbewerb erfolgreich behaupten. Der Sport und die Wirtschaft
können sie liefern. Wie das Beispiel der Fußball-WM 2006 zeigt,
können insbesondere im Sport Erfolgserlebnisse geschaffen und
möglichst vielen Menschen zugänglich gemacht werden. Das ist
ein Ziel, das Politik, Wirtschaft und Sportorganisationen vereint.
Die Stiftung Deutsche Sporthilfe wird mit der Unterstützung der
Wirtschaft dazu beitragen, dem Spitzensport in diesem Lande
den gebührenden Platz zu verschaffen und den Menschen
positive Leitbilder und Werte zu vermitteln. Zugegeben: ein
sportliches Ziel - aber wie die jetzt 40 jährige Geschichte der
Stiftung beweist, ist es zu schaffen!
7
U
nvergessen bleibt der märchenhafte WM-Sommer
2006 der Fußballer. Noch sind spannende Spiele,
fröhliche Fans, bunte Fahnen und eine beseelte Stimmung über dem ganzen Land gegenwärtig. Hockey und
Reiten kamen ähnlich fröhlich hinzu. 2007 werden es noch
mehr Weltmeisterschaften in Deutschland sein: Eben haben
die Handballer mit einem fantastischen Fest das WM-Jahr als
Wintermärchen begonnen, dann sind u.a. Faustball, Kanu,
Rudern, Triathlon, Turnen und Radsport an der Reihe. In den
folgenden Jahren sind von den olympischen Sportarten
Eishockey und Leichtathletik fest gebucht, vielleicht demnächst noch Curling, Judo, Schwimmen und Frauenfußball
2011. Ein Ende des WM-Booms ist nicht erkennbar, jedes Jahr
inszeniert Deutschland praktisch ein kleines Olympia.
8
Die Politik hat sich - ermuntert von einer nutznießenden
Medienbranche - fraglos auf den Tanz um die globalen
Kälber eingelassen. Und Sportfunktionäre nennen ohne
soziale Skrupel zweistellige Millionenbeträge an Organisationskosten für ihr Weltereignis. Leise Zweifel sind gleichwohl
angemessen: Wird der WM-Boom immer - bei geringer
werdender Bevölkerung - die grenzenlose Zuschauerresonanz
finden, werden durch Energieressourcen rasch reich gewordene Regionen das - dann vielleicht weniger von der Konjunktur begünstigte - sportbesessene Deutschland überbieten, vor allem wird irgendwann eine Übersättigung des
öffentlichen Interessens an internationalen Sportgroßveranstaltungen eintreten, weil die Begeisterung nicht beliebig
wiederholbar ist? Und nicht zuletzt: Tragen die kurzfristigen
Spektakel zur Entwicklung der jeweiligen Sportart in ihrer
ganzen Breite und Tiefe - also bis in die Schul- und Vereinsebene - bei?!?
Magie und Mobilität - zur Zukunft der
Megaevents
Was sind Ursachen für die deutsche Vorreiterrolle als Weltmeister im Veranstalten von Weltmeisterschaften: Organisationskraft "made in Germany" einschließlich einer hervorragenden Infrastruktur, verbandsspezifischer Funktionärsehrgeiz, Hoffnung auf finanziellen Gewinn, Stärkung des Stand-
orts Deutschland und seiner Regionen, Anstrengungen im
Vorfeld einer neuen Olympiabewerbung? Vielleicht von allem
etwas, eines aber ganz bestimmt: Im Zuge besserer StandortWahrnehmung bemühen sich immer mehr Regionen um
hochkarätige internationale Meisterschaften. Sie sehen sich
durch die Erfolge und die massenhafte Begeisterung der
Zuschauer bei der Fußball-WM 2006 bestätigt, Hockey wie
Reiten und Handball haben - auf bescheidenerem Niveau den Eindruck bestätigt und temporär Menschen wie Metropolen verzaubert. Magic Moments sind mehr als Tabellen und
Ergebnislisten.
Sie treffen auf ein relativ neues Element der Transportgesellschaft: Die ohnehin seit Jahren steigende Nachfrage nach
Megaereignisse
zwischen
Magie und
Massenware
Weltmeisterschaften in
Deutschland - wieviel geht noch?
Von Hans-Jürgen Schulke
9
Städtekurzreisen - komfortable Hotels bieten ihre an
Wochenenden freien Kapazitäten günstig an - wird nicht
mehr allein durch Musicals und Museen erfüllt, sondern
immer mehr durch spektakuläre Sportevents. Bei den großen
Stadtmarathons ist das seit längerem zu bilanzieren (beim
Berlin-Marathon werden Umsatzsteigerungen von 50 Millionen Euro geschätzt), Olympia findet vor den Augen von einer
Million ausländischer Touristen vor Ort statt, Länderspiele
werden zunehmend mehr zu Bildungsurlauben. Und seinen
vorläufigen Höhepunkt fand die Entwicklung bei der FußballWM 2006, als 2 Millionen ausländische Enthusiasten ohne
Plan und Platz im Stadion nach Deutschland reisten, nur um
bei der großen Party dabei zu sein und ihr schließlich das
einzigartige internationale Flair zu verschaffen. Mit dem
Public Viewing auf den großen Marktplätzen waren sie dann
mehr dabei als manche teuren Ticketinhaber im hochgesicherten Stadion. Die Fußball-EM 2008 in Österreich und der
Schweiz wird die Invasion der Fans und Flaneure bestätigen,
wobei die kleineren Stadien den Drang auf die Plätze mit
Video Walls noch erhöhen werden.
Erfolgreiche Großveranstaltungen sind kein Naturereignis und
keine Selbstverständlichkeit. Sie haben technische, soziale
und kulturelle Gründe, die es jeweils originell organisatorisch
aufzugreifen gilt. Nur dann wird der Sport seine führende
Rolle im üppigen Eventangebot halten. Nicht zuletzt schläft
die außersportliche Konkurrenz nicht: Rockkonzerte, Gesangsund Filmfesivals, Kirchentage, Papstbesuche, Motorradmeetings sind Beispiele für massenhafte Selbstverständigung.
Was macht den Sport zum unumstrittenen Premiumprodukt
im Eventangebot? Eine spannungsvolle Bewegungsanalyse,
die vor rund 200 Jahren beginnt.
Der moderne Wettkampfsport mit Reiten, Rudern, später
Fußball, Rugby, Tennis ist zunächst keine Sache für Zuschauer
gewesen bzw. nur dort, wo das Wetten um den Sieg eine
große Rolle spielte. Beim Fußball dauerte es über 50 Jahre, bis
eine fünfstellige Zuschauerzahl erreicht wurde - zunächst
musste eine aus eigener Praxis geborene Expertenschaft und
dann eine neuartige Stadionarchitektur erwachsen. Erst mit
Fernsehübertragungen seit 1950 konnten Milliarden von
Zuschauern bei Weltereignissen erreicht werden und verhalfen umgekehrt dem Sport zu seiner unglaublichen Popularität.
Zuschauen zwischen Identifikation
und Projektion
Was aber macht den Sport so ansehnlich? Früher war es die
Identifikation mit den Erfolgen von "unseren" Sportlern und
Mannschaften - sie standen für die eigene Schule, den Verein,
die Region oder Religion, den Betrieb oder die gesellschaftli-
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che Klasse und schließlich - mit der Realisierung des Nationalstaatsgedankens - für die eigene Nation. Olympia, Weltmeisterschaften und Länderspiele geben dafür die sportliche Form.
Das ist auch heute noch so, wenngleich eher symbolisch - die
Identifizierung mit einer Bundesligamannschaft, die ganz
überwiegend aus Fußballnomaden unterschiedlichster Erdteile
besteht, hat keinen kommunalen oder klassenspezifischen
Bezug. Und der Gedanke ist vielleicht nicht ganz abwegig,
dass irgendwann einmal Global Player eigene Mannschaften
aufs Spielfeld schicken werden. Brauchen Nike und Adidas auf
ewig den DFB mit seiner Nationalmannschaft?
In der hochentwickelten Mediengesellschaft, in der innovative Kommunikationstechnologien die Arbeit immer stärker
intensivieren und die eigene körperliche Anstrengung zurückdrängen, wird der Wunsch nach Entspannung und Ausgleich
drängender. Ansehnlicher Sport bietet - im Unterschied zu
Musik und Theater - authentische Spannung mit leibhaftiger
Präsentation. So kommt bei einem Fußballspiel, im Grunde
bei jedem sportlichen Kampf der unvorhersehbare Ablauf, die
Überraschung bei einzelnen Aktionen und das Unwahrscheinliche beim Resultat ins Spiel. Das Sportevent inszeniert eine
Dramatik, die weit über die Routinen des virtuellen Arbeitsplatzes und der Alltagsverrichtungen hinausgeht: Sieg und
Niederlage, Triumph und Schmerz, Brüderlichkeit und erbitterte Feindschaft, eigentlich die zeitlich befristete Projektion
des ganzen Dramas von Leben bis Tod.
Hinzu kommen heute weitere Projektionen. Das ist zum einen
die athletische Leistung der Menschen. War vor 50 Jahren der
Spitzensportler ein bewegungstalentierter, ansonsten ganz
ähnlicher Mensch wie Du und ich, so ist er heute als Ergebnis
hochprofessioneller Ausbildung in seiner Artistik unerreichbar
weit vom motorischen Anforderungsprofil an den Durchschnittsbürger entfernt und vermittelt uns die Botschaft: Das
könnten wir Menschen als Gattung leisten, so würden wir
gerne sein und in der öffentlichen Wahrnehmung stehen,
denn im Sport sind wir kurz von unserer Alltäglichkeit, auch
Verletzlichkeit und Sterblichkeit enthoben (und paradoxerweise zugleich am stärksten bedroht, wie schon Bert Brecht
notierte).
Zweitens projiziert ein internationales Event ein globales
Empfinden, den Entwurf von "Weltgesellschaft". Welthandel,
Internet, Migration, globaler Tourismus relativieren Regionalität und Nationalität. Das geregelte, gleichberechtigte Zusammentreffen bei internationalen Sportevents produziert Hochspannung, die sich sogleich in Amplituden heiterer Gelassenheit bei den Fans aus aller Welt auflöst. Gewalttätige Fans in
einer Sportart sind zwar Medienereignis, unter der Masse der
Zuschauer aber eine nur ärgerliche Marginalie. Das vorrevolutionäre Schiller`sche Topos "Alle Menschen werden Brüder"
schwebt heute - bei der Fußball-WM 2006 greifbar und
begreifbar - über dem Ereignis. Hier werden die Zuschauer
von Konsumenten zu Akteuren für ihre eine Welt.
Je erfolgreicher es gelingt, in einem großen Sportevent die
Identifikationen und Projektionen der Menschen mit den
technischen Möglichkeiten bewegend zusammenzuführen,
desto nachhaltiger wird seine Zukunft sein. Der große Sport
ist dann noch nicht vor seinem Ende.
Die Erosion der Häufigkeit:
Sportevents auf dem Weg zum Zirkus?
Weit problematischer erweist sich die Flut an internationalen
Pokalveranstaltungen unterhalb von zeitlich und örtlich
konzentrierten Meisterschaftsrunden. Bereits heute ist der
Terminkalender mit hunderten solcher Sportevents wie Serien, Turnieren, Weltcups, Pokalspielen, internationalen Championships bis zur Unübersichtlichkeit gesättigt, berichtet das
Fernsehen stundenlang - gelegentlich wie die Öffentlich-
Rechtlichen ganztägig - über Sportereignisse, ist der Boulevard seitenlang mit Ballgeschichten und Banalitäten verstopft, füllen sich Regale in Buchhandlungen mit sportlicher
Gebrauchsprosa.
Jeden Montag belegen diese internationalen Ereignisse des
Sports seitenweise die Ergebnislisten überregionaler Gazetten.
Orte, Rekorde, Personen, Bedeutung und Besonderheit verschwinden im Kleingedruckten oder erhaschen im Fernsehen
vielleicht noch einen Seitenblick beim Nachmittagskaffee. Der
kurze Kick beim Finale ist nach einem Wimpernschlag verlöscht. In treffender Selbstverständlichkeit wird bei diesen
Events vom Formel 1/Ski/Tennis - oder sonstwie Zirkus
gesprochen. Die
Übergänge zwischen den faszinierenden Festen des Sports
und routinierter Wochenendunterhaltung werden penetrant,
Magie wird zur überall und für jedermann erhältlichen Massenware. Die Industrialisierung der Sportevents führt zu ihrer
Verselbständigung, lässt Herkunft und Basis des Sports vergessen. Ist der drohende sportliche Klimawandel schon eine
unbequeme Wahrheit?
Ist das Ganze noch Sport? - Sportevents als Sportentwicklung
Das Geschäft beim Veranstaltungszirkus ist notorisch: Herrichtung der Sportstätten, Gewinnung von Sponsoren, Sicherung der TV-Übertragung, Betreuung der Journalisten, Logistik von Athleten und Material. PR as everywhere. Für alles
gibt es professionelle Dienstleister und Agenturen. Die Sportverbände tragen das Regelwerk und zur Siegerehrung bei.
Bewegen diese Events die Basis in den Vereinen, den Nachwuchs in der Schule und die älter werdende Breite? Vielleicht
befördern sie die öffentliche Wahrnehmung einer Sportart,
ihre Popularität. Bei Quotenbringern wie Boxen, Skifliegen
oder Formel 1 wissen wir, dass dadurch keine Volksmassen zur
Eigenaktivität provoziert werden.
Die Zusammenhänge von Sportevents und Sportartentwicklung sind komplexer. Beim DFB ist das vor der WM 2006
strategisch bedacht und über Vereins- wie Schulkampagnen
bis heute ausgebaut worden. Die Handballer hatten weniger
Gewissheit über die Kraft ihrer Sportart (gleichwohl die
Resonanz auf dieses athletische Mannschaftsspiel wie auch
die Menge moderner Sporthallen vorab bekannt war; allein
dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen war das nicht zu vermitteln) und wollen nun aus dem Wintermärchen zumindest
noch einen Frühlingsaufbruch in ihren Vereinen wecken. Die
Turner bemühen sich, ihre Weltmeisterschaft im September
mit einer bundesweiten Kinderturnkampagne zu verbinden.
Die Judoka inszenieren nur eine eng begrenzte Zahl an Weltcups, verbinden diese dann mit Fachkongressen, Trainerfortbildungen, Mitmachmöglichkeiten für Jugendliche und Schulkampagnen; die Triathleten gehen ähnliche Wege.
11
Noch steht die Nutzung von internationalen Sportgroßveranstaltungen für eine nachhaltige Verbands- und Sportartenentwicklung am Anfang. Eine Reihe von Verbänden
haben sie noch nicht entdeckt und organisieren ihre Veranstaltungen genügsam vor sich hin. Hier ist ein breiter Erfahrungsaustausch durch den DOSB hilfreich, wie er ansatzweise beim Zukunftskongress 2004 in Bremen begonnen worden ist.
Nicht hilfreich ist die jüngste Stellungnahme der Europäischen Sportministerkonferenz zur Besteuerung und Kostenlast bei sportlichen Großveranstaltungen. Die Ablehnung der
steuerlichen Entlastung ist allein kameralistisch gedacht, die
Ablehnung einer Finanzierung größerer Kongresse im Rahmen von internationalen Meisterschaften reduziert sie auf
den sportlich-technischen Ablauf. Eine zukunftsorientierte
Sportentwicklungspolitik könnte die Steuererträge (Quellensteuer) bei den Events zur Veranstaltungsentwicklung im
Sinne des nationalen Verbandes oder der Region einsetzen,
Kongresse als Veranstaltungsbestandteil ausdrücklich fordern
und möglichst vielen Interessenten zugänglich machen. Die
Städte wissen ohnehin, dass sie steuerlich am meisten von
den Touristen an Sportveranstaltungen und Kongressen
profitieren.
Wo der Sport seine Zukunft
veranstaltet - Die übersehenen
Weltereignisse des Sports
Vielleicht ist die beginnende Veranstaltungsdebatte ein
deutsches Luxusproblem. Andere Länder - man denke nur an
Afrika und Südamerika - würden unbändige Kräfte freisetzen,
um gelegentlich ein internationales Großereignisse durchführen zu dürfen. Bei einer allzu konzentrierten Nabelschau hilft
gelegentlich ein Blick über den Zaun. Dort kann man im Jahr
2007 zwei Weltereignisse des Sports entdecken, zu denen
noch keine deutschen Bewerbungsunterlagen verschickt
worden sind. Im August findet in Vorarlberg mit 30.000
Akteuren die Weltgymnaestrada statt, in der bei unzählbaren
Vorführungen auf Strassen und Plätzen in tänzerischer,
akrobatischer oder clownesker Form die unendliche Leichtigkeit des Bewegtseins zelebriert wird. Und zwei Monate später
feiern über 10.000 geistig behinderte Athleten und Betreuer
mit herzerfrischender Fröhlichkeit in 20 Sportarten in Shanghai ihre Special Olympics World Games. Beide Veranstaltungen zeigen in jeweils ganz eigener Art den Zauber eines
Sportfestes, stellen eine gelungene Balance zwischen Magie,
Masse und Moneten her. Sie sind Katalysatoren für nachhaltige wie wirksame Sportentwicklung. Die diesjährige Triathlon-WM in Hamburg hat mit konsequenter Beteiligung von
OF
Breitensportlern daraus gelernt.
12
Show, Event, Orgie
H
andball ist ein faszinierendes Spiel. Dieser Satz
bliebe auch dann richtig, wenn Deutschland in
der Vorrunde der Hallenhandball-Weltmeisterschaft ausgeschieden wäre. Mehr als 22 Millionen
Zuschauer ließen sich vom Sieg Deutschlands im Endspiel über Polen begeistern. Für viele von ihnen schien
dieser Satz allerdings an die Bedingung geknüpft zu sein,
dass man Handball mit einem Siegestaumel verbinden
kann. Nicht das Spiel fasziniert, sondern der Sieg. Von
Sieg zu Sieg wächst die Faszination, und am Ende geht
das Ganze in eine großangelegte Orgie über.
Handball ist dabei beliebig ersetzbar. Anstelle von Handball könnte es auch Basketball sein. Auch die Volleyballspielerinnen könnten Gleiches hervorrufen. Würden
deutsche Leichtathleten wieder vermehrt siegen, so
könnten sie Ähnliches bewirken, wie dies ja auch im
Wintersport bei den Biathleten der Fall ist. Das so
genannte "Wintermärchen", das auf das "Sommermärchen" des Jahres 2006 folgte, ist somit kein Märchen. Es
ist vielmehr die konsequente Fortsetzung von dem, was
sich aus Anlass der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in
Deutschland bereits ereignet hat. Nicht der Fußball ist
dabei das Außergewöhnliche gewesen, sondern die
Massen sind es, die ein Objekt ihrer "Begierde" benötigen.
Der Sport bietet dazu den idealen Ort, er offeriert eine
Plattform zur Identifikation durch die Massen. Das
Identifikationsbedürfnis scheint dabei ins Unermessliche
zu wachsen. Soll dieses Bedürfnis mittels Sport befriedigt
werden, dann ist der Sport in eine Welt des "Events" zu
überführen. Er muss zum Spektakel und zur Show, zum
Konsumerlebnis und zum "adventure" werden. Die Lärmkulisse wird dabei zum Markenzeichen, und selbst für
"Die Zeit" scheint es angemessen zu sein, über ein
Schallmessgerät zu berichten, das einen Spitzenwert bei
118 Dezibel im Spiel Deutschland gegen Frankreich bei
der Handball-WM aufwies. Dies sei lauter als ein Presslufthammer. Distanzlos wird diese Lärmqualität detailliert
beschrieben.
Die Frage sollte erlaubt sein, was dabei mit dem Sport
geschieht und ob die Entwicklungen, die dabei zu erkennen sind, eine wünschenswerte Perspektive zeigen. Wird
der sportliche Wettbewerb in ein Event verwandelt, das
zeigt sich schon auf lokaler und regionaler Ebene, wird er
Der Sport auf dem
um jeden Preis:
zu einem sozialpsychologischen Ventil, bei dem Menschen
"Luft ablassen" können, Aggressionen auf Dritte projizieren,
insbesondere auf die Gegner, und heimische Spieler und
Athleten zu "local heros" erhöht werden. Dann werden aber
auch sehr schnell wichtige Maximen und Grundsätze, die den
Sport bislang konstitutiv geprägt haben, in den Hintergrund
gedrängt. Immer häufiger gehen sie verloren oder werden
zumindest in Frage gestellt. Dies gilt vor allem für das Prinzip
des Fair Play, für die Achtung der Würde des Gegners und für
die Anerkennung von dessen Leistungen. Beginnen Pfeifkonzerte schon beim Ballbesitz des Gegners, wird er in der Ausübung von Würfen gezielt gestört, wird sein Einlaufen auf
das Spielfeld mit Pöbeleien begleitet, wird im Chor zu verletzenden Schlachtgesängen angestimmt, so wird dabei immer
wieder, oft nur in kleinen Schritten das Fundament des Sports
verletzt, auf dem er bis heute eine besondere kulturelle
Bedeutung für die Gesellschaften dieser Welt hat gründen
können.
Wer in Köln beim Endspiel der Handball-WM mit dabei sein
konnte und wem das ethische Fundament des Sports etwas
Wichtiges ist, der konnte sich über die dabei zu beobachtenden Erscheinungsformen nur noch wundern, empören oder
schämen. In vieler Hinsicht wurde er hilflos in seiner angeblich veralteten Vorstellung von den Werten des Sports
zurückgelassen. Frankreich, Deutschlands Gegner im Halbfinale, wurde beim Spiel um Platz 3 gnadenlos ausgepfiffen.
Polen, der Gegner im Endspiel, wurde ohne jeglichen Respekt
von den Zuschauern behandelt. Das Gebaren und Verhalten
der Massen konnte nicht anders als mit jenem Wort gedeutet
werden, das dazu passt: Aggressiver Chauvinismus. Angetrieben wurde dabei das Publikum von einem Marktschreier, der
sich als offizieller Hallensprecher bezahlen lässt, dessen
peinliche Handlungsanweisungen jedoch nicht einmal auf
Volksfesten anzutreffen ist. Köln steht dabei für eine Entwicklung, die den Sport prägt, wenn er den angeblich modernen
Ideologien des Eventmanagements unterworfen wird. Vergleichbares zeigt sich uns Spieltag für Spieltag im Berufsfußball. In der Basketball-Bundesliga und beim Eishockey lässt
sich die Perversion des Fair Play ebenso beobachten wie bei
Berufsboxveranstaltungen. Immer mehr Sportarten werden
von dieser gefährlichen Manipulation erfasst.
Mit hehren Worten ist der organisierte Sport bemüht, in das
Grundgesetz aufgenommen zu werden. Seine Praxis straft
solchen Anspruch jedoch Lügen. Auf der Vorderbühne spielt
man das Spiel der Aktion "Keine Macht den Drogen"; wenn
der Sport aber zur Sache selbst kommt, ist er Drogenersatz
und fordert den Drogenkonsum. Diese Beobachtungen
machen deutlich, dass der Sport nicht durch Dritte gefährdet
wird. Er selbst ist auf dem besten Wege, sich durch jene
Arrangements zu gefährden, die er offensichtlich als zeitgemäß und modern erachtet.
Das schöne Handballspiel und mit ihm immer mehr Sportarten sind leider zum Sportevent geworden. Die Massen können sich mit ihnen identifizieren. Ob der Sport dabei gewonnen hat, stellt sich diesen Massen nicht als Frage. Alle, die
sich des Handballs in den WM-Tagen bemächtigt haben,
waren an der Besonderheit dieses schönen Spiels nur ganz
gering oder gar nicht interessiert. Dass taktische Meisterleistungen vollbracht wurden, dass die deutsche Nationalmannschaft unter der Leitung von Heiner Brand in der Lage war,
sich mit mehr als 60 ausgetüftelten Spielzügen auf jede
gegnerische Mannschaft individuell einzustellen, dass der
Bundestrainer eine psychologische Führungskunst demonstrierte, wie man sie so im Handball noch nie antreffen konnte, dass der internationale Handball technisch und taktisch
eine enorm dynamische Entwicklung in Bezug auf das Leistungsvermögen der Weltklassespieler aufweist: All dies hat
weder die Massen noch die Massenmedien, die die Weltmeisterschaft begleitet haben, interessiert. Im Zentrum stand
vielmehr ein inszenierter Patriotismus, dessen Steigerung
durch die Siege der deutschen Mannschaft massenmedial
ausgekostet werden konnte. Oft wurde dabei nicht einmal
bemerkt, dass selbst die Regeln des journalistischen Anstandes offensichtlich keine Barriere mehr darstellen. Im Handball haben sich dabei genau jene Erscheinungsformen eingestellt, die wenige Monate zuvor das Fußballevent mit seinen
anonymen Massen prägte.
Eines wird dabei offensichtlich. Der Sport befindet sich immer
schneller und immer intensiver in einer Entwicklung, in der
all jene Merkmale, die ihn als besonders bedeutsames Kulturgut geprägt haben, gefährdet sind. In Bezug auf diese Merkmale kann dies durchaus als ein Prozess der Selbstzerstörung
gedeutet werden. Nicht von außen wird der Sport bedroht,
wie dies manche Funktionäre behaupten. Sie selbst sind es,
die ihn bedrohen. Diejenigen, die Verantwortung im Sport
übernommen haben, lassen zu oder fördern es sogar, dass
dem Sport seine ethische Basis entzogen wird. Es ist schwer
vorstellbar, dass wirkliche Liebhaber des Sports interessiert
sind, dass er zur Show und zum Event absinkt. Vermutlich
haben sich die Verantwortlichen von Marketing-Agenturen
beraten lassen. Deren Interesse gilt allerdings weniger dem
OF
Sport als dem Geschäft mit ihm.
Weg zur Selbstzerstörung
Von Helmut Digel
13
Es geht um die Perspektiven für das
Leben nach dem Sport
Von Anno Hecker
U
nd, was willst du werden? Klose! Natürlich. Das war
im letzten Sommer. Inzwischen spielt sich Dirk
Nowitzki wieder in den Vordergrund. Allerdings
scheint Pascal Hens auch en vogue. Die Stimmung mag
schwanken zwischen Basketball-Star drüben und HandballWeltmeister hier, aber der Berufswunsch unter sportbegeisterten Pennälern abseits der Bolzplätze ist fixiert: Profi, da
braucht man nicht nachrechnen, ein Traumjob.
Sie schwärmen alle von ihrem Sport, nicht nur die DollarMillionäre aus dem gelobten Land des Basketballs oder jene
paar Handballspieler, denen nach dem Triumph von Köln die
Vergoldung ihrer Mühen winkt. Auch André Lange kann sich
ein Leben ohne Bobfahren längst nicht mehr vorstellen. Mark
Warnecke hat es erst Ende März in Melbourne geschafft, mit
dem Brustschwimmen auf höchstem Niveau aufzuhören, im
reifen Alter von 37: "Die Leidenschaft hilft über alle Wellentäler hinweg." Es gibt noch eine Ehrung, Danksagungen, Blumensträuße und eine Vitrine voller Medaillen und Pokale.
Reminiszenzen von unschätzbarem Wert. Nur wahrscheinlich
unverkäuflich. Und deshalb beginnt für die Warneckes des
deutschen Sports nach dem Ausstieg ein zweites Leben mit
einem nächsten großen Ziel, falls sie nicht ins Schwimmen
geraten wollen: Die Sicherung der Rente.
Jan-Olaf Immel ist längst dabei und doch noch im Spiel.
Dienstags fährt er von der Schule zur Sporthalle. Vom Dienst
zum Dienst. Erst schwitzt er zweimal pro Woche als Diplomsportlehrer am Wiesbadener Elly-Heuss-Gymnasium, dann als
Spieler des TV Großwallstadt. Er spricht von Disziplin, dass
man sich zusammenreißen muss, wenn beides gehen soll.
Muss. Handball st ein Traum für Immel, den Olympiazweiten,
Europameister; aber keine Goldgrube. Wer spielen will, sollte
rechtzeitig zu denken beginnen, um nach dem letzten Wurf
am Zug zu bleiben. Also hat Immel studiert. Früher, mit einer
Trainingseinheit am Tag, ging es noch leicht, spielend. Heute,
14
mit täglich zwei Einheiten, ist es eine Kunst: erst den Trainer
überreden, dann den Finanzvorstand, schließlich den Dozenten: "Dann geht es", sagt Immel, "wenn auch sicher nicht in
der Regelstudienzeit. Man verdient gutes Geld und kriegt
noch was für später hin."
Das duale Prinzip ist nicht die Regel. In den großen Klubs, die
neben der Bundesliga noch in der Champions League ihr
Glück versuchen, bleibt den Spitzenspielern kaum Zeit für
eine berufsbildende Nebenbeschäftigung. Weil der Alltagskreislauf rundschleift: trainieren, reisen, spielen, trainieren.
"Deshalb steht in den Verträgen auch drin, dass jede Nebentätigkeit genehmigt werden muss", sagt Spielerberater Wolfgang Gütschow. Studium inklusive. Zwar kümmern sich die
Vereine mehr oder weniger gut um eine Berufsausbildung für
ihre Zwanzigjährigen. Danach aber heißt es: Trainieren wie
ein Fußballprofi, kassieren wie ein guter Regionalliga-Kicker.
Zwischen 6.500 und 18.000 Euro, so die "Sport-Bild", verdienen Handball-Nationalspieler pro Monat. Agent Gütschow
hält die Angaben für realistisch. Ein durchschnittlicher Profi,
sagt er, erhält etwa 10.000 Euro brutto. Macht, bei Steuerklasse III, 6.500 bis 7.000 netto. "Wenn einer 15 Jahre durchhält", fügt Gütschow hinzu, "dann sollte er ein Haus gekauft
und abbezahlt haben." Blüm hätte doch recht gehabt: Die
Rente wäre sicher.
Vielleicht steckt noch mehr drin. Die jungen Weltmeister
spüren schon einen Mehrwert. Lars Kaufmann berichtete von
Angeboten, die drei Mal höher waren als sein Gehalt in
Wetzlar. Spielerberater Gütschow registrierte schon vor der
WM die Bereitschaft potenter Klubs, für große Ziele auf der
europäischen Bühne mehr zu investieren: "Das Kapital ist da,
aber die Spieler nicht. Ich könnte vier für den Rückraum links
sofort unterbringen." Wenn das keine Perspektive ist, etwa
beizeiten vom Basketball zum Handball zu wechseln. Linke
Flügelmänner mit starkem Zug zum Korb gibt es wie Sand am
Meer. Seit der radikalen Öffnung der Grenzen für Spieler
jeder Nationalität ist der Lebensstandard für die Nowitzkis
der zweiten und dritten Kategorie hier zu Lande deutlich
gesunken. Man spielt nicht unbedingt schlechter in der
Bundesliga, aber mehr für weniger Geld. Gute Ausländer
greifen für rund 35.000 bis 85.000 Euro (netto) nebst Wohnung und Auto pro Jahr zu. Und sind so stark, dass sie Deutsche mehrfach aufwiegen: "Ich bekomme für einen Nationalspieler zwei bis drei Amerikaner von gleicher Qualität", sagt
der Leverkusener Manager Otto Reintjes. Und so hat eine
Landflucht eingesetzt. Das Gros der Nationalspieler wirft und
dribbelt im Ausland. "Es geht sicher nicht nur ums Geld", sagt
der frühere Frankfurter Aufbauspieler Pascal Roller, "aber in
Italien oder Spanien kann man das Dreifache verdienen."
Einen Spieler vom Format Demond Greene, der geschätzte
250.000 Euro brutto erhalten soll, leisten sich allenfalls
Bundesligagrößen wie Alba Berlin. Der Rest des deutschen
Nachwuchses zwischen den Körben schaut sich die Bundesligapartien überwiegend von der Bank aus an: Die zehn
Begabtesten im Alter bis zu 24 Jahren kommen auf Einsatzzeiten von durchschnittlich zehn Minuten, also auf ein Viertel
der Spielzeit. Selbst Johannes Herber gehört dazu, ein Nationalspieler und WM-Teilnehmer. Dessen Handballkollegen sind
in diesem Alter schon deutlich weiter. Michael Kraus darf sich
nicht nur Weltmeister nennen. Der 23 Jahre alte Spielmacher
übernahm auf dem Weg zum Titel spielentscheidende Verantwortung.
Und was haben Sie gemacht? Als Profi auf der Bank gesessen! Das Risiko, mit spätestens 18 Jahren ganztags auf den
Sport zu setzen und nach ein paar Jahren mehr oder weniger
mittellos in einem Bewerbungsgespräch zu stranden,
erscheint immer höher. Zumal die jüngste Bildungsoffensive
jüngere Hochschulabsolventen mit größeren Qualifikationen
zum Ziel hat. Konzerne wie Bayer Leverkusen bieten jungen
Basketballspielern mit einer parallelen Ausbildung etwa zum
Bürokaufmann zwar Perspektiven für das Leben nach dem
Sport. Doch Bayer ist nicht überall. In ganz Deutschland aber
klopfen Profis aus allen Herren Ländern an, die notfalls bereit
sind, das Trikot für eine Handvoll Dollars (2.500 Euro) überzustreifen. "Da kann ich meinem Jungen doch nicht zur Basketballkarriere raten", sagt der Vater eines Junioren-Nationalspielers. Man spielt das Prinzip Hoffnung: "Aber wenn er
doch das Zeug für einen Spitzenspieler hat?"
André Lange ist ein Spitzenpilot. Der Star des Bobsports in
den vergangenen Jahren, Weltmeister, Olympiasieger mit
beiden Schlitten, hoch dekoriert mit allen möglichen Medaillen. Ein Schumacher des Eiskanals. Für die Rente wird er
dennoch nach der Karriere schuften müssen. Selbst die
besten Bobfahrer oder Rodler kommen pro Saison mit ihren
Einkünften aus "selbstständiger Tätigkeit", Prämien für die
Erfolge, kaum über 20.000 Euro hinaus. "Ich bin als Pilot",
sagt Lange zu seiner Berufsbezeichnung, "in der glücklichen
Lage, mich nicht auf andere Dinge konzentrieren zu müssen."
Weil sein Lohn für die Erfolge im Namen der Bundesrepublik
jeden Monat überwiesen wird: Lange steht im Sold der Bundeswehr. Wie die meisten deutschen Kollegen, wenn sie nicht
bei der Bundespolizei eine Chance nutzen: ein geregeltes
Einkommen trotz des Sonderauftrags fern der Truppe. In
Oberhof oder auf allen Bahnen der nördlichen Hemisphäre
wird zwar nicht unbedingt die Freiheit des Landes verteidigt,
aber zur Freude der Regierung am Glanz des Vaterlandes
poliert. Jedenfalls reicht dem Verteidigungs- und dem Innenminister der Image-Gewinn, die Finanzierung der StaatsProfis zur rechtfertigen. Zumal der Sport liefert: 65 Prozent
aller Medaillen bei den Winterspielen in Turin wurden allein
von Soldaten im Trainingsanzug gewonnen.
Mit den Prämien, den Einnahmen durch persönliche Sponsoren, dem Gehalt des Dienstherren und der monatlichen
Unterstützung durch die Stiftung Deutsche Sporthilfe lässt
sich leben. Sparsame Zeitgenossen wie Lange bringen es mit
30 zum Bau eines Häuschens. Zumal die Ausgaben im Winter
überschaubar bleiben: Für Kost und Logis bei den Wettkämpfen, für den Transport zahlt der Verband, für Kleidung mitunter ein Sponsor. "Natürlich müssen unsere Athleten Spitzenleistungen bieten, immer wieder", sagt der Generalsekretär
des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland, Stefan
Krauß, "andernfalls fällt man relativ schnell aus der Förderung." Aber nicht wie aus heiterem Himmel in die Perspektivlosigkeit. Der junge Rodler, der es nie schaffte, der Ikone
Georg Hackl oder Weltmeister David Möller im Eiskanal
annähernd zu folgen, läuft inzwischen ganz zufrieden Streife
in Dresden.
Aber selbst ohne doppelten Boden und Netz muss man nicht
untergehen. Ein erstklassiger deutscher Ruderer hat nach
seiner Karriere laut Statistik einen Job als Steuermann in
einem akademischen Beruf vor sich. Weil diese Amateure mit
professioneller Einstellung ihre Wege wie wahre Lebenskünstler organisieren? Trainingslager zahlen die Vereine, wenn sie
können. Andernfalls leiten die Sportler auch schon mal die
"lebenswichtige" Elite-Förderung der Sporthilfe um. "Zeitmanagement" ist das Zauberwort, die erfolgreiche Bewältigung
von Studium und Training die inoffizielle Reifeprüfung für
höhere Aufgaben im wirklichen Leben. Der Sport als Schule.
Denn auf größere Rücksicht sollte ein Ruderer nicht vertrauen, wenn er sich in die Riemen legen will. In Cambridge
stehen deutsche Ruderer um 5.30 Uhr auf, um schon vor
dem Studium das Training absolvieren und dem Unmut der
Professoren entgehen zu können: Sie sollen Denker werden,
nicht Ruderer, mahnen die Dozenten, falls die Leistung nachlässt. Handball-Spieler Immel setzt dagegen auf die Kombination von Körper und Geist zur Überwindung aller Hindernisse:
"Ich mache mir keine Sorgen, wenn ich den Nachwuchs sehe.
Da sind viele intelligente Kinder darunter. Die werden SpitOF
zensport und Ausbildung gut verbinden."
15
Sven Felski oder
Die Vereinstreue eines Profis in
Zeiten sportlichen Söldnertums
Von Andreas Müller
16
D
as entschiedene Gegenteil von Legionärswesen und
Söldnertum hat im deutschen Sport einen Namen:
Sven Felski heißt der Mann, der trotz seiner 32 Jahre
noch nie bei einem anderen als seinem Berliner Heimatverein
auf Torjagd ging. Der Eishockeyspieler hat für das Profiteam
des EHC Eisbären gerade seine 15. Saison absolviert und noch
einen laufenden Vertrag bis 2008. Die Beständigkeit des
"ewigen Eisbären" sucht hier zu Lande ihresgleichen und ist
im modernen Berufssport gleichermaßen mustergültig und
anachronistisch. "Es ist ein komisches Gefühl, dass pausenlos
neue Spieler kommen und man selber immer noch da ist.
Manchmal fühlt man sich richtig blöd", beschreibt Felski den
Zwiespalt. "Das Geschäft ist so schnelllebig, da ist es fast
unmöglich, dass es so etwas noch gibt. Ich staune manchmal
selber darüber. Andererseits finde ich es schade, dass so
etwas ausstirbt. Wenn die Profis ihren Vereinen, in denen sie
ausgebildet und groß geworden sind, etwas zurückgeben,
dann ist das doch gut. Wir haben zwar einige junge deutsche
Spieler im DEL-Team, aber von ihnen kommt kein einziger aus
Berlin. Das finde ich sehr schade. Wenn ich bedenke, dass die
Jungen gleich am Beginn ihrer Karriere zwei Mal Meister
geworden sind und ich über 15 Jahre darauf warten musste…"
Der Kufencrack, der für die Eisbären und den Vorgänger-Club
EHC Dynamo schon 710 Partien in der Bundesliga bzw. in der
Deutschen Eishockey-Liga (DEL) absolvierte und damit einen
einsamen Klubrekord hält, staunt in ruhigen Stunden manchmal selbst über sich. "Wahnsinn", spricht es dann in ihm.
"Wahnsinn, wie viele Spieler ich in meiner Zeit hier kennen
gelernt habe! Ich könnte heute nicht mehr sagen, wer vor
drei oder vier Jahren in unserer Mannschaft gewesen ist. Das
ist eigentlich noch nicht lange her, aber ich könnte es nicht
sagen und die Fans wissen es bestimmt auch nicht." Während
Kritiker meinen, das Wechselkarussell im bezahlten Sport
dreht sich heute so schnell, dass die Fans kaum mehr die
Namen der Spieler auf Rasen, Eis oder Parkett unfallfrei
aussprechen können, verhält es sich beim Eisbären-Anhang
mit der Personalie Felski komplett anders. Der Berliner Junge
wird vom Publikum geradezu als Kultfigur verehrt. "Meinen
Namen können die Eisbären-Fans ganz gut aussprechen, das
ist schön. Vor allem die Fans wissen es zu würdigen, wenn ein
Spieler an einem Verein hängt", weiß das "Urgestein". "Andererseits ist es eine Herausforderung für mich, jedes Jahr mit
neuen Jungs zu arbeiten. Ich glaube nicht, dass ich hier einen
Bonus habe und muss mich in der Mannschaft jedes Jahr neu
durchsetzen."
Wie oft Felski zu Beginn jeder Saison die Neuankömmlinge
aus Kanada, den USA, Schweden, Finnland oder Tschechien in
die örtlichen Bedingungen im und am Stadion in BerlinHohenschönhausen eingeweiht hat und wie oft er sich für
die Arbeitskollegen als uneigennütziger Berlin-Führer verdient gemacht hat, weiß er nicht zu sagen. In jedem Fall ist
es ein großer Vorteil für die "Wandervögel" in der Branche,
dass sie mit Felski einen wirklichen Insider in ihren Reihen
haben, wenngleich der besondere Status innerhalb der
Mannschaft kaum Würdigung erfährt. "Die Neuen fragen am
Anfang der Saison meistens danach, wo man gut essen
gehen oder wo man bestimmte Sachen einkaufen kann, oder
sie erkundigen sich nach den Sehenswürdigkeiten in der
Stadt. Woher man kommt und welche sportlichen Stationen
man hinter sich hat, das interessiert normalerweise kaum",
berichtet Felski, der mit Frau Manuela und Töchterchen Laura
(7) im Stadtteil Pankow zuhause ist und einst noch vor dem
Mauerfall von der Eiskunstlauf-Abteilung des SC Dynamo
Berlin zu den Puckjägern wechselte.
Bei besonders wichtigen Siegen zeigt er nach der Schlusssirene hin und wieder trotz Montur noch einen kleinen Drehsprung und facht damit den Jubel der Fans zusätzlich an.
Einer der Team-Kollegen, der sich ausnahmsweise stark für
Felskis spezielle Sportler-Vita interessierte, ist der Schwede
Thomas Steen gewesen. In der nordamerikanischen Profiliga
NHL selbst viele Jahre und beinahe eintausend Matches lang
bei den Winnipeg Jets unter Vertrag und dort selbst eine
lebende Legende, hatte Steen seinen jüngeren Berliner Kollegen wohl auch wegen dieser Parallelen besonders geschätzt.
"Er wollte von mir sehr genau wissen, wie es hier früher im
Verein war. Meistens interessieren sich Profis für solche
Dinge, die es von ihrem Format her gar nicht nötig hätten,
sich intensiver damit zu beschäftigen."
Für Spezies von Mitspielern vom Schlage eines Steen hat
Felski inzwischen eine ebenso feine Nase entwickelt wie für
die besonderen Einzelheiten von Berufsauffassungen innerhalb der Mannschaft. "Es gibt Profis, die sich mit dem Verein,
für den sie spielen, identifizieren wollen, und es gibt andere,
die hier nur jeden Monat ihr Geld abholen wollen. Denen ist
es egal, ob sie ein rotes oder ein blaues Trikot anhaben.
Söldner eben", schildert Felski seine jahrelangen Beobachtungen. In Bezug auf die Fußball-Bundesliga hatte Franz Beckenbauer die "Söldner-Mentalität" Ende vergangenen Jahres
scharf kritisiert. "Bei vielen Profis herrscht inzwischen eine
Söldner-Mentalität. Klappt's beim einen nicht, gehe ich halt
zum nächsten. Ich weiß nicht, wie lange sich die Vereine eine
solche Einstellung gefallen lassen", hatte die Lichtgestalt des
deutschen Fußballs in einer Kolumne gefragt und zugleich
für Ausländerbeschränkungen plädiert, wie sie zum Beispiel
in der DEL schon lange Praxis sind. In jeder Bundesliga-Elf
sollten laut Beckenbauer mindestens sechs Spieler stehen, die
für die deutsche Nationalmannschaft spielberechtigt sind.
"Die interessieren sich für gar nichts und sind meistens schon
daran zu erkennen, dass sie jede Saison für ein anderes Team
spielen. Bei denen kann ich Vieles nicht nachvollziehen", gibt
der 103-malige deutsche Eishockey-Nationalspieler Felski
seine persönlichen Eindrücke wider. "Genau so wenig können
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diese Profis wahrscheinlich begreifen, wie man ein Leben lang
bei ein- und demselben Verein sein kann. Mittlerweile kann
ich diese Charaktere ziemlich gut einschätzen, wobei man
zwischen typischen Söldnern und solchen Spielern unterscheiden muss, die eben hin und wieder mal wechseln. Das
gehört zum Geschäft. Außerdem kann man es sich nicht
immer aussuchen. Wenn die Charaktere in der Mannschaft
passen und die Truppe funktioniert, dann ist die Chance groß,
sportlich Erfolg zu haben. Man merkt sofort, wenn alle an
einem Strang ziehen."
Von Bundestrainer Uwe Krupp wird Felski auf Grund seiner
besonderen, vor allem seiner Stetigkeit geschuldeten Beobachtungsgabe "schon hin und wieder mal ins Gespräch gezogen". Das Eisbären-Management hingegen nutzt die besonde-
ren psychologischen Fähigkeiten seines dienstältesten Angestellten kaum. "Kurioserweise kommt es auch immer mal
wieder vor, dass mich Leute aus anderen Vereinen ansprechen
und etwas über Spieler wissen wollen, die früher mal bei uns
in Berlin gespielt haben", plaudert Felski aus dem Nähkästchen. Immerhin habe es mit der Eisbären-Vorstandsetage
bereits erste Gespräche über seine persönliche Zukunft gegeben. "Ich könnte mir vorstellen, das, was ich hier im Laufe
meiner Karriere mitbekommen habe, später weiterzuvermitteln. Ob als Nachwuchstrainer oder in einer anderen Funktion,
das ist alles noch völlig offen."
Angebote von anderen Vereinen für einen der schnellsten
deutschen Flügelflitzer auf Kufen hat es zur Genüge gegeben.
Einmal, Anfang der 90er Jahre, als seinen Verein große finanzielle Probleme drückten, war
der Wechsel nur an der
Ablösesumme gescheitert.
"Damals gab es bei mir schon
die Überlegung, es woanders
zu probieren", gesteht Felski.
"Doch wenn man sich wohl
fühlt, wenn man die Familie
und Freunde um sich hat
und bei einem Verein ist, der
professionell geführt wird,
dann gibt es für einen Wechsel keinen triftigen Grund.
Natürlich muss die eigene
Leistung stimmen, der Trainer muss dich einsetzen. Eine
Saison lang habe ich hier
fast nur draußen auf der
Auswechselbank gesessen,
weil der Trainer immer nur
auf die ausländischen Spieler
gesetzt hat, wir Deutschen
für ihn nur Ergänzungsspieler waren. Damals wurde ich
gar nicht gebraucht, und ich
bin nur deshalb bei den
Eisbären geblieben, weil ich
noch einen gültigen Vertrag
für die nächste Saison hatte."
Neben der eigenen Absicht,
einem Klub die Treue zu
halten, brauche es Felski
zufolge immer auch etwas
Glück. Wenn der Verein in
Konkurs gehe, dann bleibe
eben keine andere Wahl, als
einen anderen zu suchen.
"Ich bin froh, hier alle Zeiten
18
miterlebt zu haben, die guten wie die schlechten. Es ist
damals gar nicht geschnallt, was die von mir wollten. Vielwichtig, beide Seiten mitzuerleben, die Jahre, in denen sich
leicht ist das ein großer Fehler gewesen, aber ich war kurz
der Verein durchbeißen muss, und die Jahre, in denen es
nach 1990 vollauf zufrieden damit, dass wir plötzlich 14
praktisch von alleine läuft wie in den vergangenen Jahren mit Teams in der Liga hatten und nicht mehr nur zwei wie zu
DDR-Zeiten."
dem Finaleinzug 2004 und den beiden Meisterschaften 2005
und 2006", beschreibt der Mann mit der Rückennummer "11"
Zu kosten, wie es ist, für eine andere Mannschaft auf Toreals Markenzeichen seine persönliche Berufssportler-Philosojagd zu gehen, das hat Felski eigentlich nicht mehr vor. "Da
phie. "Natürlich sind Zeiten, wo es rund läuft, viel angenehist nicht mein Bestreben", unterstreicht er. Selbst ohne gültimer als Zeiten, wo es drunter und drüber geht und die
gen Vertrag bis 2008 wiege die Enttäuschung über die verZukunft total ungewiss ist. Oder wenn man als Titelverteidipassten Playoffs in der abgelaufenen Saison keinesfalls so
ger die Play-Offs verpasst wie in diesem Jahr. Aber alle Erlebnisse bilden eine Einheit und schweißen einen mit dem Verein schwer, dass sich daraus für ihn ein Grund ableiten könnte,
seinen Hauptstädtern den Rücken zu kehren. Ganz im Gegenzusammen. Man muss sich mit jeder Situation neu auseinanteil. "Die Eisbären sind im deutschen Eishockey eine Topdersetzen. Bei alledem ist mir mein Heimatverein natürlich
Adresse. Ich fühle mich wohl und ich möchte hier noch
viel näher als einem Spieler aus Kanada oder aus SkandinaOF
spielen, so lange mir mein Beruf Spaß macht."
vien." Noch bestens könne er sich zum Beispiel an die Serien
gegen Schwenningen erinnern, als die Berliner gleich
mehrere Jahre hintereinander
in den "Play downs" gegen
den Abstieg gespielt haben.
"Mit Andy Murray hatten wir
damals einen Trainer, der aus
einer Mannschaft mit wenig
Potenzial das Maximum
z Felski wurde am 18. November 1974 in Berlin geboren und lebt
herausgeholt hat. Daran
heute mit Frau Manuela und Tochter Laura (7) in Berlin-Pankow
habe ich gemerkt, dass er ein
wirklich großer Trainer ist. So
z Seine sportliche Karriere begann ursprünglich beim SC Dynamo
etwas kann man nicht nur
Berlin als Eiskunstläufer, er wechselte aber bald in die
an Titeln festmachen."
Sven Felski in Zahlen und Fakten
Für ein Angebot aus der
nordamerikanischen Profiliga
NHL, die weltweit als beste
Eishockey-Liga gilt, wäre
Felski womöglich schwach
geworden. Doch dafür sei es
jetzt zu spät, beurteilt er die
Aussichten realistisch. Einmal
immerhin habe es einen
Anbahnungsversuch gegeben, den das damalige Nachwuchstalent aus Unerfahrenheit gar nicht so recht
durchschaut hatte. Zum
Glück für seinen Heimatverein. Bei einer Junioren-WM
sei einmal ein Agent von den
San Jose Sharks auf ihn
zugekommen. "Dieser Mann
wusste mehr über mich, als
ich selber. Er wollte mich in
ein Vorbereitungscamp
einladen. Irgendwie hatte ich
Eishockey-Abteilung und brachte es 1990 noch auf drei Länderspiele für die Junioren-Auswahl der DDR
z Für die Profimannschaften des EHC Eisbären und des Vorgängers SC Dynamo Berlin bestritt Felski insgesamt 710 Spiele und
ist damit einsamer Rekordhalter
z 2005 und 2006 gewann Felski mit seinem Klub die Deutsche
Meisterschaft, Markenzeichen des Außenstürmers ist die
Rückennummer "11"
z International brachte es Felski auf 103 Länderspiele. Er nahm an
den Weltmeisterschaften 1998, 2001, 2003, 2005 und 2006 teil
sowie an den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin
z Bisher kam Felski für seinen Verein in der Ersten Bundesliga (seit
1992) bzw. in der Deutschen Eishockey-Liga (seit 1994) auf 146
Tore und 221 Vorlagen und hält derzeit bei der Rekordquote von
insgesamt 367 Scorerpunkten.
19
I
m Juni 2006 ernannte das Präsidium des Deutschen Olympischen
Sportbundes (DOSB) den ehemaligen Olympiazweiten und WMDritten im Zehnkampf, Frank Busemann, sowie die beiden ebenfalls
nicht mehr aktiven früheren Weltklasse-Athletinnen Monique Garbrecht-Enfeldt (Eisschnelllauf) und Meike Evers (Rudern) zu Vertrauensleuten, die allen Sportlern und Sportlerinnen "zur Verfügung stehen, die
im Zusammenhang mit dem Thema Doping Rat oder Hilfe suchen" (Aus
der DOSB-Pressemeldung vom 19. Juni 2006). Die Erfahrung im Antidopingkampf zeige, so DOSB-Präsident Thomas Bach damals, "dass es
sich beim Thema Doping zumeist um abgeschottete Zellen oder Netzwerke handelt. Hier müssen wir neue Wege gehen und Sportlern die
Möglichkeit geben, sich an integere Personen außerhalb dieser Netz-
BUSEMANN: Bei den Partnerinnen sieht es ähnlich aus. Wir haben uns
natürlich gefragt, woran es liegt. Ist der Zugang zu uns zu schwer, ist
kein Bedarf vorhanden, sind irgendwelche Hemmungen da, werden erst
andere Wege beschritten und werden wir erst als letzter Ausweg in
Anspruch genommen?
OF: Ist die Einrichtung der Vertrauensleute allen Kader-Athleten zur
Kenntnis gebracht worden, gibt es Kommunikationsprobleme?
BUSEMANN: Mittlerweile kann keiner der Athleten, die im Hochleistungssport unterwegs sind, mehr behaupten, dass er von der Existenz
dieser Einrichtung nichts weiß. Da haben uns die Medien unheimlich
"Der Weg zum sauberen
Sport geht nur über die
Prävention"
Frank Busemann, Anti-Doping-Vertrauensmann des DOSB
werke zu wenden". Über die Problematik seiner Aufgabe hat sich das
"Olympische Feuer" (OF) im März mit Frank Busemann, 32, unterhalten,
der heute in Witten als Unternehmensberater, Motivationstrainer und
Gesundheitsmanager tätig ist.
OF: Es war zu hören, dass Sie sich in Ihrem Job als Vertrauensmann in
Antidopingfragen nicht gerade überarbeiten müssen, so gern Sie es
täten. Wird Ihre Telefonnummer, die beispielsweise über Google jedermann zugänglich ist, tatsächlich so selten angewählt?
BUSEMANN: Speziell bei diesem Thema schon. Man kann nicht sagen,
dass diese Nummer benutzt wird, wofür sie eigentlich eingerichtet
wurde. Wir wussten am Anfang nicht, ob wir viel Arbeit haben würden,
ob Interesse vorhanden ist. Zwei-, dreimal ist die Nummer schon in
Anspruch genommen worden, aber nicht direkt von betroffenen
Athleten, die den Absprung (vom Doping), wie es eigentlich mal geplant
war, schaffen wollen, sondern in anderen Sachen.
OF: Geht es Ihren Partnerinnen Evers und Garbrecht-Enfeldt ähnlich,
meldet sich da auch keiner? Es kann ja wohl nicht sein, dass deutschen
Athleten das Thema Doping nicht unter den Nägeln brennt. Eigentlich
ist es ja paradox, dass den Vertrauensleuten offenbar kein Vertrauen
geschenkt wird.
20
geholfen, das wird doch gelesen, deshalb wissen die Sportler, dass man
uns kontaktieren kann. Bleibt die Frage: Wollen sie es überhaupt? Es ist
ja ein heikles Thema, weil derjenige sich irgendwo in einem Unrechtsbereich bewegt und nicht weiß, ob er da `raus will und wie er das
machen soll.
OF: Und Ihre Antwort?
BUSEMANN: Wir, die nicht angerufen werden, können im Grunde nur
hoffen, dass es keinen Bedarf gibt. Und jegliches Hineininterpretieren
nicht sein darf: Dass die Gruppe von Athleten, die von Trainern und
Medizinern zum Doping verführt und angeleitet wird und deshalb nicht
mitmacht.
OF: So interpretieren Sie das Nichtzustandekommen von Telefongesprächen als DOSB-Vertrauensmann. Was sagt denn der ehemalige
Sportler Busemann dazu?
BUSEMANN: Aus der Erfahrung, die ich als Nichtsportler gemacht
habe - als Sportler kann man sich mit dem Thema Doping nicht
beschäftigen, weil es die eigene Leistungsfähigkeit hemmt, wenn man
immer sagt, der Gegner ist sowieso gedopt -, was ich nach dem Sport
alles mitbekommen habe, muss ich für mich leider feststellen: Es gibt
Athleten, die dopen. Bleibt abzuwarten, warum sie das tun, warum sie
OF-INTERVIEW
nicht raus wollen. Klar, es ist einfacher, so weiter zu machen. Aber mit
diesem Unrecht die ganze Karriere zu verbringen, immer in Gefahr
kontrolliert zu werden, das ist ganz schön nervenbelastend.
OF: Wie hat sich denn das DOSB-Präsidium, dem die Einrichtung der
Vertrauensleute doch ein Anliegen gewesen ist, den Ablauf vorgestellt?
BUSEMANN: Weil erkannt wurde, dass des Dopings überführte
Athleten ihre Hintermänner niemals preisgeben, war die Idee, über
einen externen Kreis diesbezüglich einen neuen Weg zu beschreiten.
Wichtig ist zu wissen: Wir sind keiner Weisung unterworfen und treten
als unabhängige Gruppe auf, wir müssen nichts befolgen, was Herr
Bach besser erklärt. Wir dürfen ruhig mit konträrer Meinung reingehen.
OF: Aber ist es nicht naiv anzunehmen, auf diese Weise an die Leute
hinter den Athleten heranzukommen?
BUSEMANN: Könnte schon sein, dass das in Richtung Naivität geht.
Aber wir müssen doch verschiedene Parameter anbieten, um dem
Problem Herr zu werden. Wir bieten hier einen kleinen Baustein an.
Vielleicht verläuft die Aktion in zwei, drei Jahren vollkommen im Sande,
weil kein Bedarf vorhanden ist. Um das festzustellen, müssen wir
Möglichkeiten schaffen.
OF: Auch wenn Ihnen eine Antwort schwer fällt: Was glauben Sie hat
den DOSB bewogen, Sie für diesen Job zu gewinnen?
BUSEMANN: Tatsächlich müssten dazu andere Leute befragt werden.
Ich habe mich sehr geehrt gefühlt, weil ich denke, Vertrauensmann für
Antidopingfragen kann nur jemand sein, bei dem die Öffentlichkeit und
die Auftrageber davon ausgehen können, dass der Angesprochene in
seiner Aktivenzeit sauber war.
OF: Haben Sie spontan zugesagt oder wollten Sie erst einmal das
Angebot überschlafen?
BUSEMANN: Nicht nötig, über sauberen Sport habe ich schon das
ganze Leben nachgedacht, ich habe zugesagt, bevor Herr Bach die
letzte Frage gestellt hatte.
OF: Wie haben Sie sich denn auf die Aufgabe vorbereitet. Nur zu sagen
"lass die Finger davon", das kann es doch nicht sein. Sie müssen doch
mit einem Konzept daran gegangen sein.
BUSEMANN: Wir hatten uns im Vorfeld getroffen und uns gefragt,
was wird auf uns einströmen, haben verschiedene Szenarien durchgespielt. Zum Beispiel wenn jemand anruft und sagt: Ich dope und will da
raus. Wir fragten den DOSB-Justitiar, ob wir zur Verschwiegenheit
verpflichtet sind oder dazu, uns zu offenbaren. Bisher trat jedoch noch
kein Fall ein, den wir durchgespielt haben. Wir gehen jedoch davon aus,
dass nur 20 Prozent dessen, was notwendig ist, durchgespielt wurde.
Unser Problem ist doch: Leute, die dopen, sind immer einen Schritt
weiter als Leute, die das verhindern wollen. Die dopen mit Mitteln, die
noch gar nicht bekannt sind. Deshalb können wir uns nicht hineinversetzen in das, was sich in den Köpfen der Doper abspielt.
BUSEMANN: Nein, deren Plätze können wir nicht einnehmen.
OF: Sollten junge Athleten anrufen, müsste es doch vorrangig um
präventive Maßnahmen gehen.
BUSEMANN: Der Weg zum sauberen Sport geht nur über die Prävention. Leute, die dopen, haben in den ersten fünf Minuten ein Unrechtsbewusstsein, nach einer Woche verschwimmt das schon alles, nach drei
Monaten sind sie sich keiner Schuld mehr bewusst und denken, das
macht jeder, das ist ganz normal, verdrängen komplett, dass es verboten ist. Deshalb ist die Aufklärung bei jungen Sportlern so wichtig. Ich
sprach vor kurzem mit einem Verfasser einer Präventionsschrift, die er
an junge Athleten verteilen wollte. Die sagten dann aber nur, sie
würden nicht dopen. Darum gehe es jetzt gar nicht, sondern erst mal
nur um Informationen, um im Thema drin zu sein, zu wissen, welche
Schäden durch Doping auftreten können, irgendwann, so der Verfasser
zu seinen Gesprächspartnern, käme der Superdoktor, der dich reinziehen will, deshalb ist die Aufklärung notwendig.
OF: Also so früh wie möglich?
BUSEMANN: Ja, die Versuchung darf einen 20-, 21-Jährigen nicht wie
ein Blitz treffen. In diesem Alter sollte, wenn vorher präventiv gearbeitet wurde, keine Diskussion mehr entstehen: Dopen oder nicht dopen.
OF: Sie hatten es zuvor schon angedeutet: Gibt es eine Dopingszene
im deutschen Spitzensport? Es hat sich ja herausgestellt, dass unser
Kontrollsystem längst nicht so perfekt ist, wie häufig dargestellt.
BUSEMANN: Ich spreche nur Vermutungen aus, habe keine Beweise,
sage aber: Ja, es gibt eine, so traurig das ist, eine in groß angelegtem
Stil.
OF: Sie sind ein ehemaliger Leichtathlet, dessen Verband im dopenden
Sportler einen strafrechtlich zu verfolgenden Betrüger sieht. Ihr Auftraggeber Thomas Bach dagegen sieht den Athleten eher nicht im
Mittelpunkt des Betrugs. Wo stehen Sie eigentlich in dieser Diskussion,
ist Ihre Position ein Handicap für Ihre Arbeit?
BUSEMANN: Ich stehe auf dem Standpunkt und vertrete ihn auch
nach außen: Dopende Sportler sind Betrüger. Kontakte zu einem
Vertrauensmann mit einer solchen Einstellung zu suchen, macht die
Sache nicht leichter. Ob es daran liegt, dass keine Anrufe kommen? Ich
weiß es nicht.
OF: Wie wollen Sie denn nun weiter verfahren. Wenn Sie merken, das
bringt nichts, schreiben Sie dann Präsident Bach ab und sagen: Lösen
wir das Projekt wieder auf, es ist gescheitert?
BUSEMANN: Darauf wird es hinauslaufen. Aber erst muss abgeklärt
werden, ob es wirklich so ist, ob es eine Flaute ist, ob es an ungewöhnlich harten Äußerungen gegen Doping liegt, die ich treffe und die die
Leute einschüchtern und sich deshalb mir nicht anvertrauen. Dann
müsste man es mit anderen Vertrauensleuten probieren.
Das Interview führte: Michael Gernandt
OF: Wurde Hilfe geholt bei der Nationalen Anti-Doping-Agentur
(NADA) oder bei Pädagogen und Psychologen?
OF-INTERVIEW
21
A
ls Italiens Meister Inter Mailand zuletzt im
Viertelfinale der Champions League beim
FC Valencia scheiterte, flogen die Fäuste
der Profis. Nach den spanischen Jagdszenen sprach
Valencia-Coach Quique Sanchez Florez offen von
"Krieg". Zeitgleich erklärte der neue Präsident der
Europäischen Fußball-Union UEFA, Frankreichs
ehemaliger Mittelfeldregisseur Michel Platini, den
Kampf gegen die Gewalt zu den Hauptaufgaben
seiner Amtszeit. "Wenn wir uns jetzt schon selbst
wie Hooligans aufführen, dann addio Glaubwürdigkeit", fiel Inter-Präsident Massimo Moratti zu
den Unglaublichkeiten von Valencia ein.
Wochen zuvor machten wütende Hools in Dresden
nach dem Regionalligaspiel zwischen Dynamo und
dem VfL Osnabrück Jagd auf die eigenen Profis,
mit dessen Leistungen im Stadion sie nicht mehr
zufrieden waren. Ein derartiges Szenario gab es
auch in der Zweiten Bundesliga in Köln. Früher
hielt das legendäre Marathontor den Mob noch
vom Sturm auf ihre Lieblinge ab. "Wir sind Kölner
und ihr nicht", hörte man dann. Und wenn die
millionenschweren Idole in ihren Badelatschen
zum Gespräch ausrückten, beruhigte sich die
Szene. Am Ende wurden Autogramme geschrieben.
Als in Catania der Polizist Filippo Raciti nach
gewalttätigen Auseinandersetzungen starb, erreichten die gewalttätigen Auseinandersetzungen eine
neue Ebene. Der internationale Aufschrei war
heftig, jeder halbwegs kundige Politiker in Europa
drängte sich ins Kameralicht, um mit harschen
Forderungen an die Öffentlichkeit zu treten. Dass
einer bestimmten Kategorie von Krawallmachern
nur mit repressiver Gewalt zu begegnen ist, zweifelt
auch Deutschlands führender Fan-Forscher Gunter
A. Pilz nicht mehr an. Die Blicke des SoziologieProfessors aus Hannover sind aber dennoch nicht
so kurzsichtig wie die mancher Politiker, die nur
Forderungen aufstellen, wenn Kameras in der Nähe
sind, in der politischen Umsetzung dann aber zu
umständlichen Kleingeistern werden.
In Italien fand die politische Klasse heraus, dass nur wenige
Stadien den Sicherheitsanforderungen entsprechen, die
allerdings ein früherer Innenminister als verbindlich entwickelt hatte. Mit "Geisterspielen" wurden die Klubs nach den
Ausschreitungen von Catania bestraft. Inzwischen sind in den
Arenen Spruchbänder, Fahnen, Lautsprecher, Trommeln und
Sirenen verboten. Ultras, die rassistische und nationalistische
Symbole tragen, können zukünftig rechtlich verfolgt werden.
Bei Verletzung von Sicherheitsbeamten drohen bis zu zehn
Jahre Haft.
22
Die Gewalt im
Stadion ist ein
vielschichtiges
Problem, das
sich nicht mit
Gewalt lösen
lässt
Von Christoph Fischer
Pilz fordert für Deutschland einen Solidaritätsfonds der
finanzkräftigen Bundesliga. Der Deutsche Fußball-Bund
müsse nicht nur Fan-Projekte unterstützen, viel wichtiger sei,
"die Vereine in den unteren Ligen finanziell in die Lage zu
versetzen, in ihren Stadien in die Sicherheit zu investieren".
Neu ist es nicht, dass sich die gewalttätigen Auseinandersetzungen aus den streng bewachten Multifunktionsarenen der
Bundesliga in die maroden Stadien in Regional- und Oberliga
verlagert haben. Weil dort der Mob nicht damit rechnen
muss, von Sicherheitskräften an Schlägereien gehindert zu
werden. Nicht nur im Osten der Republik sind diese Tenden-
Potenzial szenekundige Beamte eingesetzt
werden.
Szenenwechsel: Nach den Ausschreitungen
bei der Pokal-Begegnung des 1. FC Lok
Leipzig gegen die Reserve des Zweitligisten
Erzgebirge Aue Anfang Februar waren bei
Straßenschlachten 39 Beamte verletzt
worden. 300 Beamte waren gegen 800
Randalierer chancenlos, Polizisten wurden
von den Hooligans regelrecht gejagt. "Es
hätte Tote geben können", sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP),
Konrad Freiberg. Ein Beamter hatte sogar
einen Warnschuss aus der Dienstpistole
abgegeben. Landesweit sagte der DFB
daraufhin 60 Meisterschaftsspiele in den
Amateurklassen Sachsens ab.
Das Problem sei nur durch die enge Kooperation zwischen Vereinen und der Polizei zu
lösen, sagte der SPD-Innenpolitiker Dieter
Wiefelspütz in der Frankfurter Rundschau:
"Nur mit dem Polizeiknüppel auf den Kopf,
das ist das Allerdümmste, was einem dazu
einfallen kann." Steffen Kubald, Präsident
des Traditionsklubs 1. FC Lokomotive Leipzig
und früher selbst ein Hooligan, muss seinen
Klub von rechten Gewalttätern befreien,
wenn er die Zukunft des Vereins sichern will.
Regelmäßig überpinselt Kubald die Schweinereien auf den Mauern der Stadiontoiletten, das Hakenkreuz und natürlich auch die
Worte "Kubald", "Rücktritt", "jetzt".
zen zu beobachten, sondern auch im Westen. In BadenWürttemberg muss die Polizei gelegentlich in Hundertschaften ausrücken, wenn es die Menschen in die Stadien von
Freiburg, Ulm, Stuttgart, Reutlingen und Mannheim drängt.
Landespolizeipräsident Erwin Hetger forderte zuletzt, die in
der Oberliga ausgesprochenen Stadionverbote bundesweit
auch auf die Bundesliga auszudehnen. "Gewalttäter unterscheiden auch nicht zwischen Profi- und Amateurligen",
sagte Hetger. Im Ländle sollen in der Ober- und Regionalliga
in Zukunft bei Auswärtsspielen von Klubs mit Problemfan-
Dynamo Dresden wurde in den vergangenen
zwei Jahren vom Deutschen Fußball-Bund
mit Strafgeldern in Höhe von 131.000 Euro
belegt. "Für das Geld würde ich lieber einen
guten Stürmer holen", fällt DynamoGeschäftsführer Volkmar Köster dazu ein.
Bitter nötig wäre das Geld für Fanprojekte, in
denen perspektivlosen Jugendlichen vielleicht
doch noch so etwas wie Halt gegeben werden kann, weiß auch
DFB-Sportdirektor Matthias Sammer, selbst aus Dresden. "Die
Perspektivlosigkeit der Jugendlichen schafft Angst. Und wer
keinen sozialen Halt hat, neigt leichter zur Gewalt", sagt der
Europameister von 1996. Und ist häufig offener für rechtsradikale Parolen.
In Sachsen unterstützte die Landesregierung Fanprojekte
bisher nicht. Erst als sich die Konflikte häuften, änderte die
OF
Politik, wie so oft, ihre Meinung.
23
Wo sind die Sternstunden?
D
eutschland, ein Wintersportmärchen. Wer wollte das schließlich
noch hören? Bis Ende März ging der Sendemarathon des
Fernsehens, erschienen sattsam vertraute Bilder, wenn wir ARD oder
ZDF einschalteten. Holmenkollen Oslo und Evi Sachenbacher, Lahti
und Ronny Ackermann und Magdalena Neuner, Lillehammer und
Martin Schnitt, Zwiesel und Maria Riesch und Lenzerheide, Monika
Bergmann-Schmuderer, Kathrin Hölzl, Planica, Kuopio, Orte und
Personen verschwammen vor unseren Augen, die Begriffe schwirrten im Kopf umher, vertraut wurden uns die Strafrunden und der
Telemark, mal wieder eingefädelt und zu spät am Tisch, zu viel
Anstellwinkel in der ersten Flugphase, und der Startläufer hatte
einen schnellen Ski. Preisfrage: Wie viele Weltmeisterschaften
hatten die Eisschnellläufer schon in dieser Saison? Sind in Bob und
Rodeln wirklich schon alle Entscheidungen gefallen? Wie oft schießen die Biathletinnen eigentlich bei einem Massenstartrennen?
Der Show- und Mediensport bewegt sich durch die Welt wie Andre
Hellers Traumtheaterinszenierungen, hochprofessionell organisiert
an jedem Ort, perfekt in Szene gesetzt von der Fernsehregie, ein
Rennen wie das andere, uniform und verwechselbar; die Werbebanner stets am selben Fleck, der Biathlon-Bundestrainer unbeirrt
hinter seinem Fernrohr, der Arm des Skisprung-Trainers wie fest
betoniert am Fahnenstiel; lediglich kleine Filme, in denen die jeweiligen Schauplätze in einer Art und Weise vorgestellt werden, die
jeden Tourismusmanager beglücken sollte, sorgen für einen Rest
Unterscheidbarkeit.
Was soll das Lamento eigentlich? Es geht darum, wovon der Sport
lebt, was den Athleten antreibt, die Zuschauer genauso fesselt wie
Medien und Sponsoren, es geht um den besonderen Augenblick, das
einzigartige Ereignis, das unwiederbringliche Erlebnis. Das geht
verloren. Wo sind diese Sternstunden, von denen jeder spricht? Jede
Woche Siegerehrung, Nationalhymne, Sportler auf dem Podium.
Wer zählt die Titel, Plaketten und Pokale, die Gesamtweltcupgewinner, die Disziplinbesten, die Tagessieger? Der Winterspitzensport
unserer Tage ist ein breiter, emotionaler Strom, der jede Erinnerung
an Details mit sich reißt. Wer hat noch mal in Antholz so herzlich
geweint nach dem Triumph, wer in Sapporo?
Umstände letztlich doch um einen Fall von Entführung handelte,
muss der Liebesgeschichte eine unschöne Note verleihen, doch
immerhin bescherte sie der Leidtragenden neben drei Söhnen einen
Platz im großen Buch der Überlieferung - und dem von uns
bewohnten Teil der Erde einen Namen.
Nach einer langen wechselvollen Geschichte ist aus dem geographischen Raum ein politisches Gebilde geworden, das nach wie vor
große Hoffnungen weckt, aber auch Skepsis hervorruft. Sechs
Staaten haben sich vor genau fünfzig Jahren zu einer Union zusammengefunden, um Europa eine neue Perspektive, ja eine möglichst
glorreiche Zukunft zu geben - eine Vision, der sich bis heute 21
Visionäre angeschlossen haben. Zunächst stand die angestrebte
Gemeinschaft im Zeichen ökonomischer Interessen, dann wurde
verstärkt auch um einen Schulterschluss in politischen Fragen
gerungen. Inzwischen zielt das Bemühen nicht zuletzt auf die
Schaffung einer verbindenden Identität, die freilich nicht am Reißbrett herausgebildet werden kann, sondern allein in den Köpfen und
Herzen der Menschen zu entstehen vermag. Nur dort lässt sich der
Stier bei den Hörnern packen, nur dort können wir Europa werden.
Hat die Einführung einer gemeinsamen Währung sicher das ihre
getan, muss die Kultur ein Übriges leisten, um damit auch den Sport
ins Spiel zu bringen. Diesem aber wohnt der europäische Gedanke
seit langem inne, während er zugleich auch dessen Grenzen verkörpert. Schließlich ist die Begegnung ebenso Programm der Bewegung
wie die Konfrontation in der Natur der Sache liegt. Denn will man
sich messen oder vergleichen, muss es ein "wir" und "die Anderen"
geben, so wie Identifikation mit Abgrenzung einhergeht. Ansonsten
würden Sportlerinnen und Sportlern letztlich die Gegnerinnen und
Gegner ausgehen. Man stelle sich nur eine Fußball-WM ohne
Deutschland und Holland, Italien und Spanien, England und Frankreich, stattdessen mit "Europa" vor. Dies dürfte kaum gemeint sein,
wenn im Blick auf eine europäische Integration das Potenzial des
Sports in Rede steht. Was aber dann? Vielleicht sollten wir die Frage
für den Augenblick einmal im Raum stehen lassen, um stattdessen
die Laufschuhe zu schnüren oder uns aufs Fahrrad setzen. Soviel
nämlich scheint gewiss: Geht es den Menschen allerorten gut, kann
es mit Europa so schlecht nicht bestellt sein.
Andreas Höfer
Die Sportverbände und die Fernsehsender sorgen für Masse, die
Klasse aber verliert sich in der allwöchentlichen Wintersport-Soap.
Wer erkennt im Weltcup-Winter-Wust noch die Weltmeisterschaften, die über den Tag hinaus bedeutende Leistung? Diese Nivellierung bedeutet auch eine Geringschätzung der Athleten.
Jörg Hahn
Beim Zeus: Wie werden wir Europa?
W
er Europa zur Herzensangelegenheit erheben möchte, mag
sich von einer jungen, liebreizenden Dame gleichen Namens
inspirieren lassen. Wie in einer der berühmten Sagen des klassischen
Altertums überliefert, fiel besagte Tochter eines guten Hauses dem
wohl größten Egomanen seiner Zeit ins Auge, der im Zuge amourösen Überschwanges weder Kosten noch Mühen scheute, die holde
Unschuld für sich einzunehmen. Dass es sich jenseits mildernder
24
Halblang mit Marathon
en Deutschen gehen die "Finisher" aus. Wie das denn? Hat der
Klimaschutz schon wieder versagt? Keineswegs. Nicht alles ist
Ozonloch und Ceozweiausstoß geschuldet. Finisher sind, klar doch,
Menschen, die einen Marathlonlauf beenden, demnach das Gegen-
D
OF-KOMMENTARE
teil von "Quittern", die wiederum Menschen sind, die beim Marathon vorzeitig aussteigen. Beide zusammen gehören ins sich ausbreitende Reich des Anglizismus, der unsere Sprache unterwandert
wie die Italiener das Münchner Oktoberfest. Andererseits: Soll man
von "Beendern" reden oder umständlich von Läufern, die das Rennen durchgestanden haben? Knackig-kurz ist angesagt. Und klingt
Finisher nicht viel sportlicher als ein adäquater deutscher Begriff?
Sei`s drum.
Kommen wir zur Sache. Die deutschen Marathonfreunde haben
leicht irritiert registriert, dass die Zahl der Finisher 2006 rückläufig
war, 17.000 weniger als im Vorjahr, bei einzelnen Rennen bis zu 19
Prozent (in den USA dagegen legten die bis zum Schluss Standhaften um 3,7 Prozent zu). Und überhaupt: Weniger Marathonrennen
insgesamt und Anstieg der Durchschnittszeit aller Finisher. Demnach
wechselt der sportive Deutsche auf die Kriechspur zurück, ist der
Boom schon wieder beendet? Die Wahrheit, so hat es den Anschein,
liegt in der Mitte. Gelaufen wird immer noch, bis die Socken qualmen, nur offenbar nicht mehr so lang, nicht mehr 42,195 Kaemm.
Das Motto der Bewegungsfreaks heißt jetzt: Macht mal halblang.
Halbmarathons liegen im Trend, ebenso Straßen- und Volksläufe
über noch kürzere Distanzen. 4.000 solcher "Sprints" (im Vergleich
zum Marathon) führt der Deutsche Leichtathletik-Verband im
Angebot. Knapp zwei Millionen nehmen es wahr.
Bei der Ursachenforschung für diese Entwicklung zum Nachteil des
Marathonlaufs stößt man auf die Konkurrenz Walking, die ältere
Sportfreunde und frustrierte Langsamläufer anzieht, sowie die
Faktoren Aufwand und Gesundheit. Will meinen: Wer den "langen
Kanten" bei ansprechender körperlicher und seelischer Verfassung
beenden und Folgelasten vermeiden will, muss sich Zeit lassen, nicht
im Rennen, aber in der Vorbereitung. Die Überlegung, Freizeit aber
nicht mehr ausschließlich, weil medizinisch notwendig, in das
Hobby Marathon zu stecken, findet offenbar in zunehmendem
Maße Anhänger. Das ist angesichts der deutlich weniger aufwändigen, gesünderen und vergnüglicheren Beschäftigung mit
Rennen/Läufen über kürzere Strecken nicht verwunderlich. Und
welche Rolle gelegentliche Todesmeldungen vom Marathon auf die
Streckenwahl der Hobbyläufer spielen, ist ja wohl noch nicht untersucht worden.
Wenn der Reiz des Marathons sich tatsächlich zu verflüchtigen
beginnt, müssen Organisatoren von kommerziellen Laufveranstaltungen reagieren, rechnet sich ihr Geschäft (und das der Sportartikelindustrie) doch vor allem durch üppige Starterfelder. Heißt die
Gleichung künftig also: Kleine Strecken großer Umsatz.
Michael Gernandt
Von schmerzenden Wahrheiten
A
uch im Sport ist es so wie in manchen Familien: gewisse
Wahrheiten werden, weil sie schmerzliche Gefühle auslösen,
verschwiegen oder nur diskret angesprochen. Im Sport schmerzen
die Enthüllungen über Stasi-Verstrickungen. Sie enden oft mit der
Standardausrede, niemandem geschadet zu haben, obwohl alle
Berichte von den MfS-Schergen willkürlich ausgebeutet werden
konnten und wurden.
Nach über 60 Jahren auftauchende Enthüllungen über NS-Lebensläufe können schmerzen, aber wie jede Wahrheit auch frei machen.
So hat Bernd Wedemeyer-Kolwe die nicht immer lupenreine NSVergangenheit von Funktionären des LSB Niedersachsen, die nach
1945 wieder im Sport, aber nicht alle im früheren Beruf tätig waren,
offengelegt. Zwei Beispiele: Fritz Becker, dank Fürsprache von Carl
Diem 20 Jahre LSB-Geschäftsführer, war schon 1931 Parteimitglied
und hat im Reichssportamt Führungsfunktionen bekleidet (sein LSBVorgänger Harry Domke gehörte seit 1932 der NSDAP an). HansJoachim Benecke, zwölf Jahre stellvertretender LSB-Vorsitzender
und Turnerfunktionär, hat in seiner Dissertation über das Dietwesen
"fanatisch für nationalsozialistische Erziehungsmethoden Stellung"
bezogen und als Hochschuldozent Karriere gemacht.
Jüngere Historiker scheuen sich nicht, bisher Verschwiegenes ans
Licht zu bringen. Nils Havemann enthüllte die Verstrickungen des
DFB-Präsidenten Felix Linnemann bei der Judenverfolgung. Der
hundertjährige Ruderclub am Wannsee (RAW) Berlin verwies in
seiner die NS-Zeit kritisch beleuchtenden Festschrift, dass Wolfgang
Freyeisen, Parteimitglied seit 1931, die Ruderer der SS-Leibstandarte
Adolf Hitler als eigene Ruderriege im RAW "mit ganzjährigem
Gehalt" betreute. Der Vater der ARD-Sportschau, Hugo Murero, von
1936-1942 Reichstrainer im Basketball, gehörte seit 1933 der Partei
an; er scheint nach 1945 als nicht belastet eingestuft worden sein,
was seine Karriere beim NWDR und als erster Sportchef im WDRFernsehen erklärt. Bereits 1995 hat Karl Adolf Scherer - ohne
spürbares Echo - auf die NS-Vergangenheit von Ritter von Halt,
Guido von Mengden, Gerd Abelbeck, Georg Xandry oder Carl Koppehel hingewiesen.
Wer von den Helfershelfern der roten Diktatur zu Recht Aufrichtigkeit verlangt, darf sich bei der Aufarbeitung der braunen Vergangenheit nicht um unangenehme Wahrheiten drücken. Nur - wer in
den Medien und der Wissenschaft eine solch späte Gewissenserforschung verlangt, muss sich hüten, sich zu weit aus dem Fenster zu
lehnen, denn eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Sportjournalismus im Dritten Reich steht noch immer aus.
Hans-Dieter Krebs
OF-KOMMENTARE
25
W
issenschaft und Politik sind sich in großer Mehrheit
einig: Der klimapolitische Halbschlaf ist endgültig
beendet, und die Zeit für bloße Klimakosmetik
scheint vorbei zu sein. In der Tat, der menschengemachte
Treibhauseffekt, der aus einem immensen Energieumsatz
entstanden ist, sorgt in unseren Breiten für ungewöhnlich
heiße Sommer, zerstörerische Naturkatastrophen, abschmelzende Alpengletscher und zunehmende Überflutungen.
Renommierte Experten warnen mit hart gezeichneten Bildern:
Gehe der Klima-Wahnsinn ungebremst weiter, dauere es wohl
keine hundert Jahre mehr, bis die "Heißzeit" ein für allemal
aus dem Ruder gelaufen ist. Das arktische Eis sei dann endgültig verschwunden, der Eispanzer Grönlands sei unabänderlich
abgetaut, so dass der Meeresspiegel um sieben Meter anstiege.
Sylt und andere nord- oder ostfriesische Inseln gingen unter;
Kiel, Hamburg und Rostock müssten geräumt werden; Berlin
läge wegen des enormen Temperaturanstiegs am Rande der
Sahara in einer typischen Steppenlandschaft.
Angesehene Klimaforscher weisen darauf hin: Die aktuell
entwickelten Szenarien, die seit Jahresanfang die Schlagzeilen
prägen, unterschätzten eher die sich anbahnende Entwick-
Vor uns die Sintflut?
Der Klimawandel fordert
auch den Sport heraus
Von Holger Schück
26
lung, als dass sie zu Übertreibungen neigten. Obwohl sich
globale Risiken dieser Art einer exakten wissenschaftlichen
Berechnung entziehen, geben doch die Klimaberichte der
Vereinten Nationen und des ehemaligen Weltbank-Chefökonomen Nicholas Stern fundierte Anhaltspunkte, dass die
Erderwärmung weiter voranschreiten und diese durch ungehemmtes Wachstum endgültig außer Kontrolle geraten
dürfte. Schuld daran soll der dramatische Anstieg der Emissionen von Kohlendioxid (CO2) sein, das durch die Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgase alles Reste früherer Organismen, also kohlenwasser-stoffge-
sättigter Lebensmatsch - kontinuierlich in die Lufthülle der
Erde freigesetzt wird. Brandrodungen in den Tropen erhöhen
den Ausstoß sogar noch um ein Drittel. Der Hauptanteil
dieser Emissionen wird zwar von der Landbiomasse und den
Weltmeeren aufgenommen, 35 Prozent davon steigen jedoch
in die Atmosphäre auf.
Kohlendioxid, eine chemische Verbindung aus Kohlenstoff
und Sauerstoff, absorbiert einen Teil der Wärmestrahlung der
Sonne, hält sie somit in der Erdatmosphäre zurück. Der CO2Gehalt der Luft beträgt zwar nur 0,038 Prozent; nach Wasserdampf ist Kohlendioxid das wirksamste Treibhausgas und
mitverantwortlich für ein lebensfreundliches Klima auf unserem Planeten. Ohne diese Gase wäre die Erde mit Minus 18
Grad Celsius ein klirrend kalter Himmelskörper, mit ihrer Hilfe
erhöht sich auf der Erdoberfläche die mittlere Temperatur auf
Plus 15 Grad Celsius. Gängige Erkenntnis ist: 550 Gigatonnen
CO2 stammen aus natürlichen Quellen, 32 Gigatonnen sind
von Menschen verursachte CO2-Emissionen. Tendenz: steigend.
Eine weitere Erhöhung der CO2-Abgase - 2030 soll der
Ausstoß schon 44 Milliarden Tonnen betragen - dürfte in den
nächsten hundert Jahren für eine Temperatur-erhöhung von
mindestens vier Grad, in der Arktis bis zu sechs Grad Celsius
sorgen. Grund dafür sollen die folgenschweren Aufheizeffekte der Atmosphäre sein, denn durch Veränderung der Anteile
von Spurengasen wird die Wärmeabstrahlung der Erde in
Richtung All, das etwa 80 bis 100 km über der Erdoberfläche
beginnt, vermehrt behindert. Denn die Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und auch einige Fluorchlorkohlenwasserstoffe
absorbieren ein bestimmtes Frequenzband der Infrarotstrahlung, so dass ein Teil des infraroten Lichts unsere Sphäre
nicht verlassen kann. Der zivilisatorisch bedingte Anstieg des
CO2-Gehalts der Atmosphäre bilde also einen Heizmechanismus, lautet die Kernthese der besorgten Klimaforscher. Die
Folgen: Die Atmosphäre wird aufgeheizt, die Lufttemperatur
steigt an. Höhere Temperaturen führen wiederum zu einer
vermehrten Ausgasung von Kohlendioxid aus den Weltmeeren. Wird das Wasser wärmer, dürfte unausbleiblich Methangas aus den Meeren blubbern, was den Treibhauseffekt weiter
verstärkte.
Unstrittig ist, dass die Erdatmosphäre eine wärmespeichernde
Wirkung hat. Man kann sie mit dem Glasdach eines Treibhauses in einer Gärtnerei vergleichen, wo Licht und Wärme ins
Innere einstrahlen, wobei das Entweichen feuchtwarmer Luft
und die Abstrahlung von Wärme im Wellenlängenbereich
durch die Hülle verhindert wird, weil das Glas undurchlässig
ist. Schon 1957 warnte der US-Ozeanograph Roger Revelle
vor einer globalen Erwärmung, ausgelöst durch den stärkeren
CO2-Gehalt der Atmosphäre. Das blieb außerhalb der Fachwelt unbeachtet.
27
Der Durchschnittsdeutsche verursacht etwa zehn bis 20 Tonnen CO2 pro Jahr. Rein natürlich geben wir ungefähr 350 kg
des farb- und geruchlosen Gases über die Atmung ab; täglich
also etwa 1 kg: Es ist das Endprodukt unseres zum Lebenserhalt erforderlichen Stoffwechsels. Der überwiegende Teil
resultiert aus unserem modernen Lebenswandel und dem
Wirtschaftskreislauf. So verursacht ein Flug von Hamburg
nach München pro Passagier 170 Kilogramm CO2. Wer die
gleiche Strecke mit dem Auto fährt, emittiert nur 125 kg, wer
sie zu Fuß geht, verhält sich klimaneutral. Tatsächlich stammen nur 11,9 Prozent des Klimagases aus den Pkw-Auspuffen
- so hat es das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung
(DIW) ermittelt. Damit ist der Individualverkehr also nicht der
große Buhmann; dennoch haben die Hersteller hier zu Lande
viel zu wenig getan, mit neuen Technologien schadstoffärmere und spritsparende Fahrzeuge zu entwickeln. Hybridantrieb,
Wasserstoff oder Biokraftstoffe und kleinere, effizientere
Autos könnten für einen spürbar geringeren Ausstoß sorgen.
Als größte Verschmutzer gelten nach wie vor Kraft- und
Fernheizwerke (43,2 Prozent der CO2-Emissionen), Industrie
und Gewerbe (24,8) und Privathaushalte (13,0).
Alle Emittenten sind gefordert, ihren Beitrag zu leisten, damit
es zur Jahrhundertwende nicht um 6 Grad wärmer wird.
Wenn der Anstieg auf zwei Grad begrenzt werden könnte,
bliebe die Klimakatastrophe mit fatalem Ausmaß aus - das ist
die Kernforderung, die weltweit in politischen Diskussionen
konsensfähig ist. Selbst in den USA und in China wird inzwischen von einem Wendepunkt oder sogar von einem nachhaltigen "ökologischen Neuanfang" gesprochen. Diesmal wird die
Debatten-Karawane wohl nicht folgenlos weiterziehen. Allein
das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung umfasst 150
Maßnahmen: Dazu gehören der Handel mit Emissionsrechten
für Kraftwerke und Fabriken genauso wie der Ausbau der
erneuerbaren Energien. Glühbirnenverbot, Tempolimit und
Eindämmung der Billigfliegerei sind weitere Vorschläge aus
dem Treibhaus der Berliner Politik. Dabei sollte, den Plänen der
deutschen Energieriesen zum Trotz, viel stärker darauf hingewirkt werden, so schnell wie möglich keine fossilen Brennstoffe mehr zur Warmwasserbereitung und zur Heizung zu verwenden. So könnte gerade in den Sommermonaten eine
erhebliche Reduzierung von CO2 erreicht werden.
Der Appell zu Veränderungen geht ausnahmslos an alle
Industriestaaten. Was der zwischenstaatliche Klimabeirat IPCC
in seinem vierten Weltklimabericht Anfang Februar aufgezeigt hatte, war ein umweltpolitischer Urteilsspruch mit
apokalyptischen Warnungen. Nationale Rahmen allein sind
zur Eindämmung der Klimafolgen nicht erfolgversprechend,
globale Aktivitäten werden verlangt. Fatalismus und Verdrängung sind genauso fehl am Platze wie Alarmismus und überstürzter Aktionismus. Behäbiger umweltpolitischer Trott oder
die vor Ignoranz strotzende Hoffnung, in der Weite unseres
Universums sei das Quäntchen Sonderdreck doch nur ein
28
Sandkorn in der Schöpfungswüste, erweisen sich als nicht
hilfreich.
"Was soll die ganze Aufregung?", heißt es dieser Tage immer
wieder mit dem Argument: Klimawandel sei doch erdgeschichtlicher Alltag. Ein relativierender Verweis auf viel schlimmere klimatische Phasen der Erdgeschichte, als die Ozeane
Badewannentemperatur hatten, ist auch deshalb unredlich,
weil die Menschheit eine zivilisierte Gemeinschaft ist, die
Verantwortung gegenüber nachfolgenden Generationen
wahrzunehmen hat, und weil wir technologisch in der Lage
sind, das Vermeidbare auch zu vermeiden. Wissenschaftliche
Berechnungen, es käme zu keinem planetaren Supercrash,
selbst wenn die Menschheit alles verfeuerte, was die Erde an
fossilem Brennstoff hergäbe, mögen zwar stimmig sein, sind
aber die falsche Denkschablone von Gegnern des Mainstreams,
die gern einmal gegen den Strom schwimmen wollen. Und
was hat dies alles mit dem Sport zu tun? Nicht gerade wenig und zwar im umfassenden wie im spezifischem Sinne.
Die Hitzewelle in Europa 2003 soll 35.000 Todesopfer gefordert haben; dies dürfte sich weiter potenzieren. Denn höhere
Temperaturen sorgen für thermischen Stress mit einer erhöhten Sterblichkeit, vermindertem Wohlbefinden und Erkrankungen gerade älterer Mitbürger. Klettern die Temperaturen über
30 Grad, werden Bewegung und Sport im Freien zu einer
gesundheitlichen Belastung. Mehr Grünflächen in den Städten
lindern zwar die Hitze, wenn der Asphalt dampft, sind allerdings kein Allheilmittel. Sport sollte bei extremer Hitze mit
besonderer Vorsicht betrieben werden, weil der Körper bis zu
anderthalb Liter Flüssigkeit verliert. Wird die körperliche
Belastung zu groß und der Flüssigkeitsmangel zu stark, provoziert der klimabedingte Schwitzkasten einen Kreislaufkollaps.
Ins Gerede gekommen ist wieder einmal der Motorsport mit
seinen vielen Facetten. Außerhalb der Rennsportgemeinde gilt
es als nicht mehr nachvollziehbar, dass jedes Jahr die WüstenRallye Dakar als "letztes großes Abenteuer der Menschheit"
zelebriert wird, die ökologischen Bedenken aber ausgeblendet
bleiben. Und die 800 PS starken Boliden der Formel eins, die
60 bis 80 Liter Spezialbenzin auf 100 km verbrauchen und 1,5
kg CO2 pro km ausstoßen, sind die absoluten Klimasünder.
Eigentlich unverantwortlich: Pro Fahrzeug werden in der
Saison über 50 Tonnen CO2 emittiert, die Flugmeilen des
Trosses summieren sich hinzu. Noch sind umweltfreundliche
Technologien im Vollgassport ein Fremdwort. Allerdings kann
die Eliteklasse des Motorsports nicht mehr länger dem Klimaschutz davonbrausen - deshalb wurde eine "Grüne Formel
eins" als mittelfristiges Ziel ausgegeben. Ab 2011 sollen Rapsöl
oder andere Biostoffe in die Tanks der Rennmaschinen rinnen.
Doch noch immer wehren sich einige Ewiggestrige der Branche, auch einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Ihre
Argumente strotzen vor Einfalt: 99 Prozent des CO2 bei einem
Rennen werden von den Zuschauern verursacht (wenn
100.000 Besucher in 50.000 Pkws geschätzte 150 km für Hinund Rückweg zurücklegen). Nach diesem Kalkül belastet ein
Fußball-Wochenende in Deutschland die Umwelt höher als die
Vollgasorgien in einer Rennsaison.
Die milden Winter in unseren Breiten mit wenig Schnee
verlangen für den Wintersport eine Neuorientierung. "Gegen
die Erderwärmung, die nicht nur im Flachland, sondern auch
in den Bergen zuschlägt, wird neuerdings mit allen verfügbaren Kanonen geschossen", tadelt der sportpolitische Sprecher
der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Winfried
Hermann. Der Politiker kritisierte gemeinsam mit anderen
Umweltschützern, dass zur Jahreswende für den BiathlonWeltcup in Oberhof 80 Lkws aus Bremerhaven 4.000 Kubikmeter Splittereis, das sonst zur Kühlung von frischem Fisch
benötigt wird, in den Thüringer Wald transportiert wurden.
Mindestens 150 Tonnen CO2 wurden dabei freigesetzt - eine
Klimasünde des Sports. Hermann, der auch Vorsitzender des
Kuratoriums Sport und Natur ist, rügt: "Es wäre doch die
Verrücktheit auf die Spitze getrieben, wenn man die Folgen
des Treibhauseffekts, der auf die energieintensiven, klimabelastenden Lebensweisen in den Industrieländern zurückzuführen
ist, damit bekämpft, dass man mit viel Energieaufwand den
Winter mit Eis und Kunstschnee selber schafft - nach dem
Motto: Wenn die Natur nicht will, werden wir das selbst
machen."
Die Auswirkungen des sich anbahnenden Klima-GAUs treffen
die Ferienregionen in den Mittelgebirgen bereits heute empfindlich. Umstellen müssen sich auch die deutschen Alpenregionen: FIS-Rennen in den 34 deutschen Skigebieten werden
bis auf das Zugspitzplateau schon bald nicht mehr ausgetragen werden können. Ein Grad Erwärmung bedeutet, dass sich
die Schneegrenze um etwa 150 m verschieben wird. Der
Skisport könnte sich aus unseren Breiten schneller verabschieden, als viele erwarten. Häufige Verlegungen und Ausfälle
alpiner wie nordischer Wettbewerbe sorgen bereits für neue
Entscheidungsgrundlagen. Norwegen, der Kaukasus und der
sibirische Permafrostboden dürften schon bald begehrte
Standorte werden. Sogar der Präsident des IOC, Jacques
Rogge, deutete zu Jahresbeginn Konsequenzen für die Vergabe
der Austragungsstätten Olympischer Winterspiele an; künftige
Bewerber müssen erwartbar sichere natürliche Schneeverhältnisse dokumentieren.
Ist die sich anbahnende Klimakatastrophe nur Bluff und
Schwindel, pure Scharlatanerie? Es gibt in der wissenschaftlichen Erörterung sui generis unterschiedliche Meinungen. So
heißt es, Anteile des CO2 in der Luft im Spektrum von mehreren Zehntel Promille hätten keinerlei Wirkungen auf die
Wärmespeicherfähigkeit und die Dichte der Luft. Die Zunahme
des CO2-Gehalts könnte nun einmal die direkte thermische
Abstrahlung der Erdoberfläche ins All nicht vollständig unterbinden. Durch diese Abstrahlung werde die Luftschicht in der
mittleren Atmosphäre sogar immer kühler. Die so genannte
Mesosphäre werde also kälter und schrumpfe um einige
Kilometer pro Jahrzehnt.
Andere Forscher stellen wiederum fest: Mindestens 90 Prozent
der Treibhauswirkung sei dem Wasser geschuldet, dem Wasserdampf (H2O), und erst der Rest einigen Gasen, Kohlendioxid
(CO2), Methan (CH4), Distickstoffmonoxid (N2O), Ozon (O3),
und Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW). Dabei seien die
Spurengase als Bewirker des Treibhauseffekts relativ unbedeutend, denn die Atmosphäre könne bis zu vier Prozent Wasserdampf enthalten; hingegen seien nur knapp 0,04 Prozent
Kohlendioxid, dem mengenmäßig bedeutendsten Spurengas.
Und eine Erhöhung des CO2-Anteils könne nun einmal keine
Auswirkungen auf das Klima haben. Denn Treibhausgase
verlangsamten die Wärmeabgabe der Erde und könnten auf
keinen Fall die Transportrichtung der Wärmeabfuhr ändern.
Eine thermische Rückstrahlung der angeregten KohlendioxidMoleküle in die warme erdnahe Zone sei nicht möglich, denn
es gebe nur dann eine Wärmeübertragung, wenn der Sender
wärmer ist als der Empfänger. Da die Temperatur in der Höhe
pro Kilometer um etwa 6 Grad abnimmt, sei es im größten Teil
der Atmosphäre extrem kalt. Nach dem Wissensstand der
Physik, genauer gesagt: der Thermodynamik, sei es ausgeschlossen, dass es durch CO2-Spurenanteile in der Luft zu
einer Erwärmung kommen kann. Lediglich der Wassergehalt
der Atmosphäre sei klimawirksam, und dessen Wirkungen
dürften keine katastrophalen Ausmaße annehmen.
Auch wenn die Meinungen der Experten auseinandergehen,
sollten wir nicht abwarten, ob sich die Theorie von der Klimakatastrophe bewahrheitet oder nicht. Denn die mittlere Aufenthaltszeit von heutigen CO2-Emissionen in der Lüfthülle
beträgt 120 Jahre; die tatsächlichen Auswirkungen werden
sich also erst in einigen Jahrzehnten zeigen. Die Alarmsignale
sollten Grund genug sein, den übermäßigen Ausstoß von
Treibhausgasen einzudämmen: Wirkungsvolle Klimaschutzmaßnahmen sind erforderlich, der Übergang in eine kohlendioxidarme Energieversorgung ist wünschenswert. Nicht nur die
Dreckschleudern der Industrie müssen verschwinden - ein
jeder kann sich für Verhaltensweisen und Produkte entscheiden, die den Ausstoß an Treibhausgasen deutlich verringern.
Wir sollten beim "liebsten Spielzeug" anfangen: Brauchen wir
gepanzerte Luxuslimousinen, die wenige Kilogramm Mensch
mit einer Tonne Metall umhüllen und deren Verbrennungsmotor im Zeitalter des technisch diversifizierten Fortschritts
überholt ist? Die Antwort lautet: nein.
"Meton ariston" - "Maßhalten ist das Beste". Zeugt dieser
2.500 Jahre alte Sinnspruch des griechischen Weisen Cleobulus von Lindos immer noch lebendig von brennender Aktualität? Ja! Auch der moderne Sport und die internationale Olympische Bewegung werden durch den Klimawandel besonders
OF
herausgefordert.
29
Mobilität und Sport:
Im Spannungsfeld zwischen
Schädigung der Umwelt und
Verbesserung der Lebensqualität
Von Rainer Hipp
W
as tun Sie oder möchten Sie in Zukunft tun, um
das Klima zu schonen?", so lautete die Frage von
Infratest dimap Ende Februar/Anfang März. 80%
der Deutschen, so die Demoskopen, wollen weniger Autofahren. Gleichzeitig wird der Bundesregierung von den Befragten
vorgeworfen, nicht genügend für den Klimaschutz zu tun.
Der Bürger selbst allerdings lässt zwischen der verbalen
Willensbekundung und seiner tatsächlichen Handlungsweise
eine große Lücke klaffen.
"
Dies beweist die Studie "Mobilität und Sport", die vom Institut für Verkehr und Umwelt in Stuttgart für Baden-Württemberg erstellt worden ist. Auftraggeber war das damalige
Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg,
Kooperationspartner der Landessportverband Baden-Württemberg (LSV).
Zu den Ergebnissen dieser in Deutschland bisher einmaligen
Studie:
z
z
z
über 8 Milliarden Kilometer jährlich werden allein in
Baden-Württemberg für Sportaktivitäten gefahren,
davon mehr als 1 Milliarde Kilometer als Zuschauer durch
den Besuch von Sportveranstaltungen,
und über 1 Milliarde Kilometer durch Transporte zum
Sporttreiben der Kinder,
30
z
z
z
z
knapp die Hälfte aller "Sportler" fährt mit dem Auto,
die Mehrzahl sitzt allein im Auto,
nur 4% der Sportaktiven nutzen öffentliche Verkehrsmittel,
nur bei Distanzen unter 1 Kilometer wird das Rad genutzt
oder gelaufen.
Bei diesen Ergebnissen wurden die Fahrten der Funktionsträger der Sportorganisation (Schiedsrichter, Trainer, Jugendleiter, Vorsitzende, etc.) noch gar nicht erfasst. Rechnet man die
Fahrleistungen der Sportaktivitäten auf die Bundesrepublik
hoch, kommt man bei angenommenen 5 Milliarden Kilometern je Bundesland auf die beinahe unglaubliche Zahl von 80
Milliarden Kilometer pro Jahr, die für den Sport in Deutschland gefahren werden.
Wirkung und Belastung des Sportverkehrs auf die
Umwelt
Die generellen Verkehrsprobleme, d.h. die Folgewirkungen
auf Flächenbeanspruchung und Klimaschutz müssen angesichts der gezeigten Dimensionen des Sportverkehrs höchste
Beachtung finden. Im Hinblick auf Umwelt- und Klimaschutz lässt sich im Rahmen eines dynamischen Sportentwicklungs-Szenarios verdeutlichen, um welche Faktoren es
hierbei geht:
In Baden-Württemberg würde sich bei einer fortgeschriebenen Jahresfahrleistung des gesamten PKW-Sportverkehrs bis
2020 ein weiterer Anstieg
z
z
des Treibstoffverbrauchs um 10,5 % (2010) und noch um
2,5 % (2020) trotz sinkender Verbrauchswerte; und
des C0²-Ausstoßes um 0,65 % (2010) trotz vermindertem
Grenzwert auf 140 g pro Kilometer ergeben.
Aus den Antworten der Befragten in der Studie ergibt sich
ein insgesamt komplexer Meinungsspiegel, der gerade auf
Grund teilweise erheblicher individueller Unterschiede Anlass
gibt, zu untersuchen, ob sich Gruppen mit ähnlichen Einstellungs- und Verhaltensmustern zeigen. In einem ersten
Ansatz, der auf dem sozialwissenschaftlichen Verfahren der
Clusteranalyse basiert, lassen sich drei ähnlich große Gruppen
identifizieren, die eine unterschiedliche PKW- bzw. öffentliche Verkehrs (ÖV)-Affinität zeigen und sich auch in anderen
Merkmalen zum Teil deutlich, zum Teil aber auch nur marginal gegeneinander abgrenzen:
Gruppe 1 ("Eingefahrene Autonutzer"):
Sie zeigt eine sehr deutliche Affinität zum Autofahren, hohe
Sport-Mobilität und hohe PKW-Verfügbarkeit. Sie lebt
schwerpunktmäßig im ländlichen Raum, in größeren Haushalten, ist erheblich auch in Kindersport-Aktivitäten eingebunden und hat überwiegend eine eher negative Einstellung
zum öffentlichen Verkehr. Motive der Sportausübung sind
insbesondere gesundheitlich orientiert.
Gruppe 2 ("Aufgeschlossene Autonutzer"):
Sie zeigt auf der Einstellungsebene eine weniger deutliche
PKW-Affinität und bewertet auch den ÖV tendenziell positiver. Trotzdem werden Sportwege, erst recht im Kinder- und
Jugendsport, meist im PKW bewältigt - aus Bequemlichkeit
oder Zeitknappheit. Diese Gruppe hat das höchste Bildungsniveau, fährt aber im Mittel auch die meisten Kilometer für
Sportzwecke.
Gruppe 3 ("Zweckangepasste ÖV-Nutzer"):
Sie weist einen hohen Anteil an Jüngeren und Älteren auf,
lebt überwiegend im verdichteten Raum und ist in Einstellung und Verfahren ausgesprochen ÖV-freundlich orientiert.
Sie legt insgesamt deutlich weniger Kilometer für sportinduzierte Zwecke zurück als die anderen Gruppen. Es besteht
nur ein geringes Wegeaufkommen für Kinder- und Jugendsport. Alle Sportwege-Aktivitäten sind in dieser Gruppe
31
durch einen hohen Fußgänger- und Radfahrer-Anteil
gekennzeichnet.
Erfahrungen sind übertragbar. Wenn wir das wissen und uns
stets gegenwärtig machen, steigen unsere Chancen, Vernünftiges zu Wege zu bringen.
Abwägung zwischen Sport und Umwelt
Die durch die Studie ohne Zweifel bewiesenen Umweltbelastungen, die als Folgewirkungen des Verkehrs durch Sportaktivitäten und Sportveranstaltungen entstehen, entwickeln sich
angesichts der Größenordnung der sportbedingten Jahresfahrleistungen für die Zukunft als wachsendes Problemfeld,
das einer sachlichen Abwägung bedarf.
Der Sport lebt mit oder unter einem Trauma. Er fühlt sich
gelegentlich als leicht spielbares Instrument der Politik. Es
wäre schlimm, wenn an der Sportorganisation partiell eine
rigide Umweltpolitik vollzogen würde, die im Übrigen vor
Argumenten aus dem Bereich der Wirtschaft und Industrie
und auch vor anderen privaten Wünschen zurückstecken
würde.
Der Zuwachs an Sportaktivitäten bedingt einen weiteren
Anstieg an Sportverkehr. Dadurch wächst - wie erwähnt auch die Belastung für Umwelt und Natur. Dazu sollen einige
selbstverständliche Thesen dargestellt werden:
Überzeugungsbildung innerhalb der Sportorganisation und
ihre Kooperationsfähigkeit nach außen werden also auch
davon abhängen, dass das Verhalten der Politik und des
Umweltschutzes in sich schlüssig ist.
Bei der Erhaltung der Umwelt geht es um Fragen von Leben
und Überleben. An diesen Fragen ist auch die Sportorganisation, sind alle Sportler interessiert, weil sie alle leben und
überleben wollen.
Sport eröffnet Möglichkeiten und Chancen übrigens für
alle, menschlicher leben zu können. Besser, gesünder,
fröhlicher, vielleicht sogar länger leben zu können. Auch
daran sollten alle interessiert sein.
Weil Überleben Voraussetzung menschlichen Lebens ist,
haben der Sport und seine Organisationen gewiss dort
zurückzustehen, wo seine Funktionen Überleben ins Risiko
bringen.
Wo Umweltbelastungen aus dem Bereich des Sports
menschliche Existenz nicht in Gefahr bringen, ist abzuwägen, was für die Allgemeinheit unter Aspekten der Lebensqualität nützlicher, wichtiger ist: Die (gestörten) Umweltgüter und Umweltinteressen oder die durch den Sport
geförderten Güter und Interessen. Speziell in diesem
Bereich werden Diskussionen stattfinden, Einsichten vermittelt und Kooperationen vollzogen werden müssen.
Keine Frage: Der Sport schafft Belastungen! Wie übrigens
andere menschliche Wünsche und Bedürfnisse auch! Sie
mögen - verglichen mit der Belastungsproduktion anderer
"Hersteller" - relativ bescheiden sein.
z
z
z
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Zwischen Grundsatz und persönlicher Betroffenheit
Aber es gibt sie! Das zeigt ganz eindeutig die Studie "Mobilität und Sport". Und wir dürfen auch nicht vergessen, dass die
Summe aller Belastungen auch die weniger Gewichtigen mit
prägen.
Es gilt also, abzuwägen:
z
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Wir alle und jeder Einzelne akzeptieren relativ leicht allgemeine Grundsätze, auch Verhaltensvorschriften wie:
z
z
z
z
z
Schutz dem Wald,
Wider die Umweltverschmutzung,
Kampf dem C0²-Ausstoß,
Für Hybridautos und das sofort …
Kehrt sich aber die gebilligte Verhaltensnorm individuell
gegen einen selbst, beginnen häufig Widerstand und Ärger.
Wie viele Reden sind schon - um ein Beispiel zu nehmen gegen das Eigentum gehalten worden und wie selbstverständlich sind die Redner dabei doch davon ausgegangen,
dass das eigene Eigentum (natürlich) geschützt bleibe. Solche
32
Die Sportorganisation kann und will nicht verlangen, dass
jedermann überall seinen Wunschsport betreiben kann.
Andererseits sollten Natur- und Landschaftsschutz nicht
eine Wunschsportart ganz oder nahezu ganz von der
Ausübung effektiv ausschließen können. Es sollte möglich
sein, in einer gegenseitigen Abstimmung Konsens zu
erzielen, wo der Schutz von Biotopen Vorrang haben soll
vor der Ausübung des Sports, hier: einer bestimmten
Sportart.
Wo die Inanspruchnahme von Landschaft und ihre unmittelbaren und mittelbaren Folgen ökologisch unbedenklich
oder nur unwesentlich ökologisch relevant sind, sollte die
Präferenz des Sports Anerkennung finden.
Wo die menschlichen Lebensgrundlagen durch den Belastungsbeitrag des Sports in ein offenkundiges Risiko geraten
können, muss die Sportorganisation akzeptieren, zurück zu
stehen.
Voraussetzung aller Abwägung und allen Abwägungsverhaltens ist das wechselseitige Gehör, das Sich-Anhören. Auch
richterliche Entscheidungen sind Abwägung. Dort gilt der
verfassungsrechtliche Grundsatz des "audiatur et altera pars."
Wir sollten ihn auch - wie selbstverständlich - in unsere
Beziehungen aufnehmen.
Handlungsansätze für eine nachhaltige Entwicklung
des Sportverkehrs
Als Voraussetzung für geeignete und längerfristig angelegte
Handlungskonzepte müssen zunächst die Potenziale definiert
werden, die hinsichtlich Einsparungen im Energieverbrauch,
Klimaschutz und Flächennutzung zu einer Umweltentlastung
und Ressourcenschonung beitragen und in verschiedenen
Stufen für den Sport und seine Organisation erschlossen
werden können. Priorität aus der Sicht der vorliegenden Studie
wird eindeutig dem Sektor des Energieverbrauchs eingeräumt.
Laut Shell-Szenarien aus dem Jahr 2004 werden sich die
PKW-Treibstoff-Verbrauchswerte (im Flotten-Durchschnitt)
durch fahrzeugtechnologische Entwicklungen in den nächs-
ten zehn Jahren von heute 8,5 Liter pro 100 Kilometer langfristig in 6,5 Liter pro 100 Kilometer entwickeln (2010: 7,8
Liter/2020: 7,0 Liter) und selbstregulierend zu einer Entlastung beitragen. Weitergehende Verbrauchsreduktionen könnten darüber hinaus im Sportbereich durch eine
z
z
Dämpfung der PKW-Fahrleistungsentwicklung (Kilometer pro
Jahr) auf der Basis von Fahrgemeinschaften und einer höheren Nutzung des öffentlichen Personen-Nahverkehrs sowie
durch eine
forcierte Kommunikation und vermehrte Nutzung und
Verbreitung des seit längerem erfolgreichen Ökotrainings
(Sprit-sparendes Fahren)
erreicht werden. Die Reduzierung des
Treibstoffverbrauchs bei den PKW-Fahrleistungen hätte summarisch sowohl
die erwünschte positive Auswirkung auf
eine Minderung des C0²-Ausstoßes als
auch auf eine Minderung toxischer
Schadstoffe und wäre insofern ein
wertvoller Beitrag für die Stabilisierung
und Verbesserung des Klimaschutzes.
Im Hinblick auf die sportinduzierten
Verkehrs-Probleme bei der Flächennutzung stehen Fragen des Flächenbedarfs
für die Verkehrserschließung - insbesondere Parkierungsflächen - sowie Aspekte
des Verkehrslärms im Vordergrund. Auch
in dieser Richtung könnte prinzipiell
durch eine Erhöhung der Transportanteile des öffentlichen Personen-Nahverkehrs im Verhältnis zum Individualverkehr eine wünschenswerte Entwicklung
verstärkt werden.
Auf der Grundlage dieser technologischen, infrastrukturellen und konzeptionellen Ansätze besteht insgesamt eine
realistische Chance, die im Sport
erkannte und inzwischen auch sportpolitisch offensiv angegangene Umweltproblematik den Sportaktiven über
geeignete Medien verständlich zu
machen. Es hat sich gerade durch die
konkreten Erkenntnisse der Studie
"Mobilität und Sport" und die im Ansatz
bereits gebildeten Verhaltens-Cluster
die Überzeugung verstärkt, dass mit
diesem Prozess eine langfristig angelegte Sensibilisierung und Motivation für
Minderung der jeweiligen Probleme zu
OF
erreichen ist.
33
Europa und der Sport ein gesellschaftspolitischer
Dauerbrenner mit aktueller
Initiative
Von Walter Mirwald
n Berlin knallten die Sektkorden. 50 Jahre europäische
Verständigung, 50 Jahre Römische Verträge wurden groß
gefeiert. Die Repräsentanten der 27 Mitgliedsstaaten der
Europäischen Union, allen voran die deutsche EU-Ratspräsidentin Bundeskanzlerin Angela Merkel, würdigten, dass aus
einem Sechser-Club ein riesiger Staatenverbund gewachsen
ist. Die Bevölkerung feiert mit. Das Thema Europa ist aktuell.
Europa ist in aller Munde. Und der Sport ist an prominenter
Stelle mit dabei.
I
Nicht nur, dass sich am 12. und am 13. März Sportminister
und Delegationen aus den EU-Mitgliedsstaaten unter der
Leitung von Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble in
Stuttgart mit Themen wie "Sport und Ökonomie", "Sport und
Gewalt", Integration und Sport" und "Dopingbekämpfung"
auseinandergesetzt haben. Auch unter dem Dach des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) mit seinen 27 Millio-
nen Mitgliedschaften und mehr als
90.000 Vereinen
wurde die besondere Note "Europa"
im ersten Halbjahr
2007 gesetzt.
"europa(S)meister"
heißt die Initiative
des DOSB zur
deutschen EURatspräsidentschaft, die sich
zum Ziel gesetzt
hat "Für Deutschland in Europa
werben - Europa
in Deutschland
sichtbar machen". In allen 16 Landessportbünden werden 16 Beispiele für
täglich gelebtes Europa im Sport vor Ort
von 16 Europameisterinnen bzw. Europameistern präsentiert. "europa(S)meister" stellt Projekte aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen vor:
von Integration über Gesundheit oder
regionaler Wirtschaftsförderung bis hin
zu Ausbildung und Beschäftigung. "Die
deutsche EU-Ratspräsidentschaft bietet
eine hervorragende Gelegenheit zu
zeigen, dass Sport nicht nur Europameisterinnen und -meister ermittelt, sondern
dass die wichtigen europäischen Themen
tagtäglich im Sport gelebt werden", sagt
DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach zu der
Sport, Spaß und Stuttgart: Die Schwaben-Metropole
ber den wahren Wert der Auszeichnung streiten sich
die Gelehrten. Unbestritten ist dagegen: Die Plakette
wiegt schwer und ihr Glanz strahlt so hell über der
Stadt wie der Stern von Mercedes. Stuttgart ist die Europäische Sporthauptstadt 2007. Verliehen wird das Prädikat von
der eigens dafür gegründeten Organisation "European Capital
of Sports Association" (ACES) jeweils für ein Jahr. Die ACES
sitzt in Rom, italienische und spanische Sportagenturen
haben sie 1999 gegründet. Wem der Prestige bringende Titel
verliehen wird, entscheiden gestrenge Juroren. Städte können
sich nicht bewerben, sie werden gekürt.
Ü
34
Das wichtigste Kriterium: Die Auserwählte muss sich über
den Zeitraum von mindestens fünf Jahren besonders um den
Sport bemüht haben - und das nicht nur im Spitzenbereich.
Die Prüfer achten auf die sportliche Infrastruktur, die kommunale Nachwuchsförderung, innovative Projekte und auf
die Nachhaltigkeit der Maßnahmen. Stuttgarts Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster strahlte wie nach einer
gewonnenen Wahl, als er Ende Januar die goldene Trophäe
entgegennahm. Seine Stadt hatte sich als erste deutsche
Kommune gegen 43 Konkurrenten durchgesetzt. Ihr Name
steht fortan eingraviert neben zuvor ausgezeichneten Städ-
ist Europäische Sporthauptstadt 2007
ten wie Madrid, Stockholm, Glasgow, Alicante, Rotterdam
und Kopenhagen. Und irgendwie scheint es, als sei damit der
12. April 2003 ein für allemal vergessen. Damals platzte
schon im ersten Wahlgang jäh der Traum von der Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele 2012. Stuttgart
bekam 15 von 135 möglichen Stimmen, die Präsentation war
so bieder wie peinlich, und die Häme der Konkurrenten traf
die Macher vom Neckar bis ins Mark. Ein bittere Niederlage
für die bewegte Stadt, die nach der Leichtathletik-EM 1986
mit dem Olympic Cup des Internationalen Olympischen
Komitees (IOC) und im Anschluss an die Leichtathletik-WM
Von Gunter Barner
1993 mit der Fair-Play-Trophäe der Unesco ausgezeichnet
worden war.
Jetzt meldet sich die sportbegeisterte Metropole zurück. Der
ACES-Award gilt dabei nur als äußeres Zeichen eines inneren
Wandels, der in den vergangenen Jahren Erstaunliches zu
Stande brachte. Nach einer kurzen Phase der Besinnung hat
die baden-württembergische Landeshauptstadt den Sport als
Standortfaktor wieder belebt. "Eigentlich hätte Stuttgart
diese Auszeichnung gar nicht nötig, denn die Kommune ist
auch so die europäische Sporthauptstadt 2007", sagte DOSB-
35
Initiative, für die Bundeskanzlerin Angela Merkel die Schirmherrschaft übernommen hat.
Und dass dies mehr ist als eine Pflichtübung im Halbjahr der
deutschen Ratspräsidentschaft, zeigt ein Schreiben der Bundeskanzlerin an den DOSB-Präsidenten, in dem es heißt: "Mit
großem Interesse habe ich Ihre Ausführungen zu der Initiative
‚europa(S)meister' gelesen und mit Freude zur Kenntnis
genommen, dass Europa - entgegen vieler Unkenrufe - in
auch für unsere Bevölkerung direkt wahrnehmbaren Bereichen, wie dem des Sports, tagtäglich gelebt wird." Die EURatspräsidentin schreibt weiter: "Die Initiative verdient im
europäischen, aber auch deutschen Interesse, große Öffentlichkeit. Aus diesem Grunde möchte ich die Initiative unterstützen und bin gerne bereit, die Schirmherrschaft im Rahmen
der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu übernehmen."
Die "große Öffentlichkeit", auf die die Bundeskanzlerin und
Schirmherrin hinwies, wird natürlich vom DOSB und seinen
Landessportbünden gezielt gesucht. Jeder Landessportbund
stellt seine Aktion mit dem jeweiligen Europameister bzw. der
Europameisterin in einer öffentlichkeitswirksamen Veranstaltung vor. Für den Auftakt sorgte der Landessportbund Rheinland-Pfalz, für den die Langstreckenschwimmerin Angela
Maurer das Projekt "Sport und Sprache" präsentierte. In
Mainz-Mombach verbindet der Landessportbund einen
Schwimmkurs für deutsche und muslimische Frauen mit
einem Sprachtraining. Das Projekt setzt europäische Schwerpunktthemen wie Integration, Gender Mainstreaming und
lebenslanges Lernen in die Praxis um und fördert darüber
hinaus den sportlich-kulturellen Austausch der Frauen untereinander.
Ein zweites Beispiel: In Hamburg steht Hockey-Nationalspieler
Sebastian Biederlack für das Projekt "Gesundheitsförderung
durch Bewegung". Im Rahmen von Gesundheits- und Bewe-
Präsident Dr. Thomas Bach. Ein Großereignis jagt neuerdings
das andere. Im Sommer 2006 feierten die Schwaben noch
enthusiastisch das kleine Finale der Fußball-Weltmeisterschaft. Im Januar dieses Jahres strömten die Zuschauer zu
den Vorrundenspielen der Handball-WM in die nagelneue
Porsche-Arena. Anfang September steigt die Turnweltmeisterschaft, vom 25. bis 30. September werden die Straßen-Radweltmeister gekürt, Ende November erlebt die Automobilstadt
die Tanz-WM - und zwischendurch messen sich die besten
Leichtathleten der Welt im Daimler-Stadion beim Word
Athletics Final der IAAF.
"Wir wollen noch mehr solcher Topveranstaltungen", sagt die
ehrgeizige Sportbürgermeisterin Dr. Susanne Eisenmann. Die
36
gungsschulungen für ältere Arbeitssuchende in kleinen und
mittleren Unternehmen setzt die Aktion die europäischen
Ansätze Gesundheit, Prävention, Beschäftigung und Integration um. Ziel ist ein breites Qualifizierungs-, Beratungs- und
Vermittlungsangebot für Arbeitssuchende und von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen über 45 Jahre. Außerdem werden
die Unternehmen auf die durch den demographischen Wandel
entstehenden Herausforderungen vorbereitet.
Unter den namhaften Athletinnen und Athleten, die die
Aktion "europa(S)meister" unterstützen, sind auch die DOSBIntegrationsbotschafterin und Karate-Europameisterin Ebru
Shik Ahmad, die Sprinterinnen Gabi und Birgit Rockmeier, die
Eisschnellläuferin Gunda Niemann-Stirnemann, der Zehnkampf-Olympiazweite von Atlanta 1996, Frank Busemann, der
Trampolinspringer Dennis Luxon und die Schwimmer Volker
Meeuw und Klaus Steinbach, letzter NOK-Präsident und
Persönliches Mitglied im DOSB. Die Europameister stehen Pate
für wöchentliche Quizfragen. Es winken Preise zu Sport- und
Kulturveranstaltungen in ganz Europa. Als Hauptpreis verlost
der DOSB mit Unterstützung der Zurich Gruppe Deutschland
drei Reisen zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking.
Der deutsche Sport hat allerdings Europa nicht erst im Zeichen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft entdeckt. Vielmehr führt der DOSB mit der Initiative "europa(S)meister" sein
traditionelles Engagement für die europäische Verständigung auch mit dem Sport und durch den Sport - fort. Bereits seit
1993 ist die größte Bürgerbewegung Deutschlands mit einer
eigenen Interessenvertretung in Brüssel präsent. Dafür hat
sich ganz besonders die Spezialistin für Europafragen im
früheren Deutschen Sportbund, die langjährige Vizepräsidentin Erika Dienstl, engagiert. Mittlerweile zählen acht nationale
Dachsportorganisationen und die Europäischen Olympischen
Komitees zu den Kooperationspartnern der DOSB-Vertretung
in der europäischen Hauptstadt.
ehemalige Handballspielerin denkt dabei an Tennis, Tischtennis, Volley- und Basketball. Die Voraussetzungen im so
genannten Neckarpark sind nahezu ideal. Das 55 Hektar
große Sport-, Erlebnis- und Freizeit-Zentrum rund um das
Gottlieb-Daimler-Stadion bietet Möglichkeiten, die auch
international keinen Vergleich zu scheuen brauchen. Das neue
Mercedes-Museum fasziniert seine Besucher. Das erst kürzlich
eingeweihte Carl-Benz-Center - mit Restaurants, Hotels,
Kongressräumen und der Nachwuchsakademie des VfB Stuttgart - dient bei Heimspielen des Fußball-Bundesligisten als
schmuckes Domizil für die Fans. Das Daimlerstadion selbst
zählt zu den modernsten und großzügigsten Arenen in
Europa. Und nur einen Steinwurf weit entfernt eröffnen die
"Zwillinge" Schleyerhalle und Porsche-Arena dem regionalen
Als Mittler zwischen Sportorganisationen und politischen
Entscheidungsträgern in den EU-Institutionen vertritt das EUBüro die Interessen des Sports in EU-Gesetzgebungsverfahren
und unterstützt seine Mitgliedsorganisationen praxisnah bei
Fragen rund um EU und Sport. Einen Schwerpunkt stellt
hierbei die Beratung zur Umsetzung von sportbezogenen
Projekten in EU-Förderprogrammen dar.
cken, als auf eine französische Initiative hin mit dem Europäischen Turnverband, der Federation Européenne de Gymnastique (FEG), die erste Sportorganisation auf europäischer Ebene
gegründet wurde. Und bereits 1891 führten die Eisschnellläufer und Eiskunstläufer ihre ersten Europameisterschaften
durch, gefolgt von den Ruderern zwei Jahre später und weiteren Sportarten noch im 19. Jahrhundert.
Sport und Europa ist demnach keine Eintagsfliege im Zusammenhang mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, sondern
ein überaus erfolgreicher sport- und gesellschaftspolitischer
Dauerbrenner. Dabei können wir bis ins Jahr 1881 zurückbli-
Als Fußnote sei hinzugefügt, dass sich in den letzten drei
Jahrzehnten auf europäischer Ebene sowohl bei den Sportorganisationen (ENGSO, EOC, Fachverbände) wie staatlicherseits
(CDDS, Europäische Sportministerkonferenz) und in gemischten Formen (Europäische
Sportkonferenz, Europäisches
Sportforum) vielfältige kontinentale Sportstrukturen
entwickelt haben. Und
schließlich ist es auch gegen
erhebliche Widerstände
gelungen, den Bereich Sport
im Entwurf für eine europäische Verfassung zu verankern. Dies hatte der damalige
Präsident des Deutschen
Sportbundes, Manfred von
Richthofen, mit der Bemerkung begleitet: "Wer ein
Europa der Bürger aufbauen
und festigen will, der sollte
den Sport als treibende Kraft
begreifen und seine sozialen
und kulturellen Handlungsfelder offensiv nutzen."
Dieser Satz hat an Aktualität
nichts verloren.
OF
Regelsportbetrieb wie auch dem Event-Sport völlig neue
Chancen. Im neuen Stuttgarter "SpOrt", einem Sport-, Bildungs- und Dienstleistungszentrum für Sportbünde, Fachverbände und Vereine, haben sich Vermarkter, ein Fitnessstudio
und Unternehmen für den Sportstättenbau angesiedelt.
"Im Neckarpark schlägt das sportliche Herz unserer Stadt",
sagt Susanne Eisenmann stolz. Sie begreift den Sport als
wichtiges Instrument des Standortmarketings für die 600.000
Einwohner große Landesmetropole. Wie andere Städte kämpft
auch Stuttgart gegen den Bevölkerungsschwund. "Immer
mehr Firmen beziehen in ihre Standort-Überlegungen Freizeit, Sport- und Erlebnis-Möglichkeiten mit ein", sagt die Sportbürgermeisterin und lässt in ihrem Bemühen nicht locker.
Ende Januar lud Stuttgart zu einem internationalen Kongress
zur "Integration im Sport", vor wenigen Wochen trafen sich
die Sportminister der Europäischen Union zu zweitägigen
Beratungen am Neckar, im Herbst bittet die Landeshauptstadt
ihre 440 Vereine (160.000 Mitglieder) zum großen Kongress
über die städtische Sportentwicklung. "Wir wollen uns fit
halten für die Zukunft", sagt Susanne Eisenmann, "und der
Sport spielt dabei in vielerlei Hinsicht eine wichtige Rolle."
Sport, Spaß und Stuttgart - irgendwie gehört das seit jeher
OF
zusammen.
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D
ie Gründung der Stiftung Deutsche Sporthilfe vor
vierzig Jahren war ein Akt der Notwendigkeit. Die
Olympischen Spiele von 1972, die ein Jahr vor der
Unterzeichnung der Stiftungsurkunde am 26. Mai 1967 in
Berlin an München vergeben wurden, dürften der entscheidende Impuls dafür gewesen sein. Willi Daume hatte die
Bewerbung als Trotzreaktion auf die Teilung der gesamtdeutschen Olympiamannschaft 1965 eingefädelt und zum Erfolg
geführt. Der damalige Präsident des Deutschen Sportbundes
(DSB) und des Nationalen Olympischen Komitees (NOK)
nutzte die Begeisterung für die
Spiele im eigenen
Land, Überlegungen für eine
bessere Betreuung
der bundesdeutschen Athleten in
konkretes Handeln
umzumünzen. Die
Chancenungleichheit der weitgehend puristischen
westdeutschen
Amateure gegenüber den Staatsamateuren des
Ostblocks und den
US-amerikanischen Hochschulamateuren war
augenfällig. Die
Vorstellung, die
westdeutschen
Sportler könnten
sich gegen die
immer stärker
werdenden DDRAthleten in München blamieren,
wirkte zusätzlich
als Triebkraft.
werk zustimmten, war der Weg für das Förderwerk des deutschen Sports frei.
Im Herbst 1966 bat Willi Daume die Deutsche Olympische
Gesellschaft (DOG), die sich bislang über das Sammeln von
Spenden an der Finanzierung bundesdeutscher OlympiaExpeditionen beteiligt hatte, die Gründung einer unabhängigen Stiftung vorzubereiten. Am 9. November des Jahres
empfahlen in Düsseldorf DSB, NOK, Bundesausschuss Leistungssport, DOG und das Organisationskomitee der Olympischen Spiele 1972, eine "Stiftung Deutsche Sporthilfe" ins
Leben zu rufen. Schon zwei Wochen später beriet das DOGPräsidium eine Satzung und Geschäftsordnung für die künftige Stiftung. Und als Anfang 1967 DSB und NOK dem Regel-
an in Frankfurt am Main hatte, war schon im Januar 1967
mit der Entscheidung von Bundespostminister Werner Dollinger gesichert, Zuschlagsbriefmarken für die Olympischen
Spiele 1972 herauszugeben. Daraus wurde nach den Spielen
die Sportbriefmarke, deren Erlös Jahr für Jahr der Sporthilfe
und Wohlfahrtsverbänden zugute kommt und die nach wie
vor die wichtigste finanzielle Säule der Stiftung darstellt.
Mehr als 120 Millionen Euro hat die Sporthilfe seit 1968 aus
dieser Quelle geschöpft. 3,5 Millionen waren es im WM-Jahr
2006. Für 2007 wird mit 2 Millionen gerechnet.
Formal vollzogen die DOG und der DSB den Gründungsakt.
Am Abend des 26. Mai 1967 unterzeichneten im Berliner
Hotel Kempinski vor dem Notar Carl Scholz für die DOG deren
Präsident Georg von Opel und ihr Schatzmeister Werner
Peterssen sowie für den DSB Präsident Willi Daume und
Schatzmeister Walter Wülfing die Stiftungsurkunde. Die
Anschubfinanzierung der Stiftung, die ihren Sitz von Beginn
40 Jahre Sporthilfe oder
Die eindrucksvolle Bilanz
der guten Taten Von Steffen Haffner
38
Bevor es zur Gründung der Sporthilfe kam, glückte Willi
Daume mit der (Er-)Findung von Josef Neckermann als
Vorsitzender ein Geniestreich. Der erfolgreiche Versandhauschef war damals eine der Symbolfiguren des bundesdeutschen Wirtschaftswunders. Am 12. Mai, genau zwei Wochen
vor der Geburt der Sporthilfe, gelang es "Eisen-Daume" am
Rande des Wiesbadener Reitturniers in einer turbulenten
Nachtsitzung, den anfangs widerstrebenden Würzburger
weich zu klopfen. Der hoch dekorierte Dressurreiter übertrug
den Erfolgsslogan "Neckermann macht's möglich" auf die
Sporthilfe. "Necko", wie er liebevoll genannt wurde, identifizierte sich mit der ihm eigenen Mischung aus Perfektionismus, Arbeitseinsatz und Beharrlichkeit mit der neuen Aufgabe. Im Interesse der Sache schonte er weder seine Mitarbeiter noch die Vorstandsmitglieder der Stiftung. Seine nächtlichen Anrufe waren gefürchtet.
Josef Neckermann war sich nicht zu schade, persönlich bei
den Großen der Wirtschaft Klinken zu putzen, um möglichst
viele Spenden zu sammeln. Leicht kokettierend nannte er sich
"Bettler der Nation". Von 1970 an machte er die Idee des
Wiesbadener Sporthilfeklubs für einen "Ball des Sports" zur
Sache der Sporthilfe. Alsbald wurde daraus das renommierteste gesellschaftliche Ereignis der Bundesrepublik. Und bis
heute hat der Ball bei seinem Streifzug durch die Jahrhunderthalle und Festhalle in Frankfurt, die Rheingoldhalle in
Mainz und die Rhein-Main-Halle in Wiesbaden trotz mancher
Schwankungen seine Spitzenstellung gehalten. Zwischen
einer Million und zwei Millionen D-Mark und zuletzt 800.000
Euro kamen als Erlös einer meist gut bestückten Tombola der
Sporthilfe zugute.
Wichtiger noch als
der pekuniäre Ertrag
aber war das
Renommee, das mit
der swingenden
Nacht verbunden
war. Denn bei aller
massenhaften
Begeisterung, wie
sie sich nach dem
Kriege vor allem
1954 beim FußballWunder von Bern
und 1972 bei den
Olympischen Spielen
von München Bann
brach, war es um
die gesellschaftliche
Anerkennung des
Sports in den fünfziger und sechziger
Jahren schlecht
bestellt. Der Ball des
Sports, bei dem sich
die Hautevolee der
Bonner Republik
vom Bundespräsidenten über den
Bundeskanzler bis
Josef Neckermann und Willi Daume
hin zu Ministern,
von Konzernchefs
über Showstars bis
hin zu Sportassen vergnügte, sorgte für einen Durchbruch
zum Besseren.
Nicht zu übersehen war eine konservative Tönung des Balls.
Wer Geld für die Sporthilfe gab, handelte nicht selten aus
einem antikommunistischen Impuls heraus. Auch wenn es in
der alten Bundesrepublik verpönt war, dies zuzugeben, konnte sich der Sport im Westen Deutschlands dem Wettstreit der
politischen Systeme nicht entziehen. Auffällig war, wie gerade Verfechter einer entschiedenen Haltung gegenüber dem
Ostblock wie Franz Josef Strauss beim Ball stürmisch gefeiert
39
wurden. Es versteht sich von selbst, dass dies Proteste der
linken Szene auf den Plan rief. Für die Leistungskritiker der
68er Studenten-Revolution stand die Sporthilfe für ihr Feindbild Establishment. So mussten 1969 die fein gewandeten
Gäste, die auf dem Weg vom Parkhaus zum Sporthilfe-Konzert der Berliner Philharmoniker unter Herbert von Karajan im
Frankfurter Opernhaus waren, einen Hagel von Tomaten,
Farbbeuteln und Wasserduschen über sich ergehen lassen.
Dennoch wurde das Ereignis ein großer Erfolg und trug der
Stiftung 340.000 Mark ein.
Erich Schumann
Die Sporthilfe war in jenen Jahren ohne ihren großen Vorsitzenden Josef Neckermann nicht vorstellbar. (Diskus-) Liesel
Westermann sprach coram (Ball-) publico von "Mutter Bayer"
und "Vater Neckermann". Und drückte damit die enorme
Popularität des Sporthilfechefs und Sportkameraden bei den
Athleten aus. Diese Beliebtheit erhielt einen deutlichen
Dämpfer, als Neckermann sich vehement für den Boykott der
Olympischen Spiele 1980 in Moskau einsetzte. Das bezeichnete er später als seinen größten Fehler. Und es brauchte einige
Jahre, bis er diese Scharte wieder ausgewetzt hatte. In der
Spätphase seiner Ära, nachdem sein Unternehmen wegen
40
wirtschaftlicher Schwierigkeiten in andere Hände übergegangen war, betrieb der Preuße aus Franken die Führung der
Sporthilfe als Full-Time-Job. Und da Josef Neckermann sich
weitgehend selbst als die Sporthilfe fühlte, fiel es ihm schwer,
aus Alters- und Gesundheitsgründen den Weg für einen
Nachfolger frei zu machen. Ein Kandidat wie der langjährige
Wirtschaftsminister Hans Friderichs, den "Necko" selbst ins
Spiel gebracht hatte, fiel dem Eigensinn des Altmeisters zum
Opfer.
Hans-Ludwig Grüschow
Nach erheblichen, in den Medien ausgetragenen Turbulenzen
sprang Willi Daume als Nothelfer ein und führte die Sporthilfe neben seiner Hauptverpflichtung als NOK-Präsident zwischen 1988 und 1991 mit leichter Hand. Dann gewann er den
erfahrenen, kürzlich verstorbenen WAZ-Mann Erich Schumann für diese Aufgabe. Der Essener Manager, der Verlage
sammelte wie andere Leute Briefmarken, galt als sachlicher
Arbeiter. Schumann leitete die Stiftung fünf Jahre lang routiniert, scheute aber die großen Auftritte. Damit verlor die
Sporthilfe in der Öffentlichkeit zusehends an Kontur.
Hans-Ludwig Grüschow, der zwischen 1997 bis 2005 an der
Spitze der Sporthilfe stand, zeichnete sich durch seine Nähe
zu den Athleten aus. Als Vorstands- und später als Aufsichtsratsvorsitzender der Techem AG gewann der ehemalige
Schatzmeister der Stiftung besonders mittelständische Unternehmen als Partner. Im Umgang mit den großen Konzernen
tat er sich dagegen schwerer. Als die Sporthilfe wirtschaftlich
in unruhiges Fahrwasser geriet, wurde die Deutsche SportMarketing GmbH, die Finanzmittel für das NOK und die
Sporthilfe generierte, neu strukturiert. Unter Führung des
langjährigen
stellvertretenden
Stiftungs-Vorsitzenden Hemjö
Klein sollten
Großunternehmen
als Förderer bis zu
dreißig Millionen
D-Mark im Jahr
aufbringen und
dafür vielfältige
Möglichkeiten
erhalten, sich
werblich darzustellen. Aus diesen
hochfahrenden
Plänen wurde
nichts. Zurzeit
bringt die DSM
jährlich zweieinhalb Millionen
Euro für die
Sporthilfe, der es
gelungen ist,
durch eine solide
Haushaltsführung
ihre Finanzlage zu
stabilisieren.
In die Amtszeit
Grüschows, der im
Sommer 2005
wegen der Affäre
Mohren zurücktrat, fällt der Wandel der rituell erstarrten
Kuratoriumssitzung zum lockeren, durch die Republik rotierenden "Fest der Begegnung". In dieser Zeit wurde mit der
Berliner Gala "Goldene Sportpyramide" ein weiteres gesellschaftliches Ereignis geschaffen. Aus dem Sozialwerk des
deutschen Sports wurde in diesen Jahren die Athleten-Service-Gesellschaft.
Hans Wilhelm Gäb
Der jetzige Sporthilfechef Hans Wilhelm Gäb übertrug seine
Erfahrungen als Vizepräsident General Motors Europa und
Aufsichtsratsvorsitzender von Opel auf die Stiftung. Er ver-
schlankte den Vorstand von siebzehn auf bis zu sechs Mitglieder. Zusätzlich installierte er einen Aufsichtsrat. Der frühere
Journalist, Tischtennis-Nationalspieler und TischtennisPräsident bemüht sich seitdem, das Profil der Sporthilfe zu
schärfen. Nach der Wende war in der Öffentlichkeit das
Gefühl dafür abhanden gekommen, Athleten weiter fördern
zu sollen. In den Medien nährte die Verengung auf telegene
Profisportarten wie Fußball, Formel 1 oder Boxen die falsche
Sicht, dass die Athleten ja ohnehin Geld scheffelten. Gäb
bemüht sich, dieses Zerrbild zu recht zu rücken. Inzwischen
ist die Sporthilfe mit ihrem Leitbild, mit der Markenkampagne
"Leistung. Fair-Play. Miteinander." und mit dem Sporthilfeeid
in die Offensive gegangen. Auf diese Weise sollen Werte wie
Fair-Play und sportlicher Anstand gestärkt und der Dopingseuche entgegen gewirkt werden. Mit dem Sporthilfeeid
verpflichten sich die 3.800 von der Sporthilfe geförderten
Athleten, die Finger vom Doping zu lassen und im Falle von
Verstößen Geld zurück zu zahlen. Mit diesen Aktionen ist die
Stiftung so etwas wie die ideelle Vorausabteilung des deutschen Sports geworden.
Die Förderaktivitäten der Sporthilfe haben sich in den vier
Jahrzehnten zu einem Strauß von Hilfen für Athleten entwickelt. Vorbei die Zeiten, als es anfangs vor allem darum ging,
den Spitzensportlern ein paar Rumpsteaks zu bezahlen.
Längst wird auch der Nachwuchs-, der Behindertensport und
der nichtolympische Sport unterstützt. Die Athleten erhalten
Zuwendungen aus der Regel- und Eliteförderung, bekommen
Stipendien und Erfolgsprämien, erhalten Geld für Nachhilfeunterricht und Studienbeihilfen sowie Verdienstaufall, können mit Unterstützung im Beruf rechnen. Und haben das
gute Gefühl, rundum versichert zu sein. Der Turner Ronny
Ziesmer, der Handballer Joachim Deckarm und manche
andere, die von Unglücksfällen beim Sport schwer geschlagen wurden, profitieren in besonderer Weise davon. Beim
Eliteforum der Sporthilfe auf Schloss und Gut Liebenberg bei
Berlin kommen Athleten immer wieder zu prägenden Begegnungen mit hochrangigen Persönlichkeiten des öffentlichen
Lebens wie Schriftsteller Martin Walser, Künstler Markus
Lüpertz, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, Ex-ZDFIntendant Dieter Stolte, Fernsehmann Alfred Biolek und
vielen anderen zusammen. Und daraus entwickelt sich das
Selbstbewusstsein, selber über den Sport hinaus zur Elite des
Landes zu gehören.
Die Bilanz der guten Taten der Sporthilfe nimmt sich eindrucksvoll aus. Die Zahlen spiegeln die Leistung der Stiftung
nur unzureichend wider, sind aber dennoch respektabel
genug. Die Sporthilfe unterstützt rund 3.800 Athleten täglich
mit 33.000 und jährlich mit 12 Millionen Euro. In den vierzig
Jahren ihrer Gründung wurden fast 40.000 Athleten mit fast
350 Millionen Euro gefördert. Schon lange und noch immer
gilt: Die Sporthilfe ist für den deutschen Sport und seine
OF
Athleten unentbehrlich.
41
Zwischen Selbstüberschätzung
Die Reformfreude der
E
s war schmerzhaft.
Vor mehr als fünf
Jahren hat WolfDietrich Brettschneider
mit einer Studie den
Sportvereinen in
Deutschland alle schönen Grundsätze um die Ohren gehauen, an die sie bisher geglaubt hatten. Der schlimmste Vorwurf des Paderborner Sportwissenschaftlers lautete: Vereine
fördern die körperliche und soziale Entwicklung von Jugendlichen kaum. Auch der Forscher war schockiert. "Es waren
fürchterliche Ergebnisse", sagte Brettschneider damals, "mir
tun diese Daten selbst weh." Der Sport war deshalb so
erschüttert, weil sein Fundament getroffen war, die Vereine.
Auf einmal stand ihr sportlicher, aber auch gesellschaftlicher
Anspruch in Frage. Im Verein sollte doch Sport am schönsten
sein, so hatte der Deutsche Sportbund damals geworben und
auf Plakaten gleich noch Fragen gestellt, die nur Vereine
42
beantworten sollten: Wo sind Vorbilder auch Freunde? Wer
holt die Kinder von der Straße? Wo wird Gesundheit mittrainiert? Wer macht Kinder stark gegen Drogen? Wo bleiben
Senioren jung? In einer Zeit, in der andere Großorganisationen schwer zu kämpfen hatten, schien sich der Sport noch
zu behaupten. Und dann das.
Die Brettschneider-Studie wurde zum Schlagwort für eine
Selbstüberschätzung des Vereinssports. Doch jetzt, gut fünf
Jahre später, sagt Brettschneider: "Die Studienergebnisse sind
positiv gewendet worden, als Steilvorlage für Reformen und
eine Neuorientierung." Was hat sich seitdem getan? Zum
und Neuorientierung:
Sportvereine ist beachtlich
Von Friedhard Teuffel
einen haben die Sportvereine wohl eine realistischere Selbstwahrnehmung angenommen. "Vor der Studie hieß es: Der
Sport ist verantwortlich für alles Gute, für alles Schlechte ist
die Gesellschaft verantwortlich. Das hat sich geändert", sagt
Brettschneider. Die Vereine haben sich offenbar auch vom
Automatismus verabschiedet, dass ihre Mitglieder sofort
beweglicher, gesünder, umgänglicher werden, wenn sie einen
Aufnahmeantrag ausgefüllt haben. Vor allem aber hat die
Studie die Schlüsselfiguren des Vereinssports in den Fokus
gerückt: die Übungsleiter.
Vielleicht hatten manche Vereine zuvor zu hierarchisch
gedacht, von oben nach unten. Wenn der Vorstand gut
besetzt ist, dann werden sich auch sportliche Erfolge einstellen und das Vereinsleben wird aufblühen. Die Studie hat zum
Umdenken veranlasst und die Arbeit in vielen Vereinen vom
Kopf auf die Füße gestellt. "Das ist wohl die wichtigste
Reaktion auf die Studie: Die Deutsche Sportjugend hat
sofort eine Qualitätsoffensive eingeleitet und eine Reform
der Übungsleiterausbildung durchgesetzt bis hinunter in die
Landesverbände", sagt Brettschneider. Diese Reform sollte
vor allem eines bewirken: dass der
Übungsleiter nicht mehr überfordert
ist. Denn zuvor sollte er den Mitgliedern nicht nur beibringen, wie man
seine sportlichen Leistungen verbessern
kann, sondern auch gleichzeitig noch
vorbeugen vor Drogenmissbrauch,
Gewalt und Fremdenfeindlichkeit. Das
war zu viel. Und vor allem: Darauf war
er nicht vorbereitet.
aus der Reihe, sagt der 63 Jahre alte Sportpädagoge. "Tiefer
greifende strukturelle Veränderungen hatte ich schon vor
der WM angesprochen. Nun kann sich - so verrückt es sich
anhört - der WM-Erfolg negativ auswirken. Weil man sagt:
So schlecht kann doch alles nicht gewesen sein. Der Fußball
ist geblendet vom Erfolg." Das habe gravierende Folgen. Im
Fußball, sagt Brettschneider, werde nach wie vor falsch
trainiert, mit einer einseitigen Konzentration auf Technik.
Genau diese Konzentration bewirke jedoch, dass Kinder und
Jugendliche den Spaß am Sport verlieren. "Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass gerade diejenigen, die früher die
besten Leistungen erbracht haben, eher aus dem Sport
aussteigen als diejenigen, die später begonnen und
zunächst vielseitig trainiert haben." In Berlin brüstet sich
ein Vereinspräsident damit, seine kleinen Mitglieder persönlich vom Kindergarten abzuholen und anschließend mit
ihnen zu trainieren. Eine schöne Geschichte für die Boulevardpresse. Ein Schauermärchen für jeden Sportwissenschaftler.
Inzwischen bekommen die Übungsleiter in ihrer Ausbildung ein besseres
Rüstzeug mit. "Jetzt wird Sozialkompetenz und pädagogische Kompetenz
in explizit ausformulierten Modulen
behandelt, um psycho-soziale Ressourcen zu mobilisieren", sagt Brettschneider. Die Reformfreude erstreckte
sich auf alle großen Verbände - bis auf
einen. Der Fußball tanze weitgehend
43
Auch bei der Drogenprävention schlage der Fußball in
Deutschland einen falschen Weg ein. Der Fußball mache sich
selbst etwas vor, wenn er behaupte, dass die Jugendlichen
überall trinken und rauchen, nur nicht im Fußballverein.
"Nirgendwo wird so viel getrunken und geraucht wie im
Fußball und im Handball. Es geht aber auch nicht nur darum.
Die Hemmschwellen zu harten Drogen werden durch frühen
Alkohol- und Nikotinkonsum immer geringer", sagt Brettschneider.
So sehr der Forscher die Selbstkritik in weiten Bereichen des
Fußballs vermisst, so sehr hat er sie in anderen Verbänden
gefunden. Das ist ein guter Anfang, vor allem, weil sich der
Sport immer größeren Herausforderungen gegenübersieht.
Die Gesellschaft wird immer älter, es gibt steigende soziale
Konflikte, etwa durch Migration, der Bewegungsmangel bei
Kindern wird immer auffälliger. Außerdem muss sich der
Sportverein auch noch gegen kommerzielle Anbieter
behaupten. Wie kann er das alles schaffen?
Er schafft es schon in vielen Regionen Deutschlands, selbst
in den sozialen Krisengebieten der großen Städte. Vereine,
die diese Herausforderungen bewältigen, haben einiges
gemeinsam. Es lässt sich im wesentlichen unter drei Schlagworte fassen: Qualifizierung, Ausdifferenzierung und Kooperation. Auf gutes Personal kommt es also an und darauf, dass
die Angebote auf die einzelnen Mitglieder zugeschnitten
sind. Ein Beispiel: Der Berliner Verein SV Empor Köpenick legt
seit einigen Jahren einen Schwerpunkt auf den Vorschulsport. 468 der knapp 1.400 Vereinsmitglieder sind Vorschulkinder. Um sie kümmern sich Übungsleiter, die sich auf den
Sport mit Kindern spezialisiert haben und auch noch psychologische Kenntnisse mitbringen. Ein weiterer Grund für den
Erfolg des Konzepts ist die Kooperationsfreude des Vereins.
Seitdem die Köpenicker mit Kindergärten zusammenarbeiten,
hat sich die Zahl ihrer Vorschulsportler fast verdoppelt.
Davon haben alle etwas, auch der Kindergarten, denn er darf
sich das Siegel "Bewegungsintensive Kita" an die Tür heften.
Von Beginn an hält sich der Verein an die Erkenntnis, dass
allgemeines Training für Kinder sinnvoller ist als spezielles.
"Die Kinder müssen von allem etwas können, dann sind sie
später körperlich intelligenter", sagt Vereinsgeschäftsführerin
Angelika Lehmann. Beim SV Empor Köpenick trainieren sie
daher ihre Geschicklichkeit, ihre Wahrnehmung, ihre Schnelligkeit und Beweglichkeit. Im Vorschulsport lernen die Kinder
die Grundrechenarten des Körpers. Der TSV Bayer 04 Leverkusen hat gleich eine eigene Abteilung für allgemeinen
Kinder- und Jugendsport gegründet, in der zurzeit 2.700
Kinder im Alter zwischen einem Jahr und acht Jahren Sport
treiben - "spielerisch, allgemein und grundmotorisch", sagt
die Abteilungsleiterin Anne Wingchen. Viele Elemente kommen dabei aus dem Turnen. "Früher als mit acht Jahren
müssen sich die Kinder nicht für eine Sportart entscheiden",
44
sagt Wingchen, "unsere Erfahrung ist: Je später sie sich
spezialisieren, desto eher landen sie im Leistungssport." Viele
Vereine hätten den Schock der Brettschneider-Studie gar
nicht gebraucht. Sie haben schon vorher, teils instinktiv, teils
wohlüberlegt das Richtige getan und einen Wunsch erfüllt,
den Brettschneider an den Sport hat: Er müsse sozialer
werden. Leistungssport - auf jeden Fall. "Aber es muss auch
möglich sein, Leistung zu relativieren. Die Höhe der Aufgaben in Passung zu bringen mit dem persönlichen Kompetenzniveau - jemanden nicht zu überfordern und nicht zu
unterfordern", sagt Brettschneider. Das gilt für den Nachwuchsbereich genauso wie für den Seniorenbereich. Entscheidend sind auch hier - die Übungsleiter. Das bestätigt
etwa Elke Schramm, die beim Berliner Klub "Kietz für Kids
Freizeitsport" Seniorengruppen betreut und dem Verein in
Berlin damit zu einem ausgezeichneten Ruf verholfen hat.
Wenn die 64-Jährige eine Gruppe leitet und beispielsweise
einen Einbeinstand vorführt, dann wackele sie manchmal mit
Absicht ein bisschen, um zu zeigen, dass sie ebenfalls an
ihren Schwächen arbeiten müsse. "Man muss auf die Bedürfnisse der älteren Leute eingehen und Ansprechpartner sein",
sagt sie.
Viele Vereine haben erkannt, dass ältere Menschen heute
vitaler sind und andere Ansprüche haben und ihre Angebote
an sie angepasst. Dieser Anpassungsprozess wird auch im
Nachwuchsbereich weitergehen mit den bewährten Mitteln
Qualifizierung, Differenzierung und Kooperation. "Man muss
Gruppen mit unterschiedlichen Niveaus einrichten. Aber das
findet nicht überall Befürworter", sagt Brettschneider. "Die
Pole wandern schließlich immer weiter auseinander. Auf der
einen Seite stehen immer mehr Eliteschulen, auf der anderen
Seite Konzepte, die auch weniger Begabten eine Chance
geben. Die Diskussion um die Ausrichtung der Sportvereine
und ihrer Jugendarbeit wird darum an Heftigkeit zunehmen."
Sie ist jedenfalls schon voll im Gange, teilweise ausgelöst
durch die Studie von Wolf-Dietrich Brettschneider, der selbst
einen Lernprozess mitgemacht hat. "Die Eliteförderung stand
und steht bei mir nicht in Frage, aber ich habe mir zu wenige
Gedanken gemacht um jene, die im Schatten stehen: übergewichtige Kinder zum Beispiel." Die müsse man nun verstärkt
emotional ansprechen, Frusterlebnisse vermeiden und ihnen
stattdessen vermitteln: Ich kann das. Der Sport müsse also
sich um einzelne Gruppen intensiver kümmern, auch um
Migrantenkinder und um Mädchen, denn der Jugendbereich
der Sportvereine sei immer noch eine Männerdomäne, weil
männliche Übungsleiter dominierten und sich die Angebote
inhaltlich zu wenig an den Bedürfnissen der Mädchen orientierten. Diese Anforderungen mögen einigen Vereinen noch
unbekannt sein. Doch viele Vereine in Deutschland müssen
sich ihre Arbeit nicht mehr von der Wissenschaft neu bestimmen lassen. Sie sind täglich dabei, kleine aber sinnvolle AntOF
worten auf große gesellschaftliche Fragen zu geben.
Teenager außer Kontrolle - Eltern von der Rolle
Wenn der Verein zum Zufluchtsort
für Kinder und Jugendliche wird
Von Bianka Schreiber-Rietig
M
ein Kind tut so etwas nicht!" Und dann tut es
genau das, was Eltern im Brustton der Überzeugung empört zurückgewiesen haben. Zum Beispiel: Koma-Saufen, Handy-Mobben, Gewalt-Computerspiele, sich zum Prügeln mit Linken, Rechten oder Banden treffen. Von Kiffen, Rauchen ganz zu schweigen. Eltern von der
Rolle. Nun regen sich alle wieder auf: Diese Kinder, diese
Jugendlichen - am besten ab mit allen ins Erziehungs-Camp
bei RTL. Achtung: Teenager außer Kontrolle! Politiker rufen nachdem ein 16-jähriger Berliner sich mit über 50 Tequilas
ins Koma gesoffen hat - nach einer neuen Prohibition "Alkoholverbot für Minderjährige" und meinen, damit sei es dann
getan.
"
Genau das ist das Problem: Kinder und Jugendliche werden
in dieser Gesellschaft nicht ernst genommen, es sei denn, sie
machen Schwierigkeiten. Und wir begegnen ihnen nur mit
Verboten - schon von klein auf: Spielen verboten, sprechen
verboten, toben verboten. Kinder- und Jugendpolitik und
somit Familien- und Bildungspolitik werden seit Jahrzehnten
zweitrangig und meist nur unter dem finanziellen Aspekt
diskutiert: Der Nachwuchs soll Probleme auf dem Arbeitsmarkt entschärfen und vor allem die Rentenkassen füllen.
Oder es werden ideologische Grabenkämpfe geführt, wie
derzeit der skurrile Streit um Krippenplätze.
"Kinder und Jugendliche sind die Zukunft unseres Landes." In
Sonntagsreden wird diese Phrase gerne von Politikern, aber
auch von Wirtschaftsbossen oder Gewerkschaftern gedroschen. Über die Zukunftsfähigkeit der deutschen Gesellschaft
wird viel gefaselt, aber die entscheidenden Investitionen in
das Wohl von Kindern und Heranwachsenden finden nicht
statt. Der Lebensraum von Kindern wird weiter in den Hintergrund gedrängt. Beispiel: Eine Kommune entscheidet sich
für das Teeren einer Straße und gegen den Spielplatz, weil
nicht genug Geld da ist. Die Prioritäten richten sich nach
dem Einfluss der Lobbyisten. Gesamt-Konzept - Fehlanzeige.
Unseren Kindern geht es doch gut. Sie haben alles. Keinen
Krieg erlebt, wachsen im Überfluss auf, haben keine Probleme. Was soll also die Kritik? Könnte es sein, dass wir da
Einiges übersehen? Etwa Konsum- oder Wohlstandsverwahrlosung auf der einen Seite? Und Kinderarmut, ausgelöst
durch Arbeitslosigkeit oder familiäre und soziale Umstände,
auf der anderen Seite? Was wissen wir Erwachsene - noch
dazu wenn wir keine Kinder haben -, was in den Köpfen von
Mädchen und Jungen wirklich vorgeht? Was sie bewegt,
erschreckt, was sie mögen? Welcher vom Job genervte Vater
hört sich gerne an, wenn seine vierjährige Tochter sich über
den langweiligen Kita-Tag und die ungerechte "Tante Monika" beschwert, wie viel Unterricht mal wieder in der Schule
ausgefallen ist und wie viele Bewerbungen nun der Sohnemann abgeschickt hat - und nicht einmal eine Antwort
bekommt. Hat man nicht selbst Sorgen genug im Beruf oder
wegen der Arbeitslosigkeit, mit der Selbstverwirklichung,
dem Ehepartner? Und dann auch noch um den Nachwuchs
kümmern? Nein danke - und überhaupt: "Mein Kind tut so
was nicht!" Wegschauen und Probleme nicht wahrnehmen
oder einfach aussitzen. Oder anderen die Schuld zuweisen,
wenn Kinder nicht so funktionieren, wie man es gerne hätte.
Kümmern und Kummer haben nicht nur einen gemeinsamen
Wortstamm, sondern Folgen... wer sich nicht kümmert, wird
sich mit Kummer auseinandersetzen müssen. Es sollte uns
schon kümmern, dass Deutschland kein kinderfreundliches
Land ist. Wir haben es nun zum wiederholten Mal schriftlich
bestätigt bekommen: Jüngst im UNICEF-Report. Unter 21
Industriestaaten landete die Bundesrepublik auf Rang elf einem beschämenden Mittelmaß-Platz. Kriterien der Untersuchung waren: die materielle Situation, Gesundheit, Bildung, Beziehungen zu Eltern und Gleichaltrigen, Lebensweise
und Risiken sowie die eigene Einschätzung der Kinder und
Jugendlichen. Befragt wurden 11-, 13-, und 15-Jährige.
Besonders erschreckend in dieser Studie war: Zwischen
Eltern und ihren Söhnen und Töchtern herrscht Funkstille. 50
45
Prozent der 15-Jährigen beklagen sich über die Sprachlosigkeit - dass sich Väter und Mütter zu wenig Zeit nehmen, um
mit ihnen zu reden. Also auch nicht mitbekommen, dass sie
Liebeskummer haben, oder Essstörungen, dass sie in der
Klasse, mit Lehrern oder Ausbildern Probleme haben.
Ganz zu schweigen vom regelmäßigen Trinken und davon,
dass manche Kids schon mit elf Jahren Kettenraucher sind.
Nirgends, so belegt UNICEF, gibt es unter den 11-, 13- und
15-Jährigen so viele Raucher wie in Deutschland. Auch beim
Alkohol greifen deutsche Jugendliche gerne zu - nur britische Kids sehen noch öfter zu tief ins Glas. Bei gesunder
Ernährung halten sich Kinder und Jugendliche dagegen eher
zurück. Und in Deutschland kommt zum Beispiel rund ein
Drittel der Befragten ohne Frühstück zur Schule. Auch Sport
treibt - da ähneln sich wie in den Ernährungsfragen die
Ergebnisse aller Länder - nur ein Drittel der Befragten an
fünf Tagen in der Woche. Eltern sind auch da Meister des
Verdrängens und Wegguckens: Kritik von außen wird oft
sofort als "falsch und ungerechtfertigt" zurückgewiesen:
denn Fehler zugeben würde ja auch bedeuten, mal selbst zu
reflektieren, wie das mit der Erziehung der eigenen Sprösslinge eigentlich so läuft. Ursachenforschung? Nein, die
anderen sind schuld.
Egoismus ist alles. Über die Stränge schlagen wird sogar
noch belohnt: Mit den Worten: "Ist ja alles nicht so schlimm.
Hier hast Du 20 Euro - mach Dir einen schönen Nachmittag",
reagierte eine Mutter auf Schmierereien ihres Filius an der
Eingangstür der Schule. Und schon brauste Mama vom Hof.
Das ist eine Gewissen beruhigende Erziehungsstrategie
mancher Eltern. Und so braucht man sich nicht zu wundern,
wenn schon im Kindergarten kleine Zicken und kleine
Machos die "Bestimmer" sind und diese Rolle auch nicht
mehr abgeben werden. Eltern als Vorbild? Häufig taugen sie
nicht dafür.
Wenn niemand von der Familie oder kein Lehrer da ist, mit
dem das Kind oder der Teenie sich unterhalten können, dann
suchen sie sich jemanden anderen: Das mag die beste Freundin sein oder die Gang. Oder sie bleiben allein, vertreiben
sich die Zeit am Computer oder Fernsehen, an Spielautomaten oder sie hängen einfach rum. Manchmal sind Jugendzentrum oder Sportverein eine Art Zufluchtsort, wo sie im
Übungsleiter einen Zuhörer finden und in den Mitspielern so
etwas wie Leidensgenossen sehen. "Hier sind Leute, die sich
für mich interessieren. Wir reden nicht nur über Basketball,
sondern auch über Schule, Freundin und so", antwortet Felix
auf die Frage, warum er nahezu jeden Tag im Vereinsheim
aufläuft, obwohl er kein Training hat. Und ist sich da mit den
Probanden der UNICEF-Studie einig: 70 Prozent bejahten die
Frage, ob sie ihre Altersgenossen freundlich und hilfsbereit
finden. Hier schneidet Deutschland überdurchschnittlich gut
ab. Der 14-jährige Felix hat zu Hause alles - nur niemanden,
46
der auf ihn wartet. "Meine Eltern kommen meist nicht vor
20.00 Uhr. Da bin ich halt lieber hier", sagt der Gymnasiast.
Und da haben die Eltern Glück. Manche landen auch bei
rechten Rattenfängern. Elf-, Zwölfjährige aus Felix' Schule
treffen sich auf einem Spielplatz, wo die Flasche kreist. "Da
merken die Eltern nicht einmal, dass die erst gegen 22.00
Uhr zu Hause sind - mit einer Fahne." Bis zu dem Moment,
wo Fremde dann nicht wegschauen und mal die Polizei zu
dem "Treffpunkt" rufen. "Da war dann was los", sagt Felix.
"Die Eltern standen Kopf."
Natürlich bleiben auch nicht immer vor dem Klubhaus die
Probleme draußen. "Bier trinken habe ich beim Rudern
gelernt. Da haben
uns die Alten
Herrn immer zu
einer Runde
eingeladen", sagt
Mark, aber bei
ihm blieb alles im
Rahmen. Andere
haben dagegen im
Sportverein auch
schon mal eine
Saufkarriere
begonnen. "Die
sind dann irgendwie schon anfällig, labil", sagt
Übungsleiter Jan,
der sich in den
letzten Jahren
öfter "als
Gesprächstherapeut und Sozialarbeiter, Tröster und
Ratgeber" gefordert sieht, denn
als Tennis-Trainer.
Der Verein als
Wohnzimmer,
Sozialstation,
Gesundbrunnen
und Kommunikationszentrum.
Über ihn sind
gesellschaftliche
Probleme und
Verweigerungshaltung besonders
im Kinder- und
Jugendbereich
hereingebrochen.
Und über Betreuer und Trainer, die häufig überfordert sind.
"Viele Heranwachsende erleben beim Sport so was wie
Geborgenheit. Oder einen Wohlfühlfaktor. Erfahren Gemeinschaft und Anerkennung. Und lernen gleichzeitig, mit Enttäuschungen und Niederlagen umzugehen, und dass sie
Rücksicht nehmen und anderen Respekt entgegen bringen
müssen, um ein Teamplayer zu bleiben", sagt Jan.
Und nur saubere Leistung ist "cool", erzählt Mel. "Wir hatten
hier mal einen Jungen, der war vorher mit seinen Kumpels in
so einer Mucki-Bude. Dort hat er auch irgendein Pulver
eingepfiffen. Dann tauchte er hier auf, wollte mit Handball
spielen. Und im Hantelraum hat er sein Pülverchen
geschluckt. Das haben wir ihm aber schnell abgewöhnt - und
er spielt auch ohne super gut." Drogen nein danke - egal in
welcher Form. "Wie passen denn auch Sport, Gesundheit und
Fitness mit Tabletten zusammen?", fragen die Jugendlichen
und finden die ganze "Dopingproblematik zum Kotzen".
Das sei genau der Punkt, wo "wir hingetrieben werden",
meint Lukas. "Es muss immer alles super sein. Es werden
keine Grenzen akzeptiert. Druck von allen Seiten. Es muss
immer noch eins drauf gesetzt werden", sagt der 15-Jährige
und beklagt außerdem, "dass man sich doch auch auf niemanden mehr verlassen, ja keinem vertrauen kann". Vorbilder? "Na, da braucht man ja nur jemanden wie Jan Ullrich
anschauen. Oder Sänger wie Robbie Williams." Life is a
Cabaret. Oder nur im Rausch zu ertragen? Immer nur Jubel
und Party, wie es die zweifelhaften Promi-Leitwölfe vorleben? Ja, Vorbilder: Schwimmerin Nele erzählt von der Freundin, die sich nur noch von Cola und Aspirin ernährt hat, weil
sie sich zu dick fühlte. Niemand zu Hause hat es mitbekommen, auch in der Schule keiner. Die Trainerin der Kinderschwimmgruppe hat gemerkt, dass etwas nicht stimmt und
dann Alarm geschlagen. Probleme, die auch bei Jan ankommen.
Oberflächlichkeit, Ellenbogen-Gesellschaft, Konsumverblödung, Mediensteuerung, Macht, Image, Disziplinlosigkeit,
Zwänge, Druck sind Wörter, die in einer Diskussionsrunde
mit Berliner Jugendlichen immer wieder auftauchen. Sie
fühlen sich im Stich gelassen, allein. Das kommt dann
manchmal im Gespräch wieder hoch, auch wenn es lange
zurückliegt. "Ich wurde immer zu Kindergeburtstagen eingeladen, durfte aber nie selbst einen feiern. Meiner Mutter war
das zu viel Stress, dabei hätte ich auf alle Geschenke verzichtet, wenn ich nur einmal eine Party hätte geben dürfen",
sagt der 16-jährige Alexander bitter. Zuwendung gab es nur
in Form von Geld und Präsenten. Die Runde hat gut zugehört. Für Alex wird es demnächst im Klubhaus eine Überraschung geben: Alle in dem kleinen Verein sind dabei, um
seinen ersten Kindergeburtstag zu organisieren mit Topfschlagen, Süßkram und Girlanden - auch wenn er dann
schon 17 wird.
"Manche von uns erleben hier beim Sport zum ersten Mal,
dass wir alle füreinander Zeit haben und sie uns nehmen",
sagt Linda, die sich wie die meisten in dieser Jugendtruppe
nicht über mangelndes Interesse ihrer Eltern beschweren
kann. Aber einige eben schon. Und dann doch noch GlücksMomente - etwa für Tobias: Beim Finale um die Stadtmeisterschaft tauchte unerwartet sein Vater auf, der bis dato nie
für seinen Sohn viel Zeit hatte. Er schließt den neuen TennisChampion in die Arme. Kleine Geste, große Wirkung... Willkommen in einer verlässlichen, emotionalen Lebensumwelt
OF
mit glücklichen Kindern.
47
Eine humanistische Allianz
als Hoffnungsträger
Mark- und Meilensteine im
Verhältnis Kirche und Sport
Von Hans-Dieter Krebs
or 40 Jahren hat der heute noch thematisch aktuelle
Briefwechsel zwischen dem DSB-Präsidenten Willi
Daume und Julius Kardinal Döpfner, Erzbischof von
München und Vorsitzendem der Deutschen Bischofskonferenz,
das Miteinander des Sports mit den Kirchen einen wichtigen
Schritt vorangebracht. Zwei Jahre zuvor hatten 1965 Daume
und Kurt Scharf, der Präses der Evangelischen Kirche in
Deutschland (EKD), die Diskussion auf höchster Ebene aufgenommen. Den Anstoß zu dieser richtungweisenden Korrespondenz gab ein wegleitendes Gespräch von Scharf mit Daume in
der Evangelischen Akademie Bad Boll. Und Bad Boll steht
symbolisch wie kaum eine andere Institution für vielfältige
Impulse und Anstöße in der kritisch-offenen Partnerschaft von
Kirche und Sport, die stets neuen Nachdenkens und zukunftsgerichteter Überlegungen bedarf. Die Kontinuität und zugleich
die vorbildliche ökumenische Ausrichtung des Dialogs zwischen
den großen Kirchen und dem Sport in Deutschland haben
inzwischen Marksteine gesetzt.
V
digkeit" vorgenommen, wie es
Präses Scharf für die Evangelische Kirche vor 42 Jahren
angesprochen hat? Denn der
Appell von 1965 findet seinen
Widerhall im Spitzengespräch
2007 des DOSB mit den
beiden großen christlichen
Kirchen - allerdings mit
einem gewichtigen Umbruch,
dem teilweise hohen Stundenausfall im unersetzbaren
Sport- und Religionsunterricht, obwohl beide unwidersprochen entscheidend die
Persönlichkeitsentwicklung
der Kinder und Jugendlichen
fördern. Nun streiten Kirchen
und Sport sozusagen Seit an
Seit und müssen eine nicht
nur strategische Allianz gegen
eine weitere Auszehrung von Religions- und Sportunterricht
schmieden.
1967 beherrschte der zwar unterhöhlte Amateurismus die
Sportideologie. Die 68er hatten noch nicht zum Kampf gegen
Leistung aufgerufen. Vom Doping sprachen nur Experten in
kleinen Zirkeln. Millionenzuschüsse von Sponsoren waren
Utopie. Doch damals konstatierte Kardinal Döpfner fast prophetisch: "Die Bedrängnis des Leistungssports [kommt] weniger
vom Leistungsprinzip als solchem, als vielmehr aus dem
menschlich so manipulierbaren Management. So haben wir
Christen unsere Stimme nicht gegen den Leistungssport als
solchen zu erheben, sondern Front zu machen gegen jede Form
der Unredlichkeit, Unwahrhaftigkeit und Bestechlichkeit, die
sich so leicht in die Austragsformen des Leistungsvergleichs
einschleichen können."
Dem geschichtsbewussten Zeitgenossen fällt freilich auf, daß
vieles, was den Sport heute im Innersten bewegt, schon im
genannten Briefwechsel ins Visier genommen worden ist,
wenngleich sich das Umfeld umgestaltet hat. So hat Präses
Scharf 1965 auch der Politik ins Stammbuch geschrieben: "Als
Kirche bedrückt es uns zu sehen, wie in der gesamten Erziehung der Leib, der dem Menschen von seinem Schöpfer als
Gabe und Aufgabe anempfohlen ist, nicht oder kaum zur
Entfaltung seiner Möglichkeiten kommt."
Dass sein Nachfolger in München, Josef Ratzinger, der jetzige
Papst Benedikt XVI., in seiner Betrachtung vor der Fußball-WM
1978 gewarnt hat, das Spiel dem "düsteren Ernst des Geldes"
zu unterwerfen und es "aus einem Spiel in eine Industrie" zu
verkehren, verdeutlicht die bedrohliche Kontinuität und Zuspitzung der Gefahren. Hier erheben die Kirchen nicht den moralischen Zeigefinger, sondern sie versuchen, ihren Partnern im
Sport, wenn sie denn auf das Wort der Kirchen hören wollen,
"da, wo wir helfen können, die Hilfe nicht [zu] versagen". Dieses
Leitmotiv von Kurt Scharf gilt seit über 42 Jahren im Verhältnis
von Kirche und Sport, heute mehr denn je.
Neben der Resignation verbreitenden Tatsache, dass heute
Scharfs Nachfolger ähnliche Feststellungen treffen müssen,
stellt sich die Frage: Haben die beiden Kirchen in ihren Schulen
und Internaten durchwegs "Verbesserungen in eigener Zustän-
Dieser Dialog wird auf unterschiedlichen Ebenen fortgesetzt;
die vielen kleinen alltäglichen Gemeinsamkeiten in den Pfarrgemeinden und Vereinen ohne laute Resonanz seien dankbar
erwähnt. Dass die Verantwortlichen an der Basis durch das
48
Wort von oben sich gestützt und ermutigt sehen wollen, dieser
stille Wunsch ist angekommen, denn als Ergebnis des ersten
Spitzengesprächs des DOSB-Präsidenten Thomas Bach mit
Bischof Wolfgang Huber und Kardinal Karl Lehmann steht die
Ausarbeitung einer Grundsatzerklärung für den Beginn des 21.
Jahrhunderts bevor. Die Einladung von Thomas Bach, jeweils
einen Seelsorger in das Olympiateam für Peking 2008 zu
entsenden, verfestigt die wertvolle Tradition der "Olympiapfarrer" in ökumenischem Miteinander. Diese Gemeinsamkeit hat
der DOSB sichtbar demonstriert, als er die Ludwig-WolkerPlakette, die den Namen eines katholischen Geistlichen und
Mitgründers des DSB nach dem Zweiten Weltkrieg trägt, dem
mit dem Sport eng verbundenen Ratsvorsitzenden der EKD
Bischof Huber verliehen hat.
Der Sport und die Kirchen treffen sich nicht nur in oder am
Rande der Arena. In Zeiten sozialen Umbruchs sind sie durch
gemeinsame Werte und Ziele miteinander verbunden und
tragen Verantwortung für den Zusammenhalt der Gesellschaft,
die körperliche und seelische Gesundheit sowie die Integrität
der Menschen. Ganz konkret erfüllt sich die gemeinsame
Aufgabe in der Sicherung der Kultur des Sonntags, einem von
Anfang schwierigen Feld, und heute besonders in der Integration von Zugewanderten, Minderheiten und Ausgegrenzter, die
die Kirchen und der Sport erreichen können.
Ein Hauch der ökumenisch geprägten Partnerschaft von Kirchen und Sport in Deutschland durchwehte auch jenes als
Meilenstein beurteilte dreitägige internationale Symposium
"Zur christlichen Sicht des Sports" Anfang März 2007 in Mainz.
Diese Veranstaltung war nicht nur eine bedeutsame Plattform
für tiefgründige Beiträge hochkarätiger Experten über anthropologische, theologische und pastorale Aspekte des Sports,
sondern hier stellte sich nach einer ersten Bestandsaufnahme
2005 die junge Sektion Kirche und Sport im Päpstlichen Rat
für die Laien vor. Diese Abteilung geht auf eine der letzten
Initiativen von Johannes Paul II. zurück, der selbst vielseitig
erfahrener Sportler war und den Sport als "Zeichen der Zeit"
aufwertete. Nur vier Tage nach der anrührenden Feier des
Heiligen Jahres 2000 für die Sportler im Olympiastadion von
Rom kam die fraglos vom Papst ausgehende Anweisung, eine
solche Sektion Kirche und Sport auf den Weg zu bringen. Das
vatikanische Sportreferat ist seit 2004 vom amerikanischen
Pater Kevin Lixey besetzt.
Erbe und Leitbild für die Verantwortlichen im Päpstlichen
Laienrat, vor allem dem Sekretär dieses vatikanischen "Ministeriums", dem aus Siegen stammenden Kurienbischof Josef
Clemens, ist das Bekenntnis von Johannes Paul II. aus dem
Jahre 2000: "Sport kann, ohne seine wahre Natur zu verlieren,
Antworten auf die Bedürfnisse unserer Zeit geben: Sport, der
die Schwachen schützt und niemanden ausgrenzt, der die
jungen Menschen aus der Falle der Apathie und Indifferenz
befreit, der einen gesunden Wettkampfgeist in ihnen erweckt.
Sport, der einen Beitrag zur Emanzipation ärmerer Länder
leistet, der Intoleranz ausrottet und eine brüderlichere und
einigere Welt aufbaut. Sport, der zur Liebe des Lebens beiträgt,
der Opferbereitschaft, Respekt und Verantwortung lehrt und
zur vollen Entfaltung jeder menschlichen Person führt."
Die vielschichtigen Erkenntnisse des international besetzten
Mainzer Symposiums, das von der Wissenschaftlichen Kommission des Arbeitskreises Kirche und Sport der Katholischen Kirche
in Deutschland und dem vatikanischen Laienrat veranstaltet
wurde, darf man als eine Vorlage verstehen, denen jetzt Tore
folgen müssen, wie es Bischof Clemens, der 19 Jahre Sekretär
des damaligen Kardinals Ratzinger war, bildhaft ausgedrückt
hat. Das kann als berechtigte Hoffnung interpretiert werden,
dass nach vielen wegweisenden Worten der Päpste eine erste
Stellungnahme des Vatikans zum Sport in unserer Zeit als
"Stärkung der Brüder im Dienst an den Nächsten" und als
"Angebot einer zweckfreien Hilfe bei der Lösung der drängenden Fragen des Sports ohne Hintergedanken" angestrebt wird.
Eine nachdrückliche Erklärung mit globaler Wirkung dürfte den
Dienst an dem Menschen, den Erhalt seiner Würde und die
Aussage gegen die Instrumentalisierung der Athleten in den
Mittelpunkt stellen. Der Tübinger Ethikprofessor Dietmar Mieth
verwies auf die beeindruckenden ökumenischen Erfahrungen
in Deutschland und brachte angesichts der weltweiten Dimension der Probleme des Sports sogar eine "humanistische Allianz" mit anderen Religionsgemeinschaften ins Gespräch.
Viele Impulse des Mainzer Symposiums werden in Rom
ankommen, wirken aber auch auf den deutschen Sport zurück.
Thomas Bach sprach nicht nur als DOSB-Präsident, sondern
auch als einflußreicher IOC-Vizepräsident, dass das gemeinsame Bemühen von Kirchen und Sport "um Fairness, menschliches Miteinander, friedlichen Wettbewerb ohne Manipulation
und um internationale Begegnung uns nicht dazu verleiten
darf, den Sport zu einer Ersatzreligion machen zu wollen. Der
Sport ist keine Religion und muss sich entsprechenden Versuchen widersetzen." Den Sport wie Avery Brundage zur Religion
des 20. Jahrhunderts hochzustilisieren, das bleibt eine Episode.
Damit ist jedoch die fortdauernde Idolisierung des Sports und
seiner Aushängeschilder längst nicht gebannt.
40 Jahre nach dem Briefwechsel Daumes mit dem begeisterten
Bergwanderer Kardinal Döpfner gewinnt das Gespräch des
Sports mit der katholischen Kirche eine universale Dimension.
Vom Nachdenken über die christliche Sicht des Sports, das
Verbindendes und Herausforderndes zutage brachte, stehen die
Verteidigung und Unterstützung eines humanen Sports unverändert auf der Tagesordnung dieses Dienstes der Kirchen. Das
erwünschte Wort des Vatikans kann solche Bemühungen im
Aufruf, in kritischer Begleitung und Rückbesinnung auf die
verletzlichen Werte im Sport ins Bewusstsein des Weltsports
OF
bringen.
49
Was macht eigentlich ...?
Martin Lauer
Von Steffen Haffner
D
er Ortsname Lauf könnte symbolischer kaum sein. Hier, in der
Kleinstadt an der Pegnitz unweit Nürnbergs, wohnt Martin
Lauer, Weltrekordläufer im Hürdenlauf und Olympiasieger in
der Sprintstaffel. Das Autokennzeichen vor dem properen Haus weist
auf seinen Besitzer hin: LAU-ER. Hier hat sich das Idol der späten
fünfziger Jahre gemeinsam mit seiner Frau, einer Nürnbergerin, ein
geschmackvolles Domizil eingerichtet. "Ich bin ein heimatvertriebener
Kölner. Das Kölsch darf nicht ausgehen, das schmuggeln wir bei
Nacht und Nebel über die bayrische Grenze." Die Lauers haben sich
nicht in der fränkischen Provinz vergraben. "Die Kinder sind gut auf
die Schiene gesetzt." Der Sohn wohnt mit seinen zwei Jungen gegenüber, die Tochter mit ihrem dreijährigen Töchterchen in Frankfurt.
"Wir sind mobil." Reisen gehört zum Lebensstil. Auf den Seychellen
haben sie sich gerade Neid erregende Bräune geholt.
Doch Strandurlaub ist weniger
ihre Sache. Zu zweit haben sie
die abenteuerlichsten Reisen
überstanden. "Das verbindet. Das
Wichtigste ist mir meine Frau",
mit der er seit vierzig Jahren
verheiratet ist. Sie haben Australien nach allen Himmelsrichtungen durchquert. Sind durch die
Wüste Atacama und dann die
Anden entlang nach Süden
gefahren, wurden ausgeraubt
und verfehlten so ihr Traumziel
Feuerland. Ein Schock. Dennoch
werden China-Pläne geschmiedet, diesmal im Schutz einer
Gruppe. Der Totempfahl an der
Tür zum lichten Wohnzimmer ist
ein sperriges Mitbringsel aus Nordamerika. Erstmals sind sie 1968 zu
zweit losgezogen, mit dem Auto von San Francisco nach Mexiko zu
den Olympischen Spielen. Mit 31 hätte er dort als Athlet noch voll auf
der Höhe sein können. Doch war er "nur" als Journalist dabei. Das
Schicksal hatte ihn acht Jahre vorher aus der (Lauf-)Bahn geworfen.
Warum das so kam, das ist Anfang des Jahres zum 70. Geburtstag in
den Medien ausgebreitet worden.
Martin Lauer war so etwas wie ein Liebling der Götter. Einer, dem
reiche Begabungen in die Wiege gelegt wurden. Als Junge war er im
50
Dreikampf unschlagbar. Denn er warf den Schlagball oft doppelt so
weit wie der Nächstbeste. "Ohne Schlagball wäre ich vielleicht Fußballer geworden." Verblüffend seine Vielseitigkeit: "Ich musste mich in
allem versuchen." Schon mit siebzehn wurde er deutscher Meister im
Fünfkampf. "Ich habe zwei Mal die Woche konsequent trainiert. Ich
habe alles in anderthalb Stunden reingepackt. Denn mein Bestreben
war immer, möglichst wenig Zeit auf dem Platz zuzubringen." Denn
es gab ja sonst so viel zu erleben, so viel zu tun. "Mit 14, 15 war für
mich klar: Ich wollte Diplom-Ingenieur werden. Das war mein Ziel…
Ich habe studiert wie ein Besessener, um schnell fertig zu werden.
Den Zehnkampf habe ich mir aufgespart für die Zeit danach." Dennoch wurde der Neunzehnjährige schon 1956 in Melbourne Olympiafünfter im Zehnkampf, dazu Olympiavierter im Hürdensprint. Drei
Jahre später hätte er in Düsseldorf um ein Haar den ZehnkampfWeltrekord gebrochen. Da lief er gleich einmal die 100 Meter in 10,2
Sekunden, das war Weltbestzeit.
Doch den Diskus warf er nach
zwei ungültigen Versuchen statt
der möglichen 52 nur 36 Meter
weit, aus dem Stand. Die Chance
war vertan. Das wurmt ihn noch
heute.
Das war im Jahr 1959, an dessen
Ende er zum "Welt-Leichtathleten" gewählt wurde. Eine Auszeichnung, die kein deutscher
Athlet vor ihm und nach ihm
erreicht hat. Und das lag an
jenem legendären 7. Juli. Da
stürmte er im Zürcher Letzigrund
bei kalifornischen Bedingungen
zum seiner Zeit sagenhaften
Weltrekord von 13,2 Sekunden über 110 Meter Hürden. Und eröffnete
damit die kaum enden wollende Serie von Weltrekorden an dieser
Kultstätte der Leichtathletik. 45 Minuten später ließ er gleich den
zweiten Streich über 200 Meter Hürden folgen. Wer darin eine
besondere physische Anstrengung sieht, wird von Lauer belehrt:
"Dieser Lauf passte einfach gut in mein Belastungsprogramm. Wenn
an diesem Tag nur ein einziges Rennen gewesen wäre, hätte ich das
Ganze ohnehin noch zu einem richtigen Training ausgebaut. So
konnte ich wenigstens einen kompletten Trainingstag sparen." An
diesem zweiten Weltrekord in 22,5 Sekunden "bissen sich Leute wie
Edwin Moses,
Reynaldo Nehemiah
und Colin Jackson
die Zähne aus".
Angeblich soll die
Marke 1998 unterboten worden sein.
"Aber kurz vorher
war die offizielle
Liste für diese
Strecke schon
geschlossen worden."
Am Morgen hatte
Lauer noch in Köln
die Vorlesung
besucht und am Nachmittag auf dem Zürich-See eine Segelpartie
eingeschoben. Für ihn nichts Ungewöhnliches. Drei Jahre später
beklagte der Sechsundzwanzigjährige in dem Bildband "Aus meiner
Sicht", in dem er mit bemerkenswert reifen Texten sein schreiberisches
Talent verriet, dass dieser Segeltörn in den Berichten über Gebühr
hervorgehoben wurde: "Wenig glaubhaft und deshalb unerwähnt
blieb die Gewissheit in mir, einen Weltrekord zu laufen. Mit den ersten
Schritten beim Einlaufen gehörte die Bestleistung mir, ich freute mich
auf sie, war mir ihrer so sicher, wie man das nur in Augenblicken
höchsten Selbstvertrauens, höchster Selbsteinschätzung sein kann.
Aus dieser Hochstimmung heraus musste der neue Weltrekord geboren werden. Froh angekündigt. Auf der Suche nach dem Quell der
vollbrachten Leistung gehen sie an der Seele, die in solchen Augenblicken offen da liegt wie nie, blind vorbei. Denn sie suchen - Helden."
Die Schlagzeilen nach dem Doppelschlag von Zürich "waren gigantisch". Am nächsten Morgen in der Vorlesung sagte der Professor für
Strömungsmechanik: ,Sie da, hoffentlich können Sie auch so gut
Strömungsmechnanik wie Hürden laufen.' "Mit einer Verachtung, die
ich noch heute spüre." Dabei war ihm der Ruhm ohnehin suspekt.
"Ruhm bedeutet, man wird vereinnahmt. Und ich wollte mich nie
vereinnahmen lassen. Was ich an Ruhm erlebt habe, hat sich in
Schulter klopfen ausgedrückt."
In Rom 1960 wurde Lauer als Schlussläufer gemeinsam mit Bernd
Cullmann, Armin Hary und Walter Mahlendorf Olympiasieger in der
Sprintstaffel. Und das mit dem Handikap einer Knochenhautentzündung, die ihn im Hürdensprint beim Aufsetzen des linken Fußes
behinderte und wieder nur Platz vier zuließ. Eine sich über Monate
erstreckende Spritzenkur sollte nach den Spielen für Abhilfe sorgen. In
dieser Zeit wurde der Athlet, der sich heute noch als "physisch und
geistig immer sehr wehrhaft" einstuft, wegen ungebührlichen Verhaltens gegenüber Funktionären für ein halbes Jahr gesperrt. "Ich bin in
Länderkämpfen immer als Punktesammler in die Schlacht geworfen
worden. Das hat mir das Gefühl gegeben, unentbehrlich zu sein. Da
lässt man sich ungern als Rotzlöffel behandeln." 1961 sollte es wieder
zur Sache gehen. Aber die letzte unsterile Spritze der Serie und die
anschließende unsachgemäße Behandlung sollte das Leben des
Himmelstürmers einschneidend verändern.
Die Entzündung lief dermaßen aus dem Ruder, dass es plötzlich nicht
mehr um Sport oder nicht Sport, sondern um Leben und Tod ging. Es
war, als wären die Götter neidisch geworden, so unbarmherzig schlugen sie zu. Ein halbes Jahr lang kam der Patient nur sporadisch zu
Bewusstsein und untersagte den Ärzten jedes Mal, das Bein zu
amputieren. Das Maß des Unglücks quoll über, als bei einem Autounfall nach dem Besuch im Krankenhaus seine Freundin ums Leben kam
und sein Bruder bleibende Verletzungen erlitt. Dazu drückten immense Schulden für Krankenhaus- und Anwaltskosten. Noch vom Krankenbett aus schrieb Lauer für verschiedene Zeitungen. Dank eines
geschenkten Tonbandgeräts und auf der Grundlage einer qualifizierten musikalischen Ausbildung empfahl er sich als Sänger "der leichten
Muse" und komponierte auch. Bei den Leichtathleten war er schon
längst als der Mann mit der Gitarre bekannt. Auch mit dem Akkordeon und dem Saxophon kann er gut umgehen. Mit seinem Erstling
"Sacramento" glückte Lauer gleich ein voller Erfolg. Auf einen Schlag
war er sämtliche Schulden los. Mit Westernsongs wie "Taxi nach
Texas" oder "Die letzte Rose der Prärie" verkaufte er bis auf den
heutigen Tag sechs Millionen Tonträger. Während einer AmerikaTournee an der Seite von Lale Andersen, Lolita und Ivo Robic wurde
der singende Athlet mit seinen Krücken Umstände halber meist am
Lagerfeuer platziert. Einmal avancierte er im Opernhaus von Chicago
vor 5.000 Besuchern zum Alleinunterhalter.
Die dramatische Erkrankung hatte ihn im Studium, wo er schon im
Examen stand, um eineinhalb Jahre zurückgeworfen. Dennoch
erreichte er seine Ziele, wurde 1972 in München der Verantwortliche
für die olympische Zeitmessung und war später als Diplom-Ingenieur
für Kernverfahrenstechnik unter anderem an der Entwicklung des
"Schnellen Brüters" in Kalkar beteiligt. 1964 nach Tokio reiste Martin
Lauer als Journalist. "Ursprünglich war hier die Goldmedaille im
Zehnkampf angesagt." Und er wäre kaum zu schlagen gewesen. "Ich
habe Rotz und Wasser geheult. Das sollten ja meine Spiele werden. Es
war nur ein winziger Trost, dass mein Kumpel Willi Holdorf Gold
gewann." Martin Lauer ist "der Unvollendete" (Michael Gernandt in
der Süddeutschen Zeitung) unter den großen Athleten. Das Schreiben
für renommierte Zeitungen und Zeitschriften hat er seitdem beibehalten. Lange Jahre erschien in der "Welt" seine scharfzüngige Kolumne
"BeLauert", die er kürzlich aus Anlass seines 70. Geburtstags eingestellt hat. Ein Verlust.
"Ich habe nach wie vor Interesse an der Leichtathletik, auch wenn ich
heute mit gemischten Gefühlen vor dem Fernseher sitze. Ich bin
zutiefst überzeugt davon, dass heute so gut wie keiner mehr auf
irgendwelche Nachbrenner verzichtet. Es tut mir leid um die wenigen,
auf die das nicht zutrifft." In seinen Kolumnen hat er gewettert gegen
Doping, gegen die Kindervergifter, gegen die Lügner und Heuchler.
Mehr Freude hat er an den Nachwuchsathleten. So als Vorsitzender
der Leichtathletik-Gemeinschaft Lauf/Pegnitztal mit ihren elf Vereinen. "Da bin ich die Galionsfigur, die mit dem Hut rumgeht, damit wir
den Sportbetrieb finanzieren können."
Martin Lauers Leben ist nach wie vor bunt, die Interessen sind vielfältig, von der Fachliteratur über Kernkraft bis hin zu den Entwicklungen
im Islam. Und hin und wieder greift er zur Gitarre und singt, etwa
wenn Athleten von einst wie Ingrid Mickler-Becker, Armin Hary und
Manfred Germar zu Gast sind. Im Keller haben seine Kinder einen
Fitnessraum eingerichtet, als sie selbst noch Leichtathleten waren.
Und der Vater ist stolz, dass beide es mit viel weniger Talent zu
nationalen Erfolgen gebracht haben. Hier erhalten sich die Lauers ihre
Kondition. Nicht zuletzt für den traditionellen Segelurlaub am Tegernsee. "Denn der Flying Dutchman ist ein Turngerät auf dem Wasser",
das körperlich voll fordert. Besonders wenn nur ein Bein gesund ist
und das andere Bein verteufelt weh tut.
51
Olympismus und Olympische
Zwischen Idealität und
I
n Deutschland gibt es zahlreiche und zum Teil anspruchsvolle Veröffentlichungen zur Olympischen Idee. Carl Diem
zum Beispiel hat Beachtliches dazu beigesteuert, und
auch von Willi Daume gibt es bemerkenswerte Vorträge und
Aufsätze, in denen er sich zu Fragen des Olympismus und der
Olympischen Spiele äußert. Beide haben sich dabei an Coubertins Grundaussagen orientiert und versucht, sie zeitgemäß
zu interpretieren und praktisch umzusetzen: Diem 1936 als
Generalsekretär des Organisationskomitees der Olympischen
Spiele in Berlin - das für die Spiele verantwortliche Organisationskomitee wurde schon vor 1933 gewählt, Präsident war
Theodor Lewald, Generalsekretär Carl Diem, der eine im NaziJargon "Halbjude", der andere "weißer Jude" - und Daume als
Präsident des Organisationskomitees der Olympischen Spiele
1972 in München, dessen Generalsekretär Herbert Kunze war.
Ingesamt wurden in Deutschland fünf Anläufe unternommen,
die Olympischen Spiele in eine deutsche Stadt zu holen. Der
erste Anlauf führte zur Vergabe durch das Internationale
Olympische Komitee an Berlin 1916; die Durchführung kam
wegen des Ersten Weltkriegs nicht zustande. Der vierte
Anlauf "Berlin 2000" scheiterte kläglich mit und an einer
schlecht vorbereiteten Bewerbung, die Leipziger Bewerbung
endete bekanntlich ebenfalls enttäuschend. Die zweite und
dritte Bewerbung waren dagegen erfolgreich. Berlin erhielt mit seiner Bewerbung und der Vergabe durch das Internationale Olympische Komitee 1931 noch vor der nationalsozialistischen Machtergreifung - den Zuschlag für die Spiele 1936.
Die dritte Bewerbung bescherte München die Spiele 1972, die
nun in einer demokratischen Bundesrepublik stattfinden
konnten.
Diem und Daume waren nicht nur durch ihre Verdienste um
die Entwicklung des Sports insgesamt ausgewiesen, sondern
sie waren vorzügliche Kenner des Olympismus und des olympischen Sports. Für beide waren die Spiele ein Kulturereignis;
beide wollten, dass die Forderungen Coubertins, die Spiele
müssten zeitgerecht, modern, als "Fest" gestaltet werden,
sollten die Einheit von Sport, Kunst und "Geist" widerspiegeln,
eingelöst würden. Aber für beide erfolgte diese Einlösung
jeweils unter politischen Voraussetzungen, die unterschiedlicher gar nicht sein konnten.
52
Die "Berliner" Spiele
Für Diem sollte der olympische Sport von einem Bild des
Menschen bestimmt sein, das an seiner körperlich-geistigen
Ganzheit und dem Streben nach Selbstgestaltung orientiert
und damit der neuhumanistischen Tradition des 19. Jahrhunderts verpflichtet und das zugleich vom Spiel als der - nach
Schiller, auf den Diem sich gern bezog - Versöhnung von
Natur und Geist und ihrer Aufhebung in einem Spiel und
Schönheit verpflichteten olympischen Ideal bestimmt war.
Vermutlich war dies aber ein zu idealistisches und zu wenig
politisches Bild, das spätestens in der Zeit des Nationalsozialismus dann auch an seine Grenzen stieß.
Zusammen mit Lewald hat sich Diem bemüht, bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin - trotz schwieriger politischer
Umstände - etwas von der Olympischen Idee im Sinne Coubertins zu erhalten und sichtbar zu machen. Ritterlichkeit,
Spiele in Deutschland:
Realität
Von Ommo Grupe
Friedlichkeit, Amateurismus sollten auch für die Spiele in
Berlin Leitprinzipien sein, die es zu achten und umzusetzen
galt. Diem hatte wohl gehofft, dass dies auch unter der NaziDiktatur möglich sei - was den sportlichen Teil der Spiele
betraf, war dies sicherlich der Fall; was jedoch ihre "Ideologie"
und ihren "Festcharakter" angeht, also ihre Verbindung mit
Kultur, Kunst und Musik, war dies wesentlich schwieriger.
Denn auch wenn Diem und Lewald geglaubt haben sollten,
den politischen Missbrauch der Spiele durch die Nationalsozialisten vermeiden zu können, solche Erwartungen zerschellten letztendlich an der politischen Realität - wenn wohl auch
nicht ganz. Die Urteile über die Berliner Spiele fallen deshalb
unterschiedlich aus. Manche Sporthistoriker sprechen von der
Nazi-Olympiade und von den Spielen unter dem Hakenkreuz;
Philip Noel-Baker - langjähriger Minister in englischen Kabinetten, Friedensnobelpreisträger, Olympiateilnehmer und
großer Freund des olympischen Sports - hingegen bedauerte
sein Leben lang, dass er die Spiele 1936 wegen der Rassenpolitik Hitlers und der Nationalsozialisten
boykottiert habe. Er bedauerte dies
wegen der großen Athleten, die in Berlin
starteten und deren Start er verpasste,
und wegen der Kraft des Sports, die für
ihn selbst im politischen Missbrauch
noch sichtbar blieb. Sir Philip und später
Lord schrieb dazu, dass die Spiele vor
aller Welt sichtbar gemacht hätten, wie
falsch, stupide und obszön der Rassismus Hitlers war, wie man in einem Brief
von ihm an den "Guardian" vom März
1980 lesen kann. Zur eigentlichen
Botschaft der Spiele wurde: "that the
greatest athletes in the world were black
men". Und weiter: dass die Sportler in
Berlin über die Grenzen von Rasse und
Nation hinaus dem gleichen Ideal von
Sportkameradschaft und Freundschaft
verbunden waren. Diese Botschaft, die
von den Spielen ausging, widerlegte
nach Ansicht von Noel-Baker die NaziIdeologie und die Nazi-Politik - "to
anyone with eyes to see". Christiane Eisenberg, die bekannte
Historikerin und Sportgeschichtsexpertin, teilt offensichtlich
diese Auffassung.
Man kann Diem und Lewald sicherlich nicht vorwerfen, dass
sie die Möglichkeit des olympischen Sports, zu Fairness,
Friedlichkeit, Freundschaft und Kameradschaft beizutragen,
überschätzt haben; überschätzt haben sie aber offensichtlich
die Widerstands- und Abwehrkräfte des Sports gegen politischen Missbrauch. Im Nachhinein kann man solche Einschätzungen allerdings auch leichter als Fehleinschätzungen
erkennen als in den Jahren bis 1936. Nur hat man dabei zu
bedenken, dass die Erkenntnis, dass auch der olympische
Sport ein politisches Phänomen ist, eine vergleichsweise neue
Erkenntnis ist und dass diese Einsicht nicht zuletzt aus den
bitteren Erfahrungen der nationalsozialistischen Ära erwuchs.
Dies schließt zweierlei ein: einmal, dass die Umsetzung olympischer Ideale auch von politischen Voraussetzungen abhängig ist, und dann, wie gering die Möglichkeit einzuschätzen
ist, umgekehrt diese Voraussetzungen mit Hilfe der olympischen Ideale zu verändern. Aber dies heißt nicht, dass sie
überflüssig sind. Ideale liefern Kriterien zur Beurteilung der
Realität, und sie stärken zumindest das Wissen darum, dass
es auch anders und besser sein könnte und dass die Verletzung von Menschenrechten, dass Unfriedlichkeit und Unterdrückung zur Olympischen Idee in eindeutigem Widerspruch
stehen.
Die Spiele in München
Es war Willi Daume, der sich in seinem Wirken von dem Ziel
leiten ließ, das Coubertinsche Gedankenerbe "zeitgerecht" zu
interpretieren und es praktisch und organisatorisch angemessen und konsequent umzusetzen. In der zu einer Demokratie
geläuterten Bundesrepublik war dies für ihn allerdings auch
leichter als in den Jahren der nationalsozialistischen Diktatur.
Er wollte zeigen, dass Olympische Spiele "anders" aussehen
können und doch "authentisch" bleiben. Mit viel Gespür
dafür, wie Olympische Spiele gestaltet werden müssen, um in
einer modernen Medienwelt Bestand haben zu können, ohne
dabei ihren ideellen Gehalt preiszugeben, und auch über-
53
zeugt, mit den Spielen nicht nur etwas von einem neuen
politischen und kulturellen Selbstverständnis Deutschlands friedlicher, entspannter, gelassener, farbiger, internationaler
und weltoffener - sichtbar machen zu können, gelang es ihm,
nicht nur die Spiele für 1972 nach München zu holen, sondern sie auch nach diesen Vorstellungen zu planen und zu
organisieren. Dabei wusste er sehr wohl, dass der Weg dahin
auch vor politischen Einflussnahmen nicht sicher war. Man
musste dazu nicht an 1936 erinnern; auch nach dem Zweiten
Weltkrieg war es schwer, den olympischen Sport von den OstWest-Konflikten frei zu halten.
Daume stand wie Coubertin in der Tradition gebildeten und
weltoffenen europäischen Denkens, der Kunst, Literatur und
Musik der Welt, aber auch den aufklärerischen Vorstellungen
des 19. Jahrhunderts: Dies wollte er alles (irgendwie) mit dem
Sport verknüpfen und umgekehrt das von vielen als eigentlich unversöhnlich Angesehene so weit möglich in einem
Neuen versöhnen, dies nicht nur theoretisch, sondern auch
praktisch. Dies hieß für ihn, vor allem im Sport mehr zu sehen
als nur Sport. Sport war für Daume Ausdruck und Teil des
kulturellen Lebens mit engen Beziehungen zu Kunst, Musik,
Theater und Literatur und zu gesellschaftlichen Institutionen
wie Schule, Wissenschaft und Kirchen. So weit diese Beziehungen nicht oder noch nicht ernst genommen wurden,
musste man dies korrigieren. Die Olympischen Spiele boten
dazu in besonderer Weise Anlass und Gelegenheit.
Daume nannte die ihn dabei leitende Olympische Idee eine
"Menschheitsidee". Sie sei universal, hatte Avery Brundage in
Tokio erklärt, als er den Olympismus als die "Religion des 20.
Jahrhunderts" bezeichnete. Obwohl Daume dessen Prinzipientreue lobte - gegenüber einer solchen Vermischung des
Olympischen mit dem Religiösen war er skeptisch.
Olympisch: Das ist für Daume die Idee der Leistung. Sie steht
aber für mehr als nur für das Messbare und Bewertbare. Sie
soll Ausdruck der Arbeit an sich selbst sein, ein Medium der
Selbsterprobung. Nicht das Ergebnis, der Weg ist das Wichtige, so formulierte er in Anlehnung an Erich Fromm.
Olympisch: Das steht für die Bildung von Körper, Kopf und
Herz, also für die Verbindung von Athletik, Klarheit der
Gedanken und Fairness im Handeln. Die sportlich-olympische
Hochleistung ist ihre schönste Ausdrucksform; aber das
Prinzip, das sie leitet, soll möglichst für alle Leistungs- und
Altersstufen gelten.
Olympisch: Das ist die Idee der Fairness. Fairness unterscheidet den Sport von bloßem Körpertraining und folgenlosem
Zeitvertreib. Die Einhaltung sportlicher Regeln, der Verzicht
auf unberechtigte Vorteile, dies bedeutet, den Sport auf eine
höhere kulturelle Stufe zu stellen. Die Zukunft des Sports
hängt für Daume davon ab, ob er sich von dieser Idee der
54
Fairness leiten lässt. Aber Daume wusste auch, dass es ein
langer Weg ist, der gegangen werden muss, dies zu erreichen.
Er machte selbst seine bitteren Erfahrungen als Vorsitzender
von nationalen und internationalen Fair Play-Initiativen, aber
auch seine positiven, da sich immer wieder großartige Sportlerinnen und Sportler fanden, die mit dem von ihm initiierten
Fairnesspreis ausgezeichnet werden konnten, übrigens einer
der wenigen Sportpreise, die auch einen hohen künstlerischen Wert haben.
Olympisch: Das ist auch für Daume eine Idee des Friedens.
Der Olympismus löst Konflikte nicht, aber er kann ein Modell
für den Umgang mit Konflikten sein. Er setzt die Akzeptanz
des kulturellen Andersseins und die Toleranz für weltanschauliche und religiöse Unterschiede voraus. Man muss die kulturelle Vielfalt für eine Bereicherung der Menschheit halten; ihr
Gegenteil hieße Eintönigkeit. Vor allem in diesem Sinne war
der Sport für Daume politisch; für unpolitisch hat er ihn im
Grunde nie gehalten. Gegen die politische Inanspruchnahme
des Sports - für welche Zwecke auch immer - hat er sich
entschieden gewandt, ist dabei manches Mal auch unterle-
gen; den gegen seinen Willen beschlossenen Boykott der
Moskauer Spiele hat er im Grunde nicht verschmerzen können. Auch nach dem Zusammenbruch der großen politischen
Systeme in dieser Welt werde die friedensstiftende Kraft des
olympischen Sports benötigt, vielleicht sogar dringlicher als
zuvor, erklärte er. Er hat Recht behalten.
Auch für Daume hat der Olympismus seinen Kern in der Idee
der Ganzheit. Ganzheit ist einmal die individuelle Ganzheit
von Kopf, Herz und Körper. Sie ist aber auch so etwas wie
eine kulturelle Ganzheit, genauer: sportliche und olympische
Athletik in Verbindung mit und als Teil der Kultur. Immer
wieder hat Daume sich bemüht, diese Verbindung zu
beschreiben und sie herzustellen. Auf einmalige Weise ist ihm
dies bei den Olympischen Spielen in München in der Verbindung des Sports mit Kunst, Literatur, Musik, Tanz, Ballett und
Wissenschaft, mit einer glanzvollen Architektur, mit städtischem Leben, improvisierenden Straßendarbietungen, massenhafter Kommunikation zwischen Bürgern, Besuchern und
Athleten gelungen. Ein einmaliges Weltereignis, ein "Kulturfest" war München geworden - oder hätte dies werden sollen,
Zeichen für den tiefen Menschheitswunsch - wie Daume
sagte - nach Friedlichkeit und "Freisein von Lebensangst".
Hätte München werden sollen und auch können - wenn nicht
ein tödlicher Schlag die Stadt der Spiele getroffen hätte und
schmerzhaft daran erinnerte, wie unfriedlich und gewalttätig
diese Welt auch sein kann und wie zerbrechlich demgegenüber die Idee des Friedens, der im Olympismus und bei den
Spielen manifest werden sollte.
Anstreben sozialer Gerechtigkeit, Chancengleichheit, Verständigung, Abbau von Spannungen, Toleranz, Fairness", durch den
Geist "kompromissloser Solidarität" mit den Zukurzgekommenen und Hilfebedürftigen. Nur unter diesen Voraussetzungen
könne der Olympismus seine heute notwendige Veränderung
erfahren - er nennt dies ihre "abendländische Entschränkung", die es ihm erlaubt, sowohl humanpolitische Funktionen zu
übernehmen, als auch "Real-Utopie" zu sein: In einer noch
immer "von Gewalt, Revanche, Terror und Revolte" bestimmten Welt "Demonstration gegen die Gewalt" und für das
friedliche Zusammenleben der Völker - Olympismus also nicht
als eine Art Heilsverkündigung, sondern als Ausdruck der
Verständigung und der Möglichkeit des friedlichen Fortschritts.
Aber es ist auch keine Frage, dass Daume mit solchen Aussagen an die Grenzen der Möglichkeiten des olympischen
Sports und seiner Idee stößt, sie vermutlich sogar überschreitet. Das wusste er sehr wohl. Um so zu sprechen, benötigt
man tiefergehende Quellen. An dieser Stelle wurde Daume
zum friedensbewegten Weltbürger. Die Münchner Spiele
waren ein Stück Realisierung seiner olympischen "Vision".
Aber dies konnten sie nur einige Tage sein, so lange, bis eben
die Realität der Gewalt, gegen die sie Zeichen hätten setzen
sollen, auf brutale Weise in sie einbrach. Es gab "zehn wundervolle olympische Tage", schrieb Daume im NOK-Standardwerk über München. "Dann wurden wir aus dem Paradies
schöner und liebenswerter Illusionen vertrieben, und niemals
werden wir uns dorthin zurückziehen können."
Olympische "Illusionen"?
Waren dies alles nur Illusionen? Vermutlich nicht. Dazu war
Daume zu sehr Realist. Wie Coubertin war er kein Freund von
Utopien. Seine Vision eines besseren Sports in einer etwas
besseren Welt bleibt. Sie hatte in München für Tage reale
Gestalt gewonnen, dahinter kann man nun nicht mehr
zurück, die Bilder sind da und bleiben im historischen
Gedächtnis gegenwärtig, und sie zeigen auch immer wieder,
welche Möglichkeiten der olympische Sport haben kann. Die
Olympische Bewegung darf nicht "in sich selbst ruhen", sie
muss "die Auseinandersetzung mit der Gegenwart" immer
wieder suchen, schrieb Daume. Es könne etwas Verbindendes
im Sport sein. Aber dazu sei es notwendig, den verbindenden
Geist von Fairness, Kameradschaftlichkeit, Friedlichkeit und
Internationalität auch öffentlich deutlich zu machen. Daume
hat dieses Ziel nie aufgegeben. Seinen Realitätssinn hat er
mit der Bereitschaft verbunden, neben dem Machbaren das
Mögliche zu denken und es - wenn möglich - auch zu tun.
Welche Funktion kann das Olympische in dieser Welt haben,
so lautete deshalb eine seiner zentralen Fragen, die er sich
immer wieder stellte, die durch Gegensätze bestimmt ist,
durch Gegensätze zwischen "Armen und Reichen, Privilegierten und Unterprivilegierten, Hungrigen und Satten, Farbigen
und Weißen", durch Gegensätze zwischen "Resignation und
Hoffnung, Frieden und Streit"? Seine Antwort: "Nur durch das
Wenn nun die beiden zum DOSB "verschmolzenen" nationalen Sportorganisationen - NOK und DSB -, deren Präsident
und Ehrenpräsident Daume war, die sich das Wort "olympisch" ausdrücklich in ihren neuen Namen geschrieben
haben, wirklich zusammenwachsen sollen, dann ist es angebracht, sich auch an die wechselhafte Geschichte und BedeuOF
tung von "olympisch" im deutschen Sport zu erinnern.
Trauer, Schmerz, Hilflosigkeit legten sich damals über viele
Menschen in Deutschland und in der ganzen Welt. Seitdem
sind die Spiele immer noch gewachsen, größer, teurer, aufwändiger, spektakulärer und weltumspannender geworden;
aber immer auch noch beeindruckend in ihrer manchmal
schlichten, unverstellten und unmittelbaren Menschlichkeit,
in ihren universellen Gemeinsamkeiten, ihrer künstlerischen
Ausdrucksstärke und symbolischen Kraft. Aber man benötigt
inzwischen auch fast eine ganze Armee, zumeist zivil gekleidet, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Trotz allem: Der
olympische Sport blieb für Daume eine der wenigen Möglichkeiten der symbolischen Darstellung der Idee des Friedens in
der Welt.
55
Adolf Cluss: Ein schwäbischdeutsch-amerkanischer
Turner, Revolutionär und
Architekt einer neuen Welt
Von Michael Krüger
56
I
"
m August des Jahres 1846 wurde
das erste deutsche (nicht schwäbische) Turnfest in Heilbronn abgehalten", schrieb Adolf Cluss in einem
Brief vom 14. September 1904, in dem
er, am Ende seines ereignisreichen
Lebens stehend, "eine Episode aus
meinen jungen Jahren" erzählte, die ihm
sein Leben lang "im Gedächtnis" blieb.
Wer war Adolf Cluss, was hat er mit
dem Turnfest von 1846 zu tun und
welche Bedeutung haben er und ein
Turnfest vor fast 160 Jahren für den
modernen, olympischen Sport?
Adolf Cluss wurde am 14. Juli 1825 als
Sohn einer Handwerkerfamilie in Heilbronn geboren, einer schwäbischen Stadt am Neckar, die
vielen Schwaben und Nichtschwaben nicht zuletzt wegen des
guten "Trollinger" bekannt ist. Den kennt und schätzt man
auch im fernen Washington, der Hauptstadt der Vereinigten
Staaten. Hierher hat es Adolf Cluss im Jahr 1848 verschlagen,
nachdem er aus Deutschland ausgewandert ist. Und in
Washington hat er schließlich Karriere gemacht: Er galt als
"Architekt Washingtons". Zahlreiche öffentliche Gebäude der
Ende des 19. Jahrhunderts aufstrebenden Bundeshauptstadt
wurden von ihm entworfen und gebaut: Kirchen, Regierungsgebäude, Stadthallen und Märkte, Museen, militärische
Einrichtungen, Kultur- und Kongresshallen, Schulen, Colleges
und Universitäten. Die meisten Gebäude mussten im 20.
Jahrhundert der stürmischen architektonischen Modernisierung Washingtons weichen, aber einige stehen noch heute.
Das eindrucksvollste ist das renovierte Nationalmuseum
Washingtons, das Cluss von 1879 bis 1881 erbaute. Es ist
ebenso wie seine anderen Bauwerke nicht nur Zeichen der
Kreativität, Schaffenskraft und des persönlichen Ansehens
von Adolf Cluss in der Washingtoner Gesellschaft, sondern
auch steinerner Zeuge der Kulturleistungen einer ganzen
Generation von deutschen Auswanderern. Für diesen Kulturtransfer vom "alten Europa" in die Neue Welt stehen besonders die jungen Menschen, in der Regel Handwerker und
Arbeiter, die ihr Vaterland im Zuge der Revolution von
1848/1849 verlassen mussten.
Zur Erinnerung an sie fanden von Oktober 2005 bis Februar
2006 zeitgleich Ausstellungen in Heilbronn und Washington
statt, in deren Mittelpunkt Adolf Cluss stand. Mit Unterstützung des Transatlantischen Programms der Bundesrepublik
Deutschland, des Deutschen Historischen Instituts in
Washington und nicht zuletzt der Stadt Heilbronn und des
Stadtarchivs konnte in deutscher und englischer Sprache ein
Band zu Adolf Cluss mit dem Titel "Revolutionär und Architekt. Von Heilbronn nach Washington" veröffentlicht werden.
Außerdem fanden Tagungen und Kongresse statt. Ein Sympo-
sium in Heilbronn, das in Zusammenarbeit mit dem Institut für
Sportgeschichte Baden-Württemberg
e.V. durchgeführt wurde, widmete sich
speziell dem Turnfest von 1846 - einem
Ereignis, das für Adolf Cluss und viele
Auswanderer in der fernen, neuen
Heimat Lebensprägend war.
Die meisten dieser deutschen Auswanderer der Zeit um die Revolution von
1848/49 waren Turner und Revolutionäre. Cluss selbst gehörte als junger,
knapp 20jähriger Mann zum radikalen,
frühsozialistischen Flügel der Turnbewegung. 1844 ging Cluss, wie das
damals bei Handwerkern üblich war,
auf Wanderschaft. In Mainz bekam er 1846 eine Anstellung
bei einer der ersten Eisenbahngesellschaften in Deutschland,
der Hessischen Ludwigsbahn. Gleichzeitig schloss er sich dem
Mainzer Turnverein an. Im Sommer 1846 wanderte er mit
seinen Mainzer Turnbrüdern zu dem besagten legendären
Turnfest nach Heilbronn, wo die ganze "Sippschaft", wie er
schrieb, im Haus seiner Eltern einquartiert wurde.
Nach dem Turnfest wurde Cluss zum Sekretär des neu
gegründeten Mainzer Arbeiterbildungsvereins gewählt. 1847
schloss er sich dem "Bund der Kommunisten" mit Sitz in
Brüssel an, über den er intensiven Kontakt mit Karl Marx und
Friedrich Engels pflegte. Nach seiner Auswanderung in die
USA stand er bis weit in die 1850er Jahre regelmäßig mit Karl
Marx in brieflichem Kontakt. Marx hielt große Stücke auf
seinen jungen Freund und betrachtete ihn als seinen wichtigsten "Agenten" in der neuen Welt. Umso enttäuschter und
verärgert war er über Cluss, als dieser von seinen kommunistischen Visionen abließ, sich statt dessen dem wirklichen
Leben in Washington zuwandte und zu einem der angesehensten Bürger der neuen Hauptstadt der USA aufstieg. Sein
bürgerschaftlich-soziales Engagement hat er jedoch beibehalten. Cluss war in zahlreichen Vereinen der Hauptstadt
aktiv, natürlich auch bei den Turnern, und er arbeitete unermüdlich für das Wohl der Bürger der Hauptstadt.
Turnen und Turnfeste als Mittelpunkte
bürgerlicher Lebensform
Das Turnfest in Heilbronn bildete sicher nur einen kleinen Teil
des riesigen Erfahrungshorizonts ab, aus dem Cluss für sein
späteres Leben schöpfte. Aber es war mehr als nur ein Turnfest. Es stand für eine grundlegende Auffassung und Idee
vom Leben, von der Rolle, die der Einzelne in Gesellschaft,
Politik und Kultur spielen sollte, und von der grundsätzlichen
57
Beziehung des Staates zu seinen Bürgern. Auch dies bedeutete in der Mitte des 19. Jahrhunderts der Begriff "Turnen".
gen mit 15 Mitgliedern, bis zur größten Turngemeinde, Dresden mit ca. 900 Mitgliedern.
Auf den Turnfesten kam am markantesten zum Ausdruck, was
"Turnen" damals bedeutete, wie dieses Turnen praktisch
aussah, welche Inhalte, welche Turn- und Umgangsformen
diese spezifische Körper- und Bewegungskultur prägten, und
welche ideellen, geistigen und politischen Kräfte dieses
Turnen bewegten. Das prägendste Turnfest vor der Revolution
von 1848 fand 1846 in Heilbronn statt; auch wenn es in
vielerlei Hinsicht nicht ganz die Erwartungen erfüllte. Der
Historiker Dieter Düding spricht sogar von einem
"Fehlschlag", weil es nicht gelungen sei, das wichtigste politische Ziel dieses vormärzlichen Turnertreffens zu erreichen,
nämlich ein wirklich "nationales" Turnfest auszurichten, von
dem dann auch der nationale Zusammenschluss der Turner
hätte ausgehen können. Aber das ist nur die halbe Wahrheit.
Heilbronn war ein Erfolg, weil sich hier zum ersten Mal und
unter Beteiligung und Anteilnahme weiter Kreise der Bevölkerung die Kultur des Turnens und des Sports im Sinne einer
breiten bürgerschaftlichen Bewegung artikulierte.
Aus der Beschreibung des Turnfestes von Heilbronn geht
hervor, wie vielfältig die Turnvereinskultur damals war. Diese
Turnvereine waren weder "nur" politische Vereine, noch waren
es nur Vereine zur Pflege körperlicher Übungen. Sie waren
auch Geselligkeitsvereine, Männervereine, Handwerksvereine,
Bürgervereine, Vereine zur Entfaltung bürgerlicher Tugenden
und Wertvorstellungen, Vereine zur Vermittlung historischen
und politischen Wissens, Vereine zur Pflege deutscher Lieder
und Gesänge, Sozial- und Hilfsvereine, Vereine zur Verbreitung vaterländischer Gesinnungen, Vereine zur Bildung und
Erziehung im weitesten Sinne usw.
Das Fest-Album zur Erinnerung an das Turnfest in Heilbronn,
herausgegeben von der Heilbronner Turngemeinde und ihrem
Sprecher Rudolf Flaigg, den man den "schwäbischen Frühsozialisten" zurechnen kann, um eine Formuliereung des Landeshistorikers Otto Borst aufzugreifen, liefert eine anschauliche Vorstellung von der turnerischen Vereinskultur der
1840er Jahre, sowohl in ihrer politisch-gesellschaftlichen als
auch körperkulturellen Ausprägung.
Freies Turnen als Symbol der Freiheit
des Geistes
Bemerkenswert bereits an den ersten Zeilen dieses Festberichts von Heilbronn ist die enge Verbindung, die zwischen
dem freien turnerischen Bewegen an den Geräten und an der
frischen Luft, den "Kraftäußerungen" des Leibes und der
Freiheit des Geistes, der Rede und des Wortes hergestellt
wird. Das aktive, freie Turnen an den Turngeräten ist Ausdruck und Symbol dieser allgemeinen Freiheit, und es ist ein
Teil dieser Freiheit des Bürgers selbst. Aus dieser Sicht wird
verständlich, warum beides seinen Platz bei diesen frühen
Turnfesten fand, das Turnen und sogar Preisturnen, und das
Reden und Singen, das Debattieren und Dichten. Der wesentliche Inhalt dieser neuen Freiheit und Kraftäußerung bestand
in dem Willen und der Möglichkeit, sich frei und ohne Unterschied des Alters und des Standes zu treffen, seine Kräfte zu
entfalten, miteinander zu messen und füreinander einzutreten. 35 Vereine aus ganz Deutschland hatten Vertreter nach
Heilbronn entsandt, die insgesamt ca. 3.400 Mitglieder in den
Turnvereinen repräsentierten, vom kleinsten Verein, Geislin-
58
Turnvereine und Zivilgesellschaft
Die Turnvereine geben Beispiele ab für das, was heute als
"Zivilgesellschaft" bezeichnet wird; eine Bürgerbewegung, die
sich frei und unabhängig vom Staat organisiert und engagiert
und öffentliche Aufgaben im bürgerschaftlichen Interesse
wahrnimmt. Die Unterschiede der politischen, sozialen und
kulturellen Orientierung der einzelnen Vereine waren neben
den politischen Rahmenbedingungen der wesentliche Grund,
warum es bis zur 1848er Revolution nicht zu einem Zusammenschluss aller Turnvereine in Deutschland kam, bzw.
warum die Versuche einer nationalen Einigung der Turner
scheiterten. Von ausschlaggebender Bedeutung für dieses
Scheitern waren die revolutionär aufgeheizte Situation im
Jahr 1848 sowie die Unterdrückungs- und Verbotsmaßnahmen der verantwortlichen Regierungen im Deutschen Bund
vor und nach der Revolution, die viele der jungen und engagierten Turner in die Emigration trieb.
Viele Turnvereine, in Mannheim, Köln und Heidelberg, wurden
aufgelöst und verboten, hatten sich dann wiedergegründet,
waren erneut beobachtet und bespitzelt worden usw. Es kam
zu einer politischen Radikalisierung in einigen Turnvereinen.
Viele riefen zur allgemeinen Bewaffnung auf und hielten die
Turner, weil sie körperlich besonders geschult und kräftig
seien, für die natürliche Vorhut der nun mit Waffen kämpfenden Revolution. Obwohl sich die Mehrheit der Vereine
zurückhielt, schlossen sich doch viele Turner den Bürgerwehren an und wollten nun mit der Waffe in der Hand für Freiheit und Vaterland kämpfen.
Radikalisierung des Turnens
Als bekannt wurde, dass bei der Ermordung des Fürsten
Lichnowski, eines konservativen Abgeordneten der Frankfurter
Nationalversammlung, auch Männer mit Turnerhut und
Turnerjacke gesehen wurden, war die Empörung in der
Öffentlichkeit und in den Turnvereinen groß. Auch Freunde
des Turnens wandten sich "schaudernd" ab, wie es nun hieß.
Die Spaltung in radikale und gemäßigte Kräfte der Turnerei
war nun endgültig. Die Turnvereine galten aus der Sicht der
Regierungen als gefährliche Herde der Revolution und des
Aufruhrs. Alle Versuche eines nationalen Zusammenschlusses
der Turnvereine scheiterten.
Dies gelang erst nach langen Jahren der politischen Reaktion
beim diesmal wirklich ersten allgemeinen deutschen Turnund Jugendfest 1860 in Coburg. Die 1848er-Aktivisten waren
nun fast 15 Jahre älter und besonnener geworden, die radikalsten Vertreter der politischen Turnerei waren ausgewandert, und in Coburg konnte nun die Turnkultur "neu aufgestellt" werden, wie man heute sagen würde; d.h., dort wurden
die Grundlagen für ein neues Selbstverständnis und eine
stabile Organisation geschaffen. Vieles von dem, was schon in
Heilbronn zu erkennen war, konnte sich jetzt entfalten: eine
Kultur des Turnens und der Turnvereine, die ihren Mittelpunkt
in der Pflege und Entwicklung einer volks- und nationalerzieherischen Körper- und Bewegungskultur findet und nicht in
revolutionärer, oppositioneller Politik. Dieser Prozess der
Entpolitisierung und Zivilisierung des Turnens, z.T. mit dem
neuen Namen "Sport", ist bis heute im Gange.
Bis heute versteht sich der Dachverband des deutschen
Sports als gesellschaftliche Kraft, die mehr ist und sein will
als nur ein Sportverband. Er sieht sich auch als eine Organisation, die das Wohl der Bürger insgesamt im Blick hat, die sich
für Bildung und Erziehung der jungen Menschen einsetzt und
sich für die freie Entfaltung der Kräfte und Möglichkeiten der
Bürgerinnen und Bürger einsetzt. Insofern steht auch der
moderne Sport in der Tradition der 1848er Turner; auch von
denen, die nach Amerika auswandern mussten.
schen gingen, die ihre Heimat verlassen mussten und eine
bessere Zukunft in Amerika suchten.
Vieles von dem, was beim Turnfest in Heilbronn - stellvertretend für die Turnvereins- und Turnfestkultur insgesamt vorgeturnt und vorgelebt wurde, fand unbeabsichtigt, aber
trotzdem nicht ohne innere Logik, eine Fortsetzung im olympischen Sport und bei den Olympischen Spielen unserer Tage.
Es war kein Zufall, dass Gustav Struve, der radikale Anführer
der badischen Revolution von 1848/49 und nach seiner
Flucht in die USA Gründer des New Yorker Turnvereins, 1855
im "Belletristischen Journal" der "New Yorker Criminalzeitung" und in der Amerikanischen Turnzeitung dazu aufrief,
Turnfeste nach dem Vorbild der Olympischen Spiele in der
Antike abzuhalten; eine Idee, die im Übrigen so verbreitet
war, dass sie Eingang in das Meyersche Conversationslexikon
der Ausgabe des Jahres 1848 fand: Turn- und Gesangsfeste
hätten das Ziel, hieß es da, "ächte deutsche Volksfeste zu
werden, ähnlich den Olympischen Spielen der Griechen. Wie
diesen liegt ihnen zunächst der Zweck ob, die durch politische Grenzen getrennten deutschen Stämme durch das Band
der Kunst zu vereinigen".
150 Jahre später haben die Olympischen Spiele den Zweck,
die durch politische, gesellschaftliche und kulturelle Grenzen
getrennten Völker und Nationen auf der ganzen Welt durch
den Sport und die Kultur zusammen zu führen, wenn man
will im friedlichen Wettstreit zu "vereinigen". Der Wettkampf
ist das "Band der Kunst" des Sports, durch das dieses Kunststück der internationalen kulturellen Kommunikation und
Integration ermöglicht wird. Wie damals sind auch heute
Menschen und Athleten gefragt, die sich dem Wettbewerb
stellen, die Brücken schlagen können, wie Adolf Cluss und die
ausgewanderten Turner, und die sich für eine bessere, friedliOF
chere und fortschrittliche Welt einsetzen.
Brücke in die neue Welt
Der Traum von einer freieren, besseren und gerechteren Gesellschaft blieb lebendig. Viele Turner, die
nach Amerika auswandern mussten, nutzten später
ihre Erfahrungen aus dem deutschen Turnvereinsleben in der neuen Welt. Mit zu den ersten Dingen,
die sie nach ihrer Ankunft in Amerika unternahmen, zählte die Gründung von Turnvereinen. Der
berühmte Sohn Heilbronns, Adolf Cluss, gehörte
ebenfalls zu denen, die ihren Traum von bürgerlicher Freiheit und bürgerlichem Engagement in den
Vereinigten Staaten umsetzten. Als Architekt der
Hauptstadt und angesehener Bürger Washingtons
stand er in der ersten Reihe der deutschen Einwanderer in den USA. Das alte deutsche Turnen
baute so gesehen eine Brücke zwischen dem "alten
Europa" und der neuen Welt, über die viele Men-
59
Bewegte und
D
as besondere Merkmal des Sports ist die Bewegung,
sowohl für den Athleten, als auch den Zuschauer. Für
den aktiven Sportler ist es die konkrete Bewegung
seines Körpers, für den Zuschauer der Anblick dieser Bewegung, die in seinem Gehirn jenes Bewegtsein erzeugt, dass in
Stadien und Sporthallen zu unterschiedlichen Gefühlsausbrüchen verleitet; wobei Freud und Leid sehr eng beieinander
liegen, im Wechselbad größter Gefühle.
Schon zu jener Zeit, "als die Bilder laufen lernten", in den
schwarz-weißen Jahren nach Erfindung der Kinematographie
also, war die menschliche Bewegung ein Anreiz, um sie auf
das Zelluloid-Material des Films zu bannen. Zwar waren diese
"bewegten Bilder" damals noch ein etwas stolpernder Anblick,
doch im Laufe der weiteren technischen Entwicklung wurden
sie immer harmonischer, bis sie die heutige Perfektion
erreichten, die sie manchmal "natürlicher" erscheinen lassen
als in der Wirklichkeit.
Das "Volksmedium" Fernsehen hat zu dieser Entwicklung sehr
viel beigetragen. Es hat jedoch auch mit seinen Eigenarten
die Sichtweise des Publikums beeinflusst; nicht immer zum
Besten. Doch es ist ihm gelungen einer gigantischen Zahl von
Zuschauern eine Teilhabe an Sportereignissen zu gestatten,
die weit über die Kapazitäten der riesigsten Stadien hinausreicht und in früherer Zeit undenkbar war.
Der Film, als historischer "Vorläufer" des Fernsehens, spielt im
Kanon moderner Massenmedien in einer anderen Kategorie.
Denn hier steht nicht die Live-Übertragung eines Sportereignisses im Vordergrund, sondern eine künstlerische Gestaltung,
die andere dramaturgische Akzente erfordert und über das
Tagesereignis hinausführt.
Nun bedient sich der Film ja einer Täuschung. Entsteht doch
die "augenscheinlich" wahrgenommene Bewegung bei der
Film-Projektion durch die Trägheit unseres Gehirns, das nicht
in der Lage ist, jene 24 fotografischen Einzelbilder, die da in
einer Sekunde an unseren Augen vorbeiflimmern, auch als
einzelne Bilder zu erkennen. So entsteht in unseren Hirnen der
Anschein von Bewegung, was dem menschlichen Hang zur
Anmerkungen zu Sport und Film
60
bewegende Bilder:
Illusion durchaus entgegen zu kommen scheint. Vielleicht
auch aus diesem Grunde sind "bewegte Bilder" inzwischen so
beliebt, dass sie oft sogar der Wirklichkeit vorgezogen werden.
Der Sport im deutschen Film hat ein recht ansehnliches Alter.
Schon in den 1920er Jahren hat dieses Thema Einzug in den
deutschen Spielfilm gehalten. So war etwa der erste Filmauftritt jener später zu zwiespältigem Sportfilm-Ruhm gelangten Leni Riefenstahl in einem Lichtspiel, das - "Der heilige
Berg" geheißen - im Skifahrer- und Bergsteigermilieu des
Jahres 1924 spielte. Und auch in "Der große Sprung", einer
sportlichen Filmkomödie aus dem Jahre 1927, mimte Frau
Riefenstahl eine Ziegenhirtin, deren Geißen zum großen
Gaudi des Publikums Ski fahren konnten.
Dass sich diese Art der sportlichen Betätigung von Ziegen in
der Wirklichkeit nicht hatte durchsetzen können, bestätigt
nur die große Illusionsfähigkeit des Films; anderenfalls
bestünden heute vielleicht die Olympischen Winterspiele aus
ganz anderen Teilnehmergruppen, was dem Selbstbewusstsein des sportlichen Homo sapiens durchaus nicht förderlich
wäre. Denn welche menschliche Mannschaft verlöre leichten
Herzens eine 4x10 Kilometer-Skilanglauf-Staffel ausgerechnet gegen ein Ziegenbock-Quartett?
Auch die Popularität von Sportidolen wurde schon früh für
den Film genutzt. Denn schon 1930 durfte der damalige
Meisterboxer Max Schmeling in dem Lichtspiel "Liebe im Ring"
auftreten. Da spielte er einen treuherzigen Burschen, der BoxMeister wird und von einer jungen "Lebedame", repräsentiert
durch die äußerst ansehnliche Olga Tschechowa, so becirct
wird, dass er seine Verpflichtungen als Faustkämpfer sträflich
zu vernachlässigen beginnt. Aber seine alte und treue Liebe,
gespielt von der damals sehr bekannten Filmschauspielerin
Renate Müller, holt ihn mit ihrer Anhänglichkeit wieder dahin
zurück, wo ein Boxer dieses Formats hingehört: in den Ring
nämlich. Eine Geschichte also wie im richtigen Leben ...
Aber dann kommt "Reitet für Deutschland". Man schreibt das
Jahr 1941, und Willi Birgel, in Gestalt eines Freiherrn von
Langen, trabt gekonnt über die großdeutsche Leinwand.
in Deutschland
"Reitet für Deutschland"
erzählt die Filmgeschichte
eines deutschen Herrenreiters, der sein altes Kriegspferd wieder gefunden hat
und zum ersten Mal
Deutschland auf einem
Turnier im Ausland vertritt - und im Kriegsjahr 1941, natürlich zum Siegen verurteilt ist! Doch nun wollen wir uns
jenem Film zuwenden, der wie kein zweiter Sportfilm noch
über Jahrzehnte hinaus die Gemüter erregte. Es ist Leni
Riefenstahls Film über die Olympischen Spiele 1936.
Die ausgebildete Tänzerin Riefenstahl hatte sich in einem
relativ kurzen Zeitraum, "mit den Waffen einer Frau", wie
manche behaupten, von einer filmischen Anfängerin zur
Lieblings-Regisseurin des Diktators Adolf Hitler hochgearbeitet. Mit dem Monumentalfilm "Triumph des Willens", der den
Nürnberger Parteitag 1934 der Nationalsozialisten in ungewöhnlichen Bildern spiegelte, hatte sie bereits neue Wege der
Aufnahmetechnik beschritten. So setzte sie beispielsweise
Kameraleute auf Rollschuhen ein, um Massenszenen noch
dynamischer zu gestalten.
Den Vorschlag Adolf Hitlers, sie sollte einen Film über die
Olympischen Spiele in Berlin fertigen, nahm sie mit anfänglicher Skepsis entgegen. Ihr Hauptargument, die Fertigstellung
eines so großen Werkes würde etwa zwei Jahre dauern,
erledigte Adolf Hitler mit dem Satz: "Und wenn Sie zehn
Jahre brauchen, die Hauptsache ist, dass es ein Kunstwerk
wird!"
Von höchster Stelle so beauftragt, machte sie sich daran, das
von Hitler verlangte Kunstwerk zu realisieren. Um dieses Ziel
zu erreichen, ging sie rücksichtslos vor. Sie "überschwemmte"
die Olympischen Spiele mit einem Heer von Kameraleuten
und Technikern. Und es war ihr gleich, ob diese die Sportler
störten oder nicht. Sie wollte möglichst viele hervorragende
Aufnahmen haben, denn die Spiele dauerten nur 14 Tage, ihr
Film jedoch sollte noch in Jahrzehnten sehenswert sein.
Aus den Erfahrungen des Reichsparteitags-Films "Triumph
des Willens" hatte sie gelernt, möglichst viele Aufnahmen aus
möglichst verschiedenen Blickpunkten und Perspektiven zu
machen und Gegensätze herauszuarbeiten. Temposzenen
wurden gegen Zeitlupe gesetzt, volle Zuschauerränge gegen
einsame Läufer, um möglichst viel Spannung zu erzeugen
und die ursprüngliche Atmosphäre künstlich nachzugestalten.
Von Herbert Somplatzki
61
tionalen Sport- Amateurfilm-Tagen 1968" in Duisburg die
Silbermedaille und das Prädikat "Bester sozialkritischer Film"
erhielt.
Dieses Filmfestival in Duisburg war als Idee des Landessportbundes NRW entstanden und sollte Impulsgeber für die
Entwicklung des Sportfilms in Deutschland werden. Unter der
Führung seines Präsidenten Willi Weyer, im Hauptberuf
Innenminister des Landes, war der LSB-NRW damals für neue
Ideen "ein offenes Feld". Und so entwickelte sich in den
Folgejahren auch eine intensive Zusammenarbeit mit dem
international renommierten Filmfestival "Oberhausener Kurzfilmtage", die bis über die Olympischen Spiele München 1972
hinaus anhielt und immer mehr Internationalität erlangte.
Die Gründe, warum die angestrebte Entwicklung eines eigenständigen "Sportfilm-Festivals" dann doch nicht zustande
kam, sind nicht mehr zu eruieren. Eine Manifestation wäre
sicherlich eine gute Chance gewesen, Sport und Film zusammen zu führen, zum Vorteil beider.
Aus fünf- bis sechshundert Stunden Filmmaterial wurden
dann jene beiden Teile zusammengeschnitten, die diesen Film
zu einem Welterfolg werden ließen - und den Nazis jenen
erwünschten Prestige-Erfolg bescherten, der mitgeholfen hat,
ihre Terrorherrschaft nach außen zu übertünchen.
Trotz aller berechtigten Einschränkungen hat dieser Film
durch manche filmtechnische Neuerung Maßstäbe gesetzt. Er
hat aber auch dazu beigetragen, dass nach Ende des Zweiten
Weltkrieges das monumentale filmische Pathos vermieden
wurde und der Sportfilm nach neuen, bescheideneren Wegen
suchte.
Erst in der Aufbruchzeit der 1960er Jahre begann sich der
Sport dann wieder intensiver dem Film zuzuwenden. In der
Lehrarbeit des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen
beispielsweise wurden damals bereits Grundlagen der praktischen Filmarbeit vermittelt. So reiste etwa eine Gruppe der
Sportjugend NRW 1968 nach Berlin, um dort, in der Zusammenarbeit mit dem Jugendfilmstudio Berlin, einen Film über
das Deutsche Turnfest zu drehen. Es entstand: "Sechs Tage vier F - und eine halbe Stadt", ein Film, der bei den "Interna-
62
Dann hat es doch ziemlich lange gedauert, ehe sich eine neue
Generation von Regisseuren wieder dem Thema Sport in
großem Rahmen filmisch näherte. In diesem Zusammenhang
muss der Name Sönke Wortmann genannt werden. Denn erst
mit seinem Film über die Fußballweltmeisterschaft 1954 "Das Wunder von Bern" - ist wieder ein deutscher Sportfilm
von Rang entstanden. Sönke Wortmann, schon durch Spielfilme mit anderer Themensetzung bekannt, hatte die besten
Voraussetzungen für diesen Film mitgebracht. Denn über sein
handwerkliches "Know how" hinaus brachte er die Erfahrungen eines langjährig praktizierenden Sportlers in dieses Filmwerk mit ein und verlieh durch sein Wissen den gestalteten
Spielszenen gesteigerte Authentizität - und brachte darüber
hinaus jungen Zuschauern auch ein Stück deutscher Nachkriegsgeschichte näher.
Sein zweiter großer Sportfilm, "Deutschland - ein Sommermärchen", konzentrierte sich dann gänzlich auf die Authentizität des Dokumentarischen. Mit seinen Filmaufnahmen zu
Spielbeginn, in der Halbzeitpause oder nach Spielende in der
Umkleidekabine brachte uns Sönke Wortmann in eine vom
Zuschauer sonst nicht wahrnehmbare Nähe von Spielern und
Trainer. Mit dieser Innensicht, durch das Medium Film kanalisiert, blieb eine emotionale Nähe zur deutschen Nationalmannschaft auch nach dem Ende der Weltmeisterschaft 2006
dem Filmzuschauer erhalten.
Der deutsche Sportfilm ist wieder im Gespräch. Und es wäre
dem Kulturgut Sport durchaus angemessen, sich dieses
künstlerischen Mediums mehr als bisher zu nähern. Vielleicht
sogar durch ein eigenes internationales Sportfilm-Festival,
das den Anspruch des Sports, ein Kulturgut unserer Zeit zu
OF
sein, auch mit Blick in die Zukunft bestätigt.
Sportliche
Vielfalt in den
Skulpturen von
Birgid Helmy
OF-G ALERIE
s junge Mädchen mit dem Kopftuch ballt die
Fäuste, setzt zu einem kraftvollen KickboxerTritt an - und erstarrt mitten in der Bewegung.
Diese Skulptur der Wiesbadener Künstlerin Birgid
Helmy ist eines der Exponate der Ausstellung
"sportlich", die im Sport & Olympiamuseum Köln
gezeigt wird. "Sport interessiert mich auch wegen
seiner sozialen Funktionen, zum Beispiel bei der
Integration", erklärt die Bildhauerin die Wahl
ihres Motivs. Ein paar Meter weiter ist eine Gruppe kleinerer Skulpturen platziert, die Jugendliche
in trendiger Streetwear darstellt. Die Figuren
probieren gerade einen Sprung oder klettern über
Hindernisse: eine Hommage an die neue Sportart
"Parcours", ein akrobatischer Hindernislauf und
gleichzeitig eine Kletterpartie mitten durch die
D
63
Stadt, bei der auch hohe Mauern überwunden werden
müssen.
Mit der ebenfalls ausgestellten Skulpturen-Gruppe kleiner
Skateboard-Fahrer hat Birgid Helmy kürzlich den Kunstwettbewerb der Deutschen Botschaft Warschau für sich
entscheiden können. Des Weiteren sind Gruppen von Fußballspielern, Kunstspringern und Hockeyspielern zu sehen alle in Aktion, alle mitten im Spiel oder Sprung "eingefroren".
Etwas aus der Reihe fällt ein fast lebensgroßer Junge in
Shorts, der sich scheinbar in einer Angriffsstellung für
Boxer übt. "Es ist wie ein Initiationsmoment", sagt Helmy.
"Er ist nicht wirklich in Aktion, er posiert. Vielleicht vor
einem Spiegel." Sie habe sich für die Skulptur von Bildern
64
des 12-jährigen Muhammad Ali und des jungen Max
Schmeling inspirieren lassen. "Vielleicht meine ‚unsportlichste' Arbeit."
Birgid Helmy, Jahrgang 1957, hat nach dem Studium der
Sozialpädagogik an der FH Wiesbaden (Schwerpunkt Theaterpädagogik) eine Ergänzung dieses Studiums durch eine
kunsttherapeutische Weiterbildung vorgenommen. Eine
berufliche Neuorientierung gab es während der Erziehungsphase der beiden Töchter. Seit 1995 widmete sie sich dem
Studium der Bildhauerei an der Akademie für Bildende
Kunst, Universität Mainz, bei Frau Prof. Biederbick. Das
Diplom erwarb Birgid Helmy 2001, Meisterschülerin war sie
2002.
Klaus H. Schopen
OF-G ALERIE
OF-G ALERIE
65
Nachrichten des DOSB
Dr. Thomas Bach - Glückwunsch an Europa
Zum 50. Jahrestag der Römischen Verträge gratulierte Dr. Thomas Bach, Präsident
des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
"Am 25. März 1957 unterzeichneten sechs
Staaten den Vertrag von Rom zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Im Jahr 2007 feiern 490 Millionen
Europäer in 27 Mitgliedsstaaten der EU den
50. Jahrestag dieser Unterzeichnung. Die
Glückwünsche des deutschen Sports gelten
allen Verantwortlichen, die diese einzigartige Entwicklung ermöglicht haben.
Europa ist ein Kontinent mit unterschiedlichen Traditionen und Sprachen, der geeint
ist durch gemeinsame Werte wie Demokratie, Freiheit und soziale Gerechtigkeit. Die
EU verteidigt diese Werte und fördert die
Zusammenarbeit der Völker Europas, indem
sie die Einheit unter Wahrung der Vielfalt
stärkt und sicherstellt, dass Entscheidungen möglichst bürgernah getroffen werden.
Der Sport spielt für die Umsetzung dieser
Werte eine ganz wichtige Rolle. Nicht
allein, weil er mit der Olympischen Idee ein
fester Teil dieses Wertesystems und der
Ideengeschichte Europas ist, sondern auch
und vor allem deshalb, weil er zeigt, wie
Europa funktionieren kann. Mit seiner
Grenzen und Ideologien überschreitenden
Akzeptanz ist er ein Vorreiter für Europa
und hat in den zurückliegenden fünf
Europa-Abend des
DOSB in Brüssel
Die Landesvertretung Baden-Württemberg
stand ganz im Zeichen des Sports, als der
Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) am
Mittwoch, 28. März 2007 in Brüssel seinen
Europäischen Abend veranstaltete.
66
Jahrzehnten einen bedeutenden Beitrag für
die Zusammengehörigkeit unseres Kontinents geschaffen.
Ausdruck dessen ist die Begeisterung für
europäische Wettbewerbe von Europameisterschaften bis hin zu den Europäischen Olympischen Jugendspielen. Aber
auch abseits der Schlagzeilen und Fernsehübertragungen gelingt es dem Sport und
seinen europaweit über 350 Millionen
Mitgliedern in 800.000 Sportvereinen
Grenzen zu überwinden, menschliche und
DOSB-Präsident und IOC-Vizepräsident:
Dr. Thomas Bach
DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach begrüßte
strahlend eine illustre Besucherschar mit
dem für Sport zuständigen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble an der Spitze
der 300 geladenen Gäste. Drei Tage nach
dem Jubiläum zur Unterzeichnung der
Römischen Verträge gratulierte Bach
"Europa zu seiner 50-jährigen Erfolgsgeschichte."
soziale Dimensionen zu verdeutlichen und
eine integrierende Kraft zu sein.
Insbesondere im Zeitraum der deutschen
EU-Ratspräsidentschaft ist es dem DOSB
ein Anliegen, sportrelevante Handlungsfelder der EU darzustellen, den alltäglichen
Beitrag der Sportorganisationen zur europäischen Integration sichtbar zu machen
und zu verdeutlichen, welches Potential
seine Strukturen besitzen.
Auch für die fortschreitende europäische
Integration wird der Sport eine zentrale
Rolle spielen. Gerade die EU kann geeignete
Rahmenbedingungen schaffen, um die
Entwicklung des Sports und seiner Strukturen in den Mitgliedsstaaten zu unterstützen. Notwendig hierfür ist eine rechtliche
Verankerung des Sports im kommenden
EU-Vertragswerk.
Mit seiner Aktion "europa(S)meister"; unter
der Schirmherrschaft der EU-Ratspräsidentin und Bundeskanzlerin, Frau Dr. Angela
Merkel, liefert der DOSB derzeit Beispiele für
die Umsetzung europäischer Themen auf
lokaler und regionaler Ebene im Sport. Diese
Projekte in den 16 deutschen Bundesländern machen Europa für die Bürger erlebbar
und bringen Europa den Menschen näher."
"Wir stehen in Europa vor so großen und
vielfältigen Herausforderungen. Eine davon
ist, Europa fühlbar und erlebbar zu machen,
dafür ist Sport ein Hoffnungsträger, weil er
zeigt, wie Europa funktionieren kann als
Europa der Bürgerinnen und Bürger", sagte
Bach in seiner Begrüßungsrede: "Sport hat
eine positive Grundstimmung für das Zusammengehörigkeitsgefühl in Europa geschaffen,
es gelingt Grenzen zu überwinden."
Der DOSB-Präsident dankte Minister Schäuble für dessen Unterstützung, die Autonomie des Sports zu fördern. Bach: "Der Sport
braucht Partnerschaft und Förderung, nicht
eine einseitige Regulierung."
Der deutsche Innenminister betonte in
seiner Begrüßungsrede das Subsidiaritätsprinzip, das er als "überlegenes Prinzip"
lobte, welches sehr gut zum Prinzip der
Ehrenamtlichkeit passe, die "den Sport auch
so wertvoll macht. Man muss auch darauf
verzichten können, alles selber regeln zu
wollen. Wir würden viel ärmer werden,
wenn wir Engagement unterdrücken
würden. Es ist nicht wahr, das alles nur
nach dem Gesetz wirtschaftlicher Effizienz
geht."
EU-Kommissar Ján Figel' erklärte, dass es
"an der Zeit sei, etwas zum Wohle des
Sports zu tun. Der Sport ist ein starkes
Zugpferd zu einem friedvollen, vereinten
Kontinent."
Baden-Württembergs Ministerpräsident
Günter Oettinger begrüßte als Hausherr
Europameister und Medaillengewinner,
darunter das DOSB-Präsidiumsmitglied
Claudia Bokel (Fechten) und Gäste aus der
politischen Szene Brüssels, indem auch er
die Partnerschaft zwischen Politik und Sport
unterstrich. "Beides ist eine Friedensidee,
Sport ist das geeigneste Instrument für
Völkerverständigung, er ist der Marktplatz
auf dem sich Menschen kennen lernen."
Mit dem Beispiel seiner Kinder, die in der
Jugendmannschaft des VfB Stuttgart
Fußball spielen, gemeinsam mit Kindern aus
anderen Teilen Europas und "auch einigen
aus Norddeutschland. Ihr gemeinsames
Spiel dient der Integration der Erwachsenen", sagte Oettinger, der die Entscheidungsträger des Sports aufforderte, die
Partnerschaft mit den Schulen noch enger
einzugehen: "Der Mannschaftssport ist von
überragender erzieherischer Funktion."
IOC gibt Besetzung seiner
Gremien bekannt
Dr. Thomas Bach, Präsident des Deutschen
Olympischen Sportbundes, leitet auch
weiterhin die "Juristische Kommission"
sowie die "Kommission für Sport und
Recht" des Internationalen Olympischen
Komitees (IOC). Darüber hinaus ist Bach
Mitglied der "Marketing-Kommission", der
Kommission für "Fernsehrechte und Neue
Medien" und der "Kommission zur Vorbereitung des Kongresses 2009". Zudem bleibt er
Vorsitzender der "Disziplinarkommission
Anti-Doping", die sich unter anderem mit
dem Dopingskandal um die
österreichischen Skilangläufer bei den
Olympischen Winterspielen Turin 2006
beschäftigt. Thomas Bach war bei den
Olympischen Winterspielen 2006 erneut
zum Vizepräsident gewählt worden, nachdem er diese Funktion gemäß Satzung
2004 turnusgemäß verlassen hatte. "Für
die Berufung in derart zentrale Verantwortungsbereiche bin ich dem IOC auch im
Interesse des deutschen Sports sehr dankbar. Sie gewährleistet im Hinblick auf die
Fortsetzung der Aufgaben Kontinuität und
ist Ausdruck einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Präsident
Rogge und dem gesamten Executive
Board", kommentierte Dr. Bach die Mitarbeit in den wichtigen Steuerungsgremien.
Walther Tröger, das zweite deutsche IOCMitglied, zugleich Mitglied des DOSBPräsidiums, ist weiterhin Vorsitzender der
Kommission "Sport für alle", der auch
DOSB-Vizepräsident Walter Schneeloch
angehört. Darüber hinaus ist Tröger Delegierter für den Behindertensport. Auch er
arbeitet zudem in der Kommission zur
Vorbereitung des IOC-Kongresses
2009 mit.
DOSB-Präsident empfing
IOC-Mitglied Aján
DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach hat am
26. März 2007 IOC-Mitglied Dr. Támas Aján
zu einem Gespräch in Frankfurt am Main
empfangen. Im Beisein von Claus Umbach,
Präsident des Bundesverbandes Deutscher
Gewichtheber, ging es u.a. um die Zusammenarbeit zwischen dem deutschen und
dem internationalen Gewichtheberverband.
Dr. Tamás Aján ist Präsident des Internationalen Gewichtheberverbandes (IWF) und
Vizepräsident der Vereinigung der Internationalen Fachverbände (GAISF). Darüber
hinaus ist Aján auch Präsident der Olympischen Akademie Ungarns. Vor dem Hintergrund der Gründung der Deutschen Olympischen Akademie am 4. Mai 2007 in Frankfurt am Main galt das Interesse Bachs und
Ajáns deshalb auch der Zusammenarbeit auf
dem Gebiet von Bildung und Olympischer
Erziehung. Der Besuch Ajáns beim Deutschen Olympischen Sportbund fügt sich an
eine Reihe weiterer Gespräche, die DOSBPräsident Dr. Bach im März mit internationalen Sportvertretern geführt hat. Unter
anderem hat er dabei IOC-Vizepräsidentin
Anita Lourdes de Frantz und eine Delegation
des saudischen Sports begrüßt. Im Laufe des
heutigen Tages empfängt er Vertreter des
Internationalen Kickbox-Verbandes.
Ilse Bechthold vom IOC
ausgezeichnet
Weitere deutsche Vertreter in IOC-Kommissionen sind: Dr. Roland Baar (Umweltkommission), Ilse Bechthold (Kommission für
Frauen und Sport), Matthias Berg (Kommission Sport und Recht), Joseph Fendt (UmIlse Bechthold hat Anfang März im Olympiweltkommission), Stefan Kürten (Radioschen Museum in Lausanne die "Women
und TV-Kommission), Prof. Dr. Karl
Lennartz (Kommission für Kultur und
Olympische Erziehung), HansHermann Mädler
(Presse-Kommission), Prof. Dr. Norbert Müller (Kommission für Kultur
und Olympische
Erziehung), Dr. h.c.
Klaus Schormann
(Kommission für
Ilse Bechthold (ganz rechts) anlässlich der Preisverleihung zur WoKultur und Olympimens and Sport Trophy mit den übrigen Kontinental-Preisträgerinnen,
sche Erziehung).
Weltsiegerin Patia Simpson-Miller und IOC-Präsident Dr. Rogge.
67
68
EuropaAbend des
DOSB in
Brüssel
69
and Sport Trophy 2007" (für Europa) entgegengenommen. Das IOC verlieh den begehrten Preis an weitere Kontinentalpreisträgerinnen und als World-Trophy an die jamaikanische Premierministerin und ehemalige
Sportministerin Portia Simpson Miller für
ihre weltweit herausragenden Verdienste.
"Natürlich freue ich mich riesig über diese
Auszeichnung. Es war eine echte Überraschung für die ich sehr dankbar bin",
erklärte die Frankfurterin Ilse Bechthold. Zur
Würdigung ihrer langjährigen Verdienste
war Frau Bechthold dem IOC sowohl vom
DOSB als auch vom Internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) als Preisträgerin
vorgeschlagen worden. "Die Verdienste von
Ilse Bechthold für die Rolle der Frauen im
Sport sind einzigartig. Sie hat stets Verantwortung übernommen und ist Vorbild für
viele andere Frauen in Sportorganisationen.
Mit ihrer fachlichen Kompetenz und ihrer
menschlich verbindlichen Art hat sie den
Frauen in zahlreichen Gremien des Sports in
beeindruckender Weise Gehör verschafft. In
der IAAF und im IOC war sie dabei auch für
unser Land und den deutschen Sport eine
ganz wichtige Sympathieträgerin", würdigte
DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach die
Preisträgerin. Ilse Bechthold hat sich über
mehrere Jahrzehnte hinweg für die Belange
von Frauen engagiert. Wichtige Stationen
im deutschen und im internationalen Sport
waren der DLV, die mittlerweile im DOSB
fusionierten Dachorganisationen Deutscher
Sportbund und NOK für Deutschland, der
Internationale Leichtathletik-Verband (IAAF)
und das
IOC.
DOSB-Langzeitprojekt
in Ruanda
Zur Entwicklung des heimischen Fußballs
entsendet der Deutsche Olympische Sportbund im Rahmen eines sog. Langzeitprojektes den Sportexperten Michael Weiß nach
Ruanda. Die Maßnahme wird durch das
Auswärtige Amt finanziert und in enger
Zusammenarbeit mit dem Deutschen
Fußball-Bund und Partnern in Ruanda
durchgeführt. Sie basiert auf einer bereits
bestehenden engen Zusammenarbeit
zwischen dem DFB und dem ruandischen
Fußball-Verband. Die Partner in Ruanda sind
insbesondere an der Aus- und Fortbildung
von Multiplikatoren, der Förderung des
Jugendfußballs insbesondere für Mädchen,
70
Talentförderung, Behindertensportprogrammen sowie der gezielten Förderung der
U17-Auswahl Ruandas interessiert. Bereits
2005 und 2006 hatten zwei Kurzzeitprojekte des deutschen Sports in dem zentralafrikanischen Land stattgefunden. Zum
Auftakt der zunächst auf zwei Jahre befristeten Maßnahme, die zwei Mal, bis auf eine
maximale Laufzeit von vier Jahren, verlängert werden kann, erfolgt ein Lehrgang mit
DFB-Coach Erich Rutemöller. Im April
werden ruandische Offizielle zu einem
Lehrgang in Deutschland anreisen.
DOSB-Arbeitsgruppe
prüft EuGH-Urteil zum
Thema Sportwetten
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB)
beschäftigt sich eingehend mit dem im März
ergangenen Urteil des Europäischen Ge-
die die Finanzierung der gemeinnützigen
Aufgaben des Sports sicher stellt", erklärt
Michael Vesper: "Jetzt sind die Ministerpräsidenten der Länder gefordert. Es sollte
möglich sein, eine Regelung zu erreichen,
die der Rechtssprechung des Europäischen
Gerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichtes folgt und dem Sport mit seinen
90.000 Vereinen hilft."
Informationen aus dem
DOSB-Präsidium
Michael Vesper wird "Chef de Mission"
der deutschen Olympia-Mannschaft
Michael Vesper wird das deutsche OlympiaTeam bei den Sommerspielen 2008 in
Peking als "Chef de Mission" anführen. Der
54jährige ehemalige Sportminister Nordrhein-Westfalens ist seit dem 1. Oktober
2006 Generaldirektor des Deutschen Olym-
richtshofes zum Thema Sportwetten. "Wir
werden das Urteil sorgfältig daraufhin
prüfen müssen, welche Auswirkungen es auf
den deutschen Markt hat. Unabdingbar für
den Sport ist die Gewährleistung der finanziellen Mittel, die er bislang aus den Sportwetten erhalten hat, auch für die Zukunft",
sagt DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach.
Der Europäische Gerichtshof hat am Dienstag im Strafverfahren gegen Massimiliano
Placanica und andere für gemeinschaftsrechtswidrig erklärt, dass in Italien Vermittler, die für Rechnung ausländischer Unternehmen Wetten sammeln, mit Strafe
bedroht sind.
Unter Vorsitz von Dr. Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen
Sportbundes, wird in Kürze eine hochrangige Arbeitsgruppe die Thematik diskutieren.
Der Gruppe werden führende Vertreter der
Spitzenverbände, darunter auch des Deutschen Fußball-Bundes und der Deutschen
Fußball Liga sowie der Landessportbünde
angehören.
"Wir erwarten, dass eine europafeste und
verfassungsgemäße Lösung gefunden wird,
Dr. Michael Vesper, Generaldirektor des
DOSB.
pischen Sportbundes (DOSB). Zum stellvertretenden "Chef de Mission"; berief das
DOSB-Präsidium in seiner Sitzung am
Dienstag in Frankfurt am Main den DOSBDirektor Leistungssport, Bernhard Schwank
(46).
Leitender Mannschaftsarzt der deutschen
Olympiamannschaft in China wird Prof. Dr.
Wilfried Kindermann aus Saarbrücken. Der
66jährige war bereits bei vier Olympischen
Spielen in derselben Funktion für das
ehemalige NOK für Deutschland im Einsatz.
Bei der FIFA WM 2006 in Deutschland war
Kindermann als Chef-Mediziner für das
deutsche Organisationskomitee tätig.
Leitender Physiotherapeut im deutschen
Team wird Klaus Eder (53) aus Donaustauf.
Das DOSB-Präsidium verabschiedete in
Frankfurt darüber hinaus die Grundsätze zur
Nominierung der Olympiamannschaft
Peking 2008, die auf der Homepage des
DOSB (www.dosb.de) zum Download bereit
stehen.
DOSB gründet Stiftung Deutscher Sport
übernommen, 51 Prozent hält die Stiftung
Deutsche Sporthilfe. Der Aufsichtsrat
besteht aus vier Mitgliedern, je zwei von
DOSB und DSH.
Oberstufe fordern. Hintergrund sind die
Diskussionen in Nordrhein-Westfalen, die
dritte Stunde abzuschaffen und den Sport
nicht mehr als Abiturfach zuzulassen.
Europäischer Fairplay-Kongress in
Frankfurt
Beirat Sportentwicklung berufen
Vom 17. bis 20. Oktober 2007 ist der DOSB
in Frankfurt Gastgeber für den 13. Europäischen Fairplay-Kongress. Für die Eröffnungsfeier am 17. Oktober ist der Kaisersaal
im Frankfurter Römer reserviert. Parallel zur
Hauptveranstaltung findet ein Jugendkon-
Elf Personen werden dem Beirat Sportentwicklung des Deutschen Olympischen
Sportbundes angehören. Das DOSB-Präsidium berief folgende Experten und Expertinnen: Deutsches Sportabzeichen: Frank
Wittchen, Geschäftsführer Breitensport LSV
Saarland; Ehrenamt/bürgerschaftliches
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB)
hat die Stiftung Deutscher Sport ins Leben
gerufen. Stiftungszweck ist die Förderung
des deutschen Sports in all seinen Erscheinungsformen. In diese Stiftung fließen die
drei Millionen Euro ein, die der DOSB
dankenswerterweise aus dem Gewinn der
Fußball-WM vom DFB erhalten hat. Die
Satzung kann ebenfalls in Kürze im Internet
auf der DOSB-Homepage herunter geladen
werden.
Deutsche Olympische Akademie Willi
Daume wird am 4. Mai gegründet
Am 4. Mai 2007 tritt der Vorstand der
Deutschen Olympischen Akademie Willi
Daume zu seiner konstituierenden Sitzung
zusammen. Das DOSB-Präsidium benannte
die Vizepräsidentin Bildung und Olympische
Erziehung, Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper, zur
Vorstandsvorsitzenden. Dem Vorstand sollen
weiterhin angehören: Hans-Peter Krämer
(Vizepräsident Wirtschaft und Finanzen im
DOSB), Ingo Weiss (Mitglied des DOSBPräsidiums und Vorsitzender der Deutschen
Sportjugend), Prof. Dr. Helmut Altenberger
(Mitglied Kuratorium Olympische Akademie),
Prof. Dr. Manfred Lämmer (Vorsitzender der
Europäischen Fairplay Initiative), Dr. Klaus
Schormann (Präsident Internationaler und
Nationaler Verband für Modernen Fünfkampf, IOC-Kommission Kultur und Olympische Erziehung, Sylvia Schenk (Stellvertretende Vorsitzende von Transparency International).
Hans-Peter Krämer und Michael Vesper
in DSM-Aufsichtsrat bestimmt
Generaldirektor Dr. Michael Vesper wurde
vom Präsidium gemeinsam mit Schatzmeister Hans-Peter Krämer als Vertreter des
DOSB in den Aufsichtsrat der Deutschen
Sport-Marketing GmbH benannt. Der DOSB
hat 49 Prozent der Anteile an der DSM
Informationsblatt zum Europäischen Fairplay Kongress
gress statt. Im Blickpunkt des Kongresses
stehen die "olympischen Werte" in ihrem
Spannungsfeld von Anspruch und Wirklichkeit.
DOSB fordert Erhalt der dritten Schulsportstunde in Gymnasialer Oberstufe
In einem Brief an die Kultusminister der
Länder wird der Deutsche Olympische
Sportbund die Beibehaltung der dritten
Sportstunde auch in der Gymnasialen
Engagement und Integration:Sebastian
Braun, Sportsoziologe, Uni Paderborn;
Frauen und Gleichstellung(Gender Mainstreaming): Ilse Hartmann-Tews Sportsoziologin, Abteilung Geschlechterforschung,
DSHS Köln; Gesundheit: Iris Pahmeier, Uni
Vechta; Seniorensport/Sport mit Älteren:
Andreas Kruse, Gerontologe, Uni Heidelberg;
Sport und Familie: Manfred Wegner, Sportpädagoge, Uni Kassel; Sport und Gesundheit:
Winfried Banzer, Sportmediziner, Uni Frankfurt; Hans-Hermann Dickhuth, Sportmedizi-
71
ner, Uni Freiburg; Sportentwicklung, Vereins/Verbandsberatung: Christian Wopp, Sportsoziologe, Uni Osnabrück; Sportstätten und
kommunale Sportstättenentwicklung: Rudolf
Behacker, Sportamtsleiter München, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft deutscher
Sportämter; Umwelt und Sport: Rainer
Baake, Bundesgeschäftsführer Deutsche
Umwelthilfe; Wissensmanagement: Anna
Fernandez, Diakonisches Werk der EKD,
Stuttgart, Abt. Wissensmanagement/Zentrum Kommunikation
Mitgliederversammlung in Hamburg
Die nächste Mitgliederversammlung des
DOSB wird am 8. Dezember 2007 in Hamburg stattfinden.
Weitere Themen
z
In Berichten befasste sich das DOSBPräsidium mit der Entschädigung für die
Opfer des Dopingsystems der ehemaligen
DDR. Bis April wird darüber beraten, wie
die noch offenen Fälle zu behandeln sind.
Im Mai werden dann die Gespräche mit
den Anwälten stattfinden. Der DOSB wird
prüfen, ob eine Aussicht auf Erfolg
besteht, den Dopingopfern zu einer
dauerhaften Rente zu verhelfen. Sollte
diese Prüfung positiv ausfallen, wird der
DOSB sich dafür einsetzen.
z
Verabschiedet wurde auf der Präsidiumssitzung die neue Geschäftsordnung für
das Direktorium.
z
Ebenso beschäftigte sich das Präsidium
mit dem Thema Sportwetten, Dr. Michael
Vesper hat diesbezüglich die entsprechenden weiteren Schritte eingeleitet.
z
Im Nachklang des Gespräches des DOSB
mit der katholischen und evangelischen
Kirche wird eine Arbeitsgruppe ein
Grundsatzpapier über die Zusammenarbeit erstellen.
z
Das Präsidium beschließt die Mitwirkung
des DOSB in der Initiative "Lokale Bündnisse für Familien"; in Form einer aktiven
Partnerschaft.
z
Michael Vesper erstattet dem Präsidium
Bericht zum Stand der Aufnahme Sport
ins Grundgesetz.
72
DOSB und SPD für
Aufnahme des Staatsziels
Sport ins Grundgesetz
Anlässlich eines Gesprächs zwischen dem
Präsidenten des Deutschen Olympischen
Sportbundes (DOSB), Dr. Thomas Bach, und
DOSB-Generaldirektor Dr. Michael Vesper
mit dem SPD-Präsidium erklärten DOSBPräsident Dr. Thomas Bach und der Parteivorsitzende der SPD, Kurt Beck: Der Deutsche Olympische Sportbund und die Sozialdemokratische Partei Deutschland betonen
gemeinsam die gesellschaftspolitische
Bedeutung des Sports für Gesundheit, für
Integration, für Bildung, für nationale
Repräsentanz und für den Zusammenhalt
unserer Gesellschaft. Dabei gehören Breitensport und Leistungssport untrennbar zusammen. DOSB und SPD sind deshalb in
dem Ziel einig, den Sport gemeinsam mit
der Kultur als Staatsziel in das Grundgesetz
aufzunehmen. Wir verstehen dies auch als
Würdigung der mehr als sechs Millionen
Menschen, die sich ehrenamtlich im Sport
engagieren, und der gesellschaftspolitisch
wichtigen Rolle, die der Sport inne hat. Dem
Sport soll deshalb eine entsprechende
Stellung im Grundgesetz eingeräumt
werden, damit er seinen vielfältigen Aufgaben gerecht werden kann.
im Kampf gegen Doping. Doping muss ohne
Toleranz bestraft und unterbunden werden.
Dafür bietet die gefundene Lösung mit einer
Ausweitung der gesetzlichen Möglichkeiten
gegen den Handel mit Dopingsubstanzen
sowie die unmittelbare Bestrafung der des
Dopings überführten Athleten ausschließlich
durch die Sportgerichtsbarkeit das nötige
Instrumentarium.
Ziel ist es, den Kampf gegen Doping künftig,
unter anderem durch eine höhere Kontrolldichte, effektiver zu führen. Gewürdigt
wurde die Initiative "Hilfen für Helfer" des
Bundesfinanzministers, durch die das
ehrenamtliche Engagement im Sport und
darüber hinaus weiter gestärkt wird. Die
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
bleibt dem deutschen Sport ein verlässlicher
Partner. Beide Delegationen verständigten
sich auf die Fortführung des regelmäßigen
Gedankenaustauschs.
"Millionen in Bewegung" DOSB und ARD werben für
Deutsches Sportabzeichen
Mit Unterstützung des vom Südwestrundfunk produzierten TV-Magazins "ARDBuffet" will der Deutsche Olympische
Sportbund (DOSB) 2007 eine MillionenSchallmauer durchbrechen. "Wir wollen
gemeinsam dafür sorgen, dass in diesem
Mit mehr als 27 Millionen Mitgliedschaften
Jahr mehr als eine Million Menschen das
erreichen die Sportvereine Menschen quer
Deutsche Sportabzeichen ablegen", erklärte
durch alle Teile der Bevölkerung. Beide
DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach bei der
Seiten begrüßen die jetzt vorliegende Linie
Vorstellung der
Aktion "Millionen in
Bewegung". Gemeinsam mit SWRIntendant Prof.
Peter Voß und
"ARD-Buffet"Moderatorin Evelin
König präsentierte
Thomas Bach am
27. März 2007 in
Berlin die auf drei
Monate angelegte
Kampagne. "Die
ARD und der DOSB
verfolgen ein
gemeinsames Ziel.
Wir wollen die
Am 19.03. traf sich in Berlin der SPD-Vorsitzende Kurt Beck mit dem
Menschen dazu
Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Thomas
bringen, sich zur
Bach, und Michael Vesper, Generaldirektor des DOSB (v.l.).
Erhaltung ihrer
Gesundheit mehr zu bewegen. Das Sportabzeichen ist für alle Menschen, egal welchen
Alters und welchen Geschlechts, ein perfekter Fitness-Test. Die Sendung ARD-Buffet
richtet sich als Familiensendung an alle
Altersstufen. Die Partner passen also sehr
gut zusammen. Wir sind sehr glücklich, dass
wir mit der ARD diese Kooperation eingehen
konnten", sagte Bach. Die Kampagne "Millionen in Bewegung" ist zwischen dem 10.
April und dem 7. Juli 2007 ein Programmschwerpunkt in der Mittagssendung des
Ersten. "Normalerweise werden in Deutschland im Schnitt rund 900.000 Sportabzeichen pro Jahr erfolgreich abgelegt. Wir
möchten mit dieser gemeinsamen Aktion
beitragen, die Schallgrenze zu durchbrechen. ARD-Buffet ist ein Ratgeber für Leib
und Seele, wir wollen Anregungen für eine
aktive und gesunde Lebensgestaltung
geben. Das Sportabzeichen gehört da
fraglos dazu", erklärte Prof. Peter Voss. Das
ARD-Buffet wird deshalb die Aktion drei
Monate lang immer wieder in Gesprächen
mit Studiogästen, Telefon-Sprechstunden
und Film-Beiträgen aufgreifen. Außerdem
beobachtet die Sendung wochenlang eine
Großfamilie mit der Kamera, deren Mitglieder alle das Sportabzeichen ablegen möchten.
Den Startschuss zu der Kampagne "Millionen in Bewegung" geben DOSB-Präsident
Dr. Thomas Bach und Moderator ErnstMarcus Thomas im "ARD-Buffet" am 10.
April 2007 ab 12.15 Uhr. Höhe- und Endpunkt der Sportabzeichen-Aktion ist eine
Sondersendung am Samstag, den 7. Juli
2007 vom "Festival des Sports" in Heidelberg. Sie wird live von einer Open-AirBühne in der Neckarstadt ausgestrahlt. Auf
einem angrenzenden Sportplatz werden
über 2.000 Sportlerinnen und Sportler
während der laufenden Sendung ihre
letzten leichtathletischen Disziplinen für das
Sportabzeichen absolvieren. Unter der
Internetadresse "www.deutsches-sportabzeichen.de":http://www.deutsches-sportabzeichen.de sind Informationen zum Deutschen
Sportabzeichen erhältlich.
Frauensportaktionstag
am 5./6. Mai
Das erste Sportwochenende im Mai 2007 in
Deutschland gehört den Frauen und Mädchen. Am 5./6. Mai startet der Deutsche
Olympische Sportbund (DOSB) unter der
Schirmherrschaft der Bundesfamilienministerin, Ursula von der Leyen, den 1. Bundesweiten Frauensportaktionstag. Angemeldet
haben sich 65 Vereine in Großstädten und
ländlichen Gebieten, die diesen ersten
Aktionstag gestalten. Es wird alles angeboten, was Frauen und Mädchen begeistert,
gesund erhält und die Gemeinschaft zusammen schweißt, verspricht die Vizepräsidentin
Frauen und Gleichstellung des DOSB, Ilse
Ridder-Melchers. Botschafterin des Aktionstages ist die Olympiasiegerin im Biathlon,
Kati Wilhelm. Die Sportlerin des Jahres 2006
fordert alle Mädchen und Frauen auf, die
Chance des Aktionstages zu nutzen: "Alle
können mitmachen, ob jung oder alt, geübt
oder ungeübt, zugewandert oder mit
Handicap." Der Anteil der Mädchen und
Frauen im organisierten Sport ist auf zurzeit
zehn Millionen Mitglieder gestiegen. In
von der Leyen sieht denn auch im Sport die
Kraft "zur gesellschaftlichen Integration und
Chancengleichheit". Neben dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend unterstützt die Deutsche Telekom
den 1. Bundesweiten Frauensportaktionstag.
DOSB will mehr junge
Migrantinnen in die
Sportvereine holen
Der Deutsche Olympische Sportbund will
ausgewählte Integrationsprojekte nutzen,
um bundesweit mehr Mädchen und Frauen
mit Migrationshintergrund in die Sportvereine zu holen. Laut einer vom in Auftrag
gegebenen Studie der Universität Bielefeld
treiben ausländische Mädchen
im Gegensatz zu den Jungen
wenig Sport. In der Altersgruppe
der10 - 11 jährigen Mädchen ist
der Anteil der deutschen Kinder
in den Sportvereinen dreimal so
hoch wie der ihrer Altersgenossinnen mit Migrationshintergrund.
Im Vorfeld des Internationalen
Frauentages (am 8. März 2007)
forderte die Vizepräsidentin
Frauen und Gleichstellung, Ilse
Ridder-Melchers, in Frankfurt die
Sportvereine auf, die Ergebnisse
der Studie umzusetzen. Es sind
insgesamt 54 bestehende
Integrationsprojekte untersucht
worden. Ihr Erfolg ist übertragbar, wenn die Vorgehensweise
übernommen wird, sagte Ridder-Melchers: Eine Grundvoraussetzung ist, dass sich die
Vereine über die Bedürfnisse der
Mädchen klar werden. Tanzen,
Schwimmen, Fußball und
Dem Sport eng verbunden: Familienministerin Ursula von
Kampfsportarten seien die
der Leyen (r.), hier in Begleitung von Gesundheitsministeattraktivsten Angebote für junge
rin Ulla Schmidt.
Ausländerinnen. Projekte sollten
im frühen Kindesalter beginnen
und Netzwerke mit Kindergäreinem Sportverein angemeldet sind heute
ten, Grundschulen und Ausländervereinen
58 Prozent der Mädchen im Alter von
aufbauen. Die Attraktivität der Angebote
sieben bis 14 Jahren. Trotzdem gibt es
könne mit zusätzlichen Inhalten wie SprachHandlungsbedarf: Junge Männer sind mit
kursen gesteigert werden. Nach dem Schritt
38 Prozent fast doppelt so häufig Mitglied
in den Verein sollten Migrantinnen langfrisim Sportverein wie junge Frauen im Alter
tig in alle Ebenen der Verbandsarbeit eingevon 19-26 Jahren. Der Anteil von Ausländebunden werden. Die Integrationsbotschafterinnen ist noch geringer. Ministerin Ursula
rinnen Ebru Shikh Ahmad (mehrfache
73
des Europäischen Olympischen Jugendfestivals (EYOF) im März 2007 im spanischen
Jaca. Im Biathlon Verfolgungsrennen über
7,5 km belegten Anne Domeinski (SC Motor
Zella-Mehlis), Miriam Gössner (SC GarmischPartenkirchen) und Maren Hammerschmidt
(SK Winterberg) die Plätze eins bis drei.
Silber gewannen Benjamin Thym (WSV
Scheibe Alsbach) in der Biathlon-Verfolgung
Der DOSB will bis Sommer 2007 interessierte der Jungen sowie die 4×5 km SkilanglaufMixed Staffel mit Sebastian Eisenlauer (SC
Verbände und Vereine zu einem Workshop
Sonthofen), Tim Tscharnke (SV Biberau),
einladen, um aus diesem Kreis in zehn
Esther Mende (SC Oberstdorf) und Monique
Städten mit hohen Ausländerinnenanteilen
Siegel (WSC Erzgebirge Oberwiesenthal). Sebastian Eisenlauer
(7,5 km Distanz, klassischer Stil)
und Tim Tscharnke (10 km
Freistil) hatten zuvor bereits
Gold in Einzelwettbewerben
erkämpft. Die Medaillenausbeute
des deutschen Teams vervollständigten Monique Siegel (7,5
km Skilanglauf, Freistilrennen)
und Anne Domeinski (6 km
Sprint) mit ihren Bronzemedaillen. "Die Konkurrenz wird von
Veranstaltung zu Veranstaltung
größer und wir fahren neben
den neun Medaillen auch mit
einer Menge sehr guter Platzierungen auf den Rängen fünf bis
acht nach Hause", zog DOSBAbteilungsleiterin Sabine Krapf
als Chef de Mission des deutschen EYOF-Teams zufrieden
Bilanz. Die deutsche Delegation
bestand aus 33 deutschen
Teilnehmerinnen und Teilnehmern unter 18 Jahren (17
Mädchen und 16 Jungs der
Jahrgänge 1990/1991). Sie
gingen in den Sportarten SnowFreude am Sport auch in Berlin-Kreuzberg, wo Migranboard, Alpiner Skilauf, Skilangtinnen begeistert die Erfolge der Weltmeisterschaften
lauf, Biathlon und Eiskunstlauf
im Handball und Fußball feierten.
an den Start und deckten dabei
nahezu das gesamte Wettzielgruppenorientierte Angebote aufzubauen kampfprogramm ab. Lediglich im Eishockey
oder bestehende zu verstärken. Der Sport
war kein deutsches Team gemeldet worden.
geht damit gezielt eine der wichtigsten
Die Europäischen Olympischen Jugendspiele
gesellschaftlichen Herausforderungen an so
gehen auf eine Idee von IOC-Präsident Dr.
Ridder-Melchers, er kann es, denn er ist
Jacques Rogge zurück. Ziel ist es, die besten
Integration.
europäischen Jugendlichen an die Olympische Bewegung und die Anforderungen des
internationalen Spitzensports heranzuführen
und dabei zugleich die europäische Integration voran zu treiben.
Karateeuropameisterin) und Anna Dogonadze (Trampolin-Olympiasiegerin) verdeutlichten, dass Integration durch Sport keine
Einbahnstrasse sei - Deutsche und Migranten kämen sich beim Sport so schnell näher
wie in kaum einem anderen gesellschaftlichen Feld und entwickelten sich dann
gemeinsam weiter.
Neun Medaillen für das
deutsche EYOF-Team
Fünf Medaillen erkämpften die deutschen
Nachwuchs-Wintersportler am Schlusstag
74
In einem Zweijahresabstand finden die
Europäischen Olympischen Jugendfestivals
jeweils im Winter und im Sommer in den
nicht-olympischen Jahren mit ungeraden
Jahreszahlen statt.
Deutscher Schulsportpreis
des DOSB und der dsj
Unter dem Motto "Schulsport tut Schule"
haben der Deutsche Olympische Sportbund
(DOSB) und die Deutsche Sportjugend (dsj)
den mit 10.000 Euro dotierten Deutschen
Schulsportpreis ausgeschrieben. Teilnahmeberechtigt sind alle beruflichen Schulen der
Bundesrepublik Deutschland. Ziel des Wettbewerbs ist es, beispielhafte und zukunftsweisende Konzepte an beruflichen Schulen
auszuzeichnen, die sich über einen längeren
Zeitraum in der Praxis bewährt haben. Die
Geldpreise (1. Preis 5000 Euro, 2. Preis 3000
Euro, 3. Preis 2000 Euro) sind zweckgebunden für Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote zu verwenden. Abgabe der Bewerbungsunterlagen ist der 21. Mai 2007. Für
Rückfragen steht Ute Markl unter Telefon
069/6700322 oder E-Mail: markl@djs.de zur
Verfügung.
Jugend trainiert für Olympia
Mehr als 700 Nachwuchssportlerinnen und
Nachwuchssportler folgten der Einladung
nach St. Andreasberg und Clausthal-Zellerfeld, wo vom 26.2. bis zum 2.3.2007 die
Bundessieger des Schulwettbewerbs JUGEND
TRAINIERT FÜR OLYMPIA in den Sportarten
Skilanglauf und Judo ermittelt wurden. Der
Deutsche Olympische Sportbund war vor Ort
mit einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm vertreten. Neben pädagogisch
ausgerichteten Aktivitäten stellte ein Abendprogramm mit dem Titel „DOSB Action-Time“
ein Highlight des Winterfinals dar. 660
Jugendliche, ihre Trainer und Betreuer sowie
zahlreiche weitere Gäste ließen sich im
Kurhaus von St. Andreasberg zwei Stunden
lang von einem Programm aus Tanz, Akrobatik und Musik begeistern. Höhepunkt des
Abends war eine Talkrunde mit ParalympicsSiegerin Kirsten Bruhn, Olympia-Silbermedaillengewinner Sven Loll und den beiden
frischgebackenen Handballweltmeistern
Johannes Bitter und Oliver Roggisch.
Winterfinale des
Schulsportwettbewerbs Jugend trainiert für Olympia
Nachrichten der DOG
2. "Kinder bewegen"Kongress ein voller Erfolg
Großer Resonanz erfreute sich der zweite
"Kinder bewegen"-Kongress unter dem
Motto "Energien nutzen" vom 1. bis 3. März
2007 in Karlsruhe. Bereits sechs Wochen vor
dem Termin konnten die Veranstalter, die
Universitäten Karlsruhe und Konstanz, das
Forschungszentrum für den Schulsport an
der Uni Karlsruhe, die AOK Baden-Württemberg und die Bundesforschungsanstalt für
Ernährung und Lebensmittel, vermelden,
Auflage vor zweieinhalb Jahren als Partner
beteiligt.
Georg Wacker, Staatssekretär im badenwürttembergischen Ministerium für Kultus,
Jugend und Sport, wies in seinem Grußwort
zur Eröffnung darauf hin, dass eine breite
anregende Bildung und Erziehung der
Kinder und Jugendlichen das Fundament
der Gesellschaft sei. Karlsruhes Sportbürgermeister Harald Denecken, der zugleich
stellvertretender DOG-Landesvorsitzender
ist, brachte seine Freude darüber zum
Ausdruck, dass die Stadt wiederholt Gastgeber dieser hochkarätigen Veranstaltung an
Prall gefüllter Hörsaal bei der Eröffnung des 2. "Kinder bewegen"-Kongresses in Karlsruhe
dass die 800 Tickets vergeben sind. Mit der
Entscheidung, während der dreitägigen
Veranstaltung auf dem Campus der Universität Karlsruhe die Bedeutung von Bewegung, Spiel und Sport, das bewegte Lernen
sowie die Ernährungs- und Bewegungssituation von Kindern und Jugendlichen in
den Mittelpunkt zu stellen, hatten sie
offensichtlich den Nerv vieler getroffen.
Auch die Deutsche Olympische Gesellschaft,
deren gleichnamiges Modellprojekt "Kinder
bewegen" als Namensgeber des Kongresses
Pate stand, war wie schon bei der ersten
76
der Exzellenzuniversität Karlsruhe sein
dürfe.
Nach den Grußworten hatten die Kinder des
DOG-Modellkindergartens St. Judas Thaddäus
aus Karlsruhe Neureut ihren großen Auftritt:
mit ihrem Bewegungslied macht sie den
Kongressteilnehmern und -teilnehmerinnen
vor, wie es geht. Und diese durften im Anschluss gleich selbst aktiv werden, als sie sich
mit einem kleinen Aerobicprogramm von
ihren Sitzen reißen ließen.
Im Eröffnungsvortrag präsentierten Professor Klaus Bös (Sportinstitutsleiter an der
Universität Karlsruhe), Professor Alexander
Woll (Universität Konstanz) und Dr. Anette
Worth (Universität Karlsruhe) die Ergebnisse
der so genannten MoMo-Studie, dem ersten
Survey zur Fitness und Aktivität von Kindern
und Jugendlichen. Das Motorik-Modul
(MoMo) ist einer von vier Bereichen der
bundesweiten Studie zur Kinder- und
Jugendgesundheit (KiGGS) des Berliner
Robert-Koch-Instituts. Über drei Jahre
haben die Sportwissenschaftler mehr als
4.500 Kinder und Jugendliche zwischen 4
und 17 Jahren getestet, um für die Zukunft
Geschäftsstellenleiterin Kathrin Hillgärtner
mit einer Kongressteilnehmerin am Stand
der Deutschen Olympischen Gesellschaft
repräsentative Ausgangsdaten zur Einschätzung der generellen Leistungsentwicklung
zu erhalten.
In Einzelbereichen konnte die Studie bereits
zeigen, dass die motorische Leistungsfähigkeit der Kinder zurückgegangen ist - wie
etwa im Standweitsprung seit 1976 um 14
Prozent. Zudem lassen sich allgemeine
Aussagen zum Leistungsstand treffen. So
erreicht fast die Hälfte der Kinder beim
Rumpfbeugen nicht das Fußsohlenniveau
und ein Drittel ist nicht in der Lage, zwei
oder mehr Schritte rückwärts auf einem
Balken zu balancieren. Die Ergebnisse
verdeutlichen auch, dass Faktoren wie
Übergewicht, soziale Schicht und Aktivität
die motorische Leistungsfähigkeit beeinflussen und beispielsweise Kinder mit niedrigerem sozialen Status weniger aktiv sind als
Kinder aus Familien mit höheren Einkommen.
Über die Bedeutung von Bewegungsförderung in Kombination mit gesunder Ernährung sowie geeignete Präventions- und
Interventionsmöglichkeiten konnten sich die
Teilnehmer und Teilnehmerinnen während
der drei Kongresstage umfassend informieren. Vorträge von renommierten Wissenschaftlern wie Professor Renate Zimmer,
Professor Gerald Hüther und Professor
Gisela Lück sowie Arbeitskreise und Praxisworkshops standen dabei für sie zur Auswahl. Zusätzlich bot eine Fachausstellung
Gelegenheit zum Einblick und Austausch
auch zur Weiterbildung nutzten und dabei
viele Impulse für ihre Arbeit mitnehmen
konnten.
Zeit für Gespräche auch abseits der zentralen Themenstellung "Kinder bewegen" bot
die stimmungsvolle "Come-together-Party"
am Freitagabend. Mit einem bunten Programm mit Rope-Skipping-Show, Kinderzirkus, Zauberkunst, afrikanischer Trommelkunst sowie Livemusik sorgte sie bereits
einen Tag vor dem Abschluss für das iTüpfelchen auf den Kongress.
Afrika" und "Wasser für Äthiopien". Die
Schirmherrschaft für die bundesweiten
Läufe übernimmt das Kultusministerium der
jeweiligen beteiligten Bundesländer.
Für alle weiteren Interessenten veranstaltet
die Initiative "Kinder laufen für Kinder"
außerdem zwei große Spendenlaufevents
selbst: am 6. Mai in München und am 23.
September in Hamburg. Beim Auftakt am
Münchner Flughafen mit Familienfest,
Spendenlauf und buntem Programm ist
dann in jedem Fall auch die Deutsche
Auf ein Wiedersehen beim 3. "Kinder bewegen"-Kongress!
Unterstützung für "Kinder
laufen für Kinder"
Die Deutsche Olympische Gesellschaft
unterstützt in diesem Jahr die bundesweite
Aktion "Kinder
laufen für Kinder"
zugunsten von
UNICEF, dem Kinderhilfswerk der
Vereinten Nationen.
Wie hier im "Olympischen Feuer" wird
sie in ihren Medien
regelmäßig über
diese lohnenswerte
Initiative informieren.
Worum es bei
"Kinder laufen für
Kinder" geht:
Bunte Unterhaltung bei der "Come-together-Party" mit den
anderen Kindern auf
Jonglierkünstlern vom Karlsruher Kinderzirkus
der Welt helfen, sich
selbst mehr bewegen und dabei auch
über Aktivitäten und Initiativen von Organinoch viel Spaß haben. Generell kann sich
sationen und Institutionen.
jede interessierte Schule beteiligen und eine
eigene Spendenlaufaktion organisieren.
Auch die Deutsche Olympische Gesellschaft
Dazu muss sie sich nur im Vorfeld bei der
präsentierte ihr Modellprojekt "Kinder
Initiative "Kinder laufen für Kinder" anmelbewegen" an einem Informationsstand
den, einen Laufparcours festlegen und
sowie in einem Arbeitskreis und zwei
Geldgeber finden. Am Aktionstag laufen
Praxisworkshops. Besonders viel Anklang
dann die Kinder so weit und so lange sie
fanden die Ideen und Anregungen zur
können, denn für jeden einzelnen absolvierspielerischen Vermittlung olympischer
ten Kilometer geben die Spender einen
Werte im Kindergarten. Mit dabei waren
vorab festgelegten Beitrag. Die gesammelte
auch Erzieherinnen der von der DOG geförSumme wird dann ganz offiziell an den
derten Modellkindergärten, die den KonUNICEF-Botschafter überreicht und geht in
gress zum Austausch untereinander, aber
die UNICEF-Hilfsprojekte "Schulen für
Olympische Gesellschaft vor Ort, um ihr
Engagement und insbesondere das Projekt
"Kinder bewegen" mit spielerischen Aktivitäten zur Völkerverständigung vorzustellen.
Und natürlich sind auch alle DOG-Mitglieder herzlich eingeladen!
Weitere Informationen gibt es unter
www.kinder-laufen-fuer-kinder.de oder
direkt bei der Initiative "Kinder laufen für
Kinder“, Änne Jacobs, Tel 089 218965360,
info@kinder-laufen-fuer-kinder.de.
6 Läufe in 6 deutschen
Städten
Sommerzeit = Olympic-Day-Run-Zeit! Im
Juni findet wieder der Lauf für die olympische Idee statt, mit dem die olympische
Bewegung weltweit den Geburtstag des
Internationalen Olympischen Komitees
feiert. Ausrichter des Olympic-Day-Run in
Deutschland, der unter Schirmherrschaft
des Deutschen Olympischen Sportbundes
steht, sind die jeweiligen Zweigstellen der
Deutschen Olympischen Gesellschaft in
Kooperation mit regionalen Partnern. Der
Startschuss fällt am 20. Juni mit Laufveranstaltungen in Kiel und Wernigerode, danach
folgen Bad Sobernheim (23. Juni) und
Leipzig (24. Juni), ehe die Serie am 29. Juni
in Lauda-Königshofen (Main-Tauber-Kreis)
77
und Gimmeldingen/Pfalz ihren Abschluss
findet.
Der Olympic-Day-Run ist offen für alle, die
Freude an der gemeinsamen Bewegung
haben. "Leistung macht Spaß - das Motto
der Deutschen Olympischen Gesellschaft
kommt bei diesem Laufevent der besonderen Art ideal zum Tragen ", betont Dr. HansJoachim Klein. Der DOG-Präsident hofft,
dass sich die Olympiabegeisterten wieder
zahlreich beteiligen.
Für alle, die bei den Olympic-Day-RunVeranstaltungen in den sechs deutschen
Städten aktiv dabei sein wollen, gibt es
nähere Informationen bei der Bundesgeschäftsstelle (Tel 069 69501615) oder im
Internet unter www.DOG-bewegt.de.
DOG-Jugend
Griechenland ...
eine Faszination für sich!
Was macht die Faszination Griechenland
aus?
Eine schwierige Frage, die allerdings jeder,
der einmal dort gewesen ist, sich selber
sofort beantworten kann. Diejenigen, die bei
der Studienfahrt der DOG nach Griechenland teilnehmen, werden ein Land mit
starker Durchdringung von Land und Meer
erleben. Denn es gibt keinen Ort, der weiter
als 90 km vom allseits geliebten Wasser
entfernt ist. Ein Land, das eine Geschichte
vorzuweisen hat, welches bis in die prähistorische Zeit zurückreicht. Ein Land, welches
glanzvolle Höhepunkte, schmerzvolle Niedergänge und heroische Ereignisse erlebt
hat. Insbesondere natürlich die Olympischen
Spiele. Wo haben diese ihren Ursprung?
Welche Disziplinen gab es im Gegensatz zu
heute? Wer hat an diesen Spielen teilgenommen? Wie und wo hat man trainiert? All
das sind "Geheimnisse", die auf der Tour von
Athen über Korinth bis hin zu dem Ort
Olympia gelüftet werden.
Wer nun glauben mag, dass man bei dieser
Fahrt nur mit Kultur konfrontiert wird, irrt.
Die vielen Möglichkeiten für eigene Erkundungstouren, Sonne, Strand und Meer sind
jedem Teilnehmer stets eine wahre Freude.
Besonders wenn man mit Leuten aus dem
gesamten Bundesgebiet Freundschaften
78
schließen und sein eigenes Netzwerk im
Sport aufbauen oder erweitern kann. Bei
traumhaften Sonnenuntergängen sprechen
die imposanten Ruinen aus verschiedenen
Epochen und Kulturen Bände. Dieses Feeling
kann man nicht beschreiben, man muss es
erleben! Und wo kann man das besser als
mit einer Organisation, die etwas von dem
Mythos Olympia versteht.
Wenn Ihr das Gefühl erleben wollt, in
riesigen Sportstadien, Theatern oder Palästen
zu stehen, wo einst Tausende lebten, feierten, jubelten, kämpften und Sport trieben,
dann solltet Ihr nicht zögern, Euch bei dieser
Fahrt anzumelden! Die Fahrt wird zu einem
großen Teil von Sponsoren getragen, damit
auch die Möglichkeit zur Teilnahme an
dieser Veranstaltung nicht am Geldbeutel
scheitert. Weitere Informationen findet Ihr
in der Ausschreibung am Ende der DOGNachrichten.
Die DOG mit ihren professionellen Reiseleitern freuen sich auf Eure Teilnahme!
Dennis Buttler
Berlin
3. olympische Gesprächsrunde an historischem Ort
Zum dritten Mal hatte die Deutsche Olympische Gesellschaft Berlin die Vertreter der
Fachverbände der olympischen Disziplinen
Ehrengast Karin Seidel-Kalmutzki (rechts)
zog die Gewinner des anlässlich der
Berliner Familiensportmesse durchgeführten Olympiaquiz'.
eingeladen, um mit ihnen im regelmäßigen
"olympischen" Gedankenaustausch zu
bleiben.
Obwohl alle Teilnehmer schon oft das
Berliner Olympiastadion bei verschiedensten
Veranstaltungen erlebt hatten, waren alle
sichtbar begeistert, einmal abends das
beleuchtete leere Stadion von der Ehrenhalle
aus zu bewundern.
DOG-Vizepräsident Dieter Krickow erläuterte
den sehr interessierten Gästen die vielschichtigen Varianten einer möglichen
Bewerbung Deutschlands für Olympische
Sommer- bzw. Winterspiele.
Um aus politischer Sicht die Stimmung in
der Stadt für Olympische Spiele zu beschreiben, war Karin Seidel-Kalmutzki, Vizepräsidentin des Berliner
Abgeordnetenhauses und sportpolitische Sprecherin der
SPD-Fraktion, als
Gesprächsgast
eingeladen. Sehr
optimistisch berichtete sie von der
Dynamik, die in den
letzten Monaten im
Hinblick auf die
Bereitschaft der
Stadt, sich für
sportliche Großereignisse "stark" zu
machen, ausgeht.
3. olympische Gesprächsrunde der Deutschen Olympischen GesellSei es unter wirtschaft im Berliner Olympiastadion mit Vertretern der Fachverbände
schaftlichen, tourisund Karin Seidel-Kalmutzki, Vizepräsidentin des Berliner Abgeordtischen, integrativen
netenhauses und sportpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion.
oder erzieherischen Aspekten - seit der
Fußball-Weltmeisterschaft scheint vieles
leichter machbar.
Besonders erfreut zeigte sie sich darüber,
dass schon heute an vielen Orten auf die
Leichtathletik-WM 2009 hingewiesen wird,
so dass die Menschen in der Stadt sich sehr
frühzeitig auf dieses Großereignis freuen
und mit ihm identifizieren können. Allen
Gästen und insbesondere der Deutschen
Olympischen Gesellschaft gab sie mit auf
den Weg, sich immer und immer wieder für
mögliche Olympische Spiele in Deutschland
stark zu machen. Frei nach dem Motto
"Steter Tropfen höhlt den Stein".
Weiteres Thema der 3. olympischen Gesprächsrunde war die Familiensportmesse in
Berlin 2007, die unter vielerlei Gesichtspunkten ein großer Erfolg war. Die Deutsche
Olympische Gesellschaft Landesgruppe
Berlin war mit einem Infostand an mehreren
Orten vertreten. Die Antwortkarten des dort
veranstalteten Olympischen Gewinnspiels
wurden an diesem Abend von Frau SeidelKalmutzki gezogen. Als Preise gab es Karten
für das DFB-Pokalendspiel, eine Besichtigung
des Olympiastützpunktes sowie Tickets für
das ISTAF 2007 zu gewinnen. Allen Gewinnern herzlichen Glückwunsch!
Bei der letzten Vorstandsitzung konnte der
Sparkassendirektor Siegfried Wölki das neue
Prospekt an den Vorsitzenden Prinz Andreas
von Sachsen, Coburg und Gotha sowie den
geschäftsführenden Vorstand, Bürgermeister
Hans-Heinrich Ulmann, überreichen. Er
verband die Unterstützung seines Unternehmens mit der Hoffnung auf einen regen
Zuwachs von weiteren Mitgliedern und
Förderern für die Olympische Bewegung.
und trainiert seit her an vier Tagen pro
Woche in 52 Wochen im Jahr, sagte Ulmann. In der Saison von April bis Oktober
fährt sie mit ihrem Wohnmobil mehr als
10.000 km, ist an fast jedem Wochenende
zu Wettkämpfen unterwegs und hat immer
Nachwuchsathleten "im Gepäck". Als Sportlerin und Mensch ist sie ein Vorbild und
verdient die Auszeichnung als Sportlerin des
Jahres 2006 zu Recht, betonte HansHeinrich Ulmann.
Eberhard Fröbel
Angelika Weid geehrt
Angelika Weid ist Sportlerin des Jahres 2006
in Coburg. Die Zweigstelle der Deutschen
Olympischen Gesellschaft ehrt damit die
Coburgerin für ihre herausragenden Leistungen im Orientierungslauf.
Darmstadt
Olympiapins als
Leidenschaft
Coburg
Neuer Impuls für die
Mitgliederwerbung
"Hürden überwinden. Mit uns." - Unter
diesem Motto unterstützt die Sparkasse
Coburg-Lichtenfels die Deutsche Olympische
Gesellschaft, Zweigstelle Coburg.
Coburgs Oberbürgermeister Norbert
Kastner, Angelika Weid und der 2. Bürgermeister Hans-Heinrich Ulmann, zugleich
geschäftsführender Vorsitzender der DOG
Coburg (von links).
Mit viel Engagement versucht die DOGVorstandschaft neue Mitglieder zu werben.
Ein neuer Flyer soll nun Interessenten die
Ziele der Deutschen Olympischen Gesellschaft noch näher bringen. Vor allem die
Unterstützung und Förderung durch die
Vergabe von Patenschaften an junge Sportler ist ein großes Anliegen. Die Vermittlung
der olympischen Idee, das Aufzeigen der
Vorbildfunktion von erfolgreichen Sportlern
für die Jugend sind Grund genug, neue
Sponsoren und Mitglieder zu werben.
Angelika Weid führt, leitet und verwaltet die
größte und erfolgreichste Orientierungslaufabteilung in Bayern und ist selbst noch
dabei. "Sie gehört in ihrer Altersklasse zur
deutschen Spitzenklasse", stellte HansHeinrich Ulmann, geschäftsführender
Vorsitzender der Deutschen Olympischen
Gesellschaft Coburg, in seiner Laudatio
heraus. Zusammen mit ihrem Ehemann
gründete sie 1976 die Abteilung Orientierungslauf im TV Coburg-Neuses. Bis 1999
war sie stellvertretende Abteilungsleiterin,
Jugendbetreuerin und Trainerin in Personalunion, danach übernahm sie die Abteilungsleitung.
Viel Unterstützung erhält die Kreisgruppe
hier von der Sparkasse Coburg-Lichtenfels.
Um noch mehr Zeit für ihren Sport aufbringen zu können, verkürzte sie ihre Arbeitszeit
Seit fast 60 Jahren sammelt der Darmstädter Gerhard Fröhlich (links) olympische
Memorabilia. Mittlerweile hat der 85Jährige ein halbes Museum mit ca. 10.500 Pins
& Auszeichnungen zusammengetragen.
Von solcher Sammlerleidenschaft zeigte
sich auch der Vorsitzende der DOG Darmstadt, Walter Schwebel, begeistert, als er
Gerhard Fröhlich im Februar die "goldene
20"-Ehrennadel plus Urkunde für seine
langjährige Mitgliedschaft in der Deutschen Olympischen Gesellschaft überreichen konnte.
79
Heilbronn-Unterland-Hohenlohe
Einsatz für Fair Play
Bei der Mitgliederversammlung der Kreisgruppe Heilbronn-Unterland-Hohenlohe der
Deutschen Olympischen Gesellschaft im TSG
Vereinsheim in Heilbronn wurde der seithe-
neben den anderen Leitzielen der DOG der
Einsatz für Fair Play immer noch große
Bedeutung habe. Jeder Tag würde deutlich
machen, wie zutreffend damals die Feststellung von Willi Daume war: "Ohne Fairness
verkommt der Sport - und die Gesellschaft".
Olympiateilnehmer Ortwin Czarnowski
stellte den Anwesenden einige interessante
von ihm organisierte Aktionen vor, mit der
er vor allem die
Jugend auf den
unverzichtbaren
Wert von Fair Play
aufmerksam machen möchte.
Ehrungen bei der Kreisgruppe Heilbronn-Unterland-Hohenlohe (von
links): Emil Burock, Dr. Werner Sauer, Joachim Klotz (Turngau Heilbronn), Sigrid Seeger-Losch, Heiner Sefranek (Mustang Bekleidungswerke), Ferdinand Czak, Klaus Ranger (Sportkreis Heilbronn), Erna
Schwarz, Ortwin Czarnowski, Kurt Scheffler (Stadtverband für Sport).
rige Vorstand bestätigt. Vorsitzende ist
Sigrid Seeger-Losch, stellvertretender
Vorsitzender Ortwin Czarnowski. Außerdem
gehören dem Vorstand Susanne Sauer sowie
Ehrenmitglied Dr. Werner Sauer an.
In ihrem Tätigkeitsbericht ging Sigrid
Seeger-Losch auf die Aktivitäten der letzten
drei Jahre ein, wobei die herausragenden
Veranstaltungen die traditionellen Unterländer Olympia-Stammtische im August 2004
und 2006 im Festzelt beim Unterländer
Volksfest waren. Diese hatten wieder große
Resonanz gefunden, treffen sich doch hier
jedes Mal bekannte Sportlerinnen und
Sportler von damals und heute sowie
verdiente Frauen und Männer des Sports zu
einem Fest der Begegnung. Besonders für
die älteren Sportler ist es jedes Mal Freude
und Genugtuung zu erfahren, dass sie nicht
vergessen sind. Außerdem würdigte die DOG
Heilbronn-Unterland-Hohenlohe mehrfach
Personen mit der Leistungsplakette für ihr
beispielhaftes ehrenamtliches Engagement.
Aus einem Schreiben des Landesvorsitzenden Theo Götz zitierte Seeger-Losch, dass
80
Bei der Versammlung wurde auch
über die Steigerung
des Bekanntheitsgrades der DOG
diskutiert, denn
Sorge bereitet
weiterhin die
abnehmende Mitgliederzahl in der
Kreisgruppe. Bei den
Wahlen in drei
Jahren soll der
Vorstand verjüngt
und erweitert
werden.
Für langjährige Mitgliedschaft konnten
Einzelmitglieder, Kommunen und Organisationen mit Nadel und Urkunde ausgezeichnet werden:
-
15 Jahre: Stadtverband für
Sport, Wilma Bittihn;
-
20 Jahre: Herbert Betzenhauser, Emil Burock, Ferdinand Czak, Ortwin Czarnowski, Sportkreis Heilbronn,
Turngau Heilbronn, Dr.
Jürgen Merkt, Sportfreunde
Neckarsulm, Dr. Werner
Sauer, Sigrid Seeger-Losch;
-
30 Jahre: Erna Schwarz;
-
40 Jahre: Gemeinde Blaufelden, Hans Bort, Gemeinde
Braunsbach, Sportclub
Kocherstetten, MustangBekleidung GmbH.
Hochstift Paderborn
"Ideale aus dem Sport auf
den Alltag übertragen"
"Wenn man einmal Olympische Spiele erlebt
hat, dann muss man sich einfach engagieren, um den olympischen Gedanken weiter
zu tragen", sagt Dr. Hans-Joachim Klein,
Olympiateilnehmer im Schwimmen 1960
und 1964, mehrfacher Medaillengewinner
und heute Präsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft. Er war beim 2. Olympischen Abend in Paderborn, der unter dem
Motto "Faszination Olympia gestern - heute
- morgen" stand, ebenfalls dem Phänomen
Olympia auf der Spur wie der Präsident des
Deutschen Olympischen Sportbundes und
Fecht-Olympiasieger 1976, Dr. Thomas Bach,
für den hinter der Faszination Olympia
folgendes steckt: "204 Nationen an einem
Platz unter einem Dach zu versammeln, die
im friedlichen Wettstreit gegeneinander
antreten, über alle Kulturgrenzen und
Sprachbarrieren hinweg." Der Präsident des
deutschen Sportdachverbandes dankte der
Deutschen Olympischen Gesellschaft für
ihren Beitrag, diese Faszination immer
wieder den Menschen näher zu bringen.
Besonders aktiv ist auf diesem Gebiet die
110 Mitglieder zählende DOG-Zweigstelle im
Hochstift Paderborn unter der Leitung ihrer
Vorsitzenden Margit Budde, deren Einladung
zum 2. Olympischen Abend in den Spiegelsaal der Residenz Schloss Neuhaus fast 350
Während des 2. Olympischen Abends in Paderborn
zeichnete DOG-Vorsitzende Margit Budde die Vereine
Grün-Weiß Paderborn, vertreten durch den Präsidenten
Horst Wiczynski (links), und den Turn- und Sportverein
von 1913 Usseln, vertreten durch den Präsidenten
Christian Holtel (rechts), für 50jährige DOG-Mitgliedschaft aus.
Gruppenbild vor dem Schloss Neuhaus. Von links: Günther Ruthemeyer (Vorstand DOG), Lilli Schwarzkopf (EM-Dritte im Siebenkampf der Leichtathleten), DOG-Präsident Dr. Hans-Joachim Klein,
Troy Arnicke (Jahrgangsmeister im Schwimmen), Dr. Norbert Börste
(Vorstand DOG), Heiner Kortebusch (Vorstand DOG), ZDF-Moderator
Wolf-Dieter Poschmannn, Pader-borns DOG-Vorsitzende Margit
Budde, Jürgen Fornoff (Generalsekretär Deutscher Schwimmverband), Meinolf Päsch (E.ON Westfalen-Weser) und Willi Schluerz
(DOG).
Gäste folgten, die vor der Podiumsdiskussion zum Thema "Vom Schwimmenlernen
zum Olympiasieger - Breitensport und
Spitzensport" zunächst der sportpolitischen
Standortbestimmung des DOSB-Präsidenten
Dr. Thomas Bach lauschten. Bach erinnerte
an die positiven Resonanzen der FußballWM und der Handball-WM in Deutschland
und sagte: "Wir sind in Deutschland in einer
einzigartigen Situation. Kein Land der Welt
veranstaltet so viele internationale Titelkämpfe. Wir haben bei der Fußball-WM und
der Handball-WM erlebt, welche Identifikationskraft vom Sport ausgeht, die weit mehr
ist als das Schwenken der DeutschlandFahne." Der DOSB-Präsident unterstrich,
dass der Sport wie kein anderes Feld geeignet sei, Menschen zusammen zu führen. Die
Niederlage im Augenblick sei nicht das Ende
aller Dinge. Vielmehr sage ein altes chinesisches Sprichwort "Die Niederlage ist die
Mutter aller Siege".
Sport sei - so Bach weiter - gelebte Integration, denn es gelänge im Sport, soziale
Schichten, die isoliert sind, an die Gemeinschaft heranzuführen. Auch deshalb gehöre
der Sport ins Grundgesetz, um noch deutlicher zu zeigen, welche gesellschaftliche
Kraft in ihm steckt. Bach ging in Paderborn
auch auf die aktuelle Doping-Diskussion ein,
hob hervor, dass unter der Leitlinie der
"Null-Toleranz-Politik" eine Einigkeit im
Sport erzielt werden
konnte und begrüßte entsprechende
Gesetzesvorbereitungen der Bundesregierung, um
künftig die Hintermänner, die die
Athleten unverfroren an Grenzwerte
herandopen würden,
zu entlarven und
härter und besser
belangen zu können.
Bach: "Diesen
Sumpf müssen wir
austrocknen."
sich Thomas Bach in Paderborn darüber,
dass Deutschlands Sportler im Winter nach
wie vor die Nummer eins sind. Allerdings
sehe es in den Sommersportarten nicht so
gut aus. Nach einer italienischen Studie
würde das deutsche Olympiateam für
Peking 2008 auf Rang neun eingestuft.
Bach: "In 24 Monaten werden wir keine
komplette Tendenzumkehr erzwingen
können, aber bis London 2012 soll der
Aufschwung kommen." Von einer Olympiateilnahme 2012 in London träumt der 15
Jahre alte Paderborner Nachwuchsschwimmer Troy Arnicke, fünffacher deutscher
Jahrgangsmeister und Mitglied im D/CKader des Deutschen Schwimm-Verbandes.
Er trainiert derzeit schon 14 Stunden in der
Woche, häufig auch schon frühmorgens vor
der Schule und hat klare Ziele: "Es ist schön,
oben auf dem Treppchen zu stehen. Ich will
etwas erreichen, will zeigen, was ich kann
und später einmal Vorbild für die Kinder
sein." Jürgen Fornoff, der Generalsekretär
des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV),
führte die vielschichtige Diskussion aber
auch einmal weg vom Spitzensport: "Viele
Kinder und Jugendliche müssen in unserem
Land erstmals das ‚Nicht-Ertrinken' lernen.
Das Wettkampfschwimmen ist da eine ganz
andere Sache."
Für die Zukunft
nannte Bach in der
von dem ZDFReporter WolfDieter Poschmann
geleiteten Podiumsdiskussion zwei
Hauptaufgaben: Es
müsse versucht
werden, auch bei der durch die demografische Entwicklung verursachten geringeren
Zahl an Talenten noch mehr Kinder zum
Sport zu bekommen, damit aus einer großen
Breite eine Spitze entstehe. Außerdem
Die Deutsche Olympische Gesellschaft sieht
müssten den Athleten bessere Möglichkeisich auch im Breitensport gefordert. "Olymten geboten werden, Schule und Beruf mit
pia beginnt vor der Haustür", sagt die
dem Spitzensport zu verbinden. Es gelte, das Paderborner DOG-Zweigstellen-Vorsitzende
erfolgreiche System der Eliteschulen auch
Margit Budde und beschreibt ihre Arbeit an
auf die Hochschulen zu übertragen. Dazu
der Basis: Seit drei Jahren wird im Paderborsolle mit einer Auszeichnung ein Anreizsysner Kindergarten Römerstraße in Zusamtem geschaffen werden. Zudem müsse
menarbeit mit dem Sportamt der Stadt und
"noch mehr Unternehmen der Wirtschaft klar gemacht
werden, dass Topsportler in den
meisten Fällen auch
Spitzenkräfte im
Beruf sind". Christian Keller, Welt- und
Europameister im
Schwimmen, forderte in Paderborn die
Gründung einer
Stiftung, die sich
zur Aufgabe setzt,
Illustre Runde auf dem Podium. Von links: Paderborns DOGSportler nach
Vorsitzende Margit Budde, Schwimm-Hoffnung Troy Arnicke,
Beendigung der
Schwimm-Ikone Christian Keller, DSV-Generalsekretär Jür-gen
Karriere zu betreuen.
Fornoff, Siebenkämpferin Lilli Schwarzkopf, E.ON-Vorstandsvorsitzender Henning Probst, DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach und ZDFBei der Analyse des
Moderator Wolf-Dieter Poschmann.
Spitzensports freute
81
der Universität ein Modellprojekt für mehr
Bewegung im Kindergarten durchgeführt.
Patin für dieses Projekt ist die erfolgreiche
Leichathletik-Siebenkämpferin Claudia Tonn,
Olympiateilnehmerin in Athen 2004, die die
Kinder regelmäßig besucht. Margit Budde:
"In dieser Einrichtung lernen die Kinder
bereits schwimmen. 80 Prozent von ihnen
machen das Seepferdchen." Lilli Schwarzkopf aus Paderborn, Bronzemedaillengewinnerin im Siebenkampf bei den Leichtathletik-Europameisterschaften 2006, hat für
einen Kindergarten in Bad Driburg-Dringenberg die Patenschaft übernommen. Dieses
Modell der Paderborner DOG ist auf die
gesamte Republik übertragbar. Denn, wie
sagte DOG-Präsident Klein in Paderborn:
"Ideale aus dem Sport gilt es auf den Alltag
zu übertragen." Dort, wo dies noch nicht
funktioniert, sollte schleunigst mit der
Umsetzung begonnen werden.
Aktion "Kinder
bewegen" nicht nur
13 Sportspielekisten
an Kindergärten
übergeben werden
konnten, sondern
auch zwei weitere
Ereignisse viel
Bewegung in
Kindertageseinrichtungen brachten.
Die insgesamt 40.
Spielekiste im
Kunstweltmeister David Schnabel mit seinen Patenkindern und den
Landkreis Miltenberg
Erzieherinnen der "Kinder bewegen"-Modelleinrichtung "Tabaluga"
überreichte Rosi
in Klingenberg-Trennfurt
Dauphin Mitte März
gemeinsam mit dem
letzten Jahres "Kinder bewegen"-ModellkinVertreter des Sponsors von der Volksbank
dergarten. Nachdem Schnabel, einer der
Miltenberg, Manfred Stapf, an den Kinder"Sportpaten" dieser Einrichtung, zunächst
garten "St. Josef" in Freudenberg. Umrahmt
sein Spezialrad erklärt hatte, verfolgten
von zahlreichen erwartungsfrohen Kindern
mehr als 80 Kinder der Tagesstätte sowie
Walter Mirwald nahmen Kita-Leiterin Maria Dinkel, BürgerKinder der 4. Grundschulklasse gespannt
meister Heinz Hofmann, Pfarrer Hans
und mucksmäuschenstill die akrobatischen
Bender und Elternbeitratsvorsitzende
Übungen des Rad-Champions. Er demonsSusanne Gallas die Kiste in Empfang.
trierte dem staunenden Publikum die Kür,
Miltenberg-Obernburg
mit der er im November zum 2. Mal in Folge
Einige Wochen zuvor hatten Kinder und
Weltmeister wurde. Schnabel vergaß auch
Erzieherinnen des Kindergartens "Pusteblunicht, eindringlich davor zu warnen, solche
me" in Sulzbach-Soden ebenfalls Grund zur
Rad-Kunststücke nicht zuhause oder auf
Freude, als sie ebenfalls stolze Besitzer der
der Straße durchzuführen, sondern nur mit
DOG-Spielekiste wurden. Neben Burkhard
einem Trainer in der Sporthalle. Nach lang
Appel und Rosalinde Roth vom Sponsor
Vom Jahr 2007 sind erst drei Monate
Raiffeisenbank Obernburg waren Gemeinde- anhaltendem Beifall gab es Autogrammkarten für alle.
"aufgebraucht" und doch hat sich bereits
bürgermeister Peter Maurer und Norbert
viel getan in der Deutschen Olympischen
Elbert (Vorsitzender des JohanniszweigverIhre anderen Sportpaten, die HandballfrauGesellschaft, Zweigstelle Miltenbergeins als Träger der Einrichtung) sowie die
en von der HSG Sulzbach-Leidersbach,
Obernburg. Nicht ohne Stolz verkündet
Leiterin Ruth Nickel und Elternvertreterin
Vorsitzende Rosi Dauphin, dass in diesem
Katja Sommer weitere Zeugen dieses erfreu- besuchten die "Tabaluga"-Kinder am 10.
März beim Bundesligaspiel gegen den SC
kurzen Zeitraum im Rahmen der DOGlichen Ereignisses.
Markranstädt in der Aschaffenburger
Unterfrankenhalle. Als besonderes Highlight
Ende März löste der
durften die Mädchen und Jungen die
amtierende WeltSpielerinnen beim Einlaufen begleiten. Nach
meister im Einerder Begegnung gab es dann noch ein
Kunstradfahren der
Erinnerungsfoto mit dem Maskottchen, der
Männer, David
"HSG-Biene".
Schnabel aus
Niedernberg bei
Helmut Gesierich
Aschaffenburg, sein
Versprechen zur
Demonstration einer
"WeltmeisterMünchen
Trainingsstunde" vor
Kindern und Erzieherinnen der Kindertagesstätte
Die Mädchen und Jungen des Kindergartens "Pusteblume" in
"Tabaluga" in
Sulzbach-Soden freuen sich über die prall gefüllte "SportspielekisKlingenberg-Trennte", die ihnen Rosi Dauphin, die Vorsitzende der DOG Miltenbergfurt ein. Die Einrich- Nach dem Führungswechsel an der Spitze Obernburg, mitgebracht hat.
Joachim Ebener übernahm den Vorsitz von
tung ist seit Herbst
"Kinder bewegen" ist
Programm
Initiative zur Bündelung
der Kräfte
82
Harald Strötgen - ist schnell deutlich
geworden, dass die seit fast vier Jahren
anhaltende Frischluftzufuhr für die Münchner DOG-Stadtgruppe an Stärke noch
einmal zugenommen hat. Wie angekündigt
haben sich die Münchner ein ehrgeiziges
und anspruchsvolles Ziel gesetzt - und es
Mitte März tatsächlich in Angriff genommen: Sie wollen dazu beitragen, "den Anteil
der Bayern und insbesondere der Münchnerinnen und Münchner an Olympischen
Spielen wieder größer werden zu lassen"
(aus einem Einladungsschreiben an interes-
Die DOG München mit dem Vorsitzenden
Joachim Ebener greift Sprinttalent Christian Blum unter die Arme.
sierte Sportfördergruppen). "Die Einheit von
Sport und Olympia", deren Symbol nach wie
vor das Stadion unter dem Zeltdach ist, soll
nach Vorstellungen der Ebener-Mannschaft
in der Olympiastadt von 1972 wieder
nachhaltiger betont und wahrgenommen
werden.
Die bayerische Landeshauptstadt hat wohl
1,3 Millionen Einwohner, 670 Sportvereine
und 390.000 aktive Sportler - aber immer
weniger Starter bei Olympischen Spielen.
Das mag ein großstädtisches Phänomen
sein, zumal in einem Gemeinwesen wie
München mit seinem vom Spitzensport
ablenkenden immensen Freizeit- und
Kulturangebot, ist aber wohl in erster Linie
der erdrückenden Präsenz dreier Profiklubs
(Bayern, 1860, Unterhaching) im Fußball
geschuldet. In ihrem Schatten fristen
Olympische Sportarten mit internationalem
Anspruch ein karges Dasein. Der Fußball
drückt sie an die Wand, beansprucht das
Interesse der Öffentlichkeit und der Wirtschaft allein für sich. Da hilft es auch nicht
entscheidend weiter, dass der Olympiasport
in München ein infrastrukturelles Umfeld
(Übungsstätten, Olympiastützpunkt) vorfindet, das vorbildlich ist.
Den Ansatz zu punktueller Hilfestellung
sieht die DOG München in ihrer Initiative
zur Bündelung von durchaus vorhandenen,
aber einzeln still vor sich hin werkelnden
Sportfördergruppen und ihres Potentials. In
einem ersten Treffen mit Vertretern der
Gruppierungen (darunter die Medaillengewinner von 1972, Klaus Wolfermann und
Paul Barth sowie Olympiapark-Pressechef
Arno Hartung) wurde die Bereitschaft zu
einer notwendigen konzertierten Aktion
festgeklopft. Absichtserklärungen, verkrustete Strukturen aufzubrechen, machten die
Runde. Ein nächstes Treffen Anfang Mai
wurde vereinbart. Dann sollen konkrete
Vorschläge auf den Tisch und zur Umsetzung vorbereitet werden.
Ein erstes Beispiel, wie Hilfe aussehen kann,
hat die DOG München beim März-Treffen
selbst vorgestellt: Sie unterstützt finanziell
seit Februar den herausragenden Leichtathleten der Stadt, den gerade erst 20 Jahre
alten deutschen Hallenmeister über 60
Meter, Christian Blum aus Unterhaching. Die
Vereinbarung wurde am Olympiastützpunkt
besiegelt und sieht für Blum die Verpflichtung vor, die Antidopingrichtlinien einzuhalten. Der junge Sprinter, der von der
Statur her wie ein Gegenentwurf zu den
überseeischen Muskelbergen seiner Zunft
erscheint, freut sich über die DOG-Hilfe hilft sie ihm doch, sich weiterhin auf den
Leistungssport konzentrieren zu können.
Michael Gernandt
Odenwald
Patenschaftstreffen mit den
Kindergärten
In Sachen Bewegungsförderung setzt die
DOG Odenwald auch auf gegenseitige
Befruchtung. Die Zweigstelle unterstützt
neben dem Städt. Kindergarten "Flohzirkus"
in Michelstadt, Modellkindergarten der
Initiative "Kinder bewegen", weitere Oden-
wälder Kindertageseinrichtungen in Form
von Patenschaften. Das Ziel: die Einrichtungen sollen voneinander lernen und von
gesammelten Erfahrungen profitieren. Zu
Während seines Besuchs beim Basar des
Kindergartens Steinmetzstraße in Höchst
übergab Horst Neff, stellvertretender
Vorsitzender der DOG Odenwald eine
Spende von 50 Euro an die Leiterin Doris
Krawitz und Frau Vogtländer. Der Kindergarten ist schon seit Jahren DOG-Patenkindergarten.
diesem Zweck hatte die DOG Odenwald ihre
Patenkindergärten am 7. März zu einem
Erfahrungsaustausch eingeladen.
15 Teilnehmerinnen, Sozialpädagoginnen und
Erzieherinnen aus den Kindergärten Reichelsheim, Erbach, Michelstadt und Höchst, waren
der Einladung zum nachmittäglichen Gespräch bei Kaffee und Kuchen gefolgt. Sie
erfuhren zunächst von einem Angebot der
mehrfachen Fitness-Weltmeisterin Gabriela
Scheu, die den Einrichtungen ein Referat
zum Thema "Fit Kids statt dicke Kinder" für
Elternabende vorschlug.
Christina Schuller vom "Kinder bewegen"Modellkindergarten in Michelstadt berichtete
anschließend über die Förderung von Bewegungserfahrung im Wasser. Systematisch,
temperamentvoll und facettenreich beschrieb
sie die Notwendigkeit, dass Kinder mit dem
nassen Element vertraut werden, und begeisterte ihre Kolleginnen dafür, die Wassergewöhnung in ihr Programm aufzunehmen.
DOG-Vorstandsmitglied Philipp Schmitt, der
zugleich auch Pate des Kindergartens Reichelsheim ist, warb für das Thema "Bewegung in der Natur". Die Begegnung mit der
Natur sei den Kindern fremd geworden, so
Schmitt. An anschaulichen Beispielen zeigte
er auf, dass Entdeckungen der Pflanzen und
Tiere für Kinder eine wertvolle Bereicherung
sind.
83
Der ebenfalls zur Runde gehörende Schulbeauftragte Manfred Kirschner zeigte sich
von der der Arbeit in den Patenkindergärten
der DOG Odenwald beeindruckt. Er machte
den Erzieherinnen Mut, ihre Arbeit aktiv
fortzusetzen.
In der abschließenden, äußerst lebendigen
Diskussion ging es um die Alltagserfahrungen und Wünsche der Einrichtungen. Zu
letzteren gehörte auch die Wiederholung
dieses Erfahrungsaustausches, die für den
Herbst dieses Jahres vorgesehen ist. Ein
Thema wird dann auch die Bewegungsförderung in Familien mit Migrationshintergrund sein.
Gesellschaft, übergab ihm bei der KreisSportlerehrung in Michelstadt die Anerkennungsurkunde der DOG, die auch Landrat
Horst Schnur mit unterzeichnet hatte. Mit
der Ehrung war ein Geldpreis von 250 Euro
verbunden - als Gemeinschaftsgeschenk des
Kreises und der DOG. Hubert Hey bezeichnete Aaron Sauter als sportliches Vorbild für
die Schützenjugend. In einer Zeit, in der
Computerspiele und der tägliche Umgang
mit dem Medienangebot immer mehr zum
Kerninhalt im Leben Heranwachsender
werden, schütze die Begegnung im Sportverein vor Vereinsamung. Dabei lerne der
junge Sportler vor allem Beharrlichkeit und
Disziplin als Grundvoraussetzungen für den
späteren Lebenserfolg.
Juniorsportler des
Odenwaldkreises geehrt
Aaron Sauter dankte für die Auszeichnung
mit persönlichen Worten und beeindruckte
auch hier mit seiner Ruhe.
Einen besonderen Höhepunkt bei der
Sportlerehrung des Odenwaldkreises stellt
seit einigen Jahren die Ausrufung des
Juniorsportlers oder der Juniorsportlerin des
Jahres dar. 2007 fiel die Wahl auf den 16
Jahre jungen Aaron Sauter aus Beerfelden,
der als Sportschütze für den SV FalkenGesäß startet. Bei den Deutschen Meisterschaften 2006 hatte er im Einzel-Wettbewerb mit Kleinkaliber-Sportpistole und Luftpistole den ersten Platz belegt. Auch in
der Einzel-Entscheidung bei den Hessenmeisterschaften (Freie Pistole) hatte Sauter
Rang eins erzielt.
Ideelle Unterstützung für
Schulolympioniken
Hubert Hey, Vorsitzender der Kreisgruppe
Odenwald der Deutschen Olympischen
Der Juniorsportler des Jahres 2007 im
Odenwaldkreis, Aaron Sauter (SV FalkenGesäß), mit dem DOG-Vorsitzenden Hubert
Hey (links) und dessen Stellvertreter Horst
Neff (zweiter von rechts) sowie dem Ersten
Kreisbeigeordneten Dietrich Kübler (Mitte)
und dem Kreistagsvorsitzenden Rüdiger
Holschuh.
84
Die DOG Odenwald will die Zusammenarbeit
mit dem Gymnasium Michelstadt neu
aktivieren. In einem ersten Gespräch zwischen dem DOG-Vorsitzenden Hubert Hey,
dem Schulbeauftragten der Zweigstelle,
Manfred Kirschner, der auch Rektor an der
Grundschule am Treppenweg in Erbach ist,
und der Schulleitung ging es um die Frage,
wie die olympische Idee speziell in der
Sportklasse 5 vermittelt werden kann.
Mit Vorträgen und Diskussionen plant die
Zweigstelle, die Schüler zunächst für das
Thema zu begeistern. Zusätzlich will sie die
Abschlussauftritte mit den aktiven und
erfolgreichen Teilnehmern der Aktion
‚Jugend trainiert für Olympia" begleiten.
Die Schulleitung vertreten durch Herrn
Oberstudiendirektor Aderhold und Herrn
Studiendirektor Eckhart zeigte sich gegenüber den Ideen sehr aufgeschlossen und
sagte zu, die Gründung einer Patenschaft
unterstützen. Die Umsetzung ist noch für
das laufende Schuljahr vorgesehen und die
Schule freut sich, dass die olympischen
Bestrebungen der Schülerinnen und Schüler
auf sportlicher Ebene nun durch die DOG
Odenwald auch ideell begleitet werden.
Odenwald-Tauber
Weitere lokale "Kinder
bewegen"-Initiative
Für die Aktion "Kinder bewegen" kann die
Deutsche Olympische Gesellschaft Odenwald-Tauber den erfolgreichen Start einer
weiteren regionalen Aktion im Kampf gegen
Bewegungsarmut bei Kindern vermelden. In
Lohrbach im Neckar-Odenwald-Kreis startete
sie im Beisein zahlreicher Eltern und Vertreter der beteiligten Einrichtungen ein viel
versprechendes Pilotprojekt mit der Ballschule Heidelberg in Zusammenarbeit mit
dem örtlichen Kindergarten und unterstützt
durch den Rotary-Club Mosbach-Buchen.
Über 40 Mädchen und Jungen im Alter
zwischen drei und sechs Jahren haben somit
die Gelegenheit, regelmäßig unter fachkundiger Anleitung der Übungsleiterinnen ihrem
natürlichen Bewegungs- und Spieldrang zu
frönen, und das in kleinen Gruppen und vor
allem mit dem Universalspielgerät Ball. Die
Anschubfinanzierung dieses Projektes durch
DOG-Zweigstelle und Rotary-Club soll vor
allem den Eltern die Besonderheit und den
Wert dieses speziellen Bewegungsangebotes
vermitteln, um das Angebot fest zu etablieren und nachhaltig zu gestalten.
Bei der Vorstellung und Eröffnung des
Projektes unterstrich Zweigstellenvorsitzender Michael Knaus den unschätzbaren Wert
solcher Bewegungsangebote für die Gesundheit der Kinder, aber auch die Bedeutung
eines solchen Pilotprojektes, das hoffentlich
bald und viele Nachahmer finden möge.
Optimistisch stimmt dabei die Beurteilung
von Kindergartenleiterin Elisabeth Kiefer, die
sich sicher ist, "dass dieses Konzept richtig
ist und nachhaltig wirkt". Sie äußerte sich
zuversichtlich, dass das Angebot von den
Kindern und Eltern angenommen werden
wird und nachhaltig gestaltet werden kann.
Wie spontan und begeisternd sich das Motto
"Kinder bewegen" umsetzen lässt, konnten
die Gäste sodann bei der ersten Übungseinheit live miterleben und die Sponsoren sich
überzeugen, dass ihre Hilfe sinnvoll investiert ist.
Die Kinder jedenfalls ließen sich von den
prominenten Gästen keineswegs beeindrucken. Völlig unbeeinflusst beschäftigten sie
sich mit dem Ball, rollten, warfen, fingen
und kickten ihn so engagiert, dass das
Zuschauen Spaß machte. Ihre Freude an der
Bewegung war unverkennbar, wie nebenbei
wurde ihre Beweglichkeit gefordert und
gefördert. Das spielerische Engagement
zeigte sehr schnell Wirkung, schon nach
wenigen Minuten kamen die ersten ins
Schwitzen.
Sehr zufrieden über den Start äußerten sich
Zweigstellenvorsitzender Knaus und auch
der Präsident des Badischen Sportbundes
Heinz Janalik als Schirmherr der Ballschule
Neckar-Odenwald, der Außenstelle der
Ballschule Heidelberg, eines Kooperationsprojekts zwischen dem Institut für Sport und
Sportwissenschaft so wie der Universität
Heidelberg. Er strebt eine Erweiterung und
dauerhafte Integration dieses gesundheitsfördernden Angebotes an und forderte als
tragende Basis die Vernetzung von Schule,
Kindergarten, Kommune und Vereinen, denn
nur bei deren gemeinsamem Bemühen
könne es gelingen, möglichst viele Kinder in
allen Altersstufen zu erreichen.
Auch die Zweigstelle Odenwald-Tauber der
Deutschen Olympischen Gesellschaft freut
sich über diesen neuerlichen Erfolg. Sie wird
auch weiterhin ‚am Ball bleiben' und ist
bereits auf der Suche nach weiteren interessierten Kindergärten sowie kooperationsbereiten Vereinen und Sponsoren.
Walter Jaufmann
Trauer um
Manfred Maninger
Die Deutsche Olympische Gesellschaft,
Zweigstelle Odenwald-Tauber trauert tief
erschüttert um ihr Vorstandsmitglied
Manfred Maninger, das völlig überraschend
am 23. Februar im Alter von nur 60 Jahren
verstarb.
Oberstudiendirektor Maninger, seit 1997
Leiter der Kaufmännischen Schule in Tauberbischofsheim, war nicht nur im Schulwesen eine geschätzte Persönlichkeit, brachte
er doch seine Fachkompetenz und sein
Wissen in einer Reihe von schulischen
Gremien auf Landes- und Bezirksebene ein.
Darüber hinaus war er in der Vereinswelt
seiner Heimatgemeinde Dittwar sehr engagiert. Aber auch der Fechtclub Tauberbischofsheim, der Deutsche Orden, der Lion-
sclub und der Main-Tauber-Kreis verloren
mit ihm eine hochgeschätzte Persönlichkeit.
Und nicht zuletzt natürlich die DOG Odenwald-Tauber, in der er sich seit der Eingliederung des Main-Tauber-Kreises als Vertreter der Schulen dieses Kreises in der erweiterten Vorstandschaft eingebracht hat. Die
Zweigstelle sagt Danke für seine Mitarbeit
und Unterstützung und wird ihn in ehrender Erinnerung behalten.
Pfalz
Erste KindergartenOlympiade in Meckenheim
Eine Premiere gab es am 7. Februar in
Meckenheim - für die 60 Kinder aus den
zwei örtlichen Kindertageseinrichtungen
fanden die 1. "Olympischen KindergartenSpiele" statt. Die Idee zu dieser besonderen
Veranstaltung hatte der Ortsbürgermeister
höchstpersönlich: Heiner Dopp, RekordNationalspieler, Landestrainer im Hockey
und außerdem Vorstandsmitglied der DOG
Pfalz, hatte sich 5 spielerischen Disziplinen
Heiner Dopp, Bürgermeister, RekordNationalspieler, Landestrainer im Hockey
und außerdem Vorstandsmitglied der DOG
Pfalz, hatte die Idee für die KindergartenOlympiade in Meckenheim.
Die Sporthalle war mit Fahnen der Deutschen Olympischen Gesellschaft
geschmückt. Nachdem der Vorsitzende der
DOG Pfalz, Carlo von Opel, die Wettbewerbe
für eröffnet erklärt hatte,
ging es auch schon los mit
Laufen, Balancieren, Springen, Krabbeln, Werfen und
Fangen. Nicht nur die
wettkämpfenden Mädchen
und Jungen, sondern auch
rund 100 Zuschauer hatten
einen Riesenspaß an den
Bewegungsübungen, die
äußerst kurzweilig vom
Moderator - auch diese
Aufgabe hatte Heiner Dopp
übernommen - kommentiert
wurden.
Zu dieser besonderen Veranstaltung waren genau wie
bei den Olympischen Spielen
der Großen nicht nur die
Vertreter der regionalen und
überregionalen Presse,
Das Zielwerfen auf die Olympischen Ringe war eine der
sondern mit Dr. Alois Bierl,
fünf Disziplinen.
Jürgen Brecht und Heiner
Dopp auch wahrhaftige
Olympiamedaillengewinner
ausgedacht, die sowohl Beweglichkeit als
dabei. Diese nahmen dann auch die Ehrung
auch Geschicklichkeit und Körperbeherrder Siegerinnen und Sieger vor. Die Besten
schung erforderten.
erhielten Gold-, Silber- und Bronzemedaille
und jedes Kind erhielt eine Urkunde der
Deutschen Olympischen Gesellschaft.
85
Als zum Abschluss die "Großen" Olympioniken ihre im Rudern, Fechten und Hockey
gewonnenen Medaillen (1xGold, 2xSilber,
1xBronze) zeigten, waren es nicht nur die
Kinder, die einmal eine echte Olympiamedaille in ihren Händen halten wollten.
begrüßen: aktive Sportler, ehrenamtliche
Funktionäre, Freunde und Förderer des
Sports, regionale Polit-Prominenz und
Vertreter der Wirtschaft. Die Schirmherrschaft hatte traditionell Landrat Dr. Thomas
Reumann übernommen.
Ein Dankeschön gab es für all die fleißigen
Helfer, die Kindergärtnerinnen, die Helfer
vom Meckenheimer Sportverein und den
Sportpädagogen Wolfgang Ziegler, die
durch eine hervorragende Organisation zum
Gelingen dieses Tages beigetragen hatten.
Und Verbandsbürgermeisterin Marion Magin
sprach den Wunsch aller Beteiligten aus:
diese Olympischen Kindergarten-Spiele
sollten doch bitte nicht wie das große
Vorbild erst wieder in vier Jahren stattfinden.
Das vielseitige Programm sorgte für eine
gelungene Unterhaltung der 500 Gäste. Die
Rhönrad-Gruppe des SV Auingen begeisterte genauso wie die Talentschule des TSV
Urach (Leitung Conny Götzendorfer) und die
Akrobatik-Gruppe der TSGV Albershausen
(Leitung Günter Mäußnest). Atemberaubend
war der Auftritt des Jongleurs Robin Mehnert mit seiner artistisch perfekten Vorführung, und die Lateinformation des 1.TC
Ludwigsburg zeigte tänzerisches Können auf
sehr hohem Niveau.
Die DOG Pfalz hat's vernommen. Interessierte Kindergärten aus der Region mögen sich
bitte direkt an die Bezirksgruppe
(www.DOG-Pfalz.de) wenden.
Der Höhepunkt des Abends nahte jedoch
mit der Ehrung der erfolgreichsten Sportler
und Sportlerinnen des vergangenen Jahres.
Reutlingen
Zum 37. Mal - der
Reutlinger Sportlerball!
Unter dem Motto "Faszination Sport" hatte
der Reutlinger Sportkreis Anfang März zu
seinem 37. Sportlerball geladen. Wieder
konnte der Sportkreisvorsitzende Karl-Heinz
Walter in der Listhalle viele Festgäste
Zur Sportlerin des Jahres gewählt wurde
Katharina Haase (TSV Böhringen, Mountainbike, deutsche Meisterin, 6.Platz bei der
WM), den 2.Platz belegte Nina Morgenstern
(SG Dettingen, Triathlon), den 3.Platz
erreichte Gabriele Stanger (TSV Dettingen,
Mountainbike).
Sportler des Jahres wurde - wie bereits
2004 - Michael Göhner (TSG Reutlingen,
Triathlon, 5.Platz bei den EM), auf dem 2.
Platz folgte Timo Zeiler (TSV Trochtelfingen,
Leichtathletik) und den 3. Platz belegte Tim
Kneule (TV Neuhausen, Handballer).
Mannschaft des Jahres wurden die Handballerinnen des TuS Metzingen (2. Bundesliga 6. Platz), gefolgt vom TSV Dettingen
(Rope-Skipping) und dem TV Neuhausen
(Triathlon).
Den Sonderpreis für Behindertensportler
erhielt die Judogruppe der TSG Reutlingen:
Simon Ganzner, Daniela Schepanek, Jeremias Staiger, Patric Steimle und Manuel
Vollmer.
Vorbild für Fair Play und Leistung: Erich Jud
nimmt den Fairness-Preis der Deutschen
Olympischen Gesellschaft und die damit
verbundene Geldprämie aus den Händen
des DOG-Vorsitzender Jochen Zeller (rechts)
und Bernd-Dieter Reusch (Mitte) von der
Volksbank entgegen.
86
Mit dem Fairness-Preis der Deutschen
Olympischen Gesellschaft wurde Erich Jud
(SG Dettingen) ausgezeichnet. Jochen Zeller,
Vorsitzender der DOG-Kreisgruppe Reutlingen, hob in seiner Laudatio die Vorbildfunktion von Erich Jud hervor.
In mehr als 40-jähriger Tätigkeit im Sport,
in Verein und Schule hat er in herausragen-
der Weise den fünf goldenen Fair-PlayRegeln der Deutschen Olympischen Gesellschaft entsprochen. Erich Jud ist ein Beispiel
für Toleranz und Integration, ein Vorbild bei
der Übernahme von Ehrenamt und Verantwortung, ein überzeugender Förderer
sportlicher Leistung. Er engagiert sich als
überaus kompetenter Trainer, Betreuer sowie
Sportwart, ist zugleich als Oberschulamtsbeauftragter und Schulsportverantwortlicher
tätig und fungiert darüber hinaus als
Vereinsvorsitzender.
Der Fairness-Preis der Deutschen Olympischen Gesellschaft ist verbunden mit einem
Geldpreis der Bezirksvereinigung der Volksund Raiffeisenbanken im Kreis Reutlingen
und wurde überreicht durch deren Vorsitzenden Bernd-Dieter Reusch.
Mechthild Juny
Schwarzwald-Bodensee
"Stille Helfer" gewürdigt
Zwei "stille Helfer" des Sports wurden im
Rahmen der diesjährigen Sportlerehrung der
Stadt Tuttlingen am 17. März mit der
Plakette für besondere Leistungen der
Deutschen Olympischen Gesellschaft ausgezeichnet.
Gemeinsam mit zahlreichen Tuttlinger
Sportlerinnen und Sportlern standen auch
Karin Trommer und Vladimir Tapal auf der
Bühne der Tuttlinger Stadthalle. Beide
erhielten diese besondere Ehrung aus den
Händen des Oberbürgermeisters Michael
Beck, der zugleich Vorsitzender der DOG
Schwarzwald-Bodensee ist, für ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement. Mit der
Auszeichnung verbunden war ein Geschenkgutschein, gestiftet von der Volksbank
Donau-Neckar, den deren Vorstand Winfried
Baumann persönlich an die sichtlich überraschten Geehrten überreichte.
Karin Trommer organisiert in der Turngemeinde Tuttlingen 1859 e.V. seit zehn
Jahren das gesamte Catering beim "Volleyball-Event für Kids". Sie ist außerdem
verantwortlich für das Eltern-Kind-Turnen
und engagiert sich für die Kooperation des
Vereins mit den örtlichen Kindergärten. So
"bewegt" sie wöchentlich die Kinder von
fünf Einrichtungen und in einem Kindergarten die Eltern gleich mit. Vor wenigen
und hohem persönlichen Zeitaufwand pflegt. Auch die
Homepage des seit 2004 jährlich
in Tuttlingen stattfindenden
Sportevent "Run&Fun" wird von
Vladimir Tapal betreut.
Oberbürgermeister Michael Beck, Vorsitzender der DOG
Schwarzwald- Bodensee überreicht Vladimir Tapal im
Beisein des Präsidenten des Stadtverbands für Sport,
Wolfgang Wuchner (links), sowie von Winfried Baumann (rechts) von der Volksbank Donau-Neckar die
Plakette für besondere Leistungen der DOG.
Wochen hat Karin Trommer ihr Zertifikat als
staatlich geprüfte Übungsleiterin für den
Bereich Kindersport erhalten.
Karin Trommer wirkt auch als sehr aktive
Multiplikatorin: So verknüpft sie ihre Funktion als stellvertretende Gesamtelternbeiratsvorsitzende der Tuttlinger Schulen mit
der Elterninitiative des vom Schwäbischen
Turnerbund betreuten Projektes "Kinder unsere Zukunft: Tuttlingen bewegt sich".
Vladimir Tapal engagiert sich bei den
Tuttlinger Sportfreunden e.V. 1965 dafür,
dass die Vereinszeitung "TSF-Aktuell" dreibis viermal jährlich in ansprechender Gestaltung und Bebilderung erscheint. Vladimir Tapal ist auch sonst derjenige, der das
Vereinsgeschehen fotografisch festhält und
dokumentiert. Er richtete 1999 den Internetauftritt des Vereins ein, den er bis heute
mit überdurchschnittlichem Engagement
Karin Trommer erhielt ebenfalls die Plakette
für besondere Leistungen der Deutschen
Olympischen Gesellschaft aus den Händen
von Michael Beck.
Für die beiden Tuttlinger "stillen
Helfer" kam diese Anerkennung
ihrer sportlichen Leistungen
durch die Deutsche Olympische
Gesellschaft ganz und gar
überraschend. Mit dieser besonderen Auszeichnung fand die
Sportlerehrung einen gelungenen Abschluss.
Südniedersachsen
Ereignisreiche
Herbst-Wintersaison
Die Herbst-Wintersaison 2006/07 war bei
der Deutschen Olympischen Gesellschaft,
Zweigstelle wieder von erfolgreichen
Veranstaltungen geprägt. Dabei war die
rege Beteiligung der Mitglieder, vor allem
aber auch zahlreicher Interessierter aus der
sonstigen (Sport-)Öffentlichkeit erfreulich.
Abends" war Ruth Klimke, Vizepräsidentin
der Deutschen Reiterlichen Vereinigung
(DRV) und Witwe des vielfachen DressurOlympiasigers Rainer Klimke, eingeladen.
Sie stellte die DRV vor und plauderte mehr
als unterhaltsam aus dem Leben einer
Reiterfamilie im Hochleistungssport. Dieser
Abend und Münster insgesamt waren schon
allein die Reise von Göttingen nach Westfalen wert. Den Höhepunkt bildete dann
aber am folgenden Tag der Besuch des
Hauptrundenspiels der Handball-WM
Deutschland-Island in der Dortmunder
Westfalenhalle. Die Göttinger DOG'ler
feierten - wie schon in Sydney 2000 und
Athen 2004 - mit der deutschen Mannschaften einen großen Erfolg auf dem Weg
zum WM-Titel.
Aber auch die Alltagsaktivitäten der Bezirksgruppe Südniedersachsen kommen
nicht zu kurz. So konnte das im Kreis
Göttingen, im Kindergarten in Friedland,
initiierte Modellprojekt "Kinder bewegen"
nach dreijähriger Laufzeit im Dezember
eine erfolgreiche Bilanz der Förderung
durch die DOG und ihren Partner Opel
ziehen. Diese entsprach geradezu ideal der
Grundidee des Projektes, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Der Träger des Kindergartens,
die Gemeinde Friedland, erklärte jetzt nach
Auslauf der Förderung, dass die Einrichtung
selbstverständlich in der Modellstruktur als
"bewegter Kindergarten" weitergeführt
wird.
Zu den laufenden Aktivitäten der BezirksNachdem Anfang November im Rahmen
gruppe gehören auch die Patenschaften für
ihres jährlichen Herbstforums der OlympiaKinder und Jugendliche im leistungsbezosieger im Gehen
von 1980 in Moskau
und vielfachen
Welt- und Europameister, Hartwig
Gauder, zu Gast bei
den Göttingern war,
stand Ende Januar
wieder die traditionelle Winterfahrt zu
einem sportlichen
Highlight an. Ziel
war dieses Mal der
Besuch der Sportund Kulturstadt
Münster, wo der
dortige Sportamtsleiter Bernd Schirwitz Gastgeber war.
Die Göttinger DOG'ler als ganz normale Touristen in der Sport- und
Als Ehrengast des
Kulturstadt Münster…
"Olympischen
87
… und als begeisterte Handballfans beim WM-Spiel Deutschland
gegen Island in der Dortmunder Westfalenhalle
ter bzw. Sportfunktionär des jeweiligen Jahres geehrt.
Mit den Preisen
möchte die DOG
Zwickau besonderen
Leistungen auf dem
Gebiet des Breiten-,
Behinderten-,
Nachwuchs- und
Leistungssports des
Jahres ehren. Die
sportliche Leistung
zählt dabei ebenso
wie außergewöhnliches Engagement
für Fair Play und
Integration.
genen Nachwuchssport. Zur Zeit werden
fünf Sportlerinnen und Sportler sowie drei
Mannschaften aus den Sportarten Leichtathletik, Schwimmen, Rythmische Sportgymnastik, Handball und Basketball über
Paten aus der Deutschen Olympischen
Gesellschaft und deren Kooperationspartner, insbesondere der Sparkasse Göttingen,
durch finanzielle Unterstützungen und
Betreuungen gefördert.
Für die Sportförderpreise 2006 konnten die
Sportorganisationen der Stadt Zwickau und
des Zwickauer Landes ihre Vorschläge bis
Mitte Januar 2007 bei der DOG Zwickau
einreichen - und Anfang Februar war es
dann endlich soweit. Im Rahmen der
"Sportler des Jahres"-Veranstaltung der
Stadt Zwickau am 3. Februar gab die
Deutsche Olympische Gesellschaft die
Preisträger bekannt.
Zum Abschluss der Wintersaison stand im
März noch ein Begegnungsabend mit
‚ihrem' Mitglied und Deutschen Mehrkampf-Hallenmeister in der Leichtathletik,
Jacob Minah aus Göttingen, auf dem
Programm. Der Göttinger Modellathlet
berichtete unter anderem von seiner ersten
Teilnahme an den Halleneuropameisterschaft Anfang März in Birmingham/Großbritannien.
Gewinnerin des Förderpreises für Einzelsportler wurde die 17jährige Schwimmerin
Luzie Metschke. Als mehrfache Medaillengewinnerin bei sächsischen und süddeutschen Meisterschaften gehört die Gymnasiastin zu den Besten ihres Jahrgangs in
Deutschland.
Wolfgang Buss
Zwickau
Sportförderpreise vergeben
An Stelle des langjährigen Fair-PlayWettbewerbes im Zwickauer Sport vergibt
die Stadtgruppe Zwickau der Deutschen
Olympischen Gesellschaft seit dem vergangenen Jahr Sportförderpreise in drei Kategorien. Zum einen wird die/der beste
Einzelsportlerin bzw. Einzelsportler des
jeweiligen Jahres ausgezeichnet. Ein zweiter
Preis geht an den Sportverein / die Sportmannschaft / die Einrichtung des Jahres.
Und schließlich wird der Trainer, Übungslei-
88
Die Sportkindertageseinrichtung "Zwergenland" erhielt den Förderpreis in der Kategorie Sportverein/Mannschaft/Einrichtung.
Mit der Auszeichnung würdigte die DOG
Zwickau das beispielhafte Engagement der
Kita für Bewegung und Gesundheit der
Kinder und ihrer Familien.
Der dritte Sportförderpreis wurde an den
Stützpunktleiter beim Radsportverein ESV
Lok, Klaus Müller, vergeben. Seit Jahrzehnten bringt der 72Jährige seine Fachkompetenz und seine menschlichen Qualitäten
zum Wohle des Nachwuchsradsports ein.
Alle Ausgezeichneten erhielten neben der
öffentlichen Anerkennung Urkunde, Pokal
und Einkaufsgutschein sowie die besten
Wünsche der DOG Zwickau für die Zukunft.
Impressum
Olympisches Feuer
Zeitschrift des Deutschen Olympischen
Sportbundes und der
Deutschen Olympischen Gesellschaft
Herausgeberkollegium:
Bernhard Schwank (DOSB), Dieter Krickow (DOG),
Steffen Haffner, Michael Gernandt
Chefredakteur: Harald Pieper
Redaktion: Dr. Stefan Volknant, Dr. Andreas Höfer,
Kerstin Henschel
Redaktionsanschrift:
Dr. Stefan Volknant
Deutscher Olympischer Sportbund
Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt
Telefon: 0 69 / 6 70 02 27, Fax: 0 69 / 67 00 12 27
E-Mail: volknant@dosb.de
Harald Pieper
Stieglitzstraße 2
63263 Neu-Isenburg
Telefon: 0 61 02 / 5 22 62
Herstellung, Vertrieeb & Verlag:
Peter Kühne Verlag
Theodor-Heuss-Straße 11
63303 Dreieich
Telefon: 0 61 03 / 8 07 91 70,
Telefax: 0 61 03 / 8 07 91 71
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Grafische Gestaltung: Werner Pettersch, Dreieich
Schlussredaktion/Anzeigenleitung: Peter Kühne
Die Zeitschrift erscheint 6 x jährlich.
Der Bezugspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag der
Deutschen Olympischen Gesellschaft abgegolten.
Druck: HMS-Druckhaus GmbH
Benzstraße 57 - 59, 63303 Dreieich
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Das Olympische Feuer ist zu beziehen durch:
Geschäftsstelle der Deutschen Olympischen
Gesellschaft, Otto-Fleck-Schneise 12 - Haus II,
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Das Olympische Feuer ist ein Diskussionsforum.
Mit Namen gekennzeichnete Artikel müssen nicht
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bzw. der DOG entsprechen.
Titelgrafik: Eberhard Stroot
Fotos, Illustrationen, Karikaturen:
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Wolfgang Desombre
Deutsche SporthilfeVerena Günther
IOC
Thierry Monasse
JUGEND TRAINIERT FÜR OLYMPIA
Klaus Sarsky
Jo Sauer
Herbert Somplatzki
Markus Stegner
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Deutsches Sport & Olympia Museum
Herausgeber: Deutsches Sport & Olympia Museum
Im Zollhafen 1, 50678 Köln, Tel.: +49 (0)221 3 36 09-0
Verantwortlich für den Inhalt: Klaus H. Schopen
Internet: www.sportmuseum.info
Jahrgang 27 - Heft 2/2007
Eröffneten gemeinsam die Sonderausstellung "Sport macht sexy: Kurator Ansgar Molzberger, Vorstandsvorsitzender Professor Walther Tröger, Direktor Dr. Christian Wacker und
Museumssprecher Klaus H. Schopen.
Sport macht sexy
Am 23. März 2007 wurde im Deutschen
Sport & Olympia Museum die große Sonderausstellung "Sport macht sexy" eröffnet.
Einen Rundgang finden Sie in der OF-Galerie
in der nächsten Ausgabe des Olympischen
Feuers. An dieser Stelle sollen Zitate von Dr.
Michael Vesper und Professor Walther Tröger
die Ausstellung auf den Punkt bringen:
"Macht Sport also sexy? Ja unbedingt! Sport begeistert, macht sinnlich, erzeugt
Wohlgefühl. Sport macht selbstbewusst,
schafft Erlebnisse, bringt Menschen zusammen. Sport ist Bewegung, Emotion und
Wettkampf. Sport hilft den eigenen Körper
bewusst zu erleben. Sport lässt lachen und
weinen, ist nicht neutral. All das zusammen
genommen, in einem Satz: Sport macht
sexy!", Dr. Michael Vesper.
"Der Begriff "sexy" steht modern für Attraktivität, Lebens- und Sinnenfreude und
Zuwendung. Was wäre besser geeignet als
Synonym oder Attribut für den Sport, wie
wir ihn wünschen und darstellen wollen.",
Professor Walther Tröger.
Sammlerkarte
Pünktlich zur 8. Internationalen Sammlerbörse hat das Deutsche Sport & Olympia
Museum eine eigene Sammel-Edition
kreiert. Vierteljährlich wird ab sofort mit
einer Sondereintrittskarten-Edition an
sporthistorische Ereignisse erinnert werden.
Diese Eintrittskarten erscheinen in einer
limitierten Auflage von 250 Exemplaren und
werden von Hand nummeriert. Sie können
durch ein um 2,00 € erhöhtes Eintrittsgeld
an der Museumskasse erworben werden
und berechtigen zum einmaligen Besucher
der Ausstellung des Deutschen Sport &
Olympia Museums. Außerdem sind die
Sammlerstücke unter
info@sportmuseum.info erhältlich.
Als erstes Motiv ist im März 2007 eine
Darstellung des Münchner Olympiastadions
Wenn nicht jetzt, wann
dann!
Die Erinnerungen an die HandballWeltmeisterschaft 2007 werden noch
lange in den Herzen der Menschen
weiterleben. Das Wintermärchen, das
mit dem 1. Platz der deutschen Mannschaft endete hat Einzug ins Deutsche
Sport & Olympia Museum gehalten.
Stücke des Hallenbodens vom Endspiel,
darunter ein Sieben-Meter-Punkt, ein
Ball mit den Unterschriften des Teams
von Bundestrainer Heiner Brand und
das Maskottchen "Hannibal" als lebensgroße Figur, sind spannende Objekte,
die nun die Sammlung des Museums
ergänzen. Im Foyer wurde eine Vitrine
eingerichtet, die an den Triumph vom 4.
Februar 2007 erinnert.
90
Die Motive der Sammlerkarten 2007
München 1972
Kurt Brumme
Die Sonderstempel der 8. Internationalen
Sammlerbörse der IMOS im Deutschen
Sport & Olympia Museum.
Berlin 1936
erschienen, diesem folgt im Juni eine historische Aufnahme von Kurt Brumme, aufgenommen während einer Radioreportage im
Glück-Auf-Stadion in Sodingen/ Herne in
den 50er Jahren. Im September erscheint
dann das Deckblatt eines Schmucktelegramms, das zu den Olympischen Spielen
1936 in Berlin herausgegeben wurde und im
Dezember schließlich beendet ein Foto, das
Max Schmeling 1928 bei Training zeigt, das
Jahr.
8. IMOS-Sammlerbörse im
Deutschen Sport &
Olympia Museum
Am Sonntag, 11. März 2007, veranstaltete
das Deutsche Sport & Olympia Museum die
mittlerweile 8. Internationale Sammlerbörse.
Das Museum, die "Internationale Motiv-
91
Max Schmeling
gruppen Olympiaden und Sport" IMOS und
das Sportamt der Stadt Köln hatten ein
abwechslungsreiches Programm vorbereitet.
Bei freiem Eintritt
erwartete die
zahlreichen Besucher, Sportbegeisterten und Sammler
wieder ein Großtauschtag im Foyer.
Händler und Privatsammler aus Übersee und Europa
boten attraktive
Objekte, Erinnerungsstücke, Literatur, Memorabilien,
Briefmarken und
Münzen zu den
Themen Olympiade
und Sport an.
Um 12 Uhr gab es eine Autogrammstunde
mit berühmten Sportlern. Gekommen waren
Medaillengewinner der Olympischen Spiele
von 1956 in Melbourne und 1960 in Rom,
unter anderem Martin Lauer, Gold über
4x100m 1960, die ehemaligen Kanuten Fritz
Briel und Theo Kleine, Silber im Zweier Kajak
1956, Wolfgang Behrendt 1. Olympiasieger
der DDR im Boxen 1956 sowie Michel
Scheuer, Gold im Zweier-Kanu 1956. Eine
Freude war es auch, den ehemaligen Steuermann im Ruderzweier Reiner Borkowski
und die Kugelstoßerin Marianne Werner-
Professor Walther Tröger (1. Reihe, 2.v.r.) und Charly Biernat (2. Reihe,
2.v.r) freuten sich über zahlreiche Olympiateilnehmer, die an der
Autogrammstunde der 8. Internationalen Sammlerbörse teilnahmen.
Ader begrüßen zu können. Gemeinsam mit
dem Vorstandsvorsitzenden des Deutschen
Sport & Olympia Museums, Professor Walter
Tröger, sorgten diese "Helden aus früheren
Tagen" für großes Gedränge am Autogramm-Tisch und waren überrascht wie
groß das Interesse an ihren Erfolgen nach
zum Teil über 50 Jahren noch ist.
Zwei exklusive Sonderstempel, die ein
"Sonderpostamt" der Deutschen Post AG
anbot, rundeten das Programm ab. Die
Besucher konnten an einem Stand den
Stempel des Deutschen Sport & Olympia
Museums "Vor 75 Jahren: Erste Briefmarke
zu Olympischen Winterspielen", den Stempel
des Sportamtes "WM-Stadt Köln", Sondermarken und diverse andere für Philatelisten
interessante Objekte erwerben.
Da bereits jetzt die ersten Anfragen für die
9. Sammlerbörse im März 2008 vorliegen, ist
sich Organisator Charly Biernat, der 2.
Vorsitzende der IMOS - Internationale
Motivgruppen Olympiaden und Sport e.V.,
sicher, dass auch im nächsten Jahr an die
Erfolge der Vorjahre angeknüpft werden
kann.
Jahrespressekonferenz 2007
Am 12. März 2007 hatten der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Sport & Olympia
Museum Professor Walther Tröger und
Museumsdirektor Dr. Christian Wacker zu
einer Jahrespressekonferenz in die KurtBrumme-Galerie des Deutschen Sport &
Olympia Museums eingeladen. Gemeinsam
wollten sie das zurückliegende Jahr zusammenfassen und eine Ausblick auf das
kommende Jahr geben.
Walther Tröger betonte, dass die schwierigen Anfangsjahre des Museums überwunden sind und der Bestand des Museums,
unter der Voraussetzung, dass alle, die die
finanzielle Mitverantwortung für die
Museumsexistenz tragen, auch ihre zugesicherten Grundleistungen erbringen, gesichert ist.
Christian Wacker betonte, dass das Museum
zunehmend auch aus Eigeninitiative viel zur
Stabilisierung seiner wirtschaftlichen
Grundlagen beiträgt und verwies auf die
guten Entwicklungen in den Bereichen
Sonderausstellung, Abendveranstaltungen
und Besucher hin.
145.616 Menschen besuchten 2006 das
Museum gegenüber 102.147 im Vorjahr.
Dies bedeutet einen Anstieg um 42,5 %,
was nicht nur auf die herausragenden
Sportereignisse des Jahres 2006 zurückzuführen ist, denn dieser Trend setzte sich
auch in den ersten drei Monaten 2007 fort.
Über die zurückliegenden Ereignisse wurden
hier bereits berichtet, der Ausblick auf das
Jahr 2007 verspricht weitere interessante
Ausstellungen und Projekte.
Der großen Sonderausstellung "Sport macht
sexy", die am 23. März 2007 eröffnet wurde,
werden in diesem Jahr noch zwei Ausstellungen folgen:
"Kilometerfresser" - Eine Ausstellung anlässlich des 10-jährigen Jubiläums des Köln
Marathon, vereint mit großformatigen
Bildern die schönsten Szenen dieser Veranstaltung. Parallel dazu sollen Kölnerinnen
und Kölner aufgerufen werden, ihre persönlichen Erinnerungsstücke für diese Ausstellung im Sommer abzugeben. Die Besucher
gestalten die Ausstellung also selbst, wobei
die Hoffnung besteht, eine Fülle von Erinnerungen präsentieren zu können. Nach
Ausstellungsende werden die Gegenstände
natürlich wieder zurückgegeben.
"Coubertin und die Kultur" - Auch diese
Ausstellung wird im Museum konzipiert und
stellt erstmalig Bilder der Künstlerfamilie
Pierre de Coubertin aus. Vor dem Hintergrund des hohen Kulturinteresses Coubertins wird schnell klar, weshalb die Kunstund Kulturwettbewerbe der frühen Olympischen Spiele einen sehr hohen Stellenwert
hatten. Die Ausstellung wird anschließend
in Paris, Tartu, Lausanne und London gezeigt.
Kleinere Präsentationen finden in steter
Folge im Salon statt: "sportlich - Skulpturen
von Birgid Helmy" wird zur Zeit gezeigt;
eine Präsentation von japanischen NetsukeFiguren, Tonfiguren mit Sumoringerdarstellungen aus dem 17./18. Jahrhundert folgt
im Juni und weitere Themen werden der
Nachlass von Adelson gemeinsam mit dem
Basler Sportmuseum sowie die Sammlung
Egidius Braun und die Sammlung Hahn sein.
Insbesondere um im Veranstaltungsbereich
zukünftig flexibler und effizienter handeln
zu können wurde im Dezember 2006 die dksm- Deutsche Kultur & Sport Marketing
GmbH, als stiftungseigene Gesellschaft
gegründet. Nun ist es dem Museum möglich, komplexe Veranstaltungen eigenständig
und ohne Agentur abzuwickeln. Mit seinen
Partnern hat die -dksm- bereits das "Champions Dinner" des Landes NRW zur Ehrung
der Medaillengewinner des Landes (300
Gäste), das public viewing zum Handball (ca.
3.000 Gäste an drei Tagen), die Partyveranstaltung "sounds good" (ca. 500 Gäste) und
die Präsentation des neuen Porsche (ca. 700
Gäste) eigenständig durchgeführt.
Das einzigartige sportliche Ambiente des
Museums, das auch den Gästen der Veranstaltungen offen steht, unterstützt das
ambitionierte Ziel des Museums, ein herausragender Veranstaltungsort in Köln zu sein
und diese Position zu festigen. Allein im
Jahr 2006 wurden über 120 Veranstaltungen im Museum durchgeführt.
Für drei weitere Projekte sind bereits die
Grundsteine gelegte und an ihrer Entwicklung wird intensiv gearbeitet werden. Mit
dem Aachener Verlag Meyer & Meyer wurde
eine Partnerschaft vereinbart und als erstes
gemeinsames Projekt das Magazin zur
Ausstellung "Sport macht sexy" produziert.
Mit der Sportredaktion des Kölner Stadtanzeigers wurde auf Grundlage der Diskussionsrunden zum Fußball und zum Handball
eine Veranstaltungsreihe konzipiert, die
unregelmäßig stattfindend 2007 Fahrt
aufnehmen soll.
Außerdem wird das Museum im Herbst
2007 mit dem griechischen Antikendienst in
Olympia und Elis sowie dem Deutschen
Archäologischen Institut in Athen eine
Forschungsprojekt am antiken Hippodrom in
Olympia und den Gymnasien in Elis, dem
Olympischen Dorf der Antike, durchführen.
Mit einem Radarmessgerät werden unterirdische Mauerzüge kartiert, um Erkenntnisse
über die Strukturen dieser Gebäude zu
gewinnen. Beide Anlagen sind bislang
unbekannt.
Die Maske war sein
Markenzeichen
Joseph "Peppi" Heiß, geboren 13. Juni 1963,
in Garmisch-Partenkirchen ist einer der
bekanntesten deutschen Eishockeyspieler. Er
spielte auf der Position des Torhüters von
1980 bis 2001in der Bundesliga. Dreimal
nahm er an Olympischen Spielen teil und
stand von 1990 bis 1998 bei acht Weltmeis-
92
Torwart-Legende Peppi Heiß übergibt eine seiner
Kultmasken an Museumsdirektor Dr. Christian Wacker,
mit dabei der Maskendesigner Flink.
terschaften für die deutsche Mannschaft im
Tor.
Zur Legende wurde Peppi Heiß beim Kölner
Eishockeyclub "Die Haie". Ausschlaggebend
hier für waren nicht zuletzt seine von Dieter
Flink in Handarbeit angefertigten Torwart-Masken, die aufgrund des Designs mit Haifischzähnen Kultstatus erreichten.
Auffallend waren auch die
Abplatzungen im Stirnbereich,
die nicht etwa durch das Abwehr des heranfliegenden Pucks
entstanden, sondern durch die
Kopfstöße der Mitspieler nach
Ende der Partie, die als Dank für
den guten Rückhalt auf dem Eis
galten.
Skulpturen von
Birgid Helmy" steht
der sportiv bewegte,
menschliche Körper;
in den Skulpturen
festgehalten ist ein
Augenblick eines
komplexen Bewegungsablaufs.
Helmys Arbeiten
suchen die absolute
Konzentration, die
fokussierte Intensität, in die der
Sportler versunken
ist, nehmen sie auf,
zeichnen sie nach.
Dirk Ertel und die Kapitäne der deutschen Mannschaften überreichen Christian Wacker das MuseumsTamburello.
Farbenfroh und
leicht kommen die auf Stelen
montierten Steinguss-Figuren daher. Darstellungen von Fußballerinnen, Hockeyspielerinnen und Boxern finden sich ebenso in
der Ausstellung wie von Skatern und
Parkour-Läufern.
In der zweiten Drittelpause der
Bundesliga-Partie Kölner Haie
Gemeinsam mit der Künstlerin Birgid Helmy eröffneten
gegen die Augsburger Panther
Kurator Ansgar Molzberger (l.) und Museumsdirektor
am 23. Februar 2007 übergab
Dr. Christian Wacker (r.) die Ausstellung.
Peppi Heiss eine dieser Masken
nun an das Deutsche Sport &
Olympia Museum. Besonders beeindruckte
Ausführlich wird die Ausstellung in der
dabei, dass der aus Bayern stammende
OF-Galerie des vorliegenden Heftes vorgeTorhüter auch sechs Jahre nach seinem
stellt.
letzten offiziellen Spiel für den KEC von den
Fans gefeiert wurde, als hätte er soeben
einen bedeutenden Sieg durch seine Leistung errungen.
TAMindoor-Europacup
begeisterte das Publikum
sportlich
Am 3. März 2007 wurde im Salon des
Deutschen Sport & Olympia Museum eine
interessante Kunstausstellung eröffnet. Im
Mittelpunkt der Ausstellung "sportlich -
93
Der 15. TAMindoor-Europacup fand vom 9.
bis 11. März 2007 in Köln mit einem Sieg
der favorisierten italienischen Mannschaft
bei den Herren und mit einem Triumph der
französischen Damen statt.
Zehn Nationen und rund 150 Aktive nahmen teil, Austragungsort war die Deutsche
Sporthochschule in Köln. In Deutschland
wird erst seit einigen Jahren wieder Tamburello gespielt, nachdem der traditionsreiche
Sport über Jahrzehnte verschwunden war.
Das junge deutsche Herren-Team landeten
auf einem beachtlichen dritten Platz, die
Damen auf Rang vier. "Ich bin sehr zufrieden mit unserem Abschneiden", sagte der
deutsche Teamchef und Spitzenspieler
Norman Kempf, "vielleicht gibt es jetzt den
entscheidenden Schritt nach vorne für uns.
Wir haben hochklassige Spiele geliefert und
gesehen."
Das Endspiel der Männer vor rund 300
Zuschauern endete erst nach anderthalb
Stunden mit einen hauchdünnen 13:12Erfolg der Italiener über Frankreich im
Tiebreak. Diese beiden Ländern sind im
internationalen Vergleich führend.
Die Auftaktveranstaltung des Turniers fand
in der Kurt-Brumme-Galerie des Deutschen
Sport & Olympia Museums statt. Hier trafen
sich auch alle Teilnehmer und die Organisatoren am Vorabend der Finalspiele zu einem
Besuch der Ausstellung. In vier Sprachen
wurde den Sportlern die Zeitreise durch
2500 Jahre Sportgeschichte präsentiert.
Zum Abschluss überreichte der Organisator
des Turniers Dirk Ertel gemeinsam mit den
Kapitänen der deutschen Damen- und
Herrenmannschaft Museumsdirektor Dr.
Christian Wacker ein in den Museumsfarben
gestaltetes Tamburello, verbunden mit der
Hoffnung, dass auch diese Sportart zukünftig in der Ausstellung präsentiert wird.
Nachrichten des DOI
Das A und O:
Neuer Name, neue Aufgaben, neue Infos
Haben die Leserinnen und Leser sich an
dieser Stelle bislang über die Aktivitäten
des Deutschen Olympischen Instituts
informieren können, wird sich in Zukunft
die Deutsche Olympische Akademie präsentieren.
Die 17. Mitgliederversammlung am 4. Mai
im Frankfurter Goethe-Haus ist eine außer-
ordentliche und schon insofern
eine besondere, als es die letzte
des DOI und zugleich die erste
der DOA sein wird. Sollte damit
vielleicht keine neue Zeitrechnung beginnen, ist es doch
allemal mehr als eine Änderung
des Namens. Durch die Einbeziehung des früheren Kuratoriums Olympische Akademie und
Olympische Erziehung des NOK
für Deutschland erhält das DOI
ein erweitertes Aufgabenspektrum, was auch auf den InfoSeiten im Olympischen Feuer
seinen Niederschlag erfahren
wird.
Wenn die Einrichtung fortan
ein "A" im Schilde führen wird,
bleibt sie doch dem "O", nämlich der olympischen Sache
verpflichtet - und hilft schon
von daher auch weiterhin bei
der Erfüllung eines satzungsgemäßen Auftrags des Deutschen
Olympischen Sportbundes. Bei
allem Engagement der Haupt-
94
und Ehrenamtlichen, wird der Erfolg letztlich von der Unterstützung von Partnern
und Mitstreitern abhängig bleiben. Vor
diesem Hintergrund nutzen wir die Gelegenheit gerne, uns bei allen Freunden und
Förderern des DOI ganz herzlich zu bedanken und verbinden dies mit der Bitte, auch
der DOA gewogen zu bleiben.
Festliche Gründung im
Goethe-Haus
Wenn bei der Gründung am 4. Mai der
wohl größte deutsche Dichter, ein gebürtiger Frankfurter, Pate stehen wird, mag dies
als ein gutes Omen sowie als ein Indiz
dafür angesehen werden, dass sich die DOA
nicht nur der historischen, politischen und
pädagogischen Dimension des Olympismus
verschrieben hat, sondern auch seiner
kulturellen Bedeutung Rechnung tragen
wird. Zwar verspricht der Rücklauf der
verschickten Einladungen ein "ausverkauftes" Goethe-Haus, doch es besteht zumindest die Möglichkeit, sich unter 069/6700
396 oder info@doi.de über freie Plätze zu
erkundigen. Ansonsten sei auf die InfoSeiten im nächsten Olympischen Feuer
verwiesen, in denen über den Verlauf der
Veranstaltung sowie die ersten Aktivitäten
der DOA berichtet werden wird.