Wohnungsmarkt- entwicklung in Rheinland

Transcription

Wohnungsmarkt- entwicklung in Rheinland
Wohnungsmarktentwicklung in
Rheinland-Pfalz
2013
Verband der Südwestdeutschen
Wohnungswirtschaft e.V.
Verband der Wohnungs- und
Immobilienwirtschaft in Rheinland-Westfalen e.V.
Kurzbericht Hamburg Mai 2013
Wohnungsmarktentwicklung in
Rheinland-Pfalz
2013
Verband der Südwestdeutschen
Wohnungswirtschaft e.V.
Verband der Wohnungs- und
Immobilienwirtschaft in Rheinland-Westfalen e.V.
Kurzbericht Hamburg Mai 2013
Fotonachweis Deckblatt (von oben nach unten):
Lahnstein - Thomas Max Müller/pixelio
Bad Kreuznach - Thomas Max Müller/pixelio
Mainz - Dieter Schütz/pixelio.de
Trier - Erich Westendarp/pixelio.de
Monreal - Thomas Max Müller/pixelio.de
Bernkastel-Kues - Thomas Max Müller/pixelio.de
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-I-
Inhaltsverzeichnis
1
Rahmenbedingungen der Marktentwicklung
1
2
Perspektiven der Nachfrageentwicklung
6
3
Entwicklung der Wohnkosten
13
3.1
Mietpreisentwicklung
13
3.2
Mietkostenbelastung der Haushalte
17
3.3
Entwicklungen auf dem Markt für Wohneigentum
20
4
Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen
25
-1-
1
Rahmenbedingungen der Marktentwicklung
Marktanspannungen War die Wahrnehmung der Wohnungsmarktsituation in
in wirtschaftsstarweiten Teilen Deutschlands, darunter auch in Rheinlandken Regionen
Pfalz, bis vor kurzem noch primär von der Sorge angesichts von Bevölkerungsrückgängen, sinkender Nachfrage und drohenden Leerständen geprägt, hat sich das
Bild zumindest in den wirtschaftsstarken Regionen, speziell in den Kernstädten, grundlegend verändert. Infolge
der Bauzurückhaltung in den vergangenen Jahren, besonders im niedrig- und mittelpreisigen Mehrfamilienhausbereich, haben sich die Mietwohnungsmärkte in
prosperierenden Regionen erkennbar angespannt. In
Rheinland-Pfalz betrifft dies in erster Linie die Universitätsstädte Mainz, Koblenz, Kaiserslautern und Trier, die
als Wirtschaftszentren der Region in den letzten Jahren
verstärkte Zuzüge registrieren konnten.
Stabile wirtschaftliche Entwicklung
Dieser Trend ist nicht zuletzt auf die stabile wirtschaftliche Entwicklung in Rheinland-Pfalz zurückzuführen, die
vor allem von den wirtschaftlichen Ballungsregionen
Mainz/Rhein-Main, Kaiserslautern/Rhein-Neckar und
Koblenz getragen wird. Seit 2005 ist das preisbereinigte
Bruttoinlandsprodukt in Rheinland-Pfalz um 10,7 % angestiegen und liegt damit im bundesdeutschen Durchschnitt (+ 10,9 %, zum Vergleich: Hessen + 6,1, Nordrhein-Westfalen: + 9,7 %). Maßgeblichen Anteil an dieser stabilen Entwicklung hat die Lage von RheinlandPfalz zwischen den wirtschaftsstarken Regionen RheinMain, Köln-Bonn, Rhein-Neckar und Luxemburg. Besonders die günstigen Ausstrahlungseffekte des benachbarten Luxemburgs führten in den letzten Jahren zu
einer wachsenden Nachfrage in den Grenzregionen.
Verlangsamter
Bevölkerungsrückgang
Der seit den Jahren 2004/2005 eingesetzte Bevölkerungsrückgang in Rheinland-Pfalz (- 1,5 % im Zeitraum
von 2004 bis 2011) hat sich in den letzten Jahren erkennbar verlangsamt. Ursächlich sind vor allem steigende Wanderungsgewinne nach einer kurzen Phase sinkender und zuletzt sogar negativer Wanderungssalden
bis 2008/2009. In den vergangenen zehn Jahren waren
vor allem die strukturschwachen ländlichen Regionen
von Einwohnerrückgängen betroffen. Besonders deutli-
-2-
che Rückgänge verzeichneten die Städte und Gemeinden in der Westpfalz (mit Ausnahme Kaiserslauterns),
dort insbesondere Primasens sowie die Landkreise Kusel und die Südwestpfalz. Positiv entwickelten sich dagegen die wirtschaftsstarken Ballungsräume und angrenzenden Gebiete wie die linksrheinisch gelegenen
Städte und Landkreise der Rheinpfalz sowie Mainz mit
dem angrenzenden Landkreis Mainz-Bingen und Trier
mit dem umliegenden Landkreis Trier-Saarburg.
Abb. 1 Bevölkerungsentwicklung und Bautätigkeit im
Vergleich
Beratung
Planung
Forschung
GEWOS
105,0
40.000
104,0
35.000
103,0
30.000
102,0
25.000
101,0
20.000
100,0
99,0
15.000
98,0
10.000
97,0
5.000
96,0
0
95,0
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Bautätigkeit
Bevölkerungsstand
© GEWOS
Bautätigkeit deckt
sich nicht mit Nachfrageentwicklung
Das Ausmaß der regionalen Bautätigkeit ging in den
vergangenen Jahren jedoch nicht mit der Nachfrageentwicklung einher. Bezogen auf Rheinland-Pfalz insgesamt ist die Bautätigkeit im Jahr 2011 erstmals nach
deutlichen Rückgängen wieder angestiegen (vgl. Abb.
1). Gemessen an der stabilen Nachfrageentwicklung im
Zeitraum 2001 bis 2011 belief sich die Neubautätigkeit in
den kreisfreien Städten auf einem niedrigen bis sehr
niedrigen Niveau. In Mainz und Trier führte diese Bauzurückhaltung zu den bereits heute erkennbaren Angebotsengpässen auf dem Markt. Deutliche Verknappungen des Angebots sind angesichts der hohen Nachfrage
- trotz verstärkter Bautätigkeit - in den an die wirtschaftlichen Kernregionen angrenzenden Landkreisen, z. B. im
Landkreis Mainz-Bingen, Landkreis Alzey-Worms, in der
prosperierenden Rhein-Neckar-Region und im Raum
Trier zu beobachten (vgl. Abb. 3).
-3-
Abb. 2 Neubauaktivität bis 2011
Baugenehmigungen
2012 lassen nur
teilweise weitere
Aufwärtsentwicklung erkennen
Wie die Entwicklung der Zahl der Baugenehmigungen je
1.000 Einwohner zeigt, wird mittlerweile zumindest an
einzelnen Standorten offensiv auf die angespannte
Wohnungsmarktlage reagiert. Dies betrifft insbesondere
die kreisfreie Stadt Trier (4,0) sowie die Landkreise
Trier-Saarburg (9,4) und Eifelkreis Bitburg-Prüm (4,6) in
der stark nachgefragten Wohnungsmarktregion Trier/
Luxemburg. In der überwiegenden Zahl der stark nachgefragten Groß- und Mittelstädte, z. B. in Mainz oder
den sich positiv entwickelnden Städten entlang der
Rheinschiene ist dagegen kein Anziehen der Neubautätigkeit erkennbar.
-4-
Abb. 3 Wohnungsmarktsituation 2011
Kaufkraft/
Wohnkaufkraft
Bedingt durch die erheblichen strukturellen Unterschiede
der Region zu prosperierenden Wirtschaftsregionen auf
der einen und eher strukturschwachen ländlichen Regionen auf der anderen Seite kommen in Rheinland-Pfalz
große regionale Kaufkraftunterschiede zum Tragen, die
bei einer Betrachtung der Wohnungsmarktperspektiven
nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Die Unterschiede
sind in erster Linie durch die jeweilige Arbeitsmarktsituation vor Ort bzw. „Kaufkraftimporte“ durch Berufspendler
aus angrenzenden Ballungsräumen bedingt. Deutlich
weist Abbildung 4 den Kaufkrafteinfluss der Ober- und
Mittelzentren in der Rheinpfalz und im Speckgürtel von
Mainz aus. Klar erkennbar sind zudem die Einflüsse der
angrenzenden Wirtschaftsmetropolen Rhein-Main, Karlsruhe/Rhein-Neckar/Straßburg sowie Köln/Bonn bis hinein in die strukturschwächeren ländlichen Räume. Eine
-5-
unterdurchschnittliche Kaufkraft ist dagegen in den an
Luxemburg angrenzenden Gemeinden festzustellen.
Abb. 4
Kaufkraft 2011
Köln-Bonn
Frankfurt/
Rhein-Main-Region
Luxemburg
Karlsruhe/
Rhein-NeckarRegion
Straßburg
Hohe Kaufkraft im
Umland der Kernstädte
Die höchste Wohnkaufkraft besteht in den Gemeinden
im Umland der Kernstädte, insbesondere in den Landkreisen entlang der Rheinschiene und dem Umland von
Mainz, nicht in den Kernstädten selbst. Besonders auffällig sind die Kaufkraftunterschiede zwischen dem traditionellen Arbeitsstandort Ludwigshafen und dem angrenzenden Rhein-Pfalz-Kreis. Die Kontraste sind auf
die heterogene Sozialstruktur der größeren Städte, aber
auch die vorherrschende Angebotsknappheit und das
vergleichsweise hohe Preisniveau zurückzuführen, die
Suburbanisierungseffekte kaufkräftiger Haushalte initiieren.
-6-
2
Perspektiven der Nachfrageentwicklung
Bis 2030 Bevölkerungsrückgang um
6%
Bis 2030 ist in Rheinland-Pfalz mit einem weiteren
Rückgang der wohnungsmarktrelevanten Bevölkerung
um 6 % auszugehen.1 Dabei bestehen jedoch, wie Abb.
5 zeigt, erhebliche regionale Unterschiede. Die kreisfreien Städte und Landkreise der südlichen Rheinschiene sowie Trier und der umliegende Landkreis TrierSaarburg können noch bis 2030 mit einer relativ stabilen
Entwicklung und teilweise Bevölkerungsgewinnen rechnen (z. B. Trier + 4 %, Landau + 3 %, Mainz + 2 %,
Ludwigshafen + 1 %).
Abb. 5 Bevölkerungsentwicklung bis 2030
1
Grundlage für die Berechnungen ist die amtliche Statistik des Landes Rheinland-Pfalz. Für die
Bevölkerungsprognose wurde auf die Geburten- und Sterbefälle sowie auf die Wanderungsbewegungen der Jahre 2008 bis 2011 zurückgegriffen. Anhand von kleinräumig angepassten Haushaltsvorstandsquoten wurde auf Ebene von Einzelaltersjahren die Zahl der Haushalte abgeleitet.
Der Wohnungsbestand wurde unter Berücksichtigung des Wohnungsabgangs fortgeschrieben.
-7-
Die strukturschwächeren, ländlich geprägten Landkreise
fernab größerer Zentren wie der Landkreis Birkenfeld
(- 17 %), Rhein-Hunsrück-Kreis (- 16 %) oder der Landkreis Vulkaneifel (- 16 %), besonders aber die wirtschaftsstrukturell stark geschwächte Stadt Pirmasens
(- 19 %) werden dagegen starke Einwohnerrückgänge
hinnehmen müssen.
Abb. 6
Anteil der Haushaltsvorstände über 60 Jahre im Jahr 2030
2030 lebt in jedem
zweiten Haushalt
eine Person über 60
Jahre
Die Bevölkerungsrückgänge gehen mit einer sukzessiven altersstrukturellen Veränderung einher. Bis zum
Jahr 2030 wird in fast jedem zweiten Haushalt in Rheinland-Pfalz ein Haushaltsmitglied im Alter von über 60
Jahren leben (46 %). In den Groß- und Mittelstädten,
insbesondere in den großen Universitätsstädten, gilt dies
nur für etwas mehr als jeden dritten Haushalt (z. B.
Mainz 34 %, Trier 35 %, Kaiserslautern 38 %). Hintergrund ist eine anhaltende Zuwanderung jüngerer Haus-
-8-
halte. Dieser Effekt ist - mit Ausnahme von Koblenz - in
den Wirtschaftszentren sowie mittelbar auch im jeweiligen Umland festzustellen, wie Abbildung 6 zeigt.
Abb. 7 Haushaltsentwicklung bis 2030
Leichte Nachfragerückgänge in Rheinland-Pfalz bis 2030
(- 2 %)
Entscheidend für die Nachfrage auf den Wohnungsmärkten ist jedoch nicht die Bevölkerungsentwicklung,
sondern die Entwicklung der Zahl privater Haushalte, die
sich aufgrund der sich weiter verringernden durchschnittlichen Haushaltsgröße positiver entwickelt als die Bevölkerungszahl (- 2 % bis 2030 in Rheinland-Pfalz). Äquivalent zur skizzierten Bevölkerungsentwicklung ergeben
sich bei differenzierter regionaler Betrachtung stabile
Entwicklungen und zum Teil Nachfragegewinne entlang
der Rheinschiene (z. B. Landau + 6 %, Mainz + 2,5 %)
-9-
sowie in Trier und dem umliegenden Landkreis. Sowohl
die Region Mittelrhein-Westerwald als auch die Westpfalz (mit Ausnahme des Donnersbergkreises) sowie die
östlichen Landkreise der Region Trier und der Landkreis
Birkenfeld müssen sich jedoch bis 2030 auf Nachfragerückgänge einstellen (vgl. Abb. 7).
Abb. 8 Neubaubedarfe bis 2030
Zukünftig weitere
Verstärkung der
derzeitigen Wohnungsmarktlage
Entsprechend der bereits skizzierten Bevölkerungs- und
Haushaltsprognose wird sich die bereits in Abbildung 3
erkennbare angespannte Situation auf den Wohnungsmärkten entlang der linksrheinisch angrenzenden Kreise
und kreisfreien Städte sowie in Trier und dem umliegenden Landkreis weiter verstärken (vgl. Abb. 8). In den
ländlich geprägten Regionen entstehen dagegen infolge
des Nachfragerückgangs zum Teil hohe strukturelle
- 10 -
Leerstände, die sich negativ auf die Preisentwicklung
und die Investitionsbereitschaft in den betreffenden Regionen auswirken werden. Insbesondere Wohnungen,
die nicht zeitgemäß ausgestattet, nicht lagebegünstigt
sind oder einen schlechten energetischen Zustand haben, werden beim Verkauf und bei der Vermietung Vermarktungsprobleme aufweisen.
Rechnerischer Neubaubedarf von
55.180 Wohneinheiten bis 2030
Unter Berücksichtigung der Nachfrageentwicklung ergibt
sich auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz bis zum Jahr 2030 ein rechnerischer Neubaubedarf von 55.180 Wohnungen. Der Neubaubedarf wäre somit mit einer Bautätigkeit von rund
2.900 Wohnungen pro Jahr zu decken, deutlich weniger
als in den vergangenen Jahren.
Qualitativ bedingter
Neubau verstärkt
Leerstände anderenorts
Hierbei sind zwei Aspekte zu beachten: Erstens bestehen innerhalb des Landes regional höchst unterschiedliche Neubaubedarfe. Allein die Landeshauptstadt Mainz
weist bis 2030 einen Neubaubedarf von knapp 6.500
Wohneinheiten auf, während beispielsweise in Pirmasens oder den Landkreisen Ahrweiler, Cochem-Zell oder
dem Rhein-Hunsrück-Kreis aufgrund zurückgehender
Nachfrage rechnerisch kein Neubaubedarf besteht.
Zweitens ist der rechnerische Bedarf nicht mit der Nachfrage vor Ort gleichzusetzen. Auch in strukturschwachen
Regionen in der Mitte und im Norden des Landes, in
denen zum Teil bereits heute Leerstände zutage treten,
wird in geringem Umfang qualitativ bedingter Wohnungsneubau stattfinden, um die Ansprüche kaufkraftstärkerer Haushalte zu bedienen und Abwanderungen
zu vermeiden. Dies gilt in den betreffenden Regionen
vor allem für Eigentumsbildner, die sich auf den Bau
oder Erwerb eines Neubauobjekts festgelegt haben. Im
Zuge dessen werden Leerstände im Bestand mit qualitativen Defiziten oder Lagenachteilen weiter verstärkt. Allerdings kann sich die Neubautätigkeit nicht ausschließlich auf das hochpreisige Segment konzentrieren, sondern muss auch preisgünstige Angebote beinhalten.
- 11 -
Wohnungen müssen Zu beachten ist, dass die vorhandenen Wohnungen
qualitativ der Nach- auch qualitativ der Nachfrage entsprechen müssen, um
frage entsprechen
zur Bedarfsdeckung herangezogen werden zu können.
So kommt es aufgrund der sich zunehmend ausdifferenzierenden Märkte oftmals zu einer Gleichzeitigkeit von
Wohnungsleerstand und Wohnungsnachfrage. Dementsprechend ergibt sich auch auf Märkten mit einer rückläufigen Haushaltsentwicklung aus den qualitativen Anforderungen der Nachfrage ein zusätzlicher Neubaubedarf, der sich nicht aus dem vorhandenen Bestand decken lässt. Gestiegene Energiepreise und sich weiter
ausdifferenzierende Nachfragepräferenzen führen zu
einem zunehmenden Attraktivitätsverlust von Wohnungsbeständen, die bezogen auf die energetische Beschaffenheit als auch hinsichtlich des Ausstattungsstandards nicht mehr der heutigen Nachfrage entsprechen.
Problematisch sind insbesondere Gebäude, die vor 1978
errichtet wurden. Notwendige Maßnahmen wie die energetische Modernisierung der Bestände oder die Anpassung der Ausstattung im Bereich des Bades machen
den Erwerb von Objekten dieses Baualters im Vergleich
zu Neubau- oder jüngeren Bestandsobjekten unattraktiv.
Auf angespannten Wohnungsmärkten werden die Objekte aufgrund der vergleichsweise hohen Grundstückspreise vielfach aufwendig modernisiert und durch Neubauten ersetzt. Auf entspannten Wohnungsmärkten sind
Wohnungsleerstände hingegen wahrscheinlicher.
Neubaubedarf in
erster Linie im Einund Zweifamilienhaussegment
Zwei Drittel des Neubaubedarfs entfallen auf das Einund Zweifamilienhaussegment Insbesondere die Umlandbereiche der Wirtschaftszentren können durch die
Ausweisung von Neubauflächen für Einfamilienhäuser
von der Anziehungskraft der Kernstädte profitieren.
Bedarf an Wohnungen im Mehrfamilienhaussegment
vorwiegend in den
Städten
Neubaubedarf im Mehrfamilienhausbereich tritt vor allem
in den Kernstädten, insbesondere an den großen Universitätsstandorten Mainz (4.750 Wohneinheiten), Ludwigshafen und Trier (jeweils 3.410 Wohneinheiten) auf.
Aber auch in den Mittelstädten Worms, Speyer und
Landau besteht in den kommenden Jahren noch ein
signifikanter Bedarf an Wohnungen im Mehrfamilienhausbereich.
- 12 -
Weiterhin hohe
Nachfrage nach
Wohneigentum
Im Vergleich zum Bundesgebiet hat Rheinland-Pfalz
eine überdurchschnittlich hohe Eigentumsquote. Während in Rheinland-Pfalz 58 % der Haushalte im Eigentum leben liegt der Bundesschnitt bei nur 45,7 %. Nur
das Saarland weist einen höheren Anteil von Eigentümerhaushalten auf. Im Vergleich zu 1998 ist die Wohneigentumsquote um drei Prozentpunkte gestiegen. . Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen. Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise wird das Wohneigentum
mehr denn je als sichere Anlage gesehen. Zugleich wird
Eigentumsbildung durch das niedrige Zinsniveau und die
positive Lohnentwicklung begünstigt. Neben Neubauobjekten sind auch Bestandsobjekte zunehmend gefragt.
Sie befinden sich oftmals in integrierten, nachgefragten
innerstädtischen Lagen und entsprechend dem Wunsch
nach urbanen Wohnstandorten. Insgesamt geht
GEWOS davon aus das rund zwei Drittel der Neubauwohnungen auf das Eigentumssegment entfallen.
- 13 -
3
Entwicklung der Wohnkosten
3.1
Mietpreisentwicklung
Entwicklung der
Angebotsmieten als
Indikator für Marktanpassungen
Während die Bestandsmieten aufgrund der vorgegebenen Bestimmungen zu Mieterhöhungsobergrenzen zwar
kontinuierlich, aber moderat ansteigen, zeigen die Neuvertragsmieten seit einigen Jahren eine starke Dynamik.
Die vorliegende Untersuchung stützt sich daher auf die
Angebotsmieten des größten deutschen Immobilienportals Immobilienscout24, da diese die Anspannungstendenzen auf den Wohnungsmärkten unmittelbarer abbilden.
Mieten im
Aufwärtstrend
Gemessen an den Angebotsmieten in Rheinland-Pfalz
wird das Wohnen absolut und relativ teurer. Absolut sind
die Durchschnittsmieten für eine Standardwohnung (70
bis 90 m², normaler Objektstandard) im Zeitraum vom 1.
Quartal 2008 bis 2012 von 5,82 €/m² nettokalt auf 5,94
€/m² gestiegen (+ 2,1 %). Sie entwickelten sich damit
schwächer als die Verbraucherpreise in Rheinland-Pfalz
(+ 6,7 %). Wie Abb. 9 zeigt, weisen die rheinlandpfälzischen Regionen in den vergangenen fünf Jahren
eine relativ einheitliche positive Tendenz auf. Am stärksten sind die Angebotsmieten in dieser Zeit in der Region
Trier (+ 9,1 %), gefolgt von den beliebten und hochpreisige Region Rheinpfalz (+ 6,0 %) angestiegen.
Abb. 9: Veränderung der Angebotsmieten in den
fünf Regionen
Beratung
Planung
Forschung
GEWOS
Euro pro m²
7,50
7,00
6,50
6,00
5,50
5,00
4,50
2008
Mittelrhein‐Westerwald
2009
2010
Trier
Rheinhessen‐Nahe
2011
Rheinpfalz
2012
Westpfalz
© GEWOS
- 14 -
Mieten an hochpreisigen Standorten
steigen besonders
Besonders deutlich steigen die Angebotsmieten dabei
an den Standorten mit einem ohnehin überdurchschnittlich hohen Mietniveau. In der Landeshauptstadt Mainz,
in der im 4. Quartal 2012 die landesweite Spitzenmiete
von durchschnittlich 8,55 Euro/m² erzielt wurde, sind die
Mietpreise von 2008 bis 2012 um über 8 % angestiegen.
Noch dynamischer entwickeln sich die Mietpreise in Trier
(+ 13 %), Bernkastel-Wittlich (+ 13 %) und den Mittelstädten und Landkreisen entlang der Rheinschiene wie
Neustadt an der Weinstraße (+10 %), Landau (+ 8 %)
dem Landkreis Germersheim (+ 8 %) oder Worms
(+ 6 %).
Abb. 10 Mietniveau 2012
- 15 -
Rückläufige Mietenentwicklung nur im
Norden von Rheinland-Pfalz
Abb. 11
Die Wirtschaftszentren neben Mainz und Trier, Koblenz,
Kaiserslautern und Ludwigshafen, wiesen in den vergangenen fünf Jahren eine stabil positive Tendenz von
4 % bis 5 % auf. Eine rückläufige Mietpreisentwicklung
war in den vergangenen fünf Jahren nur in den strukturschwachen Landkreisen im Norden von Rheinland-Pfalz
zu beobachten, z. B. im Landkreis Altenkirchen (- 3 %)
(vgl. Abb. 11).
Mietpreissteigerung 2008 bis 2012
Modernisierungsbedingte Mietpreissteigerungen
Hinter Mietpreissteigerungen verbergen sich modernisierungs- und marktbedingte Effekte. Modernisierungsbedingte Mietpreissteigerungen betreffen vor allem den
großen Bestand aus den 1950er und 1960er Jahren, der
erhebliche energetische und strukturelle Anpassungsbe-
- 16 -
darfe aufweist. Zwar werden die Betriebskosten durch
Maßnahmen zur Energieeinsparung auch abgemildert,
im Endeffekt bleibt jedoch zumeist eine effektive Steigerung der Warmmieten nach den Modernisierungs- und
Anpassungsmaßnahmen bestehen. In dieser Untersuchung wurden Nettokaltmieten betrachtet, die nur die
modernisierungsbedingten Mietpreissteigerungen, aber
keine Einspareffekte im Hinblick auf die Betriebskosten
abbilden. Zweitens haben die in den vergangenen Jahren stark angestiegenen Wohnnebenkosten wie Elektrizität, Gas und andere Brennstoffe sowie Wasser zu steigenden Warmmieten geführt. Dieser preissteigernde
Effekt wird durch die in der Untersuchung herangezogenen Nettokaltmieten ebenfalls nicht abgebildet. Effektiv
ist somit von einem stärkeren Anstieg der Wohnkosten
auszugehen, als es die Entwicklung der Nettokaltmieten
vermuten lässt.
Marktbedingte/
Knappheitsbedingte
Mietpreissteigerungen
Marktbedingt sind in den vergangenen fünf Jahren vor
allem in den Groß- und Universitätsstädten mit bereits
hohem Mietniveau deutliche Mietpreisanstiege zu konstatieren. Die Hauptursache für die Preissteigerungen ist
in der erhöhten Wohnungsnachfrage, bedingt durch Zuzüge und Haushaltsverkleinerungen, zu sehen, der in
den vergangenen Jahren nicht angemessen durch Wohnungsneubau begegnet wurde. Hohe Steigungsraten bei
den Angebotsmieten sind bundesweit ein urbanes Phänomen. Bedingt durch gestiegene Baustoffpreise und
erhöhte energetische Anforderungen lohnen sich Neubauprojekte im mittleren oder preisgünstigen Segment
an Standorten mit ohnehin hohen Bauflächenpreisen
kaum noch. Auf den begrenzten Baulandreserven der
großen Städte sind daher in den vergangenen Jahren
verstärkt hochwertige Wohnprojekte entstanden (z. B.
Mainzer Winterhafen oder das Rheinufer-Süd in Ludwigshafen). Die Wohneinheiten werden zu einem erheblichen Anteil als Eigentumswohnungen vermarktet,
wodurch dem Mietwohnungsmarkt nur wenige hochpreisige Wohnungen zukommen.
- 17 -
3.2
Mietkostenbelastung der Haushalte
Große regionale Un- Um die Mietkostenbelastung der privaten Haushalte in
terschiede bei der
Rheinland-Pfalz abzubilden, wurde die durchschnittliche
Mietkostenbelastung Jahresmiete für eine Dreizimmerwohnung mit normalem
Standard (nettokalt) ins Verhältnis zur regionalen Kaufkraft gesetzt. Diese Mietkostenbelastung liegt in Rheinland-Pfalz insgesamt bei moderaten 13,2 % (14,5 % in
Bundesdurchschnitt). Bei kleinräumiger Betrachtung
werden aus dieser Gegenüberstellung die höchst unterschiedlichen regionalen Voraussetzungen für die Haushalte in Bezug auf die Versorgung mit angemessenem
Wohnraum deutlich.
Abbildung 12 Mietbelastung der Haushalte 2011
- 18 -
Hohe Wohnkostenbelastung im Westen von RheinlandPfalz
In der an Luxemburg angrenzenden Wohnungsmarktregion Trier und dem Landkreis Bitburg-Prüm treffen ein
relativ hohes Mietniveau (7,27 €/m² in Trier, 6,11 €/m² im
Landkreis Trier-Saarburg und 5,66 €/m² nettokalt im
Landkreis Bitburg-Prüm) auf eine vergleichsweise niedrige Kaufkraft. Entsprechend ergibt sich in der gesamten
Region eine hohe Mietkostenbelastung bei Neuvertragsmieten, die in Rheinland-Pfalz anderenorts nur in
der Landeshauptstadt und in Ludwigshafen erreicht wird
(vgl. Abb. 12). Eine stärkere Wohnkostenbelastung ist
zudem in den Ober- und Mittelzentren des Bundeslandes zu konstatieren. In den durch vergleichsweise hohe
Mieten geprägten Landkreisen Mainz-Bingen, Bad Dürkheim und dem Rhein-Pfalz-Kreis verfügen die Haushalte
dagegen über eine hohe Kaufkraft, so dass sich die
Mietbelastung weniger gravierend darstellt.
Preisgünstiges
Mietsegment vor
allem in den Städten
unter Druck
Ein ungünstiges Verhältnis zwischen Wohnkaufkraft und
örtlichem Mietpreisniveau zwingt die Haushalte, entweder einen höheren Konsumanteil für das Wohnen auszugeben oder im Hinblick auf die Wohnqualität und die
Wohnlage kürzer zu treten. In der Folge gerät so das
Wohnungsangebot im mittleren und unteren Preissegment verstärkt unter Druck, Haushalte mit niedrigen Einkommen werden von Haushalten mit mittleren Einkommen auf dem Wohnungsmarkt verdrängt. Die Gegenüberstellung von Mietpreisniveau und Entwicklung der
Kaufkraft kann diese Differenzierung nach Preissegmenten nicht leisten.
Verfügbarkeit des
preisgünstigen
Wohnungssegments
…
GEWOS hat daher orientiert an den gültigen WohngeldObergrenzen (Mietstufen) das auf dem Portal Immobilienscout24 angebotene preisgünstige Wohnungsangebot
für Haushalte verschiedener Größen quantifiziert und auf
das gesamte Wohnungsangebot in den Kreisen und
kreisfreien Städten hochgerechnet. Aus dieser Hochrechnung ergibt sich eine höchst ungleiche Verfügbarkeit
von preisgünstigem Wohnungsbestand in RheinlandPfalz. Ein besonders großes Angebot besteht demnach
im Landkreis Birkenfeld, im Rhein-Lahn-Kreis, in Pirmasens, Kaiserslautern (allerdings mit einem Schwerpunkt
auf mittelgroßen Wohnungen) und in Zweibrücken. Sehr
gering ist das Angebot dagegen im Landkreis Trier-
- 19 -
Saarburg, im Rhein-Pfalz-Kreis sowie in Bad Dürkheim
und in Bad Kreuznach.
Abb. 13 Relatives Angebot an preisgünstigen Wohnungen
… in Relation zur
Zahl der Bedarfshaushalte
Das preisgünstige Wohnungsangebot wurde in einem
zweiten Schritt der Zahl der Transferleistungsbezieher in
den Landkreisen und kreisfreien Städten gegenüber
gestellt. Dabei wurde eine besonders ungünstiges Angebotsverhältnis in Bad Kreuznach, Trier und dem umliegenden Landkreis Trier-Saarburg, dem Westerwaldkreis sowie Ludwigshafen offensichtlich. Auf diesen
Wohnungsmärkten übersteigt die Zahl der Transferleistungsempfänger das hochgerechnete Marktangebot an
angemessenen Wohnungen. Ein begrenztes Angebot
- 20 -
hinsichtlich der Miethöhe angemessener Wohnungen
besteht zudem in Mainz, Koblenz sowie der überwiegenden Zahl der kreisfreien Städte und Landkreise entlang der Rheinschiene (vgl. Abb. 13). Die Zahl der
Transferleistungsempfänger bildet dabei nur den Kernbereich der Nachfrage im preisgünstigen Mietwohnungssegment. Vor allem an hochpreisigen Standorten
mit angespannten Märkten treten kleine Haushalte mit
niedrigen Berufseinkommen, Senioren mit niedrigen
Rentenbezügen und Studenten sowie junge Menschen
in Ausbildung oder in der Phase des Berufseinstiegs als
Wettbewerber auf dem Wohnungsmarkt auf. Entsprechend verschärfen sie auf jenen Wohnungsmärkten, die
bereits heute über kein ausreichendes preisgünstiges
Wohnungsangebot für Transferleistungsempfänger verfügen, die angespannte Wohnungsmarktlage im preisgünstigen Segment.
3.3 Entwicklungen auf dem Markt für Wohneigentum
Gegenläufige Entwicklungen auf dem
Markt für Wohneigentum
Im Flächenland Rheinland-Pfalz - insbesondere in den
ländlichen Regionen - bildet das Ein- und Zweifamilienhaussegment den mit Abstand bedeutendsten Wohnungsmarktbereich - mit steigender Tendenz. Von 2002
bis 2011 nahm die Zahl der Kauffälle im Ein- und Zweifamilienhausbereich um 8,6 % zu. Die Umsätze stiegen
im selben Zeitraum um 7,4 %.2 Hinsichtlich der Kaufpreisentwicklung zeigten sich in dem Marktsegment in
den vergangenen Jahren gegenläufige Entwicklungen,
die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Nachfrageentwicklung und dem bereits bestehenden Preisniveau stehen.
Typisches „Immobilienpreisgebirge“ im
Ein- und Zweifamilienhaussegment
Die Abbildung der Kaufpreise für Ein- und Zweifamilienhäuser in Rheinland-Pfalz zeigt das typische „Immobilienpreisgebirge“ mit Preisen über 200.000 Euro in den
Großstädten sowie den Mittelstädten entlang der Rheinschiene und Preisen unter 125.000 Euro in den ländlichen, strukturschwächeren Regionen in der Mitte und
dem Norden des Landes. Das durchschnittliche Kaufpreisniveau für Ein- und Zweifamilienhäuser in Rhein-
2
Diese und die folgenden Angaben entstammen der GEWOS Immobilienmarktanalyse
IMA®, die exklusiv bundesweit Angaben der Gutachterausschüsse auswertet.
- 21 -
land-Pfalz beträgt knapp 160.000 Euro, auf prosperierenden Märkten wie Mainz müssen dagegen mehr als
300.000 Euro, in Trier mittlerweile knapp 260.000 Euro
für ein Eigenheim aufgebracht werden. Zudem sind Koblenz und Kaiserslautern sowie die Städte in der wirtschaftsstarken und landschaftlich reizvollen RheinNeckar-Region verhältnismäßig hochpreisig (vgl. Abb.
14). In den vergangenen Jahren haben die Preise insbesondere auf jenen Märkten weiter angezogen, die bereits über ein vergleichsweise hohes Preisniveau verfügen und die eine günstige Nachfrageentwicklung aufweisen (vgl. Abb. 15 und 16). Diese Entwicklung ist als
klares Zeichen für eine fortschreitende Ausdifferenzierung der Märkte zu sehen.
Abb. 14 Preisniveau von Ein- und Zweifamilienhäusern 2011
- 22 -
Abb. 15 Preisentwicklung von Ein- und Zweifamilienhäusern
Sehr dynamische
Entwicklung im
Segment für Eigentumswohnungen
Auch der Markt für Eigentumswohnungen entwickelt
sich, insbesondere in den größeren Städten und den
angrenzenden Regionen, ausgesprochen dynamisch.
Von 2002 bis 2011 nahm die Zahl der Kauffälle um 23 %
zu, das in dieser Zeit erzielte Umsatzvolumen stieg sogar um 42 %. Dieser hohe Anstieg ist nach einer mehrjährigen Stagnationsphase vollständig auf die Entwicklung der Jahre 2009 bis 2011 zurückzuführen. Auch in
Rheinland-Pfalz zeichnet sich damit eine bundesweit zu
beobachtende „Flucht in die Immobilienwerte“ ab. Die
Preise für Eigentumswohnungen entwickelten sich im
Gegensatz zu den Ein- und Zweifamilienhauspreisen
insgesamt positiv (+ 8 % in den vergangenen 5 Jahren),
wobei sich ein vergleichbares Muster gegenläufiger
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Entwicklungstendenzen zwischen verdichteten und weniger verdichteten Regionen abzeichnet.
Abb. 16
Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser
2000 - 2011
Beratung
Planung
Forschung
GEWOS
400.000,00 €
380.000,00 €
360.000,00 €
340.000,00 €
320.000,00 €
Koblenz
300.000,00 €
Trier
Kaiserslautern
280.000,00 €
Ludwigshafen am Rhein
260.000,00 €
Mainz
Worms
240.000,00 €
220.000,00 €
200.000,00 €
180.000,00 €
160.000,00 €
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
© GEWOS
Wohneigentumsbildung vor allem im
ländlichen Raum
attraktiv …
Insgesamt ist und bleibt der Erwerb von Wohneigentum
in Rheinland-Pfalz gemessen an den verfügbaren Einkommen günstiger als im Bundesvergleich. In Rheinland-Pfalz müssen Haushalte im Durchschnitt 3,6 Jahreseinkommen für den Kauf aufbringen, im bundesdeutschen Durchschnitt 4,5 Jahreseinkommen. Besonders
günstig ist der Erwerb in den weniger verdichteten Regionen, wo in weiten Teilen des Bundeslandes weniger als
drei Jahreseinkommen für den Kauf eines Eigenheims
investiert werden müssen. Besonders ungünstige Voraussetzungen für den Eigenheimerwerb bestehen dagegen in Trier, wo sich die Preisentwicklung für Eigentum klar von der Kaufkraftentwicklung abgekoppelt hat.
Auch in anderen wirtschaftsstarken Zentren wie Mainz (7
Jahreseinkommen), Speyer (5,4), Koblenz (5,1) und
Ludwigshafen (5,0) ist der Kauf von Wohneigentum für
einen Großteil der Haushalte kaum zu realisieren. Das
hohe Preisniveau in den Städten begünstigt ein Abwandern der Haushalte mit mittleren Einkommen ins günstigere Umland, wo der Erwerb von Eigentum noch realisierbar ist. Es sei jedoch an dieser Stelle angemerkt,
dass den günstigen Wohnkosten im ländlichen Bereich
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in der Regel höhere Kosten für Mobilität entgegenstehen. Dies gilt insbesondere für Pendlerhaushalte, die
regelmäßig weite Strecken zum Arbeitsort zurücklegen
müssen.
… Mietwohnungen
dagegen verhältnismäßig teuer
Im ländlichen Raum in Rheinland-Pfalz ist das Verhältnis
von Einkommen zu Kaufpreisen günstiger als von Einkommen zu Mieten. Die Kaufpreise für Ein- und Zweifamilienhäuser weisen innerhalb des Bundeslandes erhebliche regionale Unterschiede auf, sie variieren auf der
Ebene der Kreise und kreisfreien Städte um einen Faktor von bis zu 3,6 (Vergleich Mainz/Landkreis Birkenfeld)
und entwickeln sich, auch bedingt durch sehr große Bodenpreisunterschiede, weiter auseinander. Demgegenüber bestehen im Hinblick auf das Mietpreisniveau weniger große Diskrepanzen. Das landesweite Durchschnittsniveau der Angebotsmieten ist mit 5,94 €/m² nettokalt für eine Dreizimmerwohnung mit normalem Wohnstandard verhältnismäßig hoch. Auch in den ländlich
strukturierten Regionen in der Mitte und im Norden des
Landes liegt die Durchschnittsmiete angebotener Wohnungen nur selten unter 5,00 €/m². Entsprechend attraktiv ist die Wohneigentumsbildung in den ländlichen
Räumen.
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4
Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen
Weitere Ausdifferen- Zukünftig ist auf den rheinland-pfälzischen Wohnungszierung der Regiomärkten mit einer sich weiter verstärkenden Ausdifferennen
zierung der Regionen zu rechnen. Die strukturellen Unterschiede innerhalb des Landes werden sich weiter
verstärken. Insbesondere in den Ober- und Mittelzentren
in Rheinhessen, der Rheinpfalz sowie in der Wohnungsmarktregion Trier ist auch bis 2030 mit einer weiter
steigenden Wohnungsnachfrage zu rechnen. Landesweit gewinnen vor allem die wirtschaftlichen Zentren des
Landes, insbesondere die Universitätsstädte Mainz und
Trier, weiter an Attraktivität.
Trend zum Wohnen
in der Stadt
In dieser Entwicklung schlägt sich auch der aktuelle
Trend zum Wohnen in der Stadt nieder, der derzeit parallel zur nach wie vor verbreiteten Verlagerung des
Wohnsitzes von Familien-, aber auch Paar- und Singlehaushalten aus der Kernstadt in das preisgünstigere,
grüne Stadtumland stattfindet. Viele städtisch geprägte
Haushalte möchten auf die gewohnte Infrastruktur mit
einem guten Einkaufs-, Kultur- und Freizeitangebot nicht
verzichten und bleiben in ihrem städtischen Wohnumfeld.
Erhöhte Mietbelastung in den
Universitätsstädten
Vor allem in den Universitätsstädten haben sich teilweise die Mietentwicklung und die Entwicklung der Mietbelastung von der Kaufkraftentwicklung entkoppelt. In Trier
und Ludwigshafen liegt zudem eine besonders angespannte Nachfragesituation im Hinblick auf das Angebot
an preisgünstigen Wohnungen vor. Angesichts der Erwartung zukünftig deutlich steigender Studierendenzahlen ist dieses Ergebnis besonders brisant. Bis 2016
rechnet die Kultusministerkonferenz in ihrer aktuellen
Vorausberechnung mit einem Anstieg der Studienanfängerzahlen um 9,5 % in Rheinland-Pfalz. Dieser temporäre Anstieg ebbt bis 2025 wieder unter das Niveau von
2012 ab, wird aber in den Universitätsstädten zu einer
weitere Verschärfung der Angebotssituation führen. In
Mainz ist zudem eine verstärkte Nachfrage von Studierenden und jungen Berufstätigen aus dem angrenzenden Wiesbaden zu beobachten, die die Anspannung im
preisgünstigen Mietwohnungssegment weiter verstärkt.
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Besonders dynamische Entwicklung in
der Region Trier
Eine besonders dynamische Entwicklung zeigt derzeit
die vom luxemburgischen Marktgeschehen beeinflusste
Wohnungsmarktregion Trier mit dem umliegenden
Landkreis Trier-Saarburg. Die günstige Nachfrageentwicklung der Kernregion Trier speist sich sowohl aus der
Zugkraft der Universitätsstadt Trier, dem wichtigsten
Wirtschaftszentrum der Region, als auch aus dem
grenzüberschreitenden Nachfragedruck des wirtschaftsstarken Luxemburg, der auf die gesamte Obermoselregion ausstrahlt. Derzeit bleibt die Kaufkraftentwicklung in
der Region jedoch noch deutlich hinter der Nachfrageentwicklung und der durch sie induzierten Miet- und
Kaufpreisentwicklung zurück. Die Wohnkostenbelastung
der Haushalte bei Neuanmietung oder Neukauf nimmt
entsprechend stark zu.
Anspannung in
Wirtschaftszentren
nur durch geförderten Neubau zu lösen
In den hochpreisigen Kernstädten wird es insbesondere
für Nachfrager mit niedrigen Einkommen immer schwieriger, adäquaten Wohnraum zu finanzieren, da auch
Haushalte mit mittleren Einkommen als Wettbewerber
um vergleichsweise preisgünstige Angebote auftreten.
Findet keine Entlastung auf der Angebotsseite statt, ist
im mittleren und unteren Preissegment von einer weiteren Anspannung auszugehen. Neben den Kernstädten
sind auch in mehreren Mittelzentren wirtschaftsstarker
Regionen deutliche Mietpreissteigerungen zu beobachten, vor allem in Landau, Bad Kreuznach und Neustadt
an der Weinstraße. Kaufkräftige Nachfrager sind von der
Angebotsverknappung in geringerem Maße betroffen. In
der Vergangenheit konzentrierte sich die Bautätigkeit auf
angespannten Märkten zunehmend auf das höherpreisige Segment, da die Investition hier auch ohne Fördermittel entsprechende Anreize verspricht. Um das Angebot im mittleren Preissegment zu stärken, wird dagegen
der geförderte Neubau von Mietwohnungen erforderlich
sein, um Versorgungsengpässe zu reduzieren. Der Sozialwohnungsbestand in Rheinland-Pfalz ist - wie im
gesamten Bundesgebiet - in den vergangenen Jahren
deutlich zurückgegangen und machte Ende des Jahres
2010 mit rund 61.700 Wohnungen nur noch 3,2 % des
Wohnungsbestands aus.
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Interesse der
Investoren für
B-Standorte wecken
Ein ganz anderes Bild zeigt sich dagegen in den strukturschwachen Regionen in der Mitte und im Norden von
Rheinland-Pfalz, wo sich die rückläufige Nachfrage in
den kommenden Jahren in strukturellen Leerständen
niederschlagen wird. In diesen Teilen des Landes liegt
eine - insbesondere im bundesdeutschen Vergleich geringe Mietbelastung der Haushalte vor. Hier steht der
abnehmenden Bedeutung des Wohnungsneubaus eine
wachsende Bedeutung der Bestandspflege gegenüber.
Denn um die Attraktivität der Standorte in der Fläche
Rheinland-Pfalz zu erhalten, müssen auch Haushalte mit
mittleren Einkommen, die keine Eigentumsbildung anstreben, angemessene Angebote im Mietwohnungsbestand finden. Zukünftig wird es hier entsprechend darauf
ankommen, den Wohnungsbestand im Rahmen des
wirtschaftlich Machbaren zu modernisieren. Bei einer
schlechten energetischen Beschaffenheit und nicht mehr
nachfragegerechter Wohnungsausstattungen werden
insbesondere in guten Lagen der Abriss und der anschließende Wohnungsneubau eine wirtschaftliche Alternative zur Sanierung der Bestände darstellen. Die
Vorteile liegen dabei auf der Hand. Einerseits spart dies
aufwendige Erschließungskosten sowie den Aufbau von
Infrastrukturen in Neubauquartieren, andererseits können durch den Abriss und den Neubau neue Qualitäten
in bestehenden Quartieren geschaffen werden, die zugleich zu einer weiteren Ausdifferenzierung und Attraktivitätserhöhung des gesamtstädtischen Wohnungsangebotes beitragen.
Barrierearmer
Umbau mit
Augenmaß
Wie die Prognose zeigt, wird sich bis 2030 eine deutliche Verschiebung der Altersstruktur ergeben, durch die
sich der überdurchschnittlich hohe Anteil älterer Haushalte in den ländlichen Regionen weiter verstärkt. Für
die Wohnungswirtschaft in Rheinland-Pfalz bedeutet
dies, den barrierearmen Umbau von Wohnungen für
ältere Mieter weiterhin im Fokus zu haben. Zu beachten
ist jedoch, dass die Gruppe der Generation 60+ in der
Regel fit und gesund ist und Treppen und andere Barrieren häufig in Kauf genommen werden. Barrieren sollten
da, wo es wirtschaftlich darstellbar ist, sukzessive reduziert werden, komplette Umbauten etc. sind jedoch vielfach nicht erforderlich.