Wärme - Verein der Mathematik- und Physikstudierenden an der

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Wärme - Verein der Mathematik- und Physikstudierenden an der
VAMP
VMP Vereinsanzeiger Ausgabe Frühling 2015
> Climate change
> Feuer und Wärme
> Leidenschaft
Wärme
IMPRESSUM
Redaktionsleitung Nathalie Ziehl, Lukas Feldhaus
Redaktion Lorenza Della Bruna, Ines Butz, Alexander Malär
Mitarbeit Alex Bohn, Michael Stadelmann, Agnès
Noyer
Gestaltung/Satz Anna Bot
Titelbild Pia-Sophie Weber / www.jugendfotos.de,
CC-Lizenz(by-nc)
http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/
deed.de
Bild auf Innenseite Alex Ljungdahl / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by-nc-nd)
http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/
deed.de
Bilder beim Inhaltsverzeichnis - oben: Xeniii
Xenia / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by)
http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/deed.
de
unten: Julien Ziemnicki / www.jugendfotos.de,
CC-Lizenz(by-nc)
http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/
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Auflage 1000
Herausgeber Verein der Mathematik- und
Physikstudierenden an der ETH
Inhalt
VMP-Intern
4 Editorial
6 Präsikolumne
Titelthema: Wärme
8 Feuer und Wärme
16 The lost library
20
23
Climate change
Leidenschaft
Sonstiges
28 Interview mit Professor Kirch
13
Feuer und Wärme
Alumni
32
Buchbesprechung:
Die Wahlverwandschaften
40
Eventliste
Climate Change
Vamp Frühling 2015
24
3
VMP-Intern
Editorial
Viele Leute denken beim Wort “Wärme” bestimmt an Heizungen oder gemütliche Feuerchen. Und ich wette, so
manch einer von euch stellt sofort die
Verbindung zur Thermodynamik aus
der Physikvorlesung her und bereitet
sich mit pavlowscher Automatik darauf
vor, den Wirkungsgrad irgend welcher
Kreisprozesse zu berechnen.
Aber das hier ist mein Editorial und
ich mach, was ich will.
Ich würde jetzt etwas von klebriger
Haut und schmierigen Sonnenstrahlen
sagen, von einer immer gleichen Hitze, die so lange auf einen herabdrückt,
bis man sich nicht mehr konzentrieren
kann. Ich könnte von Windstille und
gelbem Gras schwärmen. Warm ist es
nur im Sommer, und Sommer, das sind
zwei kreisende Zopilote über kochendem Asphalt.
Da geht mir das Herz auf.
Aber so ganz stimmen tut das natürlich nicht. Wenn wir es nämlich genau
nehmen, ist Wärme bloss eine Form von
Energie, ohne Aussage darüber, wie viel
von dieser Energie vorhanden sein muss.
Die Vorstellung geht damit ganz falsch
um, wie immer, wenn sich Laien physikalische Begriffe borgen, von denen sie
keine Ahnung haben. Masse ist auch so
ein Beispiel.
4
Habt ihr euch eigentlich schon mal
gefragt, warum es in der Regel Feuerund Eismagie gibt, aber keine cleveren
Temperaturmagier, die in der Lage sind,
einfache Prozesse umzukehren und somit beides durchziehen können? Oder
warum Wasserbändiger ihr Wasser nur
frieren, aber nicht zum Kochen bringen
können?
Diese und mehr Fragen werden wir
in der neusten VAMP-Ausgabe nicht
behandeln! Dafür widmen wir uns globalen Verschwörungen, alternativen
Energiequellen, philosophischen Erklärungen und historischen Bränden.
Diesmal hatte einer von uns sogar Lust,
wieder mal ein Interview mit einem Professor zu führen. Wir werden immer motivierter! Und zwar nur für euch, liebe
Leser!
Deshalb ist das auch mein letztes Editorial. So unterhaltsam die Zeit im Vorstand auch war, kann ich das Meiste davon doch ohne die ganze Verantwortung
und die ständigen Deadlines haben.
Eigentlich bin ich hergekommen, um
Sachen aufzumischen, und stattdessen
hab ich den Laden ein Jahr lang geschmissen. Das ist eine Lektion fürs Leben, vergesst das nicht. Wenn euch nach
Aufbruchsstimmung und Revolution ist,
kann es passieren, dass ihr Ruckzuck mit
dem Arsch in einem bequemen Bürosessel landet, von wo aus ihr Kaffee schlürft
und Untergebene triezt. Dann war‘s das
mit den Idealen.
Aber das werdet ihr alles noch selbst
sehen, wenn ihr alt werdet. Ich werde
jetzt erstmal auf meinem Pony in den
Sonnenuntergang reiten.
Sayōnara,
Nathalie
vamp@vmp.ethz.ch
Vamp Frühling 2015
5
VMP-Intern
Präsikolumne
Und schon geht es wieder los! Gerade sind noch die letzten Klausuren
geschrieben worden und nun hat tatsächlich - nach gefühlt viel zu wenig
Ferien – das neue Semester bereits begonnen. Somit neigt sich damit auch ein
sehr interessantes Jahr dem Ende zu, in
welchem ich meinen Lieblingsfachverein als Präsi vertreten durfte. Schweren
Herzens und eventuell auch ein wenig
froh verfasse ich nun also die wohl letzte
Präsikolummne meines Lebens.
Wenn ich so zurückblicke war das
ein wirklich sehr ereignisreiches Jahr.
Angefangen hat alles mit den PrestudyEvents und dem Erstie-Tag, bei dem ich
als zukünftiger Präsident - wie immer
leicht verplant - den VMP mitsamt all
seinen Angeboten (einschließlich dieses wunderbaren Vereinsanzeigers) vorstellen und schönreden durfte. Gleich
danach ging es auf zum Erstsemestrigenwochenende (wohl eher als ESWE
bekannt), bei dem die ein oder andere engere Bekanntschaft gemacht und
viele noch immer andauernde Freundschaften geschlossen wurden.
Der wohl denkwürdigste Event des
Herbstsemesters war ganz klar das große Fondueessen, bei dem wie immer
Professoren zusammen mit Studenten
6
und Alumni ihre Brote in dieselben Caquelons tunkten und sich bei ein paar
Flaschen Wein über Probleme des Lebens unterhielten.
Aber natürlich war der VMP nicht
nur für den Konsum alkoholischer Getränke in Massen (da es im schweizerdeutschen leider den wunderschönen
Buchstaben „ß“ nicht gibt, kann sich
gerne jeder selber überlegen, ob von
Massen oder Maßen die Rede ist) zuständig, sondern hat sich auch hochschulpolitisch für euch engagiert. Eines
der wichtigsten Projekte war dabei der
Pilotversuch zur Aufteilung der Basisprüfung, welcher eventuell bald durchgeführt werden soll. Falls ihr unsere
Mails alle artig gelesen habt, wisst ihr
darüber natürlich bestens Bescheid.
Gerade jetzt in den letzten Atemzügen des Semesters steigt der Stress
im VMP enorm. Die Kernfachvorstellungen, der Semesterend-Apéro, die
Prestudy-Events, PVKs und natürlich
der Käfergrill müssen organisiert wer-
den. Außerdem stehen die Konferenzen
mit den Departementen und natürlich
die Veröffentlichung dieser VAMP Ausgabe auf dem Programm. Sollte es euch
ähnlich gehen, da ihr bereits die Semesterendprüfungen oder gar die Basisprüfung im Kopf habt, lasst euch davon
nicht die gute Laune verderben. Genießt so lange und so oft ihr könnt das
gute Wetter, schaut bei der Summerbar
des VSETH oder dem gratis Open-AirKino auf dem Hönggerberg (26. und 27
Mai, wird super!!) vorbei und findet ein
wenig Ablenkung und Erholung von all
dem Stress.
Zum Glück hatte ich in den vergangenen zwei Semestern einen super Vorstand im VMP, der mir einen Großteil
all dieser Aufgaben abgenommen hat!
Dementsprechend möchte ich mich hier
bei diesem sehr für die geleistete Arbeit
bedanken, natürlich unter der Annahme,
dass sie diesen Artikel überhaupt lesen.
Falls ihr noch nicht so ganz wisst, was
ihr im nächsten Semester machen wollt,
schon immer ein bisschen das Gefühl
hattet, dass ihr neben dem Studium
noch eine andere interessante Tätigkeit
machen wollt, oder einfach zu viel Freizeit habt, meldet euch gerne bei mir. Der
VMP ist stets auf der Suche nach motivierten Studenten, die bei der Organisation all dieser Sachen mithelfen. Das soll
jetzt nicht verzweifelt klingen, aber bei
uns ist jeder willkommen.
Euer Alex
alex@vmp.ethz.ch
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7
Wärme
Wär me
8
Alexander A. Malär
Ein langer Weg:
zwischen Feuer und Wärme
In der griechischen Mythologie brachte Prometheus („der Vorausdenkende“)
den Menschen das Feuer. Er wird als
Freund und Kulturstifter der Menschheit bezeichnet, in den Lehren Platons
und Ovids gilt er sogar als Schöpfer von
Menschen und Tieren. Der Titan und
Sohn des Lapetos bekam jedoch auch
den Beinamen Desmotes („der Gefesselte“). Dies verdankte er seinem tragischen Schicksal, welches ihn als Strafe
für seine Tat ereilte.
Gemäss der Legende schuf Prometheus die Menschen, indem er sie aus
Ton formte und ihnen die besten Eigenschaften von den verschiedensten Tieren vermachte. Nachdem Athene ihnen
noch Verstand und Vernunft mit auf den
Weg gegeben hatte, lebten die Menschen
auf der Erde und Prometheus war ihr
Lehrmeister. Als die Götter Opfer von
den Menschen verlangten, half er ihnen
mit einer List: Er liess die Knochen eines
Stiers verbrennen, während das essbare
Fleisch gebraten und verzehrt wurde.
Zeus bemerkte den Betrug jedoch und
nahm ihnen das Feuer. Prometheus entfachte daraufhin eine Fackel auf dem
Olymp und entzündete damit auf der
Erde einen Holzstoss. Nun konnte Zeus
Vamp Frühling 2015
das Feuer nicht mehr stehlen und als
Strafe sandte er mittels der Büchse der
Pandora Krankheit und Verderben in die
Welt. Prometheus hingegen liess er in
die Einöde des Kaukasus bringen und an
einen Felsen fesseln. Dort kam jeden Tag
der Adler Ethon und riss ihm unter entsetzlichen Schmerzen die Leber heraus,
um sie zu fressen. Am nächsten Morgen
war sie aber immer wieder nachgewachsen.
Dieser Mythos zeigt einerseits, wie
gefährlich die Entdeckung des Feuers
war, andererseits verdeutlicht sie aber
auch, welch grossen Einfluss sie auf die
Entwicklung der Menschheit hatte. In
der Tat waren die Zähmung von Wildfeuer und die Kunst, Feuer zu entfachen,
wichtige Meilensteine in der Menschwerdung. In einer karnivoren Ernährung war die Verwertung der Nahrung
durch Garen viel effizienter, als allein
auf das Gebiss zurückzugreifen. Zudem
erleichtert das Braten den enzymatischen Austausch im Verdauungstrakt,
das Räuchern lässt Nahrung länger haltbar werden und Erhitzen verringert die
Belastung durch Bakterien, Viren oder
Parasiten. Zudem spendet Feuer sowohl Wärme, als auch Licht und Schutz
9
Wärme
vor den meisten Arten von Raubtieren
und Insekten. Zudem ermöglichte es
die Verarbeitung von Ton oder Lehm zu
Keramik oder die Schmelze von Erzen.
Ohne das Feuer hätte der Mensch sich
demzufolge nie so gut entwickeln und
ausbreiten können, wie es der Fall war.
Im Folgenden werden wir die Geschichte und die Deutung des Feuers über die
Jahrhunderte verfolgen. Es wird sich
herausstellen, dass Feuer nicht nur physisch die Menschheit in ihrem Werdegang begleitet hat, sondern dass es sich
auch mit den meisten Disziplinen des
menschlichen Denkens wie der Philosophie, der Medizin und der Wissenschaft
verflochten hat.
Spätestens im antiken Griechenland
bekam Feuer eine besonders wichtige
Position im Rahmen der Erklärung der
Welt:
Im VI. und V. Jahrhundert vor Christus entstand die sogenannte Vier-Elemente-Lehre, welche besagte, dass alles Sein aus den vier Grundelementen
(„Essenzen“) Feuer, Wasser, Luft und
Erde bestand. Alles begann mit dem
Philosophen Thales, welcher sich vorstellte, dass alle Stoffe nur verschiedene
Formen des Urstoffs Wasser seien. Die
Erde schwämme als flache Scheibe auf
dem Wasser und auch über der Himmelskugel sei Wasser vorhanden. Diese Theorie wurde vielerorts anerkannt,
jedoch wurde die Rolle von Wasser als
Urstoff angezweifelt. Es war Heraklit aus
10
Ephesus, der gerade dem wandelnden
und verändernden Feuer den Posten als
Urstoff gab, da sich im Universum stetig
alles im Wandel befindet („pantha rhei“:
alles fliesst). Schlussendlich vereinte
Empedokles im V. Jahrhundert alle vier
Elemente als Urstoff in einer einzigen
grossen Theorie und nahm an, sie seien ewig existierende, unveränderliche
Grundsubstanzen, welche sich untereinander mischen und damit die Vielfalt
aller Stoffe bilden konnten. Dies brachte
die Philosophie dem Konzept, das wir
heutzutage von den Elementen im Periodensystem haben, sehr nahe. Zudem
verband er sie mit gewissen Eigenarten,
die man als Aggregatzustände interpretieren kann. Feste Stoffe sprach er der
Erde zu, flüssige dem Wasser und gasförmige der Luft. Es blieb jedoch nicht nur
bei einer rein wissenschaftlichen Deutung der Elemente. Sie wurden ebenfalls
als Götter eingeführt, weshalb auch eine
religiöse und psychologische Betrachtung mitspielte. In der Tat bekamen die
Elemente dadurch jeweils eine Persönlichkeit. Feuer war zielstrebig, ehrgeizig
und engagiert. Wasser hingegen sanft,
nachgiebig und weich. Luft war quirlig,
flexibel und veränderungsorientiert,
während letztlich die Erde starr und beständig war. Jedes Objekt bekam einen
gewissen Anteil eines jeden Elements,
Federn waren vorwiegend Luft, Pyrit gehörte hingegen zum Feuerelement. Dies
traf alles ebenfalls auf den menschlichen
Körper. Krankheiten äusserten sich vom
medizinischen Standpunkt aus gesehen
zum Beispiel als ein Ungleichgewicht.
Die Behandlung bestand also darin, ein
fehlendes Element mittels Nahrung oder
Heilpflanzen hinzuzufügen. Die Lehre der vier Elemente wurde später von
Platon und Aristoteles weiterentwickelt.
Ersterer verband sie mit den berühmten
platonischen Körpern. Das Tetraeder,
welches aus vier regulären (spitzen)
Dreiecken besteht und im Verhältnis zu
seiner Oberfläche das kleinste Volumen
hat, stand in seiner Theorie für die Trockenheit und das Feuer. Aristoteles wies
den vier Elementen zusätzlich die Eigenschaften warm/kalt, sowie trocken/
feucht zu und führte den Äther als fünfte
Quintessenz ein. Im Nachhinein entwickelten die Stoiker die medizinische
Theorie basierend auf den Elementen
weiter. Jedes Element, welches vom Körper aufgenommen wurde, musste zuerst
durch das Feuer der Verdauung und der
Leber aktiviert werden (Luft und Feuer waren die aktiven Elemente). Diese
Theorie beinhaltete das Pneuma (den
Geist) als fünftes Element und bildete
in Europa über das ganze Mittelalter bis
hin zur Aufklärung den Grundpfeiler der
Medizin.
Eine sehr ähnliche Lehre hat eine
lange Tradition im Osten innerhalb des
Daoismus und später (in einer veränderten Form) innerhalb des Buddhismus.
Im Daoismus waren es die Elemente
Holz, Feuer, Metall, Wasser und Erde.
Vamp Frühling 2015
Im Buddhismus dagegen Erde, Wasser,
Feuer, Luft und Leere. Deshalb sprach
man von der Fünf-Elemente-Lehre, welche die Gesetze untersuchte, nach denen
dynamische Prozesse und Wandlungen
im Bereich des Lebendigen ablaufen. Betont wurden insbesondere das Werden,
die Wandlung und das Vergehen. Aus
der Tatsache, dass man die Beziehungen
zwischen den Elementen direkt aus der
Natur ablesen kann, konnte man, mittels
Abstraktion, Schlussfolgerungen über
die Erde, den Menschen, den Himmel
und die Beziehungen, die zwischen diesen Sphären herrschen, treffen. Die Elemente lebten innerhalb einer zyklischen
Anordnung, welche in zwei entgegengesetzten Richtungen, dem Nährungszyklus und dem Schwächungszyklus durchlaufen werden konnten. Beispielsweise
lässt innerhalb des Nährungszyklus das
Holz das Feuer brennen und die resultierende Asche nährt die Erde, welche
die Metalle hervorbringt, welche das
Wasser beleben, welches wiederum die
Bäume, die Pflanzen und das Holz nährt.
Innerhalb des Schwächungszyklus verbrennt Feuer das Holz, dieses saugt das
Wasser auf, letzteres korrodiert das Metall, welches Mineralien aus der Erde
zieht, während schlussendlich die Erde
das Feuer erstickt. Über Kreuz findet
man auch den Kontrollzyklus, falls ein
Mangel oder Überfluss eines Elementes
besteht (Wasser löscht Feuer und Feuer
schmilzt Metalle) und den Schädigungszyklus. Die resultierende Konstellation
11
Wärme
ist ein Pentagramm im Kreis (siehe die
entsprechende Abbildung). Am Besten kann man das Wechselspiel und die
Dynamik der Elemente mittels der Jahreszeiten erklären: das Wasser ist der
ruhende Ausgangspunkt und entspricht
dem Winter, das Holz folgt dann als expandierende Phase wie der Frühling,
während das Feuer der Höhepunkt der
Aktion ist und für den Sommer steht.
Die Erde beschreibt daraufhin den wandelnden Aspekt, der Veränderung bringt
(beispielswiese die Metamorphose zur
Fruchtbildung), also den Spätsommer.
Das Metall konzentriert und strukturiert
dann die Aktion (Reifung im Herbst),
bevor man schliesslich wieder zur Ruhephase (dem Wasser) kommt. Wie man
sieht, gibt es in der orientalischen Tradition fünf Jahreszeiten. Gleichzeitig gibt
es fünf Himmelsrichtungen, fünf Geschmacksrichtungen, fünf Umwandlungen, fünf Tageszeiten, fünf Witterungen,
fünf Wandlungsphasen, fünf geometrische Formen, fünf Planeten, usw. Dem
Feuer werden in dieser Reihenfolge,
Süd, bitter, Sommer, Wachstum, Mittag, Hitze, starkes Yang, Pyramide und
Mars zugeordnet. Sehr interessant ist
auch die Unterteilung des menschlichen
Körpers in jeweils Gruppen von fünf.
(Zang-(Yin-)Organe, Fu-(Yang-)Organe, Sinne, Sinnesorgane, Körpergewebe,
Gefühle, Lautäusserungen, Körperflüssigkeiten.) Dem Feuer entspricht hier:
das Herz, der Dünndarm, das Sprechen,
der Mund, die Blutgefässe, der Zorn, das
Geschrei und der Schweiss. Noch heute
12
wird diese Form der medizinischen Betrachtung praktiziert.
Im Mittelalter war die Alchemie eine
weitverbreitete Kunst, welche erneut auf
der Lehre der vier Elemente aufbaute.
Gemäss Aristoteles entsprachen jedem
Element zwei Grundqualitäten und eine
vorherrschende Qualität. Für Feuer wären dies heiss und trocken, während die
vorherrschende Qualität klarerweise
die Hitze ist. Bei Luft sind es heiss und
flüssig, bei Wasser kalt und flüssig, während es bei der Erde kalt und trocken
sind. Man bemerkt, dass jedes Element
mit dem vorherigen und dem nächsten
jeweils eine Eigenschaft teilt. Dies ist
das Grundprinzip der Alchemie, denn
dadurch können Umwandlungen entstehen. Ein bekanntes Beispiel ist der
Umwandlungsprozess eines Stück Holzes, welches erhitzt wird. Es formen sich
Wassertropfen, welche dann zu Dampf
werden. Sobald es anfängt zu brennen, wird es zu Feuer und zum Schluss
bleibt nur noch Asche übrig, weshalb
Holz auch Erde enthält. Analogerweise glaubten die Alchemisten, dass auch
alle Metalle aus den verschiedenen Elementen bestünden. Aus der Theorie der
vier Elemente entstand die sogenannte
Schwefel-Quecksilber-Theorie,
wobei Feuer zu „Schwefel“ und Wasser zu
„Quecksilber“ wurden. Die Vereinigung
von Schwefel (Feuer) und Quecksilber
(Wasser) lässt die verschiedenen Metalle entstehen. Falls Schwefel und Quecksilber vollkommen rein wären und in
genau denselben Verhältnissen gemischt
würden, sollte das perfekteste Metall
entstehen: Gold. Ansonsten entstanden
nur die minderen Metalle Silber, Blei,
Zinn, Eisen oder Kupfer, welche jedoch
durch bestimmte Elixiere oder andere
Vorgehensweisen in Gold umgewandelt
werden konnten.
In der heutigen wissenschaftlichen
Betrachtung hat Feuer natürlich bereits
längst seinen status quo als Element verloren. Die Tatsache, dass es ständig im
Wandel ist bleibt jedoch bestehen, da
es sich chemisch gesehen um eine Oxidationsreaktion mit Flammenerscheinung handelt. Genauer gesagt um eine
exotherme Reaktion, wobei Energie
in Form von Wärme an die Umgebung
abgegeben wird. Um ein Feuer zu entfachen müssen alle drei Kriterien des sogenannten Verbrennungsdreiecks erfüllt
sein. In anderen Worten: Man benötigt
einen brennbaren Stoff, einen Oxidator und eine Zündenergie. Die Brandbekämpfung macht sich gerade dieses
Dreieck zu Nutze und versucht, eine der
Kanten zu unterbinden, womit auch das
ganze Feuer in sich zusammenbricht.
Die entstehenden Verbrennungsgase
steigen wegen der geringeren Dichte im
Vergleich zur Luft mittels natürlicher
Konvektion nach oben (Kamineffekt).
Es entsteht ein Unterdruck, dieser saugt
von unten und von der Seite Frischluft
an. Der in letzterer enthaltene Sauerstoff erhält die Verbrennung weiterhin
aufrecht. Bei sehr grossen Feuern kann
Vamp Frühling 2015
dieser Luftzug sogar Orkanstärke erreichen und man spricht dann von einem
Feuersturm. Dies ist auch der Grund,
warum eine brennende Kerze in einem
Raumschiff nur eine sehr schwache und
fast kugelförmige Flamme bildet. In der
Schwerelosigkeit verursachen die Dichteunterschiede nämlich keine Konvektion, weshalb auch kein neuer Sauerstoff
zugeführt wird. Das Licht, das bei Feuer
entsteht, ist hingegen eine rein physikalische Erscheinung. Durch die Hitze
werden die Elektronen für kurze Zeit in
ein höheres Energieniveau angehoben
und unter spontaner Emission kehren
sie durch Absonderung eines Photons
in den Grundzustand zurück. Da diese
Absonderung bei verschiedenen Frequenzen stattfindet, entsteht Strahlung
nicht nur im sichtbaren, sondern auch
im infraroten Bereich des Spektrums.
Diesen Prozess kann man sich auch mittels Flammenfärbung in der chemischen
Analytik, bei der Erkennung gewisser
Bestandteile einiger Stoffe, zunutze machen.
Schlussendlich sehen wir, dass wir
bei der Erklärung von Feuer noch einen
weiteren allgemein bekannten Begriff
eingeführt haben: die Wärme. Umgangssprachlich wird „Wärme“ oft benutzt,
um einen Zustand „erhöhter Temperatur“ zu beschreiben. Manchmal sogar
korrekterweise um den Energiefluss zu
charakterisieren, der zu einer Temperaturerhöhung oder -senkung führt. Interessanterweise wurde diese Unterschei-
13
Wärme
dung bereits durch die Nominalisten
eingeführt, die im 14. Jahrhundert eine
rein verstandesmässige Begriffsbildung
entwickelten. Hiermit waren sie den eigentlichen neuzeitlichen Naturwissenschaften bereits voraus. Der Begriff der
Temperatur setzte sich fest, als im 17.
Und 18. Jahrhundert die ersten zuverlässigen Thermometer entwickelt wurden.
Die Wärmemenge wurde hingegen erst
ab 1750, mittels der ersten Kalorimeter
besser untersucht. Noch bis 1850 wurde
heiss debattiert, was Wärme eigentlich
genau sei.
Anhänger von Antoine de Lavoisier
versuchten, Wärme als einen hypothetischen „Wärmestoff “, das caloricque (Caloricum) einzuführen. Dieser Stoff sollte
unvergänglich, unerschaffbar, sowie unwägbar sein und hatte die Möglichkeit,
jedes Stück Materie zu durchdringen.
Je höher seine Konzentration war, desto höher war auch die entsprechende
Temperatur. Zwar setzte sich diese Interpretation im Verlauf der Zeit nicht
durch, dennoch stammen die Begriffe
„Wärmemenge“, „Wärmeenergie“ und
„spezifische Wärme“, die wir auch noch
heute im wissenschaftlichen Sprachgebrauch benutzen, gerade aus dieser
Wärmestofftheorie. Die zweite mögliche
Lehre wurde bereits im 13. Jahrhundert
durch Francis Bacon entwickelt und im
17. Jahrhundert durch Johannes Kepler,
Francis Bacon, Robert Boyle und Daniel Bernoulli fortgeführt. Es handelt sich
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um die mechanische Theorie der Wärme. Wärme entsteht durch die Bewegung (Kinematik) von ganz kleinen, für
das Auge unsichtbaren Materieteilchen.
Benjamin Thompson machte 1798 seine
berühmte Beobachtung, als er bemerkte, dass beim Bohren von Kanonenrohren Wärme durch mechanische Arbeit
entsteht. Er versuchte sogar, dieses mechanische Wärmeäquivalent abzuschätzen. Die präzise Messung gelang jedoch
erst James Prescott Joule im Jahr 1850.
Die umgekehrte Beobachtung, dass
man mittels Wärme auch mechanische
Energie gewinnen konnte, entsprach der
Entdeckung der Wärmekraftmaschinen.
Die Erkenntnis, dass Wärme eine Energieform ist führte zum Energieerhaltungssatz von Hermann von Helmholtz
1847. Parallel dazu entwickelte Rudolf
Clausius im Jahr 1865 den Begriff der
Entropie. Erstaunlicherweise verband
Hugh Longbourne Callendar im 1911,
dass die Entropie bei vielen Aspekten
dem Caloricum entsprach. Jedoch gilt
für die Entropie nicht der Erhaltungssatz, der für das Caloricum galt, sie kann
zwar nicht zerstört, dennoch aus dem
nichts generiert werden und in der Tat
nimmt sie im abgeschlossenen System
immer zu. Die schlussendliche makroskopische Definition der Wärme, wie
wir sie heute beigebracht bekommen,
gipfelt nach Constantin Carathéodory
(1909) und Max Born (1921) in der
Formulierung des 1. Hauptsatzes der
Thermodynamik. Ändert man im makroskopischen System durch einen Prozess die Arbeit, dann ändert sich ebenfalls die innere Energie und die Differenz
der beiden Energieformen ist gerade die
übertragene Wärme.
Literatur- und
Quellenverzeichnis
-„Prometheus“ Wikipedia, 26.04.15
-„Vier-Elementen Lehre“, „Fünf-Elementen
Lehre“ Wikipedia, 26.04.15
-„Der alchemistische Prozess der Transformation“ (Nigel Hamilton, 1985)
-„Feuer“, „Wärme“ Wikipedia, 26.04.15
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Wärme
Lorenza Della Bruna
The lost library of Alexandria
Surely the most known fire in history, that of the library in Alexandria, belongs also to the more mysterious ones. It is still today not clear
whether the buildings burned all at once or if they were destroyed
over the course of several hundred years. Even the status of the library
as the mythical „Universal Library“, containing the greater part of the
Greek writings of its times and many others from all over the world is
still debated.
The library
The library of Alexandria was part of
the city museum, the most important
research institute of classical antiquity1
. The museum was founded during the
third century BC by the Egyptian dynasty of the Ptolemies. It was organised
in faculties and included reading rooms,
lecture and dining halls, living quarters,
gardens and a zoo. The main library was
hosted in the palace precincts, while a second, smaller building was located outside, near the temple of Serapis. As usual
for that time, the library was not only a
place of conservation but also a cultural
centre: around 100 scholars were hosted
in the complex and carried out scientific
research, publication, translation and
copy of manuscripts.
The library is believed to have been an
international institute, conserving not
only Greek writings (which made up the
1 The complex contained a shrine for each of the
nine muses; it is indeed from the noun “temple of the
Muses” or “Musaeum” originates the word “museum”.
16
greatest part of the collection) but also
works from all over the Mediterranean
area as well as from the Middle East and
India. It is told that Ptolemy III forced all
the ships stopping at the city to surrender all the manuscripts, whose copy was
returned instead of the original to the
shipmasters. However, the existence of
such an impressive library is still object
of debate. Some sources which report
about the city of Alexandria seem to give
little importance to the library; moreover, no architectural remains or archaeological finds have ever been found.
What happened?
Even though it is often referred to as
the burning of the Library at Alexandria,
today the buildings are thought to have
been destroyed over many years. As for
the possible causes, sources are inconsistent on the matter.
Among others, Greek historian
Plutarch in his work „Life of Caesar2„
and Roman Livy in „History of Rome3„
blame Julius Caesar for the disaster. During the occupation of the city in 48 BC,
the emperor - while occupying the Royal
Palace - found himself hemmed in by the
Egyptian fleet in the harbour.
„When the enemy endeavoured to cut
off his communication by sea, [Caesar]
was forced to divert that danger by setting fire to his own ships, which, after
burning the docks, thence spread on and
destroyed the great library“.
Plutarch, Life of Caesar
But one writing plays in Caesar‘s defense: in one of his works the great scholar and stoic philosopher Strabo reports
the library as still operating in 20 BC.
The fact that the author barely describes
the place - however - let us think that a
„Universal Library“ - if ever - no longer
existed at that time.
A second suspect personality
is Emperor Theodosius I, which - in his
personal crusade against paganism - ordered in 391 AD to destroy the Temple
of Serapis. Although this fact could explain the destruction of the manuscripts
located in the smaller library, no evidence prove that a library still existed at
the time and no contemporary source
2 Dated end of the 1st or beginning of the 2nd century
AD.
3 Written 63 BC-14 AD
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Wärme
mentions the burning down of such a
building.
Other sources accuse the caliph
Omar. Alexandria was conquered by the
Arabs in 640 AD, and it is told that the
caliph - hearing about the impressive
collection of the library - stated that the
works „will either contradict the Koran,
in which case they are heresy, or they will
agree with it, so they are superfluous“.
Six hundred years later, christian polymath Gregory Bar Hebraeus4 describes
how the Arabs would have burned the
manuscripts as fuel for bathhouses of the
city. The scrolls would have been enough
to keep 4000 houses warm during six
months. In any case, no evidence of an
important library in Alexandria at that
time exists.
4 1226-1286 ADS
18
Sources
Text
ten.wikipedia.org/wiki/Destruction_of_the_
Library_of_Alexandria
tw w w.britannica.com/EBchecked/topic/14417/Library-of-Alexandria
twww.ancient.eu/article/207/
Images
[1] www.crystalinks.com
[2] news.nationalgeographic.com
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Wärme
Lorenza Della Bruna
The Global Warming Conspiracy
Theory
„Human influence has been detected
in warming of the atmosphere and the
ocean, in changes in the global water
cycle, in reductions in snow and ice, in
global mean sea level rise, and in changes
in some climate extremes. This evidence
for human influence has grown since
AR4. It is extremely likely (95–100%)
that human influence has been the dominant cause of the observed warming
since the mid-20th century.“
IPCC AR5 WG1, Summary for Policymakers
20
The conspiracy
The previous statement of the Intergovernmental Panel on Climate
Change (IPCC) was formally accepted
from all national and international scientific bodies in the world. The last decade
has, however, seen the birth of a current,
which states that climate scientist and institutions are manipulating us as part of
a global scientific conspiracy called the
Global Warming Conspiracy Theory.
Among the supporters of the theory
are also many scientists: geologist, botanists, physicists, chemists and even
earth and atmospheric scientist; many
of them also professors or emeriti. The
supporters are divided into those who
only question the accuracy of the IPCC
climate projections, those who affirm
that the main cause of global warming is
natural and a last category which argues
that the process will have very little negative consequences.
In 2007 the British television producer Martin Durkin produced a TV documentary called „The Great Global Warming Swindle“, which presents the point
of view of scientists, economists, politicians, writers supporting the theory of
conspiracy. The author himself, relating
to the documentary, states: „in five years
the idea that the greenhouse effect is the
main reason behind global warming will
be seen as total bunk.“ The documentary was obviously immediately highly
criticized in the scientific world but not
only. The film‘s critics argued that it had
misused and fabricated data, relied on
out-of-date research, employed misleading arguments, and misrepresented the
position of the Intergovernmental Panel
on Climate Change.
Studies against a conspiracy
The allegations of the conspiracy have
been object of study of eight different
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committees, no one of those finding any
evidence in that sense.
Also the National Geographic review
investigated about 6 persistent scientific
conspiracy theories. Regarding the persistent belief in a global warming hoax
they note that the Earth is continuing to
warm and the rate of warming is increasing as documented in numerous scientific studies. The rise in global temperature and its rate of increase coincides
with the rise of greenhouse gases in the
atmosphere due to human activity. Moreover, global warming is causing Arctic
sea ice to thaw at historic rates, many
plant species are blooming earlier than
expected, and the migration routes of
many birds, fish, mammals, and insects
are changing.
21
Wärme
Pure belief?
Writing about this conspiracy, the British daily newspaper „The Guardian“ states about the possible reasons: „ Certain
groups have an ideological opposition
to the government policies that would
solve the global warming problem. If
the problem doesn’t exist because scientists are fudging the data, then voilà,
those distasteful policies aren’t necessary. Global warming denial can usually
be traced back to this sort of ideological bias. That’s why attempts at scientific arguments like Booker’s are so poor,
contradictory, and transparently wrong.
These myths are just a means to an end;
that end being the opposition to climate policies. Any argument that seems to
justify that to the climate opposition will
suffice, no matter how flimsy“.
Anyway, there is evidence that some
of those alleging such conspiracies are
part of well-funded misinformation
campaigns. For example, Greenpeace
presents evidence of such funding from
energy industry. Koch industries invested more than 50 million USD in the
past 50 years.
These doubts have influenced policymakers all over the world.
Sources
Text
ten.wikipedia.org/wiki/Global_warming_conspiracy_theory
ten.wikipedia.org/wiki/The_Great_Global_Warming_Swindle
twww.theguardian.com/environment/climate-consensus-97-per-cent/2015/feb/11/fiddling-with-globalwarming-conspiracies-while-rome-burns
Images
[1] „Climate science opinion2“. Licensed under CC BY
3.0 via Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Climate_science_opinion2.png#/media/File:Climate_science_opinion2.png
[2]„Climate Change Attribution“ by Robert A. Rohde - This figure was created by Robert A. Rohde from
published data. Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/
wiki/File:Climate_Change_Attribution.png#/media/
File:Climate_Change_Attribution.png
[3]“Cover of the movie The Great Global Warming
Swindle“ by Source. Licensed under Fair use via Wikipedia - http://en.wikipedia.org/wiki/File:Cover_of_the_
movie_The_Great_Global_Warming_Swindle.jpg#/
media/File:Cover_of_the_movie_The_Great_Global_
Warming_Swindle.jpg
22
Alexander A. Malär
Ein Aufruf zur verlorenen und
gewonnenen Leidenschaft
Es birgt doch schon eine recht grosse Ironie, wenn man vor einem leeren
Word Dokument sitzt und seit einiger
Zeit die schwarze Überschrift seines Artikels zur „Leidenschaft“ anstarrt immer
noch in der Hoffnung auf einen baldigen
Besuch der Muse... Man glaubt daran,
man weiss, dass man sie in sich trägt,
jedoch verspürt man kein Fünkchen davon, um auch nur eine Silbe darüber zu
schreiben. Die Furcht, den Artikel banal
zu gestalten ist zu gross; was könnte man
sagen, was nicht jeder schon am Besten
für sich selbst wissen sollte? Klarerweise
ist die Leidenschaft die treibende Kraft
unseres Handelns, das Feuer, das in uns
Vamp Frühling 2015
brennt, die Wärme, die uns durchströmt,
was wären wir ohne sie? Wie könnte
man auch im geringsten zufrieden mit
seiner Arbeit sein, wenn man sie nicht
so leidenschaftlich lieben würde? Wieso sollte man überhaupt irgendwas mit
seinem Leben anfangen, wenn man kein
bisschen Begeisterung für irgendetwas
empfinden könnte? Steine wären wir,
kalte Steine, die traurig im Schutt und
Sand des Wegrandes liegen würden.
Wobei, wenn man es sich recht überlegt,
hätten einige Steine dann bestimmt sogar mehr Feuer und Glühen in sich, als
wir seelenlosen Zombies ohne Leidenschaft. Was für eine traurige Vorstellung,
da bekommt man ja schon eine richtige
Gänsehaut. Naja, es nützt nichts, sich
jetzt mit diesen Gedanken zu beschäftigen, die ich sowieso nicht hinschreiben
werde. Es ist bereits 22.19h und morgen
ist Abgabetermin. Die kreativen Ideen
werden bestimmt nicht mehr so schnell
aufflammen, aber zu spät sein, das wäre
noch schlimmer. In einer solchen Situation kann man natürlich nur eine vernünftige Lösung finden: man konsultiert das Internet!
23
Wärme
besbeziehung).“
(Wikipedia –Leidenschaft)
Ich tippe also „Leidenschaft“ als Suchbegriff in Google ein und warte auf „ungefähr 24‘500‘000 Ergebnisse in 0.34
Sekunden“. Beim ersten Link handelt es
sich um den guten alten Wikipedia Eintrag. Wikipedia enttäuscht einen nie und
ich schaue mir direkt die Definition an
(die absolut leidenschaftlichste Sache,
die man tun könnte):
„Leidenschaft (gesteigert, aber als Begriff abkommend: Inbrunst) ist eine das
Gemüt völlig ergreifende Emotion. Sie
umfasst Formen der Liebe und des Hasses, wird aber auch für religiösen, moralischen oder politischen Enthusiasmus
benutzt und beschreibt die intensive
Verfolgung von Zielen von beispielsweise Kunstliebhabern, Sammlern oder von
Tierfreunden. Im ursprünglichen Sinn
schwingt der Beilaut von etwas Zerstörerischem oder Leiden Schaffendem
mit. Im heutigen Alltagssprachgebrauch
hat der Begriff diese Konnotation eher
selten; ‚Leidenschaft‘ wird oft wertfrei
oder positiv konnotiert (siehe auch Lie-
24
Sehr gut, die
Definition beinhaltet bereits alles Nötige, damit
kann man sehr
gut arbeiten. In
der Tat ist man
recht
verloren,
wenn einen die
Leidenschaft überkommt. In den „Methamorphosen“ (7. 19-21) sagte bereits
Ovid: „Passion persuades me one way,
reason another. I see the better and approve it, but I follow the worse.“ Wir
ahnen oft, dass die Vernunft die plausibleren Argumente hat, entscheiden uns
jedoch meist für den instinktiveren Weg.
Blindes Vertrauen in die Gebote der
Leidenschaft führt manchmal jedoch in
brenzlige Situationen und tut nicht immer gut. Zum Beispiel erinnere ich mich
immer gerne an den Reim des Österreichischen Dramatikers Franz Grillparzer
(Epigramme 1830): „Eifersucht ist eine
Leidenschaft, // Die mit Eifer sucht,
was Leiden schafft.“ Die Leidenschaft
verhält sich komplett analog zum Feuer.
Solange es brennt und lodert, spendet es
Wärme und Geborgenheit, ein Buschbrand hinterlässt jedoch nichts anderes
als Verwüstung und Zerstörung und
einen Haufen Asche, womit man auch
nicht viel anfangen kann. In der Tat war
im antiken Griechenland ein wichtiger
Grundpfeiler der Philosophie der Stoa
gerade die Beherrschung der Affekte
(Leidenschaften). Diese führen zur „stoischen Ruhe“, der Selbstgenügsamkeit
und der Unerschütterlichkeit. Ähnliche
Prinzipien findet man auch in den Lehren des Konfuzius. Es ist aber wichtig zu
bemerken, dass diese Form der „Apathie“ weder für Teilnahmslosigkeit noch
des Wortes zu finden. Die meisten Seiten behandeln es zusammenhangslos,
in der Form eines Film- oder Buchtitel
oder meist in Verbindung mit irgendwelchen Produkten. In der Tat habe
ich her herausgefunden, dass es sich
bei „Leidenschaft“ um einen idealen
Satzfüller bei Werbeslogans oder Wahlsprüche handelt. Einen Kommentar
über Rechtschreibung oder Synonyme,
für Passivität. Mark Aurel bringt diesen
stoischen Ethos auf den Punkt, als er
sich in „Selbstbetrachtungen“ (IX, 12)
selbst ermahnte: „Arbeite! Aber nicht
wie ein Unglücklicher oder wie einer,
der bewundert oder bemitleidet werden
will. Arbeite oder ruhe, wie es das Beste
für die Gemeinschaft ist.“
welche mir der Duden geliefert hätte,
möchte vermutlich an dieser Stelle auch
niemand hören. 23.21 h, es ist eigentlich
ganz schön spät. Ich entscheide mich
also, nochmals kurz auf „Google Bilder“ zu wechseln und es dann dabei zu
belassen. Im Allgemeinen ist es immer
ziemlich interessant, durch die Bilder zu
sehen, was die allgemeine Vorstellung
eines Wortes ist. Was ist nun Leidenschaft für das Internet? Eine gewaltige
Ansammlung an Kitsch. Wobei ich für
letzteres gerne die amüsanten Worte
von Sybille Berg benutze, auf die ich in
Weiter im Text. Durch Runterscrollen in den verschiedenen Links merke
ich bald, dass es selbst im allwissenden
Internet nicht einfach ist, Inspiration
zum Thema durch alleiniges Eingeben
Vamp Frühling 2015
25
Wärme
einer Kolumne des Spiegels gestossen
bin: „Das, was ich als Kitsch bezeichne,
ist die alberne Verklärung ausgewachsener Menschen, mit der sie Biologismen betrachten und sich gleichzeitig
nach ihrer Jugend zurücksehnen. Immer
und immer wieder in dieselbe Falle tappend, Anziehung, Hormone, Rausch,
Paarungsbereitschaft, Serotonin.“ In
der Tat findet man Bilder von Herzen,
in sich umschlungenen Menschen, Blumen, Sonnenuntergängen. Einige von
diesen zieren, in einer meist äusserst
geschwungenen Schrift geschriebene,
Sprüche und Zitate, welche an und für
sich auch schön klingen, welche man
in dieser Präsentierform jedoch eher
auf der Pinnwand des Facebook-Profils
einiger Teenager erwarten würde. Das
nimmt ihnen klarerweise ein wenig ihres
natürlichen Glanzes. Eines der Bilder ist
jedoch recht interessant. Es zeigt einen
Mann auf der Spitze eines Berges mit der
Überschrift „Tu etwas Bedeutsames“. Ist
Leidenschaft wirklich das? Ja und nein
würde ich an dieser Stelle sagen. Wenn
man etwas Bedeutsames macht, dann ist
man offensichtlich mit Leidenschaft erfüllt, wenn nicht, dann wäre es für einen
auch nicht bedeutsam. Ich würde aber
widersprechen, wenn man mit „etwas
Bedeutsames“ etwas grosses meint. Tatsächlich äussert sich die Leidenschaft oft
in den alltäglichen Sachen. Im Gegensatz zur kitschigen Weltvorstellung muss
Leidenschaft weder auf einer grossen
26
Bühne präsentiert werden, noch braucht
sie eine pompöse Inszenierung. Sie ist
für jeden Menschen einzigartig und
braucht dementsprechend nicht die Einzigartigkeit eines künstlichen Moments.
Sie befindet sich in einer Aufgabe, einem
Hobby, einer Berührung, einer Sekunde,
einem Wimpernschlag...
Ja das hört sich schonmal viel besser
an! Das ist die Leidenschaft die ich gesucht habe... man will aber auch nicht
gleich übertreiben, weshalb ich es für
heute dabei belasse. 00.09h und genau
in der Zeit.
Aus den Gedankengängen eines leidenschaftlichen Autors mit Schreibblockade.
outfit?
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ETH MAIN BUILDING
The Career catwalk at 22:30h
is kindly supported by
Vamp Frühling 2015
27
Sonstiges
Ines Butz und Lukas Feldhaus
Interview mit Professor Klaus Kirch
Was empfinden Sie an der ETH
als besonders?
Kirch: Die Umgebung für Forschung
ist blendend. Das ist grossartig im Vergleich zu anderen Sachen, die ich gesehen habe. Die Infrastruktur für Grossforschungsanlagen ist vorzüglich. Und
die Studenten von der ETH, die dann
weitermachen und in die Forschung gehen, die sind einfach toll! Das ist spitze.
Gibt es Momente in Ihrer Karriere, die sich Ihnen speziell eingeprägt haben? Wie sind Sie denn
zum Beispiel zur Teilchenphysik
gekommen?
Kirch: Ich bin schon früh im Studium
in Köln zur Kernphysik gekommen. Wir
haben Kernstrukturphysik gemacht und
das war sehr interessant. Aber es war ein
wenig wie Briefmarkensammeln. Man
weiss sehr viel, aber ein paar Lücken hat
man noch. Und die möchte man halt füllen. Für mich war das etwas unbefriedigend. Ich hatte die Vorstellung, dass wir
grundlegende Dinge herausfinden würden.
Nach dem Diplom wollte ich dann
nach Fundamentalerem suchen. Zum
Beispiel in der Teilchenphysik. Auf meiner Suche fand ich eine Doktorstelle am
PSI im Zusammenhang mit exotischen
Atomen. Ich war von der Physik und
dem Betreuer begeistert und habe mich
dann dafür entschieden. Die Forschung
28
von damals führe ich heute teilweise immer noch weiter.
Gab es noch weitere einprägsame
Momente?
Kirch: Es war immer ein grosser Moment, wenn ein Experiment funktionierte, das wir uns ausgedacht hatten.
Für Sie könnten vielleicht auch noch
die Anfänge meines Studiums interessant sein. Ich war mir lange nicht sicher,
ob Physik wirklich das richtige für mich
wäre. Vorher hatte ich mir auch E-Technik, Maschinenbau, etc. angesehen und
mich schlussendlich für das Fach mit
den sichersten Jobaussichten entschie-
den. Physik interessierte mich damals
brennend, war aber nicht das einzige.
Als ich dann mein Diplom hatte, war mir
klar, dass ich promovieren wollte. Aber
nicht, ob ich Wissenschaftler werden
würde. Dass es dann wirklich geklappt
hat, war tatsächlich ein bisschen zufällig.
Ich glaube, das kann man nicht planen.
Insofern waren die Zeiten des Wechsels von einer Stelle zur nächsten für
mich immer sehr einprägsam.
Haben Sie denn als Forscher und
Didaktiker bestimmte Ziele?
Kirch: Das verändert sich immer wieder. Ich fände es vermessen, die grossen
Ziele zu nennen. Aber die Idee ist es auf
jeden Fall, mehr von der Welt zu verstehen. Am PSI suchen wir zum Beispiel
mit einer internationalen Kollaboration
das elektrische Dipolmoment des Neutrons. Das hat man schon lange gesucht.
Und es gibt alle möglichen Gründe, wieso es da sein sollte. Ich bin da schon seit
über zehn Jahren dran. Die meisten Ziele
sind also ziemlich langfristig.
Im Prinzip testen wir die Zeitumkehrinvarianz. Die meisten Dinge, die Sie
mikroskopisch ansehen, laufen vorwärts
in Zeit genauso ab wie rückwärts. Und
fast alle Naturgesetze sehen rückwärts
abgespult genauso aus wie vorwärts laufend. Nur makroskopisch gesehen ist es
halt extrem unwahrscheinlich, dass zum
Beispiel der komplette verschüttete Kaffee zurück in die Tasse hüpft. Das ist
aber keine elementare Physik. Und das
elektrische Dipolmoment des Neutrons
Vamp Frühling 2015
ist eines der Beispiele für etwas, das vorwärts angesehen anders abläuft als rückwärts.
Zum didaktischen Teil: Ich habe,
bevor ich Vorlesungen hielt schon als
Übungsassistent während der Promotion viel Freude gehabt. Es war ungemein
bereichernd. Und natürlich ist es wahnsinnig befriedigend, die Rückmeldung
zu kriegen, dass die Leute es gut fanden. Einmalhaben mir die Leute doch
tatsächlich eine Karte geschickt, als ich
einen Unfall hatte und länger ausgefallen bin: „Wir haben nur so StandardAssistenten, komm doch wieder“. Das
war schön und sehr motivierend. Später
habe ich öfters Sommerstudenten, Praktikanten, Masterstudenten, Doktoranden betreut, nicht als Doktorvater, aber
als täglicher Ansprechpartner. Es ist toll,
wenn man es schafft, die eigene Begeisterung weiterzugeben.
Ich glaube mein letztliches Ziel ist,
dass Sie was davon haben, wenn Sie
meine Vorlesung besuchen. Und das
kann glaube ich ganz unterschiedlich
sein: Ich habe nicht das Ziel, das etwas
Bestimmtes bei Ihnen rauskommen
muss, sondern, dass Sie danach begeistert sind und Spaß haben, weiterzumachen. Die Lernziele sind klar, aber wenn
ich von mir auf andere schließe, ist der
Witz eigentlich nur die Begeisterung,
um weiterzulesen, weiter zu fragen und
weiter rauszufinden. Es gibt die Leute,
für die es völlig ausreichend ist, dass sie
nachher das „Bestanden“ kriegen und
29
Sonstiges
dann machen die etwas ganz anderes.
Aber ich fände es schön, die Leute, die
Physik weitermachen wollen, so zu motivieren, dass sie sagen: „Hey, das macht
mir Spaß. Es ist zwar eine Quälerei, aber
die mache ich gern, weil das das ist, was
mich im Moment interessiert“.
Was gefällt Ihnen denn besonders
am forschen und unterrichten?
Kirch: Es ist viel Neugierde dabei, und
die Freude, mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten. Ich bin nie jemand
gewesen, der einfach nur seine Tür zumacht und dann passiert irgendwas
hier drin. Nach dem Motto: Es gibt ein
Wunder, ich schreibe eine Publikation
und alle sind glücklich. Ich habe auch
meine Arbeitsgruppen immer danach
ausgesucht, ob ich mich dort wohlgefühlt habe. Als ich nach Los Alamos
kam, dachte ich zum einen: „Wow, die
Umgebung ist irre“. Und dann haben
die Leute vom Forschungsteam abends
eine lockere Party mit total netten Leuten geschmissen. Da dachte ich: „Okay,
das kann ich mir vorstellen, da bin ich
ein paar Jahre“. Viel geht über gemeinsame Begeisterung. Man braucht ein gutes
Team.
Gibt es etwas, das Sie an der ETH
oder vielleicht auch an den Studierenden vermissen?
Kirch: Grundsätzlich halte ich es für
ein Problem, dass wir sehr verschult
sind. Das ist eine Stärke, aber eben auch
30
eine Schwäche. Am Anfang sind Sie so
in ein Korsett gepresst, dass Sie gar keine
Zeit haben, mal irgendetwas anderes zu
machen. Das wird besser nach der Basisprüfung. In dem Sinne, dass Sie dann ja
auch das Schlimmste hinter sich haben.
Aber das ist meiner Meinung nach ein
Problem an der ETH. Bei der Physik I
und II zum Beispiel bekommen Sie alles
schön mundgerecht serviert. Sie lernen
erst langsam, dass Sie das Erlernte selbst
strukturieren könnten oder sollten. Ich
glaube, dass das ein guter Start ist, und
ich glaube, dass sie sich irgendwann davon lösen müssen. Dass Sie auch in der
Mathematik und Physik Ihre eigenen
Interessen verfolgen sollten. Der Druck
ist dagegen, Sie möglichst schnell hier
durchzupeitschen. Sie sollen ihren Bachelor, ihren Master machen, zack, zack,
zack. Dann sind sie fertig und können
für etwas anderes benutzt werden.
Gibt es etwas, das Sie einem jungen, begeisterten Physikstudierenden raten würden, der zu Ihnen
kommt und der ebenfalls einmal als
Wissenschaftler arbeiten möchte?
Kirch: Begeisterung halte ich für essentiell. Und Optionen. Entscheiden
Sie sich nicht zu früh für nur eine Richtung. Ich finde es total wertvoll, bis zum
Master wirklich alles zu sehen, was man
kann. Ich habe selten erlebt, dass Leute,
die sich bis zum Master schon spezialisiert hatten nach einem halben Jahr
Promotion besser waren, als jemand,
der breiter aufgestellt war. Sie holen das
alles schnell wieder auf. Sie werden sich
für die Doktorarbeit irgendwann, wenn
Sie die machen, spezialisieren, aber vermeiden Sie es vorher. Erst wenn Sie die
verschiedenen Sachen gesehen haben,
wissen Sie, was Ihnen wirklich Spaß
macht. Seien Sie bereit, sich nach sechs
Semestern noch umzuentscheiden. Machen Sie auch viele Sachen, die nicht unbedingt vorgeschrieben sind.
Die vielen Angebote für Sommerstudenten sind ausserdem eine super Sache.
Im Moment werden Sie ja im Somme
zugehauen mit Prüfungen. Aber sobald
sich Zeiten dafür ergeben, nutzen Sie
sie. Leute werden Ihnen das für umsonst
geben. Wir am PSI zahlen Sommerstudenten sogar so viel, dass sie davon leben können. Manche kommen für sechs
Wochen, andere für drei Monate und
alle machen vielfältige Erfahrungen in
einer Forschungsgruppe. Einige schaffen
es tatsächlich, das ein paar Sommer hintereinander zu machen. Die haben dann
unglaublich viele Ideen, was sie nach
dem Studium machen könnten.
Zudem macht der VMP Besuchsprogramme. Gehen Sie da hin, gucken
Sie sich Firmen an, gucken Sie sich Institute an! Und wenn es das nicht gibt,
organisieren Sie es selber! Wenn Sie
zum Beispiel zum PSI wollen, kommen
Sie zu mir, ich organisiere das mit Ihnen
zusammen. Oder wenn Sie zum CERN
wollen, fragen Sie einen von meinen
Kollegen! Für die Studierenden, ist es
Vamp Frühling 2015
ein Tag Aufwand und meistens kommen
die Leute begeistert zurück und haben
extrem viel Neues erfahren.
Kommen wir zur letzten Frage:
Wie würden Sie einen komplett
freien Tag verbringen?
Kirch: Wenn ich wirklich voll frei
habe? Also gar keine Verpflichtungen?
Naja, da gibt es natürlich noch familiäre
Verpflichtungen: Ich habe vier Kinder
und eine Frau, die ebenfalls voll arbeitet. Wenn wir also irgendwie frei haben,
dann versuchen wir natürlich, mit unseren Kindern möglichst viel zu machen.
Wenn ich jetzt wüsste, ich hätte morgen
frei und würde Karten kriegen, dann
würde ich vielleicht mit meiner Frau in
die Oper und schön Essen gehen. Oder
wenn das Wetter schön wäre, dann würde ich gucken, wer Spass hat und eine
Bergtour machen.
Vielen, vielen Dank für das tolle Gespräch!! =)
31
Sonstiges
&5)"MVNOJ.BUIr1IZT
5 Fragen an Martina Hitzbleck, Dr. sc. ETH Zürich Physik
2013
Martina Hitzbleck ( Jahrgang 1984)
wuchs in Heiligenhaus in Deutschland
auf. Im Jahr 2004 nahm sie ihr Physikstudium an der RWTH Aachen auf,
welches sie 2009 abschloss. Nach ihrem
Studium entschied sie sich für ein Doktorat an der ETH und begann 2010 am
Departement für Informationstechnologie und Elektrotechnik (ITET). Martina
promovierte im Jahr 2013 und arbeitet
seit 2014 bei der Firma Sensirion, dem
weltweit führenden Hersteller von hochwertigen Sensor- und Softwarelösungen
zur Messung und Steuerung von Feuchte, Temperatur, Gas- und Flüssigkeitsdurchflüssen. Hier arbeitet Martina als
Entwicklungsingenieurin im Bereich
32
R&D Sensor Innovation
und entwickelt das Sensorelement auf dem Chip
an sich. In einem aktuellen
Projekt geht sie beispielsweise der Frage nach, wie
sich Sensoren einer so kleinen Grösse in der Masse
produzieren lassen. Bei Sensirion gefällt ihr die Vielseitigkeit ihrer Arbeit. Auch
wenn das Projektziel jeweils
gegeben ist, ist der Weg
dahin offen. Dadurch kann Martina eigene Ideen, Überlegungen und Lösungansätze
einbringen
und
viel
Verantwotung
übernehmen.
Wieso haben Sie Physik studiert?
Ich verspürte immer eine grosse Neugier elementar zu verstehen, wie die
Welt und die verschiedensten Dinge
funktionieren. Wie meine Neugier, waren auch meine Interessen breit gestreut.
Aus diesem Grund habe ich ein Studium
gewählt, mit dem man nach dem Abschluss in vielen verschiedenen Bereichen arbeiten kann. Das Physikstudium
ermöglichte mir beides: meine Neugierde zu stillen und mir meine Möglichkeiten in Sachen Berufswahl offen zu
halten. Deshalb war Physik für mich die
richtige Wahl.
Welche Erinnerungen an Ihr Studium an
der ETH sind für Sie am wichtigsten?
Die Umstellung auf eine Hochschule
zu gehen, war zu Beginn ziemlich gross.
Nun war für gute Leistungen plötzlich
viel mehr Arbeitsaufwand gefordert.
Ich merkte aber schnell, dass es meinen Kommilitoninnen und Kommilitonen nicht anders ging. Gemeinsam
„kämpften“ wir uns durch und haben
uns beim Lernen und abseits der Uni
gegenseitig unterstützt und motiviert.
Es war auf jeden Fall eine schöne Zeit.
Was haben Sie mit Ihrem Physikstudium
an der ETH fürs Leben gelernt?
Durch das Studium habe mir durch
das Studium die Fähigkeit angeeignet,
mich in verschiedene Dinge einzuarbeiten, komplexe Problemstellungen
zu verstehen und zu lösen. Die Physik
bietet mir heute ein gewisses Grundgerüst, das mir hilft zu verstehen, wie etwas
funktioniert und zusammenhängt. Diese
Basis erleichtert es mir, das grosse Ganze
zu verstehen oder mich in neue Themengebiete und Bereiche einzuarbeiten.
Warum sind Sie Mitglied bei ETH Alumni
.BUIt1IZT
Ich finde es eine tolle Möglichkeit,
um mit meinen ehemaligen Mitstu-
Vamp Frühling 2015
dierenden Kontakt zu halten und über
verschiedenen Anlässe mit ihnen in
Verbindung zu bleiben. Da das Physikstudium wie erwähnt viele berufliche
Möglichkeiten bietet, finde ich es immer
spannend zu sehen, in welchen Branchen und Bereichen wir heute alle arbeiten und wie vielfältig unsere beruflichen
Wege verlaufen sind und weiterhin verlaufen werden.
Welchen Tipp können Sie Studierenden
für Ihre Karriere geben?
Ich kann den Studierenden auf jeden
Fall raten, offen zu sein und sich auf neue
Dinge einzulassen. Im Studium lernt
man natürlich die wichtigen Grundlagen, doch es bereitet einen kaum zu
100% auf den späteren Beruf vor. Vielmehr lernt man auch nach Abschluss
des Studiums stetig weiter. Deshalb
darf man sich zu Beginn von Stellenbeschreibungen, deren Anforderungen
und Aufgaben nicht abschrecken lassen. Ich begegne nach wie vor jeden Tag
Neuem, vor allem da ich mit Leuten aus
verschiedensten Abteilungen und mit
verschiedenen Hintergründen zusammenarbeite. Gleichzeitig bringe ich auch
selbst viel ein und wir können in unserem Team einiges voneinander lernen.
33
Sonstiges
Alessandro Lägeler
Kritik zu Johann Goethes
„Die Wahlverwandtschaften“
Ein französischer Schriftsteller soll
einst ein Buch ohne den Buchstaben e
verfasst haben. Es lässt sich streiten, ob
dieses Buch einen künstlerischen Wert
hat, und merkwürdiger noch: es lässt
sich streiten, ohne das Buch gelesen zu
haben. Einige Bücher beschränken sich
darauf, ein angenehmes Spektakel zu
sein - gleich dem Seiltänzer im Zirkus -,
andere verdienen die schlimmste aller
Etiketten: beeindruckend.
In der Flut von Geschichten, in der
wir uns wiederfinden, von den tausend
Witzen, die wir behalten haben, welche
bedeuten uns noch etwas?
Ich will ein einfaches Buch vorstellen,
dessen Autor den grössten aller Namen
trägt: Die Wahlverwandtschaften von
Johann Goethe. Was auch immer übermüdete Deutschlehrer gesagt und darin
gesehen haben, das Buch ist mehr nicht
denn eine tragische Liebesgeschichte;
keine symbolhafte Metaphysik, keine
Satire - wie oft wurde die Ironie vom
Unzufriedenen nachgedichtet! -, sondern wie der Titel bezeugt: schlicht und
ergreifend wie die Traurigkeit der Wissenschaft.
34
Es handelt vom Ehepaar Eduard und
Charlotte, das sich spät fand und wieder
verlieren soll, als der Hauptmann - ein
Freund des Mannes - und Charlottes
Nichte Ottilie auf einige Zeit zu ihnen
ziehen.
Obschon das Buch zweifelsohne Weltliteratur zu nennen ist, kann man dem
nur zustimmen mit dem Einwand, dass
das Buch sich nicht wie Weltliteratur verhält. Ihm wohnt kein Streben nach der
Dichterkrone inne. Es ist die Abendstille
im Sommer: das Ewig-Gleiche und die
Schöpfung aus dem Nachhall des Gelebten und Verlebten; des Wahns Ophelias,
der Freundschaft Schiller und Goethes,
Werthers Freitod, der Geologiestudien,
der Art wie der Grossvater zum Kind
sprach. Alles ist schon dagewesen.
Die Gesichtszüge der Figuren sind
scharf gezeichnet; sie stammen vom
Leben ab. Manch ein poetisches Werk
hinterlässt einen Zweifel, weil die Frauen darin bloss als Gefährtin des Mannes
gelten. Doch nicht so hier: Charlotte ist
als einzige mannhaft.
Es gibt kaum einen billigeren Kunstgriff des Erzählers als die Wendung;
sie umgaukelt den Hörer und in seiner Überraschung - wie wenn jemand
unvermittelt das Wort an einen richtet - applaudiert er. Johann Goethe hat
von den Dichtern der alten Tage des
Menschseins gelernt: Der griechischen
Tragödie gleich führt er die Geschichte
unerbittlich ihrem Ende zu, das Wort
des Schicksals im Ohr: du musst. Doch
tut er dies mit Leichtigkeit, nicht forciert
wie früher noch in Iphigenie auf Tauris dem Zeugnis seiner Langeweile mit sich
selbst.
Nichts geschieht und die Zeit geht
fort, die Dialoge sind ein blosses Fertigwerden; die Figuren neigen allesamt zur
Sentenz, als sprächen sie zu sich selbst.
Goethe hat die Liebe gekannt und
sein Wissen war satzförmig; die Liebe ist
ein Naturgesetz. Es bleibt einzig die ohrenbetäubende Schönheit des Schweigens. Gleich dem alten Spiel, wenn man
wie im Traum den Blick mit der Fremden tauscht — was soll’s, das lässt sich
nicht erklären.
Johann Wolfgang Goethe, Die Wahlverwandtschaften, insel taschenbuch,
311 S., ca. 10.-
Vamp Frühling 2015
35
Events
Lukas Feldhaus
Eventliste
September/Oktober/November
Theater
Theater
Schauspielhaus
www.schauspielhaus.ch
Die schmutzigen Hände (Jean-Paul Sartre)
Die grüne Katze (Elise Wilk)
Die Jungfrau von Orleans (Friedrich Schiller)
Der neue Himmel (Nolte Decar)
Ein Volksfeind (Henrik Ibsen)
Die zehn Gebote (Krzysztof Kieślowski und Krzysztof Piesiewicz)
Rechnitz (Der Würgeengel) (Elfriede Jelinek)
Meer (Jon Fosse)
Theater Neumarkt
Candide oder der Optimismus (Voltaire)
Der Bau (Franz Kafka)
How to sell a murder house (Sybille Berg)
Hate Poetry
Zürich liest (Lesungen)
Theater am Hechtplatz
Ost Side Story – Das Musical
Helga Schneider - Kabarett
36
www.theaterneumarkt.ch
www.theaterhechtplatz.ch
Oper
Opernhaus
(www.opernhaus.ch)
Elektra (Richard Strauss)
Wozzeck (Alban Berg)
Norma (Bellini)
The turn of the screw (Benjamin Britton)
Les Pêcheurs De Perles (Georges Bizet)
Der Schauspieldirektor (W.A. Mozart)
Ballett
Gods and Dogs (Choreografien von William Forsythe, Jiří
Kylián und Ohad Naharin)
Ab 30 Minuten vor der Vorstellung:
Kinder, Schüler, Studenten, Lernende und KulturLegi-Inhaber erhalten ab
3O Minuten vor Vorstellungsbeginn alle noch vorhandenen Karten zum Lastminute-Preis von CHF 2O. Mitglieder des Club Jung erhalten diese Karten zum Preis
von CHF 15. Platzierungswünsche können bei diesem Angebot nicht berücksichtigt
werden.
Es lohnt sich auch sehr, die vielen Konzerte und Liederabende des Opernhauses zu
besuchen!
Vamp Frühling 2015
37
Events
Museen
www.museen-zuerich.ch
Aktuelle Ausstellungen:
„Einstein& Co. – Zürich und der Nobelpreis“ im Stadthaus
„Ein Goldenes Zeitalter – Meisterwerke der holländischen Malerei“ im Kunsthaus Zürich
„Steve McCurry – Fotografien aus dem Orient“ im Museum für Gestaltung –
Schaudepot
„Kinder im Augenblick. Florence Weiss – Fotografien vom Sepik (1972-1974)“ im
Völkerkundemuseum der Universität Zürich
Für Informationen rund um Vergünstigungen und für Rabatte geht bitte auf die
Webseite der Kulturstelle des VSETH.
Und allen, die die Nacht lieber in einer Bar einem Club oder bei einem weniger klassischen Konzert geniessen, sei www.usgang.ch wärmstens empfohlen. Hier finden
sich alle Informationen, die des Nachtschwärmers Herz begehrt.
ETH
ETH-Kalender:
Do., 12.11.2015
Sa., 28.11.2015
38
Lange Nacht der Karriere an der ETH
Polyball
Vamp Frühling 2015
39
Events
40