Ausgabe Frühjahr 2015

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Ausgabe Frühjahr 2015
VAMP
VMP Vereinsanzeiger Ausgabe Winter 2014
Essen
> pasta & maths
> Lebensmittelspekulation
> Volksaufklärung
IMPRESSUM
Redaktionsleitung Nathalie Ziehl, Lukas Feldhaus
Redaktion Lorenza Della Bruna, Viola Valentina
Vogler, Alexander Malär
Mitarbeit Alex Bohn, Michael Stadelmann, Agnès
Noyer
Gestaltung/Satz Anna Bot
Titelbild Franziska Maxi Müller / www.jugendfotos.
de, CC-Lizenz(by)
http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/deed.
de (Auch auf Seite 14 verwendet)
Bild auf Innenseite Paula Sixel / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by-nc)
http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/
deed.de
Bilder beim Inhaltsverzeichnis - oben: Tobias
Mittmann / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by-nc)
http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/
deed.de
unten: Silke Steinl / www.jugendfotos.de, CCLizenz(by)
http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/deed.
de
Auflage 1000
Herausgeber Verein der Mathematik- und
Physikstudierenden an der ETH
Inhalt
VMP-Intern
4 Editorial
6 Präsikolumne
8 Vorstandsvorstellung
10Statistiken
Titelthema: Essen
15 Pasta & maths
19 Die Kultur im Teller
23 Streifzug durch die Diäten
32 Astronautenfutter
36 Lebensmittelspekulation
40 Wormcracker
44 Im Freien übernachten
Sonstiges
49 Alumni
51 Buchbesprechung: Der Idiot
54 Volksaufklärung:
24
Lebensmittelspekulation
15
Esskultur
Fukushima Katastrophe
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VMP-Intern
Editorial
Essen ist der Motor, der unseren
Körper am Laufen hält. Für die einen ist es ein Genuss, für die anderen eine lästige Ablenkung von den
wirklich wichtigen Dingen des Lebens, aber ganz darauf verzichten
kann keiner für lange.
Für Studenten beschränkt sich
die Frage nach dem Essen meistens
darauf, welche Mensa gerade das leckerste Menü hat, oder, wenn man
zu der knauserigen Sorte gehört, wo
es am billigsten ist. Ich persönlich
bin längst jenseits dieses Dilemmas
angekommen und habe festgestellt,
meinen Tagesbedarf an Joules mit
Brot, Schokolade und Energy Drinks
viel effizienter und kostengünstiger
decken zu können. Gesunde Ernährung ist, gerade in Zürich, mit den
typischen
Klischeevorstellungen
des armen Studenten eben nicht zu
vereinbaren.
Oftmals bestimmt dann auch der
kulturelle Hintergrund, was auf dem
Teller landet. Unsere Speisekarte
ist Teil unserer Identität. Selten ist
uns jemand so fremd, wie wenn
er genüsslich etwas verputzt, bei
dem sich uns der Magen umdreht.
Wegen sowas werden sogar Kriege geführt. Tatsächlich hat mir eine
4
Verwandte aus Deutschland neulich
ganz aufgeregt geschrieben, ob ich
wisse, dass man in der Schweiz seine
Haustiere essen darf. Ich antwortete
ihr schockiert, dass ich nicht gewusst habe, dass das in Deutschland
verboten sei.
Tierfreundliche Leser dürfen sich
beruhigt fühlen: Ich habe keine
Haustiere mehr.
Es stellt sich heraus, dass in
Deutschland noch so manch anderes Gericht verboten ist. Affen darf
man beispielsweise auch nicht verzehren. Nicht, weil die genetische
Ähnlichkeit die Übertragung von
Krankheiten so leicht macht, sondern weil es ethisch nicht vertretbar ist. Man würde ja auch nicht das
dümmliche
Nachbarskind
essen,
bloss weil es lecker schmeckt, oder?
Ich habe mal gehört, Menschenfleisch soll wie Hühnchen schmecken.
Der Rest der Redaktion war dafür
zuständig, weniger makabre Ansätze zu finden, um über das Thema
Essen zu sprechen, und ihr werdet
sicher feststellen, dass ihnen das
wunderbar gelungen ist.
Falls ihr findet, dass das noch
nicht reicht, und den VAMP gerne
selbst mitgestalten würdet, seid ihr
übrigens herzlich zu unserer nächsten Redaktionssitzung eingeladen.
Der VMP hat genug Einmachgläser
für alle eure Seelen.
In diesem Sinne: Guten Appetit!
Nathalie

 vamp@vmp.ethz.ch
Vamp Frühling 2015
In Erinnerung an den am 12. März
verstorbenen Autor Terry Pratchett
hier noch das Rezept für die berüchtigte Potzblitz-Sauce. Soll angeblich
bei Katern helfen. Achtung: Nicht in
Kombination mit Holzkohle essen.
Oder schütteln. Oder schief angucken.
Die Redaktion freut sich über Berichte experimentierfreudiger Studenten oder deren Hinterbliebener.
• Curry
• Paprika
• Eingelegte Gurken
• Kapern
• Mostrich
• Mango
• Feigen
• Gemahlene Wahooni
• Sardellenextrakt
• Asafötida
• Schwefel
• Salpeter
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VMP-Intern
Präsikolumne
Essen ist gut und wichtig! Ohne
geht es einfach nicht.
Als Deutscher war man da natürlich beim ersten Einkauf in der
Schweiz ein kleines bisschen schockiert. 30 Franken (Damals zum
Glück noch etwa 25 Euro) für ein
bisschen Toast, Nutella, Käse, Nudeln und die gute Tiefkühlpizza
fand ich schon ein bisschen happig.
Dasselbe Spiel auch in der Mensa: 6,20 für ein Mittagessen. Schon
etwas heftig, wenn man davor um
die 3 Euro gewöhnt war. Allerdings
muss man zu Gute halten, dass auch
die Qualität des Essens sich hier in
einer ganz anderen Klasse befindet.
Jeder, der sich über das Angebot
der Polymensa beschwert, sollte
sich mal in einer Deutschen Unikantine verköstigen. Danach wird
man das Essen unter der Polyterrasse vielleicht nicht unbedingt lieben,
aber zumindest beim Verzehr das
gute Gefühl haben, dass es doch
noch deutlich schlimmer geht.
6
Nach meinem ersten Einkaufsschock fand ich zum Glück bald
heraus, dass es in Zürich auch die
altbekannten
Discountergrößen
wie Aldi und Lidl gibt. Der Einkaufstraum eines jeden Deutschen
in der Schweiz: Fleisch, Käse und
Gemüse, bei dem man zwar nicht
so ganz genau weiß, wo es herkommt, das aber wenigstens halbwegs günstig ist.
Die doch etwas ungewohnt hohen Preise brachten aber auch positive Effekte mit sich. Während man
früher an einem verregneten Sonntag einfach beim Lieferservice angerufen und sich eine riesige Pizza
Hawaii bestellt hatte, musste man
nun schon Samstag überlegen,
was es denn am Sonntag zu essen
geben sollte. Es ist dabei wohl fast
überflüssig zu erwähnen, dass alles,
was dabei herauskam, von meiner
Mutter als deutlich gesünder im
Gegensatz zu diesem Fast Food bezeichnet worden wäre.
Aber auch abgesehen vom Preis, gab
es doch einige kulinarische Unterschiede zwischen dem Essen in Deutschland
und dem in Zürich: Eine Roulade mit
Nudeln hieß auf einmal Rindfleischvogel mit Teigwaren, Currywurst mit Pommes, das Standardgericht einer jeden
Deutschen Mensa, gab es so gut wie nie
und Kassler mit Sauerkraut und Kartoffelbrei suche ich bis heute vergeblich.
Allerdings lernte ich auch viele neue
Sachen hier kennen, die durchaus lecker
waren. Allem voran natürlich Rösti! Ob
mit Zürigeschnetzeltem, Speck oder Tomaten mit Käse, Rösti passt fast überall
dazu und schmecken sogar in der Mensa
meistens gut.
Da ich beim Schreiben irgendwie
Hunger bekommen habe, wünsche ich
euch allen zum Schluss natürlich noch
ein super FS15, welches wohl das letzte
Semester mit der Übergangsmensa im
Hexagon sein wird. In meinen Augen
sehr traurig, da diese einfach die unübertroffen an der Spitze aller Gastronomiebetriebe der ETH steht.
Solltet ihr zufälligerweise wissen, wo man in Zürich Sauerkraut
mit Kassler bekommt, oder sonst
irgendwelche Kommentare haben,
meldet euch gerne bei mir.
Euer Alex

 alex@vmp.ethz.ch
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VMP-Intern
Neu im Vorstand
Pauline Oeuvray
Ich studiere Mathe im 4. Semester.
Ich komme aus dem Berner Jura. Dieses
Semester übernehme ich das Ressort
Studentisches. Mit der dazugehörigen
Kommission kümmern wir uns um den
Ersti-Tag, die Fachgruppenanlässe, die
Kernfachvorstellungen und das neue
Mentoring-Projekt. Wir sind auch dafür
zuständig, dass alte Prüfungen online
sind, damit du dich auf deine besser vorbereiten kannst. Wenn du Lust hast mit-
8
zumachen, schreibe einfach eine Mail an
pauline@vmp.ethz.ch. Ich freue mich
auf deinen Besuch. :)
Carin Stjernefeldt
I’m a visiting student from Sweden,
currently in my second semester in the
Department of Mathematics. So far, my
time as a student at ETH has exceeded
all my expectations and I’m truly impressed by the extraordinary education
that is being offered here. As a member
of the executive board I hope I will be
able to use this enthusiasm to further
develop VMP and improve the overall
study experience for our members.
In the board-position of ”Austauschund Masterstudenten” I will be representing the interests of the exchange, visiting and master students. Another of my
responsibilities, which I think is particularly important, is to plan and prepare
the welcoming events for new students
beginning their studies of mathematics
or physics during the upcoming autumn.
If you have any suggestions, questions or
concerns within these areas, do not hesitate to contact me at carin@vmp.ethz.ch.
When not studying I might be in the
Alexander von Boetticher
Ich studiere im 4. Semester Physik
und übernehme den Posten „External
Relations“ - kümmere mich also um die
Kontakte zu Unternehmen und Sponsoren. Wie immer werden über die VMPWebsite Praktika-, Forschungs- und
andere Stellenangebote veröffentlicht.
Wenn Du Anregungen hast, freue ich
mich auf eine Mail an avb@vmp.ethz.ch!

gym at some of the ASVZ-centres, reading in the comfy red chairs in the library, tiredly answering questions about the
haircolours of Swedish citizens or have
gone away for either shopping in Germany, skiing or hiking.
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VMP-Intern
Prüfungsstatistiken
Die Prüfungsstatistiken des D-PHYS wurden bisher noch nicht veröffentlicht, werden aber so bald wie möglich auf der Website des VMP
zur Verfügung stehen.
Mathematik
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RW
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VMP-Intern
RW
12
Are You Ready to Work with the
Depths of Thought Leadership, the Power of
Mathematics, the Strength of Engineering,
and the Elegance of Intelligent Technologies?
www.swissquant.com
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Essen
Essen
Essen
Essen
Essen
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Lorenza della Bruna
Pasta & maths: the profane and the
sacred
Have you ever wondered, while enjoying your home cooked dish of pasta,
which mathematical equation would
best describe the surface of maccheroni
or ravioli? Well, the American architect
George Legendre has.
Legendre first came up with the
idea of his most recent book Pasta by
Design, published 2011 by Thames &
Hudson, while eating spaghetti with garlic and olive oil cooked by his colleague
Mr. Guarnieri. During an interview for
the New York Times, the author explained:
“We were interested in, if you like,
the amalgamation of mathematics and
cooking tips - the profane, the sacred”.
The result? An amazing book that
classifies 92 different types of pasta basing on their forms (method known
as phylogeny). For each listed item a
[1] 3D Plot of tortellini.
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Essen
[2]-[5] Pipe and Fusilli Lunghi
16
photography, an equation describing the
shape (together with a three dimensional plot), information about etymology,
geographical origin and process of manufacture are displayed as well as cooking tips and tricks.
While some shapes (like the pastina) are generated by rather complicated
equations, others can be merely combinations of trigonometrical functions.
This is the case for fusilli, whose equation has been implemented in Mathematica and posted on the blog of a reader of
this unusual book.

Sources
Text
• www.gsd.harvard.edu
•spacecollective.org/soCinematic/7261/Pastaby-Design
Pictures
[1]http://www.thetiffintimes.com/2013/07/
pasta-design-thames-hudson/
[2]-[5]http://www.dezeen.com/2011/08/16/
competition-five-copies-of-pasta-by-design-tobe-won/
[6]http://hyperbolicguitars.blogspot.
ch/2012_02_01_archive.html
[7]http://aalog.net/wp-content/uploads/2007/12/george_legendre_sb_0.jpg
[6] Equation of fusilli implemented in Mathematica.
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Essen
[7] Legendre introducing a conference at the Cornell University in
Ithaca, NY
George L. Legendre
completed his studies at the Harvard Graduate School of Design. Before returning to Harvard as Associate Professor in Practice of Architecture, he has been
Visiting Professor at the ETH in 2000 and at Princeton University between 2003
and 2005. He is founding partner of the London based architectural practice
IJP, one of the top 5 British practices .
18
Alexander A. Malär
Die Kultur im Teller
„Du bist, was du isst.“ Dies ist ein Spruch,
den man mindestens schon einmal im Leben gehört hat. So einfach er auch ist und
so schön er sich reimt, enthält er doch sehr
viel Wahres. Als Lebewesen benötigen wir
Nahrung, um zu überleben. Der Mensch
verbindet mit Essen jedoch noch sehr viel
mehr. Betrachtet man die Entwicklung der
Esskultur seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte, bemerkt man,
dass diese sich fortlaufend weiterentwickelt und verfeinert hat.
Seit den Zeiten, in denen die Urzeitmenschen noch mit Speeren auf die Jagd
gegangen sind und die erlegte Beute
am Höhlenboden verzehrt haben, sind
sehr viele Jahrtausende vergangen. In
der heutigen westlichen Gesellschaft hat
man den Brauch eingeführt, sein Essen
mit Messer und Gabel an extra dafür
konzipierten Tischen zu sich zu nehmen. Zudem nimmt man die Nahrung
mittlerweile sehr selten so auf, wie man
sie in der Natur findet, stattdessen verarbeitet man sie weiter, würzt sie, „verwandelt“ sie. Die Ernährungsgewohnheiten der ersten Menschen wurden
ihnen noch durch die natürlichen Gegebenheiten ihres Umfelds aufgezwungen.
Mit der Entdeckung des Feuers entstand
auch das Kochen und damit der erste
Grundstein für die Entwicklung einer
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regelrechten Esskultur. Diese hat sich
mit den Jahrhunderten in derart verschiedene Richtungen weiterentwickelt,
dass jedes Volk, abhängig vom Plätzchen
Erde, das es besetzt, andere Essgewohnheiten und Traditionen hat.
Es ist nicht verwunderlich, dass das Essen für uns einen so grossen Stellenwert
hat, wie bei keinem anderen Lebewesen.
Wir sind soziale Wesen und definieren
uns oft durch die Beziehungen, die wir
zu anderen aufbauen. Der Augenblick
der Mahlzeit stellt für viele auch einen
geselligen Moment dar; man trifft sich,
kommt zusammen, tauscht Erfahrungen, Informationen, Klatsch und Tratsch
aus. Es werden freundschaftliche Bande geknüpft und manchmal wirft man
sich auch gegenseitig Feindseligkeiten
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Essen
an den Kopf. Essen ermöglicht es uns,
Brücken zwischeneinander zu bauen.
Gleichzeitig ist eine gemeinsame Esskultur auch ein verbindendes Element und
eine Abgrenzung gegenüber dem Rest
der Welt. Ein interessantes Beispiel ist
der Kannibalismus. Man ging früher davon aus, dass einige fremde Völker sich
von menschlichem Fleisch ernährten.
Kannibalismus wird im Allgemeinen
mit Negativität und Bosheit verbunden;
andere Kulturen damit in Verbindung zu
bringen war dementsprechend ein Ausdruck der Angst vor dem Unbekannten.
Im gerade betrachteten Beispiel sehen
wir deutlich, dass Essen und Kultur oft
Hand in Hand gehen. In diesem Artikel
betrachten wir drei Faktoren und Varianten dieser kulturellen Entwicklung.
Nahrung als Symbol
Die Entdeckung neuer Länder leitete
einerseits den Kolonialismus ein, andererseits änderte es auch die Vorstellung,
die man von Nahrung hatte. Diese nahm
oftmals einen symbolischen Charakter
an. Bestimmte Speisen, insbesondere
Gewürze, waren nur für reiche Familien
bestimmt und waren also ein Statussymbol. Zwei neuentdeckte Nahrungsmittel
erlangten eine besondere symbolische
Funktion: Die Kartoffel und die Schokolade. Letztere wurde in Europa, vor
20
allem während des XVII Jahrhunderts
in der Adelsschicht bekannt. Die Schokolade kam (erstmals) aus Mexiko und
war zuerst in flüssiger Form erhältlich.
Erstaunlicherweise bekam sie zuerst
eine religiöse Rolle zugeteilt und zwar
als „Fastengetränk“. Grund dafür waren
die Tatsachen, dass während der Fastenzeit feste Nahrung zwar verboten,
Getränke aber erlaubt waren und dass
Schokolade viel Energie spendet. Später
kam die Schokolade am Hofe in Mode.
In privilegierten Kreisen entwickelte sie
sich, wegen ihrer nährenden Eigenschaften und ihrer Exotik, zu einem Glücksbringer. Als sie auch einem breiterem
Publikum zugänglich wurde, verlor sie
dieses Attribut. Unbewusst bleibt jedoch die Symbolik; in der Tat beschenken sich Liebende am Valentinstag auch
heute noch mit Pralinen. Die Kartoffel
kam ebenfalls aus Amerika, verbreitete
sich, im Gegensatz zur Schokolade, zuerst in den ärmeren Schichten der Bevölkerung, um erst später auch in der
Aristokratie einige Liebhaber zu finden.
Sie besitzt einen sehr hohen Nährwert,
ausserdem wächst sie geschützt unter
der Erde; diese beiden Voraussetzungen
ermöglichten es, die Bevölkerung auch
während der Kriegszeiten zu ernähren.
Man verbindet sie also symbolisch mit
Mangel und Hungersnot, aber auch als
Rettung vieler.
Nahrung und Religion
Religionen führen manchmal
Verbote und Einschränkungen
in den Essgewohnheiten ein.
Ein Beispiel ist das Verbot von
Rindfleisch im Hinduismus und
von Schweinefleisch im Islam
und im Judentum. Man verweist
oft auf die heiligen Schriften,
aber sowohl das Rindfleisch- als
auch das Schweinefleischverbot
haben nicht nur religiöse, sondern auch soziale und ökonomische Ursachen. Die Kuh ist im Hinduismus heilig. Nichtsdestotrotz wurden in der Zeit
zwischen 1800 und 800 v. C. in Indien
Kühe geschlachtet und in Massen konsumiert. Sie wurden insbesondere für
Opferungsrituale benutzt. Dies führte
zu einem dramatischen Abfall der Rinderpopulation auf der indischen Halbinsel und man musste auf Getreide und
Milchprodukte umsteigen. Kühe waren
auch in der Landwirtschaft notwendig,
um die Karren zu ziehen. Um dem Populationsabfall entgegenzuwirken wurde deshalb der Verzehr von Rindfleisch
verboten. Was das Schwein anbelangt,
ist es das einzige Tier, das explizit vom
Koran verboten wird. Der bedeutende
amerikanische Anthropologe Marvin
Harris war einer der wichtigsten Vertreter des Kulturmaterialismus, in anderen
Worten: Der Theorie, die Kultur auf
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die ihre materiellen Voraussetzungen
zurückzuführen. Er äusserte bezüglich
des Rindfleischtabus eine interessante
moderne Theorie. Das Schwein ist im
Vergleich zur Kuh oder zur Ziege, etc.
aus rein ökonomischen Gründen weniger nützlich. Es eignet sich nicht dazu,
die Menschen in der Landwirtschaft in
dürren Gegenden zu unterstützen, da es,
im Gegensatz zur Kuh, keine Karren ziehen kann. Bei der Nahrungsproduktion
hat das Schwein also nur einen Nutzen,
wenn es geschlachtet wird. Zusätzlich
ist die Ernährung des Schweins der des
Menschen recht ähnlich, sie würde also
dem Schweinehalter einen Teil der produzierten Nahrungsmittel wegnehmen.
In dieser Theorie entsteht das religiöse
Verbot also dadurch, dass der Bevölkerung dringend davon abgeraten wird
eine Zucht zu führen, welche unvorteilhaft ist und sogar das Gleichgewicht der
Gesellschaft beeinträchtigen könnte.
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Essen
Essen und Migration
In den frühen Phasen der Menschheitsgeschichte bestimmte die Zugänglichkeit von Nahrung den Heimatort der
Menschen. Die späteren Hochkulturen
siedelten sich alle in der Nähe der grossen Flüsse (Nil, Tiber, etc.) an. Die urzeitlichen Stämme hingegen bewegten
sich von einem Ort zum nächsten, sobald die natürlichen Ressourcen aufgebraucht waren. Dies ist auch der Grund,
und in fremden Ländern unterkommen,
erleben einen sogenannten „Kulturellen
Schock“. Sie vermissen ihr Heimatland
und denken wehmütig an ihr Zuhause
zurück. Das Verspeisen bekannter Nahrungsmittel oder Gerichten aus der Heimat lindert den Schmerz. Dies hat mit
den Jahrhunderten dazu geführt, dass es
in Städten überall auf der Welt oft mindestens ein italienisches oder ein chinesisches Restaurant gibt. Gleichzeitig hat
es dazu geführt, dass die verschiedensten Küchen sich miteinander vermischt
haben und hunderte von neuen entstanden sind.

warum die zumeist faule Menschheit
sich überhaupt dazu durchringen konnte, sich über den ganzen Planeten zu
verstreuen. Der Mangel an Essen, verursacht durch Naturkatastrophen oder
Kriege, trieb also die meisten grossen
Migrationen der Geschichte voran. Es
gibt außerdem noch einen bemerkenswerten kulturellen Effekt, der mit der
Migration verbunden ist: Leute, die aus
ihrem Heimatland vertrieben werden
22
Literaturverzeichnis
„Il cibo come elemento di identità culturale nel processo migratorio“ (Riccardo Pravettoni)
Auch die Hemmung des Wachstums
von Tumorzellen wird hier untersucht.
Alexander A. Malär
Von süsser Schokolade bis zu
nahrhaften Lichtstrahlen:
ein Streifzug durch die Diäten
dieser Welt
„I‘m on a seafood diet, I see food and I eat it.“
Ein besonderer Luxus der Gesellschaft, in der wir leben, ist, dass die
Menschen nach eigenem Ermessen entscheiden können, wie sie sich ernähren.
Während das Thema Essen in vielen Entwicklungsländern noch mit „Überleben“
verknüpft ist, quellen in den Industrieländern die Supermärkte vor Produkten
über. Der Konsument hat die freie Wahl
sich einen eigenen Ernährungsplan zusammenzustellen und damit glücklich
zu werden. Dies ist das Grundprinzip
einer jeden Diät.
Es gibt prinzipiell zwei Gründe, um
eine Diät durchzuführen. Auf der einen
Seite wird sie zur Krankheitsbehandlung
eingesetzt. Im Kampf gegen Herzkreislaufstörungen, Stoffwechselerkrankungen (Diabetes mellitus, Gicht, etc.),
Fettleibigkeit, Untergewicht, Organerkrankungen oder Nahrungsmittelun-
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verträglichkeit kann eine ärztlich verordnete Diät die Heilung begünstigen
oder zumindest den Krankheitsverlauf
eindämmen. Der zweite Grund ist das
Ziel eine Reduktion des Körpergewichts
zu erreichen, mit anderen Worten: Die
Diät dient dazu, schlanker zu werden.
Diese zweite Form der Diät ist die sogenannte Reduktionsdiät, die aus dem
Schlankheitswahn entstand, der in den
letzten Jahrzehnten, auch aufgrund verschiedenster Mediendarstellungen von
Schönheitsidealen, immer mehr um sich
griff.
Jede beliebige Diätform basiert auf
der Verminderung oder Vermehrung
eines relativen Anteils von Nahrungsbestandteilen (Kohlenhydrate, Fette, Eiweisse, Vitamine, Mineral- und Konservierungsstoffe) und/oder Erniedrigung
oder Erhöhung der zugeführten Gesam-
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Essen
tenergiemenge („Kalorien“). Dies klingt
alles sehr wissenschaftlich, doch wenn
man sich die einzelnen Fälle genauer anschaut, muss es das nicht unbedingt sein.
In der Tat sind nur die wenigsten Reduktionsdiäten wissenschaftlich untersucht
worden und deren Verbreitung richtete sich insbesondere nach Moden und
Weltanschauungen. Darüber hinaus sind
einige Diätformen vom medizinischen
Standpunkt gesehen sogar gesundheitsschädlich. Die Deutsche Gesellschaft
für Ernährung und die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin empfehlen, Reduktionsdiäten nur für kurze Zeiten durchzuführen, um Risiken für den
Organismus zu vermeiden. Im wissenschaftlichen und medizinischen Kontext
ist man sich einig, dass eine Reduktionsdiät nur dann erfolgreich ist, wenn sie zu
einer dauerhaften Änderung der Essensgewohnheiten führt und gleichzeitig die
Energiebilanz des Körpers ausgeglichen
wird (i.e. er bekommt nicht mehr Energie in Form von Nahrung, als er benötigt). Da man aber, wie gerade erwähnt,
aus gesundheitlichen Gründen eine
Reduktionsdiät nicht für längere Zeiten
durchführen kann, kehrt man bald in die
alten Essensgewohnheiten zurück und
erhält aufgrund des sogenannten JojoEffekts sein altes Körpergewicht zurück.
Dieser Effekt entsteht dadurch, dass der
Organismus bei sehr starken unterkalorischen Diäten auf den sogenannten
24
Hungerstoffwechsel umstellt, d.h. er gewöhnt sich daran, sich von sehr wenig
zu ernähren. Der einzige medizinische
Rat zur dauerhaften Gewichtsreduktion
ist deshalb eine vollwertige Ernährung,
verbunden mit einer Erhöhung der körperlichen Aktivität (u.a. Sport). Dieser
sinnvoll anmutende Tipp wird aber oft
willentlich vergessen, übergangen oder
einfach ignoriert.
Es entwickelte sich eine Vielzahl an
verschiedensten Diätkonzepten, die
am meisten verbreiteten sind die LowCarb, Low-Fat, Trennkost, Glyx-Diät.
Es entstand aber auch eine unglaubliche Anzahl an weniger gut recherchierten Methoden, meist „mit freundlichen
Grüssen aus Hollywood“, aber auch aus
dem Volksmund oder aus einer besonders cleveren Intuition...
Manche dieser Arten der „Ernährung“
sind beunruhigend. Z.B. benutzen einige
Menschen, die sich dürr hungern wollen,
angeblich folgenden Trick: sie nehmen
einen Fruchtsaft ihrer Wahl und tunken
ein Stück Watte hinein, welches sie dann
verspeisen. Dies soll das Hungergefühl
unterdrücken. Was am meisten beunruhigt, ist wohl die Tatsache, dass es Leute
gibt, die so etwas wirklich machen.
Es gibt aber auch solche Diäten, die
dermassen absurd sind, dass sie fast wieder lustig sind. Der Spiegel veröffentlichte im Juni 2012 einen Artikel, in dem
er 5 dieser Diätkonzepte näher studierte
und analysierte. Hier die 5 im Schnelldurchlauf...
Es sei an dieser Stelle vermerkt, dass
ich dringendst davon abrate, die folgenden Sachen zu Hause nachzumachen, zu
Risiken und Nebenwirkungen konsultieren Sie am besten Arzt (oder Apotheker).
Die Schoko-Diät
Sich mehrere Tage hintereinander nur
von Schokolade ernähren. Idee: Kakao
hemmt den Appetit und man isst weniger gerne zusätzliche Sachen. Die „süsse
Versuchung“ führt also dazu, jeder anderen Versuchung zu widerstehen, auch
bevorzugt werden sollen. Durchgesetzt
haben sich weisse Schokolade, Kinderriegel und Nutella, Yogurette hingegen
ist (aus per dato unbekannten Gründen)
verboten. Zwar stimmt es, dass Schokolade den Appetit hemmt, dennoch ist
recht klar, dass diese Art der Ernährung
nicht nur besonders einseitig und ungesund ist, es ist auch besonders schwierig, mehr Kalorien einzusparen, als man
zu sich nimmt, damit der Sättigungseffekt eintritt. Experten schlagen jedoch
eine etwas moderatere Variante vor. Diese besteht darin, sich jeden Tag ein bisschen Schokolade zu gönnen, das lockert
die „Verbote“ und fördert eine langsame Eindämmung der „Schokolust“. Als
Schokoladenjunkie kann ich letzteren
Vorschlag natürlich nur befürworten...
Die Bier-Diät
nicht schlecht! In Internet Foren wird
ernsthaft über diese Diät diskutiert. Es
sind bereits hitzige Debatten darüber
entstanden, welche Schokoladensorten
Vamp Frühling 2015
(Trunksucht vorprogrammiert): Auf
das Abendessen verzichten und ab 16
Uhr nur noch (Obacht!) kaltes Bier trinken. Idee: (man höre sich diesen genialen Einfall an) Der Körper verbraucht
Kalorien, um die kalte Flüssigkeit zu erwärmen. So aberwitzig, das auch klingen
mag, es ist sogar etwas Wahres dran. Studien besagen, dass kühles Wasser beim
Abnehmen hilft. Wer 1,5 Liter Wasser
trinkt, verbrennt zusätzlich 200 KJ (48
kcal). Dieser Effekt ist bereits bemerk-
25
Essen
bar, wenn man Wasser zu sich nimmt,
dass statt 37° C nur 22°C warm ist. Für
jedermann, der sich ein bisschen mit
Thermodynamik auskennt, macht dies
Sinn. Das Problem bei Bier ist, dass es
bereits an sich 250 kcal enthält, zudem
macht Alkohol Lust auf salzige und süsse Speisen. Sorry also an all diejenigen,
die sich jetzt zu einem Massenkonsum
an Feierabendbier aufgefordert gefühlt
haben.
Die Bandwurm-Diät
(es wird immer besser)
Als ich davon gelesen habe, habe ich
mich zuerst richtig gefreut! Ich sage
schon seit Jahren, eigentlich eher zum
Spass, dass die beste Methode, um dünn
Die Kaffee-Diät
Viel viel Kaffee trinken. Nach einem
Zitat der Erfinder dieser Diät soll Kaffee „das sympathische Nervensystem
aktivieren und gespeichertes Fett mobilisieren.“ Könnte zwar auf lange Sicht
stimmen, aber, naja... dem Herz wird es
bestimmt nicht so gut tun und ich weiss
nicht, ob ihr schon mal eine Person nach
10 bis 20 Tassen Kaffee pro Tag gesehen
habt...
26
zu bleiben, wohl das Einpflanzen eines
ausgewachsenen Bandwurms in den
Darm wäre. Man isst und der ausgewachsene Parasit isst gleich mit. Jetzt erfahre ich, dass meine Idee (erschreckenderweise) tatsächlich bereits existiert,
schade, wird wohl nichts aus dem Patent.
Man kann im Internet angeblich Kapseln
kaufen, die Bandwurmeier enthalten
und sich damit künstlich infizieren. Egbert Tannich, Professor für Parasitologie
am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg verwendet die drei
weisen Worte: „Das ist Unsinn“. Man
kann sich nur richtig infizieren und das
Gedeihen eines solchen Wesens herbei-
führen, indem man ein mit Larven befallenes Stück Fisch oder Fleisch verzehrt.
Dies garantiert trotzdem nicht, dass man
dünner wird. Isst man diese Eier, besteht
das Risiko, dass diese durch die Muskulatur bis ins Gehirn wandern können, wo
sie zu Entzündungen, Verkalkungen und
Krampfanfällen führen. Wird also erneut
nichts aus dem Patent...
Die Kleine-Teller-Diät
Nur von (klitze)kleinen Tellern essen. Idee: grosse Teller führen dazu, dass
man mehr isst. Diese Diät ist gar nicht
mal so abwegig: in kleinen Tellern wirken die Portionen grösser. Ausserdem
essen Menschen oft alles leer, obwohl
sie keinen Hunger haben, damit nichts
in den Müll kommt. Man kann sich dadurch also selbst überlisten, obschon es
schwer ist, seine Gewohnheiten zu ändern. Während der Nachhaltigkeitswoche hat auch unsere Polymensa kleine
Portionen angeboten; sehr entgegenkommend.
Wer übrigens davon überzeugt ist,
dass (absurde) Diäten ein neuer Trend
der letzten Jahre seien, der sei auf die folgenden interessanten Bücher, geschrieben in der Zeit von 1950 bis in die späten Achtzigerjahre, verwiesen. Ich liste
hier nur die Titel auf, da jeder weitere
Kommentar vermutlich überflüssig ist.
Vamp Frühling 2015
„Help Lord – The devil wants me fat!“,
„The 7-day milk diet.... for women“, „The
Sexy Pineapple Diet –The revolutionary
new method of keeping slim and erogetic, from the authors of the bestselling
The ABZ of Love“, „It’s a sin to be FAT“,
„How to be a reasonably Thin Teenage
Girl – Without Starving, Losing Your
Friends or Running Away From Home“,
„There’s a thin person inside you!“, „The
Drinking Man’s Diet or How to lose
weight with a minimum of will power“,
„ Tuna´ Round the diet Clock. Tested
dietetic tuna recipes“, „The FAT BOY’S
Book“, „New! Reducing Diet Menuswith Domino Sugar, low in calories, high
in energy!“
„A balanced diet is a cookie in each
hand.“
Neben diesen recht skurril anmutenden Diätformen, gibt es leider auch
weitere Varianten, von denen hier zwei
aufgelistet werden, um zu zeigen, was
Überzeugung manchmal anrichten
kann. Beide haben über die Jahr mehreren Anhängern das Leben gekostet;
die Gründe waren Verhungern, Mängel
an Lebenswichtigen Nahrungsstoffen,
Dehydrierung, geschwächtes Immunsystem, usw.
27
Essen
Urkost
Urkost: Es handelt sich um ein sehr
umstrittenes Ernährungs- und Lebenskonzept konzipiert vom Sachbuchautor
Franz Konz. Die zentrale Aussage ist,
dass alle Krankheiten eine Folge von
nicht mehr artgerechter Ernährung sind.
Man versucht also Krankheiten dadurch
zu bekämpfen, indem man zur sogenannten Urkost (eine strikte Form der
Rohkost) zurückkehrt. Man verzichtet
nicht nur auf jegliche Form von zubereitetem Speisen, sondern man ernährt
sich ausnahmslos von Wildkräutern,
Löwenzahn, Vogelmiere, Melde, etc.
Gemüse und Kräuter sollen nicht gewaschen werden, um Mikroorganismen
nicht zu entfernen. Gelegentlich wird
auch anorganische Materie verzehrt,
das durch Photosynthese von Pflanzen
in organische Substanzen umgewandelt
werden kann, i.a. Erde.
Lichtnahrung (Breatharianismus)
Es ist eine esoterische Methode, bei
der, die Anhänger überzeugt sind, sich
von Licht ernähren zu können. Man
verzichtet komplett auf flüssige oder
feste Nahrung. Im Mittelalter waren
bereits sogenannte Hungerkünstler bekannt, d.h. Leute, die sich von sehr wenig ernähren konnte, das Konzept der
28
Lichtnahrung wurde jedoch erst von
der Australierin Ellen Greve im 1993
erfunden. Ihre Idee war, den Körper einen 21-tägigen „Lichtnahrungsprozess“
durchwandern zu lassen. In den ersten
7 Tagen, wird nichts gegessen noch ge-
trunken, in den nächsten 14 soll nur getrunken werden. Nach dem Ende dieser
21 Tage , darf man wieder normal Essen,
das „Energiewesen“ ist jetzt aber in der
Lage, auf Nahrung zu verzichten. Sie
konnte diese Theorie nie beweisen. Im
1999 versuchte sie einen Selbstversuch,
musste ihn aber abbrechen, wegen Dehydrierung. Wissenschaftlich ist es klar,
dass jede Diätform, die auf feste oder
flüssige Nahrung verzichtet, unweigerlich zum Tod wegen verhungern führt.
Greve distanzierte sich in ihrem ersten
Buch von jeglicher Verantwortung gegenüber gesundheitlichen Schäden. Im
2004, empfahl, sie aber„sanftere Wege
zur Lichtnahrung“. Im September 2010,
erschien der österreichische Dokumentarfilm „Am Anfang war das Licht“, der
sich mit dem Thema beschäftigte. Dieser
wurde aber von der Kritik als antiaufklärerisch und manipulativ empfunden.
Eine Schweizerin starb im April 2012,
durch verhungern, nachdem sie den
Film gesehen hatte und versucht hatte
die Theorien der Lichtnahrung anzuwenden.

Literaturverzeichnis
www.wikipedia.de Stichwort „Diät“.
http://www.spiegel.de/gesundheit/ernaehrung/schnell-abnehmen-absurde-diaeten-im-testa-832616.html
http://www.shape.de/diaet-und-ernaehrung/diaet-methoden/a-60649/die-10-lustigsten-diaetbuecher.html
www.wikipedia.de Stichwort „Urkost“.
www.wikipedia.de Stichwort „Lichtnahrung“.
Bildverzeichnis
1. http://www.besserhaushalten.de/uploads/tx_templavoila/v_schokolade_1.jpg
2.http://www.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Farbeits-abc.de%2Fwp-content
%2Fuploads%2F2012%2F08%2Fmuntermacher.jpg&imgrefurl=http%3A%2F%2Farbeits-abc.
de%2Fmuntermacher-wie-kaffee-unsere-leistung-beeinflusst%2F&h=453&w=700&tbnid=F1xiAiqJT
3cRoM%3A&zoom=1&docid=axqEqfCI5Zf7rM&ei=VZwRVbuQJYOHygPVoID4Bg&tbm=isch&iact=rc&
uact=3&dur=603&page=2&start=13&ndsp=18&ved=0CIUBEK0DMBg
3. Süsser Bandwurm: http://www.ruempelstilzchens-laden.de/content/1359-a-big.jpg
4. http://www.on-zine.net/wp-content/bilder/licht.jpg
Vamp Frühling 2015
29
Essen
Stipendieninitiative
Zustand Heute
Die Verantwortung für das Stipendienwesen liegt heute bei den Kantonen.
Da sie über die Regeln beim Zugang zu den Ausbildungsbeihilfen
entscheiden, hat die Schweiz 26 verschiedene Stipendiensyteme. Sie
unterscheiden sich beträchtlich.
Eure zukünftige Studienkollegin aus St. Gallen erhält kein Stipendium,
aber euer Freund aus Olten schon, obwohl beide hier studieren und ihre
Familien gleich viel verdienen.
Das ist unfair. Die Stipendienvergabe gleicht einem Glücksspiel. Dabei
können sich längst nicht alle eine höhere Bildung leisten und sind für ihre
Ausbildung an einer Fachhochschule, Uni, ETH oder höheren Fachschule
auf ein Stipendium angewiesen.
Inhalt und Ziele der Initiative
Die Initiative will Fairness beim Zugang zur Bildung herstellen. Das wird
erreicht, indem der Bund die Regeln für den Zugang zu Stipendien festsetzt.
Nur so werden alle Studierenden gleich behandelt, unabhängig von ihrem
Wohnort. Das verbessert den Zugang zur Bildung für alle!
30
am 14. Juni 2015
Vamp Frühling 2015
31
Essen
Lukas Feldhaus
Astronautenfutter
Es gibt sie, diese Tage, an denen
ich mich übermüdet und ausgehungert mittags in die Mensa schleppe.
Oft habe ich dann die Hoffnung,
Motivation und Energie für den restlichen Tag zu finden. Und eine Tasse
kostenloser Kaffee sollte zudem netterweise meine herunterhängenden
Augenlider wieder hochfahren.
bei ist, bei eher unwirtlichen Bedingungen ein Sonnensegel zu reparieren. Das
an der ISS befestigt ist. Also während
man mit etwa 28.000 km/h in 400 km
Höhe um die Erde braust. Das ist eher
ungünstig und im besten Falle lebensgefährlich.
Etwas in der Art dachten sich 1961
wohl auch die Sowjets. Also gaben sie
Manchmal klappt’s und manchmal
nicht. Ab und zu bin ich echt voller Elan!
Wer kennt das nicht, nach einem Riesenstück leckerer Lasagne und einem
frischen Salat. Allerdings erinnere ich
mich auch an Tage, an denen ich den
grösseren Teil des Nachmittages damit
zugebracht habe, in den Seilen zu hängen. Und nebenbei gegen den Drang anzukämpfen, vor den Augen eines netten
Doktoranden ein entspanntes Schläfchen zu halten.
Nun stelle man sich mal vor, sowas
passiert einem, während man gerade da-
Juri Gagarin mit drei Tuben des nahrhaftesten und bestverdaulichen Essens mit,
das sie entwickeln konnten. Zwei Tuben
mit Kartoffelstock und eine Tube Schokososse. Jeweils 160 Gramm.
In der Folge entwickelten alle raumfahrenden Nationen bekömmliche und
im Idealfall leckere Kost, die leicht vorzubereiten war.
Aber selbstverständlich nicht nur das:
Die Verpackungen mussten leicht und
klein sein, sowie komprimierbar und
hitzeresistent. Ausserdem durften beim
Essen keine Krümel anfallen, die eventu-
32
ell die Lüftung verstopfen könnten. Das
wäre nun wirklich ein bitteres Ende für
einen Flug zum Mars.
Was zuerst kam, waren gefriergetrocknete, mundgerechte und undefiniebare Würfel, auflösbares Pulver und
weitere Aluminiumtuben mit dickflüssigen Mahlzeiten darin.
Da die gefriergetrockneten Sachen
aber nur sehr
schwer wieder
rehydriert, sprich
essbar gemacht,
werden konnten
und die Tuben
meist mehr wogen,
als das Essen an
sich, war das noch
nicht das Ende der
Geschichte.
Verbesserte Packungen erlaubten
verbesserte Mahlzeiten, was schon
für die Mitglieder der Gemini-Mission
in Leckereien wie Hühnchen mit Gemüse resultierte. Ab der Apollo- Zeit gab es
auch die Möglichkeit, an Bord Wasser zu
erhitzen und zum rehydrieren des Essens
zu benutzen, was die ganze Sache enorm
vereinfachte. Man schoss einfach heisses
Wasser mit einer speziell angefertigten
Wasserpistole in den dafür vorgesehenen Stutzen der Essensverpackung.
Während Skylab gab es für die Astro-
Vamp Frühling 2015
nauten durch Fusshalterungen sogar die
Möglichkeit, in der Schwerelosigkeit an
einem Tisch zu sitzen und zu essen. Fast
wie auf der Erde. Ausserdem konnten sie
wegen des grossen Platzangebots und
der damit verbundenen Speichermöglichkeiten zwischen 72 verschiedenen
Gerichten auswählen!
Heute können Astronauten fünf
Monate vor Abflug ein eigenes Menü
zusammenstellen, das auch noch von
einem Ernährungswissenschaftler auf
Tauglichkeit und Nährstoffgehalt überprüft wird.
Normalerweise dauert es nicht länger
als 25 Minuten, eine komplette Mahlzeit
für vier Personen so komplett vorzubereiten. Jeder bekommt sein eigenes Tablett mit Magneten für das Besteck und
Gummibändern zum Befestigen der Es-
33
Essen
sensverpackungen und des Mülls in der
Beinahe-Schwerelosigkeit. Nach dem
Essen wird der Müll gepresst und der
Rest mit feuchten Tüchern gesäubert.
Alles ist möglich: Spaghetti Carbonara,
Schweinebraten,
Rösti,
Ramen, Borscht, Sushi und Kimchi, fermentierter Kohl. Letzteres
ist Koreas Nationalgericht und drei
dortige Forschungsinstitute haben
mehrere Jahre und eine Million Dollar investiert, um selbiges fit für den
Weltraum zu machen.
Nur einer Sache hörte dann Spass
auf: Dass der Schwede Christer Fuglesang getrocknetes Rentier mit in
die Umlaufbahn nehmen wollte,
war den Amerikanern so kurz vor
Weihnachten doch zu pietätlos.
Zum Glück fand man im Elchbraten
schnell eine akzeptable Alternative.

Quellen
http://airandspace.si.edu/exhibitions/apollo-to-the-moon/online/astronaut-life/food-in-space.cfm
http://www.nasa.gov/audience/forstudents/postsecondary/features/F_Food_for_Space_Flight.
html
http://en.wikipedia.org/wiki/Space_food
http://spaceflight.nasa.gov/living/spacefood/
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Astronautennahrung_amerikanische.jpg
34
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Vamp Frühling 2015
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Essen
Lukas Feldhaus
Lebensmittelspekulation
Je höher der Preis für Weizen, desto besser gehtes doch dem Bauern in
Sambia!
Was sich ziemlich stark nach bierseliger Stammtischpolemik anhört, ist in
Wahrheit leider die Aussage von Michael
Schneider, Anlegemanager bei der Deutschen Bank. Die Begründung, dass ein
höherer Preis zu grösserer Motivation
führt, mehr anzubauen und es dann lokal zu verkaufen, klingt ja nun auch recht
sinnvoll. Schliesslich kann das Dorf des
sambischen Bauern günstiger Getreide
beziehen, als es über den teuren Weltmarkt einzuführen. Und schon hat die
Deutsche Bank die 2008 ausgerufene
Nahrungskrise ein klein wenig mehr gelöst und sogar noch ein bisschen Geld
verdient.
Ganz abgesehen von dieser hanebüchenen Logik stellt sich aber doch die
Frage, ob die vielbeschworenen Spekulationen auf den Preis von Grundnahrungsmitteln wie Weizen, Reis oder
Hirse wirklich etwas mit besagter Nahrungskrise zu tun haben. Denn das ist
eigentlich der Grund, wieso die grossen
Banken in den Fokus der Kritik geraten
sind (auch UBS und Credit Suisse spielen dabei eine tragende Rolle).
Diese durchaus kontrovers diskutier-
36
te Frage wird von vielen Faktoren bestimmt.
Zuallererst muss angemerkt werden,
dass die Lebensmittelbörse erst um die
Jahrtausendwende verwirtschaftlicht
wurde. Vorher konnte man Getreide
kaufen und verkaufen, aber erst nachher
auf fallende oder steigende Kurse wetten.
Die Diskussion um den Einfluss dieser Spekulationen begann, als einigen
NGOs wie foodwatch und Oxfam auffiel,
dass seit dieser Öffnung die Lebensmittelpreise insgesamt zu steigen begannen
und daneben enormen Schwankungen
ausgesetzt waren. Gerade im Vergleich
zur Zeit vor der Verwirtschaftlichung,
als die Preise eigentlich tendenziell im
Sinken begriffen waren.
Mit Spekulationen sind, wie gesagt,
die Wetten auf fallende oder steigende
Kurse gemeint. Auf fallende Kurse kann
man zum Beispiel mithilfe sogenannter
Leerverkäufe setzen: Vereinfacht gesagt
werden dabei Aktien oder Waren verkauft, die man noch gar nicht besitzt.
Der Verkäufer leiht sie sich von Dritten
und verkauft sie. Um sie dem Verleiher
zurückzugeben, kauft er sie zu einem
späteren Zeitpunkt – also bei gefallenem
Preis – vom Markt zurück und kann die
Differenz behalten.
Ein weiteres Instrument der Spekulation auf dem Terminmarkt sind noch
die „Futures“. Verträge, in denen sich
der Produzent dazu verpflichtet, an einem bestimmten Datum zu einem bestimmten Preis eine bestimmte Menge
zu liefern. Das sorgt auf beiden Seiten
für Planungssicherheit. Nun gibt es auch
noch weiter Händler, die mit ebendiesen
Verträgen Gewinne machen wollen. Sie
schliessen einen Future ab, lassen sich
den Weizen dann aber nicht liefern, sondern verkaufen ihn vor Ablauf des Vertrags teurer weiter. Die Differenz ist dann
ihr Spekulationsgewinn. Diese Händler
nennt man „Hedger“, Absicherer.
Solche Spekulationen haben einen
marktwirtschaftlich sehr positiven Effekt, da sie für Liquidität auf den Märkten sorgen.
Vamp Frühling 2015
Nun haben Banken ganz richtig angemerkt, dass Angebot und Nachfrage,
sowie Wetterumschwünge und politische Krisen wissenschaftlich gesehen
den Preis beeinflussen. Und keine Spekulationen. Und die Weltbevölkerung ist
sprunghaft gewachsen. Und ebenso gewachsen sind ihre Ansprüche und nunmehr bezahlbaren Wünsche nach umso
mehr Essen. Das lässt die Nachfrage anziehen und damit auch die Preise.
Allerdings wurde der Effekt entdeckt,
dass, wenn im Jahre 2007
die Nachfrage nach WeizenFutures für das Jahr 2015
ansteigt, das automatisch
auch den Preis für Weizen
im Jahr 2007 beeinflusst.
Die Nachfrage setzt den
Fortlauf der Zeit ausser
Kraft. Oder Menschen machen Fehler, eins von beidem wird es wohl sein.
Nun ja, extreme Preissteigerungen
führten
2007/2008 in mehreren
Ländern zu Hungerrevolten. So stieg
zum Beispiel der Preis für Mais in Äthiopien um 100%, in Uganda um 65% und
in Tansania um 54%, während der Preis
für Weizen in der gleichen Zeit in Somalia um 300% in die Höhe schoss, im Senegal um 100% und im Sudan um 90%.
Es ist unbestreitbar, dass es in all diesen
Ländern auch andere schwerwiegende
Probleme gibt, die ebenfalls den Lebensmittelpreis negativ beeinflussen dürften.
37
Essen
Aber ein Zusammenhang ist unbestreitbar vorhanden. Diese Zahlen wurden im
Zuge einer Studie herausgegeben, die gemeinsam von der Weltbank, UNCTAD
(United Nations Conference on Trade
And Development) und dem International Food Policy Research Institute
durchgeführt wurde.
Letztes Jahr wurden schliesslich die
EU-Finanzmarktrichtlinien verschärft,
Spekulation steigen, auch wenn niemand wirklich mit Gewissheit sagen
kann, dass es so ist. Denn, und so ist man
sich einig, es existieren einfach zu viele
Faktoren die diese Frage und sich gegenseitig beeinflussen, als dass irgendetwas
Bestimmtes darüber mit Gewissheit
gesagt werden kann. Betrachtet man allerdings die Turbulenzen, die geplatzten Blasen und Reichtumsträume in
was schon seit 2011 zur Debatte stand.
Gründe dafür dürften neben den moralischen Problemen auch die Gefahr von
Hungerflüchtlingen aus armen Ländern
sein. Des Weiteren haben viele exportstarke europäische Nationen das Bedürfnis nach sicheren Partnerstaaten, mit denen Handel getrieben werden kann.
Für mich ist diese Spekulation mit
dem grossen Problem versehen, dass es
sein könnte, dass die Preise durch die
der Börsenwelt, so stellt sich schon die
Frage, ob das Ganze auf den Lebensmittelmarkt übertragen werden sollte. Falls
mal ein Aktiendepot einem Preissprung
zum Opfer fällt, so haben die Anleger
ein Problem. Falls aber der Reispreis in
die Höhe schnellt, so hungern Millionen
von Menschen.
Von vielen Seiten werden die von der
EU vorgeschriebenen Richtlinien deswegen auch weiterhin scharf kritisiert.
38
Vorschläge für eine bessere Handhabung des Nahrungsmittelhandels sind
unter anderem:
• Die Rohstoff- und Finanzmärkte generell unterschiedlich zu behandeln
• Eine gesetzliche Definition von „exzessiver Spekulation” und die Schaffung
einer Aufsichtsbehörde. Hier wird die
amerikanische Aufsicht CFTC als Vorbild genannt, die Spekulation bekämpfen soll und auch vorbeugend tätig werden kann.
• Die Einführung von Mengenbeschränkungen (sogenannte Positionslimits) für spekulative Geschäfte. Sie
sollen verhindern, dass einzelne Akteure
durch ihr Handeln zu viel Einfluss auf
die Preise bekommen.
• Die Einführung einer Transaktionssteuer oder Börsenumsatzsteuer für
bestimmte Finanzprodukte. Sie soll vor
allem kurzfristige Spekulationsgeschäfte
unattraktiver machen und den Handel
bremsen.
Quellen
http://reset.org/knowledge/nahrungsmittelspekulation
https://www.db.com/cr/de/konkret-hintergrund-lebensmittelspekulation---die-fakten.
htm
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherungen/lebensmittelspekulation-uno-ernaehrungsexperte-ruegtdeutsche-bank/6837138.html
http://www.euractiv.de/sections/entwicklungspolitik/reizthema-lebensmittel-spekulation-die-fronten-sind-verhaertet-301637
http://cadtm.org/Banks-speculate-on-rawmaterials
http://www.oxfam.de/informieren/spekulation
http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-01/
deutsche-bank-lebensmittel-spekulation

Vamp Frühling 2015
39
Essen
Lorenza Della Bruna
Wormcracker
About Sea Crickets and Sky Prawns
Recently, a Swiss newspaper reported that a food technology student from Wädenswil has developed
a protein bar made of mealworms.
The insects should not be recognisable by appearence but only by the
slightly bitter taste. For this healthy
and environmentally fiendly product he was awarded the prize of
the swiss society for food science.
To be honest I don‘t find the prospect of eating a Balisto made of
mealworms really exciting. But I also
can‘t tell you exactly why.
Psycologist and cognitive neuroscientist R.
Herz argues that „disgust
is one of our most basic
emotions - the only one
that we have to learn - and
nothing triggers it more
reliably than the strange
food of others1.“ Is it just
a matter of culture?
It is reported
that when native ameri-
1 In [1], Chapter 3: Culture, religion and the history of enthomophagy.
40
cans - who were used to eating crickets,
locusts and grasshoppers - first saw a
shrimp, they called it sea cricket. This
fact has inspired the australians Christopher Carr and Edward Joshua of the
New South Wales Departement of Primar Industry to write the cookbook
Cooking with Sky-Prawns, which aims
at making us rethink the way we look at
insects. Intrigued by this fact, I decided
to do a small research on the web...
The practice of eating insects is known
as entomophagy and has a long history.
The really first mention
of this practice can be
found in the Bible. Even
Aristotle describes locusts as a delicacy of his
time, and Plinio il Vecchio reports about entomophagy in ancient
Rome. It is also known
that insects were consumed in Ethiopia around
the 2nd century BC, as
well as in ancient China. The birth of modern
entomophagy occurs in
1602 with the publication of De Animalibus Insectis Libri Septem by the Italian
naturalist Ulysse Aldovandi. In 1868 in
the state of Missisipi, Charles Valentine
Riley was the first appointed State entomologyst in America. One of his main
ideas was to control the number of locusts in nature by consuming them. A
few years later, the British entomologist
V. M. Holt published his book Why Not
Eat Insects - in which he was the first to
speak about environmental and social
advantages of insects, such as feeding the
poor and conserving resources.
Today, about two billion people worldwide are known to consume insects on a
regular basis. Of the 1900 edible species
known, the most commonly eaten are
beetles, caterpillars, wasps, ants, grasshoppers, locusts, crickets, cicadas, leaf
Vamp Frühling 2015
and planthoppers, scale insects and true
bugs, termites, dragonflies and flies.
But why aren’t insects being eaten in
western countries (anymore)? First of
all, the rearing of mammals provides us
with - beside a considerable amount of
meat - dairy products, wool, leather and
warmth; they can also be used as means
of transport or plogh traction. Moreover,
insects are difficult to store as staple food.
But the fact that we are eating pigs and
chickens rather than locusts and ants has
also to do with the perception of insects
as something „nocive“. In truth, of the
one million species of insects existing,
only 5000 among them can be harmful
to crops, livestock or human beings.
41
Essen
So, should we rethink the relationship we have with insects? Why? First
of all, entomophagy can be good for our
health. Insects are indeed a healthy, nutritious alternative to meat and fish, since
they are rich in protein and good fats,
high in calcium, iron and zinc.
Secondly, there are advantages also
for the environment: insects emit fewer
greenhouse gases (GHGs) and ammonia than most livestock. Moreover, no
landclearing is required in order to expand production. Since cold-blooded,
insects are also very efficient at converting feed into protein (for example, crickets need 12 times less feed than cattle,
4 times less than sheep and half as much
as pigs and chickens). Last but not least,
they can be fed with organic waste.
42
Also economical and social factors
come into play: insect rearing can indeed be very low-tech and requires in this
case a low-capital investment. It is therefore a good alternative for many people
in developing countries, including some
of the poorest segments of society and
particularily women and children.
Finally, insect rearing also has fewer
animal welfare issues and a lower risk of
transmitting zoonotic infections.
So... a mealworm bar, anyone?

Reading suggestions
• Creepy Crawly Cuisine: The Gourmet Guide to Edible Insects, Julieta Ramos Elordu
• Eat-a-Bug Cookbook: 33 Ways to Cook Grasshoppers, Ants, Water Bugs, Spiders, Centipedes and
their Kin, David George Gordon
• Man Eating Bugs: The Art and Science of Eating Insects, Peter Menzel and Faith D‘Aluisio.
Sources
Text
[1] http://www.fao.org/docrep/018/i3253e/i3253e00.html
[2]http://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/20445725
Images
• Wormcracker: http://www.sueddeutsche.de
• Graphs: from [1].
Vamp Frühling 2015
43
Essen
Lukas Feldhaus
Im Freien Übernachten
Essen und Leben der Obdachlosen in Zürich
Ich kenne ehrlich gesagt niemanden persönlich, dessen Leben so aus
dem Ruder gelaufen ist, dass er das
Dach über dem Kopf verloren hat.
Der seinen Job verloren hat, von
seiner Familie verlassen worden ist
und dessen Freunde sich von ihm
abgewandt haben. Nun, gesehen
habe ich schon einige, die mit langen Haaren, wallendem Bart, einem
enormen Rucksack oder Rollkoffer
in verwinkelten Gassen liegen und
tagsüber vielleicht mit einem Bier in
der Hand durch die Strassen ziehen.
Und wer kann sich das als normaler ETH-Student auch vorstellen? Zielstrebigkeit und Disziplin, so
heisst es, und aus uns werden dereinst anständige und erfolgreiche
Menschen. Und diese These ist auch
nicht von der Hand zu weisen. Doch
genau so lebte auch der Manager,
der nach einem Burnout innerhalb
von zwei Wochen von seiner Frau
verlassen wurde, dem in der Bank
gekündigt wurde und der dann auf
die falschen Freunde setzte, die ihm
auch noch sein Geld abnahmen, sodass er jetzt seit ein paar Monaten
im Flughafen übernachtet.
Insgesamt gelten in der Schweiz gemäss dem schweizerischen Bundesamt
für Statistik 13,3% aller Menschen als
von Armut bedroht. Das heisst, sie haben ein deutlich geringeres Einkommen
als die restliche Bevölkerung1 und sind
somit dem Risiko eines sozialen Ausschlusses ausgesetzt. Da die Schweiz allerdings einen so hohen Lebensstandard
aufweist, bedeutet das noch nicht direkt
die Konsequenzen, die man gemeinhin mit Armut gleichsetzt, also Hunger,
Krankheit und eben Obdachlosigkeit.
Zu dieser finden sich nur in begrenztem
Masse Statistiken und Informationen.
So wird zum Beispiel davon ausgegangen, dass in Genf etwa 1000 Menschen
auf der Strasse leben, für Zürich gibt es
aber keine genaueren Abschätzungen.
Viele Menschen setzen ihre Zeit, ihr
Vermögen und all ihre Kraft dafür ein,
den Menschen zu helfen, die aus der
Schweizerisches Bundesamt für Statistik:
http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/20/03/blank/key/07/02.html
1
44
Gesellschaft vollständig herausgefallen sind. Sei es durch
Krankheit, Sucht (laut einer
Studie der Psychiatrisch- Psychologischen Poliklinik der
Stadt Zürich 96% der Obdachlosen in Zürich von psychischen Störungen betroffen), Pech oder menschliches
Versagen. Schlafplätze werden
organisiert und bereitgestellt,
genauso wie sanitäre Einrichtungen und günstiges oder sogar kostenloses Essen.
Das Paradebeispiel für eine derartige Organisation ist die Schweizer Tafel,
die zusammen mit vielen Partnern in
der Ernährungsindustrie Lebensmittel,
die noch essbar sind, aber weggeworfen
werden sollen, an Bedürftige verteilen.
So kommen am Tag 17,4 Tonnen Obst,
Gemüse, Brot, etc. zusammen, die mit
der hauseigenen Kühltransporterflotte
an die über 500 Ausgabestellen gebracht
werden. In Zürich betrug der Gesamtwert der 2014 verteilten Lebensmittel
5,4 Millionen Franken.
Die Schweizer Tafel wurde 2001 nach
amerikanischem und deutschem Vorbild gegründet, nachdem das Konzept
der Deutschen Tafeln mit Hilfe von
Vamp Frühling 2015
McKinsey (der Unternehmensberatung) auf die Schweiz angepasst wurde.
Nach anfänglichen Startschwierigkeiten,
da die Idee von existenzbedrohender Armut in der Schweiz eher unbeliebt war,
entwickelte sich doch sehr schnell ein
breitgefächertes Netzwerk von Lebensmittelspendern und –verteilstationen.
Allein in Zürich gibt es 62 spendende
Unternehmen und 53 Orte, an denen
die Lebensmittel kostenlos ausgegeben
werden.
Natürlich sind die landesweit verteilten 4379 Tonnen verteilter essbarer Lebensmittel im Vergleich zu den
200.000 Tonnen, die pro Jahr in der
Schweiz weggeworfen werden ein
Tropfen auf den heissen Stein, aber
sehr viele Menschen profitieren davon. (Uni Basel: 1/3 aller Lebensmit-
45
Essen
tel werden im Zuge der Produktion
und des Verkaufs weggeworfen.)
Wer will, kann sich auch immer als
freiwilliger Fahrer und Essensverteiler bei der Tafel engagieren.
Eine weitere Möglichkeit, sich
selbst zu helfen, wäre das Containern, wobei man mithilfe eines
Plastiksacks und eines verbogenen
Kleiderbügels essbaren „Müll“ aus
Supermarktcontainern fischt. Diese Variante ist vollkommen legal,
solange man nichts aufbricht und über
keinen Zaun klettert. Allerdings versorgen sich so eher linksalternativ orientierte Akademiker als Menschen in Not.
Einige Menschen, die auf der Strasse
leben, haben das Übernachten im Freien – auch im Winter – zum Selbstzweck
und Lebensstil auserkoren. Sie werden
schon seit dem Sommer von Hilfsorganisationen wie der Heilsarmee oder der
Sozialwerke Pfarrer Sieber mit warmen
Klamotten, Decken und Handschuhen ausgestattet, damit im Winter auch
wirklich jeder voll ausgerüstet ist. Die
auch von verfrorenen Studenten sehr geschätzte Zwiebelschalentechnik verhilft
dann wirklich dazu, auch bei Minusgraden draussen zu übernachten.
Eigentlich gibt es aber gerade im Winter ausreichend viele Möglichkeiten in
Zürich, drinnen zu schlafen. Meistens jedoch gegen einen Obolus von rund fünf
2
Schweizer Tafel: www.schweizertafel.ch
46
Franken. So zum Beispiel in der Notschlafstelle des Kantons Zürich. Hier
gibt es gegen fünf Franken in bar einen
Platz in einem Mehrbettzimmer, einfache Verpflegung und Frühstück, eine
Dusche, psychologische Gespräche und
Weitervermittlung, sowie kostenloses
und steriles Injektionsmaterial und die
Möglichkeit der medizinischen Grundversorgung.
Unabhängig von diesen Möglichkeiten haben etwa 20 Obdachlose am
Flughafen Zürich eine Bleibe gefunden.
Des Nachts, wenn alles ruhig ist, schlafen sie auf den harten Aluminiumsitzen,
zeichnen Comics, die sie tagsüber weiterverkaufen und planen die nächsten
Tage. Wie sie zum Beispiel in die Stadt
fahren, weil dort das Duschen nur 10
anstatt der 15 Franken im Flughafen
kostet. Oder dass sie einmal wieder ihre
Kinder in Australien anrufen könnten,
wie zum Beispiel Sepp. Der 73-Jährige
lebt von 3800 Franken monatlich, aber
hat sich aus Bequemlichkeit und Unvermögen dazu entschieden, die Nächte im
Flughafen zu verbringen. Seine beiden
ausgewanderten Kinder wissen davon
allerdings nichts.
Die Flughafenbetreiber haben nichts
gegen die Bewohner, solange diese sich
„an ein paar ungeschriebene Regeln
halten“. Wie zum Beispiel nicht Pöbeln,
stinken oder stehlen. Dies scheint aber
augenscheinlich sehr gut zu funktionieren.
Alle gemeinnützigen Stellen, von denen hier berichtet wurde, freuen sich natürlich immer über Spenden, sowie über
freiwillige Helfer. Internetseiten finden
sich im Anhang.
Wer ausserdem seine linksalternative Ader ausleben möchte oder einfach
mal so eine Abwechslung zum spannungslosen Unialltag sucht und Lust auf
Containern bekommen hat, sollte sich
unbedingt den wirklich sehr interessanten Film „Taste The Waste“ von Valentin
Thurn einmal ansehen. (www.tastethewaste.com)

Quellen
www.beobachter.ch/leben-gesundheit/lebenshilfe-soziales/artikel/obdachlose_daheimwo-niemand-bleibt/
http://www.swissinfo.ch/ger/abtauchen-inVamp Frühling 2015
die-unbekannte-parallelwelt-obdachloser-einwanderer/40554214
http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/20/03/blank/key/07/02.html
http://www.srf.ch/news/schweiz/obdachlose-wohnen-am-flughafen-zuerich
http://www.caritas-zuerich.ch/cm_data/Soforthilfe.pdf
https://www.stadt-zuerich.ch/content/sd/
de/index/arbeitwohnendrogen/wohneinrichtungen/notschlafstelle/angebot_kosten.html
http://www.google.ch/
imgres?imgurl=http://www.heute.at/storage/
pic/bilder/news/wien/771641_1_2611_GruftNEU_Graf.jpg%253Fversion%253D1385415809
&imgrefurl=http://www.heute.at/news/oesterreich/wien/art23652,959704&h=667&w=1000
&tbnid=592HCO9Rt5g5HM:&zoom=1&docid=x
H3XS8XS0_YEEM&ei=8VIUVZvbH8b5POzCgIAE&
tbm=isch&ved=0CCgQMygMMAw
www.schweizertafel.ch
www.swsieber.ch
47
Alumni
Michael Stadelmann
ETH Alumni Math • Phys
Das Jahr beginnt wieder mit diversen Highlights!
Am 13.März präsentieren wir Euch das erste Mal den Event „postETH“ exklusiv für
D-MATH und D-PHYS Studierende und Doktoranden. Der Orientierungsanlass soll
Euch aufzeigen, was man nach dem Studium alles machen kann - und das ist viel.
Kurz darauf werden wir wie jedes Jahr die Masterparty 2015 organisieren. Wir freuen Euch eine neue Lokation zu zeigen und mit Euch zu feiern.
Nach zwei Jahren Studium an der ETH könnt Ihr auch schon bei uns Mitglied werden. Das ist kostenlos für Studierende und unsere Events sind stets kostenlos - das
heisst, es gibt nichts zu verlieren.
Für die angehenden Absolventen und damit baldige Alumni gibt’s zwei Jahre Mitgliedschaft kostenlos - und es warten noch andere Überraschungen auf uns.
Schreibt uns, falls Ihr Mitglied werden wollt und nutzt die Seite www.alumni.ethz.
ch.
Wir freuen uns auf Euch und wachsen weiter - wir zählen bereits über 1250 Alumni.
Euer Math • Phys Team
48
5 Fragen an Eveline Hardmeier
MSc ETH Phys 2010
Aufgewachsen in Schindellegi besuchte Eveline das Gymnasium in Einsiedeln, welches sie
2004 abschloss. Danach entschied sie sich für das
Physik-Studium, welches sie mit einer Ehrenrunde erfolgreich absolvierte. Im Anschluss hat sie
ihre Masterarbeit über galaktische Winde weiter
vertieft in der Rolle als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Eine Herausforderung fand sie anschliessend bei Helsana als Business Engineer im Bereich
Leistungen. Sie arbeitet hier in diversen Rollen wie
beispielsweise Projektleitung, Requirements Engineering oder fachliche Führung. Per 1. März 2015
beginnt Eveline als Beraterin bei ELCA.
Wieso hast Du Physik studiert?
Aus Interesse – ich habe mich schon früh für die Astrophysik interessiert und wollte
wissen, wie das Universum entstanden ist. Als meine Mathematik- und Physiklehrer
nicht wirklich an mich glaubten, habe ich mir gesagt – wenn eine Herausforderung,
dann eine Richtige. Daher habe ich mich für die ETH Zürich entschieden (lacht).
Welche Erinnerungen an Dein Studium an der ETH sind für Dich am
wichtigsten?
Also einerseits natürlich die Studentenparties, das BQM und all die Zeit, die man
mit Studienkollegen und -kolleginnen verbringen kann. Prägend war auch dieses Vakuum, wenn man gemeinsam auf die Noten wartete – oder mein einziger 6er an der
allerletzten Prüfung – jetzt hat man den Berg erklommen und ist auf der Spitze.
Was hast Du im Studium fürs Leben gelernt?
Das Studium hat mich sehr geprägt. Ich wollte es natürlich meinen ehemaligen
Gymnasiumlehrern zeigen und dies hat mein Durchhaltevermögen trotz (oder gerade
wegen der) Ehrenrunde sehr gestärkt.
Vamp Frühling 2015
49
Interessant war auch, dass die Lautesten meist keine Ahnung hatten und daher
nach den Basisprüfungen auch bereits wieder verschwunden waren. Dies gilt auch
heute noch.
Warum bist Du Mitglied bei ETH Alumni Math • Phys?
ETH Alumni Math • Phys ist genial – ich besuche regelmässig die Stammtische
und sie machen sonst auch echt gute Anlässe. Man trifft Studienkollegen, findet heraus, was andere so machen und kann sich austauschen. Und es haben meist alle ähnliche Probleme, Krisen und Freuden, sodass man weiss, dass man nicht alleine ist.
Welche Tipps kannst Du Studierenden für ihre Karriere geben?
Ich glaube das wichtigste ist, dass man an sich glaubt – auch wenn es andere nicht
tun. Daher:
Glaubt an Euch!
Zum Beispiel sollte man Niederlagen auch etwas positives abgewinnen können.
Eine Prüfung knapp nicht zu bestehen ist kein Weltuntergang, denn eine Ehrenrunde kann helfen eine wichtige Grundlagenbasis zu legen, sodass das Studium danach
etwas angenehmer wird.
Und natürlich: Geniesst das Studienleben – Realität kommt bald! MUAHAHA
50
Alessandro Lägeler
Die Pilger sterben nach Westen
Fjodor Dostojewski, „Der Idiot“
Es gehört ja mittlerweile zum guten
Ton, bei der Erwähnung eines Genies
eilig anzufügen, dass dieser zwingend
verrückt gewesen sei oder wenigstens
ein sozialer Tölpel. Ich will diese Besprechung also folgendermassen beginnen:
Das muss schon ein eigentümlicher Charakter gewesen sein, dieser
Fjodor Dostojewski: spielsüchtig,
stets verschuldet und von Sigmund
Freud später als neurotisch mit starkem Destruktionstrieb beschrieben.
Als Romancier stand er allerdings
den Meistern Flaubert, Thomas
Mann, Dickens usw. in nichts nach.
Währenddem Flaubert in seinen Romanen eine weltmännische Ironie und
Kühle an den Tag legt, sind die Romane
Dostojewskis – und insbesondere derjenige, den wir besprechen – von Groteske
getragen; man ist geneigt zu sagen, dass
Dostojewskis Romane an sich tragisch
sind, denn sie sind von einer Leidenschaft verzerrt, die beinahe unmenschlich scheint.
Der Roman Der Idiot, der zu den
Hauptwerken Dostojewskis zählt, han-
Vamp Frühling 2015
delt vom Fürsten Myschkin, einem Epileptiker - wie der Autor übrigens selbst
–, der nach einem Kuraufenthalt in der
Schweiz in die russische Gesellschaft
zurückkehrt. Die Figur des Fürsten –
des Idioten - zeichnet sich durch dessen
kindliche Einfalt aus, durch Gutmütigkeit, die dem Protagonisten offen vorgeworfen wird, – oftmals von denen selbst,
die ihn ausnutzen wollen.
Die weiter oben angedeutete Tragik
löst sich im Idioten – die zweite Hälfte
des vierten Teils ausgenommen – zur erhabenen Komik auf: ein Abwinken nach
dem Scheitern fiebriger Anstrengungen,
wenn man so will. Als würde aller Kummer über die Welt zum Lachen der Hoffnungslosigkeit. Ich empfehle das Buch
deshalb, weil das bedeutungsvolle Lachen in diesen Zeiten der Stand-Up-Comedy selten geworden ist – aber ich bin
dabei nicht ernst, ich scherze zur Hälfte.
Stefan Zweig schrieb in seiner Studie zu Dostojewski: „Leidenschaftlich
formt er [F.D.] seine Welt, und nur leidenschaftlich, nur erregt, kann man sie
genießen. Wie eine Krankheit erlebt
51
man die Krise seiner Menschen im Blute, wie eine Entzündung brennen die
Probleme im aufgepeitschten Gefühl.
Mit allen unseren Sinnen taucht er uns
in seine brennende Atmosphäre, stößt
er uns an den Abgrundrand der Seele,
wo wir keuchend stehen, schwindeligen
Gefühls, mit abgerissenem Atem.“ (Drei
Meister, Architektur und Leidenschaft)
und bringt damit das Lesen von dessen
Romanen über Umwege auf den Punkt.
Freilich ist der Roman auch bezeichnenderweise eine Auseinandersetzung
mit der Christlichkeit. Die Figur des
Kretins, des göttlich-inspirierten Geisteskranken, scheitert unvermeidlich.
Dostojewski soll einmal gesagt haben,
dass er sich zwischen Jesus und der
Wahrheit für ersteren entschiede; schon
allein in diesem Ausdruck spiegelt sich
seine verzweifelte Suche nach Licht.
Und als Dichter bringt er all dies in seinen Werken zum widerspiegeln: den
Kummer, die Leidenschaft, – selbst das
hastige Abwischen der feuchten Hand
beim Schreiben.
Und wie die im Idioten stets wiederkehrende Offenbarung des Johannes ist
auch der Roman selbst ein dunkles Urteil, eine Vorausahnung.
Es ist ein Roman wie eine Verzweiflungstat. Jedem die Lächerlichkeit.

Fjodor M. Dostojewski, Der Idiot, insel taschenbuch, 950 S., ca. 25 .-
52
Fjodor Michailowitsch Dostojewski, Der Idiot,
Fischer, 90
21. - 23. April 2015
An der grössten Recruitingmesse der ETH Zürich stellen sich während drei Tagen
über 130 Firmen den interessierten Studierenden vor und zeigen
Einstiegsmöglichkeiten
auf.
Zudem
werden
CV-Check
und
ein
Bewerbungsfoto-Service angeboten. Die Messe findet im Hauptgebäude der ETH
Zürich statt.
17. – 23. April 2015
Die Polyvorträge finden vor und während der Polymesse statt. Etwa 30 Firmen
geben einen vertieften Einblick in ihre Tätigkeit. Die Vorträge geben Studierenden
einen Einblick in typische Projekte und Arbeiten des Unternehmens sowie
Einstiegsmöglichkeiten (Anstellung, Praktikum, Masterarbeit).
www.polymesse.ch
Kommission des
Vamp Frühling 2015
53
VERBAND DER STUDIERENDEN AN DER ETH
Atomenergie – für eine strahlende
Zukunft
Volksaufklärung am Beispiel Japans nach dem Atomunglück bei Fukushima Daiichi
Als im März 2011 der vom TōhokuErdbeben verursachte Tsunami das
Atomkraftwerk Fukushima Daiichi
überschwemmte, schaute die ganze industrialisierte Welt mit angehaltenem
Atem nach Japan. Das Erdbeben, das
einen Wert von 9.0 auf der Richterskala
erzielte, unterbrach die Stromversorgung zur Anlage und führte möglicherweise zu einem Kühlmittelverluststörfall in Einheit 1. Der Tsunami zerstörte
seinerseits die Notstromaggregate und
der dadurch komplette Ausfall der
Kühlsysteme führte schliesslich zu
Kernschmelzen in drei der sechs Blöcke
und zu mehreren Wasserstoffexplosionen. Bereits 2006 war bekannt gewesen, dass ein unerwartet hoher Tsunami einen Stromausfall verursachen
und die Kühlsysteme zerstören konnte,
54
und nachdem die Japanische Atomaufssichtsbehörde NISA TEPCO darauf hingewiesen hatte, einigten sich beide Parteien stillschweigend darauf, die Sache
unter den Tisch fallen zu lassen. Nach
dem Unglück zögerte TEPCO nicht, die
Ursache für die Katastrophe gänzlich auf
den unvorhergesehenen Faktor – den
Tsunami - zu schieben, erdbebensicher
war die Anlage allerdings auch nicht[1].
Der damalige Premierminister Japans,
Naoto Kan, sagte später zu dem Vorfall,
dass Japans Existenz als souveräner Staat
auf dem Spiel gestanden habe[2].
Überall auf der Welt überdachten Staaten ihre Energiepolitik und überprüften
bereits laufende Kraftwerke auf Sicherheitsmängel und Defekte. Deutschland
verhängte nur 3 Tage nach dem Unglück
Hals über Kopf ein Atom-Moratorium
und setzte später den Termin für den
endgültigen Ausstieg auf 2022. Unvergessen bleibt auch die schlagartige Beliebtheit, derer die Grünen sich zu dieser
Zeit erfreuten.
In der Schweiz ging man die Sache
etwas gemächlicher an. Hier ist der Ausstieg bis 2034 geplant und wird aus einer
Laufzeitbeschränkung für Atomkraftwerke von 50 Jahren resultieren, die im
Anschluss nicht ersetzt werden.
Fukushima Daiichi, wie es heute aussieht (stand etwa 2014).
In den vielen Tanks wird kontaminiertes Kühlwasser gelagert.
(Quelle: Reuters)
Mittlerweile hört man kaum noch
etwas über das Unglück oder seine Folgen und man ist geneigt zu glauben, dass
alles im Endeffekt gar nicht so schlimm
war. Andernfalls würde es sich doch sicher bemerkbar machen. Ausserdem
hätte es viel schlimmer kommen können, zum Beispiel, wenn das Erdbeben
am Wochenende zugeschlagen hätte, da
Vamp Frühling 2015
dann weniger Personal vor Ort gewesen
wäre, oder wenn es signifikante Nachbeben gegeben hätte.
Aber laut dem Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO* ist glücklicherweise niemand an den Folgen der
ausgetretenen Radioaktivität gestorben,
im Gegenteil ist die Hintergrundstrahlung an der Grenze der Anlage noch unter dem Niveau, dem wir in der Schweiz
ausgesetzt sind[3]! Tatsächlich schätzt
die WHO, dass das Krebsrisiko für Kinder aus den am meisten betroffenen Gebieten um nicht mehr als 1% gestiegen
sei[4].
Um zu verhindern, dass man im Falle
einer nuklearen Katastrophe plötzlich
viele sterbende Kinder in den Statistiken hat, gibt es Jodtabletten. In der
Schweiz werden sie an alle verteilt,
die im Umkreis von 50 km an einem
Kernkraftwerk leben. Sie verringern
das Schilddrüsenkrebsrisiko indem sie
verhindern, dass das radioaktive Isotop Jod-131 vom Körper aufgenommen
wird und sich in der Schilddrüse sammelt. I-131 hat eine sehr kurze Halb*Wir reden von der WHO, die am 28. Mai
1959 zusammen mit der IAEO (Internationale Atomenergieorganisation) einen Vertrag
unterschrieben hat, der der IAEO die Hauptverantwortung für Forschung, Entwicklung und
praktischer Anwendung von Atomenergie zuspricht. Ausserdem sieht er vor, dass die beiden
Organisationen Absprache bei Themen halten,
die für beide Parteien von Interesse sind[5].
55
wertszeit von etwa 8.02 Tagen. Wenige
Wochen nachdem es aus den Reaktoren
in Fukushima Daiichi ausgetreten ist,
war das Meiste also schon wieder verschwunden.
Jodtabletten standen auch in den Gemeinden und Evakuierungszentren zur
Verfügung. Allerdings wurden diese aufgrund fehlender Anordnungen seitens
der Zuständigen bis auf wenige Ausnahmen, in denen sich einzelne Zentren
über diesen Entscheid hinwegsetzten,
nicht an die Bevölkerung verteilt[6] [7].
Stattdessen behauptete Dr. Shunichi
Yamashita, ehemaliger Leiter der Gesundheitsuntersuchungen und Berater
für Strahlungsrisiken, die Strahlungsbelastung der Umgebung sei so gering,
dass keine Einnahme von Jodtabletten
nötig sei. Lachen sei hingegen die beste Medizin. Denn wer glücklich ist und
voller Gelassenheit in eine strahlende
Zukunft blickt, dem kann Radioaktivität
offenbar nichts anhaben. Und überhaupt
könne bei einer jährlichen Belastung
von unter 100 mSv, also dem Grenzwert,
dem Arbeiter in Kernkraftwerken in Krisensituationen höchstens ausgesetzt sein
dürfen, sowieso kein erhöhtes Krebsrisiko nachgewiesen werden, also warum
sollte man sich Sorgen machen[8]?
Stets besorgt um das Wohlergehen ihrer Bürger hat die japanische Regierung
unter der Leitung von „Dr. 100 mSv“ Ultraschalltests der Schilddrüsen an Kin-
56
Shunichi Yamashita, a trusted friend in science.
(Quelle: DER SPIEGEL)
dern in der Präfektur Fukushima unter
18 Jahren durchführen lassen. Von den
300.000 untersuchten Fällen wurde nur
in knapp über 100 Krebs diagnostiziert
oder stark vermutet[9].
Normalerweise liegt die Rate für
Schilddrüsenkrebs in dieser Bevölkerungsgruppe bei 1-2 in einer Million.
Wie? Das entspricht keiner Steigung von
1%, sondern von zirka 30.000%? Na ja,
wir sollten uns von diesem Faktor edenfalls nicht die gute Laune verderben lassen!
Ebenfalls leicht nachzumessen ist radioaktives Cäsium. Die Halbwertszeit
von Cäsium-137 ist mit 30 Jahren allerdings etwas länger. Um die Perspektive
darauf etwas zurecht zu rücken: Von
dem Cs-137, das Tschernobyl ausgetreten ist, ist die Hälfte noch vorhanden.
Cäsium befindet sich in der Periodentabelle in der gleichen Kolonne wie Natrium und Kalium, es setzt sich also mit
Vorliebe in Muskelgewebe ab und wird
daher unter anderem mit Herzversagen
in Verbindung gebracht. Strontium-90
hingegen, das sich ähnlich wie Kalzium
verhält, hat eine Halbwertszeit von 28.8
Jahren. Es wird bei der Aufnahme durchschnittlich 14 Jahre in den Knochen gelagert und kann Leukämie verursachen.
Die Geräte zur Messung von Radioaktivität detektieren hauptsächlich
Gammastrahlen, die beispielsweise vom
Zerfallsprodukt von Cs-137, Ba-137, abgestrahlt werden. Cs-137 selbst, sowie
Sr-90 und Plutonium-239 sind allerdings Betastrahler. Selbst die von I-131
emittierte Strahlung besteht nur zu 10%
aus Gammastrahlen. Der gesamte Rest
besteht aus Betastrahlen, wird also nicht
gemessen und somit bei der Berechnung
der Hintergrundstrahlung grösstenteils
nicht miteinbezogen.
Während Gammastrahlen tiefer in das
Gewebe eindringen, sind Alpha- und
Betastrahlen ionisierender, sind also
schädlicher, sobald die Radionuklide,
die sie emittieren, erstmal vom Körper
Vamp Frühling 2015
aufgenommen worden sind[10]. Hintergrundstrahlung ist also ein weitaus
kleineres Problem, als Radionuklide, die
durch die Atemwege oder den Verzehr
verseuchter Lebensmittel absorbiert
wird.
Wer sich jetzt Sorgen macht, nach
dem Verzehr von etwas Obst genau so
schlimm dran zu sein, wie die Bewohner von Fukushima, darf beruhigt sein:
Das Bananenargument, das die Medien
gerne heraufbeschwören um ängstliche
Bürger zu beruhigen zieht nur oberflächlich: Bananen Strahlen K-40. Die
Aufnahme von Kalium wird vom Körper reguliert, es sammelt sich also nicht
immer weiter in bestimmten Organen
an. Ausserdem hat K-40 eine Halbwertszeit von etwa 1.25 miliarden Jahre. Die
Halbwertszeit gibt nicht nur an, wie lange ein radioaktives Isotop zum Zerfall
benötigt, sondern, folglich, auch wie viel
Energie es pro Sekunde abgibt. Je kürzer
die Halbwertszeit desto aggressiver die
Strahlung[11].
Und natürlich dauert es oft sehr lange,
bis aus Radioaktivität Krebs entsteht.
Laut einer Studie, an der Dr. Yamashita
selbst beteiligt war, ereignete sich der
Epidemiologische Gipfel im Fall von
Schilddrüsenkrebs erst zwanzig Jahre
nach dem Atomunglück in Tschernobyl.
[19]
57
58
Wenn man übrigens statt der WHO
Alexei Jablokow, Biologe und Umweltberater des ehemaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin, fragen würde, läge
die Anzahl der an den Folgen der Naturkatastrophe von Tschernobyl gestorbenen Menschen eher bei einer Million,
statt bei insgesamt etwa 4000[12].
Fukushima Daiichi liegt, von WHO und
Greenpeace ausgesprochen hohe Strahlungswerte gemessen und dessen Einwohner wurden erst Monate nach dem
Unglück evakuiert.
Die Dekontaminierung betraf zuerst
hauptsächlich Wohnhäuser und öffentliche Einrichtungen wie beispielsweise
Schulen. Eine effektive Lösung ist das
allerdings nicht: Die Verminderung der
Hintergrundstrahlung ist gering, und da
schwer zugängliche Regionen wie Berge
nicht dekontaminiert werden können,
wird die Radioaktivität am nächsten
windigen Tag wieder überall verteilt.
Mühe und Kosten hat man daran allerdings trotzdem nicht gescheut, und
nun stapeln sich in den Geisterstädten
der Präfektur Fukushima riesige Plastiksäcke, randvoll mit radioaktivem
Schutt. Diese sollen möglichst bald
in einer temporären Anlage auf dem
Die Evakuierung der umliegenden
Gebiete begann bereits am 1. März. Der
zu räumende Radius wurde im Laufe der
Zeit von 3, auf 10 und schliesslich bis auf
20 km angehoben. Bis zu 30 km war eine
freiwillige Evakuierung möglich, wurde
allerdings nicht entschädigt.
Dabei wurde völlig ignoriert, dass sich
Strahlung nicht einfach wie ein Ölfleck
ausbreitet. Die Entstehung dieser radioaktiven Zonen hängt unter anderem
von Wetterfaktoren wie Wind oder Niederschlag, und der Konfiguration des
Terrains (z.B. vom Vorhandensein von
Bergen oder Flüssen) ab. Ein Programm zur Vorhersage radioaktiver
Kontaminierung, das mit Echtzeitdaten arbeitet, gab es zwar, SPEEDI
(System for Prediction of Environment Emergency Dose Information) wurde aber anfänglich nicht
benutzt, bei der Evakuierung nicht
berücksichtigt, und seine Daten
wurden erst viel später der Öffentlichkeit zugänglich gemacht[6].
Abgetragener Boden wird vorübergehend vor Ort in Plastiksäcken
Tatsächlich werden im Dorf Iitate,
gelagert. (Quelle: Toru Hanai/Reuters)
das knapp 40 km Nordwestlich von
Vamp Frühling 2015
59
Kraftwerksgelände untergebracht und
dort so sicher gelagert werden, wie man
radioaktiven Müll eben lagern kann.
Oder man verbrennt ihn. Das spart
vor allem Platz, und da Cäsiumatome
zu klein sind, um von den Filtern der
Verbrennungsanlagen gefasst zu werden, werden sie wieder in die Luft katapultiert und legen sich auf dem Boden
ab, der dann erneut abgetragen werden
kann[13]. Rinse and repeat – die Baufirmen freut’s.
während man dort die Obergrenze der
Strahlenbelastung durch I-131, Cs-134
und Cs-137 infolge des Atomunglücks
nach unten drückte, glänzte die Europäische Union damit, dass sie die Grenzen
erst einmal lockerte. Von 600 Bq/kg für
Milch und 1250 für alle anderen Lebensmitteln, schob man den Maximalwert in Brüssel auf 600 bzw. 2000 Bq/
kg. Natürlich ohne das der Öffentlichkeit zu kommunizieren, wohl aus Angst
vor der Kritik, die es dann später auch
hagelte. Daraufhin wurden die Werte gesenkt[15].
Auch jetzt verbleiben viele kleine
Hotspots in bewohnten Gebieten in denen die gemessenen Strahlungswerte um
einen Faktor 1000 (µSv/h) höher sein
können, als in der unmittelbaren Umgebung[14]. Unter diesen Umständen
wird auch ersichtlich, wie wenig repräsentativ die Messstationen sind, die die
Regierung an öffentlichen Orten aufstellen gelassen hat. Sie dienen bestenfalls
dazu, die Bevölkerung zu beruhigen und
dazu sind sie wahrscheinlich auch da.
Unterdessen blutet Fukushima Daii- Rudolf mit der strahlenden Nase – Norwegisches Rentierfleisch brachte 2014 übrigens 8 kBq/kg auf die Waage.
chi weiterhin kontaminiertes Wasser in
den Pazifik. Nicht alles davon wird in (Quelle: http://www.adn.com/article/20141008/spike-norwegian-reindeer-radioactivity-linked-chernobyl)
den Ozean hinausgespült, viel problematischer ist die Strahlung, die im Hafen
liegen bleibt oder nahe der Küste auf den
Inzwischen ist es einer Gruppe von 8
Grund sinkt und dort Algen und Fische US-Marineoffizieren erfolgreich gelunverseucht. Und jeden Monat gesellen gen, TEPCO wegen Verbreitung irrefühsich 0.3 TBq durch verseuchtes Grund- render Informationen zu verklagen. Der
wasser dazu.
Konzern habe den Eindruck erweckt, es
bestünde keine Gefahr durch die StrahLebensmittel unterliegen in Japan lung. Die Soldaten waren auf der USS
übrigens strengen Kontrollen. Und Ronald Reagan stationiert, die sich zum
60
Zeitpunkt des Unglücks vor der Küste Kernkraftwerke abgeschaltet waren, soll
von Fukushima befand[16].
dieses Jahr das Kraftwerk Sendai wieder
Im Oktober 2012 hat eine interne Un- ans Netz gehen. Es befindet sich in der
tersuchungskommission einen Bericht überaus ungünstigen Nähe zu einem
veröffentlich, wonach TEPCO es un- aktiven Vulkan. Im Falle einer Eruption
terlassen habe, entscheidende Massnah- könnte das Kernkraftwerk ohne weiteres
men zur Vermeidung einer Katastrophe mit pyroklastischem Strom bedeckt werzu ergreifen. Unter anderem habe man den[18].
befürchtet, dass das Kraftwerk geschlosWas soll schon schiefgehen?
sen würde, wenn Studien über Tsunamirisiken veröffentlicht würden[17].

Schadensbegrenzung,
Reparaturvorgänge und Schadensersatzklagen
haben TEPCO an den Rand des Ruins  minister-of-propaganda@vmp.ethz.ch
getrieben. Um das Unternehmen vor
der Insolvenz zu retten, zahlte ihm die
japanische Regierung im Mai 2012 Unterstützung im Wert von 1 Mrd. Yen (9.6
Mrd. Euro). Im Gegenzug übernahm die
Regierung die Mehrheit der Stimmrechte und verstaatlichte dadurch das Unternehmen de facto.
Die Regierung selbst scheint sich
ebenfalls gut vom Fukushima-Schock
erholt zu haben. Der seit Dezember
2012 im Amt stehende Premierminister
Shinzo Abe gilt als Atomkraft-Befürworter und nachdem die Regierung so viel
Geld in Kernkraftwerke investiert hat,
zögert sie verständlicherweise, diese
jetzt aufzugeben.
Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass ausgerechnet das Land, in dem
sich das bisher schlimmste Atomunglück ereignete, nun wieder verstärkt
in Atomenergie investieren will. Und
nachdem in Japan vorübergehend alle
Vamp Frühling 2015
61
Quellen
Geschrieben mit Unterstützung einer sehr engagierten Quelle, die es vorzieht, anonym zu bleiben.
[1] http://warp.da.ndl.go.jp/info:ndljp/pid/3856371/naiic.go.jp/wp-content/uploads/2012/09/NAIIC_
report_hi_res10.pdf
[2] http://www.wsj.com/articles/SB10001424052970204624204577180231906156286
[3] 11. März 2011 – Ein Kraftwerk im Abgrund, Petros Papadopoulos, blitz-Ausgabe vom 8. Dezember
2014, Seite 20
[4] http://www.who.int/
[5] http://independentwho.org/en/
[6]http://www.ohchr.org/Documents/HRBodies/HRCouncil/RegularSession/Session23/A-HRC-23-41Add3_en.pdf
[7] http://www.deliberation.info/truth-fukushima-isis-report/
[8] http://www.spiegel.de/international/world/studying-the-fukushima-aftermath-people-are-suffering-from-radiophobia-a-780810.html
[9] https://www.youtube.com/watch?v=FMBADgtWXsw
[10] https://en.wikipedia.org/
[11] http://www.enviroreporter.com/2014/03/fukushima-the-perfect-crime/3/
[12] Chernobyl: Consequences of the Catastrophe for People and the Environment, Alexey V. Yablokov,
Vassily B. Nesterenko, Alexey V. Nesterenko, Annals of the New York Academy of Sciences, 2009
[13] http://www.fairewinds.org/
[14] A2-B-C: A Documentary Film by Ian Thomas Ash
[15] http://www.lebensmittellexikon.de/r0002550.php#u18
[16] http://www.washingtonsblog.com/2012/12/american-sailors-sue-tepco-for-lying-about-fukushima.html
[17] http://www.tepco.co.jp/en/press/corp-com/release/betu12_e/images/121012e0101.pdf
[18] http://www.digitaljournal.com/news/environment/japan-s-nuclear-reactors-near-active-volcanoes-unsafe/article/409305
[19] http://www.scielo.br/scielo.php?pid=s0004-27302007000500012&script=sci_arttext
62
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