Miroslav Klose

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Miroslav Klose
DAS FUSSBALLMAGAZIN #10 05 2006
Deutschland 2,80€ Schweiz 5,50sfr Österreich 3,20€ Luxemburg 3,20€ Spanien 3,80€
RUND
WWW.RUND-MAGAZIN.DE
RUND
DAS FUSSBALLMAGAZIN
#10 05 2006
RUND
DAS FUSSBALLMAGAZIN
Attentat auf WM
Beckham erneut im
Visier von Bin Laden?
Die Nummer Eins
Was Klinsmann von
Lehmann erwartet
Miroslav Klose
Wo der Bremer
Nationalstürmer
zum Freak wird
1. FC Köln
Overath kriegt das
Chaos nicht in Griff
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10.04.2006 12:28:34 Uhr
RUND
Einlaufen
LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER,
ausgeschlafen wirkte Miroslav Klose nicht, als er an einem Montagvormittag zum Termin in einem Bremer Autohaus erschien, um uns
in seine heimliche Leidenschaft, das Rallyefahren, einzuführen. Nein,
der Stürmerstar von Werder Bremen und der deutschen Nationalmannschaft war in den Nachtstunden nicht auf der Piste gewesen, seine
Zwillinge Luan und Noah hatten ihrem Papa weniger Schlaf gegönnt
als erhofft. Hellwach war der an der Wand sitzende Klose aber, als unser Fotograf Dirk Messner ihm über seine Beine stieg. Messner musste noch einmal die Beine des Torjägers überqueren, weil das unter Fußballern sonst Unglück bringe. Und das kann das Nationalteam nun im
Moment überhaupt nicht brauchen (ab Seite 60).
Wer in den Zeiten des so genannten Kulturkampfs Farsi in eine
Sprache des Westens übersetzen muss, ist nicht zu beneiden. Als der
iranische Regisseur Jafar Panahi mit seinem Fußballfilm „Offside“ den
Silbernen Bären gewann, wurde bei der Pressekonferenz scharf nachgefragt, ob der Dolmetscher bei politischen Fragen auch genau übersetze. Nach wochenlangen Anfragen war Fußballfan Panahi in Teheran zum RUND-Interview bereit, nur das Dolmetscherproblem blieb.
Schließlich hatten wir Glück, ein perfekt Deutsch sprechender Iraner
übersetzte: der Tontechniker von „Offside“. Panahi war einer der Gesprächspartner für unsere Titelgeschichte: Welche Rolle der Fußball im
Kampf der Kulturen spielt und wie groß die Gefahr von Terroranschlägen bei der WM in Deutschland tatsächlich ist, lesen Sie ab Seite 20.
Ende April, wenn das sehnsüchtig erwartete Panini-Sammelalbum
zur Fußballweltmeisterschaft erscheint, wird auch die RUND-Redaktion ihre Arbeit einstellen und sich auf die wirklich wichtigen Dinge
des Lebens konzentrieren. Unserem Autor Eberhard Schade und Fotograf Christian Jungeblodt gelang das, was vielen bislang verwehrt
geblieben ist: Sie durften sich einen ganzen Tag im Panini-Werk in
Modena umsehen, wo derzeit täglich bis zu 65 Millionen Fußballabziehbilder gefertigt werden. Massimo Felicani, für die Qualitätskontrolle verantwortlich, ließ keine Frage unbeantwortet und keine Tür
verschlossen. Nur in einem Punkt blieb Felicani bis zum Schluss hartnäckig: Eine Sammeltüte wollte er nicht herausgeben. Die werden bis
Monatsende unter Verschluss gehalten (ab Seite 88).
Viel Spaß beim Lesen wünscht IHRE RUND-REDAKTION
ILLUSTRATION ANNE-KATRIN ELLERKAMP
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RUND
Aufstellung
60
Inhalt 05 06
AM BALL
08
14
20
30
36
38
40
SCHNELLSCHUSS
FELDSALAT
DER HEILIGE KICK
KÖLSCHER BOCK
KOMMENTAR
STARGAST
LAGE DER LIGA
Das große Michael-Ballack-Quiz. Rätseln Sie mit!
Die elf kuriosesten Trainerentlassungen
Fußball im Visier des Terrors – Attentate bei der WM?
Der 1. FC Köln steht mal wieder vor dem Abgrund
Gras zu fressen ist keine gute WM-Vorbereitung
Zu Gast bei Nationalspieler Joe Cole vom FC Chelsea
So läuft es bei Ihrem Lieblingsverein und den anderen
GLEICHE HÖHE
46
52
56
59
60
64
68
46
DER PROFI SPRICHT
TORWARTTAKTIK
WM-TRAINER
FUNDSTÜCK
HEIMSPIEL
MENSCHENHANDEL
ERBSENZÄHLER
Rafael van der Vaart will nicht Hamburger König sein
Warum Jens Lehmann der Richtige für die WM ist
Japans Nationalcoach Zico im exklusiven Interview
Heiner Stuhlfauths Mütze und ein besonderes Finale
Miroslav Klose gibt Vollgas als Rallyefahrer
Boris Ngouo und sein Buch über Afrikas Beratermafia
10.000 Besucher in der Allianz Arena. Aber kein Spiel
IM ABSEITS
!!! ’s
gibt
Hier inne
Ge w !!
!!!
08
72
75
76
78
80
85
87
88
94
LÜGENDETEKTOR
SPIEL MIT PUPPEN
SAARLANDFERRARI
WAS WÄRE WENN
SEELSORGER
RICARDOS WELT
DER GROSSE WM-COUP
AUSLANDSREPORTAGE
WELTKLASSE
Ist Thomas Brdaric die größte Nervensäge der Liga?
Eine Schar Flitzer macht Ronaldinho total verrückt
Mustafa Hadji erkundet seine Heimat: Saarbrücken
Bayern München stellt den vierten Schiedsrichter
Bruder Jauri ist Gottesmann für Bundesligaprofis
Im trinkfreudigen England nüchtern bleiben?
Nico Patschinski soll bei der WM für Polen stürmen
Aus Modena kommen die berühmten Fußballbildchen
Ein Engländer mit Arthritis will Nationaltrainer werden
SPIELKULTUR
98
98
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INTERVIEW
AUSSTELLUNG
ESSEN WIE DIE STARS
TV-SERIE
CD-TIPP
KICK IM KINO
FILM
KURZFILM
BUCH
LESERBRIEFE/RUNDE PRESSE
IMPRESSUM/VORSCHAU
AUSLAUFEN MIT THADEUSZ
Daniel Cohn-Bendit hat was gegen Franz Beckenbauer
Fußball und Migration im Spiegel der Jahrzehnte
Fabian Ernsts Mutter buk Puffer fürs ganze Team
Stefan Feddersen-Claussen hat die Arschkarte: Torwart
RUND und Bear Family präsentieren „Ein Tor im Ohr“
Schauspielerin Nora Tschirner küsste miserabel
Im animierten Kurzfilm sind Lego-Figuren die Stars
In Berlin werden die besten Werke prämiert
Schmutziges Spiel, iPods und vieles andere mehr
Das sagen Sie über die neunte runde Ausgabe
Worauf dürfen Sie sich im Juni freuen?
Jörg Thadeusz weiß, warum rote Trikots nichts helfen
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RUND
Aufstellung
20
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KÖLSCHER BOCK: WENN LIEBE KRANK MACHT
Der 1. FC Köln steht mal wieder kurz vor dem Sturz in die Zweite
Liga. Für Misstöne sorgt nicht nur die sportliche Malaise, auch das
Umfeld von Präsident Wolfgang Overath macht sich immer wieder
angreifbar. Schade für die wohl leidenschaftlichsten Fans der Liga
DER HEILIGE KICK: TRIBÜNE DES TERRORS
Schon bei der Weltmeisterschaft 1998 wollte Osama Bin Laden
einen Anschlag auf die englische Nationalmannschaft um
David Beckham verüben lassen. Der 11. September und der
Karikaturenstreit haben das Kräftemessen zwischen Islamismus
und westlichen Werten nur verstärkt. Spielt auch der
Fußball im so genannten Kampf der Kulturen eine Rolle?
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AUSLANDSREPORTAGE: STARS AUS DER TÜTE
Modena in Norditalien ist berühmt für Mortadella, BalsamicoEssig und als Erzeuger des Sammelfiebers. Im Panini-Werk werden
täglich bis zu 65 Millionen Fußballabziehbilder hergestellt.
Ende April kommen sie tütenweise auf den Markt. Endlich!
WM-TRAINER: „PROBLEME IM DEUTSCHEN LAGER“
Als Spieler ist er eine Legende, als Trainer kommt Zico
mit Japans Nationalelf zur WM nach Deutschland. Im
Interview nennt er seine WM-Favoriten und verrät, was
das Klinsmann-Team für Probleme und Chancen hat
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RUND
Am Ball
AM BALL
Am Ball ist dort, wo etwas passiert. Und wo es wirklich wichtig ist.
Hier wird getreten, gegrätscht und geschossen:
„Die Mullahs können ein ganzes Land unter Druck setzen.
Aber wenn 100.000 im Stadion zusammenkommen,
dann haben die Mullahs Angst“ PARVIZ GHELICHKHANI
8 SCHNELLSCHUSS
Alles Ballack …? – Testen Sie, wie viel Sie über
den wichtigsten deutschen Spieler wissen
20 DER HEILIGE KRIEG
Tribüne des Terrors – al-Qaida und die WM:
Ein Report über Fußball und Fundamentalismus
30 KÖLSCHER BOCK
Wenn Liebe krank macht – Köln steigt ab,
wieder einmal. Ein Konzept ist nicht erkennbar
40 LAGE DER LIGA
Spannung von München bis Hamburg – RUND
testet 18 Bundesligisten auf Herz und Nieren
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AM BALL
Schnellschuss
ALLES BALLACK ...?
Hier kö
nnen
gewinn Sie
en
!!!
DIE ANTWORT, WER DER MOMENTAN WICHTIGSTE DEUTSCHE NATIONALSPIELER IST,
FÄLLT AUCH FUSSBALLLAIEN NICHT SCHWER. DAS RIESIGE MICHAEL-BALLACK-QUIZ
VON RUND IST DAGEGEN SO SCHWER, DASS ES AUCH HARDCOREFANS RÄTSELN LÄSST
FOTOS MICHAEL DANNER, SEBASTIAN VOLLMERT, BENNE OCHS, DPA, STRENESSE, SAMPICS, AP, IMAGO, WAGNER, WITTERS
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AM BALL
Schnellschuss
Michaels Hebamme: Heidemarie Bukow
FRAGE 1:
Was soll Ballack in der Kabine gebrüllt haben,
als er von Günter Netzers Kritik an ihm
(„Er ist charakterlich ungeeignet, ein Team zu
großen Siegen zu führen, denn in der DDR
zählte das Kollektiv“) im öffentlich-rechtlichen
Fernsehen gehört hatte?
f
„Scheiß ARD!“
FRAGE 2:
Welcher Fußballstar ist einen Tag nach Ballack
geboren?
a
„Scheiß Kapitalist!“
g
u
„Scheiß Besserwessi!“
Francesco Totti
i
Ruud van Nistelrooy
s
Andrij Schewtschenko
FRAGE 4:
FRAGE 3:
Was sagte Ballack über seine Schulzeit, das
auch Chelsea-Besitzer und Öl-Magnat Roman
Abramowitsch interessieren könnte?
Wofür hat Ballack, mittlerweile ein gefragter
Werbepartner, noch nicht geworben?
t
h
Pepsi-Cola
e
u
L’Oréal
b
„Ich kann viel besser Russisch als Englisch.“
„Rechnen war nicht so mein Ding.“
a
Müslibrot
„Erneuerbare Energien haben mich immer
interessiert.“
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AM BALL
Schnellschuss
FRAGE 5:
FRAGE 6:
Wen foulte Ballack im WM-Halbfinale 2002
und sah dafür die gelbe Karte?
Nach welchem Spiel sollen bei Ballack keine
Tränen geflossen sein?
n
a
Lee Woon-jae
r
nach dem WM-Halbfinale 2002
u
Lee Chun-soo
a
Lee Dong-gook
nach dem Champions-League-Finale 2002
a
nach dem Meisterschaftsfinale 2000
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AM BALL
Schnellschuss
FRAGE 7:
Ab wann war Ballacks zweites Jugendteam,
der FC Karl-Marx-Stadt, plötzlich der
Chemnitzer FC?
a
1. Juni 1990
n
13. Juni 1990
a
3. Oktober 1990
Karl-Marx-Städter: Michael und Mitspieler
FRAGE 8:
In welchem Alter kam Ballack zu seinem ersten
Fußballverein, der BSG Motor Karl-MarxStadt?
o
mit vier Jahren
b
g
mit sechs Jahren
mit sieben Jahren
FRAGE 9:
Welchen Beruf übt Ballacks Vater aus?
Stephan Ballack ist …
x
… Unternehmensberater
w
… Spielerberater
s
Jugend in Görlitz: Hier wuchs Michael auf
… Bauingenieur
Noch unbemalt: Ballack-Figur
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AM BALL
Schnellschuss
Geburtsort: Städtisches Krankenhaus Görlitz
FRAGE 12:
FRAGE 10:
Im früheren „Café am Markt“ in Kaiserslautern
lernte Ballack seine heutige Lebensgefährtin
Simone kennen, die damals dort kellnerte. Wie
heißt die Gaststätte heute?
n
FRAGE 11:
Ballack ist gebürtiger Görlitzer.
Wer nicht?
a
i
Ballackbar
Michael Ballack selbst ist stattliche 1,89 Meter
groß. Wie hoch war das Werbebanner mit
seinem Konterfei, das im Oktober 2005 am
Hamburger Radisson-Hotel hing?
Jens Jeremies
s
p
Brauhaus am Markt
20,06m
b
Jörg Berger
p
50m
i
c
Marktschänke
Dixie Dörner
70m
FRAGE 13:
Zu einer großen Karriere gehören auch große
Versprecher. Welche Aussage Ballacks sorgte für
Schmunzeln?
e
„So etwas kann man nicht trainieren,
nur üben.“
b
„Ich bleibe bei Bayer München, äh,
Leverkusen.“
r
„Die Hand war heute der dritte Fuß.“
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Schnellschuss
FRAGE 14:
Welchen Song spielte die SpVgg Unterhaching
als Torhymne nach Ballacks Eigentor?
l
s
u
„Anton aus Tirol“
„FC Bayern – Forever Nr.1“
„In München steht ein Hofbräuhaus“
Super-Fan: Katharina Lang, Wilhelmshaven
FRAGE 15:
FRAGE 16:
Franz Beckenbauers Golf-Handicap liegt bei
acht. Welches Handicap hat Ballack, der den
Spitznamen „Kleiner Kaiser“ trägt?
Was machten 15 Mitglieder eines BallackFanclubs vor dessen Haustür?
Ihm Gartenzwerge schenken
12
11
10
4
3
1
LÖ
2
SU
NG
SW
OR
T:
5
UND SO KÖNNEN SIE GEWINNEN:
Sind Sie schon in WM-Form? Die Beantwortung unseres großen Michael-Ballack-Quiz
hat Ihnen hoffentlich alles abverlangt. Aber auch kleine Fehler können ausgebügelt
werden, denn alle 16 Buchstaben sollen ein Lösungswort ergeben. Antworten bitte bis
zum 23.05.2006 an: Redaktion RUND, Pinneberger Weg 22-24, 20257 Hamburg, Fax:
040/808 06 86-99, info@rund-magazin.de, Stichwort: Michael Ballack
14
Wollten ihn überzeugen, bei Bayern zu
bleiben
13
r
7
55
6
a
16
b
Wollten mit ihm ins Wirtshaus gehen
15
31
a
8
b
22
9
e
Der Pre
Michi B is:
Trikot - allacks
handsig
niert
!!!
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05.04.2006 17:24:14 Uhr
AM BALL
Feldsalat
„UND WENN DIE MANNSCHAFT INS
ENDSPIEL KOMMEN SOLLTE, GIBT
ES NOCH MAL
EIN PROZENT MEHR ZINSEN!“
Eine Postangestellte versucht einen Tag nach dem 1:4 der deutschen
Nationalmannschaft gegen Italien das Postbank-Fifa-WM-2006-Weltmeister-Zertifikat
als lukrativen Geldanlagetipp zu verkaufen
WAS MACHT HELMES?
„Einmal weglaufen, immer weglaufen“
PATRICK HELMES gilt als eine der größten Offensivhoffnungen im deutschen Fußball.
RUND begleitet den 21-jährigen Stürmer vom ersten Profitag an auf seinem Weg
mit dem 1. FC Köln in der Bundesliga. Wir fragen jeden Monat: Was macht Helmes?
Stolze 185 Spielminuten stand Patrick Helmes bis zum 29. Spieltag
in der Bundesliga auf dem Rasen. Über acht Partien verteilen sich diese wenigen Fußballaugenblicke, und in der kurzen Zeit sind Helmes
drei Tore gelungen. Unter den Spielern, die in der laufenden Saison
öfter als einmal getroffen haben, gibt es keinen effektiveren – beim
1. FC Köln muss man gegenwärtig eine erfreulichere Statistik sehr
lange suchen. „Das klingt schon beeindruckend“, sagt Gerd vom
Bruch, der Berater des jungen Stürmers. Wären die Dinge doch nur
immer so eindeutig wie das nüchterne Zahlenwerk.
Angesichts der ganzen Fußballwahrheit sei die Saison „insgesamt
nicht so glücklich gelaufen“, findet vom Bruch. „Zwei Trainer, zwei
Philosophien, dazu Verletzungen im falschen Moment“, resümiert der
Mann mit voluminöser Stimme, „das war eine wichtige Erfahrung.“ Es
gehört zur Beraterrhetorik, die Situation der eigenen Spieler in rosasamtene Worte zu hüllen. Deshalb gefällt vom Bruch die Rechnung
mit der Effektivität sehr gut, sieht er Fortschritte „im fußballerischen
und im Mentalbereich“ und formuliert Sätze wie „in der Zweiten Liga
hängt der Brotkorb gleich hoch“, oder „ich sage meinen Jungs immer:
einmal weggelaufen, immer weggelaufen“. Das soll heißen, Helmes
möge doch in Köln bleiben, auch wenn er dort in der kommenden Saison wieder einen renommierten Konkurrenten vorgesetzt bekommt.
Auch Helmes denkt,
derart beraten, positiv:
„Für mich war es kein
schlechtes Jahr. Natürlich haben mich einige
Verletzungen zurückgeworfen, aber ich gehörte fast immer zum Kader. Dazu die drei Tore
in acht Spielen, das ist
schon ganz okay.“ Natürlich brodelt er, hat
Blut geleckt, schießt Zu selten in Fahrt: Patrick Helmes fährt zur U21-EM,
im Training unzählige kann in Köln aber kaum zeigen, was er kann
Tore, strotzt dabei vor Energie – darf aber nicht in den Ring. Erst in
der Zweiten Liga trauen Trainer Hanspeter Latour und Manager
Michael Meier dem Stürmer einen Durchbruch zu. Im Mai darf
Helmes sich wohl bei der U21-Europameisterschaft profilieren und
alle eines besseren belehren. Nur den 1. FC Köln wird er dann nicht
mehr retten. Wer weiß, vielleicht hat der Klub seinen Klassenerhalt
auf der Bank versauern lassen. DANIEL THEWELEIT, FOTO JEAN BALKE
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10.04.2006 12:32:53 Uhr
AM BALL
Feldsalat
INTERVIEW
„ICH BESIEGE DIE KRANKHEIT“
DIETER TRZOLEK setzt auf Zwiebelsocken und Blutegeltherapie
statt auf die Produkte seines Arbeitgebers Bayer Leverkusen.
Seit kurzem weiß der Physiotherapeut, dass er schwer an Krebs
erkrankt ist. Dennoch ist er beim Interview fröhlich wie eh und je
INTERVIEW PETER PUTZING, FOTO VLADIMIR KADLEC
Herr Trzolek, was passiert eigentlich, wenn
Sie und der Mannschaftsarzt unterschiedlicher
Meinung sind?
DIETER TRZOLEK Dann setze ich mich durch.
Als Jens Nowotny das Syndesmoseband riss,
war die Alternative Operation oder Natur. Ich
habe mich in Abstimmung mit Jens durchgesetzt. Er war schneller fit als nach einer OP.
Dann sind Sie auch gegen das „Fitspritzen“?
Das ist Körperverletzung. Man kann den
Schmerz einmal verdrängen – aber nie, wenn
es in die Muskulatur gespritzt oder mit Cortison gearbeitet wird.
Wenn Sie Ihr Pendel auspacken, ernten Sie
doch sicher Skepsis.
Da stehe ich drüber. Ein Spieler hatte permanent muskuläre und Achillessehnenprobleme.
Ich nahm das Pendel – und sofort war klar, dass
das an den Zähnen liegt. Einer wurde gezogen,
der Junge spielt seither beschwerdefrei. Einmal
sagte ich einem Fotografen, den ich nie zuvor gesehen hatte, nach dem Pendeln sein Geburtsdatum. Der war total perplex.
Wie kamen Sie zur Naturheilkunde?
Als gelernter Krankenpfleger bot sich das an.
Die Heilpraktikerausbildung machte ich dann,
um von den Ärzten unabhängiger zu werden.
Das ist auch alles nichts Neues. Es gab schon
früher die Blutegeltherapie. Heilt eine Wunde
schlecht, muss man Kirschsaft trinken, oder
man isst Weißkohlsuppe, die wurde schon früher zur Behandlung der Pest genommen.
Kein Wunder, dass man Sie „Miraculix“ nennt.
Bei mir kann jeder in die Schränke gucken.
Die Erfolge sind der Lohn für harte Arbeit. Ich
musste auch erst lernen, wie man Blutegel anlegt oder Zwiebelsocken präpariert. Apropos
Blutegel: Paulo Rink ist wegen der kleinen
Tierchen mal umgekippt.
Mit Südkorea waren Sie dreimal bei einer
WM. Werden Sie diesen Sommer wieder für die
Asiaten zuständig sein?
Leider nicht. Ich erhalte im Moment Bestrahlungen, die schlauchen ganz schön. Aber wenn
das vorbei ist, werde ich meinem Freund Klaus
Toppmöller bei der EM-Qualifikation mit dem
georgischen Team helfen.
Wie ist Ihr Gesundheitszustand im Augenblick?
Zuerst einmal hatte ich fast 59 schöne Jahre.
Jetzt kam dieser Tumor am Hals, der wurde
weggeschnitten. Aber die Schmerztabletten machen mich ganz kirre im Kopf. Das Schlucken
macht Probleme. Das ist auch ein Grund, warum ich im Moment nicht zu Auswärtsspielen
von Bayer fahre. Da es nicht sehr ansehnlich ist,
wenn ich esse, muss ich das niemandem zumuten. Aber das wird wieder. Ich kämpfe, ich besiege diese Krankheit.
BILDERRÄTSEL
WESSEN BEINE SIND DAS?
FOTO IMAGO
!!! ’s
gibt
Hier inne
Ge w !!
!!!
Welcher Bundesligaspieler hat so kräftige Beine, die noch
dazu so behaart sind? Antworten bis zum 22. Mai 2006
an: Redaktion RUND, Pinneberger Weg 22-24, 20257
Hamburg, Fax: 040-8080686-99, info@rund-magazin.de,
Stichwort: Beine. Wir verlosen ein Lipton-WM-Set
(www.lipton.de), bestehend aus fünf Fußballsesseln, einem
Grill, einem Sonnenschrim, sowie einem Minikühlschrank,
in dem Lipton Ice Tea Green gekühlt werden kann.
Die Antwort des April-Rätsels lautet: Klaus Augenthaler.
Die Gewinner des März-Rätsels (Hörbücher von
Hoffmann & Campe) sind: F. Kukies, Mainz; Ch. Penzler,
Tonna; J. König, Gütersloh; S. Katzenberg, Hamburg;
T. Müller, Chemnitz. Die Gewinner werden verständigt.
++KLEINKLEIN++
SHANGHAI – Ein Dutzend Eltern von Spielern
des im Nordosten von
China angesiedelten Liaoning FC der chinesischen Super League veranstaltete ein Sit-in vor
den Büros des Klubeigentümers in Shanghai. Acht
Stunden täglich soll protestiert werden – bis die
Gehälter der Profis endlich überwiesen werden.
Die Lohnschulden betragen umgerechnet ungefähr 200.000 Euro.
+++++++++++
ROTHERHAM – Ein Marsch zur Rettung von Rotherham United sollte es werden, finanziert von
einem Sponsor. 180 Fans des in eine Finanzkrise
gerutschten englischen Drittligisten gingen zu Fuß
über 43 Kilometer zum Auswärtsspiel nach Hudersfield. Nach 30 Kilometern kollabierten drei
Fans. Schuld war nach einer Meldung der „Yorkshire Post“ das beißende Märzwetter. Das Spiel
konnten die drei dennoch anschauen.
+++++++++++
LONDON – Mit 7:0 gewann der Stonewall FC
über eine Auswahl des britischen Unterhauses.
Der Stonewall FC ist der größte homosexuelle
Fußballklub der Welt. Auf Parlamentarierseite nahmen Abgeordnete aus allen Fraktionen teil.
+++KLEINKLEIN+
MANZINI – Die ASE-Investmentgruppe mit Sitz in
Singapur investiert in den
Fußball in Swasiland. Einer
Meldung des „Swazi Observer“ zufolge stiftete die
Gruppe dem Zweitligisten
Fairview Chiefs acht Paar
Fußballschuhe. Der Klubmanager Mandla Ndzinisa bedankte sich bei dem großzügigen Sponsor.
+++++++++++
BERLIN – Eine Pressemitteilung der Deutschen
Bahn AG: „BERLIN (ots) – (Berlin, 28. Februar
2006). Die japanische Fußballnationalmannschaft
musste leider aus organisatorischen Gründen ihre für heute geplante Fahrt mit dem ICE von Essen
nach Frankfurt/Main absagen.“ Konnte der Anschlusszug nicht warten? Wurde in Essen über
den Gleiswechsel zu spät informiert?
+KLEINKLEIN+++
LONDON – Die BBC gerät jetzt unter Druck, weil
sie für einen vom ehemaligen Nationalspieler Gary Lineker moderierten Dokumentarfilm über die
WM 1986 der in England ohnehin nicht beliebten
Fußballlegende Diego Maradona umgerechnet
70.000 Euro Honorar gezahlt hat. Hugo Swire, kulturpolitischer Sprecher der Konservativen, wandte sich gegen die „sensationalistische und populistische Story“.
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10.04.2006 12:33:01 Uhr
AM BALL
Feldsalat
KARL-HEINZ HEDDERGOTT
RINUS MICHELS
Der letzte große Erfolg lag erst drei Pflichtspiele zurück: der
Gewinn des DFB-Pokals mit dem 1. FC Köln. Zu Beginn der
Saison 1983/84 genoss Rinus Michels das Vertrauen des
Vorstands. Doch zunächst eine knappe Heimniederlage gegen Bielefeld, dann eine Auswärtsschlappe in Düsseldorf
– am 21. August 1983 wurde Michels entlassen. Nach dem
zweiten Bundesligaspieltag.
In seinem Buch „Neue Fußball-Lehre“ hatte der Dozent den
Fußball modernisiert. Der Theoretiker sollte in Köln das Erbe
von Hennes Weisweiler antreten. Doch Heddergott ließ die
Profis „Hipp-Hipp-Hurra“ schreien und „spielte uns Lieder
auf der Klampfe vor“, klagte Bernd Schuster. Heddergott
schmiss ihn raus. Nach dem sechsten Spieltag der Saison
1980/81 war auch für ihn Schluss.
OTTO REHHAGEL
Es war keine gute Idee von Otto Rehhagel, 1995/96 zum
selbst ernannten FC Hollywood zu wechseln. „Otto, warst
du zu weich?“, grübelte er, während Gattin Beate die Koffer
packte. Platz zwei in der Bundesliga und das Erreichen des
Uefa-Cup-Finales zählten nicht. Franz Beckenbauer übernahm die Bayern und gewann den „Cup der Verlierer“, der
doch eigentlich Rehhagel gebührt hätte.
DIE KURIOSESTEN TRAINERENTLASSUNGEN
IHR KÖNNT
NACH
HAUSE FAHREN
HORST BUHTZ
∫
FOTOS IMAGO, DPA
Da führt einer Borussia Dortmund nach Jahren des Leidens
wieder an die Tür zur Bundesliga und fliegt dann raus: Weil
Buhtz bereits in Nürnberg unterschrieben hatte, dem Gegner in den Relegationsspielen 1976, musste er vorzeitig das
Westfalenstadion verlassen. Über Nacht wurde Otto Rehhagel verpflichtet, der die Ernte einfuhr.
ROLF SCHAFSTALL
„Dreck, wo du hinguckst. In der Kabine steht keiner auf, hört
keiner zu. Kein Anstand. Alles Ossis.“ Das Eiserne Kreuz des
deutschen Fußballs wird Rolf Schafstall wegen besonderer
menschlicher Härte angeheftet. Seine vorletzte Trainerstation
bei Dynamo Dresden endete nach 56 Tagen, nachdem Eisen-Rolf zwanghaft die Überlegenheit des Westdeutschen
gegenüber dem Ostdeutschen beweisen wollte.
CHRISTOPH DAUM
TONI SCHUMACHER
Gegen Mannheim spielte Fortuna Köln eine Halbzeit so
schlecht „wie vor Christi Geburt“, rief Präsident Jean Löring
den Fans auf dem Weg in die Kabine erregt zu. In der Umkleide handelte der „Schäng“ und warf den „Tünn“ noch in
der Pause raus. „Löring war nicht mehr Herr seiner Sinne“,
erinnert sich Toni Schumacher an diesen 15. Dezember
1999. „Ich bin so traurig“, stammelte Löring.
Der Einzige in der Runde, der zwei Trainerposten auf einmal
verlor: Nachdem er sich selbst des Gebrauchs von NasenAta überführte, saß er weder bei Leverkusen auf der Bank
noch durfte er die Bundesbuben zur WM coachen. Legendär bleiben die Haarprobe und die Verzweiflung seines Bodyguards Calmund. Aber inzwischen ist das alles „Schnee
von gestern, ich hab’ die Nase voll davon“. (Rainer Zobel)
HERBERT WIDMAYER
Trotz Meisterschaft und Pokalsieg mit dem Nürnberger Club
war Herbert Widmayer der erste Trainer, der nach Gründung
der Bundesliga entlassen wurde. Fünf Jahre später kam es
für ihn noch dicker: Als nordbadischer Verbandstrainer
sprang er beim abstiegsbedrohten Aufsteiger Karlsruher SC
ein – um nach acht Tagen, zwei Spielen und 0:7 Toren wieder die Papiere zu bekommen.
BRANKO ZEBEC
WILLI ENTENMANN
Wenn es stimmt, dass man auf dem Gipfel des Erfolges abtreten soll, dann wurde der Schwabe genau im richtigen Moment geschasst: Am 6. November 1993 schenkte er dem
1. FC Nürnberg einen glücklichen Moment, als die Clubberer die Bayern mit 2:0 schlagen konnten. Am 9. November
entließ ihn Präsident Gerd Voack. Wahrscheinlich, weil Entenmann beliebter war als er.
*
Verhasster Teufel Alkohol. Ein Bild des Jammers, wie Branko Zebec volltrunken auf der Trainerbank wegsackte und mit
schwerer Zunge unverständliche Anweisungen gab. Der
Hamburger SV entließ seinen alkoholkranken Meistertrainer
am 16. Dezember 1980, obwohl der Kroate die Rothosen
an die Tabellenspitze geführt hatte. Meister wurde Bayern
München mit dem trockenen Ungarn Pal Csernai.
REINHOLD FANZ
„Umgangen und tief enttäuscht“, ja „überrumpelt und geradezu brüskiert“ fühlte sich Ende 2004 der Sponsor des
Karlsruher SC. Weil der Klub einen Trainer eingestellt hatte, mit dem sich EnBW-Boss Utz Claaßen schon bei Hannover 96 nicht einigen konnte, wer die größere Sandburg
bauen darf. Reinhold Fanz musste gehen. Und wechselte
hoffentlich seinen Stromanbieter.
Wir suchen die Männer des Kreidepunkts: Helden und Versager bei Elfmeterschießen der WM-Vergwangenheit. Schreiben Sie an: redaktion@rund-magazin.de.
Stichwort: Elfmeterschießen. Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen Lesern bedanken, die uns Monat für Monat mit guten Hinweisen unterstützen.
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AM BALL
Feldsalat
UMFRAGE
5
WAS HAT DEM DEUTSCHEN FUSSBALL
AM MEISTEN GESCHADET
(die
RUND-Online-Umfrage im März)
Brasilien, Argentinien, Holland, England, weil sie den deutschen WM-Sieg gefährden – 37,7%
HEUTE:
RONALDINHO –
das Formtief des Lukas Podolski – 9,9%
und seine Privatbibliothek
FOTO IMAGO
Christian Wörns – 22,1%
1_
Zähne zeigen
(Zadie Smith)
die Vogelgrippe und Bärbel Höhn – 12,5%
2_
Mein Katalonien
(George Orwell)
die Fifa – 17,8%
3_
Blau und Rot
(Wieland Herzfelde)
4_
Jeden Monat stellen wir Ihnen auf unserer Homepage eine RUND-Frage zum aktuellen Fußballgeschehen.
Das Ergebnis folgt im Heft darauf. Unter www.rund-magazin.de/voting können Sie jederzeit abstimmen. Im
vergangenen Monat nahmen 1206 Personen teil.
No Logo!
(Naomi Klein)
5_
Die Rabbit-Romane
(John Updike)
UNTER DER ZEITLUPE
CHRISTIAN WÖRNS
Mannheimer Schnitt: Nur der Leberfleck von Christian Wörns hat sich nicht
verändert – 14 Jahre liegen zwischen diesen Aufnahmen. FOTOS IMAGO
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AM BALL
Der heilige Kick
Tribüne des Terrors
Nach Karikaturenstreit und
11. September: Kann der Fußball
von dem verschont bleiben, was
„Kampf der Kulturen“ genannt
wird? Auf dem Platz findet
er bisher nicht statt. Doch schon
1998 plante Osama Bin Laden
ein Attentat auf ein WM-Spiel
VON MATTHIAS GREULICH, MARTIN KRAUSS, MALTE OBERSCHELP, RICO RIZZITELLI UND CHRISTOPH
RUF, ILLUSTRATIONEN ESKÅH, FOTO MUSTAFA DENIZOGLU, DPA, PIXATHLON, GETTY, IMAGO
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Der heilige Kick
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AM BALL
Der heilige Kick
Grausames Attentat auf die Fußballweltmeisterschaft: Bis heute ist es der Weltöffentlichkeit kaum bekannt, dass radikale Islamisten im Stadion von Olympique Marseille
mehrere englische Nationalspieler töten wollten. Das war 1998, England spielte gegen Tunesien, und die Terroristen wollten als Ordner verkleidet in den Innenraum des Stadions
gelangen. Zeitgleich sollte auch die Nationalmannschaft der USA in ihrem Mannschaftsquartier in Paris angegriffen und getötet werden. Das Attentat wurde vereitelt
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AM BALL
15. Juni 1998. Fußball-WM in Frankreich.
Vor 54.000 Zuschauern findet im Marseiller
Stade Vélodrome das Vorrundenspiel England
gegen Tunesien statt. Bereits an diesem Tag
hätte die Welt das erleben können, was sie
drei Jahre später, am 11. September 2001 in
New York, atemlos ansehen musste: einen
Terroranschlag bislang ungeahnten Ausmaßes. In Marseille wollte die Groupe Islamique
Armé (GIA) in den Innenraum des Stadions
eindringen und zunächst den englischen Torwart David Seaman erschießen. „Das wird das
Signal für die anderen Glaubensbrüder sein,
mit der weiteren Aktion zu beginnen“, heißt
es in dem schriftlich niedergelegten Plan.
„Der zweite Bruder soll eine Granate in Richtung der Reservespieler am Rande des Feldes
werfen. Der dritte Bruder soll eine Waffe tragen und Shearer erschießen, der auf der Seaman gegenüberliegenden Seite steht.“ Zeitgleich wollten Terroristen der mit al-Qaida
verwobenen GIA in Paris das Hotel stürmen,
in dem das Team der USA logierte und sich gerade gemeinsam im Fernsehen das EnglandSpiel ansah.
Die französischen Behörden hielten den Fall
damals unter der Decke, die Polizei ließ lediglich verlauten, sie habe bei Razzien Material
gefunden, das „auf eine terroristische Operation während der WM“ hindeute. Zwei Wochen
vor Beginn der WM konnten Interpol und Europol die Täter fassen, die Olympique-Marseille-Dauerkarten besaßen und sich als Ordner Zutritt zum Stadion verschaffen wollten.
Das schwächte die Organisation, die bereits
1996 in der Pariser U-Bahn Bomben gezündet
und so mehrere Menschen getötet hatte, so
sehr, dass sie von einem Anschlag auf die englischen Fußballer absehen musste.
Der große Schlag der islamistischen Terroristen erfolgte erst am 11. September 2001.
Jürg Altwegg, Autor des Buches „Ein Tor, in
Gottes Namen!“, hält den Anschlag auf das
World Trade Center gar für ein „Ersatzattentat“, nachdem der Anschlag auf die englische
Mannschaft 1998 gescheitert war.
Auch für die WM 2002 in Japan und Südkorea plante al-Qaida einen Angriff, wie Scheich
Der heilige Kick
„Kanake“ oder „Nazi“: Provokationen beim Fußball
Schalid Mohammed, ein in den USA verhafteter Hintermann des 11. September, zugab. Zu
Anschlägen sei es deshalb nicht gekommen,
weil al-Qaida in Asien zu schwach organisiert
sei und nicht auf lokale Netzwerke zurückgreifen konnte. Die Bühne Fußballweltmeisterschaft lag nahe, schließlich sind Osama Bin
Laden und seine Mitstreiter seit jeher vom
Fußball fasziniert (siehe Zeitleiste Seite 24),
Bin Laden selbst wurde mehrfach bei Arsenal
London gesehen. 1998 befahl er persönlich der
GIA, auch an den englischen Trainer Glenn
Hoddle sowie „zwei jüngere Spieler, die bald
sehr bekannt sein werden, David Beckham
und Michael Owen“, zu denken. „Bin Laden
ist Fußballfan und hat doch jahrelang daran
gearbeitet, dessen größtes Event zur Plattform seiner Version von Apokalypse zu machen“, schreibt der britische Autor Adam Robinson in seinem Buch „Terror on the Pitch“.
Was das für das anstehende WM-Turnier
2006 in Deutschland bedeutet, lässt sich kaum
sagen: Auf der einen Seite warnt der Iran die
deutschen Behörden vor möglichen Anschlägen auf seine Mannschaft. „Wir nehmen entsprechende Hinweise ernst“, erklärte Bayerns
Innenminister Günther Beckstein. Die „Süddeutsche Zeitung“ vermerkt andererseits, dass
eher „im Gefolge des Teams Personen nach
Deutschland kommen, die hier politisch aktiv werden wollen und mit denen sich dann
hiesige Sicherheitsbehörden beschäftigen
müssten“.
„Ich hatte unverhofft die Ehre, die iranische
Fußballnationalmannschaft getroffen zu haben“, sagt Klaus Stuttmann. Der Berliner Karikaturist veröffentlichte im „Tagesspiegel“ ei-
ne Zeichnung zur Diskussion um den Einsatz
der Bundeswehr während der WM. Sie zeigte
ein deutsches Team in Bundeswehruniform
und eine iranische Mannschaft, die Sprengstoffgürtel umgeschnallt hat. „Meine Karikatur hat nichts mit dem Iran oder dem Islam
zu tun“, sagt Stuttmann, „sondern mit Wolfgang Schäuble“, dem Innenminister. Gleichwohl erhielt Stuttmann Morddrohungen und
musste untertauchen. Die meisten der Drohungen kamen von Exiliranern. „Das geht aus allen E-Mails, die ich erhalten habe, hervor. Aus
Südafrika, aus Kanada, von überall.“ Stuttmann
glaubt, dass „für die Exiliraner die Nationalmannschaft das einzige Identifikationsmittel
mit ihrer Heimat ist. Mit der Regierung können sie sich nicht identifizieren, da bleibt nur
der Fußball. Daher ist die Fußballnationalmannschaft der eigentliche Repräsentant des
iranischen Volkes.“
„Der 11. September war ein
Ersatzattentat“ JÜRG ALTWEGG, AUTOR
Durch Karikaturen, die im September 2005
in der dänischen Zeitung „Jyllands Posten“ erschienen und den Propheten Mohammed zeigten, fühlten sich nicht nur Iraner und nicht
nur Fundamentalisten beleidigt. Mohammed
Zidan spielt bei Mainz 05 in der Bundesliga,
er ist ägyptischer Nationalspieler und besitzt
auch die dänische Staatsbürgerschaft. „Einerseits weiß ich, dass die Zeitungen die Freiheit
haben, solche Karikaturen zu veröffentlichen“,
sagt Zidan, „andererseits sind sie vielleicht
auch zu weit gegangen, weil sie die Gefühle
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Der heilige Kick
{ Fußball oder Islam? ?malsI redo llabßuF }
der Menschen nicht respektiert haben.“ Zidan
distanziert sich von den hasserfüllten Reaktionen. Er will mit der Sache nichts zu tun haben. „Ich war traurig, dass die Karikaturen
ausgerechnet aus Dänemark kamen, wo ich ja
einige Jahre gelebt habe“.
Die Empörung über die dänischen Karikaturen kann an ein oft anzutreffendes Gefühl
der Demütigung anknüpfen. „Man darf nicht
vergessen, dass die Bilder aus Abu Ghraib im
Gedächtnis aller Muslime sind“, sagt der Fußballtrainer und Journalist Holger Obermann.
„Auch was in Guantánamo passiert, geht den
Menschen sehr unter die Haut.“
Der amerikanische Politologe Samuel Huntington hat vor Jahren den „Clash of Civilizations“ ausgerufen, den Zusammenprall der
Zivilisationen. Die Globalisierung bringe Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen näher zusammen, das bewirke Konflikte. „Wir werden deshalb in Zukunft wohl noch
häufiger erleben“, prognostiziert Huntington
heute, „dass die Völker sich gegen das auflehnen, was sie als negative Konsequenzen der
wirtschaftlichen Globalisierung empfinden.“
Amr Khaled ist ein ägyptischer Prediger. Er
lebt seit vier Jahren in England, da er in seiner Heimat als Islamist gilt und nicht mehr
auftreten darf. Nun verschickt er im Internet
Briefe an seine immer größer werdende Gemeinde, die ihn als „islamischen Superstar“
(„Die Zeit“) verehrt. „Das größte Problem ist
der Import von etwas, was uns nichts angeht,
was nichts mit unserer Kultur zu tun hat“, sagt
er. Viele Anhänger von Khaled und anderen
Islamisten empfinden den Fußball als kulturelles Angebot des Westens, als ein kapitalistisches Gift, das die muslimische Jugend verdirbt. „Fußball ist ein Ziel der Anschläge“, sagt
Jürg Altwegg, „zum einen wegen der Aufmerksamkeit, zum anderen weil er unbestritten der
Sport der Globalisierung ist. Und es hat mit
dem generellen Kampf der Fundamentalisten
gegen den Fußball zu tun. Die Taliban haben
ihn in Afghanistan verboten.“
Holger Obermann, der in Afghanistan jahrelang fußballerische Entwicklungshilfe leistete, beschreibt das Verbot als „eine Schikane,
um Kinder in die Moschee zu bringen. Die
Taliban waren gegen alles, was die Fröhlichkeit bei Kindern ausmacht.“ Obermann nennt
Beispiele: „Im Bezirk Parwan, 60 Kilometer
nördlich von Kabul, spielten etwa 30 Kinder
ein Straßenfußballturnier aus. Die Taliban
sind mit Hubschraubern gekommen, haben
auf sie geschossen und einige der Kinder getötet. Das haben mir Überlebende erzählt.“
Der deutsche Trainer Rainer Zobel arbeitete bis Juni 2005 bei Persepolis Teheran, dem
1967
FAN BIN LADEN
1994
1992
1974
1957
Bin Laden wird in
Dschidda geboren.
Als kleiner Junge spielt
er mit einigen seiner
24 Brüder Fußball, auf
Grund seiner Größe
meist als Torhüter.
populärsten Klub im Iran. Er verließ den Verein, unter anderem, weil mit Mahmud Ahmadinedschad ein fundamentalistischer Hardliner Präsident des Iran wurde. „Es gibt keine
Organisation, die nicht von der Regierung kontrolliert wird“, sagt Zobel. „Man weiß ja nicht,
wer da alles im Verein sitzt und mitredet und
berichtet. Das kann auch Geheimpolizei sein.“
Der Fußball im Iran ist ein umkämpftes Feld.
Das weiß auch der Präsident, der als passabler Fußballspieler gilt: Fotos zeigen ihn beim
Schusstraining, allerdings mit langen Hosen
und langen Ärmeln, so wie es seine Lesart
des Koran verlangt. „Vor Länderspielen geht
Ahmadinedschad in die Kabine und gibt der
Mannschaft Anweisungen“, sagt Zobel. Schon
in seiner Zeit als Teheraner Bürgermeister
hatte er angeordnet, dass keine David-Beckham-Poster aushängen dürfen. „Er versucht
alles, was unter westlichem Einfluss steht, zu
verbieten.“
Parviz Ghelichkhani war von 1964 bis 1978
im damaligen Persien Nationalspieler, zuletzt
Kapitän. Aus Protest gegen das Schahregime
weigerte er sich 1978 bei der WM in Argentinien anzutreten. Nach der Islamischen Revolution 1979 verließ er sein Land und ging nach
Paris, wo er die Exilzeitschrift „Arasch“ herausgibt. In einem Interview sagte er: „Die Mullahs können ein ganzes Land unter Druck setzen, alles kontrollieren. Aber wenn 100.000
Zuschauer bei einem Fußballspiel zusammenkommen, haben sie keine Chance. Fußball
macht den Mullahs Angst.“
Mit zehn Jahren tritt Bin
Laden in die Jugend von
al-Ittihad Dschidda ein,
des ältesten Klubs in
Saudi-Arabien. Er spielt
dort bis zur U16 und
macht sich Hoffnungen
auf einen Vertrag. Sein
Vater Mohammed, ein
reicher Bauunternehmer,
unterstützt al-Ittihad.
Bin Laden geht im Libanon
auf die Highschool und
trainiert beim amtierenden
Meister Nejmeh Sporting
Club Beirut. Als Pelé den
Verein besucht, schüttelt
er auch Bin Laden die
Hand. Der hat das Foto
davon noch Jahre später in
seinem Büro stehen.
In Saudi-Arabien
unerwünscht, findet Bin
Laden Zuflucht im Sudan.
Mit seinem Sohn schaut
er in Khartoum Spiele
des Erstligisten al-Ahli
an. Bin Ladens Baufirma
sponsert den Klub mit
Bandenwerbung.
Bei einem Aufenthalt
in London besucht Bin
Laden Arsenal-Spiele
gegen ManU und
Liverpool sowie zwei
Partien im Pokal der
Pokalsieger gegen
AC Turin und Paris St.
Germain. Einem Sohn
bringt er ein Trikot
von Ian Wright mit.
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Der heilige Kick
Nach diesem Anschlag ist zwischen den Kulturen nichts mehr wie es war: Auf Befehl von Osama Bin Laden flogen die Todespiloten von al-Qaida in die Twin Towers in
New York. Zwei Monate nach den Anschlägen erzählte Bin Laden auf einem Video, dass sein Kampfgefährte Abu al-Hasan al-Masri ein Jahr zuvor von einem Fußballspiel
geträumt hatte, bei dem seine Leute in Pilotenuniformen gegen US-Amerikaner angetreten waren. „Das war für uns ein gutes Omen“, beschloss Bin Laden seine Rede
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Der heilige Kick
Wilder Chant auf den weltweit meist gesuchten Anhänger von Arsenal London: Im Highbury-Stadion sangen die Heimfans
nach dem 11. September 2001 des Öfteren: „He’s hiding near Kabul / He loves the Arsenal / Osama, oh, oh, oh“
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Der heilige Kick
Gerade weibliche Fußballfans sind im Iran
ein Politikum. „Immer wieder versuchen vor
allem junge Frauen ins Stadion zu kommen,
meist indem sie sich als Jungen verkleiden“,
berichtet Zobel. „Einmal allerdings, bei einem
Spiel Bahrain gegen Iran, waren 300 Frauen
im Stadion: Schauspielerinnen oder verdiente Sportlerinnen.“ Auch als 2004 Deutschland
im Iran spielte, waren Frauen ausnahmsweise
zugelassen.
Seit Ahmadinedschads Amtsantritt wird das
Frauenverbot in den Stadien allerdings wieder
schärfer gefasst. Der Film „Offside“ des iranischen Regisseurs Jafar Panahi, der auf der Berlinale 2006 gezeigt wurde, behandelt das Thema streckenweise mit bissigem Humor: Die
von jungen Soldaten festgenommenen weiblichen Fußballfans werden bei einem Länderspiel vor dem Stadion festgenommen und warten auf den Abtransport ins Gefängnis. Als
einer der Soldaten das Spiel kommentiert und
den berühmten Khodadad Azizi auf dem Platz
gesehen haben will, lachen sich die Frauen kaputt. Er hat keine Ahnung vom Fußball. Der
Kölner Exprofi Azizi spielt gar nicht mit (siehe
das Interview mit Panahi, Seite 28).
„Die Jugend ist sehr westlich orientiert“,
sagt Rainer Zobel, „auch die iranischen Fußballer.“ Die Stars, die in den Westen wechseln,
werden verehrt. „Auf Spieler wie Ali Karimi
sind alle sehr stolz“, sagt Zobel. „Den beneiden alle dafür, dass der es bei den Bayern geschafft hat.“
Der marokkanische Nationalspieler Walid
Regragui wuchs in Paris auf und spielt derzeit
beim spanischen Erstligisten Racing Santander. „In meinem Leben spielt die Religion eine wesentliche Rolle“, sagt Regragui. „Das
Von einem „Kampf der Kulturen“ will Regragui aber nichts wissen. Dass etwa muslimische
Autoritäten Einfluss auf Spieler hätten, „davon habe ich noch nie etwas gehört“. So ganz
kann man Fußball und Politik aber doch nicht
trennen, wie das Beispiel des Iraners Vahid
Hashemian von Hannover 96 verdeutlicht. Als
sein damaliger Verein Bayern München in der
Champions League zu Maccabi Tel Aviv musste, sagte er wegen Rückenproblemen ab. Das
iranische Regime erwartet von Sportlern, dass
sie Israelis bei Wettkämpfen aus dem Weg gehen. Ja, die Verletzung sei ihm gelegen gekommen, bekannte Hashemian, „aber ich hatte
wirklich Rückenprobleme“.
Zwei Welten? Kein Bier in der Teestube
Von den 15 Millionen Muslimen, die in Europa leben, seien höchstens drei bis fünf Prozent organisierte Islamisten, sagt der GöttinImmer wieder testet das iranische Regime,
ger Islamforscher Bassam Tibi. In den Fußball
wie weit es gehen kann. Während der Welttragen sie ihre Aggressionen aber nicht. „Die
meisterschaft 1998 in Frankreich drohte es
türkischen und arabischen Vereine sind nicht
mit der Abreise seiner Mannschaft, weil ein
das Problem“, sagt Gerd Liesegang, Vizechef
französischer Privatsender den Film „Nicht
des Berliner Fußballverbands. Auch Günter
ohne meine Tochter“ zeigen wollte. Ob der
Hartmann, Jugendleiter und früherer Sicherjüngst ausgetragene Karikaturenstreit oder
heitsbeauftragter des Berliner Vereins Türkidie im Januar bei einem Freundschaftsspiel
yemspor meint: „Der Extremismus ist zwar im
von Bayern München in Teheran vorgetrageKommen, aber im Fußball merkt man davon
nen Forderungen nach einem „natürlichen
nichts.“ Eine Einschätzung, die Cemal Güneş,
Recht aller Völker auf friedliche Nutzung der
Pressesprecher des Klubs Türk SV München
Atomenergie“ den Auftakt zu einer ähnlichen
und Beisitzer im Kreissportgericht München,
Kampagne bilden, bleibt abzuwarten.
teilt. „Gott sei Dank hat sich das nicht auf
das Fußballfeld übertragen.“ Dennoch hat Güneş
„Gott sei Dank hat sich der Kampf der Kulturen nicht auf das Fußballfeld übertragen.
Angst vor Fanatikern: „Es
Es ist aber schon ein kleines Feuer da, das man schnell schüren kann“ CEMAL GÜNEŞ, SPORTRICHTER ist schon ein kleines Feuer
da, das man ganz schnell
schüren kann.“
Profifußball ja, sagen die Mullahs, aber un- lässt sich auch in meinem Berufsleben spüren,
„Es ist doch eher eine Sache der Medien“,
ter Beachtung der Religion. Volle Stadien ja, da ich fünfmal täglich bete.“ Regragui hat als meint Claudio Offenberg, Trainer des Landesaber ohne Frauen. Teilnahme an Weltmeister- in einem westlichen Land aufgewachsener ligisten TuS Makkabi, des einzigen jüdischen
schaften ja, aber ohne Fernsehbilder von weib- Muslim die Erfahrung gemacht, dass das nicht Vereins in Berlin. „Unsere zweite Mannschaft
lichen Fans. Im Herbst 2001 versuchte das Re- überall gerne gesehen wird. „Alle Menschen spielt in der Kreisliga mit dem SC al-Quds zugime, ein schon seit 1994 bestehendes Verbot mit Migrationshintergrund sind sich bewusst, sammen, einem palästinensischen Klub“, sagt
von Satellitenschüsseln durchzusetzen. Grund dass hier auch Ungleichheiten herrschen.“ Spä- Offenberg. „Da rufen die Journalisten vorher
war, dass es nach mehreren Länderspielen zu testens seit den Anschlägen von New York hat immer an und fragen, ob ich etwas erwarte.
Ausschreitungen gekommen war. Die Macht- sich die Sicht auf die Immigranten noch mehr Ich frage dann immer zurück: Was erwarten
haber sahen einen Zusammenhang zwischen verschlechtert: „Was den 11. September an- Sie denn, was ich erwarten soll?“ Offenberg
der „Fußballbewegung“ und den Berichten re- geht, gibt es vor allem hinsichtlich meiner berichtet von subtilem Antisemitismus seitens
gimekritischer Sender von Exiliranern.
Religion ein Vorher und ein Nachher.“
des Verbands und der Zuschauer. Offene
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Anfeindungen hat er zwar auch schon erlebt,
aber erstens selten und zweitens nicht von türkischen oder arabischen Vereinen. „Da gab es
nie Probleme“, sagt Offenberg. „Vielleicht gibt
es da so etwas wie eine Solidarisierung der einen Minderheit mit der anderen.“
Gleichwohl ist auf den Fußballplätzen in
Deutschland, vor allem in den unteren Ligen,
in den letzten Jahren das Gewaltniveau erschreckend angestiegen. Iris Jensen hat jahrelang Antigewaltseminare angeboten. Dorthin
müssen Jugendspieler kommen, wenn sie wegen Tätlichkeiten oder Ähnlichem gesperrt
wurden; so können sie ihre Sperre verringern.
„Es sind überwiegend Jungs mit migrantischem
Hintergrund“, sagt Iris Jensen, „vor allem türkische und arabische Spieler.“ Auch Günter
Hartmann findet es „auffallend, dass viele
Migrantenklubs an Ausschreitungen beteiligt
sind.“ Aber, sagt er, „das sagt nichts über die
Ursachen aus.“ Vor dem Sportgericht wird selten nach dem Grund der Tätlichkeit gefragt.
„In den Seminaren können die endlich mal erzählen“, sagt Gerd Liesegang, „dass sie sich 70
Der heilige Kick
Nimmt
Nimmt die
die Gewalt
Gewalt zu?
zu?
Minuten lang vom Gegenspieler ganz leise
‚Scheißkanake‘ haben anhören müssen, ehe
sie ausgerastet sind.“ Wenn in einem solchen
Klima ein muslimischer Spieler beleidigt wird,
sagt Iris Jensen, „dann ist das irgendwie immer auch eine religiöse Beleidigung“.
Der Fußball stellt eine Bühne für Konflikte
dar, die besonders verletzend wirken. Ein aktuelles Beispiel sind Auseinandersetzungen
bei Arsenal London. Der Klub vereinbarte mit
dem israelischen Tourismusministerium einen
Sponsorvertrag. Israel zahlt umgerechnet un-
„Frauen im Iran
sind nun selbstbewusster“
„Offside“ gewann bei der Berlinale den
Silbernen Bären, Regisseur JAFAR PANAHI über
die zwiespältigen Reaktionen im Iran
Herr Panahi, warum wollen iranische Frauen trotz Verbots ins
Fußballstadion gehen?
JAFAR PANAHI Ich glaube, dass der Reiz des Verbotenen die Frauen
ins Stadion treibt. Es scheint in der Natur des Menschen verankert,
das Verbotene auszutesten. In der iranischen Gesellschaft werden
auch andere Dinge trotz Verbot getan, und manchmal weiß keiner so
genau, wo die Grenze des Gesetzes entlangführt.
Wird „Offside“ in den iranischen Kinos laufen?
Noch gibt es keine Erlaubnis, doch wir kämpfen darum, den Film
vor der Weltmeisterschaft im Iran zeigen zu können. Dennoch konnten sich einige Menschen im Iran den Film ansehen, da er auf dem
Filmfestival in Teheran Ende Januar 2006 gelaufen ist.
Wie hat das iranische Publikum auf den Film reagiert?
Bei allen fünf Vorstellungen hat das Publikum den Film mit sehr
großer Begeisterung aufgenommen. Er thematisiert einen Grenzbereich des iranischen Alltags, der sich zwischen Freiheit und Gesetz
abspielt. Dabei kommt es häufig zu sehr humorvollen Szenen. Das erkennen die Menschen im Film wieder und fühlen sich angesprochen,
was sich in großer Freude beim Publikum gezeigt hat.
Im Film ist der Umgang zwischen den Mädchen und den jungen
Soldaten sehr offen. Entspricht das der Realität?
gefähr 600.000 Euro und kann dafür zwei
Jahre lang mit dem Klub werben. Was scheinbar ein im Spitzensport ganz normaler Deal
ist, wächst sich zum Politikum aus. In den britischen Medien gibt es eine Kampagne, in der
sich propalästinensische Gruppen gegen das
Geschäft aussprechen, da Israel ein „Apartheidstaat“ sei. Durch Öffentlichkeitsarbeit
wird versucht, Druck auf den Hauptsponsor
von Arsenal, die Fluglinie Emirates aus Dubai
auszuüben, die auch jüngst beim Hamburger
SV als Trikotsponsor einstieg.
Schon dieses Beispiel zeigt, dass der Fußball eine Bühne für viele verschiedene Interessen sein kann. 9. Juni 2006. Die WM kann
beginnen.<
Seit der Revolution unter Khomeini 1979 sind die Mädchen und
Frauen im Iran immer selbstbewusster geworden. Die meisten Frauen wollen ein eigenständiges und unabhängiges Leben führen und
verdienen sich ihren eigenen Lebensunterhalt. Inzwischen ist die
Hälfte der Studierenden Frauen. Dieses Selbstbewusstsein zeigt sich
auch auf der Straße im Verhalten der Jugendlichen untereinander,
doch wenn das Verhalten der Jugendlichen zu locker wird, schreitet
die Polizei schon einmal ein.
Am Ende des Films zeigen Sie eine ausgelassene Party auf den
Straßen von Teheran. Sind das dokumentarische Aufnahmen
nach dem Sieg des Iran gegen Bahrain, der im vergangenen Sommer
die Qualifikation des Iran für die WM bedeutete?
Die Szenen sind dokumentarisch, wie der übrige Film auch. Doch
wegen eines Drehverbots für die letzten Szenen mussten wir mit versteckter Kamera drehen, was die Dreharbeiten erschwerte.
Wie entstand die Idee zu Ihrem Film?
Unter anderem als ich versuchte, meine Tochter in ein Fußballstadion mitzunehmen. Sie verschwand, da keine Chance auf ein Vorbeikommen an den Wachsoldaten bestand. Sehr verwundert war ich
dann, als sie im Verlauf des Spiels an meiner Seite auftauchte. Einige
Journalisten erkannten mich, schrieben darüber und brachten mein
Bild in die Zeitung. Dass mein Film später nicht ohne Folge blieb,
zeigte sich nach meiner Rückkehr von der Berlinale vor einem Monat. Zu einem Fußballspiel versammelte sich eine Gruppe von Frauen vor dem Stadion mit Plakaten in den Händen, die besagten, dass
sie nicht weiter im Abseits – „Offside“ – stehen wollen.
INTERVIEW CAMILLA VON BUDDENBROCK
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AM BALL
Kölscher Bock
NACHDEM DER FINANZIELLE RUIN
ZUNÄCHST ABGEWENDET IST,
KÄMPFT DER 1. FC KAISERSLAUTERN
JETZT UM DAS SPORTLICHE ÜBERLEBEN IN DER ERSTEN LIGA. FAST
GENAU SO WICHTIG IST DEN
VEREINSOBEREN, DIE ABHANDEN
GEKOMMENE EINHEIT MIT DEN
FANS WIEDERHERZUSTELLEN. DA
TRIFFT ES SICH GUT, DASS EIN PAAR
JUNGSPUNDE AUS DER REGION
Zwischen Resignation und Entsetzen: Der FC verliert mal wieder
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WENN LIEBE
KRANK MACHT
VON CHRISTOPH RUF UND DANIEL THEWELEIT, FOTOS MAREIKE FOECKING, IMAGO
DER 1. FC KÖLN STEHT MAL
WIEDER VOR DEM STURZ IN DIE
ZWEITKLASSIGKEIT. WIE EH
UND JE WERDEN DIE TRAINER
SCHNELL ZUR DISPOSITION
GESTELLT, EIN MITTELFRISTIGES
KONZEPT IST NICHT ZU
ERKENNEN. DASS DER VEREIN
NICHT ZUR RUHE KOMMT,
SEI DIE SCHULD DER MEDIEN,
HEISST ES. DOCH DIESE
ERKLÄRUNG GREIFT ZU KURZ
In den Jahren 2002 bis 2004 muss der Verleger Alfred Neven DuMont beim Blick in seine
Zeitungen nachdenklich geworden sein. Sein
Boulevard-Flaggschiff „Express“, dessen Wohl
und Wehe eng mit dem des 1. FC Köln verwoben ist, tat sich schwer damit, jeden Tag eine
hübsche Schlagzeile aus dem Klub zu liefern.
Es gab keinen Podolski, keinen Overath, nur
den wenig boulevardesken Manager Andreas
Rettig, den zurückhaltenden Präsidenten Albert Caspers und eine Mannschaft, deren Gesicht Dirk Lottner war.
Also schrieb DuMont im September 2003
einen offenen Brief, den er in zwei seiner drei
Lokalblätter – „Kölner Stadtanzeiger“, „Kölnische Rundschau“ und die Boulevardzeitung
„Express“ bringen es zusammen auf knapp
580.000 Exemplare täglich – veröffentlichen
ließ. Darin forderte der wohl mächtigste Mann
Kölns den Altinternationalen Wolfgang Overath auf, endlich Präsident des Vereins zu werden „Sie sagen, dass Sie ohne Fußball und den
1. FC nicht leben könnten. Machen Sie diesen
Spruch wahr, und helfen Sie, dass der 1. FC
wieder das wird, was er war zu Ihren Zeiten.
Schenken Sie sich und uns zum 60., dass dieser Traum wahr wird!“
Overath, der über Jahre zum Messias für
den darbenden Klub empor geschrieben worden war und das süffisant kommentiert hatte, – „Das Spiel ging die letzten Jahre doch
immer so: Kaum hatte der FC fünfmal verloren, hieß es, der Overath muss ran“ –, war geschmeichelt. Lange hatte er jeden Posten im
Klub abgelehnt, doch der offene Brief und
ein persönliches Gespräch mit DuMont bestärkten ihn, sich für die Präsidentschaft zu
entscheiden. Es gibt nicht viele, zu denen der
charismatische Machtmensch aufblickt – DuMont gehört seit jeher dazu. Es waren die Wochen, in denen der Grundstein für den 1. FC
Köln von heute gelegt wurde.
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AM BALL
Kölscher Bock
Zuschauermagnet FC: Egal was passiert, die Fans wachsen nach
Der heutige Manager Michael Meier wundert sich nicht über die unorthodoxe verlegerische Intervention. Der FC habe „eine unglaubliche Bedeutung in dieser Stadt“. Da sei Alfred
Neven DuMont eben „in ernsthafter Sorge“ gewesen. Ob seine Sorge tatsächlich dem Klub
und seinen Fans oder eher dem Verkaufsargument FC-Schlagzeile galt, ist nicht überliefert.
Vermutlich stimmt beides.
Außerhalb Kölns hält man die dortige Medienlandschaft für die brutalste des Landes.
Das ist stark übertrieben. Dennoch ist der Boulevard in Köln mitverantwortlich für die fehlende personelle Kontinuität. Der amtierende
Präsident Albert Caspers, der eigentlich noch
ein Jahr im Amt bleiben sollte, wäre kaum ohne den medial erzeugten Druck vorzeitig zurückgetreten. So aber musste er den Weg für
Overath frei machen. Die Jahreshauptversammlung im Sommer 2004 zeigte dann eindrucksvoll, welche Wirkung eine Berichterstattung
mit eindeutiger Haltung entfalten kann. Overaths erste Amtshandlung war, Trainer Marcel
Koller zu entlassen, den Mann, der Lukas Podolski und Lukas Sinkiewicz entdeckte und
vom Vorgängerpräsidium den Auftrag hatte,
eine junge Mannschaft mit Perspektive aufzubauen. Die Klubmitglieder lagen sich nach
dieser Nachricht in den Armen, als wäre gerade die Meisterschaft gewonnen worden.
Doch trotz mancher Exzesse wie der vorangegangenen medialen Hinrichtung Kollers,
vor allem durch die „Bild“ – in Hamburg, Berlin oder München läuft das Geschäft genauso,
auch dort gibt es mindestens zwei konkurrierende Boulevardzeitungen. Ein Beleg für die
oft gehörte Behauptung, in Köln sei die Presselandschaft schwieriger als in anderen Metro-
polen lässt sich jedenfalls nicht finden. Die
Hauptursache für den jahrelangen Niedergang des Klubs kann unmöglich allein in diesem Umfeld liegen, zumal die Medien zuletzt
merklich sanfter mit dem FC umgingen.
Wenn der Verein nicht zur Ruhe kommt,
liegt das vermutlich eher an der Wechselwirkung zwischen den medialen Gepflogenheiten einer Großstadt und der in Köln grassierenden fiebrigen Leidenschaft für den Klub.
„Der Kölner hat ein anderes Empfinden, wie
er mit Freud und Leid umgeht. Hier schlägt
die Nadel immer ausgesprochen stark aus, in
alle Richtungen“, versucht Torhüter Alexander Bade zu erklären. „Dabei müsste man
hier eigentlich mit Ruhe etwas aufbauen, ein
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Einer von Tausenden Schals: Die Zigarette ist für danach
Tiefe Schmach: Auch gegen das verhasste Leverkusen verlor der FC
„MAN MÜSSTE HIER EIGENTLICH MIT RUHE ETWAS AUFBAUEN,
EIN KONZEPT ENTWICKELN UND DURCHZIEHEN – AUCH IN
SCHLECHTEN ZEITEN“ ALEXANDER BADE
Konzept entwickeln und durchziehen – auch
in schlechten Zeiten.“
Gibt es also eine einzigartige Kölner Fußballmentalität? Wer einmal bei einem Heimspiel war oder in einer x-beliebigen Kölner Altstadtpinte das Thema 1. FC Köln zur Sprache
brachte, kann das nur bejahen. Nicht nur Fußballfans lassen sich in Köln vom Zauber des
FC berühren, auch Kölner und Kölnerinnen,
die noch nie in einem Stadion waren, fiebern
mit dem Klub. Was andernorts auf die 30 Sekunden vor dem Einlaufen der Teams beschränkt bleibt, dehnt sich im Rheinenergie-
stadion auf eine halbe Stunde aus: 30 Minuten
vor Anpfiff schallt Hymne auf Hymne durch
die Boxen, das Stadion bebt. Sind das, was mit
tausendfachem Schalwedeln lautstark mitgesungen wird, nun Karnevalschlager oder Fußballlieder? In dieser Stadt, in die viele aus ganz
Deutschland reisen, wenn sie einmal gepflegt
feiern wollen, kommt das aufs Gleiche heraus.
„Das Eintrittsgeld bezahlt man hier für die Zeit
von drei bis halb vier“, hatte Rudi Völler nach
dem 3:0-Sieg vom verhassten Nachbarn Bayer Leverkusen in Köln gewitzelt.
Geschäftsführer Claus Horstmann, der 2000
auch deshalb nach Köln kam, weil er das Anforderungsprofil „kein Kölner, kein Fußballhintergrund“ erfüllte, ist natürlich ebenfalls
infiziert und spricht von einer „unglaublichen
Emotionalität“. Der große Mann mit der sanften Stimme kleidet den Klub in Zahlen: Bundesweit 1,8 Millionen Menschen geben den
FC als Lieblingsverein an, Fanpotenzial, Fanklubs, Mitglieder, der sportlich so launische
Klub rangiert überall stabil auf den Plätzen
drei bis fünf. Ein Ende des Booms ist nicht in
Sicht: Mit 34.000 Fans hatte man in der vergangenen Saison den besten Zuschauerschnitt
der Vereinsgeschichte – ausgerechnet in einer
Zweitligasaison. Und in der aktuellen, sportlich so desaströsen Spielzeit war das 50.000
Zuschauer fassende Stadion fast immer rappelvoll. Kein Wunder, dass man auch im Falle
eines Abstiegs ohne allzu große Sorgen in die
Zukunft blickt: Hauptsponsor, Ausrüster und
das Gros der Logenkunden haben sich unabhängig von der Ligazugehörigkeit an den Traditionsverein gebunden. Mit einem Etat von
34 Millionen Euro wäre man mal wieder Krösus in Liga zwei.
80 Prozent der Kölner fühlen sich dem FC
emotional verbunden, sagt eine Umfrage –
nicht zuletzt wegen vieler Verbindungen zwischen FC und Karneval. Einen solchen Wert
bekommt wohl kein anderer Verein in seiner
Stadt. Eine Kölner Zeitungsredaktion hat
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Kölscher Bock
Quälende Erfahrungen: Albert Streit leidet stellvertretend für sein Team
mal überlegt, verstärkt über Bayer Leverkusen zu schreiben. Es war die Zeit, als der direkte Nachbar in der Champions League, der
FC aber nur zweitklassig spielte. Nach einem
Kneipenbesuch in Leverkusen vergaß man
aber das Vorhaben schnell wieder, wie sich ein
Redakteur erinnert: „Sogar dort wurde über
die Verletzung von Kölns Alexander Voigt diskutiert.“
Wolfgang Overath ist sich dieser Besonderheit jedenfalls bewusst. „Wenn es gut läuft,
schwebt man hier auf Wolke sieben, die Mentalität des Rheinländers sorgt aber auch dafür,
dass nach zwei Siegen vom Uefa-Cup geredet
wird.“ Mit ihm verstärkte sich das kölsche Element im Klub: Im Schlepptau Overaths haben
gleich mehrere Kölner Urgesteine an Einfluss
gewonnen: Vizepräsident Jürgen Glowacz,
Stefan Engels, Hannes Löhr, Herbert Zimmermann und in deren Peripherie die Spielerberater Bernd Cullmann und Wolfgang Fahrian.
Vielen im Klubumfeld bereitet der Einfluss
der FC-Altvorderen seit längerer Zeit Kopfschmerzen. Auf die Qualifikation seiner engsten Berater angesprochen, bleibt der Präsident
nebulös: „Die hängen mit Leib und Seele an
diesem Klub.“ Mancher von ihnen hängt offenbar auch an der Publicity: Als Stefan Engels
an der Seite Uwe Rapolders auf dem Trainingsplatz auftauchte, rief er vorher einen Boule-
„WIR WAREN DAS, WAS DIE BAYERN HEUTE SIND. WIR HATTEN
BEREITS DAS GEISSBOCKHEIM, DA HABEN SICH DIE ANDEREN
KLUBS NOCH IN DER GARAGE UMGEZOGEN“ WOLFGANG OVERATH
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vardfotografen an. Der Mannschaft half er damit nicht. Und Herbert Zimmermann, der als
Scout arbeitet, buchte seine Reise zum Afrika-Cup so spät, dass er keinen Platz mehr im
Marriott Hotel in Kairo bekam, wo die Szene
ihre Deals abwickelte. Bei den Partien hatte
er bisweilen keine Listen mit den Kadern, viel
zu viele Spieler waren ihm unbekannt.
Overath arbeitet akribischer für den Verein
– umso beachtlicher, als er sein Amt ehrenamtlich ausübt. Sein Ziel ist, an die großen Zeiten
anzuknüpfen, die er als Spieler mitprägte.
„Wir waren das, was die Bayern heute sind.
Wir hatten schon das Geißbockheim, da haben sich die anderen Klubs noch in der Garage umgezogen.“ Wenn Overath berichtet, wie
er sich mit seinen Trainern über Taktik unterhält, leuchten seine Augen. Uwe Rapolder und
Marcel Koller lobt er als „exzellente Fachleute“. Entlassen hat er sie trotzdem.
Der letzte Trainer, der in Köln langfristig arbeiten durfte, war Christoph Daum von 1986
bis 1990. An ihm, dessen Name wie ein Heilsversprechen über der Stadt schwebt, werden
seither alle Nachfolger gemessen – auch das
erhöht den Druck. Ewald Lienen war nicht
mehr zu halten, weil er sich in einen heftig
emotionalisierten Konflikt mit den Medien
eingelassen hatte, Friedhelm Funkel ging mit
der Begründung „der Hass in den Augen der
Fans“ habe ihm die Aussichtslosigkeit seiner
Situation aufgezeigt. Und Uwe Rapolders Abschied war unausweichlich, weil er es trotz
unbestrittener fachlicher Kompetenz nicht
schaffte, sein Verhältnis zur Mannschaft zu
humanisieren. Man könnte diese Reihe beliebig fortsetzen, nur Huub Stevens ging aus
freien Stücken. Ob Hanspeter Latour, der im
Januar die Nachfolge von Rapolder antrat, in
Köln das Ende seines bis 2007 datierten Vertrages erleben wird, ist wieder einmal fraglich. Michael Meier ist dafür, notfalls auch in
der Zweiten Liga, den Neuanfang mit dem
Schweizer anzugehen, der derzeit mit einem
29-Mann-Kader auf verlorenem Posten steht.
Doch Overath mag sich da nicht festlegen:
„Wenn Sie als Trainer viermal verlieren, ist es
mit der Ruhe vorbei.“<
Kölscher Bock
Kölner Kater danach: Die Party ist aus
REVOLUTION DER LATINOS
Michael Meier hat einen großen Plan. „Kontinuität“ heißt das
Zauberwort. Er wird derzeit arg strapaziert, wenn der Manager
des 1. FC Köln über die Zukunft seines Vereins redet. Das Wort
beschreibt den Kern einer Kölner Revolution, deren Anführer
Meier gerne wäre. „Das wichtigste Ziel ist, dass ein Koordinatenkreuz stehen muss, das Kontinuität heißt. Wir müssen im
sportlichen und im operativen Bereich Konstanz hineinbekommen. Es gibt einfach eherne Grundsätze, da muss man Stehvermögen beweisen“, sagt
der Manager und sieht sehr entschlossen dabei aus. Hanspeter Latour ist der fünfte
Trainer, der den FC seit dem Aufstieg 2003 trainiert. Hier sieht Meier eine Chance, im
Klub grundsätzlich etwas zu verändern: „Man sollte nicht einfach umknicken, auch,
wenn einem der Sturm ins Gesicht bläst“, sagt Meier. Latour darf also ernsthaft hoffen,
länger fristig in Köln arbeiten zu können. Andreas Rettig, der aus Freiburg, der Stadt
des ewigen Volker Finke, nach Köln wechselte, hatte einst ähnliches vor, doch in seiner
Zeit gerieten die Trainer immer wieder in ein auswegloses Spannungsfeld zwischen
Medien, Fans und Klub – die Entlassungen waren nach Kölner Lesart beim besten Willen
unausweichlich. Am Ende trat er zurück, weil er selbst in die Zwänge dieses Mechanismus
geraten war. Es geht also nicht nur um eine Haltungsfrage im Management.
Meier weiß das, glaubt aber, etwas andere Voraussetzungen vorzufinden. „Die Medien
sind gezeichnet durch die Abstiege. Die sind demütiger geworden“, sagt er und diese
Aussage trifft wohl auch auf die Befindlichkeit der Fans zu. Seit Rettig und Uwe Rapolder
weg sind, ist die Gehässigkeit aus dem Umfeld fast verschwunden. Das ist tatsächlich eine
gute Basis für den Paradigmenwechsel. Außerdem will Meier sich nicht mehr so schnell
dem überwältigenden irrationalen Element, den wilden Auswüchsen der Kölner Leidenschaft beugen. „Köln ist eine römische Siedlung, das sind alles Latinos hier“, sagt er, aber
das sei zunächst einmal sehr positiv, nur dürften die heftigen Emotionen nicht immer so
schnell zum Handlungsgrundsatz der Klubführung werden. Präsident Overath klagt
schon länger darüber, dass die Trainerentlassungen seiner Amtszeit – Marcel Koller und
Uwe Rapolder – weniger aus dem Klubinneren als auf der Grundlage eines zerstörten
öffentlichen Images basierten. „Man muss das mediale Umfeld als Herausforderung
begreifen“, sagt Meier. Als er nach Dortmund kam, sei die Borussia auch so ein Standort
der ständig wechselnden Trainer gewesen, dann folgten sechs Jahre Ottmar Hitzfeld. Den
hat Meier wie Latour vom Grasshopper-Club Zürich geholt. Noch spannender als die
sportliche Entwicklung wird daher, ob Köln sich nun endlich in der Lage zeigt, das zu tun,
was längst alle Elemente des legendären Umfeldes für überfällig halten: kontinuierlich zu
arbeiten. CHRISTOPH RUF UND DANIEL THEWELEIT, FOTO IMAGO
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AM BALL
Kommentar
IM NEANDERTAL
DES FUSSBALLS
VON RAINER SCHÄFER, ILLUSTRATION ANNE-KATRIN ELLERKAMP
MIT DER KAMPAGNE GEGEN BUNDESTRAINER JÜRGEN KLINSMANN SOLL ANGEBLICH DER DEUTSCHE
FUSSBALL VOR SCHADEN BEWAHRT WERDEN. TATSÄCHLICH WERDEN DAMIT LÄNGST ÜBERFÄLLIGE
PROZESSE VERHINDERT, DIE NOTWENDIG SIND, UM MAL WIEDER WELTMEISTER WERDEN ZU KÖNNEN
Unsere Nachbarn wundern sich. Ein niederländischer Fernsehsender fragt an, was denn nur im deutschen Fußball los ist, kurz
vor der Weltmeisterschaft: „Warum schreibt die ,Bild‘: ,Bayern
schlecht wie Klinsi‘, nachdem die in Mailand verloren haben?
Ist Klinsmann an allem Schuld, geht es noch um Fußball?“
Nein, es geht um Auflage, Intrigen und Macht. Darum, sich
das zurückzuholen, was man jahrzehntelang hatte: ein Informationsprivileg. Von Turnier zu Turnier hatte die größte deutsche Boulevardzeitung informelle Mitarbeiter im deutschen
Nationalteam. Manchmal waren es Spieler, meist lieferte sogar
der Bundestrainer ergeben die gewünschten Exklusivschlagzeilen. Wer sich gut stellte, wurde protegiert, auch wenn er noch
so fehl am Platz wirkte, wie Erich Ribbeck, an dem sämtliche
Entwicklungen im modernen Fußball unbemerkt vorübergezogen waren. Während andere Nationen längst mit Raumdeckung und Viererkette spielten, durfte bei uns Libero Matthäus im Jahr 2000 noch hinter zwei Manndeckern ausputzen.
Der deutsche Fußball hatte hoffnungslos den Anschluss an die
Weltspitze verloren.
Den wieder herzustellen ist das erklärte Ziel von Jürgen Klinsmann. Eine Aufgabe, die er seit Juli 2004 so angeht, wie er es
anders nicht kann: radikal, dickköpfig, kaum zu Kompromissen bereit. Klinsmann wollte die Revolution, den konservativen DFB auseinandernehmen und ihn ohne Rücksicht modernisieren. Für die Verlierer dieser Reformen ist Klinsmann
eine Katastrophe. Um den ungeliebten Bundestrainer loszuwerden, ist fast jedes Mittel recht. Ein miserables Länderspiel
reicht aus, um „Grinsi-Klinsi“ zum Abschuss freizugeben.
Die größten Reaktionäre des Fußballs, sie alle dürfen im
Zentralorgan deutscher Miesmacherei draufhauen: vor allem
Franz Beckenbauer natürlich. Stefan Effenberg darf offen zum
Klinsmann-Putsch aufrufen. Und der ehemalige Revoluzzer
Paul Breitner entblödet sich nicht, noch einmal die Rückkehr
des Liberos zu fordern. Sogar Christian Wörns soll plötzlich
das Versprechen auf Erfolg sein. Willkommen im Neandertal
des Fußballs. Die Sehnsucht nach Wörns, dem limiterten
Manndecker alter Schule, muss ein Zeichen des tiefen Selbsthasses sein, der uns Deutsche quält.
Es läuft eine absurde und zynische Kampagne gegen Klinsmann: Angeblich will man den deutschen Fußball vor einer Blamage bewahren, tatsächlich verhindert man, dass endlich seine Schwächen angegangen werden. Warum eigentlich sollen
Deutsche nicht so Fußball spielen können wie Holländer oder
Franzosen? Seit wann ist spielerische Qualität genetisch verankert? Sie ist eine Frage der Nachwuchsausbildung, nur hier
können die eklatanten Fehlentwicklungen korrigiert werden.
Einmal hat Klinsmann gegen seine Widersacher verloren:
Statt Hockeybundestrainer Bernhard Peters wurde Matthias
Sammer zum Sportdirektor erkoren, Kolumnist der „Welt am
Sonntag“ und beraten von einem früheren „Bild“-Chefreporter.
Sammer, in dessen Bereich auch der Umbau der Nachwuchsförderung fällt, spricht von deutschen Tugenden, davon, den
Gegner wieder auf die Tribüne zu grätschen. Sätze so schlicht,
dass selbst ein Hockeytrainer sie nie zu sagen wagen würde.
Die Besinnung auf deutsche Tugenden ist das selbstverfasste Eingeständnis, dass Deutschland auf Dauer nicht mehr zu
den führenden Fußballnationen gehören wird. Sie ist die Kapitulation vor den spielerischen Möglichkeiten des Fußballs.
Indem man Gras frisst und die Arschbacken zusammenkneift,
wird man nicht Weltmeister. Vermutlich nie wieder.
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03.04.2006 12:43:24 Uhr
AM BALL
Stargast
KOPF HOCH, FUCKING JOE!
DER NATIONALSPIELER JOE COLE GALT LANGE ALS SELBSTVERLIEBTER FUMMLER, WEIL ER
NICHT SO SPIELTE, WIE DIE ENGLÄNDER SICH FUSSBALL VORSTELLEN. DANK JOSÉ MOURINHO
UND VIEL DISZIPLIN IST ER HEUTE EINER DER BESTEN MITTELFELDSPIELER DER WELT
VON RAPHAEL HONIGSTEIN, ILLUSTRATION THS
Einige versuchen es immer wieder. Diesmal sind es zwei bleiche Jungs
in Trainingsanzügen, die sich nach Spielschluss irgendwo im Stadion
versteckt haben, um ihren Helden in der improvisierten Mixed-Zone
am Spielfeldrand Autogramme abzujagen. Es dauert nicht lange, bis
das Sicherheitspersonal die Eindringlinge bemerkt, sie am Kragen
packt und hinausbefördert. Gut, dass Joe Cole auf der anderen Seite
der Barriere steht, sonst könnte er vielleicht versehentlich mit rausgeschmissen werden. Bedeutend kleiner als die offiziell gemessenen
1,75 Meter sieht er aus, auch jünger als seine 24 Jahre und vor allem
ziemlich unscheinbar für einen Chelsea-Profi. Ziemlich unfrisiert
steht er im weiten Sweatshirt da. „Mode? Nein, das ist nicht mein
Ding“, sagt er und kratzt sich etwas verlegen am Hinterkopf. „Ich sehe nicht ein, warum ich mich so aufdonnern soll.“
Cole hat sich vor langem entschlossen, nur noch auf dem Rasen aufzufallen. Flash, also modisch laut, extravagant zu sein ziemt sich nämlich nicht für englische Nachwuchskönner, schon gar nicht, wenn sie
von der Kunst am Ball leben und nicht von der Kraft. Diese Angriffsfläche darf man den Kritikern nicht auch noch bieten. Sein technisches
Talent stand dabei stets außer Frage. Schon mit 17 sah man in ihm den
neuen Paul Gascoigne, nur ein gebrochenes Bein verhinderte seine
Nominierung für die EM 2000. Doch der beim Traditionsklub West
Ham United groß gewordene Londoner galt als unbelehrbarer showboater und luxury player, als verspielter Individualist und selbstverliebter Fummler. In England werden solche Spielertypen traditionell
misstrauisch beäugt. Ihnen fehle die nötige Härte und der Mannschaftsgeist, heißt es, darüber hinaus passen sie auch nicht so recht ins landläufige 4-4-2-System. Cole, der Sohn eines Markthändlers aus Camden
im Norden der Stadt, musste als hängende Spitze spielen, im rechten
und im linken Mittelfeld, aber so richtig kam er dabei nirgendwo zurecht. Noch vor wenigen Monaten glaubte man, er würde es nie schaffen, seine gewaltigen Fähigkeiten wirklich Gewinn bringend auf den
Rasen zu bringen.
SPIELERTYPEN WIE COLE WERDEN IN ENGLAND
MISSTRAUISCH BEÄUGT. WEIL IHNEN DIE HÄRTE FEHLE
Der Italiener Claudio Ranieri holte ihn für 6,6 Millionen Pfund,
rund 10 Millionen Euro, zum FC Chelsea, fand aber wenig Verwendung für ihn. In José Mourinhos erster Saison wurde er ständig einund ausgewechselt. Unnötige Hackentricks im Mittelkreis und Ballverluste in der gegnerischen Hälfte brachten Mourinho zur Weißglut.
Die Fußballreporter in der Pressebox hinter der Chelsea-Bank konnten ihn laut fluchen hören: „Can you believe that? Joe Cole. Fucking
Joe Cole!“ Mittlerweile verwünschen den allerdings nur noch seine
Gegenspieler. In der laufenden Spielzeit ist Cole zum Stammspieler
und absoluten Leistungsträger geworden. Ein Mann, der vorne die entscheidenden Ideen auspackt und hinten mithilft, wenn es die Situa-
tion verlangt. Und Mourinho hat trotz all seiner Macken und Mätzchen endlich einen dicken Stein im Brett bei den englischen Zeitungen
– er hat aus Cole einen einzigartigen Spieler gemacht. Mit stundenlangem Taktikdrill im Training, einem rigorosen Fitnessregime und
gezielter öffentlicher Kritik. „Joe Cole wird schnell zum Helden und
auf den Mond hochgeschrieben“, sagt Chelseas Meistermacher, „dann
muss ich ihn ein wenig treten, damit er wieder runterkommt.“ „Mourinho hat hervorragende Arbeit geleistet“, freut sich auch Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson. „Joe spielt jetzt Fußball, wie man spielen muss. Er verteidigt nun auch im eigenen Strafraum. Ich habe ein
paar fantastische Grätschen von ihm gesehen. Und natürlich kann er
Gegner ausspielen und Tore schießen.“ Letzteres konnte der HobbyBulldoggenzüchter schon immer. Mit Mourinho hat sein Spiel die nötige Effektivität und Disziplin bekommen; bei der WM müsste er einer der ganz großen Stars sein. Wenn Eriksson ihn denn lässt. Cole
hat das große Pech, das Frank Lampard, David Beckham und Steven
Gerrard drei von vier Mittelfeldplätzen belegen und der nicht gerade
zu bedingungsloser Offensive neigende Schwede derzeit einen defensiven Zerstörer als vierten Mann bevorzugt. Englands bester Dribbler
seit Sir Stanley Matthews wird wohl erst dann seine Chance bekommen, wenn es nicht gut läuft und ein Spiel gedreht werden muss.
„Ich weiß, dass das Mittelfeld Englands stärkster Mannschaftsteil
ist, aber ich bin zu 100 Prozent überzeugt, dass ich da hinein gehöre“,
sagt er mit einem Lächeln, als ob ihm sein Selbstbewusstsein etwas
peinlich ist, „ich denke, ich bin einer der vier besten Mittelfeldspieler. Aber das muss natürlich Eriksson entscheiden.“ Bei Chelsea zumindest weiß man, was man an ihm hat. Als Cole Mitte Januar von einem Rivalen in flagranti mit dem vollbusigen Seite-drei-Model Keely
Hazell erwischt, dafür verprügelt und aus dem Fenster geschmissen
wurde, hielt der Verein zu ihm und verhängte keine Sanktionen. Cole
war ja schon genug gestraft: Blutüberströmt und mit einem blauen Auge hatte er mitten in der Nacht ohne Schuhe und Hemd in ein Taxi
flüchten müssen; sein Vater musste die Fahrt auslegen, denn das Portemonnaie hatte er auch noch verloren. Seine Verlobte Carla Zucker,
eine Physiotherapeutin, fand die Geschichte nicht ganz so lustig wie
die Öffentlichkeit. Aber auch sie hat ihm schließlich vergeben. Man
kann Joey nicht lange böse sei, dafür ist er einfach zu sympathisch.
Obwohl er sich an der Stamford Bridge sehr wohl fühlt, träumt er
noch davon, eines Tages in der Primera División zu spielen. Vorsichtshalber hat er schon mal angefangen, Spanisch zu lernen. Barcelona
und Madrid werden sich jedoch noch gedulden müssen. Joe Cole hat
gerade erst angefangen, sein Versprechen zu erfüllen. So schnell gibt
sich England nicht zufrieden.
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Stargast
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ZITAT DES MONATS
DIESER SPIELER FEHLT
MITARBEITER DES MONATS
WAR SONST NOCH WAS?
FANZUFRIEDENHEIT
1
2
3
4
5
FOTOS GERALD V. FORIS UND BENNE OCHS
Was ist los beim Lieblingsklub, was bei
der Konkurrenz? Unsere Experten haben
allen 18 BUNDESLIGISTEN ganz genau
auf die Füße geschaut und beantworten
die Fragen, die den Fan bewegen
DIE LAGE DER LIGA
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Lage der Liga
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fokussierte man sich umgehend
auf die nationalen Gegebenheiten.
Aber auch einem Bayern-Fan fällt
es schwer, den gefühlten 150.
Meistertitel oder den 90. DFBPokal-Sieg noch zu einem Ereignis
werden zu lassen. Die internationale
Pleite tut weh. Auch weil sie klar
machte, wie weit man weg ist von
den oberen zehn Teams in Europa.
DETLEF DRESSLEIN
5 Fanzufriedenheit: Natürlich
4 War sonst noch was?
Die seltsame, vermeintliche
Sensationsmeldung der „tz“
um Bastian Schweinsteigers
Verwicklung in einen Wettskandal irritierte nachhaltig.
Hasan Salihamidzic. Der ideale
Spieler: Links wie rechts, vorne wie
hinten zu gebrauchen, loyal dem
Verein ergeben, immer ein Quell
des Frohsinns. Nach langer
Verletzungszeit ist er jetzt wieder fit
und zurück in der Mannschaft.
3 Mitarbeiter des Monats:
Beispiel Dida, Stam, Nesta,
Kaladze, Serginho, Pirlo, Vogel,
Kaká (Rui Costa), Seedorf,
Schewtschenko, Inzaghi (Gilardino).
National reicht’s locker, international
fehlen vier bis sechs Weltklassespieler, wie das jüngste 1:4 gegen
oben genannte Herren offenbarte.
Die sportliche Leitung observiert
derzeit wieder Kandidaten für
alle Positionen: Innenverteidigung,
Mittelfeld offensiv, Mittelfeld
defensiv und Sturm. Vier Klasseleute wolle er holen, sagt Hoeneß.
2 Dieser Spieler fehlt: Zum
1 Zitat des Monats: „Schlaflos.“
MSV-Chef Walter Hellmich auf
die Frage, wie er die Nächte nach
den Spielen verbringt.
1 Zitat des Monats: „Ich halte
mich daran, die Realitäten
abzuklopfen. Ronaldinho werden
wir nicht kriegen.“ Felix Magath
ist und bleibt auch auf der
Suche nach Ballacks Nachfolger
natürlich Pragmatiker.
Jammertal. Immer wieder beschwören die durchaus kreativen
Zebra-Fans mit aufwändigen
Transparenten die glorreiche
Vergangenheit und appellieren an
die Ehre der Spieler. Zum Boykott
diverser Fanklubs, die während
der ersten zehn Spielminuten
schwiegen, kam es zuletzt mehrfach. Gemerkt haben das die
Profis allerdings auch nicht.
ROLAND LEROI
5 Fanzufriedenheit: Es ist ein
4 War sonst noch was?
Zumindest der Sommer ist gerettet.
Damit in Duisburg keine schlechte
Stimmung aufkommt, wurden
Trainingsgelände und Arena
kurzerhand an die italienische
Nationalmannschaft vermietet.
Boss Hellmich hatte ja 2005
angekündigt, bald internationales
Flair beim MSV zu haben. Er meinte
allerdings die Champions League.
Uwe Schubert ist der einzige
MSV-Trainer, der in diesen
Monaten weiß, wie es ist, ein
Sieger zu sein. Schubert betreut
die A-Jugend und steigt sogar
in die Nachwuchsbundesliga
auf. Womit der MSV wenigstens
ein erstklassiges Team hat.
3 Mitarbeiter des Monats:
2 Dieser Spieler fehlt: Dem
Trainingsgelände in Meiderich
Rasenheizung und Flutlicht.
Das meinte zumindest Extrainer
Kohler, der sich an bessere
Bedingungen bei seinen Exklubs
Bayern, Juventus Turin und Dortmund erinnerte. In Wahrheit fehlte
dem MSV ein entsprechender
Coach, um auf das Niveau der eben
genannten Vereine zu kommen.
MSV DUISBURG
BAYERN MÜNCHEN
schwäche macht den reiselustigen
Fans immer mehr zu schaffen.
Ob unter Ewald Lienen, Holger
Fach, Dick Advocaat oder aktuell
Horst Köppel: die Trainer wechseln,
die Spieler auch, das Phänomen
bleibt. Selbst unter Hans Meyer
wurde nur attraktiver verloren.
BERND SCHNEIDERS
5 Fanzufriedenheit: Die Auswärts-
4 War sonst noch was? In den
USA hätte Kasper Bögelund
Kasey Keller sicherlich auf
Schadensersatz verklagt: Nach
dem Sieg gegen Bielefeld hatte
der US-Keeper in seiner Funktion
als Zeremonienmeister der Feierlichkeiten vor der Nordkurve dem
Dänen die Hose runtergezogen.
In der Woche drauf schlug sich
Bögelund prompt mit Problemen
in der Gesäßmuskulatur herum.
3 Mitarbeiter des Monats: Muss
gekauft werden! Immer wenn es
mit einem Erfolg gegen einen
vermeintlich stärkeren Gegner im
Kampf um einen Uefa-Cup-Platz
nicht klappte, hieß es von Horst
Köppel: „Wir sind noch nicht
so weit.“ Beim 0:3 in Kaiserslautern
wiederholte es der verzweifelte
Trainer, mit der Ergänzung:
„Uns fehlt die Qualität.“ Wie
gesagt: in Kaiserslautern.
lautern probierte Horst Köppel die
Viererkette im Mittelfeld aus. Der
Versuch ging gerade wegen der
Lücken in der Doppelabsicherung
vor der Abwehr fürchterlich schief.
Der Sechser fehlt nach wie vor, ein
Dauerthema nach dem Weggang
von Peter Nielsen.
2 Dieser Spieler fehlt: In Kaisers-
1 Zitat des Monats: „Ich bin nicht
der Carpe-diem-Typ. Ich fahre lieber
ein Leben lang E-Klasse als drei
Jahre Ferrari.“ Torhüter Kasey Keller
bleibt auf dem Boden.
BORUSSIA
MÖNCHENGLADBACH
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einem Puls von 160 „Zufriedenheit“
die richtige Vokabel ist? Mancher
Fan muss wohl am Saisonende ins
Sauerstoffzelt. So oder so.
CHRISTOPH RUF
5 Fanzufriedenheit: Ob bei
„Haasekessel“, das Restaurant
im Schatten der Haupttribüne,
gibt im Abstiegskampf Vollgas
und beeindruckt Trainer Klopp:
„Manchmal glaube ich, die
würden auch nachts um drei in
den Wald zum Pilze holen rennen,
wenn ich die Mannschaft zum
Essen ankündige.“
4 War sonst noch was? Der
3 Mitarbeiter des Monats:
Manuel Friedrich, wer sonst?
Wurde als erster Mainzer überhaupt in den Nationalmannschaftskader berufen. Warum er dann
nicht einmal beim Stand von 4:0
eingewechselt wurde, fragten
sich in Dortmund vor allem die
Journalisten, die es richtig fanden,
dass Klinsmann auf Wörns
verzichtete.
Mohammed Zidan, der sich verletzt
hat. Und das ausgerechnet auf
dem Höhepunkt seiner bisherigen
Entwicklung. Anfangs setzte Klopp
ihn aufgrund taktischer Defizite auf
die Bank. Ehe der Innenmeniskusriss seiner Sturm- und Drangphase
ein Ende setzte, traf der Ägypter,
wie er wollte.
2 Dieser Spieler fehlt:
und Hahn spielen beide in
der Ersten Liga.“ Ein vergiftetes
Kompliment aus dem Munde
der Marketingchefin des Flughafens Frankfurt-Hahn. Zur
Erläuterung: Es handelt sich hierbei
um ein Rollfeld mit angeschlossener Miniaturwellblechhalle dort,
wo im Hunsrück der Hund
begraben ist.
1 Zitat des Monats: „Mainz 05
FSV MAINZ 05
Zufriedenheit dürfte für die
VfB-Fans in der Saison wohl ein
Fremdwort bleiben, und man
sehnt sich dem Ende entgegen.
ELKE RUTSCHMANN
5 Fanzufriedenheit: Das Wort
Angesichts der letzten Auftritte
darf man berechtigt daran
zweifeln, ob man sich von einem
fünftplatzierten VfB so richtig
guten Gewissens europäisch
vertreten lassen möchte. Deshalb
sollte sich auch Dauerkandidat
Christoph Daum einen Wechsel
gut überlegen. Bei weiteren
Pleiten ist auch Rang sechs
gefährdet. Dann wäre der VfB
nicht einmal im UI-Cup vertreten,
denn man hat nur für den ersten
Platz gemeldet.
4 War sonst noch was?
Markus Babbel. Der gebürtige
Bayer ist wieder fester
Bestandteil des Ensembles
und darf sich noch Hoffnungen
auf ein WM-Ticket machen.
Hinkel und Hitzlsperger hingegen
sind von akuter Streichung
bedroht.
3 Mitarbeiter des Monats:
2 Dieser Spieler fehlt: Zunächst
Martin Stranzl. Der Österreicher
spielt jetzt bei Spartak Moskau
und bescherte dem VfB rund
4,5 Millionen Euro. Davon kann
der Verein ja einen Spieler
verpflichten, der mal wieder das
Tor trifft. Die Stuttgarter sind
unter den Uefa-Cup-Aspiranten
das torungefährlichste Team.
von den Spielern gerne wissen,
was wieder nicht gestimmt hat.
War zu wenig Luft im Ball, war
es zu warm oder zu kalt oder waren
zu wenige Leute im Stadion?“
Sportdirektor Horst Heldt nach
dem 0:2 gegen Leverkusen.
1 Zitat des Monats: „Ich möchte
VFB STUTTGART
weil man sich im Vereinsforum
so schön die Köpfe heiß reden
kann über Brdaric. Kostprobe:
„Um meine persönliche Abneigung
gegen diesen völlig überschätzten
Angestellten des Vereins
nicht ausarten zu lassen, halte
ich ab sofort meine Klappe.“
Gegenkostprobe: „Er macht
mehr Wind als die übrigen
Offensivspieler zusammen und
ist unverzichtbar.“
JÖRG MARWEDEL
5 Fanzufriedenheit: Hoch,
4 War sonst noch was?
96 schloss einen Vertrag mit
Toni Schumacher. Wie das? Der
frühere Nationaltorwart ist jetzt
Mitinhaber der Firma b+d sports
GmbH und soll „maßgeschneiderte
Sponsoren-Konzepte“ für die
Roten entwerfen.
Der Fußballgott. In menschlicher
Gestalt heißt er in Hannover
Carsten Linke, war als Spieler
ein 96-Idol und ist nach
dreijähriger Managementlehre
vom Assistenten der Geschäftsführung zum Sportmanager
aufgestiegen. Linke will dafür
sorgen, dass nur noch Profis mit
Mannschaftsgeist kommen.
3 Mitarbeiter des Monats:
2 Dieser Spieler fehlt: Ein
Thomas Brdaric, der auch mal die
Klappe halten kann. Er würde sich
viele Freunde damit machen in
Mannschafts- und Fankreisen, aber
das werden sie in Hannover wohl
nicht mehr erleben.
1 Zitat des Monats: „Wenn ich
nicht treffe, haben wir es schwer
zu gewinnen.“ Thomas Brdaric
will damit sagen: Ohne mich und
meine Tore wäre Hannover 96
ein Abstiegskandidat, und meine
Stürmerkollegen sind sowieso
alle blind.
HANNOVER 96
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05.04.2006 21:22:48 Uhr
3:0 gegen Gladbach vorsichtig
optimistisch in der Abstiegsfrage.
Den Evergreen all derer, die nicht
absteigen wollen – „Nie mehr
Zweite Liga“ – wollten aber doch
noch lange nicht alle auf der
Tribüne mit Inbrunst singen.
TOBIAS SCHÄCHTER
5 Fanzufriedenheit: Nach dem
4 War sonst noch was? Jancker,
31, tauchte gegen Gladbach
erstmals in der Ära Wolf auf der
Ersatzbank auf. Der FCK muss
der Fußballwelt ja schließlich
zeigen, dass der kahlköpfige
Stürmer diesen Sport noch ausübt.
Kaufmännisches Eigeninteresse
nennt man das wohl.
3 Mitarbeiter des Monats:
Torhüter Florian Fromlowitz. Der
erst 19-jährige Torhüter vertritt
den verletzten Jürgen Macho so
souverän wie ein Veteran.
Carsten Jancker der Bundesliga.
Der Exvizeweltmeister mit der
chronischen Allergie gegen das
Toreschießen bot dem Verein
jüngst noch ganz selbstlos an,
mit in die Zweite Liga gehen
zu wollen. Trainer Wolfgang Wolf
hat darüber noch nicht einmal
gelächelt. Jancker, Vertrag bis
2007, kann gehen.
2 Dieser Spieler fehlt:
5 Fanzufriedenheit:
Thomas Breitkopf vom Fanclub
„Vahraonen“ war sehr zufrieden.
Er wurde zum „Fan des Jahres“
ernannt. Und was hat „Breiti“ nun
davon? Eine Dauerkarte sowie
eine lebensgroße Abbildung im
Werder-Museum. SVEN BREMER
auch wenn die Ansprüche
offenbar ständig steigen. Pfiffe
einiger Zuschauer schon nach
sehr wenigen Fehlpässen
hat es bisher im ehrwürdigen
Parkstadion so gut wie nie
gegeben. JÖRG STROHSCHEIN
wurde Ferrari-Pilot Johan Micoud
mit Tempo 135 geblitzt. Naldo
und Tim Borowski gingen jetzt mit
136 Stundenkilometern in die
Radarfalle. Allerdings völlig legal.
Denn gemessen wurde auf dem
Trainingsplatz. Und zwar die
Schussgeschwindigkeit der beiden.
Zweitbester Wert der Liga übrigens.
4 War sonst noch was? Unlängst
Jens Höfer ist nicht nur Leiter
der Vereins- und Amateurangelegenheiten – er ist auch für
die Kids zuständig, die an der Hand
der Profis ins Stadion einlaufen.
Ein Flohzirkus ist nichts dagegen.
Zuletzt war es besonders arg. Einer
der Zwerge machte sich vor Aufregung in die Hose, einer musste
sich übergeben und ein dritter
sagte plötzlich: „Mit dem darf ich
nicht auflaufen. Das hat mein Papa
gesagt.“ Höfer bleibt stets cool
und bringt die 22 Zwerge auf den
Platz. Egal, was passiert.
3 Mitarbeiter des Monats:
5 Fanzufriedenheit: Alles bestens,
4 War sonst noch was?
Frank Rost bleibt eisern. Zumindest
was seine persönliche Öffentlichkeitsarbeit angeht. Die hat er
bereits seit Dezember 2005
vollends eingestellt. Der Grund:
Der 32-Jährige fühlte sich von der
Presse einfach zu oft un- und
missverstanden. Die Konsequenz:
Kaum jemandem fällt es auf.
Trainer Mirko Slomka scheint den
richtigen Dreh gefunden zu haben,
die Schalker Mannschaft, die
oft als schwierig im Handling
charakterisiert wird, auf ihre Ziele
einzustimmen. Schon dafür gebührt
ihm Anerkennung. Schließlich
scheiterten schon einige Fußballlehrer an dieser Aufgabe.
3 Mitarbeiter des Monats:
Rückrunde präsentieren sich die
Schalker Spieler eigentlich alle in
ansprechender Form. An dieser
Stelle immer wieder Fabian Ernst
zu nennen, der weiterhin nicht
das alte Bremer Niveau erreicht,
ist ja niemandem zuzumuten und
wird langsam langweilig.
2 Dieser Spieler fehlt: In der
vor einem weißen Schild. Und weil
die ja auch weiße Trikots anhatten,
habe ich den gar nicht gesehen.“
Tim Wiese nach dem verpatzten
Abwurf zu einem Hannoveraner
Gegenspieler.
wir von der Hand in den Mund.“
Schalkes „Finanzminister“
Josef Schnusenberg zur aktuellen
wirtschaftlichen Situation, die
sich offenbar nur sehr langsam
durch die Einnahmen aus den
internationalen Wettbewerben
zu bessern scheint. Schalke
drückt weiterhin ein Schuldenberg
von rund 90 Millionen Euro.
2 Dieser Spieler fehlt: Der ausgeliehene Stürmer Mohammed Zidan.
Er trifft, wenn er gerade nicht
verletzt ist, nicht nur bei Mainz 05,
er spielt auch noch großartig.
Während der K&K-Sturm derzeit
auf Sparflamme läuft.
1 Zitat des Monats: „Der stand
1 Zitat des Monats: „Noch leben
1 Zitat des Monats: „Die
Öffentlichkeit sucht ja immer
nach Paradiesvögeln“, so
der FCK-Vorstandsvorsitzende
René C. Jäggi bei der Vorstellung
seines Nachfolgers Erwin Göbel.
Der FCK unterstrich mit der
Inthronisierung Göbels, sich in
diesem Punkt von den Medien aber
rein gar nichts diktieren lassen
zu wollen. Wenn der knochentrockene derzeitige Finanzvorstand
Göbel ein Paradiesvogel ist,
ist Rambo eine Plaudertasche.
SV WERDER BREMEN
FC SCHALKE 04
1. FC KAISERSLAUTERN
AM BALL
sind die Fans mit der Fifa. Zwar
geht die Saison „im Wohnzimmer
des deutschen Fußballs“
(Günter Netzer) bis zum 4. Juli,
dem WM-Halbfinale, das vor allem
wegen der Borussen-Fans in
Dortmund stattfindet. Aber für
die meisten Borussen heißt es
dann „bitte draußen bleiben!“ –
keine Karten. Das stiftet Unmut.
OLAF SUNDERMEYER
5 Fanzufriedenheit: Unversöhnlich
soll Jan Koller noch seine eigene
Lücke füllen. Immerhin will er
sich noch für die WM und
für einen neuen Klub empfehlen.
4 War sonst noch was? Vorerst
3 Mitarbeiter des Monats: Für
seinen Einsatz um den Fußballfrieden gebührt Sebastian Kehl
diese Anerkennung. Sein gutes
Comeback beim Heimspiel gegen
die USA in der Nationalelf hat
die Südtribüne mit dem Bundesklinsmann versöhnt.
Stürmer, der sich langfristig binden
will. Deshalb sind allerlei hochkarätige Kandidaten im Gespräch.
Ebenfalls abgängig ist Strucks
Parteikollege, der ehemalige
Mittelstürmer Gerhard Schröder.
Als er im besagten Stadion noch
Wählerstimmen abstauben konnte,
war er auch mal BVB-Fan und
regelmäßig im Stadion. Seit Merkel
ward er nicht mehr gesehen.
2 Dieser Spieler fehlt: Ein
1 Zitat des Monats: „Sehen
Sie mir nach, dass ich mich an
diesen neuen Namen nicht
gewöhnen mag. Für mich bleibt
das immer das Westfalenstadion.“
Peter Struck, Mitglied des
BVB-Wirtschaftsrats und
Fraktionsvorsitzender der SPD
im Deutschen Bundestag,
akzeptiert den neuen Stadionnamen nicht.
BORUSSIA DORTMUND
Lage der Liga
Bielefelder ist bodenständig. Auch
musikalisch ein Kämpfertyp. In
Leverkusen spielen sie beim Eintritt
der Fußballer die Star-WarsHymne. In Duisburg spielen sie
„Gladiator“. In Bielefeld ist Pathos
verpönt. Hier animieren kurz vor
dem Spiel die grölenden Beastie
Boys: „You gotta fight for your right
– to party!“ ULI HARTMANN
5 Fanzufriedenheit: Der
4 War sonst noch was? „Dammi
sagt Danke!“ Das Ende einer
Karriere ist terminiert. Am 19. Mai
spielt Detlev Dammeier letztmals.
Dann trifft der 37-Jährige mit seiner
Selektion „Dammi & Friends“ auf
die Arminia. Ein Platz in Dammeiers
Truppe wird bei Ebay versteigert.
Für den guten Zweck.
3 Mitarbeiter des Monats:
Roland Kentsch, Finanzchef der
Arminia. Im Jahr 2005, dem 100.
der Klubhistorie, hat der Verein
3,3 Millionen Euro verdient.
Möglich machte das der Vorstoß
ins Halbfinale des DFB-Pokals.
„Was den Bayern die Champions
League, ist für uns der Pokal“, sagt
Kentsch. So lässt sich auch mit
kleinen Brötchen Geld verdienen.
jäger. Was, das hatten wir schon?
Hat sich aber leider nicht geändert.
Ladehemmung bei Zuma, Verletzung bei Boakye, und „König Artur“
Wichniarek hat so gut wie
abgedankt. Thronfolger gesucht!
2 Dieser Spieler fehlt: Ein Tor-
1 Zitat des Monats: „Der
Trainer, die Mannschaft und die
gemeinsame Spielidee.“ Mit
diesem Thema setzt Arminias
Cotrainer Frank Geideck am
27. April im Hörsaal 16 der Uni
Bielefeld die Vorlesungsreihe
„Kopf-Ball“ fort. Was der Titel
leider nicht verrät: Das könnte
sogar spannend werden.
ARMINIA BIELEFELD
Unterschriftenjäger hoch. Das
„Bayer-04-Autogrammkartenset“
in edel roter Box gibt es aktuell
zum Sonderpreis: 3,90 Euro
blanko, mit Namenskritzeleien
8,90. Pro Autogramm 40 Cent:
ein Schnäppchen.
BERND MÜLLENDER
5 Fanzufriedenheit: Für
4 War sonst noch was? Bei einer
strategischen Ehe von Bayer &
Schering kommt es nicht zu einem
Fusionsligisten Bayering Berlin
oder Scherer 06 Leverkusen. Aber:
Statt eines Werksklubs spielt
fortan, vielleicht doch noch im
Uefa-Cup, eine Elefantenhochzeitsgesellschaft auf.
Stadionsprecher Klaus
Schenkmann stolpert weiter eifrig
über fremdländische Spielernamen,
was schon in der Champions
League begeisterte und heute auch
vor deutschen WM-Hoffnungen
nicht halt macht: Bremens Patrick
Owomoyela kündigte er fröhlich als
Owomayala an, als handele es sich
um eine süße Mischung aus
Ovomaltine und Majala-Pudding.
3 Mitarbeiter des Monats:
2 Dieser Spieler fehlt:
Eine Type wie Ansgar Brinkmann.
Ein Zauberer mit solch
spielentscheidender Flexibilität
in den eigenen Reihen
hätte womöglich Ärger und
Investitionen erspart.
Sie die Zeiten des Elf-FreundeImages. Fußball ist zu einem
Geschäft geworden, das oftmals
auch seine düsteren Seiten zeigt.
Ich weiß das aus persönlicher
Erfahrung.“ Bargeldjongleur
Reiner Calmund in seinem –
aus aktueller Sicht – höchst
vergnüglichen Vorwort zum HanserFachbuch „Geld schießt Tore“.
1 Zitat des Monats: „Vergessen
BAYER 04 LEVERKUSEN
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05.04.2006 21:22:51 Uhr
Umbenennung der heimischen
Arena in Easycredit-Stadion hat im
Umfeld des einstigen SchuldenKrösus für Zoff gesorgt. Vor dem
Heimspiel gegen Mainz am 1. April
wollten die Ultras mit Club-Idol
Max Morlock als Namensgeber
kontern. Wenigstens ist der
Stadionbetreiber mit seinem
Vorschlag abgeblitzt, die langjährige Fahrstuhlmannschaft künftig
in der Hochtief-Arena spielen zu
lassen. WOLFGANG LAASS
5 Fanzufriedenheit: Die
4 War sonst noch was? Beim
Oberligaspiel der Reserve gegen
Quelle Fürth sorgte eigentlich nur
die Rasenheizung für Spannung.
Wegen einer undichten Abdeckung
des Wärmespenders auf Höhe der
Mittellinie fingen sich etliche
Kicker kernige Stromschläge ein.
Zum Glück ist nun Frühling.
3 Mitarbeiter des Monats:
Eindeutig die Mannschaft, deren
beeindruckender Zwischenspurt
prima Voraussetzungen für den
Klassenverbleib schuf. Unvergessen auch die „Elf des Tages“ im
„Kicker“ vom 26. Spieltag, als nach
dem 3:1 gegen Werder Bremen
gleich fünf Nürnberger nominiert
waren. Ob das Bayern schon mal
geschafft hat?
noch ein geeigneter Sturmpartner
für Robert Vittek – am besten
natürlich mit ähnlicher Trefferquote
wie der Slowake im März. Seine
acht Tore in vier Partien ließen
selbst Landsmann Marek Mintal
vor Neid erblassen.
Heimniederlagen und Aus im
Uefa-Pokal stehen die Anhänger
zu ihrem Klub. Keine Pfiffe trotz
schwacher Spiele und später
Gegentore. Die Fans merken, dass
sie jetzt mehr denn je gebraucht
werden. FRANK HEIKE
5 Fanzufriedenheit: Trotz
4 War sonst noch was? Als
Thimothee Atouba im Fernsehen
erzählte, dass er als Jugendlicher
fast verhungert wäre, weil die
Familie in Kamerun so arm war,
glaubte man zu verstehen, warum
er sich inzwischen einfach
nur des Lebens erfreut. Auf dem
Spielfeld und daneben.
Es kann nur einen geben –
Benjamin Lauth. Der Stürmer
hat in dieser Rubrik über die
Monate so viel Prügel bezogen,
dass einen nun jedes Tor, jeder
gewonnene Zweikampf freut.
Es bleibt ein Rätsel, warum er
so lange versagte. Prima,
dass die Dürre beendet ist.
3 Mitarbeiter des Monats:
Torwart mit guten Paraden wie
Robert Enke oder Roman Weidenfeller. Ob Wächter oder Kirschstein,
der HSV hat die schwächsten
Keeper unter den Topklubs.
2 Dieser Spieler fehlt: Ein solider
1 Zitat des Monats: „Oben zu
bleiben ist schwieriger als hochzukommen.“ Sicher ist es eine
Banalität, die Dietmar Beiersdorfer
in einem langen Gespräch von sich
gab. Deutlich wurde die Sorge des
Sportchefs, ob der durchgestartete
HSV dieses Niveau wird halten
können. Die Serie darf kein
Ausreißer nach oben bleiben:
Der Weg soll dauerhaft in die
Champions League führen.
Beiersdorfer muss starke, neue
Spieler finden, um den HSV in der
deutschen Spitze zu etablieren.
1 Zitat des Monats: „Ich kenne
keinen Trainer, der aus Scheiße
Butter machen kann.“ Trainer
Hans Meyer über sein Erfolgsgeheimnis, das seiner Meinung
nach keines ist.
2 Dieser Spieler fehlt: Vielleicht
HAMBURGER SV
1. FC NÜRNBERG
ist arg gequält, weil sich andeutet,
dass es mit dem Abstiegskampf,
anders als gedacht, mal wieder bis
zum Saisonende dauert. Das letzte
Spiel gegen Gladbach ist übrigens
ausverkauft – seit einem halben
Jahr schon. Frankfurter wissen,
wann Wunder zu geschehen
haben. THOMAS KILCHENSTEIN
5 Fanzufriedenheit: Die Fanseele
4 War sonst noch was? Präsident
Peter Fischer wurde 50 Jahre
alt. Auf der Bühne vor etwa 300
geladenen Gästen verriet das
Geburtstagskind, dass er und seine
Frau Sabine zwar seit 17 Jahren
verheiratet seien, aber trotzdem
„noch Sex“ hätten – und das alles
ohne die blauen Pillen. „Und,
Baby“, sagte Fischer ins Mikrofon
und alle hörten es, „es wird sich
nichts ändern.“ Gut, dass wir das
jetzt auch wissen.
3 Mitarbeiter des Monats:
Friedhelm Funkel. Wenigstens er
wird einfach nicht nervös. „Wir
werden die Spiele gewinnen, die
wir gewinnen müssen“, sagt er
herrlich unaufgeregt. Das kennt
man in Frankfurt gar nicht: Ruhe,
Gelassenheit, Bescheidenheit.
Angst vor dem Tor. Einer, der aus
drei hundertprozentigen Chancen
auch mal ein Tor macht. Einer, der
mal auf den Ball tritt. Einer, der trotz
einer 1:0-Führung nicht nervös wird.
2 Dieser Spieler fehlt: Einer ohne
1 Zitat des Monats: „Die sind
meilenweit von der ersten Mannschaft entfernt.“ Heribert Bruchhagen über die Spieler Marco Russ
und Daniyel Cimen, die er bei
einem Oberligaspiel beobachtet
hatte. Nur Tage später spielten
beide in der ersten Mannschaft
gegen die Kölner Lukas Podolski
und Marco Streller in der Bundesliga. Und das ziemlich gut.
EINTRACHT FRANKFURT
RUND 43
Verantwortlichen Augenthaler und
Fuchs propagierten lange, dass
das Team immer „stabiler“ werde,
dass die Leistung stimme – wofür
es Argumente gab. Doch derweil
rutschte der VfL immer näher an die
Abstiegszone. Das Problem ist:
Einen Zweitligisten VfL brauchen
nur wenige Menschen. VW braucht
ihn sicher nicht. PETER UNFRIED
5 Fanzufriedenheit: Na ja. Die
Marian Hristov kehrt nach
15 monatiger Verletzungspause
zurück und sagt (der „WAZ“): „Ich
will mit Bulgarien Europameister
2008 werden.“ Uli Hoeneß testet
die Currywurst im Wolfsburger
Presseraum und sagt später:
„Die liegt mir jetzt noch im Magen.“
4 War sonst noch was?
3 Mitarbeiter des Monats:
Juan Carlos Menseguez. Der
argentinische Dribbler kam 2003
von River Plate und galt lange als
einer, der es nicht schaffen wird.
Nun ist er 22 und hat eine ordentliche Rückrunde gespielt. Arbeitet
brav nach hinten, läuft sehr viel, kann
sich gegen Kaliber wie Salihamidzic
oder Atouba behaupten und
durchsetzen. Als Kreativer aber
oft zu sehr auf sich gestellt. Hat
versprochen nachzusehen, ob sein
Vertrag auch für die Zweite Liga gilt.
überdurchschnittlicher offensiver
Mittelfeldspieler, der Offensivzweikämpfe gewinnt und dadurch
starre Spielsituationen aufbricht.
Und ein dritter Spieler neben
Klimowicz und Hanke, der
verlässlich Tore schießen kann.
2 Dieser Spieler fehlt: Ein
1 Zitat des Monats: „Es stehen
zwar zwei Tore auf dem Platz, aber
das reicht nicht. Man muss auch
welche schießen.“ VfL-Kapitän
Kevin Hofland benennt den Kern
des Rückrundenproblems.
VFL WOLFSBURG
5 Fanzufriedenheit: Deprimiert,
erschöpft und weiterhin dem
Bock verfallen. Ein Journalist
bezeichnete die Anhänger treffend
als „resignierte Liebhaber“.
DANIEL THEWELEIT
4 War sonst noch was? Richtig
viele aufregende Spiele. Köln mag
ja ein Absteiger sein, ginge es
allerdings um den Unterhaltungswert, würde der Klub bestimmt
nicht ganz unten stehen. Die
Partien im Rheinenergiestadion
waren oft viel ansehnlicher als
das Gekicke der besser platzierten
Nachbarn aus Gladbach oder
Leverkusen.
Die Fans, die Menschen der
Stadt, die Journalisten. Trotz fast
sicherem Abstieg und einer
epochalen Serie ohne Heimsieg
ist das Stadion immer voll, die
gewohnten Hass- und Gewaltreaktionen bleiben aus, und selbst
die Zeitungen fassen den FC
sehr vorsichtig an. Am berüchtigten
Umfeld liegt es diesmal nicht.
3 Mitarbeiter des Monats:
kein einzelner Spieler, es fehlt
Struktur in der Mannschaft. Die
ist für die sportliche Leitung oft
noch schwerer zu finden als gute
Einzelkönner. In Köln ging das
Zimmern eines Gerüsts aus
Zwischenmenschlichem und
spielerischer Harmonie gründlich
daneben. Im Winter wiederholte
man offenbar die Fehler des
Sommers.
Thema reden wir in der Spielzeit
2006/2007 mal wieder.
PETER AHRENS
5 Fanzufriedenheit: Über dieses
4 War sonst noch was? Angreifer
Marko Pantelic trifft jetzt auch
auswärts. Zwei Wochen vor dem
offiziellen Termin treten bei Hertha
die ersten Osterwunder auf.
Coach Falko Götz hatte eigenem
Bekunden zufolge dem Serben
zuvor „nahegelegt, auch auf
fremdem Terrain mal ein Tor zu
machen“ – und schon passierte es.
Was hat Götz eigentlich all die
Monate davor zu Pantelic gesagt?
Präsident Bernd Schiphorst.
Als es ganz schlimm um die Hertha
stand und man selbst gegen den
1. FC Köln verloren hatte, hat
der Boss – mutmaßlich nach
einem Blick in die Vereinskasse –
der Versuchung widerstanden,
seine leitenden Angestellten
Götz und Hoeneß mit hohen
Abfindungen auszustatten. Der
anschließende Lohn: drei Spiele
ohne Niederlage in Serie.
3 Mitarbeiter des Monats: Hertha-
2 Dieser Spieler fehlt: Es sind
immer noch zu viele, um einen
veritablen Spitzenklub abzugeben.
Zumindest fehlten zuletzt nicht
mehr die Punkte. Demnach,
was soll es? Schön zu spielen
verlangt von diesem Team in
der ablaufenden Saison sowieso
niemand mehr.
erst mal aufatmen.“ Ein Satz aus
dem Schwarzbuch der deutschen
Sportlerrhetorik. Aber Mittelfeldchef Yildiray Bastürk ist es damit
immerhin gelungen, die gesamte
Befindlichkeit rund um Hertha BSC
im Frühling auf fünf schlanke Worte
zu reduzieren. Dies zu vermögen ist
schon beinahe Literatur.
2 Dieser Spieler fehlt: Es fehlt
1 Zitat des Monats: „Wir können
haben keine Schulden, das ist der
entscheidende Faktor“, sagt
Wolfgang Overath. Genau wegen
solcher Statements wurde
Andreas Rettig von den Kölner
Fans verachtet. Endlich einmal
Kontinuität in Köln.
HERTHA BSC BERLIN
1 Zitat des Monats: „Wir
1. FC KÖLN
GEWINNSPIEL
Wann fand die erste Live-Übertragung eines
Fußballspiels im deutschen Fernsehen statt?
Und wer hat da gegeneinander gespielt?
ER
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04.04.2006 19:09:18 Uhr
RUND
Gleiche Höhe
GLEICHE HÖHE
Gleiche Höhe ist kein Abseits. Man ist weiter im Spiel.
Auf Augenhöhe mit den Stars: „Wenn ich die Tore sehe, die ich gemacht habe,
da habe ich nicht nachgedacht, nur geschossen.
Und ein paar Monate ging alles rein – unglaublich“ RAFAEL VAN DER VAART
46 DER PROFI SPRICHT
„Ich bin kein König, verstehen Sie?“ – Rafael
van der Vaart ist ein Star, will aber keiner sein
52 TORWARTTAKTIK
Der Kampf der letzten Männer – alle reden über
Kahn und Lehmann, aber wer passt ins System?
56 WM-TRAINER
„Es gibt viele Probleme im deutschen Lager“
– Japans Nationalcoach Zico über WM-Favoriten
60 HEIMSPIEL
„Das haut dir den Kopf weg“ – Miroslav Klose ist
fast so schnell wie sein Hobby: Rallye-Autos
RUND 45
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04.04.2006 19:09:23 Uhr
GLEICHE HÖHE
Der Profi spricht
„ICH BIN
KEIN
KÖNIG,
V E R ST E H E N
SIE?“
RAFAEL VAN DER VAART HAT IN WENIGEN MONATEN UND MIT ERST 23 JAHREN DAS GESCHAFFT,
WAS VOR IHM NUR KEVIN KEEGAN GELUNGEN IST: DEM HAMBURGER SV STIL, GLANZ UND INTERNATIONALE
KLASSE ZU VERLEIHEN. WAHRNEHMEN WILL DER MITTELFELDGENIUS DAS ALLERDINGS NICHT.
IN BESTEM RUDI-CARRELL-DEUTSCH VERSUCHT ER SICH UND SEINE FÄHIGKEITEN KLEIN ZU REDEN
INTERVIEW MALTE OBERSCHELP UND RAINER SCHÄFER, FOTOS DIRK MESSNER
RUND 46
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05.04.2006 19:33:35 Uhr
GLEICHE HÖHE
Der Profi spricht
Ganz normal: Rafael van der Vaart will kein neuer Beckham sein
RUND 47
rund_046_051_Interview.indd 47
05.04.2006 19:33:36 Uhr
GLEICHE HÖHE
Herr van der Vaart, Sie sind noch nicht lange
in Hamburg, aber haben schon den gesamten
HSV verändert, verleihen ihm Stil und Glanz.
Wie kriegen Sie das hin?
RAFAEL VAN DER VAART Ich habe hier immer ein gutes Gefühl gehabt. Bei Ajax hatte
ich Probleme, ich habe nicht mehr so gut gespielt. Ich wollte etwas anderes, und da ist
Hamburg gekommen. Für mich ist wichtig,
dass im ganzen Verein sehr gute Leute arbeiten. Dann kann ich gut spielen. Ich allein kann
nicht viel ausrichten, wenn ich in einer Gurkentruppe spiele.
Sie weichen aus. Wir haben den Eindruck,
dass Sie das gewisse Etwas sind, das dem HSV
bislang gefehlt hat. Wissen Sie überhaupt,
dass Sie besondere Fähigkeiten haben?
Vielleicht, vielleicht. Darum bin ich auch
nach Hamburg gekommen und habe lange
mit dem Trainer gesprochen. Der hat gesagt,
dass ich ein Spieler bin, den es in seiner Mannschaft noch nicht gibt. Da habe ich ihm gesagt: Natürlich will ich kommen.
Man vergleicht Sie und Ihre Frau Sylvie
gerne mit den Beckhams. Sie legen nicht viel
Wert auf solche Vergleiche.
Ich bin immer ganz normal gewesen. Ich habe eine Frau, die in Holland sehr bekannt ist
und jetzt auch ein bisschen in Deutschland.
Dass wir da zu den neuen Beckhams gemacht
werden, ist normal. Aber ich will Fußball spielen und Spiele gewinnen. Es ist nicht so wichtig für mich, was andere Leute sagen.
Sie wollen keine Privilegien wie Beckham
haben?
Natürlich will ich ein Führungsspieler sein.
Aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich der
Superstar bin. Ich bin nicht mehr wert als ein
anderer Spieler. Wenn die anderen im Wald
laufen, laufe ich auch im Wald. Ich bin kein
König, verstehen Sie?
Wie hat der Trainer Ihre Aufgaben im HSV
definiert? Geben Sie dem Spiel den Rhythmus?
Er möchte, dass ich hinter den Stürmern spiele, aber auch selbst torgefährlich bin und viele Vorlagen gebe. Aber vor allem hat Thomas
Doll gesagt: Du kannst nach rechts gehen,
nach links, du hast eine freie Rolle. Das ist für
mich und mein Gefühl sehr wichtig.
Mögen Sie es nicht, in einem Korsett zu spielen? Brauchen Sie Platz, um sich zu bewegen?
Ja. Für mein Spiel ist es wichtig, dass ich im-
Der Profi spricht
mer etwas machen kann und wir nicht ständig
stehen, die zwei Stürmer und ich dahinter.
Wenn wir rochieren, ist es für unsere Gegner
schwer zu verteidigen.
Vom holländischen Fußball heißt es, dass
die Spieler immer sehr auf ihre
Positionen im System fi xiert sind.
Hier wird anders gespielt, mit mehr Freiheit.
In Holland gibt es diese Rolle nicht, die Marcelinho, Michael Ballack oder ich spielen. Da
spielst du auf einer festen Position. Für mich
ist das Spiel in Deutschland besser, seit ich
mich daran gewöhnt habe, dass hier sehr viel
gelaufen wird. Als ich herkam, sind wir erst
mal nur gelaufen. Ich habe irgendwann gefragt: Machen wir noch was mit dem Ball?
Ich hatte gar kein Gefühl mehr im Fuß.
Beim HSV gibt es eine holländische Achse:
Boulahrouz, de Jong, van der Vaart. Fast wie
früher bei Milan.
Ich hoffe, dass wir auch so viel erreichen.
Die holländische Fraktion spielt gut, ist aber
auch locker. Tut das dem HSV gut?
Das ist immer wichtig. Man muss viel arbeiten im Training, aber in der Kabine geht es locker zu. Natürlich ist es nicht so, dass wir drei
Holländer immer zusammen sind, wir öffnen
uns und sprechen viel mit den anderen.
Sie haben beim HSV viele Freiheiten auf dem
Platz. Wie ist es in der Nationalmannschaft?
Wir haben jetzt unter Marco van Basten etwas mehr Freiheit. Das ist viel besser.
Aber das 4-3-3 in der holländischen Nationalmannschaft ist doch eine Glaubensfrage, die
die ganze Nation bewegt.
Nicht mehr. Die Leute sehen jetzt auch, dass
4-3-3 nicht immer gut ist. Jedes Spiel verläuft
anders. Wenn der Gegner mit einem Stürmer
spielt, wozu brauchst du da vier Verteidiger?
Also setzt sich in Holland langsam die
Erkenntnis durch, dass man verschiedene
Systeme spielen können muss.
Ja, man muss flexibel sein. Ajax hat gemerkt,
dass sie mit ihrem 4-3-3 keinen guten Fußball
mehr spielen, weil sie keine Rechts- und Linksaußen mehr haben. Die guten Flügelstürmer
sind im Ausland, Ajax muss jetzt mit zwei Spitzen spielen. Eindhoven spielt auch 4-4-2.
Hat 4-4-2 Vorteile?
Beim HSV haben wir dadurch mehr Grip im
Mittelfeld. Normal bist du da zu dritt. Von meinem Gefühl her ist das besser. Aber wenn Holland mit drei Stürmern spielt, mit Außenstürmern wie Arjen Robben, dann bekommt nicht
nur Deutschland große Probleme.
Bei der WM spielt die holländische Mannschaft also 4-3-3.
Ja. Van Basten vertraut auf das 4-3-3. Aber
wenn unser Spiel nicht läuft, probieren wir es
anders. Mit zwei großen Stürmern und langen Bällen.
Beschäftigen Sie sich viel mit Taktik?
Nein. Es geht elf gegen elf, du musst gewinnen und ein schönes Spiel machen. Wie das
läuft, ist mir egal.
Ihre WM-Gruppe hat es in sich. Argentinien,
Elfenbeinküste, Serbien und Montenegro.
In Holland wurde bei der Auslosung viel über
Lothar Matthäus geredet. Die Leute waren etwas sauer. Matthäus hat eine Kugel zurückgelegt und eine andere dafür genommen.
ALS ICH HERKAM, SIND WIR ERST
MAL NUR GELAUFEN. ICH HATTE
GAR KEIN GEFÜHL MEHR IM FUSS
Das macht er immer so. Die Nationalmannschaft hat immer Klassespieler, aber ist
sie auch ein Klasseteam?
Jetzt spielen wir gut zusammen. Ich habe
das Gefühl, dass wir gute Spieler haben, aber
auch Spieler für die Kraft, wie Boulahrouz. Eine gute Mischung, nicht nur Spieler, die alle
nur am Ball gut sind.
In der Vergangenheit gab es viele Probleme
zwischen den Spielern aus den ehemaligen
Kolonien und den Weißen. Läuft es jetzt besser,
weil weniger Spieler von dort dabei sind?
Das kann möglicherweise sein, aber damals
war ich nicht dabei.
Van Basten legt wenig Wert auf Egozentriker.
Ich glaube, dass er danach guckt. Aber es ist
nicht schwierig mit Kluivert, er ist ein sehr guter Typ. Auch Seedorf ist ein großer Spieler, er
hat dreimal die Champions League gewonnen. Aber in der Nationalmannschaft geht es
nicht zusammen. Warum, weiß ich nicht.
Sie sind wichtig, weil Sie einer der wenigen
Spielmacher sind, die dazu noch torgefährlich
sind. Woher kommt das?
Ich habe wohl eine Nase für das Tor. Das ist
ein Gefühl für diese Position, das habe ich
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05.04.2006 19:33:43 Uhr
GLEICHE HÖHE
schon mein ganzes Leben gehabt. Das mag
auch an der Ausbildung liegen. In Holland
wird man ermutigt, etwas Besonderes mit
dem Ball anzufangen: Hier ist ein Ball, spiele,
mach ein paar schöne Tricks.
Bei den Tricks sagen die deutschen Trainer,
Sie sollen nicht zaubern.
Das kann man später sagen. Wenn du in der
ersten Mannschaft spielst, dann kannst du
ein-, zweimal im Spiel einen Trick machen,
nur nicht zu oft. Aber wenn du klein bist, lassen die Trainer dich machen.
Waren Sie auch in der Jugend ein Gewinnertyp, der Spiele entscheiden konnte?
Ja, ich konnte Spiele entscheiden, aber ich
war nicht der Torkönig. Seit zwei, drei Jahren
bin ich torgefährlicher geworden.
Haben Sie schon immer im Mittelfeld
gespielt?
Früher war ich ein Stürmer. Als ich klein
war, war Romario mein Vorbild. Ich wollte immer Tore schießen wie er.
Was hat Ihnen an Romario so gefallen?
Er war oft aus dem Spiel. Und dann gab es
einen Moment, zack, und er macht das Tor.
Wenn ich ihn mit Eindhoven im Fernsehen
geschaut habe, war er mein Lieblingsspieler.
Wegen Romario wollte ich Profi werden. 1994
bei der WM hat er gegen Holland getroffen,
seitdem ist er nicht mehr Lieblingsspieler.
Sie haben im UI-Cup ein fantastisches Tor
mit geschlossenen Augen geschossen. Spüren
Sie, wenn etwas Besonderes passiert?
Das nicht. Aber du darfst auch nicht viel nachdenken. Wenn du das tust, ist es zum Schießen
zu spät. Wenn ich die Tore sehe, die ich gemacht habe, da habe ich nicht nachgedacht –
nur geschossen. Und ein paar Monate ging alles rein, unglaublich. Ich bekomme den Ball
und weiß, da ist das Tor.
Sie müssen nicht schauen, wo genau Sie
hinschießen wollen?
Ich habe das Gefühl, da ungefähr ist das Tor,
dann schieße ich. Wenn der Ball den Fuß verlässt, spüre ich, ob der Schuss für ein Tor
reicht oder nicht.
Sie treffen oft aus der Distanz. Üben Sie das
speziell?
Freistöße trainiere ich, das gibt mir ein gutes
Gefühl. Dann bin ich auch torgefährlicher aus
20 Metern.
Wie kann man sich ein solches Ballgefühl
antrainieren?
Ich habe als kleines Kind mit meinem Vater
trainiert, ich wohnte damals auf einem Cam-
Der Profi spricht
pingplatz. Wenn mein Vater von der Arbeit
kam – er hat in einer Waagenfabrik gearbeitet
– dann hat er immer zwei Flaschen Bier getrunken. Danach sind wir nach draußen gegangen und haben die beiden Flaschen aufgestellt, vielleicht 30 Meter entfernt. Dann habe
ich versucht, die Flaschen umzuschießen. So
habe ich das immer gemacht. Es hat mir offenbar geholfen.
Ihr Vater war fußballinteressiert.
Ja, er hat gut gespielt, aber er hatte nicht die
Mentalität für einen großen Verein. Mein kleiner Bruder Fernando spielt auch auf einem
hohen Niveau. Aber wenn du in einem professionellen Klub spielst, dann geht es nicht
allein um Talent. Dann geht es auch um den
Kopf: Ich will nicht mit den Freunden in die
Diskothek gehen.
Ist Ihnen das schwer gefallen?
Nein, mir nicht. Ich wusste, das hat auch
mein Vater immer wieder gesagt, dass ich so
viel Talent habe, dass ich alles geben muss.
Wo stehen Sie in Ihrer Entwicklung? Uli
Hoeneß hält Sie für einen guten Spieler, aber
Sie hätten noch kein internationales Format.
Woran müssen Sie arbeiten?
Vielleicht mein rechtes Bein, vielleicht muss
ich meinen Körper etwas stärker machen.
Aber ich stehe erst am Anfang meiner Karriere, ich bin 23. Ich glaube, wenn ich 26 bin,
dann muss ich bei 100 Prozent sein.
Aber Sie sind zufrieden, wie es bisher
gelaufen ist.
Natürlich! Ich bin 23, ich habe 35 Länderspiele mit sechs Toren gemacht, in Holland über
50 Tore, das ist ein Traum. Aber Zidane oder
Ronaldinho, das sind Spieler, die sind so gut.
Wollen Sie werden wie Zidane?
Er ist mein Favorit. Wenn er spielt, sieht alles so einfach aus, das mag ich.
Ist Deutschland die richtige Station zu einer
Weltkarriere? In Holland waren viele überrascht, dass Sie nach Hamburg gegangen sind.
Alle!
Der HSV hat Ihnen auch die schönen Seiten
Hamburgs gezeigt, um Sie zu überzeugen.
Sie haben Sylvie die Stadt gezeigt, ich habe
mir das Spiel gegen Gladbach angeschaut.
Wenn die Leute in Holland Hamburg sagen,
denken sie an eine regnerische Stadt. Aber als
ich herkam, war es eine Superstadt. Ich habe
mich sofort in unser Stadion verliebt.
Und wer hat die Wohnung eingerichtet?
Meine Frau guckt immer auf solche Sachen,
dass die Decken hoch genug sind, damit unsere Schränke reinpassen. Dazu habe ich keine
Lust. Ich habe gesagt, mach es ein bisschen
schön, mit einem guten Fernseher. Das ist
wichtig für mich, um Fußballspiele gucken
zu können. Meine Frau ist mehr zu Hause als
ich, sie muss sich wohl fühlen.
Ihre Mutter ist Spanierin. Können Sie sich
vorstellen, dort zu spielen?
Einmal in Spanien Fußball zu spielen ist ein
Traum von mir. Aber dann würde ich nur in
eine Topmannschaft wollen. Aber ich will
hier alles für den HSV geben.
Sprechen Sie Spanisch?
Ich verstehe ganz viel, sprechen tue ich nicht
so viel. Als ich klein war, konnte ich es besser.
Aber wenn man zwei Monate da ist, geht es
wieder. Meine Familie wohnt noch da, Großvater, Großmutter, in der Nähe von Cádiz. Wir
fahren jedes Jahr dahin.
DU DARFST BEIM SCHIESSEN
NICHT NACHDENKEN. WENN DU
DAS TUST, IST ES SCHON ZU SPÄT
Holland ist überall für Toleranz und
Liberalität bekannt. Wie kommt es da, dass es
im Fußball unter den Fans einen Hass gibt,
den man anderswo nicht kennt?
Ich weiß es nicht. Ist das in Deutschland
nicht so schlimm?
Nein. Niemand macht ein Transparent oder
initiiert einen Sprechchor, weil Sebastian
Deisler in psychiatrischer Behandlung war.
Oder ruft „Judenklub“.
Das mag ich an Deutschland. Aber in Holland ist es anders. Ich habe schon gespielt, und
das ganze Stadion hat gerufen, dass Sylvie eine Hure ist. Da frage ich mich: Was ist hier
los? Holland hat viele gute Seiten. Aber der
Fußball bringt etwas Negatives in die Leute.
Wenn Feyenoord gegen Ajax spielt, dann ist
überall Polizei, Helikopter, das ist kein Fußballspiel mehr. Man denkt fast, dass die Leute
zum Kämpfen ins Stadion gehen.
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GLEICHE HÖHE
Der Profi spricht
Aber woran liegt das? Die verschiedenen
Kulturen leben in Holland doch ganz gut
zusammen.
In Deutschland kann man eher ein Star sein.
Ballack ist der große Star. Niemand sagt, er
sei arrogant. Wenn du bei uns in Holland zu
gut bist, dann fangen die Leute an zu reden.
Das wollen sie nicht. Sie wollen, dass du normal bist. Ich bin normal, Seedorf ist normal.
Aber die Leute wissen das nicht, sie kennen
uns Spieler nicht.
WENN DU IN HOLLAND EIN STAR
BIST, DANN REDEN DIE LEUTE. SIE
WOLLEN, DASS DU NORMAL BIST
Sie sind auf dem Platz manchmal ein
Hitzkopf, es gab auch schon eine rote Karte.
Was muss man tun, um Sie zu reizen?
Gegen uns gewinnen! Wenn ich verliere,
dann bin ich richtig böse. Aber nur auf dem
Platz. Wenn ich danach nach Hause komme,
ist es wieder vorbei. Eine Stunde nach dem
Spiel bin ich wieder normal.
Sie brauchen ein ruhiges Umfeld. Ohne Ihre
Frau, sagen Sie, können Sie nicht ruhig
Fußball spielen.
Meine Frau ist wichtig. Ich kann mit Sylvie
gut über alles sprechen. Wenn zu Hause alles
gut läuft und stabil ist, kann ich optimal Fußball spielen.
Sie werden im Juni Vater.
Es wird ein Junge.
Sind Sie auch bei der Schwangerschaftsgymnastik, um richtig atmen zu lernen?
Dafür habe ich nicht genug Zeit. Ich hoffe,
das Baby kommt noch vor der WM, sonst
kann es schwierig sein, bei der Geburt dabei
zu sein. Ich möchte unbedingt dabei sein. Sylvie hat aber schon gesagt: Wenn ein wichtiges
Spiel ist, dann musst du spielen, Rafael.
Verliebt ins Stadion: Rafael van der Vaart in der AOL Arena
Rafael van der Vaart wurde am 11. Februar 1983 im holländischen Heemskerk geboren. Mit zehn Jahren trat er in die Jugendabteilung von
Ajax Amsterdam ein. Bei den Profis debütierte van der Vaart als 17-Jähriger und schoss bis zu seinem Wechsel zum HSV in 117 Erstligaspielen 52 Tore
für den Klub. Mit 18 Jahren war er Nationalspieler und hat bis Ende März 2006 sechsmal in 35 Einsätzen getroffen. Seit dieser Saison spielt
van der Vaart in Hamburg und wurde sofort Leistungsträger. In der Meisterschaft erzielte er sieben Tore in 17 Spielen, in UI- und Uefa-Cup ebenfalls
sieben Tore. Mit Ehefrau Sylvie, die in den Niederlanden als Fotomodell und MTV-Moderatorin arbeitete, lebt van der Vaart in Hamburg-Eppendorf.
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GLEICHE HÖHE
Torwarttaktik
„Block Zement mit Charisma“: Oliver Kahn
Spitzname Mad Jens: Nummer eins Lehmann
DER KAMPF
DER LETZTEN MÄNNER
VON MALTE OBERSCHELP, FOTOS GETTY, IMAGO, DPA, AP
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GLEICHE HÖHE
Torwarttaktik
Die Entscheidung ist gefallen: Jens Lehmann steht bei der
Weltmeisterschaft im deutschen Tor. Damit findet eine
monatelange Diskussion ihr Ende, in der es um alles ging,
nur nicht um eines: Welcher TORHÜTER eigentlich
am besten in das Spielsystem von Jürgen Klinsmann passt
Eine schwierige Entscheidung. Die Weltmeisterschaft in Deutschland steht vor der Tür, und
das ganze Land rätselt, wer im Tor der Nationalelf stehen wird. Die Mehrheit ist für den langjährigen Stammkeeper, dessen große Taten
der Vergangenheit allen noch im Gedächtnis
sind. Sein Konkurrent besitzt weniger Fürsprecher, aber auch er bekommt seine Spiele. Je näher die WM rückt, desto mehr nimmt die Nominierung Züge einer Staatsaffäre an. Doch
am Ende entscheidet sich der Trainer für keinen der Kandidaten: Bei der WM 1974 stellte
Rinus Michels einen Keeper ins Tor der Niederländer, dessen einziges Länderspiel zwölf
Jahre zurücklag – Jan Jongbloed.
1974 bescherte Rinus Michels der Welt den
totalen Fußball. Die Abwehr spielte auf einer
Linie und rückte geschlossen vor, wann immer
die Spielsituation es erlaubte, um die gegnerischen Stürmer abseits zu stellen und die Räume eng zu machen. Genau wie Klinsmann es
mit dem deutschen Nationalteam vorschwebt
– auch wenn das beim 1:4 gegen Italien glorreich danebenging. Für dieses System wollte
Michels einen Torhüter, der Fußball spielen
konnte und nicht vor der Welt außerhalb des
Strafraums zurückschreckte. Nur hatten die
etatmäßigen Keeper Jan van Beveren und Piet Schrijvers ihre Stärken auf der Linie. Genau wie Oliver Kahn.
„Das System von Bayern München braucht einen anderen
Torhüter als das System von Ajax Amsterdam und vom FC Barcelona
– oder als das der deutschen Nationalmannschaft“ FRANS HOEK
Was das mit der deutschen Torhüterdiskussion zu tun hat? Einiges, zum Beispiel, dass es
nicht selten vorkommt, die Nummer eins erst
kurz vor dem Turnier zu nominieren. Oder
auch, dass die Debatte mit der viel beschworenen Wahrheit auf dem Platz kaum etwas zu
tun hatte. Denn die Deutschen stritten über
ihre letzten Männer, als müssten diese die
WM im Alleingang gewinnen, als wäre Fußball kein Mannschaftssport. Alle redeten von
Kahn oder Lehmann. Aber keiner fragte, welcher Torwart am besten in das System passt,
das Klinsmann spielen lassen will.
„Michels hat damals unglaublich viel Kritik
einstecken müssen“, sagt der holländische Torwarttrainer Frans Hoek. „Aber am Ende hat
er Recht gehabt, weil Jongbloed im gesamten
Raum zwischen Tor und Abwehr verteidigt
hat.“ Hoek ist Fachmann für das Zusammenspiel von Torhüter und Taktik. 1985 holte ihn
Johan Cruyff, der Jongbloeds Nominierung
als Spieler entscheidend unterstützt hatte, zu
seiner ersten Trainerstation Ajax Amsterdam.
Hoek erstellte ein Profil, was für einen Keeper
Cruyff wollte, und stellte das Training um. Eines der Ergebnisse ist Edwin van der Sar, den
Hoek jahrelang betreute. „Der könnte bei fast
jedem Bundesligisten Libero spielen“, staunte einst Trainer Klaus Toppmöller nach einem
Uefa-Cup-Spiel gegen Ajax.
Fragt man ihn nach Klinsmanns Votum für
Lehmann, hat auch Frans Hoek eine Meinung.
„Wenn Klinsmann die Abwehr nach vorne rücken lässt, benötigt er einen anderen Torhüter als Oliver Kahn“, bestätigt er. „Mit der Abwehr nahe am Tor ist er einer der besten der
Welt, aber wenn die Viererkette die Räume
eng macht, ist das nicht seine Stärke.“ Oliver
Kahn war 23, als 1992 die Rückpassregel eingeführt wurde. Sein Spiel hat er danach nicht
mehr grundsätzlich verändert. Selbst wenn er
nach einem Rückpass einen zurückgelaufenen
Außenverteidiger anspielen könnte, drischt
Kahn den Ball meistens blindlings nach vorne. Dann entscheidet nur der Zufall, wer in
Ballbesitz bleibt.
„Reaktionstorhüter“ nennt Frans Hoek diese Sorte Keeper: exzellent auf der Linie, willensstark, physisch beeindruckend, aber fußballerisch limitiert und mit durchschnittlichem
Stellungsspiel bei Steilpässen in den Rücken
der Abwehr. Das Gegenstück heißt Antizipationskeeper, Prototyp: Edwin van der Sar. Das
Begriffspaar entwickelte Hoek, als er mit Louis van Gaal nach Barcelona ging und sich wunderte, warum anerkannte Torleute wie Vítor
Baía und Robert Enke nicht mit der Spielweise der Mannschaft klar kamen. Daraus gelernt
hat er, dass jeder Trainer die Konsequenzen
kennen muss, die ein Torhüter für das Spielsystem hat. „Das System von Bayern braucht
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GLEICHE HÖHE
Torwarttaktik
RADENKOVIC TAUGTE
HIER ZU LANDE NUR
ZUR WITZFIGUR, NICHT
ALS GEGENENTWURF
einen anderen Torwart als das System von
Ajax und Barcelona – oder das der deutschen
Nationalelf.“
Aber welcher Torhüter passt denn ins System Klinsmann? Jens Lehmann gilt als fußballerisch passabel, häufiger als Oliver Kahn
wandelt er Rückpässe in Spieleröffnung um.
Seit 2003 läuft er bei Arsenal London nahezu
genau so wie in der Nationalelf auf. Taktisch
ist er individuell schon weiter als die Mannschaft als Kollektiv. Allerdings erlebte auch
die neue Nummer eins entscheidende Ausbildungsjahre in der Zeit vor der Rückpassregel. Bei den Arsenal-Fans hat Lehmann wegen teils bizarrer Ausflüge aus dem Strafraum
den Spitznamen Mad Jens weg. Seinen folgenschwersten Fehler, der 2004 gegen Chelsea
zum Ausscheiden in der Champions League
führte, beging er bei einem Rückpass.
„Wenn Jürgen Klinsmann die
Abwehr nach vorn rücken lassen
will, braucht er einen anderen
Torwart als Oliver Kahn“ FRANS HOEK
„Er antizipiert etwas besser als Kahn, aber
viel weniger als zum Beispiel van der Sar“, urteilt Frans Hoek. „Kahn ist zu 100 Prozent Reaktionstorhüter, Lehmann zu 80 Prozent.“
Der holländische Torwarttrainer hielte daher
Timo Hildebrand für die optimale Lösung.
„Er kann beides, deshalb hat er im Spiel viele
Möglichkeiten.“ Das Idealbild eines Antizipationstorhüters, wie Hoek es im Fachmagazin
„Soccer Coaching International“ beschrieben
hat, könnte Hildebrand sein: weniger muskulös, weniger lautstark, aber geduldig in Einsgegen-eins-Situationen und mit sehr guten
Fähigkeiten, das Spiel im Raum zu lesen.
Doch Hildebrands Zeit wird erst bei der
nächsten WM kommen. Jürgen Klinsmann
hat sich für Jens Lehmann entschieden, und
das durchaus konsequent – schließlich hatte
der Bundestrainer schon im Fall Christian
Wörns bewiesen, dass seine neue Art Fußball
zu spielen nicht vor alten Namen Halt macht.
„Wir sind überzeugt, dass Lehmann besser zu
unserer Spielphilosophie passt“, begründete
Torwarttrainer Andreas Köpke. Dabei scheute Klinsmann auch nicht den öffentlichen
Druck. Denn die Deutschen pflegen ein besonderes Verhältnis zu ihren Nationalkeepern.
Viele Fans und das Gros der Medien empfanden es als Majestätsbeleidigung, Kahn überhaupt einem Wettbewerb auszusetzen.
Wobei es für den tragischen Helden der
WM 2002 durchaus Argumente gab, denn natürlich hängt die Wahl des Torhüters nicht nur
vom System ab: Er muss erfahren sein. Die Abwehrspieler müssen das Gefühl haben, einen
Fehler machen zu können. Und die Gegner
müssen Respekt haben. Mit „einem Block Zement mit großem Charisma“ vergleicht Frans
Hoek den typischen Reaktionstorhüter. Viel-
leicht ist das der Grund, warum in einer Umfrage des „Kicker“ die Mehrheit der Bundesligaprofis bei der WM Oliver Kahn im Tor sehen
wollte – aber die gleiche Mehrheit Robert Enke für den besten Keeper hält. „Robert ist ein
hervorragender Torwart, aber auch mehr der
Typ Reaktion“, sagt Hoek über seinen ehemaligen Spieler. „Das Problem bei Barcelona
war: Wenn du 25 bist, ist es schwer, noch die
Antizipation zu lernen – obwohl er da bereits
besser ist als Kahn und Lehmann.“
Vermutlich hätte Sepp Maier bei Gerd Müllers 2:1 im Endspiel 1974 besser reagiert als
Jan Jongbloed, der einfach stehen blieb.
Oliver Kahn hätte den Ball vielleicht gehalten,
dafür aber in der zweiten Halbzeit alt ausgesehen. „Kopfballabwehr eines Torhüters in
einem WM-Finale“, staunte da TV-Kommentator Rudi Michel. Später ernannte er Jongbloed zum „Weltmeister im Herauslaufen“.
Die Deutschen halten es eher mit den Helden auf der Linie. Die holländische Spielauffassung nivelliert die Unterschiede zwischen
Torhüter und Feldspieler, die deutsche hingegen überhöht die Nummer eins zum Turm in
der Schlacht – von Toni Turek Fußballgott bis
King Kahn. Ein Radi Radenkovic taugte da
nur zur Witzfigur, nicht zum Gegenentwurf.
Dass Jürgen Klinsmann durch die Nominierung Jens Lehmanns mit dieser Tradition zu
brechen beginnt, tut dem deutschen Fußball
gut. Denn wer eine Mannschaft neu ausrichten will, muss ganz hinten damit anfangen.
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GLEICHE HÖHE
Torwarttaktik
Stark in der Antizipation: Timo Hildebrand
Für die Kollegen der Beste: Robert Enke
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GLEICHE HÖHE WM-Trainer
„Stark sein“: Zico und das japanische Team
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05.04.2006 19:42:14 Uhr
GLEICHE HÖHE WM-Trainer
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„ES GIBT VIELE PROBLEME
IM DEUTSCHEN LAGER“
DER SPIELER ZICO IST EINE LEGENDE. ALS TRAINER DER JAPANISCHEN
NATIONALELF KEHRT ER NUN ZUR WM 2006 AUF DIE GROSSE FUSSBALLBÜHNE ZURÜCK. UND MUSS AUSGERECHNET GEGEN SEIN HEIMATLAND
BRASILIEN ANTRETEN. DER 53-JÄHRIGE ÜBER WM-FAVORITEN, DEN STOLZ
DER DEUTSCHEN UND WARUM ER NIE BRASILIEN TRAINIEREN KÖNNTE
INTERVIEW RICARDO SETYON, COLLAGE SONJA KÖRDEL, FOTOS DPA, IMAGO, PIXATHLON
Senhor Zico, Sie haben mal gesagt, dass Sie
nie Trainer werden wollten. Warum haben Sie
Ihre Meinung geändert?
ZICO Wegen meiner Beziehung zu Japan,
die eine ganz besondere ist. Ich werde dort
wie ein Star behandelt. Mehr, weit mehr als
in Brasilien. Mein Spitzname in Japan lautet
Kamisama, was Fußballgott bedeutet. All das
hat meine Entscheidung, den Job weiterzumachen, stark beeinflusst. Ich werde als eine
Art Erlöser gesehen. Wo immer ich auftauche,
machen die Leute Fotos mit mir, die sie auf ihren Handys oder zu Hause aufbewahren, als
wäre ich ein Rockstar.
Obwohl Sie nicht Japanisch sprechen?
Kein Japanisch. Und bevor ich herkam, war
auch mein Englisch lausig. Es ist immer noch
nicht so gut, wie ich es gerne hätte, aber inzwischen kann ich ausdrücken, was ich sagen
möchte. Aber hier in Japan braucht jeder Trainer, überhaupt jeder Ausländer auf einem
wichtigen Posten, einen Übersetzer. Ich habe
einen, der mir manchmal näher ist als meine
Frau. Er ist meine rechte Hand, und da ich
nicht möchte, dass er seinen Job verliert, lerne ich kein Japanisch. Wenn die Leute schnell
sprechen, verstehe ich gar nichts. Wenn sie
langsam sprechen, begreife ich, was gemeint
ist. Das habe ich gelernt, als ich nach Japan
kam. Aber mit dem Alter werde ich wohl ein
wenig faul, was manche Dinge angeht. Sprache ist so ein Problem, doch wir sorgen dafür,
dass es auch ohne sie funktioniert. Und glauben Sie mir: Wenn mich meine Spieler hören
oder sehen, wissen sie, was ich will.
Was wollen Sie denn?
Sehen Sie, ich war über 25 Jahre lang Spieler. Und als Trainer kann ich jetzt diese fast
drei Jahre in Kashima und drei Jahre als Nationaltrainer vorweisen. Ich versuche, so offen
und demokratisch wie möglich zu sein. Ich
verhalte mich immer so, wie ich auch möchte,
dass sich die Leute mir und meiner Familie
gegenüber verhalten. Das Problem ist, dass
man wegen der kulturellen Unterschiede kein
sofortiges Verständnis erwarten kann. In Tokio waren die Nationalpieler nicht an einen
so aufgeschlossenen und demokratischen
Trainer gewöhnt. Zu Beginn der WM-Qualifikation hatten wir einige ernste Probleme,
als acht Spieler während der Vorbereitung
auf ein Spiel beschlossen, nachts auszugehen. Danach habe ich sie nicht mehr für die
Nationalmannschaft nominiert. Es war mir
egal, ob sie Stars waren oder nicht. Das hat
keinem gefallen, den Medien nicht, den Verbandsmanagern nicht und den Spielern erst
recht nicht. Aber ich habe ihnen gesagt, dass
Demokratie Respekt bedeutet. Es geht nicht
darum, dass sie ausgehen und trinken oder
Frauen treffen. Das ist ihr Problem. Mein Problem ist, dass sie begreifen müssen, dass wir
als Trainer Verantwortung haben und dass sie
uns informieren müssen, wenn sie ausgehen.
Danach gab es ein besseres Gefühl, was das
Demokratische angeht, und ich gehe sogar
mit ihnen aus, wenn mir danach ist.
Carlos Alberto Parreira wird die brasilianische Nationalmannschaft nach der WM
verlassen. Viele sehen Sie schon als den
nächsten Trainer.
Es hört sich verrückt an, aber ich würde diesen Posten wirklich niemals übernehmen. Ich
verlasse Japan auch nach der WM, mein Vertrag läuft aus. Aber sobald man den europäischen Markt kennt und an einem ernsthaften
und organisierten Ort wie Japan arbeitet, beginnt man auch, über andere Optionen nachzudenken. Und Europa ist definitiv eine Option, die ich ernsthaft in Erwägung ziehe. Ein
Verein in Europa, das hört sich für mich nach
einer gewissen Fortführung an. Wenn ich in
Europa nichts finde, werde ich zurück zu meiner Familie nach Brasilien gehen und vielleicht die Mannschaft meines Vereins Clube
de Futebol Zico trainieren. Ich will das Team
in die oberste Liga Brasiliens bringen. Das ist
mein Traum als Trainer – natürlich nachdem
ich eine Weltmeisterschaft gewonnen habe.
Wer sind Ihre Favoriten auf den Titel?
Für mich ist klarer denn je, dass eine Weltmeisterschaft keine Meisterschaft ist, sondern
ein Rennen, bei dem nicht immer der Beste
gewinnt. Es ist ein kurzes und sehr emotionales Turnier unter großem Druck. Jeder kann
jederzeit alles Mögliche tun. Ich habe bei drei
Weltmeisterschaften gespielt, Brasilien war
immer die beste Mannschaft, ich war, wie es
hieß, der beste Spieler der Welt, doch ich habe niemals eine WM gewonnen. Daran sieht
man: Selbst wenn es Favoriten auf den Titel
gibt, sollten sie aufpassen, da die so genannten kleineren Mannschaften sie überraschen
können. Einige Teams schlafen seit der Auslosung nicht mehr so entspannt wie vorher,
schätze ich. Der Fußball verändert sich sehr
schnell, und die großen Fußballnationen sind
einfach nur Favoriten. Favorit zu sein heißt
aber nicht gleich, Spiele auch zu gewinnen.
Sind Brasilien, Argentinien, England und
Deutschland für Sie keine Mannschaften mit
größeren Chancen?
Brasilien steht über allen und jedem. In dieser Mannschaft spielen so viele fantastische
Spieler wie seit Jahren nicht mehr, aber diese Favoritenrolle wird ihnen wie eine 200 Kilo schwere Eisenkugel an den Füßen hängen.
Dennoch stehen sie eine Stufe über allen anderen und sind meine Favoriten auf den Titel.
Wenn ich die Karte des modernen Fußballs
richtig lese, zeigen die Niederlande derzeit
den effizientesten und intelligentesten Fußball der Welt. Ich kann auch nicht verhehlen,
dass ich das Spiel der Tschechischen Republik bei der EM 2004 sehr aufregend fand.
Brillant. Und sie haben die richtigen Spieler,
um manch einen zu schockieren. Mexiko ist
stark und hat Persönlichkeiten. Ich glaube,
dass diese Weltmeisterschaft ein Krieg ist,
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GLEICHE HÖHE WM-Trainer
„ES SIND STARKE UND GEMISCHTE GEFÜHLE,
MIT JAPAN GEGEN DAS EIGENE LAND ZU SPIELEN“
und Argentinien hat die richtigen Spieler, um
es im Krieg weit zu bringen. Ich glaube zwar
nicht, dass England, Italien, Deutschland und
Frankreich viel ausrichten können, aber in
der Gruppenphase wird es Überraschungen
geben. Und ich weiß, dass Japan großartige,
positive Ergebnisse erzielen wird.
Ihre Mannschaft tritt in der Vorrunde gegen
Australien, Kroatien und Brasilien an.
Der Begriff Globalisierung ist heute sehr in
Mode, auch im Fußball. Die WM in Deutschland wird die erste überhaupt sein, in dem es
dieses extreme Gleichgewicht zwischen den
Formen, wie die meisten qualifizierten Teams
Fußball spielen, gibt. In meiner Gruppe wird
dies noch klarer als in jeder anderen. Zweifelsohne ist Brasilien der Favorit auf den ersten
Platz. Was aber den zweiten Platz angeht, werden viele über den heftigen Kampf überrascht
sein. Mein Plan ist es, mit Japan diesen Platz
zu erreichen. Wir wollen einen Sieg gegen
Australien und ein Unentschieden gegen Kroatien, um entspannt gegen Brasilien antreten
zu können. Und ich glaube, dass wir auch gegen Brasilien einen Punkt schaffen können.
Das ist natürlich ein besonderes
Spiel für Sie.
Brasilien gegen Japan – als ich sah, wie Lothar Matthäus bei der Auslosung diesen kleinen Ball in seine Hände nahm und plötzlich
klar war, dass wir mit Brasilien in einer Gruppe sind, sahen viele eine Art von Lächeln in
meinem Gesicht. Das war aber kein Lächeln.
Es war der Moment, in dem mir bewusst wurde, wie stark ich sein muss, weil ich bei einer
WM gegen mein Heimatland spiele. Ich habe mich gefragt, wie es mich, meine Freunde,
meine Familie, meine Arbeit beeinflussen
wird. Es sind starke und gemischte Gefühle.
Im Juli 2005 sind wir Brasilien schon einmal
beim Confederations Cup in Deutschland begegnet. Die Medien sind weltweit verrückt
geworden; sie haben jeden in meinem Umfeld dazu befragt, sogar meine drei Söhne.
Brasilien hatte es schwer gegen uns. Bei der
WM werde ich meinen Spielern zeigen, dass
sie es schaffen können, das großartige Brasilien zu schlagen.
Viele fragen sich, was Sie mit diesem
japanischen Team anstellen, das sich als erste
Elf für die WM qualifiziert hat, das den
Asien-Cup so deutlich wie noch nie gewonnen
hat und das zu den besten 20 Mannschaften
der Welt gehört. Haben die Japaner plötzlich
gelernt, auf Weltniveau zu spielen?
Japaner haben ein großes Problem: Sie glauben nicht an sich. Und dann gibt es noch kleinere Probleme wie die Tatsache, dass sie sich
der Verantwortung nicht stellen, dass sie Konfrontationen aus dem Weg gehen. Sie sind
sehr theoretisch und sehen oft die Alternativen nicht. Aber wenn sie all dies überwinden, kann Japan ein Gigant mit dem Ball vor
den Füßen sein, das sage ich Ihnen. Sie haben nach viel Schweiß und Arbeit verstanden, dass sie sich nicht an der europäischen
Spielweise orientieren, sondern von den Südamerikanern lernen sollten. Ob es nun um
den Körperbau oder ihren technischen Stil
geht: Sie sind definitiv nicht europäisch. Wir
arbeiten mit ihnen an Dingen, an denen kein
anderes Land arbeitet, zumindest keines derjenigen, die bei der Weltmeisterschaft sein
werden. Sie sind darauf trainiert, mit dem
Schiedsrichter zu sprechen, sich nicht vor
hässlichen Gesichtern oder dem rauen Stil einiger Gegner zu fürchten. Sie haben gelernt,
wie man damit fertig wird, zurückzuliegen
und wieder auf die Füße zu kommen. Ihnen
wird sogar beigebracht, wie man auf brasilia-
nische Art geschickt ist. Es gibt ein brasilianisches Wort, Malícia, was geschicktes, gewieftes, einfallsreiches und schnelles Denken
bedeutet, das schon zu einem japanischen
Wort geworden ist. Entweder man hat es oder
man hat ein Problem.
Glauben Sie, dass der Heimvorteil den
Deutschen helfen kann?
Deutschland war wie Italien, England, Argentinien und Brasilien immer ein Titelfavorit. Das Problem ist nur, dass Mannschaften
nicht allein aufgrund ihrer Fußballgeschichte als Favoriten gelten können. Wenn ich ehrlich sein darf, gibt es viele Probleme im deutschen Lager. Vom Trainer bis zum Torhüter
ist in Deutschland alles Gegenstand von Diskussionen und Streitigkeiten. Andererseits
glaube ich ernsthaft, dass Deutschland ein
zuverlässiger Kandidat für den Titel ist, vor
allem weil die Geschichte lehrt, dass sie zu
Hause selten verlieren. Die Stärke Deutschlands ist, dass sie vor ihren eigenen Leuten
im eigenen Land spielen. Und wie ich schon
sagte: Um eine Weltmeisterschaft zu gewinnen, reicht es nicht aus, der Beste zu sein.
Deutschland hat also diesen Vorteil der Heimspiele. Das kann zusammen mit ein paar anderen Faktoren tatsächlich reichen, um Weltmeister zu werden. Denken Sie beispielsweise
an den Stolz, der bei den Deutschen immer
sehr stark ausgeprägt ist, die Erfahrung einiger Spieler wie Kahn und Ballack, aber vor
allem die unglaubliche Kenntnis Klinsmanns
als Trainer. Wenn man dazu noch berücksichtigt, dass die deutschen Medien ihre Mannschaft bei der Weltmeisterschaft nicht mehr
länger kritisieren werden und dass es im ganzen Land große Unterstützung gibt, hat man
einen wirklich ernst zu nehmenden Anwärter auf den Titel.<
ZICO wurde am 3. März 1953 in Rio de Janeiro geboren. Als Mittelfeldregisseur war Arthur Antunes Coimbra bei CR Flamengo sowie Udinese Calcio
aktiv. Als einer der ersten ausländischen Profis der J-League missionierte er
bei den Kashima Antlers als Spieler, technischer Direktor und Trainer den
Fußball in Japan. Mit der Seleção nahm er an drei Weltmeisterschaften teil
und wurde der „weiße Pelé“ genannt. Kurze Zeit fungierte er als Sportminister Brasiliens. Nach der WM 2002 übernahm er das Amt des japanischen
Nationalcoaches. www.ziconarede.com.br
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GLEICHE HÖHE
Fundstück
FRÄNKISCHE RIVALEN
VON ANFANG AN
1924 traf die deutsche Nationalmannschaft in einem
legendären Spiel auf die Niederlande. Im Tor war
der Mann mit der MÜTZE: Heiner Stuhlfauth. Die
Mannschaft setzte sich ausschließlich aus Nürnbergern
und Fürthern zusammen, die den Fußball in
Deutschland dominierten – und sich partout nicht
ausstehen konnten VON CHRISTIAN DOTTERWEICH, FOTO OLAF TIEDJE
>„Ringkampf, Boxkampf, Schlägerei, ja Rauferei möchte man nennen, was die beiden Mannschaften vorgeführt haben.“ Was der Reporter der „Nürnberger Zeitung“ am Sonntag nach dem Hinspiel um die
Süddeutsche Meisterschaft in Nürnberg zwischen dem 1. FCN und
der SpVgg Fürth kommentieren muss, erschüttert ihn. Das äußerst
rau geführte 0:0 der verfeindeten Nachbarn am 13. April 1924 macht
auch dem DFB schwer zu schaffen. In einer Woche ist ein Länderspiel
gegen die übermächtigen Holländer angesetzt – eine deutsche Mannschaft ohne die Fußballhochburg Nürnberg/Fürth ist undenkbar.
„Wir trafen uns in Nürnberg und sahen, dass die Fürther in einen
der hinteren Waggons des D-Zugs einstiegen“, erinnerte sich Torwartlegende Heiner Stuhlfauth, der Mann mit der Mütze, die inzwischen
sogar im Nürnberger Industriemuseum gelandet ist. „Als wir das gesehen haben, sind wir in einen der vorderen Waggons eingestiegen.“
Zwischenstopp in Düsseldorf beim DFB. Die Nürnberger steigen aus.
Der Betreuer der Nationalmannschaft vom DFB, Paul „Papa“ Blaschke, runzelt die Stirn: „Wo sind denn die Fürther?“ Schulter zuckend
erwidern die Club-Spieler, sie wissen es nicht. Blaschkes Sorgenfalten graben sich tiefer. Da steigen die Fürther aus einem der hinteren
Waggons aus. „Was ist denn los mit euch“, ruft der entsetzte DFBMann, „ihr müsst doch Freunde sein. Ihr habt doch morgen ein Spiel
gegen Holland!“ Man geht getrennt ins Hotel und fährt am nächsten
Tag wieder in getrennten Waggons gen Holland.
In Amsterdam dasselbe Bild, selbst in der Kabine, kurz vor Spielbeginn: Die fünf Nürnberger Stuhlfauth, Kugler, Kalb, Schmidt und Träg
ziehen sich in einer Ecke um. In der gegenüberliegenden die sechs Fürther Müller, Hagen, Auer, Franz, Seiderer und Ascherl. Eisern schweigen sich beide Parteien an. Sichtlich nervös nimmt sich Blaschke Torwart Stuhlfauth kurz vor Spielbeginn zur Brust: „Ihr müsst euch einig
werden. Das macht sich im Spiel bemerkbar, wenn ihr streitet!“
„Ihr müsst doch Freunde sein. Ihr habt
doch morgen ein Spiel gegen Holland!“
PAUL „PAPA“ BLASCHKE, BETREUER DER NATIONALMANNSCHAFT
Die fränkische Nationalelf läuft vor 26.000 Zuschauern am Ostermontag, dem 21. April 1924, ins holländische Stadion ein. Die Antwort auf Blaschkes Sorgen geben Stuhlfauth und die Mannschaft auf
dem Platz: Sie spielen, als ob sie eine Mannschaft sind. Die zerstrittenen Franken zeigen zur Überraschung der Holländer und der DFBVerantwortlichen eine gute Partie. In der 14. Minute bricht Träg auf
links durch, flankt über Torwart De Boer, dahinter köpft der allein
stehende Auer ins Netz. Die Fürther jubeln mit ihrem Torschützen,
die Nürnberger – für die Vorlage verantwortlich – drehen ab und zeigen die kalte Schulter.
Endstand 1:0, der erste Länderspielsieg der Deutschen gegen die
Holländer ist errungen. Die Nationalmannschaft pfeift aufs Feiern.
Die Spieler ziehen ihre weiß-schwarzen Trikots wieder getrennt in
den Kabinenecken aus und fahren in getrennten Waggons zurück. Sie
haben nur eines im Kopf: das Rückspiel um die Süddeutsche Meisterschaft sechs Tage später. Das ruhige Match vor 20.000 Zuschauern
und vorsorglich 80 im Stadion verteilten Kriminalbeamten endet 1:1unentschieden. Da die Clubberer in der Endrunde nur ein Spiel, die
Fürther aber zwei Spiele verloren hatten, ist für den FCN der Weg zur
deutschen Meisterschaft frei. Und bis heute ist die Rivalität ungebrochen: „Lieber Fünfter als Fürther“, hallt noch heute ein beliebter
Schlachtruf aus der Noris in Richtung Ronhof.<
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GLEICHE HÖHE
Heimspiel
„Das ist irre“: Miroslav Klose hinterm Steuer
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GLEICHE HÖHE
Heimspiel
„DAS HAUT
DIR DEN
KOPF WEG“
AUFGEZEICHNET VON SVEN BREMER, FOTOS DIRK MESSNER
Ein schneller Stürmer ist er auf jeden Fall.
Doch MIROSLAV KLOSE hat auch ein
Faible für schnelle Autos: Der Bremer
Nationaltorjäger ist fasziniert vom Rallyesport
Für schnelle Autos hatte ich schon immer
eine Schwäche. Gar nicht mal so für die Formel 1, sondern für den Rallyesport. Dieses Sliden und Driften der Autos hat mich stets fasziniert. Wir haben bei uns in der Pfalz, in der
Nähe meines Heimatorts, eine Rallyestrecke.
Da habe ich mal zugeschaut – von dem Tag
an war ich infiziert. Seitdem hatte ich auch
den Wunsch, einmal in so einem Auto mitzufahren. Im vergangenen Jahr ist über meinen
Sponsor Skoda dann der Kontakt zu Matthias
Kahle, einem der besten deutschen Rallyepiloten, zu Stande gekommen. Mit ihm durfte
ich auf dem Lausitzring das erste Mal mitfahren. Das hat einen Riesenspaß gemacht, und
es ist wirklich absolut faszinierend, wie diese
Sportler ihr Auto beherrschen.
Ich sollte versuchen, so weit es geht, die
Funktionen des Copiloten zu übernehmen.
Der Beifahrer hat diverse Pedale, mit denen
er zum Beispiel die Scheibenwischer betätigen kann. Es hat etwas genieselt beim Start,
und als wir gleich nach ein paar Minuten mit
dem Auto zwanzig bis dreißig Meter weit geflogen und voll in einer Pfütze gelandet sind,
da habe ich echt nicht mehr an den Scheibenwischer gedacht. Bei den Sprüngen siehst du
plötzlich nur noch den Himmel. In den Kur-
ven fliegen Dreck und kleine Steinchen gegen
die Windschutzscheibe, der Motor dröhnt. Auf
den Geraden kommen die bestimmt auf über
200 Stundenkilometer, auch auf den schmalen Straßen, auf denen die unterwegs sind.
Überhaupt wirst du schon beim Start so dermaßen in den Sitz gedrückt, das ist irre. Die
Rallyefahrzeuge sollen ja eine schnellere Beschleunigung haben als die Formel-1-Rennwagen. Die Fahrt war absolut faszinierend.
Die Fahrer bremsen keine Zehntelsekunde zu
früh oder spät, sie fahren wirklich Millimeter
an Pfosten oder Mauern vorbei. Und wenn
sie zum Beispiel in eine Rechtskurve fahren,
dann lenken sie zuerst links ein. Ich habe zuerst gedacht: Hoppla, was macht der denn da.
Angst hatte ich überhaupt keine. Obwohl
ich im normalen Leben ein wirklich schlechter Beifahrer bin. Egal bei wem, bei Freunden, bei meiner Frau, ich kann keine Sekunde schlafen als Beifahrer, egal wie müde ich
bin. Aber zu Matthias Kahle hatte ich absolutes Vertrauen, obwohl er fast 100 Prozent gefahren ist. Wenn ich das Gefühl gehabt hätte,
dass es ein echtes Risiko ist, dann wäre ich
auch nicht eingestiegen.
Man sitzt da übrigens nicht so wie in einem normalen Auto drin. Diese Schalensitze
sind ganz anders konzipiert, dann gibt es die
Überrollbügel, so dass selbst im Fall eines
Überschlags meistens nichts passiert. Auch
die Gurtkonstruktion ist eine andere. Ich glaube, man sitzt fast ein bisschen so wie in einem
Kindersitz. Vielleicht fahren meine Zwillinge
Luan und Noah deswegen so gerne Auto.
Auch der Copilot im Rallyeauto trägt einen
feuerfesten Anzug und logischerweise auch
diesen Helm mit dem Mikrofon, über das er
sich mit dem Fahrer verständigt.
Aber ich frage mich immer noch, wie es der
Beifahrer schafft, bei diesem Wahnsinnstempo noch auf die Karte zu schauen und seinem
Piloten alle wichtigen Infos zu geben. Ich habe
so ein bisschen Einblick bekommen, wie sie
kommunizieren. „Fünf links“ bedeutet zum
Beispiel: Es kommt eine lang gezogene Linke.
„Eins links“ heißt: Es folgt eine scharfe Kurve.
Das finde ich auch so gut an diesem Sport, diese absolut perfekte Teamarbeit und das Vertrauensverhältnis zwischen Copilot und Pilot.
Da gibt es dann schon Vergleichsmöglichkeiten zum Fußball. Da funktioniert es ja auch
nur dann wirklich gut, wenn du zusammenarbeitest und wenn du dich auf den anderen
verlassen kannst. Okay, im Fußball kannst
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GLEICHE HÖHE
Heimspiel
„Mir reicht der Wagen, den ich fahre.
Hauptsache, der Kinderwagen
für die Zwillinge passt rein“ MIRO KLOSE
„Schon mal ans Limit gehen“: Als er noch für den FCK spielte, ist Miro Klose
bisweilen auch auf Sieg gefahren, um es zum Training zu schaffen
du mal einen Fehler machen, den bügelt ein
anderer aus, und man wird nicht sofort bestraft. Das ist in der Rallye schon anders. Deswegen sind die auch so wahnsinnig konzentriert. Die Anspannung des Piloten spürt man
ganz gut. Die bekommen dann so einen Tunnelblick. Diese totale Konzentration, aber
auch gleichzeitig diese Ruhe dabei, diese Sicherheit, das imponiert mir. Außerdem sind
die Jungs richtig gut trainiert. Gerade die Rücken- und die Nackenmuskulatur, die muss
ganz schön was aushalten bei den Stößen, die
man abbekommt.
Matthias Kahle ist zum Beispiel eher ein ruhiger Typ. Wenn der privat unterwegs ist, dann
fährt er sehr, sehr langsam. Aber das ist auch
wichtig, dass man gerade als Rennfahrer Beruf und Privates trennt. Die können ja schließlich nicht durch den normalen Verkehr heizen
wie ein Verrückter. Das wäre viel zu gefährlich
und unverantwortlich. Außerdem müsste Mat-
thias dann den Führerschein abgeben – und
dürfte auch nicht mehr Rallye fahren. Die
Rallye Paris-Dakar finde ich übrigens nicht so
gut. Das ist mir zu grausam – mit den Todesfällen, die es da jedes Jahr gibt.
Wenn ich privat unterwegs bin, fahre ich
inzwischen auch nicht mehr so schnell. Ist
doch klar, als Familienvater. Es ist auch nicht
so, dass ich die letzte Kurve zu Hause in die
Einfahrt rallyemäßig nehme. Das würde nicht
gut gehen. Früher, als ich noch in Kaiserslautern gespielt habe und es knapp war auf dem
Weg zum Training, dann musste ich schon mal
draufdrücken, schon mal ans Limit gehen. Ich
hatte auch einige Freunde, die Kfz-Mechaniker waren. Die wussten schon, wie sie an ihren Autos die eine oder andere PS rausholen
können. Klar, die Autos waren tiefer gelegt,
ein Sportauspuff musste auch her. Bei mir
war das nicht so übertrieben, aber Geräusche
hat’s schon gemacht.
Ich muss nicht protzen mit einem dicken
Auto. Ob ich aus einem Ferrari oder aus meinem Skoda steige, das ist doch egal. Mir reicht
der Wagen, den ich fahre, Hauptsache der
Zwillingskinderwagen passt rein. Es ist nicht
wichtig, was andere über mich denken. Klar,
es gibt wirklich schöne Autos. Mein Lieblingsauto ist der Bentley Continental GT. Das
ist nicht eins dieser Schiffe, sondern schon
ein sehr sportliches Modell (das Auto hat 560
PS und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit
von 340 km/h. Kostenpunkt des Basismodells: 159.000 Euro; Anm. d. Red.). Auf Oldtimer oder auch diese Youngtimer steh’ ich
auch nicht so. Mit denen musst Du ja immer
in die Werkstatt. Und meine Qualitäten als Autoschrauber sind eher bescheiden: Ich kann
gerade so einen Reifen wechseln.
Ansonsten bin ich ab und zu auf meinem
Quad unterwegs, ein Motorrad auf vier Rädern. Eine Kawasaki KFX 700 ist das. Am
liebsten fahre ich, wenn Schnee liegt. So 130
bis 160 Stundenkilometer kann man damit
schon draufkriegen. Aber bei diesem Tempo
haut’s dir dann schon fast den Kopf weg, du
hast ja keine Windschutzscheibe. Noch ein
Vorteil beim Rallyesport.
Der, wie gesagt, fasziniert mich absolut. Ich
bin noch ein zweites Mal mitgefahren und
werde das auch noch öfter machen, wenn es
von der Zeit passt. Wenn ich selbst gefahren
wäre, würde ich wahrscheinlich nur noch
Rallyesport machen und gar nicht mehr Fußball spielen. Nein, natürlich nicht im Ernst.
Ich würde nie selbst fahren. Wenn, dann ganz
langsam. Aber dann macht es ja keinen Spaß
mehr. Ich plane auch keine Rallyefahrerkarriere nach dem Fußball. Das, was die Jungs
draufhaben, das werde ich nie erreichen. Wie
die in die Kurven gehen – da bin ich 50, bis
ich das raus habe.
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GLEICHE HÖHE
Heimspiel
„Die Anspannung des Piloten“: Miro Klose
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GLEICHE HÖHE
Menschenhandel
„DAS IST MODERNE
SKLAVEREI“
Die Odyssee des Kameruners BORIS NGOUO sorgt in Frankreich für Aufsehen. Der 22-Jährige
beschreibt in seinem Buch „Terrain miné“ (Vermintes Spielfeld), wie ein Netzwerk dubioser
Spielerberater afrikanische Talente mit dem Versprechen auf eine große Karriere nach Europa
lockt, wo die meisten scheitern INTERVIEW JOACHIM BARBIER, FOTOS AXL JANSEN UND NICOLE HARDT
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GLEICHE HÖHE
Herr Ngouo, was hat Ihr Buch bewirkt?
BORIS NGOUO Ich bin da absolut gespalten. Einerseits haben es das Buch und die Arbeit der Organisation Culture Foot Solidaire,
die in Frankreich gestrandeten jungen afrikanischen Fußballern hilft, ermöglicht, die Behörden zu alarmieren. Vor einigen Monaten hat
man uns in der Nationalversammlung empfangen, wo sich die Parlamentarier die Berichte
derjenigen angehört haben, die diesen Weg
hinter sich haben, darunter auch meinen. Sie
bereiten nun ein Gesetz vor, um das Betätigungsfeld der Agenten einzugrenzen und den
Machenschaften gewisser Leute ein Ende zu
setzen. Andererseits war dieses Phänomen
noch nie so ausgeprägt wie jetzt. Trotz aller
vorbeugenden Maßnahmen wird es immer
schlimmer.
In Frankreich wird über die Werbung des
Ausrüsters Puma diskutiert, die zuerst
während des Afrika-Cups ausgestrahlt wurde.
Die von Ihnen erwähnte Organisation Culture
Foot Solidaire hat in einer Presserklärung gar
verlangt, dass Puma den Spot zurückziehen
solle. Was haben Sie empfunden, als Sie die
Werbung mit dem Jugendlichen Léon sahen?
Ich bin über diesen Werbespot schockiert,
denn er schadet den Bemühungen der Verbände und der Leute, die wie ich versuchen,
gegen dieses Phänomen anzukämpfen. Einen
Agenten in Szene zu setzen, der ein Kind einen Vertrag unterzeichnen lässt, ist äußerst
Menschenhandel
schockierend. Das Szenario des Spots schlachtet die gleichen Argumente aus, die auch all
die Vermittler nutzen, die ständig um die jungen Afrikaner kreisen. Es wird auf die Fata
Morgana Fußball gesetzt.
Vor allem wird auf eine Übersteigerung
gesetzt.
Ja, ich bin mir nur nicht sicher, ob die Kinder oder Jugendlichen in Afrika über die notwendige Distanz verfügen, um diese Übersteigerung wahrzunehmen.
Denken Sie, dass das Fernsehen, insbesondere das europäische, in Afrika zu
diesem Verlangen nach einem Exil um jeden
Preis beiträgt?
Der Einfluss ist beachtlich. Vor 20 Jahren
gab es in einigen Ländern Afrikas noch kein
Fernsehen. Man hat vom europäischen Fußball gehört, ihn aber niemals gesehen. Heute
sehen die Afrikaner per Satellit oder Kabel
häufiger die europäischen Sender als ihr eigenes nationales Fernsehen. Und was wird da
gezeigt? Volle Stadien, perfekte Plätze, afrikanische Spieler, die dank phantastischer Gehälter alle Attribute des gesellschaftlichen
Erfolgs aufweisen. Und neben dieser Traumfabrik gibt es die Realität des afrikanischen
Fußballs: buckelige Plätze, veraltete oder sogar nichtexistente Strukturen, Amateurhaftigkeit. Wie soll denn ein junger Afrikaner,
der davon träumt, Profispieler zu werden,
seine Zukunft auch nur einen Moment lang
in seinem eigenen Land sehen?
Man hat das Gefühl, dass dieses Phänomen
eine gewisse Ähnlichkeit mit Shows vom Typ
„Deutschland sucht den Superstar“ aufweist.
In Afrika scheint Fußball der kürzeste Weg zu
Erfolg, Berühmtheit, Geld und gesellschaftlicher Anerkennung zu sein.
Absolut. Das funktioniert wie ein Köder. Allerdings kann ein junger Europäer einfach
nach Hause zurückkehren, wenn er es nicht
schafft, Karriere zu machen. Er profitiert von
einem Umfeld, in dem ihm die gesellschaftlichen Strukturen eine Rückkehr ermöglichen. Ein minderjähriger Afrikaner, der scheitert, ist allein, 6000 Kilometer von zu Hause
entfernt, häufig im Untergrund, ohne Papiere. Er steht vor einer Mauer, einer vollkommen verworrenen Situation, aus der er sich
nicht selbst befreien kann.
Welche Verantwortung haben die europäischen Vereine?
Die Vereine berücksichtigen selten, welche
Auswirkungen ihre Entscheidungen haben.
Die Schäden bei den Jugendlichen sind enorm. Für mich ist das eine Art moderner Sklaverei. Die Anwerber, die Vermittler bringen
ihnen die Jugendlichen, die Familie und Umfeld verlassen haben. Man nimmt sie und
wirft sie weg! Für einen jungen Afrikaner, der
über Jahre des Trainings hinweg von Thierry
Henry geträumt hat und dann aus einem Trainingszentrum geworfen wird, ist es schwer,
sich zu sagen: „Okay, dann werde ich mich
eben auf einen anderen Job bewerben.“ Dieser Jugendliche wird also zur leichten Beute
für jeden beliebigen Vermittler, der ihm das
Blaue vom Himmel herunter verspricht. In
Frankreich werden sie von einem Klub zum
DAS BUCH
Boris Ngouo verließ mit 16 Jahren und dem Kopf voller Fußballträume seine Heimat Kamerun. In seinem Buch
„Terrain miné“ erzählt er seine Odyssee durch Europa. Es sorgt in Frankreich nach wie vor für Wirbel. Der 22-Jährige lebt inzwischen in Paris,
seit Oktober 2004 hat er die Fußballschuhe nicht wieder angezogen.
Der älteste Sohn eines Bauunternehmers, der sich für seinen Sprössling eher eine akademische Laufbahn gewünscht hätte, macht mit
seinem Talent im Umgang mit dem Ball schnell auf sich aufmerksam. Mit 14 Jahren tritt er in die berühmte Kadji Sport Academy in Douala ein,
aus der auch Samuel Eto’o hervorgegangen ist. Danach kommt er an die Fußballschule Future Soccer, wo Ngouo viele Versprechungen für
eine Profikarriere in Europa gemacht werden.
Sein Leidensweg begann in Deutschland: Ein kamerunischer Vermittler lässt den gerade 16-Jährigen nach Berlin zu Hertha BSC fliegen.
Dort rät man ihm trotz guter Tests, sich beim Verbandsligisten SV Lichtenberg 47 abzuhärten. Bei jedem Fehlpass brüllt das Publikum:
„Du dreckiger Neger!“ Eines Tages wird er von sechs Skinheads angegriffen und kommt nur wie durch ein Wunder davon. Ein Vertrag mit
Arminia Bielefeld platzt, weil ein anderer Berater eine überzogene Provision verlangt.
In Frankreich macht er Testspiele bei den Zweitligisten Amiens und Guingamp. Die Transaktionen scheitern, Schuld hat ein Vermittler,
der eine zu hohe Provision verlangt. Er fliegt nach Madrid, einen noch ungewissen Vertrag bei Rayo Vallecano vor Augen. Noch ein Fehlschlag.
Dennoch geht er zur Ciudad Deportiva, dem Trainingszentrum von Real Madrid, wo er einigen Galaktischen über den Weg läuft. Zurück
in Frankreich, spielt er dank Luis Fernandez, den er beim Radio kennen gelernt hat, bei Red Star in Paris. Er bekommt nur Auflaufprämien
für jedes absolvierte Spiel und hat neben seinen Aktivitäten als Fußballer noch einen Vollzeitjob als kaufmännischer Angestellter: Handyverkauf
an der Haustür. 2003 haben es von 750 afrikanischen Spielern in Europa nur 35 zu einem Profivertrag gebracht. Wie so viele andere, hat
Boris Ngouo nie die Gelegenheit bekommen, auf dieser „Liste der 35“ aufzutauchen. JOACHIM BARBIER
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GLEICHE HÖHE
Menschenhandel
„Erfolg ist eine lähmende Pflicht“: Boris Ngouo
nächsten geschleppt und scheitern dann. Ich
glaube also, dass die Klubs mitschuldig sind.
Warum gibt es keinerlei Zweifel bei all den
Jugendlichen, die das Land verlassen wollen?
In Afrika stehen die Jugendlichen unter enormem familiärem Druck, sie sind dazu bestimmt wegzugehen, und umso mehr, als sie
vom leichten Erfolg überzeugt sind. Sie sagen
sich: „Wir werden uns körperlich durchsetzen und dadurch Erfolg haben. Die Jungen in
Europa können nicht spielen. Okay, technisch sind sie nicht schlecht, aber sie sind
lahm. Wir sind besser als die!“ Es ist unmöglich, all diesen Jugendlichen zu erklären, dass
es hier noch viele andere junge Talente gibt.
Sie haben einen Überlegenheitskomplex, glauben, dass sie sich auf den Weg machen, einen
Vertrag ergattern und dann problemlos eine
Unterkunft finden können dank jemandem,
den sie auf der Straße getroffen haben: Ein
Lächeln reicht, das geht automatisch.
Wie konnte dieser Mythos entstehen?
Letztlich hat der Erfolg einiger weniger ausgereicht. George Weah aus Liberia beispielsweise war einer der Ersten. Bevor er beim AC
Mailand der beste Stürmer der Welt wurde,
hat er bei Tonnerre de Yaoundé gespielt. Dann
kam die Generation von M’Boma und Song,
die sportlich erfolgreich war, und jetzt der
Starrummel um Fußballspieler wie Samuel
Eto’o. Wenn diese wenigen Spieler nach Afrika zurückkehren, bringen sie alle Attribute
ihres sportlichen, vor allem aber ihres gesellschaftlichen Erfolgs mit: teure Klamotten und
Autos. Das ist der große Unterschied zur Generation von Roger Milla. Die haben noch
zum Vergnügen gespielt, und am Anfang haben sie kein Geld mit dem Fußball verdient.
Der Erfolg von Eto’o in Barcelona wirkt wie
ein Sog. Er könnte drei Millionen Kinder dazu bringen, das Land zu verlassen.
Dabei wird vergessen, dass der Erfolg nicht
nur an den fußballerischen Qualitäten hängt.
Ein Junge aus Kamerun, der nach Europa
geht, ist verpflichtet, Erfolg zu haben. Daher
ist auch in der Regel das Erste, was er bei seiner Ankunft hier macht, sich ein Trikot eines
Profiklubs mit seinem Namen auf dem Rücken zu kaufen. In dem lässt er sich vor einem
hübschen Stadion in einem Pariser Vorort fotografieren und schickt das Foto dann seiner
Familie, um zu beweisen, dass es schon losgeht mit seinem Traum. Der Erfolg ist eine
Pflicht. Eine lähmende Pflicht. Denn zu versagen bedeutet, die Familie, den Clan zu verraten. Solltest du es jemals wagen, nach Hause zurückzukehren, wird man dich wie einen
Nichtsnutz behandeln: Gesellschaftlich existierst du nicht mehr. Mit einem solchen sozialen und wirtschaftlichen Druck spielt der
junge Kameruner, der nach Europa geht, nicht
mehr Fußball, wie es noch ein Milla konnte.
Jetzt soll Ihr Buch verfilmt werden?
Ja, die Rechte wurden verkauft. Im Moment
wird gerade das Drehbuch auf der Grundlage
des Buches geschrieben. Mehr weiß ich im
Moment noch nicht, aber ja, meine Geschichte wird ins Kino kommen.
DER SPOT
Puma-Sprecher Ulf Santjer versteht die Aufregung um die aktuelle TV-Kampagne „Gets you there faster“, die zu Beginn des Afrika-Cups im Januar
gestartet wurde und die Pumas neuen Fußballschuh v1.06 bewirbt, nicht: „Im Mittelpunkt des in Afrika spielenden TV-Spots steht der Geschwindigkeitsvorteil, den die Spieler
aufgrund des neuen Produkts erzielen. Diese Geschwindigkeit wird auch bildlich aufgegriffen: Im Zeitraffer wird gezeigt, wie ein junger afrikanischer Nachwuchsspieler, Léon, ein
Paar neue Puma v1.06 Fußballschuhe geschenkt bekommt, mit deren Hilfe er seinen Traum verwirklichen kann: Innerhalb kürzester Zeit gibt er für sein Heimatland Kamerun sein
internationales Debüt. In dem Spot finden alle diese Ereignisse innerhalb eines Tages statt, während Leon immer gleich alt bleibt.
Der Talentsucher spielt im Spot lediglich eine Nebenrolle, um den Traum des jungen Léons zu verdeutlichen und ihm einen Rahmen zu geben – im Fokus steht das Produkt.
Gleichzeitig bewirbt diese Kampagne nicht nur die neue Kollektion, sondern betont auch das langfristige Engagement des Unternehmens zur Stärkung des Fußballs in Afrika, was
nicht zuletzt in der offiziellen Partnerschaft mit insgesamt zehn afrikanischen Nationalmannschaften zum Ausdruck kommt. Die Kampagne ist nicht nur bei unseren Kunden
und Verbrauchern sehr gut aufgenommen worden. Vor allem auch von unseren Partnern in Afrika, mit denen wir seit vielen Jahren intensiv zusammenarbeiten, haben wir sehr viel
positive Resonanz bekommen. Dies zeigt, dass der Spot, der als Startschuss für die vielfältigen WM-Aktivitäten von Puma diente, insgesamt auf hohe Akzeptanz gestoßen ist.“
Jean-Claude Mbvoumin, Präsident von Culture Foot Solidaire hat viele gegenteilige Reaktionen aus Afrika bekommen. Seine Organisation, die gegen den Exodus minderjähriger
Afrikaner nach Europa kämpft, will weiter das Gespräch mit Puma suchen. „Wir sind keine Polizisten, die überwachen wollen. Aber der Ausrüster vieler afrikanischer Nationalmannschaften sollte seine Werbung überdenken“, sagt der ehemalige Nationalspieler Kameruns. MATTHIAS GREULICH
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GLEICHE HÖHE
Erbsenzähler
Die Augenbrauendichte der Bundesligaprofis
RUND hat den Profis über die Augen geschaut und aus jedem Klub den Spieler mit den markantesten Brauen ausgewählt.
Interessant: Die Theo-Waigel-Wertung von RUND erinnert entfernt an die aktuelle Bundesligatabelle, die Hälfte der Auserwählten sind Abwehrspieler.
Die Bundesliga braucht Brauen des Grauens FOTOS IMAGO
29 (Buschigkeit 10, Bedrohlichkeit 10, Balken 9) LUCIO, BAYERN MÜNCHEN, Abwehr
28 (10, 8, 10) MEHDI MAHDAVIKIA, HSV, Mittelfeld
27 (10, 10, 7) KLAUS AUGENTHALER, VFL WOLFSBURG, Trainer
26 (7, 10, 9) JAOUHAR MNARI, 1. FC NÜRNBERG, Mittelfeld
25 (8, 8, 9) AHMED MADOUNI, BAYER LEVERKUSEN, Abwehr
24 (6, 9, 9) ZÉ ANTONIO, BORUSSIA M’GLADBACH, Abwehr
23 (9, 5, 9) HAMIT ALTINTOP, SCHALKE 04, Mittelfeld
22 (9, 4, 9) PATRICK OWOMOYELA, WERDER BREMEN, Abwehr
21 (8, 7, 6) MARKUS BABBEL, VFB STUTTGART, Abwehr
20 (8, 6, 6) ANDREAS NEUENDORF, HERTHA BSC, Mittelfeld
18 (5, 7, 6) CHRIS, EINTRACHT FRANKFURT, Abwehr
17 (9, 1, 7) CHRISTIAN WÖRNS, BORUSSIA DORTMUND, Abwehr
16 (8, 5, 3) PATRICK WEISER, 1.FC KÖLN, Abwehr
15 (6, 2, 7) VAHID HASHEMIAN, HANNOVER 96, Angriff
14 (7, 2, 5) TOBIAS RAU, ARMINIA BIELEFELD, Mittelfeld:
13 (6, 2, 5) OTTO ADDO, MAINZ 05, Mittelfeld
12 (6, 2, 4) FABIAN SCHÖNHEIM, 1.FC KAISERSLAUTERN, Abwehr
11 (3, 1, 7) AHN JUNG-HWAN, MSV DUISBURG, Angriff
Legende: Die Summe von Buschigkeits-Faktor, Bedrohlichkeits-Faktor und Balken-Faktor ergibt die Theo-Waigel-Wertung von 1 bis 30.
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GLEICHE HÖHE
Erbsenzähler
Führungen durch Bundesligastadien
Auf dem Platz werden Führungsspieler verlangt, Führungen gibt es aber genauso durch Katakomben, Kabinen und VIP-Logen.
RUND hat gefragt, wie viele Besucher in der Woche die Stadien abseits der Spieltage haben. Ergebnis: Bayern München führt auch in dieser Statistik
haushoch, der Umbau beim 1. FC Kaiserslautern macht sich auch hier negativ bemerkbar FOTOS HOCHZWEI, PIXATHLON, IMAGO, FIRO
BAYERN MÜNCHEN
ALLIANZ ARENA
10.000 Besucher,
tägliche Führungen, 4-8 €
BORUSSIA M’GLADBACH
BORUSSIA-PARK
250-300 Besucher,
freitags bis sonntags, 3-6 €
HERTHA BSC BERLIN
OLYMPIASTADION
5-150 Besucher,
tägliche Führungen, 5-10 €
1. FC NÜRNBERG
EASYCREDIT-STADION
50-300 Besucher, 3 Mal
pro Woche. n. Vereinb., 4 €
FC SCHALKE 04
VELTINS-ARENA
2.000 Besucher,
nach Vereinbarung, 4-8 €
1. FC KÖLN
RHEINENERGIESTADION
210 Besucher,
nach Vereinbarung, 3-6 €
HAMBURGER SV
AOL ARENA
600 Besucher,
tägliche Führungen, 3-5 €
BAYER 04 LEVERKUSEN
BAYARENA
200-400 Besucher,
nach Vereinbarung, 2-15 €
VFB STUTTGART
G.-DAIMLER-STADION
75-100 Besucher,
nach Vereinbarung, gratis
ARMINIA BIELEFELD
SCHÜCO ARENA
ca. 30 Besucher,
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VFL WOLFSBURG
VOLKSWAGEN ARENA
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FSV MAINZ 05
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20-100 Besucher, 1-2 Mal/Wo.
n. Vereinb., Gruppe 105 €
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COMMERZBANK ARENA
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montags bis freitags, 2-4 €
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AWD-ARENA
200 Besucher,
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MSV DUISBURG
MSV ARENA
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1. FC KAISERSLAUTERN
FRITZ-WALTER-STADION
wegen Umbau im Moment
nicht möglich, ab August 1 €
Die neue Preisfrage: Welcher Bundesligaverein spielt im ältesten Heimstadion der Ersten oder Zweiten Liga? Antworten bitte bis zum 22. Mai an: Redaktion RUND,
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der Billy-Boy-Trikots plus einer Packung der Billy-Boy-11-Edition sind: H. Schmidt, Bestwig; B. Zietlow, Hannover; P. Bohner, Börnsen; H. Friedl, Grossbottwar;
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RUND 69
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05.04.2006 20:02:44 Uhr
RUND
Im Abseits
IM ABSEITS
Abseits ist regelwidrig. Dann ruht das Spiel. Das kann skurril sein und
findet überall auf der Welt statt: „Ich bin kein gewalttätiger Mensch.
Meine Kinder kriegen mal einen Klaps auf den Hintern, aber da muss man
nicht von Gewalt sprechen“ THOMAS BRDARIC
72 LÜGENDETEKTOR
„Da müsste ich Gewalt anwenden“ – Angreifer
Thomas Brdaric plaudert aus dem Nähkästchen
76 SAARLANDFERRARI
Gerüchte aus 1001 Nacht – Mustafa Hadji war
Weltstar, nun spielt er in Saarbrücken
80 SEELSORGER
„Gott hat mir eine Vorlage gegeben“ – ein
Mönch betreibt Seelsorge für Bundesligaprofis
88 AUSLANDSREPORTAGE
Stars aus der Tüte – Jedes Kind kennt PaniniBilder. RUND zeigt, wie und wo sie entstehen
RUND 71
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03.04.2006 13:30:50 Uhr
IM ABSEITS
Lügendetektor
„Da müsste ich Gewalt
anwenden“
Nationalspieler THOMAS BRDARIC gilt als eine der größten Nervensägen des deutschen Fußballs,
der überall seinen Senf dazugeben muss. Doch stimmt das überhaupt? Am Lügendetektor
erzählt der berühmteste Nürtinger nach Harald Schmidt wie es ist, von Olli Kahn gepackt zu werden,
von der Todesangst als Beifahrer und von seinem Wellensittich Hansi
INTERVIEW HOLGER HEITMANN, OLIVER LÜCK UND RAINER SCHÄFER, FOTOS BENNE OCHS
Können Sie die deutsche Nationalhymne
auswendig singen?
THOMAS BRDARIC Ja, klar. (++++)
Wirklich?
Wenn ich mich anstrenge und konzentriere,
dann kriege ich sie zusammen.
Können Sie singen?
Nein!
Trotzdem mussten Sie die CD „Die Wilde 13“
besingen.
Olli Kahn hat mich von hinten im Genick gepackt, als ich im September 2002 ein Tor gegen ihn gemacht habe, das zu Unrecht nicht
anerkannt wurde. Das war ein Vorfall, den ich
mit einem simplen Interview nicht aus der
Welt schaffen konnte. Davor bin ich schon mit
einigen anderen Torhütern wie Jens Lehmann
und Frank Rost zusammengerasselt. Ich habe
versucht, denen das per Song zurückzugeben.
Hat Oliver Kahn Sie darauf angesprochen?
Nie, auch Lehmann nicht, die sind ganz cool
geblieben, als sie mich bei der Nationalmannschaft getroffen haben. Vielleicht lesen sie keine Zeitung oder sie haben es verdrängt. Wahrscheinlich fanden sie es nicht so lustig.
Warum reagieren Torhüter so aggressiv
auf Sie?
Ich bin ein Stürmer, der immer die gegnerische Mannschaft attackiert, der vorne drauf
geht. Das mag kein Torhüter der Welt.
Provozieren Sie die Torhüter auch mit
Sprüchen?
Nein, ich bin kein Sprücheklopfer. (++++)
Ich bin kein Typ, der es nötig hat, mit Sprüchen durchs Leben zu kommen.
Als Sie von Wolfsburg zurück zu 96 kamen,
stand im Fanforum von Hannover: Wenn er
seine Klappe hält, soll er bei Null anfangen und
Tore schießen. Haben Sie eine große Klappe?
Ich meine nein. (++++) Die Leute, denen
mein Gesicht oder meine Art nicht passt, werden immer irgendetwas finden. Aber die, die
mit mir auskommen müssen, wissen, dass
man eine Menge Spaß mit mir haben kann.
Was war der peinlichste Moment in Ihrem
Leben?
Als ich meinen Zivildienst in Düsseldorf in
der Psychiatrie gemacht habe, wollte ich
abends noch drei Brötchen holen, vor der Bäckerei war aber kein Parkplatz. Also habe ich
das Auto direkt davor abgestellt und bin reingerannt. Da standen aber zehn Leute vor mir.
Irgendwann hab ich gemerkt, dass draußen
Hektik und Aufruhr ist. Ich habe seelenruhig
zugeschaut, erst als ich wieder rausging, sah
ich, dass ich ewig lang drei Straßenbahnen
blockiert hatte. So schnell wie da bin ich noch
nie losgefahren.
Spielen Sie anderen gerne Streiche?
Da waren einige, aber einer war besonders
gut: In Hamburg beim Auswärtsspiel habe ich
mir eine Karte machen lassen, mit der man in
die anderen Hotelzimmer kommt. Während
des Essens habe ich das Zimmer von Jan Simak und Jiri Stajner komplett ausgeräumt.
Als die aufs Zimmer gekommen sind, waren
sie total geschockt. Die dachten, ihre Sachen
wären geklaut worden.
Was wäre Ihnen lieber: Ein 4:4 und Sie
schießen vier Tore oder ein 1:0 und Sie haben
nicht getroffen?
Als Stürmer hast du so eine Geilheit, das
Tor zu schießen. Es gibt nichts Schöneres für
mich. Deshalb ist ein 4:4 mit vier Toren wich-
LÜGENLEGENDE
Pippi Langstrumpf
Pinocchio
Baron Münchhausen
Robert Hoyzer
++++
++++
++++
++++
Lügen sinnlos: Dieses Gerät funktioniert tadellos
tiger als ein Sieg der Mannschaft. Ich bin viel
zu sehr Stürmer.
Verbringen Sie viel Zeit vor dem Spiegel?
Nein. (++++) Also, das Training war heute
etwas länger als geplant und eine Minute vor
dem Spiegel brauche ich auch. (++++) Ich
bin ein ästhetischer Typ, mir gefällt die Ästhetik, ich schaue darauf, wie ich aussehe.
In den Fanforen kommt Ihre Frisur nicht an.
Kümmert Sie das?
Überhaupt nicht. Ein gewisses Aussehen ist
immer Zielscheibe für Leute, die vielleicht
nicht so gut aussehen und neidisch sind, die
nichts anderes zu tun haben, als in Foren darüber zu schreiben, wie andere aussehen. Ich
achte auf eine gewisse Pflege, wenn man das
nicht macht, kriegt man es im Alter zurück.
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IM ABSEITS
Lügendetektor
„Absichtlich gelogen“: Brdaric beim Schummeln
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IM ABSEITS
Lügendetektor
„Ästhetischer Typ“: Wo hängt der Spiegel?
Wollen Sie denn mit Ihrer Frisur ein
Lebensgefühl ausdrücken?
Überhaupt nicht. Ich probiere gerne was
aus. Aber ich müsste jetzt nicht ausprobieren, wie sich eine Frau fühlt, dafür bin ich zu
sehr Mann.
Würden Sie ins Big-Brother-Haus einziehen?
Nein. Dazu sind mir meine Freunde und Familie viel zu wichtig, als mich in so eine Siedlung reinzuzwängen, damit andere mich
durchleuchten.
Sehen Sie sich gerne im Fernsehen?
Ich habe mich daran gewöhnt. Als ich vor
zwölf Jahren meine ersten Interviews gegeben
habe, konnte ich mich gar nicht hören. Inzwischen weiß ich, wie man sich präsentieren
muss. (++++)
„Ich habe nie die Verzweiflung verloren“,
einer Ihrer Versprecher, wird immer wieder
zitiert. Ärgert Sie das?
Ich möchte gerne wissen, wann ich das gesagt haben soll.
Dann stört es doch doppelt, wenn man meint,
es gar nicht gesagt zu haben.
Ach, dafür bin ich doch zu sehr Mensch, zu
sehr im Leben, um nicht zu wissen, dass Versprecher dazugehören.
Treten Sie häufiger in Fettnäpfchen als
andere?
Nein, ich bin da nicht besonders begabt. Bei
„Verstehen Sie Spaß“ könnte man mich nicht
reinlegen, dafür bin ich zu aufmerksam.
In welchen Momenten werden Sie sauer?
Früher war ich ziemlich ungeduldig. Jetzt
habe ich aber gelernt, dass das Leben ein Geduldsspiel ist. (++++)
Sie können ein ganz schöner Heißsporn sein,
der auch mal mit den eigenen Mitspielern
zusammenrasselt.
Ich versuche mich zu verteidigen, das ist
doch klar. (++++)
Ist das nur Verteidigung oder geht das auch
von Ihnen aus?
Wenn jemand mir Schaden zufügen möchte,
dann kann ich mich ganz gut wehren.
Könnten Sie Gewalt anwenden? In Notwehr?
Ich bin kein gewalttätiger Mensch. Meine
Kinder kriegen mal einen Klaps auf den Hintern, wenn es sein muss. Aber da muss man
nicht von Gewalt sprechen. Ich versuche, meine Familie so gut wie möglich zu beschützen.
Wenn jemand versucht, ihr etwas anzutun,
müsste ich Gewalt anwenden. Aber das wäre
das letzte Mittel.
Haben Sie schon einmal ein Tier gequält?
Noch nie. (++++) Mein Wellensittich, der
Hansi, der wollte mal nicht so, wie ich wollte,
da habe ich ihn ein bisschen hin- und hergeschüttelt. Aber sonst war nie was. Mit unserem
Zwergdackel Waldi gibt es keine Probleme.
Hatten Sie schon einmal Todesangst?
Ich hatte zwei schwere Autounfälle, als Beifahrer eines Freundes, der mit mir beim VfB
Stuttgart gespielt hat. Einmal haben wir uns
auf der Autobahn überschlagen, und einmal
sind wir von der Landstraße abgedriftet. Kurz
vorher wurden dort die Bäume gerodet, sonst
säße ich heute nicht hier. Seitdem bin ich ein
ganz schlechter Beifahrer, meine Füße krallen
sich schnell im Autoboden fest.
Hatten Sie auch dieses Angstgefühl, als
Oliver Kahn Sie gepackt hat?
Nein, weil ich nicht gemerkt habe, wie er
auf mich zugelaufen ist.
Sie sind gerne Mann. Sind Sie ein Macho
zu Hause?
Ich lasse mich gerne bedienen, aber ich bin
kein Macho. (++++)
Ihre Frau ist auch Ihre Sekretärin.
Meine Frau versucht mir außerhalb des
Platzes den Rücken freizuhalten. Das macht
sie mit Bravour und das gefällt mir. Aber ich
gebe ihr auch sehr gern etwas dafür zurück.
Wie verwöhnen Sie Ihre Frau?
Materielle Dinge wie Schmuck, Blumen und
Klamotten sind nicht entscheidend. Meine
Frau weiß es zu schätzen, wenn ich möglichst
viel Zeit für sie mitbringe.
Wer ist der berühmteste Mensch
Nürtingens?
Thomas Brdaric? (++++) Jetzt habe ich absichtlich gelogen. Noch bekannter ist doch
Harald Schmidt, oder?
Haben Sie einen Lieblingswitz?
Nein, aber mein Kumpel Michael Ballack erzählt ganz gerne Witze, da schmeiße ich mich
immer weg.
Erinnern Sie sich an seinen letzten Witz?
Ich vergesse die immer. Im Moment kann
ich wirklich keinen erzählen.
FAZIT: Man sollte nicht alles glauben, was
Thomas Brdaric erzählt. Scheinbar
harmlos und unbedarft, lullt er einen ein, um
dann blitzschnell zuzuschlagen. Alter
Stürmertrick. Wetten, dass es das Schlitzohr
so doch noch zur Weltmeisterschaft schafft?
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04.04.2006 20:45:57 Uhr
IM ABSEITS
Spiel mit Puppen
Nackte Botschaften
Dieses Mal in der sehr freizügigen RUND-Puppen-Story
(ab 18 Jahre): SKANDAL IM ENDSPIEL DER CHAMPIONS
LEAGUE – Flitzer überbringen Ronaldhino eine Nachricht
FOTOS STEPHAN PFLUG
Monat für Monat erleben unsere runden Superhelden die
unglaublichsten, wahnsinnigsten Abenteuer des Alltags
Ins Finale der Champions
League hat es dieses Mal nur
der FC Barcelona geschafft.
Den Stars ist total langweilig:
Gegen sich
selbst zu spielen ist blöd!
Puta madre,
ist das öde
hier!!!!
Scheiße, ich
bin beim
falschen Klub!
TAPP
TAPP
TAPP
Doch da kommt total plötzlich
ein Flitzer auf den Platz gehuscht,
und die Langeweile ist vorüber:
Aaaaahhh, Hilfe, das
werden ja immer
mehr!!! Was wollt ihr
denn bloß von mir …
HUSCH
HUSCH
HUSCH
HUSCH
HUSCH
HUSCH
HUSCH
HUSCH
HUSCH
HUSCH
HUSCH
HUSCH
G
Wir danken der Firma Revell für die freundliche Bereitstellung der Kick-O-Mania-Puppen.
Im
n
er äch •••
ve ald st
rs A en
W ch s
M läf am Hef
-F t o t:
••• ina das ah
le
… doch die Flitzer haben eine
Botschaft, was Ronaldinho auf
eine ganz famose Idee bringt:
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04.04.2006 20:46:02 Uhr
IM ABSEITS
Saarlandferrari
Gerüchte aus
1001 Nacht
VON HOLGER SCHMIDT, FOTO MARTIN SIGMUND
„Alle wollen ihn in Rot“: Mustafa Hadji und sein silberfarbener Ferrari
RUND 76
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04.04.2006 20:55:20 Uhr
IM ABSEITS
Saarlandferrari
MUSTAFA HADJI WAR AFRIKAS FUSSBALLER DES JAHRES UND
SPIELTE IN GANZ EUROPA. SEIT ANFANG DER SAISON IST
DER WELTSTAR BEIM AUFSTEIGER 1. FC SAARBRÜCKEN. AM
ANFANG EIN MISSVERSTÄNDNIS, HEUTE IST DER 34-JÄHRIGE
IN SEINER ALTEN UND NEUEN HEIMAT ANGEKOMMEN
Ferrari fahrenden Weltstars begegnet man in
einer Bergarbeiterhochburg wie dem Saarland
meist mit Distanz. Entsprechend kritische Blicke musterten Mustafa Hadji, als er vor dem
ersten Trainingstag beim 1. FC Saarbrücken
zwischen den Golfs und Skodas der Mitspieler seinen silberfarbenen Modena Spider abstellte. „Am Anfang gab es große Skepsis“, gesteht der Fanbeauftragte Günter Gerhard.
Dass Hadji bei ihnen im Saarland spielen
will, wollten sie beim Zweitligisten zunächst
gar nicht glauben. Jener Marokkaner, der bei
der WM 1998 mit einem sensationellen Tor
gegen Norwegen auf sich aufmerksam machte und anschließend zu Afrikas Fußballer des
Jahres gewählt wurde. Der damalige Sportdirektor Bernd Coen hielt den Anruf vom Berater des Spielmachers zunächst sogar für einen Scherz. In den ersten Wochen wirkte der
Weltenbummler mit der exzentrischen Haarpracht im alten Trainingsgelände der Saarländer wie ein verirrter Paradiesvogel. Umso seltsamer wirkt es, wenn er stolz erzählt, „dass
ich endlich zu Hause bin“.
Als Hadji vier Jahre alt war, zogen seine
Eltern mit seinen vier Brüdern und seiner
Schwester nach Creutzwald in Frankreich,
zwei Kilometer von der deutschen Grenze
und damit dem Saarland entfernt. „Seit ich 14
war, war ich nie mehr als drei, vier Wochen
im Jahr hier“, berichtet der Marokkaner traurig, „erst kam ich ins Jugendinternat nach
Nancy, danach spielte ich in Portugal, England, Spanien und den Emiraten.“ Nun, da seine Karriere auf die Zielgerade einbiegt und er
geschieden ist, legt Mustafa noch mehr Wert
auf die Nähe seiner Kinder und seiner Familie. Also beauftragte er seinen Berater, ihm einen Klub in der Nähe der Heimat zu suchen.
Doch als der Saisonstart voll daneben ging,
wuchs auch die Kritik an Hadji. In Internetforen war vom „Scheiß Millionär“ die Rede, eine Zeitung druckte ein Foto des Marokkaners
mit seinem Gefährt und unkte, dass sich die
„Abzocker vom FCS“ sogar einen Ferrari leisten könnten. Gerade um Hadjis Lieblingsauto
rankten sich in Saarbrücken viele Geschichten
wie aus 1001 Nacht. So, dass der Prinz von
Marokko dem Superstar das Auto geschenkt
habe. „Das stimmt nicht“, versichert Hadji:
„Er hat mir zwar einige Dinge geschenkt.
Aber darüber spreche ich nicht.“
Von den eigenen Fans angegriffen und von
den gegnerischen verhöhnt, fühlte sich Hadji im Herbst wie im falschen Film. „Zeitweise
hat er sich sicher gefragt, warum er sich das
alles antut“, erzählt Trainer Rudi Bommer
und beteuert, dass das Bild vom „Hallodri im
Sportwagen“ völlig unangebracht sei: „Mustafa ist technisch der vielleicht beste Spieler,
den ich je trainieren durfte. Aber er ist auch
ein Musterprofi und charakterlich absolut
vorbildlich.“
Mustafa Hadji ist in Creutzwald aufgewachsen. Ein kleines beschauliches Örtchen mit
rund 14.000 Einwohnern. Für den Welten-
bummler Hadji hat es alles, was er braucht.
Seine Familie, Ruhe, einen See, und sogar ein
marokkanisches Restaurant mit Namen „Le
sud marocain“. „Das kann ich sehr empfehlen. Das Essen schmeckt und der Chef ist ein
guter Freund von mir“, meint Hadji augenzwinkernd. Ins Haus lässt er niemanden, „das
ist privat“. Dafür öffnet er behutsam die Garage, und es funkelt einem entgegen wie aus einer Schatzkiste. „Ich habe viel Geld verdient
in meiner Karriere, aber ich habe nie vergessen, wo ich herkomme.“
Beim FC Saarbrücken ist er, so beteuern alle, nicht einmal der Spitzenverdiener des abstiegsbedrohten Zweitligisten. Trotzdem
fährt Hadji fünf Autos. Neben dem Ferrari
zum Beispiel noch einen Mercedes 500SL:
„Sie sind der Luxus, den ich mir leiste. Das ist
nun mal ein Tick von mir. Eine Droge.“ Stolz,
aber auch etwas schüchtern präsentiert der
zurückhaltende Afrikaner seine Sammlung
und seine Augen leuchten wie die eines kleinen Jungen. Neu kostet ein Modena Spider
250.000 Euro, „aber ich habe ihn gebraucht
gekauft“. Nur zwei bis drei Monate im Jahr
nutzt er die italienische Nobelkarosse. Bis zu
310 Stundenkilometer hat Hadji schon auf
dem Tacho seines Ferrari erblickt. „Er fährt
auch locker 360“, erzählt er, „aber so ab 300
bekomme ich ein mulmiges Gefühl.“
„ICH MÖCHTE NICHT AUFFALLEN. ES
GEHT UM DAS FAHRGEFÜHL“
Den Geschwindigkeitsrausch und den Luxus genießt der Weltenbummler, als Statussymbol sieht Hadji seine Autos nicht. Deshalb
wollte er den Ferrari auch unter gar keinen
Umständen in Rot. „Leider ist es gar nicht so
leicht, ihn silberfarben zu bekommen“, versichert er: „Alle wollen ihn in Rot. Aber mir
geht es um das Auto, um das Fahrgefühl. Auffallen möchte ich nicht.“
Vermeiden lässt sich dies nicht. Doch seinen Frieden mit den Fans im Saarland hat
Hadji längst geschlossen. Inzwischen mögen
sie seine freundliche, offene Art abseits des
Feldes. Vor allem der sportliche Aufschwung
gegen Ende der Hinrunde, an dem Hadji erheblichen Anteil hatte, sorgte letztlich für die
Versöhnung. Und Gerhard sagt heute, „dass
wir uns erst an ihn gewöhnen mussten. Denn
solch einen Fußballer haben wir hier noch
nie gesehen.“
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04.04.2006 20:55:26 Uhr
IM ABSEITS Was wäre, wenn …
DIE BAYERN-REGEL:
Weg mit dem vierten Offiziellen!
Den Bayern geht es doch eh gut. Da braucht man eigentlich keine neue Regel einzuführen.
Es sei denn, man möchte wie Fan ALEX FEUERHERDTDEN mündige Spieler auf dem Feld haben
Als Bayern-Fan hat man es eigentlich
gut. Ständig Meister, ab und zu als Dreingabe den DFB-Pokal oder die Champions League.
Da lässt man die Fußballregeln wohl besser so, wie
sie sind. Noch vor sechseinhalb Jahren habe ich das allerdings ganz anders gesehen. Da war ich ein leidenschaftlicher Gegner der Nachspielzeit. ManU, Sheringham, Solskjær, das in letzter Nachspielzeitsekunde verlorene und vergurkte Champions-League-Finale: Sie wissen schon Bescheid, und
ich möchte nicht mehr darüber sprechen. Zwei Jahre später, als Patrik
Andersson den „Vier-Minuten-Meister“ ins Tal der Tränen stürzte, hat mich
mein Geschwätz von gestern aber nicht mehr interessiert.
Als Schiedsrichter bin ich regeltechnisch ohnehin eher konservativ. Schließlich
muss man die ganzen Neuerungen nicht bloß auswendig lernen, sondern auch noch
um- und durchsetzen. Vergessen Sie das mit den mündigen Spielern! Aber wenn’s schon
was sein soll, dann würde ich den vierten Offiziellen am Spielfeldrand wieder abschaffen
und ihn durch je einen Spieler pro Mannschaft ersetzen lassen.
Gut, das hat gewiss Nachteile. Wegen jeder Auswechslung nach draußen zu rennen und ein Nummerntäfelchen hochzuhalten, ist lästig und sieht albern aus. Auch den eigenen Trainer ständig
zurück auf seine Bank schicken zu müssen, hält ein bisschen von der Arbeit ab. Aber die Vorzüge überwiegen doch ganz eindeutig. Das Ganze ist nämlich Demokratie at its best. Nehmen Sie nur mal Michael Ballack. Der diskutiert sowieso jede Entscheidung gegen sein
Team mit dem Referee. Künftig bekommt er dafür aber keine gelbe Karten mehr,
sondern ein anerkennendes Schulterklopfen vom Unparteiischen für seine guten Argumente. Das stärkt die Moral und ist außerdem gut fürs Herz.
Sicher, für die Bundesligaschiedsrichter kann diese Neuerung ausgesprochen nervtötend sein. Aber so ist das halt mit der Mitbestimmung. Außerdem behalten sie ja das letzte Wort. Und wenn’s den
Bayern etwas nützt, will ich’s zufrieden sein. Ich muss sie
schließlich auch nicht pfeifen.
Fans mit Ideen, mit welcher Regeländerung ihr Klub
besser dastünde, wenden sich mit ihrem
Vorschlag an: redaktion@rund-magazin.de
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04.04.2006 20:59:24 Uhr
IM ABSEITS
Seelsorger
„GOTT HAT MIR EINE
PRIMA VORLAGE GEGEBEN“
BRUDER JAURI IST DER OFFIZIELLE SEELSORGER DER DEUTSCHEN PROFI-FUSSBALLERGEWERKSCHAFT
VDV. GEMEINSAM MIT DREI ORDENSBRÜDERN AUS DEM KLOSTER BAD MÜNSTEREIFEL STEHT DER
25-JÄHRIGE SÜDBRASILIANER DEN BUNDESLIGAPROFIS ZU FRAGEN RUND UM GOTT UND DIE WELT ZUR
VERFÜGUNG – UND KICKT AM WOCHENENDE SELBST IM KLOSTER INTERVIEW ANNE-EV USTORF, FOTOS JEAN BALKE
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10.04.2006 12:55:41 Uhr
IM ABSEITS
Bruder Jauri, Sie sind Ordensbruder der Legionäre Christi und
kümmern sich außerdem um das Seelenheil der deutschen Fußballprofis. Gibt es da überhaupt Bedarf?
BRUDER JAURI Schon. Manche Spieler kommen mit persönlichen
Problemen zu mir, andere suchen den religiösen Dialog, wollen mehr
über Gott wissen. Einige Spieler sind vom Weltjugendtag und dem
neuen Papst berührt worden und haben dadurch ihren Glauben tiefer
entdeckt oder sogar neu gefunden.
Rufen die Spieler Sie an und sagen: „Ich möchte mal über Gott
sprechen?“
So ähnlich. Die Spieler bekommen meine Nummer von der VdV und
können mich jederzeit telefonisch erreichen. Die meisten Gespräche
werden dann aber persönlich geführt. Für geistliche Themen ist es
besser, wenn man sich zusammensetzt und sich in Ruhe unterhält –
am Besten in der Muttersprache. Ich stehe aber nicht nur den katholischen Spielern zur Verfügung, sondern allen, unabhängig von Konfession und Glaubensrichtung. Manchmal sprechen wir auch über
ganz weltliche Themen.
Viele gläubige Spieler sind Brasilianer wie Sie. Es scheint, dass in
Ihrer Heimat Fußball und Glaube eng verknüpft sind. In Deutschland
ist das aber nicht so, oder?
Richtig. Der Glaube ist bei den brasilianischen Spielern eine tiefe innere Überzeugung. Deshalb tun sich viele Brasilianer in Deutschland
auch schwer damit, dass die Religion hier einen geringeren Stellenwert hat. Persönlich glaube ich, dass man vieles von den Brasilianern
lernen kann – vor allem, die eigene religiöse Überzeugung nicht zu verstecken. Man darf ruhig öffentlich zeigen, wie viel einem der Glaube
wert ist und wozu er taugt. Dass der Glaube nicht nur für schwere Momente da ist, um dann Gott zu suchen, sondern auch sich dankbar seiner zu erinnern, wenn es uns gut geht. Ich freue mich immer mit den
Erfolgen meiner Landsleute, doppelt sogar: Ihres schönen Spiels wegen und weil sie allen vorgemacht haben, Jesus im Blick zu behalten.
Kann der Glaube helfen, auf dem Platz bessere Leistungen zu bringen?
Auf dem Fußballplatz spielt der ganze Mensch, mit Leib und Seele.
In dem Sinne schon. Mein Ziel ist aber nicht, aus Fußball ein Ritual
zu machen, das Stadion zum Tempel und den Ball zu einem Gott. Fußball ist nur Fußball. Ich versuche den Spielern in ihrer Beziehung zu
Gott beizustehen und ihnen außerdem die Möglichkeit zu geben, ihre
Vorbildfunktion für Jugendliche positiv und attraktiv auszuüben.
Gibt es auch manchmal Situationen in Ihrer Tätigkeit als Seelsorger, in
denen Sie das Gefühl haben, psychologische Beratung wäre angebrachter?
Psychologie und Religion sind prinzipiell zwei Paar Stiefel. Oft ist das
Gespräch mit Psychologen wichtig, zum Beispiel bei Motivationsproblemen, zu hohem Druck und so weiter. Aber manche Dinge, Glaubensfragen oder persönliche Probleme zum Beispiel, kann man in einem offenen Gespräch mit einem Priester einfach besser lösen.
Wie kam es überhaupt zur Zusammenarbeit mit der Spielergewerkschaft?
Durch meine Beziehungen zu diversen Spielern hatte ich schon länger Kontakt mit der VdV. Irgendwann entschied sich die Spielergewerkschaft, auch den religiösen Bedürfnissen der Profis mehr Aufmerksamkeit zu schenken, gerade in Bezug auf die ausländischen Profis. So kam
es, dass wir den Mitgliedern unsere geistliche Betreuung anboten.
Sie arbeiten mit drei Ordensbrüdern zusammen.
Mit Pater Hubert betreue ich das Rheinland, Ruhrgebiet und den
Norden. Seit November stehen Pater Clemens und Bruder Daniel für
Seelsorger
Gottes Spieler: Bruder Jauri mit seiner runden Bibel
diesen Dienst im Süden zu Verfügung. Für gegenseitigen Austausch
sehen wir uns einmal in der Woche. Manchmal spielen wir dann auch
zusammen Fußball.
Dass Ordensbrüder sich für Fußball interessieren, liegt ja nicht gerade
auf der Hand. Wie kommt es zu Ihrem Interesse am runden Leder?
Als Kind wollte ich Missionar oder Fußballprofi werden. Gott hat mir
eine prima Vorlage gegeben: Durch den Weg, den ich eingeschlagen
habe, kann ich beides kombinieren. Das macht mich sehr glücklich. In
der Jugendseelsorge habe ich den Fußball schon immer als Zugpferd
benutzt, um die Jungs zu begeistern. Dann kam die Idee, die Fußballer
dafür zu gewinnen, sich für die Jugendarbeit zu engagieren, denn
Kinder sehen in den Profis oft große Vorbilder. Später habe ich festgestellt, dass die Spieler selbst oft dankbar dafür sind, wichtige Werte im
Leben mit den Jugendlichen teilen zu dürfen.
Wie oft spielen Sie selbst noch?
In Bad Münstereifel jeden Sonntag mit meinen Mitbrüdern. Im Kloster haben wir zwanzig Novizen, alle zwischen 19 und 25 Jahre jung
und viele Patres, die gerne kicken.
Schauen Sie auch Fußball im Fernsehen?
Klar, ich muss ja immer gut über alles informiert sein, was in der Bundesliga geschieht.
Wie sieht es mit der WM aus? Werden Sie in dieser Zeit verstärkt als
Seelsorger tätig sein?
Für die Weltmeisterschaft 2006 hat die Fifa Religionsbeauftragte abgestellt. Jeder Mannschaft, so ist geplant, soll ein Seelsorger zugeteilt
werden. Unsere konkrete Aufgabe stellt sich bald heraus.
Und freuen Sie sich schon auf die WM?
Sehr sogar. Eine Weltmeisterschaft ist immer ein spannendes Ereignis, voller Überraschungen. Ich freue mich ganz besonders, dass ich
sie hier in Deutschland miterleben darf. Einige Spiele werde ich schon
ansehen, vor allem die von meinen Nationen: Brasilien und Deutschland, hoffentlich beide wieder im Finale.
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10.04.2006 12:55:55 Uhr
POSTKARTEN ABTRENNEN, VERSENDEN UND FREUDE BEREITEN!
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04.04.2006 21:35:55 Uhr
RUND > DAS FUSSBALLMAGAZIN
www.rund-magazin.de
NEVIO SCALA
„Das Tor ist ein Problem, das jede Mannschaft hat.“
RUND > DAS FUSSBALLMAGAZIN
www.rund-magazin.de
ALESSANDRO DEL PIERO
„Frisch geschnittener Rasen – als Kind war das
immer das Größte. Es bedeutete Freiheit, Glück. Wenn
ich heute auf dem Rasen liege, fühle ich dasselbe.“
FOTO JAN VON HOLLEBEN
FOTO SEBASTIAN VOLLMERT
rund_083_084_Postkarten.indd Abs1:4
04.04.2006 21:36:13 Uhr
RUND > DAS FUSSBALLMAGAZIN
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NILTON SANTOS
„Die Lederkugel trat nie gegen mein Schienbein,
betrog mich nie. Wenn sie meine Geliebte
war, dann war sie mir von allen die Liebste“
RUND > DAS FUSSBALLMAGAZIN
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HELLMUTH KARASEK
„Fußball ist das erfolgreichste Theater der Neuzeit.“
FOTO MAAK ROBERTS
IM ABSEITS
Ricardos Welt
No Brazilians, please, we’re british
Der brasilianische Journalist
sieht aus wie Ronaldo in zehn Jahren, war Pressechef
der Seleção und erzählt bis Juni in dieser WM-Kolumne von seinen ungewöhnlichen Erlebnissen in der Fußballwelt.
Diesen Monat führt ihn seine RUNDreise ins trinkfreudige England
ILLUSTRATION ANNE-KATRIN ELLERKAMP
„Na, Junge, ein Pint?“ – „Nein danke.“
„Nimmst du ein Bier?“ – „Ich trinke nicht,
schon in Ordnung.“
„Treffen wir uns im Pub, ja?“ – „Lieber
nicht. Wir könnten ja etwas essen gehen.“
In Publand, Hauptstadt London, nicht zu
trinken, kann etwas schwierig sein. Auch über
südamerikanischen Fußball zu sprechen, ist
in England nicht so angesagt. Ich war dort
und habe alles gesehen und gehört. Von
Liverpool über Manchester nach London, wo
Chelsea und Arsenal spielen, und dann nah
dran an der englischen Nationalelf – man
kann schon sagen, dass ich ein bisschen was
vom Spiel auf englische Art verstehe. Ich respektiere es. Aber es mögen? Hm, schwer zu
sagen. Bis dieser Tag kam.
Juninho Paulista, einst die Nummer zehn
der Seleção, klein, aber so talentiert wie nur
wenige, kam von Atlético Madrid nach Middlesbrough. Grund genug, den ersten talentierten Brasilianer überhaupt zu verfolgen,
der in den englischen Fußball ging. Wochen
habe ich dort verbracht. Und was ich sah,
wird mir ewig im Gedächtnis bleiben.
Middlesbrough gab sich ganz einfach einen
grün-gelben Anstrich. Zehntausende erwarteten Juninho am örtlichen Flughafen und im
Fußballstadion. Es war aufregend: Die rauen,
kühlen, äußerst höflichen und distanzierten
Engländer waren schlicht in Ekstase, als sie einen brasilianischen Spieler kommen und sein
Talent zur Schau stellen sahen. Der neue Spitzname des Klubs war „Brasilbrough“ und eine
ganz neue Generation von Jungen und Mädchen wuchs heran, die unbedingt die Wunder
des brasilianischen Fußballs auf ihrem Rasen
sehen wollte. Die Türen standen offen, soviel
verstand ich.
Nachdem Charles Miller, Sohn eines Engländers, zu Beginn des 20. Jahrhunderts den
Fußball nach Brasilien gebracht hatte, war jede sportliche Verbindung zwischen den beiden Ländern abgebrochen. Der Sport in den
beiden Ländern entwickelte sich in ganz unterschiedliche Richtungen. Doch Juninhos
Wechsel war ein Wendepunkt, der Türöffner
vielleicht für einen absoluten und dramatischen Wandel in den Augen der Menschen.
Ein Thema, über das man sich in Middles-
brough im Pub unterhielt: War der englische
Fußball bereit, sich zu verändern, etwas eleganter zu werden und Raum für Talent statt
nur für Kraft zu bieten? Mit einem Shandy in
der Hand, einer Mischung aus Light-Bier und
Zitronensaft, wurde ich Zeuge einer beginnenden Revolution. Dachte ich.
Denn die Dinge haben sich nicht weiter in
diese Richtung entwickelt. Die Premier League
ist die einzige hochrangige Meisterschaft der
Welt, die keinen einzigen brasilianischen Star
hat. England hat großartige und heimelige
Stadien, großartiges Bier und Fish and Chips,
schöne Trikots und fantastische Fans. Aber
nachdem Middlesbrough erst mit Juninho Paulista ein berühmtes Team geworden ist, hat es
den Anschein, als könnte ein Hauch Brasilien
dem Land nicht schaden. Bei der Ehre der
Queen glaube ich, dass wir, bevor Big Ben
2012 zur Olympiade schlägt, sehen werden,
wie einige Robinhos, Ronaldinhos und Zé Robertos ein wenig Lächeln, Talent und Spielfreude in britische Gefilde bringen. Und wer
weiß, vielleicht fange ich ja sogar an, im örtlichen Pub ein Bier zu trinken.
RUND 85
rund_085_085_Ricardo 85
03.04.2006 12:42:48 Uhr
IM ABSEITS
Der große WM-Coup
Patsche für Polen
(Teil 2)
Jetzt kann es ganz schnell gehen: Der polnische Fußballverband hat auf Anfrage von RUND
sein grundsätzliches Interesse an Stürmer NICO PATSCHINSKI vom Zweitligisten LR Ahlen bestätigt.
Vorausgesetzt, Patsche erfüllt alle Voraussetzungen, um einen polnischen Pass zu bekommen.
Dann könnte er am 14. Juni gegen Deutschland auflaufen VON OLIVER LÜCK UND RAINER SCHÄFER, FOTO MARTIN KUNZE
„Please let Mr. Patschinski score for Poland“: Das Originalfax an den
polnischen Fußballverband könnte der Beginn einer wunderbaren
WM-Karriere gewesen sein. Wenn einer Polen hilft, dann Patsche!!
Die Polen, die sich um ihren Fußball sorgen, sind lakonische und
misstrauische Sportsfreunde, gerade wenn ihnen mal wieder ein
besonders guter Spieler aus dem Ausland angeboten wird. „Im Moment findet jeder eine polnische Oma in seinem Stammbaum, um
bei der WM dabei sein zu können“, erklärt Daniel Olkowicz von der
täglichen Sportzeitung „Przegla˛d Sportowy“ in Warschau die Skepsis der polnischen Fußballfunktionäre. Bei Nico Patschinski liegt
der Fall anders. „Der war im Herbst noch ein Thema für die Nationalmannschaft, da haben wir in Polen darüber berichtet“, erzählt
Olkowicz. „Ob er es heute noch ist, kann ich nicht einschätzen.“
Anruf bei Krzysztof Rola-Wawrzecki. „Rola“, wie der Teammanager der polnischen Nationalmannschaft gerufen wird, geht gleich
in die Offensive. „Wir kennen Patschinski. Wenn seine Papiere in
Ordnung sind und er die polnische Staatsangehörigkeit annimmt,
dann machen wir weiter. Schicken Sie die Papiere.“
Anruf bei Michał Listkiewicz, dem Präsidenten des polnischen
Fußballverbandes, den wir beim Kongress der Uefa in Budapest erreichen. Auch Listkiewicz lässt die wichtigen Geschäfte im Weltfußball für einen Augenblick ruhen. „Ich habe den Namen Patschinski
gehört. Wenn wir die richtigen Papiere haben, sehen wir weiter.“
Inzwischen liegen dem Verband in Warschau Schriftstücke vor, mit
denen Patschinski zum Polen werden könnte. Seine Großeltern
Gerhard und Erika Patschinski stammen aus Rastenburg in Ostpreußen, dem heutigen Ke˛trzyn.
Krzysztof Rola-Wawrzecki will bald das Gespräch mit Nationaltrainer Paweł Janas suchen und ihm die frohe Botschaft überbringen, dass Polen wohl beim WM-Turnier über eine weitere und vor
allem schillernde Alternative im Angriff verfügen wird. Immerhin
hat „Patsche“ in der Bundesliga auch schon gegen Bayern München
und Nationaltorhüter Oliver Kahn getroffen. „Es ist egal, wer in der
deutschen Abwehr spielt“, sagt Patschinski selbst. „Ich kenne sie alle und auch ihre Schwächen. Wenn ich gegen Deutschland auflaufe, treffe ich auch. Das kann ich versprechen.“
Nur wer weiß, wie sehr es die Polen wurmt, dass Lukas Podolski
und Miroslav Klose für Deutschland und nicht für ihr Land stürmen,
weiß auch, dass Patsche besser anfangen sollte, polnisch zu lernen.
RUND wird nichts unversucht lassen, Patsche zur WM zu bringen.
Sie dürfen gespannt sein, wie es weitergeht. Fortsetzung folgt …
RUND 87
rund_087_Patsche_zu 87
04.04.2006 21:56:45 Uhr
IM ABSEITS
Auslandsreportage
STARS AUS DER TÜTE
VON EBERHARD SCHADE, FOTOS CHRISTIAN JUNGEBLODT
RUND 88
rund_088_092_Panini_Rep 88
05.04.2006 20:44:06 Uhr
Modena, die Stadt der Schweine, ist berühmt für Mortadella
und erstklassigen Aceto Balsamico. Der Fußballklub ist
zweitklassig. Dennoch ist Italien hier schon Weltmeister. In
einer unscheinbaren Fabrik am Rande der Stadt werden täglich
bis zu 65 Millionen FUSSBALLABZIEHBILDER gedruckt
Kwasi Nyantakyi – dieser Name bricht Marco Boldrini noch immer die Zunge. Und der
Mann, der hinter dem Namen steckt, hätte
den Norditaliener beinahe um den Verstand
gebracht. Nyantakyi ist Verbandschef des ghanaischen Fußballs und nach der geglückten
WM-Qualifikation so etwas wie der Kaiser an
der westafrikanischen Goldküste. Nur nicht
so allgegenwärtig. Boldrini und seine Mitarbeiter in Nordafrika fanden ihn in keinem Telefonbuch, auf keiner Website, nirgends und
hätten ihre Suche nach dem Mann beinahe
aufgegeben. Obwohl sie so einen wunderbaren Deal mit ihm abschließen wollten. „Einen, an dessen Ende wir beide gut dastehen“,
erklärt der kleine, agile Mann mit dem Bürstenhaarschnitt. Und schiebt gleich noch „eine so genannte win-win-situation“ hinterher.
Boldrini kann nicht anders, er liebt solche
Ausdrücke.
Im Dezember 2005 ist er dann nach Leipzig gefahren, zur WM-Gruppenauslosung.
Drei volle Tage lang lungerte er in Hotellobbys herum, sprach jeden Schwarzafrikaner
an, ob er Nyantakyi oder so ähnlich heiße. Am
dritten Tag schließlich war der Deal perfekt.
Seit jenem Tag scheint das Grinsen in Boldrinis Gesicht noch ein wenig breiter. Denn
mit der Unterschrift des Ghanaers sind die
Verträge komplett. Marco Boldrini, Exportchef beim weltgrößten Abziehbildhersteller
Panini in Modena, hat es geschafft. Pünktlich
zur WM 2006 beliefert er alle teilnehmenden
Länder. Fünf Millionen Tütchen gehen per
Schiff nach Ghana. Verglichen mit den über
50 Millionen allein für den deutschen Markt
sind das „peanuts“, sagt Boldrini. Aber wer
weiß, wie viele Ghana noch nachbestellt,
wenn die „Black Stars“ die Vorrunde erfolgreich überstehen.
Panini-Abziehbilder liegen in dem kleinen
Karton im Kiosk um die Ecke gleich neben
der Kasse. Irgendwo zwischen Magenbitter
und Schokoriegel. In jeder handtellergroßen
Tüte, 50 Cent das Stück, sind fünf Sticker.
RUND 89
rund_088_092_Panini_Rep 89
05.04.2006 20:44:16 Uhr
IM ABSEITS
Auslandsreportage
Qualitätskontrolle: Am Leuchttisch überprüft ein Panini-Mitarbeiter die Druckbögen
Gute Mischung: 20 unterschiedliche Spieler kommen auf eine Quadrotte (r.)
Mit etwas Glück sind in einer Nelson Valdez,
Gianluigi Buffon, Francesco Totti und Roque
Santa Cruz frontal abgelichtet. Und dazu garantiert noch ein Abwehrspieler aus dem Iran
oder die Gesichter von Männern mit Namen
wie Abubakari Yakubu oder Asamoah Frimpong, beide übrigens aus Ghana.
„Die ersten Bilder wurden mit der
Hand eingetütet, in Heimarbeit von
unseren Müttern“ MASSIMO FELICANI
In Italien gibt es Panini-Fußballsticker seit
1961, das erste Sammelheft in Deutschland
erschien 1974. Sticker und Heft gehören stets
zusammen. Die meisten Teams haben 17 Sticker, im aktuellen Sammelalbum ist das eine
Doppelseite. Vorne auf dem Album steht in
fetten Buchstaben „offiziell lizenziertes Produkt“ gedruckt. Das hat mit den Persönlichkeitsrechten der Spieler zu tun, erklärt Boldrini, „aufgrund derer wir mit jedem einzelnen
einen Vertrag machen müssen“.
596 Bilder pro Album. So viele wie 2006
waren es noch nie in einem Panini-WM-Album. Und diesmal gab es auch keinen Wermutstropfen wie kurz vor der WM 2002, als
ein Mitkonkurrent den Italienern in letzter
Minute die Lizenzen der dänischen Nationalelf wegschnappte. Keine Zicken einiger Stars
wie bei der EM 2004, als Oliver Kahn den
Italienern verbot, sein Konterfei zu drucken,
weil 1000 Euro Lizenzgebühr angeblich zu
niedrig waren. Was allerdings auffällt: Ausgerechnet Ghana hat nur eine Seite im Album,
nur Platz für acht Sticker. Als wäre am Ende
doch etwas schief gelaufen zwischen Boldrini
und seinem neuen afrikanischen Freund.
Für einen „Global Player“, wie Boldrini es
ausdrückt, sieht das Fabrikgebäude im Nordwesten von Modena wenig repräsentativ aus.
Grauer Putz außen, drinnen Schachtelbüros
im 70er-Jahre-Design und ein 40 Jahre alter
Maschinenpark. Auf den ersten Blick versprüht der ganze Laden den Charme der WMSticker von 1974 – ungefähr der Zeitpunkt, in
der die internationale Produktion anlief. Die
Italiener waren damals längst infiziert. Unter
ihnen: Massimo Felicani.
Den 45-Jährigen, verantwortlich für Qualitätskontrolle und alle technischen Abläufe im
Werk, erwischte das Sammelfieber mit acht.
„Die ersten Fußballer wurden noch per Hand
eingetütet“, erinnert er sich, „meist von unseren Müttern in Heimarbeit.“ Massimo half
nach der Schule mit und brachte abends die
sortierte und eingetütete Ware ins Büro der
Panini-Brüder. Dafür gab es ein Taschengeld
– ausgezahlt in Sammelbildern.
Heute, knapp 40 Jahre später, hat Panini
Vertretungen in über 110 Ländern, verkauft
Bildchen bis nach Brasilien, längst nicht mehr
nur Fußballer. Das Unternehmen reagiert auf
den Markt, druckt Pokemon-, Harry-Potterund Tokio-Hotel-Serien je nach Bedarf. Ein
Drittel des Umsatzes aber macht der Konzern
mit den Kickern. Die WM im Rücken rechnet
Felicani 2006 mit 500 Millionen Euro.
Dass bestimmte Fußballer in den einzelnen
Sammeltüten künstlich rar gemacht werden
und andere häufiger vertreten sind, erklärt
Felicani zur Legende. „Alle sind in gleicher
Stückzahl auf die Tütchen verteilt“, sagt er. Dafür sorgt ein raffiniertes System, dass sich die
Firmengründer ausgedacht haben. Die 1,20
mal 1,60 Meter großen Druckbögen werden
dabei in so genannte Quadrotten geschnitten.
Dieser Mischvorgang soll vermeiden, dass in
einer Tüte das gleiche Bild zweimal ist und
dazu sicherstellen, dass spätestens mit dem
zweiten Karton, den der Kioskbetreiber aufstellt, alle Fußballer einmal vertreten sind.
Gegen Ende der Produktionskette: Felicanis
Lieblingsmaschine. Vor ihr steht Daniela, 30,
und legt alle vier Minuten einen Stapel Nelson Valdez nach. Vier dünne Metallstreben
RUND 90
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05.04.2006 20:44:22 Uhr
IM ABSEITS
Auslandsreportage
RUND 91
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05.04.2006 20:44:24 Uhr
IM ABSEITS
sorgen für die Führung der 4,8 mal 6,9 Zentimeter kleinen Bildchen. Ein Greifarm unten
am Ende des Stapels zieht alle fünf Sekunden
einen Valdez auf ein Fließband, befördert ihn
mit vier weiteren Spielern zwischen zwei
Walzen mit riesigen Rollen Tütenpapier. Automatisch geschnitten und verklebt fällt das
fertige Tütchen Sekunden später mit 99 anderen in den Karton, der später am Kiosk
steht. „Alles mechanisch“, schwärmt Felicani,
nur die Leistung der Maschine ist computerüberwacht. Deshalb muss Daniela auch immer wieder ran, Nelson Valdez nachlegen,
bei Stau die Maschine stoppen.
200 Frauen und Männer arbeiten in Modena, drei Schichten à sieben Stunden. Das sind
pro Tag acht bis 13 Millionen Bildertütchen.
Am Ende der Kette stapelt dann ein Roboter
die in Kartons verpackte Ware auf Euro-Paletten. Lkw leeren inzwischen wieder die Lager.
„Täglich neun 24-Tonner“, weiß Felicani. Jeder einzelne mit achtzehnmillionenvierhundertzweiunddreißigtausend Abziehbildchen.
Daniela hat sich David Beckham und Patrick Owomoyela an ihre Maschine geklebt.
„Zufall“, sagt sie und versucht ein Lächeln.
Fußball interessiert sie überhaupt nicht. Ganz
Auslandsreportage
2004 verbot Oliver Kahn, sein
Konterfei zu benutzen – 1000 Euro
Gebühr waren angeblich zu wenig
anders Antonio, Andrea und Giovanni schräg
gegenüber an der großen Offsetdruckmaschine. Totti und Buffon den ganzen Tag vor Augen, wirken sie ein bisschen wie auf Droge.
Ganz schlimm scheint es bei Antonio zu sein.
Er glaubt fest daran, dass der Zuschnitt der
Quadrotten bei Panini bereits das Finale vorherbestimmt hat. Warum bitte schön sonst,
sagt er, sollte die Zufallsmischung ausgerechnet die italienische Elf neben der deutschen
platziert haben? „Und wieder“, schickt Antonio hinterher, „gewinnen wir!“
Wie viele hier, die ihr Leben lang bei Panini arbeiten, kann auch er sich gut an die Zeit
erinnern, als er selbst noch sammelte. An das
Kribbeln beim Öffnen der ersten Tüten, die
sich wegkleben wie nichts. Oben eine Ecke
abknicken. Folie abziehen. Einkleben. Fertig.
Bis der Stapel mit den Doppelten wächst und
zwischen den Porträts weiße Felder klaffen,
deren Anblick bei echten Sammlern noch Jahre später eine merkwürdige Trauer auslösen.
Für solche Fälle gibt es heute im Internet
Tauschbörsen. Wem hier nicht geholfen werden kann, um den kümmert sich Francesca.
Sie arbeitet im Nachbestellservice. „Allein
aus Deutschland kommen 1000 Anfragen im
Monat“, schätzt sie. Und das Wochen vor der
WM. Ab 9. Juni hat Francesca Urlaubssperre.
Ihre Schatzkammer: unspektakulär, wie eigentlich alles auf den ersten Blick bei Panini.
Regale mit Ordnern, scheinbar willkürlich an
einer Wand befestigte Setzkästen. Die Sammlungen darin aber haben es in sich: Sie sind
komplett. Neulich platzte ein älterer Herr
herein, ein Sammler aus Lecce in Süditalien.
Der Mann hatte zehn Fußballalben unter seinen Arm, wollte endlich die Lücken füllen.
„Hat viel Geld hier gelassen“, sagt Francesca
und zuckt mit der Schulter. So, als begreife
sie noch immer nicht, was dabei eigentlich in
solchen Leuten vorgeht.
Da muss Felicani plötzlich grinsen. Er versteht den Mann aus Lecce. Und irgendwann,
da ist er sich mit seinem Kollegen Marco
Boldrini einig, wird das auch Mr. Kwasi Nyantakyi aus Ghana tun.
Mona Lisa aus Modena: Daniela, 30, interessiert sich gar nicht für Fußball
Eingetütet: Alle fünf Sekunden verschwinden fünf Spieler in der Tüte (r.)
RUND 92
rund_088_092_Panini_Rep 92
05.04.2006 20:44:33 Uhr
IM ABSEITS Weltklasse
NEUES & SKURRILES
ausaus
der der
ganzen
runden
ganzen
WeltWelt
des des
Fußballs
„Es geht um ein nationales Anliegen.“ (Miriam Gruß, FDP) „Jetzt läuft der Countdown zum Arbeiten und nicht zum Zerreden.“
(Peter Struck, SPD) „In diesem Stadium haben wir gar keine andere Chance mehr.“ (Peter Rauen, CDU) „Es wäre schön, wenn Herr
Klinsmann mal dem Sportausschuss erklären würde, was seine Konzeption ist und wie er Weltmeister werden will.“ (Norbert
Barthle, CDU) „Klinsmann soll endlich sagen, auf wen er setzt.“ (Reinhold Hemker, SPD) „Fußball ist zwar ein nationales Anliegen,
aber die Organisation desselben ist Sache des DFB und nicht der Politik.“ (Peter Müller, CDU) „Der DFB hätte sich niemals darauf
einlassen dürfen, dass der Bundestrainer ein Megaereignis wie die WM aus Kalifornien betreut.“ (Dieter Wiefelspütz, SPD) „Rückschläge kann man nicht weglächeln.“ (Detlef Parr, FDP) „Herr Klinsmann muss
jetzt seine privaten Interessen zurückstellen.“ (Stephan Mayer, CSU) „Es wäre
schon angebracht, dass er in dieser Phase der Vorbereitungen hier wäre.“ (Ernst
Hinsken, CSU) „Man kann im Moment sagen: Es ist fast alles besser als Fußball.“
(Matthias Platzeck, SPD) GESAMMELT VON MARTIN KRAUSS
TRAINERANTIDISKRIMINIERUNGSGESE
TZ
IN ENGLAND WILL SICH EIN
MANN ALS NATIONALTRAINER
EINKLAGEN: NUR WEGEN
SEINER KRANKHEIT HABE ER
DEN JOB NICHT BEKOMMEN
Russell Moss leidet
an Arthritis. Und er ist Fußballfan.
Diese zwei sein Leben bestimmenden
Aspekte versucht der Anhänger von Crystal
Palace nun zu vereinen: Er klagt darauf, den Posten
des englischen Nationaltrainers zu erhalten. Nur wegen
seiner Krankheit werde er benachteiligt, sagt er, dabei habe er doch die „perfekte Formel“ ausgearbeitet, wie England
Weltmeister werde. Bislang hat Moss zwar noch nie als Trainer gearbeitet, aber das habe nichts zu bedeuten. „Das Problem
ist, dass meine Ansichten so kontrovers sind. Da ist es keine
Überraschung, dass ich den Durchbruch noch nicht geschafft
habe.“ Moss arbeitet auch an einem Buch namens „No Defence“, in dem seine fußballerischen Erkenntnisse niedergelegt werden. In einer ersten Anhörung vor dem Central London Employment Tribunal wurde sein Anliegen wegen
zu „wenig begründeter Aussicht auf Erfolg“ zurückgewiesen, berichtet „ioccroydon.co.uk“. Bis
zum 30. April hat Moss nun Zeit zu entscheiden, ob er dagegen vorgehen
will. MARTIN KRAUSS
Platz
74
75
76
77
78
79
Staat
Kongo DR
Österreich
Wales
Katar
Kuba
Estland
+/–
-1
-5
–2
+13
-1
–2
RUND 94
rund_094_095_Weltklasse 94
04.04.2006 22:15:32 Uhr
IM ABSEITS Weltklasse
zu viel
schwein
gehabt
In der rumänischen vierten Liga
wollte MARIUS CIOARA keine Witze
mehr über Fleisch hören
n
Gegen Ende seiner Karriere ist ein rumänischer
Abwehrspieler ziemlich genau 15 Kilogramm Fleisch
wert. Für exakt diese Ablösemenge wurde Marius
Cioara von seinem Klub UT Arad zum Viertligisten
Regal Horia transferiert. UT spielt in der zweiten
rumänischen Liga, und entsprechend froh werden
die Horia-Manager über den günstigen Deal
gewesen sein. Die Freude über den
Neuzugang währte jedoch nur
knappe 24 Stunden. Cioara
erklärte den verdutzten
Vereinsverantwortlichen
dann nämlich seinen
Rückzug aus dem
aktiven Sport und fügte
hinzu, er würde lieber
„als Arbeiter in
Spanien auf dem
Bau schuften“
als auch „nur
eine Minute
länger blöde
Scherze anzuhören“. Die nunmehr fleisch- und verteidigerlosen
Horia-Funktionäre kündigten an, die Tauschware
sofort zurückzufordern. Ob die allerdings nicht schon
längst bei einem Mannschaftsessen restlos verputzt
wurde, ist leider nicht bekannt. ELKE WITTICH
Evoloko aus der Demokratischen
Republik Kongo ist hauptberuflich
Fußballfan FOTO WITTERS
Gut zwanzig Jahre ernährte er sich und seine Familie mit neun Kindern als Taxifahrer
in der Hauptstadt Kinshasa. Jetzt hat Evoloko
endlich seinen Traumjob gefunden: Der eingefleischte Fußballfan – bei jedem Länderspiel der Demokratischen Republik Kongo als
mystisch-bunter Fan auf der Tribüne dabei –
wurde Busfahrer seines Lieblingsvereins. Seit
Februar dieses Jahres fährt der 41-Jährige die
Spieler des kongolesischen Meisterklubs Daring Club Motema Pembe de Kinshasa von
Spiel zu Spiel. In ziviler Kleidung übrigens –
seine Kriegsbemalung legte er im Januar noch
einmal beim Afrika-Cup in Ägypten auf, um
böse Geister für die Gegner zu beschwören.
Das hat nur bis zum Viertelfinale geklappt,
dann schied Kongo gegen Ägypten aus.
JANSEN
OHNE
12.MANN
Aus Ärger über Auswärtstickets schickte
OLYMPIQUE MARSEILLE nur die Amateure
– und holte einen Punkt beim Pariser Erzrivalen FOTO HOCHZWEI
Der Stadionsprecher von Paris St. Germain präsentierte das Spiel gegen Olympique Marseille als „Gipfel der Meisterschaft“. Tatsächlich war
das folgende 0:0 der ewigen französischen Streithähne nur der Gipfel einer „Woche der Farce und der Provokationen“ („Libération“). PSG
hatte „aus Sicherheitsgründen“ nur 1000 der üblichen 2000 Gästetickets nach Marseille geschickt. An die eigenen Anhänger hat PSG allerdings ausgerechnet die Karten für die Tribüne über den Gästefans verkauft. Die weigerten sich nun, die Reise zu wagen. Unter dem Druck
der mächtigen OM-Fanklubs beschloss Präsident Pape Diouf, dass seine erste Equipe zu Hause bleibt. „Jetzt ist Diouf wie Gott in Marseille“,
meint der Sportjournalist Marc Beaugé. Denn für Olympique lief kurzerhand das B-Team aus der fünften Liga auf und demütigte Paris mit
einem Punktgewinn. Dicke Luft dadurch bei PSG: „OM macht aus einem technischen Problem eine Staatsaffäre, aber ich schäme und entschuldige mich für unser Team“, sagte Präsident Pierre Blayau. Als Verlierer des Unentschiedens sah sich der TV-Sender und PSG-Besitzer
„Canal+“, der das unseriöse Spiel übertrug und anschließend erfolglos von Schadensersatz schwadronierte. HOLGER HEITMANN
RUND 95
rund_094_095_Weltklasse 95
04.04.2006 22:15:42 Uhr
RUND
Spielkultur
SPIELKULTUR
Spielkultur muss gepflegt werden. Oder auch zelebriert.
Mit ihr werden Blumenpötte gewonnen. Oder die Galerie begeistert:
„Fußball ist ein großer Gleichmacher. In den 70er Jahren waren
in der Eintracht-Fankurve oft auch linke Intellektuelle anzutreffen, weil sie
glaubten, Gleiche unter Gleichen zu sein“ DANIEL COHN-BENDIT
98 INTERVIEW
„Fußball ist nicht gerecht“ – Daniel Cohn-Bendit
erklärt, was er gegen Franz Beckenbauer hat
108 KICK IM KINO
„Ich war keine gute Küsserin“ – Nora Tschirner
tunnelt in der Komödie „FC Venus“ die Männer
110 FILM
Pfostenbruch im Legostadion – „Helden 06“
zeigt das WM-Finale als Spielzeug-Animation
116 AUSLAUFEN
Dieser Mann sieht rot – RUND-Kolumnist Jörg
Thadeusz missfallen die Trikots der Nationalelf
RUND 97
rund_097_097_Vorschalt 97
03.04.2006 11:07:02 Uhr
SPIELKULTUR
Interview
„FUSSBALL IST
NICHT GERECHT“
WENN ES NACH DANIEL COHN-BENDIT GEHT, HEISST DER NÄCHSTE
UEFA-PRÄSIDENT NICHT FRANZ BECKENBAUER, SONDERN MICHEL PLATINI.
„DANY LE ROUGE“ ERLÄUTERT AUSSERDEM, WAS EINE VERFEHLTE
INTEGRATIONSPOLITIK MIT DER KRISE DES DEUTSCHEN FUSSBALLS ZU
TUN HAT. SO VIEL VERVE ÜBERRASCHT NICHT, SCHLIESSLICH IST
DER FUSSBALL FÜR SEIN GANZHEITLICHES WOHLBEFINDEN SEHR WICHTIG
INTERVIEW CHRISTOPH RUF UND TOBIAS SCHÄCHTER, FOTOS PETRA KOHL
Herr Cohn-Bendit, als sich am 13. Januar 1980 die Grünen in
Karlsruhe als Partei konstituierten, sollen Sie im Frankfurter Ostpark
Fußball gespielt haben.
DANIEL COHN BENDIT Das kann gut sein. Der Grund war, dass ich
noch nicht wusste, ob ich den Grünen überhaupt beitreten wollte. Ich
habe oft schwer mit mir gekämpft habe, wenn samstags Veranstaltungen oder Parteitage waren. Fußball war schon immer für mein ganzheitliches Wohlbefinden wichtig.
Wie sind Sie fußballerisch sozialisiert?
Ich lebte als Jugendlicher in Paris, war aber Fan von Stade de Reims,
dem großen alten Meister des französischen Fußballs. Später begeisterte mich St. Etienne, die Mannschaft aus der Arbeiterstadt mit Michel Platini. Ich selber habe bei CAP, einem kleinen Verein in Paris,
gespielt und war oft im Prinzenparkstadion an der Porte d’Auteuil.
Heute haben Sie Ihren Lebensmittelpunkt in Frankfurt und sind
begeistert vom Offensivfußball der Eintracht.
César Luis Menotti hat mal gesagt, es gebe einen linken und einen
rechten Fußball. Ich finde das auch: Sicherheitsfußball ist rechts, im
linken Fußball ist noch ein bisschen Abenteuer, der Versuch, sich mit
einem spielerischen Konzept durchzusetzen, also völlig Anti-Rehhagel. Ich war beim Endspiel der EM 2004 in Lissabon: Dass eine Mannschaft, die einfach nur klug verteidigt hat und nur eine Torchance hatte, am Schluss gewinnt, ist unfassbar. Ästhetisch ist das ein Problem.
Rechts neben mir saß Karl-Heinz Rummenigge und sagte: So ist Fußball. Fußball ist nicht gerecht.
So wenig wie das Leben.
Aber wie im Leben kann man sich Gerechtigkeit erkämpfen. Dass
Brasilien so oft Weltmeister geworden ist, ist schon gerecht.
Man kann das auch pragmatisch sehen. Die griechische
Mannschaft hat das gespielt, was sie konnte.
Richtig. Aber wenn das die einzige Dimension des Fußballs wäre,
würden die Leute bald die Stadien verlassen.
Den Sieg durch eine offensive Spielweise zu erreichen, soll also
linken Fußball ausmachen?
Das linke dabei ist, auf die Qualität und die Entwicklung der Spieler
zu setzen, auf ein System, in dem sie ihre Qualität einbringen können.
Und nicht ein System, in dem sich der Einzelne unterordnen muss.
Bei Menotti muss man die Niederlage in Kauf nehmen, das Risiko eingehen. Nehmen wir das Endspiel des Confederations Cup, Brasilien gegen Argentinien. Die Argentinier waren gar nicht so schlecht. Aber das
Risiko, das Brasilien gegangen ist, hat sich ausgezahlt.
RUND 98
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05.04.2006 20:22:26 Uhr
SPIELKULTUR
Interview
„Im linken Fußball gibt es noch Abenteuer“: Daniel Cohn-Bendit ist
ein Fan der von César Luis Menotti entwickelten Weltsicht
RUND 99
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05.04.2006 20:22:27 Uhr
SPIELKULTUR
Vater-Sohn-Konflikt: Cohn-Bendit junior hat eine Dauerkarte bei der
Frankfurter Eintracht und singt dort kräftig mit
Linker Fußball orientiert sich also am Individuum?
Linker Fußball ist dort, wo die Spieler durch ihre Qualität und dadurch, dass sie das Spiel lesen, das System entwickeln und sich nicht
dahinter zurücknehmen müssen.
Was fasziniert Sie so am Fußball?
Fußball ist ein großer Gleichmacher. In den 70er Jahren waren in
Frankfurt linke Intellektuelle oft in der Eintracht-Kurve anzutreffen,
auch deshalb, weil sie glaubten, Gleiche unter Gleichen zu sein. Darum bin ich vom Fußball fasziniert. Er entwickelt seine eigene Dramatik. Wie beim WM-Halbfinale Deutschland gegen Frankreich 1982, als
Maxime Bossis den letzten Elfer der Franzosen verschoss. Er war der
einsamste Mensch der Welt, stand allein im Strafraum herum. Dann
kam der kleine Littbarski und umarmte ihn. Das ist für mich eines der
schönsten Bilder des Fußballs, da könnte man weinen.
Fußball funktioniert aber in den Fankurven vor allem über
Polarisierung.
Ja, ja, das stimmt schon. Ich hatte schon Diskussionen mit meinem
Sohn – der hat eine Dauerkarte bei der Eintracht – über diese verheerenden Sprüche in der Kurve. Er behauptet, dass er die rassistischen nicht mitmacht, die schwulenfeindlichen wohl schon. Das ist
ein ständiges Thema, dabei ist Fußball ja eine Ansammlung von schwulen Begebenheiten, vom Massenküssen beim Tor, bis zum Verhalten
unter den Fans. Nein, diese unglaubliche verbale Aggression möchte
ich nicht runterspielen.
Interview
Mit Ihrer Initiative „Allianz gegen Franz“ wollen Sie – falls er noch
kandidieren will – Franz Beckenbauer als neuen Uefa-Präsidenten
verhindern und Michel Platini unterstützen. Warum?
Beckenbauer steht für die totale Kommerzialisierung des Fußballs.
Er vertritt nur die Interessen der großen Klubs und der Fernsehanstalten, für die er ja auch arbeitet.
Platini gilt als Ziehkind Blatters, der die Kommerzialisierung, die Sie
beklagen, fest im Fußball verankert hat.
Von Blatter hat sich Platini aber losgelöst und eine eigene Position
entwickelt. Erst als Platini sagte, dass er Uefa-Präsident werden will,
haben die großen Vereine, die großen Länder und unser Zwanziger gesagt, man müsse Platini verhindern. Erst so kam Beckenbauer ins
Spiel. Aber wie kann man jemanden mit so einem Charisma wie Platini verhindern wollen?
Und ausgerechnet Platini steht für eine andere Politik?
Sie kennen ihn nicht. Ich kenne ihn gut. Platini prophezeit amerikanische Verhältnisse, in denen es keine Auf- und Abstiege mehr gibt.
Was wir Europäer so schätzen, dass nämlich auch kleine Mannschaften
eine Chance haben, geht mit Beckenbauer über die Wupper. Michel
Platini will Reformen. Bayern München soll weiter gegen Trondheim
in der Champions League spielen. Beckenbauer hingegen hat sich
schon als Cokommentator im Fernsehen geärgert, dass seine Bayern gegen Teams wie Trondheim spielen müssen. Franz ist für mich der Vertreter der großen Vereine, der Werbung und der Fernsehanstalten.
Das Thema Doping umschiffen beide Kandidaten.
Und doch muss irgendetwas passieren. Es ist naiv zu sagen: Wir
schaffen eine Welt ohne Doping. Das ist genauso naiv wie die Forderung nach einer drogenfreien Welt.
Wo sehen Sie das Problem?
Gerade jüngere Spieler verletzen sich ja, weil die Muskeln und Knochen diese hohe Belastung nicht aushalten. Ich wundere mich, dass
man sich nicht wundert, wie viele Spieler ständig verletzt sind. Das
werden doch immer mehr. Diese Belastungen fördern das Doping, da
können die Leute reden, was sie wollen.
Was ist die Lösung?
Ganz einfach: weniger Spiele. Es muss festgelegte Obergrenzen bei
den Spielen geben. Ich glaube einfach, man kann physisch und psychisch kein ganzes Jahr auf höchstem Niveau durchhalten. Das geht
einfach nicht.
Also was ist die Lösung?
Die Uefa könnte sagen: Aus gesundheitlichen Gründen darf ein Spieler nicht mehr als die Zahl X an Pflichtspielen pro Saison absolvieren.
Man könnte sagen: Fußballer dürfen nicht mehr als siebeneinhalb
Stunden im Monat in Pflichtspielen auf dem Platz stehen. Ich glaube, das wäre machbar. Es gibt in Europa eine gemeinsame Arbeitszeitrichtlinie für Kraftfahrer. Warum sollte man die nicht auch auf
Profifußballer ausweiten?
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SPIELKULTUR
Interview
„Eine Steuerdebatte in Straßburg ist ein Quotenkiller“: Der
Fraktionschef der europäischen Grünen macht sich keine Illusionen
Das klingt ein wenig naiv, denn die finanziellen Interessen
der Klubs sprechen klar dagegen. Wenn sich ein Spieler verletzt,
spielt eben ein anderer.
Irgendetwas läuft doch falsch, und jeder spürt das, auch wenn die finanziellen Interessen dagegenstehen. Aber sehen Sie: Die ganze Theorie des Rotierens fußt doch auf diesen Überlegungen. Rotieren heißt
ja nichts anderes, als dass nicht jeder Spieler immer hundertprozentig belastet werden kann. Das funktioniert natürlich am besten bei den
Bayern, weil die das meiste Geld und den besten Kader haben.
Muss der Fußball moralischer sein als die Gesellschaft, in die er
eingebettet ist?
Nein, aber warum sollte man nicht auch im Fußball moralische Ansprüche formulieren? Auch im Fußball sehen immer mehr Leute, dass
etwas schief läuft. Immer mehr Menschen sagen Nein zu dem neoliberalen Dogma, dass man alles dem Markt überlassen muss. Sie haben gemerkt, dass dies eben auch nicht der Weisheit letzter Schluss ist.
Man hat den Eindruck, dass Fußball eine höhere Medienpräsenz
besitzt als zum Beispiel die Arbeit im Straßburger Parlament. Stört Sie
das als Europapolitiker?
Ach, nein, Sport ist im Kampf um Marktanteile unübertreffbar, besonders bei den elektronischen Medien. Die Liveübertragung einer
Steuerdebatte im Straßburger Parlament ist eben ein Quotenkiller,
selbst gegenüber einem Bundesligaspiel der Eintracht gegen Duisburg. Aber welche Fernsehanstalt würde sich trauen, eine Reportage
über gesunde Ernährung und Doping zu machen? Das ist doch ein
spannendes Thema.
Das Fernsehen gibt viel Geld aus für den Sport, um so an Werbekunden zu kommen. Außerdem heißt es bei den Sendern, Doping und
Korruption seien Quotenkiller.
Da spielen natürlich wieder die wirtschaftlichen Interessen rein, für
die Beckenbauer steht. Aber ich sage trotzdem: Die absolute Kommerzialisierung ist momentan nicht mehr so leicht durchzusetzen. Die
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SPIELKULTUR
Menschen halten die Werbung immer weniger aus. Das Rad ist überdreht. Dass haben die Fußball- und Medienmacher aber noch nicht
verstanden, und das ist gefährlich.
Welche Leistung kann der Profifußball für das Thema Integration in
einer Gesellschaft bringen?
Viele haben sich in letzter Zeit über mich lustig gemacht, weil ich
1998, als Frankreich Weltmeister wurde, gesagt habe, Frankreich sei
bei der Integration weiter als Deutschland. Der Stolz auf Zidane, Thuram und Desailly wurde von der Mehrheitsgesellschaft geteilt. Was
sich bei den Unruhen in den Banlieues zeigt, ist vor allem, dass dies
alleine nicht genügt.
Was läuft schief in den Vorstädten?
Es gibt dort eine gelebte Desintegration. Vor allem Einwanderer aus
Nordafrika und deren Kinder erleben permanent eine soziale Benachteiligung und finden sich plötzlich in Ghettos wieder. Hier hat die republikanische Integration ihre Grenzen erfahren.
Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen mischten sich auch
Nationalspieler wie Liliam Thuram in die Diskussion ein.
In welchem anderen Land würden Spieler sich zu Wort melden,
nachdem der Innenminister die Brandstifter in den Banlieues als „Gesindel“ bezeichnet hat? Thuram sagte: Ich bin schwarz und ich sage
euch, ich gehöre zum Gesindel. So wünsche ich mir auch fußballerische deutsche Staatsbürger.
Zidanes Eltern sind immer noch Algerier, Zidane wäre trotzdem wohl
nie auf die Idee gekommen, für Algerien Fußball zu spielen.
In Deutschland war die Staatsangehörigkeit lange das große Problem. Die Gesellschaft muss akzeptieren, dass sich das Bild des Deutschen verändert. In Frankreich ist es absoluter Konsens, dass Zidane
Franzose ist. Das Leitmotiv der französischen Revolution, „Ihr werdet
wie wir“, ist akzeptiert. Wenn jemand in Deutschland vom deutschen
Fußball spricht, spricht er von Fritz Walter. In Frankreich sprechen sie
von Kopa, der heißt Kopazewski, Platini oder Zidane – den Söhnen
polnischer, italienischer und algerischer Einwanderer.
Dass Asamoah im Nationaltrikot aufläuft, ist also mehr als Symbolik?
Natürlich. Deutschland ist Fatih, Nando und Asamoah. Es ist doch
symptomatisch, wenn plötzlich ganz Deutschland jammert, dass der
junge Türke Nuri Şahin sich entscheidet, für die Türkei zu spielen
und nicht für Deutschland. Es wurde doch gesagt, der spricht besser
Deutsch, und eigentlich ist er Deutscher. Da hat sich doch was getan.
Ob er aber die Tests in Baden-Württemberg oder Hessen bestehen
würde, bezweifle ich sehr.
Şahin hat in einem bestimmten Bereich außergewöhnliches Talent.
Aber was ist mit der Integration der weniger qualifizierten Türkischstämmigen? Das sind Hunderttausende.
Wenn die Nandos oder Şahins morgen auch für die deutsche Nationalmannschaft stehen, bedeutet das auch für die anderen, die nicht so gut
Fußball spielen können, dass sie dazugehören und genau so gefördert
werden müssen. Man kann nicht sagen, die Fußballer sind Deutsche,
und die weniger Begabten in Berlin-Kreuzberg sind keine Deutschen.
Sie haben bei Jugendmannschaften zwei Drittel Migrantenkinder, vor
allem in den Städten. Das heißt, der deutsche Fußball wird von unten
Interview
Frankreich als Vorbild: Ein Grund für die Mittelmäßigkeit der
Bundesliga ist eine verfehlte Integrationspolitik
her immer multikultureller. Meine ehrliche These ist: Einer der Gründe für die vielen so genannten mittelmäßigen Fußballer in der Bundesliga ist, dass man das Migrantenpotenzial noch nicht richtig erkannt
hat, während die Klubs gleichzeitig ausgeklügelte Sichtungssysteme
fürs Ausland entwickeln. Da besteht doch ein Widerspruch.
Über Integration scheint man hier zu Lande nur zu reden, wenn die
Not groß ist. Die Schwäche der Nationalmannschaft …
… nun ja, die Franzosen waren auch schwach, als Zidane und Thuram in die Nationalmannschaft kamen. In der Not gibt es einen Reformdruck, das ist immer so. Ich bin sicher: Der nächste Şahin wird
für Deutschland spielen.
DANIEL COHN-BENDIT wurde am 4. April 1945 als Sohn einer
Französin und eines deutschen Juden geboren. Der 61-Jährige,
der akzentfrei deutsch und französisch spricht, trägt seinen Spitznamen „Dany le rouge“ seit den Tagen, als er als Anführer die
Studentenproteste im Mai 1968 mit prägte. Hatte er damals noch
gefordert, Frankreichs Flagge, die Tricolore, durch das rote Banner zu
ersetzen, fungiert er nun als Chef der Grünen im Europarlament.
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SPIELKULTUR
Ausstellung
SUBTILER RASSISMUS
DIE AUSSTELLUNG BALLARBEIT, ZUNÄCHST
IN HAMBURG UND BERLIN, BESCHÄFTIGT SICH
MIT MIGRATION UND IHRER AUSWIRKUNG
AUF DEN FUSSBALL VON RENÉ MARTENS, FOTOS DPA
Theo Zwanziger und Jürgen Klinsmann sind
sich nicht immer einig, aber zumindest in einer Frage besteht kein Dissens: Nach 1990,
also nach dem Kollaps des Sozialismus, hätten zu viele Bundesligaklubs zu viele zweitund drittklassige Osteuropäer verpflichtet,
anstatt eigene Talente zu fördern. Profis aus
dem Ausland sind mit schuld daran, dass es
dem deutschen Fußball schlecht geht. Solch
subtiler Rassismus scheint derzeit en vogue
zu sein, während die offene Fremdenfeindlichkeit im Fußball in den letzten Jahren zurückgegangen ist. In dieser Situation kommt
die Ausstellung „Ballarbeit“, die die Geschichte der Migration in der Fußballwelt rekapituliert, gerade richtig.
Sie erinnert daran, dass die Migration ein
wesentlicher Motor bei der Entwicklung des
Fußballs war. Schließlich waren es beispielsweise englische Schüler einer Schweizer Privatschule, die Ende des 19. Jahrhunderts einen Teenager namens Walther Bensemann
mit der Fußballleidenschaft infizierten. Reemigriert nach Deutschland, gründete er später Vereine, organisierte internationale Spiele
und wurde so zu einem Pionier des hiesigen
Fußballs. Und das Phänomen der so genannten Legionärstruppen ist keineswegs der Globalisierung geschuldet: 1912 standen im 18köpfigen Kader von Inter Mailand lediglich
drei Italiener. Die Schau skizziert nicht nur
die Rolle von Migranten im Profibetrieb, sondern auch ihren Einfluss auf den Amateurfußball. Organisiert haben die Veranstaltung Gerd
Dembowski und Ronald Noack vom Verein
Flutlicht e.V., der dem Netzwerk Fare (Football Against Racism in Europe) angehört.
Dembowski sagt, das Thema Migration sei
„nicht leicht darzustellen, zumindest, wenn
man auch 16-Jährige erreichen will“. Fußball
kann einerseits dazu dienen, Rassismus abzubauen, andererseits nutzen ihn auch Vorurteilsprediger für ihre Zwecke. Um dem Publikum Sperriges nahe zu bringen, laden die
Kuratoren ihre Ausstellung mit Fußballatmosphäre auf: Am Eingang befindet sich beispielsweise eine Art Spielertunnel – hier bekommt man Grundbegriffe wie „Herkunft“
und „Staatsbürgerschaft“ vermittelt. Jüngere
Besucher will man unter anderem mit einem
Tischfußballspiel ansprechen, an dem MP3Player angebracht sind, sodass man während
des Kickerns Vorträge rund ums Ausstellungsthema verfolgen kann.
„Ballarbeit“ läuft zwar während der Weltmeisterschaft, ist aber „keine WM-Veranstaltung“, wie Dembowski betont. Und obwohl
die Veranstalter ein breites Publikum anvisieren, verzichten sie auf die nächstliegende Strategie: „Wir machen keine Ausstellung über
Personen“, sagt Dembowski. So nimmt man
die Geschichte Zinédine Zidanes lediglich
zum Anlass, „um über den Schmelztiegel
Marseille zu berichten“. Immerhin gibt es ein
„Ballarbeit“-Dream-Team. Dessen Zusammensetzung spiegelt das Konzept der Ausstellung
wider: Sie besteht jeweils zur Hälfte aus migrantischen Profis und Amateuren.
„Ballarbeit“ 3. Mai bis 4. Juni Hamburg
Knust/Schlachthof 16. Juni bis 25. August
Berlin Ethnologisches Museum
GALATASARAY IN DER DIASPORA
WIDRIGE PLATZVERHÄLTNISSE
IMMIGRANT FRITZ SZEPAN
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SPIELKULTUR
Essen wie die Stars
Wer Puffer isst, setzt Kinder im Schlauchboot aus
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SPIELKULTUR
Essen wie die Stars
Kartoffelpuffer à la Ernst
Wenn ERIKA ERNST zum Essen pfiff, kam nicht nur Fabian,
sondern das halbe Fußballteam. Und der Gerald – auch ein guter Esser
INTERVIEW HOLGER HEITMANN, FOTOS BENNE OCHS UND PRIVAT
Frau Ernst, Ihr Fabian bei Tisch ...
ERIKA ERNST Fabian war ein Allesesser. Sogar Erbsensuppe hat er gern gegessen.
Auch seine Pausenbrote?
Hat er gegessen, da gab es nichts.
Aber ein Lieblingsgericht hatte er?
Ja, Kartoffelpuffer mit Apfelmus. Ansonsten
alles mit Nudeln, Mett und roter Soße.
Und wie ist das heute?
Heute kommen bei ihm auch Lachsscheiben
an die Nudeln. Früher gab es Fisch nur als Stäbchen. Mittlerweile mag er auch Garnelen in
Knoblauchsoße und Krabben mit Avocadomus. Das kocht Fabian auch selbst.
War er mal zu dick?
Nein, nie. Er hatte einen unglaublichen Energiebedarf. In der Jugend hat sein Trainer, der
Mirko, ihm Nudeln empfohlen.
Mirko Slomka war damals schon sein
Trainer?
Ja, genau, in der Jugend bei Hannover 96.
Aber Nudeln gab es ja sowieso ständig.
Im „Aktuellen Sportstudio“ hat Fabian
gestanden, oft Blödsinn gemacht zu haben.
Das waren ja Kinder! Er hat oft die halbe BJugend mit zum Essen gebracht. Mit dem Gerald Asamoah ist er ja zur Schule gegangen,
und dann haben wir eben im Garten gegrillt.
Der Gerald ist ja auch ein guter Esser.
Können Sie sich noch an deren Streiche
erinnern?
Einmal haben sie Gerald im Schlauchboot
nebenan auf dem Kiesteich ausgesetzt. Der
konnte nämlich nicht schwimmen und musste warten, bis das Boot an Land trieb.
Aber Sie haben das locker gesehen?
Ich habe drei Söhne, da kann man nicht pingelig sein.
Was war Ihr Rezept, die Jungs vom Bolzplatz
zum Essen zu bringen?
Das war schon schwierig. Ich bin da immer
mit der Pfeife hin.
Und haben abgepfiffen?
Genau. Fabian war meistens gerade im Gebüsch, den Ball holen. Es hieß dann: „Achtung
Fabe, deine Mutter kommt!“ Aber die konnten mir nichts vormachen. Abends lagen die
dreckigen Klamotten im Bad, diese Ekelsachen. Ich habe dann die Sporttaschen einfach
nach draußen gestellt.
Hat er früher auch mal Mädels mit zum
Essen gebracht?
Ja, seine jetzige Frau, die Julia. Die beiden
kennen sich seit der fünften Klasse. Aber ernst
wurde es erst, als er zum HSV ging.
Wie ist das, wenn Fabian Sie heute besucht?
Er geht immer noch sofort mit seinen Brüdern auf denselben Bolzplatz. Fabian ist ruhiger geworden, aber da ist immer noch das gleiche Kichern wie früher.
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SPIELKULTUR
TV-Serie
„Im Tor ist die Arschkarte“
Am 2. Mai läuft auf Sat1 Sönke Wortmanns Fußball-TV-Serie „Freunde für immer“ an. Den Torwart der Hobbymannschaft
spielt STEFAN FEDDERSEN-CLAUSEN – der durch seine Schauspielerei mit Timo Hildebrandt
in Kontakt kam, der ihm wiederum Hilfe bei seiner Rolle anbot INTERVIEW KLAUS TEICHMANN, FOTOS MARTIN SIGMUND
„Wollte Profi werden“: Stefan Feddersen-Clausen schaffte es bis in die Schleswig-Holstein-Auswahl
Herr Feddersen-Clausen, auf was hat man
sich bei der Serie einzustellen?
STEFAN FEDDERSEN-CLAUSEN Wir sind
sieben Typen, die schon seit 20 Jahren zusammen kicken – früher im Verein und jetzt in
der Stadtliga. Ich bin Gärtner und der Torhüter. Mich hat die Serie bewegt, das ist weder
ein billiger Haudraufhumor, noch ein komplett ausgedachtes Hochglanzformat. Ich bin
sicher, dass die Serie berühren wird. Sieben
Folgen sind gedreht, vielleicht gibt es sogar
noch weitere Teile. Wir sind in der Serie ein
absolutes Loser-Team und bekommen immer
nur auf die Mütze. Mich hat die Handlung
sehr überzeugt, denn es wird großen Wert
auf liebevoll gemachte Feinheiten gelegt.
Wie kamen Sie zu der Rolle? Bis jetzt kennt
man Sie eher als Theaterschauspieler.
Ich war ja bereits für den Sönke-WortmannKinofilm „Das Wunder von Bern“ für die Rolle von Helmut Rahn vorgesehen – das hat dann
nicht geklappt, weil ich zu alt war und Rahns
Dialekt nicht konnte. Aber da habe ich Sönke Wortmann kennen gelernt. Dann kam der
Anruf, ob es meine Film- und Fernsehambitionen noch geben würde.
Nach der Inszenierung von Nanni Balestrinis
„I Furiosi – die Wütenden“ am Staatstheater
in Stuttgart und der Theaterhaus-Produktion
„Leben bis Männer“ kommt jetzt also das
nächste Fußballprojekt – muss man da auch
selbst kicken können?
Das ist nicht unbedingt erforderlich, macht
es aber leichter. Aber so lange wie bei den
Dreharbeiten war ich schon einige Zeit nicht
mehr auf dem Bolzplatz. Das Team war absolut nett und intelligent. Das war dann eben
auch so ein Männerding – wenn irgendwo eine Pille war, wurde auch in jeder Drehpause
Fußball gespielt. Ich selbst habe mit sechs
beim SV Enge in einem 300-Einwohnerdorf
angefangen, Fußball zu spielen, mit 15, 16 war
ich richtig gut – da habe ich in der SchleswigHolstein-Auswahl gespielt und wollte auch
Profi werden.
Stücke über Fußball scheinen auch beim
Theaterpublikum gut anzukommen – mit dem
Ein-Personen-Stück „Leben bis Männer“, bei
dem es um einen marginalisierten Fußballtrainer geht, wurden ja sogar schon Profis ins
Theater gelockt.
Ja, stimmt. Zu Stuttgarts Torhüter Timo Hildebrand habe ich Kontakt über das Theaterhaus – er und andere VfB-Spieler waren privat bei einer Vorstellung. Das ist ein sehr
nettes Umfeld. Die sind nicht arrogant, sondern halten den Ball sehr angenehm flach. Timo hat mir dann gleich eine SMS geschrieben, dass ich ihn für meine Torhüterrolle
jederzeit fragen könnte. Und seit ich den Keeper spielen muss, weiß ich auch erst, wie
schwer das ist: Im Tor zu stehen ist schon irgendwie die Arschkarte.
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SPIELKULTUR
CD-Tipp
TÖNE UND TORE
Bear Family Records und RUND präsentieren EIN TOR IM OHR – die liebevoll
zusammengestellte CD mit Songs aus einer Zeit, als Deutschland noch Weltmeister war
Singende Fußballspieler versuchen seit vielen Jahren, die Fans zu erfreuen. Das war oft nicht schön. Die dünnen Stimmchen der Kicker
reichten meist nicht aus, um die debilen Texte glaubwürdig durch die
simplen Melodien auszudrücken. Schaudernd wendet man sich ab,
wenn man die Rap-Versuche von Fredi Bobic, Marco Haber und Gerhard Poschner hört. Auch „Die wilde 13“ von Hannover 96, Thomas
Brdaric, ist nicht unbedingt ein Goldkehlchen. Früher, sagen Sie jetzt,
früher war alles besser? Das stimmt nicht. Schon Norbert Nigbur trieb
mit seinen Disko-Hits die Leute scharenweise von den Tanzflächen.
Aber hin und wieder blitzt Genie auf. Egal ob gewollt oder ungewollt. Die Kremers-Zwillinge, damals die Träume aller Mädchen,
betörten die Girls ihrer Träume mit schwärmerischen Tönen, die
deutsche Nationalmannschaft zeigte 1974 erst sangesstarke mannschaftliche Geschlossenheit, um daraus die Kraft für den WM-Erfolg
zu ziehen, Torwart Petar Radenkovic kletterte mit seinem „Bin i Radi, bin i König“ sogar bis auf Platz fünf der Hitparade. Geben wir also zu: Früher war tatsächlich manches besser.
Das Label Bear Family Records, bekannt für seine gründlich recherchierten, tontechnisch auf hohem Niveau überarbeiteten und liebevoll gestalteten Wiederveröffentlichungen alter Klassiker, hat sich
jetzt mit RUND zusammengetan, um das Beste von früher auf CD zu
pressen und neu zu veröffentlichen. Zu den genannten Sängerknaben
gesellen sich auf „Ein Tor im Ohr“ unter anderem so illustre „Musiker“ wie Gerd Müller, Jean-Marie Pfaff, Sepp Maier, Hans Schäfer, die
Dortmunder Elf von 1966 und natürlich – ohne ihn geht es auch hier
nicht – der Kaiser persönlich. Machen Sie mit uns einen Ausflug in
eine Vergangenheit, in der Deutschland noch Weltmeister wurde.
EBERHARD SPOHD, ILLUSTRATION SONJA KÖRDEL
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SPIELKULTUR
Kick im Kino
„ICH WAR KEINE GUTE KÜSSERIN“
Frauen, Männer und Fußball – geht das zusammen? Der Kinofilm „FC Venus“ versucht in der Tradition
von Komödien wie „Ganz oder gar nicht“, alte Klischees zu brechen. RUND traf Hauptdarstellerin
in einem Berliner Café, einige Tische entfernt von Christian Ulmen, der mittendrin
versuchte, seine Filmpartnerin aus dem Konzept zu bringen
INTERVIEW MATTHIAS GREULICH UND HOLGER HEITMANN, ILLUSTRATION ANNE-KATRIN ELLERKAMP, VORLAGE MARCUS HÖHN
Frau Tschirner, gehen Sie mit Ihrem
Filmpartner Christian Ulmen zum Fußball?
NORA TSCHIRNER Nee, mit dem war ich
noch nie beim Fußball. Ich wüsste gar nicht,
ob das gut ginge. Ich würde zu viel quatschen,
und er müsste immer sticheln. Ich war aber
oft beim HSV, als wir in Hamburg gedreht haben, das war großes Kino. Ich habe ihn gerade beim Händewaschen auf der Toilette getroffen und mit ihm über den Sieg des FC St.
Pauli gegen seinen Lieblingsklub Hertha BSC
im DFB-Pokal gesprochen. Ja, da hat er böse
gelitten. Ich soll auch schön grüßen.
Er hat im RUND-Interview gesagt, er könne
sich nicht vorstellen, in einem Fußballfilm
mitzuspielen, nun spielt er in „FC Venus“.
Euer Interview wurde am Set auch besprochen. Es war spitze, weil es im Nachhinein
natürlich klingt wie ein PR-Gag. Und die Vorstellung, dass Christian in solch einem Film
mitspielt, war wirklich lustig, zumal wir noch
kurz vor dem Film für „Ulmens Auftrag“ bei
Hertha gefilmt hatten und die Sendung nicht
ganz ausgestrahlt werden konnte, weil Christian so unlustig war, so von Ehrfurcht erfüllt.
Mit wem haben Sie die Fußballszenen geübt?
In der Vorbereitung mit Trainern des HSVNachwuchszentrums und der Hertha, später
am Set mit dem ehemaligen Bundesligatorwart Volker Ippig. Ich glaube, dass Volker ein
kleines Problem mit dieser Geschichte hatte.
Frauen, die auch nur den Hauch einer Chance haben, gegen Männer zu gewinnen? Das
fand er so absurd. Lustig, weil das ja genau
unser Thema war. Die Männer mussten oft
viel schlechter spielen, als sie wollten. Das
war schon eine Frage des Stolzes. Bei uns Mädels fing es dann natürlich erst recht an. Wir
wollten es wissen. Volker hat sich viel um uns
gekümmert, dabei war er gnadenlos. Einmal
schrie er andauernd Anneke (Anneke Kim
Sarnau, die im Film die Torhüterin Kim Wagner spielt) an: Anneke, Winkel halbieren! Außerdem wird er auf dem Platz ein bisschen
zum Siebtklässler, wenn’s um Gemeinheiten
geht. Was für die Sache, ehrlich gesagt, absolut perfekt war.
Was war besonders demütigend für die
Männermannschaft?
Die Jungs im Film mussten sich von uns tunneln lassen. Man sah dann in ihren Gesichtern: „Das … nein! Soweit sollte das mit dem
Schauspielern niemals gehen.“ Da dachte ich:
Hoppla! Es geht wirklich um Befindlichkei-
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SPIELKULTUR
ten. Wir haben uns ab und zu ganz schön abgegrätscht am Set. Einmal, als die Kamera nur
so mitlief, rief Volker plötzlich: „So, wir spielen jetzt einfach mal mit Leinen los!“ Was zu
einer ziemlich rauen Spielart und einigen
Schrammen führte, letztere natürlich eher
auf Seiten der Frauen. Hinterher gab es Diskussionen, weil nun wiederum wir Mädchen
uns ungerecht behandelt fühlten. Es ging zu
wie auf dem Schulhof. Und es war irre zu sehen, wie es allen richtig um etwas ging in diesen Momenten.
Abseits der Lügen im Alltag lernen sich
Männer und Frauen auf dem Platz ganz
anders kennen?
Ja, es geht um gegenseitiges Verständnis und
Kompromisse in Beziehungen. In unserem
Fall am Beispiel Kleinstadtfußball. Die Frauen merken: Fußball macht Spaß, dabei haben
wir die ganze Zeit gesagt, dass unsere Männer Vollidioten sind, was ist denn das jetzt.
Und plötzlich werden sie ganz gepackt von
diesem Fieber. Genau wie die Männer merken, dass es schon uncool ist, die ganze Zeit
allein zu Hause mit den Kindern hintenan zu
stehen, während der Partner sich nur noch
seinem Hobby verschreibt. Plötzlich verstehen sie, dass ihre Frauen sie mit ihrem Gemecker nicht nur schikanieren wollen. Es ist ein
Aufeinanderzugehen, bei dem man am Ende
weiß, so: Die spielen ab jetzt jede Woche miteinander und alle haben was davon. Das fand
ich eine schöne Idee.
Wie wird das denn bei der WM sein,
schauen Frauen und Männer gemeinsam?
Normalerweise gucke ich eher mit Jungs.
Diejenigen, die solche Fußballsessions anschieben, sind sowieso immer Jungs. Dass eine Frau zu mir sagt: „Ey, lass’ ma’ heute Spiel
gucken, wa?!“ passiert doch eher nie. Aber
sobald es so international wird, wie eben bei
einer WM, gucken bei uns alle mit.
(Christian Ulmen kommt an den Tisch.)
CHRISTIAN ULMEN Langweilt euch Nora?
Nein, überhaupt nicht.
NT Ich geb’ mein Bestes, aber ich bin halt
noch nicht so weit wie du.
Kick im Kino
CU Bis später!
(Ulmen geht.)
NT Okay, das war der Christian. Er hatte Leistungskurs „Charme“ in der Schule, das wissen
viele nicht.
Kann es sein, dass er noch schlechter küsst
als kickt?
Das kann schon sein. Allerdings war ich
auch nicht so ein wahnsinnig gute Küsserin
beim Drehen. Wir kennen uns gut, wir machen unsere Sendung zusammen, wir reden
über private Sachen, wir mögen uns, aber
dann vor der Kamera ein ernst gemeintes Liebespärchen zu spielen? Das war sehr merkwürdig. Ich hatte selten so ein Problem damit.
Es hat viel Pubertäres, wenn wir zusammen
sind. Dann so eine ernsthafte Beziehung zu
spielen, war unglaublich schwierig.
Der Fußball wird aber auch sehr aufs Korn
genommen.
Das wurmt euch schon ein bisschen, dass
euer Fußball angegriffen wird, oder?
Ist nicht so schlimm. Auffällig ist aber, wie
der Film mit Klischees spielt. Es gibt einen
Schwulen, der ein guter Fußballer ist, Sie
spielen eine spröde Bauingenieurin. Ist das
nicht zu dick aufgetragen?
Es gibt wahrscheinlich keine gute Komödie
ohne Klischees. Ich finde es nur wichtig, dass
man diese auch bricht.
Nervt Sie der Fußball-Hype nicht inzwischen
ein wenig?
Ja, der nervt mich. Ich hab’ wirklich auch
Angst gehabt vor dieser Promo-Tour, weil ich
dachte …
… alle sitzen hier in Trikots?
Ich mag eigentlich Fans in Trikots, aber
schon bei „Kebab Connection“ haben wir jedes zweite Foto an einer Dönerbude gemacht.
Ich find’ Döner super und ich find’ auch die
Türkei toll, aber irgendwann … Und Fußball
ist natürlich noch abgegriffener.
Immerhin können Sie vom Besuch im
HSV-Stadion berichten.
Genau. Ich mag „Hamburg, meine Perle“
von Lotto King Karl. Ich finde, das ist das charmanteste Fußballlied der Welt. Es macht es
einem sehr leicht, HSV-Fan zu sein. Es ist so
ein liebenswürdiger Umgang mit dem Gegner, sich für jeden Klub so ein Ding auszudenken wie: „Wenn du aus Cottbus kommst, dann
kommst du eigentlich aus Polen.“ Das ist so eine Art Gestichel, mit der ich mich gut anfreunden kann.
Auch Borussia Dortmund finden Sie gut,
heißt es.
Ich finde erstmal persönlich alles gut, was
gegen Schalke ist. Das sind dann auch Hertha,
HSV und Dortmund zum Beispiel. Mit Dortmund hat es angefangen, Hertha, natürlich,
aber mein Lieblingsverein ist der HSV. Weil
ich da trainiert habe, weil ich immer in Rothose rumgerannt bin, weil ich da die meisten
Spiele sehe und weil die gerade so gut sind.
Haben Sie einen Lieblingsspieler?
Ja, Atouba. Ich würde keine Mannschaft auf
Atouba gründen wollen, aber das ist auf jeden
Fall der unterhaltsamste. In Kombination mit
Barbarez ist das immer Popcorn-Kino. Der
Choleriker und das Schlitzohr. Wenn Atouba
nach zwei Sekunden schon den ersten Gegner
tunnelt, das ist so lustig. Über Treffsicherheit
und lange Abspiele wollen wir nicht reden,
das könnte wahrscheinlich ich besser. Aber
wenn es um Finten geht, so à la: Ich wart’ hier
jetzt mal, bis fünf Gegenspieler da sind, dann
fang’ ich erst an und spiele alle aus, da lach’
ich mich tot.
Mögen Sie die Bayern?
Die sind wie die Stones. Es ist alles perfekt,
die Botschaft lautet: Wir sind eh die Tollsten
und die Größten. Das lässt mich kalt. Bei einem Rolling-Stones-Konzert habe ich mich
zwei Stunden zu Tode gelangweilt, aber ein
wahnsinniges Konzert war Rod Stewart. Rod
Stewart! Ich schenke meinen Eltern immer
so Karten für die Waldbühne zum Geburtstag, die dann ein bisschen teurer sind und wo
deren Heroes auftreten. Rod Stewart in strömendem Regen auf der Waldbühne – das war
überraschenderweise hochemotional. Das
war wie Fußball.
„FC Venus“ von Ute Wieland mit Tschirner, Ulmen, Heinz Hoenig und Ippig läuft ab 27. April
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SPIELKULTUR
Kurzfilm
Pfostenbruch im Lego-Stadion
VON RENÉ MARTENS, FOTOS HENNING BOCK
Nach den „Helden von Bern“ haben vier Offenburger Studenten
mit „Helden 06“ einen weiteren animierten KURZFILM produziert.
Ihre Schauspieler sind Plastikfiguren aus Lego
Sönke Wortmanns „Das Wunder von Bern“ wurde 2003 erwartungsgemäß zum Kassenschlager, aber „Die Helden von Bern“ haben mehr
Menschen gesehen. Unter diesem Titel hatten Florian Plag, Martin
Seibert und Ingo Steidl, Studenten im Bereich Medien und Informationswesen an der Fachhochsschule Offenburg, in einem Lego-Trickfilm die wichtigsten Szenen des WM-Endspiels von 1954 nachgestellt. Die Projektarbeit, die gegenüber dem Realfilm den Vorteil
hatte, dass Lego-Figuren bessere Schauspieler sind als Peter Lohmeyer, lief teilweise als Vorfilm zu Wortmanns Wunder, erreichte aber zusätzlich mehrere Millionen Fans via Internet.
Als Nachfolgeprojekt haben die Lego-Filmer unter dem Titel
„Helden 06“ nun ein WM-Endspiel zwischen Deutschland und einer
Weltauswahl mit Ronaldinho, Zinédine Zidane und überraschenden
Mitstreitern wie Kameruns Abwehrheros Rigobert Song inszeniert.
Warum nicht eine derartige Begegnung imaginieren, wo es doch sowieso unrealistisch ist, dass Deutschland ins Finale kommt? Darüber
hinaus, sagt Coregisseur Martin Seibert, sei der Film so „auch nach
der WM noch aktuell“ – anders als wenn man sich für ein halbwegs
wahrscheinliches Endspiel entschieden hätte.
Mit „Helden 06“ wollen die Offenburger, verstärkt durch Daniel
Müller, nun ihr Diplom ergattern. Auch beim neuen Film, in der
DVD-Fassung 16, in der Kinofassung zehn Minuten lang, haben sie
sich wieder der Stop-Motion-Technik bedient: Sie stellen eine Szene,
schießen ein Foto, verrücken die Figuren minimal und machen dann
das nächste. In einer Sekunde Film steckten sechs verschiedene Bilder, sagt Seibert.
In dem neuen Film spielt das Quartett auf zahlreiche fußballhistorische Anekdoten an, wie den Pfostenbruch von Mönchengladbach
oder das umgekippte Tor in Madrid. Am vergnüglichsten ist die
leichthändige Ironisierung der hiesigen TV-Berichterstattung. In „Die
Helden von Bern“ ließen die Macher nach Rahns 3:2 mehrere deutsche Spieler einen historisch kaum verbürgten Diver an der Eckfahne vorführen, jetzt karikieren sie die beliebten Schwenks Richtung
VIP-Tribüne und andere kindische Bildklischees. Insofern passt es
gut, dass der Film aus Kinderspielzeug erschaffen wurde.
Trotz aller Spitzen: Die Autoren nähern sich dem Fußball und seiner Begleitmusik stets liebevoll, Defätismus ist ihnen fremd. Der
Ausgang des Spiels wird, so viel darf man verraten, auch Menschen
erfreuen, die angesichts der tristen deutschen Perspektiven ein paar
aufmunternde Bilder benötigen.
Im Mai als Vorfilm im Kino und ab 11. Mai auf DVD (Kurts Filme)
Sechs Bilder pro Sekunde: Ingo Steidl, Florian Plag,
Daniel Müller, Martin Seibert (im Uhrzeigersinn)
Anderthalb Jahre Bauzeit: das Lego-Olympiastadion
RUND 110
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04.04.2006 22:41:18 Uhr
SPIELKULTUR
Kurzfilm
90 Minuten in 90 Sekunden
Am letzten Bundesligaspieltag werden
in Berlin die besten internationalen
FUSSBALLKURZFILME erkoren –
RUND verleiht den Short Cup 2006
„Shoot goals, shoot movies“ hieß es im Talentcampus der letzten Berlinale. Regisseure
aus der ganzen Welt waren aufgerufen, Kurzfilme zum Thema Fußball zu machen. Das
europäische Kurzfilmfestival Emergeandsee,
das jedes Jahr zu unterschiedlichen Themenblöcken Wettbewerbe in London, Budapest
und Berlin veranstaltet, hat ein ähnliches und
doch ganz anderes Projekt gestartet. Anlässlich der WM in Deutschland schrieb Emergeandsee zusätzlich zum diesjährigen interna-
tionalen Kurzfilmwettbewerb den Short Cup
2006 für junge Filmemacher und Filmstudenten unter 30 Jahren aus. Einzige Bedingung
und anders als auf der Berlinale: Die Beiträge
durften nicht länger als 90 Sekunden sein.
Ansonsten sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Kurzfilm, Videoclip, Animation
oder ein anderes Format – Hauptsache es
geht um Fußball. Egal ob Real Madrid in der
Champions League oder Viktoria Kleestadt in
der Bezirksoberliga der Frauen, ob Oliver
Kahn als Knetfigur oder die Kinder auf dem
Schulhof nebenan als Scherenschnitte.
Am 15. April war Einsendeschluss. Die besten, kreativsten und verrücktesten Beiträge
werden von einer Jury ausgewählt und beim
Emergeandsee Kurzfilmfestival am 12. und 13.
Mai im Berliner Kino Babylon präsentiert. Die
Fußballfilme laufen am Samstag, dem letzten
Bundesligaspieltag der Saison 2005/06. Es
gibt es eine Radio-Liveübertragung der aktuellen Spiele, Kicker, Bratwurst und kühles Dosenbier sowie am Abend eine Party. Wie bei
der richtigen Weltmeisterschaft gibt es beim
Short Cup 2006 natürlich auch etwas zu gewinnen: Der beste Fußballkurzfilm erhält einen mit 500 Euro dotierten Award, der von
RUND gestiftet wird. Und durch die guten
Beziehungen von Emergeandsee in die internationale Filmszene können sich darüber
hinaus wichtige Kontakte ergeben. Wer weiß
– vielleicht taucht einer der ausgezeichneten
Fußballkurzfilmregisseure ja irgendwann
auch auf der Berlinale auf.
MALTE OBERSCHELP, FOTO BENNE OCHS
www.emergeandsee.org
RUND 111
rund_110_111_Film_Lego 111
04.04.2006 22:41:29 Uhr
SPIELKULTUR
Buch
IM RUND-BÜCHERREGAL: Sammelbilder sind etwas Tolles. Erst recht, wenn sie liebevoll
von 50 Illustratoren aus aller Welt kreiert wurden – wie im Band „Fußballhelden“ FOTOS BENNE OCHS
DAS ALBUM ALLER ALBEN
„Fußballhelden“, initiiert von den Schweizer Zeichnern Ashi und Jerzovskaja, ist das Album aller Alben. 50 Illustratoren aus 17 Ländern tragen hier eine Art eigene WM aus: Das
achtsprachige Buch ist eine Hommage an alle
bisherige Weltmeistermannschaften, andere
große Teams sowie die Teilnehmer der WM
2006 – elf Spieler plus Coach sind auf jeweils
einer Doppelseite verewigt.
Ob die Zeichner die Spieler nun zu futuristischen Popikonen überhöhen wie bei Angolas WM-Kader oder zu Motiven esoterischer
Spielkarten, wie Brasiliens Weltmeister von
1970 gestaltet sind, ob sie sie als Horrorfilmfiguren karikieren wie Frankreich 1986 oder
als Römer, wie wir sie aus „Asterix“ kennen,
bei den Italienern 1934 – stets erwecken die
Künstler die Kicker zu unbekanntem Leben.
Weil die Vorlagen nach optischen Kriterien
ausgewählt wurden, wirken die Aufstellungen manchmal taktisch wild. Desiderio Sanzi
etwa hat fürs deutsche Team eine Viererkette
entworfen, in der Bastian Schweinsteiger als
rechter Verteidiger fungiert. Ist das die Lösung des Abwehrproblems? RENÉ MARTENS
Ashi, Jerzovskaja (Hrsg.) Fußballhelden
Herzglut-Verlag 160 Seiten 39,90 €
RUND 112
rund_112_113_Medien_Bu 112
07.04.2006 19:51:17 Uhr
SPIELKULTUR
Buch
EIN HALBES JAHR Seiten rasen die Reporter um die Welt, oft seZU FRÜH
KNIESCHONER AUS
BH-POLSTERN
Wer im Sportjournalismus investigativ arbeitet, macht sich angreifbar. „Nichts Neues“
schallt es aus der einen, „unbewiesene Gerüchte“ aus der anderen Ecke. Fred Sellin musste
sich in mancher Rezension seines Buches
„Das schmutzige Spiel“ den ersten Vorwurf
gefallen lassen. Das Gros der Leser dürfte das
Buch jedoch mit Interesse lesen. Seien es die
Machenschaften der Spielerberater, Korruptionsfälle wie beim Bau der Allianz Arena oder
obskure Geschäftspraktiken wie beim BVB
oder WM-OK – der bislang als Boris-BeckerBiograf in Erscheinung getretene Publizist
unterscheidet sauber zwischen nachgewiesenen Schweinereien und nahe liegenden, aber
unbewiesenen Zusammenhängen. Ein erhellendes, zuweilen spannendes Buch, das aber
die großspurigen Versprechungen des Klappentexts – „legt den Fußballsumpf frei“ – selbstredend nicht einlösen kann und angesichts
der neuesten Enthüllungen im Bereich der
Sportwetten vielleicht ein halbes Jahr zu früh
erschien. CHRISTOPH RUF
Fred Sellin Das schmutzige Spiel.
Intrigen, Skandale und Machenschaften
im deutschen Fußball C. Bertelsmann
Verlag 365 Seiten 14,95 €
hen sie Bekanntes: ehrgeizige US-Amerikaner, lebensfrohe Brasilianer, von der Karriere
träumende Ghettobewohner in Marseille. Die
überall gleiche Feelgood-Geschichte vom Fußball als Pille gegen den Weltschmerz ist international belegbar. Interessanter wäre, statt
Klischees auch Kritisches zu bieten. Atmosphäre liefern die vielen Fotos, aber spannend
werden Arnolds „Abenteuer“ dann, wenn die
Autoren bei ihren Beobachtungen bleiben
oder Geschichtliches hinter den Geschichten
erzählen. HOLGER HEITMANN
Martin Arnold (Hrsg.) Abenteuer Fußball.
Auf den Bolzplätzen dieser Welt
Verlag Die Werkstatt 224 Seiten 19,80 €
iPODS FÜR DIE
NATIONALMANNSCHAFT
IN BOLIVIENS PAMPA,
AUF JAPANS DÄCHERN
Wunschträume vom Ruhm hat jeder. Wovon
träumen aber die, für die es völlig normal ist,
in der Zeitung den eigenen Namen zu lesen?
Nicht selten vom Kicken, wie der Berliner Autor Torsten Körner herausfand. Für sein Buch
„Auch ich war einst Pelé“ interviewte er 27
Prominente von Manuel Andrack bis Anne
Will über ihre Fußball-Erlebnisse. Womöglich wacht der Direktor des Grimme-Instituts,
Uwe Kammann, nachts immer noch schweißgebadet auf: Mitten in der Pubertät hatten die
Kumpels herausgefunden, dass seine Knieschoner aus ausrangierten BH-Polstern der
Mutter bestanden. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hat mehr Stoff für Fußballträume:
Der Mittelstürmer von Grasshoppers Zürich
beendete seine Karriere 1962 – wehmütig erinnere er sich trotzdem nicht an seine aktive
Zeit, sagt er. Denn die war erfolgreich: 18 Saisontore erzielte er und war einst auch ein
bisschen Pelé. ELKE WITTICH
Torsten Körner Auch ich war einst Pelé.
Prominente und ihr Traum vom Fußball
Aufbau Verlag 219 Seiten 8,95 €
Martin Arnold und andere Autoren sind für
ihr „Abenteuer Fußball“ bis zu den Ballkünstlern in Boliviens Pampa und auf Japans Dächern gereist. Stets in Ballnähe, haben sie
dennoch klare Chancen vergeben. Zu viele
Allgemeinplätze finden sich in den Reportagen über 19 Bolzplätze. „Fußball in Bolivien
heißt Fiesta, Freundschaften pflegen und
Sport treiben“, steht an einer Stelle. Auf 223
Nach dem „FAZ“-Journalisten Michael Horeni versucht sich nun auch dpa-Kollege Jens
Mende an einer Biografie des Bundestrainers.
„Wie wir Weltmeister werden“ ist das Buch
übertrieben untertitelt, viel Neues bietet es
nicht. Mende erzählt, dass Oliver Bierhoff allen Nationalspielern bei Amtsantritt einen
iPod überreichte. Bei Horeni war dafür zu erfahren, welche Musik Klinsmann ihnen zur
Initiation vorspielte: Eminems „Lose yourself“. Ein Plus sind viele Fotos. Eine wichtige
Biografentugend fehlt Mende aber ebenso
wie Horeni: Distanz. MALTE OBERSCHELP
Jens Mende Jürgen Klinsmann. Wie wir
Weltmeister werden Südwest Verlag 168
Seiten 14,95 €
LEGENDE
Meister
UI-Cup
Platz 15
RUND 113
rund_112_113_Medien_Bu 113
07.04.2006 19:51:23 Uhr
SPIELKULTUR
Leserbriefe
„Die besten Trainer fallen auf die Nase“, RUND 3/06
ZUHÖREN BITTE:
Meyers Mist
RUND-Ausgabe 4/06
Allgemein, RUND 4/06
Was anderes!
Ich lese seit einiger Zeit eure Zeitschrift und
bin echt begeistert! Das ist keine übliche Fußballzeitschrift, sondern man liest bis zu zwei
Stunden! Hut ab!
Ann-Sophie Haas, per E-Mail
Es ist mir unverständlich, wie ihr Herrn Hans
Meyer so einen Mist plappern lassen könnt,
ohne eine kritische Rückfrage. In Deutschland
werden die Trainingseinheiten wie vor Dekaden durchgeführt. Im Fußball kommt es nun
mal auch auf Hundertstel Sekunden der Reaktionsfähigkeit an – dies ist trainierbar. Wenn
Leute wie er oder Horst Köppel glauben, dass
ihnen die Kompetenz abgesprochen wird, die
sie ja augenscheinlich wirklich nicht haben,
wird Nichtwissen in Diskreditierung umgewandelt. Und ihr macht so was auch noch mit
und gebt diesem Scheiß ein Forum.
Dirk Howaldt, per E-Mail
DIE RUND-REDAKTION
GEHT AUF LESEREISE.
UND GEFEIERT WIRD AUCH
21. APRIL 2006 HAMBURG,
RUND-Party. Wir stellen die Mai-Ausgabe vor
und feiern mit DJs und einem Konzert von Onejiru
(begleitet von Matthias Arfmann), Nike Futsal
Hamburg, Post am Stephansplatz, Dammtorwall
12, 21 Uhr, Eintritt frei
10. MAI HEIDELBERG,
Lesung, Karlstorbahnhof, 20 Uhr
11. MAI HAMBURG,
Lesung, Klubheim FC St. Pauli, 20 Uhr
24. MAI HAMBURG,
Lesung, Hamburger Botschaft, Sternstr. 67, 20 Uhr
Spaziergang
Ihr behandelt heikle Themen (Hools, WMVermarktung) oder berichtet von den aktuellen Themen aus ganz anderem Blickwinkel
als der Mainstream. RUND ist eine Art rebellisches Fachblatt oder fachliches Rebellenblatt.
Die Lektüre dieses Heftes ist wie ein Spaziergang an der frischen Luft. RUND ist der heimliche Sportteil der „Zeit“. Fast hätte ich’s vergessen: Bitte, bitte weg mit diesen grässlich
grellen Farben auf der ersten Seite.
Mario Gugumus, Straßburg, per E-Mail
Retter und Klassenkämpfer: St. Pauli gegen Bayern,
RUND 4/06
Berichtigt dies!
Ein Fehler steht im Magazin
Ich frag mich, wie kommt der dort hin
Es war nicht Jörg, genannt der „Colt“
Dem seinerzeit das Glück war hold
Zu treffen gegen Münchens Bayern
Als Pauli-Spieler, dann zu feiern.
Es war sein Bruder Ralf, der traf
Drittjüngster Sievers-Sproß, meist brav.
Ralf war einst Profi auf dem Kiez.
Drum bitt’ ich Euch, berichtigt dies!
Matthias Kay, Garbsen, per E-Mail
RUND und die Kollegen
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RUN
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BR-online, orange, 2/06
Leonart, 3/06
Runde Presse: Favorit
Runde Presse: Eckig
Der Favorit der orange-Redaktion. Ein echter
Käsekuchen, wie Muttern ihn nicht besser backen könnte. Ein Gesamtkunstwerk ohne Sperenzchen und eindeutig im Geschmack. Von
witzig bis hintergründig.
Außergewöhnlich? Anders? Ein Fußballmagazin? Ja, definitiv. RUND ist hintergründig,
nimmt oft eine ungewohnte Perspektive ein,
lässt nicht nur Spieler und Trainer, sondern
auch Kulturschaffende zu Wort kommen.
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe nicht oder nur gekürzt zu veröffentlichen. Zuschriften bitte mit Stichwort
Leserbrief an: info@rund-magazin.de, Redaktion RUND, Pinneberger Weg 22-24, 20257 Hamburg oder Fax: 040-808 06 86-99
RUND 114
rund_114_115_Leserbrief 114
05.04.2006 20:46:24 Uhr
RUND
Impressum
ARBEITEN IN DER REDAKTION FOTO BENNE OCHS
IMPRESSUM RUND #10 05 2006
VERLAG: Olympia-Verlag GmbH,
Badstr. 4-6, D-90402 Nürnberg,
Tel. 0911/216-0, Fax 0911/216 27 39
REDAKTION: RUND Redaktionsbüro Hamburg
GmbH & Co. KG, Pinneberger Weg 22-24, 20257 Hamburg
Tel. 040/80 80 686-0, Fax 040/80 80 686-99
REDAKTIONSLEITUNG: Rainer Schäfer (verantwortlich
für den Inhalt), Matthias Greulich (geschäftsführender Redakteur),
Oliver Lück (stellv. Redaktionsleitung)
ART DIREKTION: Anna Clea Skoluda
REDAKTION: Martin Krauß (Chef vom Dienst),
Eberhard Spohd (Textchef), Malte Oberschelp, Christoph Ruf
REDAKTIONSASSISTENZ: Sabine Richter
GRAFIK: Anne-Katrin Ellerkamp, Sonja Kördel, Tanja Poralla (stellv.
Art Direktion)
SCHLUSSGRAFIK/INFOGRAFIK: Sabine Keller
BILDREDAKTION: Henning Angerer, Jochen Hagelskamp,
j.hagelskamp@rund-magazin.de
ILLUSTRATION: Anne-Katrin Ellerkamp, Eskåh,
Sonja Kördel, THS
AUTOREN: Joachim Barbier, Sven Bremer, Camilla von Buddenbrock, Christian Dotterweich, Detlef Dreßlein, Alex Feuerherdt,
Ulrich Hartmann, Frank Heike, Holger Heitmann, Raphael
Honigstein, Olaf Jansen, Thomas Kilchenstein, Wolfgang Laaß,
Roland Leroi, René Martens, Jörg Marwedel, Bernd Müllender,
Peter Putzing, Rico Rizzitelli, Elke Rutschmann, Eberhard Schade,
Tobias Schächter, Holger Schmidt, Bernd Schneiders, Ricardo
Setyon, Jörg Strohschein, Olaf Sundermeyer, Klaus Teichmann,
Jörg Thadeusz, Daniel Theweleit, Anne-Ev Ustorf, Elke Wittich
KORREKTORAT: Janina Jentz
ÜBERSETZUNGEN: Stefanie Knauer
TITELBILD: Dirk Messner
FOTOS: Jean Balke, Edward Beierle, Henning Bock, Michael
Danner, Mareike Foecking, Nicole Hardt, Markus Höhn, Jan von
Holleben, Axl Jansen, Christian Jungeblodt, Vladimir Kadlec, Petra
Kohl, Matthias Koslik, Martin Kunze, Dirk Messner, Benne Ochs,
Stephan Pflug, Maak Roberts, Martin Sigmund, Olaf Tiedje,
Sebastian Vollmert
FOTOS INHALTSVERZEICHNIS: Dirk Messner, Imago, Axl Jansen,
Petra Kohl, Mareike Foecking, Pixathlon, Christian Jungeblodt
SPIELE: Bei Gewinnspielen, die die RUND-Redaktion veranstaltet,
ist der Rechtsweg grundsätzlich ausgeschlossen.
ANZEIGENLEITUNG: Werner A. Wiedemann
(verantwortlich für Anzeigen), Tel. 0911/216 22 12
Ekkehard Pfister, Tel. 0911/216 27 49,
Gültige Anzeigenpreisliste Nr. 2 vom 1. 1. 2006
REPRO: Fire Dept. GmbH, Hamburg
DRUCK: heckel GmbH, Nürnberg
VERTRIEBSLEITUNG: Andreas Bauer, Tel. 0911/216 22 60
ABONNEMENT UND KUNDENDIENST:
Deutschland: RUND-Leser-Service, Badstr. 4-6,
90402 Nürnberg, leserservice@rund-magazin.de,
Tel. 0911/216 22 22, Preis des Einzelheftes 2,80 Euro,
Jahresabonnement 33,60 Euro
Österreich: RUND-Abonnenten-Service, Postfach 5,
6960 Wolfurt, rund@abo-service.at, Tel. 0820/ 00 10 82,
Fax 0820/00 10 86, Preis des Einzelheftes 3,20 Euro,
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Schweiz: RUND-Leser-Service, Postfach, 6002 Luzern,
rund@leserservice.ch, Tel. 041 3292233,
Fax 041 3292204, Preis des Einzelheftes 5,40 sFr,
Jahresabonnement 64,80 sFr
Übriges Ausland: Jahresabonnement 33,60 Euro zzgl. Porto
Erscheinungsweise: monatlich
Für unverlangt eingesendete Manuskripte, Fotos, Dias, Bücher
usw. wird nicht gehaftet. Die gesamte Zeitschrift einschließlich
aller ihrer Teile ist urheberrechtlich geschützt, soweit sich
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nichts anderes ergibt. Jede Verwertung ohne schriftliche
Zustimmung des Verlages ist unzulässig. Dies gilt insbesondere
für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen
und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen
Systemen. Copyright für Inhalt und Gestaltung – falls nicht
ausdrücklich anders vermerkt – by Olympia-Verlag 2006.
ISSN 1860-9279
Stets im Bilde: Bildredakteur Jochen Hagelskamp
VORSCHAU 06 2006
Am 24. Mai erscheint die erste von zwei RUNDAusgaben, die wir komplett der WM widmen
werden: Großer Teamcheck: Alle 32 Mannschaften
unter der Lupe, ihre Stars und ihre WM-Chancen.
Philipp Lahm: Der kleine Münchner verrät im
Interview, warum die deutsche Nationalmannschaft alle überraschen wird. Luiz Felipe Scolari:
Portugals Nationalcoach will hoch hinaus und glaubt, dass
die WM den Weltfußball verändern wird. Olli Dittrich: Zwischen
Dittsche, Grand Prix, WM und HSV. Außerdem: Fabio Cannavaro,
Italiens Kapitän, am Lügendetektor. Dazu gibt es einen ganz
besonderen WM-Spielplan zum Herausnehmen, so wie Sie ihn
sonst nirgendwo sehen werden. FOTO IMAGO
RUND 115
rund_114_115_Leserbrief 115
07.04.2006 20:00:32 Uhr
SPIELKULTUR
Auslaufen mit Thadeusz
Dieser Mann sieht rot
Jeden Monat terrorisiert TV- und Radiomoderator
in RUND liebevoll den Fußball.
Dieses Mal wundert er sich sehr über die Debatte um die Farbgebung der Trikotage der deutschen Nationalmannschaft
Als Asterix bei den Olympischen Spielen als
Athlet so überhaupt nichts vom Teller zieht,
haben die mitgereisten Anhänger aus Nordgallien schnell die Schuldigen gefunden:
Nicht das Verbot der Einnahme leistungssteigernder Zaubertränke ist schuld, sondern die
Wildschweine, die in Griechenland einfach
schlecht sind. Mit ähnlicher Sachlichkeit wie
die enttäuschten Antik-Bretonen können wir
jetzt schon bestimmen, was die deutsche Fußballnationalmannschaft um den WM-Titel
bringen wird: die roten Trikots.
Rot ist die Farbe der Sieger, weil die angeblich hitzige Couleur den Testosteronspiegel
des Trikotträgers erhöht. Sagen die Wissenschaftler der Universität Durham. Bei allem
Respekt vor den britischen Forschern: Was ist
mit dem Rot in der englischen Liga? ManU,
Liverpool? Nicht mehr als kraftlose rote Tupfer im von Anfang an verlorenen Kampf um
die Meisterschaft. Und englischen Nationalspielern kann die Farbe ohnehin egal sein. Sie
müssen ein Mittel gegen die einschießenden
Östrogene finden, wenn ein Elfmeterschießen aufgerufen wird. Damit die Königin nicht
wieder gezwungen ist, verärgert den Fernseher abzuschalten, wenn ein englischer Spieler
mit drübergedrechseltem Flatterball die Turnierteilnahme seiner Elf vorzeitig beendet.
Außerdem hat der Fußball die Wissenschaft
schon zigmal widerlegt. Der Lupfer des legendären Paul Gascoigne über seinen südamerikanischen Gegenspieler zum Beispiel
war seinerzeit eigentlich unmöglich. Denn
eine Ernährungswissenschaftlerin hatte Gascoigne wegen des Verzehrs von mindestens
einem Döner pro Tag für nicht wettkampftauglich befunden. Und trotzdem hat er den
Verteidiger demütigend düpiert. Wie viel
Promille Blutalkohol für eine so hinreißende
Überheblichkeit nötig sind, das wäre ein interessanter Studiengegenstand gewesen.
Die Farbe Rot hat im deutschen Fußball
keiner Mannschaft wirklich weitergeholfen.
Ihre schwarz-rote Wäsche haben die Tränen
der Leverkusener Spieler nass gefleckt, die in
Unterhaching die sichere Meisterschaft vergeigten. Der ehedem rote 1. FC Kaiserslautern kämpft sowohl gegen den Abstieg als
auch gegen die Pleite. Als wäre das alles noch
nicht schlimm genug, sind sie seit einiger
Zeit auch noch ins nahe liegende Bordeaux
abgerutscht, die armen Teufel. Und warum
wohl experimentiert der FC Bayern mit Gold,
wenn die Münchner ihrem traditionellen Rot
wirklich vertrauen würden?
Deutschland ist nicht rot. Zu viel Testosteron überfordert die Deutschen. Bei uns verabreden sich Frauen und Männer abends zum
Reden. Rot an Fußgängerampeln löst bei uns
keine Erregung aus, sondern Befehlsstarre,
Angst vor der Polizei, Zurücknahme wegen
umstehender fremder Kinder. Eine ganz und
gar unrote Helmpflicht für Fahrradfahrer ist
bei uns jederzeit denkbar. Auf der linken Spur
der deutschen Autobahn sieht auch keiner
wirklich rot, sondern hat das Weiß des Wahnsinns in den Augen.
Schwarz und Weiß, das sind Deutschlands
Farben. Schwarz-weiß, wie der Himmel über
unserem April-Wetter-Land. Schwarz und
Weiß, wie die Kategorien, in die wir am liebsten die Welt einteilen. Schwarz-weiß ist auch
die Farbe von Wildschweinen. Jedenfalls
wenn sie gut sind. FOTO MATTHIAS KOSLIK
LIEBE LESER, WIE HAT IHNEN DIESE RUND-AUSGABE GEFALLEN? BITTE SCHREIBEN SIE UNS: REDAKTION RUND, PINNEBERGER
WEG 22-24, 20257 HAMBURG ODER REDAKTION@RUND-MAGAZIN.DE – RUND IM INTERNET: WWW.RUND-MAGAZIN.DE
RUND 116
rund_116_116_Thadeusz 116
05.04.2006 20:50:44 Uhr