Keine Hose, kein Problem. - Weingut und Weingartenhotel Harkamp
Transcription
Keine Hose, kein Problem. - Weingut und Weingartenhotel Harkamp
№ 01 KÜCHE, KELLER, BETTGEFLÜSTER FAMILIENCHRONIK oder: „Keine Hose, kein Problem.“ Seite 4 WENN DIE CHEMIE STIMMT Vom Leben auf der Kleinen Farm. Seite 12 AUF BITTERSÜSSEN PFADEN Heinz fährt nach Amalfi. Seite 16 WENN DER WINZER ... Hannes Harkamp ist Winzer und Sektmacher. Seite 20 IMPRESSUM Herausgeber: Harkamp GmbH Flamberg 46, 8505 St. Nikolai im Sausal Geschäftsführer: Heinz Harkamp www.harkamp.at Blattlinie: Information & Inspiration Konzeption & Koordination: Juliane Croce Design: MAIOO; Texte: Nina Wessely; Lektorat: Edith Hochegger Fotos: Croce & WIR, Graz Martin Steinthaler, Marija Kanizaj, Karin Bergmann, Lauro Sartori, Weingartenhotel Harkamp Illustrationen: LostOst Druck: Dorrong OG © Weingartenhotel Harkamp 2016 DIE ZEIT STOCKEN LASSEN W eingelee, den Dessertklassiker aus unserem Weingartenhotel Harkamp, kann man jetzt nicht nur essen, sondern auch lesen. Weingelee ist ein Stück „Familie Harkamp“: In Gelee gegossen und nun auch auf Papier gedruckt. Das Kochrezept kann ich nicht verraten. Es ist streng geheim! DIE ERFINDUNG IST SCHON EWIG HER. Als die junge, fesche Hotelfachschülerin Elisabeth (meine Mama) von Hans (meinem Papa) geehelicht wurde und am Flamberg ins Gasthaus zog, war es wahrscheinlich ihr erster kulinarischer Akt in der Harkamp’schen Küche. Seit jeher wird das Weingelee unverändert gleich gemacht und auch im originalen Weingelee-Glas wie damals angerichtet. Doppelt so lang ist es her, dass Urgroßvater Franz den Hof am Flamberg erstanden hat. Genau heuer vor 90 Jahren. Bei uns kann man genussvoll essen, ausgezeichneten Wein trinken, bequem schlafen, ausgiebig feiern, oder einfach nur sitzen und schauen. In aller Ruhe den Blick über das Sausal schweifen lassen, während die Seele sanft im Wind baumelt. Es stellt sich eine innere Zufriedenheit ein und die Gedanken werden langsamer – wie wenn ein Weingelee stockt. Dieser Platz hier ist ein Phänomen. Dazu tragen wir nichts bei. Was wir aber tun, ist, diesen Ort mit anderen Menschen zu teilen und ihnen die nötigen Accessoires zur Verfügung zu stellen. Wir haben 26 Zimmer und jedes ist individuell eingerichtet, immer mit einem tollen Ausblick und dem Gefühl, mittendrin im Weingarten zu sein. Wir erleben es oft, dass Gäste gestresst und angespannt an der Rezeption einchecken und bei der Abreise kaum wieder zu erkennen sind. Die „Kur“ im Weingartenhotel entspannt, senkt die Pulsfrequenz, verschafft der Seele Freiraum und stärkt Körper und Geist mit frisch Gekochtem, außergewöhnlichen Weinen und unserer Gelassenheit. Mein Team und ich arbeiten stets an neuen Überraschungen, die für unsere Gäste den Aufenthalt im Weingartenhotel unvergesslich werden lassen. Ein großes Dankeschön an Nina Wessely, eine lustige & sehr sympathische Journalistin, die sich drei Tage lang bei uns einquartiert hat, um all die Geschichten von Küche, Keller und Bettgeflüster des Weingartenhotels hautnah zu erleben. So konnte sich Nina am besten in die Rolle eines Gasts versetzen und schöpfte daraus die Inspiration für die erste Ausgabe von „Weingelée“. Wir werden Euch auch zukünftig in regelmäßig-unregelmäßigen Abständen mit aktuellem Bettgeflüster versorgen und hoffen, dass Ihr beim Lesen und Bilderschauen Lust auf eine Reise auf den Flamberg bekommt. Wir freuen uns auf Euch! Heinz Harkamp 90 JAHRE HARKAMP’SCHE FAMILIENCHRONIK ODER: „KEINE HOSE, KEIN PROBLEM.“ WIE DIE HARKAMPS AUF DEN FLAMBERG KAMEN, WIESO DIE KUH DEM FERNSEHER WEICHEN MUSSTE UND WARUM DAS GUT SO IST. 1926 1958 Uropa Franz Harkamp geht shoppen „Sei still, der Bua hat recht“, ... Vor 90 Jahren genau, da gibt es eine Frau am Flamberg, es war dem Ziegelschuster Karl seine Tante, die glaubt, man kann hier nicht überleben. Kommt ein anderer Mann, nämlich unser Uropa Franz Harkamp, und kauft ihm alles ab. Kein Witz, sondern der Startschuss für die Familie Harkamp am Flamberg. 1956 ... sagte der damalige Landeshauptmann Krainer zu Franz Harkamp. Als der ihm den Plan seines Sohns Hans Harkamp schilderte. Für mehr Besucher in der Südsteiermark sollte das Wirtshaus mit dem Weingut um Fremdenzimmer erweitert werden. Und das in Tagen, als die Karte unterhalb von Graz noch weiß und uninteressant war. Gesagt und getan. Die Zimmer wurden errichtet und die Straßen dazu erst etwas später gebaut. Erste Innovation des Junior-Chefs – 1968 und von Anfang an anders Messerstecherei und Hochzeit Danke an die Skilegende Toni Sailer. Wenn er 1956 in Cortina nicht als Favorit ins Rennen gegangen wäre, wo er im Endeffekt auch drei Goldmedaillen für Österreich bei den Olympischen Spielen geholt hat, dann hätte Hans Harkamp als eine seiner ersten Amtshandlungen zur Hofübernahme keinen Kuhhandel betrieben: Kuh Erna zog nämlich für 8500 Schilling zum Nachbarn, und Hans kaufte den ersten Fernsehapparat in St. Nikolai am Flamberg.„Public Viewing“ unterm Nussbaum mit Schillingschnitten als Snack waren die Sensation bei den Gästen. Hans Harkamp stelle damit zum ersten Mal seinen Geschäftssinn für den aufkommenden Tourismus abseits abgetrampelter Pfade unter Beweis. „Das Erste, was ich von dieser Gegend hier hörte, war die Nachricht von einem Messerstecher, der hier sein Unwesen getrieben habe“, sagt Elisabeth Harkamp, ohne die hier nichts laufen würde. Starke Frau und Familienmensch. Gasthauskind und so leicht nicht abzuschrecken. Sie heiratete Hans Harkamp am Flamberg. 1972 Die Vorboten des Weingarten-Flitzers Ein paar Jahre später, wollten – oder besser gesagt mussten – die Söhne Hannes und Heinz Harkamp auch irgendwie in die Schule nach Preding kommen. Papa Hans überlegte nicht lange und schaffte den ersten Schulbus an. Das war der Grundstein für die heutige Weingarten-Flitzer-Flotte. 4 Eine kleine Episode zwischendurch Keine Hose, kein Problem Wer Wein anbaut, fährt Traktor. Wer Traktor fährt, kann Unfälle bauen. Hans Harkamp hatte zum Glück einen recht lustigen Unfall. Er übersah beim Wenden einen Betonsockel und klemmte versehentlich sein Hosenbein zwischen Traktor und Beton ein. Das Problem war schnell gelöst, er zog die Hose einfach aus und lief so schnell er konnte nach Hause. 1992 Bauchplan: „Jetzt mache ich, was ich will“, ... Fotos: Harkamp. ... sagte Hannes Harkamp, als er die Kellnerlehre und die Tourismusschule fertig hatte. Er wollte nicht das Gasthaus übernehmen, sondern lieber die Trauben des Harkamp’schen Weinguts servicieren. Diesen Standpunkt brachte er innerhalb der Familie deutlich zum Ausdruck und bekam von seinen Eltern dafür den Segen. 2007 & 2008 2016 Gastro-Revolution am Flamberg 90 Jahre Harkamp Es ergab sich, dass Bruder Heinz von seinen Wanderjahren auf der ganzen Welt zurück nach Hause kam. Mit vielen Erfahrungen, enormem Selbstvertrauen und Mut übernahm er das Gasthaus der Eltern und führte es mit viel Geschick und Feingefühl auf ein modernes, aber bodenständiges Niveau. So entstand das Weingartenhotel, welches sich wunderbar in diese Landschaft einfügt und an diesem speziellen Ort für Furore sorgt. Anlässlich des Jubiläums wurde im März voller Freude und kleinen Glückstränen die architektonisch hervorstechende Kirschkapelle auf dem höchsten Punkt vom Flamberg, mitten im Weingarten eingeweiht. 2012 Außergewöhnliche Experimente Im alten Bereich des Hauses wurden alle Winzerzimmer auf individuelle und spezielle Weise umgebaut und renoviert. Man kann heute zum Beispiel wählen zwischen einem Goldrausch, einem beruhigenden Himmelblau, einem nostalgischen Literatenzimmer oder doch einem Hirnflash im quietschgelben Limoncello-Zimmer. Nur langweilig – das geht gar nicht! 2015 Endlich Freiluftduschen Auf der Dachterrasse ist eine kleine Oase geschaffen worden. Mit neuen Liegen und einer coolen Dusche lässt sich die Sonne im Weingartenhotel noch besser und schöner genießen. 5 2017 Überraschung Für das nächste Jahr gibt es interessante und spektakuläre Pläne. Heinz Harkamp ist noch am Ausbrüten und man kann sich auf etwas Tolles gefasst machen. NACH OBEN STREBEND Fast überirdisch sieht sie aus – die Konstruktion aus Stahl, Glas und Stein. Passend für eine Kapelle, als Ort unsichtbarer Energien. Künstlerin Doris Dockner erklärt die gestalterischen Überlegungen, um diese Kräfte für das menschliche Auge in Szene zu setzen. L ichtdurchflutet, Teil des Wie zwei ausgebreitete Arme, Ortes und doch hervordie auffordern herzukommen. stechend: Die KirschkaDie Steine auf dem Boden der Kapelle ist das neue Wahrpelle stammen aus dem Fluss Soča. zeichen vom Flamberg. An einer DIE KAPELLE IST EINE HOMMAGE AN Durch das kristallklare und kraftStelle, an der zuvor ein Herzkirvoll strömende Wasser sind ihre schenbaum wurzelte und noch etDIE WEINBERGE DER REGION, SOWIE Formen rundlich und abgeflacht, was mehr davor keltische Kultakte ihre Farben reichen von dem tyvollzogen wurden. Dieser Ort hat AN DIE WEINE DER FAMILIE. pischen Türkis aus dem Wasser immer schon eine besondere Enerüber rötliches Braun bis hin zu gie ausgestrahlt. Bewiesen ist das einem hellen sandsteinfarbenen durch die Funde aus der JungsteinTon. In der Gesamtheit fügen zeit, die man hier zwischen den (Doris Dockner) sich die Steinanordnungen spieWurzeln des Kirschbaums gegelglatt und arabesk gewunden in funden hat. Bei den Bauarbeiten die herzförmige Grundform ein. war auch ein Archäologe mit von der Partie, Neben den Schatten der Weinblätter, die über die Am Altar heißen einen der heilige Valentin um die Schätze aus der steinzeitlichen KultstätWiese tänzeln.“ Wobei auf dieser Kapelle keine und der heilige Urbanus willkommen. Die te, die heute im Hotel ausgestellt sind, für die echten Weinblätter ranken. Aus dem Stahldach Schutzpatrone der Liebe und des Weins. Zwei Wissenschaft sowie für geschichtsinteressierte wurden Blätter herausgelasert, jedes individuell, Dinge, die hier am Flamberg zusammengeBesucher zu sichern. Bald werden diese Stücke wie in der Natur auch. „Das ist eine Hommage hören. Urbanus und Valentin sind als Kunstwieder zurück auf den Hügel in die Kapelle an die Weinberge der Region, sowie an die Weiwerk auf einem Kirschholzbrett, von Doris siedeln und in ein transparentes Kreuz gefüllt. ne der Familie. Die Neigung des Blätterdachs ist als Künstlerin, vereint und verewigt worden. dieselbe wie die des Waldhangs. Die Dimensionen Im März dieses Jahrs luden Familie HarDurchsichtig ist auch der Altar. Aus Glas. des Bauwerks sind aus dem Bauch heraus entschiekamp und Pfarrer Krystian Puszka aus der „Man soll von jedem Punkt aus in den Wald und den. Ich hatte die Kapelle ziemlich genau so, wie Pfarre St. Nikolai und Heimschuh zur Einin die Landschaft sehen können. Durch alles hinsie jetzt ist, im Kopf gehabt“, so die Architektin. weihung dieser einmaligen Architektur ein. durch. Schließlich hat mich der Ort selbst zu dieser Viele Gäste sind unter großem Staunen gekomForm und Optik inspiriert. Ich wollte den Platz Wirklich, das geht? „Ja, sogar recht einfach“, ermen und konnten bei Wein und Brot den Auwirken lassen. Und das geht natürlich viel leichter, klärt sie. Basierend auf zwei essenziellen Grundgenblick dieser Zeremonie genießen. wenn man diesen sieht“, sagt Doris. Durch 300 gedanken: „Die Kapelle sollte nach oben streben, Glasplatten hindurch, manche in grün, gelb oder und gleichzeitig einladen. Viele Menschen sollen Aber auch zu einem stillen Verweilen lädt die rot gehalten. Stabilisiert durch Stahl, der mit der gemeinsam feiern können, wenn es so gewollt ist“, nach oben strebende Kapelle ein, diese VerbinZeit eine rostige Patina bekommen wird. „Dameint die zierliche Frau und dreht den Schlüsdung zwischen Himmel und Erde. nach ist die Kapelle noch besser in den Wald integsel um. Zieht an den riesigen Türschnallen und riert. Man sieht nur noch das Glas in der Sonne funimposant öffnen sich die tonnenschweren Tore, keln, und die Farben, wie sie sich im Gras spiegeln. praktisch die komplette Vorderseite der Kapelle. 6 Doris Dockner in der Kirschkapelle 7 HOTELGESCHICHTEN & HEIRATSSACHEN WARUM ES MANCHMAL SCHLECHT IST, WENN MAN KEINEN VOGEL HAT: RENATE & MARTINA ERZÄHLEN AUS IHREM ALLTAG ALS HOCHZEITSPLANERINNEN VOLLER FARBEN, KULTUREN UND TSCHINN BUMM. RENATE D iesen beiden kann man nichts vormachen: Renate Walcher und Martina Strametz sind mit Chef Heinz die Hauptorganisatorinnen der Hochzeiten im Weingartenhotel Harkamp. Sie kennen alle Tipps und Tricks – für große und kleine Hochzeiten, bunte und schlichte, laute und leise. Beide müssen lachen: „Wir wissen selbst nicht mehr, wie wir heiraten würden, nachdem wir schon so viele verschiedene Arten kennengelernt haben.“ Am 1. April 2009 hat Martina „Ja“ gesagt – auf den Anruf von Heinz: „Wir brauchen dich hier.“ Seither hat sie den Reigen der möglichen Tisch-Stellweisen, Hussen oder nicht Hussen, Buffet oder À la Carte oft mitgetanzt. Hat Stecktücher gerichtet, gemeinsam mit den Brautpaaren Menüs ausgewählt, den perfekten Hochzeitsfriseur und Tortenbäcker empfohlen. Denn Martina und Renate sehen ihre Aufgabe ganzheitlich. Das große Ziel: Die Hochzeit soll perfekt für das Brautpaar ablaufen. Denn es ist ihr Tag. Renate ist 2010 zum Team gestoßen. Martina: „Ich habe ihre Bewerbung gesehen und habe zum Chef gesagt: Das ist sie.“ Womit sie recht behalten sollte. „Es ist einfach wunderschön, wenn man sich mit anderen mitfreuen kann, sie dabei unterstützt und den besonderen Tag perfekt inszeniert.“ Marketing und Kundenbeziehung schüttelt Renate dabei noch zusätzlich aus dem Ärmel. Zu 120 Prozent hat die 29-jährige Südsteirerin alles unter Kontrolle und das mit einer sichtbaren Herzlichkeit und Entspanntheit. Renate: „Wir betreuen alle Hochzeiten gemeinsam, vom Palmenstrand am Flamberg über den indischen Farbrausch am Dach bis hin zur ganz privaten Hochzeit im kleinen Rahmen. Jede von uns ist immer eine Ansprechpartnerin für das Paar, um alle Sicherheiten zu geben und Wünsche zu erfüllen.“ Jeder Mensch ist verschieden und auch die Vorstellung der Traumhochzeit variiert dementsprechend. Flexibilität ist bei der Jobbeschreibung der beiden ganz groß zu schreiben. Sogar der Fernsehsender VOX mit seinem Format „4 Hochzeiten und eine Traumreise“ war schon da. Eine Riesenfreude für das Brautpaar Patricia und Felix, denn sie haben es geschafft, mit ihrem Fest am Flamberg den Hauptpreis zu gewinnen – eine Reise in die Südsee. Wie gesagt: Alles ist möglich – ob mit oder ohne Filmkameras, fliegenden Herzen oder auch Securities im Weingarten, wie bei Top-Fußballer Marc Janko und seiner Nina. Ach ja, nur ein einziges Mal, da kamen sie alle ins Schwitzen: Martina und Renate, Onkel Hans, der Hochzeitsunterhalter, und auch Heinz. Sonst wäre es auch schon fast unheimlich. „Die Birdies Hochzeit“, rufen beide einstimmig auf die Frage der unvergesslichsten Hochzeit von allen. Die Birdies sind Vögel. So etwas wie das Logo des Brautpaars. Natürlich auf der Torte ebenso wie überall sonst vertreten. Eine Torte, die nicht nur schön war, sondern auch gut geschmeckt hat. Und zwar der Gesellschaft am Vorabend. Inklusive der eigens angefertigten Birdies auf der Torte. Ein Fiasko! 8 MARTINA Renate fährt den gesamten Bezirk ab, auf der Suche nach diesen Birdies. Martina versucht, von den kopflosen Originalen noch zu retten, was zu retten, ist und Heinz, Heinz muss beichten. Als die Braut auf dem Weg zur Hochzeitstorte fragt: „Und, sind die Birdies eh oben?“ In dem Moment wünscht sich Heinz, die Erde möge sich unter ihm auftun. Ein Gast nimmt Heinz’ Mimik für ewig auf Video auf und das Brautpaar, Simone und Thomas, verzeihen. Die Hochzeit war trotzdem ein großer Spaß, bei der nicht Birdies, sondern Fetzen und Herzen geflogen sind. Die beiden kommen immer wieder gerne ins Weingartenhotel. Ohne Birdies. Nur die Reservierung, die läuft trotzdem immer auf den Namen: Birdies. Im Vorjahr lag es dann an Heinz, seine Hochzeitsvögelchen wieder zusammenzurufen. Anlässlich zur Saisoneröffnung des Tschinn BummFests sind alle bisher getrauten Paare zum Feiern eingeladen worden. „Viele sind sogar in ihrem Hochzeitsoutfit gekommen“, freut sich das Organisatoren-Team. Die Stimmung war beflügelnd, von der Brautmodenschau bis hin zur Live-Musik der Gruppe Side Step. Martina und Renate mittendrin, mit ansteckend guter Laune und die Zügel des reibungslosen, lockeren Ablaufs dabei aber immer fest in der Hand. 9 ZIMMER, SO BUNT WIE UNSERE GÄSTE KATEGORIE INDIVIDUELL: Im Weingartenhotel gleicht kein Zimmer dem anderen. Jeder Lieblingsfarbe, jedem Lieblingsjahrzehnt wird Rechnung getragen – vom Goldzimmer bis zur Badewanne auf dem Balkon. I m Weingartenhotel Harkamp gehen die Wogen hoch. Nicht nur, dass das Hotel auf einem ehemaligen Riff steht, auch über der Oberfläche bleiben die Bahnen der kreativen Bäche unreguliert. Zimmerkategorien haben hier am Flamberg keinen Platz. Dafür eine Badewanne auf dem Balkon – damit man auf einer Wellenlänge mit den Sausaler Weinbergen plantscht. Oder ein Zimmer ganz aus Gold, vom Boden bis zum Duschvorhang. Nebenan kommen 80s-Fans auf ihre Kosten: „Limoncello“, so der Zimmername, ist in gelb-schwarz gehalten. Ein wild gestreifter Disco-Traum auf dem Boden, mit Blick auf das sanfte Grün der Weinberge: Kontrastprogramm de luxe. „Zuhause würde man sich die Zimmer nicht so herrichten. Aber für ein paar Nächte macht das Spaß“, sagt Heinz, und stellt damit klar, dass man im Weingartenhotel kein „Zuhause fern von zuhause“ schaffen will. Erstens, weil das gar nicht ginge. „Als Hotelier kann man individuelle Einrichtungsstile niemals ganz treffen.“ Und zweitens: Weil es im Weingartenhotel eben darum geht, weg von Zuhause zu sein. Und zwar an einem Ort, der die Sinne aufweckt – so ein Limoncello-Zimmer knallt da schon ganz schön im Auge – und gleichzeitig für einen auf die Alltagsbremse drückt. Bis man steht. Und zwar hier am Flamberg. Fokussiert und entspannt. Wer dazu keinen grellen Farbendreher braucht, der kann sich auch in die 2008 zugebauten Zimmer verziehen. Hier dominiert die Landschaft den Raum. „Von außen nach innen denken.“ Und so verfügen diese Zimmer über nur ein ein- ziges großes Einrichtungselement – auf der einen Seite die Dusche, auf der anderen das Bett. Etwas erhöht – damit man direkt in die Weinberge blickt. Statt einem Infinity-Pool also so etwas wie ein Infinity-Bett, das nahtlos an die grünen Hügelketten anschließt. Im Zimmer „Minibar“ kann man wiederum auf Tom Cruise’ Pfaden im Film „Cocktail“ wandeln, oder einen auf James Bond machen. Oder sich einfach einen Drink aus dem Bett nehmen. Denn darin ist die Bar integriert. Ebenso wie die knallorange Zeitkapsel in das 70s-Zimmer aus Lametta-Silber und Orange-Tönen. Muss er ja schließlich auch in einem Zimmer, das „Olive“ heißt und in selbiger Farbe gehalten ist. Der Logik folgt auch die Suite „Himmelblau“. Ein Zimmer für Buben, in dem sich auch Mädchen wohlfühlen. Im 60s-Stil mit Original-Möbeln aus der Zeit. In die Moderne geholt mit Renovierung und Anstrich, ohne ihren Zeitreisecharme zu überpinseln. „Wir nennen diese Räume, ‚Resopal-Zimmer‘“, schmunzelt Heinz. Und wie nennt ihr das Zimmer, wo noch bis vor Kurzem der größte Nussbaum vom Flamberg gestanden ist? „Nussbaum-Suite.“ Ach so, klar. Es ist das größte aller 26 Hotelzimmer. Jedes ist eine Welt für sich und das ist „Wölt-Klasse“, wie man hier in der Steiermark gerne sagt. Jeder Gast bucht bei uns nicht einfach ein Zimmer, sondern genau sein Zimmer. Alle Zimmervariationen könnt Ihr jetzt unter www.harkamp.at/zimmer anschauen. Alles anders, alles möglich, hier im Weingartenhotel. Nur die Aussicht auf die Weinhügel ist immer die gleich schöne. Dreht man sich dann wieder in Richtung Zimmer um, hat der eine ein rundes Bett, beim anderen steht das Waschbecken mitten im Raum. Oder ein Olivenbaum. 10 11 WENN DIE CHEMIE STIMMT Ulli und Scott Klein leben auf der Kleinen Farm. In St. Nikolai im Sausal. Gemeinsam mit ihren Kindern, wissensdurstigen Neo-Gärtnern, die nachhaltig arbeiten wollen, und mit 400 Gemüsesorten. Ein Teil davon geht weiter an Heinz. 300 Meter den flambergischen Hügel hinauf. W ie viel Kitsch kann der Mensch eigentlich aushalten? Das wäre die provokante Frage zu Ullis und Scotts Hof in St. Nikolai im Sausal. Die Antwort: Viel. Sehr viel. Weil alles echt ist. Authentisch. Und daher auch sicher kein Kitsch. Nur einfach eindeutig in die Kategorie „Zu schön, um wahr zu sein“ einzuordnen. Und dann doch wahr. So großartig kann das Leben sein. Weil Ulli eine Frau ist, die weiß, was sie will. Und Scott ein Coyote, wie Tochter Simone erzählt, der es selbst liebt, in der Natur zu sein, und Ulli gerne in dem unterstützt, was sie tut. Zuerst war das die Juristerei – da kannten sich die beiden noch nicht. Dann ging es für Ulli nach Kalifornien. Für 12 Jahre. Dort tauschte Ulli Kugelschreiber und Theorie gegen Strohhut, Zweitstudium der nachhaltigen Landwirtschaft und Hand anlegen im Gemüsegarten. Auf diversen Farmen von Davenport bis Point Arena. Vor sechs Jahren fanden die Kleins schließlich ihre KLEINe Farm im Herzen Europas. Hier in St. Nikolai. Und bauen seither Gemüse an. Nachhaltig. Samenfest (Hybridzüchtungen kommen Ulli nicht in den Garten) und mit allen Tricks, die die Natur zu bieten hat. „Diese Blumen locken Insekten wie zum Beispiel parasitäre Wespen an. Diese helfen uns, Schädlinge an den Pflanzen zu bekämpfen“, sagt Ulli. Auch die blühende Kartoffel könnte glatt als Zierpflanze durchgehen. Kein Wunder, dass die Spanier im 16. Jahrhundert der Pflanze nicht widerstehen konnten und die Blätter statt der Knolle aßen. Zum Glück wissen wir und die 80 Haushalte aus der gemeinschaftsgetragenen Landwirtschaft, die Ulli und Scott beliefern, das heute besser. Auch wenn bei den zum Teil vergessenen Sorten, die hier auf der Kleinen Farm sprießen, manchmal dann doch Erklärungsbedarf bei den Empfängern herrscht. So wie beispielsweise mit der Haferwurz. „Eine super Wurzel, reich an Inulin und Vitaminen“, meint Ulli und geht weiter vorbei am wilden Salbei, an Erdbeeren und Petersilienwurzeln. „Was ist das?“ „Das ist Fenchel“, lächelt Ulli. Oh Mann – so weit ist es also schon gekommen, dass man den jungen Fenchel an seinen Blättern nicht erkennt, da sich seine Knolle erst später entwickelt und damit eindeutiger zu erkennen ist. Da wären zum einen die Nützlingsinseln, die ein Gärtner, der nur Wert auf die Optik legt, nicht schöner hinbekäme: ein blitzblaues und knalloranges Farbspektakel aus Korn- und Ringelblumen. 12 13 G ut, dass es da die Ullis und Scotts dieser Welt gibt, die genau gegen diesen Verlust von Wissen vorgehen. Auf eine Art, die man sich schmecken lassen kann. Und auch miterleben darf, wenn man möchte. Ulli: „Das ist neben dem Anbau von Gemüse unsere zweite wichtige Aufgabe. Wir wollen eine praktische Ausbildung auf hohem Niveau anbieten.“ Weil: Gute Köpfe braucht die Landwirtschaft. Das betrifft Salat und Mensch gleichermaßen. Daher verteilen auch Lehrlinge, Praktikanten, Besucher und Wwoofer (Leute, die weltweit gratis auf Farmen gegen Kost- und Logis arbeiten und lernen) gemeinsam die Wolle der Steinschafe auf dem Gemüsefeld. Ulli erklärt: „Die Wolle ist ein sehr guter Dünger, weil darin Organismen leben, die die Erde mit Leben anreichern, Schädlinge abhalten und den Boden auflockern.“ Die Schafe sind zur Eigenversorgung gedacht. Die Felder und das alte liebevoll renovierte Haus mit seinem Bauerngarten wirken wie in einer Art Amphitheater. Alles ist eingebettet in einem Hang, von Wald und Wasser umgeben. Man findet auch Versuche mit alten Paradeis- und Kartoffelsorten zur Erhaltung und Wiederbelebung alter Gemüsevertreter. „Die Leute wollen wieder eine Verbindung mit einem Stück Land eingehen. Wissen, wie es sich verhält, was darauf wächst“, weiß Ulli. Schließlich ist sie selbst nicht zuletzt auf diese Art bis zu ihrem heute erfüllten Wunsch, Sortenvielfalt nicht nur in der Theorie, sondern auch auf dem Feld zu erhalten, gelangt. Heute will man wissen, warum das Ergebnis anders schmeckt. Denn das tut es. Das kann man bei Heinz und Zoran in der Küche vom Weingartenhotel Harkamp nachprüfen. Das Hotel ist eine große Ausnahme für Ulli. Zum Glück. „Im Grunde beliefern wir keine Restauranteure, sondern nur die Mitglieder der gemeinschaftsgetragenen Landwirtschaft, die vom Anfang des Jahrs an einen Teil des Risikos mittragen.“ Dafür werden sie 36 Wochen lang mit verschiedensten Gemüsesorten, von der Haferwurz bis hin zur Roten Rübe und zur gemeinen Feldgurke, versorgt und überrascht. „Heinz ist 300 Meter von hier entfernt und er schätzt die Qualität und Vielfalt unseres Gartens. Daher liefern wir ihm auch gerne die größeren Mengen, die er braucht“, lächelt Ulli, zieht ihren Strohhut ein wenig zurecht und streicht liebevoll über den violett-rosa-blühenden Borretsch. „So ein Nützlingsstreifen ist alleine für mich nützlich, wenn ich daran vorbeigehe. Weil er mich einfach glücklich macht.“ Und das auf eine Art, die hochansteckend ist. Auf dem Teller wie auf dem Feld. OB EIN GARTEN EINEN ODER HUNDERT QUADRATMETER HAT IST GENAUSO EGAL, WIE OB EIN SCHöNES GEDICHT EINEN ODER HUNDERT VERSE HAT. (Ulli Klein) 14 v. l.n.r.: Ulli, Xandi, Scott, Silke, Jelena, Eva, Andrea 15 Saure Selbstfindung auf bittersüßen Pfaden Für seine Amalfi-Zitronen fährt Heinz Harkamp jedes Jahr an die von ihm so geliebte Küste auf der sorrentinischen Halbinsel. Toskanische Kutteln und Autogrill-Espressi pflastern den Weg zu AmalfiZitronen und Marmelade daraus. Zu duftenden Momenten in roten Küchen und der Hochzeit von Süditalien und Steiermark. D er Nebel hängt noch in den Hügeln der Flamberg’schen Rebzeilen. Ein übermotivierter Hahn tut schon jetzt seine Arbeit. Vielleicht kommt er auch gerade von einer fetten Hennenparty nach Hause. Jedenfalls ist er wach am Flamberg. Genauso wie Heinz. Und sonst nicht wirklich jemand. Um vier Uhr früh, wenn Heinz in seinen VW-Bus steigt und zu sich sagt: „Es ist wieder Zeit für Amalfi.“ Endlich. Schließlich soll das richtige Quäntchen Säure im Weingartenhotel nicht ausgehen. Nämlich die der Amalfi-Zitronen. Vor den roten Küchenfließen der Sausaler Küche werden die sonnengelben Rundlinge zu Zitronenmarmelade oder auch zu Zitronensorbet. Mit einem Schuss brüderlichem Muskateller verfeinert, ist das eine Vorstellung, die schon in aller Frühe gefällt. Jetzt ist Zeit für Amalfi. Zum fünften Mal. Immer im Frühling, wenn die Zitronen in 1200 Kilometer Entfernung zu reifen beginnen – auch im Zitronenhain von Hermi und Francesco, die sich am Flamberg das Ja-Wort gegeben haben. Was sie damals nicht wussten: Dass ihr Familienkreis damit um einen lieben Freund und Abnehmer der sonnengereiften Zitronen erweitert wird. Einen, der es sich nicht nehmen lässt, die Fracht jedes Jahr selbst zu holen und zu ernten. „Ich fahre gerne alleine hinunter. Natürlich ist es anstrengend. Aber es macht meinen Kopf frei.“ Und damit wieder Platz für zitronige Rezepte und bittersüße Ideen, wie das „Limoncello“-Zimmer : Eine Ode an die 80s in Schwarz-Gelb gehalten und an den süßen Trank aus Zitronen zum Abschluss eines jeden süditalienischen Dinners. Doch noch ist Heinz an diesem Tag nicht einmal in der Nähe von Limoncello und Zitronen. Gerade hat er die Grenze zu Italien passiert, da ist Zeit für einen munteren Zwischenstopp. Heinz: „Ein klassischer Hausbrandt-Kaffee im Autogrill. Um einen Euro. Das ist ein Stück italienische Kultur.“ Die zelebriert gehört. Die Sonne steht inzwischen höher. Italienische Kennzeichen flitzen an dem Sausaler Bus vorbei und schon tauchen die toskanischen Hügelketten am Horizont auf. „Florenz ist genau die Hälfte der Strecke. Dann sind es noch sechs Stunden.“ Der Hahn am Flamberg hat sich inzwischen wahrscheinlich wieder schlafen gelegt. Und Heinz? Hat Hunger. Die Slow-Food-App sagt, in Florenz isst man herrliche Kutteln. Einfach so, auf der Straße. „Ich liebe Kutteln und Innereien generell. Und wenn ich schon einmal da bin, kann ich auch gleich abbiegen.“ Eineinhalb Stunden später ist Heinz wieder auf der Autostrada in Richtung Süden. „Fast zwei Stunden Umweg für ein paar Kutteln vom Imbisswagen mit Plastikgabel drin. Das kannst auch nur du machen“, sprechen die inzwischen bereits recht frei fliegenden Gedanken. „Und es hat sich ausgezahlt“, sagt die innere Stimme, die schon mit Francesco im Zitronenhain wandelt. 16 Fotos: Harkamp. Hermi mit einer vollreifen Cedri-Zitrone Francesco in seinem Zitronenhain Heinz bei der Ernte 17 Blick auf den Golf von Salerno süße Sprenkel von Granatapfelsaft und darauf ein paar steirische Flusskrebse. Ein bisschen Chili und fertig ist die Traumhochzeit von Steiermark und Amalfi am Flamberg. Gleich wie seinerzeit bei Hermi und Francesco. Die letzte Kiste süditalienische Lebensfreude in den Sausaler VW gepackt, da ist gerade noch Platz für eine Bettkonstruktion, die Heinz sich für den Rückweg auf der Ladefläche baut. Ein Bett im Zitronen-Bus. Ein sehr origineller Platz – diese zitronige Schlafmöglichkeit. „Das erinnert mich immer an meine Junggesellentage, mit Interrail und Co.“ Auch wenn es damals bestimmt nicht immer so duftend zuging. Ein Blick noch auf die Zitronenbäume, die in der salzigen Meeresluft sanft wiegen, ein Kuss für Hermi, eine Umarmung für Francesco und los geht es. Richtung toskanische Hügel, eineinhalb Stunden Umweg für Kutteln (eigentlich nämlich doch keine so schlechte Idee), und roter Weingartenhotel-Küche. Aromatische Zeiten stehen dieser jetzt bevor. „Wenn man die Schale einritzt, explodiert der Geruch“, sagt Heinz. Und das gibt bei knapp tausend Kilo so einige duftgeladene Momente – in Gläser voller Amalfi-Zitronen-Marmelade gefüllt. Heinz’ innere Stimme entschwindet beim Probieren der Marmelade kurzfristig 1200 Kilometer in den Süden. In Hermis und Francescos Garten. Und Deine? Gibt es einen Ort, an den Dich diese essbare Essenz der bittersüßen Reise führt? 18 IN ENGLAND ISST MAN ORANGENMARMELADE UND IN ITALIEN DIE AUS ZITRONEN. UND HEINZ WILL ZITRONEN AM FLAMBERG. Foto: Harkamp. I n England isst man Orangenmarmelade und in Italien die aus Zitronen. Und Heinz will Zitronen am Flamberg. Kurz vor dem Ziel zeigt sich, warum manch einer meint, Amalfi sei von den Göttern geküsst. Heinz: „Dieser Moment, wenn sich hinter den Felsen das erste Mal der Blick auf das offene Meer auftut – das ist unglaublich. Groß“, sagt Heinz. „Wenn Hermi jetzt doch keine Zitronen hat, ist es auch egal. Alleine für diesen Anblick zahlen sich die zwölf Stunden Fahrt aus“, lächeln Heinz und seine innere Stimme. Aber Hermi hat. Und zwar wieder einen ganzen Wagen voll. Den hilft Heinz natürlich zu füllen. „Bei der Ernte mitzuhelfen, zwischen Zitronenbäumen im Steilhang herumzuhanteln, ist wie die Autofahrt hierher: Es macht die Gedanken frei. Und einen ganzen Haufen voller Zitronen bekommt man dabei auch noch“, lacht Heinz und zeigt ein Foto der drei fleißigen Ernter bei der wohlverdienten Pause unter dem Olivenbaum. Den Süden einatmen, ein Stückchen Sonne und den Duft des Zitronenhains mit nach Hause nehmen. Ebenso wie in etwa eine Tonne an Südfrüchten – das ist Heinz’ jährlicher Ausflug nach Amalfi. Abenteuer, Tradition, Naturerlebnis. Freundesbesuch. Manchmal, so wie dieses Mal, hat er sogar ein paar Cedri-Zitronen zusätzlich in den hinteren Teil seines Wagens gepackt. Diese ist auch bekannt unter dem Namen Zitronatzitrone, die, wie der Name schon sagt, meist zur Zitronatherstellung verwendet wird. Natürlich nicht so bei Heinz. Der macht daraus ein Carpaccio – schneidet die Zitrone inklusive Schale ganz dünn auf. Bittere Schale mit intensiven ätherischen Ölen, KITCHEN ON AIR 28. JULI IN CONCERT – CALIM „SCHLARAFFENLAND-TOUR“ 4. AUGUST IN CONCERT – SIMONE KOPMAJER & BAND 18. AUGUST KITCHEN ON AIR – FEAT. BANDA MEDITERRANEA 25. AUGUST KITCHEN ON AIR – FEAT. LOLO & DIE SPRITZWEINTRINKER 1. SEPTEMBER KITCHEN ON AIR – FEAT. X-FEARS 8. SEPTEMBER IN CONCERT – WIENER TSCHUSCHENKAPELLE 16. OKTOBER JAZZFESTIVAL LEIBNITZ – BEIM HARKAMP 18. NOVEMBER IN CONCERT – „MUNDGERECHT “ JOHANNES LAFER IN CONCERT – TICKETS IM WEINGARTENHOTEL & BEI Ö-TICKET KITCHEN ON AIR – EINTRITT FREI 19 WENN WINZER DEM MIT WIRT DER HANNES HARKAMP IST WINZER UND SEKTMACHER. SEIN BRUDER HEINZ WIRT UND HOTELIER. DINGE, DIE ZUSAMMENPASSEN WIE DIE ERSTE UND ZWEITE GÄRUNG IN DER FLASCHE, DIE EINEN GUTEN SEKT IN IHRER INTERAKTION ERST ZU EINEM SCHLUCK HARMONIE UND TRINKBAREN ZEITGEIST MACHEN. D as tägliche Geschehen am Flamberg: Oben auf dem Hügel, bei der Kapelle, da hirscht ein Fotograf herum, um die Installation in all ihrer Schönheit auf Speicherkarte zu packen. Ein Stückchen weiter unten, vor dem Hotel, glüht die Kohle schon vor sich hin, für den KitchenOn-Air-Grill-abend. „Ein gutes Glas Wein zum Essen gehört seit Jahrhunderten ganz selbstverständlich zu unserem Alltag dazu. Wir Weinbauern sind Jahr für Jahr gefordert, dem Wandel der Zeit und dem des Geschmacks zu folgen“, ist sich Hannes Harkamp sicher, und arbeitet daher gerne Hand in Hand mit seinem Bruder Heinz für eine ganzheitliche Erfahrung aus Küche, Keller und entspanntem Verweilen. Dazwischen eine der Top-Weinlagen der Südsteiermark, durch deren Rebzeilen gerade ein großer, schlanker Mann turnt: Hannes Harkamp. Gut nur, dass die Trauben vom Oberburgstall offensichtlich zur geselligen Art zählen und daher Top-Qualität liefern. In den Händen, Fässern und Flaschen von Hannes Harkamp werden daraus Tropfen, die Weintrinker in Verzücken versetzen. Ob nun Chefredakteur Peter Moser, der den Weinen von Hannes Harkamp im aktuellen Falstaff-Weinguide eine Top-Bewertung von bis zu 93 Punkten für Eleganz, Straffheit und Länge verliehen hat, oder auch die Weingenießer im privaten Rahmen. Die nach einem Glas Wein von Harkamp nicht aufhören wollen. Warum, wird nicht hinterfragt. Es ist nun einmal so. Und das ist gut so. „Dabei war das eigentlich immer schon so“, überlegt Hannes Harkamp, während er behutsam über die Rebentriebe am Oberburgstall streicht. Der Frost Ende April dieses Jahrs hat auch den Flamberg nicht verschont. Gut nur, dass einige der Reben doch für heuer noch Trauben liefern und die Sache für nächstes Jahr nicht ganz so schlecht aussieht. „Man wird sehen. Dieser Frost war sehr schlimm für uns Weinbauern. Aber wir halten zusammen und werden trotzdem wie jedes Jahr ein paar gute Flaschen Sekt zur Ernte köpfen“, sagt Hannes. Doch Hannes sucht nicht nur die Harmonie im Wein, sondern auch die zu den Speisen, die im Restaurant von Bruder Heinz angeboten werden. Schließlich ist alles ein großes Ganzes, aus 17 Hektar Trauben im Eigenanbau, der Sektmanufaktur in der Villa Hollerbrand, sowie dem Weingartenhotel mit Restaurant, das vom Flamberg hinab über die Reben der Familie blickt. Schließlich ist Wein ein Ausdruck von Lebensfreude, ohne den viele schöne Anlässe viel zu trocken über die Bühne gingen. So hat man es bei den Harkamps immer schon gehalten, erinnert sich der Winzer zurück: Wein und Essen als Komplizen für ein ganzheitliches Erlebnis, das sich als prickelnde Erinnerung in uns manifestiert. „Ich denke oft an Omi Anna Harkamp zurück, die mit ihrer Bodenständigkeit und den etwas deftigeren Gerichten den damaligen Zeitgeist richtig getroffen hat. Zum traditionellen Backhendl wurde in den 60erund 70er-Jahren oft ein Riesling oder Muskat-Sylvaner mit etwas Restsüße serviert.“ 20 Später gab es gegrilltes Schweinskarree mit Nagowitzer Birne am Flamberg. Das war in den 1980er-Jahren. Dazu trockene Weine – diese Entwicklung ist dem Weinskandal 1985 geschuldet. Die Spätlese vom Roten Traminer 1985, trocken ausgebaut von Vater Hans, ist bis heute legendär. Bald darauf übernahmen Hannes und Heinz. „Ein bisserl geschaut habe ich schon, als mein kleiner Bruder plötzlich mit Trüffel und Gänseleber von seinen kulinarischen Wanderjahren nach Hause kam“, lächelt der stille Hannes und will sich jetzt dann endlich seinen Trauben widmen. Denn das ist es, was er liebt und lebt. Dem Weingarten zuhören, ihn beobachten und sehen, was er braucht. Seit 2015 bewirtschaftet er diesen nach biologischen Richtlinien. Somit ist das gesamte Sortiment ab dem Jahrgang 2018 biozertifiziert. „Wir wollen, dass unsere Weine und Sekte einen möglichst unbeeinflussten herkunftsbetonten Geschmack entwickeln können“, sagt der Winzer mit Sekteinschlag und zieht damit die nächste Parallele zu seinem Bruder. Auch die Küche am Flamberg sei leichter geworden. Mit dem Produkt im Vordergrund, ergänzt durch in gekonnten Nuancen gesetzte Kräuterakzente. Genauso wie die Weine. „Diese Entwicklungen verlangen nach leichteren, aber gut strukturierten Weinen, die nicht mit vordergründiger Frucht bestechen, sondern durch feingliedrige Aromen überzeugen“, sagt Hannes, der damit seinen Zeitgeist in Flaschen in Worte fasst. Fotos: Martin Steinthaler, Marija Kanizaj, Karin Bergmann (2x), Lauro Sartori. Harkamps Weine sind modern. Trotzdem authentisch. Ein Abbild ihrer Herkunft. Das fand man auch bei der Salon-Verkostung der Weine für 2016. „Der Brut Reserve 2012 ist bereits der dritte Jahrgang in Serie, der für die Salon-Weinauswahl aufgenommen wurde“, freut man sich auf dem Weingut Harkamp. Schade eigentlich, dass man zu solchen Verkostungen keine Kostproben aus der Harkamp’schen Küche mitnehmen kann. Schließlich ist es doch ein großes Ganzes. Auf der anderen Seite soll schon so manche Flasche von Hannes’ Herkunftsweinen – ob nun im Onlineshop oder im Hotel erstanden – der Anstoß dazu gewesen sein, die Heimat der Weine persönlich unter die Lupe zu nehmen, inklusive eines Besuchs in der Sektmanufaktur und des Weinkellers in der Villa Hollerbrand. Hier freut man sich, Interessierte in die faszinierende Welt der hochqualitativen Sektproduktion einzuführen, sowie dabei natürlich auch ein paar feine Tropfen zur Verkostung anbieten zu können. Und was trinkt man im Restaurant auf dem Berg? Natürlich die Weine aus Hannes’ Keller als wichtiges Puzzleteil eines gelungenen Aufenthalts. Genauso wie der Wein ohne Hefe in der Flasche nie zu Sekt würde, die Hefe alleine aber auch nicht mehr als ein Mikroorganismus ist, der erst in Kombination mit Wein zur prickelnden Hochform aufläuft. 21 „HEINZ IST WIE EIN ENERGY-DRINK“ Küchenchef-Gespräche mit Zoran Ristic an Tisch 52: Warum er große Stücke, in etwa von der Größe einer Kalbsschulter, auf seinen Boss hält, und was ein ansteckendes Lachen und AmalfiZitronen damit zu tun haben. Z oran Ristic ist Energie. Voll Elan setzt er sich auf den Sessel bei Tisch 52. Gerade hat er ein Menü zu einer Gruppe von 50 Weinfachleuten geschickt. Die Gesellschaft schmaust. Eine Tischreihe weiter. Zorans Blick ist entspannt. Und wach. Als hätte der 37-jährige Slowene gerade die Aufwärmrunde absolviert. Hat er ja auch, wie wir gleich erfahren. Abends erwartet man im Weingartenhotel eine Gesellschaft von 60 Personen für einen Firmen-Event. Daneben gibt es ab 18 Uhr Kitchen-On-Air. Zoran und Heinz verlegen dann die Küche kurzfristig direkt vor die Kulisse der Sausaler Hügel in den Garten. Diesmal probieren 40 Gäste die Freiluftküche aus. „Aber das ist immer unterschiedlich“, meint Zoran und lehnt sich zurück. Schließlich sind es ja noch drei Stunden bis dahin. Aber gut, weil man selbst leider nicht über den Entspannungsgrad des energiegeladenen Küchenchefs verfügt, heißt es ab jetzt: Keine Zeit mehr verlieren. Wie kommt man also von Slowenien auf den Flamberg? Und wann? Zoran: Das ist meine drittes Jahr hier. Das erste als Küchenchef. Ich habe nach etwas gesucht, das mich kulinarisch fordert, wo ich mich aber auch wohlfühle. Leider hatte ich etwas Pech mit meinem vorherigen Arbeitgeber. Das Hotel, in dem ich angestellt war, ist in Konkurs gegangen. Gerade als meine Freundin Andrea mit unserem ersten Kind schwanger war. Und davor war ich im Casino Mond an der slowenischen Grenze. Weil es 24 Stunden offen hatte, war ich auch fast 24 Stunden anwesend (lacht). Und nach zwei Jahren war ich ausgebrannt. Ich gebe eben einfach gerne alles. So als wäre es mein Betrieb. Weil halbe Sachen nicht Dein Ding sind? Genau. Deshalb habe ich auch zu Andrea gesagt, als das Hotel zusperrte: „Es reicht jetzt mit dem dahinvegetieren. Wir müssen einen Schritt weitergehen. Vorwärts, gemma.“ (Klopft auf den Tisch und sprüht vor Energie, dass man selbst gleich aufspringen möchte. Gemma. Auch wenn man gar nicht so genau weiß, wohin eigentlich.) Und so bist Du auf den Flamberg gekommen? Ja genau. Ich wollte in Österreich arbeiten und in einem Betrieb, der mich kulinarisch fordert. Auch wenn ich gleichzeitig etwas Angst hatte, weil wir eben doch etwas anders kochen in Slowenien. Inwiefern? Je nachdem, mit welchem Land man sich die Grenze teilt, also Kroatien, Österreich oder Italien, ähnelt sich natürlich auch die Küche. Ich bin aus Maribor, kenne und liebe also die steirische Küche mit Backhendl und Käferbohnen. Davor habe ich in der Villa Andor gearbeitet. An der italienischen Grenze. Dort heißt es Fisch, Olivenöl, Salz und Zitronen. Aber was einen dann genau in einem fremden Land erwartet, weiß man eben nie. 22 WIR MACHEN PFANNENKÜCHE. VON DER PFANNE AUF DEN TELLER. In Deinem Fall war es ein Heinz Harkamp. Hattest Du sofort ein gutes Gefühl? Ja, von Sekunde null weg. Ich habe für das Bewerbungsgespräch bei der Theke auf unseren Chef gewartet. Er ist hereingesprungen gekommen und hat gelacht. Ansteckend gelacht. So eine Energie, wie er hat, findet man sonst nicht. Ich wusste in dem Moment: Oh oh, that’s it. Ich will mitspielen. Gesagt, getan …? Ja genau, dann habe ich ihn gefragt, ob ich gleich beim Abendessen mitspielen kann. Das ist jetzt bald drei Jahre her. Und welche Küche gibt es jetzt im Weingartenhotel? Deine oder die von Heinz? Das ist ja das Großartige: den perfekten Mix. Wir ergänzen uns in jeder Hinsicht. Vom Chef habe ich gelernt, mit großen Fleischteilen zu arbeiten. Eine Kalbsschulter im Ganzen, voll mit Rosmarin und Zitronen. Gemma. Von mir kommt die Meeresküche, die ich an der italienischen Grenze gelernt habe. Und der Chef freut sich. Er ist ja selber ein großer Italien-Fan. Wenn er mit den Zitronen aus Amalfi zurückkommt, ist das für mich jedes Mal ein Highlight. Hier habe ich den perfekten Mix aus mediterraner und steirischer Küche gefunden. Wir kochen mit super Produkten, wie mit dem Gemüse von der Kleinen Farm. Da wollen wir keine Sauce drüberleeren. Leicht soll sie sein, unsere Küche. Und gut. KALTER HUND, WARM ZUGEDECKT EIN Lieblingsrezept von Heinz Und das ist sie – wie das Backhendl vom Vorabend, sowie die Forelle an Polenta und Zucchini-Karottenstreifen im Anschluss beweisen. Ein Rezept, das ich aus Amalfi mitgebracht habe. Besser gesagt: Warst Du schon mal dabei, wenn zwei Italiener gemeinsam kochen und über die Zubereitung von Spaghetti diskutieren? ... Ein Genuss! BIS 100 GÄSTE SCHWITZE ICH NICHT. Noch besser, ich habe die Zubereitung dieser ZITRONENSPAGHETTI Zoran über perfekte Event-Organisation und Energie in Reinform gefilmt und es für euch auf Youtube gestellt! Diese Qualität zu halten ist bei den Hochzeiten und Events mit vielen Personen manchmal schwer, oder? Ganz und gar nicht. Man kann nur nicht so viel experimentieren. Das machen wir dann im A la Carte-Service von Montag bis Mittwoch. Bei den Hochzeiten liegt es schlussendlich ja am Brautpaar, was gekocht wird. Da sind Überraschungen nicht immer so gefragt. ZUTATEN FÜR 4 PORTIONEN 2 Amalfi-Zitronen (je nach Größe) 400 g Spaghetti reichlich Olivenöl 1 Bund Rucola 1 Stück Chilischote 4 Stück Knoblauch, Salz Dafür tobt ihr Euch im À la Carte-Bereich so richtig aus? Genau, und das ist ja das Großartige am Chef. Er ist für alle Ideen offen. Im Winter bin ich dank ihm jetzt schon seit zwei Jahren im Hotel Hospiz am Arlberg. Da lerne ich zum einen, mit Mengen hochwertig zu arbeiten – wir schicken bis zu 1500 Gerichte am Tag raus und dann innerhalb von wenigen Minuten von der großen Küche auf Fine-Dining umzuschalten. Als ich zurückgekommen bin, hat mich der Chef einmal gefragt, ob ich eine Gesellschaft von 100 Gästen auch alleine schaffe. (lacht) Bei 100 schwitze ich nicht einmal, habe ich zu ihm gesagt. Und außerdem arbeiten wir im Team einfach super zusammen. Eine ganze Zitrone in kleine Würfel schneiden dazu die abgeriebene Schale und den Saft der zweiten Zitrone geben. Mit 5 EL Olivenöl und Rucola vermengen. In einer Pfanne etwas Olivenöl mit dem geschnittenen Knoblauch und der Chilischote leicht erhitzen. Nicht dunkel werden lassen. Mit der Zitronen-Rucola-Mischung aufgießen und nur warm machen. Die al dente gekochten Spaghetti darin schwenken & mit Salz abschmecken. Einfach köstlich! Das klingt ja alles großartig. Eitle Wonne also am Flamberg? Ja, echt. Auch wenn man ohne Energie kommt, oder man hat einmal schlechte Laune. Dann kommt der Chef und man kriegt diesen Kick. Das geht direkt in die Venen – wie ein Energy-Drink. Und dann geht’s los, gemma. Wie schön. Und wohin soll es mit dieser Energie noch gehen? Ich würde gerne ein Restaurant auf dem Dach machen. Nur zwei Nächte im Monat oder so und das aber so richtig mit feinem Essen. Entspannt wie immer. Aber mit aller Kreativität, die wir in der Küche zu bieten haben. Wir arbeiten immer von der Pfanne direkt auf den Teller. Aber diese pure Produkteküche noch einmal auf die Spitze treiben, das wäre super. Mit dem Rindfleisch vom Max Müller (am Vortag wurde ein Kalb im Ganzen angeliefert) oder dem Ziegenkäse vom Nachbarn. Der Blick vom Dach über die Hügel der Südsteiermark und dazu gutes Essen und Ruhe. Klingt gut, oder? Viel Spaß beim Nachkochen Allerdings. Und wenn die beiden Energy-Drinks einmal loslegen, ist das Ganze wahrscheinlich schneller als gedacht Realität. Eine definitive Reservierung wäre jedenfalls schon fix. 23 NEAPEL IST NICHT LONDON ZITRONEN GEPFLÜCKT IN AMALFI, MARMELADE PRODUZIERT AM FLAMBERG & GESCHMIERT AUF DER GANZEN WELT! ERHÄLTLICH UNTER WWW.HARKAMP.AT/SHOP