Wangerooge in alten und neuen Bildern

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Wangerooge in alten und neuen Bildern
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Folge 11 im April 2013
Historischer Streifzug in Bildern mit der
27. April 2013
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präsentiert von der
Wilhelmshavener Zeitung · Seite 3
Wangerooge, das Urlaubsparadies der Kinder. Diese Aufnahme mit dem „Eisbären“ entstand Anfang Juli 1933. Im Hinter­
grund das Strandhotel Gerken.
FOTO: INSELARCHIV WALTER OETKEN
In diesem Heft lesen Sie:
„Gestern und Heute –
Wangerooge in alten und neuen
Bildern“ – Sonderbeilage der
„Wilhelmshavener Zeitung“.
Redaktion: Hartmut Siefken.
Anzeigen: Thomas Schipper.
Verlag und Druck: Brune-MettckerDruck- und Verlagsgesellschaft
mbH, Parkstraße 8,
26382 Wilhelmshaven, Postfach
1265, 26352 Wilhelmshaven.
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Zuschriften
Seit 128 Jahren eine Gemeinde
Seite 4
Bilder-Suchspiel
Seite 5
Das Wangerooger Wappen
Seite 7
Seezeichen und Zufluchtsort
Seite 8
Wiederauferstehung des Turms
Seite 9
Warrings auf dem Wasserweg
Seite 10
Insel mit Durchgangsbahnhof
Seite 11
Von der Kohlenschale zum Turm
Seite 12
Wichtige Landmarken
Seite 12
Vor Wangerooge gestrandet
Seite 13
Tiling startete erste Raketen
Seite 14
Dem Patron der Seeleute geweiht
Seite 15
Gäste in vierter Generation
Seite 16
Aus Ruinen auferstanden
Seite 17
„Pudding“: Bake, Bunker und Eisbomben
Seite 18
Villa mit langer Hotel-Tradition
Seite 19
Die Glocke der „Wangeroog“
Seite 20
Als es nach Robbentran stank
Seite 21
Bomben auf Wangerooge
Seite 22
Kampf gegen die Seeräuber
Seite 24
Beckmanns Liebe zur Insel
Seite 25
Alter Wangerooger Bilderbogen
Seite 26
WILHELMSHAVEN/SI – Gern
erwarten wir Ihre Zuschriften per Post an die Wilhelmshavener Zeitung Redaktion Gestern und Heute,
Parkstraße 8, 26382 Wilhelmshaven oder per E-Mail
an sonderthemen@WZonline.de.
Seite 4 · Wilhelmshavener Zeitung
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Heute
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27. April 2013
Seit 128 Jahren eine Gemeinde
Vor 128 Jahren erklärte
die großherzogliche Regierung in Oldenburg
Wangerooge zu einer
selbstständigen Gemeinde.
VON JÜRGEN PETERS
WANGEROOGE – Die politische
Gemeinde Wangerooge besteht
genau 128 Jahre. Das „125Jährige“ feierte man mit einem
großen Festakt in der Dünenhalle und vielen anderen Veranstaltungen.
Nachdem das 1327 erstmals urkundlich erwähnte Wangerooge 1793 russisch, 1807
holländisch, 1810 französisch
und 1813 wiederum russisch
war, fiel die Insel 1818 an das
Großherzogtum Oldenburg.
Seitdem ist sie die einzige oldenburgische Insel unter den
sieben „ostfriesischen Inseln“.
Im Januar 1885 beschloss die
Oldenburgische
Regierung,
dass die Inselgemeinde mit Wirkung vom 1. Mai des Jahres an
ihre Selbstständigkeit erlangen
sollte. Erster Amtsvorsteher
wurde Conrad Christian Janßen.
Doch bis zu dieser politischen Entscheidung war es ein
weiter und manches Mal kurioser Weg. Nach der großen Flut
1854/55 hielt die Abwanderung der Insulaner zum Festland an. Nur noch 90 Einwohner
Die Zedeliusstraße heute
Ein im Juli 1901 abgeschickter Kartengruß aus dem Nordseebad Wangerooge. Der Blick
geht von der heutigen „Pudding“-Bühne die heutige Zedeliusstraße hinunter. FOTO: ARCHIV OETKEN
lebten auf Wangerooge. Das
Großherzogtum
Oldenburg
dachte darüber nach, die Gemeinde Wangerooge aufzulösen und bestimmte, „der Bezirk
der Gemeinde Wangerooge wird
der Gemeinde Minsen als eine
Bauernschaft zugelegt“. Damit
hatte tatsächlich die Gemeinde
Wangerooge aufgehört zu existieren.
Doch Bauern und Insulaner
haben „dicke Schädel“. In Minsen dachte man gar nicht da-
ran, sich für Wangerooge zuständig zu fühlen. „Der Minsener Rat beschwerte sich beim
Innenministerium in Oldenburg,
dass man ihn nicht gefragt habe, ob er die Zuordnung der
Bauernschaft
Wangerooge
überhaupt wünsche“, berichtet
Inselchronist Hans-Jürgen Jürgens.
Aber auch die inzwischen nur
noch 82 Insel-Bewohner waren
über die verordnete Bindung an
Minsen nicht glücklich. Sie woll-
FOTO: WZ-BILDDIENST/LÜBBE
ten selbstständig bleiben. Immer wieder richteten sie Gesuche an den Rat von Minsen, an
das Amt in Jever und die Regierung in Oldenburg.
Die Hartnäckigkeit der Insulaner unter Führung ihres Bezirksvorstehers Conrad Christian Janßen brachte schließlich
Bewegung in die Sache. Oldenburg wollte die Bildung einer
selbstständigen Gemeinde jedoch erst dann zulassen, wenn
sich auf der Insel die Verwaltung einer Ortsgemeinde – bei
weiterer Zugehörigkeit zu Minsen – bewährt hätte.
Das Gerangel ging weiter.
Hans-Jürgen Jürgens berichtet:
„Am 2. Juli 1883 kam es zur
Wahl von sechs Ausschussmitgliedern und drei Ersatzmännern. Als Urkundspersonen waren der Lehrer Sophus Osterloh
und der interimistische Vogt
Hanken zugegen. Schon vor Beendigung der Wahl entfernten
sich Hanken und weitere Bürger, und es zeigte sich, dass
von den 17 erschienenen wahlberechtigten Bürgen nur neun
an dem Wahlakt, der zwei Stunden gedauert hatte, teilgenommen hatten.
Drei Tage später schrieb
Hanken einen von weiteren 14
Wangeroogern unterschriebenen Brief an das Amt und forderte, die Wahl müsse wiederholt werden, da die meisten
Wangerooger den Wahltermin
nicht hätten wahrnehmen können. Fortsetzung auf Seite 5
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Wilhelmshavener Zeitung · Seite
Wilhelmshavener
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Wilhelmshavener
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erholung Ist eIne
Insel
Eine feine Badegesellschaft in einer Sandburg um 1900 vor
dem alten Kurmittelhaus.
FOTO: INSELARCHIV WALTER OETKEN
Insulaner uneinig
Fortsetzung von Seite 4
Die Regierung leitete eine
Untersuchung ein. Dabei kam
heraus, dass dem Amtsboten
Rischmeyer von 23 der 26 wahlberechtigten Bürger zugesichert worden war, zur Wahl zu
erscheinen. Die Beschwerde
Hankens wurde vom Ministerium kostenpflichtig abgewiesen.“
Jürgens zitiert den Brief des
Minsener Amtsvorstehers, der
um Auskunft gebeten wurde.
Dieser schrieb:
„Ich finde es ziemlich unartig
von dem alten werthen H., . . .
nicht ganz bei der Wahrheit zu
bleiben.
Die Eigenart der Wangerooger ist bekannt, und ich bin
sorgfältig bemüht gewesen . . .,
aber die bislang stattgehabten
Verhandlungen und Beschlussfassungen offenbarten bei dem
Völkchen eine große Zerfahrenheit und Uneinigkeit untereinander, welche in Ansehung der geringen Einwohnerzahl und der
insularen
Abgeschiedenheit
sonderbar erscheint und nicht
absehen läßt, wie dort je in allgemeiner Zufriedenheit ein
selbständiges Gemeindewesen
eingerichtet und geführt werden
wird.“
Die Dinge zur Verselbstständigung der Inselgemeinde nahmen dennoch ihren Lauf. Am
19. Januar 1885 kam das Gesetz zur Bildung der Gemeinde
heraus. Zimmermeister Conrad Christian Janßen wurde
von den Insulanern einstimmig
zum Gemeindevorsteher gewählt, seine Wahl nach Jever
und Oldenburg gemeldet. Janßen hatte damit sein seit etwa
15 Jahren angestrebtes Ziel erreicht.
Fortsetzung auf Seite 6
Bilder­Suchspiel
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Gester n
Heute
Über 200 Jahre Badebetrieb auf der Insel
Seite 6 · Wilhelmshavener Zeitung
und
präsentiert von der:
27. April 2013
Fortsetzung von Seite 5
Am 1. November 1923 gründet baut. Seine sieben Brunnen eine symbolische Mark den alFünf Jahre später, am 1. Juli sich die Freiwillige Feuerwehr.
reichten jedoch bald schon ten Leuchtturm. Am 31. August
1890, wurde die erste DampIm Jahre 1928 wird ein Was- nicht aus, um den durch den wurde er als Aussichtsturm einferverbindung von Carolinen- serwerk in den Osterdünen ge- wachsenden Fremdenverkehr geweiht. Heute ist er beliebtes
siel nach Wangerooge aufge- baut, es hat vier Brunnen, die rasant steigenden Wasserbe- Ausflugsziel, in der „Traustube“
nommen, und zwar von der an beim Bombenangriff am 25. Ap- darf in der Saison zu decken. – im ehemaligen Leuchtturmder ostfriesischen Küste tradi- ril 1945 zerstört werden. Um Die Gemeinde war genötigt, in wärterzimmer – haben sich bis
tionsreichen Reederei War- 1900 gab es bei den Hotels trockenen Sommern zum Was- heute annähernd 4000 Paare
rings. Weitere zwei Jahre spä- eigene Brunnen – neben drei öf- sersparen aufzurufen.
das „Ja-Wort“ gegeben.
ter, am 3. Juli 1897, fuhr der fentlichen, aus denen das
Am 16. Februar 1962 brach
1975 wurde eine feste Lanerste Zug vom Sommeranleger Grundwasser für den täglichen bei der großen Sturmflut der debahn auf dem Flugplatz ange– dem heutigen Westanleger – Bedarf floss. Am 22. Dezember Deich. Bundeswehr und Insel- legt.
in den Ort. Damals befand sich 1930 geht der auch heute noch bevölkerung schlossen Tage
1985 verlegte man eine
der Bahnhof im
Gasleitung vom
Rosengarten.
Festland
zur
Um
diese
Insel.
Zeit
begann
Bis 1986 beman auf der
stimmte
das
Insel auch mit
Land die Angeledem Bau der
genheiten des
ersten Hotels
Fremdenverund Pensionen.
kehrs. Wanger1906 baute
ooge war Nieder Norddeutdersächsisches
sche Lloyd den
Staatsbad.
Ostanleger, der
Nach fünfjähri1958
wegen
ger Probephase
ständiger Verging die Kurversandung wieder
waltung nun auf
aufgegeben
die Gemeinde
wurde. 1906
über.
mauerte man
Seit
1996
auch den heutiwerden das Bürgen
Bahnhof
germeisteramt
auf. Die Insel
und der KurdiWangerooge
rektorenposten
hatte
einen Das alte Kurhaus und die Kurvillen am Damenpfad, der am Strand endet. Das Kurhaus wur­ in
Personalde im Krieg zerstört. Die Villen stehen heute noch, sind allerdings längst umgebaut.
Durchgangsunion ausgeübt.
FOTO: INSELARCHIV WALTER OETKEN Die
bahnhof. Denn
Wangerooneben dem neuger wählten Holen Ostanleger gab es ja schon bestehende Flugplatz in Be- später den Durchbruch mit ger Kohls zum ersten hauptamtseit 1897 den heutigen und in- trieb. 1933 wird der neu errich- Sandsäcken.
lichen Bürgermeister, der Rat
zwischen mehrfach umgebau- tete Westturm eingeweiht.
Im Herbst 1962 und im Früh- setzte ihn auch als Kurdirektor
ten modernen Westanleger, der
Der schwärzeste Tag in der jahr 63 wurde eine doppelte ein. Kohls, der erst kürzlich für
bis dahin Sommeranleger hieß. jüngeren Inselgeschichte ist Kunststoffleitung vom Festland seine Verdienste um die InselTausende von Gästen kamen in der 25. April 1945. Mehr als zur Insel verlegt – als erste gemeinde mit der Friesland-Meden folgenden Jahren auf die 6000 Bomben fielen auf Wan- Trinkwasserleitung durch das daille des Landkreises ausgeInsel. Im Jahr 1913 zählte man gerooge. Über 300 Tote – Insu- Wattenmeer. Am 5. Mai floss zeichnet worden ist, war zuvor
bereits rund 17 000 Besucher.
laner, Soldaten und Fremdarbei- das erste „offizielle“ Wasser, stellvertretender Stadtdirektor
Weitere markante Daten aus ter – waren zu beklagen. Fast und Wangerooge ist seitdem an in Jever. Als letzte ehrenamtlider von Hans-Jürgen Jürgens zu- 80 Prozent des Dorfes lagen in das Versorgungsnetz des Ol- che Bürgermeisterin Wangeroosammengetragenen Zeittafel: Schutt und Asche. So musste denburgisch-Ostfriesischen
ges schied Bärbel Herfel 1996
1910 Eröffnung der ersten Pri- auch Wangerooge nach dem Wasserverbandes angeschlos- nach dreijähriger Ausübung dievatschule. Mit der Einführung Krieg praktisch vollkommen sen.
ses Postens aus dem Amt.
des
Seebäderflugverkehrs neu aufgebaut werden.
1969 ging der neue Leucht2004 feierte die Insel ihr gro1920 wird die Anreise auf die
1950 wurde im Jadewäld- turm im Westen in Betrieb. ßes Jubiläum „200 Jahre NordInsel schneller und moderner. chen ein neues Wasserwerk ge- 1972 kaufte die Gemeinde für seebad Wangerooge“.
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27. April 2013
Gester n
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Heute
präsentiert von der
Wilhelmshavener Zeitung · Seite 7
Das Wangerooger Wappen
zugrunde gelegt worden. Das allerdings nicht nur, um dem Seebad und der Gemeinde ein farbenfrohes Wappen zu schaffen,
sondern auch deshalb, weil
Wangerooge dem ehemaligen
Herzogtum Oldenburg Turm und
eben das Seebad verdankt.
Seit 1969 hat Wangerooge ein eigenes Wappen. Strand, Meer,
Westturm und jeverscher Löwen zieren es.
VON JÜRGEN PETERS
WANGEROOGE – Seit 1934 waren
die Wangerooger auf der Suche
nach einem passenden InselWappen. Bei mehreren Gelegenheiten war der Wunsch an
den Gemeinderat herangetragen worden. Doch erst im Jahre
1969 wurde die Wappenfrage
geklärt – auf Initiative des Bürgervereins, der sich der fachlichen Unterstützung namhafter
Kommunalheraldiker in Oldenburg und Wiesbaden versichert
hatte. Die Bemühungen führten
schließlich zu dem Bild, das
heute noch seine Gültigkeit hat.
Die Niedersächsische Gemeindeordnung fordert, dass
sich ein Wappen inhaltlich auf
historische Begebenheiten und
markante Symbole der Gemeinde beziehen soll. Dieses Gebot
muss mit den heraldischen
„Gesetzen“, in denen die Vereinfachung der Symbole gefordert wird, und dem Wunsch, etwas Schönes zu schaffen, in
Einklang gebracht werden.
Seitdem also repräsentiert
das schöne Wangerooger Wappen die Insel. Es führt den
1597
erbauten
und 1914
gesprengten alten Westturm im
Schild. Der Turm erhebt sich auf
dem goldenen (gelben) Schildfuß, der den Sandstrand versinnbildlicht. Die blau-silbernen
(weißen) Wellen sollen die Weite der See darstellen und weisen auf den Lebensunterhalt
der Insulaner hin, die bis 1830
vornehmlich Seefahrer waren.
Der
blaue
Wappenschild mit dem
Löwen weist auf die
seit 1494 währende Landeszugehörigkeit zur Herrschaft Jever
hin. Davor zählte es zum Herrschaftsgebiet der ostfriesischen Grafen tom Brok.
Bei der Wahl der Farben ist
die typisch oldenburgische
Farbstellung Rot-Gold im Wappen und Rot-Blau in der Flagge
Das jeverländische Wappen
zierte den alten Westturm,
der Weihnachten 1914 ge­
sprengt worden ist. Seine In­
schrift lautete: „Laus deo opti­
mo, maximo! Tandem bona
causa triumphat! 15 — 97“
(Lob sei Gott, dem Einzigen
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FOTO: INSELARCHIV WALTER OETKEN
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Seite 8 · Wilhelmshavener Zeitung
und
Heute
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27. April 2013
Seezeichen und
Zufluchtsort
Eines der Wahrzeichen
der Insel ist der Westturm. Sein Vorgänger
stand von 1602 bis zu
seinem Abriss 1914.
VON JÜRGEN PETERS
WANGEROOGE – Der alte West-
Der alte Wangerooger Westturm von 1602, der 1914 abge­
rissen worden ist.
FOTO: INSELARCHIV WALTER OETKEN
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turm wurde von 1597 bis 1602
als Seezeichen gebaut. Graf
Johann von Oldenburg ließt
ihn auf Bitten der Bremer Seehandelskaufleute errichten. Die
Seeleute hatten sich bis dahin
nach der Turmruine der Inselkirche gerichtet, doch die war
1595 endgültig eingestürzt.
Der
Bau wurde dem
„Murmeister
Berent
Cappelmann“
aus Bremen
übertragen. Am
11. Juli
1597
wurde
der erste
Stein gelegt. Am
13. Oktober
1602
war der
Turmbau
vollendet. Der damalige Prediger
auf Wangerooge, Hermann
Lentz, hielt an diesem Tage die
erste Predigt in dem zum Kirchenraum ausgestatteten zwei-
ten Stockwerk des Turmes. Die
Baukosten beliefen sich auf
24 000 Taler „ohne die dabei
gebrauchten Hand- und Spanndienst, ohne Fuhren und Frohnen“, so der damalige Rechnungsführer.
Der Turm war ursprünglich
als Tagesseezeichen gedacht.
Die beiden in Nord-Süd-Richtung stehenden Spitzen deuteten darauf hin. Johann-Sohn
Graf Anton Günther von Oldenburg ersuchte bei Kaiser Matthias – römischer Kaiser seit
1612 und Haupt des Hauses
Habsburg – um die Genehmigung, Weserzoll erheben zu
können. Er versprach dafür, auf
dem Wangerooger Turm „eine
immerwährende Leuchte zu halten, danach man sich in der Navigation richten könne“. Es wurde ihm gewährt. Die „Leuchte“
wurde seewärts in der Nordspitze des Turmes eingebaut, am
15. März 1624 brannte sie zum
ersten Mal.
Das Feuer war aber nur einseitig. So baute der Emder Zimmermann Gerriet Hayns auf Geheiß von Anton Günther eine
Mittelspitze ein, die in eine
achteckige Laterne mit 48
Scheiben auslief. Seit Sommer
1624 hatte dann der alte Turm
die noch heute vertraute Form.
Die Leuchtkraft der Lampen
war nach damaliger Darstellung
sehr gut, doch eines Tages geriet der Dachstuhl in Brand. Der
Graf verfügte deshalb, das Feuer nicht mehr zu erneuern.
Stattdessen wurde nicht weit
entfernt auf einer Dünenkuppe
eine Feuerbake mit einem
Eisenrost für ein Kohlenfeuer
errichtet.
Fortsetzung auf Seite 9
27. April 2013
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Wilhelmshavener Zeitung · Seite 9
Wiederauferstehung des Turms
vor 80 Jahren wurde
der Westturm eingeweiht. Er steht knapp
einen Kilometer südlich
des gesprengten alten
Turms.
VON JÜRGEN PETERS
WANGEROOGE – Am 4. Juni 1933
wurde der neue Westturm eingeweiht – als Jugendherberge
mit 120 Betten. Er ist die Kopie
des 1602 errichteten und 1914
abgerissenen Turms. Nur elf
Jahre später bildete sich ein
„Ehrenausschuß für den Wiederaufbau des Westturmes auf
Wangerooge“, dem sechs Honoratioren des Inseldorfes angehörten.
1926 kam es zur Gründung
der „Vereinigung der Freunde
des Westturms“, die eine Westturm-Lotterie in den Ländern Oldenburg, Bremen, Hamburg,
Hessen und Braunschweig veranstaltete. Zu gewinnen waren
Geldpreise und 230 Ehrenplätze mit freier Wohnung und Verpflegung für die Dauer von einer
bis vier Wochen. Später wurde
aus dieser Vereinigung die „Gesellschaft zum Wiederaufbau
und zur Erhaltung des Westturmes auf Wangerooge“, die am
24. Mai 1930 ins Vereinsregister beim Amtsgericht Oldenburg
eingetragen wurde und die
Marine ließ alten
Turm sprengen
Fortsetzung von Seite 8
In der Folge überstand der
mitten im alten Dorf stehende
Turm den wildesten Stürmen
und war mehrere Male die letzte
Zufluchtsstätte der Insulaner.
Doch
die
Sturmfluten
1854/55 und 1862/63 überspülten das Dorf, die Bewohner
siedelten im Osten der Insel
und auf dem Festland neu.
Schließlich stand der Turm zunächst einsam am Strand und
schließlich im Wasser. Die Insel
war „weitergewandert“.
Am 1. Juli 1877 wurde die
Landmarke Besitz der ReichsMarineverwaltung. Im Ersten
Weltkrieg sah der Insel-Kommandant in dem Turm eine Gefahr für die Insel und deren Besatzung. In den Weihnachtstagen 1914, am 23. und 24. Dezember, wurde das Wahrzeichen der Insel gesprengt.
Zimmererpolier Karl Kirchner baute den Dachstuhl des
Westturms.
FOTO: INSELARCHIV WALTER OETKEN
Geldmittel für den Wiederaufbau des Turmes zusammenbrachte. Am 2. Mai 1932 beschloss die Gesellschaft den
Bau des neuen Turmes.
Ein Los der Westturm-Lotterie 1925
FOTO: ARCHIV OETKEN
Der Wunsch, den Turm an alter Stelle zu errichten, stieß bei
der Marine auf Ablehnung. Sie
wollte das Schussfeld ihrer Batterien frei halten. Hermann Willecke, Beamter im StrombauRessort der Marinewerft Wilhelmshaven, dessen Herz für
Wangerooge schlug, empfahl
der Festungskommandantur in
Wilhelmshaven den heutigen
Standort, der schließlich genehmigt wurde.
Den Zuschlag für die Bauarbeiten bekam der Wangerooger Bauunternehmer Johann
Janßen.
150
„freiwillige
Arbeitslose“ wurden eingestellt. Sie wurden vom Oldenburger Turnerbund rekrutiert.
Nach dem Bau eines Gleises für
den Baustofftransport vom Anleger begannen im Juli 1932 die
Gründungsarbeiten. 124 acht
Meter lange und 30 mal 30 Zentimeter starken Pfähle aus
Eisenbeton tragen das 56 Meter hohe Bauwerk, in dem rund
660 000 Ziegelsteine vermauert wurden.
Die offizielle Grundsteinlegung fand am 13. August 1932
statt – ein viel beachtetes Ereignis, das der Rundfunk in allen
Einzelheiten übertrug und von
den Nationalsozialisten für
ihre Propaganda ausgeschlachtet wurde. Vormittags feierte
man am Dünenbakenhügel zwischen dem Hotel Monopol und
dem Hotel Gerken – heute steht
da das „Café Pudding“ –, mittags setzte sich ein voll besetzter Sonderzug zur Baustelle in
Bewegung, um dort feierlich mit
Fahnenschmuck und Kapellenklang die Gründungsurkunde
einzumauern.
Bei stürmischen Wetter fand
am 29. Oktober das Richtfest
statt. Zimmerpolier Karl Kirchner, der mit Maurerpolier Wilhelm Moulin an der Spitze der
Bauhandwerker stand, hielt die
Richtrede. Am 4. Juni 1933,
Pfingstsonntag, wurde der
Westturm als Jugendherberge
mit 120 Betten eingeweiht. Als
erste Gruppe zogen junge Bremer ein.
Nach Fertigstellung des Turmes wurde das innerhalb des
Deiches nach dem Westen führende Gleis verlängert. Es
brachte mit einem „Kaffeezug“
bis zum Zweiten Weltkrieg viele
Gäste zum Turm, für die oberhalb der Wendeltreppe in der
Laterne ein herrlicher Aussichtsplatz und im oberen
Stockwerk ein Inselmuseum geschaffen worden war.
Das Inselmuseum besteht
längst nicht mehr, die Aussichtsplattform ist nicht mehr
zugänglich. Gleichwohl ist der
Turm eine der gefragtesten Herbergen des Deutschen Jugendherbergswerkes geblieben. Im
Jahr 2005 wurde sie saniert
und durch ein Nebengebäude
erweitert.
Seite 10 · Wilhelmshavener Zeitung
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und
Heute
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27. April 2013
Warrings auf dem Wasserweg
beförderten die Alliierten bis
1947 Personen und Güter damit zur Insel.
Danach baute Hillern Warrings seine Reederei aus. Mitte
der 50er-Jahre wurde der Hafen
Harlesiel fertiggestellt. Warrings „Wappen von Ostfriesland“ und „Tanga“ bedienten
den Inselverkehr. Er knüpfte
Verbindungen zur Deutschen
Bundesbahn und vercharterte
sein Frachtschiff „Perle“ für den
Stückgutverkehr zur Insel an die
Bahn.
Mitte der 1970-er Jahre
übernahm Hillerns Sohn Bernhard die Geschäfte der Reederei, nachdem er selbst als Kapitän und Reeder auf großer Fahrt
war. Seine Frau Rita, gelernte
Schiffsmaklerin, stieg als Fachfrau in die Leitung des Unternehmens mit ein. Die Reederei
wuchs auf 13 Schiffe. Ein Herzschlag riss Bernhard Warrings
1989 aus dem Leben, Rita Warrings führte die Reederei allein
weiter. Heute hat Tochter Heike
das Sagen.
Der Fährverkehr wird mit den
Schiffen „Wangerooge“ und
„Harlingerland“ bewältigt. Sie
sind langfristig an die Bahn verchartert und fahren tideabhängig mehrmals täglich zwischen
Insel und Festland hin und her.
Die Reederei Warrings
besorgt seit Jahrzehnten den Schiffsverkehr
zur Insel. Die Schiffe
fahren, wie es die Tide
erlaubt.
VON JÜRGEN PETERS
WANGEROOGE/CAROLINENSIEL –
Die Reederei Warrings, jetzt bereits geführt in der fünften Generation von Heike Warrings, ist
ein traditionsreiches Unternehmen. Bis Anfang des 18. Jahrhunderts lässt sich die Reederei-Geschichte zurückverfolgen.
Vom alten Hafen Carolinensiel,
auch heute noch Sitz der Reederei, segelte Berend Warrings mit einem offenen Boot
nach Holland und zu den Ostfriesischen Inseln. Seine Fracht
waren damals Post, Salz, Kartoffeln, Torf und vieles mehr.
Die Familiensaga will sogar wissen, dass er
sich gelegentlich als
Pirat betätigt haben
soll.
Mit Berends Sohn
Hillern kam
neuer
Schwung in
den Verkehr
zur Insel. Er verkaufte das offene Boot und kaufte eine Schaluppe. Auch Hillerns 1864 geborener Sohn Berend führte die
kleine Reederei weiter. Er kaufte ein zweites Schiff, eine Tjalk
– ein Plattbodenschiff.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts lebte der Fremdenverkehr auf Wangerooge auf, eine
Anlegestelle im Westen wurde
errichtet, eine Inselbahn in den
Ort gebaut. Berend Warrings
stellte 1911 seinen ersten
Dampfer in Dienst. Von der
Friedrichschleuse, nicht mehr
Die „Dampfer“: Grußkarten
aus den Jahren 1896 und
1956
aus dem alten Hafen, begann
die Fahrt zur Insel.
Berends 1907 geborener
Sohn Hillern fuhr das Schiff seines Vaters weiter bis 1940.
Schiff samt Besatzung wurden
von der Kriegsmarine beschlagnahmt und zum Transport von
Truppen, Munition und Verpflegung genutzt. Nach Kriegsende
Der Dampfer „Harle“ Anfang des 20. Jahrhunderts.
FOTO: INSELARCHIV WALTER OETKEN
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„Wilhelmshavener Zeitung“
27. April 2013
Gester n
und
Heute
präsentiert von der
Wilhelmshavener Zeitung · Seite 11
Insel mit Durchgangsbahnhof
Die Wangerooger Inselbahn ist eine der drei
letzten deutschen
Schmalspurbahnen
mit Güterverkehr. 1897
wurde sie in Betrieb genommen.
VON HARTMUT SIEFKEN
WANGEROOGE – Dreieinhalb Kilometer ist die Strecke vom Westanleger bis zum Bahnhof lang.
Rund 20 Minuten braucht der
Zug.
Der Betrieb der Inselbahn
begann mit Dampfloks, die
1952 durch Dieselloks ersetzt
wurden. Der erste Bahnhof befand sich an der Zedeliusstraße
in Höhe des heutigen Rosengartens. 1906 wurde der noch heute bestehende große Bahnhof
gebaut, der für fünf Jahrzehnte
der einzige Durchgangsbahnhof
auf einer deutschen Insel war.
Denn von 1905 bis 1958 gab
es auch den Ostanleger, über
den ein erheblicher Teil des Reiseverkehrs abgewickelt wurde.
Ein Nebengleis führt noch
heute zur „Saline“ und zum
Bauhof des Wasser-und Schifffahrtsamtes im Westen. Es
diente während der Kriege zur
Der Bahnhof von 1906 mit dem Vorplatz. Die Bahn­
hofshalle wurde im Krieg zerstört. FOTO: ARCHIV OETKEN/WZ--BD
Versorgung der Geschützbatterien. Wangerooge hatte zum
Schutz des Kriegshafens Wilhelmshaven große militärische
Bedeutung.
Gebaut wurde die Inselbahn
von der Großherzoglich
Oldenburgischen
Eisenbahn
(GOE).
1920
wurde sie von
der Deutschen
Reichsbahn
übernommen,
und seit 1952
wird sie von der
Deutschen BunDie Inselbahn auf dem Weg zum Anleger desbahn betrieim Westen.
FOTO: WZ-BILDDIENST/LÜBBE ben.
Wangerooge
In Höhe des heutigen Rosengartens an der Zedeliusstraße be­
fand sich bis 1906 der erste Bahnhof.
FOTO: INSELARCHIV OETKEN
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Von der
Kohlenschale
zum Turm
1624 – 1630: Lampenfeuer
im Signalturm
1630 – 1686: Holzgestell mit
Kohlenfeuer
1687 – 1705: runder Steinturm, 11 m hoch, mit Kohlenfeuer, 1705 innen ausgebrannt
1706 – 1825: neuer massiver Steinturm, 10 m hoch,
anfangs mit Kohlenfeuer, ab
1814 mit zwei Öllampen
nebeneinander, am 4. Februar 1825 durch Sturmflut zerstört
1825 – 1830: Balkengerüst
mit Kohlenfeuer – letzte
Steinkohlenblüse an der
Nordsee
1830 – 1856: Leuchtturm
aus Stein, 23 m hoch, mit
Blinkfeuer
(Argandlampen
mit Parabolscheinwerfern auf
Drehtisch). Bei Sturmfluten
1854/55 derart gefährdet,
dass Entschluss zur Errichtung eines neuen Turmes gefasst wurde. 1859 eingestürzt
1856 – 1969: neuer Steinturm auf damaligem Ostteil
der Insel – heute steht er am
Bahnhof fast in der historischen Ortsmitte, ursprünglich 30 m hoch, mit zunächst
kleiner Drehfeueroptik, ab
1878 mit neuem Drehlinsenfeuer größter Art; ab 1896
elektrische
Bogenlampe,
eigene
Stromerzeugung
durch Dampfmaschine mit
Dynamo. Turmhöhe seitdem
32 m. 1927 Turm auf 39 m
erhöht und mit neuer Laterne
ausgestattet. 1969 Feuer gelöscht.
1969: Inbetriebnahme des
Stahlbetonturmes, Höhe 64
m, Fernsteuerung von Wilhelmshaven aus
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27. April 2013
Wichtige Landmarken
Leuchtfeuer auf Wangerooge sichern seit
Jahrhunderten die Seeschifffahrt.
VON JÜRGEN PETERS
– Leuchttürme
sind die Lebensversicherung
der Seeleute. Auch Wangerooge ist seit Jahrhunderten wichtiger
Leuchtfeuer-Standort.
1597 ließ Graf Johann VII. von
Oldenburg an Stelle des nach
einer Sturmflut eingestürzten
Nikolai-Kirchturmes einen für
die damalige Zeit gewaltigen,
über 40 Meter hohen Signalund Wehrturm aus Backstein
errichten. Er hatte zwei Spitzen
genau in Nord-Süd-Richtung, an
denen sich die Seeleute tagsüber gut orientieren konnten,
und war 1602 fertiggestellt.
Der Signalturm erhielt
1624 eine Mittelspitze mit der
Laterne, worin das erste
Leuchtfeuer an der deutschen
Nordseeküste brannte – allerdings nur sechs Jahre. NachWANGEROOGE
Das Leuchtfeuer des alten
Leuchtturms. FOTO: ARCHIV OETKEN
Blick vom Bahnhof die Zedeliusstraße hinauf mit dem alten
Leuchtturm, wohl in den 30er­Jahren. FOTO: INSELARCHIV WALTER OETKEN
dem es die ganze Laterne in
Brand gesetzt hatte, entschied
Graf Anton Günther 1630, stattdessen eine Bake mit einem
Kohlenfeuer zu errichten.
Der Turm diente fortan als
Kirche, Magazin, Garnison und
Gefängnis. Durch die „Wanderung“ der Insel nach Osten
stand die Landmarke, die mitten im Dorf errichtet worden
war, schließlich am Weststrand.
In den Sturmfluten 1854/55
und 1862 wurde das Dorf zerstört und im damaligen Osten
wieder aufgebaut. Der „Westturm“ aber reckte sich bis
1912. Dann wurde er gesprengt.
1687 wurde ein mit Tran und
Rüböl befeuerter Leuchtturm
errichtet. Das hier nachts lodernde Feuer geriet 1705 außer
Kontrolle und setzte den ganzen Turm in Brand.
Auch an den Nachfolgemodellen von 1706, 1825 und
1830 hatten die Wangerooger
keine rechte Freude. Sturmfluten brachten sie zum Einsturz.
Erst der im Jahre 1859 in Betrieb genommene Turm, der aus
Sicherheitsgründen an den da-
maligen
Ostrand
– heute
Ortsmitte – verpflanzt
worden
war, hatte eine
längere
Lebens1966
begannen
dauer.
die
Bauarbeiten
Als 1969
für den neuen
wegen
der Verle- Leuchtturm.
FOTO: INSELARCHIV OETKEN
gung des
Fahrwassers vor der Insel im Westen der
neue Leuchtturm notwendig
wurde, waren die Tage des alten
gezählt.
Auf 26 Betonsockeln ruht
der neue 64,50 Meter hohe rotweiß-rote Leuchtturm. Sein 56
Kilometer weit sichtbarer roter
0,1-Sekunden-Blitz zeigt seit
dem 7. November 1969 im 4,9Sekunden-Takt der Seeschifffahrt den richtigen Weg.
Der Wangerooger Turm in
den Westdünen ist der vierthöchste Leuchtturm an den
deutschen Küsten.
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Seite 12 · Wilhelmshavener Zeitung
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27. April 2013
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Wilhelmshavener Zeitung · Seite 13
Vor Wangerooge gestrandet
Schiffsstrandungen waren für die Inselbewohner früherer Jahrhunderte kein Unglück. Sie
eigneten sich das
Strandgut gern an.
VON JÜRGEN PETERS
WANGEROOGE –In der Nacht vom
19. auf den 20. November
1992 brachte ein starker Nordwestwind mit Böen um zehn
Beaufort die Nordsee zum Kochen. Die Besatzung eines umgebauten Kutters funkt drei
Seemeilen nördlich von Wangerooge SOS. Nach einem Wassereinbruch müssen die vier Männer samt Bordhund ihr Fahrzeug
aufgeben.
Der in Wilhelmshaven stationierte Seenotkreuzer „Vormann Steffens“ ist schnell zur
Stelle, rettet drei Skipper und
das Tier aus den eisigen Wellen. Die Suche nach dem vierten Mann bleibt vergebens.
Einige Wochen zuvor, in der
Nacht zum 17. September, haben ein Segler und seine Begleiterin ihr Leben dem schnellen
Eingreifen der Besatzung des
Seenotrettungsbootes
„Wilhelm Hübotter“ von der Station
Wangerooge zu verdanken. Ihre
Yacht war offensichtlich wegen
irrtümlicher Peilung aus dem
Fahrwasser geraten, leck geschlagen und in kürzester Zeit
gesunken. Beobachter der SARWache (Search And Rescue, suche und rette) auf der damals
noch aktiven Wangerooger Marinesignalstation hatten die ro-
Der Bootsschuppen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung
Schiffbrüchiger in den Dünen östlich des Dorfes mit dem
Strandrettungsboot John Köster. FOTO: INSELARCHIV WALTER OETKEN
ten Leuchtkugeln und die brennende Handfackel gesichtet.
Kurz vor Mitternacht wurden die
Schiffbrüchigen gefunden und
aufgenommen.
Trotz modernster Überwachungstechnik und lückenloser
Beobachtung gibt es noch größere Strandungen – Pallas, Fides, Ondo sind hier nur ein paar
Namen aus jüngerer Zeit.
Dazu zählt auch die Havarie
des Dreimasters „Aquila Marina“. Der 38 Meter lange Toppsegelschoner – Eigner war zu
der Zeit der Rennfahrer Jochen
Mass – war aus der Karibik
kommend nach Deutschland
unterwegs zu einem Großseglertreffen in Bremerhaven. Der
Skipper verwechselte die Ansteuerung von Jade und Weser
und vergaß dann, als er seinen
Fehler bemerkte, die Abdrift
durch den Flutstrom zu berechnen.
Die Folgen waren fatal: Kurz
nach Mitternacht, drei Stunden
vor Hochwasser, steuerte er
seinen Schoner fünf Seemeilen
östlich von Wangerooge im Labyrinth der Sandbänke auf die
Mellumplate. Sofort schlug der
Holzrumpf des Oldtimers leck,
Wasser brach hinein. Und dann
machte der Skipper den nächsten Fehler. Statt Anker zu werfen, ließ er die Segel bergen
und versuchte, mit seiner 256
PS starken Maschine selbst frei
zu kommen. Dabei legte sich
die „Aquila Marina“ quer zu
Brandung und strandete. Zehn
Minuten später funkte der Kapitän SOS, Leuchtraketen standen hell über dem Wattenhimmel.
Der Wilhelmshavener See-
notrettungskreuzer „Vormann
Steffens“ barg die sieben Menschen, darunter zwei Kinder,
aus einer Rettungsinsel und
zwei Dingis. Morgens um vier
betraten die Geretteten in Wilhelmshaven wieder festen Boden.
Allein zwischen 1666 und
1850 wurden nahezu einhundert Strandungen vor Wangerooge, Spiekeroog und Langeoog registriert. Die oft vergeblichen Versuche, die Menschen von den Schiffen zu retten, führten im Jahr 1865 in
Kiel zur Gründung der Deutschen Gesellschaft zur Rettung
Schiffbrüchiger (DGzRS). Sie
hat heute ihren Sitz in Bremen.
Ihre Rettungsmänner haben
seitdem rund 60 000 Menschen aus Seenot gerettet.
Im Mittelalter gehörte das,
was an den Strand gespült wurde, dem Finder. Gestrandete
wurden zu Leibeigenen. Später
beschränkte die Obrigkeit das
Eigentumsrecht auf Sachen,
bis das Deutsche Reich 1874
die Strandungsordnung erließ.
Seitdem ist das Eigentum an
den gestrandeten Sachen beim
Geschädigten geblieben, der es
gegen Erstattung der Bergungskosten bei den Strandvögten
und -ämtern geltend machen
konnte.
Diese Strandungsordnung
wurde 1990 aufgehoben und
durch das im bürgerlichen Gesetzbuch geregelte Fundrecht
ersetzt, wonach der Finder das
Eigentum erst dann erwerben
kann, wenn der rechtmäßige
Eigentümer den Besitz der Sache aufgegeben hat.
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„Pudding“: Bake, Bunker und Eisbomben
Auf der ehemaligen Dünenbake am Ende der Zedeliusstraße wurde im Krieg ein Bunker gebaut, auf dem das Café Pudding
später gründete.
FOTO: ARCHIV OETKEN/WZ-BD
Wer einmal auf Wangerooge war, kennt das
Café Pudding. Es thront
auf einer hohen Düne.
VON JÜRGEN PETERS
WANGEROOGE – Eines der mar-
kantesten und über Wangerooge hinaus bekanntesten Gebäude der Insel ist das legendäre
„Café Pudding“ mit seinem
herrlichen Rundblick von hoher
Warte über den Strand. Es besteht jetzt 64 Jahre.
Doch die Stelle, an der es
jetzt steht, hatte schon vorher
eine Bedeutung für die Insel.
Aus dem Jahr 1859 ist bekannt,
dass 500 Meter nördlich vom
Leuchtturm eine Dünenbake
als Zeichen für die Küstenschifffahrt errichtet wurde.
1914, zu Anfang des Ersten
Weltkrieges, wurde sie abgebro-
chen. Diese Düne am Ende der
Zedeliusstraße war aber nicht
nur für die Seefahrt, sondern
auch für die Insulaner und ihre
Gäste eine wichtige Anlaufmarke.
Wer sich die Füße vertreten
wollte, lief die Straße hinauf,
umrundete die Düne, ließ sich
dort den Wind um die Nase wehen und kehrte zurück. „Ich geh
mal um den Pudding“, sagt der
Oldenburger Landsmann, wenn
er nur mal um den Häuserblock
spaziert, um Luft zu schöpfen.
In diesem Sinne bürgerte sich
die Bezeichnung Pudding für die
Düne ein.
Man konnte die Düne auch
erklimmen. Schmale Treppen
auf der Nord- und Südseite führten hinauf. Später wurde die
ebene Fläche oben gepflastert,
und man stellte Bänke auf. Auf
einer Metallplatte konnte man
lesen, in welcher Richtung Hel-
goland, der Rote-Sand-Leuchtturm und die Feuerschiffe in
den Flussmündungen zu erspähen waren.
Im Zweiten Weltkrieg wurde
auf dem „Pudding“ ein Bunker
gebaut. Wangerooge war ein
wichtiger militärischer Vorposten für den Schutz des Kriegshafens Wilhelmshaven. Oben
auf dem Bunker war eine „Funkschüssel“ montiert. Nach dem
Krieg baute man das Funkmessgerät wieder ab, doch der
Bunker thronte weiterhin oben
auf der Düne.
Die Bäckerfamilie Folkerts
entdeckte sein Potenzial. Sie
pachtete ihn und entmilitarisierte ihn, wie ihr die englische
Militärverwaltung geheißen hatte. Sie machte aus dem TrutzKlotz einen Eis- und Kuchenkiosk. 1948 installierten sie in
ihm ihre Eismaschine.
Und schnell reiften die Plä-
ne, auf der Düne ein Café zu errichten. Im Winter 1948/49
wurde der Plan Wirklichkeit. Am
4. Juni 1949 wurde das „Café
Pudding“ eröffnet. Einige Jahre
später konnte die Familie Folkerts das Grundstück erwerben. Im Winter 1971/72 baute
sie den „Pudding“ um. Die Terrasse, die bei schönem Wetter
immer sehr gut besucht war,
musste einem festen Dach weichen, das den Herbst- und Winterstürmen besser standhalten
konnte. Der Durchmesser des
Gebäudes wuchs um acht Meter.
Im Bereich des alten Bunkers ist heute das Büfett. Folkerts verpachteten ihre Bäckerei in der Zedeliusstraße und eröffneten stattdessen eine moderne Konditorei in der Peterstraße. Von hier beliefern sie
seitdem das Café Pudding mit
Torten und Gebäck.
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Dem Patron der Seeleute geweiht
de. Das Gotteshaus wurde
1950 wieder hergestellt. Man
hat es dabei innen völlig umgestaltet und ihm ein freundliches, helleres Aussehen gegeben. Die vom Delmenhorster
Kirchenmaler Hermann Oetken geschaffenen Kirchenfenster wurden von Gemeindemitgliedern gestiftet.
Neben der alten Glocke fanden zwei weitere Platz. 1963 erhielt die Kirche eine große neue
Walker-Orgel auf der erweiterten Empore. Nachdem eine Böe
Die Nikolaikirche ist
dem Patron der
Seeleute geweiht.
Erste Hinweise auf eine
Wangerooger Kirche
sind 700 Jahre alt.
VON JÜRGEN PETERS
WANGEROOGE – In einer hollän-
disch-friesischen Urkunde aus
dem Jahr 1327 finden sich erste schriftliche Hinweise auf die
erste kleine Inselkirche. Holländische Segelhandbücher aus
dieser Zeit nennen sie eben
„dat Stenhus up Wangero“, das
Steinhaus auf Wangerooge – für
die Seeleute eine wichtige
Landmarke zum Einsegeln in
die Weser.
Damals befand sich die Kirche weit im Westen der Insel,
dort wo einst der kleine Ort angesiedelt war und wo heute Wellen an den Weststrand schlagen. Nach der Reformationszeit
hat sie wahrscheinlich lange
leer und „wüst“ gestanden. Sie
verfiel immer mehr und stürzte
schließlich 1597 ein.
Dann ließ der Oldenburger
Graf Johann am heutigen Nordweststrand einen neuen großen
Turm – den alten Westturm – errichten, der als weithin sichtbares Seezeichen diente. Das
erste Stockwerk über dem gewölbten Erdgeschoss war der
Kirchraum, in dem über 250
Jahre lang Gottesdienste gefeiert wurden.
Damals stand der Turm mitten im Dorf. Er blieb auch stehen, als die Insel über den Jah-
Die Nikolaikirche vor dem Krieg mit den leichten
Rundungen im Dach des Turms. FOTO: INSELARCHIV OETKEN
reswechsel 1854/55 von gewaltigen Sturmfluten heimgesucht und das Dorf nahezu
gänzlich vernichtet wurde. Der
Großteil der Bevölkerung wurde
am Festland angesiedelt, in
Hooksiel und vor allem bei Varel
am südlichen Ende des Jadebusens. Ein kleinerer Teil der Insulaner zog an den Ostrand Wangerooges und baute sich hier
neue Häuser. Dieser Ostrand
Wangerooges ist heute, 155
Jahre später, die Robbenstraße mitten im Ort. Der Westturm
stand bis 1914, kurz nach
Kriegsbeginn wurde er aus militärischen Gründen von der Kaiserlichen Marine gesprengt.
Durch Mithilfe des DiasporaHilfswerkes „Gustav-Adolf-Verein“, durch staatliche Unterstützung und Sammlungen
konnte 1866 an der Stelle der
heutigen Nikolaikirche eine kleine Kapelle gebaut werden. Vier-
mal im Jahr kam
vom Festland ein
Pastor zu Gottesdiensten, Trauungen
und Taufen auf die
Insel. Erst seit 1895
ist die Pfarrstelle
ständig besetzt.
FOTO: WZ-BILDDIENST/KNOTHE
Da die Zahl der Die Kirche heute.
Insel-Einwohner stetig zunahm, entschloss man das Kreuz vom Kirchturm abgesich, an gleicher Stelle eine grö- knickt hatte, bekam der Turm
ßere Kirche zu bauen. Vorüber- ein Kupferdach, die Rundungen
gehend feierten die Wangeroo- der vorherigen Dachform gingen
ger ihre Gottesdienste im Saal dadurch verloren.
des damaligen Hotels Jürgens,
Die Kirche verdankt ihren Nadem heutigen Hotel Villa im men dem Heiligen Nikolaus.
Park am Dorfplatz. Am 19. Juni Er war im 5. Jahrhundert Bi1910 – vor 103 Jahren – wurde schof von Myra in Kleinasien
die neue Kirche eingeweiht. Der und gilt als Patron verschiedeGroßherzog von Oldenburg stif- ner Städte, der Seefahrer und
tete die Kanzel und den jetzt im Kinder. Die Namensnennung
Vorraum aufgestellten Altar.
„Nikolaikirche“ erfolgte 1929
Der Luftangriff am 25. April anlässlich der 125-Jahr-Feier
1945 auf Wangerooge beschä- des damaligen oldenburgidigte auch das Kirchengebäu- schen Seebades.
Seit 1949
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oder cafe.pudding@t-online.de
Seite 16 · Wilhelmshavener Zeitung
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und
Heute
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27. April 2013
Gäste in vierter Generation
ten Generation“, sagt Annemarie Mähr mit berechtigtem
Stolz.
Die Treue ihrer Gäste ist verständlich. Denn trotz aller Modernität und mit dem Angebot
allen Komforts ist der Charme
einer scheinbar vergangenen
Zeit erhalten geblieben. Ja, vieles im Haus Normannia ist pure
Nostalgie. Es lebt sich heute
im Hause Normannia allerdings
deutlich komfortabler als zu
des Großherzogs Zeiten.
Manche Pension auf
Wangerooge blickt auf
eine lange Tradition
zurück.
VON JÜRGEN PETERS
WANGEROOGE – Die Jahre 1910
bis 1912 waren eine Zeit reger
Bautätigkeit auf Wangerooge.
Wo die Elisabeth-Anna-Straße
und der Damenpfad sich kreuzen, entstand die Ecke der heute Hundertjährigen. Die Häuser
Normannia, Jakobs und Schöneck wurden gebaut, ebenso das
Haus Wilters, das heute als
Haus Ansgar katholisches Gemeindehaus mit öffentlicher
Bücherei und beliebter Treffpunkt kommunikativer Menschen ist. Etwas weiter nördlich
entstand das Café am Damenpfad. Die Wege zum Hauptstrand sind optimal kurz.
In jener Gründerzeit herrschte auf Wangerooge noch der
Großherzog zu Oldenburg, der
sich jährlich mit seinem Anhang
Das Haus Normannia wurde im Jahr 1911 er­
öffnet.
FOTO: INSELARCHIV WALTER OETKEN
auf der Insel einfand, um sich
zu erholen. Damals besuchte er
auch das Haus Normannia, um
einen alten Freund zu besuchen
und fröhlich zu zechen. Damals
wie heute ist die Familie im Besitz des Hauses.
Annemarie Mähr, Enkelin
des Normannia-Erbauers Fried-
rich Große, führt
das heute längst
modernisierte
und mit Ferienwohnungen ausgestattete Haus.
„Wir
haben
Stammgäste be- Das Haus Normannia hat sich äußerlich
FOTO: WZ-BILDDIENST/KNOTHE
reits in der vier- kaum verändert.
27. April 2013
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Wilhelmshavener Zeitung · Seite 17
Aus Ruinen auferstanden
Das Hotel Hanken ist
ein Spiegelbild der
Wangerooger Fremdenverkehrsgeschichte.
VON HARTMUT SIEFKEN
WANGEROOGE – Das Hotel Han-
ken zählt seit seiner Eröffnung
1904 zu den ersten Adressen
auf der Insel. Der Kolonialwarenhändler Engelhardt Hanken
ging damals voll ins Wagnis,
lieh sich eine große Summe
Geldes und setzte ganz auf die
Karte des damals aufblühenden Fremdenverkehrs.
Damals wurde der Ostanleger eröffnet, der von den Passagierschiffen des Deutschen
Lloyds angefahren wurde, zwei
Jahres später entstand der
großzügige Bahnhof.
Hankens bemühten sich um
größtmöglichen Komfort für ihre
Gäste. Mit Eimern wurde jeden
Morgen frisches Wasser die
Stockwerke hinauf in die Zimmer getragen und in Kannen gefüllt. Als die Insel ans Stromnetz angeschlossen war, installierte man eine Pumpe und
Wasserzapfstellen in jedem
Flur. Im großen Saal trafen sich
die Gäste zum „table d’hote“,
dem gemeinschaftlichen Essen, das sich häufig über drei
Stunden erstreckte und sich
nach der Badezeit richtete.
Vor und während des Ersten
Weltkriegs zogen die Soldaten
auf die Insel, die zur Festung
ausgebaut wurde. Die Gäste
blieben aus, und die Soldaten
gingen nicht gerade zimperlich
mit ihren Quartieren um. Entsprechend sah auch das Hotel
Hanken nach dem Krieg aus.
Hankens waren gezwungen, erheblich zu investieren und den
gestiegenen Erwartungen der
Kundschaft anzupassen. Jedes
Zimmer bekam jetzt Wasseranschluss und ein Waschbecken. Die dafür aufgenommenen Schulden drückten. 1929
wurde ein zusätzliches Dachgeschoss aufgesetzt. Jetzt zählte
das Hotel 75 Zimmer mit 120
Betten. Es gab einen großen
Balkon, einen großen Saal, ein
Café mit Konditorei.
Dann dräute der Zweite Weltkrieg. Wieder quartierten sich
Soldaten ein. Das Kriegsende
geriet zum Inferno. 6000 Bomben prasselten auf Wangerooge
und zerstörten das Dorf zum
großen Teil. Auch das Hotel
Hanken lag zur Hälfte in Schutt
und Asche.
Der Wiederaufbau war die
Aufgabe der nächsten Generation. Kurt Ludwig Hanken und
seine Ehefrau Käte Marianne
übernahmen den Trümmerhaufen. Sie und ihre Kinder klopften Steine, bauten zunächst für
sich und dann für ihre Gäste ein
neues Dach über dem Kopf.
Nach zwei Jahren konnten sie
ihr Hotel wieder eröffnen. Viele
Gäste zahlten in Naturalien. In
den 50er-Jahren wurde die Terrasse gebaut, im Saal wurde
die „MöweBar“ mit der
längsten
Das Hotel Hanken 1906 und heute.
FOTO: ARCHIV OETKEN/WZ-BILDDIENST
Theke Wangerooges und der
ersten Musikbox der Insel eingerichtet. Hier traten in den
Wirtschaftswunderjahren viele
bekannte Künstler auf. Vor dem
Hotel eröffnete die legendäre
Würstchenbude, und Hankens
verdankten die Gäste auch das
erste Softeis auf der Insel. Im
großen Saal ließ der Hotelier
Kinofilme laufen. An- und Umbauten folgten. 1960 war das
Hotel das erste und einzige mit
Dusche und WC für jedes Zimmer. Mitte der 60er-Jahre wurde
ein Schwimmbad gebaut und
dafür ein eigener Brunnen gebohrt.
Platz war knapp: Zur Mittagszeit wurde das Schwimmbecken mit massiven Platten abgedeckt, um hier zusätzliche Tische für
den Mittagsbetrieb
aufzustellen.
Curt und Ute Hanken
übernahmen
den Betrieb in dritter
Generation. Auch sie
investierten fortlaufend in die
Erneuerung des Hotels. 1995
übertrugen sie die Geschäftsführung Hanke Rippen, einem
Mann vom Fach, aus Friedeburg
stammend. Eine neue Hotellobby wurde gebaut, das benachbarte Haus Luginsmeer erworben und als Seehotel vollkommen renoviert wiedereröffnet.
Seit einigen Jahren ist das
Hotel auch winters geöffnet.
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Seite 18 · Wilhelmshavener Zeitung
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27. April 2013
Tiling startete erste Raketen
Der Ingenieur Reinhold
Tiling startete auf Wangerooge eine Reihe von
Versuchs-Raketen. Der
Waffenentwickler starb
bei der Explosion seines Labors.
VON JÜRGEN PETERS
WANGEROOGE – Die ersten erfolgreichen Raketenversuche
erfolgten nicht in Peenemünde,
sondern auf Wangerooge. Der
Mann, der diese Flugkörper entwickelt hatte und sie dann in
den östlichen Inseldünen und
vom Wangerooger Flugfeld abschoss, war der Ingenieur und
Pilot Reinhold Tiling.
Tiling wurde am 13. Juni
1893 im fränkischen Absberg
als Sohn eines Pastors geboren. Er begann ein Studium des
Maschinenbaus und der Elektrotechnik, wurde zum Kriegsdienst eingezogen und meldete
sich 1915 freiwillig zur Luftwaffe. Die neuartige Jagdfliegerei
war nach seinem Geschmack.
Nach Kriegsende machte
sich Tiling als Kunstflieger
einen Namen. Angeregt durch
das Buch „Die Rakete zu den
Planetenräumen“ von Hermann
Oberth, dem bekanntesten Raketenpionier der damaligen
Zeit, wandte sich Tiling 1924
der Raketentechnik zu, 1928
startete er seine ersten Experimente. Anders als Oberth, Werner von Braun und Johannes
Winkler entschied Tiling sich für
wiederverwendbare Raketenflugkörper. Sie starteten als Rakete und landeten mit ausklappbaren Flügeln.
Tiling erhielt 1928 sein erstes Patent auf ein „Raketenflugzeug mit ausschwenkbaren
Tilings Raketenversuche auf Wangerooge in den Dünen
nördlich des heutigen Flugplatzes. – Kleines Foto: Reinhold
Tiling mit Pilotenmütze.
FOTO: INSELARCHIV JÜRGENS
Tragflächen“ (DRP 509 115).
Die Tragflächen waren in zwei
der vier Leitflossen so eingelassen, dass sie bei Erreichen der
größten Flughöhe durch einen
Zeitzünder ausgeklappt werden
konnten. So segelte der Flugkörper anschließend in sanftem
Gleitflug auf die Erde zurück.
Reinhold Tiling erhielt noch
ein zweites Patent: für eine Rakete, bei der die Leitflossen im
höchsten Flugpunkt so verstellt
wurden, dass sie wie bei einem
Hubschrauber wirkten. Sie ließen den Flugkörper langsam
und unbeschädigt sinken.
Tilings Versuche verschlangen eine Menge Geld. Er fand in
Gisbert Freiherr von Ledebur
einen begeisterten Anhänger.
Der stellte Tiling auf seinem
Schloss Ahrenhorst in Bohmte
bei Osnabrück eine Werkstatt
zur Verfügung. Im Juni 1929
führte Tiling mit großem Erfolg
seinen ersten Flugversuch vor
illustren Vertretern aus Wirtschaft und Verwaltung vor: Die
Spielwaren · Andenken · Haushaltswaren
MONOPOLY
WANGEROOGE
Rakete erreichte unter dem Beifall der Anwesenden eine Höhe
von etwa 1000 Metern.
Das Land Oldenburg stellte
ihm darauf hin auf Wangerooge
ein spezielles Testgelände für
Raketenversuche zur Verfügung. Hier konnte er seine
Starts vor Fachleuten unter
größtmöglicher Geheimhaltung
durchführen.
Offiziell wurden die Tilingschen Versuche als „Postraketen“ bezeichnet, die Flugkörper
sollten möglichst rasch Post
auf die vorgelagerten Inseln
transportieren. Doch erwiesen
ist, dass Tilings Absichten eindeutig von Anfang an auf dem
militärischen Gebiet lagen. Er
selbst zählte in einer Aufstellung eine lange Liste militärischer Anwendungsmöglichkeiten seiner Raketen auf: Geschossrakete für Land- und
Luftkrieg; Flugzeugbombe für
den Horizontalschuss; Lenkgeschoss für große Entfernungen;
Antriebsmittel für Unterwassergeschosse; Signalrakete; Nachrichtenmittel mit Fernlenkung;
Zieldarstellung bei der Ausbildung der Truppe in der Luftabwehr . . .
Diese militärischen Verwendungsmöglichkeiten probte der
Raketenpionier auf Wangerooge. Er ließ beispielsweise unter
den Tragflächen einer „Klemm
35“, einem Sportflugzeug aus
Holz, 33 Kilogramm schwere
Raketen von zehn Zentimetern
Durchmesser und 1,5 Meter
Länge montieren und deklarierte das als „Bombenabwurf
nach vorn“.
Tilings Freund und Gönner
Freiherr von Ledebur berichtete
als Augenzeuge: „Er flog von
Süden unsere gewohnte Abschussstelle an. Genau über ihr
zeigte eine Rauchwolke unter
der Tragfläche aus Holz und
Stoff uns die Zündung an. Dann
schoss pfeilgerade der Rauchschwanz der Rakete, dem Flugzeug vorauseilend, auf die See
hinaus. Sekunden später stieg
fern am Horizont eine Wassersäule auf, den Einschlag anzeigend.
Der erste Bombenabwurf
nach vorn – so bezeichnete es
Tiling nach der Landung war geglückt.“ Bei einem zweiten
Start schoss Tiling im Sturzflug
eine Rakete auf eine am Boden
gezeichnete Zielscheibe ab.
Der spätere Generaladmiral
und Chef des Marinewaffenhauptamtes Karl Witzell aber
teilte dem enttäuschten Tiling
in dürren Zeilen mit, dass „die
Marine solche halsbrecherischen Feuerwerkskunststücke
nicht mitmache“.
Tiling wandte sich nun an
ausländische Interessenten.
Insbesondere die Engländer
waren auf Tilings Versuche aufmerksam geworden. Eine englische Militärkommission hatte
sich zu einer umfangreichen Raketenvorführung im Oktober
1933 angesagt.
Doch dazu kam es nicht
mehr. Am Nachmittag des 10.
Oktober 1933 flog das Tilingsche Labor durch eine Explosion
in die Luft. Der erst 40-jährige
Tiling und seine zwei Helfer, Angelika Buddenböhmer und der
Monteur Friedrich Kuhr, verstarben an ihren Verletzungen.
1934 ließ die Heeresleitung
die Werkstätten in Ahrenshorst
schließen und beschlagnahmte
alle Akten und technischen Aufzeichnungen. Das neue Regime
und seine militärischen Berater
hatten sehr schnell erkannt,
welche Möglichkeiten die Raketenentwicklung bot. Das Heereswaffenamt in Berlin zog die
gesamte deutsche Raketenentwicklung zusammen. Am Ende
dieser Anstrengungen standen
Peenemünde und die V2, die
Riesenrakete, die nur vier Jahrzehnte nach Tilings tragischem
Tod Grundlage für den Flug von
Menschen zum Mond sein sollte.
Tilings Grab ist auf dem Hasefriedhof in Osnabrück zu finden ist, in Bohmte erinnert ein
Gedenkstein, in Osnabrück
eine Straße und auf dem Mond
ein Krater, der nach ihm benannt wurde, an den Raketenpionier.
27. April 2013
Gester n
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Wilhelmshavener Zeitung · Seite 19
Villa mit langer Hotel­Tradition
Das Hotel „Villa im
Park“ blickt auf eine
120-jährige Geschichte
zurück. Jürgen Ulfers
Jürgens gründete es
damals am Dorfplatz.
VON HARTMUT SIEFKEN
WANGEROOGE – Im Jahr 1893
gab es nur den Dorfplatz, die
Robbenstraße und das Gelände
des Kurhauses östlich des Dorfes, berichtet der Inselchronist
Hans-Jürgen Jürgens. An der Zedeliusstraße standen zwei Häuser und oben am Strand erst
zwei Hotels. Das Dorf hatte 37
Wohnungen, und 47 Kinder besuchten damals die einklassige
Schule, so Jürgens weiter.
Das Hotel „Villa im Park“ wurde als Hotel Jürgens vor 120
Jahren gegründet.
FOTO: INSELARCHIV WALTER OETKEN/WZ-BILDDIENST/KNOTHE
kam. Er verkaufte es an die
Deutsche Gesellschaft für Kaufmanns-Erholungsheime, die es
fortan Hansa-Heim nannte. Im
Zweiten Weltkrieg richtete die
Marine hier eine Kleiderkammer und große Schuhreparaturwerkstatt ein.
Das Hansa-Heim bestand
Jürgen Ulfers Jürgens war
ein weltläufiger Mann. der gebürtige Wangerooger hatte bereits in London und Paris gearbeitet. Doch auf Wangerooge
wollte er mit seiner Braut Magdalene, geb. Janssen, sein
Glück machen.
Er ließ den Hotelbau errichten und mit den Möbeln des in
Konkurs gegangenen Konkurrenten Stammer bestücken.
Der Hotelbetrieb begann zu florieren, als 1897 die Inselbahn
gebaut war und die Anreise vom
Westanleger aus bequemer
wurde. Das Haus wurde erweitert, bekam einen Tennisplatz
und
Acetylenbeleuchtung,
1905 elektrisches Licht.
1911 verkaufte der Hotelier
sein mittlerweile erweitertes
Gasthaus an seinen Neffen
Theodor Jürgens. Er selbst baute das Hotel Germania am
Strand neu. Im Ersten Weltkrieg
hausten auf der Insel statt der
Gäste die Soldaten. Theodor
Jürgens musste in den Krieg
ziehen, während sein Haus ver-
nach dem Krieg bis 1991 fort.
Dann ging es in den Besitz von
Marlene Hauck über, die es im
Jahr 2007 an die Immcon
GmbH verkaufte. Diese Gesellschaft betreibt das Traditionshaus heute als Viersterne-Hotel
und dem Namen „Villa im
Park“.
Gester n
Seite 20 · Wilhelmshavener Zeitung
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27. April 2013
Die Glocke der „Wangeroog“
Auf abenteuerlichen
Wegen gelangte die
Glocke des Lotsenschoners „Wangeroog“
nach Südamerika und
von dort wieder zurück.
VON JÜRGEN PETERS
WANGEROOGE – Diese Geschich-
te liegt schon einige Jahre zurück. Sie begann mit der ungewöhnlichen Suche nach einer
Schiffsglocke. Der Wangerooger Hans-Jürgen Jürgens – Insulaner von Geburt, Insulaner mit
Leib und Seele, weit über die
Grenzen seiner Insel hinaus bekannter Chronist und Autor
mehrerer Bücher über das einzige oldenburgische Eiland – hatte im Herbst 1992 einen Fernsehauftritt bei Dieter-Thomas
Heck.
Jürgens suchte eine Glocke.
Sie war in den Nachkriegswirren
von der Insel verschwunden,
trug die Inschrift „Der Lorbeerbaum“. Die Suche blieb allerdings vergebens. Dafür aber
hängt in der „Teestube“ eine
Schiffsglocke mit der Aufschrift
„Wangeroog“. Und darüber
prangt in der Glockenbronze die
kaiserliche Krone.
Nun, wie das so ist bei einer
Geschichte, im Gespräch kommen dann ganz erstaunliche
Dinge zutage. Der Bogen spannte sich schließlich zwischen
Wangerooge und Wilhelmshaven, bis hin zu den Lotsen und
An Deck des Lotsenschoners „Wangeroog“, der 1906 ge­
baut wurde und nach Brasilien gelangte. Von dort kehrte seine
Glocke zurück.
FOTO: INSELARCHIV WALTER OETKEN
ihren ersten Schiffen, die den
Namen der Insel trugen.
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31. Oktober 2013.
senkommandos an der Jade
war der Schoner „Wangeroog“.
Er fuhr von 1866 bis 1903, hatte 98 tons. Das Schiff war als
Jacht in England gebaut worden
und wurde 1866 für das Königlich Preußische Lotsenkommando erworben und bei Bedarf
auf der Seestation vor der Jademündung stationiert. Mit dem
damaligen Datum beendeten
die Weserlotsen auf der Jade
ihre Tätigkeit. Über den weiteren Verbleib des Schiffes nach
1903 ist nichts bekannt.
Am 1. April 1862 war die
„Königlich Preußische Barsemeisterei“ – die damalige Bezeichnung einer Seezeichenbehörde – durch die Admiralität
in das „Königlich Preußenkommando an der Jade“ umgewandelt worden. 1866 hatten sieben Lotsenanwärter ihre Ausbildung mit einer Lotsenprüfung
abgeschlossen. Sie wurden zu
Jadelotsen ernannt und im Beamtenverhältnis angestellt –
der Lotsenschoner „Wangeroog“ in Dienst gestellt.
Das vierte Schiff des Lotsen-
kommandos hieß ebenfalls
„Wangeroog“, war auch ein
Schoner. Er fuhr von 1906 bis
1923. Das 148 Bruttoregistertonnen große Stahlschiff war
bei Meyer in Papenburg gebaut
worden. Seine Maße werden
unterschiedlich angegeben, es
muss aber um die 25 Meter
lang und etwas mehr als sechs
Meter breit gewesen sein.
Diese „Wangeroog“ und ihre
Besatzung tat sich dann im Jahr
1907 besonders hervor. Unter
der Führung des Oberlotsen
Hinrich Renken Luths – einem
am 27. Oktober 1856 im ehemaligen Westdorf Wangerooge
geborener Insulaner – wurden
am 12. Oktober zwei Luftschiffer eines auf der Jade notgelandeten amerikanischen Ballons
gerettet.
Im Jahre 1919 wurde der
Schoner als Lotsenschiff für
den Nordseedienst im Ostausgang des Englischen Kanals
stationiert. Der Dienst wurde
am 30. September 1919 wieder eingestellt. Zwei entlassene Marinesoldaten – Moritz und
Rink mit Namen – übernahmen
den Schoner und führten diesen Lotsdienst auf gewerblicher
Grundlage bis 1922 weiter.
Elli Eweling aus Wilhelmshaven erwarb dann 1923 das
Schiff und veranstaltete für Kurgäste Fahrten in See. 1924
nutzte eine „Freiwillige Marineschule“ den Schoner als Schulschiff. Anfang der 30er Jahre
wurde es im Hamburg umgebaut und an einen schwedischen Fabrikanten verkauft. Er
nannte das Schiff jetzt nach seiner Frau „Anna Elisabeth“,
brachte es unter nicht bekannten Umständen über den Atlantik nach Brasilien. Hier fuhr das
Schiff noch lange als Frachtsegler Holz.
Erst im Jahr 1951 wurde es
aus den Schiffsregistern gestrichen. Die „Anna Elisabeth“ verrottete dann im Sand des Rio
Timbos – Fluss der Stinktiere –
nördlich von Recife. Dort fand
der Hamburger Kaufmann Edgar Mohrdieck 1960 auf dem
Wrack die alte Glocke mit der Inschrift „Wangeroog“. Erst 1990
brachte er sie nach Hamburg.
Und als der Hanseat dann die
Fernsehsendung gesehen hatte, stand für ihn fest, die Glocke
gehört nach Wangerooge.
So kehrte das alte Relikt, 30
Zentimeter hoch und zehn Kilogramm schwer, auf die Insel zurück. Der Kreis hatte sich geschlossen.
27. April 2013
Gester n
und
Heute
präsentiert von der
Wilhelmshavener Zeitung · Seite 21
Als es nach Robbentran stank
Die Robbenstraße ist
die älteste der Wangerooger Straßen. Damals
lebten die Insulaner
vom Robbenfang.
VON JÜRGEN PETERS
WANGEROOGE – Die älteste be-
festigte Straße auf der Insel ist
die Robbenstraße. Wer auf dem
alten Leuchtturm, dem heutigen Inselmuseum, von der
Plattform nach Norden schaut,
sieht direkt unter sich diese
Straße, die am Appellplatz mitten im Ort endet. An dieser Straße stehen auch die ältesten
Häuser Wangerooges.
Wangerooge, die östlichste
der
sieben
ostfriesischen
Inseln, ist eine „wandernde“
Insel. Die Strömungsverhältnisse – von West nach Ost – bewirken eine natürliche „Wanderung“. Das alte Dorf, das sogenannte Westdorf – weil es vor
dem heutigen Westende Wangerooges lag –, wurde durch
schwere Sturmfluten um die
Jahreswende 1854 und 1855
größtenteils zerstört.
Viele Insulaner verließen
das Eiland, zogen in die Nähe
von Varel und nach Hooksiel,
nur wenige Familien siedelten
sich 1863 im damaligen Osten
der Insel wieder an, wo heute
der alte Leuchtturm steht und
die Robbenstraße aus dieser
Zeit stammt.
Die ersten hier gebauten
Häuser sind die Nummern 8,
10 und 12. Diese wurden damals im Westdorf abgebrochen
und hier wieder aufgebaut. Die
Robbenstraße war die erste,
der die Insulaner überhaupt
Die Robbenstraße zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Sie ist die älteste Straße des in den 1860­
er­Jahren vom Westen an den heutigen Standort verlegten Dorfes.
FOTO: ARCHIV WALTER OETKEN
Der Blick in die Robbenstraße
heute.
FOTO: WZ-BILDDIENST/KNOTHE
einen Namen
gaben. Am 7.
Oktober 1910
schrieb der Gemeinderat den
Namen „Robbenstraße“
fest.
Damals lebten die Insulaner hauptsächlich vom Fischund
Robbenfang. Der Touris- Blick vom Alten Leuchtturm in die Robbenstra­
mus blühte erst ße (rechts)
FOTO: WZ-BILDDIENST/KNOTHE
langsam auf.
Auch der erfahrene See- wachsener Seehund brachte
hundsjäger August Tannen acht Liter Tran, der unter andewohnte in dieser Straße. Der rem zum Abdichten von LederGestank beim Ausbraten des stiefeln gebraucht wurde. Was
Seehundsspecks missfiel den lag also näher, als dieser StraNachbarn häufig, aber ändern ße den immer noch existierenkonnten sie nichts. Ein ausge- den Namen zu geben.
Seite 22 · Wilhelmshavener Zeitung
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27. April 2013
Wangerooge in Trümmern nach dem verheerenden Bombenangriff gegen Ende des schon verlorenen Krieges, am 25. April
1945. Man sieht die Trümmer der zerstörten katholischen St.­Willehad­Kirche.
FOTO: INSELARCHIV WALTER OETKEN
Bomben auf Wangerooge
Am 25. April 1945 flogen 480 alliierte Bomber gegen Wangerooge.
Bei dem Bombardement kamen 311 Menschen ums Leben.
VON JÜRGEN PETERS
WANGEROOGE – Über 2200 Ton-
nen Bomben hatten die Flugzeuge, die am 25. April 1945
das vermeintlich stark befestigte Wangerooge anflogen, an
Bord. Innerhalb weniger Minuten warfen sie ihre Tod bringende Last ab und legten das Dorf
in Schutt und Asche. 311 Menschen starben beim letzten
Bombenangriff auf ein deutsches Ziel.
An diesen schwärzesten Tag
in der Geschichte der Insel
kann ich mich noch erinnern. Einige Insulaner hatten in der Dünenkette zwischen Ortswestrand und Friedhof – heute ist
hier der idyllische Tuunpad –
ihre Gärten. Meine Mutter werkelte im Garten, brachte Saatgut ein, hackte die Beete, der
Kinderwagen mit meiner sieben
Monate alten Schwester stand
in der schon leicht wärmenden
Sonne, ich – damals etwas über
vier Jahre -, spielte im Dünensand. Es war etwa 17 Uhr, als
das Inferno begann. Eine Viertelstunde lang bebte die Insel
unter dem Bombenhagel, wer
konnte, war in die Keller und
Bunker geflüchtet.
Nur wenige Meter neben
meiner Mutter, die mit mir und
meiner Schwester Schutz am
Gartenwall gesucht hatte,
schlug eine Bombe ein. Sie
blieb als Blindgänger liegen!
Mein Vater hat ihn später, nach
seiner Rückkehr aus Russland,
entschärft und gesprengt.
Der Rückweg in den Ort zu
unserem Haus in der Carstensstraße hat sich für immer
festgesetzt. Das brennende Hotel Charlotte an der Anton-Günther-Straße, das zerstörte Zentral-Hotel in der Ortsmitte, die
rauchenden Trümmer vieler
Häuser – das alles ist im Gedächtnis geblieben.
Warum gerade Wangerooge?
Warum so viele Bomben auf
eine so kleine Insel? Warum
noch einmal dieser geballte alliierte Angriff mit englischen, kanadischen und französischen
Bombern? Fragen, die auch
über sechs Jahrzehnte nach
dem unheilvollen Krieg niemand so recht beantworten
kann. Insel-Chronist Hans-Jürgen Jürgens hat in seinem mit
großer Akribie recherchierten
Buch „Zeugnisse aus unheilvoller Zeit“ versucht, Antworten zu
finden. Die Küstenbatterien
auf Wangerooge seien das Ziel
des Angriffs gewesen, schreibt
er. Doch die Batterien hat es
nur bedingt gegeben.
Jürgens: Auf 25 Flugplätzen
im Südosten Englands starteten ab 14.25 Uhr 464 viermotorige Bomber der Typen Halifax
und Lancaster sowie 16 zweimotorige Zielmarkierer-Flugzeuge vom Typ Mosquito, um den
letzten Großeinsatz der Royal
Air Force gegen Deutschland zu
fliegen . . . Für die meisten der
rund 4000 Offiziere und Mannschaften war es zugleich der
letzte Feindflug im Zweiten Weltkrieg. Ihr Ziel waren die Küstenbatterien auf Wangerooge.
Auf der Insel vermuteten die
Alliierten im Westen eine vollständige schwere Küstenbatterie (30,5 cm). Außerdem waren
in ihren Karten die ehemalige
Schröter-Batterie im Groden
westlich der Gaststätte Saline
und die Graf-Spee-Batterie südwestlich des Dorfes noch als
einsatzbereite Batterien eingezeichnet.
Östlich des Dorfes wähnten
sie außer den vier 15-cm-Geschützen von „Jade-Ost“ noch
eine weitere schwere Batterie in
den Dünen zwischen Batterie
Neudeich und dem Osten. Dort,
wie auch im Gelände der GrafSpee-Batterie, waren Scheinbatterien aus Holzgeschützen
aufgebaut worden.
Tatsächlich standen Ende
April 1945 auf der Insel außer
den drei schweren Flakbatterien nur fünf Seezielgeschütze, von denen das eine 30,5cm-Geschütz im Westen noch
gar nicht eingeschossen war.
Die Feuerkraft der Wangerooger
Küstengeschütze wurde so in
tragischer Weise stark überschätzt und führte zur Katastrophe für Wangerooge.
Fortsetzung auf Seite 23
27. April 2013
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Wilhelmshavener Zeitung · Seite 23
Inseldorf nach
Angriff in
Trümmern
Fortsetzung von Seite 22
Fest steht, dass dieser taktische Luftangriff kein Terrorangriff gegen die Zivilbevölkerung
sein sollte; ebenso wenig war
die Erklärung Wangerooges zur
Festung ein Grund für die Bombardierung. Soweit Hans-Jürgen
Jürgens.
Die Initiative für den Großangriff auf Wangerooge kam vom
Hauptquartier der kanadischen
Truppen, deren Landstreitkräfte
innerhalb des alliierten Lagers
die Eroberung der ostfriesische
Küste einschließlich der Inseln
zugedacht war. Zum Entscheidungszeitpunkt am 24. April befand sich das Hauptquartier bei
Meppen im Emsland. Auch der
britische Feldmarschall Bernard Montgomery war für eine
schwere Bombardierung, um
hohen Verlusten bei
einer möglichen Invasion vorzubeugen.
Im geschichtlichen
Rückblick ist eine
dringliche
militärische Notwendigkeit
der Bombardierung
Wangerooges, ebenso wie die des Großangriffs auf Helgoland
am 18. und 19. April
1945, zu bezweifeln.
Der Vormarsch der Alliierten auf dem Festland schritt
schnell voran. Der Luftangriff erfolgte möglicherweise, um die
hohe
Materialüberlegenheit
sichtbar zu machen.
Die Kanadier überschätzten
die Abwehrkraft und Anzahl der
Batterien und Geschütze. Etliches war bereits an andere
Kriegsschauplätze – beispielsweise 1941 nach Las Palmas
als Militärhilfe für den spanischen Diktator Franco – gebracht worden.
Das auf der Insel nahe dem
Westturm aufgestellte 51 Meter hohe Funkmessgerät vom
Typ Wassermann mit einer
Reichweite von 400 Kilometern
ortete bereits die sich über Südost-England sammelnden Bomberverbände.
Um 16.47 Uhr wurde ein
Voralarm für die Bevölkerung
ausgelöst, die daraufhin die
Luftschutzbunker im Dorf aufsuchte. Die Inselbevölkerung
musste zwar mit einem Angriff
rechnen, weil eine Woche zuvor
Helgoland Ziel schwerer Angriffe gewesen war. Trotzdem maß
sie diesem Alarm keine große
Bedeutung bei, da täglich große
Bomberverbände
nach
Das zerbombte Hotel Charlotte (großes Foto) und das zer­
störte Hotel Fresena.
FOTO: INSELARCHIV WALTER OETKEN
Deutschland einflogen.
Um 16.59 Uhr setzten die
Mosquito-Bomber ihre Zielmarkierungen über den Bunkeranlagen in den Dünen. Erst zu diesem Zeitpunkt, als die Bomberpulks bereits über der Insel waren, war allen klar, dass der Angriff der Insel galt. Um 17 Uhr
eröffneten die Flakstellungen
noch das Feuer, das sie aber
bald darauf einstellten. Einige
Kanonen wurden durch umherfliegende Trümmer unbrauchbar.
In nur 16 Minuten fielen in
drei Angriffswellen 6135 Bomben mit 2210 Tonnen Sprengstoff, die eine Kraterlandschaft
hinterließen. Und Tote! Neben
mehr als 130 deutschen Soldaten waren es auch 121
Zwangsarbeiter aus den Niederlanden, Belgien, Polen, Frankreich und Marokko, die in ungeschützten Baracken untergebracht waren, noch sechs Marinehelferinnen sowie 21 einheimische Frauen und Kinder.
Ein Befehlsbunker mit 20
Personen – in den Dünen hinter
dem Schwimmbad – hatte bei
dem Angriff einen Bomben-Volltreffer erhalten. Da er nur noch
Leichenteile enthielt, wurde er
verschlossen und zum Kriegsgrab ernannt. Heute mahnen
eine Inschriftenplatte mit den
Namen und ein großes Kreuz an
diesen Tag. 1951 legte der
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) nördlich vom
Inselfriedhof in einem Kiefernwäldchen einen Ehrenfriedhof
an. 238 Opfer dieses Bombardements wurden dorthin umgebettet.
Der „Krieg“ hingegen ging
auf Wangerooge weiter. Die
„Festung Wangerooge“ kapitulierte nicht. Stattdessen verbreitete der Festungs-Kommandant Durchhalteparolen. Die
Kampfhandlungen gegen feindliche Flugzeuge setzten sich auf
Nietiedt
geringem Niveau bis zum 4. Mai
fort: Den letzten Schuss gab
eine Flakbatterie ab, um einen
Angriff britischer Bomber auf
deutsche Schiffe zu verhindern.
Am 11. Mai 1945 betraten
erstmals alliierte Soldaten die
Insel. Sie landeten mit zwei
Flugzeugen. Die militärische Besetzung durch kanadische Truppen erfolgte am 20. April 1945.
Sie sprengten im Juni die intakt
gebliebenen Bunker in den Dünen. Reste von ihnen wurden
viele Jahre später von übenden
Bundeswehr-Pionieren
zugeschüttet und bepflanzt. Die vielen Bombentrichter haben sich
im Laufe der Jahrzehnte zu
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Kampf gegen die Seeräuber
Piraten trieben über
Jahrhunderte in der
Nordsee ihr Unwesen.
Auch Wangerooge litt
unter ihren Einfällen.
wurden am 12. März 1592 von haltischen Fürsten in Jever. Vor- Mannschaft einmal, am 25.
einer Flottille der Freibeuter- nehmlich wurde wieder Wange- Mai 1697, einen feindlichen
kapitäne Tamme Liefert, Jacob roge betroffen, welches, weil Handstreich auf im Hafen der
Tomaßsen und Otto Liefländer seine kräftige männliche Bevöl- Insel liegende Schiffe durch Geüberfallen, geplündert und zum kerung sich auf Seefahrt be- schützfeuer abzuweisen; soTeil weggenommen. Mit einem fand, auf sich allein angewie- bald aber die Kaperschiffe wiehinzugekommenen vierten Kor- sen so gut wie wehrlos war. der in See gingen und der Insel
saren, Keteler, ging Liefert bei Während des dritten Erobe- keine unmittelbare Gefahr mehr
der Heppenser Fähre an Land, rungskrieges König Ludwigs drohte, wurde die Besatzung
WANGEROOGE/SI – In seinem Kapitel über Wangerooge in sei- zechte bei dem dortigen Fähr- XIV. wurde die Insel, seit 1693 flugs zurückberufen, zur Vernem Geschichtswerk über „Ost- mann und Krüger und nahm un- ein förmliches Malepartus der meidung der Kosten und um die
ringen und Rüstringen“ berich- mittelbar danach, am 15. März, französischen Raubvögel, von Garnison der Stadt Jever vollständig paradieren zu lastet der Historiker Georg Sello vor der Jade ein ebenfalls
sen . . .
1928 auch über die Piratenein- aus Emden kommendes
Bremen entsandte auf
falle auf Wangerooge:
Schiff, welches 24 EdelJeverländisches
Bitten
„Wegen ihrer günstigen Lage leute aus dem Lüneburgi1695 ein Orlogschiff an
an einer vielbefahrenen Schif- schen, aus Mecklenburg
die Jeversche Küste, dann
fahrtsstraße und ihrer vor West- und Pommern, die König
ihrer drei. Da ferner die restürmen Schutz gewährenden Heinrich IV. von Frankgelmäßige
Konvoyfahrt
Gestalt wurde die Insel Wange- reich gedient hatten, in
von Bremen, Emden Harroge oft als Zufluchtsort für die Heimat führen solllingen wieder aufgenomsturmgefährdete
Seeschiffe te.Die Reisenden wurden
men wurde, sahen sich
ausgeplünund als Sammelplatz für Kon- vollständig
die Kaper 1697 genötigt,
voyfahrten über das Watt aufge- dert und mußten ihren
ihre Ankerplätze bei Wansucht. Zugleich aber setzten Weg nach Bremen zu Langeroge, Hooksiel, in der
diese günstigen Umstände sie de fortsetzen . . .
Harle zu verlassen und bei
Aus der Zeit Graf Anerbarmungslos den Angriffen
Helgoland Posto zu fasder Jahrhunderte hindurch in ton Günthers (1583 sen. Von hier aus machten
der Nordsee hausenden Kor- 1667) erfahren wir über
sie unaufhörlich StreifzüVersuche einer nachsaren aus.
ge, und es kam wiederholt
Abwehr
Edo Wimeken d. J. wußte drücklichen
zu Kämpfen an der Jeverüber zwei räuberische Überfälle nichts, wenn er auch der
schen Küste. Schon am 7.
(1481 und 1496, die Red.) früheren Unterstützung
Juli 1695 hatten der Emdurch holländische Kaper zu be- der Kaper durch die Landder Konvoyer und eine ostrichten . . . Bei dem ersten der- bevölkerung einen Riegel
friesische Tjalk von vier
selben, bei dem die Nikolaikir- vorschob. Ruhiger war es
Kanonen ein vierstündiche verwüstet und beraubt nicht geworden auf See.
ges Gefecht mit einem
ward, wurden auch 12 Inselbe- Die Stadt Emden ersuchFranzosen auf der Harle
te ihn am 24. März 1623,
wohner getötet . . .
Danach hören wir erst aus gegen die Seeräuber zwi- Klaus Störtebeker wird bei Helgoland gehabt, und waren zwar
FOTO: HAMBURGER STAATSARCHIV. zur Flucht genötigt worden letzten Jahren des Fräulein schen Ems und Jade ein- besiegt (1401).
den;
zwei
Seeländer
Maria (1500 - 1575, die Red.), zuschreiten und im Wedaß Johann Schotte „ein utge- serzollprivileg vom 31. März wo aus sie bis Helgoland kreu- „Commissionsfahrer“ nahmen
treden der Stadt Jever“ in der desselben Jahres wurde ihm in zend sowohl die großen von aber den Gegner bei Helgoland.
Im April 1696 bemächtigte
Nacht des 6. Februar 1570 die zartester Weise die Verpflich- Übersee kommenden SeeschifInsel mit zwei Schiffen überfal- tung auferlegt, „zu Bezwang der fe abfingen, wie den reichbela- sich ein bei Helgoland statiolen und große Beute gemacht Seeräuber erheischender Not- denen Handelsflottillen auf- nierter großer Kaper von 45
habe. Sie nahmen den Einwoh- durft nach überall an seinen In- lauerten, welche über die Wat- schweren Geschützen eines
ten zwischen Holland und Bremer Schiffes mit köstlicher
nern die Betten, Schappe
den Hansestädten fuhren. Ladung und Passagieren, das
(Schränke, die Red.), Pot„Kein Schiff, weder von sich nach Wangeroge geflüchtet
te (Töpfe, die Red.) und
sonstiges Hausgerät . . .
der Weser noch der Elbe hatte; am 21. Mai 1697 lieferte
noch auch der Jade, konn- der Harlinger Konvoyer zwei KaDie Fortdauer des Niete zum Vorschein kom- pern vor Horumer Siel ein Gederländischen Freiheitskampfes und die großen
men, ohne ihnen in die fecht; wohl derselbe jagte am
17. Juni d. J. einen Kaper von
Europäischen Kriege des
Klauen zu fallen.“
17. und 18. Jahrhunderts
Auf flehentliches Bitten vier Kanonen beim Kniephaubrachten der Jeverländides Wangeroger Vogts ser Siel auf den Strand; dessen
schen Küste überhaupt
sandte die Regierung Besatzung entlief zwar, aber es
wie Wangeroge im beson1694 zwei eiserne Kano- wurden drei von ihm schon gederen durch überhand
nen mit etwas Munition kapert gewesene Schiffe befreit
nehmendes Kaperunweauf die Insel, sowie ab und und über 100 andere gesichert.
sen neue schwere andauan (seit 1693) eine kleine
Noch 1707 und 1710 werernde Prüfungen, denen
Garnison von wechselnder den Kaper bei Wangeroge gezu wehren die Landesre- Wangerooge auf historischer Karte im 16. Stärke (im Maximum 1695 meldet, 1709 einer auf der Har19 Mann) unter einem Ge- le, dem der Emder Konvoyer vier
gierung sich durchaus un- Jahrhundert
freiten, die aber die stren- Emder Prisen wieder abnahm.“
fähig erwies. Ein besonders sensationeller Vorfall er- suln oder Seekanten seiner Be- ge Weisung hatten, sich rein deIm 18. Jahrhundert schließeignete sich auf dem Minser liebung nach zweckdienliche fensiv zu verhalten, um nicht lich rüstete man an der norddurch aggressive Handlungen deutschen Küste stärker gegen
Watt gegen Ende des 16. Jh., Anstalten zu treffen.“
wo 23 Emder Schiffe, auf günsGeradezu jämmerlich wur- den Zorn der Freibeuter zu rei- die Seeräuberei auf. Sie hatte
tigen Wind wartend, lagen. Sie den die Zustände unter den an- zen. Wirklich gelang es dieser damit ein Ende.
27. April 2013
Gester n
und
Heute
präsentiert von der
Wilhelmshavener Zeitung · Seite 25
Beckmanns Liebe zur Insel
Der große Maler des
Expressionismus Max
Beckmann liebte Wangerooge und das Meer,
das er hier malend studierte.
VON JÜRGEN PETERS
WANGEROOGE – Der große Max
Beckmann liebte das Meer. Es
hatte für ihn eine große Anziehungskraft. Immer wieder reiste
er an ans Mittelmeer, an die
Ost- und Nordsee. Am Ende seines Lebens erlebte er dann an
der kalifornischen Küste die
Weite und Wildheit des Pazifiks.
Besonders wohl fühlte er
sich in seinen jungen Schaffensjahren wohl auf Wangerooge. Die raue Nordsee hatte es
ihm angetan, sie inspirierte ihn.
Max Beckmann – geboren am
12. Februar 1884 in Leipzig, gestorben am 27. Dezember
1950 in New York – hatte Male-
Stürmisches Wetter in der Vorsaison. Das richtige Wetter für
Strandspaziergänge.
FOTO: WZ-BILDDIENST/KNOTHE
rei und Grafik in Weimar studiert, gehörte zum Kreis der
„Berliner Secession“, wurde
von den Nationalsozialisten als
„entarteter Künstler“ diffamiert, emigrierte 1937 nach
Amsterdam, 1947 in die USA.
Eine seiner ersten Arbeiten
Haus Normannia
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in den Anfangsjahren und im
Auftrag des Berliner Galeristen,
Kunsthändlers und Verlegers
Paul Cassirer waren zunächst
neun Illustrationen zum Orpheus-Mythos „Eurydikes Wiederkehr“. Auf Wangerooge entstanden 1909 Meeresstudien,
unter anderem für die Landschaftsszenen aus Eurydike sowie für sein erst viel später wieder aufgefundenes Gemälde
„Aufklärendes Wetter“ und „Am
Strand von Wangerooge“, beide aus dem gleichen Jahr.
Die Stimmung, in der sich
Beckmann damals befand, gibt
ein Brief vom Juni 1909 an seine Frau Minna, ebenfalls Male-
Das Beckmann-Bild „Am
Strand von Wangerooge“
ist im Besitz des Landesmuseums für Kunst- und Kulturgeschichte Oldenburg.
rin, wieder. Ein Absatz: „Ich liege hier auf einer Düne. Hinter
mir höre ich das Rauschen des
Meeres. Meine Augen sehen in
den blauen Abgrund des Himmels. Manchmal hört man den
Lärm des Meeres auch nicht.
Wohl wenn der Wind nachläßt.
Dann ist es ganz still. Zum Weinen still. Ich streiche mit der
Hand leise über den Sand.
Dann liege ich ganz stille.
Nichts regt sich mehr.“
Seite 26 · Wilhelmshavener Zeitung
Gester n
und
Heute
präsentiert von der:
27. April 2013
Alter Wangerooger Bilderbogen
Das Inselheim Rüstringen im Westen der Insel in den 50er­
Jahren.
ALLE FOTO: INSELARCHIV WALTER OETKEN
Das ehemalige Verkehrsbüro an der Zedeliusstraße.
Der Oldenburger Großherzog Friedrich August (1852 ­ 1931)
begibt sich an die Strandpromenade vor dem Hotel Monopol.
Eine Postkarte aus dem Nordseebad „Wangeroog“, als die amtliche Schreibung das „e“ noch
nicht erzwang. Die Karte ist 1899 gelaufen.
Albers
Restaurant und
Pensionshaus,
später
Zentralhotel.
Die ehemalige Strandhalle im Westen der unteren Strandpromenade. Eine
Aufnahme aus den 1950er­Jahren.
Ein ehemaliges Bankund Geschäftshaus an
der Zedeliusstraße.
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