Wenn Mobilität zur Gefahr wird

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Wenn Mobilität zur Gefahr wird
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27.09.2007
17:17 Uhr
Seite 1
Experten
forschung
Matthias Wilhelm
Wenn Mobilität zur Gefahr wird
Bericht zum Unfallgeschehen von Menschen mit Behinderungen
FÜR EIN GESUNDES BERUFSLEBEN
Berufsgenossenschaft
für Gesundheitsdienst
und Wohlfahrtspflege
forschung
Matthias Wilhelm
Wenn Mobilität zur
Gefahr wird
Bericht zum Unfallgeschehen von
Menschen mit Behinderungen
FÜR EIN GESUNDES BERUFSLEBEN
Berufsgenossenschaft
für Gesundheitsdienst
und Wohlfahrtspflege
Impressum
Wenn Mobilität zur Gefahr wird
Erstveröffentlichung 05/2007, Stand 3/2009
© 2007 Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst
und Wohlfahrtspflege – BGW
3. Auflage
Autor
Dipl.-Soz. Matthias Wilhelm, Hamburg
Herausgeber
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst
und Wohlfahrtspflege – BGW
Hauptverwaltung
Pappelallee 35/37
22089 Hamburg
Telefon: (040) 202 07 - 0
Telefax: (040) 202 07 - 24 95
www.bgw-online.de
Bestellnummer
SP-Mobi16
Redaktion
Matthias Wilhelm, BGW-Zentrale Präventionsdienste
4
INHALT
DANKSAGUNG
11
1
EXECUTIVE SUMMARY
12
1.1
HINTERGRUND
12
1.2
METHODIK
13
1.3
ERGEBNISSE DER ANALYSE: UNFALLSCHWERPUNKTE
15
1.4
EMPFEHLUNGEN
MPFEHLUNGEN ZUR PRÄVENTION
17
2
AUSGANGSLAGE
19
2.1
ZIEL DER UNTERSUCHUNG
19
2.2
UNTERSUCHUNGSDESIGN
20
2.2.1
AUSWAHL NACH STRUKTURSCHLÜSSEL
21
2.2.2
VORGEHENSWEISE BEI DER DATENERHEBUNG
22
2.3
FORSCHUNGSLEITENDE FRAGESTELLUNGEN
24
2.4
BEGRIFFS- UND VARIABLENDEFINITIONEN
26
2.4.1
UNFÄLLE
26
2.4.2
MOBILITÄT
27
2.4.3
MOBILITÄTSBEHINDERUNGEN
27
2.4.4
BEHINDERUNGSARTEN
27
2.4.5
UNFALL „MIT BETEILIGUNG VON“
28
2.4.6
UNFALLARTEN NACH BG-DEFINITION
29
2.4.7
UNFALL MIT UND OHNE MOBILITÄTSHINTERGRUND
29
2.4.8
SELBSTSTÄNDIGER/UNSELBSTSTÄNDIGER WEG
30
2.4.9
ART DER VERKEHRSBETEILIGUNG
30
2.4.10 BEFÖRDERUNGSSITUATION
31
2.4.11 UNFALLVERURSACHER
31
2.4.12 UNFALLURSACHE
31
2.4.13 DATEN AUS DER UNFALLANZEIGE
32
2.4.14 DATEN AUS DEM DURCHGANGSARZT-BERICHT
33
2.5
34
QUALITÄT DER UNFALLMELDUNGEN
5
3
ERGEBNISSE
35
3.1
UNFÄLLE NACH STRUKTURSCHLÜSSEL UND UNFALLART
37
3.1.1
UNFALLHÄUFIGKEIT NACH STRUKTURSCHLÜSSEL
3.1.2
VERTEILUNG DER UNFÄLLE IM ZUSAMMENHANG MIT MENSCHEN MIT BEHINDERUNGEN NACH
37
UNFALLART
39
3.1.3
UNFALLHÄUFIGKEITEN MIT/OHNE MOBILITÄT
40
3.1.4
ZUSAMMENFASSUNG UND BEWERTUNG
41
SOZIODEMOGRAPHISCHE MERKMALE
42
3.2
3.2.1
BERUFLICHE TÄTIGKEIT DER VERUNFALLTEN PERSONEN
42
3.2.2
UNFALLHÄUFIGKEITEN NACH ALTERSKLASSEN
43
3.2.3
VERTEILUNG DER UNFÄLLE NACH BESCHÄFTIGUNGSDAUER
43
3.2.4
ZUSAMMENFASSUNG UND BEWERTUNG
45
3.3
BEHINDERUNGSARTEN UND VERKEHRSBETEILIGUNG
46
3.3.1
VERTEILUNG NACH BEHINDERUNGSART
46
3.3.2
VERTEILUNG DER UNFÄLLE NACH BETEILIGUNGSFORM
47
3.3.3
ART DER VERKEHRSBETEILIGUNG ZUM UNFALLZEITPUNKT
48
3.3.4
VERTEILUNG DER UNFALLHÄUFIGKEITEN NACH UNFALLURSACHE
49
3.3.5
ZUSAMMENFASSUNG UND BEWERTUNG
50
3.4
ZUSAMMENHANG ZWISCHEN BEHINDERUNGSARTEN UND VERSCHIEDENEN
UNFALLASPEKTEN
52
3.4.1
ZUSAMMENHANG DER BEHINDERUNGSARTEN MIT DER UNFALLURSACHE
52
3.4.2
STOLPERN, RUTSCHEN, STÜRZEN (SRS)
54
3.4.3
ZUSAMMENHANG ZWISCHEN BEHINDERUNGSARTEN UND AUSGEWÄHLTEN UNFALLORTEN
55
3.4.4
ZUSAMMENHANG ZWISCHEN BEHINDERUNGSART UND EINWIRKUNG DURCH WEITERE PERSONEN
56
3.4.5
ZUSAMMENFASSUNG UND BEWERTUNG
57
ARBEITSUNFÄHIGKEIT NACH
NACH UNFALL
58
3.5
3.5.1
HÄUFIGKEITSVERTEILUNG NACH ARBEITSUNFÄHIGKEIT IN TAGEN
58
3.5.2
DAUER UND VERTEILUNG DER ARBEITSUNFÄHIGKEIT NACH BEHINDERUNGSARTEN
60
3.5.3
DAUER DER ARBEITSUNFÄHIGKEIT NACH UNFALLURSACHE
61
3.5.4
ZUSAMMENFASSUNG UND BEWERTUNG
61
3.6
UNFALLSCHWERE
63
3.6.1
SCHWERE DER UNFÄLLE NACH BEHINDERUNGSART
63
3.6.2
SCHWERE DER UNFÄLLE NACH UNFALLURSACHE
64
3.6.3
SCHWERE DER UNFÄLLE NACH VERKEHRSBETEILIGUNG
65
6
3.6.4
ZUSAMMENHANG ZWISCHEN UNFALLSCHWERE UND VERLETZUNGSART
66
3.6.5
ZUSAMMENFASSUNG UND BEWERTUNG
66
3.7
UNFALLHÄUFIGKEITEN UND
UND ZUSAMMENHÄNGE MIT VERLETZUNGSORTEN UND -ARTEN
67
3.7.1
HÄUFIGKEITSVERTEILUNG NACH VERLETZUNGSORTEN (VERLETZTE KÖRPERTEILE)
67
3.7.2
ZUSAMMENHANG ZWISCHEN UNFALLURSACHE UND VERLETZTEN KÖRPERTEILEN
67
3.7.3
ZUSAMMENHANG ZWISCHEN BEFÖRDERUNGSSITUATION UND VERLETZTEN KÖRPERTEILEN
68
3.7.4
HÄUFIGKEITSVERTEILUNG DER VERLETZUNGSARTEN
70
3.7.5
ZUSAMMENHANG ZWISCHEN VERLETZUNGSART UND BEFÖRDERUNGSSITUATION
71
3.7.6
ZUSAMMENHANG ZWISCHEN VERLETZUNGSORT UND DAUER DER ARBEITSUNFÄHIGKEIT
72
3.7.7
ZUSAMMENHANG ZWISCHEN VERLETZUNGSART UND DAUER DER ARBEITSUNFÄHIGKEIT
73
3.7.8
ZUSAMMENFASSUNG UND BEWERTUNG
74
3.8
UNFALLORTE
NFALLORTE UND -ZEITPUNKTE
75
3.8.1
VERTEILUNG NACH UNFALLORT
75
3.8.2
VERTEILUNG NACH UNFALLUHRZEIT
76
3.8.3
ZUSAMMENFASSUNG UND BEWERTUNG
77
3.9
VERHALTEN NACH DEM UNFALL
78
3.9.1
ZUSAMMENHANG ZWISCHEN UNFALLZEIT UND VERHALTEN NACH DEM UNFALL
78
3.9.2
ZUSAMMENHANG ZWISCHEN VERLETZUNGSORT (VERLETZTE KÖRPERTEILE) UND VERHALTEN NACH
DEM UNFALL
79
3.9.3
ZUSAMMENHANG ZWISCHEN VERLETZUNGSART UND VERHALTEN NACH DEM UNFALL
80
3.9.4
ZUSAMMENFASSUNG UND BEWERTUNG
81
3.10 HEILBEHANDLUNGSKOSTEN
82
3.10.1 HEILBEHANDLUNGSKOSTEN NACH BEHINDERUNGSART
82
3.10.2 KOSTEN FÜR HEILBEHANDLUNG NACH UNFALLORT
83
3.10.3 DURCHSCHNITTLICHE HEILBEHANDLUNGSKOSTEN NACH VERLETZUNGSART
84
3.10.4 ZUSAMMENFASSUNG UND BEWERTUNG
85
3.11 NACH EINEM UNFALL EINGELEITETE PRÄVENTIONSMAßNAHMEN DURCH DIE BETRIEBE
86
3.11.1 ZUSAMMENFASSUNG UND BEWERTUNG
87
4
FAZIT UND EMPFEHLUNGEN
EMPFEHLUNGEN
88
5
LITERATURHINWEISE
95
6
UNTERSTÜTZENDE ANGEBOTE
ANGEBOTE
96
7
ABBILDUNGEN
Abbildung 1: Regionale Zuständigkeiten der Bezirksverwaltungen nach Postleitzahlbereich.............. 21
Abbildung 2: Vorhandensein von Unfallanzeigen und Arztberichten. ................................................... 34
Abbildung 3: Verteilung der Mobilitätsunfälle nach Strukturschlüssel (ohne Hamburg 2001). ............. 37
Abbildung 4: Verteilung der Unfälle nach Unfallart (Typisierung der Berufsgenossenschaften) .......... 39
Abbildung 5: Verteilung der Unfälle nach Art der Mobilität ................................................................... 40
Abbildung 6: Verteilung nach Beruf/Tätigkeit der verunfallten Person.................................................. 42
Abbildung 7: Unfallhäufigkeiten nach Altersklassen ............................................................................. 43
Abbildung 8: Verteilung der Unfälle nach Beschäftigungsdauer........................................................... 44
Abbildung 9: Verteilung der Unfälle nach Behinderungsart .................................................................. 46
Abbildung 10: Verteilung der Unfälle nach Beteiligungsform................................................................ 47
Abbildung 11: Art der Verkehrsbeteiligung zum Unfallzeitpunkt ........................................................... 48
Abbildung 12: Unfallhäufigkeiten nach Unfallursache........................................................................... 49
Abbildung 13: Unfallhäufigkeiten bei Beförderungsunfällen ................................................................. 50
Abbildung 14: Prozentuale Häufigkeiten verschiedener Unfallursachen hinsichtlich der
Behinderungsart............................................................................................................... 52
Abbildung 15: Prozentuale Anteile beförderungsbedingter Unfallursachen bezogen auf die
Behinderungsart............................................................................................................... 53
Abbildung 16: Zusammenhang der Behinderungsarten mit der Unfallursache SRS als
Abweichungsindex ........................................................................................................... 54
Abbildung 17: Zusammenhang der Behinderungsarten mit ausgewählten Unfallorten als
Abweichungsindex ........................................................................................................... 55
Abbildung 18: Zusammenhang der Behinderungsarten und Verschuldungsform des Unfalls als
Abweichungsindex ........................................................................................................... 56
Abbildung 19: Verteilung der Arbeitsunfähigkeit in Tagen .................................................................... 58
Abbildung 20: Verteilung der Arbeitsunfähigkeit in Tagen (ohne AU-Dauer 3 Tage und kürzer) ......... 59
Abbildung 21: Gemittelte Fehltage von BGW- und AOK-Unfällen ........................................................ 59
Abbildung 22: Dauer und Verteilung der Arbeitsunfähigkeit nach Behinderungsart............................. 60
Abbildung 23: Zusammenhang zwischen Fehltagen und Unfallursache meldepflichtiger Unfälle ....... 61
Abbildung 24: Schwere der Unfälle nach Behinderungsart .................................................................. 63
Abbildung 25: Zusammenhang zwischen Schwere der Unfälle und Unfallursache.............................. 64
Abbildung 26: Zusammenhang zwischen Schwere der Unfälle und Verkehrsbeteiligung.................... 65
Abbildung 27: Zusammenhang zwischen Unfallschwere und Verletzungsart ...................................... 66
8
Abbildung 28: Häufigkeitsverteilung der verletzten Körperteile (gruppiert)........................................... 67
Abbildung 29: Häufigkeitsverteilungen der verschiedenen Unfallursachen bezogen auf den
Verletzungsort.................................................................................................................. 68
Abbildung 30: Zusammenhang zwischen Verletzungsort und Beförderungssituation als
Abweichungsindex ........................................................................................................... 69
Abbildung 31: Häufigkeitsverteilung nach Art der Verletzung (gruppiert) ............................................. 70
Abbildung 32: Zusammenhang zwischen Verletzungsarten und Beförderungssituation als
Abweichungsindex ........................................................................................................... 71
Abbildung 33: Zusammenhang zwischen Arbeitsunfähigkeit und Verletzungsort ................................ 72
Abbildung 34: Zusammenhang zwischen Dauer der Arbeitsunfähigkeit und der Art der Verletzung ... 73
Abbildung 35: Häufigkeitsverteilung nach Unfallort............................................................................... 75
Abbildung 36: Häufigkeitsverteilung nach Unfalluhrzeit ........................................................................ 76
Abbildung 37: Zusammenhang zwischen Unfallzeit und Verhalten nach dem Unfall........................... 78
Abbildung 38: Zusammenhang zwischen Verletzungsort und Verhalten nach dem Unfall .................. 79
Abbildung 39: Zusammenhang zwischen Verletzungsart und Verhalten nach dem Unfall .................. 80
Abbildung 40: Durchschnittliche Heilbehandlungskosten je Unfall nach Verletzungsart (gruppiert) Kontenklasse 40-48 ......................................................................................................... 84
Abbildung 41: Übersicht der Anzahl eingeleiteter Präventionsmaßnahmen durch die Betriebe .......... 86
TABELLEN
Tabelle 1: BGW-Strukturschlüssel nach Anzahl der Betriebe und Versicherten (deutschlandweit)
für das Jahr 2001............................................................................................................. 22
Tabelle 2: Übersicht zur Daten- und Erfassungsstruktur der Jahre 2001 und 2002 der drei
untersuchten Bezirksverwaltungen.................................................................................. 24
Tabelle 3: Unfallarten nach Typisierung der Berufsgenossenschaften................................................. 29
Tabelle 4: Übersicht der Unfallverteilung nach SSL für die Jahre 2001 und 2002 im
Zuständigkeitsbereich der drei Bezirksverwaltungen. ..................................................... 38
Tabelle 5: Beschäftigungsdauer in Jahren............................................................................................ 44
Tabelle 6: Unfälle nach Beschäftigungsdauer in Abhängigkeit vom Alter ............................................ 45
Tabelle 7: Heilbehandlungskosten (Kontenklasse 40-48) nach Behinderungsart ................................ 82
Tabelle 8: Heilbehandlungskosten (Kontenklasse 40-48) nach Unfallort ............................................. 83
9
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
al.i.d.a®
Arbeitslogistik in der Altenpflege
AOK
Allgemeine Ortskrankenkasse
AU
Arbeitsunfall
AU-Dauer
Arbeitsunfähigkeitsdauer
BGW
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege
BTW
Behindertentransportwagen
BV(en)
Bezirksverwaltung(en)
DVR
Deutscher Verkehrssicherheitsrat
GKV
Gesetzliche Krankenversicherung
MmB
Menschen mit Behinderungen
ÖPNV
Öffentlicher Personennahverkehr
SPNV
Schienengebundener Personennahverkehr
SRS-Unfälle
Stolper-, Rutsch-, Sturzunfälle
SSL
Strukturschlüssel
UA
Unfallart
WU
Wegeunfall
U-Anzeige
Unfall-Anzeige
VU
Verkehrsunfall
WfbM
Werkstatt für behinderte Menschen
ZPD
Zentrale Präventionsdienste
10
Danksagung
Für die freundliche Unterstützung bedanken wir uns ganz herzlich bei der Leiterin der Bezirksverwaltung Würzburg, Frau Drechsel-Schlund, dem Leiter der Bezirksverwaltung Delmenhorst, Herrn Middendorf, dem Leiter der Bezirksverwaltung Hamburg, Herrn Dr. Erhard,
den Reha-Leitern sowie den zuständigen Sachbearbeitern der BVen für ihre tatkräftige Unterstützung und Geduld vor Ort. Für die Bereitstellung von Daten und Statistiken gilt unser
Dank der Abteilung Reha-Koordination unter Betreuung von Herrn Scheer.
Ganz besonders bedanken möchten wir uns bei allen beteiligten Praktikanten, studentischen
Aushilfen und Helfern, die in mühevoller Arbeit die Daten der Unfallakten zusammengetragen haben. In jeder der drei Bezirksverwaltungen waren zwei Mitstreiter tätig, die die zentralen Informationen aus den Akten für die Datenauswertung vorbereitet haben. Mitgewirkt
haben: Marcus Britz, Britha Krause, Dagmar Kreye, Saskia Neuhaus, Frank Nicol und Dennis Voigt. Statistische Auswertungen wurden durchgeführt von Christine Hauschild und Doris
Keye.
11
1 Executive Summary
Zweck des vorliegenden Berichts ist die Untersuchung und Bewertung des Unfallgeschehens
im Zusammenhang mit der Mobilität von Menschen mit Behinderungen. Hierfür wurden
Unfallmeldungen, Arztberichte und weitere Informationen aus den Unfallakten der BGW
untersucht. Dabei wurden sowohl Unfälle analysiert, die geschehen, wenn behinderte Menschen selbstständig unterwegs sind, als auch Unfälle, die sich während der Beförderung
durch Dritte, also Fahrdienste, ereignen. Bei der Beförderung wurden ebenfalls Unfälle
betreuender Versicherter untersucht, die nicht selbst behindert sind, beispielsweise Fahrer1
und Begleiter.
Sehr viele Betriebe fragen konkret nach Unterstützungsangeboten für die eigene Präventionsarbeit. Gewünscht werden Hilfen für die Gefährdungsermittlung, Unterweisung und die
Beratung vor Ort durch Fachleute der BGW. Die Unternehmen bitten auch um Unterstützung
bei der Bewertung, dem Kauf und Einsatz von Fahrzeugen, Sicherungssystemen und Hilfsmitteln. Sie wünschen eine (Organisations-)Beratung vor Ort durch die BGW und suchen
Unterstützung bei der Fahrer- und Einsatzplanung sowie beim Aufbau geeigneter QMSysteme. Für viele Werkstätten und Fahrdienste ist die BGW eine zentrale Anlaufstelle für
die eigene Präventionsarbeit.
Mit der vorliegenden Studie konnten Unfallschwerpunkte ermittelt und erste Empfehlungen
zur Prävention abgeleitet werden, die den Wünschen der Mitgliedsbetriebe entgegenkommen und den Unternehmen bisher nicht bekannte Handlungsschwerpunkte aufzeigen.
1.1 Hintergrund
Mobilität gehört zu den wichtigen Bedürfnissen des Menschen. Sie definiert Lebensqualität
und sichert soziale Kontakte. Nur wer mobil ist, ist in der Lage, ein selbstständiges und unabhängiges Leben zu führen. Für stark mobilitätseingeschränkte Menschen spielt die Mobilität eine ganz besondere Rolle. Sie ist eine Grundvoraussetzung für die Partizipation am
gesellschaftlichen wie beruflichen Leben.
Die BGW verzeichnet in Branchen, in denen Menschen mit Behinderungen stark vertreten
sind, Jahr für Jahr ein hohes Unfallgeschehen – sowohl für Arbeitsunfälle als auch für Unfälle
auf arbeitsbedingten Wegen. Dabei ist die Gruppe der Menschen mit Behinderungen keineswegs leicht zu bestimmen und heterogen, so dass das Gemeinsame von Menschen mit
Behinderungen nicht immer augenscheinlich ist.
1
Wenn nicht ausdrücklich auf das männliche oder weibliche Geschlecht hingewiesen wird, sind personenbezogene Begriffe wie
„Mitarbeiter“ oder „Fahrer“ generisch gemeint.
12
In den Unfallakten der Berufsgenossenschaften wird das Unfallgeschehen relativ detailliert
dokumentiert. Das Merkmal „Behinderung“ wird jedoch nicht explizit erfasst – gesellschaftspolitisch nachvollziehbar, für die Ursachenanalyse birgt dieser Umstand aber einen Erkenntnisverlust. Auch in der wissenschaftlichen Forschung hat das Thema Unfallgefährdung und
Mobilität von Menschen mit Behinderungen bisher wenig Aufmerksamkeit gefunden. Dementsprechend fällt die Anzahl an Studien und Forschungsergebnissen zu dieser Frage gering
aus. Das Thema ist bis heute ein weißer Fleck auf der Forschungslandkarte.
Dabei ist die gesellschaftliche Bedeutung unbestritten: Für rund 7 Millionen2 betroffene Menschen in Deutschland ist das sichere „Unterwegssein“ Wunsch und Ziel. Auch für die BGW
als Unfallversicherungsträger ist die sichere Mobilität von Menschen mit Behinderungen ein
wichtiges Thema. Nicht zuletzt schlagen diese Unfälle Jahr für Jahr mit erheblichen Kosten
zu Buche. Viele Unfälle ließen sich durch gezielte Präventionsmaßnahmen vermeiden, die
Kosten für Rehabilitation in der Folge reduzieren und für den Versicherungsträger und damit
letztlich auch für die Betriebe erhebliche Kosten einsparen.
1.2 Methodik
Die Aktensichtung, der für diese Studie erforderlichen Daten, wurde im Zeitraum März bis
Mai 2005 durchgeführt. Daran anschließend erfolgte die Datenaufbereitung und auswertung. Für das Vorgehen schien es effizient, nicht alle Unfallakten zu sichten, sondern
nur Fälle in bestimmten Strukturschlüsseln (SSL), in denen ein hoher Anteil behinderter
Menschen zu vermuten ist. Die Auswahl beschränkt sich auf insgesamt fünf SSL:
SSL 580, Heime für psychisch Kranke und Behinderte, z.B. Wohnheime, betreutes
Wohnen
SSL 690, Fahrdienst für Ältere und Behinderte, Transportbegleitung
SSL 840, Werkstätten für behinderte Menschen
SSL 790, Berufsförderungswerke (berufl. Wiedereingliederung behinderter Erwachsener)
SSL 640, Tageseinrichtungen für Behinderte, z.B. Sonderkindergärten, Tagesstätten
für behinderte Jugendliche/Erwachsene
2
Die Zahl der Menschen mit Behinderungen in Deutschland fällt je nach Zuschreibung unterschiedlich aus. Seit einer Entschließung des Deutschen Bundestages 1982 gibt die Bundesregierung einmal in jeder Legislaturperiode einen „Bericht über die Lage
der Behinderten und die Entwicklung der Rehabilitation“ heraus. Auch wenn als amtliche Quellen die Schwerbehindertenstatistik, die Statistik der Kultusminister über die Sonderschüler, die Statistik der Rentenversicherungsträger und die Gesundheitsberichterstattung einiger Bundesländer zur Verfügung stehen, lässt sich die Zahl der Behinderten in Deutschland nicht verlässlich
schätzen. Dennoch werden aus diesen Quellen Statistiken übernommen. Demzufolge sind 6,7 % der Wohnbevölkerung 1991
amtlich anerkannte Schwerbehinderte (Grad der Behinderung >= 50 %) mit gültigem Ausweis. Mit eiinen GdB von 100% leben
in Deutschland ca. 1,7 Mio. Menschen. Die Zahl der Personen mit einem anerkannten Grad der Behinderung von weniger als 50
% wird seit 1985 nicht mehr erfasst. Andere Stellen gehen von einem Anteil von Menschen mit Behinderungen an der Gesamtbevölkerung von bis zu 10 % aus.
13
Unfallakten werden bei der BGW bei den regionalen Bezirksverwaltungen geführt. Aus organisatorischen Gründen beschränkt sich die Aktenauswahl bei den Bezirksverwaltungen auf
drei der 11 Außenstellen: Würzburg, Delmenhorst und Hamburg.3 Untersucht wurden die
Jahre 2001 und 2002, da Unfallakten neueren Datums häufig noch nicht vollständig abgeschlossen und daher für die Untersuchung ungeeignet waren.
Das Kriterium „Behinderung“ wird in den Unfallanzeigen nicht erfasst. Die Zuordnung eines
Unfalls mit einem behinderten Menschen lässt sich somit nur dann bestimmen, wenn in der
Unfallanzeige oder weiteren Dokumenten der Unfallakte ein eindeutiger Hinweis auf dieses
Kriterium vorliegt. So konnten für die drei Bezirksverwaltungen in den Jahren 2001 und 2002
insgesamt 4.445 Unfälle von Menschen mit Behinderungen eindeutig ermittelt werden.
Der Anteil der Menschen mit Behinderungen an allen Unfällen der Untersuchungsgruppe
kann aber nur geschätzt werden, da eben unumstößliche Hinweise auf das Kriterium „Behinderung“ fehlen. Aufgrund einer Beschäftigtenquote von ca. 5:1 Behinderte : nicht Behinderte
in WfbM kann von einem sehr hohen Anteil ausgegangen werden.
Von den ermittelbaren Unfällen stehen 1.884 Unfälle in direktem Zusammenhang mit der
Mobilität von Menschen mit Behinderungen; nur diese werden hier weitergehend untersucht.
Die Unfallakten ohne eindeutigen Mobilitätszusammenhang mit behinderten Menschen
werden lediglich als statistische Vergleichsgruppe festgehalten. Eine weiterführende Untersuchung ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht vorgesehen, kann aber bei Bedarf erfolgen.
Mehr zu...
Hintergrund, Untersuchungsdesign und
Methodik in Kapitel 2.
3
Siehe Abbildung 1Seite 21.
14
1.3 Ergebnisse der Analyse: Unfallschwerpunkte
Die Auswertung der Unfälle in drei Bezirksverwaltungen ergibt folgendes Bild:
Über 40 % der Unfälle von behinderten Menschen passieren im Zusammenhang mit
ihrer Mobilität.
Häufigste Unfallursachen sind Stolpern, Rutschen und Stürzen mit 32 %. Ein Viertel
der Unfälle ereignet sich während der Beförderung. Unfälle im öffentlichen Verkehrsraum machen 22 % aller untersuchten Mobilitätsunfälle aus.
Die überwiegende Zahl der Unfälle geschieht in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM). Werkstätten bilden auch dann noch einen Unfallschwerpunkt,
wenn der hohe Anteil an behinderten Mitarbeitern unter den Beschäftigten berücksichtigt wird.
Von den verunfallten Menschen mit Behinderungen sind rund ein Drittel im Bereich
Werkstatt/Montage beschäftigt. 11 % der Fälle betreffen (nichtbehinderte) Fahrer4 bei
Beförderungsdiensten.
Die meisten Unfälle ereignen sich in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen. Mit
zunehmendem Alter sind tendenziell weniger Unfälle zu verzeichnen.
Die größte Gruppe der verunfallten Menschen mit Behinderungen bilden mit über
50 % geistig behinderte Menschen.
Gut zwei Drittel der Unfälle (70 %) geschieht ohne Beteiligung einer weiteren Person.
Lediglich an 4 % der Mobilitätsunfälle ist ein weiterer behinderter Mensch beteiligt.
Beschäftigte mit kurzer Betriebszugehörigkeit verunglücken sehr viel häufiger als
Langzeitbeschäftigte. Im ersten Jahr der Beschäftigung ereignen sich fast doppelt so
viele Unfälle wie in den beiden darauf folgenden Jahren zusammen. Betroffen sind
dabei Beschäftigte aller Altersgruppen, also auch ältere Beschäftigte.
Psychisch behinderte Menschen verunfallen häufiger auf der Straße. Ursachen sind
oft Stolpern, Rutschen oder Stürzen – Unfälle, an denen in der Regel kein Dritter beteiligt ist. Unfälle von psychisch behinderten Menschen sind oft schwerer und kostenintensiver als andere.
Körperlich behinderte Menschen verunfallen häufiger im Beförderungsdienst und seltener auf der Straße als der Durchschnitt.
4
Nichtbehinderte Personen wurden untersucht, wenn sie sich zum Zeitpunkt des Mobilitätsunfalls mit behinderten Menschen
aufhielten. Dies betrifft fast ausschließlich Fahrer im Beförderungsdienst.
15
Verkehrsunfälle im Fahrzeug und andere Unfälle während der Beförderung dominieren bei den nicht behinderten Personen, also Fahrern und Begleitpersonen. Dabei
spielen Fremdeinwirkungen häufig eine Rolle. Auffällig sind auch Verletzungen durch
Stoßen, Schlagen und Kratzen von den ihnen anvertrauten Menschen mit Behinderungen.
Zum Zeitpunkt des Unfalls ist rund ein Drittel (36 %) der Verunfallten zu Fuß unterwegs. Im Behindertentransportwagen (BTW) ereignen sich 27 % der Unfälle. Verletzungen von Fahrradfahrern haben einen Anteil von 23 %.
Knapp die Hälfte (46 %) der beförderungsbedingten Unfälle geschieht beim Ein- und
Aussteigen. Klemmungen und Quetschungen an Türen sind häufige Folge. Etwa
22°% der Verletzungen gehen auf mangelnde Sicherung der beförderten Personen
zurück.
Rund 20 % aller registrierten Unfälle sind als schwer klassifiziert, die restlichen 80 %
gelten als mittelschwer.5 Besonders psychisch (ca. 47 %) und geistig behinderte
Menschen (ca. 49 %) tragen häufig schwere Unfallfolgen davon.
Durch einem Unfall werden am häufigsten die unteren Extremitäten verletzt, besonders häufige Ursachen sind Stolpern, Rutschen oder Stürzen.
Häufigste Verletzungsarten sind mit rund 39 % geschlossene, voll rückbildungsfähige
Verletzungen, gefolgt von (Dis-)Torsionen mit 24 %.
Die mittlere Arbeitsunfähigkeitsdauer (AU-Dauer) meldepflichtiger Unfälle beträgt 29
Tage. Damit fallen die betroffenen Personen durchschnittlich rund doppelt so lange
aus wie die Vergleichsgruppe der AOK-Versicherten (14,4-14,6 Tagen) nach einem
Unfall.6
Unfälle mehrfachbehinderter Menschen haben in über der Hälfte der Fälle eine Ausfallzeit von einem Monat und mehr zur Folge.
Die durchschnittlich längste AU-Dauer tritt mit 55 Tagen nach Anfällen (Epilepsie,
Schwindel etc.) auf. SRS-Unfälle führen mit 33 Tagen zu den zweitlängsten AUZeiten. Verkehrs- und Beförderungsunfälle folgen mit gemittelten 27 bzw. 26 Fehltagen.
Besonders Verletzungen der Arme bedingen lange Ausfallzeiten, oftmals einen Monat und länger. Tendenziell zeigt sich dieses Bild auch bei Verletzungen des Rumpfes und der Beine.
5
Die BGW klassifiziert Unfälle nach ihrer Schwere. Es werden zwei Unfallschweren bestimmt: Schwere Unfälle (Klasse S) und
leichte und mittelschwere Unfälle (Klasse M). So genannte Bagatellfälle bleiben in dieser Untersuchung unberücksichtigt.
6
Die AOK-Vergleichswerte der Arbeitsunfähigkeitsdauern aufgrund eines Arbeitsunfalls liegen für die Jahre 2003, 2004 und
2005 vor. AU-Daten anderer Versichertengruppen, beispielsweise der DAK, liegen leider nicht vor.
16
Nach Frakturen fallen die Verletzten durchschnittlich einen Monat und länger aus.
Viele Beschäftigte arbeiten nach dem Unfall mit zum Teil erheblichen Verletzungen
zunächst weiter. Zwei von drei Verunfallten gehen mit (Dis-)Torsionen weiter arbeiten
oder nach Hause. Mit Frakturen gehen rund 35 % der Verunfallten weiter zur Arbeit
oder fahren nach Hause und besuchen nicht direkt einen Arzt.
Die Kostenstruktur fällt insgesamt sehr unterschiedlich aus. Auffällig sind besonders
einige schwere Unfälle mit Kosten von 20 Tsd. € und mehr je Fall.
Den Angaben aus den Unfallanzeigen7 nach zu urteilen erscheint es so, dass in der
überwiegenden Zahl der Fälle im Unternehmen nach einem Unfall nicht direkt Maßnahmen getroffen werden, um ähnliche Unfälle zukünftig zu verhindern. Hierbei wurden in 4 von 5 Fällen „Belehrungen und Unterweisungen“ als Maßnahmen genannt.
Mehr zu...
den Untersuchungsergebnissen in
Kapitel 3.
1.4 Empfehlungen zur Prävention
Aus den identifizierten Unfallschwerpunkten können Empfehlungen für Maßnahmen abgeleitet werden, mit denen Unfälle gezielt vermieden werden können. Auf dieser „direkten“
Interventionsebene sind anzusiedeln:
Entwicklung von entsprechenden Schulungs- und Trainingsmaßnahmen zu Themen
zur Verhütung von Mobilitätsunfällen, insbesondere der Beförderungsunfälle, der Einund Aussteigeunfälle aber auch der Stolper-, Rutsch- und Sturzunfälle.
Fußwegetrainings für Menschen mit Behinderungen
Fahrrad-Fahrtrainings für Menschen mit Behinderungen
Durchsetzen moderner Sicherungs- und Rückhaltesysteme für Rollstuhlfahrer (in
Bussen des Beförderungsdienstes)
Bereitstellen von Schulungs- und Unterweisungsmaterialien zum Thema Sichere Mobilität und sichere Beförderung von Menschen mit Behinderungen.
Stärkeres Bewerben der Präventionsangebote der BGW, insbesondere für die Zielgruppe der Einsatzleiter, Fuhrparkleiter, Sicherheitsfachkräfte aus Fahrdiensten, Heimen und Tageseinrichtungen für Menschen mit Behinderungen sowie aus WfbM.
7
Auswertung des entsprechenden Textfeldes der Unfallanzeige.
17
Aufgreifen der Problematik der hohen Unfallgefährdung von Menschen mit Behinderungen, die erst seit kurzer Zeit im Unternehmen beschäftigt sind.
Weiterführung der Forschungsarbeiten über die Mobilitätsunfälle hinaus und detaillierte Analyse zum Thema Unfälle von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsplatz.
Erforschen der Typologien der besonders schweren und teuren Unfälle und Ableiten
von Präventionsansätzen.
Überarbeiten der Unfall-Erfassungsbögen (Unfallanzeigen), um kontinuierlich Steuerungsgrößen zu erhalten (ohne aufwändige Primärerhebungen durchzuführen)
Darüber hinaus sind die organisatorischen Rahmenbedingungen von sicherer und gesunder
Arbeit mit erprobten Verfahren einzubeziehen.
Denkbar sind hier Beratungsansätze, wie sie beispielsweise al.i.d.a® (Arbeitslogistik in der
Altenpflege) erfolgreich organisiert hat, aber auch Einzelberatungen vor Ort und spezielle
Trainings oder Inhouse-Seminare.
Ziel der Beratung soll die Vernetzung des Themas Behindertenbeförderungen mit Sicherheits- und Gesundheitsaspekten sein sowie die Begleitung und Anleitung zur „Best
Practice“, die den Betrieben hilft, Fehler zu vermeiden und Veränderungsprozesse erfolgreich durchzuführen. Hierbei ist besonders auch das Thema Qualitätsmanagement in Fahrdiensten mit zu berücksichtigen.
Mehr zu...
der Bewertung des Unfallgeschehens
und Empfehlungen in Kapitel 4.
Bitte beachten:
Die vorliegende Studie liefert keine Informationen zur Gesamtzahl der Beschäftigten oder
verunfallten Menschen mit Behinderungen oder den tatsächlich entstandenen Kosten für
diese Gruppe. Das kann die Studie auf Grund der fehlenden Informationen in den Unfallakten nicht leisten und ist bei der Ergebnisinterpretation zu berücksichtigen.
18
2 Ausgangslage
2.1 Ziel der Untersuchung
Unfälle, die im Zusammenhang mit der Mobilität von Menschen mit Behinderungen stehen,
sind bislang kaum untersucht. Bei Unfallversicherungsträgern und Krankenkassen sind
hierzu wenig bis keine Erkenntnisse vorhanden. Unfallursachen oder Art und Schwere der
Unfälle werden nicht systematisch erforscht. Ebenso wenig beleuchtet sind Unfallhergang
(Verkehrsbeteiligung, Unfallort, Häufigkeit), die Art der Verletzung oder die Dauer der Arbeitsunfähigkeit von Menschen mit Behinderungen. Weiterer Forschungsbedarf besteht
hinsichtlich der entstehenden Kosten für Heilbehandlung und Rehabilitation.
Ziel ist es, Erkenntnisse zum Unfallgeschehen im Zusammenhang mit der Mobilität von
Menschen mit Behinderungen zu gewinnen. Weil bisher entsprechende Unfallstatistiken
fehlen, mussten die eingegangen Unfallanzeigen und gesammelten Unfallakten gesichtet
und ausgewertet werden. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurden diejenigen
Unfälle statistisch ausgewertet, die auf einen eindeutigen Zusammenhang mit der Mobilität
von behinderten Menschen hinweisen.
Bei der BGW werden zur Unterscheidung von Arbeits- und Wegeunfällen die Kategorien
Unfallart 1-6 (UA1 bis UA6)8 verwendet. Zur Beschreibung von Unfällen im Zusammenhang
mit der Mobilität von Menschen mit Behinderungen ist diese Art der Differenzierung jedoch
unzureichend. Verfeinerte Kategorien helfen, Mobilitätsunfälle differenzierter zu beschreiben.
Unfälle im Zusammenhang mit der Mobilität von behinderten Menschen, die der Kategorie
UA1 zugeordnet sind, werden im Folgenden unterschieden nach Unfällen in einer Beförderungssituation und Unfällen einer anderen Form von Mobilität. (Beispiel: Ein Sturzunfall beim
Einsteigen in einen Bus.) Sportunfälle bilden eine weitere Untergruppe der UA1.9
Dabei ist es unerheblich, ob ein (Un-)Fall einer bestimmten BGW-Typisierung (Wege- oder
Arbeitsunfall) zuzuordnen ist oder nicht. Wesentlich ist, dass die Analysen und Ergebnisse
ein tieferes Verständnis für Unfälle von behinderten Menschen ermöglichen, um damit bestehende Präventionsangebote zu verbessern und neue zielgruppenoptimierte Präventionsinstrumente bereitzustellen. Ein Modell mit ausdifferenzierten Unfallarten wird in Kapitel 2.4.7
ausführlich beschrieben.
8
Zur Kategorisierung der Unfallarten vgl. ausführlich Kapitel 2.4.6.
9
Sportunfälle wurden im Rahmen des Forschungsprojektes gesondert erfasst, bleiben jedoch in der vorliegenden Arbeit
unberücksichtigt.
19
2.2 Untersuchungsdesign
Die empirische Grundlage bildet die Analyse meldepflichtiger Unfälle bzw. der Unfallakten,
die in den regionalen Zuständigkeiten der Bezirksverwaltungen liegen (siehe Abbildung 1).
Die Sichtung und Auswertung der Unfallakten wurde durch die Unterstützung von drei Bezirksverwaltungen (BV) gesichert. Die Auswahl der drei BVen fiel aus organisatorischen
Gründen auf die BV Hamburg, Delmenhorst und Würzburg. Untersuchte Regionen sind
dadurch
der Großraum Hamburg mit Schleswig Holstein und Mecklenburg Vorpommern sowie
Teile Niedersachsens einschließlich des Großraumes Hannover (Postleitzahlenbereich 17 bis 25 und 29 bis 31),
der Großraum Bremen mit dem Nord- und Westteil von Niedersachsen (Postleitzahlenbereich 26-28, 32, 48, 49) und
die Region um Würzburg mit fast dem gesamten Gebiet von Hessen, den Nordteilen
von Baden-Württemberg und Bayern sowie großen Teilen Thüringens (Postleitzahlenbereich 34-36, 61, 63, 64,74, 96, 98,99).
Als Untersuchungszeitraum wurden die Jahre 2001 und 2002 gewählt, da für diese Jahre die
Bearbeitung fast aller Unfallakten bereits abgeschlossen war.10
In Abbildung 1 sind die Gebiete blau umrandet, die in der Untersuchung berücksichtigen
wurden.
10
Für die BV Hamburg ergibt sich noch eine Besonderheit: Hier fließen Ergebnisse eines Pretest mit ein, in dem ein Teil der
Unfälle von MmB für das Jahr 2001 bereits untersucht wurde. Bei der Auswertung der Daten des Jahres 2002 in Hamburg
wurde der Pretest berücksichtigt.
20
Hamburg
Delmenhorst
Würzburg
Abbildung 1: Regionale Zuständigkeiten der Bezirksverwaltungen nach Postleitzahlbereich
2.2.1
Auswahl nach Strukturschlüssel
Um die für die Untersuchung relevanten Unfälle der Zielgruppe „Menschen mit Behinderungen“ möglichst exakt und effektiv zu erforschen, wurden Betriebsarten gewählt, in denen die
Untersuchungsgruppe gut vertreten ist. Betriebsarten sind bei der BGW so genannten Strukturschlüsseln zugeordnet. Bei der Auswahl der zu untersuchenden Unfallakten wurden nur
Akten der Strukturschlüssel (SSL) 580, 640, 690, 790 und 840 ausgewählt. Tabelle 1 bildet
die Gesamtzahl aller Betriebe und Versicherten in den jeweiligen Strukturschlüsseln für das
Jahr 2001 ab.
Zur Untersuchung ausgewählt wurden mittelschwere und schwere Unfälle. So genannte
Bagatellfälle blieben unberücksichtigt.11
11
Der Definition der Schwere eines Unfalls liegt ein umfangreicher Kriterienkatalog zu Grunde, der in der Abteilung Reha-Ko
definiert wird.
21
Strukturschlüssel
0580:
Heime für psychisch Kranke und Behinderte, z.B.
Wohnheime, betreutes Wohnen
0690:
Fahrdienste für Ältere und Behinderte, Transportbegleitung
0840:
Werkstätten für behinderte Menschen
0790:
Berufsförderungswerke (berufl. Wiedereingliede-
Betriebe
Vollarbeiter Versicherte
gesamt
gesamt
3.999
119.922
184.579
231
1.835
4.825
1.125
198.224
226.714
29
5.674
7.422
768
11.308
19.986
6.152
336.963
443.526
rung behinderter Erwachsener)
0640:
gesamt
Tageseinrichtungen für Behinderte, z.B. Sonderkindergärten, Tagesstätten für behinderte Jugendliche/Erwachsene
Gesamt
Tabelle 1: BGW-Strukturschlüssel nach Anzahl der Betriebe und Versicherten (deutschlandweit) für das Jahr 200112.
2.2.2
Vorgehensweise bei der Datenerhebung
Datenerhebung
Die Unfallakten wurden im ersten Schritt auf Hinweise nach einer Behinderung der Verunglückten untersucht. Da das Kriterium „Behinderung“ in der Unfallanzeige der BGW nicht
abgefragt wird, ist man bei der Analyse der Akten auf andere Angaben angewiesen. Informationen ergeben sich teilweise aus dem Bericht des Durchgangsarztes oder etwa dem Bericht
der Krankenkasse. Hinweise auf eine mögliche Behinderung können auch der Unfallort, die
Beschreibung der Tätigkeit oder des Berufs des Verunfallten und die Schilderung des Unfalls
selbst geben.
In die Untersuchung konnten insgesamt deutlich weniger Fälle von Menschen mit Behinderungen aufgenommen werden als tatsächlich vorlagen, da nicht in allen Unfallakten eindeutige Angaben bezüglich der Behinderung gemacht wurden.
Konnte ein Verunfallter als Mensch mit Behinderungen (MmB13) eingeordnet werden, wurde
die Unfallakte zur Auswertung herangezogen. Unfälle mit nicht behinderten Personen wurden betrachtet, wenn sie im eindeutigen Zusammenhang mit behinderten Menschen stehen beispielsweise Unfälle im Kontext der Beförderung von MmB.
Die meisten Informationen bei der Datenerfassung ergaben sich aus der Unfallanzeige und
dem Durchgangsarzt-Bericht. Falls die Angaben widersprüchlich waren, wurden eindeutige
12
Quelle: Zentrales Informationssystem der Gesetzlichen Unfallversicherung (ZIGUV) und Berechnungen der Abteilung Reha-Ko.
13
Im Folgenden wird der Begriff „Menschen mit Behinderungen“ aus Gründen der Lesbarkeit an einigen Stellen durch das
Kürzel „MmB“ ersetzt.
22
Informationen aus anderen Dokumenten der Akte, wie z.B. Mitteilungen der Ärzte oder Krankenkassen-Berichten ermittelt.14
Im Folgenden wird nach der Art der Behinderung unterschieden. Hierzu wurden u.a. die
Begriffe „körper-“, „geistig-“, „psychisch-“ und „mehrfachbehindert“ gewählt.15 Allerdings ist
die Aktenlage nicht einheitlich, nur in rund 40 % der Fälle ist die Art der Behinderung angegeben.
Insgesamt lagen in den fünf Strukturschlüsseln für die beiden untersuchten Jahre 9.348
BGW Unfallakten der drei Bezirksverwaltungen vor. Hiervon konnten 130 Akten aus organisatorischen Gründen nicht gesichtet werden. Von den verfügbaren 9.218 Akten waren 4.445
Akten für die Analyse relevant (vgl. Tabelle 2).
In den untersuchten Strukturschlüsseln stehen demnach 48 % oder 4.445 Unfälle in eindeutigem Zusammenhang mit MmB.
Im Untersuchungsgebiet der drei BVen konnten 1.884 Mobilitätsunfälle mit Menschen mit
Behinderungen identifiziert werden, das sind rund 42 % aller erkennbaren Unfälle (4.445),
die in einem eindeutigen Zusammenhang mit Menschen mit Behinderungen standen.
14
Zur Auswertung der Unfallanzeigen und D-Arzt-Berichte siehe Abbildung 2 Seite 34.
15
Eine Übersicht aller Behinderungsarten findet sich im Kapitel 2.4.4.
23
SSL
0580
0640
0690
0790
0840
Gesamt
S
Unfälle der Unfallakten
M
Summe
532
2.722
3.254
44
228
272
21
70
91
11
91
102
919
4.710
5.629
1.527
7.821
9.348
Akten
nicht
ermittelbar
Unfälle im
Zusammenhang mit
Menschen mit
Behinderungen*
Akten ohne
eindeutigen
Hinweise
S
52
8
5
1
64
130
2.412
185
82
73
2.151
4.773
M
261
21
3
6
824
1.115
581
66
6
23
2.654
3.330
Summe S
842
87
9
29
3.478
4.445
Mobilitätsunfälle im
Zusammenhang mit
Menschen mit
Behinderungen
M
39
5
4
2
341
391
148
19
10
3
1.313
1.493
Summe
187
24
14
5
1.654
1.884
Tabelle 2: Übersicht zur Daten- und Erfassungsstruktur der Jahre 2001 und 2002 der drei untersuchten Bezirksverwaltungen
Legende
S
schwere Unfälle
M
leichte und mittelsschwere Unfälle
*
Diese Unfälle werden in dieser Studie nicht weiter untersucht. Sie dienen vor allem als statistische Vergleichsgröße. Hier wurden als Variablen nur "Art der Behinderung", "Unfallbeteiligte" und "Unfallhergang" in
deskriptiver Form aufgenommen.
Strukturschlüssel
0640
Heime für psychisch Kranke und Behinderte, z. B. Wohnheime, betreutes Wohnen
Tageseinrichtungen für Behinderte, z.B. Sonderkindergärten, Tagesstätten für behinderte Jugendliche/Erwachsene
0690
Fahrdienst für Ältere und Behinderte, Transportbegleitung
0790
Berufsförderungswerke (berufl. Wiedereingliederung behinderter Erwachsener)
0840
Werkstätten für Menschen mit Behinderungen
0580
2.3 Forschungsleitende Fragestellungen
Fragestellungen
Studienrelevante Hypothesen und Zusammenhänge wurden ermittelt aus
Unfallhergang und –ursache,
der Unfallschwere und
den Folgen des Unfalls sowie
den damit verbundenen Heilbehandlungskosten.
Daraus wurden acht Fragenkomplexe abgeleitet:
Art der Verkehrsbeteiligung und Unfallursache
24
Was sind die häufigsten Behinderungsarten der verunfallten Personen?
Sind weitere Personen an den Unfällen beteiligt?
Wie war die Verkehrsbeteiligung zum Unfallzeitpunkt?
Was sind die häufigsten Unfallursachen?
Unfallorte und -zeitpunkte
Was sind die häufigsten Unfallorte?
Zu welcher Tageszeit ereignen sich die meisten Mobilitätsunfälle?
Unfallschwere
Handelt es sich vorwiegend um „mittelschwere“ oder „schwere“ Unfälle?
Gibt es Zusammenhänge zwischen Aspekten des Unfalls wie Unfallursache und
Verkehrsbeteiligung und der Schwere eines Unfalls?
Zusammenhänge zwischen Behinderungsarten und verschiedenen Unfallaspekten
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Art der Behinderung und der
Unfallursache?
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Art der Behinderung und der
Verkehrsbeteiligung während des Unfallgeschehens?
Sind neben dem Verunfallten weitere Personen am Unfall beteiligt?
Arbeitsunfähigkeit nach einem Unfall
Wie lange sind die verunfallten Menschen mit Behinderungen arbeitsunfähig?
Gibt es Unterschiede bei der Dauer der Arbeitsunfähigkeit in Abhängigkeit von der
Behinderungsart?
Verletzungsorte und -arten
Welche Körperteile (Verletzungsorte) werden häufig verletzt?
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Verletzungsort und der
Beförderungssituation?
Welche Verletzungsarten lassen sich unterscheiden und welche kommen häufig vor?
Gibt es eine Beziehung zwischen der Unfallursache und der Art der Verletzung?
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Verletzungsort oder Verletzungsart und der
Dauer der Arbeitsunfähigkeit?
Verhalten nach dem Unfall
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Verletzungsort und dem Verhalten nach dem
Unfall?
Gibt es eine Beziehung zwischen dem Verhalten nach dem Unfall und dem
Unfallzeitpunkt?
25
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Art der Verletzung und dem Verhalten
nach dem Unfall?
Unfallkosten für Heilbehandlung
Wie hoch sind die durchschnittlichen Heilbehandlungskosten eines Unfalls?
Unterscheiden sich die Kosten nach Verletzungsart?
Gibt es unterschiedliche Kosten in Abhängigkeit von der Behinderungsart des
Verunfallten?
Unterscheiden sich die Kosten nach der Art der Verkehrsbeteiligung?
Des Weiteren werden soziodemographische Merkmale der Verunfallten und allgemeine
Informationen der Unfälle erfasst.
Soziodemographische Merkmale
Tätigkeiten der verunfallten Personen
Unfallhäufigkeiten nach Altersklassen
Verteilung der Unfälle nach Beschäftigungsdauer
Unfälle nach Strukturschlüssel und Unfallarten
Unfallhäufigkeiten nach Strukturschlüssel
Verteilung der Unfälle im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderungen nach
Unfallart
Verteilung der Unfallarten nach Bezirksverwaltung und Jahr
Unfallhäufigkeiten nach Art der Mobilität
Verteilung der Unfälle im Zusammenhang mit der Mobilität von Menschen mit
Behinderungen nach Unfallarten
2.4 BegriffsBegriffs- und Variablendefinitionen
2.4.1
Unfälle
Als Unfälle gelten Arbeitsunfälle und Wegeunfälle (vgl. auch Kapitel 2.4.6). Ein Arbeitsunfall
liegt vor, wenn eine versicherte Person bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit innerhalb und außerhalb der Arbeitsstätte einen Unfall erleidet. Als Wegeunfall werden Unfälle auf
dem Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bezeichnet. Verkehrsunfälle sind in dieser
26
Zahl nur enthalten, wenn es sich dabei um Arbeits- oder Wegunfälle handelt (vgl. Tabelle 3:
Unfallarten nach Typisierung der Berufsgenossenschaften).
2.4.2
Mobilität
Der Begriff Mobilität meint nicht nur Wegstrecke und Verkehrswege, beispielsweise als
Dienstweg oder Weg zur Arbeit. Er schließt jegliche Mobilität z.B. im Rollstuhl ein, wie die
Wege auf dem Betriebsgelände und das Ein- oder Aussteigen aus einem Fahrzeug.
2.4.3
Mobilitätsbehinderungen
Im vorliegenden Bericht werden ausschließlich Unfälle von Menschen mit Behinderungen im
eigentlichen Sinn (Körperbehinderte, Sehbehinderte, Sprach- bzw. Hörbehinderte, geistig
Behinderte) untersucht, deren Behinderung zum Zeitpunkt des Unfalls bereits bestand. Unberücksichtigt bleiben andere Formen eingeschränkter Mobilität wie Altersbehinderungen
(Kinder, ältere Menschen) oder Reisebehinderungen.
2.4.4
Behinderungsarten
Die wichtigsten Behinderungsarten16 sind wie folgt definiert:
Eine Körperbehinderung bezeichnet eine angeborene oder erworbene, vollständige
oder teilweise, vorübergehende oder anhaltende Beeinträchtigung körperlicher Funktionen. Sie kann auftreten durch eine Schädigung des Stütz- und Bewegungsapparates oder anderer Organsysteme des Körpers. Hierunter fallen Geh- und
Stehbehinderte, Rollstuhlfahrer, Menschen mit fehlenden Gliedmaßen, Arm- und
Handbehinderte, Kleinwüchsige.
Der Begriff geistige Behinderung17 meint eine auffällige Minderung geistiger Leistungen eines Menschen gegenüber dem allgemein verbreiteten Zustand der gesellschaftlichen Norm sowie eine Einschränkung des affektiven Verhaltens.
Unter einer Mehrfachbehinderung wird das gleichzeitige Vorhandensein mehrerer
Behinderungstypen verstanden, z.B. das gemeinsame Vorliegen einer Körperbehinderung und einer kognitiven Behinderung.
Um eine psychische Störung18 handelt es sich, wenn erhebliche Abweichungen vom
Erleben oder Verhalten psychisch gesunder Menschen bestehen. Denken, Fühlen
und Verhalten können beeinträchtigt sein.
16
Zur Begriffsdefinition verschiedener Behinderungsarten siehe auch http://www.aaonline.dkf.de/bb/p229.htm (6.3.06).
17
Zur Debatte um Diskriminierung mittels des Begriffs „geistige Behinderung“ siehe beispielsweise: „Ein Begriff auf dem
Prüfstand“, http://www.lebenshilfe.de/content/stories/index.cfm?key=971 (6.3.06).
18
Aus Vereinfachungsgründen wird hier „psychisch behindert“ mit „psychischer Störung“ gleichgesetzt.
27
Unter Blindheit versteht man den Verlust der Sehfähigkeit oder die Einschränkung
der Sehfähigkeit auf unter 2 %.
Der Begriff Gehörlosigkeit bezeichnet das vollständige oder weitgehende Fehlen des
Gehörs bei Menschen.
Um bei fehlender Nennung der Behinderungsart dennoch Menschen mit Behinderungen von
nicht behinderten Menschen unterscheiden zu können, werden die Kategorien um nicht
behindert und unbekannte Behinderung erweitert.
2.4.5
Unfall „mit Beteiligung von“
Neben dem Verunfallten können auch weitere Personen an einem Unfall beteiligt sein. Folgende Kategorien werden eingeführt:
Unfall von Mensch mit Behinderungen (MmB) alleine
Unfall von MmB und weiteren MmB
Unfall von MmB und Mensch ohne Behinderungen
Unfall von Mensch ohne Behinderungen (z.B. wenn der Fahrer eines BTW alleine
verunfallt)
28
2.4.6
Unfallarten nach BGBG-Definition
Die Berufsgenossenschaften unterscheiden Arbeits-, Wege- und Dienstwegeunfälle. Alle
Unfälle sind nachfolgenden Kategorien zugeordnet:
Arbeitsunfälle
Unfallart 1 (UA1)
Arbeitsunfall bei betrieblicher Tätigkeit, der kein Straßenverkehrsunfall ist
Unfallart 2 (UA2)
Arbeitsunfall bei betrieblicher Tätigkeit, der sich im Straßenverkehr ereignet hat
UA1-UA2: Arbeitsunfälle bei betrieblicher Tätigkeit sind Unfälle im Betrieb sowie
Unfälle im außerbetrieblichen Bereich, wenn dort betriebliche Tätigkeiten (z.B. Beförderungsfahrt eines Fahrdienstes) verrichtet werden.
Unfallart 3 (UA3)
Arbeitsunfall auf Dienstwegen (kein Straßenverkehrsunfall)
Unfallart 4 (UA4)
Arbeitsunfall auf Dienstwegen, der sich im Straßenverkehr ereignet hat
UA3-UA4: Dienstwegeunfälle sind Unfälle, die sich beim dienstlichen Zurücklegen
von Wegstrecken außerhalb des Betriebsbereiches ereignen (z.B. Kundendienstfahrt), sofern dieses Zurücklegen von Wegstrecken keine betriebliche Tätigkeit im
Sinne der UA1 oder UA2 ist.
Wegeunfälle
Unfallart 5 (UA5)
Wegeunfall, der kein Straßenverkehrsunfall ist
Unfallart 6 (UA6)
Wegeunfall, der sich im Straßenverkehr ereignet hat
UA5-UA6: Wegeunfälle sind Unfälle auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit, d.h. zwischen Wohnung und Betrieb bzw. Arbeitsstelle.
Tabelle 3: Unfallarten nach Typisierung der Berufsgenossenschaften
2.4.7
Unfall mit und ohne Mobilitätshintergrund
Für die Zielsetzung des Forschungsprojekts ist eine Unterteilung des Unfallgeschehens in
Unfälle mit und ohne Mobilität notwendig. Mit dieser Definition der Unfallarten kann eine
exakte Bestimmung der Unfallsituation der Verunfallten vorgenommen werden. Sie dient der
Entwicklung zielgruppenspezifisch abgestimmter Präventionsinstrumente. Nachfolgende
Kategorien wurden gebildet:
1. Arbeitsunfall ohne jede Art der Mobilität: Hierbei handelt es sich um Unfälle, bei denen
sich die Verunglückten in keiner Mobilitätssituation befinden. Dies sind Unfälle, die sich
meistens direkt am Arbeitsplatz ereignet haben (z.B. an einer Maschine). Diese Unfälle
werden aufgenommen, um eine statistische Vergleichsgruppe zu ermitteln. Sie werden
hier nicht weiter untersucht.
29
2. Arbeitsunfall während der Mobilität: Diese Kategorie enthält jene Unfälle, bei denen die
Verunglückten im weiteren Sinne mobil waren (z.B. auf dem Weg zur Toilette). Auch
wenn es sich hierbei nicht um klassische (Dienst-)Wegeunfälle handelt, sind es dennoch
Unfälle im Zusammenhang mit Mobilität. Auch diese Unfälle sind für die vorliegende Untersuchung nur von statistischem Interesse und werden nicht weiter analysiert.
3. Sportunfall: Hier handelt es sich ausschließlich um Unfälle, die sich während der Ausübung einer Sportart ereignen. Diese Fälle werden ebenfalls aufgenommen, um eine statistische Vergleichsgruppe zu ermitteln, finden in dieser Untersuchung aber keine
Berücksichtigung.
4. Unfall mit Beförderungssituation: Unfälle dieser Kategorie ereignen sich, während die
verunglückte Person befördert wird (Nach BGW-Definition können diese Unfälle der UA16 zugeordnet sein).
5. Unfälle auf arbeitsbedingten Wegen: Diese Kategorie beinhaltet alle Fälle, die nach der
BG-Schlüsselung als Unfälle der Unfallart 2-6 kategorisiert werden und nicht mit einer
Beförderungssituation in Verbindung stehen (z.B. Fahrradfahrer, Fußgänger).
Die Fälle der Nummern eins, zwei und drei sind nur von statistischem Interesse und werden
hier nicht weiter untersucht. Vor allem zu den Fällen der Nummer zwei (Arbeitsunfall während der Mobilität) könnten zu einem späteren Zeitpunkt Verknüpfungen hergestellt werden.
Die Fälle der Kategorie vier und fünf sind die relevanten Mobilitätsunfälle, die weiter bearbeitet und ausgewertet wurden. Nachfolgende Variablendefinitionen beziehen sich auf die Mobilitätsunfälle dieser beiden Kategorien.
2.4.8
Selbstständiger/unselbstständiger Weg
Es wird unterschieden, ob ein Mensch mit Behinderungen alleine unterwegs war oder ob er
von einer weiteren Person (z.B. einem Betreuer oder einem Fahrer des Fahrdienstes) unterstützt worden ist.
2.4.9
Art der Verkehrsbeteiligung
Bei der Art der Verkehrsbeteiligung wird nach der Fortbewegungsart bzw. dem Beförderungsmittel zum Unfallzeitpunkt differenziert. Es wird unterschieden zwischen:
30
zu Fuß
Fahrrad
Rollstuhl
PKW
Behindertentransportwagen (BTW)
Bus des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)
Fahrzeug des Schienengebundenen Personennahverkehrs (SPNV)
motorisiertes Zweirad
2.4.10 Beförderungssituation
In Bezug auf Beförderung werden folgende Situationen unterschieden:
beim Ein/Aussteigen
im stehenden Fahrzeug
während der Fahrt
keine Beförderungssituation
2.4.11 Unfallverursacher
Unfallverursacher werden danach unterschieden, ob der Unfall mit oder ohne Fremdeinwirkung zustande gekommen ist. Nicht fremdverursacht sind beispielsweise witterungsbedingte
Unfälle oder eigene Fahrfehler. Fremdverursachte Unfälle sind Unfälle, die durch Einwirkung
einer weiteren Person oder andere äußere Einflüsse zustande kamen.
2.4.12 Unfallursache
Bei der Unfallursache wird unterschieden, welches Ereignis für den Unfall direkt ausschlaggebend war. Es wird hierbei nicht getrennt nach dem unfallauslösenden Gegenstand und
dem darauf folgenden Ereignis (wie beispielsweise Stolpern auf Grund eines Hindernisses).
Für die hier vorgestellte Untersuchung reicht eine Grobeinteilung der Unfallursache19 aus.
Folgende Kategorien werden gebildet:
gestolpert, gestürzt, gerutscht (zu Fuß)
geschlagen, gebissen, gekratzt, gestoßen worden (inklusive Unfälle auf Grund von
Überfällen)
Verkehrsunfälle (aktive Teilnahme eines weiteren Verkehrsteilnehmers)
Beförderungsunfälle (kein Verkehrsunfall)
19
Der Begriff „Unfallursache“ wird in der vorliegenden Untersuchung nicht der BGW-Definition gleichgesetzt. Aus Vereinfachungsgründen werden für die Kategorien „unfallauslösender Gegenstand“, „Bewegung des unfallauslösenden Gegenstandes“,
„Tätigkeit des Verletzten“ und „Bewegung des Verletzten“, die im sogenannten Abgrenzungskatalog der BGW definiert sind,
nicht alle Merkmale erfasst. Sie sind für diese Untersuchung nicht von Bedeutung. Hier sind vor allem die Kategorien „Stolpern,
Rutschen, Stürzen“ und „gebissen, geschlagen, gekratzt werden“ relevant.
31
Fahrrad-, Mofa- und Motorradunfälle (keine aktive Teilnahme eines weiteren Verkehrsteilnehmers)
Anfälle (Epilepsie, Schwindel, Schwäche)
2.4.13 Daten aus der Unfallanzeige
Aus der Unfallanzeige wurden folgende Angaben erhoben:
Unfallhergang
Verletzungsort
Geburtsdatum
Verletzungsart
Familienstand
Ist der Verunfallte tot?
Geschlecht
Unfallzeitpunkt (Tag/Monat/Jahr)
Staatsangehörigkeit
Unfalluhrzeit
Tätigkeit
Hat der Verunfallte die Arbeit einge-
Leiharbeitnehmer?
Ist betreffende Person minderjäh-
stellt?
oder später eingestellt?
rig/entmündigt?
Ist der Verunfallte Mitunternehmer/
Unfallort/Unfallstelle
Ehegatte/Verwandter eines Unter-
Wurden im Betrieb Präventionsmaß-
nehmers?
Hat der Verunfallte die Arbeit wieder
aufgenommen?
32
Hat der Verunfallte die Arbeit sofort
nahmen eingeleitet?
2.4.14 Daten aus dem DurchgangsarztDurchgangsarzt-Bericht
Aus dem Durchgangsarzt-Bericht wurden folgende Angaben und Prüffelder als Variablen für
die Datentabelle verwendet:
Beschäftigt als (falls abweichend von
der U-Anzeige)
Seit wann beschäftigt
Unfalltag (falls abweichend von der
U-Anzeige)
Uhrzeit (falls abweichend von der
U-Anzeige)
Unfallort (falls abweichend von der
Diagnose des Arztes
Bedenken gegen die Richtigkeit der
Angaben?
Bedenken gegen AU?
Arbeitsfähig?
Besondere Heilbehandlung erforderlich?
AU ab Datum
AU bis Datum
der U-Anzeige)
Allgemeine Heilbehandlung?
Verhalten nach dem Unfall
AU über drei Tage
Erstmalig behandelt am
Steht Verunfallter unter Alkoholein-
U-Anzeige)
Unfallhergang (falls abweichend von
fluss?
33
2.5 Qualität der Unfallmeldungen
Basis für die Analyse ist die Unfallanzeige, die in der Regel vom Betrieb des Versicherten
ausgefüllt wird und die Unfallmeldung des behandelnden Arztes – meist ist das der Durchgangsarzt, in einigen Fällen ein Haus- oder Facharzt.
Je ausführlicher und vollständiger diese Berichte und Meldungen in einer Unfallakte vorhanden sind, umso besser lässt sich ein Unfall nachvollziehen. Dies ist ein entscheidendes
Kriterium bei der Aufnahme und Bearbeitung eines Unfalls als Versicherungsfall und eine
wichtige Entscheidungshilfe bei der Beurteilung der entsprechend erforderlichen Leistungen
des Unfallversicherungsträgers.
Abbildung 2 gibt die Verteilung von Unfallanzeigen und Arztberichten wieder. Rund 25 % der
Unfallakten waren unvollständig, es fehlten entweder die Unfallanzeige oder ein Arztbericht.
In 2 % der Akten lag ausschließlich die Unfallanzeige vor, in etwa jeder fünften Akte war nur
der Bericht des Arztes (21 %) vorhanden.
Vorhandensein von Unfallanzeige und Arztbericht
beides nicht vorhanden
0,5%
nur Unfall-Anzeige
vorhanden
2,1%
nur Arztbericht vorhanden
20,9%
beides vorhanden
76,5%
Abbildung 2: Vorhandensein von Unfallanzeigen und Arztberichten.
34
3 Ergebnisse
Im ersten Abschnitt des Kapitels werden allgemeine Auswertungen zu Strukturschlüsseln,
Unfällen nach Unfallart (Arbeits- und Wegeunfallstatistiken) sowie zu Unfallhäufigkeiten
nach Art der Mobilität dargestellt (Kapitel 3.1).
Soziodemographische Merkmale wie Tätigkeiten, Alter und Beschäftigungsdauer der Verunfallten greift Kapitel 3.2 auf.
Anschließend werden Ergebnisse zum Themenkomplex Behinderungsarten und Formen der
Verkehrsbeteiligung und zur Unfallursache vorgestellt (Kapitel 3.3).
Kapitel 3.4 vertieft Zusammenhänge zwischen Behinderungsarten und verschiedenen Unfallaspekten. Hier werden Beförderungsunfälle und SRS-Unfälle (Stolper-, Rutsch- und
Sturz-Unfälle) genauer beleuchtet, Beziehungen zwischen Behinderungsart und Unfallort
sowie das Einwirken weiterer Personen auf den Unfall untersucht.
Kapitel 3.5 geht der Frage nach, wie sich Arbeitsunfähigkeit bei Menschen mit Behinderungen darstellen: Gibt es Unterschiede zwischen den verschiedenen Behinderungsarten? Sind
Besonderheiten beim Vergleich der Unfallursachen festzustellen?
Über die Schwere der Unfälle wird in Kapitel 3.6 berichtet.
Anschließend werden Verletzungsorte (verletzte Körperteile) und -arten untersucht. Welche
Körperteile sind betroffen, welche Verletzungsarten sind typisch? Auch wird geprüft, ob ein
Zusammenhang zwischen Verletzungsort und -art mit der Beförderungssituation, der Unfallursache und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit besteht (Kapitel 3.7).
Unfallort und -tageszeit stehen im Fokus des Kapitels 3.8.
Wie sich Menschen mit Behinderungen nach einem Unfall verhalten, wird in Kapitel 3.9
analysiert. Geklärt werden soll die Frage, ob das Verhalten abhängig von der Tageszeit, von
der Art der Verletzung oder dem Verletzungsort ist.
In Kapitel 3.10 wird der Blick auf die entstehenden Kosten für Rehabilitationsmaßnahmen
der verunfallten Personen gerichtet. Es wird untersucht, welche Kosten im Durchschnitt für
verschiedene Verletzungsarten entstehen und es wird geprüft, wie sich die Kosten in Abhängigkeit vom Unfallort und der Art der Behinderung unterscheiden.
Kapitel 3.11 stellt schließlich dar, welche präventiven Maßnahmen Betriebe als Reaktion auf
einen Unfall ergreifen bzw. nicht ergreifen.
Um Aussagen über Zusammenhänge zwischen verschiedenen Merkmalen zu treffen, wurden Kontingenztafeln analysiert, in der die gemeinsame Häufigkeitsverteilung zweier Merkmale tabellarisch dargestellt wird. Basierend auf der so genannten Chi2-Statistik können die
35
beobachteten Häufigkeiten mit den erwarteten Häufigkeiten verglichen werden. Die entsprechenden Abweichungen der Häufigkeiten zwischen erwartetem und beobachtetem Auftreten
können zufallskritisch getestet werden.
Auf die Darstellung spezifischer Kontingenztafeln wird verzichtet. Die relevanten statistischen Ergebnisse sind im Text erläutert, Diagramme und Tabellen veranschaulichen den
Kontext der Daten.
36
3.1 Unfälle nach Strukturschlüssel und Unfallart
3.1.1
Unfallhäufigkeit nach Strukturschlüssel
Im Strukturschlüssel 840 (Werkstätten für behinderte Menschen, WfbM) sind im Vergleich
mit den anderen untersuchten SSL mit ca. 88 % die meisten Mobilitätsunfälle von Menschen
mit Behinderungen gemeldet.20 Der hohe Anteil der Mobilitätsunfälle erklärt sich u.a. dadurch, dass viele Unfälle während der Beförderung mit Fahrdiensten passieren. Auf Grund
der Betriebsschlüsselung fallen diese jedoch nicht dem SSL 690 (Fahrdienste für Ältere/Behinderte), sondern dem SSL 840 zu.
U nfallhäufigkeiten nach Strukturschlüssel
100%
87,8%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
9,9%
10%
1,3%
0,7%
0,3%
0%
H eim e für
Tageseinrichtungen Fahrdienste für Berufsförderungspsychisch Kranke
für Behinderte Ältere / Behinderte
werke
und Behinderte
Werkstätten für
Behinderte
Abbildung 3: Verteilung der Mobilitätsunfälle nach Strukturschlüssel (ohne Hamburg 2001).
Bezogen auf die fünf Strukturschlüssel stammen 60 % aller meldepflichtigen Unfälle aus
WfbM (vgl. Tabelle 4). Deutlich höher liegt der Anteil von Unfällen mit Menschen mit Behinderungen. Hier sind insgesamt rund 78 % der Fälle den WfbM zuzuweisen.21 Innerhalb der
Gruppe der mobilitätsbedingten Unfälle ist der Anteil dieser Gruppe mit ca. 88 % noch etwas
höher.
20
Unfälle der Unfallart 1 (Arbeitsunfall bei betrieblicher Tätigkeit, der kein Straßenverkehrsunfall ist) bleiben, mit Ausnahme der
Beförderungsunfälle, unberücksichtigt.
21
Da bei der Auswertung der Unfallakten nur die Fälle berücksichtigt wurden, die eindeutig als Unfall eines behinderten
Menschen erkannt wurden, ist die Fallzahl (N) ein „Minimumwert“. Es ist davon auszugehen, dass insgesamt deutlich mehr
Unfälle mit Menschen mit Behinderungen geschehen sind.
37
Umgekehrt verhält es sich mit den Unfällen des SSL 580 (Heime für psychisch Kranke und
Behinderte, z.B. Wohnheime, betreutes Wohnen). Diesem SSL sind rund 35 % aller meldepflichtigen Unfälle zugewiesen. Im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderungen sind
hier jedoch lediglich rund 19 % der Fälle zu finden, davon stehen 10 % im Zusammenhang
mit der Mobilität.
Der geringere Anteil der Mobilitätsunfälle im SSL 580 erklärt sich vermutlich durch den
Umstand, dass bei der Aktenauswertung weniger Fälle als sogenannte Mobilitätsunfälle von
Menschen mit Behinderungen identifiziert werden konnten, da hierzu keine hinweisenden
„Merkmale“ genannt werden.
Strukturschlüssel
Anzahl Unfälle
N
0580
0640
0690
0790
0840
Summe
3.254
272
91
102
5.629
9.348
in %
34,8%
2,9%
1,0%
1,1%
60,2%
100,0%
Unfälle im
Zusammenhang mit
Menschen mit
Behinderungen
Mobilitätsunfälle im
Zusammenhang mit
Menschen mit
Behinderungen
in %
in %
18,9%
2,0%
0,2%
0,7%
78,3%
100,0%
9,9%
1,3%
0,7%
0,3%
87,8%
100,0%
Tabelle 4: Übersicht der Unfallverteilung nach SSL für die Jahre 2001 und 2002 im Zuständigkeitsbereich der drei Bezirksverwaltungen.
38
3.1.2
Verteilung der Unfälle im
im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderungen
nach Unfallart
Abbildung 4 gibt die Verteilung der Unfallarten (UA) aller Unfälle im Zusammenhang von
Menschen mit Behinderungen wieder. Hierbei sind auch Unfälle der Kategorie UA1 (Arbeitsunfall bei betrieblicher Tätigkeit) berücksichtigt. Diese bilden mit fast zwei Dritteln die Hauptgruppe der Unfälle. In dieser Gruppe ist der größte Teil der Beförderungsunfälle enthalten,
die in der Regel als Unfallart 1 verschlüsselt sind. Insgesamt fallen 34 % in die Kategorie
Wegeunfälle (WU) (18,6 % UA 5, 15,8 % UA 6). Rund 2 % sind als Dienstwegeunfälle klassifiziert. Würden bei der Untersuchung alle Unfälle der Fahrer der Beförderungsdienste
berücksichtigt, so wären sicherlich deutlich mehr Dienstwegeunfälle zu verzeichnen als
unten aufgeführt.
Bei der Interpretation der Daten ist Sorgfalt geboten: Der größte Teil der Unfälle, die während der Beförderung geschehen (z.B. Aussteigen auf dem Betriebsgelände), werden nicht
als Wegeunfälle gewertet, sondern als Arbeitsunfälle der Unfallart 1 (ca. 14%). Somit verschiebt sich die Häufigkeitsverteilung der Mobilitätsunfälle deutlich in Richtung der Arbeitsunfälle (vgl. Kapitel 3.1.3.).
Unfälle nach Unfallart
100%
90%
80%
70%
63,7%
60%
Mobilitätsun
Mobilitätsunfälle
50%
40%
30%
18,6%
0,1%
1,3%
0,5%
AU auf Dienstwegen,
kein
Straßenverkehrsunfall
(UA3)
AU auf Dienstwegen,
der sich im
Straßenverkehr
ereignet hat (UA4)
10%
AU bei betriebl.
Tätigkeit, der sich im
Straßenverkehr
ereignet hat (UA2)
20%
15,8%
WU, der sich im
Straßenverkehr
ereignet hat (UA6)
WU, der kein
Straßenverkehrsunfall
ist (UA5)
AU bei betriebl.
Tätigkeit, der kein
Straßenverkehrsunfall
ist (UA1)
0%
Abbildung 4: Verteilung der Unfälle nach Unfallart (Typisierung der Berufsgenossenschaften)
39
3.1.3
Unfallhäufigkeiten mit/ohne Mobilität
Abbildung 5 stellt die Verteilung der Unfallarten (UA1-6) dar, unterschieden nach der Art der
Mobilität. Dieser Abbildung liegen die definierten Kategorien zugrunde, die in Kapitel 2.4.7
vorgestellt werden.22
Von den erfassten Unfällen im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderungen stehen
37 % nicht im Zusammenhang mit Mobilität (UA1).
Etwa jeder fünfte Arbeitsunfall ereignet sich, während der Versicherte mobil ist. Mobil meint
hierbei, dass sich die Verunfallten zum Zeitpunkt des Unfalls beispielsweise nicht direkt am
Arbeitsplatz, sondern auf einem Weg befanden (wie etwa dem Gang zur Toilette). Diese
Unfallgruppe wird hier jedoch nicht weiter untersucht. Auch Sportunfälle (ca. 6 % der untersuchten Fälle) bleiben im weiteren Ergebnisbericht unberücksichtigt.
Knapp 14 % sind Arbeitsunfälle, die einen Beförderungshintergrund haben. Das sind Unfälle, die sich im Zusammenhang mit der Beförderung eines MmB vor allem auf dem Betriebsgelände ereigneten. Diese Unfälle entstammen in der Regel der BG-Klassifikation
Unfallart°1.
Ein Viertel aller Unfälle fallen in die Kategorie „Unfall auf arbeitsbedingtem Weg“ (UA 2-6).
Verteilung der Unfälle nach Art der Mobilität
Arbeitsunfall während
Mobilität (UA1)
18,7%
Sportunfall (UA1)
5,6%
Arbeitsunfall mit
Beförderungssituation
(UA1)
13,8%
Arbeitsunfall ohne jede
Art von Mobilität (UA1)
36,9%
Unfall auf
arbeitsbedingtem Weg
(UA2-6)
24,9%
Abbildung 5: Verteilung der Unfälle nach Art der Mobilität
22
Als Datengrundlage werden hier alle Unfälle herangezogen, die im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderungen stehen
und nicht nur die Fälle, denen der eingeschränkte Mobilitätsbegriff zugrunde liegt.
40
3.1.4
Zusammenfassung und Bewertung
Unfallschwerpunkte unter den fünf Strukturschlüsselgruppen sind Werkstätten für behinderte
Menschen. Hier verunglücken absolut wie auch relativ die meisten Personen der Untersuchungsgruppe. Daraus lässt sich folgern, dass WfbM zur systematischen Prävention von
Unfällen im Zusammenhang mit der Mobilität von Menschen mit Behinderungen besonderes
Augenmerk geschenkt werden muss.
Ein bedeutsamer Anteil der Arbeitsunfälle (UA1) ereignet sich nicht am Arbeitsplatz selbst,
sondern während einer Ortsveränderung im Betrieb.
Die Ähnlichkeiten zwischen Unfällen, die der UA1 zugewiesen sind, aber Mobilität als Ursache aufweisen, und den Unfällen der UA2-6, ist für die Präventionsarbeit von großer Bedeutung. Durch Maßnahmen zur Prävention von Stolper-, Rutsch- und Sturz-Unfällen können
gleichermaßen Wege- und Dienstwegeunfälle reduziert werden wie auch Arbeitsunfälle, die
im erweiterten Sinne eine Mobilitätsursache haben, beispielsweise der Gang auf dem Betriebsgelände oder der Weg zum Beförderungsbus oder zum eigenen Fahrzeug.
41
3.2 Soziodemographische Merkmale
3.2.1
Berufliche Tätigkeit der verunfallten
verunfallten Personen
Die Verunfallten werden im Unfallmeldebogen überwiegend als „Mitarbeiter“ oder „Rehabilitant“ benannt, eine genaue Bezeichnung des Berufes oder der Tätigkeit wird selten angegeben. Diese Gruppen bleiben hier unberücksichtigt.
In Abbildung 6 werden nur diejenigen Tätigkeiten abgebildet, die eindeutig einer Berufsgruppe bzw. einem Tätigkeitsbereich zuzuordnen sind. Mit rund 32 % arbeitet der größte
Teil dieser Personen im Bereich Werkstatt/Montage. Annähernd 15 % der Beschäftigten
befinden sich in der Ausbildung oder absolvieren ein Praktikum. Als Gartenarbeiter oder
Küchenhilfe sind jeweils rund 12 % beschäftigt. Als Fahrer im Beförderungsdienst können
11 % der Verunfallten identifiziert werden.
Tätigkeit der verunfallten Person
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
31,5%
30%
12,9%
2,8%
1,1%
6,2%
3,9%
Textilbereich
10%
14,6%
11,2%
Packer
20%
10,7%
5,1%
Abbildung 6: Verteilung nach Beruf/Tätigkeit der verunfallten Person
42
Sonstige
Fahrer
Praktikanten/ Azubis
Werkstatt/ Montage
Wäscherei
Hauswirtschaft/Küche
Reinigungskraft
Gartenarbeiter o.ä.
0%
3.2.2
Unfallhäufigkeiten nach Altersklassen
Bezogen auf die Altersklassen ereignen sich mit 34 % die meisten Unfälle in der Gruppe der
30 bis 39-Jähringen. Der Anteil der über 50-Jährigen ist mit insgesamt 12 % relativ klein. Als
mögliche Erklärung für diese Verteilung kann angeführt werden, dass die Verrentung von
Menschen mit bestimmten Behinderungsarten früher und die Mortalitätsrate höher ist. Dies
wird auch nicht durch den Umstand geändert, dass die meisten Behinderungen altersbedingt erst spät im Laufe des Lebens auftreten.23
Unfallhäufigkeiten nach Altersklassen
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
34,2%
25,3%
30%
24,7%
20%
10%
8,6%
3,8%
3,4%
0%
unter 20 J.
20-29 J.
30-39 J.
40-49 J.
50-59 J.
60-69 J.
Abbildung 7: Unfallhäufigkeiten nach Altersklassen
3.2.3
Verteilung
Verteilung der Unfälle nach Beschäftigungsdauer
Wie Abbildung 8 zeigt, sind knapp 60 % der Verunfallten sechs Jahre und mehr im Betrieb
beschäftigt.
Auffällig ist der relativ hohe Anteil an Unfällen bei den Kurzbeschäftigten: Im ersten Jahr der
Beschäftigung geschehen fast doppelt so viele Unfälle (19 %) wie in den zwei darauffolgenden Jahren zusammen (rund 11%). Immerhin rund 42 % der Unfälle sind Arbeitnehmern
zuzuordnen, die ein bis fünf Jahre beschäftigt sind. Mit zunehmender Beschäftigungsdauer
nimmt das Unfallaufkommen deutlich ab. Nur jeder 14. Unfall betrifft einen Arbeitnehmer mit
21-25 Jahren Betriebszugehörigkeit.
23
In der vorliegenden Untersuchung bleiben Behinderungen, die im Alter entstehen, unberücksichtigt. Sie entsprechen nicht
der hier zu Grunde gelegten Definition von Behinderung.
43
Beschäftigungsdauer der Verunfallten
100%
90%
80%
70%
60%
41,7%
50%
40%
30%
23,0%
19,0%
20%
11,6%
14,4%
11,1%
8,3%
10%
6,9%
5,7%
0%
bis 1 Jahr
2-3 Jahre
4-5 Jahre
6-10 Jahre
11-15 Jahre
16-20 Jahre
21-25 Jahre 26 Jahre und
länger
Abbildung 8: Verteilung der Unfälle nach Beschäftigungsdauer
Tabelle 5 gibt relevante statistische Maßzahlen wieder. Menschen mit Behinderungen verunfallten im Durchschnitt nach 9,3 Jahren Betriebszugehörigkeit. Der Median zeigt an, dass
die Hälfte aller Unfälle Personen betrifft, die weniger als sieben Jahre im gleichen Betrieb
arbeiten. Tatsächlich ereignet sich ein Viertel der Unfälle in den ersten beiden Jahren (27
Monate) der Betriebszugehörigkeit.
Unfalleintritt nach Betriebszugehörigkeit in Jahren
Mittelwert
9,32 Jahre
Median
7 Jahre
Minimum
0 Jahre
Maximum
40 Jahre
Perzentile
25
2,25 Jahre
50
7 Jahre
14 Jahre
75
Tabelle 5: Beschäftigungsdauer in Jahren
Tabelle 6 gibt das Unfallaufkommen nach Altersgruppen in Bezug zur Beschäftigungsdauer
wieder. Die häufigen Unfälle in der Anfangszeit im Betrieb betreffen Junge wie Ältere - die
unter 20-Jährigen sind mit knapp zwei Dritteln der Fälle am stärksten betroffen.
Ältere Beschäftigte über 60 Jahre verunfallen im ersten Jahr am neuen Arbeitsplatz häufiger
als die Gruppe der 30 bis 39-Jährigen. Im weiteren Verlauf nimmt die Unfallquote der über
60-Jährigen ab: Innerhalb von 10 Beschäftigungsjahren (11-20 Jahre Betriebszugehörigkeit)
geschehen mit rund 26 % nur wenig mehr Unfälle als im ersten Beschäftigungsjahr (ca. 19
%).
44
Unfälle nach
Beschäftigungsjahren
1 Jahr
2-3 Jahre
4-10 Jahre
11-20 Jahre
21 Jahre und
länger
Gesamt
Alterskategorien
unter
60 J. und Gesamt
20-29 J. 30-39 J. 40-49 J. 50-59 J.
20 J.
älter
73,3%
28,1%
13,8%
12,2%
17,5%
18,5%
19,0%
13,3%
17,6%
10,3%
8,3%
8,8%
11,1%
11,6%
6,7%
48,4%
33,5%
25,0%
33,3%
25,9%
34,0%
6,7%
3,9%
39,4%
22,4%
17,5%
25,9%
22,7%
0,0%
100,0%
2,0%
100,0%
3,0%
100,0%
32,1%
100,0%
22,8%
100,0%
18,5%
100,0%
12,6%
100,0%
Tabelle 6: Unfälle nach Beschäftigungsdauer in Abhängigkeit vom Alter
Die Ergebnisse der Untersuchung weisen tendenziell darauf hin, dass bei langer Betriebszugehörigkeit das Risiko, einen Unfall zu erleiden sinkt.
3.2.4
Zusammenfassung und Bewertung
Ein Drittel der Verunfallten ist im Bereich Werkstatt/Montage beschäftigt. Kleinere Gruppen
der Verunfallten sind Gartenarbeiter (ca. 13 %), Küchen-/Hauswirtschaftshilfen (ca. 11 %)
oder Fahrer im Beförderungsdienst (ca. 11 %).
Das Unfallgeschehen verteilt sich nicht gleichmäßig über die Altersklassen. Stärkste Gruppe
der Verunfallten bilden mit rund einem Drittel die 30-39-Jährigen. Mit zunehmendem Alter
sind weniger Unfälle zu verzeichnen, was vermutlich auch auf die frühere Verrentung behinderter Menschen zurückzuführen ist. Da keine Zahlen von Alterskohorten über alle Beschäftigten vorliegen, ist eine erweiterte Interpretation der Ergebnisse nicht ohne weiteres
möglich.
Bei der Auszählung der Unfälle nach Beschäftigungsdauer fallen die relativ hohen Unfallzahlen bei den Kurzzeitbeschäftigten auf. Im ersten Beschäftigungsjahr geschehen ungefähr
genauso viele Unfälle wie in den beiden Jahren danach. Unfälle nach eher kurzer Beschäftigungsdauer geschehen in allen Altersklassen, allerdings ist der Effekt am stärksten bei den
Jüngeren ausgeprägt. Eine kurze Betriebszugehörigkeit erweist sich für alle Altersklassen
als „gefährlich“.
Für die Kurzzeitbeschäftigten scheint eine Ausarbeitung von zielgruppengerechten Präventionsmaßnahmen besonders empfehlenswert. Die vertiefende Untersuchung der Unfälle
neuer Mitarbeiter – behinderter wie nicht behinderter – ist für eine weitergehende Präventionsarbeit anzuraten.
Bestehende Unterstützungsangebote sollten gezielter auf kurzzeitbeschäftigte MmB zugeschnitten werden. In bestehende BGW-Seminare (z.B. Sicherheitsbeauftragte im Betrieb)
ließen sich Lehreinheiten einfügen, die diese Problematik aufgreifen.
45
3.3 Behinderungsarten und Verkehrsbeteiligung
3.3.1
Verteilung nach Behinderungsart
Etwas über die Hälfte aller Unfälle im Zusammenhang mit der Mobilität von MmB betreffen
geistig behinderte Menschen. Ungefähr jeder vierte Unfall ereignet sich mit Beteiligung eines
körperlich behinderten Menschen. Der Anteil der Menschen mit psychischen Behinderungen
liegt bei 11 %, mehrfachbehindert sind rund 9 %.
Verteilung nach Behinderungsart
geistig behindert
53,1%
mehrfach behindert
9,3%
psychisch behindert
11,2%
körperlich behindert
(inkl. blind / taub)
26,4%
Abbildung 9: Verteilung der Unfälle nach Behinderungsart
46
3.3.2
Verteilung der Unfälle nach Beteiligungsform
Wie Abbildung 10 verdeutlicht, geschehen rund 72 % aller Unfälle im Zusammenhang mit
der Mobilität von Menschen mit Behinderungen ohne Beteiligung weiterer Personen. An
etwa einem Viertel der Unfälle sind nicht behinderte Menschen beteiligt. Zwei oder mehr
behinderte Menschen sind in 4 % der Fälle involviert.
In der Gruppe „ausschließlich Nicht-MmB“ sind ausschließlich Fahrer von Fahrdiensten
enthalten, die in der Regel zum Unfallzeitpunkt Fahrgäste beförderten.24
Unfall mit Beteiligung von...
100%
90%
80%
71,6%
70%
60%
50%
40%
30%
22,6%
20%
4,3%
10%
1,4%
0%
Mensch m.
Behinderungen alleine
Mensch m.
Behinderungen + ein
Nicht-Behinderter
mehrere Menschen m.
Behinderungen
Mensch ohne
Behinderungen
(Fahrer...)
Abbildung 10: Verteilung der Unfälle nach Beteiligungsform
24
Ermittelbare Unfälle von Fahrern wurden in die Untersuchung aufgenommen. Unfälle bei Leerfahrten im Beförderungsdienst
können ebenfalls Aufschluss über Ursachenzusammenhänge mit Unfällen von Menschen mit Behinderungen geben.
47
3.3.3
Art der Verkehrsbeteiligung zum Unfallzeitpunkt
Am häufigsten sind Fußgänger in einen Unfall verwickelt (rund 36 %). Während der Beförderung von behinderten Menschen im BTW geschehen rund 27 % aller Unfälle. Der Anteil von
Unfällen mit dem Fahrrad ist mit ca. 23 % auffällig hoch.
In der Gruppe der Fußgänger verbergen sich fast ausschließlich so genannte SRS-Unfälle,
Unfälle also, die auf Grund von Stolpern, Rutschen oder Stürzen zustande kommen. Rollstuhlfahrer verunfallen auch im Beförderungskontext, sind hier aber als Gruppe aufgeführt,
um die eigenmobilen Unfälle ebenso zu erfassen.
Art der Verkehrsbeteiligung zum Unfallzeitpunkt
PKW / motor. Zweirad
6,6%
Beförderung mit BTW
27,4%
öffentl. Verkehrsmittel
6,6%
Rollstuhl (eigenmobil)
1,0%
Rad
22,8%
zu Fuß
35,7%
Abbildung 11: Art der Verkehrsbeteiligung zum Unfallzeitpunkt
48
3.3.4
Verteilung der Unfallhäufigkeiten nach Unfallursache
Unfallursache
Betrachtet man die Unfallursache, dominieren mit 32 % SRS-Unfälle. Hierbei sind die zu
Fuß-Unfälle erfasst, die Stolpern, Rutschen oder Stürzen zur Folge haben.25 Die Kategorie
Verkehrsunfälle erfasst mit ca. 22 % alle Unfälle, die im Straßenverkehr und unter Beteiligung weiterer Verkehrsteilnehmer stattfanden. Einen weiteren großen Anteil haben die so
genannten Beförderungsunfälle mit ca. 25 %. Darunter sind Unfälle zu verstehen, die sich im
Rahmen der Personenbeförderung ereignet haben, wie z.B. Unfälle beim Ein- und Aussteigen oder beim Ein- und Ausladen von Rollstuhlfahrern. Die nächst kleinere Gruppe von gut
15 % stellen Fahrrad-, Mofa- oder Motorradunfälle dar.26 Daneben sind noch Unfälle auf
Grund von Schlagen, Beißen, Kratzen oder Stoßen mit 4 % und Verletzungen durch Anfälle
wie Epilepsie oder Schwindel mit ca. 1 % erfasst.
Die sogenannten Schlag-, Beiß-, Kratz- oder Stoßunfälle beinhalten vor allem Unfälle, die
sich in einer Beförderungssituation im Fahrzeug ereignet. In diesen Fällen werden Fahrer
oder Mitreisende z.B. durch Beißen und Schläge anderer Fahrgäste verletzt.27
Unfallhäufigkeiten nach Unfallursache
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
32,1%
22,2%
25,2%
15,5%
20%
4,0%
10%
0,9%
0%
gestolpert,
gerutscht,
gestürzt (zu Fuß)
geschlagen,
gebissen,
gekratzt,
gestoßen
worden
Verkehrs- unfälle Beförderungs- Rad-, Mofa- oder
Anfälle
(aktive
unfälle (kein VU) Motorrad- unfälle
(Epilepsie,
Teilnahme
Schwindel, etc.)
weiterer
Verkehrs-TN)
Abbildung 12: Unfallhäufigkeiten nach Unfallursache28
25
Auf Grund der Fokussierung der Unfallursachen werden in dieser Kategorie sowohl Arbeitsunfälle als auch Wegeunfälle
erfasst. Damit wurde die klassische Definition der BGW, die SRS Unfälle nur im Kontext von Arbeitsunfällen im Betrieb (UA1)
klassifiziert, erweitert.
26
Diese Kategorie beinhaltet Sturzunfälle mit dem jeweiligen Transportmittel, die sich ohne Beteiligung eines weiteren Verkehrsteilnehmers ereigneten. Die Anteile der Unfälle dieser Kategorie sind deutlich niedriger als in Kapitel 3.3.3, da die Verkehrsunfälle mit Fahrrad-, Mofa- oder Motorradbeteiligung hier nicht enthalten sind.
27
Hier sind nur die Beiß- und Schlagunfälle angesprochen, die sich im Mobilitätskontext ereignen. Rückschlüsse auf Beiß- und
Schlagunfälle in den WfbM lassen sich hieraus nicht ableiten. Deren Anteil am Gesamtunfallgeschehen ist sicherlich deutlich
höher.
49
Um ein detailliertes Bild von der bedeutenden Kategorie der Beförderungsunfälle zu erhalten, wurden diese nochmals unterteilt. Es werden weiterhin Unfälle auf Grund von mangelnder Sicherung der Personen, Sturzunfälle beim Ein- und Aussteigen sowie Klemm- und
Quetschunfälle an Türen unterschieden. Abbildung 13 verdeutlicht die Anteile dieser Unterkategorien der Beförderungsunfälle. Dabei wird deutlich, dass die Hälfte der Unfälle auf das
Stürzen während des Ein- und Aussteigens aus dem Fahrzeug zurückzuführen ist. Verletzungen an Türen machen ca. 30 % der berichteten Unfälle aus und Unfälle auf Grund von
mangelnder Sicherung der Personen immer noch ca. 22 %.
Unfallhäufigkeit unterschiedlicher Beförderungsunfälle
Klemmungen und
Quetschungen an Türen
31,6%
mangelnde Sicherung
21,9%
Stürze beim Ein-/Aussteigen
46,5%
Abbildung 13: Unfallhäufigkeiten bei Beförderungsunfällen
3.3.5
Zusammenfassung
Zusammenfassung und Bewertung
Geistig behinderte Menschen bilden mit rund 53 % die größte Gruppe der verunfallten Menschen mit Behinderungen. In rund 30 % der Unfälle sind neben dem Unfallopfer noch weitere Personen beteiligt. Davon geschieht nur ein geringer Anteil von 4 % unter Beteiligung
eines weiteren behinderten Menschen. Viel häufiger sind nicht behinderte Menschen (vor
allem Fahrer) involviert.
Bei der Betrachtung der Art der Verkehrsbeteiligung fallen Radfahrunfälle ins Auge. Immerhin 23 % aller Unfälle von Menschen mit Behinderungen geschehen mit dem Fahrrad. Für
diese Unfälle sind geeignete Präventionsmodule noch zu entwickeln. So könnten beispielsweise Fahrrad-Trainings- und Schulungsmaßnahmen speziell auf die Zielgruppe „Menschen
mit Behinderungen“ ausgerichtet werden. Ein Pilot zu diesem Thema wird gerade von der
28
Siehe Fußnote 19.
50
BGW in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) erprobt und
begleitend evaluiert.29
Bezogen auf die Unfallursache bilden SRS-Unfälle mit rund 32 % aller Fälle die größte
Gruppe. In dieser Gruppe sind die „zu-Fuß-Unfälle“ erfasst. Beförderungsbedingte Unfälle
stellen mit ca. 25 % die zweithäufigste Unfallursache dar. Verkehrsunfälle im Straßenverkehr folgen mit ca. 22 % knapp dahinter.
Sturzunfälle beim Ein- und Aussteigen sind besonders häufig, sie stellen 46 % der Beförderungsunfälle. Auffällig ist dabei mit ca. 32 % der hohe Anteil von Verletzungen durch Klemmungen und Quetschungen an Türen. Weitere 22 % der Beförderungsunfälle sind Unfälle
auf Grund mangelnder Sicherung wie z.B. durch Fehlbedienung von Hebebühnen oder
Rampen oder veraltete Rückhaltesysteme.
Diese Unfälle sollten zukünftig in der Präventionsarbeit der BGW stärker berücksichtigt
werden; geeignete Maßnahmen zur Unfallvorsorge sind noch zu entwickeln. Denkbar wäre
die Forderung nach Begleitpersonen zumindest bei ausgewählten Fahrten und technische
Sicherungen wie fahrzeugseitig fest montierte Trittstufen oder Ultraschallsensoren im Bereich der Türen.
Zur Prävention von Unfällen von Rollstuhlfahrern während der Fahrt kann die BGW verstärkt
auf den Einsatz von Sicherungssystemen für Personen und Rollstühle hinwirken. Gerade
diese Unfälle können zu schwersten Verletzungen bis hin zum Tod des Versicherten führen,
wie einige tragische Fälle der vergangenen Jahre zeigen.
29
Erste Ergebnisse zu den Trainingsmaßnahmen liegen Ende 2006 / Anfang 2007 vor. Weitere Informationen zu diesem
Thema sind beim Autor oder im Bereich Gesundheits- und Mobilitätsmanagement der ZPD zu erhalten.
51
3.4 Zusammenhang zwischen Behinderungsarten und verschiedenen
Unfallas
Unfallaspekten
3.4.1
Zusammenhang der Behinderungsarten mit der Unfallursache
Körperlich behinderte Menschen sind signifikant häufiger in Beförderungsunfälle verwickelt
als andere Behinderte: Ca. 36 % der Unfälle körperlich Behinderter fallen in diese Kategorie.
Eine Interpretation könnte die erhöhte Abhängigkeit körperlich behinderter Menschen von
Fahrdiensten sein.
Menschen mit psychischen Behinderungen verunfallen signifikant häufiger mit dem Fahrrad
oder Mofa und auf Grund von Anfällen wie Schwindel oder Epilepsie. Die erfassten Unfälle
nicht behinderter Menschen sind signifikant häufiger Beförderungsunfälle. Diese machen ca.
60 % der Unfälle nicht behinderter Personen aus.
Die leichte Häufung von SRS-Unfällen bei geistig behinderten Menschen ist statistisch nicht
signifikant.
Verteilung der Unfallursache nach Behinderungsart
100%
9,6%
14,3%
90%
Anfälle (Epilepsie, Schwindel, etc.)
80%
70%
12,0%
10,8%
35,6%
24,1%
20,0%
Rad-, Mofa- oder Motorradunfälle
14,0%
60%
23,3%
50%
40%
59,3%
30,9%
24,3%
Beförderungsunfälle (kein VU)
26,2%
22,0%
18,5%
Verkehrsunfälle (VU)
30%
11,1%
20%
10%
27,8%
35,4%
23,8%
30,0%
11,1%
0%
körperlich
behindert
geistig
behindert
mehrfach
behindert
psychisch
behindert
nicht
behindert
geschlagen, gebissen, gekratzt,
gestoßen worden
gestolpert, gerutscht, gestürzt (zu
Fuß)
Abbildung 14: Prozentuale Häufigkeiten verschiedener Unfallursachen hinsichtlich der Behinderungsart
Abbildung 15 illustriert den Zusammenhang der verschiedenen Behinderungsarten mit der
Subkategorisierung der Beförderungsunfälle (vgl. Kapitel 3.4.3). Körperlich Behinderte erleiden häufiger Beförderungsunfälle, dabei erweist sich eine mangelnde Sicherung als Unfallursache Nummer eins (54 %).
52
Dagegen verunfallen geistig behinderte Menschen im Beförderungskontext eher beim Einund Aussteigen, wobei dieser Zusammenhang nicht statistisch signifikant ist. Die ebenfalls
auffällige Häufung von Ein- und Aussteigeunfällen bei psychisch behinderten Menschen von
fast 72 % muss wegen der zugrunde gelegten Fallzahl relativiert werden. Insgesamt sind
von 50 Unfällen psychisch Behinderter nur 7 mit der Kategorie Beförderungsunfall assoziiert.
Auf Grund dieser geringen Fallzahl können auch keine statistischen Aussagen getroffen
werden.
Bei nicht behinderten Menschen treten im Rahmen von Beförderungsunfällen signifikant
häufiger Verletzungen auf, die durch Klemmungen oder Quetschungen an den Türen der
Fahrzeuge verursacht wurden.
Zusammenhang der Behinderungsart mit Beförderungsunfällen
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
14,6%
33,9%
23,0%
28,6%
31,7%
81,2%
38,5%
Hand etc. an Tür geklemm t
Ein- und Aussteigen
51,8%
mangelnde Sicherung
71,4%
53,7%
12,5%
38,5%
14,3%
6,3%
körperlich
behindert
geistig
behindert
mehrfach
behindert
psychisch
behindert
nicht
behindert
Abbildung 15: Prozentuale Anteile beförderungsbedingter Unfallursachen bezogen auf die Behinderungsart
53
3.4.2
Stolpern, Rutschen, Stürzen (SRS)
Die nachfolgende Abbildung zeigt den Zusammenhang der Behinderungsarten mit der
Unfallursache SRS30 in Form eines Abweichungsindex. Der Index gibt die Abweichung von
der durchschnittlichen Häufigkeit der SRS-Unfälle nach Behinderungsart an. Legt man alle
SRS-Unfälle der untersuchten Gruppen zugrunde, so liegt dieser Wert auf der horizontalen
Skala bei 0 %. Die jeweils positive oder negative Abweichung von diesem (Mittel-) Wert ist
als Differenz zu lesen.
Die untersuchten Personen ohne Behinderungen stolpern, rutschen oder stürzen deutlich
seltener (ca. 71 % negative Abweichung vom Durchschnitt) als die untersuchten Menschen
mit Behinderungen. Dies korrespondiert mit den unter 3.4.1 dargestellten prozentualen
Häufigkeiten. SRS-Unfälle der psychisch und geistig behinderten Menschen weichen mit
rund 12 % und 8 % leicht positiv vom Durchschnitt der untersuchten Verunfallten ab.
Zusammenhang Behinderungsart mit SRS (Stolpern, Rutschen, Stürzen)
körperliche Behinderung
(inkl. blind / taub)
-6,4%
8,2%
geistige Behinderung
4,3%
mehrfach behindert
12,3%
psychisch behindert
keine Behinderung -71,4%
-60%
-40%
-20%
0%
20%
40%
Abw.-Index: Abweichung von der durchschnittl. Häufigkeit der SRS-Unfälle
Abbildung 16: Zusammenhang der Behinderungsarten mit der Unfallursache SRS als Abweichungsindex
30
Siehe Fußnote 25.
54
60%
3.4.3
Zusammenhang zwischen Behinderungsarten und ausgewählten Unfallorten
Besteht ein Zusammenhang zwischen der Art der Behinderung und dem Unfallort? Die
Fallzahlen lassen lediglich Aussagen für die drei Unfallorte „im Fahrzeug“, „Fahrbahn/ Straße“ und „Fuß-/Radweg“ zu (vgl. Abbildung 17).
Psychisch behinderte Menschen verunfallen im Verhältnis zu anderen Menschen mit Behinderungen sehr viel seltener im Fahrzeug (ca. 39 % negative Abweichung vom Durchschnitt)
und häufiger auf dem Fuß-/Radweg (ca. 62 % positive Abweichung vom Durchschnitt).
Bei Menschen mit körperlichen Behinderungen ist das Verhältnis umgekehrt. Sie verunfallen
– vermutlich weil sie häufiger befördert werden – vermehrt im Fahrzeug (ca. 33 % positive
Abweichung) und seltener auf der Straße (ca. 25 % negative Abweichung). Ähnlich verhält
es sich bei Personen mit mehrfachen Behinderungen. Auch sie verunfallen seltener auf der
Straße (ca. 30 % negative Abweichung).
Zusammenhang zwischen Behinderungsart und ausgewählten Unfallorten
-39,4%
18,0%
psychisch behindert
62,2%
3,1%
-29,7%
mehrfach behindert
-13,7%
-8,7%
im Fahrzeug
Fahrbahn/ Straße
16,2%
geistige Behinderung
-10,8%
Fuß-/ Radweg
32,6%
körperliche Behinderung (inkl.
blind / taub)
-80%
-25,4%
2,4%
-60%
-40%
-20%
0%
20%
40%
60%
80%
Abw.-Index: Abweichung von der durchschnittlichen
Häufigkeit der drei Unfallorte
Abbildung 17: Zusammenhang der Behinderungsarten mit ausgewählten Unfallorten als Abweichungsindex
55
3.4.4
PerrZusammenhang zwischen Behinderungsart und Einwirkung durch weitere Pe
sonen
Bezogen auf die Frage nach „Fremdeinwirkungen“ ist festzustellen, dass psychisch und
geistig behinderte Menschen signifikant seltener unter Beteiligung Dritter verunfallen (34 %
bzw. ca. 13 % negative Abweichung vom Durchschnitt) als nicht Behinderte (ca. 39 % positive Abweichung) und körperlich behinderte Menschen (ca. 35 % positive Abweichung) (vgl.
Abbildung 18).
Körperlich behinderte Menschen, insbesondere Rollstuhlfahrer, sind signifikant häufiger in
Begleitung eines nicht behinderten Menschen unterwegs als die erstgenannte Gruppe.
Dadurch wird der Unfall des körperlich behinderten Menschen häufiger von anderen Personen (mit)verursacht.
Dementsprechend ist dieses Ergebnis mit den Unfallursachen kongruent (s. Kapitel 3.4.1).
Geistig und psychisch Behinderte verunfallen häufiger durch Stolpern, Rutschen, Stürzen
bzw. Rad-, Mofa- oder Motorradunfälle, die meist eher ohne Beteilung weiterer Personen zu
Stande kommen.
Nicht behinderte Personen verunfallen ebenfalls signifikant häufiger mit Beteiligung einer
weiteren Person, diese ist dann meist eine behinderte Person. Das heißt: Fahrer werden
häufig durch ihre Passagiere verletzt.
Zusammenhang Behinderungsart und Fremdeinwirkung
38,7%
keine Behinderung
psychisch behindert
-34,0%
fremdverschuldet
-8,8%
mehrfach behindert
-12,9%
geistige Behinderung
körperliche Behinderung (inkl.
blind / taub)
-40%
34,8%
-30%
-20%
-10%
0%
10%
20%
30%
Abw.-Index: Abweichung von der durchschnittlichen Häufigkeit
der Verschuldungsform "Fremdeinwirkung"
Abbildung 18: Zusammenhang der Behinderungsarten und Verschuldungsform des Unfalls als Abweichungsindex
56
40%
3.4.5
Zusammenfassung und Bewertung
Unfallsituationen sind abhängig von der Art der Behinderung des Unfallopfers. So verunfallen körperlich Behinderte häufiger im Fahrzeug und seltener auf der Straße als der Durchschnitt der behinderten Menschen. Ihre Unfälle ereignen sich öfter durch Fremdeinwirkung
(beispielsweise beförderungsbedingt), als dies bei anderen Behinderungsarten der Fall ist.
Parallele Betrachtungen von Behinderungsart und Unfallursachen ergeben weiterhin, dass
Menschen mit körperlichen Behinderungen signifikant häufiger von Beförderungsunfällen
unter Beteiligung einer weiteren Person betroffen sind. Speziell mangelnde Sicherung ist
eine dominierende Unfallursache bei Beförderungsunfällen.
Demgegenüber verunfallen psychisch und geistig behinderte Menschen häufiger auf der
Straße. Unfallursache ist hier überwiegend Stolpern, Rutschen oder Stürzen. Selten sind
andere Personen am Unfall beteiligt.
Die Gruppe der nicht behinderten Personen – vornehmlich Fahrer in der Behindertenbeförderung – weist ein anderes Unfallbild auf. Fahrer verunglücken häufiger im Fahrzeug, dabei
handelt es sich oft um Verkehrsunfälle, in die weitere Fahrzeuge verwickelt sind. Fahrer
werden von den betreuten Personen auffällig häufig geschlagen, gebissen, gekratzt und
gestoßen.
Für die Arbeit der BGW sprechen diese Hinweise dafür, Präventionsmaßnahmen auf die
jeweils spezifische Behinderungsart abzustimmen beziehungsweise zu entwickeln. Die
Gruppe der psychisch behinderten Personen war bislang noch nicht als Zielgruppe erkannt
worden.
Auch die Gruppe der Fahrerinnen und Fahrer kann noch gezielter angesprochen werden,
denn an rund einem Viertel aller untersuchten Unfälle sind auch nicht behinderte Personen
beteiligt. Gezielte Schulungen der Multiplikatoren und Fahrverantwortlichen im Betrieb können helfen, Arbeits- und Gesundheitsgefahren der Fahrer auf Arbeits- und Dienstwegen
vorzubeugen.
57
3.5 Arbeitsunfähigkeit nach Unfall
3.5.1
Häufigkeitsverteilung nach Arbeitsunfähigkeit in Tagen
In Abbildung 19 und Abbildung 20 sind die Verteilungen der Dauer der Arbeitsunfähigkeit
der verunfallten Menschen mit Behinderungen in Tagen dargestellt. Auffällig ist, dass die
AU-Zeiten der erwerbstätigen Menschen mit Behinderungen insgesamt sehr lang sind.
Unfallbedingt fallen über 25 % der verunfallten Menschen mit Behinderungen einen Monat
und länger aus. Betrachtet man nur die meldepflichtigen Fälle mit einer AU von mehr als drei
Tagen, liegt der Anteil der Langzeit-Arbeitsunfähigkeiten (über einen Monat = 32 %) noch
deutlich höher (vgl. Abbildung 20).
Arbeitsunfähigkeit in Tagen (inkl. AU-Dauer 1-3 Tage)
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
15,5%
20,7%
22,6%
4,1%
1-3 Tage
4-7 Tage
8-14 Tage
Abbildung 19: Verteilung der Arbeitsunfähigkeit in Tagen
58
22,6%
14,5%
15-28 Tage
1-3 Monate
3 Monate
und länger
Arbeitsunfähigkeit in Tagen (ohne AU-Dauer 1-3 Tage)
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
26,7%
24,5%
26,7%
17,2%
20%
10%
0%
4,9%
4-7 Tage
8-14 Tage
15-28 Tage
1-3 Monate
3 Monate und
länger
Abbildung 20: Verteilung der Arbeitsunfähigkeit in Tagen (ohne AU-Dauer 3 Tage und kürzer)
Fast die Hälfte der untersuchten MmB fallen nach arbeitsbedingten Unfällen 15 Tage und
länger aus. Bezogen auf die nicht meldepflichtigen Unfälle fehlen die Beschäftigten durchschnittlich 25 Tage. Betrachtet man alleine die meldepflichtigen Unfälle, sind im Schnitt 29
Ausfalltage üblich. Zum Vergleich: Die Versicherten der AOK fallen nach Arbeits- und Wegeunfällen nur halb so lange aus.31
Vergleich der gemittelten AU-Dauer zwischen AOK und BGW
BGW (MmB)
inkl. 1-3 Tage AU
ab 4 Tage AU
AOK
0
5
10
15
20
25
30
35
Fehltage
Abbildung 21: Gemittelte Fehltage von BGW- und AOK-Unfällen
31
Ein Vergleich mit der durchschnittlichen AU-Dauer der bei der BGW-Versicherten Personen ist auf Grund der Datenlage nicht
möglich. Die AU-Dauer ist kein Pflichteingabefeld bei der Datenerfassung und wird nicht vollständig erhoben. Es können aber
Zahlen der bei der Arbeit und auf Wegen verunfallten AOK-Versicherten als Vergleichswerte herangezogen werden. Die
durchschnittliche Falldauer auf Grund einer Arbeitsunfähigkeit liegt hier bei 14,4-14,6 Tagen. (vgl. Fehlzeitenreport der AOK
2003, Seite 290, 2004 Seite 295 und 2005 Seite 270). Die Zahlen geben eher eine Tendenz wieder und sind nicht 1:1 mit den
BGW-Zahlen vergleichbar, da die GKV eine etwas andere Erfassungsmethodik zugrunde legt.
59
3.5.2
Dauer und Verteilung der Arbeitsunfähigkeit nach Behinderungsarten
Insgesamt ist die Verteilung der Arbeitsunfähigkeit auf die Behinderungsarten eher heterogen. Auffällig ist jedoch, dass besonders mehrfach- und geistig behinderte Menschen lange
Arbeitsunfähigkeitszeiten haben: Rund 43 % der Verunfallten mit geistiger und 57 % der
Verunfallten mit mehrfacher Behinderung sind einen Monat und länger arbeitsunfähig.
Die untersuchten Menschen ohne Behinderungen (nicht im Diagramm abgebildet) kehren
schneller an ihren Arbeitsplatz zurück. Auf Grund der geringen Fallzahlen in der Gruppe der
Nichtbehinderten (Fahrer) kann eine Korrelation jedoch nicht belegt werden.
Dauer der Arbeisunfähigkeit nach Behinderungsarten
100%
1,9%
3,1%
3,6%
10,1%
90%
26,9%
80%
43,4%
37,5%
33,3%
70%
60%
53,6%
40%
1-3 Monate
57,2%
15-28 Tage
8-14 Tage
19,2%
50%
3 Monate und mehr
4-7 Tage
21,9%
18,1%
28,8%
17,9%
30%
20%
10%
18,8%
21,0%
14,3%
23,1%
17,4%
18,8%
10,7%
0%
körperliche
Behinderung (inkl.
blind / taub)
geistige
Behinderung
mehrfach
behindert
psychisch behindert
Abbildung 22: Dauer und Verteilung der Arbeitsunfähigkeit nach Behinderungsart
60
3.5.3
Dauer der Arbeitsunfähigkeit nach Unfallursache
Abbildung 23 stellt den Median sowie den Mittelwert der Fehltage hinsichtlich der verschiedenen Unfallursachen dar. Es wurde die Darstellung beider Indizes gewählt, da der Mittelwert stark von Ausreißern verzerrt sein kann. Das bestätigt sich bei fast allen Kategorien der
Unfallursache. Im Verhältnis zeigen Median und Mittelwert einen vergleichbaren Trend.
Anfälle wie Epilepsie und Schwindel verursachen im Mittel die längsten Ausfallzeiten (55
Tage), jedoch ist die zugrunde liegende Fallzahl gering. Bei SRS-Unfällen zeigen sich die
zweitlängsten AU-Zeiten. Verkehrs- und Beförderungsunfälle unterscheiden sich bezogen
auf die durchschnittliche Anzahl an Fehltagen kaum (27 bzw. 28 Tage).
Zusammenhang zw ischen Fehltagen und Unfallursache
60
Median
Mittelw ert
50
Fehltage
40
30
20
10
0
gestolpert,
gerutscht,
gestürzt (zu
Fuß)
Verkehrsunfälle (VU)
Beförderungsunfälle (kein
VU)
geschlagen,
gebissen,
gekratzt,
gestoßen
w orden
Zw eiradunfälle
Anfälle
(Epilepsie,
Schw indel,
etc.)
Abbildung 23: Zusammenhang zwischen Fehltagen und Unfallursache meldepflichtiger Unfälle
3.5.4
Zusammenfassung und Bewertung
Nach Unfällen haben Menschen mit Behinderungen mit 29 Tagen sehr lange Arbeitsunfähigkeiten, etwa doppelt so lange wie die einer Vergleichsgruppe nicht Behinderter der AOK.
Mehrfachbehinderte Menschen fehlen im Durchschnitt länger als andere Behindertengruppen: Fast 60 % sind einen Monat und länger arbeitsunfähig.
Neben Anfällen wie Epilepsie und Schwindel haben SRS-Unfälle lange Fehlzeiten zur Folge
(55 bzw. 33 Tage). Verkehrs- und Beförderungsunfälle folgen mit gemittelten 27 Fehltagen.
Mit durchschnittlich 15 Tagen haben Schlag-, Biss-, Kratzverletzungen und Stöße durch
andere Personen die kürzesten Fehlzeiten zur Folge.
61
62
3.6 Unfallschwere
3.6.1
Schwere der Unfälle nach Behinderungsart
Psychisch und geistig behinderte Personen erleiden verhältnismäßig mehr schwere Unfälle
als Menschen mit anderen Behinderungen (ca. 47 % bzw. 49 %). Körperlich behinderte
Menschen verunfallen in ca. 33 % der Fälle schwer. Menschen ohne Behinderungen (hier
vornehmlich Fahrer von BTW) verunfallen sehr viel seltener schwer (rund 10 %) als Menschen mit Behinderungen. Dieser Umstand erklärt sich zum Teil damit, dass Fahrer nur
dann untersucht wurden, wenn sie an einem Unfall eines behinderten Menschen beteiligt
waren. Unfälle, die Fahrern alleine (während einer Dienstfahrt oder auf dem Weg von oder
zur Arbeit geschehen) wurden hier nicht berücksichtigt. Deren Anteil an den schweren Unfällen würde mit Zugrundelegung dieser Unfälle sicherlich stark ansteigen.
Schwere der Unfälle und Behinderungsart
100%
90%
80%
50,4%
70%
66,7%
59,1%
52,9%
mittelschwere Unfälle
schwere Unfälle
60%
90,0%
50%
40%
30%
49,6%
20%
33,3%
40,9%
47,1%
10%
10,0%
0%
körperlich
behindert
geistig behindert
mehrfach
behindert
psychisch
behindert
nicht behindert
Abbildung 24: Schwere der Unfälle nach Behinderungsart
63
3.6.2
Schwere der Unfälle nach Unfallursache
Schwere Unfälle verteilen sich ungefähr gleich auf alle Klassen von Unfallursachen (vgl.
Abbildung 25). Etwas unter dem Durchschnitt liegen Beförderungsunfälle, die keine Verkehrsunfälle sind (24,4 %). Die Kategorie „Anfälle“ zeigt einen etwas höheren Anteil von
schweren Unfällen. Die geringe Fallzahl lässt jedoch keine weitergehende Interpretation zu.
Schwere der Unfälle und Unfallursache
100%
90%
80%
mittelschwere Unfälle
schwere Unfälle
50,0%
70%
61,4%
70,0%
65,8%
75,6%
60%
68,2%
50%
40%
30%
50,0%
20%
38,6%
30,0%
10%
34,2%
24,4%
31,8%
0%
gestolpert,
gerutscht,
gestürzt (zu Fuß)
geschlagen,
gebissen,
gekratzt,
gestoßen
worden
Verkehrsunfälle Beförderungs- Rad-, Mofa- oder
(VU)
unfälle (kein VU) Motorradunfälle
Abbildung 25: Zusammenhang zwischen Schwere der Unfälle und Unfallursache
64
Anfälle
(Epilepsie,
Schwindel, etc.)
3.6.3
Schwere der Unfälle nach Verkehrsbeteiligung
Verkehrsbeteiligung
Hinsichtlich der Verkehrsbeteiligung und der Unfallschwere sind die Ergebnisse ähnlich. Es
konnten keine signifikanten Häufungen bestimmter Arten der Verkehrsbeteiligung mit Aspekten der Unfallschwere gefunden werden. Deskriptiv lässt sich ein leicht erhöhter Anteil von
schweren Unfällen bei der Verkehrsbeteiligung mit dem Rollstuhl und zu Fuß feststellen.
Schwere der Unfälle und Verkehrsbeteiligung
100%
90%
mittelschwere Unfälle
schwere Unfälle
80%
70%
50,0%
60,8%
65,1%
67,6%
60%
73,2%
83,9%
50%
40%
30%
20%
50,0%
39,2%
34,9%
32,4%
10%
26,8%
16,1%
0%
zu Fuß
Rad
Rollstuhl
PKW/ motor.
Zweirad
Beförderung
im BTW
öffentl.
Verkehrsmittel
Abbildung 26: Zusammenhang zwischen Schwere der Unfälle und Verkehrsbeteiligung
65
3.6.4
Zusammenhang
Zusammenhang zwischen Unfallschwere und Verletzungsart
Betrachtet man Unfallschwere und Verletzungsart wird deutlich, dass hier ein Zusammenhang besteht. Rund 80 % der Frakturen sind als schwere Unfälle klassifiziert. Demgegenüber sind lediglich 3 % der rückbildungsfähigen Verletzungen als schwere Unfälle
eingruppiert.
Zusammenhang zwischen Unfallschwere und Verletzungsart
100%
mittelschwere Unfälle
90%
20,4%
schwere Unfälle
80%
70%
78,9%
60%
96,7%
50%
90,0%
89,4%
79,6%
40%
30%
20%
21,1%
10%
3,3%
0%
10,0%
10,6%
geschl., voll
geschl., blutige
(Dis-)Torsion
Zerreißung,
rückbildungsfähige Verletzung mit (Verrenkung, (Ver-)
off.Luxation,
Verletzung
bleibender
Stauchung)
Amputation, offene,
Substanzschädigung
blutige
Hautverletzungen
Frakturen
Abbildung 27: Zusammenhang zwischen Unfallschwere und Verletzungsart
3.6.5
Zusammenfassung und Bewertung
Geistig und psychisch behinderte Menschen erleiden im Vergleich zu Menschen mit anderen Behinderungsarten sehr viel häufiger schwere Unfälle (49 %, bzw. 47 %). Der Anteil an
den schweren Unfällen der körperlich behinderten Menschen ist mit 33 % deutlich niedriger.
Hinsichtlich der Art der Verkehrsbeteiligung und der Schwere der Unfälle sind Rollstuhlfahrer
mit 50 % Anteil an den schweren Unfällen die stärkste Gruppe. Aufgrund der geringen Fallzahl ist der Anteil vorsichtig zu interpretieren. Eher gering ist der Anteil an den schweren
Unfällen mit 16% in der Gruppe „öffentliche Verkehrsmittel“.
Abhängig von der Art der Verletzung fallen Unfälle unterschiedlich schwer aus. Vier von fünf
Frakturen sind als schwere Unfälle eingruppiert.
66
3.7 Unfallhäufigkeiten und Zusammenhänge mit Verletzungsorten und -arten
3.7.1
Häufigkeitsverteilung nach Verletzungsorten (verletzte Körperteile)
Die BGW zeichnet in der Datenmatrix maximal vier verletzte Körperteile des Unfallopfers
auf. Abhängig von der Schwere der Verletzung werden die Orte vom Ersteintrag (schwerste
Verletzung) bis zum vierten Eintrag (leichteste Verletzung) erfasst.32
In Abbildung 28 werden nur die gruppierten Verletzungsorte der schwersten Verletzungen
dargestellt. Besonders häufig werden Verletzungen der unteren Extremitäten genannt (ca.
41 %). Verletzungen der oberen Extremitäten treten mit etwa 32 % am zweithäufigsten auf.
Prozentuale Verteilung der Verletzungsorte
100%
90%
80%
70%
60%
40,8%
50%
40%
30%
20%
31,8%
19,5%
7,9%
10%
0%
gesam ter Mensch/
Kopf/ Hals/ Wirbelsäule
Brustkorb/
Schultergürtel/ Rücken/
Flanke/ Bauch/ Becken
Schulter/ Oberarm /
Ellenbogen/ Unterarm /
Handgelenk/ Hand
Hüfte/ Oberschenkel/
Knie/ Unterschenkel/
Fuß
Abbildung 28: Häufigkeitsverteilung der verletzten Körperteile (gruppiert)33
3.7.2
Zusammenhang zwischen Unfallursache und verletzten
verletzten Körperteilen
Des Weiteren wurde überprüft, ob der verletzte Körperort und die Unfallursache in Zusammenhang stehen. Abbildung 29 illustriert die prozentualen Häufigkeiten der verschiedenen
Verletzungsorte hinsichtlich der unterschiedlichen Unfallursachen. Die Ergebnisse legen
einen Zusammenhang der Unfallursache und der daraus folgenden Verletzungsorte nahe.
Verletzungen der Kategorie „gesamter Mensch/ Kopf/ Hals/ Wirbelsäule“ treten signifikant
häufiger durch Verkehrsunfälle auf. Signifikant häufiger führen SRS-Unfälle zu Verletzungen
32
Weitergehende Informationen zum Gruppierungsverfahren von Verletzungsorten und -arten werden gerne von der BGWAbteilung Reha-Ko zur Verfügung gestellt.
33
Die Gruppierung der Verletzungen nach den hier vorgegebenen Kategorien entspricht einer BGW-Konvention, die hier nicht
weiter hinterfragt und ausdifferenziert wird. Inwieweit diese Einteilung einer idealtypischen Gruppierung in Fragen der Mobilität
von Menschen mit Behinderungen entspricht, soll hier nicht problematisiert werden.
67
der unteren Extremitäten, hingegen häufen sich signifikant Verletzungen der oberen Extremitäten im Kontext von Beförderungsunfällen.
Zusammenhang zwischen Verletzungsort und Unfallursache
100%
90%
80%
34,4%
36,6%
35,5%
28,6%
38,1%
50,4%
70%
60%
19,4%
31,2%
50%
8,8%
40%
30%
20%
10%
Hüfte/ Oberschenkel/ Knie/
Unterschenkel/ Fuß
31,8%
42,9%
33,5%
57,1%
6,3%
6,5%
6,6%
28,1%
11,0%
Schulter/ Oberarm/
Ellenbogen/ Unterarm/
Handgelenk/ Hand
Brustkorb/ Schultergürtel/
Rücken/ Flanke/ Bauch/
Becken
gesamter Mensch/ Kopf/
Hals/ Wirbelsäule
35,2%
11,2%
15,1%
17,4%
14,3%
Beförderungsunfälle
(kein VU)
Rad-, Mofaoder
Motorradunfälle
Anfälle
(Epilepsie,
Schw indel,
etc.)
0%
gestolpert, geschlagen, Verkehrsgerutscht,
gebissen,
unfälle (VU)
gestürzt (zu
gekratzt,
Fuß)
gestoßen
w orden
Abbildung 29: Häufigkeitsverteilungen der verschiedenen Unfallursachen bezogen auf den Verletzungsort
3.7.3
Zusammenhang zwischen Beförderungssituation und verletzten Körperteilen
In Abbildung 30 wird der Zusammenhang zwischen Beförderungssituation und verletzten
Körperteilen in Form eines Abweichungsindex dargestellt. Der Index gibt die Abweichung
von der durchschnittlichen Häufigkeit aller Verletzungsorte je nach Beförderungssituation an.
Legt man alle Unfälle, die „beim Ein- und Aussteigen“ geschehen zu Grunde, so liegt dieser
Wert auf der horizontalen Skala bei 0%. Die jeweils positive oder negative Abweichung von
diesem (Mittel-) Wert zeigt an, um wie viel Prozent die jeweiligen Verletzungsorte entsprechend der Beförderungssituation abweichen.
Verletzungen der Halswirbelsäule treten besonders häufig bei Unfällen während der Fahrt
auf (ca. 500 % positive Abweichung vom Mittelwert). Auch andere Wirbelsäulenverletzungen
(nebst Arm- und Beinnervengeflecht) sind mit rund 150 % positiver Abweichung sehr viel
häufiger als im Durchschnitt.
Beim Ein- und Aussteigen sind deutlich mehr Verletzungen der Hand (ca. 95 % positive
Abweichung) zu verzeichnen als im Durchschnitt.
Knöchel- und Fußverletzungen kommen seltener während der Fahrt (ca. 44 % negative
Abweichung), aber häufiger beim Ein- und Aussteigen vor (ca. 25 % positive Abweichung).
68
Verletzungen im Bereich Brustkorb, Schultergürtel etc. treten häufiger während der Fahrt auf
(ca. 94 % positive Abweichung) als beim Ein- und Aussteigen oder außerhalb von Beförderungssituationen.
Zusammenhang Verletzungsort und Beförderungssituation
96,0%
Gesamter Mensch, Kopf
150,1%
Arm- und Beinnervengefl.,
Wirbels. (ohne HWS), Hals
keine Beförderungssituation
beim Ein-/Aussteigen
94,2%
Brustkorb, Schultergürtel,
Rücken, Flanke, Brustorgane
während Fahrt/ im stehenden
Fahrzeug
-70,2%
Schulter, Oberarm, Ellenbogen
Unterarm, Handgelenk,
Handwurzel
95,0%
Hand
Kniegelenk (außer
Kniescheibe), Unterschenkel
-43,9%
Knöchel, Fuß und unbekannte
Verletzung
503,1%
HWS
-61,8%
Bauch, Bauchorgane, Becken
Hüfte, Oberschenkel,
Kniescheibe
-200%
-100%
0%
100%
200%
300%
400%
500%
600%
Abw.-Index: Abweichung von der durchschnittlichen Häufigkeit der Verletzungen nach
Beförderungssituationen
Abbildung 30: Zusammenhang zwischen Verletzungsort und Beförderungssituation als Abweichungsindex
69
3.7.4
Häufigkeitsverteilung der Verletzungsarten
Häufigste Verletzungsart von Menschen mit Behinderungen bildet mit 39 % die Gruppe
geschlossene, voll rückbildungsfähige Verletzung. In rund ein Viertel der Fälle werden (Dis)Torsionen (Verrenkungen, Verstauchungen) diagnostiziert. Jede fünfte Verletzung ist eine
Fraktur.
Häufigkeitsverteilung nach Art der Verletzung (gruppiert)
100%
90%
80%
70%
60%
50%
38,7%
40%
23,7%
30%
20%
10%
20,0%
12,0%
5,6%
0%
Frakturen
geschl., voll
geschl., blutige
(Dis-)Torsion
Zerreißung,
offene
und
rückbildungsfähige Verletzung m it (Verrenkung, (Ver-) off.Luxation,
geschlossene
Verletzung
bleibenden
Stauchung)
Amputation, offene,
Fraktur
Substanzschädigung
blutige
Hautverletzungen
Abbildung 31: Häufigkeitsverteilung nach Art der Verletzung (gruppiert) 34
34
Bei den Verletzungsarten wird ein ähnliches Gruppierungsverfahren wie bei den Verletzungsorten angewandt (siehe Fußnote
33). Hier werden maximal 3 Verletzungsarten je Person statistisch erfasst. Abhängig von der Schwere der Verletzung werden
die Verletzungsarten vom Ersteintrag bis zum dritten Eintrag erfasst.
70
3.7.5
Zusammenhang zwischen Verletzungsart und Beförderungssituation
Mit rund 156 % treten im Abweichungsindex gehäuft geschlossene, blutige Verletzungen mit
bleibender Substanzschädigung beim Ein-/ Aussteigen auf.
Demgegenüber sind im stehenden Fahrzeug und während der Fahrt die Verletzungsarten
(Dis-)Torsion (Verrenkung, Verstauchung) sowie geschlossene, voll rückbildungsfähige
Verletzungen mit ca. 49 % und 17 % überrepräsentiert. Bezüglich der Unfallursache zeigt
sich bei Verkehrsunfällen und bei Rad-, Mofa- oder Motorradunfällen eine signifikante Häufung von geschlossenen, voll rückbildungsfähigen Verletzungen. (Dis-)Torsionen häufen
sich signifikant im Kontext von SRS-Unfällen.
In der Beförderungssituation treten seltener Zerreißungen, offene Luxationen, Amputationen
(ca. 78 % negative Abweichung) und geschlossene, blutige Verletzungen mit bleibender
Substanzschädigung auf (ca. 45 % negative Abweichung) sowie Frakturen (ca. 38 % negative Abweichung).
Verletzungsarten nach Beförderungssituation
Verletzungsart unbekannt bzw.
nicht zuzuordnen
im stehenden Fahrzeug /
während Fahrt
beim Ein-/Aussteigen
-37,9%
Frakturen
keine Beförderungssituation
-77,7%
Zerreißung, off. Luxation,
Amputation etc.
48,7%
(Dis-)Torsion (Verrenkung,
(Ver-)Stauchung)
-13,8%
Geschlossene, blutige
Verletzungen mit bleib.
Substanzschädig.
-44,8%
156,2%
-44,5%
Geschlossene, voll
rückbildungsfähige Verletzung
-25,9%
-150%
-100%
-50%
0%
50%
100%
150%
Abweichungsidex: Abweichung von der durchschnittlichen Häufigkeit aller Verletzungen
nach Beförderungssituationen
Abbildung 32: Zusammenhang zwischen Verletzungsarten und Beförderungssituation als Abweichungsindex
71
3.7.6
Zusammenhang zwischen Verletzungsort und Dauer
Dauer der Arbeitsunfähigkeit
Abhängig vom Verletzungsort sind die Ausfallzeiten der Beschäftigten unterschiedlich hoch.
Abbildung 33 stellt die Arbeitsunfähigkeit nach ausgewählten35 Verletzungsorten dar.
Signifikant längere Ausfallzeiten von einem Monat und mehr zeigen sich bei Verletzungen
im Bereich der oberen Extremitäten (ca. 38 %) und Brustkorb sowie dem Rücken (ca. 40 %).
Nach Verletzungen der Kategorie „Gesamter Mensch, Kopf, Hals, Wirbelsäule (WS)“ kehren
71 % der Versicherten innerhalb von zwei Wochen an ihren Arbeitsplatz zurück. Jede dritte
Verletzung an Hüfte, Bein oder Fuß hat Ausfallzeiten von über einem Monat zur Folge.
Signifikante Häufungen zeigen sich in dieser Kategorie jedoch nicht, leicht erkennbar an der
annähernd symmetrischen Verteilung in den unterschiedliche Kategorien der Ausfallzeiten.
Zusammenhang Dauer der Arbeitsunfähigkeit und Verletzungsort
100%
2,2%
90%
8,9%
80%
17,8%
2,9%
3,9%
40,1%
37,2%
34,3%
7,4%
38,3%
27,0%
70%
60%
1-3 Monate
27,8%
17,1%
50%
14,1%
18,1%
27,5%
24,2%
20,2%
23,3%
Schulter/ Oberarm /
Ellenbogen/
Unterarm /
Handgelenk/ Hand
Hüfte/ Oberschenkel/
Knie/ Unterschenkel/
Fuß
15-28 Tage
8-14 Tage
4-7 Tage
40%
30%
20%
3 Monate und mehr
43,3%
37,1%
10%
5,7%
0%
gesam ter Mensch/
Kopf/ Hals/
Wirbelsäule
Brustkorb/
Schultergürtel/
Rücken/ Flanke/
Bauch/ Becken
Abbildung 33: Zusammenhang zwischen Arbeitsunfähigkeit und Verletzungsort
35
Auf Grund geringer Fallzahlen können für andere Verletzungsorte keine aussagekräftigen Abbildungen erstellt werden.
72
3.7.7
Zusammenhang zwischen Verletzungsart und Dauer der Arbeitsunfähigkeit
Zwischen Dauer der Arbeitsunfähigkeit und der Verletzungsart können signifikante Zusammenhänge festgestellt werden. Frakturen haben überwiegend (77 %) Ausfallzeiten von
mindestens einem Monat zur Folge. Ebenso lange fehlt jeder Vierte, der sich Zerreißungen
und Luxationen zugezogen hat.
Im Gegensatz dazu stehen die Verletzungsarten „Geschlossene, voll rückbildungsfähige
Verletzung“, „Geschlossene, blutige Verletzung mit bleibender Substanzschädigung“ und
„(Dis-)Torsionen“. Diese Verletzungsarten dominieren vor allem die Gruppe der kurzfristigen
AU-Dauer bis maximal 14 Tage (jeweils zu rund 75 %).
Zusammenhang Dauer der Arbeitsunfähigkeit und Verletzungsart
100%
6,0%
6,7%
10,6%
18,7%
26,7%
15,4%
90%
80%
3,5%
13,2%
21,0%
3 Monate und mehr
70%
60%
50%
24,6%
38,7%
34,6%
63,5%
33,3%
15-28 Tage
40%
8-14 Tage
26,3%
30%
20%
10%
35,3%
33,3%
1-3 Monate
13,8%
39,4%
4-7 Tage
24,6%
7,1%
0%
Frakturen
geschl., voll
geschl., blutige
(Dis-)Torsion
Zerreißung,
offene
und
rückbildungsfähige Verletzung mit (Verrenkung, (Ver-) off.Luxation,
geschlossene
Verletzung
bleibenden
Stauchung) Amputation, offene,
Fraktur
Substanzschädigung
blutige
Hautverletzungen
Abbildung 34: Zusammenhang zwischen Dauer der Arbeitsunfähigkeit und der Art der Verletzung
73
3.7.8
Zusammenfassung und
und Bewertung
Im Zusammenhang mit der Mobilität von Menschen mit Behinderungen sind die unteren
Extremitäten die häufigsten verletzten Körperteile (Verletzungsorte). Bezogen auf die Beförderungssituation sind beim Ein- und Aussteigen deutlich mehr Verletzungen der oberen
Extremitäten zu verzeichnen, dagegen dominieren bei SRS-Unfällen deutlich Verletzungen
der unteren Extremitäten.
Verletzungen der Halswirbelsäule treten besonders häufig bei Unfällen während der Fahrt
auf.
Häufigste Verletzungsart bildet mit ca. 39 % die Gruppe der geschlossenen, voll rückbildungsfähigen Verletzungen. An zweiter Stelle stehen mit ca. 24 % die Gruppe (Dis-) Torsionen. Geschlossene, blutige Verletzungen mit bleibender Substanzschädigung treten sehr
viel häufiger beim Ein-/ Aussteigen auf. Demgegenüber sind im stehenden Fahrzeug und
während der Fahrt Verrenkung, Verstauchung mit ca. 49 % sowie geschlossene, voll rückbildungsfähige Verletzungen mit 17 % leicht überrepräsentiert.
Etwa jede dritte Verletzung im Bereich der Arme, Beine sowie des Rumpfes hat Ausfallzeiten von einem Monat und länger zur Folge.
Auffällig sind sehr lange Ausfallzeiten bei Frakturen. Ca. 77 % der untersuchten Personen
fallen auf Grund dieser Verletzungsart länger als einen Monat aus.
Für die Arbeit der BGW lässt sich folgern, dass eine Konzentration der Prävention auf bestimmte Verletzungsorte und -arten durchaus Auswirkungen auf die Häufigkeit und die
Dauer der Arbeitsunfähigkeit haben kann. So sind beispielsweise die Verletzungen der
Wirbelsäule während der Beförderung von Menschen mit Behinderungen im BTW in den
Fokus zu nehmen. Während auf einem normalen Fahrgastsitz Kopfstützen einen gewissen
Schutz der Halswirbelsäule bei einem Unfall gewährleisten, fehlt eine solche Sicherung bei
der Beförderung von Rollstuhlfahrern in der Regel.
Neben den fahrbedingten Unfällen sind auch die Ein- und Aussteigeunfälle zu berücksichtigen und präventiv anzugehen. Beim Ein- und Aussteigen fallen vor allem die vielen Verletzungen an Händen auf, die durch das Zuschlagen der Tür hervorgerufen werden.
74
3.8 Unfallorte und -zeitpunkte
3.8.1
Verteilung nach Unfallort
Auf der Straße und im Kraftfahrzeug passieren die meisten Unfälle (30 % bzw. 27 %). Auf
Fuß- und Radwegen geschehen rund 14 % aller Unfälle im Zusammenhang mit der Mobilität
von Menschen mit Behinderungen. Auf dem Betriebsgelände geschehen rund 12 % der
Unfälle. Ein- und Aussteigeunfälle sind der Kategorie „Haltestellen“ zugeordnet. Sie bilden
einen Anteil von ca. 11 %.
Häufigkeitsverteilung nach Unfallort (gruppiert)
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30,2%
30%
26,9%
20,1%
20%
10,9%
11,8%
Haltestellen
Betriebsgelände
10%
0%
Fuß-/ Radweg
Fahrbahn/ Straße
im Fahrzeug
Abbildung 35: Häufigkeitsverteilung nach Unfallort
75
3.8.2
Verteilung nach Unfalluhrzeit
Ein deutlicher Unfallschwerpunkt ergibt sich für die Zeit von 6:00 bis 9:00 Uhr: Jeder zweite
Unfall ereignet sich in diesem Zeitfenster, meist auf dem Weg zur Arbeit. Das gleiche Muster
zeigen die Mobilitätsunfälle von nicht behinderten Menschen.36
Am Nachmittag verteilen sich weitere 30 % der Unfälle über mehrere Stunden (14:00 bis
17:00 Uhr), davon ein Großteil wiederum auf dem Weg von der Arbeit nach Hause.
Unfallhäufigeiten nach Uhrzeit
40%
35,4%
35%
30%
25%
20%
14,6%
15%
12,2%
9,6%
10%
7,2%
4,7%
5%
2,4%
0,1%
0%
00:00- 1:00- 2:00- 3:00- 4:00- 5:00- 6:00- 7:00- 8:00- 9:00- 10:00-11:00-12:00-13:00-14:00-15:00-16:00-17:00-18:00-19:00-20:00-21:00-22:00-23:0000:59 1:59 2:59 3:59 4:59 5:59 6:59 7:59 8:59 9:59 10:59 11:59 12:59 13:59 14:59 15:59 16:59 17:59 18:59 19:59 20:59 21:59 22:59 23:59
ca. 50 % aller Unfälle
zwischen 6:00 u. 9:00
Abbildung 36: Häufigkeitsverteilung nach Unfalluhrzeit
36
Vergleiche BGW-Unfallstatistik.
76
ca. 30 % aller Unfälle
zwischen 14:00 u. 17:00
3.8.3
Zusammenfassung und Bewertung
Einen Unfallschwerpunkt im Zusammenhang mit der Mobilität von Menschen mit Behinderungen zeigt sich im öffentlichen Verkehrsraum, das heißt im Straßenverkehr, auf der Straße/Fahrbahn, im Fahrzeug und auf Fuß- und Radwegen.
Die meisten Unfälle passieren am Morgen zwischen 6:00 und 9:00 Uhr (50 %) und nachmittags zwischen 14:00 und 17:00 Uhr (30 %).
Da die morgendliche Rushhour mit einem besonderen Unfallrisiko einhergeht, könnten
flexiblere Arbeitszeitmodelle zu einer Entzerrung des Unfallaufkommens beitragen. Die
BGW kann bei den nötigen Re-Organisationsprozessen in den Betrieben unterstützend
wirken, um Arbeitszeitmodelle und Fahrereinsatzplanungen zu unterstützen.
Berücksichtigt werden soll auch, dass das Wegeunfall-Risiko direkt beeinflusst wird von
psychologischen Faktoren wie beispielsweise Stress und Arbeitszufriedenheit. Der Zusammenhang dieser Faktoren wird in zahlreichen Studien belegt. Die negative Wirkung von
psychischem Stress auf das Unfallrisiko lässt sich auch auf den Kontext der Beförderung
von Menschen mit Behinderungen übertragen.
77
3.9 Verhalten nach dem Unfall
3.9.1
Zusammenhang zwischen Unfallzeit und Verhalten nach dem Unfall
Unfall
Ob auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause, die Studie zeigt: Wer einen Unfall hat, setzt
seinen Weg in der Mehrzahl der Fälle fort und sucht erst später einen Arzt auf. Alleine bei
Mobilitätsunfällen in der Zeit zwischen 10:00 und 14:00 Uhr zeigen die Verunfallten eine
etwas höhere Bereitschaft, direkt zum Arzt zu gehen (17 % positive Abweichung). Möglicherweise wirken hier Vorgesetzte und Kollegen stärker auf den Verletzten ein, sich untersuchten zu lassen.
Besonders selten wird der Arzt direkt konsultiert, wenn der Unfall nach 14:00 Uhr passiert –
die Mehrzahl fährt zunächst nach Hause.
Zusammenhang zwischen Unfallzeit und Verhalten nach dem Unfall
-63,9%
40,4%
vor 10.00 Uhr
zwischen 10 und 13:59 Uhr
zum Arzt
weiter gearbeitet
nach Hause
-36,8%
16,9%
104,2%
ab 14:00 Uhr
-55,2%
-9,1%
-120% -100% -80% -60% -40% -20%
0%
20%
40%
60%
Abw.-Index: Abweichung vom Mittelwert
Abbildung 37: Zusammenhang zwischen Unfallzeit und Verhalten nach dem Unfall
78
80% 100% 120%
3.9.2
Zusammenhang zwischen Verletzungsort
Verletzungsort (verletzte Körperteile) und Verhalten
nach dem Unfall
Ob der Verunfallte direkt zum Arzt geht oder erst später, hängt – zumindest tendenziell – von
seinen Verletzungen ab. Erwartungsgemäß wird er überwiegend direkt dem Arzt vorgestellt,
wenn die Verletzungen Hals, Wirbelsäule oder den gesamten Körper betreffen (68 %). Nach
Verletzungen an Hüfte, Bein oder Fuß gehen die Menschen eher nach Hause oder arbeiten
weiter, lediglich 44 % begeben sich unmittelbar in Behandlung.
Zusammenhang zwischen Verletzungsort und Verhalten nach dem Unfall
100%
90%
80%
70%
44,4%
67,9%
57,9%
55,3%
60%
zum Arzt
w eiter gearbeitet
50%
22,0%
40%
30%
17,5%
nach Hause
11,2%
20%
10%
15,4%
24,6%
29,3%
33,6%
20,9%
gesam ter Mensch/
Kopf/ Hals/
Wirbelsäule
Brustkorb/
Schultergürtel/
Rücken/ Flanke/
Bauch/ Becken
Schulter/ Oberarm /
Ellenbogen/
Unterarm /
Handgelenk/ Hand
Hüfte/ Oberschenkel/
Knie/ Unterschenkel/
Fuß
0%
Abbildung 38: Zusammenhang zwischen Verletzungsort und Verhalten nach dem Unfall
79
3.9.3
Zusammenhang zwischen Verletzungsart und Verhalten nach dem Unfall
Eher selten gehen Verunfallte mit Verrenkungen oder Verstauchungen nach einem Unfall
zum Arzt (ca. 35 %), häufiger arbeiten sie weiter (ca. 38 %). Tendenziell anders verhalten
sich Verunfallte mit Knochenbrüchen oder Zerreißungen und offener Luxation nach einem
Unfall. In diesen Gruppen gehen immerhin 62 bis 66 % nach dem Unfall direkt zum Arzt.
Rund 13 % bzw. 18 % arbeiten nach dem Unfall weiter. Jeweils ungefähr 20 % gehen nach
dem Unfall (zunächst) nach Hause.
Besorgniserregend ist, dass auch bei schweren Verletzungen noch 38 Personen weitergearbeitet haben (hier nicht abgebildet). Darunter waren 26 schwere Frakturen sowie 5 Fälle
„Zerreißung/ offene Luxation“.
Zusammenhang zwischen Verletzungsart und Verhalten nach dem Unfall
100%
90%
35,3%
80%
70%
45,9%
55,0%
62,0%
65,6%
60%
zum Arzt
26,3%
50%
w eiter gearbeitet
18,9%
40%
nach Hause
14,1%
30%
20%
30,9%
10%
35,2%
17,7%
13,1%
20,3%
21,3%
38,4%
0%
geschl., voll
geschl., blutige
(Dis-)Torsion
Zerreißung,
rückbildungsfähige Verletzung m it (Verrenkung, (Ver-)
off.Luxation,
Verletzung
bleibenden
Stauchung)
Am putation, offene,
Substanzschädigung
blutige
Hautverletzungen
Frakturen
offene
und
geschlossene
Fraktur
Abbildung 39: Zusammenhang zwischen Verletzungsart und Verhalten nach dem Unfall
80
3.9.4
Zusammenfassung und Bewertung
Das Verhalten nach dem Unfall ist abhängig vom Unfallzeitpunkt und der Verletzungsart. In
der Zeit vor 10:00 Uhr arbeiten die Verunfallten meist anschließend noch, nachmittags ab
14:00 Uhr fährt die Mehrheit nach dem Unfall nach Hause. Eine nahe liegende Erklärung ist,
dass sich ein großer Teil der Unfälle vor 10:00 Uhr auf dem Weg zur Arbeit ereignet, bzw.
nach 14:00 Uhr auf dem Nachhauseweg.
Unabhängig von der Tageszeit wird der Arzt nur selten unmittelbar nach dem Unfall aufgesucht. Zwischen 10:00 und 14:00 Uhr gehen die Verunfallten etwas häufiger direkt zum Arzt
als sie das nachmittags ab 14:00 Uhr tun.
Verletzungsort und -art beeinflussen das Verhalten der Versicherten nach dem Unfall. Nach
Verletzungen der unteren Extremitäten gehen Verunfallte seltener direkt zum Arzt als mit
anderen Verletzungen.
Nur rund ein Drittel der Verletzten mit (Dis-)Torsionen suchen direkt einen Arzt auf. Zwei von
drei Personen mit Frakturen oder Zerreißungen/ offenen Luxationen begeben sich unmittelbar in Behandlung. In nicht wenigen Fällen haben Unfallopfer mit schweren Frakturen weitergearbeitet.
81
3.10 Heilbehandlungskosten
3.10.1 Heilbehandlungskosten nach Behinderungsart
Als Heilbehandlungskosten werden im Folgenden nur die ermittelbaren Kosten für Heilbehandlungen der Kontenklasse 40-48 aufgefasst.37 Bezogen auf die gesamten Leistungsausgaben der BGW (Heilbehandlungskosten, Rentenzahlungen, Berufshilfe) machen
Heilbehandlungskosten etwas weniger als die Hälfte der Kosten aus.
Betrachtet man Mittelwert, Median und Maximum der Heilbehandlungskosten nach Art der
Behinderung – Unfälle mit einer AU-Dauer von nicht mehr als 3 Tagen sind eingeschlossen
– dann liegen die Heilbehandlungskosten der mehrfach-, geistig- und psychisch behinderten
Menschen im Durchschnitt deutlich höher als die von Menschen mit körperlichen Behinderungen und die der untersuchten Nichtbehinderten.
Besonders hohe Heilbehandlungskosten einzelner Fälle bei den geistig und körperlich behinderten Menschen prägen das Bild der Kostenstruktur. Der Median zeigt an, dass 50 %
aller Fälle der psychisch behinderten Menschen Heilbehandlungskosten von mehr als 432 €
je Unfall verursachen. Bei den geistig- und mehrfachbehinderten Menschen liegt der Median
ungefähr bei der Hälfte der Kosten für psychisch behinderte Menschen (ca. 212 € bzw.
174°€).
Art der Behinderung
Körperlich behindert (inkl. blind und gehör
gehörlos)
Mittelwert
Median
Maximum
963 €
152 €
ca. 43 Tsd. €
Geistig behindert
1996 €
212 €
ca. 100 Tsd. €
Mehrfachbehindert
1498 €
174 €
ca. 18 Tsd. €
Psychisch behindert
1861 €
432 €
ca. 18 Tsd. €
Keine Behinderung
545 €
100 €
ca. 6 Tsd. €
Tabelle 7: Heilbehandlungskosten (Kontenklasse 40-48) nach Behinderungsart
37
Zu den erfassten Kosten der Kontenklasse 40-48 zählen die Kontenart 400-450 (ambulante und allgemeine Heilbehandlung),
Kontenart 460 (stationäre Heilbehandlung), Kontenart 470 (Verletztengeld) sowie Kontenart 471-489 (weitere Heilbehandlungskosten). Dies ist Grundlage aller hier abgebildeten Berechnungen, Diagramme und Tabellen. Weitere Unterkonten der
Kontenklasse 4 sowie alle anderen Kontenklassen (beispielsweise Kontenklasse 5, Rentenaufkommen oder Kosten für Berufshilfe) bleiben unberücksichtigt.
82
3.10.2 Kosten für Heilbehandlung nach Unfallort
Bezogen auf den Unfallort lässt sich feststellen, dass Unfälle auf der Straße im Durchschnitt
besonders hohe Heilbehandlungskosten verursachen. Enthalten sind hier besonders teure
Einzelfälle – ein Fall kostete über 100 Tsd. € – dadurch wird das Bild der Durchschnittskosten etwas verzerrt. Der Median hingegen zeigt an, dass die Hälfte der Unfälle der Gruppe
Fahrbahn/Straße nur unwesentlich teurer sind als andere Unfälle, wie etwa Haltestellenoder Fußwegsunfälle.
Unfallort
Mittelwert
Median
Maximum
Haltestellen
942 €
107 €
ca. 18 Tsd. €
Betriebs-/ Wohnheimgelände
508 €
120 €
ca. 5 Tsd. €
Fußweg
734 €
129 €
ca. 21 Tsd. €
2020 €
152 €
ca. 100 Tsd. €
679 €
106 €
ca. 43 Tsd. €
Fahrbahn/ Straße
im (stehenden) Fahrzeug
Tabelle 8: Heilbehandlungskosten (Kontenklasse 40-48) nach Unfallort
83
3.10.3 Durchschnittliche Heilbehandlungskosten nach Verletzungsart
Wie Abbildung 40 zeigt, bilden Frakturen die teuerste Gruppe der Verletzungsarten. Hier
fallen Heilbehandlungskosten von durchschnittlich rund 3.300 € (Mittelwert) bzw. 550 €
(Median) an. Alle weiteren Verletzungsarten verursachen vergleichsweise geringere Heilbehandlungskosten. Somit kostet im Durchschnitt ein Unfall der Kategorie geschlossene Fraktur bei den Mobilitätsunfällen von Menschen mit Behinderungen rund 15 mal (bezogen auf
den Mittelwert) oder 6 mal (bezogen auf den Median) soviel wie ein Unfall der Kategorie
(Dis-)Torsion/Verrenkung/ Verstauchung. Letztere liegt mit durchschnittlich ca. 220 € am
unteren Ende der Kostenskala.
Betrachtet man die Rangfolge der einzelnen Kategorien, fällt ein starker Unterschied von
Mittelwert und Median bei den Kategorien geschlossene, blutige Verletzungen und Zerreißungen, offene Luxation auf. Dies weist auf besonders starke Schwankungen der Kosten im
Einzelfall hin.
Durchschnittliche Heilbehandlungskosten nach Verletzungsart
3.309,89 €
3500
.
€
3000
.
€
2500
.
€
2000
.
€
Mittelwert
Median
1500
.
€
.
€
1000
572,45 €
500 €
320,09 €
98,37 €
218,21 €
88,32 €
94,71 €
481,42 €
551,98 €
115,17 €
0€
geschl., voll
geschl., blutige
(Dis-) Torsion
Zerreißung,
rückbildungsfähige Verletzung mit (Verrenkung, (Ver-) off.Luxation,
Verletzung
bleibenden
Stauchung) Amputation, offene,
Substanzschädigung
blutige
Hautverletzungen
Fraktur
Abbildung 40: Durchschnittliche Heilbehandlungskosten je Unfall nach Verletzungsart (gruppiert) - Kontenklasse 40-48
84
3.10.4 Zusammenfassung
Zusammenfassung und Bewertung
Grundlage für diese Studie waren die Kosten, die für Heilbehandlungen (Kontenklasse 4048) des Verunfallten entstehen. Grundsätzlich muss man bei der Interpretation der Heilbehandlungskosten jedoch berücksichtigen, dass sehr teure Einzelfälle das Kostenbild stark
beeinflussen können.
Im Vergleich der durchschnittlichen Heilbehandlungskosten nach Behinderungsart liegen die
Kosten für Unfälle geistig, mehrfach- oder psychisch Behinderter durchschnittlich zwischen
1.500 € und 2.000 € pro Person. Die Kosten für nichtbehinderte Fahrer und Menschen mit
körperlichen Behinderungen liegen bei durchschnittlich 500 - 1000 € je geschädigter Person.38
Die Heilbehandlung geistig- oder psychisch behinderter Menschen variiert erheblich. Die
Analyse dieser Unterschiede war jedoch nicht Gegenstand der Studie und müsste im Detail
untersucht werden.
Die Unfallkosten unterscheiden sich – wenig überraschend – nach Art der Verletzung. Am
teuersten sind unfallbedingte Frakturen mit rund 3.300 €. Demgegenüber fallen die Heilbehandlungskosten für (Dis-)Torsionen eher günstig aus.
Aus Kostensicht spielt es kaum eine Rolle, wo der Unfall stattfindet: Das Kostenbild ist eher
homogen. Einzelne Verkehrsunfälle, beispielsweise mit dem Rollstuhl, können durchaus
teuer werden. Mit rund 700 € sind Unfälle, die im stehenden Fahrzeug durch Rangeleien
sowie beim Ein- und Aussteigen durch Stolpern, Rutschen und Stürzen verursacht werden,
weniger kostenintensiv als der Durchschnitt.
38
Berücksichtigt werden nur die Fälle, die im Untersuchungszeitraum abgeschlossen sind. Auf Grund des schwierigen Ermittlungsverfahrens blieben Kosten für Unfälle, die Heilbehandlungsleistungen über viele Jahre erfordern, unberücksichtigt. Dies
sind sehr wahrscheinlich nur wenige Einzelfälle.
85
3.11 Nach einem Unfall eingeleitete Präventionsmaßnahmen
Präventionsmaßnahmen durch die Betriebe
Die Unfallanzeige enthält ein Eingabefeld für Präventionsmaßnahmen, die der Betrieb nach
dem Unfall ergreift, um ähnlichen Fällen zukünftig vorzubeugen. Nachfolgend werden die
Antworten der Betriebe vorgestellt und interpretiert.
Von allen untersuchten Unfällen ii Zusammenhang mit der Mobilität von Menschen mit
Behinderungen wurde in weniger als 5 % eine Angabe zu den eingeleiteten Präventionsmaßnahmen gemacht.
Am häufigsten werden die Verunfallten „belehrt“ und „zu mehr Vorsicht gemahnt“. In einigen
Fällen wurden konkretere Angaben gemacht; hier wurden beispielsweise die Fahrer der
Beförderungsdienste zur Personen- und Rollstuhlsicherung unterwiesen. Maßnahmen, die
über eine Unterweisung hinausgehen, wurden selten genannt. In zwei Fällen wurden neue
Gurtsysteme angeschafft, in zwei weiteren Fällen wurden die Unfälle in Arbeitsgruppen
ausgewertet.
Eingeleitete Präventionsmaßnahmen durch den Betrieb
3
Unterweisung in Hand- und Sicherheitsschuhe o.ä.
Fahrerbelehrung zur Beförderung und Fahrgast/Rollstuhlsicherung
6
31
Belehrung, Mahnung zu mehr Vorsicht
Auswertung in der Arbeitsgruppe
2
Anschaffung neuer Gurtsysteme
2
5
Sonstiges
0
5
10
15
20
Anzahl Fälle
Abbildung 41: Übersicht der Anzahl eingeleiteter Präventionsmaßnahmen durch die Betriebe
86
25
30
35
3.11.1 Zusammenfassung und Bewertung
In weniger als 5 % der untersuchten Fälle geben Betriebe an, welche Präventionsmaßnahmen nach dem Unfall eingeleitet wurden. Dies könnte darauf hinweisen, dass Betriebe
Schwierigkeiten damit haben, mit eigenen Konzepten gezielt Maßnahmen zur Vermeidung
von arbeitsbedingten Verkehrsunfällen einzuleiten.
Von 49 Antworten wurde insgesamt 37-mal „Belehrung“ als Folge des Unfalls angegeben.
Neue technische Hilfsmittel, wie beispielsweise die Anschaffung neuer Gurtsysteme wurde
in zwei Fällen genannt. Ideen bzw. Maßnahmen, die systematisch in die Arbeits- und Organisationsabläufe eingreifen, blieben unerwähnt.
Demgegenüber steht eine hohe Nachfrage bei der BGW nach Unterstützungsangeboten für
die Präventionsarbeit. Viele Unternehmen fragen nach Hilfestellung bei der Gefährdungsermittlung oder nach Unterweisungskonzepten, sie wünschen eine Beratung vor Ort durch die
BGW oder konkrete Unterstützung beim Erwerb und Einsatz von Fahrzeugen und Sicherungssystemen. Betriebe wünschen sich zudem Unterstützung bei der Fahrer- und Einsatzplanung sowie bei der Etablierung eines geeigneten QM-Systems.
87
4 Fazit und Empfehlungen
Die Erkenntnisse der Unfallforschung sollen für die Präventionsarbeit im Betrieb nutzbar
gemacht werden und Anregungen für zukünftige Schwerpunkte und Strategien liefern. Dazu
werden im Folgenden das Unfallgeschehen bewertet und erste Empfehlungen vorgestellt.
Unfallhäufigkeit in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen besonders hoch
Die Präventionsarbeit im Kontext der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen kann
besonders effektiv in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (SSL 840) intensiviert
werden. Hier zeigt sich ein verhältnismäßig hohes Unfallaufkommen und die Zielgruppe
kann gut erreicht werden.
Obwohl es vordringliches Ziel war, die Unfallsituationen im Kontext der Mobilität von Menschen mit Behinderungen zu untersuchen, können auf der Datenbasis auch weiterführende
Untersuchungen zum nicht-mobilitätsbedingten Unfallgeschehen von behinderten Menschen
an ihrem Arbeitsplatz durchgeführt werden, was dabei helfen kann, neue Präventionsschwerpunkte zu setzen.
Gravierende Unterschiede der Unfälle nach Art der Behinderung
Unterschiedliche Behinderungsarten zeigen jeweils typische Unfallmuster. Psychisch und
geistig behinderte Menschen verunfallen häufiger zu Fuß oder mit dem Fahrrad, weshalb für
diese Zielgruppe auch der Präventionsschwerpunkt speziell auf diese Art der Verkehrsteilnahme gelegt werden sollte.
Hier könnte beispielsweise ein Fahrrad- und Fußwegetraining, das die Bedarfe dieser Zielgruppe aufgreift, unterstützend wirken. Menschen mit Behinderungen sind für die aktive
Teilnahme am Straßenverkehr auf besondere Weise zu sensibilisieren. Förderungsmöglichkeiten liegen unter anderem im Bereich von Beratungs- und Schulungsmaßnahmen sowie in
praktischen Mobilitätstrainings. Geistig behinderte Menschen üben beispielsweise in einem
Verkehrstraining ihre akustische und visuelle Wahrnehmung, Reaktion, Motorik und Kommunikation, die in Folge die Aufmerksamkeit erhöhen kann. Für die sichere Teilnahme am
Straßenverkehr sind diese Fähigkeiten von entscheidender Bedeutung.
Konzepte für Fahrradtrainings und -schulungen werden aktuell in Zusammenarbeit mit Experten erprobt und von der BGW in Zusammenarbeit mit interessierten Betrieben getestet
und deren Nutzen evaluiert. Die Auswertung erster Ergebnisse liegt voraussichtlich Ende
2007 vor.
88
Gefahr von Unfällen in den Morgenstunden am höchsten
Eine Befragung von Fahrdienstleitungen deckte Verbesserungspotenziale bei der Planung
der Dienst- und Einsatzpläne auf, weil beispielsweise zur morgendlichen Rushhour Fahrer
und Fahrzeuge knapp sind und sich Fahrzeiten durch Staus verlängern. Zeitdruck und
Stress sind häufige Folgen.
Überdurchschnittlich häufig verunfallen Versicherte auf dem Weg zur Arbeit. Flexiblere
Arbeitszeitmodelle in den Fahrdiensten und Werkstätten für Menschen mit Behinderungen
könnten zur Entzerrung des Unfallaufkommens beitragen. Hier könnten Präventionsansätze
entwickelt werden, die bei den Arbeitszeitregelungen und Einsatzpläne der Betriebe ansetzen. Es kann erwartet werden, dass Fahrdienste ein Beratungsangebot der BGW zur Organisationsentwicklung gut annehmen würden. Die Befragungsergebnisse von
Fahrdienstverantwortlichen belegen, dass rund 60 % der Interviewten sich eine systematische Unterstützung in Form von Beratung wünschen.39
Menschen mit Behinderungen verunfallen zumeist nach kurzer Betriebszugehörigkeit
Ein weiterer Präventionsschwerpunkt kann die Gruppe der „neuen“ Beschäftigten mit Behinderung sein, die ihre Stelle erst kürzlich angetreten haben. Die Forschungsergebnisse belegen, dass nicht nur die ganz jungen, sondern alle Altersgruppen an einem neuen
Arbeitsplatz ein erhöhtes Unfallrisiko aufweisen.
Auch wenn eine vertiefende Untersuchung des Unfallmusters „geringes Betriebsalter“ und
der Vergleich mit anderen Versichertengruppen noch ausstehen, zeichnet sich der hohe
Bedarf an Maßnahmen zur Unfallprävention deutlich ab. Denkbar wäre die Integration in
Einarbeitungskonzepte neuer Mitarbeiter zum Thema „Gefahren am Arbeitsplatz“.
In den bestehenden Seminaren für Führungskräfte, Werkstatt- oder Gruppenleiter sowie
Sicherheitsbeauftragte40 könnte ein Lernmodul diesem Thema gewidmet sein, sensibilisieren und Handlungshilfen anbieten.
Arbeitsunfälle überschneiden sich häufig mit Wege- und Dienstwegeunfällen
Wie die Untersuchung belegt, hat die Präventionsarbeit zur Verhütung mobilitätsbedingter
Unfälle von Menschen mit Behinderungen einen doppelten Nutzen. Nicht nur die Beförderten sind betroffen, sondern häufig auch Fahrer oder Begleitpersonen. Präventionsstrategien
sollten deshalb gleichzeitig auf mehrere Gruppen abzielen.
Nicht zuletzt wird damit ein großer Anteil von Arbeitsunfällen (UA1 und UA2) in die Prävention einbezogen, die heute gänzlich unberücksichtigt bleiben. Denn rund 20 % aller Mobili39
Im Rahmen des Entwicklungsprojektes „Sichere Mobilität von Menschen mit Behinderungen“ befragte die BGW 50 Fahrdienstverantwortliche telefonisch zu ihren Belastungsschwerpunkten und Präventionsbedarfen.
40
z.B. SW1, SiB-Seminare für Sicherheitsbeauftragte, Aufbauseminar Werkstatt; VS6, Sichere Beförderung von Menschen mit
Behinderungen; UM1, Arbeits- und Gesundheitsschutz: Eine gewinnbringende Führungsaufgabe
89
tätsunfälle sind beförderungsbedingte Ein- oder Aussteigeunfälle, die vornehmlich auf dem
Betriebsgelände passieren und zumeist als Arbeitsunfall erfasst werden.
Es gibt also eine große Schnittmenge zwischen Arbeitsunfällen und Wege-/Dienstwegeunfällen. Diese Schnittmenge ist noch größer, bezieht man die Unfälle mit einem weiter
gefassten Mobilitätshintergrund ein, beispielsweise Wege zur Toilette, Wege innerhalb des
Betriebs oder Sportunfälle. Es handelt sich dabei fast ausschließlich um SRS-Unfälle.
Für die Präventionsarbeit ist es unerheblich, welcher Unfallart ein Unfall zuzuordnen ist.
Wichtig sind geeignete Instrumente, die gezielt und nachhaltig Unfälle und arbeitsbedingte
Gesundheitsgefahren vorbeugen.
Stolper-, Rutsch- und Sturzunfälle sind Spitzenreiter der Unfallursache
Wie in der Gesamtstatistik stehen Stolper-, Rutsch- und Sturzunfälle (SRS) an der Spitze
der Unfallursachen im Zusammenhang mit der Mobilität von Menschen mit Behinderungen.
In den 32 % der SRS-Fälle sind alle Arten von Sturzunfällen bei Fußgängern enthalten.
Durch Maßnahmen zur Prävention von Stolper-, Rutsch- und Sturz-Unfällen können gleichermaßen Wege- und Dienstunfälle reduziert werden wie auch Arbeitsunfälle, die im erweiterten Sinne eine Mobilitätsursache haben, beispielsweise den Gang auf dem
Betriebsgelände oder den Weg zum Fahrzeug.
So könnte z.B. ein BGW-Mobilitätsmanagement neben dem motorisierten Individualverkehr
und öffentlichen Personenverkehr das Thema SRS mit aufgreifen. Eine systematische Untersuchung dieser Unfälle ist jedoch Voraussetzung für weitere Aktivitäten.
Viele Hand- und Fußverletzungen durch Ein- und Aussteigeunfälle
Unfälle beim Ein- und Aussteigen haben häufig Verletzungen an Händen oder Füßen mit
überdurchschnittlich hohen AU-Zeiten zur Folge. Es ist deshalb zu überlegen, wie mit geeigneten technischen und organisatorischen Mitteln Abhilfe geleistet werden kann. Denkbar
wäre, die Problematik in die Normenausschüsse für Rollstühle (AA 1.6) und Behindertentransportkraftwagen (AA 1.7) des NARK (Normenausschuss Rettungsdienst und Krankenhaus) zu tragen, um dort über mögliche technische Maßnahmen zu beraten, wie zum
Beispiel Ultraschallsensoren im Bereich der seitlichen Türen.
Gleichzeitig könnte im BGW-Seminar „Sichere Beförderung von Menschen mit Behinderungen“ (VS6) und dem „Grundkurs für Sicherheitsbeauftragte für Beschäftigte in Werkstätten
für behinderte Menschen“ (SGK-B) diese Unfallursache vermittelt und zu betrieblichen Lösungen angeregt werden.
90
Deutliche Unterschiede hinsichtlich der Schwere der Unfälle
Die Untersuchungsergebnisse legen nahe, dass der Unfallhintergrund von schweren und
mittelschweren Unfällen sehr unterschiedlich ist. Gerade Einzelfälle mit schweren und dauerhaften Schädigungen verursachen lange Arbeitsunfähigkeitszeiten und entsprechend
hohe Kosten. Eine systematische Analyse solcher – eher seltener – Unfälle könnte zu gezielten Maßnahmen führen. An diesem Punkt besteht noch weiterer Untersuchungsbedarf.
Schwere und auch tödliche Unfälle ereignen sich typischerweise dann, wenn Menschen im
Rollstuhl sitzend befördert werden und es zum einem Verkehrsunfall kommt. Das zeigt, dass
beim Einsatz geeigneter Sicherungssysteme zur Personen- und Rollstuhlsicherung weiterhin
akuter Handlungsbedarf besteht.41
Sehr lange AU-Dauern von Menschen mit Behinderungen nach einem Unfall
Die durchschnittliche AU-Dauer von fast einem Monat je verunfallter Person ist im Vergleich
zu Nichtbehinderten42 rund doppelt so lang. Insgesamt ist die Verteilung der Arbeitsunfähigkeit auf die Behinderungsarten eher heterogen. Auffällig ist jedoch, dass besonders mehrfach- und geistig behinderte Menschen lange Arbeitsunfähigkeitszeiten haben: Rund 43 %
der Verunfallten mit geistiger und 57 % der Verunfallten mit mehrfacher Behinderung sind
einen Monat und länger arbeitsunfähig. Mit durchschnittlich 10 Tagen haben Schlag-, Biss-,
Kratzverletzungen und Stöße durch andere Personen die kürzesten Fehlzeiten zur Folge.
Neben Anfällen wie Epilepsie und Schwindel haben SRS-Unfälle lange Fehlzeiten zur Folge
(55 bzw. 33 Tage). Beförderungs- und Verkehrsunfälle folgen mit gemittelten 26 bzw. 27
Fehltagen.
Nach Meinung von Experten sind rund 30-40 % der AU-Zeiten durch gezielte Präventionsmaßnahmen im Unternehmen vermeidbar (Thiehoff 1999).43 Inwieweit für Branchen, in
denen Menschen mit Behinderungen übermäßig stark vertreten sind, besondere Maßnahmen zu entwickeln sind, müsste (beispielsweise in Expertenworkshops) weitergehend untersucht werden.
41
Zum Thema Rollstuhl- und Insassensicherung bei der Beförderung von Menschen mit Behinderungen siehe „Rollstuhlsicherung in Kraftfahrzeugen“, BGW - Wilhelm, Matthias, sowie BGW-„mitteilungen“, 3/05, Seite 6-7.
42
Die durchschnittlich AU-Dauer der AOK-Kontrollgruppe liegt bei rund 14 AU-Tagen nach einem Arbeitsunfall.
43
Thiehoff, R. (1999). Rechnet sich Arbeitsschutz im Betrieb? In R. Thiehoff (Hrsg.), Arbeitsschutz und Wirtschaftlichkeit (S. 16). Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.
Die Krankenstände sind auf einem historischen Tiefstand (2003 lagen diese bei 3,7 %, 2004 noch niedriger, vgl. Fritz 2005).
Die Möglichkeiten der Reduzierung von krankheitsbedingten Fehlzeiten scheinen heute somit an ihre Grenzen zu stoßen, nicht
hingegen die Einflussmöglichkeiten auf Fehlzeiten, die unfallbedingt entstehen. Die Berufsgenossenschaften können somit ihre
Präventionspotenziale noch stärker ausschöpfen.
91
Unzureichende Präventionsmaßnahmen durch Betriebe nach einem Unfall
Aus den Unfallanzeigen ergibt sich, dass direkt nach einem Unfall in rund 5 % der Fälle im
Unternehmen Maßnahmen getroffen werden, um ähnliche Unfälle zukünftig zu verhindern.
In acht von zehn Fällen sind dies Unterweisungen oder Belehrungen im weiteren Sinne.
Daraus lässt sich ableiten, dass eine große Nachfrage nach den entsprechenden kommunikativen Fähigkeiten für eine Unterweisung besteht. Hier ist wünschenswert, die Betriebe
insgesamt stärker für dieses Thema zu sensibilisieren. Die BGW könnte dabei unterstützen,
Präventionskonzepte in den Betrieben zu etablieren, um Unfälle und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren deutlich zu reduzieren. Entsprechend zielgruppengenau sollten die bestehenden Angebote der BGW vermittelt werden.
Die hohe Nachfrage bei der BGW nach Unterstützungsangeboten für die Präventionsarbeit
unterstreicht diese Forderung. Mehrere hundert Anfragen erreichten die BGW im letzten
Jahr zu diesem Thema. Die Unternehmen fragen nach Hilfestellung bei der Gefährdungsermittlung oder nach Unterweisungskonzepten, sie wünschen eine Beratung vor Ort durch die
BGW oder konkrete Unterstützung beim Erwerb und Einsatz von Fahrzeugen und Sicherungssystemen. Betriebe wünschen sich zudem Unterstützung bei der Fahrer- und Einsatzplanung sowie beim Aufbau geeigneter QM-Systeme.
Verbesserung von Organisation und Einsatzplanung durch Organisationsentwicklungsmaßnahmen
Nachhaltige Erfolge bei der Unfallverhütung lassen sich nicht erzielen, wenn ausschließlich
im direkten Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereich der verunfallten Menschen mit
Behinderungen oder der Fahrer agiert wird. Erfolgreiche Prävention ist weiter zu fassen und
muss systemisch angelegt werden. Verschiedenste Aspekte von gesunder Arbeit müssen
Berücksichtigung finden.
Gezielte Präventionsarbeit bezieht gleichermaßen ein Mobilitätsmanagement und ein betriebliches Gesundheitsmanagement ein. Es folgt dem Ziel, gesundheitsgerechte und persönlichkeitsförderliche Arbeitsbedingungen zu schaffen, die Gesundheitssituation der
Beschäftigten zu verbessern und die Arbeitszufriedenheit langfristig zu steigern.
Ein Mittel der Wahl ist hier die Organisationsentwicklung, die als Einzelberatung vor Ort, als
gepoolte Beratung (beispielsweise ähnlich dem BGW-Beratungskonzept von al.i.d.a®) oder
als spezielle Schulung der Verantwortlichen aufgebaut werden kann. Sie besteht im Kern
aus einer Anleitung und Begleitung der Veränderungsprozesse. Sie hat viele Überschneidungen zur Personalentwicklung und bedient sich Trainings/Coaching-Methoden als modernem Entwicklungsinstrument für Fach- und Führungskräfte.
Die BGW entwickelt derzeit hierzu passgenaue Angebote, um die Mitgliedsbetriebe zu
unterstützen und zu entlasten.
92
Der Blick hinter die Statistik
Die Vermeidung von Unfällen folgt aus der Sicht der Betroffenen vordringlich dem Ziel,
menschliches Leid zu verhindern oder zu verringern. Unfallversicherer müssen vor allem die
Kosten im Auge behalten, um die Beiträge der Mitgliedsbetriebe so gering wie möglich zu
halten.
Das Verhüten von Unfällen besonders im Zusammenhang der Beförderung von Menschen
mit Behinderungen verfolgt aber noch ein weiteres Ziel: Die Verbesserung der Arbeitssituation im Allgemeinen. Denn aus zahlreichen Gesprächen während der Schulung und Beratung der Einrichtungen kennen die Präventionsmitarbeiter der BGW die erschwerten
ökonomischen Rahmenbedingungen der Betriebe. Drastisch gestiegene Öl- und Benzinpreise sowie erhöhte Anschaffungs-, Umbau- und Unterhaltskosten des Fuhrparks wirken sich
belastend aus. Hinzu kommen steigende Versicherungsbeiträge für Fahrzeuge, die ohnehin
oft nur mit hohen Selbstbeteiligungen versichert werden. Zunehmend sorgen Billiganbieter
für verschärften Wettbewerb. Nicht selten bieten diese ihre Dienste zu Dumping-Preisen an,
weil sie teilweise auch grundlegende Arbeits- und Gesundheitsschutzanforderungen ignorieren.
Die daraus entstehenden Effekte spüren letztlich auch die Fahrer und Fahrgäste. Mit eng
gesteckten Zeitplänen und teilweise veralteten, technisch unsicheren Fahrzeugen sollen die
gestiegenen Kosten „eingefahren“ werden. Die Folge sind Zeitdruck, Stress und Überlastung
und nicht zuletzt erhebliche Sicherheitsmängel, die sich in der Unfallstatistik widerspiegeln.
Die Leidtragenden sind zum einen die Fahrer und die ihnen anvertrauten Fahrgäste. Zum
anderen leiden die Betriebe selbst darunter, da sich die Unzufriedenheit der Mitarbeiter und
Passagiere auch auf das Unternehmen auswirkt. Am Ende sind die Kunden unzufrieden und
wandern ab.
Fahrbetriebe, die in einem ökonomischen Dilemma stecken, sehen selten den Ausweg,
durch die Sensibilisierung der Beschäftigten für Gesundheit und Arbeitsschutz die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern, durch die Optimierung von Arbeitsabläufen auch Krankenstände und Unfallzahlen zu senken und letztlich das betriebliche Ergebnis zu verbessern.
Ein professionelles Gesundheitsmanagement jedoch berücksichtigt die Arbeitssituation der
Fahrer (Stress, psychische Belastungen, Ergonomie, schlechte Ernährung, Übermüdung
u.a.) und bezieht moderne Methoden der Arbeitsorganisation und Organisationsentwicklung
in die Überlegungen ein. Dabei sind Fragen der Gesundheitsbelastung, der Mitarbeiterzufriedenheit und der psychisch-emotionalen Verfassung gleichberechtigt zu betrachten neben
den traditionellen, eher technisch-ergonomischen Fragestellungen.
Ein systematisches betriebliches Gesundheitsmanagement nutzt dem Erhalt und der Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Beschäftigten. Idealerweise wird die Gesundheit der Mitarbeiter in das Leitbild und in die Kultur sowie in die Prozesse der
93
Organisation einbezogen. Auch hier kann die Zielsetzung der BGW sein, Betriebe bei der
Umsetzung von organisatorischen Prozessen zu begleiten. Damit können nicht nur Belastungen der Mitarbeiter vermieden, sondern auch Qualität, Effizienz und Wirtschaftlichkeit
verbessert (vgl. Bamber, Duck, Metz 1998, Kuhn 1995)44 und die Wettbewerbsfähigkeit des
Unternehmens gestärkt werden.
44
Bamberg, Ducki und Metz berichten von Untersuchungen bei DuPont, bei denen jeder in die Gesundheitsförderung investierte Dollar mit einem geschätzten Gewinn von 1,42 $ durch Reduzierung des Krankenstands honoriert wird.
Kuhn geht sogar von einem noch höheren Nutzen aus. Er schätzt den Nutzen über einen Zeitraum von sieben Jahren 2,5-mal
höher ein als die eingesetzten Kosten.
94
5 Literaturhinweise
Informationsschriften und Ratgeber für die Praxis
•
RGM 1 Gesundheitsworkshops in Kleinbetrieben
•
RGM 2 Mobilitätsmanagement in der betrieblichen Praxis
•
RGM 3 Gruppenarbeit im Gesundheitswesen
•
RGM 4 Gesundheitsförderung durch Organisationsentwicklung
•
RGM 8 Unterweisen in der betrieblichen Praxis
•
RGM 9 Betriebliches Vorschlagswesen als Ideenmanagement
•
RGM 10 Projektmanagement- Eine Einführung
•
RGM 12 Moderation von Projektgruppen und Gesundheitszirkeln
•
RGM 13 Leitbildentwicklung
•
RGM 14 Sichere Beförderung von Menschen mit Behinderungen
•
M655 Spannungsfeld Rücken
•
SP-DAK 06 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 "Ambulante Pflege". Arbeitsbedingungen und Gesundheit in ambulanten Pflegediensten
•
7GU – BGW kompakt, Angebote, Informationen, Leistungen für Beratungs- und
Betreuungseinrichtungen
•
TP-7GB – Gefährdungsbeurteilung in Beratungs- und Betreuungseinrichtungen
•
14 GU - BGW kompakt, Angebote - Informationen – Leistungen, Berufliche Rehabilitation und Werkstätten
Weitere Schriften der BGW entnehmen Sie bitte unserer Broschüre „Schriften für Sicherheit
und Gesundheit bei der Arbeit“ M069.
95
Gesetzliche und berufsgenossenschaftliche Grundlagen:
•
Arbeitsschutzgesetz
•
- Bildschirmarbeitsplatzverordnung
•
- Lastenhandhabungsverordnung
•
Berufsgenossenschaftliche Vorschriften (BGV): BGV A1 Allgemeine
•
Berufsgenossenschaftliche Regeln (BGR) für Sicherheit und Gesundheit bei der
Arbeit: BGR 181 Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr
6 Unterstützende Angebote
Seminare (siehe auch aktuelle Broschüre „Seminare für Arbeitssicherheit“)
•
Betriebliche Maßnahmen zur Verkehrssicherheit (VS1)
•
Verkehrssicherheit in der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen (VS3)
•
Sichere Beförderung von Menschen mit Behinderungen (VS6)
•
Qualifizierung betriebliches Gesundheitsmanagement
•
Professioneller Umgang mit Gewalt und Aggression: Werkstätten und Wohnheime
(PUGA1)
•
Prävention von Rückenbeschwerden in der Pflege und Betreuung – Betriebliche
Umsetzung (SRP2)
•
Arbeits- und Gesundheitsschutz: Eine gewinnbringende Führungsaufgabe (UM1)
•
Chance und Perspektive: Gesund und sicher führen (UM2)
•
Betriebliche Gesundheitsförderung durch Organisationsentwicklung (AG 2)
•
Unternehmensleitbild - Orientierung für den gesunden Betrieb (AG 3)
•
Analyse der betrieblichen Gesundheitssituation: Instrumente und Diagnoseverfahren
(AG 45)
•
Betriebliche Gesundheitsförderung durch Personalentwicklung - ein Qualifizierungsprogramm für die Pflegenden (GSQA)
•
Grundseminar - Arbeits- und Gesundheitsschutz durch Stressmanagement (GDS)
•
Aufbauseminar - Arbeits- und Gesundheitsschutz durch Stressmanagement (GDSA)
•
Gefährdungsermittlung und -beurteilung psychischer Belastungen in der Pflege
(PBGA)
96
InhouseInhouse-Trainings:
•
Inhouse-Moderationstraining für Projektgruppen und Gesundheitszirkel
•
Gesund und sicher mit dem Rad – Fahrradtraining für Menschen mit Behinderungen
Beratungsangebote der BGW
•
Beratung durch die Mitarbeiter der Präventionsdienste
•
Beratung durch die Mitarbeiter der Reha-Abteilungen
•
Beratung durch den Bereich Ergonomie
•
Beratung zur Organisationsentwicklung - Neue Potenziale betrieblicher Gesundheitsförderung
•
Beratung zur Entwicklung eines Unternehmensleitbildes - Mehr Gesundheitsschutz
durch Ihr eigenes Profil
Angebote zur Mitarbeiterbefragung
•
BGW-Betriebsbarometer - Eine Mitarbeiterbefragung zur Erfassung des Betriebsklimas und der Gesundheit in größeren Unternehmen.
•
BGW-asita – Mitarbeiterbeteiligung von Anfang an.
•
BGW-Miab.a - Ein Screening-Instrument zur Erfassung der psychischen Belastungen und Beanspruchungen einzelner Mitarbeiter.
97
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So finden Sie Ihr zuständiges Kundenzentrum
Auf der Karte sind die Städte verzeichnet, in denen die BGW mit einem Standort vertreten ist. Die
farbliche Kennung zeigt, für welche Region ein Standort zuständig ist. Jede Region ist in Bezirke
unterteilt, deren Nummer den ersten beiden Ziffern der dazu gehörenden Postleitzahl entspricht. Ein
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Auskünfte zur Prävention erhalten Sie bei der Bezirksstelle, Fragen zu Rehabilitation und Entschädigung beantwortet die Bezirksverwaltung Ihres Kundenzentrums.
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