Auf die leichte

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Auf die leichte
SONNABEND / SONNTAG, 19. / 20. JUNI 2010
25
2010
Unterwegs: Start in die 116. Kieler Woche › Stadtgespräch: Supermodel Tatjana Patitz › Titel-Thema: Freie Fahrt! 5 schöne Radtouren
Lokal-Termin: Luxus im „Goldfisch“ › Gestern & Heute: St. Pauli – Wolllust, Wonne und Wandel › Handgemacht: Fahrräder nach Maß
Auf die leichte
Tour
Es ist mehr als nur Fortbewegung
– Fahrradfahren ist eine Lebensart,
sie entschleunigt, macht uns offen
und heiter. Wenn nur die Autos nicht
wären, erklärt THOMAS ANDRE.
S
traßenverkehr ist wie Krieg, seine Teilnehmer
sind immer an der Front. Es geht um Raumgewinn
undoffeneFeindschaft,umAggressionen,Verwünschungen und gerne mal Handgreiflichkeiten.
Sie fragen sich , warum ein Essay über die wunderschöne Kulturtechnik des Radelns nicht fröhlicher beginnt? Weil wir hier nicht im Streichelzoo sind. Ganz einfach.
Im Straßenverkehr gilt, so glauben wenigstens
manche, das Recht des Stärkeren. Weshalb die Kabbeleien zwischen Autofahrern, Fußvolk und Pedaleuren, wie wir parteiisch die Helden des
Zweirads in diesem Text nennen wollen (es klingt so verwegen, heldenhaft und elegant), zum Alltag auch auf den Straßen Hamburgs gehören.
Man hat als Pedaleur stets zu erwarten, dass einem der Pfeffersack im
Daimler die Vorfahrt klaut und dabei auch noch die Faust schüttelt. Umgekehrt bekommen wir manchmal einen Krampf im Daumen, weil das
schrille Dauergeklingel zum guten Ton gehört: wegen sich unrechtmäßig
auf Fahrradwegen aufhaltender Objekte. Platz da, hier komm ich: Kennen wir auch, ganz sicher. Fußgänger sind wie Schmeißfliegen.
Und jetzt mal tief durchatmen: Auch wir Pedaleure sind nicht alle
hundertprozentig perfekt.
Es gibt, geschätzt, 200 000 Pedaleure allein in Hamburg, die ihr Rad
täglich nutzen, und sie „schwingen sich“, Vorsicht: Sprachdreschmaschine!, mit gutem Grund auf ihre „Drahtesel“. Warum wir, die wir zumindest versuchen, Bewahrer der guten Sprache zu sein und Vermeider von
Klischees, an dieser Stelle zu eben jenen greifen? Weil’s Spaß macht. Los
geht es, wir fangen an mit Pedaleur-Typ 1, der einem immer wieder im
Straßenverkehr begegnet: dem Oberstudienrat. Der Oberstudienrat
trägt unbedingt einen Helm. Sein Rad hat selten mehr als sechs Gänge,
er selbst nur einen Gesichtsausdruck. Nennen wir in kühn-autoritär. So
bestimmt er seine Beinkleider mit einer Klammer vor direktem Kontakt
mit Kette oder Rad schützt, so kenntnisreich belehrt er andere Verkehrsteilnehmer über Vorfahrtsregeln in der Kampfzone.
Typ 2: der Student. Der Student ist im Zweifel mit der rostigsten
Laube unterwegs, bei ihm funktionieren weder Licht noch Sündenbewusstsein. Er fährt mit Vorliebe über rote Ampeln, womit er Typ 3
Ingrimm und Verwunderung ins Gesicht treibt. Typ 3 ist die Großmutter, sie fährt stets auf dem Gegenteil eines federleichten Carbongestells. Bisweilen schwankt ihr Rad bedenklich, sie wirkt fragil und
weckt auch mal den Beschützerinstinkt.
Unter Artenschutz müssen Pedaleure übrigens nicht gestellt werden
in einer fahrradfreundlichen Stadt wie Hamburg; und neben den Typen
mit Wiedererkennungswert treten wir Normalen fröhlich vor uns hin,
im festen Wissen darum, dass wir etwas vollendet Gutes tun.
Wir, jaha!, retten die Umwelt, wir haben alles Recht der Welt, uns moralisch aufzuspielen. Wozu brauchen wir erneuerbare Energien, Windradparks im Meer und Solaranlagen in der Sahara, wenn die Luft vor allem sauber wird, wenn es einfach keine Abgase gibt? Wir Pedaleure geben ein Beispiel ab, Tag für Tag. Drei von vier Hamburgern besitzen ein
Fahrrad, und immerhin jeder zehnte nutzt es sogar täglich. Ihr Anteil
macht zwölf Prozent vom Gesamtverkehr aus. Eine Steigerung ist da
noch drin und ausdrücklich erwünscht – nicht nur vom Allgemeinen
Deutschen Fahrrad-Club, den Grünen und allen anderen Gutmenschen.
Sondern auch von uns Anhängern einer gesunden Lebensweise. Wir wissen, dass Fahrräder einen oft nicht nur schneller zum Ziel führen als
stinkende Blechkarossen. Fahrradfahren ist auch gut für die Durchblutung, den Kreislauf. Manchmal ist es auch eine meditative Übung: Nachdenken an der frischen Luft. Und man passiert die schönen Seiten der
Stadt langsamer, als wenn man im Auto säße. Das Fahrrad ist ein Entschleuniger, der große Verlangsamer der Fortbewegung. Was bräuchte
unsere rotierende, dahinjagende und allzeit mobile Gegenwart mehr als
das Sirren einer Kette, die glatt über die Zahnräder läuft? Die Befreiung
aus vielerlei Verdruss – die Benzinkosten! die Straßensperrung! – ist, das
Fahrrad-Freundinnen an der Elbe:
Referendarin Jasmin Müller und
Schauspielerin Jantje Billker am letzten
Mittwoch bei einer Stadttour.
sei allen Autofahrern gesagt, nur einen Pedaltritt entfernt. Nicht zuletzt
ist die Fahrradtour die schönste Erfindung seit – dem Restaurant, in das
man nach etlichen Kilometern Strampeln einkehrt. Fahrradfahren regt
den Appetit an, und Fahrradfahren ist gut für die Seele. Fahrradfahren
bildet auch: Die Schauspielerin Tilda Swinton unternahm in Berlin einst
eine 160 Kilometer lange Fahrradtour entlang der Mauer. Zwei Mal
gleich: direkt nach der Wende und jetzt erst wieder. Eine kulturhistorische Tour de Berlin: Man kann das auch in Hamburg machen. Zum
Beispiel mit den Rikschas, die auf dem Rathausmarkt auf Kundschaft
warten, einem aber die Schamesröte ins Gesicht treiben. Es sieht nach
Sklaventreibertum aus, wenn andere für einen treten. Echte Pedaleure
schwitzen selbst. Sie können manchmal sogar auch selbst den Reifen
flicken, der von einer Glasscherbe lahmgelegt wurde. Sie dopen sich mit
Apfelschorle, niemals aber mit Epo.
Das Fahrrad ist eine edle Göttergabe, und hätten Beethoven und
Schiller es gekannt, sie hätten ihre Ode an die Freude direkt an das
Fahrrad adressiert. Es ist, zumindest in der Stadt, ein segensreiches
Fahrgerät, das einen in Zeiten immer vollerer Straßen im Slalomkurs um
manche Hindernisse lenkt, vor denen das Auto kapitulieren muss.
Pedaleure quälen ihr Rad auch mal einen Hang hoch, und sie fahren
durch Glassplitter, die garstige Leute auf den Pisten verteilt haben. Sie
fangen mit Stützrädern an und hören ohne auf, auf jeden Fall fahren sie,
solange sie ihr Velo trägt.
Pedaleure sind bessere Menschen, sie nehmen niemandem den
Parkplatz weg und fahren stets mit einem gar lustig’ Lied auf den
Lippen durch die Stadt.
Wenn doch nur nicht der Idiot in seinem Kombi wieder so grundlos
hupen würde. Die Straße gehört mir, verdammt.
FOTO: THOMAS LEIDIG
S. 4/5 – Ausflüge auf dem Sattel:
fünf Touren in und um Hamburg
für Familien und Profi-Pedaleure.
II
› WOCHENENDE
Sonnabend / Sonntag, 19. / 20. Juni 2010
Silvia
Azzoni
FOTO: HOLGER BADEKOW
FOTO: ARNO DECLAIR
Ab nach Kiel
KARTE: GRAFIKANSTALT
Der Teufel trägt Sweatshirt:
Joachim Meyerhoff als Mephisto
zwischen Tragik und Komik.
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SchrevenTeich
Die 36-jährige Ballerina tanzt als
Erste Solistin bei den Hamburger
Balletttagen von John Neumeier.
Kieler
Förde
KleinerKiel
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Mein perfekter
Sonntag
F
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F
DB
10 Uhr Der Wecker klingelt
ganz sanft mit Klassikradio.
Es gibt kaum etwas Schöneres, als dann noch liegen bleiben zu dürfen, statt wie an
den übrigen sechs Tagen der
Woche schon im Ballettsaal
zu schwitzen. Tanz ist unsere
Leidenschaft, unser Leben.
Trotzdem ist es für mich und
meinen Mann Sascha Riabko
wichtig, auch einen Tag ganz
ohne Ballett zu haben.
11 Uhr Wir stehen langsam
auf. Leider haben wir keinen
Balkon, aber um die Ecke ist
das Café TH2: Dort haben sie
einen schönen Garten – und
ein tolles „Großes Frühstück“.
12.30 Uhr Nach dem Frühstück tun ein paar Schritte
gut. Bei Sonnenschein genießen wir unseren Spaziergang
um die Außenalster ganz
besonders. Vielleicht dehnen
wir die Tour noch etwas aus
und leihen uns ein StadtRad.
Vielleicht fahren wir wieder
in die HafenCity und suchen
uns unsere Wunschwohnung
aus – träumen darf man ja.
15 Uhr Wir genießen den
freien Nachmittag mit noch
mehr frischer Luft oder einem
Sauna-Besuch, um unsere
Muskeln zusätzlich zu entspannen. Und vielleicht sehen
wir uns noch einen Film an,
im Kino oder auf DVD.
19 Uhr An einem perfekten
Sonntag haben wir abends
keine Vorstellung und genug
Zeit, um gemeinsam zu kochen. Wir essen gern Lasagne
oder Borschtsch – beides erfordert etwas Vorbereitung,
daher können wir es fast nur
sonntags zubereiten. Danach
telefonieren wir mit unseren
Eltern, Verwandten und
Freunden in Italien und der
Ukraine – meist per Skype.
22 Uhr Fast schon ein Ritual
zum Ausklang eines entspannten Tages ist das Teetrinken,
besonders gern „Ruschka“
von Mariage Frères. Dazu
lesen wir oder schauen noch
einen Film. Gegen 1 Uhr
gehen wir dann schlafen –
mit genug Energie für eine
neue Woche voller Tanz.
3
76
Sieben Tage unter vollen Segeln
KULTUR ERLEBEN
Über 2000 Veranstaltungen und ein Millionenpublikum: Bei der Kieler
Woche, dem größten Segelsportereignis der Welt, wird vom 19. bis 27. Juni
feucht-fröhlich gefeiert – zu Land, zu Wasser und in der Luft.
Ins Fäustchen gelacht
Drei Millionen Besucher erwartet die Förde-Stadt in diesem Jahr – die Kieler Woche
ist nämlich nicht nur ein Segel-Event, das weltweit seinesgleichen sucht, sondern
auch das größte Sommerfest im Norden Europas. 2000 Veranstaltungen stehen
auf dem prallvollen Programm, von maritim bis musikalisch. Das Spektakel hat eine lange
Tradition: Am 23. Juli 1882 starteten 20 Yachten zu einer Regatta vor Düsternbrook.
Des großen Erfolgs wegen wurde das Rennen in den Folgejahren wiederholt. Kaiser
Wilhelm II. kam 1892 zu Besuch und war mit seiner Yacht Meteor bald regelmäßiger
Gast. Die Segelwettfahrten wurden auf eine ganze Woche verteilt, ein Journalist
schrieb 1894 erstmals von der „Kieler Woche“ und prägte so den Namen. Heute
kommen über 6000 Seglerinnen und Segler aus mehr als 50 Nationen, die mit
etwa 2000 Booten die Wettbewerbe bestreiten. Während des Ersten und Zweiten
Weltkrieges fiel die Regatta aus, 1945 wurde die erste Segelwoche nach dem Krieg
von der britischen Besatzungsmacht veranstaltet, allerdings fand die „Kiel-Week“ ohne
deutsche Beteiligung statt. Die Kieler Stadtverwaltung organisierte im September
1947 eine neue Festwoche, die „Kiel im Aufbau“. 1949 wurden Regatta und Volksfest
zusammengelegt. Bei der größten Party des Nordens ist nicht nur auf dem Wasser
viel los: Abends leuchten Heißluftballone und Feuerwerke mit den Sternen um die
Wette. Entlang der Kiellinie, der Promenade am Fördeufer, auf dem Rathausplatz und
in der Fußgängerzone sind Buden und Bühnen aufgebaut, auf der Krusenkoppel gibt
es eine zauberhafte Welt für Kinder.
Erst wurde sie abgeschrieben, jetzt gilt sie als Pflichtprogramm: Jan Bosses süffisante
Inszenierung mit Edgar Selge und Joachim Meyerhoff gibt Goethes „Faust I“ eine
ganz neue Schlagkraft. Dieses Wochenende ist sie erneut im Schauspielhaus zu sehen.
R
TEXT: ANNETTE STIEKELE
aus in die Natur“ will dieser Faust. Das verzerrte Gesicht von Darsteller Edgar Selge ist
eine Maske der Verzweiflung. Ihn plagt der
Dualismus von Natur und Kultur, Trieb und Geist.
Das Kernthema von Goethes Universaldrama „Faust
I“. Und was ist mit Gut und Böse? „Das Böse sind Sie
los, die Bösen sind geblieben“, sagt Joachim Meyerhoff aasig als Mephisto.
Die Theaterwelt steckt voller Wundertüten. Kaum
jemand hätte im Oktober 2004 auch nur einen Bleistift darauf gewettet, dass Jan Bosses mehr als dreistündige Sicht auf Goethes Klassiker „Faust I“ im
Schauspielhaus ein Theaterhit werden würde. Ausgerechnet an der Bühne, an der der große Gustav
Gründgens 1957 seinen ikonischen Mephisto ablieferte. Bosse hatte zwar bei Großmeister Dieter Dorn
gelernt, sich aber auf Klassikerentstaubungen spezialisiert, die gerne mal Elemente des Slapstick und
der Comedy bemühten.
Das stieß auf eher wenig Gegenliebe beim Publikum. Ein inszenatorisches Leichtgewicht befand die
Kritik. Der ihn fördernde damalige Schauspielhausintendant Tom Stromberg galt als unverstanden und
ungeliebt. Ein Hit wurde Bosses so tiefgründig genauer wie selbstironischer „Faust I“ trotzdem. An
diesem Wochenende steht die Inszenierung gleich
zweimal auf dem Spielplan.
Bosse hatte bei seinem „Faust I“ gleich mehrere
Trümpfe im Ärmel. Sein langjähriger Bühnenbildner
Stéphane Laimé gestaltete den Zuschauerraum zu einer Arena um, die das Geschehen auf ein Podest in der
Mitte verlegte und die Zuschauer zu allgegenwärtigen Zeugen, ja Beteiligten, erhob. Mit Edgar Selge
als Faust hat er ein stilles Bühnentier gewonnen, das
das Zweiflerische der Figur, die erfahren will, „was die
Welt im Innersten zusammenhält“, mit süffisanten
Zwischentönen transportiert. Und mit Joachim Meyerhoff hat er einen Bühnentänzer gefunden, der auf
dem dünnen Seil zwischen Tiefe und Komik einen
eleganten Spagat hinlegt. Der statt der abgestandenen Teufelsinsignien Pferdefuß und Schweif knallroten Maßanzug oder Trainingsjacke mit Kapuze
trägt. Und selbst dann noch überzeugt, wenn er mit
indianischem Federkopfschmuck Schlager singend
zum Bierzeltanimator mutiert. Auch Maja Schöne
gibt ihrem Gretchen eine energische, zupackende Facette. Ihre Unbekümmertheit wirkt jugendlich und
anziehend. Wissend und mit offenem Blick geht sie
in die eigene Zerstörung.
Mit diesen Zutaten ist es Jan Bosse gelungen, dem
Faust, der zuvor kaum noch auf die Theaterbühnen
gefunden hatte, neue Frische und neues Leben einzuhauchen. Und das, nachdem Christoph Marthaler ihn
mit seinem „Wurzelfaust“ 1993 im Schauspielhaus
eigentlich angemessen zur Ruhe gebettet hatte.
Bosses Faust ist ein lustiger und sehr lebendiger
Sinnsucher. Auch wenn manch einer den großen Dramenzusammenhang auf dieser Erkenntnisreise vermisste, Bosses Einfälle zündeten. Heute zählt er
längst zu den erfolgreichsten Regisseuren seiner Generation, inszeniert an allen bedeutenden Bühnen in
Hamburg, Wien oder Berlin und ist ständiger Gast
beim Berliner Theatertreffen. Sein Dauerbrenner
„Faust I“ ist Pflichtprogramm für jeden Theaterfan.
TIPPS & TERMINE
1 WELCOME RACE KIEL–ECKERNFÖRDE Darauf haben viele gewartet: Die
Auftakt-Regatta der Kieler Woche – insbesondere für Amateur-Yachten und
Cruiser/Racer – führt dieses Jahr wieder nach Eckernförde und zurück. Seit 2006
gab es andere Ziele, die bei den Seglern aber nicht denselben Anklang fanden.
» Welcome-Race Kiel–Eckernförde, Sa, 19. Juni, 9.30 Uhr, Sporthafen Düsternbrook, Hindenburgufer 70.
2 INTERNATIONALER MARKT Von der Straußenbratwurst bis zum Krokodil-Spieß
bieten 33 Nationen landestypische Spezialitäten, Kunst
und Folklore. Im Programm sind auch kostenlose Tanz- und
Sprachkurse, dazu präsentieren sich Kiels Partnerstädte
Tallinn, Gdynia, Coventry, Vaasa, Sovetsk und Kaliningrad.
» Internationaler Markt, ab Sa., 19. Juni, 10 Uhr, Rathausplatz.
Service
» Faust I, Sa/So 19./20.6., jeweils
19.30, Schauspielhaus (U/S Hbf.),
Kirchenallee 39; Karten von 11 bis
55 Euro unter Tel. 24 87 13 oder
unter www.schauspielhaus.de
DER GRÜNE PUNKT Im Rahmen der Aktion „Offener Garten“ am 19. und 20.6. von 11 bis 17 Uhr lädt
der NABU in seinen Naturgarten, KGV „Birkenhain“, Bebelallee, Parzelle 185, ein. Dort werden auf
kleinem Raum naturnahe Gestaltungselemente wie Trockenbiotop und Wildblumenwiese gezeigt.
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P
4 BALLOON SAIL Über 70 Heißluftballone aus ganz Europa werden zur „4. Internationalen Warsteiner Balloon Sail“ erwartet. Auch wer nicht mit in die Luft gehen
will, kann viel erleben: Fallschirmsprünge, Luftschiff-Parade, Hochseilgarten,
Segelkunst- und Modellflug. Geplant sind auch fünf stimmungsvolle Night Glows,
bei dem die Ballone im Nachthimmel leuchten wie gigantische Glühwürmchen.
» Balloon Sail, Nordmarksportfeld, Eckernförder Straße 180. Balloon Sail Cup:
19.6., 12 Uhr, Night Glow: 19., 23., 25. und 26.6., jeweils 22.30 Uhr.
5 SPIELLINIE – DAS KINDER-KULTUR-FEST Deutschlands größtes Kinder-Event
unter freiem Himmel: Auf dem 57 000-Quadratmeter-Gelände mit Blick auf die
Förde können die Kleinen neun Tage lang spielen, bauen, basteln und matschen.
Mit viel Fantasie wird der Park in die Welt des „Zauberers von Oz“ verwandelt.
» Spiellinie auf der Krusenkoppel, Düsternbrooker Weg, Sa–So 11–18 Uhr, Mo–Fr
14–18 Uhr. Alle Kreativangebote für Kinder sind kostenlos.
6 KIELER-WOCHE-TANZFIEBER Auf und vor der Rathausbühne wird einen Tag
lang getanzt: Mit dem „Kindertanz des Jahres“ eröffnen die Jüngsten (ab 3 Jahre)
das Programm, ab 13.30 Uhr startet der „2. Kieler-Woche-Tanzfieber-Cup“ mit elf
Streetdance-Gruppen. Um 17 Uhr überrascht der zehnfache Weltmeister Michael
Hull mit einer Pop- und HipHop-Version des Tango, dem Tanz des Jahres. Und ab
19 Uhr kann beim Kieler-Woche-Ballroom-Dancing vor der Bühne zu Live-Musik
der Big Band „Magic 25“ geschwoft werden – mit HighHeels oder Segelschuhen.
» Kieler-Woche-Tanzfieber, Rathausplatz, 20.6., ab 13 Uhr.
Der Duft des
Sommers
Das Bergedorfer Straßenfest
gibt einen Vorgeschmack auf
den Urlaub. Reinschnuppern!
3 KIELER-WOCHE-OCEAN-JUMP Beim Funsportevent
treten Windskater gegen Biker an und katapultieren sich über
eine fünf Meter hohe Rampe ins Wasser.
» Kieler-Woche-Ocean-Jump, 19./20.6. und 26.6.,
jeweils ab 15 Uhr, Germaniahafen, Kai-City.
Ein bunter Strauß: Mit
Beach-Clubs, Kinder-Rodeo,
verkaufsoffenen Geschäften
und natürlich WM live wird
Bergedorf zur Amüsiermeile.
7 CLASSIC OPEN AIR: „ROCK MEETS CLASSIC“ Eine ganz besondere Kombination: Karat, die Mezzosopranistin Amira Elmadfa, der amtierende Europameister auf
der Mundharmonika Marc Breitfelder und das Philharmonische Orchester Kiel
spielen gemeinsam berühmte Stücke aus Klassik und Pop.
» Classic Open Air, Rathausplatz, 25.6., 20.30 Uhr.
FOTO: ISTOCKPHOTO
TEXT: VANESSA SEIFERT
reisfrage: Was zeichnet ein
gelungenes Wochenende
aus? Antwort A (für Frauen): Klamotten, Cocktails und Kosmetik. Antwort B (für Männer): WM,
Würstchen, Wagen. Antwort C (für
Frauen und Männer): ein Ausflug
zum Bergedorfer Sommerfest.
Denn die erwarteten 70 000 Gäste sollen sich bei den zahlreichen
Programmpunkten amüsieren und
Ruhe finden – auf Wunsch auch voneinander. So haben in der Fußgängerzone Sachsentor alle Geschäfte
geöffnet, außerdem wird an Ständen
Wohndekor und Schmuck angeboten. Man kann zur Probe in einem
Mini Gas geben oder sich von den
„Rundümwieserinnen“ im Oldtimer
in die Vierlande kutschieren lassen.
Und während die Damen eine Massage genießen, beim Testtraining
„Fatburner-Step“ den Puls hochjagen oder in der Parfümerie Aurel
die aktuellen Sommerdüfte schnuppern, sitzen die Herren mit einem
kühlen Blonden im Beach-Club,
kommentieren die WM-Spiele und
vergessen ihre Vaterpflichten.
Denn auch die Kinder sind natürlich bestens versorgt, mit Hüpfburgen, Bullriding (einer Art Rodeo)
und dem großen Torwandschießen,
bei dem der talentierteste Fußballnachwuchs gesucht wird.
„Das Fest ist ein Vorgeschmack
auf den unbeschwerten Sommerurlaub“, sagt Joachim Wagner von der
der WSB Wirtschaft und Stadtmarketing, die das Fest organisiert.
Quizfrage: Und was zeichnet einen
gelungenen Urlaub aus? Der Untertitel der Bergedorfer Sause liefert
die Antwort: „Schauen, (S)chillen,
Schlemmen, Sporten, Schwofen,
Singen, Stöbern, Shoppen!“
8 WINDJAMMERPARADE Der maritime Höhepunkt, traditionell am zweiten
Sonnabend der Kieler Woche: über 100 Traditionssegler, Begleitboote, historische
Dampfschiffe und unzählige kleine Schiffe – ein beeindruckendes Schauspiel.
» Windjammerparade, 26.6., Start: 11 Uhr, Kieler Innenförde.
SERVICE: Info-Stände: Reventlouallee (Düsternbrook), an der Kiellinie (Höhe
Ruderclub Germania), Asmus-Bremer-Platz, Rathausplatz und Bahnhofsvorplatz.
Öffnungszeiten: tgl. 10–21 Uhr (So ab 11 Uhr). Infos auch unter der Telefon-Hotline
0431/90 1905 sowie www.kieler-woche.de
Service
» Bergedorfer Sommerfest
2010, Sachsentor / Alte Holstenstraße, Sa, 19.6. 10 – 18, So, 20.6.
11 – 18 Uhr.
Kieler Förde: Ballett
auf dem Wasser.
FOTOS: PR
III
Sonnabend/Sonntag, 19./20. Juni 2010
› STADTGESPRÄCH
Armgard Seegers trifft Tatjana Patitz
Kein Tag
ohne Lachen
Das Supermodel der 80er ist auch mit 44 Jahren noch gut
im Geschäft. Tatjana Patitz über natürliche Schönheit,
Claudia, Cindy & Co. und das Landleben mit ihren Pferden.
ngefähr 25 Jahre ist es
her, seit Models wie die
Hamburgerin Tatjana
Patitz ihren Beruf zum
Teil der Pop-Kultur
erhoben haben. Ein Job,
der früher einmal Mannequin hieß und
auf Deutsch etwas gequält mit „Laufstegschönheit“ umschrieben wurde, war plötzlich cool. Die Mädchen jetteten nicht nur
nach Paris und Mailand zu Modeschauen,
sondern zu Fotoshootings um die ganze
Welt. Sie hatten Musiker oder Schauspieler
als Freund und verkörperten den Traum
eines Lebens zwischen Karibikstrand und
Jet-Set-Party. Tatjana Patitz war eine der
glorreichen Fünf, für die der Begriff Supermodel erfunden wurde. Ihre Vornamen
reichten, um zu wissen, wer gemeint war:
Claudia, Naomi, Cindy, Linda und Tatjana.
Das Erstaunlichste ist, dass sie noch
modeln, obwohl sie inzwischen alle über
40 sind. Patitz stand mit ihren eisblauen
Augen, die an einen Husky erinnern, für
Kühle, Extravaganz, Unnahbarkeit. Ihre
Leidenschaft galt immer schon der Natur
und Tieren. Sie kämpft für Wildpferde,
gegen das Tragen von Pelzen, für Greenpeace und den World Wildlife Fund. Wenn
sie zum Interview- und Fototermin im
Marina-Rinaldi-Shop am Gänsemarkt
erscheint, ist sie die Ruhe selbst. So entspannt, als würde sie dauerhaft meditieren.
Natürlich beherrscht sie ihren Körper
perfekt, sitzt aufrecht, ohne angestrengt
zu wirken. Ist freundlich, professionell.
Sie kennt das, denkt man. Beobachtet zu
werden, fotografiert. Natürlich weiß sie in
jeder Sekunde, wie sie wirkt. Später, als
man sich längst verabschiedet hat und noch
in der Nähe des Geschäftes herumsteht,
sieht man sie zufällig herauskommen. Wie
sie geht. Perfekt. Aufrecht. Geschmeidig.
Kerzengerade und trotzdem lässig.
Wirklich wie eine Giraffe. Aber das hat sie
bestimmt schon hundert Mal gehört.
MAGAZIN: Ihr Körper ist Ihr Kapital, Sie müssen es wissen:
Wie bleibt man schlank? Mit Wasser und Kaugummi?
TATJANA PATITZ: Nein. Man muss gesund essen und sich
bewegen. Diäten sind Unsinn. Man kann einmal im
Jahr eine Art innere Reinigung machen, um Ungesundesrauszubekommen.AbersonsthilfteineDiätnichts.
MAGAZIN: Müssen Sie sich beim Essen oft beherrschen?
Sagen Sie ständig nein? Gibt es kaum Kohlenhydrate?
PATITZ: Natürlich esse ich welche. Kohlenhydrate sind
sehr wichtig fürs Gehirn. Ich sage auch nicht ständig
nein. Ich esse ganz normal, immer schon. Viel Gemüse und Proteine, frische Sachen, gemischte Salate.
Einmal pro Woche esse ich auch einen Teller Pasta.
Kuchen und Süßigkeiten mag ich glücklicherweise
nicht, auch kein Eis. Nur mal ein bisschen dunkle Schokolade. Ich bin ja sehr groß (1,80 m) und war nie ein
sehr mageres Model, hatte immer zu viel Busen. Ich
war schlank. Aber heute sind die Mädchen sehr, sehr
mager. Die müssen sicher hungern. Ich finde sie viel
zu dünn. Da ist nichts dran, nichts Weibliches. Ich hatte zwei Phasen in meinem Leben, in denen ich so gestresst war, dass ich sehr dünn wurde. Das hat mir nie
gefallen. Ich fühlte mich untergewichtig und ungesund.
MAGAZIN: Viele Menschen, die Stress haben, kennen das
Umgekehrte, das Frust-Fressen. Aber Sie dürfen das ja
nicht, sich mit Essen beruhigen.
PATITZ: Wer sagt, dass ich das nicht darf? Ich esse überall. Auch im Flugzeug. Aber zu denken: „Oh, das darf
ich nicht essen, weil die Saucen zu fett sind“, so bin ich
nicht. Ich denke eher darüber nach, ob etwas gesund
ist, ob ich genug Gemüse esse, dass die Balance da ist.
MAGAZIN: Sie leben seit 1988 in Kalifornien. Gäbe es einen
Grund für Sie, wieder in Europa zu wohnen?
PATITZ: Oh, ich vermisse Europa, komme aber auch oft
hierher. Wenn man immer nur in Kalifornien ist, so
schön es dort auch sein kann, nervt es ein bisschen. Es
kann leicht oberflächlich werden. An Europa vermisse ich das abwechslungsreiche Leben, die Kultur, die
Menschen. Hier gibt es mehr Nuancen. Wenn ich
nicht so viel reisen würde, wüsste ich nicht, ob ich es
dann in Kalifornien aushalten würde.
MAGAZIN: Was war ursprünglich Ihr Berufswunsch?
PATITZ: Ich habe ja schon mit 16 mit dem Modeln angefangen. Das war so früh, dass ich gar keinen Berufswunsch entwickeln konnte. Ich hatte Ideen. War immer schon tierlieb, wollte reiten, Springturniere machen. Richtige Klein-Mädchenträume waren das.
HAARE UND MAKE-UP: NINO ALLEGRO MIT PRODUKTEN VON BOBBY BROWN
U
FOTO: THOMAS LEIDIG
MAGAZIN: Was ist das Schönste an Ihrem Beruf ?
PATITZ: Das Schönste war immer das Reisen. Andere
Länder kennenzulernen. Ich habe überall tolle Menschen getroffen. Auch Freunde.
MAGAZIN: Was ist das Schlimmste an Ihrem Beruf ?
PATITZ: Das kann auch das Reisen sein. Immer woanders aufzuwachen. Man ist so furchtbar erschöpft
nach den Modeschauen. Völlig fertig.
MAGAZIN: Was sind die größten Gefährdungen des Modelberufes – Drogen, Einsamkeit, Depressionen?
PATITZ: Zu Drogen kann man nein sagen. Aber es ist
schlimm, wenn man niemanden kennt, allein im Hotelzimmer hockt. Oder man kennt Leute in einer
Stadt und hat keine Zeit für sie. Man ist oft einsam.
MAGAZIN: Sie leben gerne auf dem Land, mit Tieren, in der
Natur. Brauchen Sie das als Kontrast zu den Künstlichkeiten, den ganzen Hypes der Modewelt?
PATITZ: Ja. Für mich ist die Natur sehr, sehr wichtig. Ich
könnte nicht in einer Großstadt wohnen. Meine Lieblingsstadt ist Paris. Dort könnte ich vielleicht wohnen. Aber nicht zwölf Monate im Jahr. Ich wohne so
gerne auf dem Land, weil ich an alle Lebewesen denke, mit denen ich zusammenlebe. Mein Sohn, die
Hunde, die Pferde, alle sollen sich wohlfühlen. Das ist
gesünder. Man kann von der Natur viel lernen. Wenn
man in Harmonie mit ihr lebt.
MAGAZIN: Kennt Ihr Sohn Europa?
PATITZ: Ja. Ich nehme ihn viel mit. Meine Eltern wohnen in Südfrankreich, die soll er ja auch sehen. Wir
waren neulich zusammen in Berlin und London.
MAGAZIN: Sie gehören zur Riege der Supermodels. Alle
von Ihnen sind noch im Geschäft. Sie ebenso wie Claudia Schiffer, Naomi Campbell, Linda Evangelista und
Cindy Crawford. Warum ist das so?
PATITZ: Wir waren sehr individuell, sahen alle anders
aus. Normale Frauen konnten sich mit einer von uns
identifizieren. Wer soll sich mit den Models, die heute
16 Jahre alt sind, identifizieren? Das geht gar nicht.
Das sind halbe Kinder. Hinter denen steckt keine Persönlichkeit. Die Supermodels bekommen bis heute
Aufträge, weil sie gut verkaufen. Wir sind wiedererkennbar, unverwechselbar.
MAGAZIN: Sie haben damals in George Michaels Video
„Freedom“ mitgemacht, sangen „meist machen Kleider
keine Leute“. War das lustig?
PATITZ: Es war Teamarbeit, jeder hat seine eigenen Erfahrungen eingebracht. Es war schick.
MAGAZIN: Warum hatten Sie alle mal berühmte Musiker
oder Schauspieler als Freunde? Passen männliche und
weibliche Sex-Symbole besonders gut zusammen?
PATITZ: Nein, aber man teilt ähnliche Erfahrungen. Beide sind viel unterwegs, stehen ständig im Mittelpunkt, werden von ihrer Umgebung verwöhnt. Man
versteht den Beruf des Anderen.
MAGAZIN: Was ist für Sie wichtig beim Fotografieren?
PATITZ: Man muss dem Fotografen vertrauen. Den Assistenten und den Beleuchtern auch. Ein guter Foto-
Aufrecht durchs Leben: Tatjana Patitz
im Marina-Rinaldi-Outfit – Fröhlichkeit
ist wichtig, sagt sie, aber Haltung auch.
graf bringt dich dazu, alles für ihn zu machen und dich
trotzdem gut zu fühlen. Das Gute an der digitalen Fotografie ist, dass man das Ergebnis sofort sehen kann.
Der Nachteil ist allerdings, dass manche Fotografen
ein bißchen faul werden, weil sie hinterher alles noch
auf Photoshop bearbeiten können. Mir fehlen die Filme in den Kameras. Damals durfte man keine Fehler
machen. Manche Fotografen gucken heute nur auf
die Bilder in ihren Computern, anstatt beim Fotografieren richtig hinzugucken. Manche arbeiten heute zu
nachlässig.
MAGAZIN: Was muss man unbedingt haben, können und
wollen, wenn man Model werden will?
PATITZ: Man muss seine eigene Stimme und seinen
eigenen Stil finden. Nur dadurch unterscheidet man
sich. Und man sollte sich nicht aus Gefälligkeit anpassen. Da stimmt dann immer irgendetwas nicht.
Schauen Sie sich Kate Moss an. Sie ist zu klein, sah
nicht so aus, wie man sich ein Model vorstellt. Sie hat
ihren eigenen Stil entwickelt und ist bis heute dick im
Geschäft. Am Ende kann man nur ein Superstar werden, wenn man nicht in der Menge verschwindet.
MAGAZIN: Sie sollen früher gelegentlich auch Termine
geschmissen haben.
PATITZ: Ich hatte Flugangst. Ich war auf dem Weg zum
Flughafen und habe gedacht, ich schaffe es nicht in
die Maschine. Wenn man 20 Jahre alt ist, realisiert
man überhaupt nicht, was an so einer Weigerung alles
dranhängt. Man weiß nur, die anderen verdienen an
dir mit, also sind sie auch interessiert daran, dass es
dir gut geht. So fängt man an, sich total aufzuführen.
Heute würde ich das natürlich nicht mehr machen.
MAGAZIN: Interessieren Sie sich auch privat für Mode?
PATITZ: Zum Teil. Ich brauche aber nicht die neueste
Handtasche. Ich weiß, was zu mir passt. Ich mag bequeme Sachen. Ich trage privat nie hohe Absätze.
MAGAZIN: Sie haben mehr Fotoshootings gemacht als Modeschauen. Warum?
Man sollte sich nicht anpassen. Am Ende
kann man nur ein Superstar werden, wenn
man nicht in der Menge verschwindet.
PATITZ: Ich mochte Modeschauen nicht so gerne. Vier
Shows am Tag, das ist Stress pur. Dazu gehören die
Anproben, bei denen alle an einem herumzerren.
Man kann dann oft nur zwei, drei Stunden schlafen.
MAGAZIN: Wie sieht für Sie der perfekte Tag aus?
PATITZ: Das ist ein Tag, an dem alles harmonisch fließt
und man nicht unter Zeitdruck steht.
MAGAZIN: Sie leben auf einer Ranch mit vielen Tieren.
Nach denen müssen Sie sich sicher zeitlich richten.
PATITZ: Ja, aber das ist kein Stress. Da ist einfach immer
was los. Die Pferde müssen bewegt werden. Ich bringe
meinen Sohn zur Schule. Mache etwas mit den Hunden. Ich kann es so machen, wie ich will.
MAGAZIN: Gehen Sie auch unperfekt aus dem Haus?
PATITZ: Ja, klar. Ich fahre mein Kind auch mit ungewaschenen Haaren, wenn ich es eilig habe.
MAGAZIN: Treiben Sie viel Sport?
PATITZ: Ich reite, laufe. Ich brauche viel Bewegung. Mache auch Yoga. Und ich gehe gern spazieren. Überall
auf der Welt.
MAGAZIN: Haben Sie einen Wunsch?
PATITZ: Ich würde gern mehr mit meinen Pferden machen. Auch wieder Springturniere.
MAGAZIN: Wie schafft man es, so lange so gut auszusehen?
PATITZ: Viel lachen und fröhlich sein. Das ist das Wichtigste.
Kurz-Biografie
» Tatjana Patitz wurde am 25.3.1966
in Hamburg geboren und ist schon als
Kind viel in Europa herumgekommen –
ihr Vater ist ein deutscher Reiseschriftsteller, die Mutter eine Tänzerin aus
Estland. Als sie sieben Jahre alt war, zog
die Familie nach Schweden. Im Alter
von 16 wurde Tatjana Patitz in Stockholm als Model entdeckt. Sie machte
sehr schnell eine internationale Karriere,
lebte in Paris, New York, später im
kalifornischen Malibu, war auf zahllosen
Titeln und lief für alle großen Designer.
In den 1980er-Jahren gehörte sie neben
Naomi Campbell, Claudia Schiffer, Cindy
Crawford und Linda Evangelista zu den
fünf Supermodels mit Welterfolg. Patitz
ist engagierte Tier- und Naturschützerin.
Sie lebt in Südkalifornien auf einer
Ranch mit Pferden, Hunden und ihrem
siebenjährigen Sohn.
VI
› BROT & SPIELE
Sonnabend/Sonntag, 19./20. Juni 2010
Samurai-Sudoku
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Kleinod: Innen im
„Goldfisch“ edles
Design, draußen
der Isebekkanal
und auf der Karte
bester Fisch.
LOKAL-TERMIN
Goldene Zeiten
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Kurz-Biografie
Ulli Marsau führt seit neun
Jahren das „Goldfisch“. Der
gelernte Goldschmied ist
längst eine feste Hamburger
Gastro-Größe: Auch „Die
Rösterei“ im Levantehaus,
die „Bar Tabac“ und das
„Presto“ betreibt der
43-Jährige. Das „Goldfisch“
– nomen est omen – setzt
vor allem auf Fischgerichte
in edlem Ambiente. In den
kommenden Wochen steht
ein Wechsel am Herd an:
Neuer Chefkoch wird Artur
Celuch, der vom bekannten
Hamburger Italiener „La
Scala“ in das Restaurant
am Isebekkanal wechselt.
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FOTO: GRAFIKANSTALT
Ein Mensch kauert in einer zerstörten Mauerecke
aus Klinkersteinen – die Schutzlosigkeit ist spürbar. Das Mahnmal, das die Hamburger Bildhauerin
Hildegard Huza-Schneider 1985 auf Betreiben der
Friedensinitiative Barmbek-Uhlenhorst und des
Bezirksamtes Nord geschaffen hat, steht dort, wo
einst ein Karstadt-Warenhaus war. In der Nacht
zum 30. Juli 1943 starben im Luftschutzbunker
darunter bei einem Bombenangriff 370 Menschen.
„Diese Toten mahnen: Nie wieder Faschismus. Nie
wieder Krieg.“, lautet die Inschrift auf dem Sockel.
Für scharfe Denker
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Irgendwo in
Hamburg:
Mahnmal an
der Hamburger
Straße/Oberaltenallee
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» MAZZA, Moorkamp 5, Tel. 28 41 91 91,
tgl. ab 18 Uhr, zur WM geänderte
Öffnungszeiten nach Spielplan.
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» MONGO’S, Straßenbahnring 15,
Tel. 89 72 15 60, So–Do 17–24,
Fr/Sa 17–1 Uhr, www.mongos.de
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Ins Mazza geht zum Essen, wer kein
Spiel verpassen möchte. Dort werden,
je nach Wetterlage, die Partien auf
einer 1,5 mal 2 Meter großen Leinwand
gezeigt. Und während die einen das
Spiel verfolgen, bewundern die anderen
die vielen kleinen Vorspeisen, für die
das Restaurant bekannt ist. An Tagen,
an denen die deutsche Mannschaft
aufläuft, wird schon ab 12 Uhr geöffnet.
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WM light: Weder TV noch Leinwand
hat das Eppendorfer Restaurant, trotzdem ist es ein guter Platz für SüdafrikaBegeisterte. Weil es im Juni gebackene
Süßkartoffelbällchen gibt, Strauß, Gnu,
Antilope, Impala, Viktoriabarsch und
Zaramundi. Und dazu afrikanisches Bier,
gebraut aus Bananen, Mangos oder den
Kernen des Palmbaums. Das Menü kostet inklusive einem Getränk 20,10 Euro.
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Mazza
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Mongo’s
Auflösungen:
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RESTAURANT
IMPRESSUM
Chefredaktion: Claus Strunz (V.i.S.d.P.)
Redaktion: Anika Riegert (verantwortlich)
Art Direction: Julia Wagner
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Thomas Andre,
Albrecht Barke, Jörg Block, Judy Born, Katja Deutsch,
Oliver vom Hofe, Irene Jung, Karola Kostede, Thomas
Leidig, Karin Lübbe, Peter Maus, Julia Marten,
Joachim Mischke, Norman Raap, Marcus Rehde,
Kirsten Rick, Armgard Seegers, Vanessa Seifert,
Annette Stiekele
Konzeption & Realisation:
mar10 media GmbH
Geschäftsführer: Nikolas Marten
Anzeigen (verantwortlich): Dirk Seidel,
Tel. 040/34 72 25 56
Verlag & Druck: Axel Springer AG,
Axel-Springer-Platz 1, 20350 Hamburg
Senkrecht
1 Verordnung im Baukasten. 2 Lea und Rahel
sagten Papa zu ihm. 3 Ein Freund sollte so sein,
sonst ist es keiner. 4 Ben Cartwright wohnte
auf so einer. 5 Dafür sind Verbände schließlich
da! 6 Pfundssache, dupliziert. 7 Das ist ja ein
Benehmen zum Schämen. 8 Ein kleiner Graben.
9 Der Baum in der Flagge Libanons. 10 Oft ist
es tief gesunken. 11 Kopfloser Schutzdamm
am Meer. 12 Franz war Ungar und Komponist.
13 Das ist Flachs; ohne Scherz. 14 Titel für
alkoholische Tropfen. 15 Cornelia ist verdutzt,
wird sie derart gestutzt. 23 Hörbare Eigenart,
auch Mundart genannt. 24 Urkundsbeamter in
US-Version. 26 Südfrucht mit Anfangsverlust.
28 Die Einwohner Tallinns nennen ihr Land
so. 29 Wird ausgebracht, ist dann aber nicht
knusprig. 31 Baum mit zitterndem Laub. 32
Alias Rhea Silvia. 33 Wertvolles Baumprodukt
aus dem der Vinanmek-Palast in Bangkok
gebaut wurde. 34 Gleich, aber nicht sofort. 35
Antikes Gerücht. 36 Jacht einerseits, andererseits ein Lebenszeichen. 37 Dort verhinderte
Jesu ein Begräbnis. 39 Lateinisches Glücksspielerutensil. 40 Nördliche Ärmelmanschette.
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RESTAURANT
Waagerecht
1 Stereo entlocken Sie Ihrem Radio nur auf
diesen Frequenzen. 16 So heißen Italiens Sheriffs.
17 Belgische Gemeinde mit Berliner Original.
18 Gebiet zu späterer Tagesstunde. 19 Ein ungebadeter Fuß wurde ihm zum Verhängnis.
20 Ohne sie wär’ manches Gericht recht trocken.
21 Sie fließt durch den Nordwesten Frankreichs.
22 Coco kreierte das „kleine Schwarze“. 23 Hier
werden exakt 2,54 cm eines Chinchillas gesucht.
25 Für Franzosen ist das gängig, für Engländer
ein Zertifikat, aber für beide kurz. 27 Etwas
Hervorragendes am Haus. 29 Macht aus Ton
einen griech. Meergott und die Angel zum Schlaginstrument. 30 Sind das vielleicht wohlschmeckende Schornsteine? 38 Laubbaum – wurde
nach Albion verpflanzt. 41 Das Innenleben von
Gisela ist auch eine kopflose Bienenkönigin.
42 Ob links oder rechts, ob arm oder reich, das
alles ist doch ziemlich ungleich. 43 Die füllt die
Elbe mit viel Wasser auf. Noch mehr schafft nur
die Moldau. 44 In Kürze möge hier ein Oberpastorat erscheinen. 45 Rumpf, Humpe und Busch
haben Schwedens Ingeborg gemeinsam. 46 Südamerikanisches Goldhäschen. 47 Geht die Sau
voran, wird sich schnell bewegt. 48 Befindet
sich in jedem Handbuch, Leitfaden und jeder
Ratgeberliteratur. 49 In England kommt es mit
den Jahren. 50 Stoßstangenverzierung für
Fahrzeuge aus Kleve. 51 Wollen Sie uns hier
Ihre persönliche Geheimzahl kurz verraten? 52
Letzter Teil eines nachgeahmten Produktes.
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5 x in Hamburg, z. B.:
Barmbeker Str. 156 - 160 Hamburg-Winterhude
www.cardinahlcaffe.de
Tel 040 / 480 960 - 38
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Irgendwo in Hamburg. Nur wo?
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1 rote Zwiebel
1 Bund Koriander
200 g Mangopüree
50 ml Kokosmilch
1 cl Batida de Coco
Muskatnuss, Salz, Pfeffer
1 Süßkartoffel, Möhren, Mango, Ananas und rote
Zwiebel schälen. Alles in gleichmäßige Würfel
schneiden. Koriander waschen und grob zusammenhacken. Süßkartoffel und Möhren in einer Pfanne
mit etwas Olivenöl anschwitzen.
2 Rote Zwiebel extra im Topf kurz anziehen lassen,
mit Süßkartoffel und Möhren mischen, mit Batida
de Coco, Weißwein und Kokosmilch ablöschen. Kurz
köcheln lassen. Mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss
würzen. Mangopüree zugeben und bei kleiner Hitze
ca. 4 – 5 Minuten köcheln lassen. Vom Herd nehmen.
Mango- und Ananaswürfel unterziehen.
3 Kurz vor dem Anrichten den gehackten Koriander
unterrühren. Seeteufel in 200-g-Stücke portionieren.
In einer Pfanne mit etwas Olivenöl anbraten, mit
Salz und Pfeffer würzen. Zitronenthymian zugeben
und im Ofen bei 160 Grad ca. 5 Minuten fertig garen.
Große Auswahl & Preisgarantie erstklassiger
Kundendienst
Gewerbevermietung
Service
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1 bis 9 aufzufüllen. Dabei darf
jede Zahl in jeder Zeile und jeder
Spalte sowie in jedem 3 x 3 Feld nur einmal vorkommen.
Lösung: siehe unten …
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Für 4 Personen:
1 Seeteufelfilet (ca. 800 g)
3 Zweige Zitronenthymian
½ Ananas
1 große Mango
1 Süßkartoffel (ca. 240 g)
2 dicke Möhren
Cardinahl Caffè – das Fachgeschäft für
Espresso- und Kaffeeautomaten.
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So 10–23 Uhr, www.goldfisch.de
Gebratener Seeteufel an AnanasMango-Gemüse und Koriander
Mehr als Kaffee.
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einen Block mit dem ZentralSudoku teilt! Dabei gelten für
jedes der 5 Sudoku-Diagramme
die klassischen Spielregeln: Alle
Diagramme sind mit den Zahlen
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» Goldfisch, Isekai 1, Tel. 57 00 96 90, Mo–Sa 12–23,
REZEPT VON ULLI MARSAU
Essen und ausgehen
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ie haben ein Date an der Angel? Dann
paddeln Sie doch ins „Goldfisch“, die erste
Adresse am Isekai. Nicht nur wegen der
Hausnummer, sondern wegen der Fischgerichte, die
alle eine große Nummer sind.
Innen empfängt uns ein stylischer Gastraum: edles
Holz, warme Beleuchtung, 66 Plätze. Draußen grüßt
die lauschige Terrasse mit Blick auf den Isebekkanal
und noch einmal 70 Plätzen – aber wieso hat Ulli Marsau das Restaurant ausgerechnet „Goldfisch“ getauft?
„Ich bin gelernter Goldschmied und liebe Fisch“, erklärt Marsau. Vor neun Jahren hat der 43-Jährige, der
auch „Die Rösterei“ im Levantehaus, die „Bar Tabac“
in der Galleria und das „Presto“ an der Mönckebergstraße betreibt, den kleinen kulinarischen „DesignTempel“, wie er ihn selbst nennt, eröffnet. „Meine
Frau mag keinen Fisch, also durfte ich ihn zu Hause
nicht zubereiten. Da musste ich mir eben eine andere
Küche suchen“, sagt er lachend.
Dort kocht der Gastro-Experte aber längst nicht
mehr selbst. Seit drei Jahren zeichnet die 29-jährige
Österreicherin Marion Gstrein verantwortlich, doch
es steht ein Wechsel am Herd an: „Ab August haben
wir einen neuen Küchenchef. Artur Celuch vom ,La
Scala‘, einem der besten Italiener der Stadt“, sagt
Marsau. Pasta gibt es im „Goldfisch“ schon jetzt, mit
Trüffeln – „als schnelle Nudel zwischendurch“. Die
Abendkarte bietet aber vor allem Fisch an, und das
soll natürlich auch so bleiben. Als Vorspeise empfiehlt sich ein kleiner Sushi-Teller (12,50 Euro). Doch
das hauchzarte Rindercarpaccio (12,50 Euro), gebettet auf einen Hügel Rucola und mit einer bemerkens-
wert köstlichen Trüffelsauce, kann mit der FischKonkurrenz locker mithalten. Auch wenn unsere
Hauptgänge es ihm schwer machen: Das gebratene
Zanderfilet mit Pak Choi Basmati-Reis und PapayaChutney (20,50 Euro) und das Thunfischsteak auf
Koriander-Kartoffelpüree sind köstlich.
Beim nächsten Besuch, so schwören wir uns, wollen wir aber das legendäre „Luxusfleisch“ probieren.
Denn seit knapp einem Jahr hat Ulli Marsau „das
wahrscheinlich beste Steak Deutschlands“ auf der
Karte: ein New-York-T-Bone-Steak vom mit Mais gefütterten Angus-Rind, „dry aged“ und mit Knochen
700 bis 750 Gramm schwer. Begeistert erzählt er vom
Ausflug des Küchenteams nach New York, als sie im
Steakhouse „Wolfgang’s“ ihre Offenbarung erlebten:
„So ein wahnsinnig schmackhaftes Fleisch wollten
wir auch im ‚Goldfisch‘ auftischen.“ Das Geheimnis:
In einem speziellen Raum reift das Fleisch 36 bis 40
Tage am Knochen. Das hat seinen Preis: Die SteakPlatte für zwei Personen kostet 98 Euro.
Unbezahlbar ist dagegen die mediterrane Atmosphäre auf der Terrasse, wenn man sie unter einem
wolkenlosen Himmel und mit einem Glas des köstlichen Chardonnay „Twin Oaks“ von Robert Mondavi
(0,2 l für 6,40 Euro) genießt. Die Weinkarte ist ausufernd riesig, künftig will Ulli Marsau sie verkleinern
und sich auf eine feine Auswahl beschränken.
Zum Nachtisch gab es übrigens flüssiges Gold:
einen Süßwein, 2006er Chardonnay Auslese Guldenthaler Sonnenberg, den Marsau gerade bei Franz
Karl Kruger an der Nahe entdeckt hatte. Prost!
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Was kommt heraus, wenn ein Mann seine Vorliebe für Edelmetall und Fisch vereint? Das „Goldfisch“ am Isekai.
TEXT: VANESSA SEIFERT • FOTOS: THOMAS LEIDIG
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Lösungsweg:
Beim Samurai-Sudoku sind vier
Eck-Sudokus so um ein ZentralSudoku angeordnet, dass jedes
der vier Eck-Sudokus sich je
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1 7 5
1
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VII
Sonnabend / Sonntag, 19. / 20. Juni 2010
› GESTERN & HEUTE
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ST. PAULI – STADTTEIL IM WANDEL
as St. Paulianer von vielen anderen unterscheidet, ist ihre beneidenswerte Textsicherheit.
Während der Winterkatastrophe tauchte nach
Tagen ein Mann von der
Stadtreinigung auf und
fegte ein bisschen übers Eis. Mein Nachbar sagte nur
einen Satz: „Und das bringt’s jetzt, was?“
Wenn ein Klavier angeliefert wird und nicht durch
den Treppenaufgang passen will, sind die Stammkunden vom „Nordlicht“ gegenüber mit unorthodoxen
Vorschlägen zur Hand: „Schraubt doch was ab!“ Mit
Provisorien kennt man sich aus.
Was den Kiez besonders macht, ist das Nichtperfekte, das Raum für Unangepasstes lässt. Auf Formalitäten legt keiner Wert. Pastor Sieghard Wilm von
der St.-Pauli-Kirche hat es so ausgedrückt: „Hier
muss man nicht 20 Jahre leben, bevor man jemanden
kennenlernt und dazugehört.“ Der Kiez sei „wie ein
erweitertes Wohnzimmer. Auch die Mühseligen und
Beladenen finden hier eine soziale Struktur, die man
gar nicht künstlich herstellen kann.“ Der etwas andere Bevölkerungsmix ist von selbst gewachsen, wie ein
sehr altes Haus mit lauter exzentrischen Anbauten.
Viele Alteingesessene haben früher im Hafen malocht, sind nach der Seefahrt hängen geblieben, nach
der Emigration oder aus dem Gefühl, dass hier nichts
Menschliches fremd ist. In meinem Lieblings-Budni
in der Talstraße kaufen kanadische Studenten, Punkerinnen, afrikanische Mütter, Rentner in abgetragenen Parkas und polnische Bauarbeiter ein. Und die
bildschönen brasilianischen Gazellen, die in einem
der Clubs arbeiten und Männerstimmen haben.
Leichte Mädchen, Tanzsäle, Jahrmarktbuden gab
es schon vor den napoleonischen Kriegen auf dem
Hamburger Berg, wie die Vorstadt damals hieß. Der
entscheidende Startschuss für die große Amüsiermeile fiel aber erst im Juni 1816, als zum ersten Mal
ein Dampfschiff an den Landungsbrücken festmachte. Die Dampfer, die fern von den Segelschiffen in
Fischmarktnähe anlegen mussten, bescherten der
Reeperbahn Massen von Matrosen mit Geld für den
Landgang. Während Eppendorf und Harvestehude
noch in dörflichem Schlaf lagen, waren auf dem Hamburger Berg im Revolutionsjahr 1848 schon 19 Bordelle zugelassen.
Auf St. Pauli strandeten Huren aus Berlin, Pferdehändler aus Frankfurt, jüdische Flüchtlinge aus Russland, Varieté-Künstler von überall und eine Kolonie
von Chinesen, die in der Schmuckstraße Wäschereien
betrieben. Aber die meisten Einwohner arbeiteten
auf den Werften und in der Hafenindustrie. Es war
eng in den kleinen, einfachen Wohnungen. Anfang
der 1930er-Jahre hatte St. Pauli – damals noch inklusive Schanzenviertel – rund 63000 Einwohner. Heute sind es auf demselben Gebiet weniger als die Hälfte, nämlich knapp 28000.
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ei den Nazis stand der Kiez immer unter Generalverdacht. Denn St. Pauli war mehrheitlich
rot: 32 Prozent der Wähler hatten 1933 für die
KPD gestimmt und 24 Prozent für die SPD. Daneben
lag Hitlers NSDAP mit 35 Prozent zurück. In einer
Auftragsstudie der Universität Hamburg 1934/35 ist
von einer „gemeinschädigenden Region“ die Rede:
„St. Pauli zählt als Verfallsgebiet mit zu den linksradikalsten Teilen Hamburgs. Hier haben die minderwertigsten Geistes- und Moralkrüppel von jeher festen
Fuß gefasst.“ Das vernichtende „soziologische“ Gutachten stellte fest, hier konzentriere sich „eine sehr
große Anzahl jener Elemente wie Verbrecher, Zuhälter und Prostituierte, die grundsätzlich Feinde jeder
staatlichen Ordnung sind“.
2009 haben Historikerinnen und Historiker der
Landeszentrale für politische Bildung für die Aktion
„Stolpersteine“ den Schicksalen verfolgter St. Paulianer nachgespürt. Zu den Verfolgten gehörten nicht
nur die rund 600 Jüdinnen und Juden im Quartier,
etwa ein Prozent der Einwohner, sondern auch all jene, die wegen ihrer anderen Sexualität inhaftiert und
in Lager geschickt wurden.
Zum Beispiel die Transsexuelle Liddy Bacroff, bürgerlich Heinrich Eugen Habitz, geboren 1908, die nur
auf St. Pauli ein Umfeld fand, in dem sie sich als Frau
bewegen konnte. Ihre Freier zahlten für eine Nacht
drei bis zehn Reichsmark. Sie starb 1943 im KZ Mauthausen. Auf St. Pauli landeten Hunderte von Ausreißern wie der 19-jährige Heinrich Blume, die zur See
Des Kiezes alte Kleider: Eine
Prostituierte 1961 auf der Reeperbahn – heute würde sie als
Theaterbesucherin durchgehen.
FOTO: ULLSTEIN BILD/BLUME
Neujahrsmorgen 1953: Straßenbahnhaltestelle
St. Pauli auf der Reeperbahn nach einer langen Nacht.
Neonmeile 2010: Die Reeperbahn
heute mit ihrer neuen, kunterbunten Amüsierkultur
vor einer langen Nacht.
FOTOS: ULLSTEIN BILD, BILDAGENTUR HAMBURG/
R. WALDKIRCH, STEPHAN PFLUG
Kiez
Der
in neuen
Kleidern
Die WM-Partys zeigen: St. Pauli ist vital wie lange
nicht – aber die alte Kiez-Kultur bleibt dabei
auf der Strecke. IRENE JUNG ruft sie in Erinnerung.
fahren wollten. Nach zahlreichen Verhaftungen wegen „Unzucht“ mit Männern starb Blume fünf Jahre
später in einem Außenlager des KZ Neuengamme.
Aus solchen Erfahrungen nährt sich heute noch
der Widerstandsgeist gegen alles, was mit Behörden
und Verordnungen zu tun hat. Alle Versuche, St. Pauli sauberer, ordentlicher, kontrollierter zu machen,
scheiterten bis jetzt am Bedürfnis von Tausenden Besuchern, genau hier die Sau rauszulassen. Das ist Alltagsbewältigung, da hilft Politik wenig.
Unter den Nazis war die Herbertstraße hinter Eisentoren verborgen worden, damit die Prostitution
unsichtbar blieb. Dem demokratischen SPD-Senat in
den 1960ern war sie auch peinlich. Aber nun fand
man eine wahrhaft wohlfahrtsstaatliche Lösung:
1967 wurde mit Bier und Würstchen das 4,5 Millionen
Mark teure Eros-Center an der Reeperbahn eröffnet.
Mit komfortablen „Arbeitszimmern“ für die Gunstgewerblerinnen, einem Sicherheitsdienst, einer Kantine und Heizstrahlern auf dem Kontakthof. Das
klingt schon fast nach Gewerkschaft. Vom DGB gab es
damals auch Genussscheine für René Durands „Erotic
Theater Salambo“, wie ältere Kollegen erzählen.
Hinter den Kulissen wurden die Märkte für Drogen, Frauen und Glücksspiel neu geordnet. Die rivalisierenden Zuhälterbanden demonstrierten ihr
Wirtschaftswunder. Kiez-Größen wie der schöne
Mischa oder Lamborghini-Klaus zeigten sich mit
Rolex-Uhren, Luxuskarossen, Goldkettchen und
Mädchen wie Popstars. Im Backstage-Bereich kontrollierten allein die 85 Muskelprotze der Bande
„Hamburger Jungs“ 140 Huren.
Für uns junge Leute war der Kiez Anfang der
1980er eine No-Go-Area. Unlustig trottete man mit,
wenn Freunde aus der Provinz unbedingt einen Reeperbahnbummel mit Stripshow erleben wollten. Mit
Grausen erinnere ich mich an die lustlose Darbietung
einer mageren Blondine, die sich um eine Stange
schraubte. Wer fand so was sexy? Für ein Bier bezahlten wir zehn Mark.
Die Amüsierkultur ändert sich in Wellen. Hätte
Corny Littmann nicht mit dem „Schmidt Theater“
1988 eine Wende eingeläutet, wäre der Kiez vielleicht
schon in den 1980ern abgestorben. Was die sexuelle
Befreiung erreicht hatte, machte Aids in wenigen
Jahren kaputt. In den Augen von Domenica, Deutschlands bekanntester Hure, hatte die käufliche Liebe
noch eine Romantik besessen, die jetzt endgültig verloren ging. „Es gibt nicht mehr diese tollen Herren
und Freier, die wir früher hatten“, bedauerte Domenica in einem der letzten Interviews vor ihrem Tod
2009. „Die haben noch wirklich etwas springen lassen. Heute kommen die Männer abgezählt hierher
mit Hartz IV. Es kommt die Masse, aber keine Klasse
mehr. Und die Preise sind total verfallen. Hier wird
schon mit 20 Euro gekobert. Außerdem macht das
Internet viel kaputt, die vielen Fotos. Und man verabredet sich lieber im Chat.“
Nur noch ein Bruchteil der 150000 Menschen, die
sich jetzt an Wochenenden durch den Stadtteil wälzen, kommen wegen Puffs und Stundenhotels. Die
meisten gehen ins Theater, ins Musical, in Comedyund Musik-Clubs und Karaoke-Bars. Auf dem Kiez
etablierte sich wieder eine übermütige, frivole Szene,
wie es sie in den Zwanzigerjahren gegeben hatte. Musiker, Comedians und Sängerinnen wohnen nebenan.
Nachts arbeiten, tagsüber schlafen, um 22 Uhr einkaufen: Das stört hier ja niemanden.
Aber Nonkonformismus braucht speziellen Humus. Die neuen Investoren sehen in St. Pauli nicht
das fragile Nebeneinander der Armen und der Unangepassten, sondern einen City-Lifestyle mit Bespaßungspotenzial. Die Quadratmeterpreise für Wohnungen sind von umgerechnet 7,50 Euro im Jahr 1994
auf 12 Euro gestiegen. Sonntags früh um fünf hängen
im „Silbersack“ nicht mehr die Schichtarbeiter aus
dem Hafen ab, sondern müde Bassisten und Tanzmäuse. Und die jungen Arrivierten aus den neuen
Wohnkasernen an der Bernhard-Nocht-Straße.
D
ie alten St.-Paulianer findet man beim kollektiven WM-Gucken nicht vor der Bar „Amphore“ mit Hafenblick, sondern in den letzten
Saurier-Refugien: den patinierten Raucherkneipen.
Da hängen Fotos von den alten Kiez-Originalen, die
alle gestorben sind: von Domenica und von Erwin
Ross, dem „Rubens der Reeperbahn“. Und von Willi
Bartels, dem „König von St. Pauli“, den kannte hier
auch jeder.
Hassan ist 71 Jahre alt und steht jeden Tag mit seinem langen weißen Bart in einem Hauseingang der
Silbersackstraße, die Bierdose in der Hand. Er wohnt
in einer Nebenstraße, aber nur von hier aus kann er
„seinen“ Baum sehen, einen Ahorn hinter dem Cabaret „Pulverfass“. Hassan gehört zum Inventar.
„St. Pauli ist eine Welt für sich“, sagt er. „Die alten
St.-Paulianer kümmern sich umeinander. Die neuen
kommen mit schicken Taschen von Beutin, aber sie
haben nicht mal einen Euro für Arme übrig.“ Die
übersieht er würdevoll. Das hält die Welt nicht auf.
Aber es hilft, sie zu ertragen.
SERVICE: KIEZ-KULTUR
» „Domenicas Lounge“ In Gedenken an die legendäre Prostituierte
und Streetworkerin Domenica wurde
in ihren früheren Räumen in der
Herbertstraße jüngst eine zwanglose
Kontaktbar mit Dauerausstellung
eröffnet: Fotos erinnern an ihr Leben,
Broschüren informieren über die
Arbeitssituation der Prostituierten.
Haus 7 (Hof), Herbertstraße,
www.st-pauli-museum.de
» Lesung im Silbersack Die Hamburger Schauspieler Kai Maertens
und Leena Fahje geben Anekdoten
aus „Die Weiße Taube flog für immer
davon“ zum Besten. Das Buch von
Kiez-Fotograf Günter Zint ist ein
einziges „Who is who“ der 1980er,
selbstverständlich werden auch
viele seiner Bilder gezeigt.
Di, 13.7., Silbersack, Silbersackstr. 9,
20 Uhr, kein Eintritt.
» „Heiße Ecke – Das St. Pauli
Musical“ handelt von einem Imbiss
und den Huren und Hehlern, für die
er zu ihrem Wohnzimmer geworden
ist. Nach sieben Jahren Laufzeit
ist das Musical selbst ein Stück
St.-Pauli-Kultur – auch dank der
90-minütigen Stadtteilführung
von der Tal- bis zur Hafenstraße, die
die Historikerin Wiebke Johannsen
dazu veranstaltet.
Führung: jeden Do + Sa, 18 Uhr,
15,20 Euro.
„Heiße Ecke“: Schmidts Tivoli,
Spielbudenplatz 27–28, Hotline:
Tel. 31 77 88 99, Termine und
Buchung auch unter www.tivoli.de
VIII
› STIL & LEBEN
Sonnabend / Sonntag, 19. / 20. Juni 2010
HANDGEMACHT
Easy Radler: Viele Kreationen von Michi
Franzke, 40, sind verchromt wie Motorräder.
FOTOS: ISTOCKPHOTO, PRIVAT
Ein Fest
im Sattel
Michi Franzke vom Elbcoast Psycles JuniorsClub erfindet jeden Tag das Rad neu: mit lässigen
Cruisern zum entspannten Dahingleiten.
A
MARKUS REHDE, 43, zog im Frühjahr
mit Frau und zwei Kindern als Marketing Director Unilever Japan Beverage
Tokyo in die japanische Hauptstadt –
und fühlt sich dort wie auf dem Mars.
TEXT: KIRSTEN RICK • FOTOS: THOMAS LEIDIG
us jedem Rad kann man etwas Hübsches machen“,
sagt Michi Franzke, Inhaber des Fahrradladens
Elbcoast Psycles Juniors-Club in Eimsbüttel. Die
Spezialität seines Teams ist Umbau, Customizing – und das
Träumen: „Uns guckt kein TÜV auf die Finger, man kann
voll rumspinnen.“ Speichen werden durch Spanngurte oder
Ketten ersetzt, Gabeln verlängert oder gekürzt. Höhepunkt
war die MTV-Sendung „Pimp my Fahrrad“ im Jahr 2005, da
verbaute das Elbcoast-Psycles-Team 500-Watt-Anlagen
und Navigationssysteme, es gab auch mal einen Anhänger
mit Duschkabine.
Einsteiger fangen am besten mit neuen Ventilkappen an.
Die gibt es zum Beispiel mit aufgesetzten Krönchen, kosten
6,50 pro Paar. Einmal auf den Geschmack gekommen, sucht
man sich hübsche Lenkergriffe aus, dazu Mäntel mit eingewebtem Reflektormaterial, das im Dunklen leuchtet, und
gönnt sich zuletzt einen Sattel mit Blümchendekor, breit
und gemütlich wie ein Sessel. Denn bequem soll es sein:
„Perfekt ist es, wenn man sich damit wohlfühlt.“ Ebenso diplomatisch ist der Mann mit der sanften Stimme und dem
„Never too old to rock“-T-Shirt, wenn es um die Dinge geht,
die er einem Rad niemals antun würde. „Ach, das ist doch
alles Geschmackssache. Erlaubt ist, was gefällt.“ Im Moment geht der Trend zu breiten Felgen, 80 bis 100 Millimeter müssen schon sein. Eine Kundin lässt gerade ihr altes
Klapprad verschönern. Der Rahmen strahlt schon frisch lackiert in Magenta, der Look wird noch durch Weißwandreifen und Leo-Griffe komplettiert. „Frauen sind bei der Farbwahl mutiger. Die Herren bevorzugen in der Regel ein
freundliches Schwarz.“
Im kleinen Verkaufsraum des Souterrain-Ladens gibt es
neben unzähligen Accessoires fertige Räder von Anbietern
wie Electra, Nirve oder Felt, mit bezauberndem Schmetterlings-Design oder mit hölzerner Ladefläche vorne – und einige selbst designte Einzelstücke. In einem der Hinterzimmer residiert „Die Queen“, eine strahlend weiße Schönheit,
die mit ihren imposanten 3,25 Metern Länge ebenso sperrig
Heavy Metal:
Mit Ketten, überlangen Radgabeln
und Lenkern im
Leo-Look wird der
Drahtesel zum
coolen Cruiser –
ab 300 Euro.
ist wie der Name des Ladens und bei anderen Radbesitzern
Minderwertigkeitskomplexe auslöst. „Das Biest“, eine andere Eigenkreation, die aussieht wie ihr Name, ist zum
Glück gerade unterwegs. Preislich starten die einfachen
Cruiser bei 300 Euro, das Mittelfeld bewegt sich um 500 bis
600 Euro, nach oben gibt es keine Grenze. Und Cruiser ist
nicht gleich Cruiser: Es gibt Beach-Cruiser (die Klassiker)
und Stretch-Cruiser (die sind länger) sowie Chopper, die
sehen aus wie Motorräder, nur ohne Motor.
Den lila Stretch-Cruiser, der vorn im Laden steht, hat Michi Franzke selbst entworfen. „Ich habe ein paar Zeichnungen gemacht, dann bin ich zu Till, der auch hier im Team ist,
gegangen: ,Brat das mal zusammen!‘“ Till hat den Rahmen
„gebraten“, Michi schraubt jetzt die Komponenten dran.
Erst wenn das Rad fertig ist, bekommt es einen Namen. Das
muss aber dann auch sein. „Man kann ein Fahrrad auch lieb
haben,“ behauptet Franzke mit treuem Blick. Ganz ungefährlich ist diese Liebe nicht, denn es besteht Suchtgefahr.
Manche Kunden haben bis zu zwölf Räder im Keller.
Zu seinen Cruisern kam Michi Franzke, Jahrgang 1969,
wie die Jungfrau zum Kind. Er war Soldat im Staatsdienst,
Feldjäger, immer unterwegs. Als seine erste Ehe zerbrach,
gab er den Job auf, um in der Nähe seiner Kinder sein zu
können – und gründete kurzentschlossen seinen Laden.
Beim „Cruisen“, das so viel bedeutet wie „möglichst cool
herumfahren“, geht es nicht ums Vorwärtskommen, sondern ums gute Aussehen und ums Genießen. Schnell fahren
soll man gar nicht, „das ist viel zu gefährlich in der Stadt“, so
Franzke. „Cruisen ist die Wiederentdeckung der Langsamkeit.“ Er hat einen durchaus selbstironischen Blick auf die
ganze Szene, die sich um die schicken Bikes dreht: „Überleg
doch mal: Erwachsene Menschen setzen sich auf gummibereifte Kasperkisten, ziehen sich Kutten an und spielen ein
bisschen Zivilrocker – das ist doch schon ziemlich bekloppt.
Aber es macht fürchterlich Spaß!“ Seinen Weg von der Wohnung in Niendorf zur Arbeit legt Franzke allerdings zu Fuß
zurück: Wallace, eine freundliche Bulldogge mit blutunterlaufenen Augen, braucht seinen Spaziergang.
Kontakt
» Elbcoast Psycles JuniorsClub, Müggenkampstr. 19,
Tel. 43 09 77 25, Mo – Fr 11 – 19,
Sa 10–16 Uhr, www.juniors-club.de
MEIN STYLE-TRIO
MISCHKES
STADTGEFLÜSTER
Schau-Lust
Ostalgie
Der Fotograf und Haar-&-Make-up-Künstler
Armin Morbach hat in puncto Brillen, Kerzen
und Zeitschriften einfach den Durchblick.
Auf was können Sie in Hamburg nicht verzichten?
Mein „Tush“-Magazin mit „Geburtsort“ Hamburg. Mit
„Tush“ erfüllte ich mir
2005 den Wunsch
nach einer Plattform
für meine Bildsprache,
Phantasien und Realitäten, zeige Themen
mit gesellschaftlicher
Relevanz. „Tush“ ist
das einzige Magazin,
das von Hamburg aus
den internationalen
Markt erobert hat und
ihn seitdem krisenfest
um ein internationales Hochglanzprodukt
bereichert.
Brille „Herbie“ von Mykita
Eyewear, gesehen bei
Opticon, ABC-Straße 1,
um 390 Euro.
Magazin „Tush“, z. B. Stilke
aktuell im Hauptbahnhof,
Glockengießerwall,
6,50 Euro.
Die Wochenvorschau
MONTAG
KINDER: „Eins, zwei, drei
Gespensterchen“, das spannende
Stück der Theatergruppe Zwergenspaß für Kinder ab 4, läuft im
Eidelstedter Bürgerhaus, 16 Uhr.
LITERATUR: „Hamburg – Prag I“
ist Lenka Reinerová gewidmet. Mit
Autor Josef Moník, Botschafter a. D.
Frantisek Cerny und der Leiterin des
Prager Literaturhauses Lucie Cernohousová. Literaturhaus, 20 Uhr.
DIENSTAG
BALLETT: Mit „The Tokyo Ballett“
tritt eines der besten Ensembles
der Welt in der Hamburgischen
Staatsoper auf. 19.30 Uhr.
MUSIK: Lass krachen! Bei der LiveÜbertragung des Konzerts „The Big
Four: Anthrax, Megadeth, Slayer,
Metallica“ in Sofia wird es in den UCI
Kinowelten Mundsburg und Othmarschen Park richtig laut. 19 Uhr.
er Senat hat reichlich an den Hacken. Unser König, pardon: der
Erste Bürgermeister schien amtsmüde in den letzten Wochen, der Pöbel,
pardon: die Bürger maulen ihm bei jeder Gelegenheit die Ohren voll. Schulreform, Stadtbahn, Elbphilharmonie,
Haushalts-Abgründe, Museums-Sparzwänge, irgendwas ist ja immer umstritten. Kasse leer, Schnauze voll, und
überall nichts als Arbeit, ungeliebte Arbeit, die allen an den Nerven zerrt. Was
tun? Ich wüsste da was: Japaner werden. Denn der Japaner an sich ist offenbar längst nicht mehr der arbeitswütige
Schreibtisch-Samurai, als der er uns im
Rest der Welt immer wieder verkauft
wurde, solange unsere armen, geschundenen Euros noch etwas wert waren.
Man ist deutlich entspannter in
Japan, war gerade zu lesen: unbezahlte
Überstunden? Per Gesetz verboten. Es
gibt durchschnittlich fünf Urlaubstage
mehr als bei uns, und sage und schreibe
14 gesetzliche Feiertage obendrauf. Einer mehr, als selbst dem frömmsten
Katholiken hierzulande gewährt wird.
Es wurde sogar von einer Firma berichtet, die das Abbummeln von drei Urlaubstagen im Stück mit zwei weiteren
belohnt. Meine tut so was eher selten.
Wenn Japaner trotz alledem oft länger im Büro bleiben, dann nicht unbedingt, weil gerade brutal viel zu tun ist.
Auch nicht, weil zu Hause Frau, Familie
oder schlimmstenfalls gar nichts war-
Wir sind mit Unterbrechung nun
schon seit zehn Jahren mit Unilever unterwegs, von Holland über
Sydney nach Tokio, und von überall bringen wir was mit: In Holland
wurde Fritz geboren, in Sydney
Lily, und so sind wir vier vor drei
Monaten in Tokio gelandet. Obwohl es von Hamburg weniger weit
weg ist als Sydney, fühlt es sich hier
an wie auf dem Mars. 25 Millionen
Menschen auf engstem Raum
erklären viele kuriose Eigenarten:
Fahrräder kann man nicht an der
Straße parken, an jeder Ecke
stehen Automaten mit heißen und
kalten Getränken, es gibt
erstaunlich wenige Autos,
denn jeder hat eine
Monatskarte. Man putzt
sich in der U-Bahn
nicht die Nase (eklig für
Japaner), telefoniert
nicht (zu laut), dafür spielt
man Videospiele, guckt TV
auf dem Handy oder – schläft.
Neuester Schrei: Elektrofahrräder
(wir haben zwei). Gründe, kein
Auto zu haben, gibt es viele: ein
Parkplatz vorm Haus kostet so
viel wie eine 3-Zimmer-Wohnung
in Hamburg, die Straßen sind so
eng, dass einige Kollegen „RallyeStreifen“ an der Seite haben, und
Straßenschilder sind gern in japanischen Schriftzeichen gehalten.
Wir hatten uns vorgenommen,
ein bisschen Japanisch sprechen
zu lernen, aber Schriftzeichen zu
lesen, erfordert ein jahrelanges
Studium. Also keine Schriftzeichen
lernen und mal sehen, wie es sich
als Analphabet lebt. Bei der Mikrowelle wurde einfach so lange gedrückt, bis was passierte. Und dann
sonntagmorgens, als meine Frau
wieder mal so tun wollte, als wären
wir in Hamburg oder Sydney:
„Lass mal Pfannkuchen mit
Schokostreuseln machen.“ Fritz:
„Ich mag die nicht, die sehen so
komisch aus.“ Ich: „Gib her“ – und
kippe die auf mein Müsli. Nur um
herauszufinden, dass es sich nicht
um Schokostreusel, sondern um
Instant-Fischsuppe handelt.
Während in Hamburg ein Jahr
rasend schnell vorbeiflog, bleibt
hier die Zeit stehen, weil alles neu
ist, nichts automatisch geht. Man
lernt sich selber besser kennen,
als man vielleicht möchte, und man
ist immer hin und her gerissen:
mehr Neues zu suchen oder zurück nach Hause zu kommen, wo
alles so einfach, so vertraut ist.
ILLUSTRATION: JÖRG BLOCK
Wie schalten Sie am liebsten ab?
Meinen kreativen und erfüllten Tag beende ich mit einem
ruhigen Abend. Der Duft meiner Diptyque-Duftkerzen
hilft mir schnell dabei, in eine erholsame Stimmung
zu kommen. Ich kann mich bei der Komposition aus
verschiedenen Amberdüften, Vanille und Roibusch perfekt
entspannen. Da die Kerzen in einer Sonderkollektion
hergestellt wurden, sind sie leider nur limitiert erhältlich.
D
Duftkerze „Diptyque“,
gesehen bei Harald Lubner,
Große Bleichen 23,
um 50 Euro.
FOTOS: PR
Als „Hair and Make-up“-Artist und Fotograf brauchen Sie
einen scharfen Blick: Wie wichtig ist das Brillengestell?
Ganz wichtig. Die handgefertigten Brillen von Mykita
z.B. haben meinen Signature-Style erfolgreich mitgeprägt.
Ich trage sie seit vielen Jahren beruflich wie privat sehr
gern. Meine absolutes Lieblingsmodell ist „Herbie“.
Tokio
tet – außer einem vorwurfsvoll schweigenden Sashimi-Rohling in Zierfischform. Die bleiben, bis der Chef gegangen ist, weil sie nicht unhöflich sein
wollen. Der deutsche Botschafter sagte
dazu: „Man ist hier im Büro, weil alle da
sind, aber nicht, weil so viel zu tun ist.“
Zen-Übungen statt Aktenstudium, und
der Beste macht das Licht aus. Der einzige Nachteil bei derart viel Harmonie:
Für den Japaner ist der Urlaubsschein
kein Heilsbringer, sondern so etwas
wie ein unsittlicher Antrag. Von seinen
33 Urlaubstagen nimmt er durchschnittlich acht. Womit sich die Idee
mit dem Umzug schon wieder erledigt.
Dann doch lieber hier bleiben, pünktlich bis zum Feierabend weiterärgern
und durchhalten, bis wieder Urlaub ist.
In meinem Fall genau: jetzt.
MADE IN HAMBURG
Kolumne
» An dieser Stelle schreiben
im wöchentlichen Wechsel die
Abendblatt-Redakteure Maike
Schiller und Joachim Mischke.
Mit der „City-Tasche“,
im Stil der Kurierfahrer
mit dem Gurt quer
über die Brust getragen,
wird jetzt auch der
eigene Haushalt mobil.
Praktisch für alle, die
sich dauernd verfahren:
Dank der Tasche ist
der S-Bahn-Plan nun
immer dabei.
Nylontasche,
ca. 28 x 24 x 6
cm, bei Karstadt
und den Thalia
Buchhandlungen,
27,95 Euro.
21.–27. JUNI
MITTWOCH
DONNERSTAG
AUSSTELLUNG: Eine archäologische Sensation wird bei „Ein
Himmel auf Erden – Das Geheimnis
der Himmelsscheibe von Nebra“
im Archäologischen Museum in
Harburg gezeigt. Bis 10.11.
KUNST: Bei „Der andere Blick“
führt heute Prof. Dres. h. c. Manfred
Lahnstein, Bundesminister a. D.,
durch „Rubens, van Dyck, Jordaens.
Barock aus Antwerpen“. Bucerius
Kunst Forum, 19 Uhr.
COMEDY: Die Supernase Mike
Krüger präsentiert in der Show
„So lacht der Norden“ allerhand
Skurriles und Komisches. Theater
Kehrwieder, 20 Uhr.
PARTY: Beim Karaoke-Fest
„Master of Disaster“ gibt es reichlich Gelegenheit zur Blamage.
Grüner Jäger, 23 Uhr, Eintritt frei.
FREITAG
PADDELN: Spannende Rennen
laufen bei der Drachenbootregatta
„2. Hamburger Taiwan Cup“ auf der
Dove-Elbe. Allermöhe, bis 27.6.,
www.hamburger-taiwan-cup.de
EVENT: 60 000 chromblitzende
Bikes werden zu den „Hamburg
Harley Days“ auf dem Großmarkt
anrollen. Um 20 Uhr stehen „The
Bosshoss“ auf der Bühne, die Parade findet am 27.6. ab 13 Uhr statt.
SONNABEND
SONNTAG
FESTIVAL: Das „Jazz Open
Hamburg 2010“ bietet BigbandSound mit Waldhörnern bis BalkanJazz. Picknick-Korb einpacken! Bis
27.6., Musikmuschel in Planten un
Blomen, ab 15 Uhr, Eintritt frei.
LAUFEN: Mit Samba-Trommeln
startet der 16. Hella Halbmarathon
auf der Reeperbahn, Ziel ist an
der Rothenbaumchaussee. Start:
10 Uhr, die Skater gehen bereits
30 Minuten früher auf die Strecke.
TRÖDELN: Beim Kulturflohmarkt
gibt’s garantiert „keine Socken und
Sonderposten“, so die Veranstalter.
Museum der Arbeit, 9 – 17 Uhr.
KONZERT: Charlotte Gainsbourg
präsentiert ihr neues Album „IRM“,
das in enger Zusammenarbeit mit
Pop-Künstler Beck entstanden ist.
Schauspielhaus, 20 Uhr.