Praktikerseminar Miet- und WEG-Recht
Transcription
Praktikerseminar Miet- und WEG-Recht
__________________________________________________________ Forschungsstelle für Immobilienrecht der Universität Bielefeld Anwaltverein Bielefeld e.V. __________________________________________________________ Praktikerseminar Miet- und WEG-Recht 16. September 2011, 13.00 Uhr - 18.30 Uhr, Universität Bielefeld, Universitätsstr. 25, 33615 Bielefeld, Hörsaal H8 Die Forschungsstelle für Immobilienrecht lädt Sie in Kooperation mit der ARGE Mietund Wohnungseigentumsrecht im Anwaltverein Bielefeld e.V. herzlich zu einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung ein. Prof. Dr. Markus Artz und Prof. Dr. Florian Jacoby referieren zu folgenden Themen: I. Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung (Verwertungskündigung, Zahlungsverzugskündigung, Begründungspflicht bei der Eigenbedarfskündigung, Eigenbedarfskündigung von GbR und KG, Kündigungssausschluss) II. Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 („Soll“ oder „Ist“-Abrechnung, Verhältnis Wirtschaftsplan und Abrechnung, Verrechnung von [Teil]-Zahlungen, Vermögensstatus, Anfechtungsrisiken) III. Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 (Betriebskostenabrechnung, Schönheitsreparaturen, Mietminderung, Mieterhöhung, Modernisierungsankündigung) IV. Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 (Modernisierung, eigenmächtige Auftragsvergabe durch den Verwalter, Kostenverteilung) V. Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand (Energetische Modernisierung, Minderungsausschluss, Ansprüchen) Durchsetzung von _________________________________________________________________________________ Teilnehmer des Praktiker-Seminars Miet- und WEG-Recht am 16. September 2011 (Stand: 12.9.2011) Baltes, Dr. Joachim Rechtsanwalt Bielefeld Behrend, Udo ARCO-Immobilien, Witten Burg, Claudia Rechtsanwältin Rechtsanwälte Wolff und Graeser, Bielefeld Buschman, Andreas Rechtsanwalt Rechtsanwälte von Hollen und Buschman, Bielefeld Florax, Björn-Christoph Rechtsanwalt Rechtsanwälte Wissmann+Partner, Gütersloh Freundlich, Dr. Peter Rechtsanwalt Rechtsanwälte Dr. Freundlich & Partner, Paderborn Giesel-Upmeyer, Erika Rechtsberaterin Verband Haus&Grund Ostwestfalen-Lippe e.V., Bielefeld Hagemann, Philipp Rechtsanwalt Kanzlei Schunck, Philipps, Krämer, Schönlau, Münster Heitmeyer, Dr. Jan Rechtsanwalt Rechtsanwälte Dr. Rehse und Partner, Coesfeld Jersch, Dr. Ralf Rechtsanwalt Rechtsanwälte Dr. Seydel, Dr. Bodenstaff, Dr. Cominicus, Hamm Joepen, Gabriela Rechtsanwältin Sozietät Joepen & Köneke, Paderborn Jung, Petra Rechtsanwältin Bielefeld - II - Kasburg, Ullrich Rechtsanwalt Rechtsanwaltskanzlei Kasburg & Klein, Lemgo Klein, Karsten Rechtsanwalt Rechtsanwaltskanzlei Kasburg & Klein, Lemgo Krause, Arnim Rechtsanwalt Kloth Neuhaus, Dortmund Küster, Phillipp Rechtsanwalt Rechtsanwälte und Notare Dr. Stracke, Bubenzer & Kollegen, Bielefeld Laatsch, Thomas Rechtsanwalt Anwaltssozietät Dr. Rock und Kollegen, Iserlohn Milleschewski, Marvin und Begleitung (Frau Rohr) Rechtsanwalt Bielefeld Nalop, Raoul Rechtsanwalt Bünde Obst, Tobias Rechtsanwalt Dr. Klimeck & Obst, Dortmund Rabe, Ralf-Bernd Rechtsanwalt Rechtsanwälte Rabe + Drewell, Bielefeld Rensinghoff, Heike Rechtsanwältin Oelde Risse, Stefanie Rechtsanwältin Kanzlei Dr. Stiff und Partner, Münster Röhr, Christoph Rechtsanwalt Kanzlei Linkenbach – Röhr – Ermel, Bielefeld Rudolph, Mathias Rechtsanwalt Rechtsanwälte Sandmann und Kollegen, Rheine - III - Schöttler, Andrea Rechtsanwältin Bielefeld Schuler, Nils-Jasper Rechtsanwalt Kanzlei Schuler, Hannover Schuler, Rautter Rechtsanwalt Kanzlei Schuler, Hannover Steenkolk, Andreas Rechtsanwalt Rechtsanwälte Dr. Freundlich & Partner, Paderborn Steinsiek, Erwin Rechtsanwalt Kanzlei Dr. Maug & Mücke, Bielefeld Stuckenberg, Ulf Rechtsanwalt Rechtsanwälte Klein Greve Dietrich, Bielefeld Upmeyer, Jürgen Geschäftsführer Verband Haus&Grund Ostwestfalen-Lippe e.V., Bielefeld von Hollen, Kai-Uwe Rechtsanwalt Rechtsanwälte von Hollen und Buschmann, Bielefeld Wehmeier, Hans Haus & Grund, Bad Salzuflen Wittenborn, Jan Rechtsanwalt Kanzlei Diekmeyer Wagenknecht Nordmeyer, Bielefeld Wloch, Marc Rechtsanwalt Rechtsanwälte Dr. Haack, Michel, Wloch, Osnabrück - IV - I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung Forschungsstelle für Immobilienrecht Praktikerseminar Miet- und WEG-Recht Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung Prof. Dr. Markus Artz Bielefeld, 16. September 2011 Überblick • Fälligkeit der Miete und Zahlungsverzugskündigung • Formularmäßiger Kündigungsausschluss – Berechnungsmethode • Eigenbedarfskündigung • Anwaltskosten bei unbegründeter Eigenbedarfskündigung • Voraussetzungen der Verwertungskündigung Folie 2 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 -1- I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung Fälligkeit der Miete • Geldschuld als qualifizierte Schick- oder Bringschuld? • Hat der Mieter Sorge dafür zu tragen, dass die Zahlung rechtzeitig auf dem Vermieterkonto eingeht oder genügt er seiner Pflicht zur pünktlichen Zahlung, wenn er rechtzeitig die Zahlung anweist? Folie 3 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 Fälligkeit der Miete Einschlägige Vorschriften § 556b BGB Fälligkeit der Miete, Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrecht (1) Die Miete ist zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten, nach denen sie bemessen ist. Folie 4 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 -2- I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung Fälligkeit der Miete § 269 Leistungsort (1) Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte. (2) Ist die Verbindlichkeit im Gewerbebetrieb des Schuldners entstanden, so tritt, wenn der Schuldner seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort hatte, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes. (3) Aus dem Umstand allein, dass der Schuldner die Kosten der Versendung übernommen hat, ist nicht zu entnehmen, dass der Ort, nach welchem die Versendung zu erfolgen hat, der Leistungsort sein soll. Folie 5 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 Fälligkeit der Miete § 270 Zahlungsort (1) Geld hat der Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und seine Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermitteln. (2) Ist die Forderung im Gewerbebetrieb des Gläubigers entstanden, so tritt, wenn der Gläubiger seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort hat, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes. (3) Erhöhen sich infolge einer nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eintretenden Änderung des Wohnsitzes oder der gewerblichen Niederlassung des Gläubigers die Kosten oder die Gefahr der Übermittelung, so hat der Gläubiger im ersteren Falle die Mehrkosten, im letzteren Falle die Gefahr zu tragen. (4) Die Vorschriften über den Leistungsort bleiben unberührt. Folie 6 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 -3- I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung Fälligkeit der Miete RICHTLINIE 2000/35/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr Artikel 3 Zinsen bei Zahlungsverzug (1) Die Mitgliedstaaten stellen folgendes sicher: c) Der Gläubiger ist berechtigt, bei Zahlungsverzug Zinsen insoweit geltend zu machen, als er ii) den fälligen Betrag nicht rechtzeitig erhalten hat, es sei denn, dass der Schuldner für die Verzögerung nicht verantwortlich ist. Folie 7 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 EuGH, Urteil vom 3. 4. 2008 - C-306/06 (01051 Telecom GmbH/Deutsche Telekom AG) • Art. 3 Abs. 1 lit. c Ziff. ii der Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. 6. 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ist dahin auszulegen, dass bei einer Zahlung durch Banküberweisung der geschuldete Betrag dem Konto des Gläubigers rechtzeitig gutgeschrieben sein muss, wenn das Entstehen von Verzugszinsen vermieden oder beendet werden soll. Folie 8 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 -4- I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung Fälligkeit der Miete Aktueller Meinungsstreit über die Folgen des EuGH-Urteils für den Geschäftsverkehr mit Verbrauchern • Überwiegend wird angenommen, dass §§ 269, 270 BGB umfänglich richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden müssen, dass Zahlung rechtzeitig beim Gläubiger eingegangen sein muss (keine „gespaltene Auslegung“). - Unmittelbare Auswirkung auf § 556 b Abs. 1 BGB • Teilweise wird für die Beschränkung der Auswirkung auf den persönlichen Anwendungsbereich der Zahlungsverzugsrichtlinie plädiert („Geschäftsverkehr“). - Insofern keine Folgen für das Wohnraummietrecht, da Mieter privat handelt. Folie 9 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 13.7.2010 - VIII ZR 129/09 Einschlägige aktuelle Entscheidung des BGH • Bei der Berechnung der Zahlungsfrist von drei Werktagen, die ein vorleistungspflichtiger Mieter nach § 556b Abs. 1 BGB oder entsprechenden Vertragsklauseln einzuhalten hat, ist der Sonnabend nicht als Werktag mitzuzählen (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 27. April 2005 - VIII ZR 206/04, NJW 2005, 2154). Folie 10 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 -5- I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung Fälligkeit der Miete • Frage der Auswirkung des EuGH-Urteils auf § 556 b Abs. 1 BGB wird bewusst offen gelassen. • Im konkreten Fall lag eine entsprechende Vereinbarung über die Zahlungsverpflichtung des Mieters vor. • Der Samstag wird bei der Berechnung des Fälligkeitszeitpunkts nicht mitgezählt, da der Sonnabend kein Bankgeschäftstag ist. • Andere Beurteilung ist etwa beim Zugang der Kündigung angezeigt, weil Post an Samstagen zugestellt wird. • Im Ergebnis ist der Samstag in § 556 b Abs. 1 BGB (Zahlung) kein Werktag, in § 573 c Abs. 1 BGB (Kündigung) dagegen wohl. Folie 11 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 Zahlungsverzugskündigung Ordentliche Kündigung wegen unpünktlicher Zahlung • Nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum nur dann ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. • Ein solches Interesse liegt nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB insbesondere dann vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. • Eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung in diesem Sinne kann unter anderem dann gegeben sein, wenn der Mieter die Miete oder den Betriebskostenvorschuss fortdauernd unpünktlich oder unvollständig zahlt. Folie 12 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 -6- I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung BGH v. 1.6.2011 – VIII ZR 91/10 Fristlose Kündigung wegen fortdauernder unpünktlicher Mietzahlungen • Gemäß § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Folie 13 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 1.6.2011 – VIII ZR 91/10 • • • Dabei setzt die Kündigung wegen einer Pflichtverletzung aus dem Mietvertrag gemäß § 543 Abs. 3 BGB eine erfolglose Abmahnung voraus. Eine solche Abmahnung hat der Vermieter hier im Oktober 2008 sowie - unter ausdrücklicher Androhung der fristlosen Kündigung - erneut mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 ausgesprochen. Auch nach den Abmahnungen haben die Mieter die Miete in den Monaten November und Dezember 2008 sowie im Januar 2009 wiederum mit erheblicher Verspätung gezahlt, nämlich erst zur Monatsmitte. Im Übrigen wären in den zunächst erfolgten Kündigungen vom 19. Januar, 19. Februar und 8. April 2009, selbst wenn diese das Mietverhältnis noch nicht beendet hätten, jeweils weitere Abmahnungen zu sehen, die die Mieter gleichwohl nicht zur Änderung der unpünktlichen Zahlungsweise veranlasst haben. Eine derart schleppende und ungeachtet einer oder - wie hier - sogar mehrerer Abmahnungen fortgesetzte Zahlungsweise stellt eine gravierende Pflichtverletzung dar, die die weitere Fortsetzung des Mietvertrages für den Vermieter regelmäßig unzumutbar macht. Folie 14 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 -7- I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung BGH v. 1.6.2011 – VIII ZR 91/10 • Die fortdauernde unpünktliche Mietzahlung der Mieter ist hier nicht deshalb als nur unerhebliche Pflichtverletzung zu werten, weil die Mieter sich in einem - wenn auch vermeidbarem - Rechtsirrtum über die Fälligkeit der Miete befunden hätten. • Dass den Mietern "nur" Fahrlässigkeit zur Last fällt, lässt ihre Pflichtverletzung jedoch nicht in einem wesentlich milderen Licht erscheinen. Für die Beeinträchtigung der Interessen des Vermieters ist es ohnehin ohne Bedeutung, ob die verspätete Zahlung auf einem verschuldeten Rechtsirrtum oder auf einer sonstigen Nachlässigkeit des Mieters beruht. Folie 15 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 Kündigungsausschluss • Nach der (kritikwürdigen) nunmehr ständigen Rechtsprechung des BGH orientiert sich die Zulässigkeit eines formularmäßigen Kündigungsausschlusses an § 557a Abs. 3 BGB. • Hieraus ergibt sich eine vierjährige Höchstfrist. • Klärungsbedürftig war die Berechnungsmethode dieser Frist. Folie 16 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 -8- I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung Vertragklausel • "1. Der Mietvertrag läuft auf unbestimmte Zeit und beginnt am 1. Juli 2005. • 2. Die Parteien verzichten in Übereinstimmung mit BGH-Urteil AZ. VIII ZR 27/04 wechselseitig auf die Dauer von 4 (vier) Jahren ab Vertragsbeginn auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung dieses Mietvertrages. Eine Kündigung ist erstmals nach Ablauf dieses Zeitraums mit der gesetzlichen Frist zulässig. • 3. Sollte sich für den Mieter die Notwendigkeit ergeben, vor Ablauf der vier Jahre gemäß Ziffer 2. auszuziehen, ist er berechtigt gemäß Individualvereinbarung, welche dem vorliegenden Vertrag ergänzend beigefügt ist, einen zumutbaren Nachmieter zu stellen." Folie 17 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 8.12.2010 – VIII ZR 86/10 • Ein formularmäßiger Kündigungsausschluss ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam, wenn er einen Zeitraum von vier Jahren gerechnet vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter den Vertrag erstmals beenden kann - überschreitet. Folie 18 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 -9- I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung Eigenbedarfskündigung • Formelle Anforderungen an die Eigenbedarfskündigung • Der Mieterin einer Einzimmerwohnung wird mit Schreiben vom 29. April 2008 mit der Begründung zum 31. Januar 2009 gekündigt, dass die Wohnung für die Tochter benötigt werde, die seit Ende Februar 2008 ein Studienjahr in Neuseeland absolviere und danach ihr Studium in München fortsetzen und einen eigenen Hausstand begründen wolle; in das ehemalige Kinderzimmer der elterlichen Wohnung könne sie nicht mehr zurück, weil es inzwischen von ihrer Schwester genutzt werde. Folie 19 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 6.7.2011 - VIII ZR 317/10 • Der Zweck des Begründungserfordernisses in § 573 Abs. 3 BGB besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen. • Diesem Zweck wird im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann. Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist daher grundsätzlich die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend. Folie 20 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 - 10 - I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung BGH v. 6.7.2011 - VIII ZR 317/10 • Das Kündigungsschreiben wird diesen Anforderungen gerecht. • Denn darin ist ausgeführt, dass die zum damaligen Zeitpunkt im Ausland studierende Tochter Anfang des Jahres 2009 zur Fortsetzung ihres Studiums nach München zurückkehren und in einem eigenen Hausstand leben wolle. Damit ist das berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses über die Einzimmerwohnung ausreichend dargelegt. • Angaben zu der früheren Wohnsituation der Tochter bedurfte es nicht. Ihr Interesse an der Wohnung ergibt sich daraus, dass sie von einem längeren Auslandsaufenthalt nach München zurückkehrt und deshalb nunmehr eine Wohnung in München benötigt. Die Wohnsituation der Tochter vor dem Auslandsaufenthalt ist für diesen nachvollziehbar dargelegten Erlangungswunsch offensichtlich ohne Bedeutung. Folie 21 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 Anwaltskosten bei unbegründeter Kündigung Typischer Fall: • Die Mieter hatten von den Vermietern mit Vertrag vom 9. Juni 2005 eine Wohnung gemietet. Mit Schreiben vom 25. November 2008 kündigten die Vermieter das Mietverhältnis ohne nähere Begründung unter Bezugnahme auf § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Der von den Mietern daraufhin eingeschaltete Rechtsanwalt wies die Kündigung zurück, weil keine Gründe vorlägen, die eine Kündigung rechtfertigten, und stellte den Mietern hierfür Gebühren in Höhe von 667,35 € in Rechnung. Die Vermieter kündigten erneut unter näherer Darlegung des geltend gemachten Eigenbedarfs und nahmen die Mieter aus der späteren Kündigung in einem anderen Verfahren mit Erfolg auf Räumung in Anspruch. • Die Mieter verlangen nun Ersatz der im Zusammenhang mit der ersten Kündigung entstandenen Rechtsberatungskosten. Folie 22 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 - 11 - I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung BGH v. 15.12.2010 - VIII ZR 9/10 • Den Mietern steht wegen des Versäumnisses der Vermieter, die Gründe für ein berechtigtes Interesse an der Kündigung des Mietverhältnisses in der Kündigung vom 24. November 2008 näher anzugeben, kein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. • Es gibt keine vertragliche Nebenpflicht des Vermieters, eine aus formellen Gründen unwirksame Kündigung zu unterlassen. Folie 23 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 15.12.2010 - VIII ZR 9/10 • • • Der Zweck der Begründungspflicht besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt über seine Position Klarheit zu verschaffen und ihn in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen. Nach der gesetzlichen Regelung ist die Begründung der ordentlichen Kündigung des Vermieters von Wohnraum Wirksamkeitsvoraussetzung, eine Kündigung ohne Angabe konkreter Gründe mithin von vornherein unwirksam. Dem Interesse des Mieters, die Kündigungsgründe frühzeitig zu erfahren und die Wahrnehmung seiner Rechte darauf einzustellen, wird somit bereits durch die Rechtsfolge der Unwirksamkeit einer nicht mit Gründen versehenen Kündigung umfassend Rechnung getragen. Welche nicht oder nicht ausreichend dargelegten Gründe den Vermieter zu der ausgesprochenen Kündigung veranlasst haben, ist für den Mieter angesichts der sich schon aus dem Begründungsmangel ergebenden Unwirksamkeit der Kündigung nicht mehr von Bedeutung. Folie 24 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 - 12 - I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung BGH v. 15.12.2010 - VIII ZR 9/10 Die ordnungsgemäße Begründung der Kündigung liegt mithin in erster Linie im eigenen Interesse des Vermieters, weil das Mietverhältnis anderenfalls auch bei Vorliegen eines materiellen Kündigungsgrundes nicht beendet wird. Die Angabe des Kündigungsgrundes ist deshalb keine Nebenpflicht des Vermieters, auf deren Erfüllung der Mieter einen Anspruch hat, sondern eine Obliegenheit, die der Vermieter im eigenen Interesse zur Vermeidung von Rechtsnachteilen zu beachten hat. Die rechtliche Beurteilung, ob eine vom Vermieter ausgesprochene Kündigung dem gesetzlichen Begründungserfordernis genügt, ist dem eigenen Risikobereich des Mieters zuzuordnen; Anwaltskosten, die ihm insoweit - außerhalb eines gerichtlichen Prozesses - durch die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Wahrnehmung seiner Interessen entstehen, sind deshalb grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Folie 25 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 15.12.2010 - VIII ZR 9/10 Die Angabe der Gründe für die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses ist eine bloße Obliegenheit des Vermieters, aus deren Verletzung der Mieter keine Schadensersatzansprüche (hier: Kosten eines außergerichtlich eingeschalteten Anwalts) herleiten kann. Folie 26 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 - 13 - I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung BGH v. 15.12.2010 - VIII ZR 210/10 • Eine Personenhandelsgesellschaft kann ein Wohnraummietverhältnis nicht wegen Eigenbedarfs ihrer Gesellschafter kündigen. • Abgrenzung zur GbR als Vermieter, Urteile vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, NJW 2007, 2845 Rn. 12, 15 ff.; vom 16. Juli 2009 - VIII ZR 231/08, NJW 2009, 2738 Rn. 13 f. Folie 27 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 Verwertungskündigung • Konkretisierung der Voraussetzungen einer sog. Verwertungskündigung nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 28.1.2009 – VIII ZR 8/08 „Heidelberger Philosophenweg“. Folie 28 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 - 14 - I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung BGH v. 28.1.2009 – VIII ZR 8/08 a) b) c) Eine wirtschaftliche Verwertung ist angemessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB, wenn sie von vernünftigen, nachvollziehbaren Erwägungen getragen wird. Die Beurteilung der Frage, ob dem Eigentümer durch den Fortbestand eines Mietvertrages erhebliche Nachteile entstehen und er deshalb zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt ist, ist vor dem Hintergrund der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) und damit des grundsätzlichen Bestandsinteresses des Mieters, in der bisherigen Wohnung als seinem Lebensmittelpunkt zu verbleiben, vorzunehmen. Die hierzu erforderliche Abwägung entzieht sich einer generalisierenden Betrachtung; sie lässt sich nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und der konkreten Situation des Vermieters treffen. Ist wegen des Alters und schlechten baulichen Zustands eines Gebäudes gemessen an üblichen Wohnverhältnissen eine "Vollsanierung" oder ein Abriss mit anschließender Errichtung eines Neubaus geboten, kann ein erheblicher Nachteil des Vermieters im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB darin liegen, dass er anderenfalls auf notdürftige Maßnahmen ("Minimalsanierung") verwiesen ist, die weder zu einer nachhaltigen Verbesserung noch zur Verlängerung einer verhältnismäßig geringen Restlebensdauer des Gebäudes (hier 15 bis 20 Jahre) führen. Folie 29 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 9.2.2011 – VIII ZR 155/10 a) Eine vom Vermieter wegen eines geplanten Abrisses und Neubaus ausgesprochene Kündigung genügt dem Begründungserfordernis des § 573 Abs. 3 BGB, wenn dem Mieter mitgeteilt wird, aus welchen Gründen der Vermieter die vorhandene Bausubstanz nicht für erhaltenswert hält und welche baulichen Maßnahmen er stattdessen plant. b) Zu den Voraussetzungen einer Verwertungskündigung (hier: Abriss eines Gebäudes mit geringem, angemessenen Wohnbedürfnissen nicht mehr entsprechendem Wohnwert zwecks Errichtung von Neubaumietwohnungen). Folie 30 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 - 15 - I. Artz: Aktuelle Entwicklungen zur Kündigung BGH v. 8.6.2011 – VIII ZR 226/09 Zu den Voraussetzungen einer Verwertungskündigung zum Zweck der Veräußerung einer im vermieteten Zustand unrentablen und nicht oder nur unter erheblichem Preisabschlag verkäuflichen Immobilie. Folie 31 Praktikerseminar: Kündigung Bielefeld, 16. September 2011 - 16 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Forschungsstelle für Immobilienrecht Praktikerseminar Miet- und WEG-Recht Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um das BGH-Urt. v. 4.12.2009 Prof. Dr. Florian Jacoby Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 4.12.2009 - V ZR 44/09 Tatsächliche und geschuldete Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Instandhaltungsrücklage sind in der Jahresgesamt- und -einzelabrechnung weder als Ausgabe noch als sonstige Kosten zu buchen. In der Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage, die in die Abrechnung aufzunehmen ist, sind die tatsächlichen Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Rücklage als Einnahmen darzustellen und zusätzlich auch die geschuldeten Zahlungen anzugeben. Folie 2 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 17 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Beispiel: Kein Vertrauensschutz • Eine vor Dezember 2009 erstellte Jahresabrechnung genügt nicht den vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 4.12.2009 – V ZR 44/09 – gestellten Anforderungen: Im Abschnitt „Ausgaben“ sind Zuführungen zu den Rücklagen dargestellt. • Der Verwalter verweist darauf, dass er die Änderung nicht habe kommen sehen. • Außerdem liege die falsche Darstellung an seiner Abrechnungs-Software. Folie 3 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 1.4.2011 - V ZR 162/10 Rn. 17 • Vor allem aber liegt es auf der Hand, dass es aus der Sicht eines verständigen - durchschnittlichen - Wohnungseigentümers jedenfalls grob irreführend ist, wenn Zahlungen auf Rücklagen als Ausgaben dargestellt werden. • Vor diesem Hintergrund hat der Senat auch in der genannten Entscheidung keine Vertrauensschutzgesichtspunkte für durchgreifend erachtet. • Dass die unzutreffende Darstellung vorliegend auf den Einsatz von Software zurückzuführen ist, die den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Abrechnung nicht genügt, rechtfertigt keine abweichende rechtliche Beurteilung. Es ist Sache des Verwalters, der Wohnungseigentümerversammlung eine zutreffende Abrechnung vorzulegen. Unrichtige EDV-Ausdrucke sind von ihm zu korrigieren. Folie 4 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 18 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Bestandteile VNWI-Musterabrechnung 1. Anschreiben 2. Gesamtdarstellung der Einnahmen und Ausgaben 3. Einzelabrechnung 4. Übersicht über alle Abrechnungsergebnisse 5. Entwicklung der Instandhaltungsrückstellung und Vermögensstatus ZMR-Sonderheft 2011 www.vnwi.de DWE 4/2010 www.hausundgrund.de Folie 5 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 Teil 1: In welchem Verhältnis stehen Gesamt- und Einzelabrechnung zueinander? Folie 6 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 19 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Systematik des § 28 WEG (1) Wirtschaftsplan 1. Einnahmen und Ausgaben 2. Anteilmäßige Lasten- und Kostentragung 3. Instandhaltungsrückstellung (2) (...) (3) Jahresabrechnung [Gesamt- und Einzelabrechnung] (4) Rechnungslegung (5) Beschlusskompetenz Folie 7 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 Systematik des § 28 WEG (1) Wirtschaftsplan 1. Einnahmen und Ausgaben 2. Anteilmäßige Lasten- und Kostentragung 3. Instandhaltungsrückstellung (2) (...) (3) Jahresabrechnung [Gesamt- und Einzelabrechnung] (4) Rechnungslegung (5) Beschlusskompetenz Folie 8 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 20 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Gesamt- und Einzelabrechnung • Unterscheide zwei Zwecke - Gesamtabrechnung zwecks Rechnungslegung: Einnahmen und Ausgaben (qualifizierte Kontendarstellung) - Einzelabrechnung zwecks Kostenverteilung: Nutzungen und Kosten (Verteilungsrechnung) • Folgerung: Positionen der Einnahmen- und Ausgabenrechnung lassen sich unterteilen in - verteilungsrelevant und - nicht verteilungsrelevant Folie 9 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 Nicht verteilungsrelevante Positionen • Einnahmen - Nachzahlungen auf Jahresabrechnung - Hausgeld (Zahlungen auf den Wirtschaftsplan) - Zur Auffüllung der Instandhaltungsrücklage gewidmete Zinsen oder sonstige Einnahmen • Ausgaben - Erstattung von Gutschrift aus Jahresabrechnung - Bezahlung von Öl - Über-/Unterzahlung an Wärmelieferanten - Aus der Instandhaltungsrücklage bestrittene Ausgaben Folie 10 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 21 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Auszug aus Gesamtabrechnung Folie 11 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 These 1 Es sind die unterschiedlichen Zwecke von Gesamtabrechnung einerseits sowie Einzelabrechnung andererseits zu unterscheiden und nur die verteilungsrelevanten Beträge in die Einzelabrechnung zu übernehmen. Folie 12 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 22 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Teil 2: In welchem Verhältnis stehen die Beitragsforderungen aus Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung zueinander? Folie 13 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 Kernthesen • Abrechnung ersetzt den Wirtschaftsplan nicht. • Forderungen bestehen aus Wirtschaftplan grds. fort. • Abrechnung ergänzt/korrigiert aber im Umfange der Abrechnungsspitze: - Negative Abrechnungsspitze: Weiterer Anspruch der Gemeinschaft gegen Eigentümer - Positive Abrechnungsspitze: Gegenanspruch des Eigentümers gegen Gemeinschaft Folie 14 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 23 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Ein Beispiel • Einzelwirtschaftsplan sieht Gesamtzahlungspflicht von 3.012 (12 x 251) EUR vor. Davon entfallen - 600 (12 x 50) EUR auf die Instandhaltungsrücklage - 2.412 (12 x 201) EUR auf die Bewirtschaftungskosten • Eigentümer zahlt auf eine Rate nur 139 EUR, offen bleiben 112 (251 - 139) EUR • Tatsächliche Bewirtschaftungskosten überschreiten den Ansatz um 329 (2.741 – 2.412) EUR Folie 15 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 Beispiel: „offene Forderungen“ • Der Eigentümer schuldet aus dem Wirtschaftsplan noch 112 EUR. • In der Abrechnung sind ihm als Abrechnungsspitze weitere 329 EUR aufzuerlegen. Folie 16 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 24 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Ständige BGH-Rechtsprechung • BGH v. 4.12.2009 - V ZR 44/09, Tz. 13: Der Beschluss über die Jahresabrechnung begründet Verpflichtungen der Wohnungseigentümer gegenüber der Gemeinschaft, Nachzahlungen zu leisten, soweit die anteilig auf die einzelnen Wohnungseigentümer umgelegten tatsächlich entstandenen Lasten und Kosten hinter den mit dem Wirtschaftsplan beschlossenen (Soll-)Vorschüssen zurückbleiben. [sog. Abrechnungsspitze] • BGHZ 131, 228 = NJW 1996, 725 (Erwerb) • BGH NJW 1994, 1866 (Insolvenz) • BGH v. 21.7.2011 - IX ZR 120/10 (Insolvenz) Folie 17 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 Zeitabschnitte 31.12. 01.01. Beschluss Wirtschaftsplan WP-Forderung entsteht Abzurechnendes Jahr • • • • • Fälligkeit der WP-Forderung Verjährungsbeginn! Zahlungen? Klageerhebung? Titulierung? jeweils gegen derzeitigen Eigentümer Beschluss Abrechnung WP-Forderung bleibt unberührt, Anspruch aus Abrechnungsspitze tritt hinzu. Folie 18 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 25 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Wissenserklärung Abrechnungssaldo Abrechnungssaldo - darf (nicht erfüllte) WP-Forderung nicht ersetzen (sog. Novation), da sonst Rechtshängigkeit, Titulierung oder Sicherheiten wegen WP-Forderung verloren wären. - darf gegen Alteigentümer gerichtete (nicht erfüllte) Altforderung nicht gegen Rechtsnachfolger (Erwerber, Zwangs- und Insolvenzverwalter) erneut festsetzen. - kann nur Zahlungen aus vergangenem Jahr berücksichtigen, ist mithin nicht aktuell. - wirkt nur informativ, schon weil kein besonderes Klärungsbedürfnis ersichtlich. Folie 19 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 Beispiel: fehlerhafte Hausgeldbuchung • Fall: Gezahlte Hausgelder werden fehlerhaft in der Abrechnung nicht berücksichtigt. • Problem: Abrechnungssaldo ist fehlerhaft. Kann Eigentümer sich auch nach Bestandkraft der Abrechnung noch auf Erfüllungswirkung seiner Zahlungen berufen? • Lösung: Ja, Abrechnungssumme und Abrechungsspitze sind vom Fehler unberührt zutreffend festgestellt worden, nur insoweit Bestandskraft. Folie 20 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 26 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Beispiel: nichtiger Wirtschaftsplan • Fall: Abrechnung beruht auf einem Wirtschaftsplan, der sich nachträglich als nichtig erweist. • Problem: Abrechnungsspitze ist fehlerhaft ermittelt, da falsche WP-Werte zugrunde gelegt. Denn tatsächlich ist Abrechnungsspitze = Abrechnungssumme. Können Eigentümer insoweit in Anspruch genommen werden? • Lösung: Nicht aus der fehlerhaften Abrechnung, Fehler muss durch Zweitbeschluss über Abrechnung korrigiert werden. Folie 21 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 Alles im Überblick Folie 22 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 27 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 LG Nürnberg-Fürth v. 30.11.2009 Beschließen Wohnungseigentümer in einer Jahresabrechnung zugleich auch über Altforderungen, die bereits in früheren Jahresabrechnungen beschlossen wurden, so ist der Beschluss insoweit mangels Beschlusskompetenz nichtig. Folie 23 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 These 2 In den Einzelabrechnungen ist die Abrechnungsspitze auszuweisen! Folie 24 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 28 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Teil 3: Zweckbindung der Rücklage – was ist von den Eigentümern zu beschließen? Folie 25 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 Rücklagenbildung durch Zweckbindung • Prägendes Merkmal: Zweckbindung - Guthaben der (rechtsfähigen) Eigentümergemeinschaft - das von den Eigentümern zur Bestreitung von Instandhaltungsmaßnahmen angesammelt wird • Rücklage entsteht - nicht durch Umbuchung auf Festgeldkonto (zwei Taschen), - sondern durch Zahlungseingang (Hausgeld, Zinsen) diesbezügliche Zweckbeschluss (WP, …) Folie 26 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 29 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Beschlussvorschlag Zweckbindung • Geldmittel, die der Eigentümergemeinschaft als Zinsen aus Geldanlagen [...] zufließen, werden der Instandhaltungsrücklage zugewiesen. • Geldmittel, die der Eigentümergemeinschaft als Erlöse aus dem Betrieb des Waschautomaten zufließen (Waschmarkenerlöse), werden der Instandhaltungsrückrücklage zugewiesen. • ... Folie 27 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 Beschlusskompetenz Beschluss bedarf zur Wirksamkeit Beschlusskompetenz: • Beschluss im jeweiligen Wirtschaftsplan (sicherer Weg) Beschlusskompetenz folgt aus - § 28 Abs. 5 WEG (Annex zum Wirtschaftsplan) • Allgemeiner Beschluss für alle Wirtschaftsjahre: Beschlusskompetenz folgt aus - § 21 Abs. 3 WEG (str.) Folie 28 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 30 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Zwecke des Hausgelds und Teilzahlungen • (Monatliche) Hausgeldrate ist einheitliche Forderung, zusammengesetzt aus Berechnungspositionen - Bewirtschaftungskosten (Lasten- und Kostentragung) - Instandhaltungsrücklage • Verrechnung von Zahlungen auf mehrere Raten (BGB): - Tilgungsbestimmung des Eigentümers (schlüssig, insb. Höhe) - Gesetzliche Tilgungsreihenfolge (zunächst ältere) • Verrechnung von Teilzahlungen auf einzelne Raten ist durch Beschluss zum WP zu regeln. Folie 29 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 Beschlussvorschlag Teilzahlungen • Erbringen Eigentümer Teilzahlungen auf ihre Beitragspflichten aus dem Einzelwirtschaftsplan, so sind diese Zahlungen quotal auf die Positionen Bewirtschaftungskosten einerseits und Instandhaltungsrücklage andererseits jeweils in dem Verhältnis anzurechnen, wie es dem Verhältnis dieser Positionen im jeweiligen Einzelwirtschaftsplan entspricht. • Alternativvorschlag: Erbringen Eigentümer Teilzahlungen auf ihre Beitragspflichten aus dem Einzelwirtschaftsplan, so sind diese Zahlungen zunächst auf die Bewirtschaftungskosten und erst, wenn diese gedeckt sind, auf die Beitragsverpflichtung zur Instandhaltungsrücklage anzurechnen. Folie 30 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 31 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Beschlusskompetenz Beschluss bedarf zur Wirksamkeit Beschlusskompetenz: • Beschluss im jeweiligen Wirtschaftsplan (sicherer Weg) Beschlusskompetenz folgt aus - § 28 Abs. 5 WEG (Annex zum Wirtschaftsplan) • Allgemeiner Beschluss für alle Wirtschaftsjahre: Beschlusskompetenz folgt aus - § 21 Abs. 3 WEG (str.) - § 21 Abs. 7 WEG (str.) Folie 31 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 Zweckbindung und Liquidität • Zweckbindung verbietet grundsätzlich die Verwendung von Mitteln der Rücklage, um Liquiditätslöcher zu decken. • Ausnahme bedarf eines Beschlusses. Folie 32 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 32 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Beschlussvorschlag Liquiditätshilfe Der Verwalter wird ermächtigt, Mittel der Instandhaltungsrücklage zur Zwischenfinanzierung von Liquiditätsengpässen zu verwenden. Der hierfür verwandte Betrag darf insgesamt .........................Euro (1/4 der Plansumme des Jahreswirtschaftsplans) nicht überschreiten. Folie 33 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 Beschlusskompetenz Beschluss bedarf zur Wirksamkeit Beschlusskompetenz: • Beschluss im jeweiligen Wirtschaftsplan (sicherer Weg) Beschlusskompetenz folgt aus - § 28 Abs. 5 WEG (Annex zum Wirtschaftsplan) • Allgemeiner Beschluss für alle Wirtschaftsjahre: Beschlusskompetenz folgt aus - § 21 Abs. 3 WEG (str.) Folie 34 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 33 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 These 3 Sachgerecht sind regelmäßig Beschlüsse - über die Widmung sonstiger Einnahmen für die Instandhaltungsrücklage - über die Verrechnung von Teilzahlungen - über eine Liquiditätshilfe Folie 35 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 Teil 4: Was zählt alles zum Vermögen? Folie 36 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 34 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Forderung des BGH Den Eigentümern muss deutlich werden, in welchem Umfange Mittel für Instandsetzungsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Folie 37 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 Darstellung der Rücklagenentwicklung Bezeichnung Soll-Betrag Ist-Betrag ---------------------------------------------------------------------------------I. Anfangsbestand 1.1.2010 50.000,00 50.000,00 1.200,00 1.000,00 II.2 Zuführung durch Zinsen 123,45 123,45 II.3 Zuführung durch Waschmarken 220,00 220,00 II.1 Zuführung durch Hausgeld III. Entnahme Rücklage (Dach) IV. Endbestand 31.12.2010 Ausstehende Beiträge - 4.000,00 - 4.000,00 -------------------------------47.543,45 47.343,45 200,00 Was ist mit Liquiditätshilfen, die „Ist“ schmälern? Folie 38 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 35 - II. Jacoby: Die neue WEG-Abrechnung nach der Diskussion um BGH-Urt. v. 4.12.2009 Zusätzlich: Vermögensstatus Bezeichnung Betrag ---------------------------------------------------------------------------------I.1 Saldo Festgeldkonto 40.000,00 I.2 Saldo Girokonto 2.901,91 I.3 Saldo Hauskasse 345,67 II.1 Fehlbetrag 2010 (Summe der „Spitzen“) 870,00 II.2 Rückstand Wirtschaftsplan 2010 350,00 II.3 Rückstand Abrechnung 2009 195,87 III. Ölbestand (bezahlt, aber nicht verteilt) 3.000,00 - 120,00 IV. Gebühren Messdienst (verteilt, nicht gezahlt) -------------------------------V. Vermögensbestand per 31.12.2010 47.543,45 Folie 39 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 These 4 Es empfiehlt sich, in die Abrechnung einen Vermögensstatus aufzunehmen, um den Eigentümern die tatsächliche Vermögenslage transparent darzustellen. Folie 40 Die neue WEG-Abrechnung Bielefeld, 16. September 2011 - 36 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 Forschungsstelle für Immobilienrecht Praktikerseminar Miet- und WEG-Recht Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Mietrecht 2011 Prof. Dr. Markus Artz/Prof. Dr. Florian Jacoby Bielefeld, 16. September 2011 Teil 1: Aktuelle Rechtsprechung zur Betriebskostenabrechnung und Minderung Folie 2 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 37 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 Fall 1 • Der Mietvertrag sieht für Heizung und Warmwasser monatliche Nebenkostenvorauszahlungen, • für verschiedene weitere Nebenkosten eine monatliche Pauschale vor • Vermieter rechnete immer über alle im Mietvertrag genannten Betriebskosten ab • Die Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2004 und 2005 wurden von dem Vermieter dem Mieter vor Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres (2005/2006) übermittelt. • Einwendungen wurden nicht erhoben. • Nunmehr klagt Vermieter auf errechnete Nachzahlungen. • Mieter beruft sich auf „Pauschale“, mit Recht? Folie 3 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 § 556 Abs. 3 BGB 1. Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. 2. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. 3. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. 4. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. 5. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. 6. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Folie 4 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 38 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 BGH v. 12.1.2011 – VIII ZR 148/10 • • Entgegen der Auffassung der Revision setzt der Einwendungsausschluss nach § 556 Abs. 3 Satz 5, 6 BGB nicht voraus, dass im Mietvertrag Vorauszahlungen auf Betriebskosten mit entsprechender Abrechnungspflicht überhaupt vereinbart sind. Für den Fall der Inklusivmiete hat der Senat dies bereits entschieden (BGH v. 10.10.2007 –VIII ZR 278/06). Für den Fall, dass der Mietvertrag - wie hier - für bestimmte Betriebskosten eine Pauschale vorsieht, gilt nicht anderes. Die aufeinander abgestimmten Ausschlussfristen für die Abrechnung des Vermieters (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB) und die Einwendungen des Mieters (§ 556 Abs. 3 Satz 5 BGB) verfolgen den Zweck, dass innerhalb einer absehbaren Zeit nach Ablauf des Abrechnungszeitraums eine Abrechnung erteilt und Klarheit über die wechselseitig geltend gemachten Ansprüche erzielt wird (BGH aaO). Die damit beabsichtigte Befriedungsfunktion wäre nicht gewährleistet, wenn nach Ablauf der Frist noch Streitigkeiten darüber möglich wären, ob bestimmte Betriebskosten mit Rücksicht auf eine insoweit vereinbarte Pauschale zu Unrecht angesetzt worden sind. Folie 5 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Lösung Fall 1 • Berufung des Mieters auf die Pauschale ist nach § 556 Abs. 3 S. 5 u. 6 BGB ausgeschlossen. • Vermieter kann Nachzahlung beanspruchen. Folie 6 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 39 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 Fall 2 • Mit Schreiben vom 12. November 2008 rechnete die Klägerin die Betriebskosten für das Jahr 2007 gegenüber den Beklagten ab. • Darin wurde der auf die Beklagten entfallende Anteil der Müllentsorgungsgebühren mit 525,71 € angegeben. • Beklagten beanstandeten diese Abrechnungsposition unter Hinweis auf den vom Deutschen Mieterbund e.V. herausgegebenen "Betriebskostenspiegel für Deutschland", der für eine Wohnung vergleichbarer Größe hinsichtlich der Müllabfuhrgebühren lediglich eine Kostenumlage von 185,76 € als berechtigt ausweise. Folie 7 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 6.7.2011 - VIII ZR 340/10 1. Der Mieter trägt die Darlegungs- und Beweislast für eine Verletzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit bei der Abrechnung der Betriebskosten durch den Vermieter. 2. Mit der Behauptung, ein Kostenansatz in der Betriebskostenabrechnung des Vermieters übersteige den insoweit überregional ermittelten durchschnittlichen Kostenansatz für Wohnungen vergleichbarer Größe, genügt der Mieter seiner Darlegungslast nicht. 3. Den Vermieter trifft regelmäßig keine sekundäre Darlegungslast für die tatsächlichen Grundlagen seines Betriebskostenansatzes. Folie 8 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 40 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 Fall 3 • • • Wegen Mängeln der Wohnung minderte der Mieter – vom Vermieter unbeanstandet - die monatliche Miete von 304 € in den Monaten August 2005 bis Februar 2006 jeweils um 64 € und von März bis Juni 2006 um monatlich 104 €. Die Miete setzte sich in dieser Zeit aus einer Nettokaltmiete in Höhe von 250,53 € und einer Betriebskostenvorauszahlung von 53,47 € zusammen. Der Vermieter macht Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2006 und 2007 geltend. Die Berechnung der Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen beruht darauf, dass der Vermieter die Mietminderung dem Mieter anteilig auf die Nettomiete und die Betriebskostenvorauszahlung anrechnet und in der jährlichen Abrechnung der Betriebskosten nur die entsprechend der Minderung reduzierten Vorauszahlungsbeträge gegenüber dem (ungeminderten) Jahresbetrag der auf die Beklagte entfallenden Betriebskosten in Ansatz bringt. Folie 9 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Zentrale Fragen • Hat die Anrechnung einer Mietminderung bei vereinbarten Betriebskostenvorauszahlungen in entsprechender Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB nur auf die Nettomiete zu erfolgen? • Kann bzw. muss die Minderung auch auf die geschuldete Betriebskostenvorauszahlung angerechnet werden, weil Grundlage des Minderungsbetrags die „Bruttomiete“ ist? Folie 10 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 41 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 BGH v. 13.4.2011 – VIII ZR 223/10 • • • Es bedarf einer Aufteilung des Minderungsbetrages auf die Vorauszahlungen und die Nettomiete nicht, um im Falle vereinbarter Betriebskostenvorauszahlungen etwaige Nachforderungen des Vermieters oder Guthaben des Mieters in der Jahresabrechnung der Betriebskosten unter Berücksichtigung der Minderung korrekt berechnen zu können. Da sich die Minderung, soweit sie gerechtfertigt ist, auf die Gesamtmiete einschließlich aller Nebenkosten bezieht, kann erst aufgrund der Jahresabrechnung der Betriebskosten abschließend ermittelt werden, ob hinsichtlich der Gesamtmiete unter Berücksichtigung der gerechtfertigten Minderung noch eine Nachforderung des Vermieters oder ein Guthaben des Mieters besteht. Für das rechnerische Gesamtergebnis spielt es keine Rolle, ob der monatliche Minderungsbetrag ausschließlich auf die Nettomiete angerechnet wird, oder ob eine anteilige Anrechnung der Minderung sowohl auf die Nettomiete als auch auf die Betriebskostenvorauszahlung stattfindet. Folie 11 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Scheinproblem? BGH v. 13.4.2011 – VIII ZR 223/10 Tz 13: „In der mietrechtlichen Kommentarliteratur wird allerdings die Frage für erheblich gehalten, wie die Anrechnung einer Mietminderung bei vereinbarten Betriebskostenvorauszahlungen zu erfolgen hat, und die Auffassung vertreten, dass ein monatlicher Minderungsbetrag in entsprechender Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB nur auf die Nettomiete anzurechnen sei und nicht auf die geschuldete Betriebskostenvorauszahlung angerechnet werden dürfe (SchmidtFutterer/Eisenschmid, Mietrecht, 10. Aufl., § 536 BGB Rn. 350 ff., 360; wohl auch Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, 5. Aufl., G Rn. 162). Ob dies zutrifft, bedarf keiner Entscheidung. Denn es handelt sich hierbei um ein Scheinproblem.“ Folie 12 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 42 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 Teil 2: Aktuelle Rechtsprechung zu Mieterhöhung und Modernisierungsankündigung Folie 13 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Fall 4 • Der Vermieter kündigte den Mietern den Einbau von Wasserzählern und eine Mieterhöhung um 2,28 € monatlich an. • Die Mieter wiesen darauf hin, dass durch die beabsichtigte Maßnahme eine Neutapezierung der erst kürzlich renovierten Küche erforderlich werde, und verlangten für die in Eigenleistung auszuführenden Arbeiten gemäß § 554 Abs. 4 BGB einen Vorschuss von 144,30 € auf die ihnen insoweit entstehenden Aufwendungen. • Der Vermieter ist bereit, die Renovierungskosten zu übernehmen, weil eine Beschädigung der Tapete beim Einbau der Wasserzähler nicht zu vermeiden sei; zugleich weist er darauf hin, dass es sich hierbei um umlagefähige Modernisierungskosten handele, so dass sich die Umlage auf 3,67 € monatlich erhöhen werde. Folie 14 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 43 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 Zentrales Problem • Kann der Vermieter die Kosten für im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen erforderliche Tapezierarbeiten nicht nur bei Auftragsvergabe an einen Dritten gemäß § 559 Abs. 1 BGB auf den Mieter umlegen, sondern auch dann, wenn er die Kosten - wie hier - in der Weise getragen hat, dass er dem Mieter, der sich zur Durchführung der Arbeiten bereit erklärt hat, den hierfür verlangten Betrag gemäß § 554 Abs. 4 BGB zur Verfügung gestellt hat? Folie 15 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 § 554 Abs. 4 BGB • Aufwendungen, die der Mieter infolge einer Maßnahme nach Absatz 1 oder 2 Satz 1 machen musste, hat der Vermieter in angemessenem Umfang zu ersetzen. Auf Verlangen hat er Vorschuss zu leisten. Folie 16 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 44 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 § 559 Abs. 1 BGB Hat der Vermieter bauliche Maßnahmen durchgeführt, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken (Modernisierung), oder hat er andere bauliche Maßnahmen auf Grund von Umständen durchgeführt, die er nicht zu vertreten hat, so kann er die jährliche Miete um 11 vom Hundert der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. Folie 17 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 30.3.2011 – VIII ZR 173/10 • Zu den Kosten baulicher Modernisierungsarbeiten zählen auch Aufwendungen zur Wiederherstellung einer durch die Bauarbeiten beschädigten Dekoration. Diese Kosten können auch dann gemäß § 559 Abs. 1 BGB umgelegt werden, wenn der Mieter die Arbeiten selbst durchgeführt und der Vermieter ihm die Aufwendungen gemäß § 554 Abs. 4 BGB erstattet hat. Folie 18 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 45 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 Lösung zu Fall 4 • § 559 Abs. 1 BGB gestattet dem Vermieter die Umlage der von ihm für Modernisierungsmaßnahmen aufgewendeten Kosten. • Eine Einschränkung dahin, dass der Vermieter ihm tatsächlich entstandene Kosten nicht umlegen dürfte, wenn und weil die Arbeiten von dem in Vorlage getretenen Mieter selbst ausgeführt worden sind, ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 559 Abs. 1 BGB noch aus seinem Zweck. • § 554 Abs. 4 BGB enthält insofern keine abschließende Regelung über die Kostentragungspflicht. Folie 19 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Fall 5 • Vermieter kündigt zwar Fahrstuhleinbau an, zieht diese Ankündigung nach Widerspruch aber wieder zurück • Er lässt den Fahrstuhl einbauen • Danach erklärt er dem Mieter die Mieterhöhung wegen der Modernisierung mit neunmonatiger Frist . • Mieter widerspricht Mieterhöhung. Wegen der unterbliebenen Ankündigung des Einbaus habe er den Einbau nicht dulden müssen. Daher könne darauf auch keine Mieterhöhung beruhen. • Vermieter verlangt erhöhte Miete, mit Recht? Folie 20 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 46 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 § 559b BGB (1) Die Mieterhöhung nach § 559 ist dem Mieter in Textform zu erklären. Die Erklärung ist nur wirksam, wenn in ihr die Erhöhung auf Grund der entstandenen Kosten berechnet und entsprechend den Voraussetzungen der §§ 559 und 559a erläutert wird. (2) Der Mieter schuldet die erhöhte Miete mit Beginn des dritten Monats nach dem Zugang der Erklärung. Die Frist verlängert sich um sechs Monate, wenn der Vermieter dem Mieter die zu erwartende Erhöhung der Miete nicht nach § 554 Abs. 3 Satz 1 mitgeteilt hat oder wenn die tatsächliche Mieterhöhung mehr als 10 vom Hundert höher ist als die mitgeteilte. Folie 21 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 2.3.2011 - VIII ZR 164/10 • Die Mieterhöhung wegen einer bereits durchgeführten Modernisierung setzt nicht voraus, dass dem Mieter vor Durchführung der Arbeiten eine Modernisierungsankündigung gemäß § 554 Abs. 3 BGB zugegangen ist. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus der gesetzlichen Regelung in § 559b Abs. 2 Satz 2 BGB; • Zweck des Ankündigungserfordernisses ist nicht die Einschränkung der Befugnis des Vermieters, die Kosten einer tatsächlich durchgeführten Modernisierung im Rahmen des § 559 auf den Mieter umzulegen. Diese Bestimmung soll dem Vermieter im Interesse der allgemeinen Verbesserung der Wohnverhältnisse einen finanziellen Anreiz zur Modernisierung geben. Folie 22 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 47 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 Lösung Fall 5 • Die Mieterhöhung hängt nicht von der vorherigen Ankündigung der Maßnahme ab. • Der Vermieter hat die zusätzliche Wartefrist von sechs Monaten, bis die Mieterhöhung wirksam werden kann, berücksichtigt. • Vermieter hat Anspruch auf erhöhte Miete. Folie 23 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Fall 6 • Mit Schreiben vom Juni 2009 begehrte die Klägerin unter Bezugnahme auf das Mietspiegelfeld I 2 des Berliner Mietspiegels 2007 die Zustimmung des Beklagten zu einer Erhöhung der monatlichen Bruttokaltmiete • Zu diesem Zeitpunkt war bereits der Mietspiegel 2009 veröffentlicht. • Der Beklagte beruft sich auf die formelle Unwirksamkeit des Erhöhungsverlangens. Folie 24 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 48 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 § 558a BGB (1) Das Mieterhöhungsverlangen nach § 558 ist dem Mieter in Textform zu erklären und zu begründen. (2) Zur Begründung kann insbesondere Bezug genommen werden auf 1. einen Mietspiegel (§§ 558c, 558d), Folie 25 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 6.7.2011 - VIII ZR 337/10 • Ein Mieterhöhungsbegehren ist nicht deshalb aus formellen Gründen unwirksam, weil der Vermieter darin zur Begründung auf den bisher geltenden Mietspiegel und nicht auf den kurz zuvor veröffentlichten neuesten Mietspiegel Bezug genommen hat. • Vielmehr handelt es sich - ähnlich wie bei Einordnung der Wohnung des Mieters in ein unzutreffendes Mietspiegelfeld (vgl. BGH v. 12.12. 2007 – VIII ZR 11/07 Rn. 16, und vom 11.3.2009 – VIII ZR 316/07 Rn. 8) - um einen bloß inhaltlichen Fehler. Folie 26 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 49 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 Teil 3: Aktuelle Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen und Verjährung Folie 27 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Fall 7 • Mietvertrag sieht Ausführung von Schönheitsreparaturen nach „starrem Fristenplan“ vor • Bei Beendigung des Mietverhältnisses Ende 2006 lässt Mieter Wohnung für 2.600 € streichen • 2009 macht Mieter Erstattungsanspruch wegen der von ihm bezahlten Renovierung geltend. • Vermieter beruft sich auf Verjährung, mit Recht? Folie 28 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 50 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 § 548 Abs. 2 BGB Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses. Folie 29 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 4.5.2011 – VIII ZR 195/10 • Ersatzansprüche des Mieters wegen Schönheitsreparaturen, die er während des Mietverhältnisses in der irrigen Annahme einer entsprechenden Verpflichtung ausgeführt hat, verjähren nach § 548 Abs. 2 BGB binnen sechs Monaten ab Beendigung des Mietverhältnisses . • Begründung hebt darauf ab, dass der Anspruch vom Zustand der Mietsache abhängt und damit dem Schutzzweck dieser kurzen Verjährung unterfällt. Folie 30 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 51 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 Fall 8 • Bei seinem Auszug beschädigt der Mieter eines Sondereigentümers die Edelstahl-Paneelen des Fahrstuhls (Schaden ca. 6.000 EUR). • Nach einem Jahr macht einer der Wohnungseigentümer wegen dieser Beschädigung des gemeinschaftlichen Eigentums aus abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche sämtlicher Wohnungseigentümer gegen den Mieter geltend. • Der Mieter beruft sich auf die Verjährung des § 548 Abs. 1 BGB in sechs Monaten. • Land- und Oberlandesgericht weisen die Klage wegen Verjährung ab. Folie 31 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 29.6.2011 - VIII ZR 349/10 • Auf Schadensersatzansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den Mieter einer Eigentumswohnung wegen Beschädigung des Gemeinschaftseigentums findet die Verjährungsvorschrift des § 548 Abs. 1 BGB keine Anwendung. • Der Anspruch unterliegt der dreijährigen Regelverjährung. Folie 32 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 52 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 Teil 4: Aktuelle Rechtsprechung zu Kaution und Verjährung Folie 33 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Fall 9 • Das Mietverhältnis zwischen V und M endete im Mai 2009. Es war im Jahr 1987 mit dem damaligen Eigentümer begründet worden, an den der Mieter (M) die vereinbarte Kaution gezahlt hat. • Das Mietobjekt wurde zunächst im Jahr 1993 veräußert; im Jahr 2004 wurde es im Wege der Zwangsversteigerung von einem weiteren Eigentümer erworben, der es seinerseits im Jahr 2005 an V veräußerte. • Die Kaution ist in der Erwerberkette nicht weitergereicht worden. Folie 34 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 53 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 § 566a BGB • Hat der Mieter des veräußerten Wohnraums dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit geleistet, so tritt der Erwerber in die dadurch begründeten Rechte und Pflichten ein. Kann bei Beendigung des Mietverhältnisses der Mieter die Sicherheit von dem Erwerber nicht erlangen, so ist der Vermieter weiterhin zur Rückgewähr verpflichtet. Folie 35 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 § 572 BGB a.F. • Hat der Mieter des veräußerten Grundstücks dem Vermieter für die Erfüllung seiner Verpflichtungen Sicherheit geleistet, so tritt der Erwerber in die dadurch begründeten Rechte ein. Zur Rückgewähr der Sicherheit ist er nur verpflichtet, wenn sie ihm ausgehändigt wird oder wenn er dem Vermieter gegenüber die Verpflichtung zur Rückgewähr übernimmt. Folie 36 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 54 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 Zentrales Problem • Nach altem Recht musste der Mieter beweisen, dass dem Erwerber die Kaution weitergeleitet wurde. • Nach neuem Recht haftet der Erwerber unabhängig davon. • Im vorliegenden Fall zahlte M die Kaution an den ehemaligen Vermieter unter Geltung des alten Rechts. Der auf Rückzahlung in Anspruch genommene V erwarb die Wohnung aber unter Geltung des neuen Rechts. • Eine Übergangsregelung in Art. 229 § 3 EGBGB fehlt. Folie 37 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 1.6.2011 – VIII ZR 311/10 • Infolge einer nach Inkrafttreten von § 566a BGB erfolgten Veräußerung vermieteten Wohnraums tritt der Erwerber auch dann in die durch die Zahlung der Kaution an den ursprünglichen Vermieter begründeten Rechte und Pflichten ein, wenn es zuvor - noch unter der Geltung des § 572 BGB aF - weitere Veräußerungsgeschäfte gegeben hat und die Kaution in der Kette der vorangegangenen Vermieter nicht weitergeleitet worden war (im Anschluss an Senatsurteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 381/03, NZM 2005, 639 unter II 2b). Folie 38 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 55 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 Lösung zu Fall 9 • Wird der Vermieter auf Rückzahlung der an den Vorvermieter geleisteten Kaution in Anspruch genommen, kommt es hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 566a BGB nur darauf an, ob die Immobilie nach dessen Inkrafttreten (1.9.2001) erworben wurde. • Unschädlich ist, dass der Mieter die Kaution bereits vor Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes an den ehemaligen Vermieter gezahlt hat. • § 566a BGB setzt keine ununterbrochene "Kautionskette" voraus. • Insoweit kann die Haftung des Erwerbers weiter gehen als die des Veräußerers. • V ist zur Kautionsrückzahlung unabhängig davon verpflichtet, dass ihm die Sicherheit weitergereicht wurde. Folie 39 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Fall 10 • Ein Einfamilienhaus wurde mit Vertrag vom 1. Mai 2005 zu einer monatlichen Miete in Höhe von 1.330 € zuzüglich 40 € Nebenkostenvorauszahlungen vermietet. Der Mieter hat zu Beginn des Mietverhältnisses eine Kaution in Höhe von sechs Monatsmieten (7.980 €) erbracht. • Mit der im April 2009 erhobenen Klage verlangt der Mieter Rückzahlung eines Teils der Kaution, insgesamt rund 3.500 €. Folie 40 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 56 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 § 551 BGB (1) Hat der Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit zu leisten, so darf diese vorbehaltlich des Absatzes 3 Satz 4 höchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete ohne die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten betragen. (4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Folie 41 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Lösung zu Fall 10 • Die im Jahr 2005 gezahlte Kaution ist ohne Rechtsgrund erbracht worden, soweit sie drei Monatsmieten überstieg. • Die Kautionsvereinbarung war gemäß § 551 Abs. 1, 4, §§ 134, 139 BGB unwirksam, soweit sie über die bei einem Mietverhältnis über Wohnraum maximal zulässige Höhe von drei Monatsmieten hinausging. • Der daraus resultierende Bereicherungsanspruch des Mieters (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) unterliegt der regelmäßigen dreijährigen Verjährung. Diese hat gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des Jahres 2005 begonnen und ist mit Ende des Jahres 2008 abgelaufen. Folie 42 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 57 - III. Artz/Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht 2011 Voraussetzungen des Verjährungsbeginns • Gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt der Beginn der Verjährung neben der Entstehung des Anspruchs voraus, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. • Bei einem Anspruch aus ungerechtfertigter Leistung liegt die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis des Gläubigers vor, wenn er von der Leistung und vom Fehlen des Rechtsgrundes weiß, das heißt von den Tatsachen, aus denen dessen Fehlen folgt. Eine zutreffende rechtliche Würdigung setzt § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hingegen nicht voraus. • Eine Ausnahme wird lediglich für die Fälle in Betracht gezogen, in denen es sich um eine unübersichtliche oder zweifelhafte Rechtslage handelt, so dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. Folie 43 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 1.6.2011 – VIII ZR 91/10 • Soweit die vom Mieter einer Wohnung erbrachte Kaution drei Monatsmieten übersteigt, steht ihm unabhängig von der Beendigung des Mietverhältnisses und der Rückgabe der Mietsache - ein Bereicherungsanspruch zu, der binnen drei Jahren seit Ablauf des Jahres verjährt, in dem der Mieter den überschießenden Betrag gezahlt hat. Folie 44 Praktikerseminar: Miete-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 58 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 Forschungsstelle für Immobilienrecht Praktikerseminar Miet- und WEG-Recht Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 Prof. Dr. Florian Jacoby Bielefeld, 16. September 2011 Teil 1: Aktuelle Rechtsprechung zur Kostenverteilung Folie 2 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 59 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 Fall 1 • In 2009 beschließen die Wohnungseigentümer der Jahresabrechnung für 2008 andere, als die bislang geltenden Umlageschlüssel zu Grunde zu legen. • Streitig ist, ob eine „rückwirkende“ Beschlussfassung zulässig ist. Folie 3 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 1.4.2011 - V ZR 162/10 • Die rückwirkende Änderung eines Umlageschlüssels, die zu einer nachträglichen Neubewertung eines bereits abgeschlossenen Sachverhalts führt, ist grundsätzlich unzulässig. • Eine rückwirkende Änderung kann nur ausnahmsweise und bei Vorliegen besonderer Umstände hingenommen werden, etwa wenn der bisherige Schlüssel unbrauchbar oder in hohem Maße unpraktikabel ist oder dessen Anwendung zu grob unbilligen Ergebnissen führt. • Geht es um einen noch nicht abgeschlossenen Vorgang, ist eine Rückwirkung hinzunehmen, wenn sich bei typisierender Betrachtung noch kein schutzwürdiges Vertrauen herausgebildet hat. Folie 4 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 60 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 Folgerungen • Grundsätzlich keine Rückwirkung von Änderungen der Kostenverteilung - Neuer Wirtschaftsplan - Neuer Wirtschaftszeitraum • Gesonderte Beschlüsse zur Änderung der Kostenverteilung - Keine „Befrachtung“ des Wirtschaftsplans und der Abrechnung - Eigenständiger TOP mit entsprechender Ladung • Genaue Beschlussformulierung: - Bezeichnung des In-Kraft-Tretens - Konkrete Benennung der Kostenart - Verständliche Formulierung des neuen Schlüssels z. B. bei Personenschlüssel: Wie wird dieser ermittelt? z. B. bei Wohn- und/oder Nutzfläche: Ist diese überhaupt ermittelbar, welche Methode soll zur Ermittlung genutzt werden? Folie 5 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Blanko-Beispiel Kostenverteilungsschlüssel für ___ [Nennung] Ab ___ [Beginn des nächsten Wirtschaftszeitraums am] werden die Kosten der Position [... einschließlich ] abweichend vom geltenden Kostenverteilungsschlüssel ___ [Nennung] nach dem Verteilungsschlüssel ___ [Nennung] umgelegt. Nach diesem Schlüssel .... Folie 6 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 61 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 Fall 2 • Es wird beschlossen: Die Kosten für Maßnahmen der Instandsetzung und Instandhaltung an Fenstern werden abweichend von § 16 Abs. 2 WEG künftig so verteilt, dass die Kosten von demjenigen zu tragen sind, an dessen Sondereigentumseinheit die Fenster grenzen. • Welche Wirkungen äußert der Beschluss? Folie 7 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 1.4.2011 - V ZR 162/10 • Der Beschluss ist mangels Beschlusskompetenz nichtig. • § 16 Abs. 4 WEG legitimiert nur die Kostenverteilung im Einzelfall. Folie 8 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 62 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 Fall 3 • Die Teilungserklärung sieht vor: Die Verteilung von Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung können mit 2/3-Mehrheit geändert werden. • Bedarf es für eine Änderung auf Grundlage dieser „Öffnungsklausel“ eines sachlichen Grundes für die Änderung des Schlüssels oder steht die Änderung im freien Ermessen der Eigentümer? Folie 9 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 1.4.2011 - V ZR 162/10 • Zwar ist den Gesetzesmaterialien zu entnehmen, dass die Änderung von Umlageschlüsseln an das Kriterium eines sachlichen Grundes geknüpft sein soll; auch der Bundesgerichtshof hat zum früheren Recht die Änderung eines Umlageschlüssels aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel davon abhängig gemacht, dass sachliche Gründe vorliegen. • Die von dem Gesetzgeber intendierte Erweiterung des Gestaltungsspielraums strahlt aber auch auf Öffnungsklauseln aus, die unter der Geltung des früheren Rechts vereinbart oder in eine Teilungserklärung aufgenommen worden sind. Ein sachlicher Grund ist daher nicht erforderlich. • BGH v. 10.6.2011 - V ZR 2/10: Auch bei der Änderung eines Kostenverteilungs-schlüssels aufgrund einer in der Teilungserklärung enthaltenen Öffnungsklausel steht den Wohnungseigentümern ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Folie 10 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 63 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 Teil 2: Aktuelle Rechtsprechung zu baulichen Veränderungen und Modernisierungen Folie 11 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Fall 4 • In einer Eigentümerversammlung wird der Antrag auf Genehmigung des Einbaus einer Videokamera im Klingeltableau abgelehnt. • Hat die Klage Erfolg, den Beschluss für ungültig zu erklären und die anderen Wohnungseigentümer zu verurteilen, den Einbau zu genehmigen. Folie 12 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 64 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 BGH v. 8.4.2011 - V ZR 210/10 Der nachträgliche Einbau einer Videoanlage im gemeinschaftlichen Klingeltableau kann gemäß § 22 Abs. 1 WEG verlangt werden, wenn die Kamera nur durch Betätigung der Klingel aktiviert wird, eine Bildübertragung allein in die Wohnung erfolgt, bei der geklingelt wurde, die Bildübertragung nach spätestens einer Minute unterbrochen wird und die Anlage nicht das dauerhafte Aufzeichnen von Bildern ermöglicht. Folie 13 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Fall 5 • Eine WEG-Anlage besteht aus mehreren Reihenhäusern. • Ursprünglich teilten sich jeweils zwei Reihenhäuser einen Schornstein. Der Schornstein lief mittig zwischen den Häusern vom Keller bis zum Dach, hatte nur einen Zug und ragte jeweils ca. 25 cm tief in die Häuser hinein. • Die Wohnungseigentümer beschlossen im Laufe der Zeit, die Schornsteine zu verschließen und die dazugehörigen Dachleitern abzureißen. • Ein Wohnungseigentümer baute den in sein Haus hineinragenden Schornstein zurück und verfüllte diesen. Sein Nachbar äußert jetzt den Wunsch, wieder einen Schornstein zu haben. • Die Wohnungseigentümer beschließen daraufhin, dass die Schornsteine wieder zur Nutzung geöffnet werden können. Folie 14 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 65 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 BGH v. 18.2.2011, V ZR 82/10 • Die von § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG angeordnete entsprechende Heranziehung der mietrechtlichen Regelung des § 559 Abs. 1 BGB gibt Raum für eine großzügigere Handhabung des Modernisierungsbegriffes. • Daher fällt die beschlossene Öffnung der Schornsteine unter § 22 Abs. 2 WEG. Folie 15 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Fall 6 Sind Anbau oder Erweiterung von Balkonen - Modernisierung nach § 22 Abs. 2 WEG oder - klassische bauliche Veränderung nach § 22 Abs. 1 WEG? Folie 16 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 66 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 Unterschiedliche Antworten • Zwar verneinen - LG Lüneburg, Urteil v. 31.05.2011, 9 S 75/10 - LG Hamburg, Beschluss v. 10.8.2010, 318 T 4/08 eine Modernisierung und wenden § 22 Abs. 1 WEG an. • Richtig ist aber in Konsequenz auch der Entscheidung des BGH einen Modernisierung anzunehmen, so auch AG Hannover v. 26.10.2010 - 483 C 3145/10. Die Maßnahme kann also mit „doppelt-qualifizierter“ Mehrheit beschlossen werden. Folie 17 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Fall 7 • Wohnungseigentümer beschließen, neben der zentralen Heizungsanlage auch in den Wohnungen die Heizkörper und die dazugehörigen Anschlussleitungen zu erneuern. • Gegen diesen Beschluss geht ein Wohnungseigentümer vor, weil nach der Teilungserklärung die Heizkörper und die Leitungen von der Anschlussstelle an im Sondereigentum stünden. Folie 18 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 67 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 § 5 WEG (1) Gegenstand des Sondereigentums sind die gemäß § 3 Abs. 1 bestimmten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne daß dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. (2) Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, sind nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. (3) Die Wohnungseigentümer können vereinbaren, daß Bestandteile des Gebäudes, die Gegenstand des Sondereigentums sein können, zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören. Folie 19 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 8.7.2011 - V ZR 176/10 • Der Beschluss ist, soweit er die Heizkörper und die dazugehörigen Anschlussleitungen betrifft, nichtig. • Den Wohnungseigentümern fehlt es an der Beschlusskompetenz. • Die Heizkörper und die dazugehörigen Leitungen zum Anschluss an die Zentralheizung sind nach der Teilungserklärung Sondereigentum der Wohnungseigentümer. • Die Wohnungseigentümer hätten mangels einer entsprechenden Öffnungsklausel nur dann eine Beschlusskompetenz, wenn die sachenrechtliche Zuordnung nach § 5 Abs. 2 WEG unzulässig wäre. Dieses ist nicht der Fall. Heizkörper und Anschlussleitungen können durch die Teilungserklärung (oder eine nachträgliche Vereinbarung) dem Sondereigentum zugeordnet werden. Folie 20 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 68 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 Teil 3: Aktuelle Rechtsprechung zur (eigenmächtigen) Auftragsvergabe durch den Verwalter Folie 21 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Fall 8 • Wohnungseigentümer beschließen Erhaltungsmaßnahmen. • Eine „Kostenobergrenze“ sieht der Beschluss nicht vor. Die Eigentümer gehen allerdings davon aus, dass die Kosten etwa 4.000 EUR betragen werden. • Diese Schätzung erweist sich als Trugschluss. Tatsächlich gibt der Verwalter 18.000 EUR aus. • Das zeigt der Verwalter den Wohnungseigentümern auch an, sucht aber keine „Billigung“. • Die aus den Arbeiten entstandenen Werklohnforderungen bedient der Verwalter aus einem von ihm im eigenen Namen eingerichteten Konto und verlangt von der Wohnungseigentümergemeinschaft Aufwendungsersatz. Folie 22 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 69 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 BGH v. 28.2.2011 - V ZR 197/10 • Der Wohnungseigentumsverwalter ist nicht befugt, zur Erreichung eines Sanierungsziels Aufträge in unbegrenzter Höhe zu vergeben, wenn in einem Beschluss der Wohnungseigentümer zur Durchführung einer Instandsetzung weder der Umfang der auszuführenden Maßnahmen bestimmt noch eine Kostenobergrenze für die zu vergebenden Aufträge genannt worden ist. Maßgebend für die Durchführung eines Beschlusses durch den Verwalter ist vielmehr der Wille der Wohnungseigentümer, wie er sich für ihn aus den zur Vorbereitung der Beschlussfassung vorgelegten Unterlagen, dem Beschlussprotokoll und dem Inhalt des Beschlusses ergibt. • Das Notgeschäftsführungsrecht berechtigt den Verwalter nur zu den Maßnahmen, welche die Gefahrenlage beseitigen, jedoch nicht zur Beauftragung solcher Arbeiten, die einer dauerhaften Beseitigung der Schadensursache dienen. Folie 23 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Fall 9 • Der Verwalter beauftragt ein Architekturbüro mit der Aufgabe, die Ursache für einen seit Jahren bestehenden Baumangel zu suchen. • Der Verwalter meint, sich dafür auf § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG stützen zu können. Folie 24 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 70 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 LG München v. 5.8.2010 - 36 S 19282/09 • Ein Wohnungseigentumsverwalter darf Dritte nur beauftragen und entsprechende Honorarkosten entstehen lassen, wenn hierzu eine entsprechende Ermächtigung durch die Eigentümer erteilt wurde; aus eigenem Recht ist der Verwalter nicht befugt, Dritte einzuschalten. • Dringende Fälle im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG sind lediglich solche, die wegen ihrer Eilbedürftigkeit eine vorherige Einberufung der Eigentümerversammlung nicht zulassen. Entscheidend ist, ob die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums gefährdet wäre, wenn nicht umgehend gehandelt werden würde. Folie 25 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Fall 10 • Im vom Verwalter vorformulierten Verwaltervertrag heißt es: Zur Erfüllung der Aufgaben aus dem Verwaltervertrag (Wartung, Reparaturen, Mängelbeseitigung usw.) kann der Verwalter Fachleute und Fachfirmen hinzuziehen. Die Kosten der Beauftragung Dritter trägt die Eigentümergemeinschaft. Aufträge an Dritte dürfen, wenn die Auftragssumme netto im Einzelfall 5.000 DM übersteigt nur mit Zustimmung des Beirats vergeben werden. • Die Wohnungseigentümer streiten, ob die Klausel wirksam ist. Folie 26 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 71 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 LG München v. 5.8.2010 - 36 S 19282/09 Ist in den allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Verwaltervertrages vorgesehen, dass bei notwendigen Reparaturen bis zu 10.000 DM kein ansonsten grundsätzlich notwendiger Eigentümerbeschluss gefasst werden muss, so ist diese Klausel nichtig, da sie zu einer unangemessenen Benachteiligung der Wohnungseigentümer entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben führt. Folie 27 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Fall 11 Ein Verwalter bestellt - ohne die im Rahmen einer Anfechtungsklage beklagten Wohnungseigentümer zu fragen – für diese einen Rechtsanwalt. Folie 28 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 72 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 AG Berlin-Charlottenburg v. 8.12.2010 - 72 C 100/10 • Der Verwalter ist nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG berechtigt, im Anfechtungsprozess für die beklagten Wohnungseigentümer einen Anwalt zu beauftragen. • Die Erteilung gilt für die übrigen Wohnungseigentümer und begründet insoweit eine Prozessvollmacht für diese im Sinne von § 80 ZPO. Folie 29 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 Teil 4: Aktuelle Rechtsprechung zu Abrechnungsfragen Folie 30 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 73 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 Fall 12a Wohnungseigentümer streiten über die Frage, ob tatsächlich getätigte, aber unberechtigte Ausgaben (hier: Errichtung von Trennwänden in den Kellerräumen, Entfernung von Efeu) in der Jahresabrechnung zu berücksichtigen sind. Folie 31 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 4.3.2011 - V ZR 156/10 In die Jahresabrechnung sind auch unberechtigt getätigte Ausgaben einzustellen. Folie 32 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 74 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 Fall 12b • Die Reparatur der Außenglasscheibe der Wohnung Nr. 34 wird vom Verwalter durchgeführt und vom Gemeinschaftskonto bezahlt. • Wie hat der Verwalter die Kosten in der Abrechnung zu verteilen, - wenn Eigentümer den Schaden schuldhaft verursacht hat - nach der Teilungserklärung der Eigentümer verpflichtet, diese Kosten zu erstatten. Folie 33 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 4.3.2011 - V ZR 156/10 • Maßgeblich für die Umlegung der Kosten in den Einzelabrechnungen ist der jeweils einschlägige Verteilungsschlüssel, wie er sich aus - einer Vereinbarung, einem Beschluss nach § 16 Abs. 3, 4 WEG, aus § 16 Abs. 2 WEG oder einer gerichtlichen Entscheidung ergibt. • Steht ein Ersatzanspruch gegen einen Wohnungseigentümer in Rede, rechtfertigt dies nur dann eine von dem einschlägigen Umlageschlüssel abweichende Kostenverteilung, wenn der Anspruch tituliert ist oder sonst feststeht (aA: niemals). Folie 34 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 75 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 Fall 13a • Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft hat gegen eine Eigentümerin Hausgeldansprüche für die Wirtschaftsjahre 2006/2007 • Ende Dezember 2007 wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Eigentümerin eröffnet • Das Wirtschaftsjahr 2006 wurde durch Beschluss der Wohnungseigentümer im November 2007 und das Wirtschaftsjahr 2007 durch Beschluss der Wohnungseigentümer im Juni 2008 abgerechnet • Die Klägerin verlangt vom Insolvenzverwalter Duldung der Zwangsversteigerung in das Wohnungseigentum Folie 35 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 21.7.2011 - IX ZR 120/10 • In der Insolvenz eines Wohnungseigentümers ist die Wohnungseigentümergemeinschaft wegen der nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten, vor der Insolvenzeröffnung fällig gewordenen Hausgeldansprüche ohne die Notwendigkeit einer vorherigen Beschlagnahme des Wohnungseigentums absonderungsberechtigt. • Verfügt die Wohnungseigentümergemeinschaft über keinen Titel, kann sie eine Pfandklage erheben, die analog § 1147 BGB auf Duldung der Zwangsversteigerung durch den Insolvenzverwalter gerichtet ist. • Für den Insolvenzfall ist unter Beschlagnahme im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2, § 13 Abs. 1 ZVG grundsätzlich die Insolvenzeröffnung zu verstehen, sofern die Eigentumswohnung nicht schon vorher nach §§ 20, 22 ZVG beschlagnahmt worden ist. Folie 36 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 76 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 Fall 13b • Welchen Rang haben Hausgeldforderungen gegen einen Eigentümer, die nach Insolvenzeröffnung über sein Vermögen entstehen? • Welchen Rang hat die Forderung auf Zahlung der so genannten Abrechnungsspitze - der Differenz zwischen den im beschlossenen Wirtschaftsplan veranschlagten, durch Vorschüsse zu deckenden Lasten und Kosten (Wohngeldsoll) und den für das Wohnungseigentum tatsächlich entstandenen Lasten und Kosten -, sofern der Abrechnungsbeschluss erst nach Insolvenzeröffnung gefasst wird. Folie 37 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 BGH v. 21.7.2011 - IX ZR 120/10 Tz. 7, 10 • Die nach der Insolvenzeröffnung fällig werdenden Wohngeldansprüche sind Masseschulden gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 InsO. • Ist die Abrechnungsspitze nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen worden, handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit. • Hat der Insolvenzverwalter nach § 208 InsO Masseunzulänglichkeit angezeigt, kann die Wohnungseigentümergemeinschaft die Wohngeldforderungen, die nach Insolvenzeröffnung, aber vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit entstanden sind (Altmasseverbindlichkeiten), weder mit der Zahlungsklage verfolgen, noch wegen dieser Ansprüche in die Masse vollstrecken (§§ 209 f InsO). Folie 38 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 77 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 Fall 14 • Die Beklagte erwirbt ihr Wohnungseigentum durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung. • Sie ist vom 23.04.2008 bis zum 31.10.2008 Miteigentümerin. • Am 11.6.2008 wird die Jahresabrechnung für 2007 beschlossen. • Die Abrechnung weist der Wohnung der Beklagten Ausgaben in Höhe von 3.500 EUR zu. • Aus dem Wirtschaftsplan für 2007 ergab sich eine monatliche Wohngeldschuld von insgesamt also 3.000 EUR. • Davon hatte der Voreigentümer 2.000 EUR bezahlt. • Was ist von der Beklagten zu entrichten? Folie 39 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 LG München v. 28.2.2011 - 1 S 4319/10 • Für die Begründung einer Haftung des Erstehers für noch offene Beiträge aus dem Vorjahreswirtschaftsplan (1.000 EUR), die neben die Haftung des Voreigentümers aus dem Wirtschaftsplan tritt, fehlt den Miteigentümern die Beschlusskompetenz. • Der Ersteher haftet allerdings für die so genannte Abrechnungsspitze (500 EUR). Folie 40 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 78 - IV. Jacoby: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht 2011 Fall 15 Ein Wohnungseigentümer macht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft ein Abrechnungsguthaben aus Hausgeldvorauszahlungen für abgerechnete Wirtschaftsjahre geltend. Folie 41 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 OLG Hamm v. 15.2.2011 - 15 Wx 222/10 • Das Abrechnungsguthaben aus einer beschlossenen Jahresabrechnung begründet einen Zahlungsanspruch gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft. • Der Anspruch besteht so lange, wie eine anderweitige Regelung nicht beschlossen worden ist. Folie 42 Praktikerseminar: WEG-Rechtsprechung Bielefeld, 16. September 2011 - 79 - V. Artz: Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand Synopse zum Referentenentwurf [Stand 11. Mai 2011] für ein Gesetz über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln (Mietrechtsänderungsgesetz – MietRÄndG) BGB § 536 Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln § 536 Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln (1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht. (2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt. (3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. (4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam. (1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Außer Betracht bleiben 1. eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit und 2. eine Minderung der Tauglichkeit für die Dauer von drei Monaten, soweit diese aufgrund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient. (2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt. (3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. (4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam. § 551 Begrenzung und Anlage von Mietsicherheiten § 551 Begrenzung und Anlage von Mietsicherheiten (1) Hat der Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit zu leisten, so darf diese vorbehaltlich des Absatzes 3 Satz 4 höchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete ohne (1) Hat der Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit zu leisten, so darf diese vorbehaltlich des Absatzes 3 Satz 4 höchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete ohne © Deutscher Mietgerichtstag, 2011 Verfasser Prof. Dr. Markus Artz, Bielefeld - 80 - V. Artz: Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten betragen. (2) Ist als Sicherheit eine Geldsumme bereitzustellen, so ist der Mieter zu drei gleichen monatlichen Teilzahlungen berechtigt. Die erste Teilzahlung ist zu Beginn des Mietverhältnisses fällig. (3) Der Vermieter hat eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen. Die Vertragsparteien können eine andere Anlageform vereinbaren. In beiden Fällen muss die Anlage vom Vermögen des Vermieters getrennt erfolgen und stehen die Erträge dem Mieter zu. Sie erhöhen die Sicherheit. Bei Wohnraum in einem Studenten- oder Jugendwohnheim besteht für den Vermieter keine Pflicht, die Sicherheitsleistung zu verzinsen. (4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. § 554 Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten betragen. (2) Ist als Sicherheit eine Geldsumme bereitzustellen, so ist der Mieter zu drei gleichen monatlichen Teilzahlungen berechtigt. Die erste Teilzahlung ist zu Beginn des Mietverhältnisses fällig. Die weiteren Teilzahlungen werden zusammen mit der Miete fällig. (3) Der Vermieter hat eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen. Die Vertragsparteien können eine andere Anlageform vereinbaren. In beiden Fällen muss die Anlage vom Vermögen des Vermieters getrennt erfolgen und stehen die Erträge dem Mieter zu. Sie erhöhen die Sicherheit. Bei Wohnraum in einem Studenten- oder Jugendwohnheim besteht für den Vermieter keine Pflicht, die Sicherheitsleistung zu verzinsen. (4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. <- (entfällt) „Kapitel 1a - Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen § 555a Erhaltungsmaßnahmen (1) Der Mieter hat Maßnahmen zu dulden, (1) Der Mieter hat Maßnahmen zu dulden, zur Instandhaltung oder zur die zur Erhaltung der Mietsache erforderlich die Instandsetzung der Mietsache erforderlich sind. sind (Erhaltungsmaßnahmen). (2) Erhaltungsmaßnahmen sind dem Mieter rechtzeitig anzukündigen, es sei denn, sie sind nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die Mietsache verbunden. (3) Aufwendungen, die der Mieter infolge (4) Aufwendungen, die der Mieter infolge einer Maßnahme nach Absatz 1 oder 2 Satz 1 einer Erhaltungsmaßnahme machen musste, machen musste, hat der Vermieter in hat der Vermieter in angemessenem Umfang angemessenem Umfang zu ersetzen. Auf zu ersetzen. Auf Verlangen hat er Vorschuss zu leisten. Verlangen hat er Vorschuss zu leisten. (4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 3 abweichende Vereinbarung ist unwirksam. © Deutscher Mietgerichtstag, 2011 Verfasser Prof. Dr. Markus Artz, Bielefeld - 81 - V. Artz: Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand § 555b Modernisierungsmaßnahmen (2) Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache, zur Einsparung von Energie oder Wasser oder zur Schaffung neuen Wohnraums hat der Mieter zu dulden. […] Modernisierungsmaßnahmen sind Veränderungen zur Verbesserung der Mietsache oder sonstiger Gebäudeteile, insbesondere bauliche Maßnahmen, 1. durch die nachhaltig der Wasserverbrauch reduziert wird oder durch die nachhaltig Primär- oder Endenergie eingespart oder Energie effizienter genutzt oder das Klima auf sonstige Weise geschützt wird (energetische Modernisierung), 2. durch die der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht wird, 3. durch die die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden, 4. die auf Grund von Umständen durchgeführt werden, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, oder 5. durch die neuer Wohnraum geschaffen wird. § 555c Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen (3) Bei Maßnahmen nach Absatz 2 Satz 1 hat der Vermieter dem Mieter spätestens drei Monate vor Beginn der Maßnahme deren Art sowie voraussichtlichen Umfang und Beginn, voraussichtliche Dauer und die zu erwartende Mieterhöhung in Textform mitzuteilen. […] (3) 3Diese Vorschriften gelten nicht bei Maßnahmen, die nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die vermieteten Räume verbunden sind und nur zu einer (1) Der Vermieter hat dem Mieter eine Modernisierungsmaßnahme drei Monate vor ihrem Beginn in Textform anzukündigen (Modernisierungsankündigung). Die Modernisierungsankündigung muss Angaben enthalten über: 1. Art und geplanten Umfang der Modernisierungsmaßnahme, 2. Beginn und voraussichtliche Dauer der Modernisierungsmaßnahme, 3. den Betrag der zu erwartenden Mieterhöhung, sofern eine Erhöhung nach § 559 verlangt werden soll, einschließlich der voraussichtlichen künftigen Betriebskosten. (2) In der Modernisierungsankündigung für eine Modernisierungsmaßnahme nach § 555b Nummer 1 kann der Vermieter auf anerkannte Pauschalwerte Bezug nehmen, um insbesondere über die Einsparung von Energie zu informieren. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Modernisierungsmaßnahmen, die nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die Mietsache verbunden sind und nur zu einer © Deutscher Mietgerichtstag, 2011 Verfasser Prof. Dr. Markus Artz, Bielefeld - 82 - V. Artz: Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand unerheblichen Mieterhöhung führen. unerheblichen Mieterhöhung berechtigen. (4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. § 555d Duldung von Modernisierungsmaßnahmen (2) 2Dies gilt nicht, wenn die Maßnahme für ihn, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist. Dabei sind insbesondere die vorzunehmenden Arbeiten, die baulichen Folgen, vorausgegangene Aufwendungen des Mieters und die zu erwartende Mieterhöhung zu berücksichtigen. Die zu erwartende Mieterhöhung ist nicht als Härte anzusehen, wenn die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wird, wie er allgemein üblich ist. (1) Der Mieter hat eine Modernisierungsmaßnahme zu dulden. (2) Eine Duldungspflicht nach Absatz 1 besteht nicht, wenn die Modernisierungsmaßnahme für den Mieter, seine Familie oder einen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen sowohl des Vermieters als auch anderer Mieter in dem Gebäude sowie von Belangen der Energieeffizienz und des Klimaschutzes nicht zu rechtfertigen ist. Die zu erwartende Mieterhöhung einschließlich der künftigen Betriebskosten bleibt bei der Abwägung außer Betracht; sie ist nur im Rahmen des § 559 Absatz 4 zu berücksichtigen. (3) Der Mieter hat dem Vermieter Umstände, die eine Härte nach Absatz 2 oder nach § 559 Absatz 4 begründen, spätestens bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt, in Textform mitzuteilen. (4) Nach Ablauf der Frist nach Absatz 3 sind Umstände, die eine Härte nach Absatz 2 oder nach § 559 Absatz 4 begründen, nur zu berücksichtigen, wenn der Mieter ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war und er dem Vermieter die Umstände sowie die Gründe der Verzögerung bis spätestens zum Beginn der Modernisierungsmaßnahme mitteilt. (4) Aufwendungen, die der Mieter infolge (5) § 555a Absatz 3 gilt entsprechend. einer Maßnahme nach Absatz 1 oder 2 Satz 1 machen musste, hat der Vermieter in angemessenem Umfang zu ersetzen. Auf Verlangen hat er Vorschuss zu leisten. (5) Eine zum Nachteil des Mieters von den (6) Eine zum Nachteil des Mieters Absätzen 2 bis 4 abweichende Vereinbarung abweichende Vereinbarung ist unwirksam. ist unwirksam. © Deutscher Mietgerichtstag, 2011 Verfasser Prof. Dr. Markus Artz, Bielefeld - 83 - V. Artz: Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand § 555e Sonderkündigungsrecht des Mieters bei Modernisierungsmaßnahmen (1) Nach Zugang der (3) 2Der Mieter ist berechtigt, bis zum Ablauf Modernisierungsankündigung kann der des Monats, der auf den Zugang der Mieter das Mietverhältnis außerordentlich Mitteilung folgt, außerordentlich zum Ablauf zum Ablauf des übernächsten Monats des nächsten Monats zu kündigen. kündigen. Die Kündigung muss spätestens bis zum Ablauf des Monats erfolgen, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt. (3) 3Diese Vorschriften gelten nicht bei (2) § 555c Absatz 3 gilt entsprechend. Maßnahmen, die nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die vermieteten Räume verbunden sind und nur zu einer unerheblichen Mieterhöhung führen. (3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. § 555f Vereinbarungen über Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen Die Vertragsparteien können Vereinbarungen über bestimmte Erhaltungsund Modernisierungsmaßnahmen treffen, insbesondere über die 1. zeitliche und technische Durchführung der Maßnahmen, 2. Gewährleistungsund Aufwendungsersatzansprüche des Mieters, 3. künftige Höhe der Miete. (neu) –> § 556c Kosten der Wärmelieferung als Betriebskosten (1) Hat der Mieter die Betriebskosten für Wärme und Warmwasser zu tragen und stellt der Vermieter die Versorgung von der Eigenversorgung auf die eigenständig gewerbliche Lieferung durch einen Wärmelieferanten (Wärmelieferung) um, so hat der Mieter die Kosten der Wärmelieferung als Betriebskosten zu tragen, wenn 1. durch die Umstellung nachhaltig Primäroder Endenergie eingespart oder nachhaltig Energie effizienter genutzt wird und 2. die Kosten der Wärmelieferung die © Deutscher Mietgerichtstag, 2011 Verfasser Prof. Dr. Markus Artz, Bielefeld - 84 - V. Artz: Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand Betriebskosten für die bisherige Eigenversorgung mit Wärme und Warmwasser nicht übersteigen. (2) Der Vermieter hat die Umstellung spätestens drei Monate zuvor in Textform anzukündigen (Umstellungsankündigung). (3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über Wärmelieferverträge zwischen Vermietern und Wärmelieferanten, zum Kostenvergleich nach Absatz 1 Nummer 2 sowie zur Umstellungsankündigung nach Absatz 2 zu erlassen. Hierbei sind die Belange von Vermietern, Mietern und Wärmelieferanten angemessen zu berücksichtigen. (4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. § 559 Mieterhöhung bei Modernisierung § 559 Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen (1) Hat der Vermieter bauliche Maßnahmen durchgeführt, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken (Modernisierung), oder hat er andere bauliche Maßnahmen auf Grund von Umständen durchgeführt, die er nicht zu vertreten hat, so kann er die jährliche Miete um 11 vom Hundert der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. (2) Sind die baulichen Maßnahmen für mehrere Wohnungen durchgeführt worden, so sind die Kosten angemessen auf die einzelnen Wohnungen aufzuteilen. (3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. (1) Hat der Vermieter Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555b Nummer 1 bis 4 durchgeführt, so kann er die jährliche Miete um elf Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. (2) Kosten, die für Erhaltungsmaßnahmen erforderlich gewesen wären, sind nach billigem Ermessen zu ermitteln und von den Kosten der Modernisierungsmaßnahme abzuziehen. § 554 Abs. 3 2 Dabei sind insbesondere die vorzunehmenden Arbeiten, die baulichen Folgen, vorausgegangene Aufwendungen des Mieters und die zu erwartende Mieterhöhung zu berücksichtigen. Die zu erwartende Mieterhöhung ist nicht als Härte anzusehen, wenn die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wird, wie er allgemein üblich ist. (3) Werden Modernisierungsmaßnahmen für mehrere Wohnungen durchgeführt, so sind die Kosten angemessen auf die einzelnen Wohnungen aufzuteilen. (4) Die Mieterhöhung ist ausgeschlossen, soweit sie für den Mieter, seine Familie oder einen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen sowohl des Vermieters als auch anderer Mieter in dem Gebäude sowie von Belangen der Energieeffizienz und des Klimaschutzes nicht zu rechtfertigen ist. Dies gilt nicht, wenn © Deutscher Mietgerichtstag, 2011 Verfasser Prof. Dr. Markus Artz, Bielefeld - 85 - V. Artz: Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand 1. die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wurde, der allgemein üblich ist, 2. die Modernisierungsmaßnahme auf Grund von Umständen durchgeführt wurde, die der Vermieter nicht zu vertreten hatte, oder 3. der Einwand einer Härte wegen nicht fristgemäßer Mitteilung der Gründe nach § 555d Absatz 3 oder 4 nicht zu berücksichtigen ist. (5) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. § 559a Anrechnung von Drittmitteln § 559a Anrechnung von Drittmitteln (1) Kosten, die vom Mieter oder für diesen von einem Dritten übernommen oder die mit Zuschüssen aus öffentlichen Haushalten gedeckt werden, gehören nicht zu den aufgewendeten Kosten im Sinne des § 559. (2) Werden die Kosten für die baulichen Maßnahmen ganz oder teilweise durch zinsverbilligte oder zinslose Darlehen aus öffentlichen Haushalten gedeckt, so verringert sich der Erhöhungsbetrag nach § 559 um den Jahresbetrag der Zinsermäßigung. Dieser wird errechnet aus dem Unterschied zwischen dem ermäßigten Zinssatz und dem marktüblichen Zinssatz für den Ursprungsbetrag des Darlehens. Maßgebend ist der marktübliche Zinssatz für erstrangige Hypotheken zum Zeitpunkt der Beendigung der Maßnahmen. Werden Zuschüsse oder Darlehen zur Deckung von laufenden Aufwendungen gewährt, so verringert sich der Erhöhungsbetrag um den Jahresbetrag des Zuschusses oder Darlehens. (3) Ein Mieterdarlehen, eine Mietvorauszahlung oder eine von einem Dritten für den Mieter erbrachte Leistung für die baulichen Maßnahmen stehen einem Darlehen aus öffentlichen Haushalten gleich. Mittel der Finanzierungsinstitute des Bundes oder eines Landes gelten als Mittel aus öffentlichen Haushalten. (4) Kann nicht festgestellt werden, in welcher Höhe Zuschüsse oder Darlehen für die einzelnen Wohnungen gewährt worden sind, so sind sie nach dem Verhältnis der für die einzelnen Wohnungen aufgewendeten Kosten aufzuteilen. (1) Kosten, die vom Mieter oder für diesen von einem Dritten übernommen oder die mit Zuschüssen aus öffentlichen Haushalten gedeckt werden, gehören nicht zu den aufgewendeten Kosten im Sinne des § 559. (2) Werden die Kosten für die Modernisierungsmaßnahmen ganz oder teilweise durch zinsverbilligte oder zinslose Darlehen aus öffentlichen Haushalten gedeckt, so verringert sich der Erhöhungsbetrag nach § 559 um den Jahresbetrag der Zinsermäßigung. Dieser wird errechnet aus dem Unterschied zwischen dem ermäßigten Zinssatz und dem marktüblichen Zinssatz für den Ursprungsbetrag des Darlehens. Maßgebend ist der marktübliche Zinssatz für erstrangige Hypotheken zum Zeitpunkt der Beendigung der Modernisierungsmaßnahmen. Werden Zuschüsse oder Darlehen zur Deckung von laufenden Aufwendungen gewährt, so verringert sich der Erhöhungsbetrag um den Jahresbetrag des Zuschusses oder Darlehens. (3) Ein Mieterdarlehen, eine Mietvorauszahlung oder eine von einem Dritten für den Mieter erbrachte Leistung für die Modernisierungsmaßnahmen stehen einem Darlehen aus öffentlichen Haushalten gleich. Mittel der Finanzierungsinstitute des Bundes oder eines Landes gelten als Mittel aus öffentlichen Haushalten. (4) Kann nicht festgestellt werden, in welcher Höhe Zuschüsse oder Darlehen für die einzelnen Wohnungen gewährt worden sind, so sind sie nach dem Verhältnis der für die einzelnen Wohnungen aufgewendeten © Deutscher Mietgerichtstag, 2011 Verfasser Prof. Dr. Markus Artz, Bielefeld - 86 - V. Artz: Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand (5) Eine zum Nachteil des Mieters Kosten aufzuteilen. (5) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. abweichende Vereinbarung ist unwirksam. § 559b Geltendmachung der Erhöhung, Wirkung der Erhöhungserklärung § 559b Geltendmachung der Erhöhung, Wirkung der Erhöhungserklärung 1) Die Mieterhöhung nach § 559 ist dem Mieter in Textform zu erklären. Die Erklärung ist nur wirksam, wenn in ihr die Erhöhung auf Grund der entstandenen Kosten berechnet und entsprechend den Voraussetzungen der §§ 559 und 559a erläutert wird. (3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. (1) Die Mieterhöhung nach § 559 ist dem Mieter in Textform zu erklären. Die Erklärung ist nur wirksam, wenn in ihr die Erhöhung auf Grund der entstandenen Kosten berechnet und entsprechend den Voraussetzungen der §§ 559 und 559a erläutert wird. § 555c Absatz 2 gilt entsprechend. (2) Der Mieter schuldet die erhöhte Miete mit Beginn des dritten Monats nach dem Zugang der Erklärung. Die Frist verlängert sich um sechs Monate, wenn 1. der Vermieter dem Mieter die Modernisierungsmaßnahme nicht nach den Vorschriften des § 555c angekündigt hat oder 2. die tatsächliche Mieterhöhung die angekündigte um mehr als zehn Prozent überschreitet. (3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. § 569 Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund § 569 Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (1) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt für den Mieter auch vor, wenn der gemietete Wohnraum so beschaffen ist, dass seine Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. Dies gilt auch, wenn der Mieter die Gefahr bringende Beschaffenheit bei Vertragsschluss gekannt oder darauf verzichtet hat, die ihm wegen dieser Beschaffenheit zustehenden Rechte geltend zu machen. (2) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt ferner vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des (1) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt für den Mieter auch vor, wenn der gemietete Wohnraum so beschaffen ist, dass seine Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. Dies gilt auch, wenn der Mieter die Gefahr bringende Beschaffenheit bei Vertragsschluss gekannt oder darauf verzichtet hat, die ihm wegen dieser Beschaffenheit zustehenden Rechte geltend zu machen. (2) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt ferner vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des (2) Der Mieter schuldet die erhöhte Miete mit Beginn des dritten Monats nach dem Zugang der Erklärung. Die Frist verlängert sich um sechs Monate, wenn der Vermieter dem Mieter die zu erwartende Erhöhung der Miete nicht nach § 554 Abs. 3 Satz 1 mitgeteilt hat oder wenn die tatsächliche Mieterhöhung mehr als 10 vom Hundert höher ist als die mitgeteilte. © Deutscher Mietgerichtstag, 2011 Verfasser Prof. Dr. Markus Artz, Bielefeld - 87 - V. Artz: Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. (3) Ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 gilt: 1. Im Falle des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a ist der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. Dies gilt nicht, wenn der Wohnraum nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist. 2. Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist. 3. Ist der Mieter rechtskräftig zur Zahlung einer erhöhten Miete nach den §§ 558 bis 560 verurteilt worden, so kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs des Mieters nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung kündigen, wenn nicht die Voraussetzungen der außerordentlichen fristlosen Kündigung schon wegen der bisher geschuldeten Miete erfüllt sind. Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. (3) Ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 gilt: 1. Im Falle des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a ist der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. Dies gilt nicht, wenn der Wohnraum nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist. 2. Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist. 3. Ist der Mieter rechtskräftig zur Zahlung einer erhöhten Miete nach den §§ 558 bis 560 verurteilt worden, so kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs des Mieters nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung kündigen, wenn nicht die Voraussetzungen der außerordentlichen fristlosen Kündigung schon wegen der bisher geschuldeten Miete erfüllt sind. (3a) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Absatz 1 liegt ferner vor, wenn der Mieter mit einer Sicherheitsleistung nach § 551 in © Deutscher Mietgerichtstag, 2011 Verfasser Prof. Dr. Markus Artz, Bielefeld - 88 - V. Artz: Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand (4) Der zur Kündigung führende wichtige Grund ist in dem Kündigungsschreiben anzugeben. (5) Eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Mieters von den Absätzen 1 bis 3 dieser Vorschrift oder von § 543 abweicht, ist unwirksam. Ferner ist eine Vereinbarung unwirksam, nach der der Vermieter berechtigt sein soll, aus anderen als den im Gesetz zugelassenen Gründen außerordentlich fristlos zu kündigen. Höhe eines Betrages in Verzug ist, der der zweifachen Monatsmiete entspricht. Die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten sind bei der Berechnung der Monatsmiete nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen. Einer Abhilfefrist oder einer Abmahnung nach § 543 Absatz 3 Satz 1 bedarf es nicht. Absatz 3 Nummer 2 Satz 1 sowie § 543 Absatz 2 Satz 3 sind sinngemäß anzuwenden. (4) Der zur Kündigung führende wichtige Grund ist in dem Kündigungsschreiben anzugeben. (5) Eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Mieters von den Absätzen 1 bis 3 dieser Vorschrift oder von § 543 abweicht, ist unwirksam. Ferner ist eine Vereinbarung unwirksam, nach der der Vermieter berechtigt sein soll, aus anderen als den im Gesetz zugelassenen Gründen außerordentlich fristlos zu kündigen. § 577a Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung § 577a Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung (1) Ist an vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden, so kann sich ein Erwerber auf berechtigte Interessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 erst nach Ablauf von drei Jahren seit der Veräußerung berufen. (1) Ist an vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden, so kann sich ein Erwerber auf berechtigte Interessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 erst nach Ablauf von drei Jahren seit der Veräußerung berufen. (1a) Die Frist nach Absatz 1 gilt auch, wenn vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter 1. an eine Personengesellschaft oder an mehrere Erwerber veräußert worden ist oder 2. zu Gunsten einer Personengesellschaft oder mehrerer Erwerber mit einem Recht belastet worden ist, durch dessen Ausübung dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch entzogen wird. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Gesellschafter oder Erwerber derselben Familie oder demselben Haushalt angehören. (2) Die Frist nach Absatz 1 oder nach Absatz 1a beträgt bis zu zehn Jahre, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist (2) Die Frist nach Absatz 1 beträgt bis zu zehn Jahre, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist © Deutscher Mietgerichtstag, 2011 Verfasser Prof. Dr. Markus Artz, Bielefeld - 89 - V. Artz: Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand und diese Gebiete nach Satz 2 bestimmt sind. Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Gebiete und die Frist nach Satz 1 durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens zehn Jahren zu bestimmen. und diese Gebiete nach Satz 2 bestimmt sind. Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Gebiete und die Frist nach Satz 1 durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens zehn Jahren zu bestimmen. (2a) Wird nach einer Veräußerung oder Belastung im Sinne des Absatzes 1a Wohnungseigentum begründet und an einen der Gesellschafter oder Erwerber veräußert, so beginnt die Frist, innerhalb der eine Kündigung nach § 573 Absatz 2 Nummer 2 oder 3 ausgeschlossen ist, bereits mit der Veräußerung oder Belastung nach Absatz 1a. (3) Eine zum Nachteil des Mieters (3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. abweichende Vereinbarung ist unwirksam. § 578 Mietverhältnisse über Grundstücke und Räume § 578 Mietverhältnisse über Grundstücke und Räume (1) Auf Mietverhältnisse über Grundstücke sind die Vorschriften der §§ 550, 562 bis 562d, 566 bis 567b sowie 570 entsprechend anzuwenden. (2) Auf Mietverhältnisse über Räume, die keine Wohnräume sind, sind die in Absatz 1 genannten Vorschriften sowie § 552 Abs. 1, § 554 Abs. 1 bis 4 und § 569 Abs. 2 entsprechend anzuwenden. Sind die Räume zum Aufenthalt von Menschen bestimmt, so gilt außerdem § 569 Abs. 1 entsprechend. (1) Auf Mietverhältnisse über Grundstücke sind die Vorschriften der §§ 550, 562 bis 562d, 566 bis 567b sowie 570 entsprechend anzuwenden. (2) Auf Mietverhältnisse über Räume, die keine Wohnräume sind, sind die in Absatz 1 genannten Vorschriften sowie § 552 Abs. 1, 555a Absatz 1 bis 3, § 555b, § 555c Absatz 1 bis 3, § 555d Absatz 1 bis 5, § 555e Absatz 1 und 2, § 555f und § 569 Abs. 2 entsprechend anzuwenden. Sind die Räume zum Aufenthalt von Menschen bestimmt, so gilt außerdem § 569 Abs. 1 entsprechend. ZPO (neu) -> § 302a Hinterlegungsanordnung (1) Das Gericht des ersten Rechtszugs erlässt auf Antrag des Klägers wegen der nach Rechtshängigkeit fällig werdenden Geldforderungen eine Hinterlegungsanordnung, soweit 1. die Erweiterung der Klage auf diese Forderungen hohe Aussicht auf Erfolg hat und 2. die Anordnung nach Abwägung der beiderseitigen Interessen zur Abwendung besonderer Nachteile für den Kläger © Deutscher Mietgerichtstag, 2011 Verfasser Prof. Dr. Markus Artz, Bielefeld - 90 - V. Artz: Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand gerechtfertigt ist. Hinsichtlich der abzuwägenden Interessen genügt die Glaubhaftmachung. Streiten die Parteien um das Recht des Klägers, die Geldforderung zu erhöhen, erfasst die Hinterlegungsanordnung den Erhöhungsbetrag nicht. (2) Der Beklagte hat den zu hinterlegenden Betrag jeweils binnen einer Frist von zwei Wochen nach Fälligkeit bei der Hinterlegungsstelle im Bezirk des Prozessgerichts zu hinterlegen. Er hat die Hinterlegung dem Prozessgericht unverzüglich anzuzeigen. (3) Die Kosten der Hinterlegung sind Kosten der Hauptsache. (4) Ändern sich die nach Absatz 1 maßgeblichen Verhältnisse wesentlich, so ist die Hinterlegungsanordnung auf Antrag aufzuheben oder abzuändern. (5) Die Hinterlegungsanordnung tritt außer Kraft, soweit ein Endurteil ergeht, die Klage zurückgenommen oder eine anderweitige Regelung wirksam wird. Das hinterlegte Geld wird entsprechend der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Regelung an die Parteien ausgezahlt. Ist das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, ist der hinterlegte Betrag an den Kläger nur gegen Leistung der Sicherheit auszuzahlen. Eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil findet in Höhe der hinterlegten Beträge nicht statt. (6) Die Entscheidungen nach dieser Vorschrift ergehen durch kurz zu begründenden Beschluss, der nicht anfechtbar ist. § 759 Zuziehung von Zeugen § 759 Zuziehung von Zeugen Wird bei einer Vollstreckungshandlung Widerstand geleistet oder ist bei einer in der Wohnung des Schuldners vorzunehmenden Vollstreckungshandlung weder der Schuldner noch eine zu seiner Familie gehörige oder in dieser Familie dienende erwachsene Person anwesend, so hat der Gerichtsvollzieher zwei erwachsene Personen oder einen Gemeinde- oder Polizeibeamten als Zeugen zuzuziehen. Wird bei einer Vollstreckungshandlung Widerstand geleistet oder ist bei einer in der Wohnung des Schuldners vorzunehmenden Vollstreckungshandlung weder der Schuldner noch ein erwachsener Familienangehöriger, eine in der Familie beschäftigte Person oder ein erwachsener ständiger Mitbewohner anwesend, so hat der Gerichtsvollzieher zwei erwachsene Personen oder einen Gemeinde- oder Polizeibeamten als Zeugen zuzuziehen. © Deutscher Mietgerichtstag, 2011 Verfasser Prof. Dr. Markus Artz, Bielefeld - 91 - V. Artz: Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand § 760 Akteneinsicht; Aktenabschrift § 760 Akteneinsicht; Aktenabschrift Jeder Person, die bei dem Vollstreckungsverfahren beteiligt ist, muss auf Begehren Einsicht der Akten des Gerichtsvollziehers gestattet und Abschrift einzelner Aktenstücke erteilt werden. Werden die Akten des Gerichtsvollziehers elektronisch geführt, erfolgt die Gewährung von Akteneinsicht durch Erteilung von Ausdrucken, durch Übermittlung von elektronischen Dokumenten oder durch Wiedergabe auf einem Bildschirm. Jeder Person, die bei dem Vollstreckungsverfahren beteiligt ist, muss auf Begehren Einsicht der Akten des Gerichtsvollziehers gestattet und Abschrift einzelner Aktenstücke erteilt werden. Werden die Akten des Gerichtsvollziehers elektronisch geführt, erfolgt die Gewährung von Akteneinsicht durch Erteilung von Ausdrucken, durch Übermittlung von elektronischen Dokumenten oder durch Wiedergabe auf einem Bildschirm; dies gilt auch für die nach § 885a Absatz 2 Satz 2 elektronisch gespeicherten Dateien. § 885 Herausgabe von Grundstücken oder Schiffen § 885 Herausgabe von Grundstücken oder Schiffen (1) Hat der Schuldner eine unbewegliche Sache oder ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk herauszugeben, zu überlassen oder zu räumen, so hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen. Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner aufzufordern, eine Anschrift zum Zweck von Zustellungen oder einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. (2) Bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, werden von dem Gerichtsvollzieher weggeschafft und dem Schuldner oder, wenn dieser abwesend ist, einem Bevollmächtigten des Schuldners oder einer zu seiner Familie gehörigen oder in dieser Familie dienenden erwachsenen Person übergeben oder zur Verfügung gestellt. (1) Hat der Schuldner eine unbewegliche Sache oder ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk herauszugeben, zu überlassen oder zu räumen, so hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen. Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner aufzufordern, eine Anschrift zum Zweck von Zustellungen oder einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. (2) Bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, werden von dem Gerichtsvollzieher weggeschafft und dem Schuldner oder, wenn dieser abwesend ist, einem Bevollmächtigten des Schuldners, einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner übergeben oder zur Verfügung gestellt. (3) Ist weder der Schuldner noch eine der bezeichneten Personen anwesend oder wird die Entgegennahme verweigert, hat der Gerichtsvollzieher die in Absatz 2 bezeichneten Sachen auf Kosten des Schuldners in die Pfandkammer zu schaffen oder anderweitig in Verwahrung zu bringen. Bewegliche Sachen, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, sollen unverzüglich vernichtet werden. (4) Fordert der Schuldner die Sachen nicht (3) Ist weder der Schuldner noch eine der bezeichneten Personen anwesend, so hat der Gerichtsvollzieher die Sachen auf Kosten des Schuldners in das Pfandlokal zu schaffen oder anderweit in Verwahrung zu bringen. Unpfändbare Sachen und solche Sachen, bei denen ein Verwertungserlös nicht zu erwarten ist, sind auf Verlangen des Schuldners ohne weiteres herauszugeben. (4) Fordert der Schuldner nicht binnen einer © Deutscher Mietgerichtstag, 2011 Verfasser Prof. Dr. Markus Artz, Bielefeld - 92 - V. Artz: Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand Frist von zwei Monaten nach der Räumung ab oder fordert er ab, ohne die Kosten zu zahlen, verkauft der Gerichtsvollzieher die Sachen und hinterlegt den Erlös; Absatz 3 Satz 2 bleibt unberührt. Sachen, die nicht verwertet werden können, sollen vernichtet werden. binnen einer Frist von einem Monat nach der Räumung ab oder fordert er die Sachen ab, ohne die Kosten zu zahlen, veräußert der Gerichtsvollzieher die Sachen und hinterlegt den Erlös; die §§ 806, 814 und 817 gelten entsprechend. Sachen, die nicht verwertet werden können, sollen vernichtet werden. (5) Unpfändbare Sachen und solche Sachen, bei denen ein Verwertungserlös nicht zu erwarten ist, sind auf Verlangen des Schuldners jederzeit ohne weiteres herauszugeben. § 885a Beschränkter Vollstreckungsauftrag (neu) -> (1) Der Vollstreckungsauftrag kann auf die Maßnahmen nach § 885 Absatz 1 beschränkt werden. (2) Der Gerichtsvollzieher hat in dem Protokoll (§ 762) die beweglichen Sachen zu dokumentieren, die er bei der Vornahme der Vollstreckungshandlung vorfindet. Er kann bei der Dokumentation Bildaufnahmen in elektronischer Form herstellen. (3) Der Gläubiger kann bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, unverzüglich wegschaffen und hat sie zu verwahren. Bewegliche Sachen, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, kann er unverzüglich vernichten. Der Gläubiger hat hinsichtlich der Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. (4) Fordert der Schuldner die Sachen beim Gläubiger nicht binnen einer Frist von einem Monat nach der Einweisung des Gläubigers in den Besitz ab, kann der Gläubiger die Sachen verwerten. Die §§ 372 bis 380, 382, 383 und 385 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden. Eine Androhung der Versteigerung findet nicht statt. Sachen, die nicht verwertet werden können, sollen vernichtet werden. (5) Mit der Mitteilung des Räumungstermins weist der Gerichtsvollzieher den Gläubiger auf die Bestimmungen der Absätze 3 und 4 hin. (6) Die Kosten nach den Absätzen 3 und 4 gelten als Kosten der Zwangsvollstreckung. © Deutscher Mietgerichtstag, 2011 Verfasser Prof. Dr. Markus Artz, Bielefeld - 93 - V. Artz: Mietrechtsreform 2011/2012 – Aktueller Stand § 940a Räumung von Wohnraum § 940a Räumung von Wohnraum (…) Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung nur wegen verbotener Eigenmacht oder bei einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben angeordnet werden. (1) Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung wegen verbotener Eigenmacht oder bei einer konkreten Gefahr für Leib und Leben angeordnet werden. (2) Liegt gegen den Mieter ein vollstreckbarer Räumungstitel vor, so darf die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung auch gegen Personen angeordnet werden, die ohne Kenntnis des Vermieters Besitz an diesen Räumen begründet haben. (3) Ist Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs erhoben, darf die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung angeordnet werden, wenn der Beklagte einer Hinterlegungsanordnung (§ 302a) nicht Folge leistet. (4) In den Fällen des Absatzes 2 und 3 hat das Gericht den Verfügungsgegner vor Erlass einer Räumungsverfügung anzuhören. © Deutscher Mietgerichtstag, 2011 Verfasser Prof. Dr. Markus Artz, Bielefeld - 94 -