Neun Gänge, kompakt und effizient Die Generation Y begeistern

Transcription

Neun Gänge, kompakt und effizient Die Generation Y begeistern
D as Z F - M a g azi n
I A A S p e c ia l
Sparwunder 9HP
Neun Gänge, kompakt
und effizient
KONZERNSTRATEGIE
Die Generation Y begeistern
ZF BEI DER SUPER GT
FULL
SPEED
2.2013
Editorial
„Mit unseren Lösungen zur
Elektromobilität bieten wir
effiziente Spitzentechnik, die
auch großen Spaß macht.“
“
„drive DIAL
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Vorstandsvorsitzender DR. Stefan sommer
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GT-Re
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Inne
Auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA)
in Frankfurt sehen wir wieder viele interessante PkwNeuheiten. Die meisten davon sind mit immer effizienter arbeitenden Verbrennungsmotoren oder Hybridantrieben ausgestattet. Auch die reinen Elektrofahrzeuge findet man immer häufiger. Mit seinem selbst
entwickelten Elektroantrieb hat der ZF-Konzern hier
ein konkurrenzfähiges Zukunftsprodukt im Portfolio.
Gerade weil die Elektromobilität sich technisch so
sehr vom gewohnten Antriebskonzept durch die Verbrennungsmaschine unterscheidet, sollten – ja müssen – wir dies zum Anlass nehmen, Automobilität insgesamt neu zu denken.
Dazu kommt, dass die junge Generation ein eigenes
Verhältnis zum Auto entwickelt und andere Ansprüche daran stellt. Primär Transportmittel statt Statussymbol oder Carsharing statt eigenem Automobil sind
nur zwei Beispiele für den Bedeutungswandel. Heute
genügt es nicht mehr, wenn Hersteller nur innovative
Technik anbieten, sie muss auch intuitiv und kinder-
leicht zu bedienen sein. ZF ist traditionell für seine
ausgefeilten Lösungen in Antriebs- und Fahrwerktechnik bekannt, die häufig Branchenbenchmark sind.
Dennoch, viele Autofahrer interessieren sich nicht für
die komplexen Vorgänge im Hintergrund, die nötig
sind, damit ein Automatgetriebe ebenso perfekt sanft
oder sportlich schaltet oder damit adaptive Dämpfer
auch aus der Fahrt über eine holprige Straße ein ruhiges Dahingleiten machen. Gleichzeitig stellen sich
viele technische Fragen neu: Gibt es für Lenkrad, Pedale oder Schalthebel keinen moderneren Ersatz?
Oder: Wie lässt sich der Fahrer noch intelligenter unterstützen, ohne ihm das Gefühl der Bevormundung
zu geben? Kein Zweifel, gefragt ist weiterhin ausgefeilte Technik, eingebettet in ein stimmiges Bedienkonzept und ein zeitgemäßes Design. All dies steigert
zum einen den Spaß am Autofahren, zum anderen
erhält das Auto den starken „Ich-will-das-Produkt-Faktor“, wie ihn etwa die Geräte des erfolgreichen USComputerherstellers Apple seit Jahren besitzen.
„drive“ in Bewegung
Sie schätzen unser Printmagazin „drive“? Dann sollten Sie sich dazu
aus dem App-Store auch die kostenlose „drive“-App für iPad und iPhone
herunterladen. Folgen Sie einfach dem Link auf www.zf.com/drive-app
2.2013
3
Inhalt
20
morgen
…werden sich
Funktion und Einsatzmöglichkeiten
des Autos radikal
geändert haben.
Globalisierung
Arbeitswelt
12
Auf der Suche nach
dem Y-Faktor
Gut ausgebildete Millennials erobern
den ­Arbeitsmarkt: was sie erwarten
und was der Konzern ihnen bietet.
MOBILITÄT
20
D ie Zukunft hat schon
begonnen
Wie die Mobilität von morgen aussieht und welche Technologien ZF
schon heute dafür im Angebot hat.
TECHNOLOGIE
42
HeiSSe Tage in Sepang
Seit dieser Saison sponsert ZF die
japanische Super GT. Ein Bericht vom
einzigen Auslandsrennen in Malaysia.
48
r ennen im XXL-Format
Wie bereitet ein Fahrer sich und seine
1100-PS-Zugmaschine aufs Truck
Race vor? „drive“ war live dabei.
Essay
54
A uf dem elektrischen
highway in die zukunft
Können sich E-Autos während der
Fahrt selbst aufladen? Ein Essay
von US-Mobilitätsforscher
Dr. Sven Beiker.
IAA SPECIAL
24
24
9 HP
Vorhang auf! ZF präsentiert das weltweit erste 9-Gang-Getriebe für Pkw.
Das 9HP...
... ist ein Beispiel
für maximale Effizienz bei Automatgetrieben von ZF.
29
Mitfühlende Intelligenz
Die 9HP-Steuerungselektronik
hat ZF gleich mit entwickelt und
produziert sie auch selbst.
30
„Grenzen bewusst
überschreiten“
CEO Dr. Stefan Sommer über das ZFKonzept­fahrzeug, über Innovationen,
E-Mobility und Leichtbau.
32
a uf einen blick
Die Innovationen von ZF auf der IAA
in der großen Übersicht zum
Aufklappen.
38
4
Hybrid aus dem Baukasten
Die Hybridtechnik verspricht bis auf
Weiteres die größte Energieeffizienz.
40
T iefer Blick in die Karten
Im Vorfeld der IAA stellte ZF
der internationalen Fachpresse
die IAA-Neuheiten vor.
12
54
der Y-Faktor
… erklärt von zwei
Generation-Y-Mitarbeiterinnen und
zwei HR-Experten
von ZF.
Übermorgen
… laden sich
E-Autos vielleicht
während der Fahrt
per Induktion auf.
2.2013
52
405 Millimeter über
der Stadt
Niederflurbusse leisten einen
wichtigen Beitrag zu innerstädtischen
Mobilität auf der ganzen Welt.
RubrikEN
6news
Brasilien baut für die Fußball-WM
2014 – Neue Fahrzeuge mit ZF-Technik – Eröffnung des Getriebewerks
im amerika­nischen Gray Court –
ZF-Praxistest
58
G estern und heute
Das Tragflügelboot aus den Fünfzigerjahren und die Katamaranfähre von
heute: Beide sind unterwegs mit
Getrieben von ZF.
59
S ervice
Impressum, Bestellkarten
Ausgewählte Storys
mit weiteren Inhalten
dieser Ausgabe finden
Sie auch in unserer
kostenlos erhältlichen
iPad-App und
iPhone-App unter
www.zf.com/drive-app.
Dieses Icon weist
den Weg zur App.
5
NEWS
Brasilien im Fußball­
fieber: vier neue
Stadien zur WM 2014
Noch wird gehämmert und gemeißelt,
ragen gewaltige Kräne in den Himmel,
donnern Kipplaster im Minutentakt
über die Baustellen. Knapp ein Jahr
vor Beginn der Weltmeisterschaft setzt
WM-Gastgeber Brasilien alles daran,
das Megaspektakel auch infrastruk­
turell zum Erfolg zu führen. Hier im
„Estádio Nacional Mané Garrincha“
in Brasilia etwa werden letzte Arbeiten
an der Dachkonstruktion ausgeführt.
Neben dem Bau neuer Stadien werden
im ganzen Land anspruchsvolle
Bauprojekte realisiert: von hypermo­
dernen Stadt­autobahnen bis zu Bars
und Hotels. Eine echte Heraus­for­
derung für Mensch und Maschine –
und eine Bewährungsprobe für ZFTechnik, die in vielen Lastwagen
und Bau­maschinen im Einsatz ist.
6
2.2013
7
news
Ne ufahrze u ge
Mobil mit ZF-Technik
Der Iveco Urbanway
1
Vom englischen Roadster über
eine neue Generation von Stadtbussen bis zum
bayrischen Reisemotorrad: Diese Fahrzeuge sind neu
mit Technik von ZF auf dem Markt.
ist der erste Vertreter
einer neuen Stadtbusgeneration – mit neuer Optik
6
und verbessertem Fahrgastkomfort etwa durch eine
deutlich erhöhte Stehhöhe. Ausgerüstet ist er mit
dem
6-Gang-Automat­getriebe
energieeffizienten
ZF-EcoLife und ZF-Niederflurachsen sowie mit
Servocom, Lenkwellen, Lenksäulen und einem
Winkel­getriebe von ZF Lenksysteme.
Das Kompaktklassemodell Škoda Octavia 2 wird
seit 1996 produziert. Die neue, dritte Generation
kommt als Diesel mit bis zu 184 und als Benziner
mit bis zu 220 PS. An Bord sind die Elektrolenkung
2
Servolectric von ZF Lenksysteme sowie Schaltungssystem und Kupplungssystem von ZF.
Der Allzwecktraktor Steyr Multi
3
kommt mit
dem TPT11-Lastschaltgetriebe von ZF mit 32 x 32
Gängen und 4-fach-Lastschaltung. Diese Weiter­
entwicklung des bewährten T-500 ist das erste
Getriebe, das beim Anfahren zwei Bereichs­kupp­
lungen nutzt. Überflüssig wird dadurch eine Hauptkupplung, was die Konstruktion einfacher macht,
5
ohne Einbußen in der Funktionalität.
Wenn die 238 Kilogramm schwere Reise-Enduro
BMW R 1200 GS 4
1
über unebene Buckel-
pisten fährt und der Fahrer dennoch bequem
und erschüt­terungsfrei im Sattel sitzt,
liegt das am semiaktiven Dämpfungssystem CDC (bei BMW: „Dynamic
3
ESA“). Weiterhin hat die BMW Elektronik­komponenten von ZF an Bord.
Jahrzehntelang wurde der
Nachfolger des legen­­dären
4
E-Type erwar­tet. Nun ist
der Jaguar F-Type 5 da.
Der Roadster wird in drei Moto­
risierungen angeboten: mit 340, 380 und 495 PS.
Alle drei Versionen sind mit dem 8-Gang-Automat­
getriebe
samt
Drehmomentwandler
von
ZF
ausgestattet. Neben Elektronik- und Fahrwerk­
komponenten
ist
die
nisch
elektro­
gesteuerte
Lenkung Servotronic von ZF Lenksysteme an Bord.
Das neue Zweitürer-Cabrio Opel Cascada
6
kommt mit Motorisierungen zwischen 120 und
195 PS auf den Markt. ZF liefert das adaptive
Dämpfungssystem CDC, Kupplungssystem sowie
Elektronik- und Fahrwerkkomponenten. Von ZF
Lenksysteme kommt die Elektrolenkung Servolectric inklusive Lenksäule und Lenkzwischenwelle.
8
2.2013
9
news
Nachhaltigkeitsbericht
Verantwortung
dokumentiert
Seit Juli ist der erste Nachhaltigkeitsbericht von ZF
online. Er orientiert sich am branchenübergreifenden Berichtsstandard der Global Reporting Initiative
und informiert über Unternehmensführung, Ökonomie, Umwelt, Arbeitspraktiken, Menschenrechte,
Produktverantwortung und Gesellschaft. ZF berichtet über deren aktuellen Stand sowie über Maßnahmen für weitere Fortschritte in den einzelnen Bereichen. Dies schafft Transparenz über die Aktivitäten
von ZF zur nachhaltigen Unternehmensführung.
Künftig erscheint der Bericht jährlich. Download
unter: www.zf.com/nachhaltigkeit
Feierliche Eröffnung durch
CEO Dr. Stefan Sommer
(2. v. r.) gemeinsam mit
Nikki Haley, Gouverneurin
von South Carolina,
Werksleiter Dr. Ludger
Reckmann und Andreas
Brand, Oberbürgermeister
von Friedrichshafen (v. r.).
Nachhaltigkeits
bericht
2012
ZF Forum
Neue Zentrale wächst
Neues Werk in den USA eröffnet
„Näher am Kunden“
Mit einem Festakt hat ZF Ende Juli das neue Werk für Pkw-Automat­­ge­triebe in Gray
Court im US-Bundesstaat South Carolina eingeweiht. Neben dem bereits erfolgreich im
Markt platzierten Achtganggetriebe wird hier auch das neue 9HP für Fahrzeuge mit
Front-Quer-Antrieb produ­ziert. Mit Kosten von rund einer halben Milliarde Euro ist das
Werk die größte Einzel­investition in der Geschichte von ZF. „Wir sind stolz und glücklich,
nun auch im Mutterland des Automatgetriebes mit einem Produktionsstandort vertreten
zu sein“, sagte der Vorstandsvorsitzende Dr. Stefan Sommer bei der Werkseröffnung.
„Das ist ein großer Schritt, um näher an unsere Kunden heranzurücken und den wichtigen Markt Nordamerika künftig noch besser erschließen zu können.“
zitiert
„Heute befeuern
sie mit ihren Ideen und
Entwicklungen
auch die Elektro- und
Hybrid­antriebe der
Autohersteller.“
„handelsblatt“
über Zulieferer wie
ZF und bosch
10
Das ZF Forum nimmt Gestalt an. Fünf Kräne drehen sich derzeit weithin
sichtbar über dem Rohbau an der Löwentaler Straße in Friedrichshafen.
Wenn ZF im Jahr 2015 sein 100-jähriges Bestehen feiert, wird das
Gebäude der neue Konzernhauptsitz mit 600 Arbeitsplätzen sein und
Raum für Kultur und Ausstellungen bieten.
ZF-Praxistest
And the
winner is …
Der Škoda Octavia ist der beste Kompaktwagen Deutschlands. Das ist das
Ergebnis des ZF-Praxistests, der in
diesem Jahr bereits zum fünften Mal
stattfand. Der Test ist eine Kooperation
mit der Zeitschrift „autoTEST“. Es ist
der einzige Autotest Deutschlands, bei
dem die Autofahrer die Wagen selbst
testen und bewerten. Zur Wahl standen
24 Modelle der Kompaktklasse, zehn
wurden von 28 000 Lesern ins Finale
gewählt und von Leser-Juroren auf der
Teststrecke des ADAC-Fahrsicherheitszentrums in Schlüsselfeld ausgiebig
getestet. Der Škoda Octavia holte im
Test 8,44 von 10 möglichen Punkten.
1. Platz
Škoda Octavia
2. Platz
Audi A3 Sportback
3. Platz
VW Golf
2.2013
Formula Student
Elektroantrieb fürs
Race Camp
Der Konstruktionswettbewerb Formula Student ent­
wickelt sich zum Rennen um die innovativsten Bauteile für Elektromobilität. Erstmals hat ZF einem
Rennteam Komponenten seines neu entwickelten
Elektroantriebs zur Verfügung gestellt. Ende Juni
konnten die Studenten ihre Fahrzeuge beim Race
Camp in Friedrichshafen testen. Ernst wurde es für
115 Teams bei der Formula Student Germany 2013
am Hockenheimring: 75 Gruppen traten im Wettbewerb mit Verbrennungsmotoren (FSC) an, 40 bei der
Formula Student Electric (FSE). Den ersten Platz in der
FCS-Wertung belegte das von ZF unterstützte Team
der Oregon State University und der DHBW Ravensburg. Das Team der TU Delft siegte in der FSE-Wertung.
11
arbeitswelt
Auf der
Suche
nach dem
Y-Faktor
Die gut ausgebildete Generation Y erobert den
Arbeitsmarkt. Was erwarten die Millennials von
einem Arbeitgeber? Und was kann ZF ihnen bieten?
Generation-YMitarbeiter bei ZF:
Dhanashree Kad (l.)
und Tatiana Paiva
12
2.2013
13
arbeitswelt
S
ie sind jung, sie sind gut aus­
gebildet, motiviert und ha­
ben internationale Erfah­
rung – gut vernetzte Indivi­
dualisten mit ethischem
Anspruch und hohem Be­
darf an Aufmerksamkeit. Und sie wissen
die Macht des demografischen Wandels
auf ihrer Seite: Die „Generation Y“ stellt
die Wirtschaft auf die Probe. Sie wird Ar­
beitswelten und Führungskulturen verän­
dern, darin sind sich die Experten einig.
Doch sind die Unternehmen auch darauf
vorbereitet?
„In vielen Fällen sind sie es nicht“, sagte
die Personalwissenschaftlerin Professor
Jutta Rump kürzlich in einem Gespräch
mit der FAZ, „wir wissen, dass die junge
Generation einen Arbeitgeber nach Repu­
tation auswählt und nach Entwicklungs­
möglichkeiten – und dass sie das Unter­
nehmen häufig wegen der Führungskräfte
wieder verlässt.“ Doch was heißt das kon­
kret? Bei ZF wollte man es genau wissen.
Viele junge Ingenieure kommen mit der
Aussicht auf spannende und abwechs­
lungsreiche Aufgaben zum drittgrößten
deutschen Automobilzulieferer. Im Per­
sonal-Marketing arbeitet ZF mit ausge­
wählten Hochschulen zusammen, ein Bot­
schafter-Programm
macht
ehemalige
Praktikanten zu Multiplikatoren und beim
ZF Race Camp im Umfeld der studenti­
schen Rennfahrer-Szene Formula Student
knüpfen viele junge Motorsport-Enthusias­
ten erste Kontakte zum Unternehmen.
Doch wie kann der Konzern diese junge
Generation von Mitarbeitern integrieren
und dauerhaft binden?
Um diese Frage zu beantworten, machte
sich das Unternehmen auf die Suche nach
dem Y-Faktor: Betriebswirtschaftsstuden­
tin Lisa König führte im Herbst 2012 für
ihre Bachelor-Arbeit zwei Online-Befra­
gungen durch – eine mit Berufseinsteigern
der Generation Y, die zweite unter ZFFührungskräften. „drive“ fragte Michael
Wolff, Leiter Personalentwicklungspro­
jekte, Referent Dr. Christian Schudy und
Lisa König nach den „Herausforderungen
für Führungskräfte bei ZF vor dem Hinter­
grund des Wertewandels“.
Frau König, Herr Wolff, Herr Dr. Schudy,
Sie haben die Generation Y im eigenen
Haus untersucht. Was war der Anlass für
diese Studie?
Lisa König: Viele Führungskräfte bei ZF
­lernen diese Generation heute in der täglichen Zusammenarbeit kennen und wollen
14
haben die Möglichkeit, eigenverantwortlich
zu arbeiten und genießen großen Spielraum – wenn es auch nicht immer einfach
ist, das für Berufseinsteiger so zu gestalten.
Aber das sind alles Dinge, die wichtig sind
für die Generation Y.
Wolff: Das Thema hat in jedem Land eine
andere Dimension, es stellt sich etwa in Italien ganz anders dar als in Deutschland.
Für mich persönlich geht es hier eher um
die Digital Natives. Ich gehöre zur Generation X und habe da eine ganz andere Haltung: Ich musste lernen, mit dem Internet
umzugehen, die Generation Y ist mit diesem Vernetztsein aufgewachsen.
Und was ergibt sich Ihrer Studie zufolge
daraus? Haben Sie Überraschungen
­
erlebt?
König: Am meisten überrascht hat uns der
überdeutlich ausgeprägte Wunsch nach
mehr Feedback: 60 Prozent der befragten
Mitarbeiter der Generation Y wollten entschieden mehr Feedback als sie bekommen; das hatten wir nicht erwartet.
Personal-Spezialisten bei ZF: Michael
Wolff (l.) und
Christian Schudy
„Die Kommunikation wandert
zunehmend in digitale Medien.
Ältere Kollegen empfinden
das als Manko.“
Christian Schudy
sie gern besser verstehen. Es geht darum,
das Bewusstsein für die Bedürfnisse der
sogenannten Millennials zu schärfen.
­
Michael Wolff: Das Thema ist ja in den
Medien sehr präsent, aber man muss es
eben auch für das eigene Unternehmen bewerten und in Handlungsempfehlungen
übersetzen.
Müssen Sie ZF nun in ein hippes InternetUnternehmen verwandeln?
Christian Schudy: Die Millennials haben
sehr spezifische Werte und Anforderungen;
mit den meisten können wir gut umgehen.
Wir sind ein Unternehmen mit langer Tradition, guter Reputation und vielen spannenden Tätigkeiten. Unsere Mitarbeiter
2.2013
Wie ist das denn bisher bei ZF?
König: Tatsächlich liegt das Spektrum offenbar zwischen mehrmals wöchentlich
und einmal im Jahr. Ein jährliches Mitarbeitergespräch ist die Regel, aber 91 Prozent der jungen Mitarbeiter sagen, dass sie
mindestens alle sechs Monate ein persönliches Feedback haben möchten. Nur 56 Prozent bekommen es auch zweimal im Jahr.
Wolff: Mein Eindruck ist, die Millennials
hätten am liebsten nach jeder wöchentlichen Präsentation ein Feedback...
König: Noch interessanter ist vielleicht,
dass 58 Prozent der Mitarbeiter von ihren
Vorgesetzten zwar nie um Rückmeldungen gebeten werden, aber 34 Prozent der
Befragten ihrem Chef auch ungefragt
Feedback geben.
Und wie gehen die Chefs mit dieser Situation um?
König: Das ist für Führungskräfte eine
neue Situation. Es gab aber keine Rückmeldungen in der Studie, dass das als unhöflich empfunden wurde. Offenbar haben hier alle Parteien ein Gefühl für Maß
und Ton.
Vielleicht kommunizieren die Digital
Natives gar nicht so ganz anders als eher
analoge Menschen...
Schudy: Doch, tendenziell schon: Die Kommunikation wandert zunehmend in digitale
Medien. Das empfinden ältere Führungs-
kräfte mitunter als Manko, weil sie wichtige
Themen lieber persönlich besprechen. Dafür muss man bei den Jüngeren erst Verständnis schaffen.
Wolff: Ich erlebe das auch in meinen Projekten: Mein Chef klärt Dinge gerne im Gespräch – ich schreibe dagegen lieber mal
schnell eine E-Mail, die auch nicht immer
so ganz formvollendet ist. Diese Kultur,
noch mal schnell eine Info rüberzuschieben, mag nicht jeder. Das wird im Alltag
immer wieder ein Thema.
„Das Interesse
an klassischen
Führungsaufgaben
nimmt bei der
jungen Generation
eher ab.“
Michael Wolff
Millennials irritieren die älteren Kollegen mitunter durch ihre auffallend selbstbewusste Art, die eigenen Ziele zu verfolgen. Gibt es solche Kulturkonflikte auch
bei Ihnen?
Schudy: Menschen unterschiedlichen Alters haben verschiedene Herangehensweisen, das hängt aber auch mit Persönlichkeit
und Lebensphasen zusammen. Die Jüngeren bringen frischen Wind in das Unternehmen, Ältere wissen aufgrund der Erfahrung
eher, was möglich ist. Wir müssen innovativ sein, aber Effizienz ist auch ein Thema.
Deshalb benötigen wir beides.
Haben Ihre jüngeren Mitarbeiter ein anderes Gefühl für Verantwortung?
Wolff: Unsere jungen Mitarbeiter wollen
früh Verantwortung übernehmen, sie machen einen ehrgeizigen, motivierten Eindruck und dehnen ihren Wirkungskreis
gerne aus. Die Herausforderung für Führungskräfte besteht vor allem darin, die
Leute verantwortlich einzubinden, ohne sie
zu überfordern. Insgesamt sind sie aber
gut durchgetaktet und haben hohe Projektmanagement-Skills. Die meisten haben
schließlich schon ihren ersten Auslandsaufenthalt selbst organisiert.
Folgt aus der hohen Motivation auch ein
Drang nach Führungspositionen?
Wolff: Unserer Beobachtung nach nimmt
das Interesse an klassischen Führungsaufgaben eher ab, da die Generation Y großen
Wert auf eine gute Work-Life-Balance legt.
Hier müssen wir künftig mit guten Instrumenten die Talente aufspüren und gezielt
entwickeln. Mit unserem Trainee-Programm für Nachwuchsführungskräfte bieten wir heute schon ein attraktives Angebot, das auch sehr gut angenommen wird.
Stehen Ihre jüngeren Mitarbeiter tatsächlich mitten am Tag vom Schreibtisch auf
und gehen ins Fitnessstudio, um abends
noch mal zwei Stunden im Homeoffice zu
arbeiten?
König: Das haben wir in der Studie untersucht: Die meisten arbeiten lieber im Büro,
es gibt aber viel Flexibilität bei ZF. Manche
gehen über Mittag joggen, insgesamt geht
es bei diesem Thema aber mehr um WorkLife-Balance beziehungsweise um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Schudy: Die Rahmenbedingungen sind bei
uns natürlich etwas anders als bei einem
„Kreativunternehmen“ wie Google. Die
Prozesse in der Produktion sind durchgetaktet, daran kann man nur begrenzt rütteln. Das Thema Flexibilität hat nicht nur
eine Mitarbeiter-, sondern auch eine Unternehmensperspektive, schließlich arbeitet
ZF an verschiedenen Standorten in verschiedenen Zeitzonen und die Produktion
unterliegt Schwankungen. Da ist von allen
Beteiligten Flexibilität gefragt.
Es heißt, die Generation Y frage verstärkt
nach dem Sinn ihres Tuns. Was bedeutet
das im Arbeitsalltag?
Wolff: Die Leute führen nicht einfach ihren
Job aus, sondern sie wollen das Big Picture
ZF-Studie
Für die ZF-Studie wurden zwei
unterschiedliche Online-Befragungen gemacht – eine mit
Berufseinsteigern der Generation
Y und eine mit Führungskräften.
Die Stichprobe der Berufsein­
steiger umfasste 239 Personen,
die bei ZF eine Ausbildung oder
ein duales Studium absolviert
haben. Das Durchschnittsalter
der befragten Mitarbeiter der
Generation Y betrug 25 Jahre.
15
arbeitswelt
Detroit
USA
sehen, den größeren und auch den sozialen
Kontext ihrer Arbeit im Unternehmen. In
der Vermittlung dieser Zusammenhänge
liegt eine genuine Aufgabe für Führungskräfte und die Jungen fragen auch danach.
Dieser Wertewandel hat aber noch einen
zweiten Aspekt: Die junge Generation
möchte nicht primär für Geld arbeiten, da
existieren hohe ethische Ansprüche.
TatIana Paiva
Brasilien
TatIana Paiva
Tatiana Paiva legt Wert
auf ihr Privatleben. Zwar
genießt die studierte
Maschinenbauinge­
nieurin die Möglichkeiten der internationalen
Arbeitswelt, auf Dauer
würde sie für einen
attraktiven Job aber
nicht auf die Nähe zu
Freunden und Verwandten verzichten wollen.
„Ich möchte auch viel
reisen, aber dann doch
immer wieder nach
Hause zurückkommen.“
Welche konkreten Konsequenzen haben
sich aus der Studie für ZF ergeben?
Schudy: Unter anderem verstärken wir gerade unsere Social-Media-Aktivitäten und
im Recruiting haben wir ein Pilotprojekt
laufen, bei dem wir potenzielle Mitarbeiter über die Social-Media-Plattform Xing
ansprechen. Darüber hinaus haben wir
verschiedene Personalentwicklungsprojekte in Planung.
generation Why
Als generation y wird in der
Soziologie jene Generation
junger Menschen genannt, die
um das Jahr 2000 zu den Teenagern zählten. Je nach Quelle
werden sie oft auch als millennials oder digital natives
bezeichnet.
Die Generation Y ist die erste,
die mit Internet und mobiler
Kommunikation groß geworden
ist. Darüber hinaus wird ihr nachgesagt, dass sie alles hinterfragt
und in allem einen Sinn sucht –
deshalb das „Y“, das wie „why“
klingt, zu deutsch: „warum“.
Der Begriff „Generation Y“ dient
auch als Abgrenzung zur Altersgruppe der zwischen Mitte der
1960er- und Ende der 1970erJahre Geborenen, für die der
Schriftsteller Douglas Coupland
1991 in seinem gleichnamigen
Roman den Begriff „Generation
X“ prägte.
Dieser Generation wurde eine
gewisse Ziellosigkeit und ein
Hang zu subkulturellen Milieus
nachgesagt.
16
„Sinnvolle Arbeit
bedeutet Lebensqualität“
2.2013
D
ie brasilianische Maschinenbauerin Tatiana
Paiva ist 25 Jahre alt und arbeitet derzeit als
Trainee im Verkauf von Prüfsystemen bei
ZF in Detroit/Michigan in den USA. Trotz ihrer jungen
Jahre hat sie bereits zwei Dutzend Länder bereist.
Nach Deutschland kam sie erstmals als Studentin. Als
Trainee hat sie unter anderem Bremen, Saarbrücken
und Passau kennengelernt. „Bereits im ersten Jahr hat­
ten wir Trainees die Möglichkeit, uns ein breit gefä­
chertes, internationales Netzwerk aufzubauen“, er­
zählt Tatiana Paiva. Doch auch, wenn die Auslandsauf­
enthalte eine „tolle Erfahrung“ für sie waren – ihre
Zukunft sieht sie in Brasilien: „Ich würde zwar zu Be­
ginn meiner beruflichen Laufbahn ein paar Jahre im
Ausland in Betracht ziehen, aber längerfristig wäre das
keine Option für mich. Ich liebe meine Heimat und
fühle mich dort verwurzelt.“
An ihrem Beruf liebt die Maschinenbauerin vor al­
lem seine Dynamik und die Vielfalt. „Ich wollte in der
Automobilbranche tätig sein, vor allem aber in einem
Unternehmen, das Technologien entwickelt und in
dem ich mit Menschen aus anderen Ländern zusam­
menarbeiten kann.“ Die Aufgabe zählt, das ist für Tati­
ana Paiva eine Frage der Lebensqualität. Sinnvolle Ar­
beit hat für sie auch damit zu tun, dass „ich anderen
damit helfen kann“. Dass Leistung irgendwann hono­
riert wird, steht für sie außer Frage, und Feedback ist
ein Mittel auf dem Weg zum Erfolg. „Es gibt immer
Verbesserungsmöglichkeiten“, sagt die junge Frau,
„die Meinung von Mitarbeitern mit mehr Erfahrung
hilft mir, meine Stärken und Schwächen zu erkennen.
Dann kann ich daran arbeiten, Schwachstellen auszu­
bügeln und mein Potenzial auszuschöpfen.“
Wieviel Y in ihr steckt? Vieles, was das Leben dieser
Generation ausmacht, sei für ihre Eltern – zumindest
in Brasilien – unerreichbar gewesen, sagt sie: „Ich
kenne einen großen Teil der Welt, spreche mehrere
Sprachen und habe Freunde rund um den Globus. Ich
habe Gelegenheit, kulturelle und soziale Unterschiede
aus der Nähe zu erleben und zu lernen, mit ihnen um­
zugehen.“
Im Vergleich mit Älteren entdeckt Tatiana Paiva
eine gute Portion Ungeduld und Verunsicherung unter
den Jungen: „Meine Welt ist stark von Individualismus
und Konkurrenzdenken geprägt“, sagt sie. Sie schätzt
die Gelassenheit der älteren Kollegen, die schon viele
Veränderungen in ihrem Leben gemeistert haben: „Die
haben neue Technologien angenommen, ohne dabei
die positiven Aspekte des Lebens jenseits der Technik
einzubüßen, das ist beachtenswert.“ ■
17
arbeitswelt
China
Schanghai
Indien
Dhanashree Kad
„Feedback gibt mir
Orientierung“
M
it ihren 23 Jahren hat Dhanashree Kad
schon ziemlich viel gesehen von der inter­
nationalen Arbeitswelt. Nach ihrem Ba­
chelor-Abschluss kam die Mechatronikerin als Trai­
nee ins indische ZF-Werk nach Pune (bei Mumbai).
Kaum ein halbes Jahr später wurde sie bereits nach
Friedrichshafen und anschließend nach Saarbrücken
geschickt. Zurzeit arbeitet sie bei ZF (China) Invest­
ment Co. Ltd. in Schanghai. Nach dem Programm
würde sie gern einige Jahre in Deutschland arbeiten
und anschließend ein bis zwei Jahre in Nord- oder
Südamerika. Dhanashree Kad gehört zu der wachsen­
den Gruppe gut ausgebildeter Frauen in Indien, die
für ihren Traumjob – zumindest vorübergehend – al­
les geben. Sie mag die Vorstellung, dass unterschied­
lichste Menschen mit ihren Ideen, Kenntnissen und
Kulturen von überall auf dem Globus verschmelzen.
„Ich habe eine internationale Orientierung – ich
glaube, dafür ist das Internet verantwortlich“, sagt sie.
Seit ihrer Kindheit faszinierten Dhanashree Kad
Fahrzeuge jeder Art, seien es Autos, Motorräder oder
Kräne. Deutschland ist für sie das Mekka der Automo­
bilbranche, ZF der Inbegriff von kreativem Schmelz­
tiegel und Innovation. „Ich wollte ein Rädchen im Un­
ternehmensgetriebe sein und hier bin ich“, sagt sie la­
chend. Die junge Inderin ist bereit, sich anzupassen
für ihre Ziele – Feedback hilft ihr, sie zu erreichen.
Wie alle Trainees bei ZF wird Dhanashree Kad
nach jedem abgeschlossenen Projekt beurteilt. „Mir
gefällt das – es ist wie eine Belohnung, wenn man sich
ins Zeug gelegt hat.“ Feedback gebe ihr Orientierung.
Abends sitzt die Technikerin häufig am PC, unter­
hält sich via Internet mit ihren Eltern und chattet mit
Freunden oder Geschwistern. Nach der Arbeit und am
Wochenende trifft sie sich mit Freunden aus der Ge­
gend. Sich selbst beschreibt sie als „ehrgeizig, impul­
siv, kontaktfreudig, optimistisch, begeisterungsfähig,
flexibel, selbstbewusst und experimentierfreudig“.
Was sie von Älteren unterscheidet? Dhanashree Kad
sagt: „Im Vergleich zu älteren Mitarbeitern bin ich im­
pulsiver – ich lobe, kritisiere und lache häufiger und
bin stärker wettbewerbsorientiert als sie.“ Bei der Ar­
beit freut sie sich über Veränderungen, Kreativität be­
deutet ihr mehr als Erfahrung und im Zweifelsfall be­
vorzugt sie das Experiment. „Ich weiß nicht, ob mich
das als Mitglied der Generation Y kennzeichnet, oder
ob es einfach meine Persönlichkeit ist“, sagt Dhanash­
ree Kad, „ich sehe diese Eigenschaften auch in den
meisten Gleichaltrigen.“ ■
Dhanashree Kad
Als Dhanashree Kad mit
22 bei ZF anfing, war sie
die Jüngste im Traineeprogramm. „Für eine
Inderin bin ich ganz
schön ehrgeizig“, sagt
sie. Und ja, eine leitende
Position würde sie
irgendwann schon
reizen. „Ich kann gar
nichts Falsches daran
finden, sich hohe Ziele
zu stecken – schon gar
nicht, wenn man an
sich glaubt und bereit
ist, hart zu arbeiten.“
Mehr zum Thema
auf der App für
iPad und iPhone:
www.zf.com/drive-app
18
2.2013
Autorin Anja Schnake (Hamburg) ist Journalistin
im Bereich Wirtschaft und Wissenschaft.
Sie ist spezialisiert auf Gesundheits-,
Mitarbeiter- und Weiterbildungsthemen.
19
Mobilität
Die
Zukunft
hat
schon
begonnen
C
arsharing-Autos und Mietfahrräder, die
sich bequem per Smartphone buchen
lassen, Fahrerassistenzsysteme, die das
Risiko für Unfälle minimieren, oder
flexible Tempolimits auf Autobahnen,
die den Verkehrsfluss je nach Verkehrslage steuern – die Veränderungen, die derzeit dank
smarter Technik im Straßenverkehr stattfinden, sind
rasant. Diese Veränderungen könnten der Beginn
einer Zukunft sein, die noch vor wenigen Jahren nach
Science-Fiction klang. Fahrzeuge, die sich teilautonom oder vollautonom ihren Weg durch den Verkehr
bahnen, sind keine allzu ferne Zukunftsmusik mehr.
Im Jahr 2030 wird der typische Großstadtbewohner –
nennen wir ihn Herrn Wolf – beim Begriff Mobilität
vermutlich weniger an seinen privaten Pkw denken,
sondern eher an seine Personal Devices, zu deren Vorgängern unter anderem die Smartphones von heute
zählen. Diese Geräte sind längst zu seinem unentbehrlichen Alltagsassistenten und Organisator der Mobilität geworden: Um Wolfs Arbeitsweg vom Vorort in die
Stadt möglichst angenehm zu gestalten, hat er dort
sein Pendlerprofil hinterlegt. In diesem sind Wohnung
und Arbeitsplatz gespeichert, der Kindergarten seiner
dreijährigen Tochter, Supermärkte und andere Orte,
zu denen er regelmäßig gelangen muss. Nachts gleicht
das mobile Endgerät stets die prognostizierte Verkehrslage mit Wolfs Weg zur Arbeit ab, analysiert das
erwartete Stauaufkommen, Straßensperrungen, Wetterlage, Unfälle, aktuelle Strom- und Kraftstoffpreise
und viele andere Daten. Mit einem Blick sieht Herr
Wolf gleich nach dem Aufstehen, wie er seinen Weg
zur Arbeit am günstigsten zurücklegen kann.
Der Mensch der Zukunft ist nicht mehr allein mit
dem Auto unterwegs, sondern greift je nach Verkehrsund Wetterlage auf verschiedene Verkehrsmittel zurück. Ist ganztägig Sonnenschein angesagt, nimmt er
das Rad. Bei einer für den Abend vorhergesagten Regenfront entscheidet er sich morgens für die Fahrt mit
einem öffentlichen Leihfahrrad und abends für die
Rückfahrt mit der Straßenbahn oder dem Bus. Ist für
den ganzen Tag Regen angesagt und hat er wichtige
Termine, zu denen er trocken und pünktlich erscheinen möchte, ist der Pkw das Verkehrsmittel seiner
Wahl. Während er sich noch einmal im Bett umdreht,
hat sein Personal Device bereits die ideale Route für
diesen Tag errechnet und die Weckzeit entsprechend
der Fahrtzeit angepasst.
Das Automobil wird auch im Jahr 2030 eine wichtige
Rolle im Verkehrsmix spielen. In Aussehen, Funktion und
Einsatzmöglichkeiten wird es sich jedoch radikal
wandeln. Welche Szenarien sind wahrscheinlich und
wieviel Zukunft steckt schon in der Gegenwart?
Automobilhersteller werden zu Mobilitätsanbietern
Der private Pkw-Besitz könnte im Jahre 2030 in Großstädten vollständig aus der Mode gekommen sein. In
kleineren und mittleren Städten wie auf dem Land
werden die Menschen aber weiterhin auf den Pkw angewiesen sein. Statt ausschließlich Autos zu verkau20
2.2013
Verkehrsströme
der Zukunft: Bald
werden die
­Menschen ihre
Mobilität über
Personal Devices,
die Nachfolger der
Smartphones,
organisieren.
fen, haben sich die Automobilhersteller im Jahr 2030
zu Mobilitätsanbietern gewandelt. Neben dem Bau
und dem Verkauf von Fahrzeugen betreiben die Hersteller Flotten von elektrisch und konventionell angetriebenen Carsharing-Fahrzeugen, die in zentralen
Tiefgaragen im gesamten Stadtgebiet verteilt sind. Zur
Auswahl stehen hier je nach Bedarf verschiedene
Fahrzeugtypen und -größen: Zweisitzer, Viersitzer,
Vans, Kleinbusse und Transporter.
An Tagen, an denen sich Herr Wolf für ein Leihfahrzeug entscheidet, bestellt er sich dieses kurzfristig
einfach per App. Fünf Minuten später ist das bestellte
Fahrzeug autonom aus der nahe gelegenen Tiefgarage
bei Herrn Wolf angekommen, die Smartwatch an seinem Handgelenk meldet die Ankunft sanft über einen
Vibrationsalarm und er macht sich auf den Weg.
Ebenso hat sich das Fahrzeugdesign im Jahr 2030
stark verändert. Es hat nur noch wenig mit dem
Fahrzeug von früher zu tun. Die Formen sind fließender und dynamischer. Auch der Innenraum ist stark
verändert. Statt eines Cockpits mit Knöpfen und Anzeigen werden wichtige Informationen wie Geschwindigkeit und Fahrzeugzustand an die Windschutzscheibe projiziert. Viele Fahrzeuge sind teilautonom
oder vollautonom unterwegs.
ZF-Kompetenzen sind weiterhin stark gefragt
Auch im Jahr 2030 ist ZF mit verschiedensten Technologien an Herrn Wolfs Fahrt zur Arbeit beteiligt. Antriebs- und Fahrwerktechnik sind essenziell wichtige
Komponenten für den Bereich der Fahrerassistenzsysteme und somit auch für die weitere Automatisierung
von Fahrzeugen. Für einen teil- oder vollautonomen
Fahrbetrieb sind wichtige ZF-Kompetenzfelder wie
die Lenkung oder das Automatgetriebe zentrale Bausteine. Aber auch andere Komponenten von ZF sind
mittlerweile intelligent und machen den Verkehr sicherer. Fahrerassistenzsysteme verwenden bereits
heute eine Vielzahl von ZF-Technologien. So unterstützt etwa die aktive Hinterachslenkung den Fahrer
beim Einparken. Außerdem senken die Hinterachslenkung ebenso wie die aktive Wankstabilisierung bei
plötzlichen Ausweichmanövern die Schleudergefahr.
Damit erhöhen beide Systeme die Verkehrssicherheit.
Das sogenannte Personal Device dient dem Menschen des Jahres 2030 nicht nur als Organisationshilfe
für den Alltag, sondern fungiert auch als persönlicher
Bordcomputer. Dieser enthält unter anderem Fahrerprofile, etwa die Abstimmung des Antriebs und des
Fahrwerks auf das persönliche Fahrverhalten. Ebenfalls gespeichert sind hier favorisierte Routen, aber
auch Musikvorlieben und weitere Informationen.
Sobald Herr Wolf in das Fahrzeug einsteigt, verbinden sich Fahrzeugcomputer und Personal Device.
Es folgt ein Datenabgleich beider Systeme. Auf der
21
Mobilität
Car-to-X-Kommunikation
Von Fahrzeug zu Fahrzeug werden
Informationen über Baustellen oder
Fahrbahnschäden gesendet. Auch die
Infrastruktur, etwa Verkehrsleitzentralen,
empfängt und überträgt Informationen.
Windschutzscheibe sieht er seine Termine des Tages,
eine 3-D-Navigation und seine persönliche virtuelle Assistentin. Die Schnittstelle zwischen Mensch
und Maschine im Fahrzeug, allgemein als Human
Machine Interface (HMI) bezeichnet, ist maximal verschlankt und intelligent geworden. Das Fahrzeug zeigt
nun die für den jeweiligen Fahrer relevanten Informationen an und zwar genau dann, wenn diese für ihn
von Bedeutung sind. Da Herr Wolf teilweise nicht
mehr selbst durch den Berufsverkehr fahren muss,
kann er diese Zeit produktiv nutzen, etwa für das
Beantworten von Nachrichten an ihn. Dafür hat er
dann abends mehr Zeit für seine Familie. Das Fahrzeug ist für eine sichere Fahrt mit verschiedenen Sensoren wie Laserscanner, Ultraschall und Infrarot ausgestattet. Jede Sekunde werden mehrere Millionen
Bildpunkte erfasst und durch den Bordcomputer zu
einem 3-D-Bild der Umgebung zusammengesetzt.
Fahrzeuge und Infrastruktur tauschen sich ständig
und in Echtzeit über Geschwindigkeit, Position und
Fahrtrichtung aus (Car-to-X-Kommunikation).
Das steckt dahinter
Car-to-Car-Kommunikation
Austausch von Informationen und Daten zwischen Kraftfahrzeugen. Die Fahrzeuge tauschen Daten wie Lenkwinkel,
Position, Richtung und Geschwindigkeit über Funk (WLAN,
UMTS) mit anderen Verkehrsteilnehmern aus. Dabei soll die
„Sichtweite“ des Fahrers mit elektronischen Mitteln verlängert
werden. Das System meldet Notbremsungen, Eis und Aqua­planing, hilft beim Spurwechsel und Einfädeln, warnt vor
Einsatzfahrzeugen und zeigt Unfälle sowie Baustellen an.
Car-to-infrastructure-Kommunikation
Datenaustausch zwischen Fahrzeugen und der Verkehrsinfrastruktur wie Lichtzeichenanlagen und Verkehrsleitzentralen.
Hierbei werden Daten etwa über den Infrastrukturzustand und
Baustellen übertragen. Basisstationen entlang des Straßen­
netzes, sogenannte Road Side Units (RSU), und Induktionsschleifen im Straßenbelag messen die Belegungsstärke von
Straßen und stellen diese Daten Navigationsdienstleistern
oder Fahrzeugführern bereit.
Teilautonome Systeme
Teilautonome Systeme kombinieren mehrere Fahrerassistenzsysteme (Abstandshalter, Spurführung, Notbremsassistent)
miteinander. Der Fahrer kann Entscheidungen noch selbst
treffen und muss jederzeit die Assistenzfunktion durch einen
bewussten Eingriff übersteuern können, etwa um einem
plötzlich auf der Fahrbahn auftauchenden Hindernis auszuweichen.
Vollautonome Systeme
Das Fahrzeug fährt vollständig autonom. Der Fahrer muss
das Fahrzeug nicht überwachen und hat auch keine Möglichkeit zum Eingreifen. Ausweichmanöver werden selbstständig
durch das Fahrzeug eingeleitet.
MESH-Netzwerk
Mesh-Netzwerke (deutsch: vermaschtes Netz) verbinden
Fahrzeuge in Echtzeit miteinander. Bei diesen Netzwerken
erfasst und verbreitet jeder Knoten nicht nur eigene Daten,
sondern dient auch als Relais für andere Knoten und die
Weiterverbreitung der dort anfallenden Daten. Mesh-Netzwerke sind sogenannte Ad-hoc-Netze, das heißt ihre Struktur
wird nicht von einer zentralen Instanz vorgegeben. Sollte
ein Knoten ausfallen, kann er übersprungen und die Information ohne Datenverlust an alle anderen Verkehrsteilnehmer
übertragen werden.
Drive-by-Wire
Drive-by-Wire-Technologien ersetzen mechanische Funktio­nen durch elektronische Systeme. Sie umfassen im Allgemeinen drei Systeme: Brake-by-Wire (Bremsanlage), Steer-byWire (Lenkung) und Electronic Throttle Control (elektronische
Drosselklappensteuerung).
22
Künftig werden die
Sensoren im
Fahrzeug ihre Daten
nicht nur selbst
verarbeiten,
sondern auch
anderen Verkehrsteilnehmern zur
Verfügung stellen.
Dies erhöht die
Sicherheit im
Straßenverkehr.
Straßenverkehr: effizienter und sicherer
Elektronische Steuergeräte und Sensoren in den verschiedenen ZF-Bauteilen liefern Daten, die im Fahrzeug selbst, in anderen Fahrzeugen oder in der Verkehrsinfrastruktur verarbeitet werden. Dies sorgt dafür, dass die Fahrzeuge im Jahr 2030 noch einmal
deutlich energieeffizienter unterwegs sind als heute.
So wird beispielsweise durch die Koordination mit
dem vorausfahrenden Verkehr in Verbindung mit
Windgeschwindigkeit, Gefälledaten und Informationen über Ampelphasen die optimale, kraftstoffeffiziente und damit CO2-arme Fahrstrategie des Automatgetriebes ermittelt. Eine weitere Verbrauchsreduktion
wird durch die optimale Einstellung der Fahrwerkskinematik erzielt.
Darüber hinaus tragen die verarbeiteten Daten
dazu bei, die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen. Dies wird die Anzahl der Verkehrsunfälle bis
zum Jahr 2030 deutlich reduzieren. Beispielsweise erfassen Sensoren in unterschiedlichen Fahrzeugteilen
den aktuellen Straßenzustand – dies kann eine nasse
oder vereiste Fahrbahn sein. Dem Prinzip des intelligenten Bauteils folgend können etwa Querlenker von
ZF die auftretenden Reifenquerkräfte messen und somit den Zustand der Straße erfassen. Diese Daten gehen direkt an andere Fahrzeuge und auch an Verkehrsleitsysteme, die daraufhin den nachfolgenden
Verkehr informieren. Aquaplaning oder das Rutschen
auf schnee- und eisbedeckter Fahrbahn lassen sich so
verhindern. Auch erkennen Schwingungsdämpfer
Schlaglöcher und übermitteln diese Information künftig an nachfolgende Fahrzeuge. Deren aktive Dämpfer
passen dann automatisch ihre Kennlinie an und erhöhen somit den Fahrkomfort.
Einen weiteren Beitrag zur verbesserten Verkehrssicherheit liefert die Synchronisation von Vorfahrt
und Fahrzeugfolgen über ein sogenanntes Mesh-Netzwerk in Echtzeit. Eine für die Fahrzeugkoordination
wichtige Komponente ist unter anderem die Telematiklösung Openmatics von ZF. Die flexible, offene und
herstellerunabhängige Plattform erlaubt es, Daten mit
allen relevanten Fahrzeugsystemen sowie mit weiteren externen Systemen auszutauschen. So sorgen die
2.2013
Baustelle
Fahrbahnschäden
Überschwemmung
von jedem Fahrzeug gewonnenen Daten für einen
energieeffizienteren, reibungsloseren und sichereren
Straßenverkehr.
Herr Wolf ist schließlich pünktlich und sicher an
seinem Ziel angekommen. Nachdem er ausgestiegen
ist, fährt das Fahrzeug selbstständig weiter zum nächsten Fahrgast oder in die nächstgelegene Tiefgarage.
Gleichzeitig überträgt Herrn Wolfs Personal Device
die von ihm zurückgelegte Strecke via Internet an seinen Mobility Service Provider (MSP). Am Monatsende erhält Herr Wolf dann eine genaue Aufstellung
über seine Mobilitätskosten. ■
Autor Martin Randelhoff (Dresden) ist
Experte für Mobilitätskonzepte, Verkehrs- und Infra­struktur­
planung. Sein Blog „Zukunft Mobilität“ wurde 2012 mit dem
Grimme Online Award ausgezeichnet.
23
technologie
IAA SPECIAL
Regisseur
im Verborgenen
Autos sollen möglichst sparsam sein. Dafür gibt es bereits ein
unschlagbares Assistenzsystem: das Automatgetriebe. Moderne
Versionen wie das 9HP von ZF, das weltweit erste 9-GangAutomatgetriebe für Pkw, erhöhen die Effizienz des gesamten
Antriebsstrangs merklich. Ein Fahrbericht.
24
2.2013
25
technologie
IAA SPECIAL
und Fahrzeugcharakteristik abhängen,
aber mit neun Gangstufen und zwei Getriebebaureihen bietet ZF mit dem 9HP
den Autoherstellern vielfache Variationsmöglichkeiten. Zwischen zehn und 16
Prozent sind nach europäischem Normverbrauch NEFZ möglich.
Das ist ein Wort in einem stückzahlstarken Segment. Denn mit dem 9HP zielt ZF
auf Fahrzeuge mit quer eingebautem
Frontmotor – jene Antriebskonfiguration,
die weltweit bei Pkw am häufigsten vorkommt. 75 Prozent aller Fahrzeuge sind so
konstruiert, vom Kompakt- und Kleinwagen über den Van bis zum Kompakt-SUV
wie dem Testfahrzeug Range Rover
Evoque. In der nächsten Modellreihe dieses Fahrzeugs wird das 9HP im Herbst
2013 in die Showrooms rollen, für die letzten Abstimmungen haben ZF und Land
Rover diese Testträger aufgebaut, deren
Antriebsstrang schon „dicht am Serien-
D
26
Einblick in eine Getriebe-Revolution
Wer mit Heribert Scherer zu lange über
Gangzahl und Getriebespreizung – eine
Kennzahl für den kompletten Übersetzungsbereich, der im Fall des 9HP bei imposanten 9,81 liegt – sprechen will, erntet
bald ungeduldige Blicke. Die eigentliche
Ingenieursleistung liegt für den Entwickler
nämlich nicht allein in den neun Gängen,
sondern in Konzept und Konstruktion des
Getriebes: Den mechanischen Aufwand
für neun Gangstufen in den engen Platzverhältnissen eines Front-Quer-Fahrzeugs ▶
Moderne Getriebe wie das 9HP mit seiner
intelligenten Steuerungselektronik
senken den Kraftstoffverbrauch erheblich.
Hoher Gang, niedrige
Drehzahl: Das weiße
Kontroll-Display zeigt
die Prioritäten der
9HP-Schaltstrategie.
er Fahrer bremst den
Kompakt-SUV von der
Landstraße in die Ortschaft herunter. Die Nadel des Drehzahlmessers
tänzelt in der Nähe der
Leerlauf-Markierung. Der Motor ist kaum
zu hören. Auf dem Erprobungs-Display
leuchtet in der untersten Zeile links, dort,
wo die aktuelle Gangstufe dargestellt wird,
ganz unscheinbar eine kleine Sieben. Im
siebten Gang durch die Innenstadt?
Auf die Frage, ob das ein Fehler sein
könne, antwortet Heribert Scherer mit einer Gegenfrage: „Was passiert denn, wenn
Sie leicht Gas geben?“ Der ZF-Ingenieur
war federführend an der Entwicklung des
weltweit ersten 9-Gang-Automatgetriebes
beteiligt. Seinem Lächeln nach zu urteilen
weiß er, was jetzt kommt. Den Blick fest
auf den weißen Kontroll-Monitor des Erprobungsträgers gebannt, folge ich seinem
Rat. Sofort erscheint eine Fünf in der Spal-
stand“ ist, wie Scherer sagt. Weitere Kunden werden folgen, das lässt sich absehen.
Das ZF-Werk in Gray Court im US-Bundesstaat South Carolina, in dem seit Anfang
Juni die Serienproduktion des 9HP läuft,
plant für das erste volle Jahr 400 000 Einheiten. Aufgrund der Nachfrage ist bereits
eine Produktionserweiterung vorgesehen.
tenansicht und verrät eine flinke Doppelrückschaltung. Sie lässt den Motor nur
wenig höher drehen und fühlt sich an wie
eine normale Rückschaltung. Zum Vergleich drücke ich am Ortsausgang den
Gasfuß durch. Nun brüllt der Motor und
ohne Gedenksekunde gibt Gangstufe 3 das
Drehmoment an die Räder weiter.
„Die Schaltstrategie des 9HP hält den
Motor immer auf einem möglichst niedrigen, weil verbrauchsfreundlichen Drehzahlniveau, sofern der Fahrerwunsch das
zulässt“, erklärt Scherer und erzählt von
Vergleichsmessungen. Dabei trat das 9HP
in identisch motorisierten Fahrzeugen gegen marktübliche Front-Quer-Automatgetriebe an, die „nur“ sechs Gänge hatten.
Bei konstanter Fahrt mit 120 Stundenkilometern forderte das 9HP dem Motor 720
Umdrehungen weniger ab. Allein daraus
ergibt sich ein Einsparpotenzial von bis zu
16 Prozent. Die lassen sich zwar nicht pauschalisieren, weil sie von Motorisierung
Zahlen zum 9HP
Vier Radsätze und sechs Schaltelemente bringt das 9HP48 von
ZF auf einem Raum von nur 363
Millimetern Breite unter – typisch
für die Front-Quer-Bauweise, bei
der das Getriebe zwischen
Motorblock und Radaufhängung
Platz finden muss. Mit einem
Netto­gewicht von 86 Kilogramm
(ohne Kühler, inklusive Öl) kann
es ein maximales Eingangs­
drehmoment von 480 Newtonmetern verarbeiten. Für nicht
ganz so leistungsfähige Motoren
wird ZF eine zweite 9HP-Variante
mit 280 Newtonmetern auf den
Markt bringen. Das „kleine“ 9HP
fällt mit 361 Millimetern noch
etwas schmaler aus und wiegt
78 Kilogramm.
Dynamisch und
komfortabel: Ein kurzes
Tippen aufs Gaspedal
und schon gibt das
9HP das Drehmoment
an die Räder weiter.
2.2013
27
technologie
IAA SPECIAL
IAA SPECIAL
Mitfühlende
Intelligenz
warum ZF regelmäßig unter den Top Ten
der deutschen Patentanmelder rangiert.
Schnelle Reaktionszeiten
Und all dieser Aufwand, damit die Autofahrer vom Getriebe möglichst wenig
­mitbekommen. Das 9HP wird von seiner
aufwendigen Steuerungselektronik, die ZF
als erste Steuerungseinheit selbst ent­
wickelt und produziert, auf Schaltkomfort
getrimmt. Die Reaktionszeiten liegen hier
ebenso wie beim 8-Gang-Automatgetriebe
deutlich unterhalb der menschlichen
Wahrnehmungsschwelle. Die Hoch- und
sogar Rückschaltungen sind in der Regel
kaum noch zu spüren. In den meisten
Fahrzeugen ist die Gangstufe des Automatgetriebes nur noch im manuellen Modus
zu sehen, also wenn der Fahrer die auch
im Evoque vorhandenen Schaltpaddel am
Lenkrad nutzt, um auf Wunsch selbst die
Gänge zu wechseln. Der Blick auf die
Ganganzeige am Kontroll-Monitor ist jedenfalls ausschließlich den Erprobungsfahrern vorbehalten.
Generalprobe: Für die
letzte Feinabstimmung
des 9HP bewältigen
Erprobungsträger auf
Basis des Range Rover
Evoque weltweit
unzählige Testkilometer.
unterzubringen und dabei noch den inneren Wirkungsgrad zu erhöhen, das kann
eben nicht jeder. Wie ZF das geschafft hat,
zeigt die „9HP-Story für Techniker“, die
man sich von Scherer am besten an einem
Schnittmodell des Getriebes erzählen
lässt. Sie gibt einen guten Eindruck davon,
wie bei ZF schon bei der Entwicklung dieses kompakten Kunstwerks eins ins andere
greift und wie die vielen Innovationen am
Ende einen großen Plan Wirklichkeit werden lassen: Dass die Radsätze nicht auf einer Längsachse hintereinander angeordnet, sondern teilweise ineinander verschachtelt sind; dass zwei Klauenschaltelemente an Stelle schwerer und
raumgreifender Lamellenkupplungen eingesetzt sind, weil das sowohl die Getriebebaulänge reduziert als auch den inneren
Wirkungsgrad erhöht; dass für die einzelnen Gangstufen nie mehr als drei Schaltelemente geöffnet sein müssen, weil geöffnete Schaltelemente Gift für den Wirkungsgrad sind; dass wegen der voreingelegten Klauenschaltelemente weniger Öl
benötigt wird; dass das 9HP auch ohne
zusätzliche Ölpumpe eine Start-StoppFunktion ermöglicht.
Für einen Laien wäre es am Ende all
dieser Geschichten zwar vermessen zu
behaupten, Konstruktion und Funktion
des 9HP restlos durchschaut zu haben, zumindest aber lässt es schnell verstehen,
28
„Bei der Konstruktion des 9HPKonzeptes sind wir
unkonventionelle
Wege gegangen.
Das ist Innovation.“
heribert scherer
Perfekte Abstimmung
Diese Unauffälligkeit des Getriebes aus
Sicht des Fahrers ist beabsichtigt. Sie steht
im Kontrast zum Bedeutungszuwachs, auf
den das Automatgetriebe und seine Entwickler seit einem guten Jahrzehnt zurückblicken: ein stiller Machtwechsel im Antriebsstrang. Immer komplexere Getriebe
sind die eigentliche Schaltzentrale zwischen Gasfuß des Fahrers und Motor.
Mehr Kraftstoffeffizienz im Verbrennungsmotor lässt sich realisieren, wenn die Bestandteile des Antriebsstrangs perfekt aufeinander abgestimmt werden. Im Verbrennungs-Antriebsstrang der kommenden
Jahrzehnte arbeitet ein elastischer Motor,
der auch im verbrauchsärmeren unteren
Drehzahlbereich noch genug Drehmoment
entfalten kann, einem Automatgetriebe
mit hoher Spreizung zu, das dieses breite
Drehzahlband gut ausnutzt.
Mit wie vielen Gangstufen? Heribert
Scherer kaschiert mit einem freundlichen
Gesicht, dass er die Frage im Grunde nicht
mehr hören kann. „Bei künftigen Getriebegenerationen werden wir uns stärker auf
den Wirkungsgrad konzentrieren als auf
die Gangzahl, wenn wir noch mehr Energieeffizienz als heute erreichen wollen.“
Der Benchmark 9HP wird selbst für die
Ingenieure von ZF nicht so leicht zu knacken sein. Bis dahin werden also noch
viele Erprobungsträger auf den Straßen
der Welt ihre Runden drehen. ■
2.2013
„Elektronik, bitte übernehmen Sie!“ Auch im Automatgetriebe
haben Bits und Bytes Entscheidendes beizutragen. Immer
­größere Flash-Speicher der Getriebesteuerung, immer höhere
Rechengeschwindigkeit. Woran merkt das der Autofahrer?
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F
Dat en men ge Das 9HP ist für 0
Fahrzeuge mit Front-Quer-Motorisierung entwickelt und damit attraktiv 1
für eine ganze Reihe von Automobilherstellern. Damit jeder Hersteller die
0
Getriebesteuerung mit Funktionen
versehen kann, die für das jeweilige
1
Automodell charakteristisch sind,
lässt sich der Datenspeicher um
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30 Prozent erhöhen.
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Fa hr dyn a mi k Viele Fahrzeuge
haben heute voreingestellte Fahr­
programme. In der Regel fehlt auch
der „Sportmodus“ nicht. Die fahrdynamische Kurvenhatz macht erst richtig
Spaß, wenn der Motor stets genügend
Drehzahl für die nächste Fahrsituation
bereithält. Das übernimmt die Getriebesteuerung und passt ihre Schaltstrategie entsprechend an.
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1 1 0 0 1 1 A 1 0
1 1 1 0 0 T 1 0Ko m1f o rt Im Auto sitzen und nicht
wissen, welcher Gang eingelegt ist? Bei
M I K 0 I 0 1 0Pkw 1mit manuellem Schaltgetriebe kann
sich das niemand leisten. Bei Autos mit
ist das hingegen die
0 0 1 L 0 0 0 1Automatgetriebe
0
Regel. Die Gangstufen des 9HP schalten
durch, dass der Fahrer
0 0 A 1 0 0 1 0so komfortabel
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von vielen Gangwechseln gar nichts
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längst passé. Heutige Automatgetriebe
von ZF bekommen über Sensoren jede
Menge Informationen über die jeweilige
Fahrsituation und den Fahrertypus. Die
Elektronik merkt sogar, wie locker beim
Fahrer der Gasfuß sitzt - und passt ihr
Schaltverhalten individuell und ideal an
das Fahrverhalten an.
Aus einer Hand
Software, Speicherchips und hydraulische Aktuatoren haben
heute schon großen Einfluss darauf, wie das Getriebe mit all seinen Radsätzen, Kupplungen und Bremsen funktioniert. Deshalb
übernimmt ZF die Elektronik-Kompetenz mit dem 9HP nahezu
komplett selbst: Die Steuerungselektronik, die dem 9HP seine
energieeffizienten Befehle gibt und sie sofort hydraulisch in die
Realität umsetzt, hat der ZF-Konzern entwickelt und produziert
sie auch selbst. Die Steuerungselektroniker sitzen von Beginn an
mit am Entwicklertisch, wenn neue Automatgetriebe de­signt und
konstruiert werden. ■
29
technologie
IAA S P ECIAL
„ Grenzen bewusst überschreiten“
Vorstandsvorsitzender Dr. Stefan Sommer erklärt im Interview, wie der Konzern
die Zukunftsthemen E-Mobility und Leichtbau verbindet und warum es künftig für
ZF wichtig ist, noch mehr über den eigenen Tellerrand zu blicken.
Herr Dr. Sommer, es hat viele überrascht, dass ZF mit einem Innovationsträger ein komplettes, rein elektrisches
Fahrzeugkonzept vorstellt.
Das war auch unsere Absicht. Wir haben
auf diese Weise deutlich gemacht, dass
wir beim Pkw-Antrieb in Zukunft nicht
nur – um es verkürzt zu sagen – Ansprechpartner für Zahnräder und Wellen
sein wollen. Wir haben alle notwendigen
Kompetenzen, um intelligente und zukunftsweisende Konzepte zu realisieren.
Welche Kompetenzen sind das, wo werden sie am Innovationsträger sichtbar?
Ausgehend von unserer Kernkompetenz
bei Getrieben haben wir in dem Konzeptfahrzeug einen kompletten rein elektrischen Antriebsstrang geschaffen – inklusive Leistungselektronik und Energie­
management. Weil sich auch das Gewicht
auf die Reichweite von E-Fahrzeugen auswirkt, haben wir leichtere Achsen und
Fahrwerkkomponenten entwickelt. Dazu
griffen wir auf unser Leichtbau-Know-how
im Fahrwerk zurück. Nicht zu vergessen:
Wir sind mit einem ansprechenden Be­
dien­konzept und der Definition verschiedener Fahrmodi direkt an der Schnittstelle zum Fahrer präsent. In Summe zeigen wir mit dem Innovationsträger unsere
Gesamtkompetenz für den Pkw.
Welche Vorteile bringt diese Gesamtkompetenz dem Unternehmen?
Sie macht es uns zum einen leichter, die
technischen Herausforderungen für die
künftige Mobilität besser zu lösen, weil
wir alle Anforderungen im Fahrzeug
überblicken. Sie dient zum anderen dazu,
einer jüngeren Generation von Autofahrern, die mit dem Smartphone aufge30
Variation unseres Kernthemas: Wie schaffen wir es mit unserem Wissen über die
komplexe Technologie im Auto, den Fahrerwunsch noch besser umzusetzen.
innovationsträger
Zwei Seiten einer Medaille:
Leichtbau und E-Mobility
Ein Kleinwagen, vollgepackt mit
neu­es­ter Technologie aus Elektromobilität und Leichtbau: das ist der ZF-Innovationsträger. Sein elektrisches Antriebsmodul, zentral auf der Achse angebracht, bietet mit 90 Kilowatt Leistung
hohe Drehmomente schon bei niedrigen
Drehzahlen. Im Fahrwerk zeigt ZF, was
an Gewichtsreduktionen durch Leichtbau möglich ist. Die ZF-Technik,
darunter ein Federbein-Radträgermodul
aus Faser-Kunststoff-Verbund (FKV) und
eine Verbundlenkerhinterachse aus
Stahl und Kohlefaser-Kunststoff-Verbund, wiegen zwischen 16 und 50
Prozent weniger als konventionelle
Achsen und Komponenten aus Stahl.
wachsen ist, zu zeigen, dass ZF-Technik
auch Spaß macht. Dabei können wir noch
mehr über unseren Tellerrand schauen.
Was haben Sie denn da im Blick?
Vor allem die Schnittstelle zum Fahrer.
Hier können wir mit progressiven Bedienkonzepten und -elementen mehr Präsenz
zeigen. Von dort aus dirigiert ein technisch eher desinteressierter Fahrer einen
in seiner Wahrnehmung einfachen, in
Wirklichkeit jedoch hochkomplexen,
stark vernetzten Antriebsstrang, der etwa
auf Telemetrie- und topografische Daten
zugreift. Es geht uns dabei um eine neue
Ist der Innovationsträger nur ein Modell
oder kann er auch produziert werden?
Wir haben generell den Anspruch, Studien und Konzepte auch in Serie herstellen zu können, wenn eine Nachfrage besteht. Deshalb ist die Produktionsfähigkeit immer schon ein Teil der Entwicklung
– so wie aktuell beim Thema Leichtbau
mit Faser-Kunststoff-Verbund. Hier verfügen wir heute über sehr großes Wissen zu
Materialeigenschaften und Design sowie
zu Auslegung, Berechnung und natürlich
zu Produktionsverfahren. Dieses Knowhow machen wir, noch einmal intensiviert durch unser neu eröffnetes Composites Tech Center in Schweinfurt, allen
Divisionen des ZF-Konzerns verfügbar.
Derzeit werden weit weniger E-Fahr­
zeuge abgesetzt als prognostiziert.
Senkt das für ZF die Attraktivität dieser
Technologie?
Wir setzen ja nicht nur auf E-Mobility.
Viele unserer Produkte zielen auf konventionelle Fahrzeuge. Wenn ZF verbrennungsmotorisch betriebene Pkw mit immer effizienteren Getrieben ausstattet,
eröffnet das aufgrund der weiten Verbreitung dieser Fahrzeuge noch bis mindestens 2020 deutlich höhere Einsparungen
beim CO2-Ausstoß. Nach unseren Prognosen ergibt sich erst im Jahr 2030 ein anderes Bild. Deshalb beobachten wir diese
neuen, rein elektromotorischen Technologien jetzt schon intensiv und wirken
mit eigenen Konzepten mit. Beim Leichtbau rechne ich dagegen mit einem viel
2.2013
Bei der Fachpressekonferenz in Schlüsselfeld präsentierte
CEO Stefan Sommer
persönlich die kompakte elektrische
Steuerungs- und
Antriebstechnik des
Innovationsträgers.
früheren Start der Massenfertigung.
Letztlich ist weniger Gewicht im Fahrzeug
auch für konventionelle Fahrzeuge vorteilhaft bei Effizienz und Fahrdynamik.
Wäre dann nicht auch ein „konventioneller“ ZF-Innovationsträger sinnvoll?
Die gibt es längst. ZF hat in den vergangenen Jahren regelmäßig Testträger aufgebaut, in denen Systeme aus Fahrwerk
und Antrieb zu einem besonders leistungsfähigen Regelverbund vernetzt sind.
Dieser wird um unsere Elektronikkompetenz erweitert. Was die Verbindung von
Effizienz im An­
triebsstrang angeht, ist
unser Innovationspotenzial bekannt …
… wofür das 9HP ein Beispiel ist?
Ja, damit haben wir den Benchmark bei
Stufenautomatgetrieben für Front-QuerAnwendungen gesetzt.
Sie sind mit dem Innovationsträger gefahren. Was ging dabei in Ihrem Kopf vor?
Ganz ehrlich? Es hat Spaß ­ge­macht. Drehmoment und Beschleunigungsverhalten
fühlen sich an wie in einem Sportwagen.
Es ist nicht nur ein Vernunftauto. ■
31
8-GangAutomatgetriebe
IAA SPECIAL
Gutes wird noch besser:
die zweite Generation des
8-Gang-Automatgetriebes
Weitere Reduktion der inneren
Schleppmomente machen
das Getriebe noch effizienter
Breites Einsatzspektrum
zwischen 220 und 750 Nm
Eingangsdrehmoment
Höhere Spreizung und leistungsfähigere Torsionsdämpfer
machen weitere Absenkung
der Motordrehzahlen möglich
(Downspeeding)
Enorme Leistung auf engstem
Raum: elektrisches
Achsantriebsmodul
Hochdrehzahlkonzept macht
leistungsstarken, effizienten
elektrischen Antrieb möglich
Spitzenleistung 90 kW,
1 700 Nm Drehmoment
Sehr niedriges Geräuschniveau
Nur 45 kg Gewicht
Die IAA ist die
Elektrisches
Achsantriebsmodul
wichtigste Automobil­
ausstellung der Welt.
Electric Twist
Erleben Sie hier
Beam
die Themen, die ZF
Innovationsvom 12. bis 22.
träger
September
auf
dieser
9HPKlug integriert: Die Studie für
Kleinwagen und Microcars
besteht aus zwei radnahen
Elektromotoren an der
Hinterachse
80 kW Spitzenleistung, gewichtsparendes Hochdrehzahlkonzept
Einfache Fahrzeugintegration
schafft für die Hersteller
Freiheiten bei der Fahrzeuggestaltung
Bessere Fahreigenschaften
aufgrund weniger ungefederter
Massen
Steuerung
Rechengenie mit Reserven:
Steuerungselektronik für 9HP
Innovative Schaltablaufsteuerung
enthält alle Kupplungsregelungen, Adaptionsfunktionen und
Getriebeschutzfunktionen
Elektronische Getriebesteuerung
stellt sicher, dass vom Fahrer
unbemerkt der in jeder
Fahrsituation optimale Gang
gewählt wird
32
ZF demonstriert seine Kompetenzen für Elektromobilitätsund Leichtbau-Lösungen in
einem innovativen Testträger
auf Kleinwagen-Basis
Gesteigerte Reichweite und Fahrdynamik durch komplett optimierten
elektromotorischen Antriebsstrang
mit elektrischem Achsantriebsmodul
und Wechselrichter
Neue Materialien und Konstruktionen
machen das Fahrwerk leichter
und erhöhen so Fahrdynamik und
Reichweite des E-Fahrzeugs:
Leichtbau-Federbein-Radträgermodul, Hybrid-Pendelstütze, Verbundlenker-Hinterachse mit CFKStabilisator und Leichtbau-Dämpfer
Drehschalter zur Fahrstufenwahl
sowie Info-Display als Bedieneinheiten im Cockpit
8-GangAutomatgetriebe
IAA SPECIAL
auf einen blick
Gutes wird noch besser:
die zweite Generation des
8-Gang-Automatgetriebes
Weitere Reduktion der inneren
Schleppmomente machen
das Getriebe noch effizienter
Breites Einsatzspektrum
zwischen 220 und 750 Nm
Eingangsdrehmoment
Höhere Spreizung und leistungsfähigere Torsionsdämpfer
machen weitere Absenkung
der Motordrehzahlen möglich
(Downspeeding)
Von 9HP bis AKC: die ZF-Innovationen auf der
Internationalen Automobilausstellung in der Übersicht
Abkoppelbares Allradsystem
ECOnnect
Bedarfsgerechte automatische
Zuschaltung mindert Schleppverluste des Allradsystems
Gewichtsoptimierte Bauweise
und Abkopplung senken den
Kraftstoffverbrauch um bis
zu fünf Prozent
Die Version mit zwei Kupplungen
am Hinterachsgetriebe ermöglicht
radindividuelle Momentverteilung,
sogenanntes Torque Vectoring.
Damit verbessern sich Traktion
und Fahrstabilität
ECOnnect
Enorme Leistung auf engstem
Raum: elektrisches
Achsantriebsmodul
Hochdrehzahlkonzept macht
leistungsstarken, effizienten
elektrischen Antrieb möglich
Spitzenleistung 90 kW,
1 700 Nm Drehmoment
Sehr niedriges Geräuschniveau
Nur 45 kg Gewicht
Lenkimpulse vom Heck: Active
Kinematics Control (AKC) erhöht
Fahrdynamik und Sicherheit
Aktive elektrische Steller ändern
den Spurwinkel an der Hinterachse
Elektronische Steuerung
synchronisiert Lenkeinschlag der
Hinterachse je nach Fahrsituation
mit den Lenkbewegungen des
Fahrers
Agieren im Regelverbund mit
weiteren aktiven Systemen im
Fahrzeug möglich
Hybridmodul
Doppelter Antrieb ist weniger
Verbrauch: Hybridgetriebe
von ZF
Alle Hybridkomponenten effizient
und platzsparend in das
Getriebe eingepasst
Kraftstoffeinsparung bis
25 Prozent
Alle Hybridfunktionen möglich:
rein elektrisch fahren, boosten
und rekuperieren
Elektrische Power für den
Antriebsstrang: Hybridmodule
von ZF
E-Maschine, Torsionsdämpfer
und Trennkupplung in einem
Bauteil
Deutliche Reduzierung des
Kraftstoffverbrauchs und der
Emissionen
Sehr schneller und leiser
Motorstart (komfortabler StartStopp-Betrieb)
Rückgewinnung von elektrischer
Energie beim Bremsen
Erhöhung der Fahrdynamik
durch Boost-Funktion
Rein elektrisches Fahren durch
Abkoppeln des Verbren­nungs­
motors vom Antriebsstrang
Elektrisches
Achsantriebsmodul
9-GangAutomatgetriebe
Ende 2013 geht die
Weltneuheit 9HP in Serie
Geeignet für Fahrzeuge mit
Front-Quer-Motorisierung –
vom Kleinwagen bis zum
Kompakt-SUV
Kraftstoff- und CO2-Einsparung
von bis zu 16 Prozent im
Vergleich zu bislang in dieser
Fahrzeugkategorie verfügbaren
6-Gang-Automatgetrieben
Innovative Getriebesteuerung,
ebenfalls von ZF
Baukastensystem: zwei Baureihen
(200 und 480 Nm)
Ohne zusätzliche Ölpumpe startstopp-fähig
8-GangHybridgetriebe
AKC
Wechsel­richter
PUM-X45
Entscheidende Schnittstelle:
Wechselrichter von ZF opti­miert Elektrifizierung im Pkw
Kompaktes Design
Optimiert auf ZF-Systemlösung
Vermeidet Energieverluste,
erhöht die Reichweite
LeichtbauFederbein-Rad­
trägermodul
Electric Twist
Beam
Innovatives FKV-Design mit
geschlos­sener Oberfläche
Einsatz alternativer Werkstoffe (CFK
und GFK)
Fahrdynamische Vorteile dank Reduzierung der ungefederten Massen
Bis zu 50 Prozent Gewichtseinsparung
im Vergleich zu konventioneller
Bauweise
Leichtbauachse
Klug integriert: Die Studie für
Kleinwagen und Microcars
besteht aus zwei radnahen
Elektromotoren an der
Hinterachse
80 kW Spitzenleistung, gewichts­parendes Hochdreh­zahlkonzept
Einfache Fahrzeugintegration
schafft für die Hersteller
Freiheiten bei der Fahrzeuggestaltung
Bessere Fahreigenschaften
aufgrund weniger ungefederter
Massen
Weniger Bauteile, weniger
Kilos: revolutionäres
Hinterachskonzept mit
radführender Querblattfeder
aus GFK
Zwölf bis 15 Prozent Gewichts­
einsparung durch GlasfaserKunststoff-Verbund gegenüber
Stahlbauweise
Reduktion von Bauteilen:
weniger Komplexität,
einfachere Montage
Bessere Fahreigenschaften
aufgrund weniger ungefederter
Massen
Innovationsträger
9HPSteuerung
Rechengenie mit Reserven:
Steuerungselektronik für 9HP
Innovative Schaltablaufsteuerung
enthält alle Kupplungsregelungen, Adaptionsfunktionen und
Getriebeschutzfunktionen
Elektronische Getriebesteuerung
stellt sicher, dass vom Fahrer
unbemerkt der in jeder
Fahrsituation optimale Gang
gewählt wird
ZF demonstriert seine Kompe­
tenzen für Elektro­mobilitätsund Leichtbau-Lösungen in
einem innovativen Testträger
auf Kleinwagen-Basis
Gesteigerte Reichweite und Fahr­
dynamik durch komplett optimierten
elektromotorischen Antriebsstrang
mit elektrischem Achsantriebsmodul
und Wechselrichter
Neue Materialien und Konstruktionen
machen das Fahrwerk leichter
und erhöhen so Fahrdynamik und
Reichweite des E-Fahrzeugs:
Leichtbau-Federbein-Radträger­
modul, Hybrid-Pendelstütze, Ver­
bundlenker-Hinterachse mit CFKStabilisator und Leichtbau-Dämpfer
Drehschalter zur Fahrstufenwahl
sowie Info-Display als Bedien­
einheiten im Cockpit
Aktive
Motorlager
Für mehr Komfort im PkwAntriebsstrang
Dämpft alle Schwingungen
des Motors – niederfrequent
und hochfrequent
Gewährleistet hohen Passagier­
komfort auch bei schwingungs­
intensiven Downsizing-Motoren
Leichtbau
CDC
Intelligentes Fahrwerk:
Adaptives Dämpfungssystem
CDC (Continuous Damping
Control)
Mehr Fahrkomfort, Sicherheit
und Fahrdynamik zugleich
Radindividuelle Anpassung
der Dämpfkraft in Sekundenbruchteilen
CDC 1XL als wirtschaftliche
Ausführung nur für die
Hinterachse
vernetzung
Elek trifizierung
effizienz
Servolectric
Geradeaus sparen: Die elektromechanische Servolenkung
verbraucht nur dann Energie,
wenn tatsächlich gelenkt
wird
0,4 bis 0,8 Liter Verbrauchs­
einsparung im Vergleich zu
einer hydraulischen Lenkung
Verschiedene Varianten decken
sämtliche Pkw-Klassen ab
Vernetzungsfähigkeit mit Sicher­
heits- und Fahrer­assistenz­
systemen
8-GangHybridgetriebe
IAA SPECIAL
Doppelter Antrieb ist weniger
Verbrauch: Hybridgetriebe
von ZF
Alle Hybridkomponenten effizient
und platzsparend in das
Getriebe eingepasst
Kraftstoffeinsparung bis
25 Prozent
Alle Hybridfunktionen möglich:
rein elektrisch fahren, boosten
und rekuperieren
Hybridmodul
Elektrische Power für den
Antriebsstrang: Hybridmodule
von ZF
E-Maschine, Torsionsdämpfer
und Trennkupplung in einem
Bauteil
Deutliche Reduzierung des
Kraftstoffverbrauchs und der
Emissionen
Sehr schneller und leiser
Motorstart (komfortabler StartStopp-Betrieb)
Rückgewinnung von elektrischer
Energie beim Bremsen
Erhöhung der Fahrdynamik
durch Boost-Funktion
Rein elektrisches Fahren durch
Abkoppeln des Verbrennungsmotors vom Antriebsstrang
internationalen
Bühne präsentiert.
Absolutes Highlight:
LeichtbauFederbein-Raddas weltweitträgermodul
Leichtbauerste
9-Gangachse
Automatgetriebe
9HP
Innovatives FKV-Design mit
geschlos­sener­Oberfläche
Einsatz alternativer Werkstoffe (CFK
und GFK)
Fahrdynamische Vorteile dank Reduzierung der ungefederten Massen
Bis zu 50 Prozent Gewichtseinsparung
im Vergleich zu konventioneller
Bauweise
Weniger Bauteile, weniger
Kilos:­revolutionäres­
Hinterachskonzept mit
radführender Querblattfeder
aus GFK
Zwölf bis 15 Prozent Gewichtseinsparung durch GlasfaserKunststoff-Verbund gegenüber
Stahlbauweise
Reduktion von Bauteilen:
weniger Komplexität,
einfachere Montage
Bessere Fahreigenschaften
aufgrund weniger ungefederter
Massen
Aktive
Motorlager
Für mehr Komfort im PkwAntriebsstrang
Dämpft alle Schwingungen
des Motors – niederfrequent
und hochfrequent
Gewährleistet hohen Passagierkomfort auch bei schwingungsintensiven Downsizing-Motoren
CDC
Intelligentes Fahrwerk:
Adaptives­Dämpfungssystem­
CDC (Continuous Damping
Control)
Mehr Fahrkomfort, Sicherheit
und Fahrdynamik zugleich
Radindividuelle Anpassung
der Dämpfkraft in Sekundenbruchteilen
CDC 1XL als wirtschaftliche
Ausführung nur für die
Hinterachse
ElEk
37
technologie
IAA SPECIAL
HybrIdE aus dem
Baukasten
sind. Das ist derzeit noch das Manko der
längst serienreifen Technik. Im Autoland
Deutschland machen die derzeit 65 000
Pkw mit Hybridantrieb erst 0,1 Prozent
des Gesamtfahrzeugbestandes aus. Ähnliche Zahlen lassen sich für die USA anführen, einzig in Japan liegt der Anteil der
Hybride etwas höher. Prognosen von Branchenkennern und Unternehmensberatungen sehen jedoch einen rasanten Anstieg
in den kommenden Jahren voraus. „Das
höchste CO2-Einsparpotenzial werden aufgrund ihres hohen Verbreitungsgrades bis
zum Jahr 2020 noch Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb haben“, so Dr. Ralf
Kubalczyk, Leiter Entwicklung Hybridgetriebe bei ZF. „Um das Jahr 2030 könnte
sich dieses Bild aber wandeln. Dann dürften weltweit so viele Hybridfahrzeuge im
Einsatz sein, dass sie den Hauptanteil des
CO2-Einsparpotenzials von Automobilen
tragen.“ ZF zählt dazu auch Plug-in-Hybride sowie elektrische Fahrzeuge mit verbrennungsmotorischem Range-Extender.
Die Kombination aus elektrischem Antrieb und Verbrennungsmotor, der Hybridantrieb, ist eine alte Idee. Der Durchbruch auf
dem Massenmarkt könnte ihr in den kommenden Jahrzehnten
gelingen. Nicht zuletzt dank Technik von ZF.
Im BMW ActiveHybrid 5 arbeitet die
Hybridvariante des
8HP-Automatgetriebes von ZF.
G
eschichte wiederholt sich: In den
Anfangsjahren des Automobils
spielte Strom im Antriebsstrang
schon einmal eine prominente Rolle. Hybridpioniere um das Jahr 1900 gab es einige: Sie reichen von Ferdinand Porsche
und seinem 1902 gemeinsam mit Ludwig
Lohner gebauten „Mixte-Wagen“ – einer
Weiterentwicklung des rein elektrischen
„Lohner-Porsche“ – bis zu den heute nahezu unbekannten belgischen Herstellern
38
Pieper und Auto-Mixte. Der reine Verbrennungsmotor setzte sich erst im entstehenden Auto-Massenmarkt ab 1913 durch.
Den Ingenieuren ließ der wesentlich bessere Wirkungsgrad des E-Antriebs allerdings keine Ruhe. Studien internationaler
Hersteller zeigten immer wieder, wie elektrischer Strom den Pkw antreibt. Knapp
hundert Jahre nach der ersten Entwicklung der Hybridtechnologie brachten der
steigende Ölpreis sowie strengere Gesetze
zur Emissionssenkung den teilelektrischen
Antrieb wieder ins Bewusstsein eines breiteren Publikums – und wenig später in die
Modellkataloge der Autohersteller.
Durchbruch 2030 erwartet
So wichtig Bewusstsein und Modellkataloge sind – ihr Verbrauchs- und Emissionseinsparpotenzial können Hybridfahrzeuge
erst dann realisieren, wenn sie tatsächlich
auf den Straßen dieser Welt unterwegs
2.2013
Baukasten voller Möglichkeiten
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten eröffnet
der Hybridbaukasten von ZF: Auf der Basis hybridfähiger Grundgetriebe lassen
sich individuell Lösungen verwirklichen.
Die dabei eingesetzten Hybridkomponenten stammen aus dem ZF-Produktportfolio. Eine Kernkomponente ist die elektrische Maschine. Je nach Hybridklasse ist
sie in unterschiedlichen Leistungsvarianten erhältlich. Für Vollhybrid-Anwendungen liefert ZF Hybridmodule mit integrierter Trennkupplung – eine technische
Vorbedingung für rein elektrisches Fahren. Ebenso wichtig ist ein effizientes Hybridmanagement: Denn nur damit kann
die Hybrid-Hardware perfekt mit der Steuerungselektronik, Software und Leistungselektronik zusammenspielen. ZF-Kunden
profitieren davon, dass der Technologiekonzern alle Komponenten selbst entwickelt. Diese umfassenden Systemkompetenzen erleichtern die Integration zu einem
kosteneffizienten und vielseitigen Gesamtsystem: Mild-, Voll- und Plug-in-Hybridanwendungen lassen sich mit einem hohen
Prozentsatz an Gleichteilen und somit großen Synergieeffekten verwirklichen. Die
Hybridgetriebe und Hybridkomponenten
von ZF überzeugen bereits in zahlreichen
aktuellen Serienfahrzeugen – unter anderem ist die Hybridvariante des 8-Gang-Automatgetriebes im BMW ActiveHy­
brid 5
und im Audi Q5 hybrid quattro verfügbar.
Das ZF-Hybridmodul wird im Volkswagen
Jetta Hybrid und im Mercedes-Benz S 400
HYBRID verbaut.
„Mit dem Einbau von Modulen ist es
allerdings nicht getan“, sagt Dr. Ralf Kubalczyk. „Das eigentliche Potenzial von Hybrid liegt im Energiemanagement.“ Software und Steuerungselektronik müssen die
Hybrid-Hardware inklusive Leistungselektronik genau im richtigen Fahrzustand so
zuschalten, dass das Auto elektrisch fährt
oder die Batterie über die Bremsenergie
wieder auflädt. „Das ist äußerst komplex.
Die Anzahl der möglichen Fahrzustände
bei einem Hybridgetriebe macht ein Vielfaches dessen aus, was wir bei einem konventionellen Automatgetriebe berücksichtigen müssen“, so Dr. Kubalczyk. Die Leistungselektronik spielt eine wichtige Rolle
bei der Energiewandlung im Hybridsystem. Zum einen wandelt sie die Energie
der Batterie für den Elektromotor von einer Gleichspannung in eine dreiphasige
Wechselspannung. Zum anderen wird die
generatorisch vom Elektromotor gewonnene Energie zurück in Gleichspannung
zum Laden der Batterie gewandelt, etwa
beim Bremsen. Weiterhin fungiert die
Leistungselektronik als Steuergerät für
den elektrischen Antrieb. Sie regelt den
elektrischen Motor und sorgt dafür, dass
die vom Fahrer gewünschte elektrische
Beschleunigung am Antriebsstrang ohne
Zugkraftunterbrechung und ohne Schwankungen bereitgestellt wird.
Zwischenlösung für Plug-in-Hybride
„Baukasten“ ist in der Automobilbranche
ein positiv belegtes Signalwort und lässt an
Wirtschaftlichkeit denken. Doch der Modulbaukasten von ZF hat auch eine strategische Komponente. Im ersten Schritt zielt
er darauf, Hybridfahrzeuge mit überschaubarem Zusatzaufwand anzubieten, weil
wesentliche Elemente des konventionellen
Antriebsstrangs – Motor, Getriebe, Kurbelwelle und Achsgetriebe – weiter genutzt
werden. Sind dann erst einmal möglichst
viele Hybridfahrzeuge auf der Straße,
kommt es auch zu einer weiteren Ausbreitung von Plug-in-Hybriden – bei denen
sich also die Batterie über eine separate
Ladestation aufladen lässt. Diese verleihen
der Weiterentwicklung der Batterietechnik
sowie der elektrischen Infrastruktur –
Stichwort: Ladestationen – einen positiven
Schub, von dem auch reine Elektrofahrzeuge in puncto Kosten und Reichweite
profitieren werden. Dann hätte man jene
beiden Probleme gelöst, die Anfang des
20. Jahrhunderts zum plötzlichen Verschwinden des elektrischen Antriebs aus
dem Automobil geführt haben. ■
Großes Ziel: CO2-Einsparung
Reine E-Fahrzeuge werden in ferner Zukunft sehr viel
CO2 einsparen. Bezogen auf die gesamte
Fahrzeugpopulation liefern ­jedoch konventionelle
Motoren und Hybridmotoren den größten Beitrag.
39
technologie
IAA SPECIAL
Tiefer Blick
in die Karten
Im Vorfeld der IAA bot ZF inter­
nationalen Fachjournalisten die
­Gelegenheit, die Neuheiten des Kon­
zerns auf Herz und Nieren zu testen.
„Viele Autohersteller
müssen sich jetzt
Gedanken machen,
was sie dem
9HP entgegensetzen
können.“
E
in kurzes technisches Briefing
vom CEO – und dann ran ans fahrende Objekt. An diesem lassen
sich alle Fragen direkt mit Ingenieuren besprechen. Nach diesem Rezept bat ZF
Mitte Juni 2013 mehr als 80 Journalisten
aus 19 Ländern zur Fachpressekonferenz.
Mit Blick auf die IAA standen über 40
Fahrzeuge mit ZF-Technik bereit. Hier
konnte man exklusive Fahreindrücke gewinnen, etwa vom ZF-Innova­
tionsträger,
einem Konzept­­
fahrzeug, in dem ZF sein
Know-how zu E-Mobility und Leichtbau
demonstriert (siehe auch S. 30), oder in einem seriennahen Entwicklungsträger mit
dem 9-Gang-Automatgetriebe. Außerdem
war die ganze Breite des ZF-Produktportfolios in Serienfahrzeugen zu entdecken:
vom automatisierten Schaltgetriebe im
Volkswagen up! bis zum Doppelkupplungsgetriebe im Porsche 911, von den
kompletten Vorder- und Hinterachsen im
Mini Countryman bis zum Opel Astra GTC
samt adaptivem Fahrwerk mit CDC. ■
Chris Guile, IHS Automotive, UK
„Erstaunlich
dynamisch –
dieses Elektro­
fahrzeug-Konzept
hat eine sehr
gute Leistung.“
Stephan Hauri,
Automobil Revue, CH, über
den ZF-Innovationsträger
40
2.2013
41
globalisierung
HeiSSe Tage
in Sepang
Die japanische Super GT zählt zu den technisch anspruchsvollsten
Rennserien für Sportwagen. Seit dieser Saison ist ZF Sponsor der
Rennserie. Ein Livebericht vom dritten Lauf in Malaysia.
Hohe Temperaturen, dicker Rennanzug: In Sepang wird
es ziemlich warm
für die Fahrer.
42
2.2013
43
globalisierung
A
m
Renntag
herrscht
schon morgens um acht
Uhr reges Treiben im
Fahrerlager. Die Teams
machen ihr Equipment
fertig und bereiten sich
auf das Rennen vor. Die ersten Fans mit
Zugangsberechtigung fürs Fahrerlager gehen auf die Jagd nach Autogrammen und
Fotos der Fahrer und der unübersehbaren
Race Queens wie in Japan die Grid Girls
genannt werden. Bei den Medien-Profis
wie Fotografen und Kameraleuten herrscht
höchste Konzentration auf die entscheidenden Super-GT-Momente. Es kommt darauf an, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein, und zwar genau in der
Sekunde, in der die Boliden den heißen
Asphalt des Sepang International Circuit
zum Glühen bringen.
Das Rennen auf dem malaysischen Sepang International Circuit ist der einzige
Super-GT-Lauf außerhalb Japans. Wegen
der meist brütenden Hitze gehört er seit
jeher zu den Events, die den Fahrern physische und mentale Höchstleistungen abverlangen. Gefürchtet ist das Rennen in
Malaysia, weil besonders gegen Ende die
Fahrer zu dehydrieren drohen – bis hin
zur Bewusstlosigkeit. Deshalb ist das
Planschbecken hinter dem Fahrerlager ein
willkommenes Mittel zur Abkühlung. Veteranen erinnern sich daran, dass gelegentlich auch die knapp bekleideten Race
Queens zusammen mit den Team-Mitgliedern in den Pool stiegen, was zwar der
Party­stimmung förderlich, der Konzentration auf das bevorstehende Rennen aber
womöglich abträglich war.
Motorrad-Meeting im Vorprogramm
An diesem Renntag sind gegen Mittag die
Tribünen randvoll mit Zuschauern auf der
Suche nach Plätzen, von denen sie nicht
nur das Renngeschehen, sondern auch das
geschäftige Treiben in den verschiedenen
Bereichen und Boxen verfolgen können.
Im Rahmenprogramm werden zunächst
seltene Oldtimer präsentiert. Nach einem
Celebri­ty Race gibt es auf dem Kurs ein
großes, lautes Motorrad-Meeting mit Tausenden Bikern auf unterschiedlichen Marken und Modellen, bevor die Menschenmassen in die Boxengasse strömen.
Nachdem die Massen den Boxenbereich wieder verlassen haben, nehmen die
Teams die letzten Einstellungen an Motor
und Fahrwerk vor, die Fahrer starten ihre
44
Motoren, rollen in die Aufwärmrunden
und nehmen ihre Startposition ein. Nach
einem Grid Walk der Fans, einem Gang
durch die Startaufstellung, der allerdings
sehr kurz ausfällt, geht es los: Kaum
springt die Start­ampel auf Grün, erschallt
das donnernde Röhren der V8-Motoren
der GT500-Boliden über dem Rundkurs.
ZF-Race-Reporter
interviewen wie bei
der DTM an der
Strecke Fahrer und
Fans. Mehr Infos
und Videos auf der
ZF-Facebook-Seite
(vgl. Kasten auf
Seite 47).
Der Sieg ist hart umkämpft
Von der Poleposition kommend dominiert
der Nissan der Teams „Impul“ mit Tsugio
Matsuda aus Japan und João Paulo de Oli­
veira aus Brasilien das Rennen. Trotz eines
Bremsenproblems, das vorübergehend
zum Verlust der Führung führt, können sie
ihr Tempo halten. De Oliveira holt wieder
auf und beendet das Rennen schließlich
als Erster mit 4,09 Sekunden Vorsprung
und einer Gesamtzeit von 1:50‘11,232.
Die ersten Runden des Rennens sind
vor allem geprägt durch den Kampf zwischen dem späteren Sieger und dem Lexus
des Teams „Zent Cerumo“. In Runde vier
touchieren die aggressiv fahrenden Yuji
Tachikawa und Kohei Hirate mit ihrem Lexus den Nissan sogar am Heck. Dieser
lässt sich allerdings nicht aus der Spur
bringen. Dafür kommt der Lexus zwei
Runden später seinerseits nach einem erbitterten Zweikampf mit einem anderen
Konkurrenten vom Kurs ab und verliert an
Boden. Ein geplatzter Hinterreifen in
Runde acht lässt das Team „Zent Cerumo“
schließlich ganz aus dem Rennen um die
vorderen Plätze ausscheiden.
In der GT300-Kategorie ist der Rennverlauf ebenso spannend und dramatisch.
Fahrer Tetsuya Yamano wird gegen Ende
des Rennens ein Opfer der Hitze: Die Kühlung in seinem Rennanzug fällt aus, er
muss sein Tempo drosseln und hat mit
dem Ausgang des Rennens nichts mehr zu
tun. Die drei Top-Positionen sichern sich
schließlich die Honda CR-Z des Teams
Aguri und des Teams Mugen vor dem Mercedes SLS des Teams Gainer mit den Fahrern Katsuyuki Hiranaka aus Japan und
Bjorn Wirdheim aus Schweden. Bis zum
nächsten Rennen in Sugo vergeht noch
fast ein ganzer Monat. Diese Pause werden
die Teams nutzen, um sich neu aufzustellen – und um sich von der drückenden
Schwüle Malaysias zu erholen. ■
Der Grid Walk
durch die Start­
aufstellung fällt
sehr kurz aus.
Sieger vor malaysischer Flagge: der
Nissan GT-R des
Teams „Impul“
Gewonnen: João
Paulo de Oliveira
(2. v. l.) und Tsugio
Matsuda (2. v. r.)
Autor Khairul Azlee Abdullah (Kuala Lumpur)
ist ein motorsportbegeisterter Journalist
und Redakteur des malaysischen
„Traffic Magazine Online“.
2.2013
45
globalisierung
Motorsportverrücktes Asien
Die Harmonisierung von Super GT und DTM bietet ZF große Chancen.
Klasse GT300 sind deutlich mehr Automobilhersteller
vertreten, auch europäische Marken wie Lambor­
ghini, BMW und Mercedes.
Nachdem das Motorsport-Engagement von ZF bislang eher auf Europa konzentriert war, wolle man sich
nun dem japanischen Markt öffnen, betont Moritz Nöding, Motorsportexperte bei ZF. Image und Markenbekanntheit des Konzerns sollen in der japanischen Automobilbranche, bei Ingenieuren, aber auch in der
breiten Öffentlichkeit und bei den Motorsportfans gesteigert werden. Dazu verfolgt ZF insgesamt zwei
Sponsoring-Aktivitäten: Neben der Unterstützung der
Super GT ist das Unternehmen auch technischer Partner von Toyota Racing in der Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC. ZF-Kunde Toyota ist nicht nur der
größte Automobilhersteller der Welt, sondern auch
der Inbegriff des japanischen Nationalstolzes. Für das
Toyota-Team der Rennserie entwickelt ZF derzeit eine
spezielle Langstreckenkupplung und ist auch per
­
Logo am Fahrzeug präsent.
Als Partner der Serie
ist ZF mit seinem
Logo auf allen Startnummern.
Sie ist die bekannteste japanische Rennserie:
die Super GT. Zum zwanzigsten Geburtstag des
Wettbewerbs ist ZF als Sponsor eingestiegen.
S
eit dieser Saison, die am 6. April mit dem
Rennen in Okayama begann, ist ZF offizieller
Partner der Super-GT-Rennserie und mit seinem Logo auf den Startnummern aller Fahrzeuge vertreten. Die Super GT ist die größte und bekannteste
Rennserie in Japan und wird vom Sportsender J Sports
live im Fernsehen übertragen. Japan ist ein motorsportverrücktes Land und bekanntlich die Heimat von
Honda, Nissan und Toyota – dreier wichtiger Geschäftspartner von ZF. Diese drei – Toyota mit seiner
Premium-Marke Lexus – liefern auch alle Fahrzeuge
für die größere Rennklasse GT500. In der kleineren
46
Mehr zum Thema
auf der App für
iPad und iPhone:
www.zf.com/drive-app
Spektakuläre Überholmanöver
Die Super-GT-Rennserie besteht aus acht Rennen, sieben in Japan und dem in Malaysia, auf dem Sepang
International Circuit, auf dem auch der Große Preis
von Malaysia der Formel 1 ausgetragen wird. Die Rennen des Super GT sind deutlich länger als etwa die der
Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft DTM; an die
1000 Kilometer müssen die Fahrer beim längsten Saisonrennen in Suzuka zurücklegen. Die beiden Fahrzeugklassen starten – bei unterschiedlicher Wertung
– im gleichen Rennen. Das sorgt für deutlich mehr
Überhol-Action als bei vielen anderen Rennen. Nach
einer Einführungsrunde geht’s in fliegendem Start los.
Erst jagen die Wagen der größeren Klasse GT500 – mit
bis zu 500 PS – los, die GT300-Fahrzeuge mit bis zu 300
PS starten wenig später. Durch den großen Leistungsunterschied zwischen den Fahrzeugklassen kommt es
schon bald zu den ersten Überrundungen. Das Feld
mischt sich und es gibt spektakuläre Überholmanöver.
Anders als in der DTM gab es bei der Super GT
bislang keine technischen Vereinheitlichungen. Neben der festgeschriebenen maximalen Motorleistung
der beiden Rennklassen existierten keine weiteren
verbindlichen Vorgaben. ZF-Technik ist derzeit bereits
in unterschiedlichen Formen in den Fahrzeugen vertreten: In der GT500 fahren viele Teams mit ZF-Stoßdämpfern, in der kleineren Klasse etliche mit Dämpfern und Kupplungen aus dem Hause ZF.
Doch ab 2014 wird das Reglement der GT500 mit
dem der DTM harmonisiert. Daraufhin könnte es zu
einem vermehrten Austausch zwischen Super GT und
DTM kommen. Davon profitiert ZF, denn dann werden alle GT500-Fahrzeuge auch mit ZF-Kupplungen
unterwegs sein. Davon profitieren aber auch die Hersteller der Rennfahrzeuge. Die Entwicklung eines
Rennwagens ist äußerst kostenintensiv, so Moritz Nöding. Da ist es für einen Hersteller von großem Vorteil,
2.2013
wenn dieses Fahrzeug nicht lediglich in einer Rennserie, sondern in verschiedenen Märkten ohne zusätzliche Entwicklungskosten einsetzbar ist. Außerdem
gibt es in der Super GT nach der technischen
Vereinheitlichung ebenfalls kein technisches Wett­
­
rüsten der Hersteller mehr – auch das ist ein weiterer
Faktor zur Kostenreduktion.
Soweit die nahe Zukunft. In der weiteren Zukunft
könnte ein weiteres spannendes Projekt bevorstehen.
Eine neuerliche Angleichung steht womöglich bevor:
Manga-Atmosphäre: große,
bunte Maskottchen
in der Boxengasse
Es gibt Überlegungen, eine Rahmenrennserie innerhalb der amerikanischen USCR-Rennserie (United
SportsCar Racing) ihrerseits mit DTM und Super GT
zu harmonisieren. Das eröffnet wiederum neue Möglichkeiten für Automobilhersteller und Zulieferer.
Und es ist „für uns eine willkommene Steilvorlage“,
sagt Moritz Nöding. Denn nach der Öffnung hin zum
japanischen Markt hatte sich ZF bereits für 2015 vorgenommen, sein Motorsport-Engagement auf dem USMarkt zu intensivieren. ■
Motorsport: ZF-Facebook-Seite auf Japanisch
Japan liebt den Motorsport – das zeigt
sich auch an der Facebook-Seite, die ZF
Motorsport auf Japanisch eingerichtet hat.
Mehr als 5000 Likes hat die Seite inzwischen erhalten und es gibt eine sehr hohe
Interaktionsrate, sprich Postings werden
häufig kommentiert und weitergeleitet.
Auf der Seite befasst sich ZF natürlich mit
der Super GT, postet News und Bilder rund
ums Renngeschehen. Auch andere Rennen – wie das 24-Stunden-Rennen am
Nürburgring, das in Japan sehr populär ist
– werden hier aufbereitet, .
Weitere Links leiten auf die japanische
Motorsport-Website von ZF und den eigenen YouTube-Channel, auf dem unter
anderem die Beiträge der ZF-Race-Reporter zu sehen sind. Wie bei der DTM
schickt ZF Motorsportfans an die Strecke, die sich selbst ein Bild vom Rennen
machen und Backstage-Einblicke in die
Welt des Motorsports gewinnen kön-
nen. Man setze damit bewusst nicht auf
Hochglanzberichterstattung, sondern auf
Fannähe, unterstreicht ZF-Motorsportexperte Moritz Nöding. „Wir wollen keine
­Fahrer interviewen, die zum 1000sten
Mal das Gleiche erzählen, sondern über
Themen berichten, über die der Fan ansonsten nur wenig erfährt.“
www.facebook.com/zfjapanmotorsport
www.zfmotorsports.jp/
www.youtube.com/user/ZFJapanMotorsports
47
GLOBALISIERUNG
XXL
Rennen im
format
E
insam sieht er aus, wie er da allein auf
der Straße steht. Wobei Straße… ? Wir
befinden uns am Ende der Start- und
Zielgeraden des Nürburgringes. Dort,
wo das breite Asphaltband sich in die
erste scharfe Kurve neigt. Die Tribünen sind leer an diesem Mittwochmittag. Die Sonne
gleißt vom pastellblauen Himmel über der Eifel. Jochen Hahn schreitet quer über die Fahrbahn, den
Blick nach unten gerichtet. Am Innenrand der Kurve
sind die rot-weißen Begrenzungs-Curbs von Bremsspuren gezeichnet. Hahn bückt sich. „Hier, das ist
frisch“, ruft er und hält ein schwarzes Etwas hoch. Ein
Stück Formel-1-Reifen: Vor drei Tagen rasten hier Sebastian Vettel & Co. entlang. Nun sind Jochen Hahn
und seine Kollegen von der FIA European Truck Racing Championship dran, der Europameisterschaft im
Truck Racing. Am Wochenende werden rund zwei
Dutzend Renn-Trucks wie eine Herde junger Stiere in
die erste Kurve preschen.
Jochen Hahn, amtierender Truck-Race-Europameister und mit seinem „Castrol Team Hahn Racing“
Partner von ZF, will beim fünften Lauf der Saison wieder ganz vorn dabei sein. Und während sein MANTruck, bestückt mit dem manuellen Schaltgetriebe
ZF-Ecosplit, im Fahrerlager vom Mechaniker-Team
für das Wochenende fit gemacht wird, sichtet Hahn
die Rennstrecke. Nicht die gesamten gut fünf Kilometer der Grand-Prix-Schleife natürlich. Die kennt der
39-jährige Motorsport-Profi nach 15 Jahren im RaceTruck-Cockpit im Schlaf. Aber diese erste Kurve…
Hier kann sich das Rennen entscheiden, „da musst‘
höllisch aufpasse‘“, erklärt Hahn in warmem Schwarzwälder Zungenschlag. Er bückt sich, streicht mit der
Hand über den Asphalt, so wie ein Skiläufer die
Schneebeschaffenheit vor der Abfahrt begutachtet.
Das Rennen am Nürburgring ist der Höhepunkt jeder TruckRace-Saison. Wie bereitet sich der amtierende Europameister
auf den so wichtigen Wettkampf vor? „drive“ war vor
dem Renn-Wochenende Mitte Juli hinter den Kulissen beim
Team von Jochen Hahn dabei.
48
2.2013
49
GLOBALISIERUNG
„Die Truck-RaceSerie ist wie eine
große Familie,
man hilft sich
gegenseitig.“
Jochen Hahn
Chefmechaniker
Stefan Honens (o.)
arbeitet bis kurz vor
dem Rennen am Truck,
Organisatorin Melanie
Derflinger ist per Funk
immer erreichbar.
Jochen Hahn (o.)
bereitet sich akribisch
auf die Rennen vor,
Junior Lukas (r.) jobbt
als Mechaniker.
„Gutes Pflaster“, sagt er. „Körnig, griffig, mit Grip.“
Dann zündet er sich eine Zigarette an, blinzelt in die
Sonne. „So“, erklärt er, „jetzt muss ich allein sein.“
Zurück im Fahrerlager auf der anderen Seite der
Boxengasse schnappt sich Jochen Hahn einen schwarzen Laptop. „Darin steckt die ganze Wahrheit“, sagt er
– und verschwindet in einem dunklen Kabuff des Service-Trucks. Er muss jetzt das Rennen vom vergangenen Wochenende im österreichischen Spielberg aufarbeiten. Und verdauen. Sein ärgster Konkurrent, der
Spanier Antonio Albacete, konnte in der Gesamtwertung an Hahn vorbeiziehen. Zwar nur um verschwindend wenige Punkte. Aber das wurmt den Champion
von 2011 und 2012. Schon in der ersten Kurve am
Red-Bull-Ring hatte er nicht optimal eingelenkt, der
Spanier knöpfte ihm entscheidende Zehntelsekunden
ab. Die erste Kurve, ausgerechnet. Alle Daten – Zeiten, Spritverbrauch, Beschleunigungswerte – muss
Hahn jetzt analysieren.
Der aufgebockte Truck erinnert an den Terminator
Der Truck steht derweil aufgebockt auf vier Holzklötzen in der Mitte des Team-Lagers. Die Räder sind abmontiert, ebenso alle Chassis-Teile – er erinnert an
den Terminator, wenn hinter dem SchwarzeneggerAntlitz das technische Innenleben sichtbar wird. Auf
dem Tisch neben dem Truck: ein buntes Mosaik aus
Werkzeugen, Radmuttern, Schmieröldosen, Lackspray, Orangenlimonade… Chefmechaniker Stefan
Honens schwitzt, halb kniet er, halb liegt er unter der
Rennmaschine. „Unfall!“, stößt er zwischen den Zähnen hervor. „Feder wechseln!“ Dann steht er auf und
grinst. „Die Teile da sehen ja nicht umsonst so aus.“ Er
50
Familienbetrieb:
Jochen Hahn fährt,
Ehefrau Diana
organisiert, Sohn
Lukas ist Mecha­
niker und Vater
Konrad der
Teamchef (v.r.).
meint die Chassis-Bleche, an denen sich der zweite
Hahn-Mechaniker, Tim Frost, mit Hammer und
Schleifgerät zu schaffen macht. In Österreich ging es
zur Sache. „Das ist echter Motorsport“, hatte Jochen
Hahn vorhin gesagt. „Da gehören Kontakte dazu.“
Wegen dieser „Kontakte“, Kollisionen der Lkw-Boliden meist in Kurven, haben die Mechaniker jetzt viel
zu tun. Und weil das optimale Set-up noch nicht gefunden sei, wie Honens sagt. Der Winter war lang, der
Truck absolvierte zu wenige Testfahrten vor Saisonbeginn. Jetzt müsse man eben im laufenden Rennbetrieb
noch „an ein paar Schräubchen drehen“. Genauer gesagt: vor allem Dämpfer und Stabilisatoren so justieren, dass das Fahrwerk optimale Leistung auf die Strecke bringen kann. Beim Getriebe hin­gegen, sagt der
Chefmechaniker und wischt sich mit ölverschmierter
Hand übers Gesicht, da säße schon alles. Ans Getriebe
müsse er nur alle paar Monate mal ran. Wenn Verschleißteile wie Synchronringe und Eingangswellen
ausgetauscht werden müssten.
Doch fahren die Trucks zum Großteil mit Serientechnik. „Das ist der Reiz des Ganzen”, erklärt Konrad
Hahn, Teamchef, Vater von Pilot Jochen und früher
selbst Truck-Race-Fahrer. Fast alle Teile eines RennLkw stammen aus der Serienproduktion – sie seien
„nur eben neu zusammengewürfelt“, wie der TeamSenior lachend erklärt. Wie genau, das wird natürlich
nicht verraten. Mechaniker Stefan Honens bedauert
ein wenig die Geheimniskrämerei im Profi-Motorsport. Der 45-Jährige schraubt jetzt in seinem achtzehnten Jahr an Race-Trucks. Früher habe man den
Mechaniker-Kollegen der anderen Teams stolz nach
dem Winter die neu aufgebauten Motoren gezeigt,
2.2013
„heute wirft man schon mal lieber eine Plane drüber“,
wenn Besuch von der Konkurrenz ins Haus stünde.
Das Team Hahn ist ein Familienbetrieb. Die Geschäftsführung liegt bei Konrad Hahn und seiner Frau
Marlene, Jochen Hahns Frau Diana ist fürs Marketing
zuständig und der gemeinsame Sohn Lukas, 15, arbeitet während der Ferien bereits als Rennmechaniker
mit. Das familiäre Ambiente überträgt sich auch auf
die Fans. So können an den Renntagen alle zahlenden
Zuschauer auch ins Fahrerlager. Jeder darf den Teams
bei den letzten Vorbereitungen zuschauen – undenkbar in vielen anderen Motorsportserien. „Das ist ja
nicht die Formel 1 hier“, sagt Jochen Hahn, der gerade
seine Laptop-Arbeit beendet hat. Der große Renn­
zirkus erhalte überdurchschnittlich viel Medieninte­
resse. Live an der Strecke sieht das anders aus: Am
Nürburgring verloren sich bei Sebastian Vettels Sieg
50 000 Fans auf den Tribünen, während zum TruckRennen dieses Jahr schließlich weit mehr als 160 000
Besucher kommen. Die erleben dann ein brisantes
Wochenende: Hahn und sein Herausforderer Antonio
Albacete liefern sich in den vier Rennen einen harten
Wettkampf. Im ersten Lauf am Sonnabend siegt Jochen Hahn mit wenigen Zehntelsekunden Vorsprung.
Im zweiten Rennen kollidiert der deutsche Rekordsieger aber mit dem Ungarn Norbert Kiss, sein Truck
muss notoperiert werden. Am Sonntag wendet sich
das Blatt: Im dritten Rennen gewinnt Albacete zunächst knapp vor Hahn, im vierten Lauf aber scheidet
der Spanier mit Reifenschaden aus, Jochen Hahn
kann als Dritter den Rückstand auf den in der Gesamtwertung führenden Albacete auf zwölf Punkte verkürzen. Ein Klacks zur Saisonhalbzeit. Aber zur Tabellen-
spitze hat es nicht gereicht. Obwohl die erste Kurve
diesmal keine Probleme bereitete. Am Abend des Rennens sitzt Jochen Hahn im Team-Lager auf einem Stapel
Reifen. Macht ihn der zweite Platz im Klassement nervös? „Nö“, sagt Hahn. In seinen Augen blitzt es. „Aber
klar, wir wollen nach ganz oben.“ Scheint, als müsse
sich die Konkurrenz auf etwas gefasst machen. ■
Autor Philip Wesselhöft (Hamburg)
ist Journalist und Mitbegründer der
Redaktionsagentur „büro 504“. Schwerpunkte
seiner Berichte sind Reise und Abenteuer.
Das ist Truck Race
Der MAN TGS
18 480 von Jochen
Hahn liefert
1100 PS Leistung
und hat ein
manuelles 16-GangGetriebe von ZF
an Bord.
Truck Race – das sind hart umkämpfte Rennen mit
gut fünf Tonnen schweren Lkw-Zugmaschinen. Der
wichtigste Wettbewerb ist die European Truck Racing
Championship. Der Europameister wird an zehn
Wochenenden ermittelt. Zu jedem EM-Lauf gehören
vier etwa 30-minütige Rennen, in denen Punkte fürs
Gesamtklassement gesammelt werden. Truck Race
stammt ursprünglich aus den USA, wo heute aber
keine vergleichbare Profi-Rennserie mehr existiert.
Truck Race hat sich zu einer bei Motorsportfans be­
sonders beliebten Rennserie entwickelt; am Nürburgring zum Beispiel ist sie heute die umsatzstärkste
Motorsportveranstaltung. Amtierender Europameister ist Jochen Hahn. Die meisten Renn-Lkw
fahren mit Getrieben von ZF. Weitere Infos unter
www.team-hahn-racing.de und www.truckracing.de
51
technologie
405 Millimeter
über der Stadt
Niedriger Einstieg, keinerlei Barrieren im ebenen Gang:
Vollniederflurbusse leisten einen wichtigen Beitrag zur
innerstädtischen Mobilität – auf der ganzen Welt.
W
enn Stadtbusse an Haltestellen
stoppen, zählt jeder eingesparte
Höhenmillimeter. Schließlich
wollen weder die junge Mutter mit Zwillingskinderwagen noch der ältere Herr
mit Gipsbein erst mühsam mehrere Stufen
beim Einstieg überwinden. Klettern müssen sie auch im Innenraum nicht, sofern
ein Vollniederflurbus vor ihnen steht. Im
Gegensatz zu Low-Entry-Bussen ist hier
der gesamte Mittelgang barrierefrei: Sogar
im hinteren Bereich, wo der Antrieb sitzt,
gibt es keine störenden Podeste und Stufen. Dieses Komfortplus beruht meist auf
Portalachsen von ZF. Sie senken den Boden auch im Heck auf bis zu 405 Millimeter. Neben hinteren Portalachsen hat ZF
auch Vorderachssysteme bis hin zu Einzelradaufhängungen im Portfolio.
Während die Passagiere den höheren
Komfort schätzen, freuen sich Verkehrsbetriebe über die dank ZF-Niederflurtechnik wirtschaftlicheren Fahrzeuge. Durch
den einfachen Ein- und Ausstieg, der den
Fahrgastwechsel beschleunigt, verweilen
Niederflurbusse nur halb so lange an jeder
Haltestelle wie konventionelle Busse. In
der Summe ergibt sich eine beträchtliche
Zeitersparnis und eine entsprechend höhere Beförderungskapazität.
Achsen für die ganze Welt
In europäischen Städten sind Vollniederflurbusse seit Langem erste Wahl. Aber
auch global, insbesondere in Megacitys
wie Peking, São Paulo, Santiago de Chile,
Seoul, Taipeh und Teheran werden sie im-
mer beliebter. Ohne Niederflurfahrzeuge
ließe sich das in vielen Millionenstädten
populäre, weil extrem zeitsparende Bus
Rapid Transit (BRT) nur sehr eingeschränkt umsetzen. BRT ist ein Verkehrskonzept, bei dem die Transportmittel auf
eigenen Spuren oder sogar Trassen fahren. Häufig sind dabei die Haltestellen so
konstruiert, dass Fahrgäste zwischen Bus
und Bordstein nicht den geringsten Höhenunterschied überwinden müssen.
Dank Pre-board-Ticketing kommen die
Passagiere schon mit dem passenden
Fahrschein an die Busstation, anstatt ihn
erst beim Fahrer zu kaufen.
ZF beliefert mittlerweile fast alle namhaften Bus-Hersteller weltweit mit Niederflur-Achstechnik. Den Grundstein für die-
50
%
Zeitersparnis bei der Standzeit
ermöglicht die Niederflurtechnik
durch ebenen Einstieg und
barrierefreien Innenraum.
sen Erfolg hat der Konzern bereits vor drei
Jahrzehnten gelegt. Vor 30 Jahren brachte
ZF unter dem Produktnamen AV 130 die
erste Portalachse auf den Markt. Seither
sind viele weitere Varianten gefolgt: mit
integrierten Scheibenbremsen oder für
nichtgetriebene Achsen, wenn lange Gelenkbusse ausgerüstet werden sollen.
Eine neue, abermals leistungsfähigere
und leichtere Generation namens AV 133
hat ZF für 2014 angekündigt. Produziert
werden die Achsen an den ZF-Standorten
in Passau, Hangzhou und Gainesville.
Damit Busse auch fernab von Oberleitungen maximal umweltfreundlich – mit
Hybridsystem oder rein elektrisch – fahren können, hat ZF die Portalachse AVE
130 entwickelt. Da ihre Abmessungen jenen der bewährten Portalachse ähneln,
müssen Bushersteller für sie keinen zusätzlichen Platz schaffen oder neue Fahrzeuge konstruieren. Dies und ein weiterer
Aspekt unterscheidet die Elektro-Portal­
achse von gängigen seriellen Hybridlösungen mit Zentralmotor: Das Gesamtsystem
fällt um 200 bis 500 Kilogramm leichter
aus – für weniger Verbrauch und eine höhere Beförderungskapazität. Außerdem
bietet die Achse alle Niederflur-Vorteile.
Zwei integrierte 120-kW-Elektromotoren
sorgen für den Antrieb. Aktuell sammelt
diese Elektro-Portalachse in Bussen städtischer Verkehrsbetriebe eifrig Testkilometer im Praxiseinsatz, beispielsweise in
Stuttgart und Hamburg. Bis Jahresende
stehen mehrere Kundenprojekte weltweit
vor der Umsetzung. ■
New York USA
Von Schanghai
bis New York fahren
Stadtbusse mit
ZF-Niederflurachsen.
Istanbul Türkei
Schanghai China
52
2.2013
53
essay
Auf dem
elektrischen
Highway in
die Zukunft
zuladen? Das wäre nicht nur eine Antwort
auf die begrenzte Reichweite der Elektroautos, sondern böte auch Vorteile gegenüber allen bisherigen Antriebskonzepten.
Schließlich müsste man nie mehr an die
Tankstelle und es hätte etwas Magisches,
wenn der Akku am Ziel vielleicht sogar
voller wäre als am Start. Für Laien mag
dieses Szenario futuristisch klingen, für
Elektroingenieure dagegen ist die Idee
„Die Idee, elek­
trisch betriebene
Fahrzeuge von
der Straße aus
aufzuladen, ist
weniger utopisch
als sie für Laien
klingt.“
Weltweit denken Wissenschaftler und Ingenieure über neue
E-Mobilitätskonzepte nach. Noch immer gilt mangelnde Reichweite als das Haupthindernis. Jetzt haben Forscher von der
US-Eliteuniversität Stanford eine denkbare Lösung entwickelt.
Dr. Sven Beiker skizziert die Idee, aber auch die Hürden, die
noch zu nehmen sind.
54
N
ach Meinung vieler Experten können Elektrofahrzeuge einen großen
Beitrag dazu leisten,
den CO2-Gehalt der Erdatmosphäre zu reduzieren und den Klimawandel abzumildern.
Dem Erfolg dieser Technologie steht bislang allerdings das Problem mangelnder
Reichweite gegenüber und damit zusammenhängend das, was wir in den USA
„range anxiety“ nennen: die Angst des
Fahrers, irgendwo auf der Strecke ohne
2.2013
Strom liegen zu bleiben. Tatsächlich kommen die meisten Elektroautos mit einer
Ladung gerade mal 150 Kilometer weit.
Dann ist die Batterie leer. Selbst wer es
noch rechtzeitig zu einer Ladestation
schafft, muss dort mehrere Stunden warten, bis er weiterfahren kann. Hier am
Center for Automotive Research at Stanford arbeiten wir mit unseren Kollegen im
Global Climate and Energy Project an einer Lösung dieses Problems. Wäre es möglich, haben wir uns gefragt, das Fahrzeug
während der Fahrt von der Straße aus auf-
nicht exotisch. Das Mittel der Wahl heißt
Magnetresonanz und ihre Grundlagen
sind seit Langem bekannt. Mit Magnetresonanz lässt sich Elektrizität kontaktlos
übertragen, ähnlich der magnetischen Induktion, wie man sie von Ladestationen
elektrischer Zahnbürsten kennt.
Stromleitung unter der Fahrbahn
Technisch lässt sich das so realisieren,
dass unter der Fahrbahn elektrische Spulen verlegt werden und dass unter dem
Elektrofahrzeug eine Empfangsspule aus
55
essay
Fahren und laden
Kontaktlos per Magnetresonanz wird
der Energiespeicher aufgeladen
eiker
Dr. B
Kontrollstelle
Energiespeicher
Energieübertragung
Elektrisches Auto
Elektro­
motor
Batterie
Empfängerspule
Senderspule
+
Stromleitung
„Windparks
entlang der Auto­
bahnen und fahr­
bahnüberspan­
nende Foto­
voltaik-Paneele in
Form von Solar­
dächern könnten
die Energie
­liefern.“
56
finger­dickem Draht installiert wird, auf die
die Energie per Magnetresonanz übertragen wird. Diese Technologie haben wir in
den vergangenen Jahren hier in Stanford
auf ihren Wirkungsgrad und auf die idealen Abstände zwischen Straße und Fahrzeug erforscht und einige Patente dazu
angemeldet. Der Bau eines Prototypen
ließe sich binnen fünf Jahren realisieren.
Wir sind überzeugt, dass wir damit die
Funktionstüchtigkeit und Sicherheit dieser
Technologie nachweisen können.
So weit, so einfach. Aber leider ist die
Welt nicht ganz so simpel, wie das Gesagte
nahelegt. Auch wenn die beschriebene
Technologie im Kleinen bereits funktioniert, sind für die Anwendung im groß-
technischen Maßstab noch eine Reihe von
Problemen zu lösen, die eine ernste Herausforderung für uns darstellen. So verbraucht ein durchschnittlicher Pkw bei
Tempo 100 stündlich immerhin eine Energiemenge von rund 40 Kilowattstunden.
Das bedeutet, dass die entsprechende
Energie, die beim Überfahren einer einzelnen Schlaufe übertragen werden kann,
sehr schnell aufgezehrt wäre. Wie viele
Stationen im Fahrbahnboden sind nötig,
um die Energie zu liefern? Sollen diese alle
zwei, zehn oder nur alle fünfzig Meter angebracht werden? Was geschieht, wenn
tausend Fahrzeuge pro Stunde vorbeikommen und was, wenn es nur drei sind? Und
dann die Laster, die ein Vielfaches an
Energie benötigen. Was passiert, wenn ein
Auto nicht genau mittig über die Fahrbahnspule fährt? Was für eine Kapazität
müssen die Zubringerleitungen haben? Allein diese Fragen zeigen, dass es sich bei
der Energieautobahn um ein hochkomplexes Projekt handelt, vergleichbar vielleicht
mit der Einführung der elektronischen
Lkw-Maut in Deutschland – kombiniert
mit der Einführung des Transrapid.
Um die Fragen angemessen zu beantworten, haben wir unser Forschungsprojekt, das einst bei der Elektrotechnik startete, um ein interdisziplinäres Team erweitert. Nun schauen wir gemeinsam mit Bauingenieuren und Betriebswirten nicht nur
auf die Spulen, sondern auf das Gesamtbild. Wir untersuchen Fragen von gesundheitlichen Auswirkungen der Magnetresonanz über die Einbindung fahrerloser Autos bis hin zu einem funktionierenden
Businessmodell. An großen und komplizierten Aufgaben mangelt es also nicht.
Eine Million Dollar pro Meile
Heute gehen wir davon aus, dass etwa eine
Million Dollar pro Meile und Fahrspur nötig wären, um die Magnetspulen unter
dem Fahrbahnbelag zu verlegen. Das
Hauptmaterial für die Spulen ist Kupfer,
2.2013
also ein vergleichsweise einfaches und
kostengünstiges Produkt gegenüber Seltenen Erden, die hier glücklicherweise
nicht benötigt werden. Nicht beantwortet
ist die Frage, wo die Energie überhaupt
herkommen soll. Im Sinne einer Reduzierung von CO2-Emissionen, die schließlich
die Begründung für den Ausbau der Elektromobilität ist, liegt es nahe, auf regenerative Energien zu setzen. Man könnte
sich Windparks entlang der Autobahnen
vorstellen oder auch fahrbahnüberspannende Fotovoltaikpaneele – eine Art Solardach für die Autobahn. Die nahe am
Einsatzort erzeugte Energie hat auch den
Vorteil, dass Übertragungsverluste über
weitere Strecken vermieden werden. All
dies müssen wir besser beziffern, um entscheiden zu können, ob sich der Einsatz
der Magnetspulen überhaupt lohnen wird,
auch im Kontext von konkurrierenden
Ideen. Schließlich forschen Wissenschaftler weltweit an der Lösung des Reichweitenproblems. Eine Lösung etwa könnte in
einer Hochleistungsbatterie bestehen, die
eine Reichweite von 500 Kilometern und
mehr ermöglicht, eine andere in SuperLadestationen, die solche Batterien in wenigen Minuten aufladen. Ein bedenkenswerter Ansatz sind Oberleitungen. Damit
könnten Lastwagen nach dem Vorbild von
Lokomotiven auf der Autobahn mit Strom
versorgt werden.
Eine schöne und praktikable Lösung
bietet auch der in Deutschland entwickelte E-Buggy. Bei diesem System mieten
Kunden für Fernreisen einen großen Zusatzakku, den sie einfach per kleinem Anhänger mit auf die Strecke nehmen und
am Zielort wieder abgeben. Der Charme
dieses Systems liegt darin, dass am Elek­
troauto nur eine Anhängerkupplung und
ein Stecker nötig sind.
Teststrecke für Prototypen
Für das System des kontaktlosen
Auf­ladens beim Fahren, das wir gegen­
Dr. Sven Beiker
Sven Beiker ist Direktor
des Center for Automotive
Research an der Stanford
Universität. Er zählt zu den
renommiertesten Vordenkern und Forschern im
Bereich Zukunftsmobilität.
Beiker hält mehrere
Patente für Technologien
im Bereich Fahrwerk und
Antriebsstrang.
wärtig erforschen, wäre der nächste
Schritt der Bau eines Prototyps und dann
das Anlegen einer Teststrecke für die Pilotanwendung. Ob ein flächendeckender
Ausbau des amerikanischen, europäischen oder deutschen Straßennetzes mit
Magnetspulen die Folge sein wird, wissen
wir natürlich noch nicht. Vielleicht wird
das System auch punktuell an bestimmten
Knotenpunkten eingesetzt, von denen bekannt ist, dass dort bestimmte Fahrzeugflotten regelmäßig verkehren. Auf jeden
Fall bleibt es spannend, wie wir das Reichweitenproblem der Elektrofahrzeuge lösen
werden – zu unser aller Nutzen und hoffentlich zum Nutzen des Weltklimas. ■
57
gestern und heute
Service
Mit wenig Tiefgang
Katamarane haben zwei Rümpfe, wenig Wasserverdrängung –
und sind deshalb besonders schnell. Vor einem halben Jahr­hundert
hießen sie Tragflügelboote, hatten aber bereits
Technik von ZF an Bord.
gestern
Bis zu 48 Knoten
(etwa 90 km/h)
schnell werden
Tragflügelboote
dieser Bauart. Diese
Boote waren seinerzeit nicht nur auf
deutschen Gewässern unterwegs,
sondern auch im
europäischen
Linienverkehr, etwa
zwischen ­Venedig
und Triest.
’57
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Impressum
Im Tragflügelboot von 1957
arbeitete das BW 800, ein ZFSchiffswendegetriebe mit ElektroLamellenkupplung. Es war besonders schnell und leicht zu schalten
und deshalb ideal für hohe
Geschwindigkeiten geeignet.
und
Das ZF 53000 NR2B
ist ein Untersetzungs­
getriebe. Durch sein
kompaktes Design
passt es bestens in den
Maschinenraum des
Katamarans.
58
heute
Der Katamaran „Farasan“ wurde von der australischen Werft Austal, die sich auf Katamaranfähren
spezialisiert hat, an Saudi-Arabien geliefert. Mit
einer Maximalgeschwindigkeit von 32 Knoten
(rund 60 km/h) verkehrt er dort zwischen der
Hafenstadt Jazan und der 25 Seemeilen (etwa 46
Kilometer) entfernten ­Farasan-Inselgruppe, einem
beliebten Urlaubsziel. Die 69 Meter lange „Farasan“
kann bis zu 650 Passagiere, 50 Personenkraftwagen
und 15 Lastwagen transportieren.
2.2013
Herausgeber ZF Friedrichshafen AG,
88038 Friedrichshafen
Verantwortlich Matthias Lenz,
ZF Friedrichshafen AG,
88038 Friedrichshafen,
Telefon: +49 7541 77-2790,
Telefax: +49 7541 77-2764,
E-Mail: drive@zf.com
Chefredaktion Martin Demel, Wolfgang Miller
Chef vom Dienst Claudia Wanger
Redaktion Michael Hopp, Frank Thoma (Leitung),
Heinz-Jürgen Köhler (Textchef), Robert Buchmeier,
Frank Discher, Corina Dreher
Weitere Autoren dieser Ausgabe
Khairul Azlee Abdullah, Sven Beiker, Andreas Neemann,
Achim Neuwirth, Martin Randelhoff, Anja Schnake,
Philip Wesselhöft
Verlag Hoffmann und Campe Verlag GmbH
Design Advance Consultants GmbH,
Kurfürstendamm 212, 10719 Berlin
Druck Bodensee Medienzentrum
GmbH & Co. KG, Lindauer Straße 11,
88069 Tettnang
Fotonachweise Titel: Len Clarke; S. 3: ZF;
S. 4: Getty Images, Roderick Aichinger, ZF, Mario
Wagner; S. 6–7 REUTERS/Ueslei Marcelino;
S. 8–9: Iveco, Škoda, Steyr, BMW, Jaguar, Opel;
S. 10–11: ZF; S. 12–13: Jan Siefke, Roderick Aichinger;
S. 14: Peter Neusser; S. 16–17: Roderick Aichinger;
S. 18–19: Jan Siefke; S. 20–21: C. Taylor Crothers/Gallery
Stock/laif, Getty Images; S. 23: Illustration: Sascha Bierl;
S. 24: ZF; S. 26-28: Detlef Majer; S. 30–31: Detlef Majer;
S. 32: Getty Images; S. 33-36: ZF; S. 37: Getty Images;
S. 38: BMW; S. 40–41: Detlef Majer; S. 42–43: Shigenobu
Yoshida, Len Clarke; S. 44–45: Len Clarke, Shigenobu
Yoshida, Kazuya Minakoshi, SUPER GT Official Media;
S. 46–47: Len Clarke, SUPER GT Official Media;
S. 48–51: Mareike Foecking, Hahn Racing GmbH (S. 48
kleines Bild); S. 53: Detlef Majer, Tim Müller, ZF;
S. 54–55: Illustration: Mario Wagner; S. 56–57: CARS at
Stanford; S. 58: ZF, Austal
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59
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Graf-von-Soden-Platz 1
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Eine langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit verbindet die Porsche AG und die ZF Friedrichshafen AG.
Seit fünf Jahrzehnten beliefert ZF die verschiedenen Generationen des 911 mit Antriebs-, Fahrwerk- und
Lenkungstechnik. Wir sind stolz darauf, dass wir auch heute mit gemeinsamen Entwicklungen wie dem
7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, dem 7-Gang-Handschalter und der aktiven Hinterachslenkung unseren
Beitrag zu einem einzigartigen Fahrerlebnis leisten. Allen Fahrern der Legende „Porsche 911“ wünschen
wir weiterhin allzeit gute Fahrt! www.zf.com/pkw
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