5,3 MB - Landesverband der Gehörlosen Baden
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5,3 MB - Landesverband der Gehörlosen Baden
02 Impressum IMPRESSUM Redaktions- und Anzeigeschluss: 28. Januar 2011 (für März 2011) Herausgeber: Landesverband der Gehörlosen Baden-Württemberg e.V. Geschäftsstelle Hohenheimer Str. 5, 70184 Stuttgart Fax: 0711/2363149 Bildtelefon: 0711/2483566 E-Mail: geschaeftsfuehrer@lv-gl-bw.de Homepage: www.lv-gl-bw.de Redaktionsanschrift (V.i.S.d.P.): Landesverband der Gehörlosen Baden-Württemberg e.V. Hohenheimer Str. 5, 70184 Stuttgart Fax: 0711/2363149 Bildtelefon: 0711/2483566 E-Mail: geschaeftsfuehrer@lv-gl-bw.de Redaktionsteam: Wolfgang Reiner, verantw. i.S. des Pressegesetzes Gabi Braig Markus Fertig Barbara Kieffer - Grafik, Gestaltung Roland Stirnkorb Gunter Erbe Dieter Steuer Das Redaktionsteam behält sich bei eingesandten Beiträgen vor, diese zwecks besserer Verständlichkeit zu kürzen oder zu überarbeiten. Aufgrund des begrenzten Platzangebots kann die Redaktion nicht alle eingesandte Manuskripte berücksichtigen. Spende Wenn Sie gerne unsere soziale und kulturelle Verbandsarbeit mit Ihrer Spende unterstützen möchten, dann würden wir uns sehr freuen. Wir nehmen auch gerne Ihre freiwillige Spende für diese kostenlose Zeitschrift „Visuellaktuell“ an, um die Druck- und Portokosten zu decken, und möchten uns hierfür im Voraus herzlich bedanken. Landesverband der Gehörlosen Baden-Württemberg e.V. Bank für Sozialwirtschaft Stuttgart BLZ 601 205 00 Konto-Nr. 77 19 900 Spendenbescheinigungen werden gerne ausgestellt. Druckdaten: Alle Druckdaten müssen im CMYK Format angeliefert werden. Bei Vektorgrafikformaten müssen alle Texte in Pfade umgewandelt werden. Pixelbilder (nur in jpeg., tif., pdf. oder eps.) mindestens mit 300 dpi anlegen, da sonst Qualitätsverluste beim Druck entstehen! Adressänderungen bitte sofort per Fax an die Geschäftstelle Stuttgart, (Fax 0711/2363149) melden! Der Vorstand des Landesverbandes der Gehörlosen Baden-Württemberg weist darauf hin, dass alle LV-Mitglieder „VisuellAktuell“ kostenlos erhalten (4 Ausgaben pro Jahr). „VisuellAktuell“ kann nicht abonniert werden! In dieser Zeitschrift sind einzelne Berichte, die von Gehörlosen selbst geschrieben sind. Es kann vorkommen, dass die Redaktion einzelne Berichte möglicherweise nicht verbessert bzw. korrigiert hat. Inhaltsverzeichnis 03 Inhalt S. 02 S. 03 S. 04 S. 05 S. 07 S. 09 S. 10 S. 11 S. 12 S. 16 S. 17 S. 18 S. 19 S. 21 Impressum Inhaltsverzeichnis Vorwort / Gabi Braig LV-News / Bericht des Landesvorstands Titelthema / Chatten und Surfen im Internet LV-News / Intern. Bildungskongress LV-News / Wilde Löwenjugend - Waldklettergarten LV-News / Tag der Gehörlosen in Ulm Verbandschronik Information / Deafhood... Information / Landesregierung Information / Ruftaxi Feuilleton / Psychosoziale Merkmale Information / Steuertipps S. 22 S. 22 S. 25 S. 27 S. 28 S. 30 S. 32 S. 33 S. 34 S. 35 S. 36 S. 38 S. 44 Termin Feuileton / Stuttgart 21 Feuilleton / Liebermann Information / Ausbildung Vereinsbericht / Göppingen, Stuttgart Vereinsbericht / Stuttgart, Ostalb Vereinsbericht / Rastatt, Karlsruhe Vereinsbericht / Heidelberg Vereinsbericht / Villingen-Schwenningen Vereinsbericht / Rottenburg-Stuttgart Vereinsbericht / Mannheim Weihnachtsanzeigen Information / Bluthochzeit 04 Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, seit dem 4. Oktober 2010 können wir in Baden-Württemberg mehr Fernsehsendungen des SWR (Südwest-Rundfunk) mit Untertitel sehen. Darüber freuen wir uns, besonders bei der regionalen Nachrichtensendung „BadenWürttemberg aktuell“ um 19.45 Uhr, die ab jetzt regelmäßig untertitelt wird. Herzlichen Dank an den SWR-Intendanten Peter Boudgoust und den SWR- Rundfunkrat. Sind wir jetzt damit zufrieden? Natürlich nicht! Wir wissen: Seit der Einführung der UN-Konvention am 1.1.2009, in der die Rechte behinderter Menschen international genannt sind, gibt es den Begriff der „Inklusion“, nach der die großen Barrieren in den Medien abgeschafft werden müssen. Auch der SWR betont oft und intensiv seinen Willen zur Barrierefreiheit. Wir, der Landesverband der Gehörlosen Baden-Württemberg, fordern daher noch mehr Untertitel. Nicht nur für einige wenige Sendungen und Stunden, sondern durchgehend für alle Sendungen. Wir wünschen uns die Untertitelung wie die Hörenden mit Selbstverständlichkeit die Lautsprache und die Musik! Durch Untertitelung von Fernsehsendungen und durch die modernen Medien können wir mehr Zugang zur Bildung bekommen. Doch das reicht nicht aus; wir wollen uns auch selbst weiterbilden, z.B. durch Kofos, Schulungen und Seminare in eigener Organisation und Verantwortung. Auch wir Hörgeschädigte wissen: Lebenslanges Lernen („LLL“) ist für jeden Menschen – also auch für hörbehinderte Menschen – eine Pflicht, aber auch ein Recht im Sinne der Inklusion. Wie geht die Entwicklung weiter? Im August 2010 war ich für drei Tage in Saarbrücken, um dort am 1. Internationalen Fachkongress „Bildung durch Gebärdensprache“ teilzunehmen. Es war sehr interessant und informativ. In den vergangenen 250 Jahren haben die Bildungsangebote für gehörlose Menschen versagt, nur wenige gehörlose Menschen haben die angestrebten Bildungswege erfolgreich begehen können. Wir wollen diese Situation verändern, denn jeder Gehörlose muss das Recht haben, an gewünschten Bildungsangeboten barrierefrei teilzunehmen - egal ob es sich dabei um einen Deutschkurs, Kochkurs oder Yogakurs handelt! Menschliche Bildungsbedürfnisse beziehen sich nicht nur auf berufliche Qualifikationen, sondern auch auf den persönlichen Bereich. Es ist dabei egal, ob Bildung als Fort- und Weiterbildung oder Ausbildung verstanden wird. Wir, der Landesverband der Gehörlosen Baden-Württemberg, wollen zusammen mit Nachbarländern ein neues Projekt planen. Am 27. März 2011 wird in Baden Württemberg der Landtag neu gewählt. Wir dürfen uns wieder überlegen, welche Partei wir wählen sollen. Gut, dass wir jetzt die Sendung „Baden-Württemberg aktuell“ mit Untertitel verfolgen und verstehen können. Das wird uns helfen, die richtige Wahl zu treffen. Meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Landesverband und ich wünsche eine festliche Weihnacht und ein gutes, zufriedenes Neues Jahr. Herzlichst Eure LV-News 05 Bericht des Verbandsvorstands 02. - 08. August 2010 12. Europäische Rehabilitations- und Kulturwoche für Taubblinde (ERCW 2010) wurde in dieser Zeit von den Organisatoren “Taubblindenverein Baden-Württemberg e.V.“ und der „Taubblindenseelsorge der Diözese Rottenburg-Stuttgart“ durchgeführt. Zahlreiche Taubblinden aus verschiedenen Ländern mit Begleitung kamen nach Tübingen. Die Veranstaltung fand ein gutes Echo. Landesgeschäftsführer Dieter Steuer besuchte an einem Abend die Veranstaltung. 25. - 28. August 2010 Der 1. Internationale Fachkongress „Bildung durch Gebärdensprache“ fand in Saarbrücken statt. Lebenslange Bildung und Weiterbildung sind für gehörlose Menschen der Schlüssel zur Teilhabe an der Gesellschaft, am Arbeitsleben und für ihre persönliche Entwicklung. Für den Landesverband der Gehörlosen Baden-Württemberg nahm unsere Erste Stellvertretende Verbandsvorsitzende Gabi Braig daran teil. Für die LV-Jugendorganisation „Wilde Löwenjugend“ war die Jugendmitarbeiterin Senay Ader-Balli anwesend. Siehe beigefügter Bericht …. 25. September 2010 Dieses Jahr fand der „Tag der Gehörlosen“ des Landesverbandes der Gehörlosen Baden-Württemberg aus Anlass des 90. Bestehens des Gehörlosenvereins Ulm im Stadthaus der Münsterstadt statt. Tagsüber organisierte der Landesverband vor dem Stadthaus eine Info-Veranstaltung. Halbstündlich wurden Informationen über Gehörlose ge-geben, gleichzeitig trat der Gebärdenchor des Berufskollegs Winnenden mit drei hörenden Schülerinnen auf. Siehe beigefügter Bericht …. 01. Oktober 2010 Den behinderten Menschen als Teil unserer Gesellschaft verstehen, war das Anliegen von Professorin Dr. Gerlinde Renzelberg von der Universität Hamburg in ihrem Festvortrag im Rahmen des 150jährigen Schuljubiläums des „Förderzentrum Hören und Sprechen“ (Gehörlosenschule) in Heiligenbronn. Im Elisabetha-Glöckler-Saal der Stiftung St. Franziskus, Heiligenbronn, lenkte die Professorin für Pädagogische Audiologie und Hörsprachförderung den Blick aus der Geschichte in die Zukunft: „Es ist wichtig, eine Perspektive zu haben“, zitierte sie die Homepage der Stiftung. Ihre Ansprache wurde genauso wie die Grußworte des Fest-akts von den Dolmetscherinnen Kristina Rosenzweig und Svetlana Sciascia für die hörgeschädigten Zuhörer simultan in Gebärdensprache übertragen. LV- Vorsitzender Wolfgang Reiner und LV-Geschäftsführer Dieter Steuer folgten der Einladung und nahmen an der Veranstaltung teil. 02. Oktober 2010 Der Gehörlosenverein „Schwarzwald-Baar“ VillingenSchwenningen feierte unter der Schirmherrschaft der Behindertenbeauftragten, Frau Christa Lörcher, MdB. a.D. von der Stadt Villingen-Schwenningen und auch vom Landkreis sein 75jähriges Vereinsjubiläum in der schönen „Neuen Tonhalle“ in Villingen. Der Ehrenvorsitzende des GV Villingen-Schwenningen, Herbert Stemmer, konnte 19 treue Mitglieder, welche er vor 25 Jahren in den GV VS aufgenommen hatte, für 25jährige Vereinstreue mit einer Urkunde und einem Weinpräsent ehren. Danach folgen die Ehrungen des Landesverbandes BW. Da der LV-Vorsitzende Wolfgang Reiner auch unter den Geehrten war, übernahm die Erste Stellvertretende Verbandsvorsitzende Gabi Braig die Ehrungen für 25- und 40jährige Mitgliedschaft im LV-BW mit einer Urkunde und Anstecknadel. 20. Oktober 2010 Der Integrationsfachdienst (IFD) Stuttgart besteht schon seit 20 Jahren. Die Erste Stellvertretende Verbandsvorsitzende Gabi Braig und LV-Geschäftsführer Dieter Steuer nahmen an der Jubiläumsfeier teil. 21. Oktober 2010 Auf Initiative von Herrn Erwin Wespel vom Bischöflichen Ordinariat der Diözese Rottenburg – Stuttgart, fand im Bildungshaus Kloster Untermarchtal im Donau-Alb-Kreis ein Studientag mit Prim. Dr. Johannes Fellinger statt. Anwesend waren auch Gebärdensprachdolmetscherinnen. Das Thema war „Psychosoziale Merkmale bei gehörlosen Menschen“. Etwa 25 Gehörlose waren gekommen, darunter auch Gabi Braig und Dieter Steuer vom Landesverband der Gehörlosen Baden-Württemberg. Siehe beigefügter Bericht …. 22. Okober 2010 An diesem Tag jährte sich zum 70. Mal die Deportation der badischen und saarpfälzischen Juden nach Gurs/Frankreich. Auch der gehörlose jüdische Neu-Ulmer Künstler Richard Liebermann und seine Familie wurden von Konstanz aus in ein Lager nach Gurs verschleppt. Raffael Wieler-Bloch, ein entfernter Verwandter von Richard Liebermann, schrieb seine Lebensgeschichte und veröffentlichte sie in einem Buch, aus dem er verschiedene Abschnitte las. Siehe beigefügter Bericht …. 06 LV-News Bericht des Verbandsvorstands 23. Oktober 2010 Zum Ende des Geschäftsjahres 2010 fand eine Vorstandssitzung des LV im GLZ Stuttgart statt. 30. Oktober 2010 Das Jugend-Mitarbeiterteam der „Wilden Löwenjugend“ traf sich zu einer Sitzung im GLZ Stuttgart. Es wurde über die zukünftige Jugendarbeit und geplante Jugendmaßnahmen im Jahr 2011 gesprochen. Der Landesgeschäftsführer Dieter Steuer stand dem Jugendteam mit Rat und Hilfe zur Seite. 30. Oktober 2010 Die Delegierten der deutschen Mitgliedsverbände wurden zur jährlichen Mitgliederversammlung des Deutschen Gehörlosen-Bundes nach Frankenthal eingeladen. Wolfgang Reiner und Gabi Braig vertraten als Delegierte den Landesverbandes der Gehörlosen Baden-Württemberg. 02. - 04. November 2010 Seniorenbeauftragter Willi Huck nahm in dieser Zeit im Auftrag unseres Landesverbands am Seniorenseminar des Deutschen Gehörlosen-Bundes in Kiel teil. Themen waren Situation der gehörlosen SeniorenInnen im Ehrenamt - Austausch über die Seniorenarbeit in den Landesverbänden unter besonderer Berücksichtigung der Teilhabe im Freizeitbereich - Kommunikationsstrategien mit Fallbeispielen. Es fand auch eine Führung in der Altenpflegeschule in Rendsburg statt. 06. November 2010 Die „Wilden Löwenjugend“ organisierte im GZ Stuttgart einen Vortrag über EUDY inklusive UN-Konvention und Workshop. Thora Hübner, Beisitzerin der Deutschen Gehörlosen-Jugend und Manuel Keicher, Finanzbeauftragter der „Wilden Löwenjugend“ sprachen abwechselnd über diese Themen. 12. - 14. November 2010 Sandra Altmann, LV-Beisitzerin , fuhr nach Neu-Isenburg bei Frankfurt am Main, um an einem Frauenseminar des Deutschen Gehörlosen-Bundes teilzunehmen. Leider konnte das LV-Frauenleitungsteam aus Termingründen nicht daran teilnehmen. Das Seminar stand diesmal unter dem Thema “(Gehörlose) Frauen machen Politik”. Titelthema 07 Chatten und Surfen im Internet Gefahr für hörgeschädigte Kinder und Jugendliche? Ist „Chat“ eine einwandfreie und lehrreiche Kommunikation? In letzter Zeit wurde festgestellt, dass immer mehr Kinder und Jugendliche stundenlang chatten und durch die Welt des Internets surfen. Zunächst ein historischer Rückblick in unsere Welt der Hörgeschädigten: Technische Hilfsmittel für Hörgeschädigte waren damals - in den 80er Jahren und früher - kaum vorstellbar. Ein hörgeschädigter Jugendlicher musste mit seinem Freund bzw. seiner Freundin über die Eltern telefonisch z. B. einen Treffpunkt absprechen. Später kam die tolle Erfindung des Schreibtelefons. Voraussetzung war jedoch, dass beide Gesprächspartner solche Geräte benutzten. Außerdem war das Schreibtelefon damals sehr teuer, so ab 1200 DM, so dass die Gehörlosen selbst es sich kaum leisten konnten. Dann kam die Möglichkeit, dass die „Deafies“ (englisch - sprich: „deffies“) (= Hörgeschädigten) über die Hauptfürsorgestellen (heute Integrationsfachdienst) das Schreibtelefon beantragen konnten, wenn es sich um ein Hilfsmittel im Arbeitsleben handelte. Später kam das Faxgerät als günstigeres Hilfsmittel hinzu, was für uns, aber auch für die Hörenden, vorteilhaft war. Bei fast allen Behörden, Ämtern und Firmen waren Faxgeräte vorhanden. Das Faxgerät ist jedoch kein direktes Kommunikationsmittel, weil man nicht im Dialog und nicht in Echtzeit kommunizieren kann. Das heißt, man schreibt und wartet auf die Antwort. Man kann nicht wissen, ob der Empfänger sofort oder erst später das Fax liest. Die neue „Kommunikationsrevolution“ brachte das Internet mit dem Zugang zu den Mediawelten und mit der elektronischen Post (E-Mail). E-Mails sind in der heutigen Zeit schon wieder „altmodisch“, weil die E-Mail-Kommunikation inzwischen über 20 Jahre alt ist. Beim Versenden und Empfangen der E-Mails handelt es sich wie beim Faxgerät nicht um eine Echtzeitkommunikation. Die Echtzeitkommunikation ist zur Zeit das Aktuellste und Wichtigste. Dazu gehören u.a. „Live Chat“ (englisch – sprich: laif tschätt) und Videokonferenzen mit der Webcam und Videotelefonie per Handy. Bekannte und beliebte Programme sind u.a. Blackberry, oovoo, Skype, MSN, Camfrog usw. Es ist schon wunderbar, dass es solche Möglichkeiten für Hörgeschädigte bzw. hörgeschädigte Jugendliche gibt. Man ist von den Eltern nicht mehr abhängig, man kommuniziert direkt mit den Freunden. Gibt es Nachteile? Wo sind die Gefahren? Beispiel: Bei einer LAN-Party hatte sich ein Hörgeschädigter, ein PC-Freak (englisch – sprich: pe tsee friek), bis zum Sonntagmorgen gegen 5 Uhr gleichzeitig mit 10 Deafies bundesweit unterhalten. Er sagte mir, dass dies bei ihm nicht nur am Samstag/Sonntag üblich ist, sondern auch unter der Woche von Montag bis Freitag. Jugendliche, die bis spät nachts chatten, können sich am nächsten Tag in der Schule oder am Ausbildungsplatz nicht mehr genügend konzentrieren. Chat – Weg zu besseren sprachlichen Bildung? Ich kann und möchte diese Frage hier nicht abschließend beantworten. Allerdings werden beim Chat oft verkürzte Sätze (SMS-Sätze) geschrieben. Die Formulierungen sind grammatikalisch oft nicht korrekt. Der sprachliche Lerneffekt dürfte dann eher gering sein. Rolle der Eltern: Sitzen Kinder und Jugendliche zu viel am PC? Entscheidend ist: Haben die Eltern die Kinder unter Kontrolle? Können sie das Zeitlimit bestimmen? Oder sind sie froh, dass die Kinder beschäftigt sind, so dass die Eltern Ruhe haben und z. B. den Haushalt machen können? Gibt es genügend Kommunikation zwischen den Eltern und ihren Kindern? Die Jugendlichen surfen oft stundenlang durch die Medienwelten. Können die Eltern kontrollieren, wohin sie surfen? Oft wissen die Eltern nur wenig darüber Bescheid, wie man Kinder und Jugendliche vor bestimmten Internetseiten schützen kann. Es ist bekannt, dass über 90% der Jugendlichen schon Webseiten mit Pornografie besucht haben. Es ist sehr leicht, innerhalb von Sekunden die Webseite zu schließen, wenn Eltern in das Kinderzimmer kommen. Die Eltern bemerken nichts. Ebenso gibt es im Internet viele Spiele mit brutaler Gewalt. Welche Folgen hat das für die Kinder und Jugendlichen? Manche Schulen bieten eine Fortbildung „Medienwelten für Eltern“ an. Es ist für Eltern unbedingt zu empfehlen, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen. Hier lernt man z. B., wie man Filter vor bestimmte Inhalte setzt. Es ist allgemein sehr wichtig, dass Eltern mit ihren Kindern richtig kommunizieren und aktiv mit ihnen die Freizeit gestalten. Ab in die Natur – anstatt Chat. Ich war einmal mit sieben Jungen auf einer Abschlussfahrt im Schwarzwald. Wir waren bei einem Freund von mir im Garten zelten. Das Haus meines Freundes war einsam und weit vom Ort abgelegen. Wir hatten nicht die Möglichkeit, mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Disco zu fahren – aber das hatten wir auch nicht vor. Das Beisammensein mit Selbstversorgung war das eigentliche Ziel unserer Abschlussfahrt. Bei der Planung hatten einige der Jungen überlegt, ob wir ein paar DVD-Filme mitnehmen könnten, um sie im Wald anzuschauen. Es war interessant zu beobachten, wie die Schüler von der Technik abhängig sind. Im Garten war kein Strom vorhanden; da haben wir uns entschlossen, keine Technik, Playstation, DVDs usw. (außer Handys) mitzunehmen. Die Freizeit ohne Technik zu gestalten, war für viele Jugendliche eine neue Erfahrung. Soziale Kontakte: Als es Chat noch nicht gab, haben sich die Gehörlosen oft getroffen und vieles unternommen, z. B. haben sie sich an Sportwettkämpfen beteiligt.nDer Austragungsort war meistens eine Großstadt und die Anreise dorthin war 08 Titelthema zum Teil weit. So mussten die Hörgeschädigten in einer gemeinsamen Unterkunft unterkommen. Manche fuhren spät in der Nacht in einer Fahrgemeinschaft zurück nach Hause. Oft war es ein schönes Erlebnis, wenn sich die Hörgeschädigten nach langer Zeit wieder trafen und einander viel erzählten. Und heute? Anstatt sich gemeinsam mit Freunden zu treffen, bleiben die Hörgeschädigten lieber zu Hause und chatten in ihrem Zimmer mit den Freunden. Kann das Chatten den persönlichen Kontakt ersetzen? Ist soziales Lernen ohne Gruppenerfahrungen möglich? Freizeitangebote: Es gibt heutzutage in den Vereinen der Hörgeschädigten zu wenig Angebote, sowohl im sportlichen als auch im kulturellen Bereich. Es gibt kaum Nachwuchs - bis auf die vielen jungen hörgeschädigten Fußballer. Wenn die Kinder/Jugendlichen später aus der Schule kommen, stehen sie vor dem Problem: „Was sollen wir machen. Wohin gehen wir?“ Es ist zu befürchten, dass der Weg der Jugendlichen in die Einsamkeit führt. Wir wissen aber alle, dass Einsamkeit überhaupt keine schöne Sache ist! Fazit: Chat im Internet ist ein tolles Kommunikationsmittel für uns Hörgeschädigte, das uns unabhängig macht. Im Landesverband führen wir unsere Sitzungen oft per Videokonferenz durch. Das erspart uns langes Fahren, da wir weit auseinander wohnen. Auch eine Unterhaltung mit Freunden aus einem anderen Erdteil ist über Videokamera völlig unkompliziert. Man fühlt sich wie Nachbarn. Es gibt auch tolle Services wie z. B. TESS, wo man über die Dolmetschervermittlung mit einem Hörenden kommunizieren kann. Die Kommunikation über das Internet hat für uns Hörgeschädigte viele Vorteile. Es gibt aber auch viele Gefahren. Eltern müssen Bescheid wissen, wie sie ihre Kinder vor bestimmten Webseiten (Gewalt, Pornografie usw.) schützen können. Sie sollten unbedingt Fortbildungsveranstaltungen zu diesen Themen besuchen. Kindern brauchen neben dem Computer auch genügend Freizeitangebote, um sich entfalten zu können (Vereine, Sport, Kunst, Natur usw.) Man muss den Kindern ein Angebot in der Familie, in den Schulen und in den Vereinen machen! Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Gebärdensprache eine Basis für eine gute Kommunikation darstellt. „Gebärden verbindet !“ lautet auch das Motto des Landesverbandes. Die Gebärdensprache ist kein Hilfsmittel, sondern eine vollständige Sprache, mit der man auf hohem Niveau kommunizieren kann, und zwar von Anfang an! Dann kann Kommunikation gelingen! mf Behindertenausweis soll europaweit gelten. Die Europäische Kommission will einen EU-weit geltenden Behindertenausweis einführen. Damit sollen die Binnengrenzen für Menschen mit Behinderung durchlässiger werden, teilte EU-Kommissarin Viviane Reding mit. Die Initiative ist Teil eines Zehn-Jahres-Plans, um die Rechte von Behinderten zu stärken. Mit dem EU-Ausweis sollten alle Betroffenen jederzeit und in allen EU-Staaten die gleichen Leistungen in Anspruch nehmen können. Wer eine anerkannte Behinderung hat, hat somit auch im EU-Ausland etwa ein Anrecht auf Übersetzungen in Gebärdensprache, auf Sonderparklätze oder vergünstigte Transporte. Info-Quelle: epd / 16.11.2010 „Beratungsstelle für Hörgeschädigte“ in Calw Im Januar 2011 werden wir in Calw eine Beratungsstelle für Hörgeschädigte unter der Leitung von Frau Claudia Huck eröffnen. Nähere Informationen werden wir so bald wie möglich in der Presse, im Internet und im SWR-Videotext (Tafeln 681/682) bekannt geben. Gunter Erbe (Vorsitzender) BWG Heidelberg LV-News 09 Internationaler Bildungskongress für Gehörlose in Saarbrücken In Saarbrücken fand vom 26. bis zum 28. August 2010 zum ersten Mal ein internationaler Bildungskongress für Gehörlose statt. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Bildung durch Gebärdensprache“. Jahrzehntelang veranstalteten hörende Experten, wie etwa Hals-NasenOhrenärzte, Gehörlosenpädagogen und andere Fachleute Kongresse zum Thema „Gehörlosigkeit“. Die Betroffenen selbst waren dabei jedoch nicht gefragt. Der DGB-Präsident Rudolf Sailer meinte nun, dass es für die Betroffenen selbst an der Zeit sei, einen eigenen Fachkongress zu diesem Thema auf die Beine zu stellen. Wir Gehörlose haben die meiste Ahnung. Wir wissen, wie es sich anfühlt, wenn man nichts hört, und wie wir unsere Umwelt am besten begreifen können. Wir brauchen die Gebärdensprache. Die Menschen, die meinen, über uns bestimmen zu können, haben meist keine Ahnung davon, wie sehr wir die Gebärdensprache als Kommunikationsmittel benötigen. Aufgrund dieser Aspekte organisierte der DGB gemeinsam mit dem Schweizerischen und dem Österreichischen Gehörlosenbund diesen Kongress. Am Donnerstag vor der Eröffnung fand eine Pressekonferenz statt. Das Präsidium äußerte sich darüber, dass Bildungssysteme für Gehörlose in den vergangenen 250 Jahren versagt haben. Man konzentrierte sich viel zu sehr auf das Sprechen an sich, anstatt auf eine gute Bildung durch die Gebärdensprache Wert zu legen. Leider war keine allgemeine Presse anwesend, obwohl der DGB die Einladungen an 50 Pressagenturen verschickt hatte. Der Fachkongress „Bildung durch Gebärdensprache“ richtet sich an alle Gehörlosen, insbesondere an Schüler und Schülerinnen, an Auszubildende und an die Veranstalter von Kursangeboten an den Volkshochschulen für alle jungen oder älteren Erwachsenen und an alle Organisatoren von beruflichen Weiterbildungen für Erwachsene und Bildungsreisen für Rentner. Um 14.00 Uhr wurde der Kongress von Rudolf Sailer (DGB), Roland Herrmann (SGB) und Helene Jarmer (ÖGB) eröffnet. Auf dem Programm standen 31 verschiedene Vorträge und zwei Podiumsdiskussionen. Es kamen drei europäische, gehörlose Politiker. Anwesend waren Dr. Ádám Kósa aus Ungarn, Helga Stevens aus Belgien und Mag. Helene Jarmer aus Österreich. Ebenso erschien Professor Dr. Christian Rathmann aus Hamburg und Professor Patty Shores aus Zürich in der Schweiz. Die Hauptthemen waren unter anderem die UN-Konvention, die Inklusion, die Gebärdensprache und Lebenslanges Lernen (LLL). Viele anerkannte Gehörlose hielten Vorträge zu diesen Themen. Dadurch entstanden verschiedene Impulse. Die Vorträge waren mit über 200 Teilnehmern gut besucht. Im Ausstellungsfoyer präsentierten sich die verschiedensten Firmen mit ihren Produkten und Dienstleistungen. Vertreten waren beispielsweise Reiseanbieter, Medien, Angebote für berufliche Umschulungen und vieles mehr. So konnte man sich in den Pausen informieren und mit Anderen über die verschiedensten Themen unterhalten. Die Stadtführung mit DGS stand am Donnerstagabend auf dem Programm. Am Freitagabend fand eine Podiumsdiskussion statt, die sogar live übertragen wurde. Diese kann man unter www. gehoerlosenbund.de nochmals anschauen. Am Samstagabend fand der Galaabend statt. Viele kamen in festlicher Abendkleidung. Die Moderation von Thomas Geissler war wirklich gut gelungen. Alle staunten, wie er zaubern konnte. Vor der Vorspeise interviewte er Rudolf Sailer, Helene Jarmer und Roland Hermann auf dem weißen Sofa. Durch das Gespräch erfuhr man, dass alle drei Präsidenten gehörlose Eltern haben. Zwischen den Gängen unterhielten Rafael-Evitan Grombelka, Marcus William und Christina Schönfelder das Publikum mit einem abwechslungsreichen Programm. Das war eine schöne Abschlussveranstaltung. Der nächste Fachkongress war ursprünglich erst wieder in vier Jahren geplant. Da der Österreichische Gehörlosenbund schon in drei Jahren sein 100jähriges Jubiläum feiert, soll der Fachkongress zu diesem Zeitpunkt in Wien stattfinden. Freuen wir uns also schon auf 2013! Hoffen wir, dass die Impulse der Fachleute auf alle Besucher übergegangen sind und sich positiv auf die Zukunft wr auswirken. 10 LV-News „Wilde Löwenjugend“ im Stuttgarter Waldklettergarten Am Samstagnachmittag, dem 4. September 2010, fuhren wir zum Waldklettergarten „Schmellbachtal“ Stuttgart (http://www.waldklettergarten-schmellbachtal.de/). Dort trafen sich 22 Teilnehmer, darunter vier Kinder im Alter zwischen 8 und 14 Jahren. Einige Zuschauer waren auch gekommen. Weil der Organisator Christian und das Teammitglied Manuel mit dabei waren, hatte uns Senay bei der Organisation unterstützt und auch viel fotografiert. Aufgrund der komplizierten Wegbeschreibung kamen einige – trotz Navigator - später an. Anschließend mussten die Teilnehmer eine Einverständniserklärung unterschreiben, weil sie ohne diese Zustimmung aus Haftungsgründen nicht teilnehmen konnten. Nachdem das Eintrittsgeld eingesammelt war, erklärte uns die Betreuerin, wie man die Sicherheitsgurte und den Helm anziehen und befestigen muss. Gegen 15 Uhr erklärte uns ein andere Betreuer mit Hilfe von Gebärdensprachdolmetscherin Rita Wagner den weiteren Ablauf. Frau Wagner begleitete uns die ganze Zeit beim Klettern und sorgte mit, dass die Sicherheit beim Klettern beachtet wurde. Um in den Hochseilgarten zu gelangen, muss der geöffnete Karabiner in das Stahlseil gehängt und mit dem dort installierten roten Schloss (siehe Bild) sicher verschlossen werden. Erst dann öffnet sich der zweite Karabiner und kann ebenfalls in das Stahlseil gehängt werden. Nach der Überquerung des Hindernisses wird auf der nächsten Plattform nach dem gleichen Prinzip verfahren. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass jeder immer mit mindestens einem Karabiner gesichert ist. Quelle: http://www.waldklettergarten-schmellbachtal/ waldklettergarten/ sicherheit Dann übten die Teilnehmer den sicheren Umgang mit den Karabinern. Der Waldklettergarten bietet zahlreiche Herausforderungen zwischen 3 und 9 Metern Höhe, die überwunden werden wollen. Auf 3 Parcours mit über 50 abwechs- lungsreichen Elementen ist für jeden großen und kleinen Abenteurer ein Weg dabei. (Quelle: http://www.waldklettergarten-schmellbachtal/ waldklettergarten). Die Teilnehmer waren gespannt, wie sie verschiedene Hindernisse überwältigen konnten. Fotos: http://www.wildeloewenjugend.de/00_00_h... GE= gallery Nach drei Stunden Abenteuer im Waldklettergarten waren einige Teilnehmer etwas erschöpft, aber trotzdem sehr beeindruckt. Allen Teilnehmern hat es gut gefallen, weil sie neue und interessante Herausforderungen erleben konnten und daran viel Spaß hatten. Für unseren zuständigen Betreuer war es auch eine neue Erfahrung, besonders wie man mit jungen hörgeschädigten Menschen kommunizieren kann. Als unsere Dolmetscherin uns verlassen hatte, war der Betreuer auf sich allein gestellt, aber es klappte gut. Wir alle haben unsere E-Mail-Adressen ausgetauscht, damit wir in Zukunft weitere Angebote erhalten können. Abschließend fuhren wir zum „Schwabengarten“, wo wir etwas trinken und essen konnten. So fühlten wir uns wieder bei Kräften. Danach fuhr jeder wieder nach Haus. Es war ein hervorragender Tag für uns alle! Fotos: http://picasaweb.google.de/carmy1984/WLJWal dkletterngartenAm04092010?authkey=Gv1sRgCM_8qv 2d14vRRg# grilly LV-News 11 Tag der Gehörlosen 2010 in Ulm/Donau Dieses Jahr fand der „Tag der Gehörlosen“ des Landesverbandes der Gehörlosen Baden-Württemberg aus Anlass des 90. Vereinsjubiläums des GV Ulm im Stadthaus am Münsterplatz in Ulm statt. Tagsüber organisierte der Landesverband vor dem Stadthaus eine Info-Veranstaltung. Zu jeder vollen und halben Stunde wurden Informationen rund um das Thema „Gehörlosigkeit“ gegeben. Gleichzeitig trat der Gebärdenchor des Berufskollegs Winnenden mit drei hörenden Schülerinnen auf und sang das Lied „Du erinnerst mich an Liebe“. Der gesungene Text wurde in beeindruckender Gebärdensprache für das hörende Publikum übersetzt. Am Info-Stand informierten sich sowohl hörende als auch gehörlose Menschen über die Arbeit des Landesverbands, über das Problem „Gehörlosigkeit“ und die Gebärdensprache. Der Verbandsvorstand des Landesverbandes und die Gebärdensprachdolmetscherinnen bemühten sich, die von den hörenden und gehörlosen Menschen gestellten Fragen zu beantworten. Info-Material war auf dem Tisch ausgelegt. Wer weitere Informationen haben wollte, konnte sich an den Info-Ständen der Firmen Humantechnik, TESS und Reha-Com-Tech, des Gehörlosenvereins Ulm, der Sozialberatungsstelle für Hörgeschädigte und über das DSLBildtelefon erkundigen. Im Stadthaus befand sich auch eine Ausstellung gehörloser Künstler. Am Nachmittag wurde auch der Film „Verkannte Menschen“ vorgeführt. Aus Termingründen könnten die Landtagsabgeordneten aus dem Ulmer Wahlkreis nicht kommen. Zu unserem großen Bedauern sagte die Sozialministerin von Baden Württemberg, Frau Dr. Stolz, ihr Kommen per Handy kurzfristig ab. Vor Beginn des unterhaltsamen Abendprogramms sprach der Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner ein Grußwort vor über 300 Besuchern. Im Rahmen des Unterhaltungsprogramms traten die lustige Theatergruppe „Deaf Show“ aus Nürnberg, ein Zauberer-Ehepaar aus der Ulmer Umgebung und eine Trommlergruppe aus dem Norden Deutschlands auf. Die Aufführung der Trommler war sehr kraftvoll und rhythmisch - ein wahres „Trommelfeuerwerk“, das beim Publikum sehr gut ankam. Mit großem Interesse und konzentrierter Aufmerksamkeit machte das Publikum ein Bingo-Spiel mit. Christian Winzer gewann mit großem Glück den Hauptpreis, ein wertvolles Notebook (= tragbarer Kleincomputer). Ebenso erfuhren wir in der Visuell-Tagesschau – kurz: Vistag von weiteren Veranstaltungen zum „Tag der Gehörlosen“ in Frankfurt/Main und Berlin - moderiert von Matthias Bach vom GV Ulm. Herzlichen Dank an den Vereinsvorstand des GV Ulm für die gute Zusammenarbeit. wr 12 Verbands-Chronik Gehörlosenbewegungen in Württemberg und Baden 1970-1972 Zusammengetragen und verfasst von Ulrich Braig (15. Teil ) In den siebziger Jahren wehrten sich die Frauen verstärkt gegen die Dominanz der Männer. Sie gründeten Selbsterfahrungsgruppen und Frauenzentren, Buchläden und Cafès. Zeitschriften wie „Courage“ und „Emma“ griffen die von Männern beherrschte Gesellschaft an, vor allem auch den Paragraphen 218, der Abtreibung unter Strafe stellte. Das ist die neue Frauenbewegung. Seit den sechziger Jahren wurden in der BRD Atom-Kraftwerke gebaut, die Energie aus radioaktiven Materialien gewinnen. Die Gefahren der radioaktiven Strahlung wurden von vielen Politikern und den Betreibern der Kraftwerke kleingeredet. Bürgerinitiativen wehrten sich gegen den Bau neuer Anlagen. Als es 1986 in der Sowjetunion im Kraft- Arbeitstagung des Deutschen Gehörlosenbundes. Die Arbeitstagung fand im November 1970 in Rüdesheim am Rhein statt. Bei der Begrüßung des Verbandsvertreter durch den Bundesvorsitzenden Ellmers, galt sein besonderer Gruß dem Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der HörSprachgeschädigten, Dr. H. Feuchte. Elmers sprach von dem Kampf um die 70% Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Es ging um die Rentenerstattung, die die Erwerbsminderung aufgrund der Behinderung ausgleichen sollte. Ein besonders krasser Fall der Verweigerung dieser Minderungsquote ergab sich im Landesverband Baden. Dort musste der DGB sich besonders einsetzen. Der Bundestag des Deutschen Gehörlosen-Bundes 1971. Da der Landesverband Württemberg und Hohenzollern im Jahre 1971 sein 90jähriges Bestehen feiern duften, hatte es sich angeboten, den Bundestag der Gehörlosen in diesem Jahr nach Stuttgart zu legen. Es war eine gute Entscheidung, denn nicht nur, dass einem schönen Sommer ein nicht minder strahlender Herbst folgte, auch die Tagungsstätte, das „Walderholungsheim“ am Fernsehturm in Stuttgart-Degerloch war ideal. Nach einem Willkommengruß des Landesverbandsvorsitzender Willi Laufer eröffnete der Bundesvorsit- werk von Tschernobyl einen schweren Unfall gab, war auch Deutschland von der dabei freigesetzten Strahlung betroffen. Atomkraft? Nein Danke! Die Angst vor der Atomkraft ging einher mit der Angst, dass das Wettrüsten der beiden Supermächte USA und Sowjetunion zu einer Katastrophe führen könnte. Vor allem als die NATO 1979 plante, in der BRD Atomraketen zu stationieren, begriff man: Entstünde aus dem Kalten Krieg ein richtiger Krieg, würde Deutschland vernichtet. Auch über die hohen Rüstungsausgaben waren viele empört. Sie taten sich in der Friedensbewegung zusammen, organisierten Demonstrationen und Friedenscamps. zender Ellmers die Tagung mit Begrüßungsworten an die Delegierten der Landesverbände und der angeschlossenen Bundesverbände. Für die Einstimmung der Delegierten auf ihre Aufgabe sorgte ein Vortrag von Pfarrer Barow aus Frankfurt, Sozialreferent der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Hör- u. Sprachgeschädigten, mit dem Thema „Wo stehen wir heute und was kommt auf uns zu?“ Eingangs sprach er davon, dass knapp die Hälfte der organisationsfähigen deutschen Gehörlosen im Deutschen Gehörlosenbund vereinigt seien. Es wäre aber wichtig, dass sich noch mehr Gehörlose anschließen würden, denn die sozialen Probleme erforderten Geschlossenheit. Gerade die Behinderten hätten erkannt, dass der Staat sich zu wenig um ihre Forderungen kümmert und drängten deshalb auf Anerkennung. In der Millionenschar der Behinderten aber ist der Gehörlose hilflos, weil er nicht selbst zum Anwalt seiner Interessen werden kann. Pfarrer Barow zählte auf, welche Vergünstigungen das Bundessozialhilfegesetz auch den Gehörlosen bietet. Entweder sind ihnen diese nicht bekannt, oder sie haben wegen der Sprachbarriere keine Möglichkeit, sie durchzusetzen. Es fehle an hilfsbereiten Freunden und vor allem an Dolmetschern. Auch die Berufserziehung sei für den Gehörlosen sehr wichtig in der heutigen technisierten Welt. Berufe, die damals ein Menschenalter lang ausgeübt wurden, würden heute schon nach wenigen Jahren ihre Bedeutung verlieren. Das trifft besonders den Gehörlosen schwer, dessen Berufsmöglichkeiten durch seine Behinderung schon eingeengt sind. Anschließend brachte ein Autobus die Delegierten mit ihren Frauen zum Friedhof in Vaihingen, wo der Landesverband Württemberg am Grabe seines früheren Vorsitzenden Karl Wacker einen Kranz niederlegte. Dabei gedachte Heinrich Siepmann des viel zu früh verstorbenen, welcher auch erster Vorsitzender des Deutschen Gehörlosen-Bundes war. Sein Wirken für die Gemeinschaft sei auch heute noch unvergessen, seine persönliche Freundschaft zu den Mitarbeitern wirke übers Grab hinaus. Zum Abschluss fand eine Festveranstaltung statt, ein fröhliches Varietèprogramm brachte nach der Gratulationscour gute Laune in die Festversammlung, die durch Soloeinlagen von Bernhard Hannack immer wieder hochgetrimmt wurde. 1971 Gedenkenansprache für Karl Wacker mit Siepmann in Stuttgart Verbands-Chronik 13 Fernsehen für Gehörlose und Schwerhörige. Schon seit längerem forderten Gehörlose vom Fernsehen eine Berücksichtigung der vielen hörgeschädigten Fernsehzuschauer in der Bundesrepublik. Das Fernsehen hatte sich in den vorangegangenen Jahren zur wichtigsten Informations- und Unterhaltungsmedium entwickelt. Deshalb war es wichtig, das Fernsehen auch für Gehörlose und Schwerhörige mehr und mehr verständlich zu machen, denn trotz der Bilder blieb und bleibt ihnen vieles oft unverständlich. Die Anregung, eine eigene Fernsehsendungen zu gestalten, kam von Herrn Weinzheimer, dem 1. Vorsitzenden der Vereinigung der Eltern hörgeschädigter Kinder und Jugendlicher in Bayern. Nach dem er bei einer Studienreise in Holland die dortige Wochensendung für Hörgeschädigte „Unser Journal“ gesehen hatte, fasste er den Entschluss, eine ähnliche Sendung auch ins deutsche Fernsehen zu bringen. Für die Gestaltung von Fernsehsendungen bildete sich ein Arbeitsteam, bestehend aus Gehörlosen, Eltern Gehörloser, dem Direktor und Lehrern der Gehörlosenschule, dem Gehörlosenseelsorger und einer Vertretung des Staatsinstitut für die Ausbildung der Lehrer an Sonderschulen Er sagte: „ Was in dem kleinen Land Holland möglich ist – wöchentlich eine halbstündige Sendung mit Untertiteln, das muss doch bei uns in der Bundesrepublik auch möglich sei. Hier tut Entwicklungshilfe wieder einmal im eigenen Land not“. Die Fernsehsendung des Bayerischen Rundfunks hatte schnell ein beachtliches Echo gefunden. Auch hörende Fernsehzuschauer sagten, dass es richtig und notwendig sei, für die gehörlosen und schwerhörigen Fernsehzuschauer etwas zu tun. Der 6. Weltkongress der Gehörlosen, fand vom 30.Juli bis zum 5. August im Hauptquartier der UNESCO in Paris statt. Er stand unter dem Motto: „Der Gehörlose in einer sich wandelnden Welt.“ Der Kongress begann mit der feierlichen Eröffnung und den Sitzungen der wissenschaftlichen Kommissionen Der Saal der von Dr. Feuchte, Hamburg, geführten „Kommission für berufliche Rehabilitation der Gehörlosen“ erwies sich als viel zu klein, so dass viele Teilnehmer stehen mussten. Alle Bemühungen, einen größeren Saal zugeteilt zu erhalten, hatten leider keinen Erfolg. Bei der Pädagogischen Kommission (Taubstummenlehrer), in der der Deutsche Dr. Schmähl, vertreten war, war das Schlagwort „Total-Kommunikation“: Gebärden, Lautsprache, Ablesen, Hörtraining und Fingeralphabet sollen den Gehörlosen eine bessere Eingliederung in die Gemeinschaft der hörenden Umwelt vermitteln. Erfolgreiche Praxis in Amerika, Italien und Russland beweist die Richtigkeit dieser Methode. Der Unterricht am gehörlosen Menschen muss bereits mit der Früherziehung beginnen; er muss mehr variiert und individuell gestaltet werden; um eine größere Beweglichkeit zu erzielen. Kurz: es müssen alle Kommunikationsmöglichkeiten ausgeschöpft und angewandet werden. Der Verlauf der Gehörlosen-Weltkongresse in Wiesbaden, Warschau und Paris hatte gezeigt, dass die Weltkongresse in der bisherigen Form nicht mehr ablaufen konnten. Es war nicht, dass Kommissionen aus Experten über Möglichkeiten für Gehörlose diskutierten, während den Gehörlosen selbst nur die Rolle der unbeteiligten Zuschauer blieb. Der Weltverband selbst soll seine alle vier Jahre anstehenden Kongresse dazu verwenden, aktuelle Probleme unter den Gehörlosen zu diskutieren und Empfehlungen an die Kommissionen zu geben. Er soll den Gehörlosen ein Weltfest bieten, bei dem die Länder ihre kulturellen Leistungen präsentieren und einen edlen Wettbewerb veranstalten. Er soll Ausflüge und Besichtigungen arrangieren, kurz alles tun, die Gehörlosen aus aller Welt mit erlesenen Kulturdarstellungen zu unterhalten. Sie sollen im Mittelpunkt des Welttreffens stehen. Beratungsstelle für Hörgeschädigte in Freiburg. Der „Verein für badische Taubstumme“ hatte eine Beratungsstelle für Hörgeschädigte in Freibug im Breisgau eingerichtet. Ein Sozialarbeiter beriet dort ab sofort Jugendliche und erwachsene Gehörlose und Schwerhörige. Sie konnten sich mit Fragen zum Beruf, bei Schwierigkeiten im Verkehr mit Behörden, bei Problemen in der Familie und in anderen Anliegen an ihn wenden. Die neue Gehörlosen- und Schwerhörigenschule in Stegen bei Freiburg. Am 26. Februar 1971 wurde mit einer offiziellen Feierstunde in Stegen im Dreisamtal, die neueste Gehörlosen- und Schwerhörigenschule Baden-Württembergs der Öffentlichkeit übergeben. Die Anwesenheit von Ministerpräsident Dr. Filbinger und Kultusminister Prof. Dr. Hahn zeigte das Interesse der Landesregierung an dieser Einrichtung. Das Ausbildungszentrum Stegen ist für jugendliche Gehörlose, Schwerhörige und Sprachbehinderte gedacht. Vom Kindergartenalter bis zum Abitur können hier junge Menschen, die in ihrer Ausbildung besonderer Betreuung und Ausbildungshilfen bedürfen, unterkommen. Neue Gehörlosen- und Schwerhörigenschule in Stegen Stegen steht unter der Trägerschaft des Landes Baden-Württemberg und soll den Bedarf von Südbaden decken. Es wird eine Fünf-Tage-Schule sein. Die Schulen in Waldkirch und Waldshut wurden im Gegenzug aufgelöst. 1300 Gehörlose in Amerika können „fernschreiben“ über ein eigenes Telefon! Für Gehörlose gab es Anfang der 70er Jahre in den USA erstmals ein ganz neues Fernschreibsystem über das öffentliche Telefonnetz. Hartmut Teuber, der erste deutsche gehörlose 14 Verbands-Chronik Gallaudet-Student, sandte einen Brief mit Prospekten über „TTY“. Er schrieb „Da ich selbst erlebt habe, wie segensreich sich diese neuartige Kommunikationsmöglichkeit für Gehörlose auswirkt, würde ich jede Initiative befürworten, [...] die zu einer Übernahme dieses Systems auch für Gehörlose in der Bundesrepublik führen könnte.“ Die drei gehörlosen „Väter“ des TTY -Systems gründeten eine Firma, genannt „Applied Communications Corporation“, zu deutsch: „Körperschaft für angewandte Kommunikation“. Das Telefonschreibsystem ist sehr nützlich für Gehörlose und andere Hör- und Sprachgeschädigte, für Eltern, Lehrer und Schulen der gehörlosen Kinder, für Sozial-, Fürsorgeund Rehabilitations-Einrichtungen und sonstige Hilfsorganisationen, für Gehörlosenvereine, Verbände, Arbeitgeber von Betrieben mit gehörlosen Arbeitnehmern. Technisch gab es bei der Einführung einige Probleme, Das Problem sei für Deutschland natürlich ganz neu; es sei wohl nicht ganz einfach, die jedoch schnell behoben wurden. Das Schreibtelefon war also auch in Deutschland angekommen. Und für jeden Kunden gab es gleich noch drei Ratschläge dazu: 1. Verlangt und besucht fleißig VHS-Sprachkurse. 2. Lernt das Fingeralphabet und fingert fleißig! Das Fingeralphabet ist die beste Gedächtnisstütze für richtiges Schriftdeutsch und zugleich Fingergymnastik für Schreibmaschine und Fernschreiber! 3. Lernt und übt flottes Maschinenschreiben! „fernschreiben“ Französische Gehörlose zu Gast in Heidelberg. Seit zehn Jahren gab es zwischen den Städten Heidelberg und Montpellier (Frankreich) eine GehörlosenPartnerschaft. 1971, Mitte Oktober, besuchte eine Gesellschaft von 28 Personen aus Montpellier ihre Heidelberger Schicksalsgenossen, die sie am Hauptbahnhof herzlich begrüßten. Für die französischen Gäste wurde ein umfangreiches Festprogramm vorbereitet das u. a. eine Busfahrt in den Odenwald vorsah. Die Stadt Heidelberg gab ihren Gästen im Kurpfälzischen Museum einen Empfang, und der Gehörlosen- Sportverein Heidelberg trat zu einem Fußball-Freundschaftsspiel an. Das Treffen wurde mit einer Jubiläumsfeier beschlossen. Motorkameradschaft Schwäbisch Hall Am 26. September 1970 fand Deutsche Gehörlosen-Fußball-Pokalmeisterschaft 1970. Mitte Oktober 1970 traten sich in Würzburg die beiden Endspielgegner Bayreuth und Heidelberg nach 5 Pokalrunden zum entscheidenden Endspiel gegenüber. Mit einem verdienten 3:0 Sieg über die Bayreuther holte sich die junge und starke Elf aus Heidelberg zum ersten Mal den Verbandspokal und zum gleichzeitig gewann zum ersten Mal eine BadenWürttembergische Mannschaft den Pokal. Auto-Orientierung in Schwäbisch Hall GSV Heidelberg 1970 Crailsheim. Dank der Initiative von Friedrich Schaubmayr fand erstmals seit 15 Jahren ein Gehörlosen-Treffen in Crailsheim statt. Unterstützt wurde es durch den Gehörlosenverband und die Gehörlosenschulen Heilbronn und Nürtingen. Schaubmayr sprach über die Nöte und Probleme der Hörbehinderten im Hohenloher Raum und dankte Rainer Ungerer für die Mithilfe. Vorstand Noller vom Ortsbund Schwäbisch Hall referierte über Zweck und Sinn der Vereinsmitgliedschaft und die Erfassung möglichst vieler Gehörlosen. hinten v.n.r.: Ungerer, Grund, Noller, Pflugfelder, Schwäbisch Hall und Crailsheim eine bundesoffene Gehörlosen-AutoOrientierungsfahrt mit Start und Ziel Schwäbisch Hall statt. Ausrichter waren neben Fritz Pflugfelder die Motorkameradschaft Schwäbisch Hall (Foto) in Verbindung mit dem ADACOrtsverein. Diese Orientierungsfahrt führte durch die reizvollen Burgenund Schlösserstrassen der Kreise Schwäbisch Hall, Crailsheim und Öhringen. Diese Fahrt hat ihren Zweck voll erfüllt: Einmal wurde den gehörlosen Kraftfahrern etwas Neues geboten; zum zweiten wurde der Allgemeinheit wieder einmal nachdrücklich gezeigt, dass gehörlose Kraftfahrer vollwertige Straßenverkehrsteilnehmer sind. Noch immer hatten Gehörlose mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass sie eine Gefahr im Straßenverkehrt darstellen würden. Mit Aktionen wie der Bundessternfahrt wollte die Gehörlosen dieses Vorurteil bekämpfen. Deutsche Gehörlosen-Skimeisterschaften in Bolsterlang (Allgäu) Anfang Februar 1970. Die Skimeisterschaften waren anfangs vom Wetter nicht begünstigt. Nebel und Schneesturm erschwerten das Training auf der Abfahrtsstrecke. Da war der Abfahrtslauf in Frage gestellt. Der Sturm blies in unverminderter Stärke und immer neue Schneemassen heranbrachte. Statt dessen wurde ein Riesentorlauf durchgeführt, welcher zweimal zu durchfahren war; der erste Lauf wurde als kleiner Abfahrtslauf gewertet, der zweite als Riesentorlauf. Zum Spezialtorlauf am Verbands-Chronik 15 Tage war das Wetter wie ausgewechselt. Sogar die Sonne ließ sich bei klarer Sicht blicken. Beim Spezialtorlauf wurden von den 40 Teilnehmern nicht weniger als 17 Läufer disqualifiziert, sogar der Favorit musste die Segel streichen. So etwas darf nicht sein! Zu den vielen Teilnehmern waren erstmalig auch Kameraden aus dem Bodenseegebiet, Allgäu, Ulm, Stuttgart und Pforzheim hinzugekommen. Die Bereicherung der Konkurrenz kann nur erfreuen, allerdings ließen es sich die sieggewohnten Münchner und Nürnberger nicht nehmen, den Ruhm abzuschöpfen. Als nachmittags die Langläufer über 10 km zum Rennen rüsteten, gab der Schnee Wachsprobleme auf, die nicht von allen richtig gelöst wurden sogar dem heimlich erwarteten Sieger wurde der Wachs zum Verhängnis. Ein bunter Abend mit Siegerehrung war angesagt, brechend voll, denn über 200 Gehörlose drängten sich beim Abschluss in den viel zu kleinen Räumen. Nach der Begrüßung durch Stuttgarter Sportvorsitzende Heuser nahmen Verbandsskiwart Eger, München und Leiter des Organisationskomitees Mandalka, Stuttgart die Siegerehrung vor. Der Sieger in der Altersklasse, Mandalka, überreichte seine Medaille dem Max Bendig, Stuttgart, welche den Langlauf tapfer mitmachte. Bürgermeister von Bolsterlang dankte in einer Ansprache der GSG Stuttgart, dass sie bei der Durchführung der Meisterschaften auf seinen Ort gekommen sei und er hoffe, dass er alle Gehörlosen bald wieder im Allgäu begrüßen könne. Internationaler Bilderbogen Das Dorf Adelboden im Berner Oberland (Schweiz) durfte anlässlich der 7. Gehörlosen-Weltwinterspiele Februar 1971 ca. 1500 gehörlosen aus aller Welt willkommen heißen. Das Dorf beherbergte Sportler aus 13 Ländern und viele Schlachtenbummler. Nur das Wetter machte nicht mit. Schnee war bis zuletzt Mangelware. Sämtliche Wettbewerbe wurden höher hinauf in schneesichere Gebiete verlegt, die Langläufe sogar auf die fast 2000 m hohe Engstligenalp. Das bedingte leider auch eine Verkürzung der Rennstrecken und Streichung des Abfahrtslaufes. Erstmals in der Geschichte der CISS - Winterspiele machte die Sowjetunion bei den Langläufen mit, und gleich recht erfolgreich. In den Langläufen hielten die Deutschen Vertreter wacker mit nach der Devise „Teilnahme ist wichtiger als Sieg“. Das Können der Nordländer und Russen in dieser Disziplin war für die Deutschen Athleten jedoch unerreichbar. War die technische Seite der Winterspiele ohne jeden Tadel, so hatte das Organisationskomitee eine weniger glückliche Hand mit der Ausrichtung der Abendveranstaltung, deren Programme mehr fürs Ohr denn fürs Auge gestaltet waren. Das Schlussbankett konnte von den über 1000 Besuchern nur etwa 400 im Saal des Hotels „Adler“ vereinen. Ein Stempeldruck auf dem Handrücken war eine etwas ungewöhnliche „Eintrittskarte“. Trotz Saunatemperaturen wurde die Wintersportjugend nicht müde, bis zum frühen Morgen das Tanzbein zu bewegen. Skizunft Schwaben Stuttgart, Grellscheid, Werz, Mandalka, Heuser. Schulung der Jugendwarte des Deutschen Gehörlosen-Sportverbandes im November 1971 in Bingen am Rhein. Der Deutsche Gehörlosen Sportverband hatte die Jugendwarte seiner angeschlossenen GehörlosenSportvereine zu einer Zusammenkunft eingeladen. Erschienen waren 35 Jugendwarte und der gesamte Verbandsvorstand. Verbandsvorsitzender Heinrich Siepmann hielt ein Referat, dass sich mit dem Aufbau und der Funktion des DGS befasste. Er konnte aus seiner 50jährigen Tä- tigkeit viel Interessantes berichten und an Beispielen anführen, welche Möglichkeiten bestehen das Vereisleben zu aktivieren und besonders die Jugend zur Mitarbeit zu begeistern. Das zweite Referat hielt Friedrich Waldow über die Aufgaben des Vereinsjugendwarts, seine Stellung und Verantwortung. Er ging dabei von der Schule aus, von wo die Jugendlichen entlassen werden und wo sie bisher vom Lehrer, von den Eltern und im Internat geleitet und umsorgt wurden. Nun aber sozusagen auf die „Straße“ gesetzt, suchten sie Anschluss. Hier beginnt die Tätigkeit des Vereinsjugendwartes. Er muss Betreuer und Führer sein. Er muss Verständnis, Idealismus haben und sein ganzes Herz für diese Jugend einsetzen. Waldow meinte außerdem, dass der Vereinsjugendwart an Wichtigkeit im Verein gleich nach dem 1. u. 2. Vorsitzenden kommt. Sehr lebhafte war die anschließende Diskussion, die sich bis in die Abendstunden ausdehnte, denn die Anwesenden leisteten fast alle praktische Jugendarbeit und kannten viele Probleme der Jugendbetreuung. K.U. Ohligmacher, U.Braig, R. Sailer bei der Schulung der Jugendwarte in Bingen (Rhein) Fortsetzung... 16 Information Deafhood – Audismus – Deaf Studies Neue Wege in der Gehörlosenkultur Deafhood – Audismus – Deaf Studies Weiterhin erläuterte Helmut Vogel, dass der bundesweite Verein KuGG (Kultur und Geschichte Gehörloser) seit mehreren Jahren regelmäßig Veranstaltungen organisiert hat. Die Kontinuität der Kulturarbeit ist wichtig, damit die Teilnehmer immer wieder zusammen kommen und sich kontinuierlich austauschen können. Das wird so weitergehen und soll durch neue Angebote für die Bereiche Kunst, Geschichte, Theater, Film und Deaf Studies in Form von Workshops, Seminaren, Führungen etc. erweitert werden. Die KuGG ist in erster Linie für gehörlose Kulturschaffenden und Kulturforscher da und fördert sie mit der Hilfe von 200 Mitgliedern. Somit können die kontinuierliche Kulturarbeit und die Weiterentwicklung der Gehörlosenkultur gefördert werden und gesichert bleiben. Das Vortragsthema von Dr. Christian Rathmann hieß Deafhood. Der gebürtige Deutsche hat zehn Jahre lang als Gebärdensprachlinguist in Amerika studiert und gearbeitet. Seit einem halben Jahr arbeitet er im „Center for Deaf Studies“ (Zentrum für Deaf Studies) an der Universität in Bristol/ England und ist ein Kollege von Paddy Ladd. Den Namen Christian Rathmann kennen viele Teilnehmer, da er sich im Jahre 2006 um die Professorenstelle am Institut für Deutsche Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser an der Universität Hamburg beworben hat. Jetzt arbeitet er als Professor an der Universität Hamburg. Zu Beginn seines Vortrages erläuterte Christan Rathmann, dass Deafhood sich mit der Existenz der Gehörlosen auf der Welt befasst. Wir sollen uns austauschen und erklären, wer und was wir sind, sowohl als gehörlose Menschen als auch als die Gehörlosengemeinschaft. Alle, die zur Gehörlosengemeinschaft gehören, fühlen sich durch das Taubsein und die gemeinsame Sprache und Kultur miteinander verbunden. Sie ha- ben auch gemeinsame Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit der hörenden Umwelt. Daher ist die Gehörlosengemeinschaft eine kollektive Existenz und hat eine Stärke, die uns in der Entwicklung unseres Selbstbewusstseins als Gehörlose hilft. Da diese Entwicklung von Person zu Person und von Gemeinschaft zu Gemeinschaft verschieden ist, bleibt Deafhood offen und flexibel. Sie befindet sich immerwährend in einem Entwicklungsprozess, ohne ein konkretes Ende erreichen zu wollen. Der Prozess soll immer weiter gehen. Wir sollen uns auf eigene Stärken konzentrieren und uns gemeinsamer Werte bewusst werden. Wir brauchen auch einen Rückblick in die Gehörlosengeschichte. Daraus können wir positive Fähigkeiten entwickeln. Christian Rathmann wies darauf hin, dass das Bewusstsein über Deafhood eine wichtige Rolle für die erfolgreiche Beendigung der Krise an der GallaudetUniversität im letzten Jahr gespielt hat. Er zeigte viel Hintergrundwissen über die Ansichten verschiedener Gruppen über die Zukunft der Gallaudet-Universität und der Gehörlosengemeinschaft. Christian Rathmann meinte, viele Menschen hätten dank zahlreicher Proteste an der Gallaudet und Gebärdensprachfilme (Vlogs) im Internet besser verstanden, was die Konzeption Deafhood bedeutet. Deswegen waren sie bereit, die Proteste anhaltend bis zum erfolgreichen Ende zu unterstützen. Zur Überraschung der Teilnehmer erzählte Christian Rathmann, dass Paddy Ladd in einem Interview im März dieses Jahres auf einer Konferenz an der Gallaudet-Universität sagte, Deutschland ist nach den USA als zweites Land dabei, sich ausführlich mit Deafhood auseinanderzusetzen. Rathmanns Vortrag hat einen starken Eindruck bei den Teilnehmern hinterlassen. Der zweite Tag begann mit einem zehnminütigen Film von Ege Karar und Kilian Knörzer (beide aus Aachen) über Audismus. Die beiden überlegten sich, was Audismus bedeuten soll. Danach kam Hartmut Teuber, ein gebürtiger Deutscher aus Boston/ Amerika, auf die Bühne. Er lebt seit den 60er Jahren in Amerika und hat dort als Pädagoge und Linguist gearbeitet. Hartmut Teuber ist ein altbekannter Kämpfer für die Emanzipation der Gehörlosenbewegung und hat sich seit längerer Zeit mit dem Begriff „Audismus“ befasst. Interessanterweise hat er das Wort „taub“ und „Taube“ in seinem Vortrag konsequent benutzt. Denn er hält das Wort „gehörlos“ für problematisch, da es das Defizit hervorhebt und zum medizinischen Modell gehört. Das Wort „taub“ bezeichnet hingegen Gehörlose und Schwerhörige, die die Gebärdensprache verwenden und in der Gehörlosengemeinschaft verkehren. Teuber empfiehlt, „taub“ als Bezeichnung einzuführen, indem wir uns immer wieder selbst so bezeichnen. „taub“ ist als Begrifflichkeit einfacher zu begreifen und auch gesellschaftlich vielleicht schneller zu akzeptieren, als „gehörlos“. Denn „gehörlos“ ist für die deutsche Sprache anders zu verstehen, als ähnliche zusammengesetzte Adjektive, wie „geschmacklos“, „geruchlos“ usw. Hartmut Teuber erklärte ausführlich Merkmale und Folgen von Audismus. Audismus meint die Überbewertung des Hörens und Sprechens und die Abwertung der Gebärdensprache. Seit Jahrhunderten wird immer wieder argumentiert, dass erst die Lautsprache den Gehörlosen zu einem Menschen mache oder dass die Gebärdensprache eine Sprache ohne Grammatik sei. Es wurde immer wieder gesagt, dass die Fähigkeit, zu sprechen über allem anderen stehe. Für Teuber stellt sich Audismus als eine andere Form von Rassismus dar. So wird der Begriff für sein Publikum und die Öffentlichkeit deutlich. Der Audismus kann verdeckt bis offen in Erscheinung treten, und sich in verschiedenen Bereichen (wie zum Beispiel Bildung, Familie, Gesellschaft, Sozialpolitik, Geschichte usw.) zeigen. Hartmut Teuber zeigte eine von ihm Information 17 selbst erstellte Definition von Audismus und machte auf die Ähnlichkeiten mit anderen „–ismen“ aufmerksam (z.B. Rassismus, Kolonialismus, Sexismus, Antisemitismus usw.). Audistische Einflüsse haben Gehörlose und Schwerhörige schon mehr oder weniger übernommen. Dadurch wird das Leben dieser Menschen un- nötig schwer gemacht. Es ist besonders wichtig, dass wir uns von den negativen Einflüssen freimachen, die unser Leben erschweren. Vor allem von dem Glauben, dass wir vieles nicht können und dass Hörende besser sind als wir. Um diese Einflüsse wieder abzubauen, bedarf es eines gemeinsamen Heilungsprozesses in Form von Selbstfindungssemina- ren. Die Bedeutung des Hörens und Sprechens darf nicht überbewertet werden. Teubers Spruch „Bleib taub!“ statt „Bleib gesund!“ wurde unter den Teilnehmern schnell angenommen. Am Ende bekam Hartmut Teuber viel Beifall für seinen temporeichen und intensiven Vortrag. u.br. Landesregierung zum „Tag der Gehörlosen“ 2010 Über 7.000 gehörlose schwerbehinderte Menschen mit gültigem Ausweis im Land Staatssekretär Hillebrand: Fernsehangebote müssen auch für gehörlose Menschen zugänglich sein – Untertitel im Fernsehen weiter ausbauen 24.09.2010 Am Sonntag (26.9.) findet der weltweite „Tag der Gehörlosen“ statt. Der Aktionstag wurde 1951 vom Weltverband der Gehörlosen ins Leben gerufen und wird seit Mitte der 70er Jahre auch in Deutschland begangen. Ein Hauptanliegen des internationalen Tages des Gehörlosen ist es, auf die besondere Situation der landesweit über 7.000 gehörlosen Menschen hinzu-weisen und die Kommunikationssituation Hörgeschädigter zu verbessern. Dabei soll auch für die Deutsche Gebärdensprache geworben werden, die nach dem Landes-Behindertengleichstellungsgesetz als eigenständige Sprache anerkannt ist. „Dass Englisch, Französisch oder Spanisch eigenständige Sprachen sind, wird von niemandem in Zweifel gezogen. Dass dies in gleicher Weise für die Deutsche Gebärdensprache gilt, hat sich leider noch nicht überall herumgesprochen. Für eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe von gehörlosen Menschen ist dies jedoch eine entscheidende Weichenstellung. Es geht dabei nicht um Sonderrechte, sondern darum, sein Leben so normal als möglich zu führen, so wie dies für hörende Menschen selbstverständlich ist“, sagte der Landes-Behindertenbeauftragte und Staatssekretär im Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Senioren, Dieter Hillebrand. Es sei für ihn auch mit Blick auf die Vorgaben der VNKonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen für gehörlose Menschen ein wichtiges Zeichen für Selbstbestimmung und Teilhabe, dass Fernsehsendungen auch für Gehörlose umfassend zugänglich sein müssten. Es könne nicht sein, dass Fernsehen nur für Hörende gemacht würde. „Auch gehörlose Menschen müssen ein Wahlrecht haben und selbst bestimmen können, welche Sendungen Sie anschauen möchten. Ich freue mich daher, dass der SWR auf meine gemeinsame Initiative mit den Gehörlosenverbänden im Land, der Landeskommission für Hörgeschädigte und Mitgliedern des Rundfunkrates hin zugesagt hat, den Anteil der untertitelten Sendungen im SWR-Fernsehen stetig zu erhöhen. Dies ist ein wichtiger Meilenstein, da dadurch der SWR seinem Informationsauftrag auch bei hörgeschädigten Zuschauerinnen und Zuschauern in Zukunft verstärkt nachkommen wird“, betonte Dieter Hillebrand. Gerade im Medienzeitalter sei es ein sichtbares Zeichen gelebter Inklusion, wenn insbesondere die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten ihre Sendungen in hohem Maße barrierefrei anbieten würden. Die Untertitelung von Fernsehsendungen sei die entscheidende Voraussetzung für einen gleichberechtigten Zugang zu Information und Kommunikation für gehörlose und auch für viele hörgeschädigte Menschen. „Es kann und darf nicht sein, dass viele Fernsehsendungen für Gehörlose nur Stummfilmangebote sind und diese Mitbürgerinnen und Mitbürger von aktuellen Informationen abgehängt sind. Eine weitgehend durchgängige Untertitelung von Fernsehsendungen nutzt auch den rund 30.000 schwerhörigen Menschen im Land“, sagte Dieter Hillebrand. In Baden-Württemberg lebten neben den über 7.000 gehörlosen schwerbehinderten Menschen mit amtlichem Ausweis knapp 30.000 schwerhörige Menschen. Der internationale Tag der Gehörlosen solle auch deutlich machen, dass gehörlose und hörbeeinträchtigte Menschen selbstverständlicher Teil der Gesellschaft seien und dies auch unkompliziert leben wollten. „Dies betrifft alle Lebensbereiche und ist damit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die alle angeht“, betonte der Staatssekretär. Quelle: Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Senioren Baden-Württemberg 18 Information Ruftaxi für Hörgeschädigte in Neckargemünd erreichbar Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist in Deutschland gut organisiert. Busse, Straßenbahnen, S-Bahnen und U-Bahnen transportieren täglich Millionen von Menschen nach bestimmten Fahrplänen. Mit dem Schwerbehindertenausweis und der Berechtigung zur Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs (Wertmarke mit Beiblatt) können hörgeschädigte Menschen die Verkehrsmittel kostenlos benutzen. In ländlichen Gebieten wird der ÖPNV in den späten Abendstunden oft mit sogenannten „Ruftaxis“ geregelt. Sie fahren ebenfalls nach bestimmten RuftaxiFahrplänen, aber nur nach vorheriger telefonischer Bestellung – mindestens 30 Minuten vor Abfahrt. Wer mit einem Ruftaxi fahren will, muss also die Ruftaxi-Zentrale telefonisch informieren. Für hörgeschädigte Personen ist das nicht möglich, weil sie überhaupt nicht telefonieren können oder auch mit Hörgeräten große Schwierigkeiten bei der telefonischen Kommunikation haben. Der ÖPNV der Stadt Neckargemünd mit seinen Stadtteilen hat dieses Problem für Hörgeschädigte bisher nicht berücksichtigt. Nachdem unser Verband die Stadtverwaltung Neckargemünd informiert und auf dieses Problem aufmerksam gemacht hat, haben die städtischen Verkehrsplaner diese Diskriminierung erkannt. Sie haben inzwischen dafür gesorgt, dass auch Hörgeschädigte in Zukunft den gesamten ÖPNV im Stadtgebiet barrierefrei nutzen können. An jeder Bushaltestelle in Neckargemünd und seinen Stadtteilen hängt seit September 2010 eine Information über die Nutzung des Ruftaxi-Verkehrs für Hörgeschädigte. Herzlichen Dank der Stadtverwaltung Neckargemünd, die in vorbildlicher Weise dafür gesorgt hat, dass der gesamte ÖPNV-Fahrplan im weiträumigen Stadtgebiet zukünftig auch für Hörgeschädigte barrierefrei in Anspruch genommen werden kann. Ein großes Vorbild für andere ÖPNVPlaner in unserem Land ! Gehörlosen-Dolmetscher - Vermittlungszentrale Träger: Landesverband der Gehörlosen in Baden-Württemberg e.V. Kontakt: Rita Wagner Hohenheimerstr. 5 70184 Stuttgart Telefon: 0711 - 2360009 Fax: 0711 - 2360616 Mobil: 0172 - 6205693 Mail: dvz-bw.wagner@arcor.de Sprechstunde: Montag / Mittwoch / Donnerstag vormittags, Mittwoch nachmittags oder abends Die aktuelle Dolmetscherliste kann über das Internet http://www.ifg-bw.de/vermittlung/index.htm heruntergeladen oder direkt bei Frau Rita Wagner per Fax angefordert werden. BWG Heidelberg G.Erbe (Vorsitzender) Feuilleton 19 Psychosoziale Merkmale bei gehörlosen Menschen Auf Initiative von Herrn Erwin Wespel vom Bischöflichen Ordinariat der Diözese Rottenburg – Stuttgart, fand im Bildungshaus Kloster Untermarchtal im Donau-Alb-Kreis am 21. Oktober 2010 der Studientag mit Prim. Dr. Johannes Fellinger statt. Das Thema: Psychosoziale Merkmale bei gehörlosen Menschen. Prim. Dr. Johannes Fellinger ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Neuropädiatrie. Er leitet das Institut für Sinnesund Sprachneurologie/Gesundheitszentrum für Gehörlose (gegründet 1991) des Krankenhauses der barmherzigen Brüder in Linz/Österreich. Er leitet auch die „Schule für visuelle und alternative Kommunikation“ („vis.com“) am Krankenhaus in Linz und ist auf vielen Kongressen und Tagungen gefragter Referent. Als Sohn eines gehörlosen Künstlers war es schon sein frühes Anliegen, die Lebensqualität von Menschen mit dieser Beeinträchtigung zu verbessern. Im Vergleich zur hörenden Allgemeinbevölkerung klagen Gehörlose häufiger über verschiedene körperliche Beschwerden sowie über Nervosität, Ängstlichkeit, Überlastung und Überförderung. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse einer Untersuchung, die Dr. Fellinger und andere in einer Spezialambulanz für Gehörlose am Krankenhaus durchgeführt hat. Er deutet: „Gehörlose haben weniger Anschluss und Information. Das beeinträchtigt ihre emotionale, soziale und kognitive Entwicklung. Doch mit gezielter Förderung können Gehörlosen unglaublich viele Fähigkeiten entwickeln. Je früher diese einsetzt, desto besser.“ Dr. Fellinger: „Die Nöte gehörloser Menschen wurden mir immer bewusster. Am 1. Februar 1991 begann ich im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Linz im Rahmen meiner Arbeit als Nervenarzt spezielle Sprechstunden für Gehörlose anzubieten. Es gab für diese Arbeit weder spezielle Räume, noch spezielles Personal oder finanzielle Unterstützung. Dennoch fanden sich immer mehr Gehörlose in dieser „Ambulanz“ ein. Es war sogar so, dass nahezu täglich der Gang der Neurologieabteilung voll von gehörlosen Menschen war. Als Arzt musste ich jedoch feststellen, dass die Gehörlosen nicht primär wegen seelischer Probleme kamen, sondern wegen Probleme aller Art. Viele hatten Beschwerden im körperlichen Bereich und ernste Krankheiten. So habe ich zur damaligen Zeit viele Tumore und schwere Stoffwechselstörungen diagnostiziert. Viele Operationen mussten durchgeführt werden und vielen Patienten konnte wirklich geholfen werden. Der Gynäkologe, zu dem ich die gehörlosen Patientinnen geschickt habe, hat einmal zu mir gesagt: „Wenn normalerweise Frauen zur Untersuchung kommen, so haben sie meist keine echten Krankheiten. Jedoch hat praktisch jede Frau, die Du schickst, ein echtes Problem!“ Diese hohe Zahl an Erstdiagnosen waren wohl auf die Tatsache zurückzuführen, dass viele Ärzte mit gehörlosen Menschen nicht umgehen konnten, und gehörlose Menschen ihrerseits die Ärzte mieden, weil sie Angst hatten. In den ersten zwei Jahren ohne Finanzierung wurde mir klar, dass medizinisch-körperliche Probleme, seelische Probleme und auch soziale Probleme eng zusammen hängen. Zu dieser Zeit entwickelte ich ein Konzept, das die Gehörlosenarbeit auf eine breite Basis stellen sollte. Entsprechend der Definition von Gesundheit als Zustand körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens wurden Arbeitsbereiche mit diesen Schwerpunkten geplant und noch um den Bereich „Kommunikationsförderung“ ergänzt. Gesundheitsproblematik Gehörloser Diese Beobachtung war Ausgangspunkt für wissenschaftliche Untersuchungen des Instituts mit dem Ziel, Art und Ausmaß der Gesundheitsbelastungen gehörloser Menschen zu erfassen und Fragen der Lebensqualität zu beleuchten. Die Ergebnisse zeigten u. a. dass die Gehörlosen im Vergleich zur hörenden österreichischen Allgemeinbevölkerung zu einem Drittel häufiger angaben, sich nervös und angespannt zu fühlen. Sie litten fast doppelt so häufig unter Rücken- und Gelenkschmerzen, klagen dreimal so häufig über Magen-/Darmbeschweren und sogar sechsmal so häufig über Kopfschmerzen. Es war interessant, dass gehörlose Männer besonders in der zweiten Hälfte des Berufslebens (also ab ca. 40 Jahren) verstärkt unter Nervosität litten. Frauen hingegen gaben am häufigsten vor allem in den jungen Erwachsenenjahren (ca 20-30) und dann zwischen 45 und 55 Jahren an, sich nervös, angespannt und überfordert zu fühlen. 20 Information Unter Lebensqualität kann jeder etwas anderes verstehen. Unabhängig von der jeweiligen Kultur, wird Lebensqualität als körperliches und seelisches Wohlbefinden verstanden. Äußere Faktoren, wie Einkommen und Lebensstandard, sind kulturabhängig. Chancengleichheit dar. Ähnliche Spezialambulanzen würden besonders in Ballungsräumen Deutschlands in hohem Maße gerechtfertigt sein, und könnten gehörlosen bessere Möglichkeiten eröffnen, in ihren Gesundheitsanliegen entsprechende barrierefreie Hilfestellungen zu erlangen.“ Die Studienergebnisse zeigen einen dramatischen Unterschied bei körperlichem und seelischem Wohlbefinden zwischen deutschsprachiger Allgemeinbevölkerung und österreichischen Gehörlose. Aber auch die Umweltfaktoren werden von Gehörlosen signifikant schlechter bewertet. Im Bereich soziale Beziehungen zeigt sich interessanterweise hingegen kein Unterschied. Auch spezifische Zeichen seelischer Belastung (wie Depression, Angst, misstrauisches Denken, Unsicherheit im Sozialkontakt zur hörenden Außenwelt und körperliche Beschwerden) zeigen die höhere Belastung bei gehörlosen Menschen. Heute gibt es in Österreich drei Gehörlosenambulanzen (Linz, Wien, Salzburg), die in Allgemeinkrankenhäusern eingegliedert sind. Im Ausland fand die Idee, gehörlosen Menschen durch gebärdensprachkompetente Ärzte und Schwestern einen direkten Zugang zu medizinischen Leistungen zu bieten. Außerdem sprach sich Fellinger u. a. auch die geplante Gebärdengemeinschaft statt für die Gehörlosengemeinschaft aus, weil viele, z.B. Studenten in der Universität Wien von der Gebärdensprache fasziniert waren. Schlussfolgerung Für gehörlose Menschen ist die Ausgangslage, gesund und beschwerdefrei zu leben, grundsätzlich schlechter. Eine Ambulanz für Gehörlose stellt einen Schritt in Richtung Der Organisationsleiter Erwin Wespel und die Teilnehmer des Studientags haben sich anschließend mit großen Applaus bei Dr. Fellinger für den interessanten Vortrag bedankt. u.br. Gehörloses Kind hat Anspruch auf Dolmetscher in Regelschule Wegweisende Entscheidung des Sozialgerichts Frankfurt/Main Am 13.10.2010 wurde auf den Antrag zur einstweiligen Anordnung von hörenden Eltern eines gehörlosen Mädchens eine rasche, deutliche und wegweisende Entscheidung gefällt. Seit knapp 3,5 Jahren wissen die Eltern, dass ihr Kind gehörlos ist. Sie entschieden sich gegen das Cochlear Implantat (CI) und für die intensive Erlernung der Deutschen Gebärdensprache. Die Kämpfe gegen das Sozialamt waren geprägt von Trauer und Demütigung. Eine dicke Akte mit Anträgen und Widersprüchen entstand. Es gipfelte zum Schluss in der Forderung des Sozialamtes dem Mädchen ein Cochlear Implantat einsetzen zu lassen, so könne man die Kosten für den Dolmetscher im Unterricht der allgemeinbildenden Schule sparen. Das Mädchen könnte auf die Gehörlosenschule gehen und später, wenn es mit dem CI hört, immer noch auf die Regelschule gehen. Das Sozialgericht kommt zum Schluss: • • • • • Das Sozialamt muss den Dolmetscher in der Regelschule zahlen! Eine Einmischung in die Autonomie der Eltern ist nicht zulässig. Eine Entscheidung gegen das Cochlear Implantat muss respektiert werden und eine Bewertung steht dem Sozialamt nicht zu! Eine Kindeswohlgefährdung erkennt das Gericht nicht! Ein Verweisen auf eine Förderschule, die den Unterricht nicht in DGS abhalten kann, ist nicht zulässig, weil das Kind von Teilen des Unterrichtes ausgeschlossen wäre. Info-Quelle: www.kestner.de Information 21 Steuertipps vom Fachmann In der letzten Ausgabe habe ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, gebeten, kräftig Spritbelege zu sammeln. Warum? Das verrate ich Ihnen jetzt: § 9 Abs. 2 EStG: Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für Behinderte Seit ich in der Finanzverwaltung arbeite, hat es diesen Paragrafen schon gegeben. Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte kann man als Werbungskosten absetzen. Wer mit dem Auto zur Arbeit fährt, kann pro Entfernungskilometer 0,30 € als Werbungskosten abziehen. Schwerbehinderte mit einem GdB von mindestens 70 oder 50 und Merkzeichen G können statt 0,30 € das Doppelte, nämlich 0,60 € pro Entfernungskilometer als Werbungskosten abziehen. Was viele nicht wissen: Diese 0,60 € pro Entfernungskilometer ist das Gleiche wie 0,30 € pro gefahrenen Kilometer von zuhause zur Arbeit und wieder zurück nach Hause. Statt den 0,30 € pro gefahrenen Kilometer können auch die tatsächlichen Autokosten geltend gemacht werden. Aber wie??? Hier müssen Sie, liebe Leserinnen und Leser, jetzt mal die gesamten Belege und Rechnungen für das Auto zusammenstellen und ausrechnen, wie hoch Ihre tatsächlichen Kosten sind. Beispiel: Der gehörlose Feinmechaniker Max Muster arbeitet bei einem großen Automobilkonzern in Sindelfingen. Die tägliche Strecke von seinem Zuhause nach Sindelfingen beträgt 20 km. Im Jahr 2007 hat er einen VW Golf für 24.000 € gekauft. Den Kaufpreis kann Max nicht auf einmal in der Einkommensteuererklärung absetzen. Diese 24.000 € sind auf die voraussichtliche Nutzungsdauer zu verteilen. Bei einem Auto beträgt die Nutzungsdauer 6 Jahre. Beim Golf bedeutet das, dass Max bei seinem Kaufpreis von 24.000 € jährlich 4.000 € (24.000 : 6 Jahre) als Abschreibung ansetzen kann. Im Jahr 2009 fährt Max Muster insgesamt 14000 km. Folgende Kosten für das Auto hat Max noch bezahlen müssen: Versicherung 450 € KFZ-Steuer 230 € Sprit (Diesel oder Benzin) 1000 € Reparaturen 340 € Inspektion 268 € neue Reifen 320 € Waschen und Pflege 100 € Gesamt 2708 € + Abschreibung 4000 € tatsächliche Kosten 6708 € Für die 14000 km hat Max Muster insgesamt 6708 € bezahlt. Pro km kostet ihn das Auto 0,48 € (6708 € : 14000 km). Diese 48 ct kann Max Muster für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ansetzen. Für die täglichen 20 km bedeutet es: 220 Arbeitstage x 40 km (hin und zurück) x 0,48 € = 4.224 €. Zum Vergleich: Sein hörender Arbeitskollege Tim Thimm darf nur 220 Tage * 20 km * 0,30 € = 1320 € ansetzen. Max Muster hat einen gehörlosen Arbeitskollegen namens Tom Sport. Dieser Kollege hat von seinem Wohnort zur Arbeit auch 20 km zu fahren. Allerdings hat er keine Belege aufgehoben. Tom Sport kann wenigstens 220 Tage x 20 km x 0,60 € = 2640 € als Werbungskosten absetzen. Wie Sie sehen und vergleichen können, kann Max Muster eine höhere Steuerrückerstattung erwarten als seine Kollegen Tim und Tom. Wenn man von einer steuerlichen Belastung von 25% ausgeht, kann Max Muster ca. 400 € mehr Steuern als Tom und ca. 750 € mehr Steuern als Tim vom Finanzamt erstattet bekommen. Es lohnt sich Liebe Leserinnen und Leser, wie Sie sehen, es lohnt sich, dass man die Kosten vom Auto ausrechnet und schaut, ob es mehr kostet als die 30 ct, welche man pauschal geltend machen kann. Je mehr Kilometer jemand im Jahr fährt, desto weniger kostet das Auto pro km. Je weniger Kilometer jemand im Jahr fährt, desto mehr kostet das Auto pro km. Beispiel von Max Muster: Hätte der Golf von Max eine Jahresleistung von 20.000 km, würden sich nur die Spritkosten erhöhen, hier um ca. 50%. Das heißt im vorigen Beispiel: Die Sprit-Kosten erhöhen sich um 500 € auf 1500 €. Der Rest verändert sich nicht. Die 6708 € erhöhen sich auf 7208 €. Pro km kostet der Wagen somit 36 ct (= 7208 € : 20000 km). Hätte der Golf von Max eine Jahresleistung von 10.000 km, würden sich die Spritkosten vermindern, hier um ca. 30%. Das heißt im vorigen Beispiel: Die Sprit-Kosten vermindern sich sich um ca. 400 € auf 600 €. Der Rest verändert sich nicht. Die 6708 € vermindern sich auf 6308 €. Pro km kostet der Wagen somit 63 ct (= 6308 € : 10000 km). Noch mehr Tipps? Jetzt schon ein Tipp an alle: bitte Belege für Praxisgebühren, Apothekenzuzahlungen, Brillenrechnungen usw aufheben. Jetzt schon anfangen: Fahrten zu Ärzte, Apotheken, Zahnarzt usw aufschreiben; notieren: Datum, zu welchem Arzt, wer ist Patient (Ehemann, Ehefrau, Kind), wieviel km; Warum? In der nächsten Ausgabe erfahren Sie mehr.. Werner Raatz, Diplom-Finanzwirt 22 Termin Was? Wann? Wo? Jahr 2010 Datum Was Inhalt Wo Uhrzeit 15. Januar Bildungsveranstaltung Free-Homepage-Einsteiger Hör-Sprachzentrum 10-17 Uhr HD-Neckargemünd Kontakt: 0711-2363149 16. Januar Vereinsveranstaltung Winter- und Kameradschaftsfeier Offenburg aus Anlass des 80. Bestehen des GV 29 Januar Vereinsveranstaltung VIGIS - Vortrag (VdG Stuttgart) Themen „Fachkongress Saarbrücken“, LV-Seminar usw.. 26. März Verbandsveranstaltung Kontakt: 03212-1037243 GLZ Stuttgart 14 Uhr Jugendversammlung der der Wilden Löwenjugend GLZ Stuttgart 10 Uhr 16. April LV-Veranstaltung Mitgliederversammlung mit Wahl des Präsidiums GLZ Freiburg 10 Uhr 30. April Kulturveranstaltung Deutsches Gehörlosen-Theater Themastück: „Bluthochzeit“ Württ. Landesbühne Esslingen/Neckar 15 Uhr 04. Mai Verbandsveranstaltung LV-Deniorentagung GLZ Rottweil 10 Uhr 09 Juli Vereinsveranstaltung 50 Jahre Vereinsjubiläum Hörgesch. Bühl-Baden Mittelbad. Kulturverein Kontakt: wird bekanntgeben 07223-28745 24. Sept. Verbandsveranstaltung Tag der Gehörlosen Stuttgart wird bekanntgeben 24. Sept. Verbandsveranstaltung 130 Jahre VdG Stuttgart Stuttgart wird bekanntgeben Änderung unter Vorbehalt !! Information >>>> Alle Vereinsvorstände werden herzlich gebeten, die Veranstaltungstermine mit Angabe des Ortes und der Uhrzeit (z.B. Grillfest, Kofo, Vortrag, Vereinsjubiläum, besondere Vereinsveranstaltung) ohne Versammlungs- und Seniorentreff-Termine an die Geschäftsstelle des Landesverbandes per Fax 0711- 2 36 3149 oder Email: geschaeftsfuehrer@lv-gl-bw.de bekanntzugeben. Besten Dank im Voraus! Feuilleton 23 Stuttgart 21 Großdemonstration gegen Stuttgart 21 Es war eine der größten Demonstrationen, die Stuttgart je erlebt hat. Auch Hörgeschädigte beteiligten sich daran. Zehntausende Gegner des Milliarden-Bahnprojekts Stuttgart 21 hatten sich zu einer Kundgebung am Hauptbahnhof und im Schlosspark und zu einer Menschenkette um den Landtag versammelt. Roland Martin, Stuttgarter Gehörlosenpfarrer, war auch als Gebärdensprachdolmetscher bei den Demonstrationen aktiv. Er hatte mit weißen Handschuhen in die Gebärdensprache vor Publikum unermüdlich übersetzt. Das Ganze hat sich ziemlich schnell verselbstständigt. Wenn Roland Martin zuerst mit den Zeigefingern rhythmisch in die Lift piekst, dann mit den flachen Handflächen jeweils eine beschwichtigende Geste nach unten macht, folgen dem evangelischen Pfarrer bei der Montagsdemonstration nicht nur die rund 50 Gehörlosen unter den Stuttgart – 21 – Gegnern, sondern auch die Masse an Hörenden macht die Gesten nach und ruft dabei, was auch die Hände sagen: „Oben bleiben!“ „Ich bin erst zum Gegner geworden, weil mir mit der Zeit immer mehr merkwürdig vorkam“ erklärte Pfarrer Roland Martin, der sich selbst als „Bahn-Vielfahrer“ bezeichnet. Er sitzt in seinem Wohnzimmer, als er dies sagt. Trägt noch kein dunkles Hemd wie abends bei der Demonstration, keine weißen Handschuhe wie bei seinem Auftritt. Die Handschuhe sollen es Gehörlosen, die nicht in der Nähe der Bühne einen Platz ergattert haben, erleichtern, den Reden folgen zu können. Seit August dolmetscht Roland Martin auf den Montagsdemonstrationen. In der Zwischenzeit hatte er Urlaub, aber seither stand der 56jährge wieder auf der Protestbühne. Aufruf zum Schwabenstreich Denn die Wut bei der bunten Schar an Demonstranten ist groß. Die Wut darüber, dass es keine Befragung der Bürger zu dem Projekt gegeben hat. Angst, dass das Gestein abrutschen oder die Mineralwasserquellen schaden nehmen könnten. Und Zorn, weil die Kosten des Projekts immer weiter steigen – 4,1 Milliarden Euro sind es derzeit, die geplant sind für die Tieferlegung und Umwandlung des heutigen denkmalgeschützten Kopfbahnhofs in eine Durchgangsstation und die unterirdische Anbindung an den Flughafen und die Schnellstrecke nach Ulm. „Oben bleiben!“ rufen die Demonstranten deshalb immer wieder. „Stuttgart steht Kopf“ schallt es aus vielen Kehlen. In den nächsten Wochen bis Ende November wollen Vertreter von Bahn, Land, Stadt und Region Stuttgart sowie das Aktionsbündnis der Gegner eine „Sach- und Faktenschlichtung“ zum Bahnprojekt Stuttgart 21 versuchen. Dabei werden neben Grundsatzfragen Hunderte Details erörtert werden. Wir wagen einen Überblick. Diese Grundsatzfrage steht am Anfang der Debatte: Können mit einem Bahnhof mit nur acht Bahnsteigen so viel Züge abgewickelt werden wie in einem mit 16? Wie zukunftssicher ist der neue Tiefbahnhof? Viele Gutachten bestätigen die Leistungsfähigkeit des Neubaus, denn es kommt nicht auf die Zahl der Bahnsteige, sondern auf die Zahl der zu- und abführenden Strecken an, und diese steigt. Die Gegner verweisen in ihrem Alternativkonzept Kopfbahnhof 21 darauf, dass auch ein Kopfbahnhof Reserven bieten könnte. Dazu müsste er modernisiert und um weitere kreuzungsfreie Gleisverbindungen im bestehenden Gleisvorfeld erweitert werden. Auch wären weitere Zuläufe durch den Rosensteinpark und Zusatzgleise im Neckartal nötig, um die Zugzahlen wesentlich erhöhen zu können. Konflikte mit Anwohnern wären hier programmiert. Beim Thema Kosten hat sich die Bahn sowohl bei Stuttgart 21 als auch bei der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm nicht mit Ruhm bekleckert. Die Aussage hat DB längst selbst widerlegt. Die Kosten stiegen bei Stuttgart 21 in den letzten drei Jahren von 2,8 auf 3,1 und nun 4,1 Milliarden Euro. Tatsächlich 2009 nämlich bei 4,9 Milliarden Euro. Der Gegner halten die Berechnungen für schlicht geschönt. Stuttgart 21 werde zwischen 6,9 und 8,7 Milliarden verschlingen, die Strecke 4,6 wahrscheinlich aber 5,3 bei sehr ungünstiger Geologie in der Alb bis zehn Milliarden Euro. Schon als Kind hat Martin die Gebärdensprache gelernt, ohne jemals einen echten Kurs besucht zu haben. Sein Vater hat in Winnenden das Berufsbildungswerk für Hörgeschädigte geleitet. Bis zum Jahr 1967 hat die Familie in einem Wohnheim für Gehörlose gewohnt. Mit seinen 24 Feuilleton älteren Geschwistern hat sich Martin oft aus Spaß auf Gebärdensprache unterhalten. Nach seinem Theologiestudium in Tübingen und München dauerte es nicht lange, und Roland Martin bekam sein erstes Angebot: 1982 wurde er Seelsorger für Gehörlose in Stuttgart und Pfarrer in der Markuskirche. Interview mit dem Stuttgarter Gehörlosenpfarrer Roland Martin, Lieber Roland, Du hast viele Jahre als Stuttgarter Gehörlosenpfarrer amtiert und dir eine großen Ruf als Freund der Gehörlosen erworben. Wir würden gern wissen, wie Du Eingang in die Gehörlosengemeinschaft gefunden und zu Deinem Beruf gekommen bist? Da ich in Winnenden unter Gehörlosen aufgewachsen bin, waren sie mir nie fremd, sondern immer wie große Geschwister. Und als ich Pfarrer wurde, da suchte die Kirche gerade jemand für die Gehörlosenseelsorge hier in Stuttgart. Ich hatte mir das nicht selbst ausgesucht, denn eigentlich wollte ich lieber Pfarrer auf dem Land werden. So kam ich nach Stuttgart – und bin nun schon bald 30 Jahre hier. Manchmal kommt es anders, als man denkt – und es ist trotzdem gut. Kannst du etwas zu Deinen Eltern sagen? Inwieweit waren sie in der Gehörlosengemeinschaft aktiv? Mein Vater kam in den Fünfziger Jahren nach Winnenden als Lehrer an der Berufsschule für Hörgeschädigte. Und viele Jahre betreuten meine Eltern gemeinsam das Lehrlingsheim für die männlichen Berufsschüler als Hauseltern. Man muss sich vorstellen: Sie bekamen dafür nicht einmal Geld, nur die Miete war etwas billiger! Und in dem Neubau (seit 1955) wohnten rund 100 Jugendliche! Und wir wohnten im Erdgeschoss dieses Hauses – bis meine jüngste Schwester zur Welt kam. Da wir dann 6 Geschwister waren, reichte der Platz nicht mehr, wir zogen um in ein Haus auf dem Gelände der Paulinenpflege. In der Zwi- schenzeit gab es auch schon seit längerem einen hauptamtlichen Hausvater. Als Theologiestudent hast Du in Tübingen auch die politische Wissenschaft studiert? Nein, aber damals waren fast alle Studenten sehr viel politischer als heute. Ich auch. Wir gingen zu Demos, wir besuchten politische Vorträge, es gehörte einfach dazu damals. Heute scheinen mir die meisten Studenten unpolitische zu sein. „Spaß haben“ ist vielen wichtiger als Engagement. Und hinzu kommt das Gefühl: Wir können sowieso nichts ändern. – Deshalb finde ich es auch so spannend, dass jetzt bei Stuttgart 21 die Leute auf einmal wieder aktiv werden und damit signalisieren, dass sie mehr Beachtung fordern durch die Politiker. Danke voraus für das Interview und dir weiterhin alles Gute! Sehr gerne ! u.br. Wer hat Interesse an Computer „Apple-Mac“ ?? Wenn es genug Interessenten gibt, schlage ich vor, dass wir uns im Gehörlosenzentrum Stuttgart treffen. Dort können wir unsere Erfahrungen mit dem Mac austauschen und uns darüber unterhalten. Das wäre eine gute Hilfe für alle gehörlosen Mac-User. Wer Interesse hat, bitte bei Rainer Ungerer melden: E-Mail-Adresse: rainer.ungerer@t-online.de oder Fax: 07951 - 467815 Je mehr Interessenten sich melden, desto schneller können wir einen „MAC-Treff“ organisieren. Rainer Ungerer Feuilleton 25 Richard Liebermann, der gehörlose Neu-Ulmer Porträt- und Landschaftsmaler Am 22. Oktober 1940 jährt sich zum 70. Mal die Deportation der badischen und saarpfälzischen Juden nach Gurs/Frankreich. Auch der gehörlose jüdische NeuUlmer Künstler Richard Liebermann und seine Familie wurden von Konstanz aus in ein Lager nach Gurs deportiert. Am 22. Oktober begrüßte Dr. Helga Gutbord, Leiterin des Edwin Scharff Museum, im Museumsraum in Neu-Ulm den Besucher, darunSelbstporträt Richard Liebermann ter einige Hörgeschädigten und eröffnete die Lesung des Autors Raffael Wieler - Bloch anlässlich der Neuerscheinung des Buches „Richard Liebermann. Der gehörlose NeuUlmer Porträt- und Landschaftsmaler (1900-1966)“ liest der Autor und entfernte Verwandte Richard Liebermanns, Raffael Wieler - Bloch, aus der Biografie des Künstlers über eine verdichte Familiensage. Richard Liebermann wurde am 21.Oktober 1900 als zweiter Sohn der jüdischen Familie Heinrich Liebermann und seiner Frau Hedwig in Neu-Ulm gehörlos geboren, wie man erst etwas später bemerkte. Der Vater war ein wenig erfolgreicher Hopfenhändler und kein besonders feinfühliger Mensch, was zu einer Ehe führte, die wohl kaum als glücklich bezeichnete werden kann. Ihr Leben lang besonders nahe standen sich Richard und seine jüngere Schwester Gertrud (Trude, 1902-1995), die immer wieder als seine vertraute Dolmetscherin wirkte. Die Beziehungen zu seinem älteren Bruder Paul (1899-958) und dem jüngsten Bruder Hans (1903-1941 blieben eher distanziert. Seit 1907 besuchte Richard mit großem Erfolg die „Königliche Taubstummenanstalt“ in München, eine streng christlich geführte Einrichtung, in der das schon zu Hause geahnte außerordentliche Mal- und Zeichentalent des Jungen erst richtig entdeckt und dann auch gezielt gefördert wurde. Im übrigen ging es natürlich darum, einem gehörlosen Kind ein gewisses Sprachverstehen und eine entsprechende Sprachfähigkeit zu vermitteln und dadurch möglichst optimal in die normale Lebenswelt zu integrieren. Vor allem das dominante katholische Milieu der Taubstummenanstalt dürfte mit dazu geführt haben, dass Richard 1923 in München zum katholischen Glauben konvertrierte (umwandeln) und nach dem Zweiten Weltkrieg in St. Rambert-sur-Loire bei St. Etienne sogar als Kirchen- diener tätig war. Von 1921 –1930 konnte sich Richard Liebermann in der Akademie für bildende Künste in München weiterbilden und seine Ausbildung als „Akademischer Kunstmaler“ abschließen; einer seiner letzten Lehrer war kein geringerer als Franz von Stuck (1863-1928). 1931 gelang Richard mit einer Bleistiftzeichnung ein Porträt Albert Einstein (1879-1955), dass dieser selbst für sein bestes gehalten haben soll und wofür von einer New Yorker Galerie viel Geld geboten wurde. 1920-1930 war vielleicht Richards glücklichstes Jahrzehnt, die stürmische Zeit der Weimarer Republik. Vielleicht war er damals auch einmal verliebt, verheiratet aber nie. Gleich nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten im Jahre 1933 erhielt der junge hoffnungsvolle Künstler Arbeits- und Ausstellungsverbot. 1935 zog er mit seiner Familie vorsichtshalber zu den Verwandten nach Konstanz, gewissermaßen an den Rand des neuen Dritten Reiches, wo sich dessen Hinterausgang jedoch bald als verschlossen erweisen sollte. 1936 verschaffte ihm der Reformpädagoge Hugo Rosenthal (1887-1980) als Leiter des jüdischen Landschulheims in Herrlingen bei Ulm dort vorübergehend eine Anstellung als Zeichenlehrer, wo er im Martin-Buber-Haus ein Zimmer bezog. Im Verlaufe des Reichspogroms am 9./10. November 1938 wurde Richard Liebermann mit den Konstanzer Juden nach Dachau verschleppt. Im Juni 1939 hoffte die Familie noch auf eine Emigration in die USA, ihre habe lagerte bereits im Hafen von Rotterdam, jedoch die Einreisevisa kamen nicht. Mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 hatte der Zweite Weltkrieg begonnen, und damit waren alle Ausreisehoffnungen zerronnen. Am 22. Oktober 1940 wurde Richard Liebermann- einen Tag nach seinem 40.Geburtstag – mit den badischen und saarpfälzischen Jüdinnen und Juden in das französische Internierungslager Gurs am Fuß der Pyrenäen abgeschoben. Und 1941 von dort in das Spitallager Noè verlegt. 1941 verlor er einen wichtigen teil seiner Familie Vater Heinrich starb in Noè, seine Mutter Hedwig und sein jüngster Bruder Hans wurden im Rahmen des NS- Euthanasie-Programms“(!) in Brandenburg ermodert. 1943 konnte Richard mit seinem Bruder Paul durch die tatkräftige Initiative seiner Schwester Gertrud von Noè nach St. Rambert-sur-Loire bei St. Etienne entkommen und in einem klösterlichen Hospiz untertauchen, 26 Feuilleton nachdem sich auch Gertrud und Paul hatten katholisch taufen lassen. Dort erlebten die drei Geschwister das Ende des zweiten Weltkrieges wohl auch deshalb, weil sie ihre jüdische Herkunft wohlweislich verheimlicht hatten. Paul starb in St. Rambert 1958. Richard lebte von 125 DM “Wiedergutmachungsrente” und gelegentlichen Auftragsarbeiten. Er malt mit einfachsten Mitteln, wenig steht ihm zur Verfügung, der Bäcker überlässt ihm glänzendes Stanniolpapier, farbenfrohe Collagen entstehen, selten noch Porträts. Er erkrankt, befallen von der Parkinsonschen Krankheit verstarb er am 10. Dezember 1966 und wurde neben seinem Bruder bestattet. Gertrud kehrte 1972 nach Konstanz zurück, wo sie 1995 verstarb und bestattet wurde. Richard Liebermanns Gesamtwerk soll aus 300 Ölbildern, 180 Aquarellen, 530 Zeichnungen und zahlreichen Collagen bestehen, darunter viele Porträt- und Landschaftsbilder. Aber auch Zeichnungen aus dem Camp de Gurs und Noè. Nicht wenige Werke wurden von den NSBehörden beschlagnahmt und versteigert. Der Künstler hatte jedoch im Sommer 1929 ein Foto-Verzeichnis (EtuiFotos) einiger seiner ihm wichtigen Werke angelegt und stets gehütet, so dass es erhalten blieb und auch heute einen Einblick in sein Schaffen ermöglicht. Im Unterschied zum Werk hörenden Max Liebermanns (1847-1935) sind darin jedoch kaum jüdische Spuren zu finden, wohl aber christliche Motive. Zweifellos hat das NS-Regime Richard Liebermanns persönliche und künstlerische Entwicklung extrem negativ beeinflusst, sein fast permanentes Schaffen jedoch nicht verhindern und ihn als Mensch schon gar nicht brechen können. Motive, Materialien und Farbgebung widerspiegeln am besten die hellen und die dunklen Jahre seines ungewöhnlichen Künstlerlebens. Wie hätte sich dieser außerordentlich begabte gehörlose Künstler jedoch erst als freier Mensch in einem freien Land entwickeln und durch seine Bilder damals und heute noch viel mehr sprechen können? Richard Liebermann - Der gehörlose Porträt- und Landschaftsmaler ist dem Autor zweifellos ein zweiter exzellenter Wurf gelungen – und nicht zuletzt eine liebevolle, substantielle (wesenhafte) Hommage an einen unvergessenen und unvergesslichen Künstlers zum 110. Geburtstag am 21. Oktober 2010. u.br. Neuerscheinung 2010, Konstanz 2010; 260 Seiten, EUR 24,80. ISBN 3-86628-300-8, 978-3-86628-300-8 Verena Siebke, Dolmetscherin, Raffael Wieler-Bloch, Autor und Gabi Braig, LV-Vorsitzende Baden-Württemberg Aktuelle besorgniserregende Aktivität der Firma „Synergy” Der Deutsche Gehörlosen-Bund verfolgt mit Sorge die Aktivitäten der Firma Synergy und besonders ihrer gehörlosen Mitarbeiter. Die Wirksamkeit der V3-Nahrungsergänzungsmittel ist weder wissenschaftlich noch von der Stiftung Warentest bestätigt worden. Sie sind mit höchster Vorsicht zu behandeln. Die Geschäftsmethoden der Firma zielen darauf ab, dass jedes „Member“ (Mitglied) neue „Member“ wirbt und ähneln daher sehr stark dem sog. Schneeballsystem, bei dem die Ersten hohe Gewinne und die Letzten Verluste machen. Lesen Sie deshalb Geschäftsbedingungen und Verträge SEHR genau und überlegen Sie gründlich, bevor sie etwas unterschreiben. Information 27 28 Vereinsbericht Göppingen Göppinger Senioren beim sommerlichen Grillfeste Nach tagelang andauerndem Regenwetter hatte Petrus endlich ein Einsehen und schloss die himmlischen Wasserschleusen. Das Mitarbeiterteam des Senioren-Treffs Göppingen konnte aufatmen und das geplante Grillfest unter strahlend blauem Himmel und bei herrlichem Sonnenschein starten. Die Besucher kamen in Scharen aus nah und fern. Sie wurden von Seniorenleiterin Frau Böhm mit einem Glas Prosecco empfangen. Es gab ein fröhliches Wiedersehen, und man konnte viele neue Gesichter entdecken. Zu unserer Überraschung kamen mehr Besucher als wir erwarteten und so wurden die Plätze knapp. Mit Steaks, Leberkäse, verschiedenen Salaten und einer halben Maß Bier ließen es sich alle schmecken. Es entwi- ckelte sich eine lebhafte Unterhaltung bis die Seniorenleiterin Gelegenheit hatte, die zahleichen Gäste herzlich zu begrüßen. Inge Wolff hatte wieder schöne lustige und witzige Losgewinne vorbereitet, die nach Nummern aus der Besucherliste ausgelost wurden. Kaffee und leckere Kuchen gab es auch, ebenso Eiskaffee, der schnell an den Mann bzw. an die Frau kommen musste, da es ein recht warmer Sommertag war. Ehe man sich versah, war dieser schöne Tag schon wieder zu Ende. Ein „Dankeschön“ an die Mitarbeiter und Helfer. ig Stuttgart 30jährige Jubiläumsfeier des Gehörlosen-Senioren-Treffs Stuttgart Am Jubiläumstag stand für jeden Gast eine Flasche Piccolo auf den schön gedeckten Tischen bereit. Mancher Gast fragte sich erstaunt, was das bedeuten sollte. Des Rätsels Lösung: die Seniorenleiterinnen Ursula Schaaf und Sieglinde Werz begrüßten die Senioren herzlich zum 30jährigen Jubiläum des Senioren-Treffs. Heute sollte gebührend gefeiert werden. Eine kleine Rückschau zu den Anfängen: 1980 gründete Bernhard Hannack den Seniorentreff Stuttgart, den er bis Ende des Gründungsjahres leitete. Es folgten Max Bendig (1981- 1987), Ursula Wacker (1988-1995), Elfriede Albert (1995-2001) und Hermann Kreiner (2001-2009). Seit 2010 leiten Ursula Schaaf und Sieglinde Werz den Senioren-Treff . Der Geschäftsführer des LV Baden- Württemberg, Dieter Steuer, war gekommen, um zu gratulieren. Im Namen der Hausverwaltung gratulierte auch Rolf Wurst mit einer Spende für den „Seniorentopf“. Die Stuttgarter Senioren treffen sich jeden Monat im zentral gelegenen Gehörlosenzentrum Stuttgart. Inzwischen ist es ein gut besuchter und beliebter Treffpunkt für die Senioren aus nah und fern geworden. Kaffee und frischer Kuchen wird vom freund- lichen Küchenteam serviert, bei lebhafter Unterhaltung werden Neuigkeiten ausgetauscht. Abends gibt es ein abwechslungsreiches Vesper. Jedes Jahr wird ein Tagesausflug veranstaltet, ebenso eine Weihnachtsfeier mit einem Gottesdienst, Fasching und ein Grillfest. Seniorenleiterin Ursula Schaaf dankte den Mitarbeitern und dem Küchenteam und überreichte ein Präsent in Form von Pralinen für die Frauen und einer Flasche Wein für die Männer. Bei einem Quiz konnten sich drei Gewinner über ihre Preise freuen. Im Namen der Senioren sagen wir Seniorenleiterinnen für ihre Mühe und Arbeit ein herzliches „Dan- Vereinsbericht 29 Stuttgart Erstes Frauenseminar in Stuttgart Die Frauenabteilung des Vereins der Gehörlosen Stuttgart veranstaltete am Sonntag, dem 17. Oktober 2010, ein Frauenseminar im Gehörlosenzentrum Stuttgart mit interessanten Vorträgen, Diskussionen und Rollenspielen. Erfreulicherweis kamen zahlreiche Teilnehmerinnen. Frau Karola Holtmann, eine hörende Referentin, die auch DGS gut beherrscht, war an diesen Vorträgen beteiligt. Sie arbeitet als Sozialpädagogin in der Rehabilitation für Gehörlose in Bad Berleburg. Selbstwertgefühl einer – gehörlosen - Frau Welche Gründe gibt es für Minderwertigkeitsgefühle bei gehörlosen Frauen? Wie kann eine gehörlose Frau ein gutes Selbstwertgefühl wiedergewinnen? Wie kann sie ein gutes Selbstbewusstsein aufbauen und behalten? Diese Fragen beantwortete Frau Holtmann mit anschaulichen Beispielen. Frauen haben Sozialkompetenz und sind die Führerin in der Familie. Sie sind anders als Männer und haben viele verschiedene Rollen. In einem Bericht der Vereinten Nationen (UN) aus dem Jahr 1980 steht das Zitat: „Frauen sind die Hälfte der Menschheit, leisten 2/3 aller Arbeitsstunden, erhalten 1/10 des Welteinkommens und besitzen weniger als 1/100 des Eigentums.“ Wenn eine Frau unter mangelndem Selbstbewusstsein leidet, hat sie Angst, Depressionen, ist unsicher und empfindlich. Dagegen kann man aber etwas tun: Frauen können sich in ihrer Freizeit mit einem Hobby beschäftigen und können Freundschaften pflegen. Es ist sehr wichtig, dass sie ihre eigene Meinung sagt, um der Umwelt ihre Stärken zu zeigen. Um Selbstbewusstsein aufzubauen, muss man auch seine eigenen Schwächen akzeptieren, Fähigkeiten erkennen, eigene Entscheidungen treffen und auch mal „Nein“ sagen. Faires Streiten - Konflikte bewältigen Wie sieht Streit aus, der gute Freundschaften und Beziehungen zerstören kann? Wie kann ich friedlich und mit Respekt streiten und eine Lösung finden? Auch diese Fragen wurden von der Referentin gestellt und beantwortet. Ein zerstörender Streit greift den Menschen an, macht Vorwürfe und beleidigt den Anderen. Hieraus entsteht Angst und man ergreift die Flucht. Eine wichtige Voraussetzung für ein faires Streiten ist das beiderseitige Interesse, die Meinungsverschiedenheit – den Streit – zu lösen. Bei einer Streitlösung soll man Respekt gegenüber den Anderen haben, zuhören und Interesse zeigen, wenn der Andere nachfragt. Man soll versuchen, den Anderen zu verstehen und immer „auf Augenhöhe“ zu kommunizieren. Jede Person soll ehrlich sein, klare Aussagen machen und nicht versuchen zu manipulieren. Später gab es Rollenspiele, die zeigen sollten, wie typisch Streitigkeiten unter Frauen und Männern sein kann, wenn verschiedene Meinungen aufeinanderprallen. Abschließend wurden noch Fragen an die Referentin gestellt, die gute Antworten und Ratschläge gab. Leckerer Kuchen und duftender Kaffee schlossen das Seminar ab – Zeit zum Klatsch und Tratsch. Wir, das Bienenklatscherle Team bedanken uns herzlich bei Frau Holtmann für die hervorragende Aufklärung und die interessanten Informationen. Ebenso dankten wir Horst Kimmerle, den freiwilligen Helferinnen und der Organisatorin Silke Mokulies-Mertens für den tollen Tag. cg 30 Vereinsbericht Stuttgart Erfolg bei den Stuttgarter „Bienenklatscherle“ Die Frauenabteilung des Vereins der Gehörlosen Stuttgart besteht nun seit über einem Jahr. Manche Leser werden fragen: „’Bienenklatscherle’ – was ist das?“ Wir wollen dieses Wort erklären. „Bienen“ weist auf unser Vereinslogo in gelber und in schwarzer Farbe hin. „Klatscher“, weil wir gerne klatschen und tratschen und das angehängte „le“ ist die schwäbische Verkleinerungsform des hochdeutschen „lein“. Im Laufe der Zeit kam immer mehr junge, aber auch ältere Frauen in unser Team, worüber wir uns sehr freuten. Im Juli 2010 organisierten wir unseren ersten „Frauenausflug“ nach Konstanz. Wir besuchten ein Museum, wo wir aus der vergangenen Geschichte das Leben von „Frauen im Mittelalter“ erfahren konnten. Danach gab es eine interessante Führung durch die Konstanzer Altstadt. Mit der KatamaranFähre fuhren wir nach Friedrichshafen zurück, wo wir bei einem gemütlichen Abendessen mit Klatsch und Tratsch den schönen Tag beendeten. Auf der gemeinsamen Heimfahrt gab es wegen eines Missgeschicks viel zum Lachen! Bei unserem letzten „Bienenklatscherle-Treff“ wanderten wir zum Bärenschlössle am Bärensee und Birkenkopf in Stuttgart. Es war ein gemütlicher, schöner herbstlicher Spaziergang. Wandern macht hungrig und durstig, deshalb kehrten wir in einem italienischen Restaurant ein und stärkten uns. Auch da gab es viel zu klatschen und tratschen .... Liebe Frauen, wir freuen uns, wenn ihr zu uns kommen wollt. Ihr seid bei uns alle herzlich willkommen! cg Ostalb Gehörlosenverein empfängt 1.000.- Euro Spende Karin Gaida, die Vereinsvorsitzende des Gehörlosenvereins „Ostalb“ Aalen e.V. und ihre Tochter waren zu gen zu nehmen. Erst wenn alltägliche Fähigkeiten plötzlich nicht mehr zur Verfügung stünden, erkenne man, in Gast beim Rotaract Club Ostwürttemberg, um deren Spende entge- wie vielen Situationen man auf diese Fähigkeiten angewiesen sei. Spre- chen und Hören seien essentielle Eigenschaften für eine funktionierende Kommunikation. Wären diese eingeschränkt, seien die Betroffenen oft auf helfende Hände angewiesen. Der Gehörlosenvereins „Ostalb“ Aalen e.V. setze sich für eben diese Betroffenen im Ostalbkreis ein und helfe, die eine oder andere Hürde im Alltag zu meistern. Deshalb spendete der Rotaract Club Ostwürttemberg den Erlös aus dem diesjährigen Cocktailstand auf den Reichstädter Tagen in Höhe von 1.000.oo Euro, um den Verein in seiner Arbeit zu unterstützen. Quelle: Schwäbische Post Schwäbisch Gmünd Vereinsbericht 31 Gottesdienst und Versammlung des Gehörlosenvereins Ostalb Hörgeschädigtenseelsorger Herbert Baumgarten feierte am 19. September 2010 im Hause St. Anna einen Wortgottesdienst. Das Thema seiner Predigt lautete: „Glaube, Liebe und Hoffnung bleiben; am größten jedoch unter ihnen ist die Liebe.“ Zum Schluss gebärdeten wir ein Lied: Leben ist mehr als Rackern und Schuften. Leben ist mehr als Kohle und Kies. Leben ist mehr als Warten auf Morgen. Leben ist Jetzt-Leben. Leben ist Träumen, Lachen und Weinen. Leben ist sich aufeinander verlassen können. Leben ist füreinander zu kämpfen. Leben ist Hoffnung, Mut und Vertrauen. Die anschließende Versammlung war gut besucht. Karin Gaida, Vor- sitzende des GV Ostalb, hielt im Hörgeschädigtenheim St. Vinzenz eine Begrüßungsrede und eröffnete die Versammlung. Sie dankte dem Rotary Club Ost-Württemberg für die großzügige Spende, die für den Verein bestimmt war. Karin Gaida überreichte den “runden Geburtstagskindern“ Sigrid Krämer und Klara Schwabe ein Geschenk. Sandra Altmann, Schriftführerin des GV Ostalb und des LV der Gehörlosen Baden-Württemberg informierte per Computer und Beamer über das am 1.Oktober 2009 gestartete Projekt GINKO. Die Abkürzung GINKO bedeutet: Gesetzwirkungen bei der beruflichen Integration schwerhöriger, ertaubter und gehörloser Menschen durch Kommunikation und Organisation. In der Zwischenzeit ist bekannt geworden, dass auch Schwerbehinderte Rundfunkgebühren zahlen sollen. Es soll eine gemeinsame Stellungnahme per Post an alle Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer und an alle Intendanten der Rundfunkanstalten geschickt werden, um gegen die neue Rundfunkgebührenordnung ab 2013 zu protestieren. Anschließend wurde der untertitelte DVD-Film „Visionen aus dem Leben der Heiligen Hildegard von Bingen (1098-1179)“ vorgesa führt. Gehörlosenverein Ostalb auf einer „Fahrt ins Blaue“ Am 11. September 2010 trafen sich 31 Personen in Aalen, um eine „Fahrt ins Blaue“ anzutreten. An einer Autobahn-Raststätte machten wir Pause. Es gab Kaffee und belegte Brötchen. Anschließend fuhren wir weiter nach Steingaden, wo wir einen ersten Halt machten. Dort besichtigten wir eine der berühmtesten Rokoko-Kirchen der Welt: die Wieskirche. Seit 1983 gehört sie zum Weltkulturerbe der UNESCO. Am 14. Juni 1873 sah die Bäuerin Maria Lory in den Augen einer Figur den leidenden Jesus. Weiter ging es nach Oberammergau, wo wir einen kurzen Aufenthalt hatten. Nach der Ortsbesichtigung fuhren wir weiter zum Schloss Linderhof. Es ist das kleinste der drei Schlösser von König Ludwig und das einzige, das zu seinen Lebzeiten vollendet wurde. Hier lebte der Märchenkönig zurückgezogen und fühlte sich wohl. Das Schloss mit seinem Garten ist für die Besucher zugänglich. Alle Räume sind sehr reichlich im Stil das Neo-Rokoko ausgestattet. Der Tisch im Esszimmer erhielt den Namen „Tischleindeck dich“. Der Tisch konnte vom Esszimmer aus mit Hilfe einer speziellen Mechanik nach unten in die Küche hinabgelassen werden. In der Küche wurde er gedeckt und von Hand wieder nach oben gefahren. In Schwangau im Gasthaus „Zur Post“ waren für uns Zimmer reserviert. Am zweiten Tag machten wir bei strahlendem Sonnenschein eine Bootsfahrt über den Forggensee. Die Aussicht war herrlich. Weiter ging es am Plansee vorbei nach Füssen. Hier hatten wir genug Zeit, die Stadt anzusehen, die auf eine 1500jährige Geschichte zurückblicken kann und ihre internationale Bekanntheit den Schlössern Hohenschwangau und Neuschwanstein verdankt. Wir konnten auch die schöne St. Mang-Kirche bewundern. Bevor sind wir uns endgültig auf dem Heimweg machten, legten wir am Haldensee noch eine Pause ein. Viel gelobt wurden Karin Gaida und Hermann Ilg für die gute Organisation des Ausfluges. 32 Vereinsbericht Rastatt Mittelbadische Gehörlose informieren sich über „Einbruchschutz“ Im Polizeirevier in Gaggenau informierten sich die Gehörlosen aus dem Landkreis Rastatt und Baden-Baden über den Einbruchschutz. Kriminaloberkommissar Klaus-Dieter Strauß von der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle Rastatt und Polizeihauptkommissar Jochen Bleier informierten über das Thema „Sicher wohnen - Einbruchschutz“. Thema war auch „Wo bricht ein Einbrecher ein – Was tun, wenn man während des Einbruchs zuhause ist“. Herr Strauß gab uns wichtige Tipps zu diesen Problemen wie z. B. „Welche Sicherungsmöglichkeiten gibt es?“ Anhand des auf einem Tisch liegenden Fensters mit verschiedenen Schlosssicherungen wie z.B. einbruchshemmende Beschläge. Mit einem einfachen Schraubenzieher kann der Einbrecher mühelos Fenster und Türen aufbre- chen, deshalb ist es wichtig, sichere Schlösser zu installieren. Auch über das Verhalten beim Verlassen der Wohnung / des Hauses wurde intensiv gesprochen. Herr Strauß bot auch kostenlose Sicherheitsberatung zu Hause an. Sein Referat wurde von unserer Gebärdensprachdolmetscherin Silke Rönspies begleitet. wh Karlsruhe Grillfest in Karlsruhe-Daxlanden Jedes Jahr veranstaltet der Gehörlosenverein Karlsruhe sein traditionelles und beliebtes Grillfest. In diesem Jahr war das Fest mit einem besonderen Jubiläum verbunden: der GV Karlsruhe feiert 2010 sein 110jähriges Beste-hen. Herzlichen Glückwunsch ! Von Sonnenschein und warmen Temperaturen wurden zahlreiche Gäste aus nah und fern zu dem Fest angelockt. Der Vereinsvorsitzende Manfred Kraffert freute sich sehr über die anwe-senden Gäste, besonders aus Bayreuth. Alles war bestens und vor allem liebevoll vorbereitet, als um 11 Uhr der Festbetrieb mit dem Grillessen begann. Die Leckerbissen vom Grill und die selbstgemachten Salate, die von den Mitgliedern gespendet wurden, fan-den großen Zuspruch, so dass es genug Gelegenheit gab zum Genießen und Verweilen. Um 13.30 Uhr wurde ein Fußball-Freundschaftsspiel angepfiffen, das viele Besucher interessierte. Es spielten die „Alt-Herren-Fußballer“ aus Bayreuth gegen eine Seniorenmannschaft des GSV Karlsruhe. Am Ende des Spiels hieß es 6:5 für Karlsruhe. Es war ein spannendes Spiel zwischen zwei guten Teams. Anschließend saßen die Gäste gemütlich zusammen. Jung und Alt konnten bei Kaffee und Kuchen plaudern und sich entspannen. Eine gemütliche und fröhliche Stimmung war zu beobachten und zu spüren. Als der Abend dämmerte, wurden die Runde immer kleiner, denn manche hatten eine weite Heimfahrt vor sich. Es war ein wunderschöner und stimmungsvoller Tag. Dank dem Herrgott für den warmen Sonnenschein und das anhaltend trockene Wetter! Ein Dankeschön auch den Frauen, die Salate, Kuchen und Torten gespendet haben und den vielen freiwilligen Helfern und Helferinnen. Darüber war der Vorsitzende in seinem Schlusswort sehr erfreut. Durch die Unterstützung und Mitorganisation des GSV kamen auch viele junge Hörgeschädigte nach Daxlanden, so dass die Generatio-nen fröhlich miteinander feiern konnten. wm Vereinsbericht 33 Heidelberg Trier – eine geschichtsreiche Stadt Trier ist immer wieder eine Reise wert. Diese Gedanken hatten auch die Mitglieder des Gehörlosenvereins „Alt Heidelberg“, die am 18. September 2010 zu einem Ausflug dorthin starteten. Mit zwei Bussen nahmen 65 begeisterte Teilnehmer unter der Leitung des Vorsitzenden Michael Gründler die Gelegenheit wahr, die Stadt kennen zu lernen. Als erstes Ziel wurde Saarburg mit seinen Sehenswürdigkeiten angesteuert. Hierbei wurde alles Wissenswerte von dem Stadtführer Streble vom GV Trier erzählt. Saarburg ist eine mittelalterliche Stadt inmitten Europas: 20 Minuten nach Luxemburg, 20 Minuten nach Frankreich, 50 Minuten nach Belgien. Inmitten der Stadt befindet sich ein rauschender Wasserfall, der 20 Meter in die Tiefe stürzt. Sehenswert war auch die Hakenberger Mühle aus dem 13. Jahrhundert, die sich unterhalb des Wasserfalls dreht. Weiter ging die Fahrt dem Endziel Trier entgegen. In Trier erwartete man noch einen weiteren Stadtführer, Herr Pohl vom GV Trier. In zwei Gruppen aufgeteilt machte man sich auf den Weg in die geschichtsträchtige Stadt. Obwohl einige schon einmal dort gewesen waren, ist Trier immer eine Reise wert. Trier blickt auf eine 2026jährige Geschichte zurück. Somit ist sie die älteste Stadt Deutschlands. Die Stadt ist sehr schön und perfekt für einen Ausflug. Hier sind viele sehenswerte Baudenkmäler aus der Römerzeit erhalten, vor allem die berühmte Porta Nigra, ein römisches Stadttor. Es ist wohl das bekannteste Bauwerk, das noch aus der Römerzeit übrig geblieben ist. Als es erbaut wurde, waren seine Steine weiß. Erst im Laufe der Zeit wurden die Steine durch die Umwelteinflüsse schwarz. Der Name bedeutet übersetzt „Schwarzes Tor“. Dieser Name hat sich erst seit dem Mittelalter eingebürgert. Porto Nigra ist das Wahrzeichen Triers. 1986 wurde es zusammen mit weiteren römischen Bauten in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen. Karl Marx wurde 1818 in Trier geboren und starb 1883 in London. Er war ein deutscher Revolutionär, Phi- losoph, politischer Journalist und Begründer des Marxismus (Sozialismus und Kommunismus und Wissenschaften). Er ist aus der Geschichte der Welt nicht wegzudenken. Seit 1947 ist sein Geburtshaus ein Museum. Vieles könnte an dieser Stelle über ihn berichtet werden. Den Ausklang fanden wir bei einem sehr guten Abendessen in einem gepflegten Restaurant in Speyer. Wir bedankten uns bei Herrn Streble und Herrn Pohr, die uns mit ihrer lockeren und direkten Art die Stadt und ihre Geschichte näher gebracht haben. Mit vielen neuen Eindrücken fuhr man wieder zurück in die heimatlichen Gefilde. Die gut organisierte und reibungslos abgelaufene Studienfahrt war nach Meinung der Teilnehmer ein „Highlight“ (= Höhepunkt). ll 34 Vereinsbericht Villingen-Schwenningen 75 Jahre Gehörlosenverein „Schwarzwald-Baar“ Villingen-Schwenningen e.V. Am Samstag, dem 2. Okt. 2010, feierte der GV „Schwarzwald-Baar“ Villingen-Schwenningen bei herrlichem Herbstwetter unter der Schirmherrschaft unserer Behindertenbeauftragten, Frau Christa Lörcher MdB a.D., sein 75jähriges Vereinsjubiläum in der schönen „Neuen Tonhalle“ in Villingen. Im Foyer der Festhalle konnte man eine Ausstellung bekannter gehörloser Künstler bewundern, die ihre Werke aus regenerativen Materialien und ihre Kreativität präsentierten. Schon am Eingang konnte man eine freundliche Atmosphäre wahrnehmen: der Festsaal war von unseren Vereinsfrauen liebevoll mit schönen Herbstblumen geschmückt worden, die Tischreihen waren so geordnet, dass jeder Gast einen freien Blick auf die Bühne hatte. Der Saal war mit 250 Besuchern aus nah und fern gut besetzt. Darunter waren auch einige Hörende von der mit uns befreundeten Selbsthilfegruppe Villingen-Schwenningen. Zu Beginn des Unterhaltungsprogramms hatte der bekannte Pantomime Jomi einen Auftritt, der großen Beifall vom Publikum erhielt. Die offizielle Eröffnungsrede hielt unsere Vorsitzende Ursula Schmidt, gefolgt von unserer Schirmherrin Frau Christa Lörcher MdB a.D. Auch Dr. Rupert Kubon, Oberbürgermeister der Stadt Villingen-Schwenningen, und Herr Regierungsrat Ellinger in Vertretung des Landrats des Landkreises Schwarzwald-Baar sprachen Grußworte. Die Theatergruppe „Thow & Show“ erfreute uns mit zwei lustigen Sketchen. Zahlreiche Vereinsvorstände und Vereinsvertreter gratulierten zu unserem Vereinsjubiläum und erhielten ein Weinpräsent zur Erinnerung an den Festtag. Unser Ehrenvorsitzende Herbert Stemmer konnte 19 Mitglieder ehren, welche seit 25 Jahren Mitglied im GV „Schwarzwald-Baar“ sind. Sie erhielten in Anerkennung ihrer Treue und Verbundenheit eine Urkunde und ein Weinpräsent. Danach folgten die Ehrungen des Landesverbandes Baden-Württemberg, die von der Ersten Stellvertretenden Vorsitzenden Gabi Braig und dem Geschäftsführer des Landesverbands, Dieter Steuer, durchgeführt wurden. (Da der Vorsitzende des Landesverbands, Wolfgang Reiner, auch Vorstandsmitglied des jubilierenden Vereins ist und unter den Geehrten war, konnte er die LVEhrungen nicht übernehmen.) Die für 25- und 40jährige Mitgliedschaft im Landesverband Geehrten erhielten eine Urkunde und eine Anstecknadel. Unser Obmann im Verband der Katholischen Gehörlosen Deutschlands (VKGD), Jürgen Schlenker, konnte zwei Mitglieder für 25- und 40jährige Treue im VKGD mit einer Urkunde und einem Weinpräsent auszeichnen. Im Festtagsprogramm war auch eine Jubiläumsverlosung einge- plant. Der Hauptpreis, ein neues TVGerät, konnte ein neues Vereinsmitglied mit großer Freude mitnehmen. Alle anderen erhielten einen Trostpreis, über den man sich ebenfalls freute. Durch das Festtagsprogramm führte unser Mitglied Petra Friedrich, die sich als ausgezeichnete Moderatorin präsentierte. Mit eindrucksvoller Gestik und mit viel Mimik sagte sie die verschiedenen Programmpunkte an. Dafür gebührt ihr großen Dank. Das hast du sehr gut gemacht, liebe Petra! Auch allen Mitgliedern, welche bei den Vorbereitungen zu diesem schönen Jubelfeste mitgewirkt haben, sagen wir nochmals recht herzlichen Dank. Ein herzliches „Dankeschön“ gebührt auch den beiden Gebärdensprachdolmetscherinnen, Frau Hepp und Frau Hahn-Grönke. Es war ein Fest der Superlative, und wir haben den Hörenden gezeigt, was wir unter Barrierefreiheit und Solidarität verstehen. Die Festveranstaltung hat in dieser Beziehung „Brücken geschlagen“, die im Sinne von „Inklusion“ vorbildlich sind. Vielen Dank auch unseren Festbesuchern, die zum Teil einen langen Reiseweg hatten. Aber wir sind sicher, dass sie mit schönen und unvergesslichen Eindrücken in guter Schwarzwaldluft nach Hause zurückkehren konnten. Vereinsbericht 35 Rottenburg-Stuttgart „Karibu sana“ für deutsche Gäste Eine Partnerschaft mit der Gehörlosenschule der Vinzentierinnen in Ruhuwiko/Tansania ist jetzt mit Hilfe der Diözese Rottenburg-Stuttgart auf die Beine gestellt worden. Hörende und Gehörlose waren zusammen mit ihren Seelsorgern Erika Scheurer aus Rottweil und Diakon Karl-Josef Arnold, Ingoldingen/Biberach a.d.R., auf einer Reise zur Gehörlosenschule in Ruhuwiko/Tansania. Ziel war eine Partnerschaft der Diözese Rottenburg-Stuttgart und de r Gehörlosenschule in Ruhuwiko. Begleitet wurde die Gruppe von Monsignore Heinrich Maria Burkard aus Rottenburg als Vertreter des Bischofs und Bürgermeister Karl Zeller aus Ingoldingen. Die erste Etappe der Reise führte vom Flughafen Daressalam am Indischen Ozean über den Mikumi-Nationalpark nach Iringa. Beeindruckend waren neben den grünen, blühenden Landschaften, die sich der Gruppe nach der Regenzeit jetzt im afrikanischen Winter bei 27 Grad zeigten, besonders die Begegnungen mit den Menschen und ihrer offenen, einladenden und gastfreundlichen Art. Von Iringa ging es in einer spannenden Fahrt – in Tansania scheint es bei den Ziel der Reise. Herzlich wurden die Gruppe von 200 gehörlosen Kindern, den Schwestern und Mitarbeitern willkommen geheißen: „Karibu sana“ – herzlich willkommen – sangen die Schwestern und gebärdeten die Kinder. In einem offiziellen Akt wurden die Partnerschaftsurkunden unter- fragilen Straßen weder Verkehrsregeln noch Geschwindigkeitsbegrenzungen zu geben – mit drei Jeeps immer weiter Richtung Süden nach Songea zum Stadtteil Ruhuwiko, dem schrieben. Ziele sind, voneinander zu lernen, wie Glaube und Alltag in der jeweils anderen Kultur aussehen und gelebt werden, die Unterstützung des Partners in allen schulischen Fragen und die Möglichkeit des gegenseitigen Besuchs. Für die Kinder war das Gastgeschenk aus Deutschland eine besondere Überraschung: Für die Fußballmannschaften gab es neue, bunte Kickschuhe und für die Mädchen und ihre Volleyballmannschaft, Sportschuhe und Bälle. Die Woche an der Gehörlosenschule war für die ganze Gruppe ein besonderes Erlebnis: Zu sehen, mit welch einfachen Mittel hier gelebt und gearbeitet werden muss, und gleichzeitig mitzuerleben, wie zufrieden die Menschen sind, hinterließ bei allen einen nachhaltigen Eindruck. cw 36 Vereinsbericht Mannheim Unfallverhütung – Brandschutz Der Gehörlosen-Verein Mannheim 1891 e. V. sorgt für seine Mitglieder. Viele Menschen gehen sehr leichtsinnig mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben um. So sieht man zum Beispiel viele Hausfrauen – aber auch Hausmänner - in sehr gefährlichen Situationen beim Fensterputzen. Genießen wir nicht alle den schönen Kerzenschein in der Wohnung, besonders dann, wenn es draußen kalt und nass ist? Herr Snyder hielt am 11. September 2010 ein sehr interessantes Referat über „Unfallverhütung und Brandschutz“. Die Idee hierzu hatte unser Vorsitzender Peter Oedingen. Er bemühte sich, einen sachkundigen Referenten zu finden und war dabei erfolgreich. Herr Snyder ist Amerikaner, spricht aber sehr gut deutsch und kann auch die deutsche Gebärdensprache, so dass er ohne Dolmetscher seinen Vortrag halten konnte. Wir bekamen sehr interessante Einblicke, wie und wo wir aufpassen müssen, z. B. beim Fensterputzen oder beim Aufhängen von Vorhängen. Bei diesen Hausarbeiten ist es immer wichtig, dass man eine gute und stabile Leiter nimmt, die fest auf dem Boden steht und nicht zu kurz sein darf. Niemals auf einen Stuhl steigen, niemals die Leiter auf einen Tisch oder Kasten stellen, damit sie lang genug wird! Das ist sehr gefährlich, man kann herunter fallen und sich schwer verletzen oder sogar sterben. Jedes Zimmer sollte zwingend einen Brandmelder haben. Gerade zur Weihnachtszeit, in der die hübschen Wachskerzen leuchten, ist das sehr wichtig. Niemals die Kerzen ohne Aufsicht brennen lassen, immer dabei bleiben! Kerzen brennen herunter, das Wachs kann sich entzünden und somit einen Wohnungsbrand verursachen. Kerzen immer auf eine feuerfeste Unterlage stellen. Sie dürfen nicht wackeln, sonst fallen sie um und alles brennt. Und wenn es brennt, dann sofort löschen - aber Kerzenwachs niemals mit Wasser löschen, sondern eine Decke darauf werfen, damit das Feuer erstickt. Nicht jeder hat einen Feuerlöscher in der Wohnung, aber in jedem Haus sollte ein Feuerlöscher für den Notfall stehen. Viele wissen nicht, wo das Gerät steht. Deshalb: nachschauen, wo der Feuerlöscher im Haus ist, besonders dann, wenn man Mieter ist. Wie benutzt man einen Feuerlöscher? Die Gebrauchsanweisung steht auf dem Gerät. Aber man sollte sich vor dem Ernstfall erkundigen, wie der Feuerlöscher funktioniert. Wenn es wirklich einmal brennt, hat man keine Zeit mehr, die Gebrauchsanweisung zu lesen und zu verstehen. Wenn es im Haus brennt, dann sofort die Feuerwehr alarmieren und so schnell wie möglich das Haus verlassen! Vorher nachschauen, wo in meiner Firma der Sammelpunkt ist - nicht erst, wenn es brennt. Im Brandfall ist jeder Mensch aufgeregt und in Panik. Sind die Flure schon voller Rauch, dann auf den Boden gehen und in der Hocke weiter versuchen zu gehen, oder ganz auf den Boden und mit den Händen weiter zum Ausgang kriechen. Herr Snyder gab viele Informationen und Ratschläge. Es ist unmöglich, in diesem Bericht alles zu wiederholen, was er gesagt hat. Aber wir können allen Vereinsvorständen empfehlen, sachkundige Referenten zu suchen, welche die Vereinsmitglieder über Unfallschutz und Brandschutz informieren können. Solche Vorträge können Leben retten! Wir möchten uns bei unserem Vorsitzenden Peter Oedingen herzlich bedanken, dass er an uns und unsere Gesundheit gedacht hat und wir diesen Vortrag erleben durften. Am 6. November 2010 wird im Gehörlosenzentrum Mannheim ein weiterer Vortrag stattfinden, in dem über das Internet und seine Gefahren informiert wird. Außerdem sind wir am 26. November 2010 mit einem Stand wieder auf dem Mannheimer Weihnachtsmarkt und verkaufen dort Weihnachtsartikel - wie im letzten Jahr. ub Mannheimer Gehörlose auf Studienfahrt zur „Maginot-Linie“ in Hackenberg/Frankreich Es war schon vor einiger Zeit vereinbart worden, dass der GV Mannheim eine Studienfahrt zur „Maginot-Linie“ nach Hackenberg im französischen Lothringen unternimmt. Durch ein Missverständnis der Busunternehmung musste die geplante Fahrt kurzfristig abgesagt werden. Die an der Bushaltestelle wartenden Teilnehmer mussten mit Ärger und Enttäuschung wieder nach Hause zurück fahren. Aber am 2. Oktober 2010 konnten wir unsere Fahrt endlich antreten. Wir waren alle sehr gespannt; auch der Regen konnte unsere Freude nicht beeinflussen. Unser erstes Reiseziel war die saarländische Kleinstadt Mettlach, wo die weltbekannte Fir- ma Villeroy und Boch ihren Sitz hat. Aber auch andere bekannte Firmen haben sich in Mettlach angesiedelt, wie z.B. Birkenstock und Silit . Die großen Firmen bieten in Mettlach ihren „Fabrikverkauf“ an und locken so viele Besucher zum Einkaufen an, besonders zur Weihnachtszeit. In den Gaststuben einer Hausbrauerei aßen Vereinsbericht 37 wir zu Mittag. - Obwohl es nicht unser Fehler war, haben alle Teilnehmer, die schon bei der ersten Studienreise anwesend waren, ein Freigetränk vom GV Mannheim erhalten. Nachdem wir uns gestärkt hatten, fuhren wir weiter nach Frankreich, genauer gesagt nach Lothringen. Bei der Ankunft an unserem Zielort sahen wir zunächst nicht viel - nur einen Eingang in einen Berg. Frau Ritter hat dann die sehr interessante Führung für uns gedolmetscht. Zuerst erhielten wir einen Einblick, wann und warum diese große militärische Verteidigungslinie von den Franzosen gebaut wurde. Die „Maginot-Linie“ ist mehrfach unterbrochen und verläuft von Belgien bis hinunter nach Korsika – eine französische Insel im Mittelmeer. Sie sollte ein Bollwerk im Krieg gegen die Deutschen sein. Im Berg drinnen war es kühl; auch im Sommer wird es dort nicht warm. Viele, zum Teil sehr schmale Gänge führen in alle Richtungen. Wir wurden ermahnt, nicht allein umherzulaufen sondern immer bei der Gruppe zu bleiben. Irgendwann war kein Licht mehr zu sehen und es war total dunkel. Aber wir wussten warum. Es wurde von externem Strom – also Strom von außen – auf internen Strom umgeschaltet. Das Bollwerk hat seine eigene Stromversorgung, was im Kriegsfall sehr wichtig war. Wir sahen die mit Elektroherden ausgestattete Küche und die engen, ungemütlichen Unterkünfte der Mannschaften. Jeder hatte soviel Privatraum wie sein Bett groß war. Wie auf den U-Booten wurde dort in Schichten geschlafen. Entsprechend war die Arbeit der Mannschaften organisiert. Dann bestiegen wir die kleine, schmale und unbequeme Bahn, die früher für Munitionstransporte gedacht war. Trotzdem waren wir froh, dass wir die Wege im Berg nicht zu Fuß gehen mussten. So bekamen wir auch eine Vorstellung, wie groß die Anlage war. Viele Stufen mussten wir hochsteigen, um zu einer der Schießanlagen zu kommen. Es gab auch Fahrstühle, die so alt waren wie die Anlage. Es war interessant zu sehen, wie die Munition an der Decke weiter an die benötigten Stellen transportiert wurde. Wir durften uns die Kanonen und die Flakgeschütze auch von außen ansehen. An einer Stelle war sogar ein Loch im Bollwerk zu sehen. Die Amerikaner bombardierten die Anlage und verursachten dieses Loch – mit einer französischen Kanone! Die Anlage war zeitweise von deutschen Soldaten besetzt und musste befreit werden. Die Führung war sehr interessant und dauerte mehr als zwei Stunden, die sich wirklich gelohnt haben. Voll gestopft mit Wissen und Eindrücken fuhren wir wieder nach Hause. Wir möchten uns hier bei Peter Schanzenbach bedanken, der diese Studienfahrt organisiert hat. Ebenso bedanken möchten wir uns bei Frau Ritter, die manchmal unter schwierigen Bedingungen für uns gedolmetscht hatte. ub 38 Weihnachtsanzeigen Weihnachtsanzeigen 39 40 Weihnachtsanzeigen Weihnachtsanzeigen 41 42 Weihnachtsanzeigen Weihnachtsanzeigen 43