5,3 MB - Landesverband der Gehörlosen Baden

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5,3 MB - Landesverband der Gehörlosen Baden
02 Impressum
IMPRESSUM
Redaktions- und Anzeigeschluss:
28. Januar 2011
(für März 2011)
Herausgeber:
Landesverband der Gehörlosen
Baden-Württemberg e.V.
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Baden-Württemberg e.V.
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Gabi Braig
Markus Fertig
Barbara Kieffer - Grafik, Gestaltung
Roland Stirnkorb
Gunter Erbe
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In dieser Zeitschrift sind einzelne Berichte, die
von Gehörlosen selbst geschrieben sind.
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verbessert bzw. korrigiert hat.
Inhaltsverzeichnis 03
Inhalt
S. 02
S. 03
S. 04
S. 05
S. 07
S. 09
S. 10
S. 11
S. 12
S. 16
S. 17
S. 18
S. 19
S. 21
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Vorwort / Gabi Braig
LV-News / Bericht des Landesvorstands
Titelthema / Chatten und Surfen im Internet
LV-News / Intern. Bildungskongress
LV-News / Wilde Löwenjugend - Waldklettergarten
LV-News / Tag der Gehörlosen in Ulm
Verbandschronik
Information / Deafhood...
Information / Landesregierung
Information / Ruftaxi
Feuilleton / Psychosoziale Merkmale
Information / Steuertipps
S. 22
S. 22
S. 25
S. 27
S. 28
S. 30
S. 32
S. 33
S. 34
S. 35
S. 36
S. 38
S. 44
Termin
Feuileton / Stuttgart 21
Feuilleton / Liebermann
Information / Ausbildung
Vereinsbericht / Göppingen, Stuttgart
Vereinsbericht / Stuttgart, Ostalb
Vereinsbericht / Rastatt, Karlsruhe
Vereinsbericht / Heidelberg
Vereinsbericht / Villingen-Schwenningen
Vereinsbericht / Rottenburg-Stuttgart
Vereinsbericht / Mannheim
Weihnachtsanzeigen
Information / Bluthochzeit
04 Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
seit dem 4. Oktober 2010 können wir
in Baden-Württemberg mehr Fernsehsendungen des SWR (Südwest-Rundfunk) mit Untertitel sehen. Darüber
freuen wir uns, besonders bei der regionalen Nachrichtensendung „BadenWürttemberg aktuell“ um 19.45 Uhr,
die ab jetzt regelmäßig untertitelt wird.
Herzlichen Dank an den SWR-Intendanten Peter Boudgoust und den
SWR- Rundfunkrat.
Sind wir jetzt damit zufrieden? Natürlich nicht! Wir wissen: Seit der Einführung der UN-Konvention am 1.1.2009,
in der die Rechte behinderter Menschen international genannt sind, gibt
es den Begriff der „Inklusion“, nach
der die großen Barrieren in den Medien abgeschafft werden müssen. Auch
der SWR betont oft und intensiv seinen Willen zur Barrierefreiheit.
Wir, der Landesverband der Gehörlosen Baden-Württemberg, fordern
daher noch mehr Untertitel. Nicht
nur für einige wenige Sendungen und
Stunden, sondern durchgehend für
alle Sendungen. Wir wünschen uns
die Untertitelung wie die Hörenden
mit Selbstverständlichkeit die Lautsprache und die Musik!
Durch Untertitelung von Fernsehsendungen und durch die modernen
Medien können wir mehr Zugang zur
Bildung bekommen. Doch das reicht
nicht aus; wir wollen uns auch selbst
weiterbilden, z.B. durch Kofos, Schulungen und Seminare in eigener Organisation und Verantwortung. Auch wir
Hörgeschädigte wissen: Lebenslanges
Lernen („LLL“) ist für jeden Menschen
– also auch für hörbehinderte Menschen – eine Pflicht, aber auch ein
Recht im Sinne der Inklusion.
Wie geht die Entwicklung weiter? Im
August 2010 war ich für drei Tage in
Saarbrücken, um dort am 1. Internationalen Fachkongress „Bildung durch
Gebärdensprache“ teilzunehmen. Es
war sehr interessant und informativ.
In den vergangenen 250 Jahren haben die Bildungsangebote für gehörlose Menschen versagt, nur wenige
gehörlose Menschen haben die angestrebten Bildungswege erfolgreich begehen können. Wir wollen diese Situation verändern, denn jeder Gehörlose
muss das Recht haben, an gewünschten Bildungsangeboten barrierefrei
teilzunehmen - egal ob es sich dabei um einen Deutschkurs, Kochkurs
oder Yogakurs handelt! Menschliche
Bildungsbedürfnisse beziehen sich
nicht nur auf berufliche Qualifikationen, sondern auch auf den persönlichen Bereich. Es ist dabei egal, ob
Bildung als Fort- und Weiterbildung
oder Ausbildung verstanden wird. Wir,
der Landesverband der Gehörlosen
Baden-Württemberg, wollen zusammen mit Nachbarländern ein neues
Projekt planen.
Am 27. März 2011 wird in Baden Württemberg der Landtag neu gewählt. Wir
dürfen uns wieder überlegen, welche
Partei wir wählen sollen. Gut, dass wir
jetzt die Sendung „Baden-Württemberg aktuell“ mit Untertitel verfolgen
und verstehen können. Das wird uns
helfen, die richtige Wahl zu treffen.
Meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Landesverband und ich wünsche eine festliche Weihnacht und ein
gutes, zufriedenes Neues Jahr.
Herzlichst
Eure
LV-News 05
Bericht des Verbandsvorstands
02. - 08. August 2010
12. Europäische Rehabilitations- und Kulturwoche für
Taubblinde (ERCW 2010) wurde in dieser Zeit von den
Organisatoren “Taubblindenverein Baden-Württemberg
e.V.“ und der „Taubblindenseelsorge der Diözese Rottenburg-Stuttgart“ durchgeführt. Zahlreiche Taubblinden aus
verschiedenen Ländern mit Begleitung kamen nach Tübingen. Die Veranstaltung fand ein gutes Echo. Landesgeschäftsführer Dieter Steuer besuchte an einem Abend
die Veranstaltung.
25. - 28. August 2010
Der 1. Internationale Fachkongress „Bildung durch Gebärdensprache“ fand in Saarbrücken statt. Lebenslange
Bildung und Weiterbildung sind für gehörlose Menschen
der Schlüssel zur Teilhabe an der Gesellschaft, am Arbeitsleben und für ihre persönliche Entwicklung. Für den
Landesverband der Gehörlosen Baden-Württemberg
nahm unsere Erste Stellvertretende Verbandsvorsitzende Gabi Braig daran teil. Für die LV-Jugendorganisation
„Wilde Löwenjugend“ war die Jugendmitarbeiterin Senay
Ader-Balli anwesend. Siehe beigefügter Bericht ….
25. September 2010
Dieses Jahr fand der „Tag der Gehörlosen“ des Landesverbandes der Gehörlosen Baden-Württemberg aus Anlass
des 90. Bestehens des Gehörlosenvereins Ulm im Stadthaus der Münsterstadt statt. Tagsüber organisierte der
Landesverband vor dem Stadthaus eine Info-Veranstaltung. Halbstündlich wurden Informationen über Gehörlose
ge-geben, gleichzeitig trat der Gebärdenchor des Berufskollegs Winnenden mit drei hörenden Schülerinnen auf.
Siehe beigefügter Bericht ….
01. Oktober 2010
Den behinderten Menschen als Teil unserer Gesellschaft
verstehen, war das Anliegen von Professorin Dr. Gerlinde
Renzelberg von der Universität Hamburg in ihrem Festvortrag im Rahmen des 150jährigen Schuljubiläums des
„Förderzentrum Hören und Sprechen“ (Gehörlosenschule)
in Heiligenbronn. Im Elisabetha-Glöckler-Saal der Stiftung
St. Franziskus, Heiligenbronn, lenkte die Professorin für
Pädagogische Audiologie und Hörsprachförderung den
Blick aus der Geschichte in die Zukunft: „Es ist wichtig,
eine Perspektive zu haben“, zitierte sie die Homepage der
Stiftung. Ihre Ansprache wurde genauso wie die Grußworte des Fest-akts von den Dolmetscherinnen Kristina
Rosenzweig und Svetlana Sciascia für die hörgeschädigten Zuhörer simultan in Gebärdensprache übertragen. LV-
Vorsitzender Wolfgang Reiner und LV-Geschäftsführer
Dieter Steuer folgten der Einladung und nahmen an der
Veranstaltung teil.
02. Oktober 2010
Der Gehörlosenverein „Schwarzwald-Baar“ VillingenSchwenningen feierte unter der Schirmherrschaft der
Behindertenbeauftragten, Frau Christa Lörcher, MdB.
a.D. von der Stadt Villingen-Schwenningen und auch vom
Landkreis sein 75jähriges Vereinsjubiläum in der schönen
„Neuen Tonhalle“ in Villingen. Der Ehrenvorsitzende des
GV Villingen-Schwenningen, Herbert Stemmer, konnte 19
treue Mitglieder, welche er vor 25 Jahren in den GV VS
aufgenommen hatte, für 25jährige Vereinstreue mit einer
Urkunde und einem Weinpräsent ehren. Danach folgen die
Ehrungen des Landesverbandes BW. Da der LV-Vorsitzende Wolfgang Reiner auch unter den Geehrten war, übernahm die Erste Stellvertretende Verbandsvorsitzende
Gabi Braig die Ehrungen für 25- und 40jährige Mitgliedschaft im LV-BW mit einer Urkunde und Anstecknadel.
20. Oktober 2010
Der Integrationsfachdienst (IFD) Stuttgart besteht schon
seit 20 Jahren. Die Erste Stellvertretende Verbandsvorsitzende Gabi Braig und LV-Geschäftsführer Dieter
Steuer nahmen an der Jubiläumsfeier teil.
21. Oktober 2010
Auf Initiative von Herrn Erwin Wespel vom Bischöflichen
Ordinariat der Diözese Rottenburg – Stuttgart, fand im
Bildungshaus Kloster Untermarchtal im Donau-Alb-Kreis
ein Studientag mit Prim. Dr. Johannes Fellinger statt. Anwesend waren auch Gebärdensprachdolmetscherinnen.
Das Thema war „Psychosoziale Merkmale bei gehörlosen
Menschen“. Etwa 25 Gehörlose waren gekommen, darunter auch Gabi Braig und Dieter Steuer vom Landesverband
der Gehörlosen Baden-Württemberg. Siehe beigefügter
Bericht ….
22. Okober 2010
An diesem Tag jährte sich zum 70. Mal die Deportation der
badischen und saarpfälzischen Juden nach Gurs/Frankreich. Auch der gehörlose jüdische Neu-Ulmer Künstler
Richard Liebermann und seine Familie wurden von Konstanz aus in ein Lager nach Gurs verschleppt. Raffael Wieler-Bloch, ein entfernter Verwandter von Richard Liebermann, schrieb seine Lebensgeschichte und veröffentlichte
sie in einem Buch, aus dem er verschiedene Abschnitte
las. Siehe beigefügter Bericht ….
06 LV-News
Bericht des Verbandsvorstands
23. Oktober 2010
Zum Ende des Geschäftsjahres 2010 fand eine Vorstandssitzung des LV im GLZ Stuttgart statt.
30. Oktober 2010
Das Jugend-Mitarbeiterteam der „Wilden Löwenjugend“
traf sich zu einer Sitzung im GLZ Stuttgart. Es wurde über
die zukünftige Jugendarbeit und geplante Jugendmaßnahmen im Jahr 2011 gesprochen. Der Landesgeschäftsführer Dieter Steuer stand dem Jugendteam mit Rat und
Hilfe zur Seite.
30. Oktober 2010
Die Delegierten der deutschen Mitgliedsverbände wurden
zur jährlichen Mitgliederversammlung des Deutschen Gehörlosen-Bundes nach Frankenthal eingeladen. Wolfgang
Reiner und Gabi Braig vertraten als Delegierte den Landesverbandes der Gehörlosen Baden-Württemberg.
02. - 04. November 2010
Seniorenbeauftragter Willi Huck nahm in dieser Zeit im
Auftrag unseres Landesverbands am Seniorenseminar des
Deutschen Gehörlosen-Bundes in Kiel teil. Themen waren
Situation der gehörlosen SeniorenInnen im Ehrenamt -
Austausch über die Seniorenarbeit in den Landesverbänden unter besonderer Berücksichtigung der Teilhabe im
Freizeitbereich - Kommunikationsstrategien mit Fallbeispielen. Es fand auch eine Führung in der Altenpflegeschule
in Rendsburg statt.
06. November 2010
Die „Wilden Löwenjugend“ organisierte im GZ Stuttgart einen Vortrag über EUDY inklusive UN-Konvention und Workshop. Thora Hübner, Beisitzerin der Deutschen Gehörlosen-Jugend und Manuel Keicher, Finanzbeauftragter der
„Wilden Löwenjugend“ sprachen abwechselnd über diese
Themen.
12. - 14. November 2010
Sandra Altmann, LV-Beisitzerin , fuhr nach Neu-Isenburg
bei Frankfurt am Main, um an einem Frauenseminar des
Deutschen Gehörlosen-Bundes teilzunehmen. Leider konnte das LV-Frauenleitungsteam aus Termingründen nicht
daran teilnehmen. Das Seminar stand diesmal unter dem
Thema “(Gehörlose) Frauen machen Politik”.
Titelthema 07
Chatten und Surfen im Internet
Gefahr für hörgeschädigte Kinder und Jugendliche?
Ist „Chat“ eine einwandfreie und lehrreiche Kommunikation? In letzter Zeit wurde festgestellt, dass immer
mehr Kinder und Jugendliche stundenlang chatten und
durch die Welt des Internets surfen. Zunächst ein historischer Rückblick in unsere Welt der Hörgeschädigten:
Technische Hilfsmittel für Hörgeschädigte waren damals
- in den 80er Jahren und früher - kaum vorstellbar. Ein
hörgeschädigter Jugendlicher musste mit seinem Freund
bzw. seiner Freundin über die Eltern telefonisch z. B. einen
Treffpunkt absprechen. Später kam die tolle Erfindung des
Schreibtelefons. Voraussetzung war jedoch, dass beide
Gesprächspartner solche Geräte benutzten. Außerdem
war das Schreibtelefon damals sehr teuer, so ab 1200 DM,
so dass die Gehörlosen selbst es sich kaum leisten konnten. Dann kam die Möglichkeit, dass die „Deafies“ (englisch
- sprich: „deffies“) (= Hörgeschädigten) über die Hauptfürsorgestellen (heute Integrationsfachdienst) das Schreibtelefon beantragen konnten, wenn es sich um ein Hilfsmittel im Arbeitsleben handelte. Später kam das Faxgerät
als günstigeres Hilfsmittel hinzu, was für uns, aber auch
für die Hörenden, vorteilhaft war. Bei fast allen Behörden,
Ämtern und Firmen waren Faxgeräte vorhanden. Das Faxgerät ist jedoch kein direktes Kommunikationsmittel, weil
man nicht im Dialog und nicht in Echtzeit kommunizieren
kann. Das heißt, man schreibt und wartet auf die Antwort.
Man kann nicht wissen, ob der Empfänger sofort oder erst
später das Fax liest. Die neue „Kommunikationsrevolution“
brachte das Internet mit dem Zugang zu den Mediawelten und mit der elektronischen Post (E-Mail). E-Mails sind
in der heutigen Zeit schon wieder „altmodisch“, weil die
E-Mail-Kommunikation inzwischen über 20 Jahre alt ist.
Beim Versenden und Empfangen der E-Mails handelt es
sich wie beim Faxgerät nicht um eine Echtzeitkommunikation. Die Echtzeitkommunikation ist zur Zeit das Aktuellste und Wichtigste. Dazu gehören u.a. „Live Chat“
(englisch – sprich: laif tschätt) und Videokonferenzen mit
der Webcam und Videotelefonie per Handy. Bekannte
und beliebte Programme sind u.a. Blackberry, oovoo, Skype, MSN, Camfrog usw. Es ist schon wunderbar, dass es
solche Möglichkeiten für Hörgeschädigte bzw. hörgeschädigte Jugendliche gibt. Man ist von den Eltern nicht mehr
abhängig, man kommuniziert direkt mit den Freunden.
Gibt es Nachteile? Wo sind die Gefahren?
Beispiel: Bei einer LAN-Party hatte sich ein Hörgeschädigter, ein PC-Freak (englisch – sprich: pe tsee friek), bis zum
Sonntagmorgen gegen 5 Uhr gleichzeitig mit 10 Deafies
bundesweit unterhalten. Er sagte mir, dass dies bei ihm
nicht nur am Samstag/Sonntag üblich ist, sondern auch
unter der Woche von Montag bis Freitag. Jugendliche, die
bis spät nachts chatten, können sich am nächsten Tag in
der Schule oder am Ausbildungsplatz nicht mehr genügend konzentrieren.
Chat – Weg zu besseren sprachlichen Bildung? Ich kann
und möchte diese Frage hier nicht abschließend beantworten. Allerdings werden beim Chat oft verkürzte Sätze
(SMS-Sätze) geschrieben. Die Formulierungen sind grammatikalisch oft nicht korrekt. Der sprachliche Lerneffekt
dürfte dann eher gering sein.
Rolle der Eltern: Sitzen Kinder und Jugendliche zu viel am
PC? Entscheidend ist: Haben die Eltern die Kinder unter
Kontrolle? Können sie das Zeitlimit bestimmen? Oder sind
sie froh, dass die Kinder beschäftigt sind, so dass die Eltern Ruhe haben und z. B. den Haushalt machen können?
Gibt es genügend Kommunikation zwischen den Eltern
und ihren Kindern? Die Jugendlichen surfen oft stundenlang durch die Medienwelten. Können die Eltern kontrollieren, wohin sie surfen? Oft wissen die Eltern nur wenig
darüber Bescheid, wie man Kinder und Jugendliche vor
bestimmten Internetseiten schützen kann. Es ist bekannt,
dass über 90% der Jugendlichen schon Webseiten mit
Pornografie besucht haben. Es ist sehr leicht, innerhalb
von Sekunden die Webseite zu schließen, wenn Eltern in
das Kinderzimmer kommen. Die Eltern bemerken nichts.
Ebenso gibt es im Internet viele Spiele mit brutaler Gewalt. Welche Folgen hat das für die Kinder und Jugendlichen? Manche Schulen bieten eine Fortbildung „Medienwelten für Eltern“ an. Es ist für Eltern unbedingt zu
empfehlen, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen.
Hier lernt man z. B., wie man Filter vor bestimmte Inhalte
setzt. Es ist allgemein sehr wichtig, dass Eltern mit ihren
Kindern richtig kommunizieren und aktiv mit ihnen die
Freizeit gestalten.
Ab in die Natur – anstatt Chat. Ich war einmal mit sieben Jungen auf einer Abschlussfahrt im Schwarzwald. Wir
waren bei einem Freund von mir im Garten zelten. Das
Haus meines Freundes war einsam und weit vom Ort abgelegen. Wir hatten nicht die Möglichkeit, mit öffentlichen
Verkehrsmitteln in die Disco zu fahren – aber das hatten
wir auch nicht vor. Das Beisammensein mit Selbstversorgung war das eigentliche Ziel unserer Abschlussfahrt. Bei
der Planung hatten einige der Jungen überlegt, ob wir ein
paar DVD-Filme mitnehmen könnten, um sie im Wald
anzuschauen. Es war interessant zu beobachten, wie die
Schüler von der Technik abhängig sind. Im Garten war kein
Strom vorhanden; da haben wir uns entschlossen, keine
Technik, Playstation, DVDs usw. (außer Handys) mitzunehmen. Die Freizeit ohne Technik zu gestalten, war für viele
Jugendliche eine neue Erfahrung. Soziale Kontakte: Als
es Chat noch nicht gab, haben sich die Gehörlosen oft
getroffen und vieles unternommen, z. B. haben sie sich
an Sportwettkämpfen beteiligt.nDer Austragungsort war
meistens eine Großstadt und die Anreise dorthin war
08 Titelthema
zum Teil weit. So mussten die Hörgeschädigten in einer
gemeinsamen Unterkunft unterkommen. Manche fuhren
spät in der Nacht in einer Fahrgemeinschaft zurück nach
Hause. Oft war es ein schönes Erlebnis, wenn sich die Hörgeschädigten nach langer Zeit wieder trafen und einander viel erzählten. Und heute? Anstatt sich gemeinsam mit
Freunden zu treffen, bleiben die Hörgeschädigten lieber
zu Hause und chatten in ihrem Zimmer mit den Freunden.
Kann das Chatten den persönlichen Kontakt ersetzen? Ist
soziales Lernen ohne Gruppenerfahrungen möglich?
Freizeitangebote: Es gibt heutzutage in den Vereinen der
Hörgeschädigten zu wenig Angebote, sowohl im sportlichen als auch im kulturellen Bereich. Es gibt kaum Nachwuchs - bis auf die vielen jungen hörgeschädigten Fußballer. Wenn die Kinder/Jugendlichen später aus der Schule
kommen, stehen sie vor dem Problem: „Was sollen wir
machen. Wohin gehen wir?“ Es ist zu befürchten, dass der
Weg der Jugendlichen in die Einsamkeit führt. Wir wissen
aber alle, dass Einsamkeit überhaupt keine schöne Sache
ist!
Fazit: Chat im Internet ist ein tolles Kommunikationsmittel für uns Hörgeschädigte, das uns unabhängig macht.
Im Landesverband führen wir unsere Sitzungen oft per Videokonferenz durch. Das erspart uns langes Fahren, da
wir weit auseinander wohnen. Auch eine Unterhaltung mit
Freunden aus einem anderen Erdteil ist über Videokamera völlig unkompliziert. Man fühlt sich wie Nachbarn. Es
gibt auch tolle Services wie z. B. TESS, wo man über die
Dolmetschervermittlung mit einem Hörenden kommunizieren kann.
Die Kommunikation über das Internet hat für uns Hörgeschädigte viele Vorteile. Es gibt aber auch viele Gefahren.
Eltern müssen Bescheid wissen, wie sie ihre Kinder vor
bestimmten Webseiten (Gewalt, Pornografie usw.) schützen können. Sie sollten unbedingt Fortbildungsveranstaltungen zu diesen Themen besuchen. Kindern brauchen
neben dem Computer auch genügend Freizeitangebote,
um sich entfalten zu können (Vereine, Sport, Kunst, Natur
usw.) Man muss den Kindern ein Angebot in der Familie, in
den Schulen und in den Vereinen machen!
Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Gebärdensprache eine Basis für eine gute Kommunikation darstellt.
„Gebärden verbindet !“ lautet auch das Motto des Landesverbandes. Die Gebärdensprache ist kein Hilfsmittel,
sondern eine vollständige Sprache, mit der man auf hohem Niveau kommunizieren kann, und zwar von Anfang
an! Dann kann Kommunikation gelingen!
mf
Behindertenausweis soll europaweit gelten.
Die Europäische Kommission will einen EU-weit
geltenden Behindertenausweis einführen. Damit sollen
die Binnengrenzen für Menschen mit Behinderung
durchlässiger werden, teilte EU-Kommissarin Viviane
Reding mit.
Die Initiative ist Teil eines Zehn-Jahres-Plans, um
die Rechte von Behinderten zu stärken. Mit dem
EU-Ausweis sollten alle Betroffenen jederzeit und in
allen EU-Staaten die gleichen Leistungen in Anspruch
nehmen können.
Wer eine anerkannte Behinderung hat, hat somit auch
im EU-Ausland etwa ein Anrecht auf Übersetzungen
in Gebärdensprache, auf Sonderparklätze oder
vergünstigte Transporte.
Info-Quelle: epd / 16.11.2010
„Beratungsstelle für Hörgeschädigte“ in Calw
Im Januar 2011 werden wir in Calw eine Beratungsstelle für Hörgeschädigte unter der Leitung von Frau
Claudia Huck
eröffnen.
Nähere Informationen werden wir so bald wie möglich
in der Presse, im Internet und im SWR-Videotext
(Tafeln 681/682) bekannt geben.
Gunter Erbe (Vorsitzender)
BWG Heidelberg
LV-News 09
Internationaler Bildungskongress für Gehörlose in Saarbrücken
In Saarbrücken fand vom 26. bis zum 28. August 2010
zum ersten Mal ein internationaler Bildungskongress
für Gehörlose statt. Die Veranstaltung stand unter dem
Motto „Bildung durch Gebärdensprache“. Jahrzehntelang
veranstalteten hörende Experten, wie etwa Hals-NasenOhrenärzte, Gehörlosenpädagogen und andere Fachleute
Kongresse zum Thema „Gehörlosigkeit“. Die Betroffenen
selbst waren dabei jedoch nicht gefragt. Der DGB-Präsident Rudolf Sailer meinte nun, dass es für die Betroffenen
selbst an der Zeit sei, einen eigenen Fachkongress zu diesem Thema auf die Beine zu stellen. Wir Gehörlose haben
die meiste Ahnung. Wir wissen, wie es sich anfühlt, wenn
man nichts hört, und wie wir unsere Umwelt am besten
begreifen können. Wir brauchen die Gebärdensprache. Die
Menschen, die meinen, über uns bestimmen zu können,
haben meist keine Ahnung davon, wie sehr wir die Gebärdensprache als Kommunikationsmittel benötigen. Aufgrund dieser Aspekte organisierte der DGB gemeinsam
mit dem Schweizerischen und dem Österreichischen Gehörlosenbund diesen Kongress. Am Donnerstag vor der
Eröffnung fand eine Pressekonferenz statt. Das Präsidium
äußerte sich darüber, dass Bildungssysteme für Gehörlose in den vergangenen 250 Jahren versagt haben. Man
konzentrierte sich viel zu sehr auf das Sprechen an sich,
anstatt auf eine gute Bildung durch die Gebärdensprache
Wert zu legen. Leider war keine allgemeine Presse anwesend, obwohl der DGB die Einladungen an 50 Pressagenturen verschickt hatte. Der Fachkongress „Bildung durch
Gebärdensprache“ richtet sich an alle Gehörlosen, insbesondere an Schüler und Schülerinnen, an Auszubildende
und an die Veranstalter von Kursangeboten an den Volkshochschulen für alle jungen oder älteren Erwachsenen
und an alle Organisatoren von beruflichen Weiterbildungen für Erwachsene und Bildungsreisen für Rentner. Um
14.00 Uhr wurde der Kongress von Rudolf Sailer (DGB),
Roland Herrmann (SGB) und Helene Jarmer (ÖGB) eröffnet. Auf dem Programm standen 31 verschiedene Vorträge und zwei Podiumsdiskussionen. Es kamen drei europäische, gehörlose Politiker. Anwesend waren Dr. Ádám
Kósa aus Ungarn, Helga Stevens aus Belgien und Mag.
Helene Jarmer aus Österreich. Ebenso erschien Professor
Dr. Christian Rathmann aus Hamburg und Professor Patty
Shores aus Zürich in der Schweiz. Die Hauptthemen waren unter anderem die UN-Konvention, die Inklusion, die
Gebärdensprache und Lebenslanges Lernen (LLL). Viele
anerkannte Gehörlose hielten Vorträge zu diesen Themen.
Dadurch entstanden verschiedene Impulse. Die Vorträge
waren mit über 200 Teilnehmern gut besucht. Im Ausstellungsfoyer präsentierten sich die verschiedensten Firmen
mit ihren Produkten und Dienstleistungen. Vertreten waren beispielsweise Reiseanbieter, Medien, Angebote für
berufliche Umschulungen und vieles mehr. So konnte man
sich in den Pausen informieren und mit Anderen über die
verschiedensten Themen unterhalten. Die Stadtführung
mit DGS stand am Donnerstagabend auf dem Programm.
Am Freitagabend fand eine Podiumsdiskussion statt, die
sogar live übertragen wurde. Diese kann man unter www.
gehoerlosenbund.de nochmals anschauen. Am Samstagabend fand der Galaabend statt. Viele kamen in festlicher
Abendkleidung. Die Moderation von Thomas Geissler war
wirklich gut gelungen. Alle staunten, wie er zaubern konnte. Vor der Vorspeise interviewte er Rudolf Sailer, Helene
Jarmer und Roland Hermann auf dem weißen Sofa. Durch
das Gespräch erfuhr man, dass alle drei Präsidenten gehörlose Eltern haben. Zwischen den Gängen unterhielten
Rafael-Evitan Grombelka, Marcus William und Christina
Schönfelder das Publikum mit einem abwechslungsreichen Programm. Das war eine schöne Abschlussveranstaltung. Der nächste Fachkongress war ursprünglich erst
wieder in vier Jahren geplant. Da der Österreichische Gehörlosenbund schon in drei Jahren sein 100jähriges Jubiläum feiert, soll der Fachkongress zu diesem Zeitpunkt
in Wien stattfinden. Freuen wir uns also schon auf 2013!
Hoffen wir, dass die Impulse der Fachleute auf alle Besucher übergegangen sind und sich positiv auf die Zukunft
wr
auswirken.
10 LV-News
„Wilde Löwenjugend“ im Stuttgarter Waldklettergarten
Am Samstagnachmittag, dem 4. September 2010, fuhren
wir zum Waldklettergarten „Schmellbachtal“ Stuttgart
(http://www.waldklettergarten-schmellbachtal.de/).
Dort trafen sich 22 Teilnehmer, darunter vier Kinder im
Alter zwischen 8 und 14 Jahren. Einige Zuschauer waren
auch gekommen. Weil der Organisator Christian und das
Teammitglied Manuel mit dabei waren, hatte uns Senay
bei der Organisation unterstützt und auch viel fotografiert.
Aufgrund der komplizierten Wegbeschreibung kamen einige – trotz Navigator - später an. Anschließend mussten die
Teilnehmer eine Einverständniserklärung unterschreiben,
weil sie ohne diese Zustimmung aus Haftungsgründen
nicht teilnehmen konnten. Nachdem das Eintrittsgeld eingesammelt war, erklärte uns die Betreuerin, wie man die
Sicherheitsgurte und den Helm anziehen und befestigen
muss. Gegen 15 Uhr erklärte uns ein andere Betreuer mit
Hilfe von Gebärdensprachdolmetscherin Rita Wagner den
weiteren Ablauf. Frau Wagner begleitete uns die ganze
Zeit beim Klettern und sorgte mit, dass die Sicherheit
beim Klettern beachtet wurde. Um in den Hochseilgarten
zu gelangen, muss der geöffnete Karabiner in das Stahlseil
gehängt und mit dem dort installierten roten Schloss (siehe Bild) sicher verschlossen werden. Erst dann öffnet sich
der zweite Karabiner und kann ebenfalls in das Stahlseil
gehängt werden. Nach der Überquerung des Hindernisses
wird auf der nächsten Plattform nach dem gleichen Prinzip verfahren. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass jeder immer mit mindestens einem Karabiner gesichert ist.
Quelle: http://www.waldklettergarten-schmellbachtal/
waldklettergarten/ sicherheit
Dann übten die Teilnehmer den sicheren Umgang mit den
Karabinern.
Der Waldklettergarten bietet zahlreiche Herausforderungen zwischen 3 und 9 Metern Höhe, die überwunden
werden wollen. Auf 3 Parcours mit über 50 abwechs-
lungsreichen Elementen ist für jeden großen und kleinen
Abenteurer ein Weg dabei.
(Quelle: http://www.waldklettergarten-schmellbachtal/
waldklettergarten).
Die Teilnehmer waren gespannt, wie sie verschiedene Hindernisse überwältigen konnten.
Fotos:
http://www.wildeloewenjugend.de/00_00_h... GE= gallery
Nach drei Stunden Abenteuer im Waldklettergarten waren
einige Teilnehmer etwas erschöpft, aber trotzdem sehr
beeindruckt. Allen Teilnehmern hat es gut gefallen, weil
sie neue und interessante Herausforderungen erleben
konnten und daran viel Spaß hatten.
Für unseren zuständigen Betreuer war es auch eine neue
Erfahrung, besonders wie man mit jungen hörgeschädigten Menschen kommunizieren kann. Als unsere Dolmetscherin uns verlassen hatte, war der Betreuer auf sich
allein gestellt, aber es klappte gut. Wir alle haben unsere
E-Mail-Adressen ausgetauscht, damit wir in Zukunft weitere Angebote erhalten können. Abschließend fuhren wir
zum „Schwabengarten“, wo wir etwas trinken und essen
konnten. So fühlten wir uns wieder bei Kräften. Danach
fuhr jeder wieder nach Haus. Es war ein hervorragender
Tag für uns alle!
Fotos: http://picasaweb.google.de/carmy1984/WLJWal
dkletterngartenAm04092010?authkey=Gv1sRgCM_8qv
2d14vRRg#
grilly
LV-News 11
Tag der Gehörlosen 2010 in Ulm/Donau
Dieses Jahr fand der „Tag der Gehörlosen“ des Landesverbandes der Gehörlosen Baden-Württemberg aus Anlass
des 90. Vereinsjubiläums des GV Ulm im Stadthaus am
Münsterplatz in Ulm statt.
Tagsüber organisierte der Landesverband vor dem Stadthaus eine Info-Veranstaltung. Zu jeder vollen und halben
Stunde wurden Informationen rund um das Thema „Gehörlosigkeit“ gegeben. Gleichzeitig trat der Gebärdenchor
des Berufskollegs Winnenden mit drei hörenden Schülerinnen auf und sang das Lied „Du erinnerst mich an Liebe“.
Der gesungene Text wurde in beeindruckender Gebärdensprache für das hörende Publikum übersetzt.
Am Info-Stand informierten sich sowohl hörende als auch
gehörlose Menschen über die Arbeit des Landesverbands,
über das Problem „Gehörlosigkeit“ und die Gebärdensprache.
Der Verbandsvorstand des Landesverbandes und die Gebärdensprachdolmetscherinnen bemühten sich, die von
den hörenden und gehörlosen Menschen gestellten Fragen zu beantworten. Info-Material war auf dem Tisch ausgelegt.
Wer weitere Informationen haben wollte, konnte sich an
den Info-Ständen der Firmen Humantechnik, TESS und
Reha-Com-Tech, des Gehörlosenvereins Ulm, der Sozialberatungsstelle für Hörgeschädigte und über das DSLBildtelefon erkundigen. Im Stadthaus befand sich auch
eine Ausstellung gehörloser Künstler. Am Nachmittag wurde auch der Film „Verkannte Menschen“ vorgeführt.
Aus Termingründen könnten die Landtagsabgeordneten
aus dem Ulmer Wahlkreis nicht kommen. Zu unserem
großen Bedauern sagte die Sozialministerin von Baden
Württemberg, Frau Dr. Stolz, ihr Kommen per Handy
kurzfristig ab.
Vor Beginn des unterhaltsamen Abendprogramms sprach
der Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner ein Grußwort
vor über 300 Besuchern. Im Rahmen des Unterhaltungsprogramms traten die lustige Theatergruppe „Deaf Show“
aus Nürnberg, ein Zauberer-Ehepaar aus der Ulmer Umgebung und eine Trommlergruppe aus dem Norden Deutschlands auf. Die Aufführung der Trommler war sehr kraftvoll
und rhythmisch - ein wahres „Trommelfeuerwerk“, das
beim Publikum sehr gut ankam.
Mit großem Interesse und konzentrierter Aufmerksamkeit
machte das Publikum ein Bingo-Spiel mit. Christian Winzer gewann mit großem Glück den Hauptpreis, ein wertvolles Notebook (= tragbarer Kleincomputer).
Ebenso erfuhren wir in der Visuell-Tagesschau – kurz:
Vistag von weiteren Veranstaltungen zum „Tag der Gehörlosen“ in Frankfurt/Main und Berlin - moderiert von
Matthias Bach vom GV Ulm. Herzlichen Dank an den Vereinsvorstand des GV Ulm für die gute Zusammenarbeit.
wr
12 Verbands-Chronik
Gehörlosenbewegungen in Württemberg und Baden 1970-1972
Zusammengetragen und verfasst von Ulrich Braig (15. Teil )
In den siebziger Jahren wehrten sich die Frauen verstärkt
gegen die Dominanz der Männer. Sie gründeten Selbsterfahrungsgruppen und Frauenzentren, Buchläden und Cafès.
Zeitschriften wie „Courage“ und „Emma“ griffen die von
Männern beherrschte Gesellschaft an, vor allem auch den
Paragraphen 218, der Abtreibung unter Strafe stellte. Das
ist die neue Frauenbewegung.
Seit den sechziger Jahren wurden in der BRD Atom-Kraftwerke gebaut, die Energie aus radioaktiven Materialien gewinnen. Die Gefahren der radioaktiven Strahlung wurden
von vielen Politikern und den Betreibern der Kraftwerke
kleingeredet. Bürgerinitiativen wehrten sich gegen den Bau
neuer Anlagen. Als es 1986 in der Sowjetunion im Kraft-
Arbeitstagung des Deutschen
Gehörlosenbundes.
Die Arbeitstagung fand im November
1970 in Rüdesheim am Rhein statt.
Bei der Begrüßung des Verbandsvertreter durch den Bundesvorsitzenden
Ellmers, galt sein besonderer Gruß
dem Vorsitzenden der Deutschen
Gesellschaft zur Förderung der HörSprachgeschädigten, Dr. H. Feuchte.
Elmers sprach von dem Kampf um die
70% Minderung der Erwerbsfähigkeit
(MdE). Es ging um die Rentenerstattung, die die Erwerbsminderung aufgrund der Behinderung ausgleichen
sollte. Ein besonders krasser Fall der
Verweigerung dieser Minderungsquote ergab sich im Landesverband
Baden. Dort musste der DGB sich besonders einsetzen.
Der Bundestag des Deutschen
Gehörlosen-Bundes 1971.
Da der Landesverband Württemberg
und Hohenzollern im Jahre 1971 sein
90jähriges Bestehen feiern duften,
hatte es sich angeboten, den Bundestag der Gehörlosen in diesem
Jahr nach Stuttgart zu legen. Es war
eine gute Entscheidung, denn nicht
nur, dass einem schönen Sommer
ein nicht minder strahlender Herbst
folgte, auch die Tagungsstätte, das
„Walderholungsheim“ am Fernsehturm in Stuttgart-Degerloch war
ideal. Nach einem Willkommengruß
des Landesverbandsvorsitzender Willi
Laufer eröffnete der Bundesvorsit-
werk von Tschernobyl einen schweren Unfall gab, war auch
Deutschland von der dabei freigesetzten Strahlung betroffen.
Atomkraft? Nein Danke! Die Angst vor der Atomkraft ging
einher mit der Angst, dass das Wettrüsten der beiden Supermächte USA und Sowjetunion zu einer Katastrophe führen könnte. Vor allem als die NATO 1979 plante, in der BRD
Atomraketen zu stationieren, begriff man: Entstünde aus
dem Kalten Krieg ein richtiger Krieg, würde Deutschland
vernichtet. Auch über die hohen Rüstungsausgaben waren viele empört. Sie taten sich in der Friedensbewegung
zusammen, organisierten Demonstrationen und Friedenscamps.
zender Ellmers die Tagung mit Begrüßungsworten an die Delegierten
der Landesverbände und der angeschlossenen Bundesverbände. Für
die Einstimmung der Delegierten auf
ihre Aufgabe sorgte ein Vortrag von
Pfarrer Barow aus Frankfurt, Sozialreferent der Deutschen Gesellschaft
zur Förderung der Hör- u. Sprachgeschädigten, mit dem Thema „Wo
stehen wir heute und was kommt auf
uns zu?“ Eingangs sprach er davon,
dass knapp die Hälfte der organisationsfähigen deutschen Gehörlosen
im Deutschen Gehörlosenbund vereinigt seien. Es wäre aber wichtig,
dass sich noch mehr Gehörlose anschließen würden, denn die sozialen
Probleme erforderten Geschlossenheit.
Gerade die Behinderten hätten erkannt, dass der Staat sich zu wenig
um ihre Forderungen kümmert und
drängten deshalb auf Anerkennung.
In der Millionenschar der Behinderten
aber ist der Gehörlose hilflos, weil er
nicht selbst zum Anwalt seiner Interessen werden kann. Pfarrer Barow
zählte auf, welche Vergünstigungen
das Bundessozialhilfegesetz auch
den Gehörlosen bietet. Entweder sind
ihnen diese nicht bekannt, oder sie
haben wegen der Sprachbarriere keine Möglichkeit, sie durchzusetzen. Es
fehle an hilfsbereiten Freunden und
vor allem an Dolmetschern. Auch die
Berufserziehung sei für den Gehörlosen sehr wichtig in der heutigen technisierten Welt. Berufe, die damals ein
Menschenalter lang ausgeübt wurden, würden heute schon nach wenigen Jahren ihre Bedeutung verlieren.
Das trifft besonders den Gehörlosen
schwer, dessen Berufsmöglichkeiten
durch seine Behinderung schon eingeengt sind. Anschließend brachte
ein Autobus die Delegierten mit ihren
Frauen zum Friedhof in Vaihingen, wo
der Landesverband Württemberg am
Grabe seines früheren Vorsitzenden
Karl Wacker einen Kranz niederlegte.
Dabei gedachte Heinrich Siepmann
des viel zu früh verstorbenen, welcher
auch erster Vorsitzender des Deutschen Gehörlosen-Bundes war. Sein
Wirken für die Gemeinschaft sei auch
heute noch unvergessen, seine persönliche Freundschaft zu den Mitarbeitern wirke übers Grab hinaus.
Zum Abschluss fand eine Festveranstaltung statt, ein fröhliches Varietèprogramm brachte nach der
Gratulationscour gute Laune in die
Festversammlung, die durch Soloeinlagen von Bernhard Hannack immer
wieder hochgetrimmt wurde.
1971 Gedenkenansprache für Karl Wacker mit
Siepmann in Stuttgart
Verbands-Chronik 13
Fernsehen für Gehörlose und
Schwerhörige.
Schon seit längerem forderten Gehörlose vom Fernsehen eine Berücksichtigung der vielen hörgeschädigten Fernsehzuschauer in der
Bundesrepublik. Das Fernsehen hatte
sich in den vorangegangenen Jahren
zur wichtigsten Informations- und
Unterhaltungsmedium
entwickelt.
Deshalb war es wichtig, das Fernsehen auch für Gehörlose und Schwerhörige mehr und mehr verständlich
zu machen, denn trotz der Bilder
blieb und bleibt ihnen vieles oft unverständlich. Die Anregung, eine eigene Fernsehsendungen zu gestalten,
kam von Herrn Weinzheimer, dem
1. Vorsitzenden der Vereinigung der
Eltern hörgeschädigter Kinder und
Jugendlicher in Bayern. Nach dem
er bei einer Studienreise in Holland
die dortige Wochensendung für Hörgeschädigte „Unser Journal“ gesehen
hatte, fasste er den Entschluss, eine
ähnliche Sendung auch ins deutsche
Fernsehen zu bringen. Für die Gestaltung von Fernsehsendungen bildete
sich ein Arbeitsteam, bestehend aus
Gehörlosen, Eltern Gehörloser, dem
Direktor und Lehrern der Gehörlosenschule, dem Gehörlosenseelsorger
und einer Vertretung des Staatsinstitut für die Ausbildung der Lehrer
an Sonderschulen Er sagte: „ Was in
dem kleinen Land Holland möglich
ist – wöchentlich eine halbstündige
Sendung mit Untertiteln, das muss
doch bei uns in der Bundesrepublik
auch möglich sei. Hier tut Entwicklungshilfe wieder einmal im eigenen
Land not“. Die Fernsehsendung des
Bayerischen Rundfunks hatte schnell
ein beachtliches Echo gefunden. Auch
hörende Fernsehzuschauer sagten,
dass es richtig und notwendig sei,
für die gehörlosen und schwerhörigen Fernsehzuschauer etwas zu tun.
Der 6. Weltkongress der Gehörlosen,
fand vom 30.Juli bis zum 5. August im
Hauptquartier der UNESCO in Paris
statt. Er stand unter dem Motto: „Der
Gehörlose in einer sich wandelnden
Welt.“ Der Kongress begann mit der
feierlichen Eröffnung und den Sitzungen der wissenschaftlichen Kommissionen Der Saal der von Dr. Feuchte,
Hamburg, geführten „Kommission für
berufliche Rehabilitation der Gehörlosen“ erwies sich als viel zu klein,
so dass viele Teilnehmer stehen
mussten. Alle Bemühungen, einen
größeren Saal zugeteilt zu erhalten,
hatten leider keinen Erfolg. Bei der
Pädagogischen Kommission (Taubstummenlehrer), in der der Deutsche
Dr. Schmähl, vertreten war, war das
Schlagwort „Total-Kommunikation“:
Gebärden, Lautsprache, Ablesen,
Hörtraining und Fingeralphabet sollen den Gehörlosen eine bessere Eingliederung in die Gemeinschaft der
hörenden Umwelt vermitteln. Erfolgreiche Praxis in Amerika, Italien und
Russland beweist die Richtigkeit dieser Methode. Der Unterricht am gehörlosen Menschen muss bereits mit
der Früherziehung beginnen; er muss
mehr variiert und individuell gestaltet
werden; um eine größere Beweglichkeit zu erzielen. Kurz: es müssen alle
Kommunikationsmöglichkeiten ausgeschöpft und angewandet werden.
Der Verlauf der Gehörlosen-Weltkongresse in Wiesbaden, Warschau und
Paris hatte gezeigt, dass die Weltkongresse in der bisherigen Form nicht
mehr ablaufen konnten. Es war nicht,
dass Kommissionen aus Experten
über Möglichkeiten für Gehörlose diskutierten, während den Gehörlosen
selbst nur die Rolle der unbeteiligten
Zuschauer blieb. Der Weltverband
selbst soll seine alle vier Jahre anstehenden Kongresse dazu verwenden,
aktuelle Probleme unter den Gehörlosen zu diskutieren und Empfehlungen an die Kommissionen zu geben.
Er soll den Gehörlosen ein Weltfest
bieten, bei dem die Länder ihre kulturellen Leistungen präsentieren und
einen edlen Wettbewerb veranstalten.
Er soll Ausflüge und Besichtigungen
arrangieren, kurz alles tun, die Gehörlosen aus aller Welt mit erlesenen
Kulturdarstellungen zu unterhalten.
Sie sollen im Mittelpunkt des Welttreffens stehen.
Beratungsstelle für Hörgeschädigte
in Freiburg.
Der „Verein für badische Taubstumme“ hatte eine Beratungsstelle für
Hörgeschädigte in Freibug im Breisgau eingerichtet. Ein Sozialarbeiter
beriet dort ab sofort Jugendliche und
erwachsene Gehörlose und Schwerhörige. Sie konnten sich mit Fragen
zum Beruf, bei Schwierigkeiten im
Verkehr mit Behörden, bei Problemen
in der Familie und in anderen Anliegen an ihn wenden.
Die neue Gehörlosen- und Schwerhörigenschule in Stegen bei Freiburg.
Am 26. Februar 1971 wurde mit einer offiziellen Feierstunde in Stegen
im Dreisamtal, die neueste Gehörlosen- und Schwerhörigenschule
Baden-Württembergs der Öffentlichkeit übergeben. Die Anwesenheit
von Ministerpräsident Dr. Filbinger
und Kultusminister Prof. Dr. Hahn
zeigte das Interesse der Landesregierung an dieser Einrichtung. Das
Ausbildungszentrum Stegen ist für
jugendliche Gehörlose, Schwerhörige
und Sprachbehinderte gedacht. Vom
Kindergartenalter bis zum Abitur können hier junge Menschen, die in ihrer
Ausbildung besonderer Betreuung
und Ausbildungshilfen bedürfen, unterkommen.
Neue Gehörlosen- und Schwerhörigenschule
in Stegen
Stegen steht unter der Trägerschaft
des Landes Baden-Württemberg und
soll den Bedarf von Südbaden decken. Es wird eine Fünf-Tage-Schule
sein. Die Schulen in Waldkirch und
Waldshut wurden im Gegenzug aufgelöst.
1300 Gehörlose in Amerika können
„fernschreiben“ über ein eigenes
Telefon!
Für Gehörlose gab es Anfang der
70er Jahre in den USA erstmals ein
ganz neues Fernschreibsystem über
das öffentliche Telefonnetz. Hartmut
Teuber, der erste deutsche gehörlose
14 Verbands-Chronik
Gallaudet-Student, sandte einen Brief
mit Prospekten über „TTY“. Er schrieb
„Da ich selbst erlebt habe, wie segensreich sich diese neuartige Kommunikationsmöglichkeit für Gehörlose
auswirkt, würde ich jede Initiative befürworten, [...] die zu einer Übernahme
dieses Systems auch für Gehörlose
in der Bundesrepublik führen könnte.“ Die drei gehörlosen „Väter“ des
TTY -Systems gründeten eine Firma,
genannt „Applied Communications
Corporation“, zu deutsch: „Körperschaft für angewandte Kommunikation“. Das Telefonschreibsystem ist
sehr nützlich für Gehörlose und andere Hör- und Sprachgeschädigte, für
Eltern, Lehrer und Schulen der gehörlosen Kinder, für Sozial-, Fürsorgeund
Rehabilitations-Einrichtungen
und sonstige Hilfsorganisationen, für
Gehörlosenvereine, Verbände, Arbeitgeber von Betrieben mit gehörlosen
Arbeitnehmern. Technisch gab es bei
der Einführung einige Probleme, Das
Problem sei für Deutschland natürlich ganz neu; es sei wohl nicht ganz
einfach, die jedoch schnell behoben
wurden. Das Schreibtelefon war also
auch in Deutschland angekommen.
Und für jeden Kunden gab es gleich
noch drei Ratschläge dazu: 1. Verlangt
und besucht fleißig VHS-Sprachkurse.
2. Lernt das Fingeralphabet und fingert fleißig! Das Fingeralphabet ist die
beste Gedächtnisstütze für richtiges
Schriftdeutsch und zugleich Fingergymnastik für Schreibmaschine und
Fernschreiber! 3. Lernt und übt flottes Maschinenschreiben!
„fernschreiben“
Französische Gehörlose zu Gast in
Heidelberg.
Seit zehn Jahren gab es zwischen
den Städten Heidelberg und Montpellier (Frankreich) eine GehörlosenPartnerschaft. 1971, Mitte Oktober,
besuchte eine Gesellschaft von 28
Personen aus Montpellier ihre Heidelberger Schicksalsgenossen, die sie
am Hauptbahnhof herzlich begrüßten.
Für die französischen Gäste wurde ein
umfangreiches Festprogramm vorbereitet das u. a. eine Busfahrt in den
Odenwald vorsah. Die Stadt Heidelberg gab ihren Gästen im Kurpfälzischen Museum einen Empfang, und
der Gehörlosen- Sportverein Heidelberg trat zu einem Fußball-Freundschaftsspiel an. Das Treffen wurde mit
einer Jubiläumsfeier beschlossen.
Motorkameradschaft Schwäbisch
Hall Am 26. September 1970 fand
Deutsche Gehörlosen-Fußball-Pokalmeisterschaft 1970.
Mitte Oktober 1970 traten sich in
Würzburg die beiden Endspielgegner Bayreuth und Heidelberg nach
5 Pokalrunden zum entscheidenden
Endspiel gegenüber. Mit einem verdienten 3:0 Sieg über die Bayreuther
holte sich die junge und starke Elf
aus Heidelberg zum ersten Mal den
Verbandspokal und zum gleichzeitig
gewann zum ersten Mal eine BadenWürttembergische Mannschaft den
Pokal.
Auto-Orientierung in Schwäbisch Hall
GSV Heidelberg 1970
Crailsheim. Dank der Initiative von
Friedrich Schaubmayr fand erstmals
seit 15 Jahren ein Gehörlosen-Treffen
in Crailsheim statt. Unterstützt wurde es durch den Gehörlosenverband
und die Gehörlosenschulen Heilbronn
und Nürtingen. Schaubmayr sprach
über die Nöte und Probleme der Hörbehinderten im Hohenloher Raum
und dankte Rainer Ungerer für die
Mithilfe. Vorstand Noller vom Ortsbund Schwäbisch Hall referierte über
Zweck und Sinn der Vereinsmitgliedschaft und die Erfassung möglichst
vieler Gehörlosen.
hinten v.n.r.: Ungerer, Grund, Noller, Pflugfelder, Schwäbisch Hall und Crailsheim
eine bundesoffene Gehörlosen-AutoOrientierungsfahrt mit Start und Ziel
Schwäbisch Hall statt. Ausrichter waren neben Fritz Pflugfelder die Motorkameradschaft Schwäbisch Hall
(Foto) in Verbindung mit dem ADACOrtsverein. Diese Orientierungsfahrt
führte durch die reizvollen Burgenund Schlösserstrassen der Kreise
Schwäbisch Hall, Crailsheim und
Öhringen. Diese Fahrt hat ihren Zweck
voll erfüllt: Einmal wurde den gehörlosen Kraftfahrern etwas Neues geboten; zum
zweiten wurde
der Allgemeinheit wieder einmal nachdrücklich
gezeigt,
dass gehörlose
Kraftfahrer vollwertige
Straßenverkehrsteilnehmer sind. Noch
immer hatten Gehörlose mit dem
Vorurteil zu kämpfen, dass sie eine
Gefahr im Straßenverkehrt darstellen
würden. Mit Aktionen wie der Bundessternfahrt wollte die Gehörlosen
dieses Vorurteil bekämpfen.
Deutsche Gehörlosen-Skimeisterschaften in Bolsterlang (Allgäu) Anfang Februar 1970.
Die Skimeisterschaften waren anfangs
vom Wetter nicht begünstigt. Nebel
und Schneesturm erschwerten das
Training auf der Abfahrtsstrecke. Da
war der Abfahrtslauf in Frage gestellt.
Der Sturm blies in unverminderter
Stärke und immer neue Schneemassen heranbrachte. Statt dessen wurde ein Riesentorlauf durchgeführt,
welcher zweimal zu durchfahren war;
der erste Lauf wurde als kleiner Abfahrtslauf gewertet, der zweite als
Riesentorlauf. Zum Spezialtorlauf am
Verbands-Chronik 15
Tage war das Wetter wie ausgewechselt. Sogar die Sonne ließ sich bei klarer Sicht blicken. Beim Spezialtorlauf
wurden von den 40 Teilnehmern nicht
weniger als 17 Läufer disqualifiziert,
sogar der Favorit musste die Segel
streichen. So etwas darf nicht sein! Zu
den vielen Teilnehmern waren erstmalig auch Kameraden aus dem Bodenseegebiet, Allgäu, Ulm, Stuttgart
und Pforzheim hinzugekommen. Die
Bereicherung der Konkurrenz kann
nur erfreuen, allerdings ließen es sich
die sieggewohnten Münchner und
Nürnberger nicht nehmen, den Ruhm
abzuschöpfen. Als nachmittags die
Langläufer über 10 km zum Rennen
rüsteten, gab der Schnee Wachsprobleme auf, die nicht von allen richtig
gelöst wurden sogar dem heimlich
erwarteten Sieger wurde der Wachs
zum Verhängnis. Ein bunter Abend
mit Siegerehrung war angesagt, brechend voll, denn über 200 Gehörlose
drängten sich beim Abschluss in den
viel zu kleinen Räumen. Nach der Begrüßung durch Stuttgarter Sportvorsitzende Heuser nahmen Verbandsskiwart Eger, München und Leiter des
Organisationskomitees
Mandalka,
Stuttgart die Siegerehrung vor. Der
Sieger in der Altersklasse, Mandalka,
überreichte seine Medaille dem Max
Bendig, Stuttgart, welche den Langlauf tapfer mitmachte. Bürgermeister von Bolsterlang dankte in einer
Ansprache der GSG Stuttgart, dass
sie bei der Durchführung der Meisterschaften auf seinen Ort gekommen
sei und er hoffe, dass er alle Gehörlosen bald wieder im Allgäu begrüßen
könne.
Internationaler Bilderbogen
Das Dorf Adelboden im Berner Oberland (Schweiz) durfte anlässlich
der 7. Gehörlosen-Weltwinterspiele
Februar 1971 ca. 1500 gehörlosen
aus aller Welt willkommen heißen.
Das Dorf beherbergte Sportler aus 13
Ländern und viele Schlachtenbummler. Nur das Wetter machte nicht mit.
Schnee war bis zuletzt Mangelware.
Sämtliche Wettbewerbe wurden höher hinauf in schneesichere Gebiete
verlegt, die Langläufe sogar auf die
fast 2000 m hohe Engstligenalp. Das
bedingte leider auch eine Verkürzung
der Rennstrecken und Streichung
des Abfahrtslaufes. Erstmals in der
Geschichte der CISS - Winterspiele machte die Sowjetunion bei den
Langläufen mit, und gleich recht erfolgreich. In den Langläufen hielten
die Deutschen Vertreter wacker mit
nach der Devise „Teilnahme ist wichtiger als Sieg“. Das Können der Nordländer und Russen in dieser Disziplin
war für die Deutschen Athleten jedoch
unerreichbar. War die technische Seite der Winterspiele ohne jeden Tadel,
so hatte das Organisationskomitee
eine weniger glückliche Hand mit
der Ausrichtung der Abendveranstaltung, deren Programme mehr fürs
Ohr denn fürs Auge gestaltet waren.
Das Schlussbankett konnte von den
über 1000 Besuchern nur etwa 400
im Saal des Hotels „Adler“ vereinen.
Ein Stempeldruck auf dem Handrücken war eine etwas ungewöhnliche
„Eintrittskarte“. Trotz Saunatemperaturen wurde die Wintersportjugend
nicht müde, bis zum frühen Morgen
das Tanzbein zu bewegen.
Skizunft Schwaben Stuttgart, Grellscheid,
Werz, Mandalka, Heuser.
Schulung der Jugendwarte des
Deutschen
Gehörlosen-Sportverbandes im November 1971 in Bingen
am Rhein. Der Deutsche Gehörlosen Sportverband hatte die Jugendwarte
seiner angeschlossenen GehörlosenSportvereine zu einer Zusammenkunft eingeladen. Erschienen waren
35 Jugendwarte und der gesamte
Verbandsvorstand.
Verbandsvorsitzender Heinrich Siepmann hielt ein
Referat, dass sich mit dem Aufbau
und der Funktion des DGS befasste.
Er konnte aus seiner 50jährigen Tä-
tigkeit viel Interessantes berichten
und an Beispielen anführen, welche
Möglichkeiten bestehen das Vereisleben zu aktivieren und besonders die
Jugend zur Mitarbeit zu begeistern.
Das zweite Referat hielt Friedrich
Waldow über die Aufgaben des Vereinsjugendwarts, seine Stellung und
Verantwortung. Er ging dabei von der
Schule aus, von wo die Jugendlichen
entlassen werden und wo sie bisher
vom Lehrer, von den Eltern und im Internat geleitet und umsorgt wurden.
Nun aber sozusagen auf die „Straße“
gesetzt, suchten sie Anschluss. Hier
beginnt die Tätigkeit des Vereinsjugendwartes. Er muss Betreuer und
Führer sein. Er muss Verständnis, Idealismus haben und sein ganzes Herz
für diese Jugend einsetzen. Waldow
meinte außerdem, dass der Vereinsjugendwart an Wichtigkeit im Verein
gleich nach dem 1. u. 2. Vorsitzenden
kommt. Sehr lebhafte war die anschließende Diskussion, die sich bis
in die Abendstunden ausdehnte, denn
die Anwesenden leisteten fast alle
praktische Jugendarbeit und kannten
viele Probleme der Jugendbetreuung.
K.U. Ohligmacher, U.Braig, R. Sailer bei der
Schulung der Jugendwarte in Bingen (Rhein)
Fortsetzung...
16 Information
Deafhood – Audismus – Deaf Studies
Neue Wege in der Gehörlosenkultur
Deafhood – Audismus – Deaf Studies
Weiterhin erläuterte Helmut Vogel,
dass der bundesweite Verein KuGG
(Kultur und Geschichte Gehörloser) seit mehreren Jahren regelmäßig Veranstaltungen organisiert hat.
Die Kontinuität der Kulturarbeit ist
wichtig, damit die Teilnehmer immer
wieder zusammen kommen und sich
kontinuierlich austauschen können.
Das wird so weitergehen und soll
durch neue Angebote für die Bereiche
Kunst, Geschichte, Theater, Film und
Deaf Studies in Form von Workshops,
Seminaren, Führungen etc. erweitert
werden. Die KuGG ist in erster Linie
für gehörlose Kulturschaffenden und
Kulturforscher da und fördert sie mit
der Hilfe von 200 Mitgliedern. Somit
können die kontinuierliche Kulturarbeit und die Weiterentwicklung der
Gehörlosenkultur gefördert werden
und gesichert bleiben.
Das Vortragsthema von Dr. Christian
Rathmann hieß Deafhood. Der gebürtige Deutsche hat zehn Jahre lang als
Gebärdensprachlinguist in Amerika
studiert und gearbeitet. Seit einem
halben Jahr arbeitet er im „Center
for Deaf Studies“ (Zentrum für Deaf
Studies) an der Universität in Bristol/
England und ist ein Kollege von Paddy Ladd. Den Namen Christian Rathmann kennen viele Teilnehmer, da er
sich im Jahre 2006 um die Professorenstelle am Institut für Deutsche
Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser an der Universität
Hamburg beworben hat. Jetzt arbeitet er als Professor an der Universität
Hamburg. Zu Beginn seines Vortrages
erläuterte Christan Rathmann, dass
Deafhood sich mit der Existenz der
Gehörlosen auf der Welt befasst. Wir
sollen uns austauschen und erklären, wer und was wir sind, sowohl als
gehörlose Menschen als auch als die
Gehörlosengemeinschaft. Alle, die zur
Gehörlosengemeinschaft
gehören,
fühlen sich durch das Taubsein und
die gemeinsame Sprache und Kultur miteinander verbunden. Sie ha-
ben auch gemeinsame Erfahrungen
in der Auseinandersetzung mit der
hörenden Umwelt. Daher ist die Gehörlosengemeinschaft eine kollektive
Existenz und hat eine Stärke, die uns
in der Entwicklung unseres Selbstbewusstseins als Gehörlose hilft.
Da diese Entwicklung von Person
zu Person und von Gemeinschaft zu
Gemeinschaft verschieden ist, bleibt
Deafhood offen und flexibel. Sie befindet sich immerwährend in einem
Entwicklungsprozess, ohne ein konkretes Ende erreichen zu wollen. Der
Prozess soll immer weiter gehen. Wir
sollen uns auf eigene Stärken konzentrieren und uns gemeinsamer Werte
bewusst werden. Wir brauchen auch
einen Rückblick in die Gehörlosengeschichte. Daraus können wir positive Fähigkeiten entwickeln. Christian
Rathmann wies darauf hin, dass das
Bewusstsein über Deafhood eine
wichtige Rolle für die erfolgreiche Beendigung der Krise an der GallaudetUniversität im letzten Jahr gespielt
hat. Er zeigte viel Hintergrundwissen
über die Ansichten verschiedener
Gruppen über die Zukunft der Gallaudet-Universität und der Gehörlosengemeinschaft. Christian Rathmann
meinte, viele Menschen hätten dank
zahlreicher Proteste an der Gallaudet
und Gebärdensprachfilme (Vlogs) im
Internet besser verstanden, was die
Konzeption Deafhood bedeutet. Deswegen waren sie bereit, die Proteste
anhaltend bis zum erfolgreichen Ende
zu unterstützen. Zur Überraschung
der Teilnehmer erzählte Christian
Rathmann, dass Paddy Ladd in einem
Interview im März dieses Jahres auf
einer Konferenz an der Gallaudet-Universität sagte, Deutschland ist nach
den USA als zweites Land dabei, sich
ausführlich mit Deafhood auseinanderzusetzen. Rathmanns Vortrag hat
einen starken Eindruck bei den Teilnehmern hinterlassen.
Der zweite Tag begann mit einem
zehnminütigen Film von Ege Karar
und Kilian Knörzer (beide aus Aachen)
über Audismus. Die beiden überlegten sich, was Audismus bedeuten
soll. Danach kam Hartmut Teuber, ein
gebürtiger Deutscher aus Boston/
Amerika, auf die Bühne. Er lebt seit
den 60er Jahren in Amerika und hat
dort als Pädagoge und Linguist gearbeitet. Hartmut Teuber ist ein altbekannter Kämpfer für die Emanzipation der Gehörlosenbewegung und hat
sich seit längerer Zeit mit dem Begriff „Audismus“ befasst. Interessanterweise hat er das Wort „taub“ und
„Taube“ in seinem Vortrag konsequent
benutzt. Denn er hält das Wort „gehörlos“ für problematisch, da es das
Defizit hervorhebt und zum medizinischen Modell gehört. Das Wort „taub“
bezeichnet hingegen Gehörlose und
Schwerhörige, die die Gebärdensprache verwenden und in der Gehörlosengemeinschaft verkehren. Teuber
empfiehlt, „taub“ als Bezeichnung
einzuführen, indem wir uns immer
wieder selbst so bezeichnen. „taub“
ist als Begrifflichkeit einfacher zu
begreifen und auch gesellschaftlich
vielleicht schneller zu akzeptieren, als
„gehörlos“. Denn „gehörlos“ ist für die
deutsche Sprache anders zu verstehen, als ähnliche zusammengesetzte
Adjektive, wie „geschmacklos“, „geruchlos“ usw.
Hartmut Teuber erklärte ausführlich
Merkmale und Folgen von Audismus.
Audismus meint die Überbewertung
des Hörens und Sprechens und die
Abwertung der Gebärdensprache.
Seit Jahrhunderten wird immer wieder argumentiert, dass erst die Lautsprache den Gehörlosen zu einem
Menschen mache oder dass die Gebärdensprache eine Sprache ohne
Grammatik sei. Es wurde immer
wieder gesagt, dass die Fähigkeit, zu
sprechen über allem anderen stehe.
Für Teuber stellt sich Audismus als
eine andere Form von Rassismus dar.
So wird der Begriff für sein Publikum
und die Öffentlichkeit deutlich. Der
Audismus kann verdeckt bis offen in
Erscheinung treten, und sich in verschiedenen Bereichen (wie zum Beispiel Bildung, Familie, Gesellschaft,
Sozialpolitik, Geschichte usw.) zeigen.
Hartmut Teuber zeigte eine von ihm
Information 17
selbst erstellte Definition von Audismus und machte auf die Ähnlichkeiten mit anderen „–ismen“ aufmerksam (z.B. Rassismus, Kolonialismus,
Sexismus, Antisemitismus usw.).
Audistische Einflüsse haben Gehörlose und Schwerhörige schon mehr
oder weniger übernommen. Dadurch
wird das Leben dieser Menschen un-
nötig schwer gemacht. Es ist besonders wichtig, dass wir uns von den
negativen Einflüssen freimachen, die
unser Leben erschweren. Vor allem
von dem Glauben, dass wir vieles
nicht können und dass Hörende besser sind als wir. Um diese Einflüsse
wieder abzubauen, bedarf es eines
gemeinsamen
Heilungsprozesses
in Form von Selbstfindungssemina-
ren. Die Bedeutung des Hörens und
Sprechens darf nicht überbewertet
werden. Teubers Spruch „Bleib taub!“
statt „Bleib gesund!“ wurde unter den
Teilnehmern schnell angenommen.
Am Ende bekam Hartmut Teuber viel
Beifall für seinen temporeichen und
intensiven Vortrag.
u.br.
Landesregierung zum „Tag der Gehörlosen“ 2010
Über 7.000 gehörlose schwerbehinderte Menschen mit
gültigem Ausweis im Land
Staatssekretär Hillebrand: Fernsehangebote müssen auch für gehörlose Menschen zugänglich sein –
Untertitel im Fernsehen weiter ausbauen
24.09.2010 Am Sonntag (26.9.) findet der weltweite „Tag
der Gehörlosen“ statt. Der Aktionstag wurde 1951 vom
Weltverband der Gehörlosen ins Leben gerufen und wird
seit Mitte der 70er Jahre auch in Deutschland begangen.
Ein Hauptanliegen des internationalen Tages des Gehörlosen ist es, auf die besondere Situation der landesweit
über 7.000 gehörlosen Menschen hinzu-weisen und die
Kommunikationssituation Hörgeschädigter zu verbessern.
Dabei soll auch für die Deutsche Gebärdensprache geworben werden, die nach dem Landes-Behindertengleichstellungsgesetz als eigenständige Sprache anerkannt ist.
„Dass Englisch, Französisch oder Spanisch eigenständige
Sprachen sind, wird von niemandem in Zweifel gezogen.
Dass dies in gleicher Weise für die Deutsche Gebärdensprache gilt, hat sich leider noch nicht überall herumgesprochen. Für eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe von gehörlosen Menschen ist dies jedoch eine
entscheidende Weichenstellung. Es geht dabei nicht um
Sonderrechte, sondern darum, sein Leben so normal als
möglich zu führen, so wie dies für hörende Menschen
selbstverständlich ist“, sagte der Landes-Behindertenbeauftragte und Staatssekretär im Ministerium für Arbeit
und Sozialordnung, Familien und Senioren, Dieter Hillebrand.
Es sei für ihn auch mit Blick auf die Vorgaben der VNKonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen für gehörlose Menschen ein wichtiges Zeichen für
Selbstbestimmung und Teilhabe, dass Fernsehsendungen
auch für Gehörlose umfassend zugänglich sein müssten.
Es könne nicht sein, dass Fernsehen nur für Hörende gemacht würde.
„Auch gehörlose Menschen müssen ein Wahlrecht haben
und selbst bestimmen können, welche Sendungen Sie anschauen möchten. Ich freue mich daher, dass der SWR auf
meine gemeinsame Initiative mit den Gehörlosenverbänden im Land, der Landeskommission für Hörgeschädigte
und Mitgliedern des Rundfunkrates hin zugesagt hat, den
Anteil der untertitelten Sendungen im SWR-Fernsehen
stetig zu erhöhen. Dies ist ein wichtiger Meilenstein, da dadurch der SWR seinem Informationsauftrag auch bei hörgeschädigten Zuschauerinnen und Zuschauern in Zukunft
verstärkt nachkommen wird“, betonte Dieter Hillebrand.
Gerade im Medienzeitalter sei es ein sichtbares Zeichen
gelebter Inklusion, wenn insbesondere die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten ihre Sendungen in hohem
Maße barrierefrei anbieten würden. Die Untertitelung von
Fernsehsendungen sei die entscheidende Voraussetzung
für einen gleichberechtigten Zugang zu Information und
Kommunikation für gehörlose und auch für viele hörgeschädigte Menschen. „Es kann und darf nicht sein, dass
viele Fernsehsendungen für Gehörlose nur Stummfilmangebote sind und diese Mitbürgerinnen und Mitbürger von
aktuellen Informationen abgehängt sind. Eine weitgehend
durchgängige Untertitelung von Fernsehsendungen nutzt
auch den rund 30.000 schwerhörigen Menschen im Land“,
sagte Dieter Hillebrand.
In Baden-Württemberg lebten neben den über 7.000 gehörlosen schwerbehinderten Menschen mit amtlichem
Ausweis knapp 30.000 schwerhörige Menschen. Der internationale Tag der Gehörlosen solle auch deutlich machen, dass gehörlose und hörbeeinträchtigte Menschen
selbstverständlicher Teil der Gesellschaft seien und dies
auch unkompliziert leben wollten. „Dies betrifft alle Lebensbereiche und ist damit eine gesamtgesellschaftliche
Aufgabe, die alle angeht“, betonte der Staatssekretär.
Quelle: Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Senioren Baden-Württemberg
18 Information
Ruftaxi für Hörgeschädigte in Neckargemünd erreichbar
Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist in Deutschland gut organisiert. Busse, Straßenbahnen, S-Bahnen und
U-Bahnen transportieren täglich Millionen von Menschen
nach bestimmten Fahrplänen. Mit dem Schwerbehindertenausweis und der Berechtigung zur Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs (Wertmarke mit Beiblatt)
können hörgeschädigte Menschen die Verkehrsmittel kostenlos benutzen. In ländlichen Gebieten wird der ÖPNV in
den späten Abendstunden oft mit sogenannten „Ruftaxis“
geregelt. Sie fahren ebenfalls nach bestimmten RuftaxiFahrplänen, aber nur nach vorheriger telefonischer Bestellung – mindestens 30 Minuten vor Abfahrt. Wer mit einem
Ruftaxi fahren will, muss also die Ruftaxi-Zentrale telefonisch informieren. Für hörgeschädigte Personen ist das
nicht möglich, weil sie überhaupt nicht telefonieren können oder auch mit Hörgeräten große Schwierigkeiten bei
der telefonischen Kommunikation haben. Der ÖPNV der
Stadt Neckargemünd mit seinen Stadtteilen hat dieses
Problem für Hörgeschädigte bisher nicht berücksichtigt.
Nachdem unser Verband die Stadtverwaltung Neckargemünd informiert und auf dieses Problem aufmerksam
gemacht hat, haben die städtischen Verkehrsplaner diese
Diskriminierung erkannt. Sie haben inzwischen dafür gesorgt, dass auch Hörgeschädigte in Zukunft den gesamten
ÖPNV im Stadtgebiet barrierefrei nutzen können. An jeder
Bushaltestelle in Neckargemünd und seinen Stadtteilen
hängt seit September 2010 eine Information über die
Nutzung des Ruftaxi-Verkehrs für Hörgeschädigte.
Herzlichen Dank der Stadtverwaltung Neckargemünd, die
in vorbildlicher Weise dafür gesorgt hat, dass der gesamte ÖPNV-Fahrplan im weiträumigen Stadtgebiet zukünftig
auch für Hörgeschädigte barrierefrei in Anspruch genommen werden kann. Ein großes Vorbild für andere ÖPNVPlaner in unserem Land !
Gehörlosen-Dolmetscher - Vermittlungszentrale
Träger: Landesverband der Gehörlosen in Baden-Württemberg e.V.
Kontakt: Rita Wagner
Hohenheimerstr. 5
70184 Stuttgart
Telefon: 0711 - 2360009
Fax: 0711 - 2360616
Mobil: 0172 - 6205693
Mail: dvz-bw.wagner@arcor.de
Sprechstunde: Montag / Mittwoch / Donnerstag vormittags,
Mittwoch nachmittags oder abends
Die aktuelle Dolmetscherliste kann über das Internet http://www.ifg-bw.de/vermittlung/index.htm
heruntergeladen oder direkt bei Frau Rita Wagner per Fax angefordert werden.
BWG Heidelberg
G.Erbe (Vorsitzender)
Feuilleton 19
Psychosoziale Merkmale bei gehörlosen Menschen
Auf Initiative von Herrn Erwin Wespel vom Bischöflichen
Ordinariat der Diözese Rottenburg – Stuttgart, fand im Bildungshaus Kloster Untermarchtal im Donau-Alb-Kreis am
21. Oktober 2010 der Studientag mit Prim. Dr. Johannes
Fellinger statt. Das Thema: Psychosoziale Merkmale bei gehörlosen Menschen.
Prim. Dr. Johannes Fellinger ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Neuropädiatrie. Er leitet das Institut für Sinnesund Sprachneurologie/Gesundheitszentrum für Gehörlose
(gegründet 1991) des Krankenhauses der barmherzigen
Brüder in Linz/Österreich. Er leitet auch die „Schule für
visuelle und alternative Kommunikation“ („vis.com“) am
Krankenhaus in Linz und ist auf vielen Kongressen und
Tagungen gefragter Referent. Als Sohn eines gehörlosen
Künstlers war es schon sein frühes Anliegen, die Lebensqualität von Menschen mit dieser Beeinträchtigung zu verbessern. Im Vergleich zur hörenden Allgemeinbevölkerung
klagen Gehörlose häufiger über verschiedene körperliche
Beschwerden sowie über Nervosität, Ängstlichkeit, Überlastung und Überförderung. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse einer Untersuchung, die Dr. Fellinger und andere
in einer Spezialambulanz für Gehörlose am Krankenhaus
durchgeführt hat. Er deutet: „Gehörlose haben weniger Anschluss und Information. Das beeinträchtigt ihre emotionale, soziale und kognitive Entwicklung. Doch mit gezielter
Förderung können Gehörlosen unglaublich viele Fähigkeiten entwickeln. Je früher diese einsetzt, desto besser.“
Dr. Fellinger:
„Die Nöte gehörloser Menschen wurden mir immer bewusster. Am 1. Februar 1991 begann ich im Krankenhaus
der Barmherzigen Brüder in Linz im Rahmen meiner Arbeit
als Nervenarzt spezielle Sprechstunden für Gehörlose anzubieten. Es gab für diese Arbeit weder spezielle Räume,
noch spezielles Personal oder finanzielle Unterstützung.
Dennoch fanden sich immer mehr Gehörlose in dieser
„Ambulanz“ ein. Es war sogar so, dass nahezu täglich der
Gang der Neurologieabteilung voll von gehörlosen Menschen war.
Als Arzt musste ich jedoch feststellen, dass die Gehörlosen
nicht primär wegen seelischer Probleme kamen, sondern
wegen Probleme aller Art. Viele hatten Beschwerden im
körperlichen Bereich und ernste Krankheiten. So habe ich
zur damaligen Zeit viele Tumore und schwere Stoffwechselstörungen diagnostiziert. Viele Operationen mussten
durchgeführt werden und vielen Patienten konnte wirklich
geholfen werden. Der Gynäkologe, zu dem ich die gehörlosen Patientinnen geschickt habe, hat einmal zu mir gesagt:
„Wenn normalerweise Frauen zur Untersuchung kommen,
so haben sie meist keine echten Krankheiten. Jedoch hat
praktisch jede Frau, die Du schickst, ein echtes Problem!“
Diese hohe Zahl an Erstdiagnosen waren wohl auf die
Tatsache zurückzuführen, dass viele Ärzte mit gehörlosen
Menschen nicht umgehen konnten, und gehörlose Menschen ihrerseits die Ärzte mieden, weil sie Angst hatten.
In den ersten zwei Jahren ohne Finanzierung wurde mir
klar, dass medizinisch-körperliche Probleme, seelische Probleme und auch soziale Probleme eng zusammen hängen.
Zu dieser Zeit entwickelte ich ein Konzept, das die Gehörlosenarbeit auf eine breite Basis stellen sollte. Entsprechend
der Definition von Gesundheit als Zustand körperlichen,
seelischen und sozialen Wohlbefindens wurden Arbeitsbereiche mit diesen Schwerpunkten geplant und noch um
den Bereich „Kommunikationsförderung“ ergänzt.
Gesundheitsproblematik Gehörloser
Diese Beobachtung war Ausgangspunkt für wissenschaftliche Untersuchungen des Instituts mit dem Ziel, Art und Ausmaß der Gesundheitsbelastungen gehörloser Menschen zu
erfassen und Fragen der Lebensqualität zu beleuchten. Die
Ergebnisse zeigten u. a. dass die Gehörlosen im Vergleich
zur hörenden österreichischen Allgemeinbevölkerung zu einem Drittel häufiger angaben, sich nervös und angespannt
zu fühlen. Sie litten fast doppelt so
häufig unter Rücken- und Gelenkschmerzen, klagen dreimal so häufig
über Magen-/Darmbeschweren und
sogar sechsmal so häufig über Kopfschmerzen. Es war interessant, dass
gehörlose Männer besonders in der
zweiten Hälfte des Berufslebens (also
ab ca. 40 Jahren) verstärkt unter Nervosität litten. Frauen hingegen gaben
am häufigsten vor allem in den jungen Erwachsenenjahren (ca 20-30)
und dann zwischen 45 und 55 Jahren an, sich nervös, angespannt und
überfordert zu fühlen.
20 Information
Unter Lebensqualität kann jeder etwas anderes verstehen.
Unabhängig von der jeweiligen Kultur, wird Lebensqualität
als körperliches und seelisches Wohlbefinden verstanden.
Äußere Faktoren, wie Einkommen und Lebensstandard,
sind kulturabhängig.
Chancengleichheit dar. Ähnliche Spezialambulanzen würden besonders in Ballungsräumen Deutschlands in hohem
Maße gerechtfertigt sein, und könnten gehörlosen bessere
Möglichkeiten eröffnen, in ihren Gesundheitsanliegen entsprechende barrierefreie Hilfestellungen zu erlangen.“
Die Studienergebnisse zeigen einen dramatischen Unterschied bei körperlichem und seelischem Wohlbefinden
zwischen deutschsprachiger Allgemeinbevölkerung und
österreichischen Gehörlose. Aber auch die Umweltfaktoren
werden von Gehörlosen signifikant schlechter bewertet. Im
Bereich soziale Beziehungen zeigt sich interessanterweise
hingegen kein Unterschied.
Auch spezifische Zeichen seelischer Belastung (wie Depression, Angst, misstrauisches Denken, Unsicherheit im
Sozialkontakt zur hörenden Außenwelt und körperliche
Beschwerden) zeigen die höhere Belastung bei gehörlosen
Menschen.
Heute gibt es in Österreich drei Gehörlosenambulanzen
(Linz, Wien, Salzburg), die in Allgemeinkrankenhäusern
eingegliedert sind. Im Ausland fand die Idee, gehörlosen
Menschen durch gebärdensprachkompetente Ärzte und
Schwestern einen direkten Zugang zu medizinischen Leistungen zu bieten.
Außerdem sprach sich Fellinger u. a. auch die geplante Gebärdengemeinschaft statt für die Gehörlosengemeinschaft
aus, weil viele, z.B. Studenten in der Universität Wien von
der Gebärdensprache fasziniert waren.
Schlussfolgerung
Für gehörlose Menschen ist die Ausgangslage, gesund und
beschwerdefrei zu leben, grundsätzlich schlechter. Eine
Ambulanz für Gehörlose stellt einen Schritt in Richtung
Der Organisationsleiter Erwin Wespel und die Teilnehmer
des Studientags haben sich anschließend mit großen Applaus bei Dr. Fellinger für den interessanten Vortrag bedankt.
u.br.
Gehörloses Kind hat Anspruch auf Dolmetscher in Regelschule
Wegweisende Entscheidung des Sozialgerichts Frankfurt/Main
Am 13.10.2010 wurde auf den Antrag zur einstweiligen Anordnung von hörenden Eltern eines gehörlosen Mädchens
eine rasche, deutliche und wegweisende Entscheidung gefällt.
Seit knapp 3,5 Jahren wissen die Eltern, dass ihr Kind gehörlos ist. Sie entschieden sich gegen das Cochlear Implantat (CI) und für die intensive Erlernung der Deutschen
Gebärdensprache. Die Kämpfe gegen das Sozialamt waren
geprägt von Trauer und Demütigung. Eine dicke Akte mit
Anträgen und Widersprüchen entstand.
Es gipfelte zum Schluss in der Forderung des Sozialamtes
dem Mädchen ein Cochlear Implantat einsetzen zu lassen,
so könne man die Kosten für den Dolmetscher im Unterricht der allgemeinbildenden Schule sparen. Das Mädchen
könnte auf die Gehörlosenschule gehen und später, wenn
es mit dem CI hört, immer noch auf die Regelschule gehen.
Das Sozialgericht kommt zum Schluss:
•
•
•
•
•
Das Sozialamt muss den Dolmetscher in der Regelschule zahlen!
Eine Einmischung in die Autonomie der Eltern ist nicht
zulässig.
Eine Entscheidung gegen das Cochlear Implantat muss
respektiert werden und eine Bewertung steht dem Sozialamt nicht zu!
Eine Kindeswohlgefährdung erkennt das Gericht nicht!
Ein Verweisen auf eine Förderschule, die den Unterricht
nicht in DGS abhalten kann, ist nicht zulässig, weil das
Kind von Teilen des Unterrichtes ausgeschlossen wäre.
Info-Quelle: www.kestner.de
Information 21
Steuertipps vom Fachmann
In der letzten Ausgabe habe ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, gebeten, kräftig Spritbelege zu sammeln. Warum? Das verrate ich Ihnen jetzt:
§ 9 Abs. 2 EStG: Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für Behinderte
Seit ich in der Finanzverwaltung arbeite, hat es diesen Paragrafen schon gegeben. Die Fahrten zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte kann man als Werbungskosten absetzen.
Wer mit dem Auto zur Arbeit fährt, kann pro Entfernungskilometer 0,30 € als Werbungskosten abziehen.
Schwerbehinderte mit einem GdB von mindestens 70 oder 50 und Merkzeichen G können statt
0,30 € das Doppelte, nämlich 0,60 € pro Entfernungskilometer
als
Werbungskosten
abziehen.
Was viele nicht wissen:
Diese 0,60 € pro Entfernungskilometer ist das Gleiche wie 0,30 € pro gefahrenen Kilometer von zuhause zur Arbeit und wieder zurück nach Hause. Statt
den 0,30 € pro gefahrenen Kilometer können auch die
tatsächlichen Autokosten geltend gemacht werden.
Aber wie???
Hier müssen Sie, liebe Leserinnen und Leser, jetzt mal die
gesamten Belege und Rechnungen für das Auto zusammenstellen und ausrechnen, wie hoch Ihre tatsächlichen
Kosten sind.
Beispiel:
Der gehörlose Feinmechaniker Max Muster arbeitet bei einem
großen Automobilkonzern in Sindelfingen. Die tägliche Strecke von seinem Zuhause nach Sindelfingen beträgt 20 km.
Im Jahr 2007 hat er einen VW Golf für 24.000 € gekauft.
Den Kaufpreis kann Max nicht auf einmal in der Einkommensteuererklärung absetzen. Diese 24.000 € sind auf die
voraussichtliche Nutzungsdauer zu verteilen. Bei einem
Auto beträgt die Nutzungsdauer 6 Jahre. Beim Golf bedeutet das, dass Max bei seinem Kaufpreis von 24.000 €
jährlich 4.000 € (24.000 : 6 Jahre) als Abschreibung ansetzen kann.
Im Jahr 2009 fährt Max Muster insgesamt 14000 km. Folgende Kosten für das Auto hat Max noch bezahlen müssen:
Versicherung
450 €
KFZ-Steuer
230 €
Sprit (Diesel oder Benzin)
1000 €
Reparaturen
340 €
Inspektion
268 €
neue Reifen
320 €
Waschen und Pflege
100 €
Gesamt
2708 €
+ Abschreibung
4000 €
tatsächliche Kosten
6708 €
Für die 14000 km hat Max Muster insgesamt
6708 € bezahlt. Pro km kostet ihn das Auto 0,48 €
(6708 € : 14000 km). Diese 48 ct kann Max Muster für die
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ansetzen.
Für die täglichen 20 km bedeutet es:
220 Arbeitstage x 40 km (hin und zurück) x 0,48 € = 4.224 €.
Zum Vergleich:
Sein hörender Arbeitskollege Tim Thimm darf nur 220 Tage
* 20 km * 0,30 € = 1320 € ansetzen.
Max Muster hat einen gehörlosen Arbeitskollegen namens
Tom Sport. Dieser Kollege hat von seinem Wohnort zur Arbeit auch 20 km zu fahren. Allerdings hat er keine Belege
aufgehoben.
Tom Sport kann wenigstens 220 Tage x 20 km x 0,60 € =
2640 € als Werbungskosten absetzen.
Wie Sie sehen und vergleichen können, kann Max Muster eine höhere Steuerrückerstattung erwarten als seine Kollegen Tim und Tom. Wenn man von einer steuerlichen Belastung von 25% ausgeht, kann Max Muster
ca. 400 € mehr Steuern als Tom und ca. 750 € mehr
Steuern als Tim vom Finanzamt erstattet bekommen.
Es lohnt sich
Liebe Leserinnen und Leser, wie Sie sehen, es lohnt sich,
dass man die Kosten vom Auto ausrechnet und schaut, ob
es mehr kostet als die 30 ct, welche man pauschal geltend
machen kann.
Je mehr Kilometer jemand im Jahr fährt, desto weniger
kostet das Auto pro km.
Je weniger Kilometer jemand im Jahr fährt, desto mehr
kostet das Auto pro km.
Beispiel von Max Muster:
Hätte der Golf von Max eine Jahresleistung von 20.000 km,
würden sich nur die Spritkosten erhöhen, hier um ca. 50%.
Das heißt im vorigen Beispiel: Die Sprit-Kosten erhöhen
sich um 500 € auf 1500 €. Der Rest verändert sich nicht.
Die 6708 € erhöhen sich auf 7208 €.
Pro km kostet der Wagen somit 36 ct (= 7208 € : 20000
km).
Hätte der Golf von Max eine Jahresleistung von 10.000 km,
würden sich die Spritkosten vermindern, hier um ca. 30%.
Das heißt im vorigen Beispiel: Die Sprit-Kosten vermindern
sich sich um ca. 400 € auf 600 €. Der Rest verändert sich
nicht.
Die 6708 € vermindern sich auf 6308 €.
Pro km kostet der Wagen somit 63 ct (= 6308 € : 10000 km).
Noch mehr Tipps?
Jetzt schon ein Tipp an alle: bitte Belege für Praxisgebühren, Apothekenzuzahlungen, Brillenrechnungen usw aufheben. Jetzt schon anfangen: Fahrten zu Ärzte, Apotheken,
Zahnarzt usw aufschreiben; notieren: Datum, zu welchem
Arzt, wer ist Patient (Ehemann, Ehefrau, Kind), wieviel km;
Warum?
In der nächsten Ausgabe erfahren Sie mehr..
Werner Raatz, Diplom-Finanzwirt
22 Termin
Was? Wann? Wo?
Jahr 2010
Datum Was
Inhalt
Wo
Uhrzeit
15. Januar Bildungsveranstaltung
Free-Homepage-Einsteiger
Hör-Sprachzentrum
10-17 Uhr
HD-Neckargemünd
Kontakt:
0711-2363149
16. Januar Vereinsveranstaltung
Winter- und Kameradschaftsfeier
Offenburg
aus Anlass des 80. Bestehen des GV
29 Januar Vereinsveranstaltung
VIGIS - Vortrag (VdG Stuttgart)
Themen „Fachkongress Saarbrücken“,
LV-Seminar usw.. 26. März Verbandsveranstaltung
Kontakt:
03212-1037243
GLZ Stuttgart
14 Uhr
Jugendversammlung der
der Wilden Löwenjugend
GLZ Stuttgart
10 Uhr
16. April LV-Veranstaltung
Mitgliederversammlung
mit Wahl des Präsidiums
GLZ Freiburg
10 Uhr
30. April Kulturveranstaltung
Deutsches Gehörlosen-Theater
Themastück: „Bluthochzeit“
Württ. Landesbühne
Esslingen/Neckar
15 Uhr
04. Mai
Verbandsveranstaltung
LV-Deniorentagung
GLZ Rottweil
10 Uhr
09 Juli
Vereinsveranstaltung
50 Jahre Vereinsjubiläum
Hörgesch. Bühl-Baden
Mittelbad. Kulturverein
Kontakt:
wird bekanntgeben 07223-28745
24. Sept. Verbandsveranstaltung
Tag der Gehörlosen
Stuttgart
wird bekanntgeben
24. Sept. Verbandsveranstaltung
130 Jahre VdG Stuttgart
Stuttgart
wird bekanntgeben
Änderung unter Vorbehalt !!
Information >>>>
Alle Vereinsvorstände werden herzlich gebeten, die Veranstaltungstermine mit Angabe des Ortes und der Uhrzeit
(z.B. Grillfest, Kofo, Vortrag, Vereinsjubiläum, besondere Vereinsveranstaltung) ohne Versammlungs- und Seniorentreff-Termine an die Geschäftsstelle des Landesverbandes per Fax 0711- 2 36 3149 oder
Email: geschaeftsfuehrer@lv-gl-bw.de bekanntzugeben. Besten Dank im Voraus!
Feuilleton 23
Stuttgart 21
Großdemonstration gegen Stuttgart 21
Es war eine der größten Demonstrationen, die Stuttgart
je erlebt hat. Auch Hörgeschädigte beteiligten sich daran. Zehntausende Gegner des Milliarden-Bahnprojekts
Stuttgart 21 hatten sich zu einer Kundgebung am Hauptbahnhof und im Schlosspark und zu einer Menschenkette
um den Landtag versammelt. Roland Martin, Stuttgarter
Gehörlosenpfarrer, war auch als Gebärdensprachdolmetscher bei den Demonstrationen aktiv. Er hatte mit weißen
Handschuhen in die Gebärdensprache vor Publikum unermüdlich übersetzt. Das Ganze hat sich ziemlich schnell
verselbstständigt. Wenn Roland Martin zuerst mit den
Zeigefingern rhythmisch in die Lift piekst, dann mit den
flachen Handflächen jeweils eine beschwichtigende Geste
nach unten macht, folgen dem evangelischen Pfarrer bei
der Montagsdemonstration nicht nur die rund 50 Gehörlosen unter den Stuttgart – 21 – Gegnern, sondern auch
die Masse an Hörenden macht die Gesten nach und ruft
dabei, was auch die Hände sagen: „Oben bleiben!“ „Ich bin
erst zum Gegner geworden, weil mir mit der Zeit immer
mehr merkwürdig vorkam“ erklärte Pfarrer Roland Martin,
der sich selbst als „Bahn-Vielfahrer“ bezeichnet. Er sitzt
in seinem Wohnzimmer, als er dies sagt. Trägt noch kein
dunkles Hemd wie abends bei der Demonstration, keine
weißen Handschuhe wie bei seinem Auftritt. Die Handschuhe sollen es Gehörlosen, die nicht in der Nähe der
Bühne einen Platz ergattert haben, erleichtern, den Reden
folgen zu können. Seit August dolmetscht Roland Martin auf den Montagsdemonstrationen. In der Zwischenzeit
hatte er Urlaub, aber seither stand der 56jährge wieder
auf der Protestbühne.
Aufruf zum Schwabenstreich
Denn die Wut bei der bunten Schar an Demonstranten
ist groß. Die Wut darüber, dass es keine Befragung der
Bürger zu dem Projekt gegeben hat. Angst, dass das Gestein abrutschen oder die Mineralwasserquellen schaden
nehmen könnten. Und Zorn, weil die Kosten des Projekts
immer weiter steigen – 4,1 Milliarden Euro sind es derzeit, die geplant sind für die Tieferlegung und Umwandlung
des heutigen denkmalgeschützten Kopfbahnhofs in eine
Durchgangsstation und die unterirdische Anbindung an
den Flughafen und die Schnellstrecke nach Ulm. „Oben
bleiben!“ rufen die Demonstranten deshalb immer wieder.
„Stuttgart steht Kopf“ schallt es aus vielen Kehlen.
In den nächsten Wochen bis Ende November wollen Vertreter von Bahn, Land, Stadt und Region Stuttgart sowie das
Aktionsbündnis der Gegner eine „Sach- und Faktenschlichtung“ zum Bahnprojekt Stuttgart 21 versuchen. Dabei
werden neben Grundsatzfragen Hunderte Details erörtert
werden. Wir wagen einen Überblick. Diese Grundsatzfrage
steht am Anfang der Debatte: Können mit einem Bahnhof
mit nur acht Bahnsteigen so viel Züge abgewickelt werden
wie in einem mit 16? Wie zukunftssicher ist der neue Tiefbahnhof? Viele Gutachten bestätigen die Leistungsfähigkeit des Neubaus, denn es kommt nicht auf die Zahl der
Bahnsteige, sondern auf die Zahl der zu- und abführenden
Strecken an, und diese steigt. Die Gegner verweisen in ihrem Alternativkonzept Kopfbahnhof 21 darauf, dass auch
ein Kopfbahnhof Reserven bieten könnte. Dazu müsste er
modernisiert und um weitere kreuzungsfreie Gleisverbindungen im bestehenden Gleisvorfeld erweitert werden.
Auch wären weitere Zuläufe durch den Rosensteinpark
und Zusatzgleise im Neckartal nötig, um die Zugzahlen
wesentlich erhöhen zu können. Konflikte mit Anwohnern
wären hier programmiert. Beim Thema Kosten hat sich
die Bahn sowohl bei Stuttgart 21 als auch bei der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm nicht mit Ruhm bekleckert.
Die Aussage hat DB längst selbst widerlegt. Die Kosten
stiegen bei Stuttgart 21 in den letzten drei Jahren von
2,8 auf 3,1 und nun 4,1 Milliarden Euro. Tatsächlich 2009
nämlich bei 4,9 Milliarden Euro. Der Gegner halten die Berechnungen für schlicht geschönt. Stuttgart 21 werde zwischen 6,9 und 8,7 Milliarden verschlingen, die Strecke 4,6
wahrscheinlich aber 5,3 bei sehr ungünstiger Geologie in
der Alb bis zehn Milliarden Euro.
Schon als Kind hat Martin die Gebärdensprache gelernt,
ohne jemals einen echten Kurs besucht zu haben. Sein
Vater hat in Winnenden das Berufsbildungswerk für Hörgeschädigte geleitet. Bis zum Jahr 1967 hat die Familie
in einem Wohnheim für Gehörlose gewohnt. Mit seinen
24 Feuilleton
älteren Geschwistern hat sich Martin oft aus Spaß auf Gebärdensprache unterhalten. Nach seinem Theologiestudium in Tübingen und München dauerte es nicht lange, und
Roland Martin bekam sein erstes Angebot: 1982 wurde er
Seelsorger für Gehörlose in Stuttgart und Pfarrer in der
Markuskirche.
Interview mit dem Stuttgarter Gehörlosenpfarrer Roland Martin,
Lieber Roland, Du hast viele Jahre als Stuttgarter Gehörlosenpfarrer amtiert und dir eine großen Ruf als Freund
der Gehörlosen erworben. Wir würden gern wissen, wie
Du Eingang in die Gehörlosengemeinschaft gefunden
und zu Deinem Beruf gekommen bist?
Da ich in Winnenden unter Gehörlosen aufgewachsen bin,
waren sie mir nie fremd, sondern immer wie große Geschwister. Und als ich Pfarrer wurde, da suchte die Kirche gerade jemand für die Gehörlosenseelsorge hier in
Stuttgart. Ich hatte mir das nicht selbst ausgesucht, denn
eigentlich wollte ich lieber Pfarrer auf dem Land werden.
So kam ich nach Stuttgart – und bin nun schon bald 30
Jahre hier. Manchmal kommt es anders, als man denkt –
und es ist trotzdem gut.
Kannst du etwas zu Deinen Eltern sagen? Inwieweit waren sie in der Gehörlosengemeinschaft aktiv?
Mein Vater kam in den Fünfziger Jahren nach Winnenden
als Lehrer an der Berufsschule für Hörgeschädigte. Und
viele Jahre betreuten meine Eltern gemeinsam das Lehrlingsheim für die männlichen Berufsschüler als Hauseltern. Man muss sich vorstellen: Sie bekamen dafür nicht
einmal Geld, nur die Miete war etwas billiger! Und in dem
Neubau (seit 1955) wohnten rund 100 Jugendliche! Und
wir wohnten im Erdgeschoss dieses Hauses – bis meine
jüngste Schwester zur Welt kam. Da wir dann 6 Geschwister waren, reichte der Platz nicht mehr, wir zogen um in
ein Haus auf dem Gelände der Paulinenpflege. In der Zwi-
schenzeit gab es auch schon seit längerem einen hauptamtlichen Hausvater.
Als Theologiestudent hast Du in Tübingen auch die politische Wissenschaft studiert?
Nein, aber damals waren fast alle Studenten sehr viel
politischer als heute. Ich auch. Wir gingen zu Demos, wir
besuchten politische Vorträge, es gehörte einfach dazu
damals. Heute scheinen mir die meisten Studenten unpolitische zu sein. „Spaß haben“ ist vielen wichtiger als
Engagement. Und hinzu kommt das Gefühl: Wir können
sowieso nichts ändern. – Deshalb finde ich es auch so
spannend, dass jetzt bei Stuttgart 21 die Leute auf einmal wieder aktiv werden und damit signalisieren, dass sie
mehr Beachtung fordern durch die Politiker.
Danke voraus für das Interview und dir weiterhin alles
Gute!
Sehr gerne !
u.br.
Wer hat Interesse an Computer „Apple-Mac“ ??
Wenn es genug Interessenten gibt, schlage ich vor,
dass wir uns im Gehörlosenzentrum Stuttgart treffen.
Dort können wir unsere Erfahrungen mit dem Mac
austauschen und uns darüber unterhalten. Das wäre
eine gute Hilfe für alle gehörlosen Mac-User.
Wer Interesse hat, bitte bei Rainer Ungerer melden:
E-Mail-Adresse: rainer.ungerer@t-online.de oder
Fax: 07951 - 467815
Je mehr Interessenten sich melden, desto schneller
können wir einen „MAC-Treff“ organisieren.
Rainer Ungerer
Feuilleton 25
Richard Liebermann, der gehörlose Neu-Ulmer Porträt- und
Landschaftsmaler
Am 22. Oktober 1940 jährt sich zum 70. Mal die Deportation der badischen und
saarpfälzischen Juden nach Gurs/Frankreich. Auch der gehörlose jüdische NeuUlmer Künstler Richard Liebermann und seine Familie wurden von Konstanz aus
in ein Lager nach Gurs deportiert.
Am 22. Oktober
begrüßte Dr. Helga Gutbord, Leiterin des Edwin
Scharff
Museum,
im Museumsraum
in Neu-Ulm den
Besucher, darunSelbstporträt Richard Liebermann
ter einige Hörgeschädigten und eröffnete die Lesung des Autors Raffael Wieler - Bloch anlässlich der Neuerscheinung des
Buches „Richard Liebermann. Der gehörlose NeuUlmer Porträt- und Landschaftsmaler (1900-1966)“
liest der Autor und entfernte Verwandte Richard Liebermanns, Raffael Wieler - Bloch, aus der Biografie des Künstlers über eine verdichte Familiensage.
Richard Liebermann wurde am 21.Oktober 1900 als zweiter Sohn der jüdischen Familie Heinrich Liebermann und
seiner Frau Hedwig in Neu-Ulm gehörlos geboren, wie
man erst etwas später bemerkte. Der Vater war ein wenig erfolgreicher Hopfenhändler und kein besonders feinfühliger Mensch, was zu einer Ehe führte, die wohl kaum
als glücklich bezeichnete werden kann. Ihr Leben lang
besonders nahe standen sich Richard und seine jüngere
Schwester Gertrud (Trude, 1902-1995), die immer wieder
als seine vertraute Dolmetscherin wirkte. Die Beziehungen
zu seinem älteren Bruder Paul (1899-958) und dem jüngsten Bruder Hans (1903-1941 blieben eher distanziert.
Seit 1907 besuchte Richard mit großem Erfolg die „Königliche Taubstummenanstalt“ in München, eine streng
christlich geführte Einrichtung, in der das schon zu Hause geahnte außerordentliche Mal- und Zeichentalent des
Jungen erst richtig entdeckt und dann auch gezielt gefördert wurde. Im übrigen ging es natürlich darum, einem
gehörlosen Kind ein gewisses Sprachverstehen und eine
entsprechende Sprachfähigkeit zu vermitteln und dadurch möglichst optimal in die normale Lebenswelt zu integrieren. Vor allem das dominante katholische Milieu der
Taubstummenanstalt dürfte mit dazu geführt haben, dass
Richard 1923 in München zum katholischen Glauben konvertrierte (umwandeln) und nach dem Zweiten Weltkrieg
in St. Rambert-sur-Loire bei St. Etienne sogar als Kirchen-
diener tätig war. Von 1921 –1930 konnte sich Richard Liebermann in der Akademie für bildende Künste in München
weiterbilden und seine Ausbildung als „Akademischer
Kunstmaler“ abschließen; einer seiner letzten Lehrer war
kein geringerer als Franz von Stuck (1863-1928). 1931 gelang Richard mit einer Bleistiftzeichnung ein Porträt Albert Einstein (1879-1955), dass dieser selbst für sein bestes gehalten haben soll und wofür von einer New Yorker
Galerie viel Geld geboten wurde. 1920-1930 war vielleicht
Richards glücklichstes Jahrzehnt, die stürmische Zeit der
Weimarer Republik. Vielleicht war er damals auch einmal
verliebt, verheiratet aber nie. Gleich nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten im Jahre 1933 erhielt
der junge hoffnungsvolle Künstler Arbeits- und Ausstellungsverbot. 1935 zog er mit seiner Familie vorsichtshalber zu den Verwandten nach Konstanz, gewissermaßen
an den Rand des neuen Dritten Reiches, wo sich dessen
Hinterausgang jedoch bald als verschlossen erweisen
sollte. 1936 verschaffte ihm der Reformpädagoge Hugo
Rosenthal (1887-1980) als Leiter des jüdischen Landschulheims in Herrlingen bei Ulm dort vorübergehend eine
Anstellung als Zeichenlehrer, wo er im Martin-Buber-Haus
ein Zimmer bezog. Im Verlaufe des Reichspogroms am
9./10. November 1938 wurde Richard Liebermann mit den
Konstanzer Juden nach Dachau verschleppt. Im Juni 1939
hoffte die Familie noch auf eine Emigration in die USA, ihre
habe lagerte bereits im Hafen von Rotterdam, jedoch die
Einreisevisa kamen nicht. Mit dem Überfall der deutschen
Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 hatte der
Zweite Weltkrieg begonnen, und damit waren alle Ausreisehoffnungen zerronnen. Am 22. Oktober 1940 wurde Richard Liebermann- einen Tag nach seinem 40.Geburtstag
– mit den badischen und saarpfälzischen Jüdinnen und
Juden in das französische Internierungslager Gurs am Fuß
der Pyrenäen abgeschoben. Und 1941 von dort in das Spitallager Noè verlegt. 1941 verlor er einen wichtigen teil
seiner Familie Vater Heinrich starb in Noè, seine Mutter
Hedwig und sein jüngster Bruder Hans wurden im Rahmen des NS- Euthanasie-Programms“(!) in Brandenburg
ermodert. 1943 konnte Richard mit seinem Bruder Paul
durch die tatkräftige Initiative seiner Schwester Gertrud
von Noè nach St. Rambert-sur-Loire bei St. Etienne entkommen und in einem klösterlichen Hospiz untertauchen,
26 Feuilleton
nachdem sich auch Gertrud und Paul hatten katholisch
taufen lassen. Dort erlebten die drei Geschwister das
Ende des zweiten Weltkrieges wohl auch deshalb, weil sie
ihre jüdische Herkunft wohlweislich verheimlicht hatten.
Paul starb in St. Rambert 1958. Richard lebte von 125 DM
“Wiedergutmachungsrente” und gelegentlichen Auftragsarbeiten. Er malt mit einfachsten Mitteln, wenig steht ihm
zur Verfügung, der Bäcker überlässt ihm glänzendes Stanniolpapier, farbenfrohe Collagen entstehen, selten noch
Porträts. Er erkrankt, befallen von der Parkinsonschen
Krankheit verstarb er am 10. Dezember 1966 und wurde neben seinem Bruder bestattet. Gertrud kehrte 1972
nach Konstanz zurück, wo sie 1995 verstarb und bestattet wurde. Richard Liebermanns Gesamtwerk soll aus 300
Ölbildern, 180 Aquarellen, 530 Zeichnungen und zahlreichen Collagen bestehen, darunter viele Porträt- und Landschaftsbilder. Aber auch Zeichnungen aus dem Camp de
Gurs und Noè. Nicht wenige Werke wurden von den NSBehörden beschlagnahmt und versteigert. Der Künstler
hatte jedoch im Sommer 1929 ein Foto-Verzeichnis (EtuiFotos) einiger seiner ihm wichtigen Werke angelegt und
stets gehütet, so dass es erhalten blieb und auch heute
einen Einblick in sein Schaffen ermöglicht. Im Unterschied
zum Werk hörenden Max Liebermanns (1847-1935) sind
darin jedoch kaum jüdische Spuren zu finden, wohl aber
christliche Motive. Zweifellos hat das NS-Regime Richard
Liebermanns persönliche und künstlerische Entwicklung
extrem negativ beeinflusst, sein fast permanentes Schaffen jedoch nicht verhindern und ihn als Mensch schon gar
nicht brechen können. Motive, Materialien und Farbgebung widerspiegeln am besten die hellen und die dunklen
Jahre seines ungewöhnlichen Künstlerlebens. Wie hätte
sich dieser außerordentlich begabte gehörlose Künstler
jedoch erst als freier Mensch in einem freien Land entwickeln und durch seine Bilder damals und heute noch viel
mehr sprechen können?
Richard Liebermann - Der gehörlose Porträt- und Landschaftsmaler ist dem Autor zweifellos ein zweiter exzellenter Wurf gelungen – und nicht zuletzt eine liebevolle,
substantielle (wesenhafte) Hommage an einen unvergessenen und unvergesslichen Künstlers zum 110. Geburtstag
am 21. Oktober 2010.
u.br.
Neuerscheinung 2010, Konstanz 2010; 260 Seiten, EUR
24,80. ISBN 3-86628-300-8, 978-3-86628-300-8
Verena Siebke, Dolmetscherin, Raffael Wieler-Bloch, Autor und Gabi Braig,
LV-Vorsitzende Baden-Württemberg
Aktuelle besorgniserregende Aktivität der Firma „Synergy”
Der Deutsche Gehörlosen-Bund verfolgt mit Sorge die
Aktivitäten der Firma Synergy und besonders ihrer
gehörlosen Mitarbeiter.
Die Wirksamkeit der V3-Nahrungsergänzungsmittel ist
weder wissenschaftlich noch von der Stiftung Warentest
bestätigt worden. Sie sind mit höchster Vorsicht
zu behandeln.
Die Geschäftsmethoden der Firma zielen darauf ab, dass
jedes „Member“ (Mitglied) neue „Member“ wirbt und
ähneln daher sehr stark dem sog. Schneeballsystem,
bei dem die Ersten hohe Gewinne und die Letzten
Verluste machen.
Lesen Sie deshalb Geschäftsbedingungen und
Verträge SEHR genau und überlegen Sie gründlich,
bevor sie etwas unterschreiben.
Information 27
28 Vereinsbericht
Göppingen
Göppinger Senioren beim sommerlichen Grillfeste
Nach tagelang andauerndem Regenwetter hatte Petrus endlich ein Einsehen und schloss die himmlischen
Wasserschleusen. Das Mitarbeiterteam des Senioren-Treffs Göppingen
konnte aufatmen und das geplante Grillfest unter strahlend blauem
Himmel und bei herrlichem Sonnenschein starten. Die Besucher kamen
in Scharen aus nah und fern. Sie wurden von Seniorenleiterin Frau Böhm
mit einem Glas Prosecco empfangen.
Es gab ein fröhliches Wiedersehen,
und man konnte viele neue Gesichter
entdecken. Zu unserer Überraschung
kamen mehr Besucher als wir erwarteten und so wurden die Plätze knapp.
Mit Steaks, Leberkäse, verschiedenen
Salaten und einer halben Maß Bier ließen es sich alle schmecken. Es entwi-
ckelte sich eine lebhafte Unterhaltung
bis die Seniorenleiterin Gelegenheit
hatte, die zahleichen Gäste herzlich
zu begrüßen. Inge Wolff hatte wieder
schöne lustige und witzige Losgewinne vorbereitet, die nach Nummern
aus der Besucherliste ausgelost wurden. Kaffee und leckere Kuchen gab
es auch, ebenso Eiskaffee, der schnell
an den Mann bzw. an die Frau kommen musste, da es ein recht warmer
Sommertag war. Ehe man sich versah, war dieser schöne Tag schon
wieder zu Ende. Ein „Dankeschön“ an
die Mitarbeiter und Helfer.
ig
Stuttgart
30jährige Jubiläumsfeier des Gehörlosen-Senioren-Treffs Stuttgart
Am Jubiläumstag stand für jeden Gast
eine Flasche Piccolo auf den schön gedeckten Tischen bereit. Mancher Gast
fragte sich erstaunt, was das bedeuten sollte. Des Rätsels Lösung: die Seniorenleiterinnen Ursula Schaaf und
Sieglinde Werz begrüßten die Senioren herzlich zum 30jährigen Jubiläum
des Senioren-Treffs. Heute sollte gebührend gefeiert werden. Eine kleine
Rückschau zu den Anfängen: 1980
gründete Bernhard Hannack den Seniorentreff Stuttgart, den er bis Ende
des Gründungsjahres leitete. Es folgten Max Bendig (1981- 1987), Ursula
Wacker (1988-1995), Elfriede Albert
(1995-2001) und Hermann Kreiner
(2001-2009). Seit 2010 leiten Ursula Schaaf und Sieglinde Werz den
Senioren-Treff . Der Geschäftsführer
des LV Baden- Württemberg, Dieter
Steuer, war gekommen, um zu gratulieren. Im Namen der Hausverwaltung gratulierte auch Rolf Wurst mit
einer Spende für den „Seniorentopf“.
Die Stuttgarter Senioren treffen sich
jeden Monat im zentral gelegenen
Gehörlosenzentrum Stuttgart. Inzwischen ist es ein gut besuchter und
beliebter Treffpunkt für die Senioren
aus nah und fern geworden. Kaffee
und frischer Kuchen wird vom freund-
lichen Küchenteam serviert, bei lebhafter Unterhaltung werden Neuigkeiten ausgetauscht. Abends gibt es ein
abwechslungsreiches Vesper. Jedes
Jahr wird ein Tagesausflug veranstaltet, ebenso eine Weihnachtsfeier mit
einem Gottesdienst, Fasching und
ein Grillfest. Seniorenleiterin Ursula
Schaaf dankte den Mitarbeitern und
dem Küchenteam und überreichte
ein Präsent in Form von Pralinen für
die Frauen und einer Flasche Wein für
die Männer. Bei einem Quiz konnten
sich drei Gewinner über ihre Preise
freuen. Im Namen der Senioren sagen wir Seniorenleiterinnen für ihre
Mühe und Arbeit ein herzliches „Dan-
Vereinsbericht 29
Stuttgart
Erstes Frauenseminar in Stuttgart
Die Frauenabteilung des Vereins der
Gehörlosen Stuttgart veranstaltete
am Sonntag, dem 17. Oktober 2010,
ein Frauenseminar im Gehörlosenzentrum Stuttgart mit interessanten
Vorträgen, Diskussionen und Rollenspielen. Erfreulicherweis kamen zahlreiche Teilnehmerinnen.
Frau Karola Holtmann, eine hörende Referentin, die auch DGS gut
beherrscht, war an diesen Vorträgen beteiligt. Sie arbeitet als Sozialpädagogin in der Rehabilitation für Gehörlose in Bad Berleburg.
Selbstwertgefühl einer – gehörlosen
- Frau Welche Gründe gibt es für Minderwertigkeitsgefühle bei gehörlosen
Frauen? Wie kann eine gehörlose Frau
ein gutes Selbstwertgefühl wiedergewinnen? Wie kann sie ein gutes Selbstbewusstsein aufbauen und behalten?
Diese Fragen beantwortete Frau Holtmann mit anschaulichen Beispielen.
Frauen haben Sozialkompetenz und
sind die Führerin in der Familie. Sie
sind anders als Männer und haben
viele verschiedene Rollen. In einem
Bericht der Vereinten Nationen (UN)
aus dem Jahr 1980 steht das Zitat:
„Frauen sind die Hälfte der Menschheit, leisten 2/3 aller Arbeitsstunden,
erhalten 1/10 des Welteinkommens
und besitzen weniger als 1/100 des
Eigentums.“ Wenn eine Frau unter
mangelndem Selbstbewusstsein leidet, hat sie Angst, Depressionen, ist
unsicher und empfindlich. Dagegen
kann man aber etwas tun: Frauen
können sich in ihrer Freizeit mit einem Hobby beschäftigen und können
Freundschaften pflegen. Es ist sehr
wichtig, dass sie ihre eigene Meinung
sagt, um der Umwelt ihre Stärken zu
zeigen. Um Selbstbewusstsein aufzubauen, muss man auch seine eigenen
Schwächen akzeptieren, Fähigkeiten
erkennen, eigene Entscheidungen
treffen und auch mal „Nein“ sagen.
Faires Streiten - Konflikte bewältigen
Wie sieht Streit aus, der gute Freundschaften und Beziehungen zerstören
kann? Wie kann ich friedlich und mit
Respekt streiten und eine Lösung finden? Auch diese Fragen wurden von
der Referentin gestellt und beantwortet. Ein zerstörender Streit greift den
Menschen an, macht Vorwürfe und beleidigt den Anderen. Hieraus entsteht
Angst und man ergreift die Flucht.
Eine wichtige Voraussetzung für ein
faires Streiten ist das beiderseitige
Interesse, die Meinungsverschiedenheit – den Streit
– zu lösen. Bei einer Streitlösung soll
man Respekt gegenüber den Anderen
haben, zuhören und Interesse zeigen, wenn der Andere nachfragt. Man
soll versuchen, den Anderen zu verstehen und immer „auf Augenhöhe“
zu kommunizieren. Jede Person soll
ehrlich sein, klare Aussagen machen
und nicht versuchen zu manipulieren.
Später gab es Rollenspiele, die zeigen
sollten, wie typisch Streitigkeiten unter Frauen und Männern sein kann,
wenn verschiedene Meinungen aufeinanderprallen. Abschließend wurden
noch Fragen an die Referentin gestellt,
die gute Antworten und Ratschläge
gab. Leckerer Kuchen und duftender
Kaffee schlossen das Seminar ab –
Zeit zum Klatsch und Tratsch.
Wir, das Bienenklatscherle Team
bedanken uns herzlich bei Frau
Holtmann für die hervorragende
Aufklärung und die interessanten
Informationen. Ebenso dankten wir
Horst Kimmerle, den freiwilligen Helferinnen und der Organisatorin Silke
Mokulies-Mertens für den tollen Tag.
cg
30 Vereinsbericht
Stuttgart
Erfolg bei den Stuttgarter „Bienenklatscherle“
Die Frauenabteilung des Vereins der
Gehörlosen Stuttgart besteht nun
seit über einem Jahr. Manche Leser
werden fragen: „’Bienenklatscherle’ – was ist das?“ Wir wollen dieses
Wort erklären. „Bienen“ weist auf
unser Vereinslogo in gelber und in
schwarzer Farbe hin. „Klatscher“,
weil wir gerne klatschen und tratschen und das angehängte „le“ ist
die schwäbische Verkleinerungsform
des hochdeutschen „lein“. Im Laufe
der Zeit kam immer mehr junge, aber
auch ältere Frauen in unser Team,
worüber wir uns sehr freuten. Im Juli
2010 organisierten wir unseren ersten „Frauenausflug“ nach Konstanz.
Wir besuchten ein Museum, wo wir
aus der vergangenen Geschichte das
Leben von „Frauen im Mittelalter“ erfahren konnten. Danach gab es eine
interessante Führung durch die Konstanzer Altstadt. Mit der KatamaranFähre fuhren wir nach Friedrichshafen
zurück, wo wir bei einem gemütlichen
Abendessen mit Klatsch und Tratsch
den schönen Tag beendeten. Auf der
gemeinsamen Heimfahrt gab es wegen eines Missgeschicks viel zum
Lachen! Bei unserem letzten „Bienenklatscherle-Treff“ wanderten wir
zum Bärenschlössle am Bärensee
und Birkenkopf in Stuttgart. Es war
ein gemütlicher, schöner herbstlicher
Spaziergang. Wandern macht hungrig und durstig, deshalb kehrten wir
in einem italienischen Restaurant ein
und stärkten uns. Auch da gab es viel
zu klatschen und tratschen .... Liebe
Frauen, wir freuen uns, wenn ihr zu
uns kommen wollt. Ihr seid bei uns
alle herzlich willkommen!
cg
Ostalb
Gehörlosenverein empfängt 1.000.- Euro Spende
Karin Gaida, die Vereinsvorsitzende
des Gehörlosenvereins „Ostalb“ Aalen e.V. und ihre Tochter waren zu
gen zu nehmen. Erst wenn alltägliche
Fähigkeiten plötzlich nicht mehr zur
Verfügung stünden, erkenne man, in
Gast beim Rotaract Club Ostwürttemberg, um deren Spende entge-
wie vielen Situationen man auf diese
Fähigkeiten angewiesen sei. Spre-
chen und Hören seien essentielle Eigenschaften für eine funktionierende
Kommunikation. Wären diese eingeschränkt, seien die Betroffenen oft
auf helfende Hände angewiesen. Der
Gehörlosenvereins „Ostalb“ Aalen e.V.
setze sich für eben diese Betroffenen
im Ostalbkreis ein und helfe, die eine
oder andere Hürde im Alltag zu meistern. Deshalb spendete der Rotaract
Club Ostwürttemberg den Erlös aus
dem diesjährigen Cocktailstand auf
den Reichstädter Tagen in Höhe von
1.000.oo Euro, um den Verein in seiner Arbeit zu unterstützen.
Quelle: Schwäbische Post Schwäbisch Gmünd
Vereinsbericht 31
Gottesdienst und Versammlung des Gehörlosenvereins Ostalb
Hörgeschädigtenseelsorger Herbert
Baumgarten feierte am 19. September 2010 im Hause St. Anna einen
Wortgottesdienst. Das Thema seiner
Predigt lautete: „Glaube, Liebe und
Hoffnung bleiben; am größten jedoch
unter ihnen ist die Liebe.“ Zum Schluss
gebärdeten wir ein Lied: Leben ist
mehr als Rackern und Schuften. Leben ist mehr als Kohle und Kies. Leben ist mehr als Warten auf Morgen.
Leben ist Jetzt-Leben. Leben ist Träumen, Lachen und Weinen. Leben ist
sich aufeinander verlassen können.
Leben ist füreinander zu kämpfen.
Leben ist Hoffnung, Mut und Vertrauen. Die anschließende Versammlung
war gut besucht. Karin Gaida, Vor-
sitzende des GV Ostalb, hielt im Hörgeschädigtenheim St. Vinzenz eine
Begrüßungsrede und eröffnete die
Versammlung. Sie dankte dem Rotary Club Ost-Württemberg für die
großzügige Spende, die für den Verein
bestimmt war. Karin Gaida überreichte den “runden Geburtstagskindern“
Sigrid Krämer und Klara Schwabe ein Geschenk. Sandra Altmann,
Schriftführerin des GV Ostalb und
des LV der Gehörlosen Baden-Württemberg informierte per Computer
und Beamer über das am 1.Oktober
2009 gestartete Projekt GINKO. Die
Abkürzung GINKO bedeutet: Gesetzwirkungen bei der beruflichen Integration schwerhöriger, ertaubter und
gehörloser Menschen durch Kommunikation und Organisation. In der
Zwischenzeit ist bekannt geworden,
dass auch Schwerbehinderte Rundfunkgebühren zahlen sollen. Es soll
eine gemeinsame Stellungnahme per
Post an alle Ministerpräsidenten der
deutschen Bundesländer und an alle
Intendanten der Rundfunkanstalten
geschickt werden, um gegen die neue
Rundfunkgebührenordnung ab 2013
zu protestieren. Anschließend wurde
der untertitelte DVD-Film „Visionen
aus dem Leben der Heiligen Hildegard von Bingen (1098-1179)“ vorgesa
führt.
Gehörlosenverein Ostalb auf einer „Fahrt ins Blaue“
Am 11. September 2010 trafen sich
31 Personen in Aalen, um eine „Fahrt
ins Blaue“ anzutreten. An einer Autobahn-Raststätte machten wir Pause.
Es gab Kaffee und belegte Brötchen.
Anschließend fuhren wir weiter nach
Steingaden, wo wir einen ersten Halt
machten. Dort besichtigten wir eine
der berühmtesten Rokoko-Kirchen
der Welt: die Wieskirche. Seit 1983
gehört sie zum Weltkulturerbe der
UNESCO. Am 14. Juni 1873 sah die
Bäuerin Maria Lory in den Augen einer Figur den leidenden Jesus. Weiter
ging es nach Oberammergau, wo wir
einen kurzen Aufenthalt hatten. Nach
der Ortsbesichtigung fuhren wir weiter zum Schloss Linderhof. Es ist das
kleinste der drei Schlösser von König
Ludwig und das einzige, das zu seinen Lebzeiten vollendet wurde. Hier
lebte der Märchenkönig zurückgezogen und fühlte sich wohl. Das Schloss
mit seinem Garten ist für die Besucher zugänglich. Alle Räume sind sehr
reichlich im Stil das Neo-Rokoko ausgestattet. Der Tisch im Esszimmer erhielt den Namen „Tischleindeck dich“.
Der Tisch konnte vom Esszimmer aus
mit Hilfe einer speziellen Mechanik
nach unten in die Küche hinabgelassen werden. In der Küche wurde er
gedeckt und von Hand wieder nach
oben gefahren. In Schwangau im Gasthaus „Zur Post“ waren für uns Zimmer
reserviert. Am zweiten Tag machten
wir bei strahlendem Sonnenschein
eine Bootsfahrt über den Forggensee.
Die Aussicht war herrlich. Weiter ging
es am Plansee vorbei nach Füssen.
Hier hatten wir genug Zeit, die Stadt
anzusehen, die auf eine 1500jährige
Geschichte zurückblicken kann und
ihre internationale Bekanntheit den
Schlössern Hohenschwangau und
Neuschwanstein verdankt. Wir konnten auch die schöne St. Mang-Kirche
bewundern. Bevor sind wir uns endgültig auf dem Heimweg machten,
legten wir am Haldensee noch eine
Pause ein. Viel gelobt wurden Karin
Gaida und Hermann Ilg für die gute
Organisation des Ausfluges.
32 Vereinsbericht
Rastatt
Mittelbadische Gehörlose informieren sich über „Einbruchschutz“
Im Polizeirevier in Gaggenau informierten sich die Gehörlosen aus dem
Landkreis Rastatt und Baden-Baden
über den Einbruchschutz. Kriminaloberkommissar Klaus-Dieter Strauß
von der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle Rastatt und Polizeihauptkommissar Jochen Bleier informierten über das Thema „Sicher wohnen
- Einbruchschutz“. Thema war auch
„Wo bricht ein Einbrecher ein – Was
tun, wenn man während des Einbruchs zuhause ist“. Herr Strauß gab
uns wichtige Tipps zu diesen Problemen wie z. B. „Welche Sicherungsmöglichkeiten gibt es?“ Anhand des
auf einem Tisch liegenden Fensters
mit verschiedenen Schlosssicherungen wie z.B. einbruchshemmende Beschläge. Mit einem einfachen
Schraubenzieher kann der Einbrecher
mühelos Fenster und Türen aufbre-
chen, deshalb ist es wichtig, sichere
Schlösser zu installieren. Auch über
das Verhalten beim Verlassen der
Wohnung / des Hauses wurde intensiv gesprochen. Herr Strauß bot auch
kostenlose Sicherheitsberatung zu
Hause an. Sein Referat wurde von unserer Gebärdensprachdolmetscherin
Silke Rönspies begleitet.
wh
Karlsruhe
Grillfest in Karlsruhe-Daxlanden
Jedes Jahr veranstaltet der Gehörlosenverein Karlsruhe sein traditionelles und beliebtes Grillfest. In diesem
Jahr war das Fest mit einem besonderen Jubiläum verbunden: der GV
Karlsruhe feiert 2010 sein 110jähriges
Beste-hen. Herzlichen Glückwunsch !
Von Sonnenschein und warmen Temperaturen wurden zahlreiche Gäste
aus nah und fern zu dem Fest angelockt. Der Vereinsvorsitzende Manfred Kraffert freute sich sehr über
die anwe-senden Gäste, besonders
aus Bayreuth. Alles war bestens und
vor allem liebevoll vorbereitet, als um
11 Uhr der Festbetrieb mit dem Grillessen begann. Die Leckerbissen vom
Grill und die selbstgemachten Salate,
die von den Mitgliedern gespendet
wurden, fan-den großen Zuspruch,
so dass es genug Gelegenheit gab
zum Genießen und Verweilen. Um
13.30 Uhr wurde ein Fußball-Freundschaftsspiel angepfiffen, das viele Besucher interessierte. Es spielten die
„Alt-Herren-Fußballer“ aus Bayreuth
gegen eine Seniorenmannschaft des
GSV Karlsruhe. Am Ende des Spiels
hieß es 6:5 für Karlsruhe. Es war ein
spannendes Spiel zwischen zwei guten Teams. Anschließend saßen die
Gäste gemütlich zusammen. Jung und
Alt konnten bei Kaffee und Kuchen
plaudern und sich entspannen. Eine
gemütliche und fröhliche Stimmung
war zu beobachten und zu spüren.
Als der Abend dämmerte, wurden die
Runde immer kleiner, denn manche
hatten eine weite Heimfahrt vor sich.
Es war ein wunderschöner und stimmungsvoller Tag. Dank dem Herrgott
für den warmen Sonnenschein und
das anhaltend trockene Wetter! Ein
Dankeschön auch den Frauen, die Salate, Kuchen und Torten gespendet
haben und den vielen freiwilligen Helfern und Helferinnen. Darüber war der
Vorsitzende in seinem Schlusswort
sehr erfreut. Durch die Unterstützung
und Mitorganisation des GSV kamen
auch viele junge Hörgeschädigte nach
Daxlanden, so dass die Generatio-nen
fröhlich miteinander feiern konnten.
wm
Vereinsbericht 33
Heidelberg
Trier – eine geschichtsreiche Stadt
Trier ist immer wieder eine Reise
wert. Diese Gedanken hatten auch
die Mitglieder des Gehörlosenvereins
„Alt Heidelberg“, die am 18. September 2010 zu einem Ausflug dorthin
starteten. Mit zwei Bussen nahmen
65 begeisterte Teilnehmer unter der
Leitung des Vorsitzenden Michael
Gründler die Gelegenheit wahr, die
Stadt kennen zu lernen. Als erstes
Ziel wurde Saarburg mit seinen Sehenswürdigkeiten angesteuert. Hierbei wurde alles Wissenswerte von
dem Stadtführer Streble vom GV
Trier erzählt. Saarburg ist eine mittelalterliche Stadt inmitten Europas: 20
Minuten nach Luxemburg, 20 Minuten
nach Frankreich, 50 Minuten nach
Belgien. Inmitten der Stadt befindet
sich ein rauschender Wasserfall, der
20 Meter in die Tiefe stürzt. Sehenswert war auch die Hakenberger Mühle aus dem 13. Jahrhundert, die sich
unterhalb des Wasserfalls dreht.
Weiter ging die Fahrt dem Endziel
Trier entgegen. In Trier erwartete man
noch einen weiteren Stadtführer, Herr
Pohl vom GV Trier. In zwei Gruppen
aufgeteilt machte man sich auf den
Weg in die geschichtsträchtige Stadt.
Obwohl einige schon einmal dort gewesen waren, ist Trier immer eine Reise wert. Trier blickt auf eine 2026jährige Geschichte zurück. Somit ist sie
die älteste Stadt Deutschlands. Die
Stadt ist sehr schön und perfekt für
einen Ausflug. Hier sind viele sehenswerte Baudenkmäler aus der Römerzeit erhalten, vor allem die berühmte
Porta Nigra, ein römisches Stadttor.
Es ist wohl das bekannteste Bauwerk,
das noch aus der Römerzeit übrig geblieben ist. Als es erbaut wurde, waren seine Steine weiß. Erst im Laufe
der Zeit wurden die Steine durch die
Umwelteinflüsse schwarz. Der Name
bedeutet übersetzt „Schwarzes Tor“.
Dieser Name hat sich erst seit dem
Mittelalter eingebürgert. Porto Nigra ist das Wahrzeichen Triers. 1986
wurde es zusammen mit weiteren
römischen Bauten in das UNESCO
Weltkulturerbe
aufgenommen.
Karl Marx wurde 1818 in Trier geboren und starb 1883 in London. Er
war ein deutscher Revolutionär, Phi-
losoph, politischer Journalist und Begründer des Marxismus (Sozialismus
und Kommunismus und Wissenschaften). Er ist aus der Geschichte der
Welt nicht wegzudenken. Seit 1947 ist
sein Geburtshaus ein Museum. Vieles
könnte an dieser Stelle über ihn berichtet werden.
Den Ausklang fanden wir bei einem
sehr guten Abendessen in einem gepflegten Restaurant in Speyer.
Wir bedankten uns bei Herrn Streble
und Herrn Pohr, die uns mit ihrer lockeren und direkten Art die Stadt und
ihre Geschichte näher gebracht haben. Mit vielen neuen Eindrücken fuhr
man wieder zurück in die heimatlichen Gefilde. Die gut organisierte und
reibungslos abgelaufene Studienfahrt
war nach Meinung der Teilnehmer ein
„Highlight“ (= Höhepunkt).
ll
34 Vereinsbericht
Villingen-Schwenningen
75 Jahre Gehörlosenverein „Schwarzwald-Baar“ Villingen-Schwenningen e.V.
Am Samstag, dem 2. Okt. 2010, feierte der GV „Schwarzwald-Baar“ Villingen-Schwenningen bei herrlichem
Herbstwetter unter der Schirmherrschaft unserer Behindertenbeauftragten, Frau Christa Lörcher MdB
a.D., sein 75jähriges Vereinsjubiläum
in der schönen „Neuen Tonhalle“ in
Villingen. Im Foyer der Festhalle konnte man eine Ausstellung bekannter
gehörloser Künstler bewundern, die
ihre Werke aus regenerativen Materialien und ihre Kreativität präsentierten. Schon am Eingang konnte
man eine freundliche Atmosphäre
wahrnehmen: der Festsaal war von
unseren Vereinsfrauen liebevoll mit
schönen Herbstblumen geschmückt
worden, die Tischreihen waren so geordnet, dass jeder Gast einen freien
Blick auf die Bühne hatte. Der Saal
war mit 250 Besuchern aus nah und
fern gut besetzt. Darunter waren auch
einige Hörende von der mit uns befreundeten Selbsthilfegruppe Villingen-Schwenningen. Zu Beginn des
Unterhaltungsprogramms hatte der
bekannte Pantomime Jomi einen
Auftritt, der großen Beifall vom Publikum erhielt. Die offizielle Eröffnungsrede hielt unsere Vorsitzende Ursula
Schmidt, gefolgt von unserer Schirmherrin Frau Christa Lörcher MdB a.D.
Auch Dr. Rupert Kubon, Oberbürgermeister der Stadt Villingen-Schwenningen, und Herr Regierungsrat Ellinger in Vertretung des Landrats des
Landkreises Schwarzwald-Baar sprachen Grußworte. Die Theatergruppe „Thow & Show“ erfreute uns mit
zwei lustigen Sketchen. Zahlreiche
Vereinsvorstände und Vereinsvertreter gratulierten zu unserem Vereinsjubiläum und erhielten ein Weinpräsent zur Erinnerung an den Festtag.
Unser Ehrenvorsitzende Herbert
Stemmer konnte 19 Mitglieder ehren, welche seit 25 Jahren Mitglied
im GV „Schwarzwald-Baar“ sind. Sie
erhielten in Anerkennung ihrer Treue
und Verbundenheit eine Urkunde
und ein Weinpräsent. Danach folgten
die Ehrungen des Landesverbandes
Baden-Württemberg, die von der Ersten Stellvertretenden Vorsitzenden
Gabi Braig und dem Geschäftsführer
des Landesverbands, Dieter Steuer,
durchgeführt wurden. (Da der Vorsitzende des Landesverbands, Wolfgang
Reiner, auch Vorstandsmitglied des
jubilierenden Vereins ist und unter
den Geehrten war, konnte er die LVEhrungen nicht übernehmen.) Die für
25- und 40jährige Mitgliedschaft im
Landesverband Geehrten erhielten
eine Urkunde und eine Anstecknadel.
Unser Obmann im Verband der Katholischen Gehörlosen Deutschlands (VKGD), Jürgen Schlenker,
konnte zwei Mitglieder für 25- und
40jährige Treue im VKGD mit einer
Urkunde und einem Weinpräsent auszeichnen. Im Festtagsprogramm war
auch eine Jubiläumsverlosung einge-
plant. Der Hauptpreis, ein neues TVGerät, konnte ein neues Vereinsmitglied mit großer Freude mitnehmen.
Alle anderen erhielten einen Trostpreis, über den man sich ebenfalls
freute.
Durch das Festtagsprogramm führte unser Mitglied Petra Friedrich, die
sich als ausgezeichnete Moderatorin
präsentierte. Mit eindrucksvoller Gestik und mit viel Mimik sagte sie die
verschiedenen Programmpunkte an.
Dafür gebührt ihr großen Dank. Das
hast du sehr gut gemacht, liebe Petra!
Auch allen Mitgliedern, welche bei
den Vorbereitungen zu diesem schönen Jubelfeste mitgewirkt haben, sagen wir nochmals recht herzlichen
Dank. Ein herzliches „Dankeschön“
gebührt auch den beiden Gebärdensprachdolmetscherinnen, Frau
Hepp und Frau Hahn-Grönke. Es war
ein Fest der Superlative, und wir haben den Hörenden gezeigt, was wir
unter Barrierefreiheit und Solidarität
verstehen. Die Festveranstaltung hat
in dieser Beziehung „Brücken geschlagen“, die im Sinne von „Inklusion“ vorbildlich sind. Vielen Dank auch
unseren Festbesuchern, die zum Teil
einen langen Reiseweg hatten. Aber
wir sind sicher, dass sie mit schönen
und unvergesslichen Eindrücken in
guter Schwarzwaldluft nach Hause
zurückkehren konnten.
Vereinsbericht 35
Rottenburg-Stuttgart
„Karibu sana“ für deutsche Gäste
Eine Partnerschaft mit der Gehörlosenschule der Vinzentierinnen in
Ruhuwiko/Tansania ist jetzt mit Hilfe
der Diözese Rottenburg-Stuttgart auf
die Beine gestellt worden. Hörende
und Gehörlose waren zusammen mit
ihren Seelsorgern Erika Scheurer
aus Rottweil und Diakon Karl-Josef
Arnold, Ingoldingen/Biberach a.d.R.,
auf einer Reise zur Gehörlosenschule
in Ruhuwiko/Tansania. Ziel war eine
Partnerschaft der Diözese Rottenburg-Stuttgart und de r Gehörlosenschule in Ruhuwiko. Begleitet wurde
die Gruppe von Monsignore Heinrich
Maria Burkard aus Rottenburg als
Vertreter des Bischofs und Bürgermeister Karl Zeller aus Ingoldingen.
Die erste Etappe der Reise führte
vom Flughafen Daressalam am Indischen Ozean über den Mikumi-Nationalpark nach Iringa. Beeindruckend
waren neben den grünen, blühenden
Landschaften, die sich der Gruppe
nach der Regenzeit jetzt im afrikanischen Winter bei 27 Grad zeigten,
besonders die Begegnungen mit den
Menschen und ihrer offenen, einladenden und gastfreundlichen Art. Von
Iringa ging es in einer spannenden
Fahrt – in Tansania scheint es bei den
Ziel der Reise. Herzlich wurden die
Gruppe von 200 gehörlosen Kindern,
den Schwestern und Mitarbeitern
willkommen geheißen: „Karibu sana“
– herzlich willkommen – sangen die
Schwestern und gebärdeten die Kinder. In einem offiziellen Akt wurden
die Partnerschaftsurkunden unter-
fragilen Straßen weder Verkehrsregeln noch Geschwindigkeitsbegrenzungen zu geben – mit drei Jeeps
immer weiter Richtung Süden nach
Songea zum Stadtteil Ruhuwiko, dem
schrieben. Ziele sind, voneinander zu
lernen, wie Glaube und Alltag in der
jeweils anderen Kultur aussehen und
gelebt werden, die Unterstützung des
Partners in allen schulischen Fragen
und die Möglichkeit des gegenseitigen Besuchs. Für die Kinder war das
Gastgeschenk aus Deutschland eine
besondere Überraschung: Für die Fußballmannschaften gab es neue, bunte
Kickschuhe und für die Mädchen und
ihre Volleyballmannschaft, Sportschuhe und Bälle. Die Woche an der
Gehörlosenschule war für die ganze
Gruppe ein besonderes Erlebnis: Zu
sehen, mit welch einfachen Mittel hier
gelebt und gearbeitet werden muss,
und gleichzeitig mitzuerleben, wie zufrieden die Menschen sind, hinterließ
bei allen einen nachhaltigen Eindruck.
cw
36 Vereinsbericht
Mannheim
Unfallverhütung – Brandschutz
Der Gehörlosen-Verein Mannheim
1891 e. V. sorgt für seine Mitglieder.
Viele Menschen gehen sehr leichtsinnig mit ihrer Gesundheit und ihrem
Leben um. So sieht man zum Beispiel
viele Hausfrauen – aber auch Hausmänner - in sehr gefährlichen Situationen beim Fensterputzen. Genießen
wir nicht alle den schönen Kerzenschein in der Wohnung, besonders
dann, wenn es draußen kalt und nass
ist?
Herr Snyder hielt am 11. September
2010 ein sehr interessantes Referat
über „Unfallverhütung und Brandschutz“. Die Idee hierzu hatte unser
Vorsitzender Peter Oedingen. Er
bemühte sich, einen sachkundigen
Referenten zu finden und war dabei
erfolgreich. Herr Snyder ist Amerikaner, spricht aber sehr gut deutsch
und kann auch die deutsche Gebärdensprache, so dass er ohne Dolmetscher seinen Vortrag halten konnte.
Wir bekamen sehr interessante Einblicke, wie und wo wir aufpassen
müssen, z. B. beim Fensterputzen
oder beim Aufhängen von Vorhängen. Bei diesen Hausarbeiten ist
es immer wichtig, dass man eine
gute und stabile Leiter nimmt, die
fest auf dem Boden steht und nicht
zu kurz sein darf. Niemals auf einen
Stuhl steigen, niemals die Leiter auf
einen Tisch oder Kasten stellen, damit sie lang genug wird! Das ist sehr
gefährlich, man kann herunter fallen und sich schwer verletzen oder
sogar sterben. Jedes Zimmer sollte
zwingend einen Brandmelder haben.
Gerade zur Weihnachtszeit, in der die
hübschen Wachskerzen leuchten, ist
das sehr wichtig. Niemals die Kerzen
ohne Aufsicht brennen lassen, immer
dabei bleiben! Kerzen brennen herunter, das Wachs kann sich entzünden
und somit einen Wohnungsbrand
verursachen. Kerzen immer auf eine
feuerfeste Unterlage stellen. Sie dürfen nicht wackeln, sonst fallen sie um
und alles brennt. Und wenn es brennt,
dann sofort löschen - aber Kerzenwachs niemals mit Wasser löschen,
sondern eine Decke darauf werfen,
damit das Feuer erstickt. Nicht jeder hat einen Feuerlöscher in der
Wohnung, aber in jedem Haus sollte
ein Feuerlöscher für den Notfall stehen. Viele wissen nicht, wo das Gerät
steht. Deshalb: nachschauen, wo der
Feuerlöscher im Haus ist, besonders
dann, wenn man Mieter ist.
Wie benutzt man einen Feuerlöscher?
Die Gebrauchsanweisung steht auf
dem Gerät. Aber man sollte sich vor
dem Ernstfall erkundigen, wie der
Feuerlöscher funktioniert. Wenn es
wirklich einmal brennt, hat man keine
Zeit mehr, die Gebrauchsanweisung
zu lesen und zu verstehen.
Wenn es im Haus brennt, dann sofort die Feuerwehr alarmieren und so
schnell wie möglich das Haus verlassen! Vorher nachschauen, wo in meiner Firma der Sammelpunkt ist - nicht
erst, wenn es brennt. Im Brandfall ist
jeder Mensch aufgeregt und in Panik.
Sind die Flure schon voller Rauch,
dann auf den Boden gehen und in der
Hocke weiter versuchen zu gehen,
oder ganz auf den Boden und mit den
Händen weiter zum Ausgang kriechen.
Herr Snyder gab viele Informationen
und Ratschläge. Es ist unmöglich, in
diesem Bericht alles zu wiederholen,
was er gesagt hat. Aber wir können
allen Vereinsvorständen empfehlen,
sachkundige Referenten zu suchen,
welche die Vereinsmitglieder über
Unfallschutz und Brandschutz informieren können. Solche Vorträge können Leben retten! Wir möchten uns
bei unserem Vorsitzenden Peter Oedingen herzlich bedanken, dass er an
uns und unsere Gesundheit gedacht
hat und wir diesen Vortrag erleben
durften. Am 6. November 2010 wird
im Gehörlosenzentrum Mannheim ein
weiterer Vortrag stattfinden, in dem
über das Internet und seine Gefahren
informiert wird. Außerdem sind wir
am 26. November 2010 mit einem
Stand wieder auf dem Mannheimer
Weihnachtsmarkt und verkaufen dort
Weihnachtsartikel - wie im letzten
Jahr.
ub
Mannheimer Gehörlose auf Studienfahrt zur „Maginot-Linie“
in Hackenberg/Frankreich
Es war schon vor einiger Zeit vereinbart worden, dass der GV Mannheim
eine Studienfahrt zur „Maginot-Linie“
nach Hackenberg im französischen
Lothringen unternimmt. Durch ein
Missverständnis der Busunternehmung musste die geplante Fahrt kurzfristig abgesagt werden. Die an der
Bushaltestelle wartenden Teilnehmer
mussten mit Ärger und Enttäuschung
wieder nach Hause zurück fahren.
Aber am 2. Oktober 2010 konnten wir
unsere Fahrt endlich antreten. Wir
waren alle sehr gespannt; auch der
Regen konnte unsere Freude nicht
beeinflussen. Unser erstes Reiseziel war die saarländische Kleinstadt
Mettlach, wo die weltbekannte Fir-
ma Villeroy und Boch ihren Sitz hat.
Aber auch andere bekannte Firmen
haben sich in Mettlach angesiedelt,
wie z.B. Birkenstock und Silit . Die
großen Firmen bieten in Mettlach
ihren „Fabrikverkauf“ an und locken
so viele Besucher zum Einkaufen an,
besonders zur Weihnachtszeit. In den
Gaststuben einer Hausbrauerei aßen
Vereinsbericht 37
wir zu Mittag. - Obwohl es nicht unser Fehler war, haben alle Teilnehmer,
die schon bei der ersten Studienreise
anwesend waren, ein Freigetränk vom
GV Mannheim erhalten. Nachdem wir
uns gestärkt hatten, fuhren wir weiter nach Frankreich, genauer gesagt
nach Lothringen. Bei der Ankunft an
unserem Zielort sahen wir zunächst
nicht viel - nur einen Eingang in einen Berg. Frau Ritter hat dann die
sehr interessante Führung für uns
gedolmetscht. Zuerst erhielten wir einen Einblick, wann und warum diese
große militärische Verteidigungslinie
von den Franzosen gebaut wurde. Die
„Maginot-Linie“ ist mehrfach unterbrochen und verläuft von Belgien bis
hinunter nach Korsika – eine französische Insel im Mittelmeer. Sie sollte
ein Bollwerk im Krieg gegen die Deutschen sein. Im Berg drinnen war es
kühl; auch im Sommer wird es dort
nicht warm. Viele, zum Teil sehr schmale Gänge führen in alle Richtungen.
Wir wurden ermahnt, nicht allein umherzulaufen sondern immer bei der
Gruppe zu bleiben. Irgendwann war
kein Licht mehr zu sehen und es war
total dunkel. Aber wir wussten warum. Es wurde von externem Strom –
also Strom von außen – auf internen
Strom umgeschaltet. Das Bollwerk
hat seine eigene Stromversorgung,
was im Kriegsfall sehr wichtig war.
Wir sahen die mit Elektroherden
ausgestattete Küche und die engen, ungemütlichen Unterkünfte der
Mannschaften. Jeder hatte soviel
Privatraum wie sein Bett groß war.
Wie auf den U-Booten wurde dort in
Schichten geschlafen. Entsprechend
war die Arbeit der Mannschaften organisiert. Dann bestiegen wir die kleine, schmale und unbequeme Bahn,
die früher für Munitionstransporte
gedacht war. Trotzdem waren wir froh,
dass wir die Wege im Berg nicht zu
Fuß gehen mussten. So bekamen wir
auch eine Vorstellung, wie groß die
Anlage war. Viele Stufen mussten wir
hochsteigen, um zu einer der Schießanlagen zu kommen. Es gab auch
Fahrstühle, die so alt waren wie die
Anlage. Es war interessant zu sehen,
wie die Munition an der Decke weiter
an die benötigten Stellen transportiert wurde. Wir durften uns die Kanonen und die Flakgeschütze auch von
außen ansehen. An einer Stelle war
sogar ein Loch im Bollwerk zu sehen.
Die Amerikaner bombardierten die
Anlage und verursachten dieses Loch
– mit einer französischen Kanone! Die
Anlage war zeitweise von deutschen
Soldaten besetzt und musste befreit
werden. Die Führung war sehr interessant und dauerte mehr als zwei
Stunden, die sich wirklich gelohnt
haben. Voll gestopft mit Wissen und
Eindrücken fuhren wir wieder nach
Hause. Wir möchten uns hier bei Peter Schanzenbach bedanken, der
diese Studienfahrt organisiert hat.
Ebenso bedanken möchten wir uns
bei Frau Ritter, die manchmal unter
schwierigen Bedingungen für uns gedolmetscht hatte.
ub
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